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^^RABi^"
©cMiidite
bet
taOt ^olftrrg
Sluö ben öucUeu bargefiellt
bon
1. |iim»nn,
^rofeffor am ©^mnafium gu ©reifcnlteTg in ^otnm.
5Wit Urfunben, ?)Idnen ber Sclagerunvjen ßotbergd iiiib einer ?(nfi^t.
^arl Sande'd SSerlag.
DD
vs^\
SDem Slnbenfen
felijen Datew^
be0 »eitanb ?>aftorö unb Äir^enratl^ö
^tintiäi ^Imtiniud ätiemann
in grlcblanb in SWedtIcnburg, SRittcrö bed cifernen ^rcujes 2. 5llaffc,
unb.ber tl^euren,
m^ lebenben Jlutter
getoibmet
vom
Serfoffet*
Doruiort mit ^upbe hu (^Mtn,
hiermit übergebe iä) ben 3^reimt)en pommerf($er ©ef($i($te, inÄb'e-
fonbere ben SBemol^nern ber Stabt Golberg, bie ©efd^ic^fe ber alten,
l^oiä^berül^mten g^efie an ber ?perfan<e in jufammenl^ängenber Sarffet^
lung t)on bem Saläre an, in welchem il^r 3Jame juerfi bunfel genannt
wirb, bi§ ju bem Seitpuncte l^in, wo er IjeH'burd^ ganj S5eutf(3^lanb
ertönte unb in iebem paterlänbifiä^en ^erjen ben freubigfien SBiberl^all
fanb. ®§ ift n)enigflen§ mein SBille geraefeft, bur(3^ mein S3u(^ nii^^t
JU fel^r l^inter bem JHufe ber ©fabt jurüd juftel^n. 9Bo x^ trofe langiäl^=
tiger, mül^feliger ätbeit hoS) geirrt, ober ber f(ä^tr)erfanigen aJfaffe be§
n)eitf(ä^i(ä^tigen 9KateriaU in ber 2)arfteIIung unterlegen bin, bitte iä) um
freunbli^e S«a(^fi(ä^t*).
SDie ßueffen meiner Sfrbelt waten junäc^^fi:
1) SDie Driginalurfunben beö ftäbtifd^en Str^ioö, etroa 300 an
ber Sal^l, t)on benen bie miiä^tigften, befönberö bie woS) ungebrudten,
im Slnl^ange beigefügt ftnb.
2) 3)ie ßapitete 5 Urf unben na^ bem jJ)ipiomalarmni Capit.
eathedr. Colberg. ex originalihtis AfchM\ meli^es ber ©oml^err
%x. t). 2)ieä (f. ©. 439 ber ©efd^. t)on ßolberg) unter feinen 2lugen
l^at anfertigen laffen. ©ä fd^eint baö forgfältigfte unb DoKftänbigfte ju
fein. S)ie 6apitel§urfunben finb l^ierr.ac^ citirt, ba e§ mol^l balb im 33efi^e
be§ föniglic^en 2lr(3^ir)ß in Stettin fein wirb. Sßcrglid^en finb bamit bie
JOriginalurfunben im ©tettiner 2lrd)it), fo weit fie t)orl^anben finb.
3) S)ie SBefifeurtunben beö allfiäbtiftä^en Älofterö ndd^- einem auf
0 Cinjclnc Srrt^fimer unb S^ntdfe^ler fmb im SRod^trogc oerbefferi
_ II —
Pergament gefiä^riebenen, 32 SBlätter ftarfen 6opiariiun a\i^ bem Sa^re
1541 (f. ©, .312 bcö SBerfö), bie i^ im gd^lo^ ^lat^e ouffanb.
4) S)ie älteren gebtudten pommerfd^en Urfunben, citirt (bis 1253)
na(ä^ /)n Älempinö Urfunbenbud^,
©in glüd Ud^er Sufatt l^at mid^ in ben ©tanb gefefet, biefe Quellen
bur(^ Sluffinbnng neuer ni^t unerl^ebliiä^ ju t)ennel^ren, ©aju gel^örf:
5) @tn ^ergamentcobe^ in Sluart von 55 blättern. @r entfiält
auf ben erfien 40 blättern in 189 SRummern baö lübifd^e SRed^t, weli^eö
Sllbred^t t)on Sarbewid^ im Saläre 1297 für ben ßolberger 3iat^ l^at
abfd^reiben laffen (ju tjergl. ©. 86 unb 87 biefeö S33erfö). ©ö ftimmt
bieö bis SBIatt 33 faft wörtlid^ unb in regelmäßiger 9teil^enfoIge ber
Slrtifel mit bem 6obe£ SBrofeö a (f. §ad^: baö alte lübifd^e SRed^t).
S)ie Slrtifel bcr lefeten 7 SBlätter finb bem 6obeE SBarbewid^ entnommen.
2)ie S«aÄ|träge (f. ©. 86 unb 87) von 83latt 40—44, 2lrtifel 190—210,
werben für bie Äenner bes lübifdfien SRed^ts von Sntereffe fein, ba fid^
in ben bei §ad^ abgebrühten 6obice§, aud^ unter ben ©tetten, bie in
ben 6obb* I. imb IL nid^t t)orfommen (f. §ad& 551 f.), bie bei weitem
größere SÖlel^rjal^l berfelben gar nid^t, unb nur einer ober ber anbere in
ganj t)eränberter ©eftalt finbet SDaö ©d^lußblatt enthält bie ©• 87
biefeß SBerfö jum S^eil abgebrudfte ©rHärung beö ßolberger diai^ bar-
über. S)er 9iaum bajroifd^en ifl faft ganj von ©tatuten be§ ßolberger
SRatl^s auö t)erfd^iebenen Sal^rl^unberten auögefüttt (f. älnl^ang)*).
6) SDiefer ©obes fül^rte jur SEBieberauffinbung pon brei Si^eilen
beö t)erloren geglaubten älteren ©tabtbuÄiö, von benen ber erfte 1373—
1433, ber jweite von 1433—1493 unb ber britte t)on ba biß 1540
*) S)cr ©obcj ijl oon Anfang bie 5u (Snbc mit Sinicn bcjogcn. 3ebc Seite
enthält 2 (Eolumnctt mit je 22 Sinien, auf jeber Seite gelten 6 baoon, 2 oben, 2 in
ber SP'^itte unb 2 unten, burd^ bie gan^e Seite, bie übrigen reichen nur bi0 an ben
9lanb ber (Eolumnen, gmifc^en benen ftc^ ein ocn Derticalen, bie (Kolumnen ein«
fc^lie^enben unb bid an ben S^anb ber SSlätter gc^cnben Sinien begrenjter fc^maler
^aum bepnbet. S)ae lübifd^e fflcä^i ijl auf ber erften Seite in rotier, fonft in
fc^dner f^marjer SRinuffel von einer $)anb gefc^rieben, bie S^lacl^tr&ge finb oon an«
r>9xn C>önben. 2)ie Olatl^dbefc^läffe ftnb t^etU in äP'iinuffel, tl^ieild in (Eurrto. S)ie
IDedel — ber obere ijl abgeldft — fmb au« ^o\^ unb mit rotl^em öeber überaogen.
— III ^
xtxi^t 3)er Sl^eil, mläitx bie Seit t)on 1277—1373 umfaßt, ifi lelber
Bis jcfet nii^t tDiebergcfunbcn» 6r war ttot^ um 1760 t)or]^anben.
©inen f(ä^tt)a(3^en ©rfafe bafür bot ein von einem 2lbfd&reiBer, bem bie
Äenntniß ber ©iä^rift unb ba$ aSerftönbniß beö Sn^altö abging, ange^
fertigtet Sluöjug, ben i^ in ber v. ©fien^fd&en Sibliotl^eE in ^piatl^e
gefunben l^abe. SBie alle ©tabtbüd^er, entl^ält aud^ baß ßolberger 3luf^
laffungen vox bem SRatl^e: Ääufe, SSerfSufe, SSetpfänbungen tjon §äui
fem, ©runbfiüden unb ^fannflätten, 6rbf(3^i(^tungen unb bapifc^en
Urfel^ben, l^in unb wieber Siatl^ßbefd^lüffe unb einjelne gef(]&i(]&tli(35e Sluf«
jei(]Önungen (f. ©. 260, 247, 302 3lnmerfuttg 1 biefes SBerfe), in ben
Sluöjügen anä) jwei t)or bem SWatl^e gef^Ioffene faufmännifd^e aSer*
träge (f. ©. 135. 157). 5Die Slufieid^nungen finb anfänglid^ in latei*
nifiä^er ©pra(3^e, nur bie Urfel^ben finb nieberbeutf(ä^, allmäl^lig mad^t
[x^ baö SRieberbeutfd^e aud^ in (Srbfc^^id^tungen unb teftamentarif(^en 83e^
flimmungen geltenb, bie t)offfianbige §errf(|aft gewinnt es erfi feit 1520.
3Son bem t)erf(^n)unbenen Äotbui^e fanben [\^ 3lusjüge in ©(^lo§
^ßlatl^e unb in ber Sanbf(3^aftsbibliot]^ef in ©tettin.
§ülfömittel für bie filtere unb DueHe für bie neuere ®ef(]^i($te
ber ©tabt waren:
1) S)ie umfangreichen ßollectaneen bes ßolberger ßapitefef^nbicu«
e^riftop]^ Subwig Äunbenreid^ (geb. 1699), ©ol^n beö gleichnamigen
©tabt!ämmererö in 4 goliobänben auf ?ßapier, wel(3^e SlbfC^riften älterer
Urfunben unb wichtiger Slctenflücfe beö 16., 17. unb 18. Sa^rl^unbertö,
auC^ bie ©efC^iiä^te ber ©pirituöfiriä^e t)om ?ßafior (Sngelbred^t aJlüIler
entl^alten. 3)as SSürgermeiflerregifier, von Äunbenrei(3^ entworfen, ijl
von 1500 an t)on großem SBertl^e (f. 2ln|ang).
2) SDie gef(]&id^tli(3^en Slrbeiten von aWartin JRango, ©ol^n beö
SRatl^öfämmerers unb ©ülil^errn Soaiä^im SRango in ©olberg, ebenfaffö
SRatl^öl&err unb ©d^olard^ bafelbfi unb jugleic]^ htrfürfilid^ branbenburgi=
f(3^er ©eriC^töaboocat (gefi. 1688).
5Bon biefen ift für bie ®ef(3^iC^te ©olbergö am wiC^tigflen bar ~
nur §anbf(ä^riftli(3& tjor^anbene — „Chronicon Colber gerne, b,\
— IV —
I
gctweine Sefd^teibung bcr ©tabt ©olberg, t)ou bereu ©rbauung/ SRameu,
SBorjügm u. f. ID." in 20 Gapiteln, 54 ^oUofeiten, eine Sefcä^reibung,
ber etabt, il^rer jDertUd^feüen unb bamaligeu 3uftänbe, mit gefd^i(ä&t^
lici&cn, frül^ere Seiten betreffenben SSemerfungen, wertl^DoII für bie ©e^
f(|fi(^e ber ©tabt im 17. Sal^rl^iuabert. ©gentlid^ ift baö SBerf nur
ein 3lnöjug a«§ einem größeren SBerfe gleid^en Sitelö von bemfelben
SSerfajler, weli^eö ythoö) m^ SBad^fe'ö a?erfid^ernng, ber in Stettin
©eUgenl^it l^atte, beibe SSBerfe ju pergleiÄien, wenig mel^r entl^ielt, alö
ber 2luäjug. S)ie Slbf^rift, n)el(^e mir vorliegt, ift tjon SSBad^ä unb
oon biefem mit ©nppkmenten üerfel^en, bie umfangreicher finb, alö baö
SEBer! felbfi. (©ä gel^ört §errn ^^aftor SKaafe in SDegou).)
SWid^t fo bebeutenb ift fein „Seitrcgifter merfmürbiger Singe u.
f. w.", Don ber entftel^ung ber ©tabt biö 1574 fortgeführt, üollftänbig
nur in §anbfd^riften porl^anben. (Ueber ben S)rud f. ©. 412 biefeö
V 2ßerfeö.) 3)ie SWel^rjal^l feiner SBemerfungen ift axi^ \\o6) üorl^anbenen
ftäbtif(^en imb ßiapitelöurfunben entnommen, roicj^tig mirb er, mo biefe
feieren. Sffiertl^üoll ift ein. von 2Ba(ä&s SRango jugef(ä^riebener SRad^rag,
vom Saläre 1671-^1686 reid^nb, ber ju biefen Sauren eine gro^e
gülle einjelner 3Zotijen bietet.
(^ö ift felbftt)erftanbli(|, ba§ andi) feine gebrudten aBer!e: Origines
porpcr.y Colberga togata unb ba§ g^eueralpl^abet benufet finb.
3) SDie ^iftorif(3^en SBerfe von SBad^fe (f. ©. 490).
©one gebruae §iftorif<J^^bipIomaiif<|e ©efd^id^te ber älltftabt,
mit mand^en Urlunben, bie im Original nid^t mel^r tjorl^anben finb, wert^^
t>oIl befonberß für bie neuere ©efd^id^te. SDie ©efd^id^te beä ©apitel« unb
beö Äloflers, ßapitel 9 uub 11, in meinem S3ud^e ift natürlid^ nad^
ben Quellen gearbeitet unb nid^t etioa ein Sluöjug au§ SBad^fe'ö SBerf.
Aiviales Colbergeiises, in 9tango'ö SBetfe gearbeitet, voxx ben
ätteften Seiten ber ©tabt bis jutn Saläre 1742 reid^enb. SDie Slotijen
finb tl^eiU auö Urfunben gefd)öpft, tl^eife, mie ber aSe;rfaffet felbft m^
giebt, ben eoDeclaneen entnommen, bie ein of^tx greunb auö @bbe(ingd,
Dr. 2lnbrea§ Söulgrin« unb ©onfiftorialra.t^ö ^awl 3Bö«er Porifc^en
SRanufcripten jufammengetragen l^atte. S)er Jkesaurm Aistor. pom.^^
fettfl von Gbbeling (feit 1568 ©eneralfuperintenbent im ©tift unb
ßolbergcr SJcfou) ifl fd^on SBad^fe nic^^t mel^r ju ®efi(]^te gcfommen.
einjelne 3?otijcn baraus finb i^rcö Drtcö benufet. S)ie /öäw/ö genti-
licia familiamm in Colb. (1580) ift unbrauij^bar.
Untcrgcorbnete Duellen, toie bie Sluäjüge au§ beii Äatenbatien
t)on Satob SRango, ^roüifor ber aWatienfiriä^e in ßolberg, t)on 1529—48,
Sauren} §eit(!e, ßolberger SRatl^öl^err, üon 1595—1647?, SorenjSRango
für bie erfte §älfte. Mag. 3SaIentin ed&erping für bie jweite §älfte be«
17. Söi^rl^unbertö, fättimtlii]^ in ber Sanbfd^aftöbibliotl^ef in Stettin,
§ülfömittet, wie SEBaÄife^ö ®ef(i|i(ä^te ber ©uubjottfrei^eit (1757), beffen
©lüdraunfd^fd^rift bei ber t). Sraunfd^raeig^fiä^en unb Äafoppif(^en ^oS^^
jeitöfeier, bie eine furje ©üljengefd^id^te entl^ält, ©d&untann'ä J^anbfd&rift^
lid^e ©efd^id^te beö Spceumö, feine unb ©d^rönerö gebrudte Slbl^anblungen
über bie Äird^engefd^iiä^te ßolbergä (f. ©. 490), 6. d. ©immern G^ronif,
^JJrogramme u. f. tu. finb, wie bie neueren SEBerfe über pommerfd^e ®e-
fd^id^te t)on Ätempin, Sartljolb u. f. xo. aw ben betreffenben Drten
genannt unb benufet.
©(^liejsUd^ erfülle id^ bie angenel^me ^flid^t, allen benen, bie mid^
burd^ ©eroä^rung oon §ülfömitteln bei meiner Slrbeit unterfiüfet l^abciv
wie ber Sönigti(^en Sibliotl^e! in Serlin, bem §errn ». b. £)fleu in
^(atf;e, bem §erm ^rcbiger 3Jlaafe in SDegoro, ber föniglid^en 6omman=
bantur in ©olberg luib bem 9Kagiftrafe ber ©tabt, ber mir mit jUDor*
fommenber SereitroiHigfeit bie Urfunben ber ©tabt jur Senufeung an
meinem SBol^nort 3at;relang überlaffen l^at, ben §erren 3lrd^iüaren .in
©tettin, namentlid^ bem §erm Dr. Älempin für feine üielfaÄie münb-
lid^e unb fd^riftlid^e Selel^rung meinen ergebenden unb aufri($tigften
S)anf auäjufpred^en-
3{urier o)i|TenfcOQf(l^tcO<?t JlacOmeis.
N. bfbeutet (Solberget Gtabiard^iv*
(Jap. Urf. — bic UtTunbcn bcÄ Solbcrger 2)cmfafl*cW na«]^ 5)iej f. 33onöort 2)
m6i bet ©cUft^aH cittrt.
^lofterml. — bie f^efi^urfunbcn bed 5((ofi(rd (f. Somort 3)
9?a^d (o^ne 3ufa^) - bit ^iftor. bi))romatif^c ®t\ä^i6)it ber 9i(tpabt t>on
bemfelben.
J) 3*ictmor ». 5Wcrfeb. VI., 8. 2) Thietm. IV., 28. VII. 52. 3) Thietm
VIL, 52. 4) 5J Script, rer. prussic. öon 4>itW «• f- ^« 1» '^^^^ 6) Monum. Ger-
man. XIX. Cbronic. polon. 561. 7) Script, rer. prussic. 1, 744. 8) Sef^^reibung
ber ^age bütt S)oboBa bon |)aftor ^c^ioe^tcn in Qheifenberg 1750 (in 9)Iatl^c)
9) ^ra^ unb jriempiii, (g^efc^. ber ^omm. €tabte XVII. 10) Mon. PriefliDg. 10. —
11) ^alt. @tub.l868 (Sabrg. 22). e. 144 üon Duanbt. 12) «Derfclbe ebenbort 14?.
13) N. 10. ma^B €. 492. 14) StUm^in, f). Urfunbenbud^ N. 214. 15) Seoba(^-
iungen an Drt urb ©teile unter freunbH(ber Leitung be0 ^errn äHiitergutdbefi^^rS
üü^oager in ^(tftabt. 16) N. 42. 17) N. 95. 18) j^lempln, ^omm. Urfunbenb. 323.
19) 3Ba(^d. e. 54. 364. 20) ^(empin, Url. 70. 21) ^benbort 196. 22) @ben-
bort 197. 23; @benbort 126. 24) St\m}ßin unb ^ra^, biplom. »eitr. e. 369.
25) ®op. Urt e. 360.
Hapittl 2.
1) 3)refter, Cod. Pom. N. 275. 2) Älempin, Url., @. 65. 3) ©benbort N. 579.
4; @benbort 475. 5) N. 25b in ber ^ert&ti0un((durlunbe aud bem 3a^re 1721.
6) gjofgt, @ef*. uon |)reu6en 3, 465. 7) Sifdj, «Werft. Sa^rb 11, 157. 8) Älempin,
Ur!. N. 572. 573. ftnoterlungen. 9) ^n^ang N. I. 10) 2)reger, Cod. @. 426
11) Hud^ng bed älteften ©tabtbudji«. IIa) (So uon Jttemptn berbeffert. 12) S){e an«
fle()ebenen 9}amen ftnben \i(S) bei S)re0er ®. 371. 374. 395. 403. 430. 432. 434. N. 1
unb 2. 13; Slavus vendidit agram au 1303 unb 1313 im ©tabtbud^e. 14) @ap.
Urt (130i; @, 419 quod in nostra idiomatis lingoa „vorlanden" appellatur.
— II -•
i»t\^. b. $3oti{n m^m Urf. U 15) SRan^e, Stitrcdifiet 1539. 16) mdittih. Mxl 2,
869, 9}^ 1517. 1971. 17) N. 38. 18) <D{e Belege im medfenb. Urfunbenbitd^, an
))crf4* eteOen. 19) 5tlem^in unb jtra^, aiVatriMn u« f. tr. 43. 20) N. 21. N. 22.
21) e^ottaen, ^a^lai Msc. V., p. 13 (UnimfitatSbibl. ju iE)atIe, 22), eeiber^ Urf.
toon SBen)>^a(rn 616. 28) ga^ne, Ut!. t)on S)ortmunb 343. 24; etefcnnfid ®aii\n
^briftine fc^eint bie ^(i)m\ivc 2){hnar9 ^u fein, ^apitelSurt. e. 325 (1320). 25) Saf.
Ur(. 50. 26) atango, Beitreg. 1304. 27) S)rei^aupt, eaalfrei^ 2, 806. 28j ^udaug
aud bem älteften etabtbud^. — ©ctbarb €Iet) faifcb ge(e{en für ee^er, 9i'ebel Cod.
dipl. I., 18, 317. 29) eiebmai^er, äBappenbud^ IL, 115.
ea|iitel 3.
1) «Ranflo, Chron. Colb. ^ap. U. 2j ©ap. Uri €. 44. j^) N. 33. 4) SRanflO,
Chron. @ap. 14. 5) Blango, ätiitt^ 2U bem 3abre. 6) 2)reget, Cod. 482.
7) SBa^d, 304 (1419, nic^t 1319). 8) SRango, Chron. 19 u. o. m. 9) «ieftefted
etabtb. ju bem Sabre. 10) fR^n^o, Stiixt^. }u 1331. 11) N. 51. <^p. Urf. 362*
12; ^eltefted etabtb. su bem 3abre. 13) N. 3. 14) $>affelba(b, @obe]c @. 396, ?u
»erftl. Älfmpin, ^omm. Urf. 91. 244. 15) ecbott^en unb Ärepflg, Dipl III , VIII.
16) sKanßo, 3<itr. ju 1277. 17) €cb6ttflen unb SerevpÄ, I>ipl. lH-r XVIII. 18) «el-
tefted etdbtb. 19; @bcnbort. 20) @benbort ^u ben angegebenen Sabren. 2i; N. 31*
22) N. 36b. 23; N. 37.
1) Äfempin unb Ära^, pommerftbe €tabte XLVII. ff. 2) N. 4. 3; N. 8.
4; e&bfdb. €>tobtb. e. 1 5) e. ^nbang unter [Raib^befcblüffe. 6) Si^ango, Chron.
colb. ©ap. XIII. 7) gcrf: 9lug.-Tomm. ®efcb. Sb- III., 146. 8) ©benbott 265.
9) JRatböbejcbl. im lüb. ^taHb. lO; Äunbcnreicb, S««rgermeifleireg. e. 132. 11) (Sben-
bort e. 27. 12) Seunbenr. II, 231. 13) Subfdb. €tobtb, SHot^dbefcbL 14) €tabtb.
}u bem 3abre. 15) Uh\6). ^toUb., fRatf)^U\6)l f. tlnbang. 16) @^enbott.
17; SIeltcfte« @tabtb. ju bem Sobte. 18) £labtb. iu bem Sabre. 19, 8ü' fdb- €tablb.
20; N. 140b. 21) Äunbenreicb IL. 240. 22) 5tloft«rurf. ju bem Sobre. 23) N. 156.
24) jeiempin: bipl. ^eitr- 368. 25) Üb. Utiunbenb. ^um Sabre 1297. 26) N. 4.
27; e. ))or]^er 25. 28; 5lrat^ unb ^(cmpin, ^omm. ©tabte ^ 43. 29; 5^unbcnr.
II. 229 unb etabtb. an Dcrfcb. Crten. 30> Subf(b. &o\>ib., SRatbdbefcbl. Unbang.
31) N. 23. 32) e. oben 9lnm. 25. 33) i^iempin, bipl. $5eitr. 370. 34) etabtb.
|u bem Salj^rc. 35) e. tln^ang. 36; ©. ^n^ang.
ea)iitel 5.
i; eüb[(b. ®tabtb. 9la(btrag. 2) ^urfprafe. «nbang. 3^ N. 176. 4) 189b.
5) ^cten im SHaibdarcbio. 6) ^bfcbriften (^clb. Urf. in ber Sanbfcbaftdbibl. in €tettin.
^(btenb. ber ®i(be in (Solberg. 7) ^urfenbüd^er unb @)ef(b. ber ^utfe t^om ?uftii«
lat^ Q^dtfc^ in (Sotberg in (^bronif @o(b. ))on Slein^oib.
1) i». Aoc^-Sternfclb: bie teutfd^en ^afiweife. 2) (^ i). Simmevn: ßolberg«
— ni -
3) HMselb. Ck)d. pom. 91. 16 ilnmerf. 4) Stitmpin, Urt 437. 534. 5) 5((oti^rttTt.
Stt tm Sa^rr. 6) ^aff<lba(]^, Cod. 92. 30 «nmerf. !0}e(nfnb. Sa^rbü^cr 11, 164.
7) 5to(]ft«etenifeU), e. 103 ttnb 883. 8) ®rimm, b.titfci^. S95rterb. unter fdtt^.
9) 5((cinpfn, Urt 48. 94. 256. 378. S)reacr 365. 10) ta^e'b. Cod. 99 11) ilac^
äietloiv, 9)r5iiionfir. 5e(ofter auf nfebom. 6. 99. 12) ^regrr 365. 13) @bni^M
917, 319, 329, 393 u. f. lo. 14) @benbott 393. 15) 9)A(t. etub. 2^1, 15. ^xamtt,
9iM}m^t\6). 2, 4. 16) ^e^renb, €ooU unb eeebab @o(b. 6. 102. 17) (Sap. Urf.
e. 350. 18) S5erg^attd, Saubb. t^on 9)omm. III., 1, 98. 19) N. 4. 20) N 19a.
21) etabtb. )u bem 3a^rf. 22) <Drei^aupt, Saolfr. «nb (^rfci^ic^te ber ^ui^t von Sfinf
bürg. 23) Serro suo dabit a. m. D. 24) grbrudfte Drbnung ber Bunft. 25) €tabtb. an
verfd^ieb. ^teUen ab alia parte prope vectaram, prope Persantam, in medio montis,
versus stagnum etc. 26) (5ap. Ui!. 48, 55 u. a. 27) S3olat ®etc^. |)rett§fn8, V,
199. 28) ^e^renb, €ooI' unb eeebab (Solb. 124. 29) etabt. ^cten. 10) ^unben-
tei(^ IL, 7.
eojiitcl 7.
1) N. 18. 2) N. 26. 3) 2)ie SReceffe ber ^anfeta^e toon 1361 an. 3a) 6. Sin-
^ang. 4) SKedlenb. »rf. III., 3367. 5) Sfieceffe u. f. w. I. 9?. 150. gorf, SRüg..
^fomm. @ef(^. III, 119. 6) 8ftecejfe 92. 232. 7) fßoi^i, «Bitatienbr. In SRaumer,
3:af(benb. öon 1841, e. 33. 8) N. 1. N. 8. 9) N. 55. 10) JDittmer, @efc^. be«
JCrieged ber wenb. @tabte 36, 33, 44. SRantef, ^funb^oa, e. 30 f. II) N. 118a.
12) N. 137. 13) Äunbenr., ©ürflerm. gu bem Satire. 14) 2öa(^«, €unbioUfrel^e(t.
15) N. 207c. 16) gieceffe b. 4>. H-i 4. 17) 3n üer(c^iebencn 2:eftamenten ber jtöeiten
4>älfte be0 15. Sa^r^. 13) 53olflt, «itatienbr. ©. 35. 19) Treptower etabtart^iu.
20) SReceffe IL, 306 unb 320. 21) N. 84. 22) sRefcffe II, 343. 23) ©d^ottjen unb
^repfig, Dipl. pcm. 184. 24) |>anten, ^eitr. jur l^anfeat^enß!. ^anbeUgefcit;. 9)rcgramm
2. ©. 5. 25) etabtb. ^itxnaä^ ift 53ortbolb IV., 2, 75 gu berlt^tigen. 26) N. 139a
27) N. 151. N. 152. N. 160. 28) ^ro^ unb 5l(empin, 9^omm. <&:t5bte 90.
29) 9{anfto, äeitreg. su bem 3a^re. ZO) (^olb. ftäbt. bieten. 31) e^mibt, @)ef(^. be«
©tettlner S)anbeC3. 32) ©olb. ftabt. ^Kcten. 33) Slanao, Chron. VI., Äalenbar. tocn
SRango u. a. m. 34) $(!t^ottgett unb ^repftg, Dipl. pom. 385. 9{ango, Chron. VI.*
36) j^inbenreid^ 1, 168. 37) Ba(^0, Annales gu bem 3a^r\ 38) Slango, Chron XI.
39) SO^ac^d, ®ef(^. ber eunbioQfrei^elt. Stabt. ^cten.
1) N. 9. 2) Senno, &t\ä). \>on (^o^Iin, @. 269 unb 32. 2b) ^atSf güHarr
9Ritt^ei(ung t)on ^errn d. 5Camefe auf Sufiebu'^r fü^rt ber bei bem oor mehreren Sabrcn
eingegangenen S^orioerf 9ttt!en^agen vorbeifltegeabe, bei Safjene münbenbe 93a(!( blefen
9}amen; ^tn )). j^amefe ift ber 9J{einung, bag ffl^c^rt ber (SoQectiuname für bie l^eu«
tige Saffene'^immen^ager Sefi^ung unb mit Saffene ^ufammengefc^moljen ift, o^ne baf«
felbe 2U fein. £a^ ein ^rdjborf mit einer ^irci^e untergegangen fei, ift aUerb{ng6
unival^tfc^eintid^. 3) N. 30. 4) Sl^einer, Monum. L, 323. ^(empin, S)ipl. 8eitr.
417. 5) Älempin, 2)ipL 53eitr. 430 f. JDaju N. 66. N. 66b. N. 67. 6) N. 76.
7) N. 69, 8) N. 72. 9) N. 81a. 10) N. 82a. 11) Sammlner SRatr. jum 5a^re
1864. 12) K 82b. 13) N. 62. 14) N. 81b. 15) N. 89 unb 93.
- fv -
1) @ap. Urf. 44. 2) ^benbort 304* 3) ebenbort 358. 25. 4) 8rdgflemattn
2, 2. ®. 569. 5) Söa^^, ©. 380 in ber Ur!. üon 1520. 6) 3t»el Urf. [teilen in
SBiberfprud^), ^ap. Url. 128 unb 344, nai^ ber einen l^at ^. i^ermann, m^ ber anbem
S. ^timi^ S)ar2tttti SU (Sorlin gelegt. 7) @a)>. Utf. 303. 8) WlMtnh. Urf. ^u bem
Sa^re unb @ap. Urf. 348. 9) ^benbort 398. 10) (gbenbort 400, 460. 11) ^ben-
bort 237. 12) (gbenbort 419, 420. 13) (gbenbort 349. 14) S)le Seit ergiebt fl«
aud ber ^ergleidt^ung ber @ap. Utf. 414 unb 107. 15) ^benbott 128. 16) ^eftanb
no4 gegen 1500. Älem^)in: 2)tpl. Seltr. 335. 17) (5op. Urf. 128. 18) 3ietIow;
^rfimonftr. (S(. auf Ufebom 167 unb 227. 19) äBcKi^d: 323. 20) (Sap. Urf. 425.
426. 427. 430. 428. 21) N. 33. 22) 2Bod&8 390. 23) ©a*3 178. 24) Äfempfn:
2)ipl. 55eitr. 370. 25) ©ap. Urf. 48. 26) @benbort 211. 27) ^benbort 342.
27b) ßbenbort 18. 28) (gbenbort 42. 29) Älenipin; 2)ipL ©eitr. 419. 30) (5ap. Urf.
231. 31) mmp\n\ S)i))(. ^eitr. 418. 32) @ap. Utf. 403. 33) SBad^d 276.
34) @ap. Urf. 123. 85) Statuta cap. 482. 36) 211. ^ie ))on SBa^d angeführten
^^atfad^en [xnb fämmtli^ falfc^; toor 1474 ift fein (S^olberger Kantor nac^ioeidbar.
37) 6ap. Urf. 52, biefelbe Diente, bie Subivig r>. b. SBiebe t^om ^lofter fauft 38) G^ap.
Utf. 46. 39) ^ie dlteften Statuten fennen nur eine ft&nbtge praeb. pueril; fie
fmb nid^t Dor 1323 abgefagt, ba erft in biefem Sa^re bie SBeftimmung über bie beiben
^ufen in Xxamm getroffen tourbe. @op. Urf. 322. 40) @benbort 345. 40b) @ben-
bort 485. 41) ^benbott 188. 42) 6tenbort 238. 44) SBacba oerftebt unter
eccles. unb paroch. Colb^ irrtbümlid^ bie ^Itftabt unb bie 3ob(tnni«fird^e; unter
Colbcrg obne ben 3ufa^ antiqaa ift feit ber ^egrünbnng ber beutf^en @tabt immer
biefe 2u txrflel^en. SBann foQten au^ tvobl biefe S)orfer ber So^annidfir^e abge-
nommen fein? 45) @ap. Utf. 360, 266, 475, 362. 46) ©tabtbucb. 47) @ap. Urf.
144. S)ie Urfunbe lägt unflar, ob ha SRalb aud^ für bie beiben anberen Käufer eine
gleid^e 6umme erbalten ^at. 48; ^ermuibli^ ber 1338 genannte 2)efan ^einri^;
aber fein be äßicbe, loie !Ba6)9 meint. 49) Sa^regjabl bei SBa^d falftb, f. (Sap.
Urf. 538. 50) @ap. Urf. 334. 51) ^benbott 461 unb 462. 52) ^ud^ Sacbl Annal.
53) @ap. Urf. 217. 54) @benbort 371. 55) Uh% etabtb. 56) GcbSttgen, $llt-
unb ^eued 9)ommerl. 495. 57) €tabtb. p biefem Sa^re. 58) etabt. ^cten.
dajfiitl 10.
1) etettiner ^rd^io: Samminer €(branf. 2. 15. 221. 2) ffla^ti^t ))on eini-
gen Käufern ber von €d^lieffen, Seilage e. 29. 3) N. 12Ö. 5) ec^Bttgen, ilt- unb
9leuea |)ommerl. 444. SOBac^a. 6) ^benbort bad ©(^reiben an bie i^anfeftSbte.
7) etettiner ^r^it), f. SR. 1 biefea @apitel0. 8) 2)etmar, Sortfe^. 1442 ; ber lübfdbe
@^ronift ^at, tvie bie !Xteptomer Urfunbe t^cn 1445 f. 92. 11 seigt» bid ba^iu bie beften
Sfla*rl(bten. 9) SRocbr. t>. ©iblieffcn 218. 10) N. 112. 11) Treptower Urfunbe,
atf^iftlid^ in meinem Sefi^e, im Original voti^l nidbt mebr i^orl^anben. 12) SRango
SU biefem 3abre. 13) N. 98. U) aiango, Orig. pom. 219. 15) Senno, QMn 343
(Urfunbe). 16) N. 104. 17) N. 105. 18) Sap. Urf. 437. 19) Äofegarten, «efdfr.
ber Univeif. ©reifdujalb 2, 59. 20) N. 111. N. 113. 21) SSofen, Seitr. 82 unb
^olberg. ^^rcnifien. 22) N. 140a. 2?) ^d^id^it b. €(blieffen, Seilage 91. 28.
34) Dl^oääi bist pol XIII. 328. Lindenbr. incerti aut. cbron. pol 225,
^ V -
25) Sart^olb, &t\ä). bon 9)ommem 4, 1. @. 264. 26) Dt!, im £re)>io)))er €iabt«
or^iD. 27) 9iaiidO, Orig. pom. 233. 28) N. 114. N. 115. 29;K\117. 30) S«ic.
manu, &t\^. ))on ©reiffenberg, @. 273 (au @ap. U;. 31) jtunbtnictd^ 2, 32.
32) UtI. bcd %xtpt 9(r4^H tt){e cd {^eint, im Dtiginal nid^t mt\}x bot^anben, filtere
$lbf(i^tiften babon in meinem $eP|^.
1} ^tabtb. ^u bem 3a§re. 2) SRauqo, ^unbenreid^ an mehreren ^teUen.
3) N. 126. 4; SBac^d, @)ef(|f. ber SlUftabt 495. 5) Senno, ^odlin 343. 6) N. 116.
7) N. 118. 8) N. 120. 9) N. 110. lOj Notit episc. f. «n^anq. 11) N. 110.
12) N. 122, unlefeili*. 13) (5op. Url 3. 14; N. 139b. 15; S^ra^, ®ef(^?i*te bet
Äleift. 16) »enno 281. 17; N. 135. 18) N. 125. 19; N. 129. 20) N. 13a
21) jtunbenreid^ 1 , 21. 22) Not episc. ^n^ang. 23j N. 142. 24) N. 156.
25) !Radgridt^t u. f. U). bon ben ^c^Iieffen, ^eiiaf^e Sfl 65. 26) N. 163. N. 168.
N. 176. N. 186. N. 187. N. 195. 27) N. 167. 28) N. 182. 29) N. 181.
30) N. 196. 31) N. 167. 32j N. 172. 33) SRango, Beitreg. ju 1527. 34) N. 182.
36) SRad^ SSac^d Annal., ^an^oU), @. b. Zimmern, Slango unb mehreren doib. Ucl.
37) N. 185. 38) N. 184. 39) €tobtb. 40) €ctüttflfn iinb ^te^rtfl HI-, 251 f.,
aud^ in j^nnbrnreic^ 1, 723 ff., aber fe^r berborben. 41) N. 175 42; Sßac^d, Annal.
au bem 3a(re. 43) (Sbenbort, offenbar nad^ bem SKic^tbud^e. 44; N. 186b.
45) @tabtb. lu bem Sa^re.
1) ma^9, ®tW^U ber ^Itftabt 491. 2) @ap. Utt 48, au§erbem 3 ^axi
8 @d^. für einen ^ot^en (ober 5^at]^en) an ber ^erfante an ber @teOe, ivo bie ^ferbe
getrSnft loerben, bon beffen ^eioobnern [xt jäbrlid^ ebenfo biel erhoben b^ben. @ap.
Urf. 470. 3) 5^rempin, bipL Seitr. 4) äSacb^, ®e[d(^. ber ^(tpabt 520. 5; &at>t.
1432. 6) ^unbenreicb I, 192, bon bem bamaHgen €9nbilud ^aul ^nbreaa ange*
ferHflt. 7) N. 24. 8; N. 48-62 unb ©tabtb. su bem Sabie. 9) N. 87. 10) SBacb«
536. 11) @benbort 577. 12) S)ie [labt. Urf. (N. 10) ift bon 1288 unb nennt nur
bad balbe 3a$be, bie Url. bei SBacbl (571) ocn 1278 unb fprid|;t bon bem ganzen
2)orfe. ^ie Seftatigung^urfunbe (N. 34; oon 1334 ftimmt im IDatum mit ber fl&bt,
im Sabre mit ber bei ^ati^L 13) !D?edf(enb. Urf. 1288. 14) j^iofterurf. unb äßacba
354. 15) etühth. 16) N. 24. 17) ^ofterurf. 18) N. 155. 19) ^loftcrutf.
20) unb 21) ebenbort. 22) N. 35. 23; J^Iofterutl. 24) @benbort unb 3iet(ou}, 9)r&«
monfir. «(öfter 164. 25) 5tCofterntf. 26) N. 150b. 27) N. 155. ^enu^t ift augec
^ad^ nodt^ eine banbfcbripcbe Arbeit über m mofttt im ftabt. ^rd||tb.
€apiUl 13.
i; ^eder, engl. €d^tt»ei§. 2) Stango, 3eitreg. 1528 unb 1529. 3) «unbenreid^,
Sürgermeiftetreg. gu bem 3abre. 5; 5(unbenr., tBürg. 1535. 6) etabtb. 1536.
7) 9iango, äeitr. 1530. 8) N. 225. 9, 3n ed^^iog 9)(atbe gefunben. 10) @ap.
Ulf. 208. 11) 138b. 12) ftlofterurf. (e^te Seite. 13) 201b. 14) ma<i)9 541.
15; 205«h. 205b, 16; Surfenanficic^nttugen unb Vu^jug au9 bem ^anbbuc^Iein M
-. VI -
|)a{lord ^mtt. 17) N. 209 unb 210. 18) N. 165. 19) Sie «nftaBc Gimmcni«
ttnb {Rangod, tag er ein gebornet @oIbetget geioefen fei, l^at \^n Gd^mann (9)rogt.)
tvibetle^t. 20) ®efd^i(|te ber et ©piritudfird^e.
Sa))ttel a
1) N. 219. 2) N. 218. 3) ^fltationdacten. 4) SBad^d 547 f., ^eunbenrei«,
«ürdetm. au tim 3a^re. 5) N. 236 unb 234. 6) N. 227 nnb 228. 7) N. 230.
8) N. 233. 9) N. 239. 10] äSad^d 550. 11) N. 240b. 12) N. 241. 13) ^afett,
@odIin 56 unb ftSbtifd^e ^cten. 14) (Solbetger ftdbtifd^e bieten.
fitttiitel 15.
1) K 189b. 2) j^unbenrei^ 2, 403. 3) 2Ba((«, Annales ^u bem 3a^re.
4) 6. )). eimment, Solberg. 5) ^ol^orbnung, l^anbfc^riftliij^. S)ie S^arftellutig na(i^
^unbenrei^ I., 228—366. Sürgermeifterregiftet 159 f. — eimmetn tinb SBad^d,
Ann. unb Notata bed bamaligen ©enatord ^ord^arb. jhtnbenreicf^ I., 242.
(£a))itel 16.
1) aiango, Chronik XIV. 2) @6enboit. 3) ^unbenreici^ IL, 232. 4) Subfcb.
©tobtb. 5) SRanfiO, Chronik XX. 6) N. 97. N. 254c. 7) N. 81d. N. 95b.
N. 246c. 8) N. 99b. N. 109a. N. 109c. 9) 5?unbenrei^, ©ürgeim. an öetfcb-
€tellett; fl&bt ^cten. 10) ^nbenr., ^ürgerm. gu 1578. 11) ^benbort. 12) @Ben-
bort au 1618. 13) N. 247c. 14) 6immcrn, (Solberg. 15) ftunbenreic^ IL, 233.
15a) Uh. fRz(^i bei «acb 6. 144, 9lnmetl Cod. U., 26., lonigUd^e Q^ewalt ftebt ^Ir
Suftiabobeit, aifo bad ^^efangnig, in m^H bie bor bad ^erid^t be§ bifdftöft. ^ogts
Q^eaogenen gelegt tonrben. 16) ^a^a» Ann. 17) ©immem, @. 18) Seid^enprfbigt
auf j^at^arina b. e^^lieff Dom 9)aftor ^olberg, u. o. —
1) Sl^otiaen aud Sßa^d, fRan^o, ben 5?alcnbar. u. f* )v« 2) i^unbenr. IL, 250.
3) Einleitung au ^ra^, |)omm. &», r>, JSiempin ©. LY. 4) jtunbenr. Siirgerm. au
bem Sabrc. 5) SRuboIpbi« ^b^^uil. 6) j(unbenrei4,. ^ürgerm. au bem Sabre; eine
Serlaufdurfunbe feblt im Original unb in ber $lbf(brift. IRacb einet unverbürgten
eage tt?&re ea bei bem j^aufe nid^t reblicb aug<g<(ngen. 7) Sn jtunbenrei^ II., ber
»on e. 76 *an i^auptqueHe ift neben ben Ifalenbarien. 8) Parentatio auf Safere.
9) ed^dttgen unb Ar. m., 385 unb 389. 10) @ef^. ber et e)>iritudlir(be.
HüpM a
1) €t&bt. ^cten. 2) J^unbenr. L, 84. 3) Url. unb ^ctenftüdTe aur ®ef^. be9
grogen j^urfurften, $. lY., 938. 4) j^unbenrei^b IL, 260. 5) (Rango, @btonif,
@a)). YIIL 6) 5eunbenr. L, von G. 90 an. 7) (Sbenbort 86. 8) (SbenDoit unb 374
unb 376. 9) Ebenbort IL, 205 unb 206. 10) Siango, geueralpbabet. 11) Sflango,
9la(ib^&ge bon 1671 an. 11) Ungebrudfte UrÜtnben unb ^cten im ®reifenb. etabt«
ar^it). S)er streit atvifc^den (Solberg unb 3af(be meiftend aud @(bumannd ungebrutfter
®ef^ bed 89ceuma.
1) €t5bt. ^cten. 2) SBenbott 3) ^\x^u^ 0tt6 berfd^iebenen älteren QueVen
in bet Sibliotl^e! bed ©i^mnaflitmd €. 75. 4) Sl^ango, Chron. XL Suffixe toon
Jhinbftird^. ©^mibi, ^efd^. M @tettinet ^anbela, e. 54. 60. 5) SQ^utftral I.
996 unb 583.
ea|iitel 20.
^au^tl^ülfdmittel: SHe 9)ommerf(^e ^nfigefd^. von j^ufilev, balt @inb. YIII,
1, and tvfld&et bal Bef^e, tt?c(^e9 bied Kapitel enthalt, fief^o))ft ift, ba^u ^CLa% ®e-
fd^reibung ber ÜRarienürd^e nnb bie ^emerhtngen bed ^upetintenbentcn Sßeng in
9etg]^aud, 9anbbud(^ @. 517 f. 1) @ap. Uri 360. ^ettrag über @t ephitud.
2) (Sbenbort <S. 128. 271. 318. 3) (Sbenboti 474. 4) ^aa^, @. 22. 5) 92ad^d(i^t
über bie e^lieffen, Seil. 91. 57. 6) @benbort 91. 64. 7) Qap, Uri 384. 8j ffla^'
x\^i über bie ed^lieffen 91. 53. 9) fRan^o, Orig. pom. 107. 10) S^ango, Chron. XV.
^apittl iU
^üiflmittel: ^dgumann, &t\^. bed Spceumd, SPad^d, histor. Lycii (unbebeu«
ienb), (SbertS d^ronoL SBerseid^nig ber SRectoren om (^olberger Spcenm, ^tier, 9)rO'
gromm 1867, Programme von Sütfemann, Gdbumann, Reifet, Serid^t über bie re*
formirte €4u(e, Q^irft^ner: bie DftfeebSber, Delrid{^d (Snttvurf einer ^ibliot^el ber
®efd(|. ber ©elal^rtl&eit in |). 27, Sflonfio, Chron. XV., ©u^jplemente. 1) ©tobtb.
2) 9lud() in fi&bt. ^{r(t)enacten. 3) Ungebr. ^ctenftüde unb Urfunbe» aur @t\^,
ix. 9BiC^. be« (trogen, ftfibt. ^ird^iv in (^reifenberg.
UpM 22.
OueQen: ^enfwürbigfeiten ber brei Belagerungen ^olbergd (1763); bie erfte ift
vom |)räpof. fRan, bie beiben anbem vom SRector ^dfel gefdj^deben, festere mit vielen
crbaulid^en Betrachtungen audgeftattet, aber von ^elb hc^ mit Unred^t verunglimpft,
ba fle dne ber »id^tigften Duellen für feine dgene ^arftetfung bilbet; auger ben be«
fannten l^anbfdgriftlidden unb gebrmften S)iaden nod^ unbefannte banbfc^dftlid^e ^uf-
jeid^nungen von äßad^d. ^ülf^mittd: 5?arl aRarfd^aH v. ©uHdfi, flebenja^r. ^ieg in
^ommem unb v. ipelb, bie brei Belagerungen im fiebeni&^dgen 5^iege. 1) Zap unb
Bictnal-Drbnung für baa 8ürftent§um @ammin, 1625. 2) @. ha^ Sitelbilb. 3) (Sol«
berger Seftungdard^iv.
gapttel 23.
OueUen: einige 2:agebüd^er unb Kcten im Seftungdarddiv, ftabi ^den. ^ülfd-
mittel: 9)er^, ®neifenau6 Seben, Tlaa%, bie Bdagerung (Solbergd 1807, 9Rot^, Ber-
t^eibigung ^olbergd 1807, V. Bagen% ®t\^. bed 9. SHegimentd, @(^onlein, Q^efc^.
ber Belagerungen (Solbergd. u. o. — v. ^elb, bad ÜReerbab in ^olberg (1803), tvie bie
(^ef(|. ber Belagerung in ber 3eit feiner Seftnngdl^aft gefd^deben. —
}leg{|ler
bcr ttjtd^Hjeren unb f^tperer ju flnbenben ©od^eti unb ffiamtn.
^baaUn unb Seiftun^en ber IBürgec: 95.
96. 208. 346. 377. 405.
— an Un S3if*of 89 f. 122. 134.
Slbebar. 263, 264. 272. 3a!ob, 272 f.
280. 85.
Slfenftefenf^aft, 212. 272.
Siaftabt, 17. 18. 19. 21.
8I^otbcfc, 99. 370. 373. 415. 425.
Sippenation na^ UUä, 88. 89. 330. 331.
332
^tnolb, ißif^of, 175 f.
«r^t ber ®tabt, 99. 366.
!BabeftuBe, 49. 53.
S3a^rr(4t, 381.
SBartin, 192.
©aft (^agen), 288. 339.
Säumt, entlaufene, 108.
Saumgarten, 64.
Searabniggcfenfdbaft, 389.
Selbuf, 119. 123.
©etflarb, 7. 9. 160. 176. 238. 239.
Belohnungen, offentltci^e, 75. 78. 229. 230.
D. Seloiv, 41. 42.
Senebict, IBif^of, 254. 256.
Sergere^t, 277.
Sergfriebe, 61.
©emfteitt, 375.
Sergftrage 49.
Sovo^ner^al^I, 453 f. 529. 533. 570.
Sif^ofa^of, 51. 358. 431.
Sidtbum, ^olberger, 3 f.
t). Slanfenburg, 227. 248.
^(otnik 16. 243.
Sobe(el, 34.
Soben^agen, 529.
Spgiölato Via, Slbminiftrator beö ©tiftö,
179. 181,
SoglöTab IX., 220 ff.
— X.. 254. 256. 267.
Soltenl^agen, 369.
Sorl, mU, 36. 67. SReu-, 529.
Sorfe, 98. 363.
Srauergilbe unb IBraure^t, 97. 374. 343.
453.
ö. Sraunftßtijeig, 37. 39. 48. 133. 281 ff.
856. 364. 415. f. Seiid^ttgungen.
Sranbe, 373. 399 f. 406. 426 f. 428.
SBruberf^aften, gefftlic^e, 209.
D. Srofer, 248.
SufcH^, 88. 89.
S3u*bruder, 412.
Sud^l^anbrung, 412.
S3u!om, Älofter, 36. 82. 120. 122 f.
— ©e^öfte in ber ©tabt, 37. 50. 96.
Suggentin, 24.
Sulgrin.
SuHentvinfel, 64. 369.
S3urg, Sage, 16. 17. 20. 21.
Sürgerfc^aft, SHed^te unb g)f[i*ten, 93.
94. 95. 97. 265. 280. 342 f.
SfirgerbataiÜfon, 397 f. 481.
Süraermeifter, 70. 71. 72. 365. 443 f.
Surfe, 102 f.
SfiffoU), 84. 367.
Kantor, erfter a. G^apit. 196. 199.
©apitet, ©olberger, 17. 23 f. 195. 187 ff.
438. 439.
©fobona, 11.
dolberg, @r!(5rung bed ^Ramend, 116.
118 f.
— gamilie, 33.
— Dr,, pasL prim., 429 ff. 432. 433. \
— Sodann »irb ermorbet, 169. ^* l
(Solbad, 120.
eoldbe, 288. ^v
(Sorlin, Srürfe, 169. ©labt 88. ^ dblofi
182, 184, 227. 228. 252 ff.
- II -
eSMin, 88. 160. 175 f. 227. 231. 249.
252 f. 254. 338. Äloftcr, 119. 126.
^u^cenberg, 193.
@a9r6t^oti ^7.
S)amftatt, 22. 192.
)>. S)am\k 41. 42. 82. 84. 337.
JDargun, 86. 119. ^lofier^of in ©olberö 50.
2)ar0Utij, 187.
IDänemar!, Schiebungen in, 161. 163.
170 f. 222. 233. 234.
S)ee)>, @oI6erger. 65. 423.
IDegott), 194. 65. 423.
^H ^. Sr. D., 439 unb (Sinreitnng.
3)obeIften, 5)etmar, ermotbet, 182.
S)omini!aner in ^mmin, 264.
SDomt^ule. 470 f.
S)refott), 84.
2)»erin, 65.
tj. Sberfieln, Subnjia, 9)i>ftulatb. , 249.
250 .f. 254.
@inipung mit %xtpU)a> unb ben S3orfen,
227., mit Sre))tou) 232, mit (Sddlin
249, mit me^rer. pomm. @t&bten 252.
^intvanbemng, beutfÄe in ^olbera, (Sa-
pM 2.
(Sngtanb, ^riegdxuftanb (Solbergd mit il^m,
161 ff.
@ri(||, 4)er8og, 232 ff.
@ugen IV , g)apft, beffen |)riöileöien, 217.
227. 228.
ga^rlrug, 129.
Sinansen ber €tabt, 370 ff, 873. 396.
450.
Sinfenburg, 62. 366.
gif^erftrage, alte, 52.
f^ifc^matft, 52.
Sifc^teiÄe, 63. 152.
gif^üerbrau*, 378.
grana, S3if*of. 355. 357.
Sransof. ^reblger, 432.
griebricfa ü. öirfftebt, Sif(i&of, 176.
8u*8, 9). (5^417.
günffir^en^ ^aron D., 393.
Katrin, 24. 206.
Q)ame!ammer, 198, 460.
(harten, 63. 399.
@ate, 45.
(S^eorgeufir^e unb ©pitai, 57. 204 f.
211 ff. 898. 405.
Q^i^t fie^e S^Dgt
®erttubenfir*e, 68. 59. 204 f. 418. 423.
425.
©etoerKroHen 376 f. 99. 441.
(S^ewanb^aud. 56. 109.
©üben, 97.
)). Q^Iafenapp, 41. 66. 82.
©olnott), 252.
®orebanb, 175.
©oredjom, 187.
©o^fe, Situ«, 352 ff.
©ouüerneurc, 411. 420.
^rabengeric^t, 366. 446.
^reifenberg, 11. 242. 152. 158. 160.
®reifdu)alb, 30 f. 86.
t>. (SJriplfecnberg, Swan, 41.
©dpawolbefen, 33. 60.
ßafen, 73. 74. 219. 373. 413. 414.416.
Safenfu^ren, 91
^atengeric^t, 366.
^afen^ettn, 91. "444.
4)afen, 66. 290.
^anbel, 145. 155 f. 157. 161. 167. 345.
355. 455 f.
4)amifc&mü^!e, 76.
^afenwiet]^, 64.
4)eere0folge, 390.
^enlen^agen, 291. 369.
i)enning, «if*of. 227. 233.
4)etmann, »ifcjof. 27. 28. 31.
^ejcenproceffe, 433 f.
£)eilige ^eiftfirc^e unb ©pital, 57. 131.
204 f. 211 f. 369. 406. 407.
i^enoge \>on Komment, @(|irml^nm bed
em, 159. 177.
ö. i)evbebred, 67.
^odbaeitdorbnung, 108. 382 f.
t). ^o^en^aufen, 248. 348. 354.
4)olf, 38. 60. 67. 82. 84. 108. 109.
^olfenfpital, 213.
^olsgtaben, 127.
^olasingcl, 61.
^opfenbau, 63. 168.
^ü^ner ^eilige (Beift, 214.
3-
3al6rm5rfte, 108. 378. 406.
SotobifapeUe, 23.
3afobi!it*e, 58. 62. 326.
Safere, 9)aftor, 400 f. 403. SRector, 433 f.
487.
Saöbe, 289.
Seftin, 86. 67.
Sobenftrat, 54.
Sobanncd Srunonid, Sifc^of, 178. 180.
Sodann v. Dppeln, Si(4of, 180.
?o\)amti m(Rni, ßMol 178.
ScbannmtiÄf, 18. 19. 23. SU.
Suben, 55.
St.
mavti, 209.
JColbautunbna, 5S.
V. Sallom, 247.
SamU. 67. 82, 110. 176. 193. 270 f.
183 f. 331. 232.
Jtämi^, 373. 404.
Äntftl), 243. TOartin, aifAof, 356 ff.
Äaflmlr, »ifi^of, 337. 349. 353. 357 ff.
SCamaa nüt in aitfloM, 31,
ffaufmannflfllfte, 345 f. 847. 350. 374. 416.
Stthn^agdi, 60. 422.
SintiaufnltnuttB, lOS. 383.
fileine, gamilif, 39. IHicolaua, 39. 105. 304.
JClofler, ISO. 136. 336. 231. 249, 3S2 f.
339. Sh\tnlk<bi, 408. 436.
.Rnubbcl, {itnnina, 265 f. 2dl,
Soitam, 41. 66.
fin^Icnmatlt, 57.
ficäftnjDnft, 374.
JCcIpfn, CErnteTuna bcffclbtu, 226,
ÄDlbfnorönuna, ntue, 133 f. 219. 230.
Ai>t^bu4 134.
ffrtmtrliaatn, 60.
Äiü^ne, 187 f.
fftua, xatf)e, 423.
JfunDninld), 364.
Sunbeiirei4.&Dl('SpHat 213 f,
Sun^])f(if(rtburiii, 44.
JtülrTflTagc, ffaUTl^DT, 46,
S.
8anb(ebanbftTage, 37. 40. 49.
gaabtJcDQesim in (Sotbttg, 411. Snfinbt-
nnnttt bnmlt, 419 f- 421 f. 425.
Sanbftflnb. JRf^tt, 179. 228. 255.
Saßabir, 59.
8autcntiu8T(ip(ir(, 59.
9(i(tnam<lailb(, 210.
fe^ngület, 81. 83.
u. 8(ut»Q), 38. 19.
eilitajunft, 374.
Bube, &mea, 266 f. ^(nninj, 269 f. 281,
SUccum, 474.
2m<^t »{[^1, 31. 87 f.
SR.
Wailu^It, 63. 373.
maam», Sift^vf, 181. 134,
aVaf» au« SollKta, 469.
Wal4)tim, 45.
ÜBanttiiffd, 22G. 332. 243. (Sralmu*,
»ifdjof, 273 f.
aXari(ntl[4t in iSoltma. 186. 457 f.
— nf In «Itflobr, 13. 32.
t Soiewfl« baftlbft 177.
in ffiolbna« mit ibtun,
— t^Sri^di, 47.
Tiotiha, 18. 120.
ailolidin, 190,
gjtolfnbijt, 45,
9J;5n((SDf, 37.
Woadjtiiet, 46.
3Biiotbäinm(, 49. 73,
Wühlen, 30. 45, 55,
^finbe, 59. 74. 380. 393. 414. 454.
aRünje, 57.
anüttärec^t, 92.
SRflflDio, 83. 84. 182 ff.
9iaugaTb, Aleln, i90. 369. 396.
gierfnin, 190. 204.
9ir6mtr, 368.
fflt\H 189.
JtctUlbrf, 533 ff. 547.
3t(uBabt, 45.
9i(ut I^Dir, 218, 219. 225.
9iitDlainr*(, 51. 73. 204 f. 413. 422.
molaal, WW, 131.
m«ta. 176. ÖIO, f, »(ri(ttifluii8.n.
Stonntn^olj, 64.
©,
Dffidat, bi|(l)£fli4tr, 197. 200.
OltKnbntfl, 188. 270.
Dibatt, 31. 90. 184.
Cfttn, B. b., 68, aJinni«, 234. 237. 24a
Olto B. Sambcca, 10 ff,
270.
0. plattet, 64. 379.
|}l(bane in Salbtta, 204 f.
^clbtmln, 28L
^ iv -
9)fannrd)mteben, 59. 398. 422. 428.
g)retm{n, 23. 194.
D. ^ti^e, 363.
9\xlr>txiit\6)üi^, Ib. ^\xl))txmu^U, 75.
r>. ^uttfamer: 248.
Duelftn, 84. 292.
D. dtan^o, 248.
Sdat^ bcr €tabt, 71. 72. 76 f. 80 f. 280.
365 f. 441 f. 447 f.
9tat§^aud, 37. 50. 56. 363.
aftaufd^cnborf, 360.
SRcformittc Äir^e, 50. 430 f.
mefüfiied, 432. 441.
üim, 65. 244 f.
S^eglement, rat^^äudltc^e^, 447.
Sieinbern, ^ifc^of, 3.
Rej/f de grote^ 76.
giic^^tflättcn, 367.
SRiga, Don ^olberg unterftu^t, 164.
fRitterafabemie, 412. 495 f.
mofenbal, 33. 45. 62. 63. 204.
SRojen (Slafen.) aunft, 106. 375.
9lodg(em, 35.
Sfloffentin, 72. 193.
müaentoalbe, 152. 158. 160. 238. 338.
8Rü§ne, 283 f.
€o^ot», 24 f.
Saline, 15. 114 ff. 344 f. 373. 455.
©al^t^or, 46.
€4aufpiele, 481.
€(^ipn)crften. 59.
ec^lac^t^au^ 46.
©O^lame, 88. 238.
». ©c^Iiefffn, 43. 215 ff. 265.
— ^fxvA L, 216.
- «)an8 II., 216 ff. 220 f. 229 f. 240.
241.
@*licffenio3pitaI, 212 f.
©cblifffenfavenc, 459.
ec^Ucffenftrafee, 52.
©(^rnclmö, ge^be berfelbcn mit ©olberg,
®(]^oaungen, 373. 447.
©cbopcnbrouer, 374.
edjofc 95 f. 377.
ecbulcn, 211. 470 f.
€^ul^aud, ältere^, 54.
©djuppepol, 129. f. «öcri^tigunaen.
©(^u^endilbe, 100 f.
^Aiu&ne, 74.
@c9ioniQ, i6oaU(aD, 420.
€(&U}eber, 364.
@d&U)eblfcbe i^rnfc^aft, 403 f. 41Ö.
Sccbob, 571.
©eefelb, 25. 187.
©ealerbauö, 50. 97. •
@eInom, 66.
©emmerom, 369.
©ie^en^aud, 58. 212.
©iebcrianb, 65.
©ifflfrieb, S3lf*of, 183 f. 220. 223.
D. €)immern, 364.
©imö^elr 368.
@ittc unb Sud^t im 17. 3a^r^., 383.
384 f.
epie, 68. 369.
^pinnbaud, 451.
©tabtöüter, SBewirtl^fc^aftuna, 372 f.
etabtbof, 60. 449.
©tabtmauer, 44.
etolpc, 152. 158. ICO. 238. 388.
@tranb^er€(i&tia!cit, 375 f.
©tragfii bec ^tabt, 49 f.
igtrafeenpfiafterung, 362.
©tdcferebcrg, 62.
etubben^agcn, 59. 351. 398. 422.
^tunn, ber ö^oge, in 3)oramern, 260 f.
Slammc, 53ürgermeifter, 349. 354.
SS:(rminareien in ©olberg, 203. 204.
2:cftamentc 207.
2;cf[incr @ee, SRicbcrlagc am, 225,
Seftament ». b. SBicbc, 193.
2^01 c ber etabt, 45.
X^urm, rol^e, 407.
Stramme, 187.
ö. Slrcbctow, Safob, 32.
Srebnl^, 120.
Srcptom, 9. 12. 112. 152. 159. 160.
162. 227. 232. 242 f. Äloftet 117.
U.
U(ri(^8§of, 369.
SBicariecn, 208.
S3icarien^of, 208. 473.
«iern)Et!e, 95. 374.
Sitaüfnbrüber, 158 f.
93itte, eolberger, 154. 163.
S3oat (Obcf unb Unter-), ©erlr^t 69.
85. 89. 174. 257. 340. 366.
Q]ogt auf ©d^onen, 154. 156.
äSoarabg^aaen, 40. 60.
SBorwerl, 60 f. 61.
ä8ai(en^att«, 451.
»^ V — '
3öa(btbor, 61.
SKalkutc, 17.
2Panfa6rlcn, 207.
Söotibra^mcn 55.
SBavVfn, b. St. f. 9kdbtrafl.
aBaffcrIunft, 49. 413.
3Bafferlbörcl)cu, 47.
SRüeibe, falte, 55.
2öcnbcn, 34. 376.
Söenbcflra6<'. 34. 52.
aöirter, 67. 39G. 399 SRcu», 529.
u. b. 2öicbe, 33. 34. 190. 457.
2Blc!f, 61. 62.
SQBilljelm, 53ifAof, 27.
SBinbmu^tcn, 373.
S5^obrot, 204. 289.
S^olb, !oniöli*e, 380.
SR^clbcnbura, 237,
SBotföbcrö, 62.
^otnu^na, 25.
Söonin, 13. 152. 158. 160.
u. SßcpcrSnott), öuftadf», 84. 318.
3cc bll um, 57.
äenbauö, 57.
Bernin, 192.
äeuö^auö i^Hüft^au«) unb 5lrliaerif, 75.
148. 162. 275. 380. 398.
Bieadl^or, 61.
Sieffnier, 5)eter, 373 f.
äillenbcrfl, 115. 117. 129, 131. 422 f.
428
3olT, dX 91. 92.
äucfau, 119.
3wl(ip|), 292.
(Brjtea (l[aßitet
tlVäl^renb bie jroifd^en @tte unb Dber wol^nenben f(at)ifd^ett
Stämme in ben grauet unb wed^fetooKen Äriegen, butd^ toeld^e bie
©infül^rung be§ ßi^riftentl^umö unb beö beutfd^en SBefenö bei i^nen
vorbereitet würbe, fd^on in ber erften §älfte be§ lOten Sai^tl^unbertä
mit ßanb unb Seuten in flareren Umriffen in ba§ ßid^t ber ©efd^id^te
eintreten, liegt auf bem von ber JDber an in ungewiffer Sluöbetinung
gegen £)ften an bem ©eftabe ber ©ftfee l^ingeftredten Sommern noä)
längere 3eit ein bid;ter SRebel. @rft gegen ba§ 6nbe beö 3al^rJ)unbertö
beginnt er l^ier unb ba ju jerrei^en, unb als bie l^ettften fünfte fd^inu
mern juerft auö i^m l^ert)or bie beiben ©täbte 2Bottin unb ßolberg,
biefe jum erften 9Jiale mit bem anfange beö jweiten Sai^rtaufenbö, jene
\ä)on etwaö früher mit bem fremben Flamen Sumne ober Somöburg
genannt. aBoHin, beffen 33ilb burt^ ben 9?ebelfd;immer ju marinem
l^after ^ra(3^t oergröfeert unb oerjogen worben ift, baö begel^rli(^e 3iel
bänifd^er Slaub- unb ©roberungöluft, bann ber anä) oon beutfd^en §änb'
lern immer jaf)lrei(^er befud^te gro^e aWarft beö n)enbif(^en 33erfel^r§
an ber £)ber, bleibt oon ba an aud^ bem SBeftlanbe bauernb geöffnet,
über ßolberg bagegen leud^tet ber Sid^tftral^l nur einen 3lugenbliä, bann
weidet er fogleid^ lieber einer bunflen SRad^t, meldte unö ben 2lnblid
ber ©tabt nod^ auf ein gaujeö Salirl^unbert entjiel^t; bo($ genügt er,
um uns bie ©eftalt beö älteften ßolbergö wenigftenö im äujBerften Um^
riffe erfennen ju laffen,
SBon ^olen auä wirb uns biefer flüd^tige SBlid gegönnt
♦; ^ie ®rf(äntng bc3 flamme f, (5ap. 4
$oIen war in ber jweiten §älftc beö lOten S^i^tl^unbertö in ein
9lbl^än9i9feitöt)erl^ältni§ jum bcutfd^en Steid^e getreten: 3Wteöfo, ber ^er^
jog beö Sanbeö, l^atte im Scti^^e 965 bie Oberl^ol^eit feineö mää)i\Qtn
©renjnad^bam, beö beutfd^en £önigö Dtto I., anerfenneu unb alö Sei^nö^
mann beffelben \i6) ju einer Sributja^lung t)erftel^en muffen. SDer Un-
terroerfung folgte balb bie Slnnafime unb ©infü^rung beö ©firiftent^umö,
unb bie Unterorbnung beö erften polnifd^en SBiötl^umö ^^Jofen unter baö
eben (968) begrünbete ®rjftift SUiagbeburg, bem £)tto I. aud^ baö ge:^
fammte SBenbenlanb öftlid^ ber ©aale unb eibe alö ©prengel jugeroie^
\en l^atte, mu^te baö Sanb aud^ tix^liä) t)on SDeutfd^lanb abl^ängig
mad^en. 33oleölat) I. ©I^robri, ber 992 feinem aSater 3)iieö!o in ber
^Regierung folgte, n)ar ein friegerifd^ gefinnter gürft oon fül^nen &iU
würfen: er unterwarf bie benachbarten ftammoenoanbten 3SöHerfd^aften,
biird^brad^, toie eö fd^eint, juerft in unbelannten §eereöjügen ben brei=
teil JSolbgürtel, metd^er ^^Jommem oon ^olen trennte, unb jroang bie
burd^ ©prad^e uxib ©itte ben ^oten nal^e üenoanbten Serool^ner beö
Äüftenftrid^d am baltifd^n SKeere feinen Sefel^len ju gel^ordEien. 3um
beutfd^n Könige blieb er für'ö erfte in bem alten SBer^ältni^, fo lange
er ber §ülfe beffelben jur görberung feiner ^läne beburfte. S)eim eine
©rmeiterung unb Umgeftaltung ber ftrd^lid^en 6inri(^tungen, bie il^m
entftlid^ am §erjen lagen, tonnte er nii^t Dome^men ol^ne bie 35en)itligung
Äaifer ötto'ö III., beö Srägerö ber i^öd^ften irbifd^en ©emalt, beö ©d^ugs
^erm ber obenblönbifd^en Siri^e, ber furj Dorl^er jroeimal über bie Se-
fe|ung beä pöpftlid^en ©tul^lö ^jerfügt l^atte unb mit bem bamaligen
^^apfte gleid^e Siele Derfolgte.
3n bem 3ai^re 1000, in roeld^em £)tto, ben allgemeinen ©lauben
an ben beoorftel^enben Untergang ber 2Belt t^eilenb, eine SBaüfa^rt an
baä ®rab feineö ^reunbeö, be§ von ben ^reufeen erfd^lagenen 3Jiärt9=
rers Slbalbert, na^ ©nefen mad^te, um bort alö barfüjsiger ^ilger ju
beten, gab er wäl^renb feiner 3lnn)efenl^eit aud^ ben ftrdilid^eit 3uftäm
ben bie mit bem ^apft unb ol^ne Sroeifel aud^ mit Soleälao fd^on oor-
^er feftgefefete ©eftalt; fie entfpradi bem gelieimen SBunfd^e S3oleölao'ö,
fein Sleid^ ftaatlid^ u)ie fird^lid^ oon frembem ©influffe frei ju mad^en.
Uriber ben ©ebeinen beä l^eiligen Slbalbert, bie fdion jal^lreid^e SBuitber
geroirft l^atten, mürbe oline 33erü(ffid^tigung ber 2lnfprü^e beä a)lagbe5
burger ©t^bifd^ofö ein befonberes (Srjbiöt^um unb bamit eine eigene pot
nifi^e, oon S)eutfd^lanb unabhängige Slird^e erridt)tet, unb biefer auger
bem älteren pofenfd^en öiätl^ume nod^ brei anbere, neugefd^affene Sid-
t|ümer untergeotbnet; bie ©ifee betfetten toutben Sttatau, S3reölau unb
©otterg.
S)ie Slnnal^tne, ba^ bas Sotterger Siötl^um fd^on frül^er t)on
aWieöfo ober aSoleölao begrünbet fei unb bamalö nur feine Seftätigung
oon Dtto erl^alten l^abe, ift unjuläffig, ba nur bem Äaifer in jener
Seit bie SBelel^nung mit SRing unb ©tab juftanb, unb ber ^olenfürft
nid^t aus eigener 3Rad^t txx6)liä)^ ©inrid^tungen treffen fonnte, roeld^e
bie aied^te fd^on beftefienber Äird^en t)erlefeten: 3>ie ©rünbung beö 33iös
tl^ums, mit weld^em ßottergg 3larm ium erften 2Rale in ber ©efd^id&te
genannt toirb, fällt alfo in baö Sal^r 1000. —
3um erften SBifd^ofe in ©aljfotterg (salsa Cliolbergiensis eccle-
sia) warb ein beutfd^er ©eiftlid^er eingefefet.*) 2)enn eö bauerte no(^
geraume Seit, biö fid^ bie potnifd^e Äird^e ©ö^ne beö aSolfe ju ©eifb
lid^en unb aWiffionären et^og, unb baö S3ebürfni| pang, ber lateinifd^en
Äird^enfprad^e unb ber g^eber funbige Gräfte meift aus bem benad^bar«
ttn S)eutfd^lanb l^erbeijujiel^en, beffen politifd^e ßberfierrfd^aft Soleölat)
balb barauf abwarf. S)er Sifd^of l^iejs Sleinbern, voax gebürtig m%
bem §oögau (jtoifd^en ©aale, Unftrut unb SQBipper) im §atterftäbti^
fd^en, toar auf einer ber ©d^ulen beö 3Jiagbeburger ©rjftiftö t)on tüd^^
tigen Sel^rern in ben SSiffenfd^aften feiner 3eit auögebilbet unb xotti^l
unter ber ©inrairfung ber l^errfd^enben 3iid^tung ber 3Kagbeburger Äird^e,
meldte, mit ber Oberleitung beö S3efef)rungön)er!eö in ben raenbifdien
£änbem betraut, fd^on mel^rere begeifterte Sßerfünber beö ©l^riftentl^umä
in ben Dften entfanbt l^atte, oon bem frommen ©ebanfen erfüllt wor-
ben, alö aWiffionär ju ben ^olen ju gel^n. 33ei Soleßlao ftanb er, wie
feine fpäteren ©(^idfale jeigen, in grojsem 2lnfel^n.
SRod^ im Sa^re 1075 flagt ©regor VII., ba^ ben polnifd^en 33iö^
tl^ümem bie ftrenge 3lbgrenjung ber ©prengel fel^le; maä bamate in
^olen nod^ nidjt erreid^t mar, fonnte unmögli(^ fd^on fiebjig Saljre früher
in bem th^ unterworfenen Sommern burd^gefül^rt fein; überhaupt ift
nid^t an ein mit ber nöt^igen I)öl)cren unb nieberen ©eiftlid^feit t)erfes
l^ened, auf anbere ©infünfte, alö etwa bie unfid^eren Sel^nten im l^eib^
nifd^en Sanbe funbirteä, t)ottft(inbig eingerid^teteö Siötl^um ju benfen.
aSie t)iele ber oon Äarl bem ©ro^en in ©ad^fen errid^teten SSiät^ümer,
*) 9la(^ Äanncgtefecr«, ©iefcbrcc^te unb Slöpclld ((Scfd^. oon ^olen I, 645)
Untctfuc^ungcn lann !cln begründeter Sweifel mel^t gegen bad (Eolberger Sldtl^ttm
erl^oben werben.
i*
Toar an^ baö ßotberger Siötl^um fd^werlti^ tnel^r alö eine SWiffioitö^
ftation, von ber aus baö Sid^t beö 6l^rtftentl^uni§ in bie pomnterfd^e
2Bälbema(ä^t l^incinleu(^ten foHte. S)od^ ift eö fid^erlii^ imriiä^tig, SRein-
bem alö einen blojgen Sift^of in parlihtis anjufe^en. 6r l^at roenigftend
eine 3eit lang in ßolberg feinen ©ife gel^abt unb t)on feinen geifttid^en
Begleitern unterftüfet — ein ÄapeDan t)on ifim wirb 1004 genannt 0 —
eifrigft ba§ §eibentl^um burd^ SBort unb Sfiat befämpft; er l^at bie
Sempel ber l^eibnif(^en ©ötter jerftört imb ©öfeenbilber verbrannt, baö
t)on böfen ©eiftern — alö fold^e erfd^ienen natürlid^ betn d^riftlid^en
^riefter bie l^eibnifd^en ©ötter — befeffene SDteer gereinigt, inbem er
e§ mit SBeifiroaffer befprengte unb, nad^ einem bei öannungen üblid^en,
unter anbern au(^ 1526 gegen ben ßolberger SRatl^mann Änubbe ange^
wenbeten f^mbolifc^en 33raud^ ber Äird^e, t)ier mit bem l^eiligen £)ele
gefalbte Steine i^ineinroarf, unb fo „an einem unfrud^tbaren Saume bem
§erm einen neuen ©d^öJBling gejogen, b. 1^. in einem attju rollen
(inmlsOj ungefaljenen, wofil nid^t o^ne 2lnfpielung auf bie ©aljftabt
gefagt) a?olfe bie ^flanjung ber l^eiligen ^rebigt begrünbet." 3)er
S3ifd^of S^ietmar von 9Kerfeburg, ein ©efi^id^tfdireiber jener 3eit, bem
mir obige 9la($rid^ten Derbanfen^), fügt l^inju, bajs meber feine Äennt^^
ni§, nod^ feine Serebfamfeit auöreid^e, um baö ju fd)ilbern, maö Sieim
bem in feinem i^m übertragenen 3tmte auögerid^tet l^abe. äöir mürben
i^m gemig nod^ banfbarer fein, menn er xin^ an6) in ber unberebteften
©arfteUung nod^ anbere Si^atfad^en mitgetl;eilt fiätte, boä) ift aud^ biefe
fpärlid^e ^unbe f(^on von groj^er 2Bid^tig!cit, fie reid)t auö, um eine
SBorftellung von bem alten ßolberg ju gewinnen.
SBenn Soleölan ßolberg jum ©ife beö neuen SBiötl^umö madE)te,
fo mußten ifim liier bie Sebingungen für eine erfolgreidje ^eibenbefel)-
rung alö bie günftigften erfd^einen. Dffenbar mar bie ©tabt ein^r ber
^auptort ber SanbfdEiaft: liier befanb fidl^ eine mit Sempein unb ©öfeen-
bilbeni gefi^müdfte Dpferftätte beö ^eibuifd^en ßultuö, unb gern errid|=
tete man bie (^riftlid^en ^ird^en grabe an ber ©teile niebergeriffener
§eibentempel; l^ier mar einer ber mid^tigften ^^uncte beö l^interpommer^
f(^en §anbetet)erfel^rö, ber auf ben beiben einlräglid^en 9?atirung§quellen
berul^te, au§ meldten biö auf unfere Sage ber SBol^lftanb unb jeitmeife
ber Sieid^tl^um ber ©tabt gefloffen ift: bein ©eeliafen unb bem ©alj?
merfe.
©d^on bamafö fannten unb nufeten bie 33emol^ner ber ©tabt bie
ttud bem ©d^afe^aufe ber SRatuc in un.*rfJ^5pfHd^er ^üde ^erporfpru^
5
bcinbc ©aljtafc, f(^on bantate fticg ber ^fianä) auf aus bcn ©aljfotJ^en
am Ufer ber ^erfatite, utib roat fieser fd^on Söl^tl^utibertc lang aus
l^ncn aufgeftiegen (f. 6ap. 4); benn grabe biefe unentbelirlid^e Su^
tl^at ju jeber ©peife l^atte ben Slamen von ©aljfolberg über bie pom::
nierf(^en SBälber l^inauö nad^ ^olen getragen. SBeitl^tn t)on ber £)ber
öftli(3^ an ber 3Reere§fäfte unb in baö Snnere fiinein biö jum S)mepr
unb ju ben erft feit 1253 htaxiexkien ©aljlagem am g^u^e ber Äar^
patl^en in bem ©aljlanbe §alicj (©alicien) gab eö feine naml^aften
Salinen, (f. 6ap. 4) unb fieser unterbrach fd^on lange t)or Soleölaoä
§eeresjügen nid^t bloß baö ©el^eul ber SBolförubel bie ©tille bed ©renj^
Toalbeö, fül^ne §änbler fül^rten auf ber l^unbert '^df)u fpäter beutli(^er
l^erDortretenben ©atjftraße baö unentbel^rlid^e ©eroürj bem polnifc^en
Sinnenlanbe ju, üieHeid^t aud^ fd^on, wie fidler l^unbert Saläre fpäter,
getrodtnete unb gefallene g^ifd^e, befonberö ben gering, baö beliebte
Slal^rungömittel au(§ beö polnifd^en Säuern biö auf unfere 3eit
2)enn f(^on in jener 3eit war bie jroeite ßebenöbebingung beö
ßolberger SBol^lftanbeö, ber §(ifen unb baö 3Keer, von ben Sewol^nern
ber @tabt gefannt unb ausgebeutet. SBenn JReinbern bie §errfd^aft beä
9Meereö ben unl^olben S)ämonen entjog unb baffelbe bem milben ßj^ri::
ftengotte n)eil)te, fo muffen bie ßolberger fd^on üerftanben fiaben, auö
bem §olje i^rer SBälber feettid^tige Sd^iffe ju jimmem, eö muß fc^on
bamalö ein ©efd^led^t füi^ner ©eeleute unb ^ifd^er in ßolberg gegeben
l^aben, bie auf il^ren leidsten fielen ben unfiolben 3)ämonen ju trogen
wagten, unl^olb wie baö unwirtl^lid^e 3Jleer felbft mit feinen ungaft^
lid^en Äüften, von benen an§t erbarmungötofe ©tranbräuber nad^ ben
©Riffen auöfpäl^ten, raeld^e ber ©türm an baö ©eftabe werfen fonnte.
Jfrofe feiner eifrigen S^ätigfeit l^at SReinbern nic^t erreid^t, baß bie
gelegten Äeime beö 6t)angeliumö tiefere SBurjeln fd^lugen. 3tn Saläre
1004 finben' wir einen ÄapeUan beä ßolberger 33ifd}ofö fem von bem
bifd^öflic^en ©ifee in ^olen in ber Umgebung beä ^olenfürften, unb in
nid^t naiver ju beftimmenber Seit, jebenfallö nod^ vox 1015, ben Sifd^of
felbft in SRußlanb in einer politifd^en ©enbung. (£r begleitete eine pot
nifd^e ?ßrinjeffin, bie Sod^ter 33oleölat)ö, an ben §of beö ruffifctjen ®roß^
fürften SBlabimir ju Äiew, ber um biefelbe für feinen ©ol^n geworben
l^atte. 2lte et l^ier ben ^ringen, ber auf Soleölat)S, feines ©d^wieger^^
Daterö, 33etrieb ben wilben Seibenfc^aften bes aSaters entgegentrat, burd^
freimüt^ige Siebe unterftüfeen wollte, geriet!^ ber Sprann in fold^en 3orn,
baß er mit ©o^n unb ©d^wiegertoi^ter au(^ ben S3if d^of in bas ® ef ängniß
fcfetc. 5Dlefet jeigte haxin bic glettä^e ©tatibl^aftiöteit, wie r>oxf)ec,
„rerföl^nte fi(^ unter Sl^ränen utib beftänbtgem ®ebet aiiö jerlnitfd^tem
§erjen mit feinem ßrlöfer unb ging, auö bem engen ®efängnt§ beß
Körpers erlöft, freubig l^inüber ju ber gteil^eit emiger ©lorie/'^)
£)b Sieinbem f(^on jur Seit biefer §o(3^jeitöreife hmä) einen Sluf^
ftanb in feinem S3ef el^Tungön)erfe unterbro(^en unb vertrieben mar, ober ob
erft bie unter S3oleölat)S ©öl^nen in ^olen eintretenbe 3errüttung ben
Sommern ©elegenl^eit gab, bie Derl^a^te ^olenl^errfd^aft unb baö ßl^ri::
ftentl^um abjuf(ä^üttetn, ift ni(3^t ju entf(3^eiben, SebenfaHs l^at bie f(ä^ma(ä^e
©(^öpfung in ßolberg nur furjen Seftanb gel^abt, fie ift mit ben leiiS^t-
gezimmerten Äird^en, bie Soleölat) an ber ©teile ber ]^eibnif(^en Sbole
motzte erri(S^tet l^aben *), von ben Sommern jerftört, alö fie nic^t metir
von bem polnifd^en ©(^mert gefc^üfet mürbe. 3?o(^ einmal erl^ob ber
alte ©ötterglaube baö §aupt, unb bie unl^olben S)ämonen nal^men mie^
ber Sefife vom 3Reere: unb alö l^unbert Saläre fpäter ber äpoftel ber
Sommern für immer baö ftreuj in Solberg errid^tete, fc^eint feine (Bx--
innerung mel^r bei feinen Semol^nem t)orl^anben gemefen ju fein, bafe
i|ire Sinnen f(^on einmal ju il^m gebetet l^atten.
35aö ganje Ute 3ctl^rl)unbert l^inburc^ mögt ein erbitterter Krieg
jmif(^en ben ^olen unb Sommern l^in unb l^er; oft gef (plagen, betiaup^:
tcn bie lefeteren hoä) im ©anjen il^re Unabl^ängigfeit, biö in bem 3ln=
fange beö folgenben Sal^rl^unbertö bie feinblii^e ©emalt ftärfer unb
na(^l^altiger in il^r felbftftänbigeä Seben eingreift, ^od^ l^at ber emige
SBaffenlörm anä) ben friebli(^en SSerfel^r niä)t oerfij^eud^t: pommerf(S^e
§änbler werben, mie ein polnif(^eö, balb ju ermäl^nenbeö Sieb nn% jeigt,
nid^t abgel^alten, auf ber alten SSerleJ^röftrafee ©alj unb gifd^e na(^
^olen JU bringen.
©eit bem Saläre 1102 l^errfd^te mieber ein SSoleälao, beigenannt
ßrjimouftt, ©d^iefmunb, in ^olen. ©einem gleichnamigen 2ll^n öl^nlid^
an friegerifd^^religiöfem ©inne, mar er entfd^loffen, bie unrul^igen
®renjna(^barn in Sommern bauemb feiner §errf($aft ju unterwerfen
unb biefe burc^ bie ©infül^rung beö ©l^riftentl^umö ju befeftigen. SBäl^'
renb bie polnifc^en SKngriffe frül^er oorjugömeife bem öftlid^en ^om^
mern (^^Jomerellen) galten, nal^men 33oleölat)ö 3üge eine mel^r meftli(^e
Sftid^lung gegen bie Äüfte von SBeftpommem; offenbar, um l^ier ben
eigetitlid^en §erb au($ beö oftpommerjd^en SBiberftanbcö aufjufud^en unb
ju t)erni(^ten.
3n bcm Saläre feiner S^ronbefteigung erfd^ien er mit einem flei=
nen, aber anöerwäl^Iten §eere unerwartet vox bem großen unb volh
reid^en Selgarb (SBeiffburg) an ber ^erfante unb nal^m bie über^
rafc^te ©tabt im erften 3lnlaufe. ^oä) mirfte ber ©d^reden, ben ber
fül^ne 3ug erregt l^aben mochte, nid^t nac^l^altig. SBäl^renb 33oleötat)
gegen SBö^men unb aWäl^ren fämpfte, wagten bie Sommern, im ©inuers
ftänbnijB mit Sbignet), bem treulojen 33ruber beffelben, ber mä) bie
Söl^men jum angriff auf ^^olen t)eranlaBt l^aben follte, einen neuen
©infatt in ba§ polnif(3^e ©renjlanb.
SBoIeötat) l^atte ben Ärieg gegen SlWäl^ren tbm glüdlid^ beenbigt
unb ftanb noä) in ©d^Iefien »), alö il^m bie ilunbe bavon jufam. @r
fammelte fein §eer bei ©logau unb bra(^ t)on l^ier mit auöerroäl^lten
SReiterfd^aaren gegen ßolberg auf, vodä)t^ alfo alö §auptfife ber ©rJ^e-
bung ganj befonberö feine SRad^e l^erauögeforbert l^aben mu^. 3ui un^
unterbro(ä^enen fünftägigen ®ilmarf(j^e jog er unter l^arten ©trapajen
burd^ müfte ©egenben, geraäl^rte feinem §eere bann eine furje SRaft, um
fid^ burd^ baö Iieilige 3lbenbmal^l unb bnxä) leiblid^e ©peife wieber ju
Mftigen, unb gelangte am 3lbenb beö feigsten Sageö, an einem ©onm
abenb, in bie M^e von ßolberg. 2)er fül^ne SReitergeneral SBerner,
ben ^riebrid^ ber ©rojge im Sal^t 1760 bei ber jweiten S3elagerung
©olbergö ebenfalls non ©logau auö jum ©ntfafee bortl^in fanbte, brandete,
burd^ gu|3t)olf unb Srain befi^mert, breijel^n Sage ju feinetn SIRarfi^e;
er jog über Äroffen, Sanböberg unb ©d^ief elbein. SJBeld^enuaBege ^o^
leölat) gefolgt ift, miffen mir ni(^t*): bod^ errei(^te er iebenfattö von
SEBeften l^er in ber 3lä^e t)on ©olberg bie ^erfante. 2lm ©onntage
vor Sagesanbru^ festen bie ^olen mit SBermeibung von Srtidten unb
pl^ren, um unbemerft ju bleiben, fd^mimmenb unb nid^t o^ne ©efal^r
über ben %lu% 3enfeit§ orbneten fid^ bie ®ef(^maber unb ftünnten,
burd^ einen SiüdCl^alt gegen plöfelid^en Ueberfall gefid^ert, im ginge ge^^
gen bie reid^e unb . mol^lbefeftigte ©tabt, um fie, wie frül^er Selgarb,
im unerwarteten 9lnlaufe ju nel^men. ®ö gelang i^nen, fid^ ber imbe^^
wagten Z^oxe ju bemäd^tigen; aber anftatt gleid^ mit affer Äraft fid^
auf bie 33urg ju werfen, jerfheuten fid^ bie plünberungöfüc^tigen ©d^aa«
*) 3m 3al()r 1284 gcfti^tel^t einer alten (Strafe (anliqua via) (grroä^nung,
bie mn SRaffow (alfo ou^ ©targatb) na^ (Eolberg fül^rte.
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Un über bie ©tabt, unb nur SBetitgc bratigcn über eine örürfe, welche
©tabt unb Surg üerbanb, in bie lefetere ein. (Heber bie Dertlic^fei^
ten ift auöfü^rlld^ am Sc^tuffe be§ ßapitefä gel^anbelt). 2)er liier jum
erften aJiale genannte ^ommern^erjog, weld^er fid^ in ber Surg befanb,
erröt^ete jwar nid^t, bur(^ ein anbreö S^or ju entfliel^n, bod^ feine ftreife
baren Untertl^anen auf ber Surg leifteten einen fo tapferen SBiberftanb,
ba)3 bie ®ingebrungenen fic^ jurüdjiefien mußten. S)ie ©tabt bagegen,
bie ganj in ber ©ewalt beä ©ieger§ war, rourbe auögeplünbert unb
reid^e 33eute an befangenen unb „aWeereöfd^äfeen" b. ^. e?ifd^en gemad^t.
S)0(^ wagte e§ Soteötat) ni^t, bie SWad^t bort jujubringen, er Hefe bie
©tabt nieberbrennen unb jog feine Siruppen gegen 9lbenb aus ben SWau^
ern l^erauö, o^ne eilten neuen 3lngriff auf bie Surg ju untemel^men.*)
S)er ©ebanfe, feit Soleölat) ß^robrpö 3eit juerft roieber an bie
©ee Dorgebrungen ju fein, tüft^renb bie SBäter nur um bie S3urgen im
Sinnenlanbe gefämpft l^atten, fteigerte ben 9Kutf) unb baö ©elbftgefü^l
ber ^o(en, fie feierten ifiren §elben 33oleö{at) unb ilire eigenen Si^ateu
in aSolfeUebent, von benen um ein in lateinifc^e 33erfe gebrachtes Srud^=
ftüdE er£)alten ift, jüeld^eö jugteic^ ben alten g^ifd^- unb ©aljl;anbel nad^
^^olen ^in bejeugt. @S lautet überfe^t:
„^^Inbrc brachten fonfl bie gifc^c ftinfenb unb gcfaljcn l^cr,
,2)odi cd bringen nun bie 8dl^ne 5uc!enb no(^ unb frifd^ fie l^er,
«®egen SSurgen ansuftürmen, jogen rool^I bie S3äter aud,
„^06) bie @ö()nc felbft nid^t fürd^itcn 2)fieerc«ftürm' unb SSogenbrau«.
g^\v\6^m, ®bern, IRel^en fleOten einften« unfre 95öter nac^,
„'j)icfe jagen S^leereiünjunbern unb ber ^iefc (B^äl^zn nac^.* ^)
3lud^ bieömal war bie 3Birfung bes UeberfaHö nid^t bie erwartete,
eolberg war bod^ unbejwungen geblieben, imb ber aJhitl^ raud^ö bem
trofeigen a3olfe na($ 93oleölat)ö 2lbjuge wieber fo, bafe eä in neuen
"^piünberungöäiigen baö polnifd^e ©renjlanb rer^eerte, mobei ber Äönig
felbft in ©efal^r geriet^. SDa befd^tofe biefer ben ©i^redfen ber polni^
fd^en 2Baffen nod^ einmal an bie Äüfte ju tragen. 3n bemfelben Seigre
nod^ (1107) unb bieömal, um bie burd^ ©ümpfe unb Sffiaffer gefd^üfe::
kn 2Benbenbmgen leidster gerainnen ju fönnen, im SBinter, jog er auf
bem aSege, auf bem er im Seigre 1102 in ^Pommern eingefallen war.
*) Äeine SBei ücffic^tigung oerbient bie abenteuerlid^e gabel, ba^ SSoleelao
\>m beutfd^en ^önig §einric^ IV. in (£olberg {cuülrum maritimum) 6 2)f(onatc gefan*
gen gehalten \:^\xhi^). (Solbecg fäiti erjt nac^ §cinrld^3 3^ob in bie §anbe S5olc«5lao0.
_ 9 —
juerfl tüteber gegen „bas Sentrum beä Sanbeö", gegen 93elgarb, erj^ang
md) einer Setagerung von wenigen Sagen bie Uebergabe bet ©tabt
unb erf^ien bann vor ßolberg. @r l^atte furj rorl^er bie g^eftigfeit ber
©tabt unb bie ©treitfertigfeit il^rer SBertl^eibiger fennen gelernt, er rid^^
tete beöl^alb bieömal ben 2lngriff nid^t gegen biefelbe, fonbem beabfiij^^
tigte juerft ein ganj nal^e am aJleere gelegenes ÄafteH in feine ©eroalt
ju bringen. 3lber ber fd^nelle g^aU t)on 33elgarb, bie [id)tbare Ueber^
legen^eit ber polnifc^en SBaffen liatte ben friegerif(3^en Srofe ber SBe^
njol^ner (Solbergö gebrod^en. 3Kit gefenftem SRaden tarnen fie an§> ber
©tabt gejogen, um fi($ bie ®nabe beö ©iegerö hnx^ freiwillige Unter?
merfung ju erfaufen, unter i^nen ber bei biefer ©elegenl^eit jum ixoeu
ten ajlale genannte ^ommeml^erjog, ber Unterwerfung unb §eereöfolge
angelobte. 3n ber 3eit t)on fünf SBod^en l^atte Soleölat) baö SBerf
beenbet unb er mo(j^te glauben jefet faft ba§ „ganje SRei(^" (regmim)
unter feine SBotmä^igfeit gebrad^t ju Ijaben.
Slber au($ biefer 3ug fül^rte noä) nid^t bie üoHe Unterwerfung
l^erbei. SDer ©renjfrieg namentlid^ mit ben Dftpotnmem bauerte fort,
bod^ auä) bie SBeftpommern fönnen ni^t ruliig geblieben fein, benn ber
neue §eereöjug, ben Soleölan im Salire 1120 begann, war abermals
gegen biefe gerichtet. 3)amit ni(^t immer neue Dpfer unb SKnftrengun^
gen nötl^ig würben, wollte er einen entfi^eibenben Unterwerfimgö- unb
wo fid^ SBiberftanb jeigte, Sßernid^tungöfrieg fül^ren; barum l^atte er
a\xä) mit bem SDänenfönige, bem alten g^einbe ber 3Benben, ein Sünb^
ni§ gefd^loffen.
2luf ber alten ©trage über 5Rafel brad) Soleslat) in ^:pommem
ein. Selgarb unb ßolberg beugten fi(^ ol^ne SBiberftanb oor bem ©ie=
ger, beffen §anb fd^on jweimal f(^wer auf ilinen gelegen l^atte. ^lan-
mäßiger SBiberftanb jeigte fid^ nirgenbö, l^ier unb ba üertl^eibigte fid^
eine Surg tapfer, aber ber üereinjelte 2Biberftanb brachte feine dieU
tung. Ueber bie Surg Treptow*), bie fid^ jur Sßel^re gefefet liaben
mufete, erging ein furd^tbareö ©trafgerid^t, über bie raud^enben Srümnter
ber grauenooH jerftörten ©tabt bal^nte fid^ Soleölao ben SBeg an bie "^ie^
oenow nac^ SffioHin. 3lu^ biefe ©tabt, überbieö nod^ burd^ bie ftarfe flotte,
bie Äönig TOelö von 5Dänemarf jur Unterftüfeung l^erbeigefü^rt liatte,
bebrängt, ergab fid^ ol^ne SBiberftanb. 2)er ^ommem^erjog SBartiölao
*) 5tlcmptn (511. u. 5lr. ^omm. ©tabte XVII ) l^at übcr^cugcnb nac^öcmtcfen,
ba$ iene SSurg nur Xxtptow fein !ann. f-'f^-!
— 10 —
foß bann felbft, but(^ bie 33cnt)äftung feincö fianbcö gcBeugt, bei bem
S)änenfönige um gerieben gebeten Iiaben.
3lber e§ war, alö ob iebe§ ©lieb be§ pcnimerfi^en aSolfeö felbft^
ftänbigeö 2eUn l^ätte: ©tettin, bamalö juerft genannt, bod^ bei ben
*J)ommem für bie ältefte ©tabt beö Sanbeö geltenb, fefete ben SBiber^
ftanb fort. 2)a liefe ber §erjog im gel^eimen oon Ujba aM na^ ^r)^
rife ju eine ©trafee burd^ ben breiten ©renjmalb fd^lagen, ober burd^
5Werfmale an ben Säumen bejeid^nen, unb aU ber 2Binter bie ßber^
ftröme mit fefter ©iöberfe überbrüdt l^atte, nal^m er bie burd^ il^re %t^
ftig!eit fonft berül^mte ©tabt burd^ UeberfaH ein. Unb ate nun bie Ufer^
marf unb baö Sanb bis an bie 5D?ürife von il^m imterraorfen mar, lag ganj
^Pommern gebemütl^igt unb gebrochen t)or bem ftegreicä^en g=einbe unb
gelobte Sreue, Sribut unb Stnnafime bes ßl^riftentl^ums. 5Der §erjog
mar ber SBafaff beö ^olenfönigö geworben, es fd^ien, alö ob ba§ poli::
tifd^e Seben beö pommerfd^en Sßolles für immer jefet an ben fiärferen
polnifd^en ©taat gebunben fein, ^öl^ere ©efittung il^m von l^ier auö
jufommen mürbe. Unb bod^ bereitete ber ^olenl^erjog felbft, alö er
ber Seigre beö §eite in Sommern Sal^n brad^, nur einer anbem, bem
ganjen ©koent^um gefäl^rlid^en SKad^t ben 2Seg, auf bem fie in ^om^
metn einjog, um von bem Sanbe 33efi^ ju ergreifen unb il^m baä ©ie«
gel feines ©eiftes aufzuprägen.
3ln bem beutfd^en öifd^ofe £)tto von Bamberg, einem ber ®eift^
lid^en, in meld^em ber altgermanif(^e §elbengeift in bem unmiberftel^s
lid^en SDrange fortlebte, „bie ©ö^enbiener jum maleren ®lanbm ju
befe^ren ober ben aWärtprertob ju erleiben," gemann Soleölao ben ge:=
eigneten aRiffionär für bie l^eibnifd^en Sommern. 3n ^olen auf baö
reid^fte mit aUm 5Wöt^igen ausgerüftet, erreid^te ber Sifd^of, oon Ujba
aus, ber brei Sa^re frül^er oon Soleslat) burd^ ben ©renjmalb geba^m
ten ©trage folgenb, mit feinem ftattlid^en ©efolge um ben Slnfang beö
3uni 1124 ben pommerfd^en ©renjflu& (bie faule Sl^na nad^IÄlempin),
mo i^n ber §erjog SGBartiSlao, Don 500 JReitem begleitet, empfing unb
begrüßte. 2ln bemfelben Sage, an bem er ben pommerfd^en 33oben be^
trat, begann er an einem ©ee (^lönefee nad^ Älempin) fein aWiffions^
merf. — SDer »ifd^of ift in ber 3eit feiner S^ätigfeit me^r als einmal
in ©efal^r gemefen, burd^ bie §ätibe berer, bie an ben alten ßrbnun^
gen bes Sanbes unb bem alten ©lauben feft^alten mofften, ben 3Kär^
trirertob ju erleiben, bod^ würbe il^m feine SÄrbeit erleid^tert burd^ ben
3uftanb bes burd^ bie fd^mere oon ben ^olen erlittene Jiieberlage in
— 11 —
feinem ©elbfigefül^l geBrocä^enen, an feinen ©öttem ret^weifelnben SSoHeö,
in beffen SKitte fi(^ f(^on man(3^er gel^eime 93efenner bes ßl^riftentl^umö,
n)ie ;ber ^et^og felbft, befanb, 2lte prunfootter Äircj^enfürft mit bem
äußeren ?Pompe ber fatl^oIifiS^en Äircä^e auftretenb, mie es baö SBenben«
t)oif üerlangte, baö grabe an ber unfcj^einbaren Änei^tögeftalt, in ber
frül^ere ©laubenöboten bei il^m erf(S^ienen maren, 3lnfto§ genommen
l^atte, jur (Seite einen oorttel^men polnifiä^en ©eleitömann unb l^inter
fid^ baö brol^enbe ©(S^redbilb polnifd^er JRac^e an ben Sßiberfpenftigen,
fanb er nur in ben größeren ©tobten ein ftärjEereö (Sträuben, unb bis
jum 2)ecember l^in l^atten fid^ bie am meiften miberflrebenben ©tftbte
SBoffin unb ©tettin ber Stnnal^me beö ei^riftent^umä gefügt.
@ö mn^ no(^ in bemfelben SKonate gewefen fein, baß JOtto anf!f-^
jog, um an^ bie Sanbfd^aft bis jur ^ßerfante in i^ren §auptortetf für
baä ei^riftentl^um ju geroinnen. S)ie ©trafee, auf meliS^er er von 3Bot
Un mS) (Solberg gelangte, ift in il^rer $Ri(3^tung fidler hm^ bie S3e^
f(3^affen^eit beö Sanbeö beftimmt gemefen. Ueber baö 3Woor, meld^eö
jwifd^en ©ammin unb Treptow l^ingeftrecft feine SBerjmeigungen bis in
bie 3l&f)e von ©reifenberg entfenbet, unb toeI(^eö nad^n)eiöU(3^ nod^ 200
Saläre fpäter mit ©een ober firmer jugängli(ä^em ©untpfe auögefüHt
mar, fül^rten fiä^merlii^ in einer Seit SDämme, mo man in ©täbten, wie
SBoHin, fumpfigere ©trajgen nur burd^ l^ingemorfene Sretter gangbar
ma^tt; eö muffen beöl^alb bie ©trajsen nad^ ßolberg unb 33elgarb fo^:
mol^l von SBottin, mie von ßammin auö etma bei bem fpäteren ©rei^^
fenberg bie SRega erreicht l^aben, unb bie 2lnlegung beö lefeteren grabe
an biefer ©teile mag fi(^ mit au§ biefem Umftanbe erflären taffen.
S)ie in anmutl^iger, malbreid^er ©egenb an ber SWega gelegene gro^e
£)rtfd^aft ©lobona ober S)obona, bie £)tto von Sffiottin auö erreid^te,
fann beäl^alb von bem l^eutigen ©reifenberg nid^t attjumeit entfernt ge=
mefen fein. SSBiH man ben alten SRamen in einem l^eutigen Drtöna^'
men mieberfinben, fo fd^eint, ba ber SRame ©lobona ber beffer beglau^
bigte ift, etötfom ben größeren Slnfprud^ ju l^aben, für SDabom fprid^t
bie größere SRäl^e an ©reifenberg, bie jal^lreic^en Hünengräber^ meiere
no(^ am @nbe beö t)origen Sai^rl^unbertö fi(^ auf ber gelbmar! beä
gegenüber am anbem Ufer ber 3iega liegenben ©c^eHin fanben, femer
in berfelben 3eit aufgegrabene baulid^e Ueberrefte, unter anbem ein
fed^ä guj5 tief unter ber ©rbe liegenbeö ©teinpflafter, megen feiner SRe^
gelmä^igfeit bamalö für ben gujsboben eines gröjseren ©ebäubeö ge^^
Italien ®), enblid^ eine alte SBrüdfe über bie aiega, beren vom ©reifenberger
— 12 —
Statte 1586 beabfic^ttgtc ©mcuerung burd^ ®tnfprud^ ber ©tabt Steptott)
rerl^inbert rourbc. ®a)3 bie 33en)o^ner bicfer Drtfd^aft anä) über bie
Dftfee ©(Äifffal^rt trieben, fann tiid^t befremben, ba nod^ bis in baö
16te Sal^rl^unbert bie SRega von ©reifenberg an für ©(acuten t)on 5 biö
bis 10 Saft fd^iffbar war unb bie Äaufleute unb J^if^^t biefer ©tabt
ben gluB l^inab über bie „falfe ©ee" \\aä) ©(j^onen unb S)anji9 fegelten.
aSon biefem £)rte auö f (^lug £)tto nic^t ben naivem 2Beg nad^ 6ot
berg über bie S5örfer ein, fonbern jog auf ber linfen ober redeten ©eite ber
9lega abwärtö, um bie von ben ^olen fo furd^tbar jerftörte Surg unb
©tabt Sreptott) ®) auf jufu(^en. @r fanb jn)if(^en ben Srümmern berfelbcn
nur einzelne ärmli(^e, an bie verbrannten SKauerrefte angelel^nte §ütten,
tr)e((^e fid^ bie n)enigen ber entgoltenen Sewofiner, bie eä bis bal^in ge:=
toagt l^atten jurüdfjufel^ren, an§> Saumjroeigen oorläupg geflochten l^at=
ten, ein S^eil ber aSeoötterung weilte no(^ an ber Äüfie beö SKeereö
unb TOol^nte bort ebenfalls in älinlid^en für ben 5Rot^bel^elf errid^teten
§ütten^^). 2)aö furd^tbare ©d^idffal, n)eld^eö biefe aJienfd^en erlitten
liatten, ftimmte fie wol^l empfänglid^er für bie 2lufnal^me beö ßl^riftem
t^umö: jDtto taufte l^ier eine n\ä)t geringe 3al^l aud^ oon S)orfben)ol^=
mxn, bie auö ber 9?a(^barfd^aft Iierbeigefommen waren. SDann jog er
weiter nad^ ßolberg. ®ö fain jwar in biefer ©tabt ni(^t jum offenen
SBiberflanbe gegen Dtto, wie in SBolIin unb ©tettin, bod^ jeigte fid^
anfänglich wenig 35ereitwi(ligfeit, ben mmn ©lauben anjunel^men. SDie
gröjsere 3al^l ber Sewol^ner war nod^ auf §anbefereifen nad^ ben auö::
länbifd^en 3nfeln (SRügen, bie bänifd^en Snfeln unb ©fanbinaoien, we^
d^eö im frülieren 9)iittelalter als eine Sufel angefel^en würbe) abwefenb,
unb bie 3urüdEgebliebenen erflärten anfangs, ol^ne il^re aJHtbürger feine
5Reuerung oornel^men ju fönnen. S)o(^ liefen fie fid^ burd^ bie wieber^
l^olten ©rmal^nungen beö SBifd^ofö enblid^ jum 5Ra(^geben unb jur 2ln:=
nal^me ber Saufe beftimmen. Dtto ließ oorläufig einen 3lltar unb eine
ÄapeUe errichten unb trug ©orge, bajg ber 33au ber oon il^m begönne^
neu Äird^e anä) na^ feiner 2lbreife fortgefefet werbe. 2lte er bann aud^
in bem einen 2agemarf(^ oon ©olberg entfernten Selgarb willige 2luf=
nal^me feiner ße^re gefunben fiatte, feierte er nac^ SBoHin jurüdf, um
nun baö weftlid^ ber £)ber gelegene Sanb ju befel^iren. S)a inbeg ber
l^arte SBinter unb bie Äürje ber i^m oerftatteten 3eit — er wollte ju
Dftem wieber in Bamberg fein — il^n jwang, bie Sluöfül^rung beä
^lanö auf fpätere 3eit ju oerf (Rieben, fo benufete er bie, geringe grift,
bie il^m nod^ übrig war, bie jungen ^flanjungen jwifd^en ber 3)iet)e*
— . 13 —
nott) unb ^erfante hnxä) erneuten a3efu(^ ju fräfttgen. Um ben 2. ^e^
bruar 1125 ging et von SBolIin naä) ©ammin, t)on bort über S)obona
nad^ Selgarb unb üon ha naä) (Solberg. UeberaH fanb er bie Äeime
im beften SBac^ötl^um, bie Rxxä)m üoßenbet unb bei ben injwifc^en üon
ben ©eereifen 3urä(fge!el)rten bereitwillige 2lnnaf)me beö ©^riftentl^umö.
SBä^renb feiner 2lnn)efenl)eit in ßolberg würbe ber ron if)m bei bem
erften S3efu(^e begonnene 33au ber Äird^e roßenbet, fo bajs er fic mä)
felbft jU ®^ren ber Jungfrau aWaria einweihen fonnte. ©iner ber er^
ften, bie in berfelben if;re SRulieftätte fanben, toar Hermann, einer von ben
bif(^öfli(^en 2)ia!onen, ber in ber ^erfante ertrunfen war; ber Sifc^of
fetbft t)erri(^tete bie 93eftattungöceremonien. S)arauf begab er fict) über
SDobona, SBottin, (Stettin nad^ ^prife, um auf bemfelben SBege, auf bem
er gefommen war, in bie §eimat jurüdfjufel^ren.
Um ben no(^ fd^wad^en unb üereinjelten ©(^öpfungen 3ufammen^
l^alt unb gröjgere ®ewät)r bauernben S3eftanbeö ju t)erleif)en, l^atte 33i^
fct)of £)tto auä) an eine gemeinfame firi^lid^e Drganifation, an bie ©r^
rid^tung eineö Siöt^umö benfen muffen. 6ö lag in ben SSerl^ältniffen,
baB er biefelbe bem g^ürften überlief, in beffen 3luftrage unb unter
beffen ©d^ufe er baö SBefelirungöwer! t)olIbrad^t l^atte, weld^er ber wirfti^e
jOberl^err von Sommern war, unb baö ©nefener ©rjftift erhielt bie SJluS-
fid^t, feinen Sprengel nod) um baö neue pommerfd^e Siötl^um ju t)er=
gröjsem.
Snbeffen ein neuer 9lbfatt vom ß^riftentl^um wenigftenö weftlid^
ber £>ber, ber nad^ £)ttoö 3lbreife erfolgte, brad)te biefen ju ber ©r-
fenntni^, ba)3 bei bem leibenfd^aftlid^en ^affe ber ^^Jommern gegen bie
polnifd^e Dberl^errfd^aft bie jarten Äeime immer t)on neuem ber Ser^
ftörung auögefefet wären, unb bie auf feiner ^weiten 33efel)rungöfat)rt
(1127) ol^ne polnifdEien 2luftrag imb Seiftanb gewonnenen ©rfolge fe^
ten i^n in ben ©tanb, bie unpopuläre polnif(^e Seoonnunbung bei ©eite
ju fd^ieben unb bie Seitung ber pommerfc^en Äird^e felbft in bie §anb
JU nehmen biö jur enbgültigen Drbnung ber fird^lid^en SSer^ältniffe ba=
felbft unb ber 2lbgrenjung beö bifdf)öflidl)en ©prengelö. £)tto gelang
e§ in längeren SBer^anblungen mit bem Äaifer unb ^^J^Pft^ bie ©d^wie=
rigfeiten ber 3luöfül)nutg, be[onberö bie 3lnfprüd^e beä 3)iagbeburger
©rjftifteö, auö bem 3Bege ju räumen, bod^ erft ein Sal^r nad^ feinem
Sobe trat baö neue, baö ganje ^^ommern in feiner politif(^en 3luöbel^=
nung umfaffenbe, unmittelbar bem ^apfte unterworfene öiöt^um in
ba^ Sthm. ©ife beffelben würbe bie 8lbalbertö!ird^e in SßoKin unb
— 14 ~
crftet Sifd^of ber von Dtto fclbft baju Dorgefd^tagenc 2lbalbert, biö ha^
i)\n Pfarrer an ber 58orftabt!ir^e in SBoIlin. 35te gröjsere ©id^erl^eit,
rael^e befonbcrö vor bänifd^en Ueberfdtten bie ®ctftli(^fett beö Siötl^umö
in ßammin ju finben glaubte, bewirfte fut^ rot bem Saläre 1176 bie
aSerlegung bcö bifd^öflid^en ©ifeeö in biefe Stabt S)er alte SRame S8iäj=
tf)nm von Sommern routbe von jefet an alfmä^lid^ buxä) ben beö Siö^
t^um ßammin t)erbrängt*).
3n ber t)oraufgel^enben S)arftettung brängten fid^ einige g^ragen
auf, bie ol^ne Unterbre(^ung be^ 3ufammenl^ang§ ni(^t fogleid^ erörtert
werben fonnten; fie f ollen liier il^re SBerüdfi^tigung finben.
3n ber 3eit ber lefeten kämpfe ber Sommern unb ^olen vor
SBifc^of Dttoö aWiffionöreife erf(^eint Golberg alö ©Heb beö pommer^^
f(3^en, unter ber §errfd^aft SBartiölaüö, be§ erften mit 9tomen genannten
Sanbeöl^erjogö, ftel^enben ©taateö. Seine §enj(3^aft erftredt \iä) öftlid^
bis iux Seba, nad^ ©üben bis jur ^^na, na^ SBeften l^in greift fie
bebeutenb über bie jOber l^inauä unb fd^Iiefet bie Ufemtarf unb baß
£anb nörbli(^ unb füblid^ ber ^eene biö Sribfeeö in i^re ©renjen ein.
©0 beutlid^ fid^ nun aud^ im Slllgemeinen bie Slntriebe ju ber ^ilbung
einer bie Territorien ber fleinen Xyna^kn jufanunenfaffenben l^erjoglic^en
©eraalt in ber 3iotl^n)enbigfeit erfennen kffen, ber ©efal^r, meldte ber
Unabljängigfeit ber raenbifd^en unb Uutififd^en ©tämme üon ©eiten ber
überlegenen 3laä)baxn in ^olen unb ©eutfd^lanb brol^te, burc^ ein ge^
meinfameö SBert^eibigungöfpftem unb Unterorbnung unter ein gemein^
fameö Oberl^aupt ju begegnen, fo fd^raierig ift eö hoä), bie 3eit ber
©ntftel^ung berfelben ju beftimmen, unb ob fie raeftlid^ ober öftlid^ ber
£)ber il^ren SÄnfang genommen l^at.
Sie naivere Erörterung biefer g^rage geprt in bie allgemeine ©e^
fd^id^te ?|}ommemö, l^ier fei nur bemerkt, ba^ für ben urfprünglid^en
©ife beö §erjogtl^umö öftlid^ ber Ober nid^t unerl^eblid^e ©rünbe Dor^
gebrad^t finb. Selgarb mirb Don bem polnifdEien ßl^roniften baä ©entrum
beö Sanbeö, bie föniglid^e unb auögejeid^nete ©tabt (regia et egregia)
genannt, ßolberg, baä fd^on l^unbert Saläre rorl^er jum ©ife eineä Siö^:
t^umö auöertoäl^lt war, bie berühmte unb t)oi^ügli(^fte ©tabt ber Sommern
*) S)te »ilbung \iz^ S5i0t|umi5 ift fe^r !(ac bargelegt in ^lempln'S ©c^rtft:
S)ie ^semtion bed SBidti^umd (Sammin. 1870.
— 15 —
(gloriosa et praecipua urbs Pomeranonm). ©cgcn biefe beiben
©täbte richtet S3oleölat) üorjugötocife feine 3lngriffe. S)ie Eroberung
berfelben etfüttt bie ^'oten mit ganj befonberem ©tolje unb ©elbftge-
fül^l, fie glauben, bantit ben SBiberftanb in ber Söurjel t)emi(ä^tet, faft
ba§ ganje 5Retd^ {lohun paeiie regiium) unterrootfen ju ^aben. §ier
wirb breijel^n Saläre üor bem erften 3luftteten aBartiölauö jum erften
aWale ber namenlofe §erjog t)on Sommern ertoäl^nt. 2)aö ©aljroerf
bei ßolberg ift ©igentl^um ber l^erjoglic^en g^amilie, bie 3?a(j^fommen
SBartiälat)ö verfugen bartiber noä) ©utbünfen ju ©unften Don Äird^en
unb Ätöftem, unb ate 33amim für baö ßanb ©olberg 1248 ©targarb
t)on bem 93if(^ofe eintauf(^t, nennt er jeneö fein wafireö, t)on ben aSor:^
fal^ren ererbtes @igentf)um. 6§ ift fomit nid^t unmöglich, baj3 baö ßanb
jwif^en ^^erfante unb ©ieoenon), inöbefonbere bie ÄafieHaneien ©olberg
unb Selgarb bie ©tammlanbe ber pommerfd^en §et^ogöfamilie gewefen
finb»*). — S)aö pommerfd^e Stettin unb bie weftli^ ber £)ber wo^-
nenben ßiutifen müßten fid^ bann jwifd^en 1107 unb 1120 bemfelben
untergeorbnet l^aben. 3Bä^renb 1102 nod^ aSelgarb alö baö ©entrum
beö Sanbeö genannt ift, wirb 1124:SBoIIin afe im 3Rittelpunft beffelben
liegenb bejeid^net. @rft 1120 rid^tet 33oleötat) feine Singriffe aud^ ge-
gen Stettin, weli^eö biö baliin feinen 3orn nod^ in feiner SBeife gereijt
JU i^aben fd^eint, unb baö unfic^ere unb jagl^afte auftreten SBartiglaDö
biefer ©tabt gegenüber bei Sifd^of ©ttoö 2lnn)efenl^eit lä^t feine §err-
fc^aft l)ier noct) fd^inad) begrünbet erfd;einen. %txix\, anfänglid^ bie Slb^
fic^t ba n)ar, jwei 33i§t{)ümer, Sommern unb ©tettin jU errid^ten, t)on
benen jeneö bie größere 9)iaffe beö §erjogtl)umö öftlid^ ber £)ber, biefeö
bie fleinere weftlid^ berfelben umfaffen foßte, fo lägt fi(^ barin uielleid^t
nod^ eine Siüdfii^tnal^me auf bie beiben §auptbeftanbtl^eile beö neuge:
bitbeten ©taateö, bie alten ©tammlanbe unb baö neul^injugefommene
©ebiet, baö pommerfd^e ©tettin unb baö ©tüdE t)om Siutifenlanbe er-
fennen, bie no(^ nic^t üöHig }u einem ©anjen tjerraai^fen waren.
SBi(^tiger ate bie Unterfud^ung über ben Urfprung ber l^erjog^:
li(^en ©emalt in ^ommeni ift für unö bie g^rage, an welcher ©teile
baö wenbifd^e ©olberg gelegen l^at
Sommern war*), wie baö ftammt)em)anbte ^oten, t)on alter 3eit
l^er in beftimmte Sejirfe get^eilt, t)on benen jeber eine 33urg jum 3Jlit'
telpunfte l^atte. SDiefe war ber ©ife ber fürftlid^en Beamten beö
*) S)ic aUgcmeiuen poUt. Sujlanbc Sommern« nad^ Älcmptn @. 11 u. f.
'•
— 16 —
ganjen Söcjirfö, von il^r au§ verwaltete ber Äafteffan als etfter SSeatru:
ter bie oberfte ©erid^töbarfeit in bemfelben, führte bie gefammte ©treifc=
vxaä)t unb He§ in beut bei ber Surg ftel^enben Äruge bie ©elbfteuem
unb SlaturaKieferungen erl^eben, vodöje bie Snjaffen beß Sejirfö bem
Äanbeöl^errn ju entrid^ten l^atten.
Unter ben swanjig SBurgbejirfen, bie Sommern in urfunblid^er
3eit jäl^lte, war ber ßolberger einer ber größten. SBeftUd^ begrenjte
i^n ber 3arbenfd^e ^aä) (frül^er 2)ampönife genannt), ber ©piebad^.(nod^
im 18ten Sal^rl^unbert aud^ unter bem alten SRamen SSlotnife üorlommenb)
im untern ßaufe unb ber ©amper ©ee mit bem 3luöfluffe ber 3iega,
öftlid^ ber 9Zeftbad^ von ber ÖueHe bis jur 3Äünbung, im ©üben
bie $Wolfton), t)ielleid^t frül^er, baö ßanb ©(^it)elbein umfd^liejsenb, bie
S)rage, bann bie Slabü mit ßörlin unb ber ÄautelbaiS^, unb gegen ©üb^^
often erftredfte er [id^ biö jum ©parjee unb bem OueHfee be§ 3al^m
fluffeö. S3ei feiner ®rö^e |)atte er, wie mand^e ber anberen Surgbejirte,
no(^ jn)ei Unterbejirfe mit befonberen Surgen: ^obijol unb ©oncrine.
S)a fie ju bem 2|)eile beö Sanbeö ßolberg gel^örten, ben Samim
1248 für ©targarb an ben 33if(^of §ermann abtrat, fo muffen fie auf
ber Oftfeite ber ^erfante gelegen l^aben. gür bie nähere 33eftimmung
if)rer Sage fel^lt ein fid^rer Slnl^alt; ein gorf(^er in ber pommerf(^en
©efd^id^te fud^t fie in bem feit bem Sa^re 1267 alö £anb ßöölin ^er^
üortretenben öftlid^en 2i^eil beö S3urgbejirlö ^^).
©ud^en mir nun bie Sage ber §auptburg beö gangen ßolberger
S3urgbejirtö ju beftimmen, fo gemährt unö bafür ben fid^erften ©tüfe^
punct eine Urfunbe am bem Saläre 1278, burd^ meldte bas eben er^
rid^tete Sungfrauenflofter bei ©olberg von feinem Segrünber, bem
S3ifd^ofe ^ermann, feine weitere 2luöftattung er|)ält. SDaä Älofter ift
errid^tet in ber 2lltftabt ßolberg, wo el^emalö (quondam) bie Solberger
Canonici — bie fdl^on feit längerer Seit in bie neue ©tabt übergefie*
belt maren — „bem §errn gebient l^atten." 5Der 33if(^of t)ereignet ben
Jungfrauen ben ®runb unb 33oben auf ber §öl)e unb in ber 9Heberung,
mo fid^ el^emalö bie S3urg befanb, mit allem 3ube^ör, SRed^t unb SRufeung,
barunter bie SRaturattieferungen ber fleinen 3ldEerbefi^er bafelbft, ber
©ärtner, (Jiortulani) nur mit ber 6inf(^ränfung, ba^ biefe, fo lange
ber Sifd^ofe lebe, bei feiner Slnmefenl^eit in ©olberg Äol^l unb ©emüfe
in bie bifd^öflidEie Äüdie ju liefern Ratten ^^^^ g^mit lag bie SBurg
um bie 3eit ber ®rüti4)ung beö neuen ßolbergö unjmeifell^aft bei bem
jefeigen Stittergute 2l(tftabt auf ber §ö^e, bie früher mit fteilcrer 33öfd^ung,
— 17 —
als ic|t jur ^erfante abfiel unb bann Sal^rl^unberte lang baö Älofter
getragen l^at ©eit bte S3urg mit bem ©ntftel^en ber beutf(^en ©tabt
überflüffig geworben war, ftanb fie unbewol^nt unb t)eröbet; aber no(^
Sal^rl^unberte lang l^at fi(^ ber SurgwaH erl^alten, wieberl^olt wirb er
in ben ©tabtbüc^ern nod^ beö 15ten Sal^rl^unbertö jur Seftimmung ber
Sage von SBiefen unb 2l(ferftüden genannt, unb bie (Soffäten ber 2llt=
ftabt, bie alten „©ärtner", beren §äufer an unb auf bem alten Surg^
walle erbaut waren, l^aben noä) im vorigen Sal^rl^unberte ben Flamen
„SBaaieute" geführt.
2luf ber 33urg l^atte, wie biefelbe Urfunbe jeigt, baö ßapitel fei-
nen ©ife aufgef^lagen, fidler beftanb e§ fc^on im Sai^r 1219 (fiel^e
©. 23) unb mit großer 2Ba|irfd^einli(^feit läjgt eö fid^ f(^on am 6nbe
beö Dorl^ergel^enben Sai^rl^unbertö nad^weifen. @ö mu§ alfo ju biefer
Seit au(^ bie Surg an berfelben ©tette gelegen l^aben.
SBenn bie 3Benben i^re 33urgen meiftenä in ber 3Jiitte von
©ümpfen unb ©een anlegten, fo war biefe ©ewol^nl^eit boä) weniger
burd^ eine befonbere Steigung, als burd^ bie Sefd^affenl^eit beö ßanbeö
bebingt, bem bie Sergfpifeen fel^len, auf benen bie 33urgen beö weft=
lii^en unb füblid^en ©eutfd^lanbö errid^tet finb. 3lu(^ bie 2Benben wer^
ben bie aSort^eile erfannt l)aben, weld^e bie 2lnlage auf einer §öl^e
jumal im SBinter gewährt, wo ber g^roft ©umpf unb SEßaffer feft unb
jugdnglid^ mad^t. ®ö gab nun aber feinen geeigneteren ^^unft in ber
Umgegenb von ©olberg für eine S3efeftigung, afe ber 33urgberg bei
Slltftabt Unmittelbar auö ber ^erfante fid^ erl^ebenb, bel^errfd^te er
ben gluj3, war burd^ weitere ©ntfemung vom SReere e^er gegen plö^
lid^e Ueberfälle von ©eerdubern gefidEiert unb liej3 fid^ mit leidster
aWül^e burd^ einen auö ber ^erfante gefpeiften ©raben in eine Snfel
ücrwanbeln. ©ä ifi bal^er fein ®runb anjune^men, ba§ bie 33urg vor
bem 13ten 3al;rl^unbert an einem anberen ^lafee geftanben l^abe.
©ie mit ben Surgen cerbunbenen jOrbnungen für ben Sejirf
brad^ten eä mit fid^, ba§ in ber 3lixf)t berfelben ftabtartige Slnfieblun-
gen, Surgfledfen, fid^ bilbeten. §ier ftanb ber Ärug beö Sejirfö, in
weld^em bie Snfajfen beffelben bie abgaben an ben Sanbeö^errn ent:
rid^teten unb gefettige Sufammenlünfte hielten, l^ier war ber 3Warft ber
^rot)inj, auf bem attein §anbel getrieben werben burfte, eö fonnte beö^
l^alb nid^t fehlen, bafe eine l^anbet unb gewerbetreibenbe 33et)ölferung ^ier
i^re 33uben unb 3Berfftätten auffd^lug. 3Bo e§ bie Dertlid^feit erlaubte,
lag biefer SBürgfledfen (mburbium) in unmittelbarer 3lä^e ber Säurg,
2
— 18 —
Ucbet bic Sage bcö 33urgfteäeuö bei bcr S3urg von ßolberg föitnen
Toir m(j^t in Stoeifel fein. S)ie @rri(^tung eineö Gapitelö, roel^eö Dorjugd^
roeife bem ©otteöbienfte größere ^radf)t unb geierlid)feit üerleitien foH, l^at
nur ©inn innerl^alb einer größeren ®emeinf(^aft üon 3Kenf(^en, unb
baö SSorl^anbenfein beffelben auf ber S3urg ift fd^on ein 3eugni^ bafür,
ba§ bie alte 3Benbenftabt in bereu unmittelbarer 9Jä(;e gelegen l^aben
muJ3. S)o(^ ift aud^ eine ur!unbli(^e Seftätigung bafür üorl^anben:
bie Sol^anniöürd^e wirb in ber Urfunbe, in lueld^er fie von ben §ers
joginnen 3)hroölatt)a unb Sngarbiö (im Sa^r 1222) bem ßlofter 2Wo=:
gilna in SDanjig rerlie^en wirb^^), alö in Golberg liegenb bejeid^net.
Xa bie ©tabt gro^ unb voltxciä) genannt wirb, mufe fie einen nid^t
unbebeutenben Umfang gel^abt ^aben. S)aJ3 fie fi^ üorjugömeife nad^
©üben ^in auögebeljut l^abe, wie 9Bad^ö meint, ift nidjt unTOal^rfc^eim
li(^, wenn aud^ bie in feiner 3eit noä) üorl^anbenen 9)iauerrefte fd^wer^
lidEi baf)er rüliren mod^ten, nad^ Dften l^in war jebenfallö no(^ bie So-
l^anniöfird^e in ben ©rbwall, — etwaö anberö ift unter ben Tffuri beö
polnifd^en 6l;roniften nid^t ju beulen — ber bie ©tabt fid^erte, mit
eingef(^loffen.
Äeiner ber wenbifd^en 33urgfteden war eine ©tabt im beutfd^en
©inne. 3Bar er auct) äu^erlid^ burd^ 2Batt ober ^Uanfenwerf gegen bie
£anbfd)aft abgef(^loffen, fo bilbeten bod^ feine S3ewol^ner feine hmä) ein
befonbereä ©tabtrei^t jufammengel^altene, t)on 3lbel unb Sauern gefom
berte ©enoffenf^aft. 33urg unb 3)urgfledeii war ber äJereinigungöpunft
beö ganjen Sejirfö, ju ben aSolfdoerfammlungen bafetbft l^atten bie
Sewoliner beö Sanbeö gleid^en 3utritt, wie bie ©täbter, beibe ftanben
unter benfelben Beamten, ja£)lten bie gleid^en Steuern, ©o waren
biefe 2Benbenftäbte ni^tö alö größere ftabtartige Sln^äufungen von
Käufern. Snbeffen, wo bie iJage beä Crtö befonberö günftig war, ba
rüfirte fid; aud^ wo^l ein fräftigereö unb felbftflänbigereö Seben, wel=
d^eö über ben bäuerlid^en ß^arafter l^inauöging unb ben ©d^ein beut-
fdEier ©täbtefrei^eit gewinnen fonnte. Siefe günftigen a3ebingungen ju
einer reid^eren ©eftaltung bot and; ßolberg in bem ©aljwerfe unb bem
na^en, burd^ glufe unb §afen jugängtid;en a)feere. ©c^ifffa^rt unb
3=ifd;erei bilbeten bie §auptna^rungö}weige ber 93ewol)ncr, flottenweife
fuhren fie mit i^ren leidsten, für 9iuber unb ©egel eingeridf)teten ©nig::
gen nad^ Stügen jum §eringäfange ober nad^ bem gegenübertiegenben
©d^weben, unb fd^on bie gro^e Seute an gifd^en, welche bie ?Polen in
©olberg mad^ten, würbe beweifen, baß fie biefelben nid^t btofe jum
— 19 —
eigenen Sebarf fingen, wenn wir mä) nid^t jonft wüßten, ba§ fie fo-
gar batnit naä) ^Jßokn I)in §anbel getrieben l^aben. g^erner erforberte
ber ©alinenbetrieb .(f- ^^V- 4) Strbeiter, er fefet bie Äunft üorauö,
baö au§ fremben ^ergraerfen gel^olte Metall in bie g^orm ber Pfannen
ju bringen, unb §änbter unb gul^rleute waren not^wenbig, um bie
2Baaren im Sanbe unb auf ben alten ^atibelöftrajgen nad^ SBottin,
*^}olen, ©aujig ju vertreiben, g^ifd^er unb §änbler, ©aljfieber, ^fann^
fd^miebe, g^rad^tfal^rer werben alfo ben Äern ber 33et)ölferung gebilbet
l^aben, unb bie gefal^rpolle 3lrbeit auf bem aKeere gab il^nen baö tröfeige
©elbftgefül^l unb ben fül^nen Sinn, ben fie ben ^olen gegenüber jeigten.
S)er ©teinbau war ben SBenben fremb, würbe wenigftenö von i^nen
nur wenig angewenbet. S5ie 33ewol^ner beö fo anfel^nli($en SBoHinö
wollten bem 33if(^ofe jOtto bie g^euerprobe, ju ber er fid^ erbot, nid^t
geftatten, weil bie ©tabt babei in glammen aufge{)en fönne. SBie
SBottin, wirb au(^ baö wenbifc^e ßolberg auö §olj unb Sel^m erbaut
gewefen fein. 2)ie gotl^ifc^en Sogen, Siefte unterirbifd;er ©ewölbe, bie
Dor langem Scti^ren auf bem Älofterfcerge ausgegraben finb, fo wie bie
tiefgel^enben gunbamente, welche l^ier einen SKaum üon 3 biö 4 3)iorgeu
einnel^men, finb natürlid^ Ueberbleibfel oon ben alten Sltoftergebäuben,
bagegen tonnte aus wenbif($er 3eit ein auö an einanber gelegten §öU
jem beftel^enber ®amm l^errütiren, ber oor mehreren Sauren gelegent:=
lid^ in bem füblid^en Serraineinfd^nitt einige gufe tief unter ber Dber^
fläd^e entbedEt würbe, ^^)
Seid^t fonnte eine fold^e, burd^ fein inneres £eben§banb äufam-
mengel^altene, aus §olj unb i5el)m erbaute ©tabt oont SJoben oerfd^win^
ben, wenn i^r bie SBebingungen ilireö 2Bol;lftanbeö entjogen würben.
SDaö gefd^al^ burd^ bie ©rünbung von aJeu^Solberg unb burd^ ba§ ©im
gel^n ber SBurg. SSon ber ©ee oerbrängt, intb fd^on baburd^ ju einem
t)erfommenen SDafein oerurt^eilt, gab bie 2Benbeuftabt bie lebenöhäftigen
eiemente an bie neue ©tabt ab unb faul balb jum unbebeutenben 5Dorfe
l^erab. 3m Sa^r 1222 liegt bie Soi^anniöfirdje nod^ in ber ©tabt,
1360*^), wie l^eute, in ber a)Utte wogenber äle^renfelber (ifi campis),
wol^l \6)on 1278 burd^ länblid)e (Sinfamfeit ein geeigneter £)rt für bie
befiaulid^e Slnbad^t ber £lofterfdl;n:eftern. 5Dod^ ^at ber SRame 3lltftabt
bie (Erinnerung an bie alte 2Benbmftabt bis auf unfere Sage ertialten.
SDiefer 3luffaffung ber ßertlid^feit entfpric^t burd^aus baö 33ilb,
weld^eö wir m^ nad^ ber ©d^ilberung, bie ber polnifd^e ß^ronift von
bem erften angriff öoleslaoS auf ßolberg (1107) gegeben %ai, eut^
2*
— 2Ö —
werfen muffen. SSoleölat) erreid^t bie ^erfante von SBeften l^er unb
fü^rt, nad^bem er überbenglufe gefefet ift, feine ©efd^TOober in voUem
3tennen gegen bie ©tobt. ®in fold^er 6at)aIIeriean9riff ift nur benfbar
auf offenem Slad^felbe, nid^t über aKoorgrünbe unb fd^male ßnüppet
bämme fort, bie paffirt werben mußten, roenn bie SBenbenftabt auf bem
^^lafee beö l^eutigen ßolbergö geftanben l^ätte. SDie mit einem SBoH
befeftigte ©tabt (ber SSurgftecfen) mirb überrumpelt, unb bie Surg würbe
in berf elben SBeif e genommen fein, romn bie Singreifer in gef d^loffener
3Ka)fe über eine SBrüde fort in biefelbe eingebrungen wären. 2)ie Surg
mu§ alfo unmittelbar neben bem SurgfledEen gelegen ^aben, von i^x
nur burd^ einen überbrüdften SBafferlauf getrennt, in weld^em wir nur
einen von ber ^erfante auögel^enben unb wieber in fie jurüdfel^renben
©raben erfennen fönnen. liefen l^at nad^ ßften l^in bie anbauembe
ftiHe 2lrbeit be§ ^flugeö im Sauf ber Sai^rl^unberte auögefüHt unb feine
©puren faft t)erwifd^t, im ©üben unb SWorben bagegen ift er biä jur
^erfante l^in an tieferen Serraineinfd^nitten nod^ lei^t ju erfennen.
3Kit biefer 3luffaffung beö Sierrainö, für weld^e bie gefd^id^tlid^en
3eugniffe unb bie Sobenbefd^affenl^eit in gleid^er Sffieife fpre^en, miff
fid^ tmr eine ©teile*) au§ bem polnifd^en 6|)roniften nid^t red^t vereinigen
laffen. Sllö 33oleölat) in bem SBinter beffelben Sa^reö jum jweiten
3Jiale vox ©olberg rüdEte, befd^lofe er, beoor er bie ©tabt felbft angriff,
fid^ eineö unmittelbar am aWeere gelegenen ÄafteHö (castellum niari
proximum) ju bemäd^tigen. 2luö biefer ©teile liejse fid^ fd^liefeen,
baJB bie SBurg (castellum) burd^ einen weiteren Siaum t)on ber ©tabt
entfernt gewefen ift, unb wenn man bie in ber Sefd^reibung beö erften
aingriffö genannte Srüdfe l^ier aud^ imterbringen will, am linfen Ufer
ber ^erfante ftromab in ber 3iä^e beä aJieereö gelegen l)at.
3nbej5 läfet fid^ aud^ wo^l biefe ©teile in (ginftang mit ber obi=
gen 3luffaffung ber Dertli^feit bringen, ber ßl^ronift lann fogar unter
bem am aJieere gelegenen Äaftell nid^t bie Surg uerftanben l^aben, bie
Soleölat) bei bem erften 3lngriff nid^t erobern fonnte, man mü^te benn
annel^men, ba^ feine aHerbingö unbel^olfene SDarfteUung jeber Seftimmt-
*) Sic lautet üoHflänbiö: — Boleslavus ad maritima proper amL Cumque
jam ad urbem Cholbreg declinaret et castrutn mart proximutn expugnare prius-
quam ad urbem accederet cogitaret, ecce does et oppidanos pronis cervicibus
oboiam Bolezlav procedentesy semetipsos etfidem et seroitivm profercntes. Ipse
quoque dux Pomeranerum adeeniens Boleilao inciinavit, — IScriptares rer,
/ViMfAv /, 747 Cbron, Pol: JI, 39.
— 21 —
l^ett in ben Stuöbrüdfen ermangelt. 3Wlt bem SBorte tirbs ober mitas faßt
er wol^l SSurg unb SBurgfleden jufamnten, aber tt)o er jwifd^en beiben fd^ei-
bet, ba bejeid^net er ben 93ur9P[e(fen mit suburbium, bie Surg felbfi mit
urbs ober civitas, SBenn nun in ber ©d^ilbenmg beö jraeiten 3lngriffö ber
urbs baö castellum entgegengefefet mirb, fo fann unter ber erfieren
nid^t fügli(3^ baö subnrbium, fonbem nur bie frül^er mit biefem SEBorte
bejei($nete 33urg t)erftanben merben, unb bie cives unb oppidaiii (t)iet
leidet: 93urgmannen unb ©tabtbemol^ner), roeld^e jufammen mit bem un-
genannten ?Pommeml^et^oge fi(3^ bem ^olenfürften unterwarfen, finb
au§ biefer, nid^t aus bem castellum l^eroorgefommen.
SBoffen mir bemnad^ biefem t)ereinjelt fiel^enben 3eugni§ einen
3Bertl& beilegen, fo bleibt unö nur übrig anjunel^men, baß bamafe aud^
in ber 3la^e be§ SJJeereö, etma an ber ©tette be§ l^eutigen ßolbergs,
eine SBefeftigung beftanben l^at. ©ine 3lnfieblung in ber 3?äl^e beö ©alj*
bergs, an% ©iebem, ^fannfc^mieben u. f. m. ift menigftenö aud^ für
biefe 3eit fd^on nid^t unmöglich. Seneö Äafteff mürbe alfo baju ge^
bient l^aben, ben Semol^nem biefer Slnfieblung im %aU eineö unermar^j
teten 2lngriff§^ befonberö von ber ©eefeite l^er, ©d^ufe ju gemäl^ren,
unb 33oIe§lat) l^ätte bann bie 2lbfid^t gel^abt, burd^ bie ©innal^me biefeö
Slußenmerfe bie Sefafeung ber 33urg ju fd^redfen imb fid^ bie Eroberung
berfelben, beren SBiberfianböfraft er f(^on erprobt l^atte, ju erleichtern. —
Sßeld^e 93emanbtnij3 es alfo anä) mit biefem ÄafteH an ber Küfte
gel^abt l^aben mag, bie §auptburg unb ber 9Wittelpunft ber ßolberger
Äafieffanei lag ni^t in ber M^e ber ©ee, fonbem an ber ©teile bes
l^eutigen SRitterguts SKItftabt. ^ier ftanb ber Ärug ber ^rot)inj unb
von l^ier aus leitete ber 5laftettan, ober ju Seiten bie Äaftettane, bie
aSermaltung beö 35ejirfs.
35enn in ben Seiten ber Sl^eilung ?Pommemö unter jmei g^ürften
blieb ber ©olberger Surgbejirf gemeinfameö ©igentl^um beiber, unb bie
©ered^tfame iebeö ber Seiben mürbe burd^ einen befonberen Äaftettan
mal^rgenommen, mie aud^ bie jebem jugemiefenen, mal^rfd^einli($ burc^
bie ^erfante gefd^iebenen £>rtf(^aften il^re Slbgaben in einem befon:=
beren 5lruge entrid^teten. SRur ber ©aljberg blieb ungetl^eilt. ©o
finben fi(^ jmei Ärüge unb jmei Äaftettane in ßolberg jur 3eit
ber erften SEl^eilung jmifd^en Sogiölao I. unb Äafimir I. (1160
bis 1181). aSon il^nen werben genannt Sarfa unb Sl^moris, ber lefe^^
tere mirb alö ber jmeite Äafteffan bejeic^net unb mar t)iellei(^t jenem
untergeorbnet Sarfa gel^örte jii ben angefel^enften unb oertrauteften
— 22 —
Beamten Sogißlaüö. ^a^ bcr S!Btcbert)eretnigung bcö fianbeö erf(]^cint
er aU ber einzige ÄafteDan (1187). 33ei bcr jroeitcn Stellung (1214—64)
tritt abermatö eine SDoppefoertDaltimg ein. 3utn Sal^r 1227 werben
SDobijlauö imb «Tfinied^ als ilafteHane aufgefüf)rt, ber lefetere fd^on 1219
xmb nod^ 1240 genannt. 3:^ie 3leil^e ber wenbifd^en Äaftellane ((abließen
93orfo, ber ©tainntDater beö l^o(^angefel^enen SSortengefd^led^tä, nnb Stxa^
jimir, beibe in biefer ®igenfd^aft jroei Scii^re t)or ber ©rtinbung ber beut-
fd^en ©tabt (1253) jum lefetenaJlde genannt. 9Son ben unter bemÄafiet
lan ftefienben Beamten gefd^iel^t nur beö Tribunen (ber bie SPoIfeüerfamm-
hingen leitete unb ben Heerbann ju gujg fül^rte) (Sbijlauö (1220—28)
nanientlid^ ®m)äl^nung. 3al^Ireid^er fmb JJamen aM bem ©olberger
Surgabel aufberoalirt, beffen ©üter innerl)alb beö 33urgbejirf§ lagen, unb
ber beöl^alb mit feinen ^ienften ber ÄafteHanei üerpftiiä^tet war. ©o
werben aufgeführt juni ^af)x 1194 Uneölat), SBird^oölaw, SBfemir, ju
1227 aSfemar, 3efelauö unb beffen ©o^n 3tot)§Iauö, ju 1249 ©anba
unb 1253 3[>encefe, SBojan, (£ujjlau§, ^etruö, SBiffuca, 3lan)entar,
Someca, aUeö 5Iamen üon eä)t roenbifc^em ©epräge.
3luf ber 33urg, wo neben ber Sel^aufung beö ÄafleHanö in lieib-
nifd^er 3eit bie S'empel ber wenbifd^en ©ötter geftanben l^atten, war
aud^ für bie (^riftUc^en Äird^en ber geeignetste ^lafe, ba bie uralte 'heilig-
feit beö £)rtö bem Sempet beö neuen ©otteö in ben 3lugeu beö eien
befel^rten 3?ol!e§ eine p^ere SBeü^e tierleil^en mufete. Ueberbieg würbe
immer ber l^eibnif($e Sempelplafc mit bem baju gel^örigen ®ebiete GU
gentium ber neuen Äird^e. §ier liefe Dtto bie erfte d^riftUd^e ber
3)iaria geweil^te Äird^e errid^ten. 3n ber furjen 3eit von jwei SKona^
ten l^ergeftettt unb unter einem SSoIfe, welAeö ben ©teinbau faum
faimte, war fie gewife, wie bie (Samminer R\xä)e, imr leicht auö gled^t^
werf imb 23alfen 5ufanunengefügt, unb erft fpäter erl^ob fid^ an i^rer
©teile ein fefter ©teinbau mit einem ®Iodfentf)urm. ^Tiefe nid^t feiten
mit ber 9!)larienfird)e beö beutfd^en ßolbergö t)erwed^felte 3Jiarienfird&e
ber 3lltftabt war lange 3eit 6apitelöfird)e unb würbe nad^ ber Ueberfiebe-
Iimg bcr Soml^crrn in bie neue ©tabt t)on bem SBifd^ofe §ennann,
DieHeic^t neu gebaut, ben Ätofterfrauen eingeräumt.
3tu§er il^r befanb fid^ auf bcr SJurg nod^ eine Äapette ©t. ^etri.
©ic wirb 1309 alö eingegangen bejeid^net unb baö baju gelegene 35orf
©amgl^or von bem Sifd^ofe §einrid^ bem ßapitcl Dcreignet*).
*} (£apitcl«urfunbe x)on 1309. 2)a« S^orf üarnghor^ qxiac ab antUpio in
— 23 —
S)ie von SBaiä^ä nod^ angefül^ttc 3afobi!ir(3^e xoax fein felbftftam
bigeä fixä)^xä)^§^ ©ebäube, fonbem nur eine, erft 1432 genannte, mit
ber Slltftäbter 3Karien!ir^e Derbunbene ÄapeHe^'^).
3llt, TOenn auä) nid)t, wie man im 17ten Sal^rl^unbert meinte,
bie ältefte unb von £)tto felbft gegrünbet, ift bie in bem Surgfleden ge^
legene Sol^anniöfird^e. ©ie wirb in betn Saläre 1222, ju weld^em fie
überl^aupt juerft genannt ift, t)on ben Herzoginnen aWiroölawa unb 3m
garbiä im 5Ramen il^rer unmünbigen ©öl^ne Sarnim I. unb SEBartiälat) III.
mit bem 3)orfe ^retmin bem Ätofter 3Jiogilna bei SDanjig ^ereignet, unb
SBamim erläutert fpäter (1230) bie gleid) jugefii^erte ^Befreiung jene§
SDorfeö t)on allen meltUcJ^en Saften bal^in, bafe nur bie §eereöfolge
unb bie SBurgbienfte für Solberg baoon ausgenommen fein foHen ^®).
S5iefe auffallenbe SSerlei^ung an ein frembeö Älofter erflärt fi(^
mol^l auö bem Umftanbe, bafe SKiro^lama eine Soi^ter §erjog 3Reft:
winö von ^Pommem'S)anjig mar unb t)ermutl^lid^ in Sejiel^ung ju bem
Älofter il^rer Heimat ftanb. 3)aö Älofter gewann baburd^ nid^t nur
ben aSortl^eil, ben bei ber Sol^anneöfird^e anjufteffenben SSicar bem Si-
fd^ofe von ßammin präfentireu unb fomit einem feiner ©eiftlid^en eine
^vfrünbe t)erf($affen ju fönnen, fonbem aud^ eine ©tation in ber 3la^e
von ßolberg jur Ueberwadjung feiner ^fannftätten unb eine 5Rieber:=
läge für feinen SBaarenbetrieb, für ben eö von 33amim in ber oben-
berührten Urfunbe bie Sollbefreiimg erl^alten l^atte. ®ö l^at fein SRec^t
lange Seit be^uptet, unb im Sai^r 1281 naä) bem %obe beö t)on fei^^
nem 2lbte präfentirten 3Kagifterö 3ol)anne§, bifd^öflid^en SRotarö, wirb
i^m baffelbe neu beftätigt ©rft 1333 bringt »ifd^of g^riebrid^ von
ßammin baö in feinen ©prenget eingreifenbe ^atronatöred^t eines
fremben ^lofterö burd^ gütlid^en SBergleid^ an fid^^^).
2Bie fd^on erwäl^nt, fafe neben ber SRarienfirc^e auf ber älltftabt
ba§ ßapiteL S)ie 3eit ber ©ntftefiung beffelben ift nid^t mit ©id^erl^eit
JU beftimmen. 3n berfelben Urfunbe, in weld^er an ber Sol^anniäfird^e
in ßammin baö neubefteffte 35omcapitel nad^ bem 3Kufter t)on 6öln
feine erfte ©inrid^tung erliält (1176), wirb unter ben Sengen aud^ ein
^räpofituö §ennann t)on ©olberg ^^) genannt. SDod^ ba aud^ bie 3lr5
d^ibiafonen, weld^e im SRamen beö Sifd^ofö bie geiftlid^e ©erid^töbarfeit
caslro Colbergh ad capellam St. Petri nunc dirutam spectaoerat. -— (Sic mar
fd^on 1281 aujcr ©ebrauc^, \>ci 5)anigor in bttfcm 3al§rc ju 3ernin gelegt
wurlw. — ((Jap.oUrfunbe 1118).
— 24 —
in crfler Snftanj t)em)alteten, bamafe mit bicfem Sitel bejeid^net xom^
ben, fo brandet jener §ermann nid^t S)ompropft gewefen ju fein, er
!ann bie ©teHung eineö 2lrd^ibiafonuö befleibet §aben, unb eä ift alfo
barau§ mä)t mit ©id^erl^eit auf baö Seftel^n beö ©tiftö in jener Seit
ju fiä^liejgen. 5Daö erfte fidlere Seugnife ift aus bem Saläre 1219^0,
in meld^em jum erfien 3WaIe ein ßolberger Äanonifns SRineruö ge:^
nannt toirb, unb bie ©d^enfung, meldte in bemfelben Saläre, ober in
bem Slnfange beö folgenben bie ^ei^ogin Sngarbiö mit ben brei SJör^
fem 33uggentin, ©arrin unb ©abom^^) \^^ ^{^^^ j^^r l^eiligen Sung^
frau in ©olberg mad^t, ift alfo felbftoerftänblicä^ bem ©tifte zugefallen.
3lnn aber ift baö SDorf Suggentin fd^on einmal 119423) üon ber §ers
jogin 2lnaftafia ber SDlarienfirdje oereignet, eä ift bemnad^ bie größte
2Bal)rfd^einlid^!eit Dorl^anben, ba§ fd^on bamate baö ©olberger ©tift be-
ftanben l^at, unb bafe ber 1208 genannte ^röpofituö 5Rifolauä, S3rus
ber beö 3lbteö ©igfrib von ©tolp, ©olberger SDompropfl gemefen ift.
®ö liegt alfo faum ein 3eitraum von jmanjig Salären jtoifd^en ber
©rünbung beö ßamminer unb ber erften urfunblid^en Sejeugung bes
ßolberger ßopitels, unb rotnn in ben (fut^ vor 1385 abgefaßten) ©ta^
tuten ber ©amminer Äird^e bie ßeiftungen beö ßolberger ©tiftö an ben
33if($of alö t)on ber erften ©rünbung (a primaem fundafione) be§ ß'am^
miner Sapitelä l^er befiel^enb bejeid^net morben ^^), fo ift baö menigflenö
ein Seraeiö, baß man bort bie ©rrid^tung bes ßolberger ©apitelö als
jiemlid^ gleid^jeitig mit ber beö ©amminer annal^m.
SDer aWangel an gefd^id^tlid^en 3eugniffen über bie ©ntfiel^ungö^^
jeit erllärt fid^ mol^l aus ber anfdnglid^en Unbebeutenbl^eit beö ©apitelö.
93uggentin ift baö erfte SDorf, baö 1194 urfunblid^ t)ereignet mirb,
unb jwar oon ber §et^ogin 2lnafiafiö. SRad^ bem Sobe bes §erm Äa=
fimir, bem bie ^ürftin eö erblich oerliel^en l^at, foH eä an baä ßapitel
fallen. S)o(^ l^at baffelbe nid^t gleid^ in ben SBefife gelangen fönnen.
3m Saläre 1219, mo il^m baö SDorf mit ©arrin unb ©abom jufammen
abermals oerliel^en mirb, gel^ört eö bem ÄajleHan Simegl^, unb erft, menn
biefer feinen SBol^nfife anberömol^in verlegt, fott eö an baö ©apitel fom^
men. 3m 3al^r 1253 erfd^eint eö als ©gentl^um beffelben, mirb il^m aber
oon SBartiölao III. 1262 auffattenber 3Beife nid^t beftätigt, fonbern
neu üerliel^en, al§ märe e§ eine ntnt ©d^enfung.
©arrin fann bem ©opitel nur jum Sl^eil gel^ört l^aben, ba fid^
nod^ 1282 ^s) ber SRatl^ oon ©olberg für bie t)om ©apitel ertl^eilte ®t'^
laubniß, einen ^reöbpter an bem l^eiligen ®eift ju beftetten, oerbinblid^
— 25 —
maä)t, betnfelben auf ©tabtfofteu in bcm S)orfe 8 §ufen mit bem baju
gel^örcnben §ofe unb ©ebäuben ju faufen.
®aÄ ®orf ©abotü, wel^eö in einer Urfunbe t)on 1276 jum lefe^
ten 9RaIe genannt n)irb unb fftr untergegangen gilt, würbe im SKittet
alter für einö mit ©eefelb angefel^en*). ßbglei^ in jener Urfunbe
©abow neben ©eefelb genannt mirb, fann bie 3lngabe hoä) vDof)l be*
grünbet fein. 35ie SReinung t)on bem grojsen Sieid^tl^um, ben bas ®a*
pitel fd^on bamäte gel^abt l^abe, ftüfct \iä) t)orjügli(ä^ auf bie große Sal^l
von Örtfd^aften, au§ weld^en il^m ber 3el^nte juftanb. Snbeß bei ge«
nauer 33etra(^tung jeigt fid^, baß biefe jum größeren Sl^eile nur auä
fteinen ©ruppen von Käufern beftanben l^aben, von benen jebe il^ren
befonberen Flamen trug. ®ö gefcä^al^ wol^l unter ber ©inroirhmg ber beut^
f(^en ®init)anberung, baß mel^rere ©el^öfte ju größeren Dörfern vereinigt
würben, ©o mar unter anbem ba§ ©orf ©d^öfeom auö ben JDrtfi^aften
©infecom, 3ambome, 3elitij unb ©pepram gebilbet, fo befaß aud^ ba§
Älofier ^Pubagla ein S)orf 3latfom, meld^eö au§ fünf 2)örfem jufammen-
gelegt mar. 2lel^nli(§ mag eö fic^ mit ©abom unb bem t)on ben SEßenben
SBolnuöna genannten ©eefelb vetf)aitm l^aben. ©abom unb Sßotnuöna
lagen nid^t meit oon einanber. Site bie ©epfte jufammetigelegt ma-
ren, trug ber 3iame ©eefelb, bem fd^on ber menbifi^e SBolnuöna geroi-
(ä^en mar, anä) übjer ©ab^m ben ©ieg bat)on. ©o erflärt fid^ einer=
feitö baä SSerfd^minben fo videt ©rtänamen aus ber SBenbenjeit, an^
brerfeitö baö ©d^manfen unb ber SBed^fel in ben 33ejeid^nungen.
*) 3n einer oon S3. ^|tlipp 1384 ouigefteHten Urfunbe, burci^ meldte, roic
bie S^rondfumpte x)on 1219 unb 1283 jeigen, bem Kapitel ber öeftj ber brei oben
genannten ^drfer beflätigt werben foS, wirb flatt @abon) @eefelb genannt. (Eop.*
Ur!. 0. 1276.
3lo^ xint bie SKitte beö 13ten Sal^rJ^tinbertö ftanb bic alte SSen=
benburg auf ber §öl^c nal^e bcr ^erfantc unb \af) l^erab rote in uet::
gangener 3eit auf bie ©trol^bä(^er unb Sel^ml^äufer von SlltSolberg;
jiüei Äaftellane, Äajimir unb S3orto, walteten auf ber Surg über ®^
xxä)t unb §eereöbann unb wachten über bie ©ered^tfame ber beiben ^er^
jöge, nod^ immer brad^ten bie roenbifd^en §örigen bie ©rträge il^rer
leidsten ^Ib^^ unb SBalbarbeit in ßolberg ju aWarft unb SBad^ö von
beut roilben §onig ber SBälber ate 2lbgabe an bie l^erjoglid^en Sabemen.
9lber baö SBenbentl^um war f(^on in feinem innerften SSBefen angegrif^
fen, in unb neben il^m waren neue Gräfte roirffam, bie bem Sanbe
felbft ©egen, feinen älteren ©öl^nen unb beren 3SoIfetl^um aSemic^tung
tmb Untergang bringen foHten.
Siö jum Saläre 1255 l^in finb bie SRamen ber 3eugen in ben
Urfunben ber £anbfd^aft roenbifd^, nod^ fd^einen feine beutfd^en 2lbelä'
gefd^led^ter, Sel^n fud^enb, in bie Äaftettanei ©olberg eingeroanbert ju
fein; aber fc^on vor il^rem ©injuge begann beutfd^eö Sel^nroefen feinen
©influfe au(^ l^ier ju üben unb bie alte ßrbnung ber £anbeöt)ertl^eibi5
gung umjugeftalten. 3)er roenbifd^e ßble ©anba, einer ber Surgmam
mn in ©olberg, trug ba§ SDorf 6art)ou (1255) nad^ beutfd^er SBeife
von bem §er joge ju Sel^n ^) , unb er/ wie ber üometime Äaftettan S3orf e
felbft, ber aud^ fd^on ben beutfd^en Sitel ßorggravius fül^rte, waren
SJlitglieber beä SRitterorbenö geworben, ben beutfd^e SRitter feit 1235 ^)
nad^ ?|}ommern gebrad^t l^atten.
2Bir wiffen nii^tä über bie geiftlid^e SEBirffamfeit be§ Solberger
ßapitelö für ©tabt unb Sanb in biefer Seit. SDie bequemen §erren
— 27 —
t)otn 33enebtctiner^£)rben werben bie ©ermantfirutig be§ Sanbeö nid^t
in bem ®rabe geförbert l^aben, wie bie ßifterjienfer 3Wön(ä^e; aber fie
bitbeten bod^, wie bie Flamen jeigen, eine überroiegenb beiitfc^e ©enofs
fenfd^aft, fo baß bie Sprößlinge ebler wenbifd^er ®ef(3^Ied^ter, meldte
fromme Steigung unter fie trieb, ben eintritt um ben ^reiö il^reö aSoKös
tl^ums in ©itte unb ©prad^e erfaufen mußten, unb inbem fie, mie
1227 baö grauenflofter in STreptom für neun ^Dörfer in ber ^aftettanei
ßolberg unb baö Älofter 3RoQr)lm 1236 für ^retmin, Befreiung von
allen meltliiä^en Safien mit 9luöf($lu§ be§ Stufgebotö jur Sanbeänertl^eis
bigung fowie Gntlaffung auö ber unmittelbaren fürftlid^en ©erid^tö-
barfeit t)om §erjoge erlangten (1253) 3), mirften auS) fie auf bie Sodfe^
nmg beö 3ufammenl^ang§ jmifd^en 33urg unb Sanbfd^aft ein. Sel^nmefen
unb ©eiftlid^feit arbeiteten jufammen an ber 3erfprengung ber alten
5laftellaneit)erfaffung. Smmer ftärfer mad^te ba§ beutfd^e SBefen fid^
geltenb; fjäufiger legten bie ©d^iffe Sübedfer ^auflcute im §afen an,
breiteten beutfd^e §änbler i^re SBaaren an^, wehen il^nen jog ber frembe
3Jlönd^ burd^ bie Straßen t)on ©olberg, melrf^er bie feinem Älofter rom
dürften t)erliel^ene ^fannftätte beaufft(^tigte, unb juraeilen anä) n)ol)l
fd^on ein nieberfä(^fifd^er 33auer t)on ben ®ütern ber 6apitel§^errn,
immer l)äuflger ertönte bie beutfd^e SRebe neben ber menbifd^en. So
bereitete \iä) mä) liier ber 3lugenbli(f t)or, ber ba§ leere ®el)äufe ab::
geftorbenen Sebenö bei Seite fdf)ob unb 3*aum fd^affte für bie ©eftat
tung neuer Sebensformen an§> ber ßigenart ber beutfd^en ©inraanberer.
3m Sa^r 1248 (7. Cctober) taufd)te Sifd^of SBill^elm ron 6am=
ntin baö £anb Stargarb — in biefen foliben 93efife liatte \\6) feinem
fingen 3Sorgänger ber 3e^nt von 1800 §ufen r)erbi(^tet — t)on '§erjog
Santim T. gegen beffen 2lntl^eil beö fianbeö ßolberg an§>; er gemann
baburd^ ben öftlid^ ber ^erfante gelegenen Sl^eil ber Äaftellanei mit
ben SSejirfen ^obifeol unb ßoncrine^), unb bie aJlarfgrafen pon 33ran=
benburg Sol^annl. unb DttoIII. beftätigten afe £)berlet)nöf)erm ben Saufd^.
§erjog 3Barti§lat) bel^auptete feinen Tt)eftli(^ ber ^erfante gelegenen
2intl)eil bi§ an feinen Sob, bod^ fein 9fad^f olger Sarnim t)erfaufte
1276 unb 77 ^) bem 35ifd^of ^ermann non ßammin gegen eine 3(if)-
tung von 3500 3Jiarf anä) biefe §älfte mit ber Sebingimg, baß er baö
Sanb nid^t nom 3Jiarfgrafen von 33ranbenburg ju fielen näl^me, er über=
tieß^eö il^m in ber 3lu§bel^nung, bie eö jur Seit ber testen Äaftettane
gel^abt liatte, mit allen erbenfbaren Siegalien, mit Satjqueden, ®olb=,
Silber^ unb ®ifengruben. SDenn' in imm gonbe, mo bie Quellen bie
— 28 —
wnentBel^tltd^e SBürje jebcr ©peife, baö eble ©alj, l^erauöfpßltcn, glaubte
man nod^ anbete ©(ä^äfee im Soben t)erborgen; fo war aud^ bei ber
Sl^eilung Äurlanbä pifd^en bem bcutfd^en Drben unb bem Sifd^ofe
feftgcfefct, wenn fi(^ SaljqucIIcn unb ®plb^ unb ©ilberabem fänben,
fo fofften biefe gemeinfamer Sefife fein % unb in 3Kedflenburg rooHte man
no(^ 1540 in ber ©aline ju ßonoro ^) naä) ber 3lber fud^en, bie nthtn
bem ©alje ®olb, ©übet unb @ifen entl^alte. — ©o routbe baö Sanb
©olbetg bet Äetn beö bifd^öflid^en ®ebiete§, beö ©tifteö ©ammin, ein
gef(^loffene§, butd^ feine günfiige Sage am aWeete unb butd^ einen be^
quemen §afen beootjugteö Settitotium. S)od^ el^e nod^ butc^ biefen
Äauf au(| bie weftlid^e §älfte in bifd^öflic^en Sefife fam, roax 'fd^on
bet ®tunb gelegt ju bet ©tabt, rodelte beftimmt roat, bie witfUd^c
§auptftabt beö ©tifteö px raetben unb ftäftig in bie ®ef(^idfe beffelben
einjugteifen.
©eit 1251 faJ3 §etmann von ®leid^en auf bem bifd^öflid^en ©tul^Ie.
2lu§ bem ^ttien t)on S)eutfd^lanb, aus Sl^ütingen, ftammenb, mit bem
btanbenbutgifd^en g^ütftenl^aufe nal^e üetroanbt, wat et bemül^t, ^ßom^
metnö ®ef($idPe enget an ^eutf(^lanb ju fnüpfen, unb eiftig fötbette et
beutfd)e (Sinwanbetung unb Slnfieblung. 3n gleid^et 3tid^tung witften feine
wenbifd^en aSetwanbten aus bem pommetfd^en §etjogSl^aufe 33atnim I.
unb Sffiattiölat) IIL ©ie l^atten etfannt, baj3 eö jut SBiebetbebauung
bet butd^ bie polnifd^en Stiege roüft gelegten Sanbfttid^e, jut ©teige^
tung bet Sanbeöfultut übetl^aupt, wie jut ©id^etung il^tet Settitotien
gegen jOftpommetn unb gegen baö begel^tlid^e ftteitfettige ®efd^Ie(^t bet
Slöfaniet fein beffeteö 5IKittel gebe, afe bie S3egtünbung beutfd^et 35ötfet
unb befonbetö ftäbtifd^et, mit beutfd^em Siedete beroibmetet ®emein=
mefen.
3m Sal^t 1253 l^attc SBatnim I. bie ©tabt ©tatgatb mit beut=
fd^cm SWed^te auögeftattet mit bem SCuöbebing, ba§ fie il^m jum ©d^ufee
bet ®tenjen feines Sanbeä offen ftel^en follte. S)iefet bei anbeten
©täbtegtünbungen nid^t t)otfommenbe 3ufafe fielet mal^tfd^einlii^ mit einem
ÄtiegSjuge in SSetbinbung ^), ben §et^og Satnim jut SBiebetetobetung
beö gütftentl^ums ©(^lan)e gegen §et^og ©roantopolf t)on ^ometeffen um
tetnel^men wottte, unb auf einem uietjel^n Sage fpätet ju S)emmin abge^
l^altenen Sanbtage wutbe ol^ne Sweifel au(^ übet bie SKuöfül^tung biefet
Untetnel^mung t)et]^anbelt. 3luf biefem fianbtage, bei bem aud^ §ei^og
SBattiöIao, bie beiben Sifd^öfe von ßammin, §etmann unb fein SBot=:
gänget SBil^elm, bet ^topft unb mel^tete SJoml^etten a\i% ©olbetg, bie
— 29 —
«
Dome^mflen Beamten unb SHtter beä fianbeö Solberg jugegen roo^
ren, in einer Seit, wo ber ©inn ber gangen 3Serfammlnng jur 3lbn)e^r
ober jnm Stngriff naä) £)ften gerid^tet war, mag juerft emftli(^ an bie
©rrid^tung einer peiten pontmerfd^en g^eftung gegen £)ften l^in, an bie
Segrünbung beö beutf($en ßolbergö gebadet fein. 3n)ei Saläre fpäter
pereinigten fid^ bie beiben §erren ber ßolberger ÄafteHanei, ber §erjog
SBartiöIao unb ber 33if(^of §ermann, jur SSenoirflid^ung beö ©ebanfenö,
jur Segrünbung eines neuen SoHroerfä beutf($en 2Befenö, an ber beut^
fd^e ©itte unb beutfd^eö SRed^t für bie ganje ^rooinj einen §alt ge:=
raönne, an ©teile ber alten SBenbj^nftabt. ©ine anbere 3Jlad^t, eine
eifrige SJUtarbeiterin an i|)rem SBerfe, l^atte i^nen ben ^lafe jur Sin*
legung ber neuen ©tabt fd^on oorgejeid^net.
©ine SBiertelmeile entfernt von ber alten SBenbenburg, weiter
ftromab naiver ber 9Jiünbung ber ^erfante war aHmäl^li(^ eine neue
SRieberlaffung entftanben, mit il^ren 3lnfdngen x)ielleid^t fd^on in bie
Seiten ber polnifd^en Kriege jurüdreid^enb. 2luf feud^tem 3Koor^ unb
SQBiefengrunbe, ber fid^ nur wenig über bie 3Jleere§flä(^e erl^ob, jwifd^en
©Ifengebüfd^ — nod^ im 17ten Sal^rl^unbert förberten bie 3Kaurer (SU
fenftümpfe ju Sage, wenn fie bie gunbamente neuer §äufer in bie 6rbe
fenften — in ber 3lixf)e beö £luellbejir!ö, wo unauf^örlid^ in unerfd^öpf-
lid^er g^ülle bie eble SRaturgabe auö ber 6rbe rinnt, mögen fi(^ juerft
bie unfreien Slrbeiter beö ©aljbergö angefiebelt l^aben, bie ^i^^ex unb
^famxfd^miebe, ju i^nen gefeilte fid^ ber beutfd^e §änbler, ber feine
2Baaren ju aWarfte brad^te unb bie (Srträge ber pommerfd^en SBalb-
unb gelbwirtl^f($aft bafür eintaufd^te, bort l^atte er ben bequemen ^a-
fen in ber Jläl^e unb ben frifd^en SBeHenflang ber offenen ©ee, unb eö
fümmerte il^n wenig, bajg ungefunbe 2)ünfte über ben aJloorgrunb f)m
f^lid^en, ober baj3 ii^m baö SBaffer ber burd^ einen Siorbfturm aufge^
[tauten ^erfante t)or bie §au§f(^welle fpülte. "^mn er war auö l^ar-
tem §olje gef($nitten, er gel^örte jenem ©efd^lei^te beutfd^er Äaufleute
an, weld^eä in Sieflanb unb ^reu^en in einer Sieil^e ftanb mit bem
gel^amifi^ten SRitter, unb bem bie Äird^e ba§ £ob fpenbete, ba^ er feine
Slrbeit im grojsen ©inne auffaffe, unb bajs, wo er fein SBaarenl^auö
baue, er aud^ d^riftlid^er unb beutfd^er ©efittung eine ©tätte bereite.
Unter ben SBenben lebte er in t)ornel^mer Slbfonberung nad^ ben Sied^tö^
gewol^nl^eiten, bie er auö ber §eimat . mitgebrad^t l^atte, unb bie i^n
unb feine ©enoffen inmitten ber g^remben mit ftarfen SSanben jufam=
menfiielten«
— 30 —
aSoIier biefer ältefte Äem beutfd^er Seiuol^ner fam,.fann nid^t
jweifell^aft fein. S)aö 9tedjt war bamalö ein lebenbigeä Sefifetl^unt ber
3Jtenf($en, bie f(^riftli(^en Slnfjeii^nungcn oft mangell^aft nnb biirftig;
würbe nun eine beutfd^e ©olonie jur ©tabt unt9ett)anbelt, fo erl^ielt fie
baö Siedet, naä) weldjem bie Äoloniften fd;on üorfier if)ren SBertel^r unter
einanber geregelt l^atten. S)aö died)t ber ©tabt, auö weti^em bie ajfel^r^
jal^l berfelben [tammte, raurbe jum ©tatut ber neuen ©tabt erl^oben.
2)aö neue ßolberg aber würbe mit £übif(^em äied^te beroibmet, wie eö
in ©reifäwalb ©eftatt gewonnen l^atte, ©reiföwalber ßonfuln iiatten
alö Beugen bie ©rünbungöurfunbe unterjeid^net (fiel^e weiter unten),
ber ©tamm ber älteften 33et)öKerung mu^ alfo auö ©reiföwatb i^erüber-
gefommen fein, unb ba fid^ erft 1241 ©reiföwalb auf ber SBalblid^^
tung beö Ätoftergrunbeö Don ©Ibena erhoben Ijat unb erft 1251 mit
©tabtredE)t bewibmet ift, fo bleibt für baö ftärfere 3lnwa(^fen ber ßo-
lonie nur ein geringer 3eitraum übrig. 3ut 3al)r 1265 wirb Sub-
bertuö be SBobarglie alä ber (Srbauer ber großen 9)iül)le genannt (qui
primtuu — . aedificacil) \ ift aud^ baö 3af)r ber Erbauung nid^t an- .
gegeben, fo ift biefe bod^ fidler ni(^t lange cor ber ©rbauung ber ©tabt
anäufefeen, unb eine ftäbtif(^e 2lnlage, ber eö an einer äJlü^le fel^lte,
fann anfänglid^ nur unbebeutenb gewefen fein, ©ie muß alfo mit
amerifanifd^er ©efd^winbigleit }u größerer öebeutung gewai^fen fein.
SFiatürlid^ l^atte fie baö lebl^aftefte S^tereffe, il;re tmfid)ere ©tellung
unter ben gremben burd^ bie Umfriebung mit einem beutfdE)en ©tabt=
red^t ju feftigen.
3JJit i^rem Sntereffe ging §anb in §anb ber ä>ortl)eil ber ge-
fammten norbbeutfd^en ^aufmannöwelt. ßange f(^on ging ber 5ßerfel^r
auö ben äßeftftäbten nad^ bem Dften, bie 3Jewa l^inauf ju ben Slauf=
pfen unb 3KePuben t)on Jiowgorob an beiben ©eiten ber SBold^ow,
aber bie gal)rt bort^in war fd^wierig unb gefä^rlid^, unb ber Äauf-
mann, ber feine 2Baaren bortl)in geleitete, tl^at wol^l, wenn er, wie auf
9limmerwieber!e^r, fein Seftament t)orl)er mad)te. SBar aud^ fd^on
mand^er §afen gegrünbet, ber i^m <Bä;)\x% gegen ©türm unb SBellen
Derliel^, fo l^errfi^te bo($ nod^ über weite ©treden baö ©tranbred^t in
l^eibnifd^er ©eftalt, unb gegen bie §abgier ber rollen Serger, weld^e
fi(^ baö ®ut ber ©eftranbeten aneigneten, fd^üfete wenig ber Sann ber
^ir^e unb ber apoftolifdje ©d^ufe, in weld^en Sifd^of Gilbert t)on 3?iga
im 3al;r 1250 alle ©(^iffe jtDif^en Sübed unb Sliga nal^m, nid^t ge=
nügenb baö freie ©eleit unb bie Befreiung ijom ©tranbrec^t, weld^eö
— 31 —
bie Züheäex Äaufleute für fid^ unb anbete §anbelöleute ju t)erfd^iebef
nen Seiten, unb noS) 1250 lieber ju ßolberg von ben pommerfd^en
^ei^ögen fi($ |iaben rerlei^en laffen, beffern ©d^ufe für '^xeif)e\t unb
©igentl^um gewäl^rte tl^nen eine neue beutfd^e ©tabt mit gutem §afen.
Sübedf l^atte fd^on 1246 bie Slbfid^t gel^abt, eine neue ©tabt an ber
aWünbung beö ^regete ju grünben, fie lonnte eö nur alö eine görbe-
rung unb ©i(^entng ber eignen §anbelöintereffen anfe^n, wenn an
ber 2)lünbung ber ^erfante fi($ eine beutfdE)e ©tabt erl^ob, bie jugleid^
ein bequem gelegener 9)iar!t für bett §anbel mit ^ommem unb ^olen
merben fonnte. Stn 3af)r 1274 mürbe bie junge ©tabt (Solberg com
§erjoge 33amim ermäd^tigt, mit bem SBifd^ofe §ermann jufammen bie
fd^iffbrüd^igen ©eefal^rer gegen SBeeinträd^tigungen in ©d^uft ju nel^men,
unb fieser mar ber ©d;ufe, ben bie ©tabt ben ©eftranbeten angebeil^en
liejs, ein mir!famerer, alö ber frül^ere ber l^erjoglidöen SBögte unb ^t^
amten. — ©o arbeiteten i)erf($iebene Sntereffen jufammen, SWeu^ßoIberg
ju begrünben unb ein neues ©lieb in bie Äette ju fdfjlingen, meld;e fid^
mn bie Ufer beä baltif(^en aWeereö legte unb biefeö attmä^lid^ ju einem
beutfi^en 3Keere mad^te.
aSom 23. 3Kai 1255 ifi bie Urfunbe batirt, bur($ mel(^e bie bei:
hm g^ürften, ber §erjog SBartiölat) unb ber Sifd^of Hermann, ber 6o=
lonie, an welcher ebenfalls fi^on ber SRame ßolberg l^aftet, bie ©eftalt
einer beutfdE)en ©tabt geben, S)en bürgern berfelben merben barin fünf
greijal^re gemalert; erft naä) 3lblauf biefer 3eit tritt baö ©runbgelb
von Käufern unb §ufen in Äraft, meld^eö bie ©täbte alö eiujige, fpfc
ter unter bem SRamen Drbäre in eine beftimmte ©umme jufammenge^
fafete aibgabe an ben ©runbl^errn ju jal^len l^atten, bie um' 1380 von
©olberg nad^ alter ©emo^nlieit in ber §öl^e von 600 3Karf t)om Slatl^::
i^aufe unb auö bem ©tabtfedfel entrid^tet mürbe; eö mirb il^nen baö
SWed^t gegeben, fünf Saläre lang jur ©rrid^tung von ©ebäuben, mo fie
motten, Saul^olj f dalagen ju laffen; bie ©tabt mirb ferner mit einem
aSeid^bilbe auögeftattet : il^r merben 100 §ufen anbaufäl)igen £anbe§
t)erliel^n, ber 3Balb am ©tranbe biö jum SReftbai^e unb baö Wtoox^
unb Sffiiefenlanb, meldE)e§ fid^ jmifd^en ber ^erfante unb 3tega an ber
Äüfte l^inftredft; i^r mirb ferner freie gifi^erei auf ber Öftfee unb ber
^erfante gegeben, bie Söel^ren auf ber Sflabüe unb ^erfante fotten ju
il^ren ©unften entfernt merben, unb mittfürlii^er 33efd^afeung beö ©alj*
bergs burd^ bie Sanbeöl^errn mirb burd^ eine fefte Slormirung beö ©alj^^
jinfeä begegnet; enblid^ mirb fie mit bem Sübifd^en Siedete bemibmet,
— 32 —
wie baffctte in ©reiföwalb geübt wirb, ber ©reiföroalber diatf) wirb
il^r }ur ein^olung von SRed^töbelei^rungen in jweifel^aften gätten unb
ak aippeUationöinftanj angeroiefen, ber ©reiföraalber ©d^effel wirb einge^
fül^rt, unb ber 3ott foH nad^ ber ©reiföroalber SRoIIe erhoben werben ^).
SDer ©reiföwalber SSogt unb t)ier Slati^männer ber ©tobt waren,
bei ber SluöfteHung ber ©rünbungö^Urfunbe jugegen unb unterjeid^neten
fie ate Beugen, unter i^nen ift ber aus einem ritterbürtigen ©efd^led^te
aSorpommemö ftammenbe Safob v. Srebetow ber erftgenannte. ©eit
1250 angefe^eneö 3)iitglieb beä ©reiföwalber Slotl^eö, fpäter 1262 ber
Segrünber von ©reifenberg, weli^eö in gleid^er SBeife, wie ©olberg,
eine ©reiföwalber ©olonie ift, mit bem Sifd^ofe ^^xmann^ an beffen
§ofe wir i^n jwei Saläre t)orl^er (1260) finben^®), in enger aSerbinbung
fte^ienb, mujs er ju ben ajlännem gered^net werben, bie baä Sntereffe
ber norbbeutfd^en Äaufmannöwelt uertretenb mit 33ewuJ3tfein unb ©ifer
bie ©ermanifirung beä ©lat)enlanbeä unb bie Slnlegung beutfd^er ©tobte
betrieben |iaben. (6in ©olberger SBürger t)on gleid^em Familiennamen,
^enjefe Srebetow, wirb 1335 al§ Sefifeer beö Ärugeö von ©elnow
genannt ^0-
es ift natürlid^, bafe ber Slntl^eil, ben ber ©reiföwalber 9latl^ an
ber ©rünbung von ©olberg na|im, ju einer t)erftärften ®inwanberung
auä jener ©tabt ben 2lnftofe gab. SDer 5Rame eineö ber t)ier älteften
©olberger ©onfuln, weld^e bie ©rünbungö-Urfunbe ber ©tabt unterjeiiä^s
net ^aben, 3o|ianneä t)on Sübed, wirb in bem ©rünbungöjalire ber
©tabt aud^ von einem 3JHtgUebe beä ©reiföwalber Statl^ö gefül^rt.
2)erfelbe finbet fi(^ 1257 nod^ einmal im Golberger Statine, bann vet^
f(^winbet er |)ier, wäl^renb 1258 berfelbe Jiame wieber im ©reiföwalber
SRatl^e auftritt. D^ne Sweifel l^aben wir es mit ein unb berfelben
^erfon ju tl^un. Soi^anneö von ßübedf ift bei ber SBegrünbung 6oU
bergö in ben neugebilbeten 3latl^ eingetreten, um bie aSerl^ältniffe orb=^
nen ju Reifen, unb ift bann naä) ©reifäwalb jurüdgegangen. 3tn Sai^t
1260 erfd^eint ein Sol^anneö v. Sübedf im ©tralfunber Statte, wä^renb
er im ©reiföwalber Statine nid^t mel^r genannt wirb^^^). ©ö f^eint
alfo, alö ob biefe unrul^ige Äoloniftennatur ben SBoJ^nfifi nod^ einmal
gewed^felt i)at — ©benfo finben fidi^ nod^ mel^rere ber älteften ©olber^
ger gamilien aud^ in ©reiföwatb Vertreten, wie: von S)ortmunb (Tre-
mojiia), Sol^ann unb Seml^arb; von SRoftodE, von ©noien; unb etwaö
fpäter aBitte, SBeftp^al, ©olbog^e, ©ifeler, bod^ mögen einige von i^nen
aud^ aud 9ioftodE ober iBübed( getommen fein, wo 3weige berfelben
g^amtlien anfäffig tDarat. "^tn anä) bei ©reifätoalb fid^ flnbenben
Flamen SRofenbal für ein itid^t lange nad^ ber (Srünbung ßolbergs ge^
nanntes, in ber 3läf)e beö ©tabtroalbeö gelegenes SBormer! unb ben
noä) mel^r an bie §eimat erinnemben ©ripöwolb ober ©ripöiDolbelen,
welken eine Gruppe von ©el^öften t)or bem 3Rül^lentl^ore führte, n)er=
ben biefe ©inwanberer auö ©reiföwalb mitgebrad^t l^aben. aus il^nen
unb ben älteren, fd^on in ber ©tabt anfäffigen gamilien (t)iettei(^t ben
b^ne g^amiliennamen aufgefil^rten, wie ©melric^, Semarb, ben balb
atiftretenben ßolbergö*) fefete fid^ ber ältefte 3iati) jufammen, il^nen
n)ar baö 5Red^t ber 3Kutterftabt, baö fie auö mel^rjäl^riger ©rfal^rung
fannten, lebenbigeö ©igentl^utn, fie waren beöl^alb bie geeigneten Sei:
fi^er beö unter bem SBorfifee beö fürftlid^en Sogtö tagenben ©erid^tä,
fie t)erftanben ein ©emeinwefen ju leiten, lurj fie bilbeten baö ältefte
^^Jatriciat ber ©tabt.
©(^on in ben erften Salären t)ergrögerte fid^ biefer ältefte ©tamm
ber 33et)ölfenmg burd^ 3ujug von anbem Orten l^er. 3n ben benad^^
barten wenbifc^en Surgfledfen, bie no(§ nx6)t mit beutfd^em diente beroib^
mtt waren, l)atten fd^on manö)e beutfd^e §änbler il;re SBaarenlager
aufgefd^lagen. ©ie jogen mol^l bem nod^ immer unfid^ern Slufentl^alt
unter ber menbifi^en 33et)ölferung baö fidlere SBol^nen in ber gefd^lof=
fenen ©emeinfdiaft il^rer ©tammeögenoffen t)or. 3u biefen werben ^er^
mann v. Selgarb, 35itmar v. SBoHin, §ermann t). Ufermünbe, t)iellei(^t -
aud^ Sol^anneö unb Safob t). ^ammin gel^ören.
6ö ifl ju erwarten, baJB aud^ ber SBifd^of §ermann bemül^t ge^
wefen ift, ber ©tabt neue Sewol^ner jujufül^ren. S)a von einer ©in^
wanberung aus ber SRarf in ßolberg fid^ wenigstens in biefer 3eit feine
©puren finben, fo ift wol^l anjunel^men, ba§ §ermann t). SBerben (1257
genannt) aus bem bamals nod^ jum Sistl^um ßammin gel^örenben
SÖBerben an ber 3Kabüe l^erbeigefommen ift, unb gewi§ geprt baS ©e^
f(^led^t ber be 2Biba (salice von ber SBeibe) ju benen, bie ben ©ra^
fen von ©leid^en aus Si^üringen unb bem SBogtlanbe nad^jogen, um fi(^
in Sommern eine §eimat ju grünben. g^nf ^a^xe na(^ ©rünbung
ber ©tabt faufcn mer Srftber biefes ©efd^led^ts gegen einen jäl^rlid^en
3ins von 80 Sonnen ©alj einen ©aljfotl^en vom ©apitel, unb jwanjig
Solare fpäter befifet Soi^annneö be SEiba allein 2 ftotl^en auf ber reiften
*) 1316 flnbct {14 ber S>lamc fd^on in ü^edC, wol^in bie Samilie aud (^l-
berg eiitgetoanbert fein mug.
3
— 84 —
unb tttel^rete ^fannftftttcn auf ber linlen ©eite unb baju ausgebeizte
äldfergränbe auf ber ©olberger g^elbmarf. Sie gel^ören ju beu auge^
fel^enften unb begütertften unter ben älteren ßolb^rger ©efd^led^tem, unb
burd^ reii^e 3Sermä(J^tniffe an bie Atriale l)aben fie ifircm 5Ranien ein
gefegnetcs 3lubenfen eru)orben. ©eit ber jroeiten §älfte be§ 14. ^a!^x^
l^unberts l)ört bie gamilie auf in ber ©efd^ic^te ber ©tabt eine Stoße
JU fpielen, ein unmünbiger £)tto be äßiba (1376) mib ein 9llbred^t
V. b. aSeibe, ber ein §auä am ?ßfannf(J^niiebent^ore befifet (1408 u. 22)
finb bie legten (im ©tabtbud^e) urlunbUd^ bezeugten 3Kitglieber beö ©e^
fd^le($tö in ©olberg.
SBenn ßolberg in biefer 3eit fi^on Sujug au§t bem 3Beid^feIlanbe
erl^alten l)at, worauf ber 5Raine SWe^anber o. ®anj! (1266) l^inbeutet, fo
wirb ba§ bie golge ber 3Serbinbung getoefen fein, in loeld^e baS Älofter
aWogplna burd^ bie ©rwerbung oon ^^Jfannftätten unb baö ^otronat über
bie Soi^anniöfird^e mit ber ©tabt getreten war.
®ö ift nid^t }u bejroeifeln, bag bie ©tabt au(^ aus il^ren
früheren äJerl^ältniffen ein Srud^tl^eil wenbifd^er aSeoöUerung über^
Jommen f^at. S)od^ finb l^ier jroei klaffen ju unterf($eiben. ©o
wenig bie beutfd^e gamilie ber 9tamel 3lnftofe nal^m, fid^ mit ben wen*
bifd^en 3iatiboriben ober Sorfö, unb bie ber ©l^uben, weld^e aud^ auf
ber ßolberger g^^lbmar! eine Sefifeung l^atten, fid) tnit ben Äamefe^ö
JU oerfd^wägern, fo wenig würbe beit wenbifc^en 2lbetegef(^led^tern ber
©intritt in bie beutfd^e ©tabtgenoffenfd^aft gewehrt. SDer r257 ge^
nannte angefei^ene Sürger, wal^rf^einlid^ SHat^mann, Shmeftin 3la^
taoij (Slaölaoij) ^^^) ift oon unjweifell^aft wenbifd^er §erfunft, unb wenn
fid^ ein beutfd^er 33ürger ber ©tabt Henriais filius Jullae (Suttenfol^)
mit ©laoifirung feines 3tamenö aud^ Suttij ^^) nennt, fo ift barin woi^l
eine f($wdd^e Stüdwirfung bes wenbif(^en ©lements auf baö beutfd^e
JU ernennen. SDod^ nur ber Slbel fanb 3utritt, bie geringeren ©tam^
mesgenoffen waren l^ö(^ftens gebulbet unb t)on ber ftäbtifd^en ©emein=
fd^aft unb ben 2lemtem auSgef(^loffen. S)aö felbftbewuJBte öürgertl^um
bulbete ben unfreien SBenben nid^t in feiner aKitte, es t)erwies i^n in bie
entfernteren Stjeile ber ©tabt, in bie 9iäf)e ber SBobelei (©d^arfrid^terei),
in bie ©trajse, bie in ben ©tabtbüc^eru platea Slavomm genannt
würbe unb nod) jefet ben 9tamen äßenbenflraJBe fül^rt. S)ort lebten bie
alten ©öfine bes ßanbes gebrüdft neben bin ftoljen ©inwanberern, bis
fie oor il^nen aus ber ©tabt wi(^en^^), ober ©prac^e unb ©itten ber
Parieren 3iace annahmen* 3n ber lefeten Sejie^ung freilid^ l^aben fie
— 35 —
nur ba§ ©d^idffal il^rer t)omel^meren ©tammesgenoffen getl^cilt, anü^
biefc mbcrftel^en niSjt lange bcr ©inwirf ung, xodd)e ©pra(^e unb Sitte
i)er beutfci^en (Senoffenfd^aft auf fie ausübt. Sei ben Äamefe'ö ift baö
Seroujstfein wenbifd^er ©igenart fc^on 1302 1*) fo erlofd^en, bafe fie bie
Sprache ber ©iiiroanberer afe bie irrige bejei(^nen. Sänger afe in ber
©tabt rairb n)of)l wenbifc^e ©prad^e auf benachbarten Dörfern i^r '^^a^
fein gefriftet ^aben: um 1300 liegt auf ber ©olberger getbmarf an ber
3Wa§nife (3Jlafee) eine Drtfd^aft SRoöglem, bie alö eine Sel^aufung ber
Sffienben begeidjuet wirb (habitatio Sluvomm ©tbb.); bo(^ ber immer
ftärfer anbringenbe ©trom ber beutf(^en ©inraanberung l^at mit ben
anberen SReften be§ SBenbentl^umä aud^ biefe tleine n)enbif(^e ©prad^infel
fortgeftut^et, unb romn im Sal^r 1539 ber Siatl^ ben ©eraerfen il^re
alte ©emol^nl^eit beftötigt, bafe fie feinem SBenben ben Eintritt in ein
©emerf t)erftatten unb feine menbifd^en Sungen in bie Seigre nehmen
fotten^^), fo ift t)ielleid^t barauö ju f(^liegen, ba§ ba§ jefet l^inter bie
fiupon) jurüdEgebrängte, im 2lu§fterben begriffene 5laffubif(^e bamalö
no6) weiter nac^ SBeften gereid^t, unb bajs n)oI;t au(^ burc^ ©prad^e
unb Srad^t fennttid^e Sßenben in ©olberg S)ienft unb Unterl^alt gefud^t
l^aben, aber nidjt, ba^ bie ©tabt nod^ unter feinen SBewol^nem einen
wenbifd^ rebenben Sl^eil gel^abt l^at,
SBeit wichtiger aber afe alle bis jefet aufgefül^rten Sujüge mürbe
für bie ©tabt bie etma jmanjig Sai^re na^ i^rer ©rünbung beginnenbe
ftärfere (Sinroaubemng au§ Silbed unb aJiedEIenburg , fie filierte il^r in
großer Sal^l neue Präger beö ritterlichen ©inneä unb beö faufmänni:
f(^en Unternel^murigögeifteö ju unb gab il^r einen mäd^tigen 2luffd^n)ung.
aRan(^e biefer ©efd^led^ter, namentlid^ au§ 2ühed, ftnb ol^ne 3meifel
burd) ben lebhaften §anbelöt)erfel^r, ber jmifd^en ben ßftfeeftöbten be^
flanb, ober burd^ bie aSerbinbung mit ©reiföroalb nad^ ßolberg gefül^rt,
aber ben §auptanfto^ ju ber maffenl^aften ©inmanberung grabe a\x^
^Died^lenburg l^aben bie bort fd^on lange angefiebelten ©ifterjienfer Älö^
fter 2)obberan unb S)argun gegeben.
Äeine ©enoffenfd^aft l^at ein größeres aSerbienft um bie ©ultur
unb ©ermanificung ^ommernö alö biefer SKöni^öorben. ©eine aJiit^
glieber, ©eiftlid^e unb Sanbmirtfie in einer ^erfon, bemirt^fd^afteten
mit il^ren Saienbrübern, (Convcrsen) §albmön(^en mit 9Könd^ögelübben
il^re ©üter felbft; mo fie il^re 2Birtl^fd^aftöl|öfe (grangia) errid^teten,
mürbe ber Soben t)om ©eftrüpp gereinigt, bie aOBälber gelichtet, unb
faftiger unb ftro^eitber ftanben bie älel^ren auf bem äRoorgtunbe, i>en
3*
— 36 —
i^r fd^Tüercr ^flug umri§, alö auf bem Ieid)ten 93oben, ben allein bet §a=
fen ber wenbifi^cn porigen bejn)iugen fonute. aSor il^ueii unb il^rem ®e=
folge, ben beutfd^en Sauem, ©etbern unb ©(iulimad^ern, fd^wanb SBenben-
tl^um unb §eibentl^um auf bem Sanbe, burd^ fie würbe 6^riftentf)um unb
beutfd^eö SBefen l^ier im DoHen §errfd^aft gebradEit Sänge fd^on I^atten
iene Älöfter in ßolberg i^re gäben angefponnen, fd^on in bem wenbifd^en
©olberg raurbe baö raoHene ©eroanb mit bem fd^watjen ©fapulier unb bem
iJebergiirtel, an metd^em ber 3lofenfranj l^ing, i^äufig gefeljn, benn ber Se^
trieb unb bie S3eauffid;tigung ber t)om §erjoge gefd^enften ^^^fannftätten
unb ber ©innal^men au§ ben l^erjoglid^en Sabemen erforberte öfteren 33e=
fud^ ;aber eine ftärf ere 2lnjie]^ungö!raft übte auf fie au§ bie neugegrünbete
beutfd^e ©tabt, bort fanben fie einen trefflichen 2Karft, ber ben ^reiö
il^rer lanbroirt^fd^aftlid^en ©rjeugniffe fteigerte, unb auf bem ©aljberge
lolinenben 2lbfafe für baö §oIj il^rer äBalbungen. SDarum fud()ten fie
in ber 9?ä^e ber ©tabt ®üter ju geroinnen. 5Da§ Älofter üDargun l^atte
im 3a(;r 1266 9ierefe, 1269 Sßeffin t)om »ifd^ofe gefauft, im Sa^r
1288 luurbe i^m baö 35orf Saft von biefem ^ereignet, roeld^eö er von
ben 9tonnen von 2lltftabt für anbere Sefi^ungen eingetdufd^t f)atte,
unb 1335 fam eä anä) in ben S3efife von SBolfö^agen mit einem von
bem ßifterjienfer Älofter 3ieu?fiamp angelegten 9Birtl^f(^aftö^ofe. SDob^
beran l^atte fd^on 1260 baö SDorf 33orf t)on bem 6«mminer SJlünjer
©erbert, ber eö alö l^erjoglid^eä fielen befa§, mit ©inioilligung beö ^er^
jog äßartiölao gefauft, überlieg baffelbe bann ber g^rau ©ertrub
von Sannen unb il^rem ©emal^l S)ietrid^ alö Se^n unb ert)ielt eö 1280
naä) bem Sobe beö lefeteren von jener jurüd^^). Gliben bem Meinen
SBenbenborf (villulä) 33orI errid^teten bie SKönd^e ifiren SBirtl^fi^aftös
l^of, unb alö fie ba§ 2)orf fiebsel^n Sa^re fpäter an bie §et)bebredEä
mieberoerfauften, entl^ielt ber §of ein Snoentar an ©(^afeu, ©(^mei?
mn, Siegen, §unben, SBinter^ unb ©ommerfiüi^ten, frifd^em unb trodfe-
nem 9tol^r, SBagen, ^^flugfd^aren unb anberen ®erätl)fd;aften, meld^eö
auf 200 3Karf gefd^äfet mürbe. 3m Sa^r 1290 erwarb baö Älofter
nod; Älein^ unb @rofe=3eftin von ben Jiamelö. 2lud^ Sufom, baö erft
1252 gegrünbete Sod^terKofter von 35afgun, fefete fid^ balb in ©olberg
feft; eö lieg fi(^ 1264 von bem §erjoge SBartiölav alles, maö bem^
felben nod^ am ©aljberge gel^örte, unb einen Si^eit ber ßolberger SIKül^?
lenpoft ^ereignen. — Um nun bie ^robufte ber Sanbroirtl^fd^aft bequem
mer abfegen ju fönnen, fauften bie 3Könd^e ©runbftüde in ber ©tabt,
auf benen fie SBirt^fc^aftögebäube errid[)teten, ^Rel^rere Älöfter l^atten
— 37 —
fi(]^ in bicfet SBeifc in ßolberg angefiebclt. — ©o befaj3 baö Älojler
' SufoTD einen §of in ber ©tabt, weld^er ben SRamen „öufon)" filierte.
®ö überlief il^n im Sal^r 1355 bem ©olberger Sürger ©alfelb jur
Senu^ung auf Sebenöjeit, bafür t)erpfli(ä^tete fid^ biefer, äffe Sauliiä^s
feiten auf feine Soften im ©tanbe ju erl^alten, bie fiä^abl^aften ^a^
traufen ausjubeffern unb bie näd^tlid^en 'ü&a^en unb bie Sejal^lung beö
©d^offeö an bie ©tabt ju übemel^men; na(j^ feinem unb feiner g^rau
STobe foffte ber §of mit ben t)on il^nen errid^teten ©ebäuben an baö
Rlofter jurüdfaffen. @r lag in ber SanbeöbanbftraJBe unmittelbar neben
bem älteften Slatl^l^aufe ber ©tabt £)l^ne 3meifel um baffelbe ermei^
tetn JU fönnen, l^atte ber SRatl^ von ©olberg einen Sl^eil beö §ofeö ben
SWönd^en abgefauft")
@inen äl^nlid^en §of l^atte baö Älofter 35argun in ber ©tabt, er
l^iejs ber ,,?!Könfel^of", lag ebenfaffs in ber Sanbesbanbftrajse unb jmar
an ber ©de ber ?!Kön(^enftraBe, meli^e, wie ba§ 9Jlönd^entl^or (fpäter au(3^
Äütertl^or), t)on il^m feinen Flamen erl^alten |iat, unb reid^te biö an bie
©tabtmauer. @r blieb ©igentl^um beö Älofterö bis jum Slnfange be§ 16.
Sal^rl^unbertö, mo il^n ^an^ ^ol^enl^aufen fäufli(^ an fi(^ bra(3^te> um
i^n im Sal^r 1508 mieber an baö ©amminer ©apitel ju Derfaufen.
5ßon biefem würbe er 1535 einem Sulgrin fäuf(i(^ übertaffen.
?!Ke]^rere Umftänbe beuten barauf l^in, ba^ auc^ S)obberan feinen
§of in ßolberg l^atte. SDaö ^rämonftratenfer klofter ®robe l^atte me^
nigftenö fein ©aftl^auö in ber ©tabt (domus hospitis), rao feine äJlönc^e,
bie l^äufiger na(^ ©olberg famen, einfel^rten unb bie il^m t)om ©alj»
berge unb bena(^barten S)örfem juftel^enben §ebungen in (Smpfang
nal^men.
3ene Sifterjienfer Älöfter l^atten fd^on lange in SÄedlenburg auf
©tabt unb fianb einen roeitgreifenben ©inPujs ausgeübt, aud^ in
ben aWedlenburgifd^en ©täbten, felbft in Sübed, l^atten fie il^re Älofier^
l^öfe, fie ftanben mit ben angefel^enften ®ef(^led^tem beö Sanbeö in enger
aSerbinbung. 9?id^t feiten unterwarfen fid^ 9Jlitglieber ber festeren, um
ben ^rieben, ben il^nen bie fturmt)offe 3eit t)erfagte, ober ein ®rab
auf geweil^tem Äloftergrunbe ju gewinnen, alö 3Jiön(^e ober Saienbrü=
ber ber ftrengen ©rbenöregel. ©o ftanben bie balb in ©olberg auf^
tretenben ©efd^Ied^ter ber SBiefe unb aSraunfd^toeig bem Älofter 2)obberan
nol^e; im %a\)x 1244 war ein Hermann SQBiefe Saienbruber bafelbft,
unb 1282^^) wirb ein Sol^anneä t)on Srunäwif ate ein getreuer Stn*
l^änger unb ^reunb beö Älofters be}ei(^net. Unter jel^n im %a^xt
— 38 —
1331 genannten Äloftergeiftlti^en bafelbfl gel^ören peben ©efd^le^tem
an, bie fid^ in biefer Seit and^ in ©olberg niebergelaffen ^aben, töie
bie 33raunf(ä^tt)eigö, SJBiefeö, SDortmunbö unb ^^opeö,
SRur t)ereinjelt f^nb in ben erften beiben 3a()rje^nten ber ©tabt
Slnfiebler a\i^ SWedlenburg gelommen, wie wol^l um 1266 bie gamilie
Juvefiis (Sunge, Süngling), urfprünglid^ aus SKünfter flammenb unb
in jener 3eit auf 9lügen unb in SBotpommem anfäfftg, unb Dielleid^t
Suttenjo^n 1257, in berfelben 3eit mi) inSBßismar genannt; erft feit=
bem bie Älöfter SDobberan unb S)argun fi^ in ber 9Jö^e von ©olberg
feftgefefet l^atten, etwa feit 1277, bem Saläre, in n)el(ä^em ßolberg bmä)
bie ©rroerbung ber weftlid^en §älfte ber ßolberger Äafteßanei von
(Seiten beö Sifd^ofö Hermann t)on ber SDoppet^errfd^aft frei würbe,
begann ber ftarfe 3ubrang auö jenem Sanbe. Se^t roanberten ein bie
gamilien ajlönd^ (Monac/iiis), Sol^anneö unb Sibemann, aud^ ein
„gett=aRön(^" (pingtiis monachus)\ t)on ber SSBefer, (Soi^anneö de
Wissera, Weser a) ; von Saroe, §einri(3^ (nad^ ber mecf lenburgif d^en
©tabt Sage genannt) ; SBinter, Soad^im imb ©erl^arb (hyems) ; Äleine
(Parmis), rool^l nid^t von ber fd^on 1258 genannten ©reiföroalber,
fonbem ber Sübeder 5<i«^iK^ biefeö SRamenö abftammeub, mit ber fie,
wie baö ©tabtbud^ bejeugt, nod^ im 14ten unb löten Sai^rl^unbert in
t)ent)anbtfd)aftlid^er 33erbinbung fielet, (eine SJerbinbung, bie n)o(jl ben
Sübedfer ^:|Jrebifanten 5Rifl. Äleine mit beftimmt ^at, in Golberg (1530)
bie lutf)erifd^e Seigre ju prebigen); von §amme; SBifbolb; oon Sübed;
*^Jloiö, Dom Unterrl^ein in bie medEIenburgif d^en ©tobte gef ommen ; ßerbo ;
$8ell^aring; 3)arfotü u. a. ©egen ©übe beö Sal^rl^unbertä unb im anfange
beö folgenben famen l^inju bie Don Seroe^ou), Äerftinian }uerft 1302
alö ©olberger 33ürger genannt, lange ate ©üljgenoffen in ber ©tobt
auf äffig ; bie t)on ßramon (dominus Cramonns) balb roieber auö feer
©tobt tjei^ogen; bie SBiefe, Slotgl^eruö 1305; üieffeid^t aud^ v. SReriite,
SHotd^eruö 1294, menig ftenö finbet pd^ ein Flitter Jo de 2»arine 1285 in
3WedElenburg; baö fel^r angef eigene (Sefd^led^t ber Rotten aus SübedE,
von il^nen juerft So^onneö 1308 als aWitglieb be§ ßotberger SRatl^eö
genannt; ^attenl^ufen; SRofe; §om; Sölner; 2Bolf fd^on 1297 in
©olberg oorl^anben, erfi um 1360 im SRatl^. — 2)ie lefetgenannten
waren aM Sioftodf gelommen, bie meiften jener gamilien jebod^ l^atten
fid^ über mel^rere ©tftbte, SübedE, SBismor, SWoftodE unb ©reiföroalb
ret^roeigt, alle maren tl^atfräftige Äolonifiengefd^led^ter, eifrige 3DWttn:=
beiter aii bem SBerfe, ^omm^m in ein beutf^eö Sanb uritjuwonbiitti.
— 89 —
SRand^e biefer ®ef(|te<ä^tcr finb ttad^futjer Seit wieber aus 6ot
berg tjerfd^wunben, anbere Ijaben Sai^r^unberte fiinburd^ ber ©tabt
SSütöermeifter iinb 9tattjmanncn ß^Kefert, aber feins berfelben f)at fo
^lange in il^r geblüljt, alö baä ber Srauufd^weigä, 35a§, tDie fci^ou ber
9?ame ^^6' Brtaimiv) fagt, urfptütiglid^ auö SBrounfd^roeig ftommenbe
©efd^le^t war fci^on um bie SKitte beö 13. Sa^rl^unbertä in aBcdten^
bürg angefiebelt. ®in Sl^ibenian Sr, nnrb fd^on in SBiömar, ein 3o=
j^omtes 1283 al§ 3JH'tgIieb beä SRoftocEer SWatl^ö gettannt, ein anbrer So-
l^nncö erfd|eint 1 282, nne fi^on ohm enüäl^nt, al§ /?^6'//ä äc familiaris
beö Äiofterö t)on SDobberan. ©eit 1292 tritt bie gamitie in ©otberg
auf, ein Solennes v. 8r. wirb in biefem Salute juerft als ßolberger
33ürger, jwei Sa^re fpöter als JRatl^mann ber ©tabt genannt Sei ber
oben berül^en Söerbinbung beä Sobberaner Älofterö mit ben meutern
burgifd^n ©täbten unb mit ©olberg liegt bie SBermutl^ung nal^e, ba^
bie ©olberger öinie aus 3Re(ilenburg, t)iettei($t aus Sioftod, wo ber
Slame fpöter nid^t wieber oorJommt, eingewanbert ift, bod^ läfet fid^
mit ©id^erl^eit nid^ts barüber beftimmen, ba [id^ aud^ in ©traljunb unb
in ©targarb fd^on um 1282 3Ritglieber bes ©efd^led^tes flnben^^).
SDie binnenlänbifd^en ©täbte nal^men bamalö nod^ einen lebl^aften,
unmittelbaren 2lntl;eil m bem ©eeljanbel, unb »on ben ©eeftäbten aus
verbreitete fid^ leidet bie Äunbe üon ber nmti\ woljlgelegenen ©tabt
tiefer in baö Snnere oon 5Rorbbeutfd&lanb. 2lud^ t)on bortl^er ftrömte
ii^r frifd^e SBoHsJraft ju. Um 1305 l^atte ein ©olberger Bürger ^l(^t^
trus Sänge (Longiis) auf bem Sobtenbette in feinem Seftamente aBe
ßlöfter, ©tifter unb §oSpitäler iai 33raunf(^weig mit reid^lii^en Segaten
{grandis pemivia) bebad^t, unb bie 3lebte unb Slebtiffinnen, bie ^ro-
curatoren ber §ospitäler unb im folgenben Salute (1306) auc^ bie 5Ratl^5
mannen ber ©tabt S3raunf($weig erfud^ten ben 3latl^ t)on ©olberg, bie
©eiber, bie er in aSerwal^rung l^abe, bem SDiener beö 2lbteö von ©ob^
beran einjul^änbigen ^^). 6s ift ba^er nid^t ju bezweifeln, ba§ biefer
^etrus fiange aus Sraunfd^weig ftammt unb bem oltftöbtifd^en angefe^
Irenen ^atriciergefd^led^t angel^ört. S)er gleid^namige ©ol^n beffelben
fa§ 1308 im ßolberger SRatl^e. S)ie gamilie 3tömer {Romanns), im
älnfange bes 14ten Sa^tl^unberts im Siatl^e, fd^on 1273 in ber ©tabt
anfäffig, ftammte aus aWeifeen ober bem SJoigtlanbe, wol^in bie ^amilie
wo||l aus 3lümberg gefommen war, ©ertrub, bie ©ottin §einri(^ 340:^
»erd, bes erften ©inwanberers aus biefem ©efd^led^te in ©olberg,
öemöMS aiomei;, jwar woj^l aus 3»ü||ll^aufeii, ba fie (im Soi&t: 1273)
— 40 —
t)or bem ©olbergcr Statine auf ben il^r get)örenben jwölften Sl^etl einer
Surie in jener ©tabt SBerjiiä^t teiftete ^^). ^nä) bie gauiilie SWolenl^ufen
wirb bortl^er ftammen.
SDie größere 341 ber a\x% SWedlenburg eingeroanberten ®t^(i)U(S)'
ter ftotnmte urfprünglid^ auö SBeftpl^alen, aber anä) unmittelbar finb
Äinber ber rotl^en ©rbe a\x^ il^rer §eimat mä) Solberg gejogen. S)ie
be ©pten (ober @ben) l^aben il^ren Planten oon ber £)rtf(ä^aft @t)ten in
ber ^arod^ie ©Ifepe, ein ßfbert von @ben ftfct 132622) im ©tabtratl^e
oon ©efefe; bie gamilie ©labbele ifi entroeber unmittelbar auö bem
gleichnamigen Drte, ober auö 2)ortmunb, mo fte fi(^ um 134323) im
Sftatl^e finbet, na(^ ©olberg gefommen, 2)er f($on 1276 in ©olberg ge:5
nannte §ermann oon ®rgeft metft auf bie toeftpl^älifd^e Drtfd^aft (Srgfle
bet^ferlol^n, unb Spmboriä^ auf bie glei(]^namige ©tabt l^in, unb auf
ing auögel^enbe SRamen wie 33ot)bing unb ©tefeling finb ed^t n)eflp]^älv=
fd^en Urfprungö. SBal^rfd^einlii^ meftpl^älifc^^er §erfunft ift au^ ber mit
Sol^ann ©teteling oerfd^wägerte S)itmer von Sanbeöbanb 2*) , ber feit
1297 Kämmerer war. S)er SRame ber oomel^men gamilie l^at in ber
„Sanbeäbanbftraße" Sal^rl^unberte lang in ßolberg fortgelebt. — 3)ie
alte §eimat unb bie bort jurüdgelaffene SSermanbtfd^aft übte anä) in
ber gerne noä) längere 3eit il^re Slnjiel^ungöftaft. 9Bie jener ^etruö
Sänge auf bem ©terbebette ber Älöfter feiner SBaterftabt gebadete, fo
fefet ein Sad^^n (1359)25) in feinem STeftamente feinen aiutterfd^meftern
in ©ortmunb Segate au§, unb ein §antebule l^at ebenbort um 1350
nal^e aSerroanbte. 3toä) Sai^rl^unberte lang fanb ein lebl^after SBerfel^r
na^ SBeftpl^alen fiatt, unb es laffen fid^ anä) aM fpäterer Seit no(^
man(^e gamilien aufjäl^len, bie oon bort l^erübergeroanbert finb.
3lud^ bie alten SBafferbal^nen, auf benen fd^on t)or Sal^rl^unberten
bie ©d^iffe beö roenbifi^en ©olbergö l^in unb l^er ful^ren, l^aben von ben
gegenüberliegenben Snfeln unb Äüften oereinjelte Suwanbrer l^erbeige^
fül^rt. Salb finbet fid^ ber Familienname SBoml^olm in ©olberg, unb
normegifd^eö ©ewid^t galt auf ber SEBaffermü^le in ©olberg, bis 1311
aud^ bort ba§ Sübifd^e ajia^ eingeführt mürbe.
Sluö §olftein ifl baä ©efd^led^t ber SBolte eingemanbert, §erber
33olto 2«) auö Sfeel^o (de Isco) gel^örte ju ben SBürgermeiftem ber ©tabt,
meldte juerft als SBertreter berfelben auf einem ©tdbtetage ju Sübedf ge^
nannt werben; ber in ber Ställe oon Solberg in ©toifom 1296 anfäf*
fige aSolrabuö §olfatuö, ber fid^ in biefem Saläre mit ber ©tabt über
bie ©renjen beö beiberfeitigeit ©ebiets oergleid^t, mag mol^l bem fd^on
— 41 —
etwas frtil^er in SUfedlenburg angeftebclten ®cf(]^led^te ber §oIften ata
gel^ören, um bie SJJitte beä folgenben Sai^rl^unbettö finb fie an^ in ber
©tabt als ©üljöenoffen. aSon il^m ober feinem gleichnamigen ©ol^n
l^ot baö an bie ©tabt t)erfaufte t)erfd^n)unbene (jur ©tabtmarf ge*
f($lagene) aSottrabsl^agen feinen SKamen erl^alten«
6in ftarfeö Kontingent l^aben für bie junge ©tabt mhliä) bie in
Sommern angefiebelten äJafaHem unb 3lbefegef(ä^le(^ter beutf(^en unb TOen:^
bif^en Urfprungö aM ber M^e unb gerne gefteHt. ©in ^etrus ^a^
ralt, (ber oon 1257 biö 1261 alö SRatl^mann genannt n)irb), war au(3^
Sefifeer oon Äoifoio geraefen, el^e baö SDorf (1277) an ßolberg fam.
SDer SRat^mann growinuö ftammt auö bem SBaf attengef(3^Ie(ä^te Barnims I.,
roeld^eö bei ^ßrenjtau jwei S)örfer befa^ fvillae Frowini). Sol^ann
unJt SRifolauö oon ©d^utforo gel^örten ju einer gamilie, bie im Sefifee
t)on ©d^öfeom war; in glei(ä^er SEBeife beuten bie Familiennamen
t). Ärajinfe (Ära^ig) unb Sienfefoto, menigftenö bie nä(^ftt)orl^erge]^enbe
©tation ber gamilien an. Sie ^atricierfamilie ®at)ib ift tool^l ju bem
gleichnamigen aSafaHengefd^led^te 33ifd^of §ermannö ju re(^nen*), baö
au(^ in ©olberger Urlunben genannt ift, ebenbal^in gel^ört §inje Sirene
unb Siifolauö 93an)aru§ ober 33auruö (33eier), beren 5ßamen \\i^ in bem
oon il^nen gegrünbeten Seieröborf bei ?Pt)rife erl^alten l^at. >Db bie
1297 genannten Sol^anneö unb %xooxi o. ©ripl^enberg (dilecH nodri
propria hereditate gandentes), ber lefetere mit ed^t flaoifd^em a?or=^
namen, ju bem balb axxi) in ber 3?ä]^e oon ©olberg anfäffigen 3Wtter:=
gef(^led^te ber o. ©reiffenberg gepren, ober au§i ber 1262 gegrünbeten
©tabt ©reifenberg an ber SRega eingetoanbert finb, unb ob ber Jtatl^::
mann g^riebri(^ Ltisms (©(^eel) in oerwanbtfi^aftlidEier Sejiel^img ju
bem SRitter unb SSafaHen Sifd^of §ermannö 3Bot)no Lnscus fielet, ober
unmittelbar auö ben loeftliC^en §anfeftäbten gelommen ift, läfet ficä^ ni($t
entfd^eiben. Slnnuö o. ©tolp, Bürger in ßolberg fd^on 1302, wo ber
SWatl^ eineö SReC^töftreiteö l^alber, in meldten er mit il^m geratl^en war,
eine ©efanbtfd^aft nad^ Sübedt fd^idfte, um jugleid^ SRad^träge ju bem
Sübifd^en Sfled^töcobej ju ^olen, gehörte wo^l ju einem wenbifd^en Slbelö-
gef(^led^te im öftli(^en Sommern.
3u ben berül^mteren unter ben älteren gamilien biefer klaffe
gel^ören bie ©lafenapp, ©amife unb aSelow. SSon ben erfteren wirb
Sertl^olb ©lafenapp juerft alö ©olberger Sürger genannt. 3m Sai^r
*) 1254 tDirb ein Beuge ^aoib 5ufammen mit ^dldb o. Sreptoto genannt
— 42 —
1291 befennt er, bem ^tnje t). aWönfter 200 3flatt ftä^iilbig ju fein,
feit 1296 erf(]^eint er itn SRatl^e, balb ate SJürgermeifter*). SDie 5Damife,
ein beutfi^eö rittermäfeigeö ©efd^Ied^ t)on no(^ nid^t erroiefener §erhinji,
l&aben il^ren Flamen tool^l t)on bem S)orfe S)amife im gürftentl^umer
Greife angenommen, fie ex\ä)mm 1308 mit bem SWatl^mann §ermann
2)amife in ©olberg. @ö ift auffaffenb, ba§ in berfelben Seit jmei 'Sx'd^
ger beffelben SRamens, aSolrab unb ^l^ilipp t). SDamüfe, afe Surgmannen
t)on 35Bettin aufgeführt werben (1307)27). g?on ben »elowö ift @e=
rarb ber erfte, ber fi(ä^ in ©olberg niebergetaffen l^at. 3ni Safir 1322
wirb er als SBürger unb balb barauf alö 3latfimann genannt.
9Son allen ftlteren ®ef(ä^Ie<ä^tem ber ©tabt l^at feinö einen foli^en
9?amen gewonnen, als baö ber ©d^lieffen. S)od) mit Unred^t beanfprud^t
es ron aHen ba§ l^ö(j^fte 9ltter. 2)ie unbefangene Prüfung gefd^iiä^tlid^er
Seugniffe jwingt uns, il^m unter ben älteren ®ef(3^lec^tem grabe ben
jängften ^lafe anjuroeifen. SDie fpätere ©tettung beffelben, bie S^l^aten
eines gemaltigen aWanned, ber ben Äampf mit ©apitel, Sifd^of, §et^og
unb 3lbel auf fid^ nal^m unb babei ben Sann ber Äird^e auf leidsten
äd^feln trug, l^at aud^ einen glänjenben ©d^immer auf bie 93ot^eit beö
®efd^led^te§ geworfen, unb bie Sll^nl^erm beffelben finb oon ber ©age
ju ©aljjunfem unb SSürgermeiftem gemad^t in einer 3eit, mo cö nod^
feine ©aljgilbe unb feine Sürgermeifier gab. Äeine ©pur meifi barauf
^n, baj3 fie in menbifd^er 3eit ©olberger 33urgmannen gemefen finb,
unb faft fiebjig Saläre l^inbur(^ fud^en mir in ben Urfunben unb in
bem ©tabtbud^e ber beutfd^en ©tabt t)ergebens ben 9?amen ber gamilie.
9lad^ gefd^id^tlid^en 3eugniffen ift ^etruö ©tepoo« ber erfie aus il^r in
ßolberg, er wirb in einer Urfunbe t)on 1 321, meldte ber ©tabt in ben
Sanbfd^aften ©laoe unb Hiügenmalbe Sottfreil^cit gemalert, als Siatl^^
mann genannt; in gleid^er SBeife, oi^ne aSomamen gefc^iel^t jmeimal
(1333 unb 1335) feiner Sffiittme unb feiner ©öl^ne ermäl^nung ^^). 3mei
axx^ berfelben Familie, ^etruö unb 5Hfolaus, finb Sürger in S3elgarb
unb von bort aus 1326- jufammen mit einem Sute Älofe m^ einer
balb aud^ in ©olberg genannten gamilie in ß^lberg als 3eugen üxmt^
fenb. §enning ©d^lieffen ift im 35efi| x)on 9Jiöln unb t)erfauft bieö
SDorf 1333 an ben Solberger Sürger ^ermann SDamife**). SSkxl^rfd^eim
tid^ ift er eins mit bem von 1365 an l^äufiger im ©tabtbud^e genannt
♦) (Kln ^nhho ©lafenopp crfd^cint 1310 al0 SSefifter tjon ®arrin. @tbtb.
**) IBenlgfienS no^ €. o. mmmmt unb ^d^c^en H. R V. e. 435.
— 43 —
ten Henning ©(]^ltcffcii, ber rool^I ein ©ol^n jene« ^cter ift. S)ic iir*
!unbUd^ gcfid^erte gorm beö SRamenö, bie bibtifd^cn Sßontameu laffen
unö in il^ncn ein wenbifd^eö Slbetegefd^Ied^t erfennen, weld^eö n)oI)l auö
ber ©egenb t)on Selgarb in ©olberg eingeroanbert ift. 2)er äl^nlid^
Ilingenbe 5Rame l^at bie älteren ©enealogen t)eranla6t, baffelbe mit
einem äl^nlid^ kntenben beutfd^en ®e^d()k^te jufammenjuTOerfen. 35ie
weitere ©efd^icä^te ber erft im 15. Sal^rl^unbert ju Iiöl^erem ©influfe in
ber ©tabt gelangten g^amilie folgt 6ap. 8. —
Äein SKnl^alt pnbet fid^ für bie Verleitung ber SRatl^öfamilien
§alefon), ambrofliiö, ©emelin, 99unbe, SBebele, ©Werfen fpulc/ier,
fauber, f(3^ön); bie SDobetften mit beutfd^en aSomamen fönnten mit
ber nieberrl^einlänbifd^cn 9lbclöfamilie Sobbelftein juf ammenl^ängen 2») ;
bie Särroalbe werben luol^l nid^t auö bem pommerfd^en, meld^eö erft
meit fpäter alä ©tabt genannt mirb, fonbem auö beut neumärfifd^en,
f(^on 1295 t)orfommenben Särroalbe ftammen.
©ö ift eine bunte 9Kufterfarte von ©täbten unb Sänbem, au§
benen bie erften a3en)ol;ner ber ©tabt fid^ jufammengefunben l^aben,
bat)or Derfd^minbet ber alte ©tamm ber ©reiföroalber ©inmanbrer, unb
eö erinnert bie 3ufammenn)ürfelung el^er an ein ©. granjiöfo, alö etwa
an eine gried^ifd^e Kolonie, bie meift an^ Sürgem berfelben ©tabt be*
ftel^enb, in ©prad^e, SRed^t unb 3teligion ben S^puö ber 3)?utterftabt
aud^ in ber g^rembe fortpflanjte. Snbeg abgefel^en von bem geringen
Srud^tl^eil eineö freinbrebenben ©tammeö geprten bod^ bie ©inwanbe^
rer einem 3Solfe unb jroar jumeijl bem nieberfäd^fifdEien ©tamme an.
§atten fie aud^ !ein l^eiligeö g^euer von einem ©taatstierbe mitgebrai^t,
fo TOurben fie bo^ burd^ gemeinf amen ©lauben unb gemeinfameö SJolfö^
tl^um, gleidfie ©itte unb 3ted^t jufammengel^alten unb mud^fen barauö
balb ju einer nenm SebenSgemeinfd^aft jufammen. 3lnt ba^ bie 3St\^
f^ung beö Jaufmdnnifd^en unb ritterlid^en ©eifteö ju fe^r ju ©unften
be§ le^teren ausgefallen war, unb bafe bie uerl^ältnifemägig Meine ©tabt
ju t)iel ber braufenben ©toffe in fid^ aufgenommen l)atte, bie faum
batin einen ©pielraum l^atten unb im näd^ften 3cil)rl^unberte fid^ au(^ in
inneren kämpfen unb für t)ie ©tabt oft unl^eilooHer ©eraalttl^at entluben.
irittw Ö^aßM
I)te ^taU mit i^rett X^orett^ Strafen^ ^li^eit^ (SeBiuben ttnb il^ter
nSl^ereu tttngekng«
©d^on im Sal^r 1289 fid^ertc ein (SxhroaH bie SSorftabt t)on ©t
©eorg, unb ein eben fold^er, t)ielleid^t nod^ bur(^ ein ^Uanlennjer! vex^
ftdrft, bilbete in ältefter 3eit wol^I an(^ bie einzige Scfeftigung ber
©tabt. SBann an bie ©teffe bejfelben bie ©teinmauer getreten ift, bar*
über geben bie bürftigen 3lnöjüge aM beni ätteften ©tabtbu(ä^e feine
Sluöfunft 3laä) SBad^ö, bem baffelbe no(^ üottfiänbig 'vorlag, wäre
ber S5au an ber SEBeftfeite nad^ ber ^erfante ju angefangen unb erft
im 15. Sal^rl^unbert burd^ bie SCuöfüIlung ber ©trede jwifd^en ©teim
tl^or unb SKül^lentl^or t)oIIenbet worben. SDaö lefetere ipt fidler unrid^?
tig. SEBad^ö Derwed^felt offenbar ©rbauung unb äCuöbefferung. ©d^on
im Sal^r 1380 fül^ren, wie baö ©tabtbud^ jeigt, Sugänge von ber ^an^
ftrafee ju jenem, angeblid^ erft im 15. Sal^rl^unbert erbauten Sl^eile ber
©tabtmauer, unb Älebbuben an il^r an biefer ©teile werben um biefelbc
Seit genannt. 3ft ber 3luöbrud ,,innerl^alb ber aWauem von ©olberg",
ber fid^ fd^on um 1300 in ben UrJunben flnbet, roörtUd^ ju Derftel^n,
fo war bie ©tabt f(^on in biefer 3eit, wenigftenö jum größeren Steile,
mit einer ©teinmauer umgeben, ©id^er fd^on um 1450 mar biefe mit
größeren unb fleineren aSi!? (ßriegöO tl^ürmen üerfel^n. 3)er einjig er^s
l^altene berfelben, ber Äunftpfeifertl^urm, biente fd^on im 17. Sai^tJ^un^
bert jur SBol^nung beä Äunftpfeiferö.
9lur einmal l^at bie ©tabt — unb jwar fd^on im 3lnfange beä
U. Sal^rl^unbertö — eine, überbie^ nid^t erl^eblid^e Sßergrögerung er=
fal^ren, inbem ber anfänglid^ unbebaute 3taum jmifc^en bem 3Jläl^len::
graben unb ber ^erfante mit §äufern befefet mürbe. S)er nm entftan^
— 45 —
benc ©tabttl^eil ctl^iclt, im ©egenfafe ju ber von beu S)eutf(^en ange^
legten, älteren ©tabt, nid^t etwa ber roenbifi^en Slltftabt, ben Flamen
Sleuftobt (noca cicitas). 3tn übrigen ift ber Umfang ber ©tabt biö
auf unfere Sage unt)eränbert geblieben. 3lud^ in ber Stid^tung ber
©trafen unb in ber 3lnlage ber Si^ore gleid^t baö neue ßolberg im
wefentlid^en bem alten. Offenbar ift bie ©tabt glei(^ — t)ermutl^li(^ nad^
©reiföwalber SKufter — nad^ einem ein^ieitlid^en ^lane mit breiten,
graben, fid^ re(^tn>inflig burc^fd^neibenben ©trafen angelegt, unb bie
ältefe, fd^on t)orgefunbene Slnfiebelung |)at fid^ biefem ^^Jtane einfügen
muffen. 6ö finben fid^ beö^alb aud^ feine erl^eblid^en ©d^raierigfeiten
bei ber Ermittelung ber Dertlid^feiten ber alten ©tabt. SRur in ben
älteften Sl^omamen l^errfd^t einige aSermirrung.
3m Sa^r 1289 überliefe ber 3tat^ bie bis ba^in in ber ©tabt,
unb jroar l^inter bem t;eiligen ©eiftl^aufe — mo fid^ jefet bie größere
aWül^le beflnbet — gelegene fleine aJiül^le, bie er fäuflid^ an \iö) ge^
bra^t l^atte, gegen eine beftimmte Slbgabe ben beiben SBürgem Sol^am
neö be SQßefera unb §enrifuö be Slenfefowe, um fie t)or htm X^ore
Jrotering (valva Frolering) „jur ©id^erung unb Sefeftigung ber ©tabt"
lieber aufjubauen. 2)en beiben Sefifeern mürbe t)erftattet, bie fleinen
SSßafferläufe auf ber ßolberger gelbmarf biö jum unteren Si^eile beö
!Dorfeö SRofenbal jur äJerftärfung beä SBad^ö, ber t)on ©t. ®eorg l^er
fam unb bie 3Kül^le trieb, jufammeniuleiten. ©taumale m bem 3)amme
bei ©t. ®eorg unb nä^er an ber ©tabt bejeid^neten bie erlaubte §ö^e
ber Slufftauung unb fid^erten JJelber unb SBiefen ber 93ürger gegen
Ueberfd^memmungen. 2)afür Iiatten jene bie SBerpflid^tung, bie S)ämme
unb bie 33rüd£en über bie SBafferläufe, mit 2ludnal^me ber 2)ämme unb
S3rüdEen t)or bem „l^ol;en S^ore" (alla mkm), meldte ber 3iatl^ felbft
erforberlid^en gallo auöbeffern laffen moUte, in gutem ©tanbe ju er^
galten. SDer 33ad^ l^eifet 100 Sa^re fpäter SDiald^om (t)on maly Kein)
unb ift nid^t ju t)em)ed)feln mit bem weiter öftlid^ in ber SRäl^e beö
©tabtmalbeö fliefeenben gleid^namigen SBafferlauf. S)urd^ bie 3ufam^
leitung ber Meinen Säd^e mürbe ein 3Kül^lenteid^ {molcndilc, pisciiia^
slagfium) gebilbet, ber nod; lange nad^ ber 2Bieben)erlegung ber f leinen
aWü^le in bie ©tabt (f. f|)äter) beftanben l^at unb nod^ im 15. Sal^rl^unbert
im ©tabtbud^e jur Sieftimmung ber Sage von Käufern unb ©runbftüdEen
benufet mirb. 3la^ bem aSerfd^minben beffelben blieb ein unbebeutenber
SBafferlauf übrig, nod^ im vorigen Sa^rl^unbert „®ate" genannt, ber^^
felbe ^ad), ber nod^ jeftt bie beiben ^^Jfannfd^mieben IrenuL
— 46 —
S)aß ohm genannte SS^or grotertng läfet fid^ mit jiemli(^er ©i^
d^er^eit beftimmen. 3)ie fleine 3Jiül^Ie wirb nämlid^ einige ^af)xe fp(i:=
ter alö t)or bem Sl^ore §enrici be 3ieutfd^er (?) unb um 1300 vor bem
©aljtl^ore (porta salis) Uegenb bejeid^net. Offenbar bejeid^nen biefe
9tomcn ein unb baffelbe Si^or. S)aö ©aljtl^or ifi baä jefeige aKünber=
tl^or, unb bie beiben anbeni Jiamen rül^ren n)oI)l t)on Familien l^er, bie
in ber 5Wäl^e beffelben i^re 33el^aufungen l^atten. 2lel^nlid^e§ finbet fid^
in anbern ©täbten, wie in ©reiföwalb unb Stralfunb, aud^ t)on ©oI-
berg wirb gleid^ nod^ eines äl^nlid^en gaUö ®rn)äl^nung gefd^el^n..
©d^roerer ju beftimmen ift baö „\)oi)t S^or." S)ie ©id^erung ber
©täbte in geraalttl^ätiger 3eit ma(^te mögtid^ft wenig SDurd^bred^ungen
ber Sefeftigungen wünfd^enöwert^. 2BiIl man nid^t annel^men, ba^
©olberg in ältefter 3eit ein S^or me^r gel^abt l^at, alö 100 Saläre
fpäter, fo fann jeneö nur ein älterer 9iame für einö ber beiben anbe=
ren großen Si^ore fein; ob bieö ba§ ©teintl^or ober baö 3Kül^lentl^or ifi,
bafflr ift fein 2ln^alt.
SDaö ©aljtl^or (im 17. Sal^rl^unbert aud^ Safetl^or), fo genannt,
weil eö ben §auptx)erfel^r nad^ bem ©aljberge oermittelte, l^eifet tt^
was fpäter aud^ Pansmedendor {vatva fabromm satargmum) unb
1445 baö j^nige dor% ^enn bie älteren ©l^roniften auö biefer lefe^
ten Sejeii^nung unb auö ber fpäter ju erwäl^nenben Snfd^rift beffelben
gefd^loffen l^aben, bafe biefeö Sl^or bamalö überl^aupt erft gebaut, unb
aller SBerfe^r nad^ bem §afen unb ©aljberge buxä) baö fogenannte
aJlü^lentl^or gegangen fei 0/ fo i^aben fie überfeinen, bag im ©tabtbud^e
fd^on lange oorl^er aWönd^em unb ^pfanufd^miebentl^or ald oerfd^iebene
ST^ore nebeneinanber genannt werben, unb bajs jener 33au nur oon ©r^
rid^tung eineö nmm S^orgebäubeö an ©teile beö älteren t)erflanben
werben !ann.
S)er SRame beö eben genannten, jwifd^en ^erfante unb ©aljtl^or
gelegenen aKönd^entl^orö (mönkedory valva monaclionm) ift fd^on im
vorigen (Sapitel oM bem anftofeenben §ofe ber SWönd^e ,,t)on SBaji"
erflärt. ©ö l^eifet aud^ Äütertl^or {jcaka mactatorum^ maäalurae)
t)on bem öffentlid^en ©^lad^tl^aufe, weld^eö unmittelbar t)or bemfelben
nad^ ber ^erfante ju ftanb. SDaö g^leifd^ergewerl t^eilte fid^ in bie Äno^
d^enl^auer unb bie eigentlid^en ©d^läd^ter, wetd^e Äüter feigen. 3um
©d^lad^ten waren nur bie lefeteren bered^tigt. Unter ^riebri(i SBil^elmö I.
^Regierung würbe t)on ben ftrengenSReoiforen beö ftäbtifd^en SBefenö mijs^
fällig bemerft, bafe baö nüfelid^e ©d&lad^tliauö^ weld^eö einft in ©olberg
— 47 —
gemefcn, eingegangen fei, unb bem Statine aufgegefeen, ein neues ju er-
tid^ten. S)er Siame .JdUerdoreken^', ben eö aud^ fü^rt, jeigt, ba^
eö nie ju ben größten Si^Dren gei^ärt l^at ©d^on um 1660 war es
gef(§loffen unb würbe iura SRunitionäl^aufe t)em)anbt 3u SBad^fen^ö
3eit biente e§ ate SBol;nung beä geftungöjimntermannö.
25aä ©teintl^or ^rö'&Ä lapidea^ saxea steendor) wirb feit 1350
genannt. @ö war gegen @nbe beö Sai^rl^unbertö, ebenfo wie baö 9Kül^5
lentl^or unb baö ©aIjt(;or, mit einem 2lu§entl^ore t)erfel^en. 3)ieö äu-
ßere ©teinti^or, ,,jwifd^en jwei Si^ürmen ftattli(^ gewölbt", würbe im
Sal^r 1653 abgebrod^en unb bie ©teine jum Sau ber SBaradfen in ber
^^roöiantftrajse »erwanbt. 2luf einer an ber Säufeenfeite beffelben
befefiigten ©teintafel ftanben jur ©rinnerung an bie enbli(^e Beilegung
eines großen ©treites jwifd^en Sürgerfd^aft unb 3iatl^ im 3lnfange beö
17, Sai^rl^unberts bie SSorte:
pax in c/ioro pax exterfia
pax in foro pax interna
pax in ioro pax aeterna
Sie SBebürfniffe eines planmäßigen geftungsbaus l^aben bie SBer?
legung bes inneren ©teintl^ors notl^wenbig gemad^t. S)as alte, am
®nbe ber S3auftraße gelegene Sl^orgebäube ift ju einem ©peid^er unu
gefd^affen, an beffen 2lu§enfeite man nod^ jefet ben Umrife ber alten •
SDurd^fal^rt erfennt.
3wifd^en ©tein^ unb 3Kü]^lentl^or befanb fid^ nod^ bas fteinere
aWii^aelisti^or fporia SL Micliaelis^ lilUke doreken), es war burd^
eine fi^male ©äffe t)ou ber Saugaffe l^er jugänglid^ unb führte nad^
ber augerl^alb ber SKauer, jwifd^en ©tein? unb 3Kül^lentl^or gelegenen
aKii^aelisfapelle.
S)as 9Rü||lent^or (?nolendor, porta motsndimrum) wirb juerft
um 1380 genannt
3lud^ bie nad^ ber ^erfante fü^renben brei SBafferti^örd^en werben
fd^on um biefelbe 3eit genannt: baS gifd^ert^or (öalca pisealortim)
am enbe ber ©(^liefenftrafee, bas Srobfd^amentl^or am Ausgange ber
Srobfd^arnen:: (jefet SiubenO ftraße, dou ber angefel^men ©ülj^erm^
familie ßpres aber Sjprs aud^ ©äprst^or unb fpöter t)on ber SSol^nung
bes ßai^sfängers iJac^sfängertl^or genannt, unb am 6nbe ber ÄlauS:;
ftrajse bas Älausti^or {porta SL Nicolai^ beffen Si^ürmd^en (naä) 3lango)
1437 erbaut würbe. Slußerbem war bie aWauer nod^ an »erfd^iebenen
©teilen burd^ fleinere, ju beji ©tabtgräben fü^renbe ,^©tegpforten"
— 4B —
\)uxä)hxoö)m. S)ie ©tabt war fo angelegt, ba& man bte brei §aupfc
tl^ore t)on ber @(Je ber Sau^ .unb ©attter::®affe feigen fonnte.
SBie in einer auf amerifanifd^em SBalbgrunbe entftel^enben ©tabt,
war urfprünglicj^ in ©olberg nur ber ©trafeeulauf bejei^net unb bie
©rö^e ber ^aufteilen angebeutet. S)aju gefiörten t)on 3lnfang an SBurten
unb SBief en. (®in „§au§ mit einer SBurt" ftnbet fid^ öfter int ©tabt=
bud^e, mä) eineö Sfflurtgelbeö (einmal t)on 12 ß) gefd^iel^t @m)äl;nung.
@rft admä^lid; füllte fi^ ber 3iaum mit ben 2Bol^tmngen ber l^erbeijie^^
^enben Slnfiebler. 3)ie reid^en g^amilien lauften wol^l mel^rere Sau-
päfee, um barauf tl^eilö meift auö Sel^m unb §olj gebaute 93ubcn, bie
fie bann an ^anbroerfer unb fleinere Seute üermietl^eten, tl^eilö für fi(^
grofee ©teinl^äufer ju errid^ten, bie mit ben ©iebeln an bie ©trafen
ftie^en, ober burd^ bat)or liegenbe, von Suben ober ©d^eunen gef(^lof=
fene 2Birtl)fd^aftöl)öfe oon i^r getrennt waren, ©o lag bie ©urie ber
Sraunfd^weigö in länbli(^er 3lbgefd^iebenl^eit, burd^ jwei baju gel^örenbe
33uben oon ber ©tra^e gefonbert, pifd^en il^nen war bie ©infal^rt auf
ben Söirt^fd^aftö^of unb ju bem SBol^nl^aufe , ben ©tallungen unb
©peid^ern.
Um 1500 war ©olberg eine „oon eitel fteinernen Käufern er-
baute" ©tabt, aber bie in älterer 3eit l^äufiger wieberfel^renbe, auö-
brüdlid^e ©rwäl^nung ber „©teinl^äufer" beweift, ba^ ber ©teiitbau
frül;er nid^t ber oorl^errfd^enbe war, unb bafe ber aWe^rjal^l ber Sürger
nod^ ein §au§ auö ßel^m unb g^ad^werf genügte. 3)ie §äufer
waren gewö^nlid^ burd^ f^male ©äuge von einanber getrennt, l^atten
meift bewolinbare Äeller, bie größeren mel^rere 33obenräume über
einanber, unb ftanben in älterer 3eit meifi unter ©trol^= unb Stol^r-
bäd^ern. S)iefe l^atten nod^ jur 3eit ber ^Reformation nid^t ganj ben
©teinbäd^em ^lafe gemad^t, benn unter ben g^orberuttgen, weld^e bie
3ünfte in bem älufftanbe oon 1524 an beit 3iat^ fteHten, war aud^ bie,
ba§ ju feinem ©ebäube aufeerl^alb ber ©tabt aus ber ftäbtifd^en 3ie5
gelei 3iegel oerabreid^t werben foHten, bis alle §äufer in ber ©tabt
bamit gebedft wären. — Sleinlid^feit ifi fein Sßorjug ber mittelalterli($en
©täbte, unb bie SSerorbnungen beö diaü)^ von ©olberg, eö fott fein
Slaö auf bie Äir(^l^öfe unb auf ben äJlarft geworfen werben, bie ©d^miebe
foHen mm unb Unrat^ gleid^ l;inter ©t. Safob fd^affen, ber 3Kift fott
binnen jwei Sagen von ber ©trajge fortgebrad^t werben, SRamen wie
ber Salbaunen^ (ßlumenO 33erg beweifen, ba§ l^ier biefelbe ©leid^güU
tigfeit gegen ein faubered %n\t^n ber ©trafen l^errfc^te, wie anberäwo.
— 49 —
3)0(3^ l^atte baö Jfteinl^atten bcr ©trafen aud^ feine natürl^e ©(^wie^
rigfeit: fie toaren uttgepftaftert, nur bie ©offen waren mit Steinen eim
gefaxt, unb bei Slegenwetter, wenn m^ baju bie langen l^öljenten, über
bie ©trafen l^inragenben Sad^traufen i^r SEBaffer ausgoffen, ba mag
es mä) ben e^irfamen ©onfutn in il^ren bidfen §oljf(ä^ul^en fd^roer
geworben fein, auf baö SRati^l^auö ju gelangen, ©ö wirb bal^er bie
©tabt bei biefer Unfauberfeit, bei ber unregelmäßigen Sefd^affenl^eit
ber §äuferfronte, wo ©teinl^äufer, mit S^orwegen t)erfel^ene ©(^eunen^
S3uben, ©artenjäune unb ©d^weineftälle (bie fid^ 1616 fogar nod^ am
3Warfte fanben) in bunter SRei^ie abwed^felten, in älterer Seit einen
fel^r unwirf(^en unb borfartigen Slnblidf bargeboten l^aben.
g^rül^er alö für bie ©trafen in ber ©tabt l^at man ©orge ge^
tragen für bie SBerfel^röwege außerl^alb berfelben, fd^on vov 1300 fül^^
ren fefte 3)ämme burd^ baö 9Koor, unb baö in feinem ßolberger Sefta^
mente fel^lenbe Segat „für SBege unb ©tege" außerl^alb ber ©tabt war
wol^l veranlaßt bur($ einen Sefd^luß beö Statins, ber baö Seftament ol^ne
baffelbe für ungültig erllärte.
3Wangel an Srinfwaffer in ber ©tabt l^at frül^ eine 2Bafferleitung
notl^wenbig gemad^t 2)od^ würben bie 3lö|ren berfelben nxä)t auö ber
^erfante, fonbern au§ bem SJlaftfer^Seid^e t)or bem ©teintl^ore gefpeift,
unb erft bei ©rrid^tung ber neuen SBafferfunft im Salute 1666 jog man
bem ungefunben, mit fauligen ©toffen t)erfefeten ©umpftran! baö fri^
fd^e SBBaffer beö %l\ifit§t vov. ©o wirb erflärlid^, weöl^alb bie Sünfte
bem 3latl^e im Sollte 1524 au§ ber SSemad^läffigung jenes Seid^ö einen
f(^weren aSorwurf machen unb brol^en fonnten, fie würben il^n auf
eigne §anb aufräumen laffen. Xu S3abeftube bagegen bejog fd^on
im Saläre 1300 i^r SBaffer auö ber ^erfante burd^ SRö^ren, bie t)om
;,®runbwerl" ber 3M)U ausgingen. Sin t)erfd^iebenen ©teilen ber ©tabt,
wie in ber ©d^liefen?, SBau^: unb Srobfd^arren^ttafee werben 3iel^5
brunnen (Sod puteus) erwäl^nt. 5ßon ber fonftigen Sefd^affenl^eit ber
SSajferleitung wiffen wir nur, bajs bie SRöl^ren ni(^t tief genug gelegt
waren unb bei ftrenger Äälte leidet jufroren, fo bafe bann SBafferman^
gel in ber ©tabt eintrat.
SRur bie von $Rorboft gegen ©übweft gel^enben, auf bie ^erfante
ftofeenben ©trafen gelten als ^auptftrafeen, bie anbern als Ouerftra^
§en (plaleae transversales). S8on \tmn ift bie erftgenannte bie ßan^
besbanbfirafee. älnfänglid^ SSergftrafee genannt (pktea montis), erl^ielt
Tic balb ienen SRamen t)on bem ©efd^led^te ber Sanbesbonb^ bas fid^
— So-
leier fein ©teinl^auö erbaut l^atte (ubi Ditmartis de Landesb. domiim
lapideam eonstruxü). ©er 3iame würbe im ©tabtbud^e in fpöteren
Sal^ri^nnberten, wo man feine Sebeutung nid^t mel^r t)erftanb, in San«
beöbene?, Santmannö^: unb fianbbergösftrafee entftettt Stango leitet baft
2öort fälfd^Ud^ non einem öunbe ab, ben l^ier bie angefel^enften 3Wdns=
ner beö Sanbeö jum SBol^l beffelben gefd^loffen l^dtten. S)ie ©trafee
gel^örte in älterer Seit ju ben von ben öomel^mflen gamilien am meu^
ften gefud^ten.. 2)ort lagen gegen 1400 bie ©urien unb ©teinl^ufer
ber .Äleift, §om, ßewejow, SSofe, SWolen^ufen, SBpfe, ©tubbe, ^ajen*
t)ot, aBodeniJot, äßuffefen, be Slega u. a. unb noä) im 15* Soi^tl^
bert anä) ber S)amife, ©d^lieffen, Äalfow unb ^ol^enl^aufen. §ier
lag baö ältere ©egler^uö. Slud^ bie aJiönd^e von SDargun unb S3ufow
l^atten fi(| in bie öomel^me ©efettfd^aft eingebrängt. 2)er Älofterl^f
ber erfteren lag, wie f(|on erwäi^nt, an ber ©de ber £anbeöbanb^ unb
SUlönd^enftrafee, baä ©el^öfte „Sufow" neben bem ©ebäube, weld^eö bie
(gewaltigen ber ©tabt grabe in biefe ©trafee loiite, neben bem älteften
3tat^^aufe. 3lfe ber grofee Äurfürft fid^ anfd^irfte, baä il^m von ben
©d^weben fo lange ftreitig gema(^te §intetpommem in Sefife ju nel^^
men, unb ben SRatl^ von ßolberg um bie Einräumung eines porläufigen
©elaffeö für bie Äat^lei erfud^te, würbe i^m baju ein §auÄ t)or8efd^la;5
gen, baö bamalä §enning §ol^enl^aufen gehörte, ,,ein ftarfeä, in feften
3Jiauern gebautes §aus mit jwei fertigen ©tuben unb guter ©elege»!
I^eit ium ©efängnife, baö einft in alter 3eit ber ©tabt 9tatl^l^auö ge*
wefen." S)er ^rfürft faufte es, überliejs es jebod^, ba eö für bi«
^Regierung nx^t geräumig genug war, 1663 ber neuen reformirten ©e^
meinbe, um eö jur Äird^e umjubauen. 2)ie reformirte Äird^e fielet
alfo auf ber ©tette beö älteften Siatl^l^aufeö. ©in „gangelti^urm/'
(imris captivorum) in ber Sanbeöbanbftrafee wirb wol^l in ber 3lä^e
beö SWatl^l^aufeö geftanben l^aben. Slud^ nad^bem biefeö auf ben SKatft
oerlegt war, übtt immer nod& baö ariftofratifi^e äJiertel feine SKr^iep
i^ungsfraft auf bie votni^men gamilien auö. SRad^ bem großen Srat^e
von 1630, ber über bie §älfte ber ©tra&e in Slfd^e legte, erhielt fie
ein üöHig »eränberteö Slnfel^n: ba§ ©egler^iauö erftanb wieber an
feiner alten ©teile, ober t)iele ^rioat^äufer würben nid^t wieber auf?
gebaut, an bie ©tette berfelben traten bie S3araden unb ?ßroüiantl^äufer,
bie ber ©tra^e il^ren jicftigen Slamen gaben.
SDer SRame Älauäftrafee (pL Sf. Nicolai) ifi nur aus ber 3Sin^
nafime ju er£lären^ bag l^ier urfprünglid^ eine S^ifokifird^e gelegen l^ot«
— 51 —
Sift jur ©rünbung be« beutfd^en Softcrgö xoo^ntm ble 3)oml^erm auf
ber aitfiabt neben il^rer ber 3)laxxa geweiften §auptfird^e. 9lun mod^te
baß religiöfe S3ebütfnij3 ber an ber untern ^erfante aamäi^liij^ entfte::
l^enben SRieberlaffung ben S3au einer befonberen Äird^e bafelbft erfor::
bem, unb es lag nal^e, biefe bem ?ßatron ber ©eefa^rer unb g^if^er,
bem i^eiligen Sltfolaö, ju toeil^en. 3ltö aber bte S)oml^erm aus ber
fd^neU rerfallenben SÄttftabt in bie neue ©tabt überfiebelten, mujgte bie
Slifolaiftrd^e toox ber ju errid^tenben SWarienfird^e weid^en — benn bie
ftäbtif(^en Statine fallen ungern ju vkl SB^irfe in ber ©tabt, bie unter
frember ©erid^tsbarfeit ftanben — unb würbe auf ben 2^eil beö Sil-
lenbergö t>erlegt, ber ben S)om]^erm geprte. §ier lag fie f(^on 1276 ^)
n)o fie juerfi genannt wirb, auf einem bem ©apitel gel^örenben ©runb^
fifide, einer enflaue inmitten ftäbtif(^en a3efi|ed, bie idoI^I fd^on
lange beffen ©igentl^um geroefen war. ©ein Sefi^red^t t)eranlajBte
im Saläre 1 333 ^) einen ©treit ju)if (^en il^m unb bem 5Ratl^e, ber ba^^
l^in gef(^li(^tet würbe, bajs baö ßapitel ben ®runb unb ©oben mit ben
ba%\i gel^örenben Söiefen, ©arten unb SBol^nungen ber armen 2e\xte ge^
gen eine jäl^rli^e Sal^Iung von 12 SUlar! an ben SRati^ abtrat, bie jur
aSerbefferung ber 2)ompräbenbe, ju ber bie Slifolaifird^e gel^örte, t)er^
wanbt werben foHten, Äird^e unb Äird^l^of blieben unter bem ßapitel.
3n ber ©tabt erl^ob fi(^ nun an il^rer ©teile bie ftolje SWarienfird^e,
ober bie ©trafee, an weld^e biefe ftiejg, erl^ielt in il^rem Sßamen baö
©ebäd^tnife beö ^eiligen, bem ber ^lafe urfprünglid^ geweil^t gewefen
war. Silel^nlid^e SBerlegungen von Äird^en fommen aud^ an atibem
jOrten vor. ®ine anbere ©rflärung für bie auffaHenbe ßrfd^einung,
baj3 biefe ©trage, bie bod^ e^er 3JJarienftraJ3e l^eigen foHte, ben SRamen
Älauöftrage fül^rt, wei§ iä) nid^t anjugeben.
S)ie ßlauöftrafee gel^örte ju ben ftiHeren ©traJBen ber ©tabt, in i^r
log, ber Äird^e gegenüber, ber äJicarien? (fpäter ©d^ut) l^of, l^ier wol^nten
oud^ fonft in il^ren „Surfen" (comnwdum) in gemeinfamem üthtn t)iele
aSicare, fo baj3 biefelbe niö^i blog räumlid^, fonbem aud^ il^rem geiftlid^en
©l^arafter nad^ in jener Seit alö eine g^ortfefeung ber Somgaffe erfd^eint.
— 3n biefer (aud^ Papefigasse^ pL saeerdotum^ presbyterömm^ dorm"
noruMj clericorum genannt) woljnten, ober foöten wol^nen bie ©om^
l^erm, abgelegener von bem ©eräufd^e ber 9Belt, unb il^r bod^ nal^e
genug, nm fie ni(^t a\x§i ben 2lugen ju verlieren. %n i^r lag ber
Sifd^ofjfife, wo. bie 33ifd&öfe refibirten, wenn fie ©olberg befud^ten.
X)od^ ti^ol^nte Sifd^of 30tortin^ ein gebomer S^olberger, lieber in feinem«
— 52 —
an ber falten SBSeibe unb betn SIKül^lgraben gelegenen üäterlid^en 6rb^
l^aufe. 2lufeer ben Kurien ber SDoml^errn ftanben l^ier einige 35iiben,
beten Sefifeer, wie bie ganje ©trajse, ber geiftlid^en ®eri(ä^töbar!eit un^
teriDorfen waren.
S)ie l^eutige, erft feit bem t)origen Sa^rl^unbert fo genannte Äin^
benftrafee l^iejs frül^er Srobfd^arrenftrafee von ben ©Darren ber l^ier in
ber 5Räl^e ber Äiri^e auöftcl^enben 33äder {pL rnaceUoruni paniSj pL
pamün)\ aud^ §öfers.ober Ärämerftrafee (/;/. instilomm, pefiestico-
rum) t)on \>tn SSuben ber §öfer, bie an bie SädEerfd^arren [id^ anfd^lies:
feenb bis auf ben 3Jlarft unb t)on ber ©d^ul^ftrajse abroärtö nad^ bem
Si^ore ju fid^ erftredten. 2ln ber ®de ber gd^uljftrajse längö beö ^ird^l^o?
feö ftanben bie gleifd^erfd^arren am Äalbaunenberge, wo bie Änod^em
flauer trofe beö 3Serboteö beä 5Ratl)ö bie gleifd^abgänge Einwerfen mod^ten.
Slm untern @nbe in ber SRäl^e beö Älauötl^örd^enö war ein gifd^marft
{forum pmium) , weäi^alb bie Strafe aud^ eineSeit lang (1415 — 30)
bie neue g^ifdCiftrajse genannt wirb, bod^ gab eö aud^ auf bem aWarfte
gifd^bänle, ebenfo in ber alten ^Jifd^erftra^e, unb au^erbem lagen bie
gifd^erquafeen in langer Steifie t)or ben SJßaffertl^örd^en biö (xn bie frül^
genannte „lange SrüdEe" (ponles longi) , um bie nid;t blog ben ® eift?
lid^en, fonbern aud^ bei ben t)ielen gafttagen ben Saien unentbe^rlid^e
©peife barjubieten.
SDie norböftlid^e gortfefeung ber Sinbenftrage, bie SBenbftrage
(plalea Slavorum) l^at, toie f^on ermähnt, i^ren 9Zamen t)on ben
älteren 33en)ol^nern beö ßanbeö, bie t)on ben S)eutfd^en bei ©eite unb
in bie Jtdl^e ber l^ier angelegten ©^arfri^terei gebrängt würben.
Sauge i^önnen fie fi^ l^ier nid^t bel^auptet l^aben: um 1380 mol^nen
l;ier nur beutfd^e gamilien, unb fd^on um 1350 befifeen l^ier bie 3)0::
mife unb t). ®ben §äufer unb 33uben. ®ine „Subelborg" bei ©t. Mi-
(^aeliö wirb t)on bem Siatlie 1480 an ^^kter §orn unb t)on biefem
1501 an ben Sürgermeifter SDiartiu SDargaj »erfauft, mit 3luänal^me
einer Sube barin jum öebarf ber Sentier (btirsarä),
SDie alte gifd^erftra^e (olde viscenlr. pL piscalorum^ piscium),
jefet ©d^lieffenftrafee, l^at i^ren SRamen üon ben g^ifd^ern, bie l^ier, wie
baö ©tabtbud^ jeigt, früher jal^lreid^er gewol^nt l^aben, ober t)on bem
gifd^marfte, ber l^ier gel^alten würbe, ©eiibem baö 3?at^l^auö auf bem
aRarfte ftanb, jogen fid^ bie angefe^eneu g^amilien gerne aud^ in biefe
©trage. §ier wohnten, befonberö in bem oberen Steile in ber SRäl^e
beö aJiarftö gegen 1400 bie ©emelin, ©trippow, äßebele, §olf, SSad^-
— 53 —
l^olt, S^ene, Solner, S)rct)cIon), Zymloxä), bc SBrufe, »crtolb, SB#,
SDat)ib, Selon), SWünfter, an(3^ bie SBraunfiä^wetgö unb SDamife l^aben
l^ier Käufer, ©eit 1420 finb au(ä^ bie ©d^Ueffen mit 2 Käufern in
biefer ©trage anfäfeig, um 1450 gel^ören il^nen l^ier anger ntel^reren
S3uben raenigfienö 4 größere Käufer. Snt Sal^r 1483 wirb bie ©trage
im ©tabtbud^e juerft naä) if)xm Partim bejeid^net (1493 pl. condfc-
forum Slef). (Sine Seit lang fott fie auS^ ben SRamen Sürgermeifier^^
[trage gefül^rt l^aben, weil alle brei S3ürgermeifter in i^r wol^nten *).
SDer ältere 9?ame ift nebenl^er nod^ längere Seit im ©ebraud^. 35er
untere STl^eil l^ieg etwa feit ber aJlitte beö 15. Sal^rl^unbertö »ab-
flöüer:» ober Saber^trage t)on ber neuen SSabeftube, bie ber "Siat^^ l^ier
an ber @(fe ber ©d^miebegaffe fd^on frül^ errid^ten lieg. SDie ältere,
1300 juerft genannte Sabeftube lag bem aWönd^l^of gegenüber in ber
9Wön(ä^enftrage, bie beöl^alb mi) bie alte SBaberftrage (pL antiquae
stnbae) l^eigt 35as SBarmbaben galt afö baö einjige SKittel gegen
ben f<|redfli(j^en 2lu§fafe, unb eö geprte beöl^alb ju ben gefunbl^eitö^
polijeilid^en Obliegenl^eiten ber ftäbtifd^en SRätl^e, anä) bem ärmeren
Sl^eile ber 33ürgerf(]^aft ©elegenl^eit ju biefer rool^ltl^ätigen SReinigung
ju t)erf(|affen, für weliä^e bie wol^ll^abenberen g^amilien bmcS) ©rrid^tung
befonberer Sabeftuben in il^ren §äufem ©orge trugen. S3eibe Söabe^
ftuben erl^ielten il^r SBaffer an§^ ber ^erfante. „Sabftöüer" (stuparü)
pachteten fie t)om SRatl^e, fo lange fie in beffen SBefife waren. 3nt Sai^r
1329 tjerfaufte berfelbe eine jäl^rliiä^e, Ci\x% ben ©innal^men ber (alten)
Sabeftube ju erl^ebenbe IRente t)on 21 9War! an baß ©apitel für 300 aKarf,
ba er fein anbreö SRittel wugte, um bie fd^were ©d^ulb, in weld^e bie
©tabt in g^olge einer g^el^be gefommen toar, ju tilgen. Um 1420 ge^^
l^örte ein ©rittet ber alten SBabeftnbe bem Sürgermeifter SEßebele, er
faufte bie anbem beiben 35rittel baju, eins t)om SRatl^e, eins t)om ^a^
pitel, (weld^eö alfo nid^t toieber eingelöft mar). SDie SBabefiube l^atte
bamafe ben l^ol^en 5B3ert]^ t)On 900 aWarf.
SDie iefeige SBurfenfirage l^ieg frül^er Slpotl^eferftrage t)on ber
(alten) 9lpotl^efe beö SRatl^ö, bie 1497 burd^ ben grogen ©türm
umgeriffen mürbe, ©d^on bamals mar baö ©ebäube aSerfammlungö:!
lo!al ber SSurfenbrüberfd^aft. SDod^ mirb erft nad^ 1540 ber jefeige
3?ame üblid^.
eine ©tabt beö 3Jlittelalter§ ift gemöl^nlid^ ein äugerlid^eö 31b::
bilb ber baö gefammte ftäbtifd^e Seben bel^errfd^enben genoffenfd^aftlid^en
©lieberung; au(^ räumlid^ f daliegen fi(^ bie ®emerf&: unb ©tanbes*
— 54 —
genoffen an elnanber an. ®ö pnben fi(3^ jwar au^ üereinjelt In on^
bereu ©trafen ^atricierfamilien: fo voo^nt ber Sürgennetfter Sol^ann
Serwalbe in ber SBauftrafec an bem JDurd^gange nad^ ©t. 3DMd^aeliö;
aber üorl^errfd^enb finb bo^ bie Sanbeöbanb^, ©d^lieffemftrafee unb ber
3Karft von il^nen befefet. ®le Srobfd^arrenftrafee ift von ^anbeUvex^
Ui)X erfüttt, bie Älauö^ unb ©omjiraBe ftnb ber ftitte äufentJ^alt ber
©eiftUd^en. 3n ber Sauftra^e fpL agricolarum, rusticorum^ buwe-
s/rate) jtoifd^en ben beiben auf bie SldEerfelber ßolbergs l^inauöfül^ren*
ben Sl^oren, bem aRül^len^ unb ©teintl^ore, wol^nten t)orjU9ftn)eife bie
SBauIeute jufammen, b, 1^. bie Slderbürger, raeld^e ben eigenen Sldfer,
ober gegen eine 2lbgabe an ®elb ober SRaturaHieferungen (öfter wirb
genannt eine abgäbe triplicis fnimerdi von SRoggen, SBeijen unb §afer)
ben ber reid^eren 5IRitbürger beftettten. Sie vox 1400 f^on genannten
©attler:^ (sedelei^str. pL sellatorum), ^i)n^^ (pL sutorum^ ealcea-
torum), (gro^e) ©d^miebe^ (fabrorum^ fabrilh), worin mel^rere ©(ä^mie^
bebuben (pasae fabriles) erraäl^nt werben, unb Sött^erfka^e (/?/. do-
leatoriim, boddekerstr.)^ waren, wie [i(^ aus bem ©tabtbud^e erweis
fen lä^t, jum grojsen Sl^eile von ben ©enoffen biefer ©ewerfe befefet, bie
jum Si^eil in eigenen §äufem, jum Sl^eil in SBuben, weld^e rei(3^eren ga=
tnitien gel^örten, jur 3Jiietl^e wol^ntem ®ie „fleine" ©d^micbegaffe (SRo*
gelfd^mibgaffe) wirb erfl in bem 17. Sai^rl^unbert genannt, frül^er l^ei§t
fie einfad^, wie aud^ anbere ßuergaffen, platea iransversalis ßuergaffe
jwifd^en ber SSrobfd^arren^ unb ber alten ^ifd^erftrajge. — S)ie aWünber«f
ftrafee wirb erft 1409 unter if)rem jefeigen SRamen aufgefül^rt, vofx^x
l^eifet fie bie „ßuergaffe, bie ^nm ^anfmebent^ore füi^", aud^ wol^l
bie ©d^ulftra]3e (pL prope scholam) von bem älteren ©d^ull^ofe, wel^
d^er in ber SUlünberftra^e nid^t weit von ber SDomfiragenedfe ber SBto^
rienfird^e gegenüber lag. — SDie Älofterftrajie l^at felbftoerftänblid^ ü^ten
Flamen erft erl^alten, ate bie Swngfrauen jum erften 9Rale in bie ©tobt
überfiebelten, im "^ofyc 1498 wirb fie juerft bie „enge ©tra^e beö neuen
Älofterö" genannt, vox^tx würbe fie alä ßuerftra^e nad^ ben anftofeen^
ben §auptftra§ett bejeid^net. SHe §äuöd^engaffe l^iefe frül^er baö enge
aWü^lengäfec^en.
Slud^ ben Äinbem einei^ l^ärteren ©tammeö unb von ftärferer
aOBiberftanböfraft, als fie bie SBetiben befallen, ben Suben, ift lange Seit
l^inburd^ ber 3lufentl^alt in Solberg t)erftattet gewefen. ©ie l^öten in
ber „engen Sobenfirat" (stricta platea judaeorum) jum erften a»ale
1408, jum leiten SWale 1510 fo genannt,, wel^ S3robf(ä6arrei^ imb
— 56 —
SSabergaffe mit eitianbcr Dcrbanb, alfo cnttDcber bie je^igc Keine ©$ntie»
begaffe, ober ein fd^maleter, je^t verbauter SJutd^gang. SDie §äufer,
in benen fte wol^nten, gel^örten ©olberger Sürgem. Stn Sal^t 1460,
am btitten ?Pftngfitag, trat ein 6olberger Sube jum ßl^riftentl^um über
unb empfing in ber Saufe ben SRamen Safob (?) ^), 3m Sal^r 1499
vexnef^ ein getaufter Sube aus ßolberg, Sftamenö ^al^renl^olt, bem ^er^
jog SBogiöIat) X., bajB eine ©efeUfd^aft von Äauffeuten unter anberen
SBaaren ©ilberbarren unb ungeprägtes ©olb unüerjoHt burd^ ©tet^
tin gefül^rt ptte. Db bieö berfelbe Äaufmami 3afob ^al^ren^olt ifl,
bei bem ber Sifc^of Senebict fleine Slnleil^en von 4 fl. ma^t unb %nS)
im SBertl^e von 10 ff. auf ©rebit entnimmt, ifl fd^wer ju entfd^eiben,
ba pd^ um biefelbe 3eit m^ eine 9tatl^§familie biefeß SRamenö in ber
©tabt finbet. Später war ©olberg au^er STempelburg bie einjige ©tabt
in §interpommem, weld^e baö SBorrei^t befaj3, bajB fi(^ bort feine Su^
ben fefeen burften.
3)ie ©tretfe an ber aWauer pifd^en bem Äüter* unb Älaustl^or
l^iejB ber SBanbral^men, meil bie SEBanb:: (b. f). %n^^) ma(3^er l^ier il^re
9lal^men auffpannten. — ®ie fogenannte falte SBeibe*) (erft feit @nbe beö
17, Sal^l^unbertö genannt) eine faltgrünbige SRieberung, jur SBiel^weibe be^
nuisl, lag urfprftngli($ ganj aufeerl^alb ber ©tabt unb würbe erft im
17. unb 18. Sal^rl^unbert mit ber ©rmeiterung ber g^eftungöwerfe in
biefelbe l^ineingejogen.
Unter ben ber ©tabt gel^örenben, ober oon ü^r erworbenen ®e^
bäuben werben juerfl bie SDWil^len genannt. Sie gröjiere, urfprüngli(3^
Mf(3^öPid^e, lag mefiliiä^ ber ^erfante, ber ©tabt gegenüber (ultra
Persandam erga civitatem) unb mar oon Subbertuä be SBobargl^e
erbaut*); fie ftanb fd^on 1265 unb erl^ielt in bemfelben Salute, wo
bie fleine aJlü^lc oor baö Sfflünbert^or oerlegt mürbe, (1289 f. ©. 45)
bie ©teile biefer am SDWil^lgraben, unb ba fpäter bie fleine aWül^le roie^:
herum in bie ©tabt genommen unb il^r ber frül^ere ^lafe ber großen
ongemiefen mürbe, fo l^aben bie beiben im Saufe ber Seit il^re ^lä|e
gemed^felt. Ueber bie naiveren SBeranlaffungen baju giebt baö ©tabfc:
bu(ä^ feine Sluöfunft
S)ürftig unb unjureid^enb finb in ben norbifd^en ©tobten in ber
♦) ^a^ &erm SufHarat)^ Pato'« 3Jleinung ip falte SBctbc au« .faljle
®etbc', ^a^ er in ehtem IWtenftüd gelefen l^at, ücrborBen; e0 l^ötten frül^er am
SÜU^lentotal eii^ alte SBe^n geftanben. @d föimte m^ umgefel^rt fein.
— 56 —
atteften 3eit gewö^nlic]^ bie öffcntUci^en ftäbttfd^cn ©ebäubc, crft mit
bem junel^mcjibcn SBoljlftanbe crl^eben fid^ bie SRatl^l^äufer, xodö)e bur(^
33au unb fünfilerifd^c atuöfd^müöung 3ierben für bie ©täbte werben.
Sänge 3eit Iiaben in ©olberg auf ber 3JKtte beö aWarfteö, ber, wie in
atten auf flat)ifd^em ©oben erbauten ©täbten, bas SRatl^^auö aufnel^men
foHte, nur bie 33uben ber Ärämer ^) geftanben, erft in ber jweiten §älfte
beö 14. Sal^rl^unbertö — nod^ 1364 werben 3lrbeitölö^ne für bie ©r^
bamuig beö SRat^^aufes Jfc^al^lt — fteigt eö aHmäl^Uc^ über bie ©iebel
ber Käufer unb bie SW^l^rme ber 9Wauer l^inauö in bie §ö]^e. 2)er
fc^lanf aufftrefcenbe S^urm auf ber 5Rorbn)eftfeite, bie füblic^e gagabe
mit ben fünf S^ebent^ürmd^en, meliä^e gleid^ i)0^e ©iebel mit freiörunben
Deffnungen einfd^lie^en, unb bie l^alblreiöförmig überwölbten genfter^^
blenbeii^ (nad^ bem ßelgemälbe im ßolberger 9iatl)l^aufe axi^ bem
3a^r 1614 unb "bem Silbe in aWerianä Sopogropl^ie) fd^einen ber
im 15. Sal^rl^unbert erbauten gronte beö ©tralfunber Slatl^l^aufeö nad^:»
gebilbet ju fein unb werben bal^er wol^l frül^eftenö aus biefer 3eit
ftammen. @§ war ein weitläufiges, wie gewöl^nlid^ aud^ bie größeren
©iebel^äufer, etwaö t)erbauteö §auö mit jal^lreid^en SRäumen für bie
§errn beö SRatl^ö, bie Sürgermeifter, bie Äämmerer unb il^re SDiener,
für bie Sud^üften ber Äaufleute unb für bie Äomüorrätlje, weld^e für
aWifewac^ö unb tl^eure 3eit aufgefpeid^ert würben. @ö ftanb in feiner
alten ©eftalt biö jum Sal^r 1653 % m feine SSaufättigfeit einen 5«eu^
bau nötl^ig mai^te, welcher auf ben ©runbmauent beö alten ©ebäubeö
aufgefül^rt würbe, ©rl^alten blieb ber wof)lgewölbte SRatl^öfetter, „ber
feineö ©leid^en nid^t im ßanbe l^atte." S5er JRatli fefete eine ©l^re barin,
gute Söeine ju l^alten unb ben burd^reifenben §erm unb gürften, bem
Sifd^ofe unb ben SRatl^öfenbeboten auö SübedE ober ©tralfunb, ben SBiH-
fommen in unt)erfälfd^tem 51Jialt)afier ober 3tt)t)oli (an^ Sftrien) ju rei^
d^en. "^enn bie SBeinoerfälfd^ung üU^ man bamalö eben fo wie l^eute,
unb bie §anfeftäbte im SRorben erfud^ten fd^on im 14. Scil^tl^unbert
ben Kölner jiatl^, ben SBeinl^änblern anjubefel^len, bafe fie fid^ beö
^lumpenä beim SBeine entl^alten fottten. Sn ben Urfunben l^eifet baö
Sflatl^^auö praetormmj consistorium unb am l^äufigften theatrunfj ba
eö jugleid^ — wenigftenö jeitweife — ein ©ewanbl^auö war, wo bie
Äaufleute i^re STud^e jur ©d^au auslegten. SDod^ l^at bie ©tabt ju
3eiten aud^ ein befonberes Äauf= ober ©ewanbl^auö gel^abt, wal^rfd^ein^
lid^ baffelbe, weld^es um 1410 mel^rmafe xmter bem SKamen Zellimis
(©eOrÄaufi^aus) t)orfommt, — älud^ am 9Karfte wol^nen, befonberö
— 57 —
wol^l, fcitbem bas Statl^l^auö feine gebül^renbe ©teHe bort erl^alten l^atte,
t)iele tJomel^me gamilieu, wie um IS 80 bie Süllemfe, be §agen,
be ^late, 3üt)etfe, Sffiebele, be Seiott), §oH (aSincetttius), SDobelften,
©ettittierort), §ortx u. a. 3l\ä)t blofe fteinertte ©iebel^äiifer, anä) ©tälle
uttb Subett fdjiiefeeu tl^n eilt, an if)m liegt aujser bem Zelhause au(ä^
bie ^^milnte^^ (SIKünje). 2)er 9Rarftn)infel an ber Sinbenftrafee l^icß
Äol^lenmarft {forvm curhomtm) unb ber gegenüberliegenbe 2Binfel an
ber ©attlers unb ©(^lieffenftrafeenede baö „^(?^ dik um'' (angtdus
zee dik um^ fiel^ bid^ um). SWad^ ber Äird^e ^ ftanben feine SBoJ^^
nungen, fonbem nur Ärämerbuben.
grül^er alö bie 3tatl^l)äufer tüerben gotteöbienftlid^e ©ebäube aufs
gefül^rt. 35ie Äird^e ift bie Sel^errfd^erin beö gefammten irbifd^en ße^
ben§, unb bie erfte ©orge ber 3Jfenfdöen ift, ®otte§l^äufer mit ]^o(^ra*
genben ©lodfentl^ürmen ju errid^ten. SEBie bie 3Karienttrd^e fid^ alltnäl^lid^
erl^ebt, ein l^errlid^eö SDenfmal (^riftlid^en unb beutfd^en ©inne§, baä
ju jeigen, ift einem befonberen ßapitel tjorbel^alten, nur ber kleineren
Äird^en unb ber 3lnnenl^äufer foH l^ier ©rmäl^nung gefd^el;n.
3m Sal^r 1266 (10. Sluguft) mad^t §er}og SBarnim I. bie ©r^
rid^tung eines l^eiligen ©eiftl^aufeö t)on ber ®rlaubnij3 ber ©oml^errn
abl^öngig, aber fd^on im 3)ecember beö näd^ften Sal^reö meift er bem
Äalanbe ber Sanbe ßolberg utib ©öslin baö l^eitige ©eiftl^auö in 6ot
berg alö jäl^rlid^eö S8erfammtuitgäl;auö an. 3tn Sal^r 1277 fauft baö
Älofter in 9lltftabt 2ledfer t)on ber ©tabt, meldte biefem §oöpital ge^^
l^örten, unb jn)ei ßolberger Sürger, Sol^anneö 3^ettmön($ unb ®oön)in
t). b. SBiebe, üermad^en bett §oöpitaliten in bemfelbett Saläre il^re ©itt^
nal^me an% ber grojsen aJlüljle ^). ®aö ©pital lag, n)ie fc^on ertt)äl^nt,
in ber Släl^e beö 3Käl^lgrabenö t)or ber fleinen (fpäter ber großen)
aJlül^le utib reid^te mit ber Äird^e, bie 1282 juerft genannt wirb, biö
jur ©d^ul^ftrajge. 6ö beftanb auö einer Steil^e an einanber gebauter
Bellen, uitb ber 3Kangel an ®elaj3 jwang ben 9tatl^ fpäter jur @rri(^'
tung eines jmeiten, beö „neuen §oSpitals jum l^eiligen ©eift", tt)el4jeö
na(^ 1469 ben in bie ©tabt gezogenen Jionnen ftatt beö älteren l^ei^
ligen ©eifigebäubes mn bem SRat^e überlaffen tt)urbe. SDaS neue §oS=
pital lag an ber ©teile, tt)o no(| jefet bas Älofter fielet.
3lud^ baö jmeite größere, au^erl^alb ber ©tabt t)or bem ©tein*
tl^ore gelegene §oSpital mar fd^on im Saljr 1 282 t)orl^anben. 6ö war
bem 2)ra(^entöbter ©t. ©eorg gemeint, bem §elfer gegen bie f(^redElid^e
Ärattfl^eit bes äusfafces, unb bie üon il^r ergriffenen maren bie für
— 58 —
immer von her 9BeIt, vm %nmhm unb SBcrtDanbten gcfiä^iebenen SBemol^s
ner beffclben» @$ lag no(3^ um 1500 jtt)if(ä^en ber ©tabt unb bcr ©eorgs*
fopcffe unb burfte mol^I metter von ber ©tabt entfernt, aber n\ä)t näl^er
an biefelbe l^erangebaut merben. 3loä) im Sal^r 1378 l^eifet eö bas
§au§ ber aWifelfüd^tigen (leprosomm). ©eitbem bie Äranfl^eit anfing
naiä^julaffen, biente es, mie baö l^eilige ©eiftl^auö, aud^ afe SBerfor^^
gungÄanfialt für Slrme unb ©ebred^lici^e. 3luf bem „Äirci^l^ofe ber Sir*
men" mar hmä) ©ottfrieb v, b. 2Bid)e ein 33etl^auö (Oratorium) er^
nä)tet 9ln beffen ©teile errichtete im ^a^x 1331 ber Statl^mann 6erbo
mit 33eiftimmung feiner vier ©öl^ne, von benen jmei ©eiftlid^e, bie
beiben anberen Saien maren, bie ®eorgs!apeffe unb faufte t)om SRatl^e
für 420 3Warf 4 §ufen unb eine jäl^rliiä^e Sieferung von 24 §ül^nem
aus bem S)orfe 3ledn\n jur Segrünbung einer SBicarie an berfelben,
$)er JRatl^ l^atte ben IS'SRutl^en langen unb 9 SRutl^en Breiten SRaum
baju l^ergegeben *®). @rft naä) 1500 fann baö ©t. ©eorgsl^oöpital in
bie 9?ä]^e ber Äir$e verlegt fein.
33or bemfelben JTI^ore lagen no(]^ bie Keinen Äapetten ©t. ^atoU
unb ©t. aÄi(3^aeIi§, bie erfiere unmeit beö 3lufeentl^orö in ber 3l'a^e beö
3^auenmarft§, im Sal^r 1303 eingemeil^t, bie lefetere, 1339 juerfl ge=
nannt, auf bem ,,9leper' ober aJJi($aeliöberge" jmifd^en bem ©teintl^or unb
bem ÜRi(ä^aelistl^ör(]^en. — %üx bie „ellenben ©eefen" (bie ^remben unb
^ilger, bie in ©olberg erfranften) befianb f($on um 1400 ein befon=
bereö, jmifd^en ©t. Scifobi unb ©t. ®eorg gelegenes §aus, frül^er
„©aftl^auö" unb fpäter „©ie^enl^auö" genannt 6s befianb no^ 1638.
2)amit ift nid^t ju t)erme(^feln baö ©ie(3^enl^aud am 5IRönd^entl^ore
(f. 6ap. 9) unb baö ^Pefienl^auö, meliä^S 1660 bei aRid^aelis ©otteöader
jur Slufnal^me ber bamalö jafilreid^en ^eftfranfen t)om SRot^e errid^tet
mürbe. @d brannte 1714 ab unb mürbe nid^ mieber erbaut.
©ie lefeterrid^tete ber 3lu^enfapeIIen ifl bie ber l^eiligen ©ertrub,
vor bem SBWil^lentl^ore in ber SRäl^e beö §od^gerid^tö gelegen. 3laä)
einer Slngobe bei 3tango ift fie von ©ertrub ©emelin, ber ©attin beö
SBürgermeifters ©emelin, im Sai^r 1372 begrünbet. S)a§ in ber Sl^at ber
33au in biefem Scil^re feinen 2lnfang genommen l^at, jeigt ein ©treit jmi^
fd^en SRat§ unb ßapitel in biefer Seit. ®a nämlii^ ber ftdbtifd^e grieb^
l^of bei ber SWarienfird^e für bie Sobten nxä)t mel^r ouöreid^te, l^atte
ber SRatl^ aujjerl^alb ber ©tabt gegen ben SBiffen beö ßapitefe einen
neuen eröffnet 2)ieö t)ermeigerte nun bie SBeil^e beö ^lafeeö unb im^
terfagte bie @rnd^tung einer Kapelle barouf. S)amit bie S^obten nid^t
— 59 —
Iftnger in iingewcil^ter @rbe mieten, würbe bcr fRatf) Bei betn ?Papfie
©tegor XI. in 3lt)i9non f lagbar; biefer bra($ burd^ einen aWad^tfprud^ ben
SBiberfianb ber ®eifHi(§feit unb befal^l bem S3ifd^ofe von ßammin,
bei Slnbro^ung bes Sanne§, im Söi^r 1371 bie SBeil^ung ber ju
erri(]^tenben (©ertrubem) Äapelle ju t)oIIjtel^n, wenn eine auöreid^enbe
Sluöjlattung für einen SBicar t)orf)anben wäre. 3m Sa^r 1373 vexmad)tz
Safob ©alfelb in feinem Sefiamente für bie Unterl^altung hex im S3au
begriffenen Äopeffe eine l^albe ^fannftätte, 1378 mar fie tJoKenbet ^0*
S3or bem SWünbertl^or mirb aufeer ber ohtn ermäl^nten, 1276 fd^on
t)orl^anbenen SRifolaifird^e in fpäterer Seit im ©labtbn(3^e mä) eine Ra^
peße beö l^eiligen Saurentius genannt, ©ie lag in ber 9?äl^e beö §afen&
(prope et ante porhmi) ; imSal^r 1482 fiel ifir ein Heineö ßegat ju.
©(ä^on um bie aKitte bes 14. Sai^rl^unbertö maren t)or allen S^l^oren
©olbergö SSorftäbte. 5Die älteften finb ol^ne Smeifel bie ?Pfannf(imie:5
ben unb bie g^ifd^erfatl^en an ber SRünbe, bie nod^ in bie menbifiä^e
Seit jurüdreid^en werben. SDer ^rug bei ber aWünbe mirb juerft
1297 genannt. Sie ^fannf(^mieben reid^ten urfprünglid^ nur bis an
bie „®ate." SReben ben SBerfftätten ber ^fannfd^miebe {fahricae
sartaginum) l^atten fi(| bort fd^on um 1375 aud^ anbere Semofiner
niebergelaffen, ©ärtner unb ^anbmerfer, bie il^ren 3Serbienft auf bem
©aljberge fanben. SDie Käufer gel^örten puflg ben reid^en g^amilien
ber ©tabt. — 2)ie ßage ber ©d^iffämerften (locus, tibi naves con-
strmmtur), ber Safiabie (Sabeplafe), bie 1408 als in ber Mi)t ber
. ^fannfd^mieben an ber ^erfante liegenb genannt wirb unb nod^ ju
6. 10. ©immem 3elt (um 1630) tjorl^anben toor, laffen fi(^ nid;t mit
©id^erl^eit befiimmen.
S)er ©tubbenl^agen, ben man paffiren mujste, roenn man t)om
©teintl^or jur ftäbtifd^en 3iegelei moBte, mar ein ßontplej vm fleinen
Saul^öfen mit geringem 3ldferbefife, ber mol^l t)on ber gamilie ber ©tubbe
feinen Slamen l^atte. 3)iefe gel^örten ju ben äldferbau treibenben ©e^
fc^led^tern ber ©tabt; um 1380 maren fie im 2Berber, im aSormerf unb
im ©tuBbenl^agen mit §öfen angefeffen, unb ber verloren gegangene
ältere Sl^eil beö ©tabtbu(^ö mürbe fie unö mal^d^einlid^ ate bie 33e^
fifeer be« grö^ren Si^eilß von ©tubbenl^agen jeigen. 3lebtn i^nen be^
fa^en bie 39raunfd^meig§, §olfe unb anbere gamilien §öfe bafettft,
bie pa(^eife auögetl^an maren. 35ie Semol^ner befd^äftigten fi^ f(^on
bamafe mel mit ©ärtnerei, ©ine SJube bafelbjt l^iejs baä Sabernafel
(142a ©tobtbO.
— 60 —
ein 5lremer]^agcn, an^ einigen SBuben unb §öfcn beftel^cnb, ol^nc
Sweifcl t)on ber ©olberger gamilie Äremcr benannt, ift na(3^ feiner
Sage m(3^t 511 befiimmen, eben fo wenig bas fd^on (©. 41) genannte
aSolrabö^ (aud^ ?PoIIerbö= unb ^olterS^ i^agen, xod6)e^ 1320 jufam-
nten mit bem vierten Sl^eile t)on S^ednin t)on bem Statine jur erleid^te==
tung ber fiäbtifd^en ©d^ulbenlafi an Sol^anneö §oIf t)erfauft würbe ^^).
3m Sal^r 1416 werben bort 9 Ratten für 100 matt t)erpfänbet —
@in t)ierter §agen: iletfen- (Ää^d^en^ ober Äätl^d^en:^) l^agen, au§
wenigen ©el^öften unb ©d^eunen beftel^enb, lag jwifd^en bem ©tubben^
l^agen unb ©t. 3a!ob. ©r war nod^ 1590 vox^anben.
SDie reid^eren g^amilien l^atten anfängUd^ il^re SBirt^d^aftSl^öfe
in ber ©tabt, als aber mit ber wad^fenben SetJöHerung ber SBertl^ ber
SBauftellen bafelbfi fid^ fleigerte, ©erlegten fie jene t)or bie Sl^ore, be^
fonberö t)or bas aWül^t unb ©teintl^or. SBor bem lefeteren lagen bie
Sffiirtl^fc^aftöl^öfe bis ju ©t ®eorg ^in, am g^rauenmarft unb an ber
3Wald^ow, banmter aud^ gro^e ©teinl^äufer — benn mand^e ber rei^
d^en g^amilien, wie bie ©tubbe unb SBorwerf bewol^nten il^re §öfe felbft —
mit ©eitengebäuben unb ©d^eunen jwifd^en Äämpert unb ©arten, ba-
neben SBuben von §anbwerfem, wie SBagenma($em, unb JEagelöl^nem.
5Bor bem 3Jiül^lent^ore lagen mim ^rit)atbefifeungen junäd^ft am
2:i^ore §8fe, bie ber ©tabt gel^örten (mriae civitatis), fie würben von
bem in ber SBenbeftra^e gelegenen ©tabtl^ofe aM mit ben ?Pferben befiellt,
weld^e im aWarfiaHe (Sfallum civitatis) fftr bie SRatl^öfenbeboten ber
©tabt, für bie SDorfl^emi, weld&e bie JRatl^Sbörfer beaufftd^tigten, unb
für bie reitenben ©iener gel^alten würben. S)em ©tabtjungen unb bem
SBagenlned^t werben mel^rmafe in Seftamenten Keine Segate ausgefegt. —
Sßod^ jur SBorfiabt gered^net würbe ^^Gripswoldekm'' (in prmirbio)
au« ©arten, ßurien unb Suben beftel^enb, weiter l^inauö lag baö
„aSorwerf." @ine g^amilie, bie baffelbe in il^ren »efife gebrad^t l^atte,
erl^ielt i^ren SRamen bat)on; fte !am aümäl^Iid^ ju SBol^ll^abenl^eit unb
Slnfel^n unb gewann 3utritt jum SRatl^e unb jur ©aljgilbe.
3m 3al^r 1277 betätigte ber »ifd^of ^ermann ber ©tabt unb
il^ren beiben Sürgem, Sol^anneö unb Sibeman aRonad^uö, ben Seflft
einer vox ber ©tabt gelegenen, von ©erarb be ©üben mit §et^og "Söax-^
nimö Suftimmung getauften ©urie nebjl ber baju gel^örenben Sanbung
von 8 §ufen, weld^e fie nad^ ©tabtred^t befalen^^). 2)a baö ©ut,
wie bie Seftätigung burd^ ben Sifd^of jeigt, in bem SBamimfd^en, von
S3ifd^of §ermann erft 1276 erworbenen S^eil ber ©olberger Äaftettanei,
— 61 —
alfo toefltid^ ber ^erfautc unb baju in ber SRäl^e ber ©tabt {ante ei-
vitalem situata) gelegen war, fo ift eö n)al^rf(§etnlt($ einö mit bem
eben genannten „SBorroerf/'
Unter ben £)ertlid^f eiten in unmittelbarer SWäl^e ber ©tabt ift nod^
bemerfenöwertl^ ein bei ©t. Safob gelegener, t)on ©arten unb ©Neunen
eingefd^loffener 3lnger, no^ jefet, roie in alter 3eit „g^rauenmarft" {vro-
weninarkd) genannt. ®ine 33eftimmung auö ber „Surfprafe" beö
Sal^reö 1483 giebt unö ben ©d^lüffel ju ber 6r!lärung beö 5Ramen§.
gür ben groj^en Sal^rmarft ber ©tabt, bie Kerkmisse^ bie am Sage itad^
Visit. Mariae (2. %\x\\) begann, rei(§te ber bur($ bie ©rrid^tung beö
Slat^l^aufeß nod^ mel^r befd^ränlte SOJarftplafc nid^t auö, bal^er würbe
bei ©t Safob in berfelben 3eit ein jweiter SUlarft abgefialten, auf bem
allein neben anbern ©egenftänben §oljarbeiten, .raie 9Kolben, ©d^effel,
S)ielen feil geboten werben burften. ^^on bem 33eginn be§ Sai^rmarftö
mit bem lieben g^rauenfefte l;ie§ biefer jur ©tabtfreil^eit gel^örenbe ^$la^
ber „g^raüenmarlt", ober au(^, unb nod^ im 17. Sai^rfiunbert, ber
„liebe g^rauenmarft."
aSon ben 58orftäbten roar bie t)or bem 51Jiül^lentf)ore burd^ feine
33efeftigung gefid^ert, nur weiter l^inauö bei ©elnow ftanb ein SBart^
tl^urm jjÄer^/r//, bergvrede'' genannt, jum 2lu§lug unb jum ©i^ufe
ber gelbmar! gegen plöfelii^en UeberfaH. — S5ie ©teintl^orf^e SBorftabt
bagegen lag innerl^alb ber ©d^ufewel^ren ber ©tabt (intra saepta ci-
vitatis 1390), eineö oon bid^tem ^adelwerf befefeten (SrbwaHeö, oon
ber ßage nad^ bem ©tabtwalbe ju, §olj' ober SBalbjingel (woltzin-
gele) genannt. 3n bemfelben befanben fid^ jwei Si^ore, baö 3iegeltl^or
(Tegeläoreken) na(^ ©tubbenl^agen ju (t)on ben ©olberger ßl^roniften
fälf^lid^ ate ein anbrer SRame für baö ©teintl^or angefel^n) unb baö
©t. ®eorgö5 ober SBalbtl^or in ber Stalle ber ©t. ©eorgsfapeUe, ba§
nod^ bei ber Belagerung im Sal^r 1758 genannt wirb. §ier ftanb ein
jroeiter ^ybtrgvrede'' {propugnaculum^ fortalicitun versus nemus
1409). SDiefer würbe im Sal^r 1422 pon bem SRatl^ mit einem ©tüdE
ßanb an ben Bürger ©ulben überlaffen, ber il^n unb baö ©t. ®eorg§s
tl^or bafür im ©tanbe unb „fd^lojsi^aftig" ju erl^alten oerpflii^tet war.
2lud^ bie ^fannfd^mieben waren wenigftenö burd^ einen SBart:
tl^urm gefid^ert, „SBiftl)urm" unb im 17. Safirl^unbert aud^ „ber alte
gort" genannt. SBon il^m erl^ielt bie in ber SRä^e entftanbene SBorftabt
ben Flamen „2Bife", ber nod^ jefet nid^t ganj t)erfd^ollen ift. ©r lag
in ber 92ä^e bed ^ül;lenteic^d, unb mm \a^ V)n }u Stango'd 3eit als
— 62 —
eine SBefefligung an, xoe^e bie ©tobt naä) ber ©tranbfette ju üottfiätv:
big bedte. 6in mit SBeiben befefeter S)atnm fixierte von ber ©tabt
an ber äöife tjorbei jur SKünbe. — SlHe brei SGBarttl^ürme fül^ren feit
bent 17. Sal^tl^unbert au(ä^ ben Flamen g^inäenburg, t)ermutl^li(^ t)on
ben ginfen, (lofeö ©efinbel), fo genannt Herumtreiber, bie geftäubt
werben foHten, banb man an ben „g^intenblod." Site bie JEl^ürme in
g^olge beö befferen SRei^töiuftanbeö im Sanbe unbenufet ftanben, mögen
[ie ftreid^enbem ©efinbel jur Verberge gebient l^aben. 3lu(^ ber feit
ber 9teformation wüft gelegenen Scxfobifird^e war e§ fo ergangen, unb
bie 3Jlatrifel biefer Äird^e von 1588 banft bem „eblen Sürgen ©u(^e^
ron), ba§ er fie auö einer spelunca latronuvt^ einer SBel^aufung für
©(i^elme unb S)iebe, mieber ju einem ©otteöl^aufe gemad^t liabe/'
2lu(3^ nod^ über bie Sßorftäbte l^inauö l^atte baö frdftig aufblü^
l^enbe ^titn ber ©tabt feine ©(^ö^linge getrieben. %xo% ber Um
fi(^erl^eit, bie aufeerl^alb ber f(^irmenben 3Jiauem ber ©tabt in jener
3eit im ßanbe l^errfi^te, l^atten fid^ ßolberger SBauemgefd^led^ter mit
il^ren §i)fen an üerfd^iebenen ^^Junften ber g^elbmar! angefiebelt, aßen«
fallö gegen ben erften 3lnfall ber ©d^nappl^äi^ne bur(^ eine fteineme
§ofmauer gefid^ert. §öfe unb Äatl^en finben fid^ bei bem i^RingenAol^^
(uermutl^lid^ von einer i^äuftger erraäl^nten ©olberger gamilie fo ge-
nannt, n)ie aud^ bie „©tridferöberge" fid^ am einfad^ften auö bem ga*
miliennamen ©trpder erflären, ber im ©tabtbud^ oon 1410 an
l^äufiger t)or!ommt), bem ^^borgwaW bei ber 2lltftabt gegenüber, bei
©elnon), auf bem ©lodenberge irnons campanarum^ xoo bie ©lodten
gegoffen fein werben), oon bem bie gamilie be ÄloKenber(^, bie bort
©urien befa^, benannt ift, bei bem SBolföberge (mom lupi 1400), an
ber aWafeenife unb an bem l^ol^en Serge^ S)ie Sage einzelner wirb nad^
ben Äreujen unb gnäbigen Silbern bejeid^net, bie nad^ fatl^olifd^er ©itte
an Derfd^iebenen ©teilen, namentlid^ auf bem SBege jur Slltftabt er^^
rid^tet waren.
3u ber g^elbmarf ber ©tabt gel^örte aud^ baö S)orf Stofenbal
(Rozen-Rosendal) in ber SWäl^e be§ ©tabtwalbeß, f(^on 1287 genannt,
weld^eö auö einzelnen ßurien mit baju gel^örenber Sanbung beftanb, bie
©erfd^iebenen ßolberger bürgern gel^örten. ©o l^atte Subwig v. b. SBiebe
bort Sefi^un^en. SRad^ ber gen)öl^nli(^en ©t^äl^lung gelten jefet bie
aBetten beö SWeereö, wo einft bie gluren beö Sorfö lagen. SnbeJB, mag
aud^ baö SReer fein ©ebiet l^ier, wie bei §enfenl^agen, im Saufe ber
Sal^rl^unberte etwad t)ergrögert i^aben^ baö S)orf |)at ein anberes @nbe
— 63 —
genommen. 3m 14. unb no^ im Stnfange bed 15. Sc^l^mtbertd fbel^en
bort einige ©el^öfte, aber feit 1422 ifi nur nod^ von einem territorium
Colbergeuse bie SRebe, bie SBol^mmgen finb abgebrod^en, mib ber SldEer
mirb von ber ©tabt auö ben)irtl^f(^aftet. längere Seit lüftet ber SRame
no$ an bem ^oben^ bie £age von Sledem unb äBiefen n^irb bonad^ be$
fümmt iuppe dem roztndaly iuxta, ultra), ©eit 1500 etwa t)erliert
fi$ ber Jiame ber S)orfftette, bod^ ^at er fid^ in bem „Slofenbalfd^en
3)amme" bis auf unfere Sage erl^atten.
,,58or biefem, fd^reibt SRango um 1660, l^aben fd^öne ©arten
unfre ©tabtmauern wie mit einem mol^lried^enben Slumenfranje umge?
ien, aber roäl^renb ber Rriegöjeit finb fie ruinirt unb umgefel^rt töorben."
3Rit tteberrafd^ung nel^men wir nnii^r, ba§ fd^on im 15. Sol^rl^unbert
fid^ ein bnntt^ ©artenlanb in reid^er älbn}e(^felung um bie ©tabt l^er^
lagert, ©arten liegen bei ber fiaftabie, an ber ^erfante, in ben ^fann.
fd^mieben, an ber SBife, ber ©tubbenl^agen ift ein re^eö ©ärtnerborf,
©arten werben genannt am g^rauenmarft unb an ber SRald^ow, bei ber
SRid^aeUöfapeUe, felbft bie entferntere ©ertrubenlapette liegt, wie bie üon
©t. SRilolai, t)on ©arten umgeben. SReiftenä finb eö 9lufegctrten, Roi)U
i^öfe unb SBoumgärten, in t)ielen finb fünftlid^e gifd^teid^e angelegt, um
bie feineren ©orten ju l^alten, bie in ©olberg feiten ju 3Karft fommen.
©eit bem 15. Sal^rl^unbert mug aud^ ber §opfenbau einen bemerfend^
wert^en 3luff(^wung genommen l^oben: Hopfengärten werben feit biefer
Seit vox allen Sl^oren genannt, äldEerftüdEe, felbft jenfeitö beö Siofenbal«,
würben in §opfenl^öfe umgewanbelt. 25od^ reid^te bei bem ftarfen öier?
t)erbraud^ unb ber S3ierauöful^r aui^ bie gefteigerte §o|)fenprobuftion
nid^t au», Suful^r auö ber 3Karf, fpäter fogar aufi Shifelanb (f. fiap. 70
mufete baä gel^lenbe erfefeen.
3lur nad^ bem SReere gu war bie ©egenb einförmiger, alö jiefet;
eine SBafferfläd^e nal^m einen Sl^eil beö 3)Winberfelbeö ein, überl^aupt
war ber ganje Äüftenftrid^ bis ium ©tobtwalbe ^m fumpfiger unb
wafferreid^c.
SDie ©flfeite ber ?ßerfante war oon ber »fulen S3efe" an (wal^r?
fd^einlid^ ift bie SWald^ow unb ber aWül^lenteid^ gemeiirt), wie bie gegen;:
überliegenbe ©eite mit ber aJiaiful^le (b. 1^. 33irfennieberung, feit 1480
genannt) mit niebrigem ©ebüfd^ unb Surfen bepftonjt, um ben an^?
bringenben glutl^en befferen SBiberftanb leiften ju !önnen. 2)ie i^euti^
gtn ainlagen auf ber aßaifu^le finb im 3lnfange beö n. Sal^rl^unbertÄ
t^on bem 9iatl^mann unb ^afeni^errn Sorenj $eiäe begonnen unb um
-^ 64 ---
1620 von feinem gleid^namigen ©ol^ne burd^ Slitpflanjung von ©tfen,
SBirfen, 93u(]^en unb ©id^en erweitert unb erft aUtnäJ^Iii^ ju bem fd^önen
©eplje ertoad^fen, baö jefet ben fd^önften ©d^mudE ber ©tabt bilbet.
„®ö wad^fen barin, fagt 9iango um 1670, allerlei rare Simplicia von
Kräutern, S3lumen unb aSui^eln, fo in t)ielen Äranf^eiten unb ®ebre^
(^en nüfelid^ finb unb fonft in biefem Sanbe nid&t leidet gefunben wer^
ben/' — J)er grojse Saumgarten, ber 1704 in ber Sßäl^e be§ 3lifolai:=
fird^l^ofeö angefät würbe, ift gröfetentl^eife von htn SRuffen bei ber jwei^
ten Belagerung unb ber SReft 1807 abgel^auen worben. Slud^ ber
fogenannte f leine 33aumgarten, um 1714 auf bem 3Wünberfelbe angelegt,
ift wieber Derfd^wunben.
3)ie falfd^e S)eutung beö SBorteö §agen als SBalbborf, wäl^renb
es nur einen (befonberö jum Sldferbau) eingel^egten 3taum bejeid^net,
Ipat SGßad^fc bei ber großen SUienge ber §agenbörfer an ber Äüfte ju
ber 5!Keinung gefül^rt, baJ3 bie ©tabt in wenbifi^er 3eit faft t)on atten
©eiten von SBalbungen umgeben gewefen fei, 3Benn f($on im Sal^r 1159
bei ©örlin ein 3ott vom glofe^olj erl^oben wirb, ber ©aljberg bei 6ot
berg alfo ber §oljäuful^r auö ben aSdlbern an ber oberen ^erfante
unb atabue beburfte, fo ift baö ein 33ewei§, bajs bie näd^fte Umgebung
ber ©tabt nid^t fel^r walbrei(^ gewefen fein fann. ScbenfaHö war ju
ber 3eit ber beutf(|en ©inwanberung baä Sttuöfel^n ber Sanbfi^aft in
SBejug auf ba§ SSer^ältnijB üon SBalb unb offenem g^elbe nid^t wefent^
li(^ oon bem l^eutigen oerfi^ieben. 3iur wenige unb unbebeutenbe (^e*
l^ölje finben fid^ außer bem ©tabtwalbe in jener Seit auf ber ©olberger
gelbmarf. SHad^ bem ©tabtwalbe ju, ber wol^l weiter gegen SBeften ge^^
reid^t l^at, in ber Ml^e beö SDleereä lag neben einem SldterftüdEe, „rf^
haze^' genannt, bie ^^Uazenbiet'^ (fpäter Hasenwieth), fd^on 1410 er^:
wäl^nt, nod^ im 11. Scti^tl^unbert t)orl^anben, ein ©ei^ölj, beffen $Kame
fid^ in bem „§afenbietfd^en SBeg" biß l^eute erl^alten l^at, unb in ber
oon ber aJlafeenife (jefet 3ßafee), bie ni(|t weit oon ©t ®eorg ben 3Jlafe5
fer ^xjt bilbete, burd^flo ff enen Siieberung erftredfte fid^ eine ^oljung
bis gegen ben S3uIIenwinfel {angulus btiUenwinkel, f(|on 1400 ge»
nannt, bamate im Sefife oon §inje ^laten), weld^e, wie ber S3ad^ felbft,
bie SWafee i^ieß. S)aö nid^t weit oon 2lltftabt unb jum Sl^eil f)O^Qe^
legene Sßonnenl^olj gel^örte bem ftlofter. —
SRad^ einer ©age war baö fogenannte ©ieberlanb einft mit SEßalb
beftanben, unb bie l^od^ftdmmigen S3äume beffelben foHen baö §oljwerf
)u ber äRarienfird^e l^ergegeben l^aben, ^od^ in ber ©tiftungdurfunbe
— 65 —
bcr ©tobt fachen wir üergcbenö auf biefem ber ©tabt bamatö t)eretg=
neten Mftcnfirid^e na^ SBBalb, wir fiiiben if)n nur mit ®lfcn unb
©cftrüpp bewatä^fen unb jroif^en bief cn SBiefen, 3Jioorgrünbe unb
ftagnircnbe SBafferfläiä^en, ein trofe ber SSerbote be§ SRatl^ö t)on ber
jagblufttgen Sugenb ber ©tabt oft l^eimlii^ burd^flreifteö SSerftedE ber
©tranbl^afen unb ber wilben @nten (Slntoögel) / für beren g^ang im
16. So^rl^unbert ©ntenbuben errii^tet waren. — S)er 5Rame, feit bem
t)origen S^l^rl^unbert fdlfc^lid^ mit bem ©aljfieben in Sßerbinbung ge=
braiä^t unb auf einen fleinen SWaum befiä^ränft, lautet in ben älteften
3^ormen Zydcrlandj Sieder land (UOO) unb bebeutet „SRieberlanb",
niebrigeö ßanb, „Sftiebrigung" ( fo no(^ um 1700); er galt für ben
ganjen Äüftenftrid^, weld^er^mit feinen üerfd^iebenen „Sul^Ien" (SRiebe^
rungen) von ber 9Äaiful^Ie an biö an bie alte 9lega reid^te. S)a§ l^ier gele^
gene ©olberger S)eep mirb nid^t t)or ber aJlitte beä 16. Sa^rl^unbertö
genannt, ältere 3eugniffe lennen nur ben SRamen ,,3^if(j^er upper der
Rega.^^ S)aö Me^t ber gifd^erei auf ber alten 9iega naf)m ber 5Wat§
für fid^ in 3lnfpru(^; bie Sürger, bie bort fifd^ten, muj^ten an il^n
2 aJlar!, bie ®äfte (§remben) 4 3Warf beja^len (1480).
Um 1270 reid^ten bie SBeftfeungen beä Älojlerö SBelbuf öftlid^ bis
ju bem „Drte, ber gewöl^nlid^ SDwirin genannt wirb." S)iefe im
©tabtbud^e oft genannte Dertlid^feit lag auf ßolberger ®runb unb
SBoben in ber SRäl^e ber 3lega unb beftanb auö jum 21^eil mit niebris
gern ®ebüf($ befefeten SBiefenlaub (prata uppe dem dwerin, locus
totus in prafis et dumetis 1417). ©in Ärug, ber barauf ftanb, machte
trofe ber geringen Slbgaben an ben SRatl^ fd^lei^te ©efd^äfte, SRicolauö
Unlüffe, Ärüger bafelbfi, mugte 1382 feine Äül^e unb ©d^weine üer^^
pfänben, unb ein äl^nlid^eä ©(^idfal l^atten inx^ nad^ einanber feine
SRad^f olger ©aftrow unb ©peigel, ber lefetere t)etpf anbete im %(äjit 1395
feine gefammte ^dbt für 52 SWarf an Sol^amteö ©d^lief. 5Der Drt
©werin ift alfo nid^t eins mit bem ©olberger S5eep**). S)a§ bort je^
malß ein SDorf geftanben l^at, gel^t weber auö ben 93elbu!er, nod^ aus
ben ©olberger Urhmben ^eroor.
3)aS SEBeid^bilb ber ©tabt war in ältefier Seit nod^ t)ielfad^"t)on
frembcn SBefifeungen burd^brod^en, bie t)on ber ftöbtifd^en g^elbmarf ein^
gefd^loffen, ober mit i^ren 2ldferffuren in fie einfd^neibenb, bie ®in=
l^it ber SSerwaltung ftörten. S)er SRatl^ war beöl^alb bemül^t, bur($
bie Erwerbung fold^er ®üter bem fiäbtifd^en ©igen Slbrunbung unb
Sufantmenl^ang ju geben, Sie ©urie mit ben 8 §ufen mx ber ©tobt
5
-^ ee —
(f. ®. 60) voax ber erfte &ctotxb biefer Slrt. 3loä) in bemfelben Sa^te
(1277) t)crei9netc ber S3ijd^of §ertnann ber ©tabt baö SDorf Äoifon)") in
ber 3luöbe^nung, wie eö ^etruö SBarott ju fetner Seit befafe, ol^ne 3n)et
fei berfelbe, weld^er 1266 ate ©olberger Statl^mann aufgefü^ wirb.
Xnxä) Sßerfanbung unb abfpülung eineß 2:^eife i^rer Sänbereien beraubt,
Derarmten bie Serool^ner unb würben, burd^ bie Sage beö S)orfö am ©tobt^
TOalbe t)erfü^rt, ju §oli= unb SBilbfreülern. 3m Sol^r 1506 ift baö 3)orf
noä) t)orl^atü)en, im brafeigjäl^rigen ^ege fott eö vom 3tat]^e aufgcJ^o^
ben fein. 2)er böfe Stuf beö S^aubnefteö lebte nod^ lange in ©olberg fort,
unb wer einem 2lnbern etwas SBöfeö anwünfi^en woßte, fagte rooifU
„i^ woate, SDu fä&eft .auf Äpifow" i«). 3m ©tobtmalbe nad^ ber Ääfie
ju f ollen fi(ä^ no(^ ©puren beö SJorffird^l^ofeö finben..
SDaö alte S)pnaftengef(3^led^t ber Sorten, beffen §auptfife Sabe&
war, l^atte au(ä^ in ber ©olberger ©egenb 33efifeungen. S)er SRittcr
33orf, ber lefete ÄafteHan beö Sanbe^ ©olberg, war von bem JBifd^fe
mit bem ftäbtif(ä^en 3ott belel^nt, il^m gel^örten £ä»bereien auf ber 6oU
berger gelbmarf, wie ber „§(rfen", rpeld^en er 1283 ben $Roimen auf
ber Slltftabt f(j^enfte, unb baö S)orf ©elnow {Sdmom). SDieö lefttere
t)erfaufte er 1286 mit Seiftimmung beö Sifd^ofö an bie ©tabt, bo(^
mit ber merlwürbigen SSebingung, ba§, wenn etwa eine neue, an -bie =
©tabt (Solberg angrenjenbe ©tabt begrünbet werbjß, bann baö S)orf.in
feinem ganjen Umfange biefer überlaffcn werbe«. foUte^ ®ö l^errfij^tc: in
jener 3eit ein leibenfd^aftlid^er ®ifer, ©tdbte nad^ivbeutfd^er Sffieife ju .
grünben: fo erftanben bd ©üftrow unb ®arj neue ftöbtifiä^e Slnfieblum
gen, unb ©tralfunb l^atte lut^e Seit in ©d^abegarb me Slebenbul^lmn* .
S)a6 ber SHtter Sorl unter ber; neuen, au ©olberg .ftogenben ©tabt bie
wenbifd^e Slltftqbt Golberg t)erftattben l^at, fann wol^ nid^t jweif ell^oft r;
fein. aSon l^ier auö J^atte er. einft alö Äaftellan iie Äanbfd^aft befjerrfd^t,^^
unb unmutl^ig flogen ,g«pig: feine ©ebanfen um bie. atte ©tabt, bie-
xithtn bem aufftrebenben beutfd^eti ©olberg üerliimmerte unb ju einewi .
S)orfe jufammenfd^rumpftc; er.mo§tel^off«i, bafe fie burd^ bie Sewibmung .
mit beutfd^em ©tabtred^te ju neuem Sebeu gebrad^t werben fönnte.'
3tn folgenben Salute (1287) oereignete 83ifid&^f ^ermann ber
©tabt baö l^albe SDorf ,9iedfnin (Neckaiuny^), wel^eö SSitteKnuö ®te
fenapp mit feinen beibein. ©öJ^nen SSeriolD unb fiutbert nad^ Sel^nred^t , be?.
feffen ^atte. SDie jweilte §älfte x)erfaufte ber »ifd^pf §einrid^ 1304 ■
für 40 aJiarf an bie ©otbergeK^SSürger 5Rifolauö ©cutfow unb Sol^auf
neö pon SRünfter^^). S)fr Slnt^eU beö elfteren fam.balb barauf ÄU.iie
— 67 —
©tabt, bie CS iebo(§ fd^on 1320 au§ ©clbuerlegcnl^eit tüieber an ben
SBütgcr So^anneö §o« fäuflic^ überliefe i^).
SBenn bem SRatl^e nid^t gleiij^ gelang, bequem gelegene ©üter
in feine §anb ju bringen, fo fud^te er roenigftenö bie nod^ unfid^eren
©renjen naiver ju beftimmen. 3n fold^em %a&e ging ein feierlid^er
3ug von SRatl^inannen unb benad^barten ©runbbefiSem über bie glu=
ren unb be|iimmte ©röben, §ö^en, ®id^en, wilbe SSirnbäume unb
©teine als SWaljeid^en für bie ftreitigen ©renjen, ©o würben 1287 bie
©renjen jroifd^en bem 2)obberaner Älofterborfe SBor! unb ben ^Dörfern
©toifott) unb ©arrin feftgefe|t 2)ie S)orffIur beö erfteren reid^te l^ientai^
wefilii^ bis jum S3erge 3)oberönon), t)on ba in grober SRid^tung na^ einem
„SBolföberge" unb öfili($ biö jur insiilay weli^e, n)ie bie ßolberger
Sloti^mannen eiblid^ bejeugten, jum ßolberger ©ebiete geliörte^^). Um
fd^toer ift in biefer insula (SBerber) ber aus ber fumpfigen 9iieberung
infelartig fid^ erl^ebenbe SBerber ju erfennen, ber bamalö no(^ nid^t mit
§öfcn befefet geraefen ju fein fd^eint ©päter liegen au^ l^ier 3Birtl^=
fc^aftöl^öfe ßolberger 83ürger. ©in g^olpred^t, ber bafelbft eine (Surie
befafe, erl^ielt baoon ben SRamen v. SBerber, ber il^m anä) blieb, alö
er nad^l^er im SBorwerf fid^ anfaufte unb nieberliejs.
3m folgenben Sa^iri^unbert gelang e§ ber ©tabt burd^ ©rroerbung
ber S)obberaner Ätoftergüter Sorf unb ber beiben Seftin i^r ©ebiet
nod^ mel^r abjurunben unb ju erweitern. 3tn ^oi)x 1329 cerfaufte ber
2lbt Sol^ann von S)obberan ben äßirtl^fd^aftöl^of ju 33orf, raie baö SDorf
felbft unb bie beiben (©rofe^ unb Älein^) Seftin, bie t)om Älofter vox^ex
fd^on an §enning ©enior be §eibebredf auf Sebenöjeit überlaffen, nad^
beffen 2obe aber an baffelbe jurüdfgefallen waren, an bie Sriiber Hen-
ning unb SBertram be §eibebredfö für 2200 aWarf ßolberger 3Künje*
fRot^ unb Sürgerfd^aft leifteten SBürgfd^aft für bie 3al)lung unter ber
SSebingung, bafe bie ber ©tabt alö ^fanb gefegten ©üter il^r gel^ören
foHten, wenn jene binnen pei Sauren fie nid^t burd^ 3a^lung ber
©umme auögelöft l^ätten^^). SDa bie ©tabt bie 3al^lung wirflid^ lev^
Pen mufete, fo überliefen il^r bie §eibebredfö baö SDorf 33orf für 200
aKarl (1337), aber über Seftin entfpann fid^ mit ben SBrübern Sertram
unb S)ubijlauö be §eibebre(i ein längerer ©treit, weld^er 1346 burd^
ben ?Propft Seml^arb von ©ammin fo beigelegt würbe, bafe ber 6ot
berger Sftatl^ an bie ©ebrüber be §epbebredf unb il^re ©d^weftern 3Jlargaj=
retl^a unb ®lifabetl^, ©attinnen von ^etruö senior unb ^etruö iunior
be Äomrfe, 500 3War! jal^lte^^). ^er SBifd^ot Soi^ann von ©ammin
5^
— 68 —
beftätigtc ben SBerglei(3^ 1 347 unb überlief jugtcid^ gegen eine Sal^tung
t)on 1000 3Karf ber ©tabt ba§ ©ertd^t an §ate unb §anb, ba§ ^a^
tronat in 3eftin unb beffen gittal Rtxvin unb gab i{;r ^Befreiung t)om
aSogteigerii^t, ben 3oIt unb ben SJWüntepennigen, mit ber ®inf^ränhing,
baß ber diatS) bie @üter niä)t an g^tirften, ©rafen unb §erm vet-
faufen unb fein Äaftett baraüf anlegen bürfe^^).
3m Sa^r 1368 fam aud^ baö SDorf ©peg an bie ©labt SDer
aiitter §einri(j^ t). b. JDften ju ^late (uppe dem Inise tu Plote) t)er!aufte
eö mit allem Steinte baran, baö er t)on feinen SBorfal^ren erl^alten l^atte,
für 250 2Karf an bie ^romforen beö l^eiligen ©eifteö in ©olberg ^%
®ö xoax ein fd^öneö a3efifetl^um, roeld^eö bie ©tabt in bem erflen
Sal^rl^unbert i^rer ©efd^id^te burd^ bie ®unji beö 33ifd^ofä §ermann
unb bur(| il^r guteö ®elb gewonnen I;atte, unb mit Sel^agen mod^te
ein Sürgermeifter ber ©tabt t)om 3Karient]^urm auö auf baö ßolberger
©gen l^erabfd^auen, meld^eä frei t)on frember ©eridtjtäbarfeit, allein
unter ber §errfd^aft be§ SRat^eö ftetienb »mit ^ßäd^ten unb 2)ienften unb
aller ®ere(|tigfeit ber ©tabt erblid^ jugetfjan" in äedEern, SBormerfen,
§öfen unb Dörfern, mol^l abgerunbet fid^ t)or i^m ausbreitete.
©erfaffnug ber 6tabt in älterer 3eit, Ser^öltnijj pm ganbeS^erm.
9Wtt ber ßinfül^nmg beö lübifc^en dte^% rt)el(3^eö ben ©täbten
jugleid^ bte g^orm il^rer" SBerfaffung gab, würbe überall bie SSerwaltung
unb Seitung beö ®emeinbett)efend einer auö bürgern jufatttntengefefeten
Äötperfd^aft von 3iaÜ)manmn übergeben. 3ln il^rer ©pifee ftanb an^:
fänglii^ ber 5Bogt, ein fürftUi^er Seainter, ber raieber von bem an
bie ©teffe beö iuenbif(^en ÄafteHanö getretenen £)bert)ogte beö ganjen
Sejirfö ernannt würbe. 2)erfetbe leitete in aSerbinbnng mit ben JRatl^::
mannen bie SBevraaltung ber ©tabt unb l^anbl^abte ba§ ®eri(^t, balb
aud^ ben fonft bem Dbert)ogte juftel^enben SBIutbann 0-
3n (Solberg erf(3^eint ber aSogt etwa 40 Saläre lang alö baö §aupt
ber 3iatl^mannen, unb fein SWame wirb bal^er in ben Urfunben biefer 3eit
vor biej^n genannt. ®ine, wenig Saläre nad^ ©rünbung ßolbergö t)on
bem ©reiföwalber SRatl^ bem ßolberger ertl^eilte SRed^töbelel^rung beginnt
mit einem ©ruße beö SBogtö unb ber ^iatl^mannen von ©reiföwalb
an ben SSogt unb bie 9tatl^mannen t)on ßolberg^), ebenfo fielet er
no^ 1294 in einer Urfunbe, in wel(^er biefe bem ßapitel ben 5?auf
von SRiclinö bejeugen, an il^rer ©pifee. 3)ie SJlamen von mel^reren finb
aufbewal^rt. S)a jebod^ beibe, ber £)bert)ogt wie ber Unten)ogt, untere
fd^ieböloö ol^ne 3ufafe bloß aSögte genannt werben, fo ift nid^t mit ©i*
d^erl^eit ju entfd^eiben, weld^er t)on beiben gemeint ift. 3u jienen ge=
l^ören wol^l, ba fie nid^t Sürger, fonbem lanbfäffige SSafaHen finb,
SBorpölauö (1286) unb §einrid& be S3ome (1287) »). SBo^in ber Sßogt
®ietri(^ (1266) unb beffen gleid^namiger aSorgänger ju red^nen ift, bleibt
ganj jweifell^ft.
3m Sal^t 1297 ift eine wi(^tige aSeränberung in ber ©teHung
beö UnterDogtö eingetreten.
— 70 —
lleberatt ftreben bie ftäbtif(3^cn SJätl^e bama^, ^iä) bcr Scltung
beä fürftUd)en 33eamteu ju entjte^u uiib feine ®tmt)trfung auf bie ftäb^
tifd^en SÄngelegenl^eiten ju befeitigen. ^a§ Sluftreteii i)on Sürgennel^
fteni iprocojistdes) bejeii^net ben 3eitpunft, tdo ber Siatl^ bie tx-
ftrebte Unabfiängigfeit gewonnen l^at. 3luf biefe, bie Dom SRatl^ felbft
auö feiner aJJitte erwäl^It werben, get)t jefet bie Oberleitung ber ftäbti^
f($en S3em)altung über, unb bem SBogte bleibt nur ber 33orfife beö ftäb*
tif(j^en ®eri(3^tö.
3m jroeiten ßapitel ift g^eigt, ba§ erft mit ber ftarfen ©inmon^
berung aus 3HecElenburg unb ben mefili^en ©eeftäbten bie ©tabt einen
größeren 3luff^n)ung nal^m. @rft t)on b'iefer 3eit an, mit bem Sal^r
1277, in n)el($em bie ©tabt aud^ ganj unter ben bifd^öfli(^en Ärumnv=
ftab fam, beginnen bie 2lufjei(^nungen beö älteften ©tabtbuiä^ö, mdl^rettb
t)orl^er bie SSer^anblungen tooI^I nur mflnbliij^ gefüi^rt finb. SDie aud
Sübed, Stoftod u. f. xo. jujiel^enben g^amilien, bie bort jum Sl&eil fiä^on im
Statine gefeffen ^aüzn, fannten bie beffere £)rbnung ber ftäbtif^en aSenwifc
tung auö il^rer §eimat]^, unb bra(3^ten fie mit nad^ ©olberg, mo il^re Wo^
fül^rung f(^on bur(3^ bie mit ber 3unalime ber ©inwol^net^al^l mad^fenbe
Sluöbel^nung ber ©efd^dfte jur SRotl^roenbigfeit mürbe.
©ntfpred^enb ber Sßergröfeerung ber ®inn)o]^nerja|il wm^ö SWad^t unfe
(ginflufe beö "Sioi^ unb bie 3a^l feiner 3JHtglieber. 5Die ©rüitbungi^
urfunbe ber ©tabt ift oon nur t)ier SRatl^mannen utiterjeid^net. ©Ä ^
bieö jmar fein Semeiö, ba§ bamafe überl^aupt nid^t mel^r t)or|ianbett
maren, bo(^ blieb iuk^ längere 3eit bie 3al^l ber SRatl^ömitglieber In
(Solberg geringer, alö in ben meiften gröjgeren ©d^mefterftäbten. 3n
ben Sauren 1266, 1282 unb 1287 pnben fid^ imölf Siat^mannen auf*
geführt, unb ber3ufafe jum Sal^r 1287: coimdibus Urne exislmtibiis
bemeift, ba§ mir mit biefer 3al^l ben ganzen SWatl^ oor ux^^ l^abcn.
dagegen flnben ft(^ im Sal^r 1294 alö 3eugen bei einer ©renjberid^s
tigung fd^on 23 SRatl^mannen genannt, fo ba^ um biefe 3eit ber 6ot
berger 3latl^ bie gemöl^nlid^e ©tär!e biefer ßörperfi^aften erreid^t ^t
Dl^ne Smeifel l^aben mir eö als eine SEBirfung beö baburd^ gefteigerten
©elbftgefül^lö unb ber t^ermel^rten Äraft anjufel^n, baJ3 ber SBogt um
biefe 3eit feinen ^tafe an ber ©pifee beö SRatl^ö ben ftöbtifd^en Sür^
germeiftem räumen mu^e. 3)iefe mürben im %o!fyc 1297 jum erften
aRale genannt, unb il^t:e Siamen finb: §err §artmob unb §err Soi^ann
t)on ©emelin; neben il^nen finb alö Äämmerer aufgefül^rt: §err Sub*
mig t)on ©ortmunbe unb §err 2)itmar Sanbeäfbant *).
— 71 —
^ie 3al^l bcr aKitgltebct bcö SRatl^ö war in älterer Seit erl^eblid^
grdjlcr, äte jefet: bas Slmt, weliä^eö batnate nur geringe ©innal^men
bot, fonnte ben 9tatl^mann ni(^t emäl^ren, eö war nur ein S^ebenge^
f(^äft für i^ feine §auptt^ätigfeit war auf feinen ©efd^öftöbetrieb
gerld^tet. ©ine fefte SWormirung ber SWitglieberjal^l fanb in ber älteften
Seit ni(^t ftatt, nid^t feiten wirb bie gewöl^nliiä^e 3al^l t)on 24 SJlitgliebem
fiberf(^ritteit, im Sal^r 1302 finben fi(^ fogar wenigfienö 30 SRatl^mam
ncn, unb erft 1380 wirb, ol^ne Sweifel naä) bem SSorgange ber t)ier
Stäbte ©tralfitnb, ©reiföwalb, S)etttmin unb änHont, bie 1353 ein
äbfommen über bie ©tärfe be§ SRotl^ö getroffen l^otten, eine Statl^ä^
imSiüx abgefaßt, - nad^ welcher bie 3al^l auf 24 feftgefe^t würbe*).
SHefe 3al[)l ift geblieben biö ju ber Seit beö breifeigjä^rigen Krieges,
wo baö §erfonimen bem SBebürfniffe einer fparfameren SSerwaltung wei^
<ä^n mu^te. —
^ S)ie Sal^l ber Sürgermeijier betrug gewöl^nlld^ brei; wenn 1297
unb 1302 nur jwei genannt werben, fo finb biefe als bie „fifeenben"
anjufel^n, unb ber vierte, ber 1335 unb 1381 aufgefül^rt wirb, fann
nad& ber ganjen ©inrid^tung beö SRatl^ä nur ben Sitel gel^abt l^aben,
o|^e baö 9lmt wirflid^ ju verwalten, ®er Sal^I ber Sürgermeifter
entfinrad^ bie ber Äämmerer.
2)ie 5Dauer ber ämtsfüi^rung war lebenölängliiä^, bod^ befanb fid^
nld^t immer ber ganje 3iatl^ in Sl^fttigfeit 3n jebem Saläre f(^ieb ein
2)rittl^eil beffelben auö, unb eine gleid^e 2lnjal^l trat bafür ein, f o ba^
für gewöl^nlid^ 16 SOKtglieber ben ^^sittendm rdf bilbeten. 5Rur bei
wid^tigen Slngelegenl^eiten würbe aud^ baö au«gef(^iebene drittel beru:=
fen. S)ie SRamen beö eintretenben ©rittefe (de ingande rath) würben
jebeömal bei a?erlefung ber Surfprafe ben a3ürgem befannt gemad^t.
%vx Sal^r 1294 werben juerft in ©olberg bie „alten unb neuen" ©on^
fuln {noei et antiqui) genannt, unb feit biefer Seit l^at ber Unterf(^ieb
ittweränbert bis in ben Anfang bes 17. S^l^tl^unbertä fortbefianben. —
SDie SBaf)l neuer SRatl^mannen fanb, wcnigftenö feit ber 3JHtte
beö 15. Sol^rl^unbertß, im Slnfange beö Saläre« um bie Seit beö ^eili=
ligen ©relönigötageö (6. Scinuar) jiatt, wo bie 83ürger, mn ^anbelö^
reifen jurüdtgefel^rt, am erfien ju §aufe waren; in biefelbe Seit fiel
bie fogmannte Umfefeung ber Remter. 3lur bie Slemter ber Sürger-
melfier unb Äämmerer waren ftftnbig, bie übrigen würben in jebem
Söl^e Don neuem t)ertl^eilt „umgcfefet." ®ö gab eine grofee Sal^l ber=
fcttm. 2lm frühen werben bie ^prooiforen ber ©pitäler, ber aJiariem
— 72 ~
fit(3^c, beö Ätoflerö, ©t 3afoBi genannt, im 14. unb 15. Sal^tl^unbert
treten nad^ unb nad^ bie §oljl^erm, .^afenJ^erm, ©amnil^errn, Siegell^erni,
9Kül^lenl^erm unb S)orf^erm l^eraor, beten Dbliegenl^eiten fi(^ f(3^n
aus il^ren SRatnen ergeben. S)en Slatl^mannen finb baju SBürger aus
ben erften ©täuben beigefettt. —
®em diatf), ber feit ber Sefeitigung beö SBogtö bem Sanbeö^errn
gegenüber in ftäbtifiä^en Slngelegenl^eiten üöHig autonom war, ftanb bie
SBerroaltung ber ©tabt, bie 3lbfd^liej3ung t)on SBerträgen, bie äufnal^me
t)on 33ürgem, baö ©eleitöred^t, bie ^olijei, bie aiufnal^me ber ^ppotl^efett^
fa(3^en, 3luflaffungen unb SBerpfänbungen im ©tabtbu(3^e xutb bie ©efefe^
gebung ju. 2ln ber festeren l^atte aud^ bie 33ürgerfd^aft einen äntl^eil
(f. QaTf. 5), unb bie ©erid^töbarleit t^eilte er nod^ mit bem Sanbeö^erm.
2)ie oberfte ßeitung unb aSertretung ber ©tabt nad^ au^en ftanb
ben Sürgermeiftem ju, ben Äämmerem bie SSenoaltung beö ©tabtoer^
mögenö, bie ®injiel^ung ber 3lbgaben unb Sered^nung ber Sluögaben,
bie erl^altung ber ftäbtifd^en ©ebaube, bie Dberauffid^t über bie von
bem SWarftmeifter gel^anbl^abte SWarftpolijei, bie aSennictl^ung unb Stn^
meifxmg ber SBuben, bie einjiel^ung ber SBufeen für „§artod^ unb SDieö^
bage" (§aarjiel&n unb aJleffergebraud^) bei Sal^nnärfteu unb in i'er^
binbung mit ben SDorfl^ernt bie SBeauffid^tigung ber ftäbtifd^en ®üter,
fo weit fie unmittelbar jur ©tabt ge||örten unb oon ä>ögten imb 3lmt'
leuten bewirtl^fc^aftet mjirben. S)enn mand^e biefer ®üter würben, na-
menüxä) in frül^erer 3eit, fo gut wie einjelne 2l)eile ber gelbmarf,
ßolberger Sttrgem fäuflid^ alö freies ©igentl^um übertaffen, nur mit
ber 6infd^rän!ung, bafj ;fie unter ber ®eri(^töbarfeit beö SHatl^eö bUe=
ben unb nid^t an grembe t)erfauft werben burften. ©o würbe ©et
now fd^on 1287 an mel^rere Bürger oerfauft, 3loff entin würbe juerft
t)on ©olberger SSürgem fäuflid^ erworben, 3leänxn gel^örte längere 3eit,
wenigftenö jur §älfte, nid^t unmittelbar ber ©tabt. 3lud^ einjetne
©runbftüdfe, §öfe, Ärüge t)erpfänbete ober t)erfaufte ber Jiatl^ an Sür^
ger. SDod^ l^atte er feit bem 2luögange beö 15. 3ctl^rl^unbertö bie ®üter
meiftenö wieber an fxä) genommen unb Iie§ fie burd^ SSögte oerwalten. —
Unter ber SCuffid^t ber Äämmerer ftanb aud^ ber SRatJ^öweinfeHer. 3m
Sal^r 1480 nal^m ber diatf) ben §anbel mit eblen SBeinen ganj in
feine §anb, „beö gemeinen Seftenö wegen wiH er ben SBein felbft
fd^enfen", nur ber Sluöfd^anf beö Sanbweinö befonberö auö ber SRarf,
auö ®ubeti unb ßanböberg, ber, mit Sngwer gewürjt, neben bem 83ier
t)iel getrunfen würbe, oerblieb gegen eine Slbgabe, wie Dor alterö, ben
— 73 —
SWirgem. aJHt bem SBetnl^anbcl ma^tc ber SRatl^öfeKcnticiftcr im ^a:^
mm beö 3iatl^ö einträgliij^e ©efd^äfte, ba bic benachbarten (Sbelleute,
bte einen guten Snml liebten, wie baö ganje §interlanb bis na(!^
^olen l^inein auf im ßolberger Mat^öfeller angeraiefen waren. Sie
©olberger Äaufleute mußten il^re SBeine wenigftenö im Statl^öfeffer
nieberlegen unb bm Äämmerem von bem au§gef(^en!ten SBein ein
„Siappelgelb" bejaljlen.
S)er SBalb, für ben anfängli($ aud^ bie Äämmerer ju forgen
litten, mürbe ate einö ber §auptfteinobe ber ©tabt angefel^en. @r
mar, fo meinte man, befonberö jum 5Wufeen beö gemeinen 2Jlanne§ ba,
unb Siatl^ unb ©emeinbe mad^ten eifrig über feine ©rl^altung. 2ln bie
©aljgilbe burfte beöl;alb fein §oIj barauö t)erlauft werben, nur bem Statine,
ber anä) ©aljfoti^en l^atte, mar tjerftattet, feinen Sebarf baju bal^er ju
entnel^men, bod^ muJBte atteö ©alj, meld^eö bamit gefotten mürbe, jur
3?otl^burft ber ©tabt t)ermanbt werben. Sie SBalbmirt^fi^aft ftanb nod^
auf fel^r niebriger ©tufe, unb bie fonftigen SSerorbnungen beö 9iatl^§
bartiber befd^ränfen \xä) barauf, baö ^oljl^olen ju ungef)öriger Seit uitb
baö ©dalagen ber ©id^en ju verbieten, bie für bie SRaft ber ©d^meine,
bie in jeber aBirll^fd^aft gel^alten mürben, von SBid^tigfeit maren. 3m
Sal^r 1537 befd^IoB ber diaü), baß fein §oIj auö bem ©tabtmalbe ju
©deuten unb ©d^iffen gegeben werben foHte, (im ©tabtbud^ ju biefem
Sai^e), unb wer ein neues ©d^iff l^atte bauen Uffen, mußte t)or bem
3latl^ eiblid^ erl^ärten, baß bie halfen utib ^laufen bajU nid^t aus bem
©tabtwalbe genommen feien.
2lud^ für ben §afen, afe einer wid^tigen ßueHe beö SBol^lftanbeö,
würbe von bem SRatl^e befonbere ©orge getragen, ©d^on in früher
Seit finben fi(^ in Seftamenten fleine ßegate ju feinem 33eften ausgefegt.
6inö berfelben, auö bem Scxi^re 1412, ift baburd^ merfwürbig, baß eö
il^m „in bie ®^re von ©t. SWifokö" jugewiefen wirb unb fo bie alte
SSerbinbung biefer Äird^e mit bem ©d^ifffal^rt unb gifd^erei treibenben Sl^eit
ber SBeoöIf crung ßolbergs, namentlid^ alf o mit ber 3Rünbe bejeugt. 3m
3al^ 1444 (©tabtbud^) faßte ber SRat^ beti Sefd^Iuß, baß fein Sefiament
gültig fein foHte, in weld^em nid^t ein Segat für ben §afen auögefefet
wäre. @ö ift fd^on erwähnt, baß aud^ für bie S)ämme außerl^alb ber
©tabt eine äl^nlid^e Seftimmung oorl^anben gewefen fein muß, ba au(^
biefe „SBege unb ©tege" in feinem Seftamente oergeffen finb. SDie
Segate bcftel^en gewöl^nlid^* in einer Sonne Sier ober 1—2 aJiarf, erreid^en
jebod^ bisweilen, befonberö für ben§afen, bie §ö^e oon 100—200 SKarf.
— u —
3n rWc ^ftfenfoffe ffofe au^ ber Soll unb ba§ «Pfa^gelb, weld^eö ft«rtbe
©i^ffe für bie Senufeimg bcö ^afetts ju ^nttid^ten l^atten; bicö betrug
1524 für ©d^ijfe über 18 ßaft 1 aWarf tuib baruntet 8 ß. S)er
SWünber aSoflt bitrfte fein ©d^iff au§ bem ^feti laffen, bi§ eö fid^ burd^
ein „3et(^en" t)ijn ben ^afen^erm (1480) ober bem rabenben Särger-
.tn(jiftet (1024) fifcer hu Sejal^tlittg auilgewiefen l^atte. Senem ftanb
fiberl^anpt unter Seitung ber §afenl^erm bie Sluffiiä^t über ben §afen
unb beffen Umgebungen p, er l^atte barauf ju feigen, baj5 fein ©(|iffer
feinen SBebarf an SJattaft aus ben ©teinen beö SBottroerfö nal^m, ober
'§oIj unb ©traud^werf jmif<^en ber aRünbe unb ber „fulen SJefe"
fd^lug, ba biefeö jur ©ii^ung beö §afen§ gegen ©türm unb SQäellen
forgfam gefd^ont würbe* ^uä) bie götterung ber als ©pibol ber
ÄBeiÄl^eit unb ber ßiebe ju Äunft unb SBiffenfd^aft, mie in mand^en
onfaeren ©tobten, fo l^er auf ftäbtifd^e Soften auf ber ^erfonte untere
i^altenen ©d^mäne gel^örte (wenigftenö 1570, n»o urfunblid^ bie ©li^äne
juerft genannt werben) ju feinen Dbliegenl^eiten.
^em Statine lag femer bie ©orge für bie ©id^erung unb SSer^
tl^eibigung ber ©tabt ob, unb bie ©eroerfe mad^ten il^m im Sol^t 1524
jum fd^meren SBorwurfe, baß er SWauem unb SBiftl^ürme l^obe t^er*
fatten laffen. SDie ©rrid^tung ber lefeteren überlief er aud^ wol^l ^ri^
natleuten: im Sal^r 1493 trat er ben 3iaum smifd^en ber (alten) Äpo^
tl^efe (in ber Surfenftraj^e) unb ber ©tabtnmuer an ben Äämmerer
aWartin ©argaje ab, um bort ein ©ebäube an ber aWauer oufeuffi^ren,
unter ber Sebingung, ba§ er es, mennJDrlog (Ärieg) fäme, ber ©labt
einräume, um ^ult)er unb 3Bel^r l^lnau^ubringen. Um biefelbe Seit
nrtrb Slüftoro'ö SBif^auö ermähnt — SDie ©dilüffel ju ben ©taW^oren
mürben oon einem ^atl^mamte, ber „©omfd^lüter" genannt nmrbe, cA^^
bewahrt; bafe fle fid^ 1524 in ben §änben ber ©d^miAe befonben,
mürbe oon ben ©emerfen als JKiBbraud^ gerügt. —
SDie bewaffnete Sürgerfd^aft fianb um 1600 unter bem Dbetbefel^l
eines oon bem ^cdf) ernannten äBad^tmeifters, unter bem bie £luar:s
tiermeifier ober Äapitdne bie loier Quartiere ber ©tobt fommonbitten,
in meldte bie Sürgerfd^aft ju militärifd^en Smedfen geti^eilt mar.
S5ie gleid^e militürifd^e Drganifation ber SBürgerfd^aft in anbem ©täb*
ten im fpäteren SJHttelalter lägt fd^Uegen, bag biefe @intl^eilung in
Quartiere aud^ in @olbevg menigftens im 15. 3(xl^rl^unbert fd^on t^tn^
i^anben mar. 3n frül^erer Seit mar aud^ l^ier bie Sürgerfd^aft ol^ne Smei^^
fei mili^f<$ nad^ Sttnften gegUebert am 9%at|e fanben fid^ immer
— 75 —
friesötfli^^ttgc aWänitet, n)eld&c bie militärlfiä^c gli^nmg fibetnel^men
fonnteu: in bctn großen Äriege ber §anfe gegen Sffialbemar 9ltterbag,
In bem langett Kampfe gegen ^etjog unb 33tfd&of unb in ben geloben
gegen ben benaiä^barten Slbel tt)Qt:en> tüte bie ®ef^i(ä()t^ ber ©tabt jei^
gen wirb, Siatl^mannen bie §anptleute ber SBürgerl^eere.
©(i^on um 1380 befaf^ bie ©tabt, wie 83ru(ä^ftft(fe alter Senator
renregifter auji ben Salären 1381 unb 1383 auöroeifen «), ein SRüft^auö,
in bem neben ^anjem unb anberen SQBaffen baß fiä^were ®ef(^üfe ber
©tabt aufberoal^rt würbe. 2)ieö beftanb bamalß ni^t nie^t allein aui
ben SBBurfgefd&üfeen älterer 3eit, ben SBliben, welcJ^e f^were ÄÖr^i^t?
im S3og.enn)urfe fiä^Ieuberten, unb ben treibenben SCBerfen, bie, wie große
.Slrmbrüfie, pfeilartige ©taugen in l^orijontaler SRid^tung Dorraärtö
trieben^), fonbem aud^ aus ben bamate no(^ feltenen ^uloer*
gef^üfeen, 'pixides 93üd^fen, (b. % Äanonen). Sm Sa^t 1381 ermatten
bie SRabma(3^er für i^re 2lrbeit ^n bem §olje ber Südife 28 ß unb
m bem SBagen berfelben 3 aWarf 6 pf., bie Seute aus ®arin unb
©emmeron) fal^ren ©teine l^eran, bie ber SKaurermeifier §ermann ju
Äugeln .t)erarbeitet 3m Sal^r 1383 werben für eine f feinere Süd^fe
6 SKarf aus ber ©tabttaffe gejal^lt, fo baß alfo ßolberg bamalä jtoei
^uloergefd^üfee in feinem Seug^aufe gel^abt l^at. ©in jum Saläre 1381
genannter S3ü(3^fenmeifter aus Sübed war wol^l t)on bort t)erfd^rieben,
weil man in ©olberg mit ben neuen ©efd^üfeen no(3^ ni(ä^t umjugel^n
mußte. 3n bem großen Kriege, ben bie ©tabt im folgenben Sa^r?
I^unbert mit §erjog unb Sifd^of fül^rte, mar fie fd^on reid^licä^er bamit
t)erfe]^en, unb 1524 ließ ber atatl^ 12 xityxt ©efd^üfee gießen. S^ie 3luf=
jid^t über baö Seugl^auö fül^rten mol^l bie ||in unb roieber genannten
©d^ottl^erm. 3lud^ ^euerpfeile (vurpile), mit einem jünbenben ©toffe
t)erfe^ene ^Pfeile, bie oon Slrmbrüften gef(3^leubert mürben, werben in
bemfelben SRegifier genannt £)b ber ,,geuerf(3^üfee", imrsdmtle) beö
©tabtbud^ö aus biefen Salären g^amilienname ift, ober baö ©efd^äft be=
jei(^net, läßt fid^ fd^mer entfd^eiben ^). 3?ad^ ber 3?eformation l^tte bie
©fabt eine eigene ^utoermü^le, frül^er f d^eint bie SBercitung be§ ^ut
perö ein SRebenoerbienft ber ©tabtbiener gemefen ju fein. 3m 3al^r
1484 wirb bem oberfien ©tabtbiener §einrid^ ^ipenborg wegen feiner
treuen S)ienfie oom SRat^e ein Äol^lgarten gefd&enft unb babei bie Äunft
fertigfeit gerül^mt, mit weld^er er ^uloer unb geuerpfeile angefertigt
Ij^abe. %^x bie älteren, au(^ nod^ lange wxi^ ber 2lnwenbung beö
©d^ießpuloerft üblid^en SSaffen wehren bie entfpred^nben ©ewerbe üi
— 76 —
ßolberg auörei(3^enb vertreten. Um 1550 l^atte bte ©tabt eine befoit:
bete „§amif(3^mtil^Ie", einen Äupferl^antmer jum ©(j^lagen ber §amifd^e
unb ber Supfetptatten auf bem ^itd^enbai^e. §amif(ä^mafer, ^latem
(Stuftl^arnifd^O ^^l&Qtx, ©(^toertfeger, 3ltmborftmafer werben f(^on t)or
1400 genannt. S)iefe ©ewerbe .l^atten guten SSerbienft, benn jeber
SBürger war jur SSertl^eibigung ber ©tabt unb jur Haltung von Söel^r
unb SBaffen t)erpfi[i(3^tet, unb ber SRatl^ [teilte von Seit ju Seit eine
9let)ifion berfelben in ben §äufent an. ©elbft bie SBittraen, bie baä
©ewerbe ber 3D?änner fortfefeten, l^atten für SBaffen ju forgen, um im
e^aHe ber 3totf) einen 3Jiann auörüften ju fönnen. Sei SBerluft beö
§alfe§ raar bie 3luäful^r von ^utüer unb 33Iei aus ber ©tabt vex^
boten. 2)ie jal^Ireic^en Seftamente beö 15. Sal^rl^unbertä jeigen, wie
reid^Iii^ njenigftenö bie t)ome]^meren g^amilien mit SBaffen Derfel^en
waren: ber SRatl^mann §anö ©teen v^tma^t 1488 jebem ber fünf
©ö^ne von ©aöpar ©d^lief einen ?ßanjer ober eine ^late, einen @ifen=
l^ut, einen ©(^ilb unb ein ^$aar §anbf^ul^e, vmb um biefelbe Seit vtx^
erbt ein ämterer Bürger feinem ©ol^ne^ bem er fonft nur 12 9)larf
l^interläjgt, boä) einen SBaffenrod, jwei ©(3^ilbe, barunter einen von
®ifen, eifeme §anbfd^ul^e unb eineti ©peer.
©0 flanb bem diati)e ein aHjeit fd^lagfertigeö §eer ju ©ebote,
unb meljr aU einmal legt bie @ef(|id)te ber ©tabt Seugnife ab, ba^
bie 3Känner au^ ben 3Berfftätten unb ben ^raiububen, ro^nn ber Ärieg
fie oon il^rer frieblid^en Slrbeit abrief, eben fo gut, wie mit Pfriemen
unb ®lle, aud^ mit Sttrmbruft unb §ellebarbe umjugel^en wußten.
2lu|Ber ben gewölinlid^en amtlid^en DbUegenl^eiten l^atten bie
SRatl^mannen beftimmte augerorbentlid^e aSerpflidjtungen. SDaju gel^örte
bie Setl^eiligung an gewiffen ^^rojeffionen, befonberö jur g^aftnaiä^t.
3n biefer Seit ber auögelaffenften ^olfeluft, wo Sung unb Sllt in tjer^^
fd^iebenen SSermummungen burd^ bie ©trafen jog, unb bie grofee ,,diat^^
föfte" ftattfanb, l^ielt^bie ganje Sürgerfd^aft am gafteUabenb felbft, nad^
©ewerfen georbnet, jebeö ©ewerl mit Äreujen, Säumen unb gal^nen
t)erfel^en, t)on ben ©eiftlid^en beä ©apitete, benen ein großes filbemeö
GrucifiE ooraufgetragen würbe, begleitet, eine feierlid^e ^rojeffion burd^
bie Äir(^en unb burd^ bie ©trajgen ber ©tabt. ©ie ^iejg de grote rey
unb bie Surfprafe von 1480 beftimmt: ,jde grote rey skall gan
unde de werke sholeii hömchen gan vor dem groten reyJ"^ %m
%ofyc 1505 mad^te ber SRatl^ feinen SDiitgliebern baö alte §erfommen, nad^
weld^em aud^ er fid^ ber ^rojeffion anfd^lo^, jur gefefelid^en SBerpflid^tung,
— 77 —
^er folle bis in btc Äiriä^c utib an ben großen 3Ktar mltgc^n, um bort
t)ot ben öerfantmelten ^rieftem ein ©elbopfer niebetjulegen; wer fi(%
ol^nc triftigen ®runb bauon auöfd^Iöffe, ber foffe feines Pfeffers vex^
lufüg gelten, ber il^m fonft jur Seit ber grojgen Äir(3^meffe gerei(3^t
würbe/' Slud^ an ben ^rojeffionen, bie an ben SSier Seiten (ben vkx
Wtttoo^en na^ Invocamt^ ^fittgften, Äreujerl^öl^ung [14. ©ept] unb
bem britten 9lbt)entöfonntage) unb bem g^ro^nlei(^namötage abgehalten
würben, mußte ber Siatl^mann 3tntl^eit nel^men, xotxm er nid^t auf ben
2Bein t)erjid^ten woHte, ben ber 3?atl^ an bem lefeteren S^age bei feinen
aWitgliebem l^erumfanbte. ^)
Sm 17. Sal^rl^unbert würbe alö ein alter S3raud^ bejeic^net, baß
bie fe^ iüngfien SRatl^öl^erm bie Seid^e eitteö geftorbenen ßoHegen ju
®rabe geleiteten unb babei eine §anb auf bie t)on ben SWatl^sbienem ge^
tragene 33al^re legten. 2lte fid^ 1636 ber 9tatl^§l^err Sol^ann ^ol^em
l^aufen fi^on jum jweiten 9Kale weigerte, fi(^ ber alten ©itte ju fügen,
l^olte ber Siatl^ ein @uta(^ten t)on ber juriftifd^en g^acultät ber ©reifö^
walber Unioerfität ein. ®ieö fpra(^ fid^ gegen bie t)om Siatl^e beabfu^^
tiflte fofortige ©ntfefeung t)om 2lmte aus unb rietl^ junäc^ft bie ©rl^e*
bung einer ©elbftrafe cm unb erft bei wieberl^olter SSBeigerung bie
ftußerfte aWaßregel. ^er SRatl^ erneuerte noc^ in bemfelben Saläre baö
alte ©tatut unb beftimmte, baß ber jüngere SRatl^äl^err, ber fid^ beö ©e^
letteö weigere, ol^ne Sffieitereö feines ^oftenö entfefet fein folle. ^^) Db
gegen ^ol^enl^aufen bie ©träfe inö SBerf gefefet ift, wirb nid^t beri($tet,
iebenfoHö »erließ er, mit bem 3flatl^e jerfaHen, brei S^l^re fpäter bie
©tabt unb jog na(^ ©d^lefien.
5Bon einem befttmmten ©el^alt ber Siatl^mannen finbet fid^ in
frül^erer Seit feine ©pur, nur einjelne fleine ©efälle werben erwäl^nt.
Stod^ einem ©tatut beö 14. Sai^rl^unbertö foff jebem neugeforencn SRatJ^^
•manne auf ©tabtfoflen 4 ®renj ©Ifenl^olj gefd^lagen unb unter 2luffid^t
bed Äämmererfned^tä t)or baö §auö gefal^ren werben. 2ln beffen ©teile
tritt balb barauf eine einmalige ©rl^ebung t)on 4 ^fb. ©alj, wol^l auö
ben ©aljfotl^en beö SRat^s. 25er SRatlimann l^atte femer ben SKitgenuß
ber großen „SRatl^ötöfte" ober „SRat^öl^od^jeit" am g^afteHabenb. 3m
3. 1430 waren bafür verausgabt 107 SWarf, barunter für 6 ©d^afe
12 aßarf, für jwei anbere ©d^afe 5 3)farf, für Pfeffer, ©afran, Sngwer
(ju aEBein) 12 aWarf, für 2 Sonnen SBier 5 SKarf, für §üi^ner unb
eier 18 3Rarf. ") 2lud^ bei mand^en ©ilbem unb ©ewerföföfien waren
bie Statl^mannen immer eingelabene ®äfte. 3m 3* 1555 t)erglid^ fid^
— 78 —
ber SRot^ mit bcn aBanbfd^neibcm, ba§ fic für bie von alters f)tx ge^
hvix\xä)liä)t Äöfte fortan 25 fL ber ©ilbefaffe juroeifen unb iebem aiatl^^^
mann unb jebem SBanbfd^neiber ein ©touefen" (©tübd^en) JBein in
baö §au§ fd^iden foKten.^^) änbere f leine aSortl^eile fielen bei ber
aSerwaltung ber ©tobt für fie ab, wie Sleujal^rögefd^enfe aus ben ©tobfc^
börfem an bie SBürgermeifter imb Kämmerer, ©traf- unb 3al^rmarftö=
gefalle, fleine ®innal^men t)on ben fird^lid^en ©tiftungen, beren SBerge^
bung in ben §änben beö SRatl^ö lag, uvb von ben Seftamenten, bei
beren 3lbfaffung immer einige Siatl^mannen jugegen fein mußten. Snt
3. 1422 erl^alten bie SRatl^mannen für il^re SBemül^ungen um baß^farr*
l^auö t)on ©t ©pirituö 4 SDiart 33efonberö t)erbiente SRotl^mannen,
wie §anö ©d^lief uitb §anö ©trippon), würben buxä) befonbere Sota*
tionen geeiert (f. fpäter).
SBeit wid^tiger alö bie ©innal^men waren bie mittelbaren SSor^
tl^eile, bie ein ©ifc im 3latl^e gewäl^rte. 3)ie Leitung beö fteinen ©laatö
gab ©elegeni^eit genug, burd^ ©ewinnung neuer ^^Jrioilegien, burd^ bie
görberung beö Sntereffeö befonberö ber ©ilben, aus benen ber 9iatl^ fi(^
ergönjte, für bie bem ©emeinwefen gebrad^ten £)pfer reic^lid^en ©rfaß
ju erl^alten. —
S)arum mar ein ©ife im Statine nid^t ol^ne Soften ju geroinnen*
S)er neugeforne 9latl^mann mufete jebem SBürgermieifter unb Äammerer
2 ©den Seibenfd^eö 2iid^, 2 ^funb Sngmer, baö ^funb ju 1 ^oftulat?
gulben gered^net, unb 2 ©tübd^en Sll^einmein ober SRumenigl^e (moi^l
gried^ifd^er SSJein) jum ©efd^enf mad^en, jebem SRatl^mann unb bem
©tabtfd^reiber bie §älfte. ^e^lte eö an SBein, fo^tourbe baö »©tübd^en
mit 1 SKarf bejal^lt. S)ie abgäbe für ben SßJein affein betrug alfo
fd^on 31 3Wart Um bie 3Kttte beft 15* Sa^rl^unbertö i^) tritt eine @elb^
abgäbe an bie ©teile: ber ©eforene mug Jebem SWatl^mann uvb bem ©tobt^
f d^reiber 6 SÖiarf, ben Sürgermeiftem unb ben Äämmerem baö ©oppefte
unb bem oberften SRot^öbiener 1 ©tte Seibenfd^eö %n^ geben, ©inige«
Seit fpäter wirb bie Abgabe nod^ gefieigert: ber ©eroal^lte mug bem"
Statine 3 3Karf „lobigen ©ilberö"*) geben unb barauö ein Äleinob
(gemöl^lid^ einen Sedier) arbeiten laffen, unb je „erlifer uub jierlifer"
baffelbe ausfällt, um fo mel^r wirb man baxan^ feinen 2)artf unb fei^
nm guten SBillen erfennen; aujgerbem erl^ielt t)on i^m jeber 5latl|mann'
*) (Sine fßlatt @Uberd, toie man e« }ut äRünae fd^idte, mit etmaö ^fet
oerfe|t, ober gan^ reinen @ilberd.
7Ö
f-.
uttb ber @tabtf(]^reiber 8 aWarf funbif(3^, jeber Sütgcrmeifter unb Äänu
mertr bas SDoppclte, ber obetftc SRatl^öbiener au^r feiner ©He %n^
1 ^fb. Snawer, bie übrigen ©tabtfned^te 1 Sontte S3ter. SDafflr fiel bie
5^te f ort, ble fonfl ber neue Slatl^niann bem ganjen Statine ju geben
l^attei SHeö ©totut würbe 1505 wieber geänbert, unb ba^ Äleinob
bobei wol^l ganj befeitigt 2)enn 1524 bef lagen fid^ bie aufrül^rerifd^eu
SSBerf e> bafe ber 3iot^ „bie filbemeia Secä^er abgebrai^t l^abe, bie man
fonfl auf ba» §aus (baö SRatl^l^aud) jum $Ru|en ber ©tabt ju geben
pflegte.'' SRücite ber 9iatl^ttiann jum Kämmerer üor, fo l^atte er aber*
wate feinen 3)anf burd) ein ©elbgef dE^enf t)on - 2 3Karf funb; an bie
SRatl^ttuinnen, bem S)oppelten an Sürgermeifter unb Äömmerer unb oon
2 lobigen ^fiari an bie ©tabt für ein Äleinob ju bejeigen, unb wenn
er bie ]^5(ä^fte ei^renfteße, baft SBürgermeifteramt, gewann, l^atte er bie
Slbgobe beft neugeforeneu 9latl^mann§ nod^ einmal ju entrid^ten.
3?ur ber ©tabtfd^eiber, meiftenö ein ©eiftlic^er, l^at fd^on frül^
ein fefleö ©el^alt gel^abt. 2)er SRatl^ oerbefferte es i^m 1485, inbem
er ble ©nnal^en einer SSlfarle In ©relfenberg, ble er gefauft l^atte,
b(^legte. SDer ©tabtfd^relber war ber SBertraute beö 9lat^«, er trug
ble SSefd^lfiffe bejfelben unb ble red^tlld^en Söer^ianblungen In bas ©tabt^
bud^ ein. 3)er juerfl genannte ©tabtfd^relber 3lmelungl^ (1297) war
imter ber ©efanbtfd^aft, weld^e baö Iflblfd^e SRed^töbud^ auö Sübed! ^olU,
3tn Sol^r 1469 würbe von §ennlng Slbe folgenber ©täbtfd^relberelb
geleljiet:^*)
1) aSSenU' ber SRdtl^ ^ürgermelfier unb ftftmmerer flefet, bctrf
ber ©tübtfd^telber nld^t jugegen fein.
2> er barf bei^ 9iat^ea »efd^luft iort)fer ©elfHld^en 'nod^ SBeltll*
(|en mtttl^ellen, ausgenommen ben SRatl^mannen. '
3) gttr einen ,/paplernen Srlef" ^ält er von einem SSütget 4 ß,
Don" einem fjremben baö doppelte.
4) gftr >,ba« ©tabtbud^ in lefen" (ble red^tttd^en aSerlfianblungen
beffetteti hm Sürgem vorjulefeü) 4 ß.
5> @r barf ba» ©tabtbud^ hld^t oom §aUfe nehmen.
6) er barf es nld^t oortefen, wenn eö l|)m ber fifteube Sötger-
meifter' nld^t gel^feen l^at.
7) SBon einem aWad^ts ober Sort^ (©eburt*) brtefe barf er nld^t
mel^r ate 1 SRarf neigen.
©er juerfl genannte ©^nblfuS ber ©tabt Ifl^dtirid^i oon Scwe^
jo«^' aufi^.^oil;'belber<'3iedÖte'2)octbr^ ©r f^ot UW\s!Ji.^sS^i9X
— 80 —
§anb in baö ©tabtbud^ latcitufd^ eingetragen: x^ §• t). ß, bin von
ben ßonfuln jum ©pnbifuö ber guten ©tabt ßolberg ewöl^lt «nb
l^abe ben 6ib geleiftet, hen bie ©pnbtci ju leiften pflegen." ®r l^at
alfo f(3^on SBorgänger im Slmte gel^abt ®ine ©rbfiä^aftöangelegen^
l^eit tief il^n 1500 nai^ Sloftod jurüd, t)on wo er ni(^t wieber^
gefommen ju fein fd^eint SDer ©pnbihiö l^atte bie Leitung ber $ro:=
jeffe ber ©tabt, bie 2lbfaffung von Urfunben unb SBerträgen unb bie
gül^rung beö §9potl^cfenbuc^ö, raeld^e in frül^erer Seit bem ©tabtf(^reiber
jugeptanben l^atte unb aud^ no(^ fpäter jeitweife in ber §anb beö U^
teren war. S)er ©pnbifus folgte im SRange bem SBürgermeifter, l^attc
aber feinen ©ife im diid^e.
aitte 9iatl^mannen leifteten bei il^rem Eintritte in ben Sftatl^ *^) ben
©($n)ur, „il^reö §errn (beö S3ifd^ofd) Steinte, ber ©tabt Siedet, beö
9?atl^§ Sffiilllüren, wie fie in ben Sudlern ber ©tabt gef(^rieben finb,
unb i^re ^rit)ilegien bei SRad^t ju erl^alten; wo [ie von 3voktxaä)t
innerl^alb beö Slat^ö ober ber Sürgerfc^aft l^ören, fie nad^ il^rem SBer^^
mögen ju ftiffen; nid^t ju melben, toaö binnen 3tatl^ö t)erl^anbelt wirb,
ate einer bem anbem, unb fic^ ju feiner Seit mit geiftUc^en ober roeltUd^en
^erfonen jufammen gegen ben 3tatl^ unb gegen SRatl^öfad^en ju t)erbin*
ben." S)ie Kämmerer oerpflid^ten fid^ noc| inöbefonbere, bafe fie fein
®elb, weld^eö ber ©tabt gel^ört, anberö alö auf bem SRatl^l^aufe unb in
©egenwart beö ©tabtfd^reiberö ausgeben ober einnel^men wollen, auö^:
genommen S3iergelb unb äl^nli(^e geringe 3lu§gaben; unb wirb ein
Äämmerer franf, fo barf er feinen ©d^lüffel nid^t feinem „SUlitcumpan,"
fonbem nur bem „rabenben" 33ürgermeifter jufenben; aud^ barf er nid^t
ol^ne beö lefeteren SBiffen einem ©oHegen ober überl^aupt einem diat^
mann ®elb auö ber ©tabtfaffe teilten.
3n aßen ©tobten beö lübifd^en 3ted^tö flnbet eine, rvtnn aud^
nid^t gefefelid^ feftgefteUte, bod^ tl^atfäd^Ud^e unb bei bem ©etbftergän-
jungöred^te beö SRotl^ö leidet feftjüftellenbe ^atricierl^errfd^aft ftatt; in
©olberg mar fie nod^ gefd^loffener, alö anberöwo. 2)ie Urfad^e baoon
Hegt in ber ©teHung ber vor ben anberen ©enoffenfd^aften bebeutenb
l^eroortretenben, eine grofee Sal^l angefel^ener gamitien in fid^ üereini^
genben ©aljgilbe. ©bgleid^ aud^ in ßolberg feine auf 3lbftammung be^
rul^enbe 2lriftofratie beftanb unb fein golbeneö SBud^ berfelben, toie in
SBenebig, obgleid^ gefefeU(^ nur bie §anbn)erfer twm Statine auögefd^loffen
maren unb mani^e gamilien, bie fid^ bur^ 3Wil^rigfeit unb g^Ieiß in
bie §iJl^e gearbeitet l^atten^ Sutritt aum 3iatl&e genommen (f. j, SB.
— 81 —
©. 60), fo war bod^ ber ©influfe jener ©ilbe fo übetwiegenb, bafe fid^
ber diat^ üorjugöweife auö i^r ergänjte, unb bafe bie ©üljengefd^led^ter
bis in baö 17. S^l^tl^unbert l^in bie l^errfc^enben waren.
3)ie ©efa^r, ba§ bie SRat^ßfteHen unter biefen Umftänben in hen
SBefife ober unter ben ©influjs weniger g^amilien famen, eine ©efalir,
bie baö lübifd^e Siedet burd^ baö aSerbot, baj3 ju nal^e aSerwanbte nid^t
jufammen im diaü)e fifeen foHen, abjurael^ren fud^t, war in ©olberg be§I)alb
in t)erftärftem 3Bafee üorl^anben; unb wie ade X)om SRatl^e erlaff enen ©ta=
tuten burd^ ein wirfti(^eö SSebürfni^ bebingt waren, fo war aud^ fidler bie
1452 von il^m befd^loffene SBittfür „ijöw köre der radlude''^^) gegen
wirHid^en aWipraud^ be§ gamitteneinftuffeö bei Sefefeung ber Siat^ö^
ftül^le gerichtet. SDie 5Reuwaf)l foH l^iemad^ t)on bem gefammten 5tatf)e,
bem fi^enben unb nid^t fifeenben, üoUjogen unb babei nur auf Süd^tig::
feit unb aaSürbigfeit gefe^ien werben ; auögefd^Ioffen oon ber 2Bä^lbar!eit
finb ©d^wefter= unb Srüberföl;ne, Säter unb ©ö^ne ber 3Jlitglieber beß
SRatl^ö. SBir finben beöl^alb feinen mw ben ©öl^nen beö einftu^reid^en ^a\\%
©(^lief, ber bantate gerabe SBürgetmeifter war, bei ßebgeiten beö äJaterä
im aiatl^e, fie befleiben l^ödEiftenö aSertrauenöämter, bie ber Statl^ aud^
an aulserl^alb bed (SoHegiumö ftel^enbe Bürger überträgt.
©(^werere ©efal^ren l^atten bie t)orne^men ®ef(^led^ter fd^on ein
Sal^rl^unbert frül^er über bie ©tabt gebrad^t. ©o fe^r gerabe fie baju
beitrugen, ber Sürgerfd^aft baö ©efü^l ber ©elbftftänbigfeit, ben trofei^
gen ©inn ju geben, ber ben Äampf aud^ mit überlegenen 3Kä(^ten auf::
junel^men jid^ nid^t fd^eute, fo äußerte fid^ bod^ au(^ oft bei il^nen bie
leibenfd^aftU(^ erregte Kraft in blutiger ©ewaltt^at, bie fie felbft gegen^
elnanber t)erübten, unb öfter ftürjten fie bie ©tabt baburd^ in f^were
2)rangfale. aSeranlaffung baju gaben befonberö bie Sel^ngüter, in bereu
Sefife man($e berfelben blieben, au(^ wenn fie Bürger ber ©tabt ge^
worben waren, ober bie fie erft alö Bürger in il^re §anb brad^ten, wie
bie Bürger ®leruä unb Solianneö be ®iten (1327) aHeö ©igentl^um
§enning §epbcbredä unb §enning ©letifeö in ©ro^sSUlöHen, mit bem
SRed^te, eö ju oerfaufen, wenn eö In beftimmter grifl nid^t eingelöfi
wäre. ") 3wift über fold^e (Süter führte nid^t feiten ju ©ewaltt^ätig^
feiten jwifd^en ben ©efd^led^tern ber ©tabt, ober ju gelben mit grem^^
ben, unb ba in biefer 3eit ber S3eleibigte, wenn er auäwärtö wohnte,
m ber ganjen ©tabt, beren 3)lauem ben ©egner fid^erten, SRad^e ju nehmen
pflegte, fo mußten bie Bürger berfelben unb bie 33auem auf ben ftöbtifd^en
®ätem mit W^in, i^re Siedler würben t)erwttftet, i^re §äufer unb ©d^eunen
— &2 —
verbrannt, fte fetbft gefaiigen, in ben Z^xm g^morfeit unb nur gegen
fd^weteö ßöfegelb fteigelaffen.
3iRel^rere unl^citoolle aSerwidelungen ber %xt folflten um bie SWittc
beö 14. 3al^rl)uubertä fiä^ueH aufeinanber.
3uerft war §cnttinfl ©pobc (feit 1353 als 9iat{;uiaun genannt),
§ermaun unb §enning t). SDami^, ©olberger Sürger, mit SBibante um
baö §auö (33urg) unb 3)orf 3)umjin in g^el^be geratl;en. S)iefe Ikfeen
ben ®egner hmä) il^re 2)iener greifen unb biö an feinen Sob im ©torfe
l^alten. gür il;n trat aber ein 3Rartin ©mefel ate 9tä^er ouf imb
fudjte bie ©tabt unb bereu ©igentl^um mit SÖlorb utib Sranb l^eim.
gerner war in golge eines ©treitö über SeJ^üter Subete SBe^
bele, 33ürgermeifter von ©olberg, von §ennann v. 3)amife, bem Mnu
merer berfelben ©tabt, gefangen genommen unb fpäter, als er feiiie
§ufen unb fein Sel^ngut befd^irmen wollte, erfd^lo^en worben; feine
unb feines ©ol^nes greunbe, t)iele reiche Seute würben babei gefangen
unb famen in großen ©droben*
SDann geriet)^ ber Sürgermeifter aSincentiuS §oK mit 3Kattl^iaS
unb SBijjefe von öuffe (SJufefe), Bö^mn bes ä^itters Seffen Samefe,
über bas il;ni gel^örenbe §aus xmb S)orf 9iaffenburg (9?affow) iit ©treit
2lud) in biefe gelobe würbe bie ©tabt rerwicfelt, unb es würben babei bie
Sürgerfdieunen vox bem 3Kü^lentl^ore, fo wie t)iele ©aljlotl^ abge^
bxannt (f. 6ap. 8.)
5Den un^eitoottften 3luSgang i^atte ein ä^nli^ex ©treit 35ertl^olb
©lafenapps mit feinem ©tiefüater ^etmar 2)ob elften, inbem er bal^in
füf)rte, bajs ber ©o^n ben SSater bei SBufow erfd^lug (1364*). S)te
©tabt fam babur($ in fd^were 33ebrängni§ unb würbe fogar von ben
pommerfd^en ^erjogen „ooer ber ©wine" in bie 3ld^t ertlärt, in ber fre
no(^ ftanb, als 1376 ber ©treit bnx^ eine ©ül^ne jwifd^en SSertl^olb
(Slafenapp unb ben SBenoanbten von S)etmar 3)obelften beenbet würbe.
2)iefe ift merfwürbig genug, um l^ier wenigftens ber §auptfad^e nad^
aufgefül^rt ju werben:
3uerft fott ber 3Körber in Sufow, t)on ber ©tütte, wo ber 5Btorb
üerübt ift, eine Saläre, auf weld^er ein ©eibenftüdt von 12 3Haxt an
SBert^ liegt, fetbft mit feinen Reifem in ^Projeffion in bie Äird^ trafen
*) ®emt in btcfcm SlÄ^rc rtlib ®toac S)obclflen woc^ al« S3örgcrmc{flei: ge-
nannt, unb anbcrerfettd ber ^lütc^ fo^enbe S3cfc^Iu^ fiber bie Se^ngüter ff^faft,
ber fid^ au4 auf bie (Srmorbmig {ened besiegt S)te ge^be um ^taffow fftSt in
baffelbe Sa^x, !ur5 m^ 2)obel{knt8 Srmorbung,
— 83 —
tmb, T)on JOO Statinem uttb g^raucn begleitet, mit 2 Steffen eine^Sob-
tenfeier begel^en; baju foH er ßid}te an% 2 ©tein SBa^ö maä)m laffett,
bie mit bem ©eibenjeuge jufammen von ben SBertpanbten beö ©rf^la^^
genen ju ®otte§ ©l^re irgenb einer Äird^e gefd^enft werben foHen. S)em
Sobten ftiftet 33erti^olb ©lafenapp in bem Älofter S3u!on) ein eroiges ®e^
bä(^tni§ nnb läfet il^m ein Äreuj fefeen, roeld^eö 40 3^u§ 'f)oä) auö ber
®rbe l^etüotragt. gemer foH er anä) in ßolberg vox bem ©teintl^ore
eine S3al^re mit einem ©eibenftüd ju 20 SKarf unb Hinten aus 3 ^jjfb.
SBad^Ä aufnel^men, fie felbft mit feinen §elfem in ^rojeffion in bie
Äird^e tragen unb bort mit brei SWeffen in Begleitung von 200 a)iän^
nern unb grauen eine ßeid^enfeier begel^en; Sid^t unb ©eibe fällt ebem
faHö einem ©otteöl^aufe ju. SDann fott er bxnmn Sal^r unb Sag eine
SSaHfal^rt na(| SHom mad^en unb jroei 3Kann nad) Sld^en (jum l^eiligen
SBlute) fenbenV unb von beiben £)rten foHen äBal^räeid^en mitgebrad^t
werben, ba^ bie SöaHfal^rten mxtiiä) gemad^t finb, Slufeerbem foH ber
SWörber eine aSicarie von 400 Wlaxt mit 32 Wlaxt iäl)rlid^er 9tente in
ber ßolberger Äird^e ftiften, beren 5Berleil^ung ben Sßerroanbten beä ©r-
fd^lagenen juftel^t. 2lu(^ foU er bie ©tabt unb bie g^reunbe auö ber
„aSefte" bringen, in bie er fie gebrai^t, unb bis ju SDUtfaften eine Urfunbe
baräber von ben §erren „oDer ber ©wpne" bem SRatl^e t)ortegen.
®nbli(| ifl er auö ßolberg t)ern)iefen, barf bort feine SBol^nung l^aben
unb nur ate ®aft mag er fid^ 3 ober 4 SBod^en in ber ©tabt auf=
l&alten, i»)
SDa§ er bie lefete SBebingung erfüllt l^ät, jeigt baö ©tabtbu($ von
1377, unb 1380 leiftet er aSerjii^t auf alles ©rbe, baö i^m oon feiner
SWutter, ber t)erftorbenen ©attin 3)etmar SDobelftens, juf allen fönnte.
S)enfelben aSet^id^t leiften §ermann v, 3)amife unb feine ©attin, Ser^
tl^olb ©lafenappö ©d^roefter, 3m übrigen fd^einen bie aSerroanbten
©obelftenö il^re g^orberungen ermäßigt ju i^aben, unb bie ©ül;ne fd^eint
nid^t t)ollftänbig jur 3lusfül^rung gefommen ju fein. —
Um bie Duelle bes Unheils, weld^es burd^ biefe Serwürfniffe
über bie ©tabt gefommen war, für immer ju »erftopfen, l^atte ber SRatl^
im Saläre 1364 am 1, 3Kai ben burd^greifenben SBefd^lug (fpäter sia-
hUum rigorosiün genannt) gefaxt, baj3 Jiiemanb innerl^alb unb au^er^
l^alb bes SWatl^ö, ber ©olberger aSürger bleiben motte, Se^ngut befifeen
bürfe, meld^eö au^erl^alb ber ©tabt ©erid^t läge, unb ba§ 9liemanb in
bie aSürgerfd^aft aufgenommen werben fotte, ber fid^ nid^t t)orl^er feinet
§ufen unb Äe^ne entäufeert ^abe. SDer gefommte Sftat^, ber alte unb
■^ 61 —
neue, befd^roor baä Statut unb bec ©d^rour foHte jebeömal, wenn \\^
ber 9latl^ erneuerte, raieberl^ott werben. ^^)
9lod^ in bemfelben Salute Derfaufte SBincentiuä §oll unb fein
©o^n Henning i^re ©ered^tigfeit an bem ©d^lojfe Siaffon) mit feinen
^Webengütem aw ben öifd^of, unb bie SDamifee Duefein an baö Stttftäb:^
tifd^e Älofter* "Sebenfallö ^ängt ber erftere (f. 6ap. 8), t)ielleid^t aud^
ber lefetere ä5erlauf mit bem angefül^rten SlatJ^öbefd^luffe jufammen. —
2)aö ®efe^ ift nid^t ju allen Seiten mit gleid^er ©trenge gel^anb^^
^abt, benn wir flnben nid^t fetten 33ürgermeifter unb SRatl^mannen im
Öefife t)on iJe^ngütern. 3m Sa^re 1498 l^at ber: äJürgermeifter
31. .^rög^er einen S^eit t)on SDrefon) t)on bem Slati^mann §inrif Äreigl^e
gekauft unb biö an feinen Sob im öefife bel^alten;^®) Sifd^of ©raömuö
belehnte im Saläre 1520 ben ßolberger Bürger ßaöpar älbebar mit
einem SBiertel t)on Sufforo, unb beffen ©ol^n §anä gab eö nid^t auf,
obiüoljl er 33ürgermeifter ber ©tabt mürbe; ©malb t). Slanfenburg er-
l)ielt im Sa^re 1530 baö Sürgerred^t in ber ©tabt, ol^ne fid^ feiner
iieljngüter ju entäujBeni, ber Slatl^ forbeite nur, bafe er für feinen Siefife
©d[)o§ ja^le unb gelobe, i^n nöt^igeufallä allein befdjirmen ju motten,
ot;iie bie ©tabt in ©d^aben ju bringen. SDagegen mu^te Sürgen
t). 33ard)min feinen Slnt^eil an £a§!e (für 600 Ml an »ifd^of aJiartin)
t)ertaufen, ate er im Sa^re 1505 ©olberger S3ürger mürbe, unb ©ufta^
c^iuö t). SBoperönom fottte nid^t el^er al§ 33ürger aufgenommen werben,
biö er feine Sel^ngüter feinen Srübenx übergeben unb fid^ bem ©tatut
„gleid^mä^ig" gemad^t i)ätte (1561). @r befc^roerte fid^ barüber mit
i5u!aö t). S)ami^ jufammen, bem ber 3(at^ aud^ baä 33ürgerre(^t y^tt-
weigert l^atte, biö er fid^ beö Suttenwinfelö „ol^nig" gema(^t l^ätte,
157/ bei bem Steid^öfammergerid^t, beibe beriefen fid^ babei auf Ulrid^
D. SDamife, ber alö Sürgermeifter aud^ baö ®ut SDhljan (?) befeffen l^abe/
auf §anö t). ©toientin unb §anä t). ainiperönow, bie troft i^reö Sel^n^^
befifeeö ©alj gefotten unb baö Sürgerred^t ber ©tabt befeffen ptten.
§anö . n. ©toientin gegenüber f djeint l^iemai^ ber 3?at^ t)on ber gleid^en
Sebingung, bie er i^m 156 i für bie Erwerbung beä Sürgerred^tö ge^
ftcttt ^atte, abgeftanben ju fein, bie beiben Äläger beim Äammergerid^te
bagegen mußten fid^ bem ©tatute bar ©labt fügen. — SDie milbere
ober ftrengere §anbl)abung beffelben routbe wo^l burd^ bie SHidffid^t
auf bie Unannet)mti(^feiten beftimmt, weld^e ber ©tabt au§ bem Sel^n^
befife i^rer S3ürger erwad^fen fonnten. SBilben unb ftreitfüd^tigen SRatu^
reu gegenüber, wie ©uft, p, äßoperdnow (f. fpäter) unb Sufaö o, SJamift^
- 85 —
ml^et leitete in Böfer 3e{t her ©tabt manc^^en ©(3^abcn jugefügt
l^atte imb t)otn JRatl^c fogar „Derfefttgt" würbe, toar c§ geratl^en, baö
SRcd^t mit größerer Strenge anfre^t ju erl^alten. ^0
2)a baö ©tatut in einer 3eit, wo eine ftärfere g^ürftengewalt
ben Sanbfrieben gegen ©töningen fid^erte, feinen ©inn verloren l^atte,
fo badete ber diat^ 1 632 an bie 2lnf ^ebung beffelben, l^olte jebod^ jut)or,
weit er peifell^aft war, ob er baö dieä)t baju ^abe, bas ©utad^ten
ber juriftifd^en l^acultät ber Unioerfität $Koftod ein. SDa aber biefe
entfd^ieb, baß bas ©tatut, weil e§ nid^t m^^ §aj3 gegen ben
3lbel, fonbem an§ Siebe ium gemeinen SlBol^Ie ber ©tabt l^enjorgegam
gen fei unb fd^on über 200 Saläre beftanben l^abe, ol^ne a?erlefenng bes
gcfd^roorenen ®ibe§ nid^t aufgel^oben werben fönne, fo gab ber 9Jatl^
fein SSorl^aben anf, unb baö ©tatut blieb in Äraft. — S)ie 2lnnal^me
im 17. Sal^rl^unbert, baß baffelbe alö gegen ben 9lbet geri(|tet aufge^^
faßt werben fönne, beml^t auf einem Strtl^um: felbftt)erftänblid^ fonnte
in einer 3eit, wo überl^aupt ber Slbel no^ feinen abgefd^Ioffenen ©tanb
bilbete, wo nid^t fetten 33rüber unb a?ettem ber Sel^ninl^aber Sürger
unb SRatl^mannert ber ©täbte waren, oon einem §affe gegen benfelben
nid^t bie SRebe fein.
3u ben wii^tigften Sefugniffen beö SRatl^ö geprte bie ^anbl^O::
bung beö ftäbtif(^en ©erii^tö. ®er SSorfife beffelben war bem bifd^öf:=
lid^en SSogt geblieben, au^ afö er feine ©teUung an ber ©pifee be§
3?atl^§ ben Sürgermeiftern l^atte überlaffen muffen. S)er SSogt würbe
vom SSifd^of ernannt, bod^ gewiß fd^on frü^ tnit ber 33ef(^ränfung, baß
er ber ßolberger SBürgerf^aft angel^ören muffe. 25a bie Äenntniß beö
Iübif(^en SRed^tö jur aSerwaltung biefer ©teile notl^wenbig war, fo fonnte
faum ein anberer, alö ein rei^töfunbiger 93ürger ber ©tabt fie oerwaU
tm. ®ie wenigen Sßögte, bie im ©tabtbud^ t)orfommen, finb au§ 6ol-
berg. ©o wirb ber SBogt ?Peter 1326^) (Solberger Bürger genannt/
unb bie SBögte ßtaweö ©abelmann (1384) unb Sßifolauö ©d^ulte (1412)
gel^ören angefel^enen fiäbtifd^en gamilien an. Snt ©tabtbud^e fielen fie
l^inter ben Sonfuln aufgefül^rt (coram cotmilibus et advocato). —
Urfunbttd^ jugeftanben wirb ber ©tabt baö lange_ geübte Siedet, baö
anbere ©täbte längft erworben ^^aitzn, erft 1506 burd^ Sifd^of aWartin. ^3)
33alb barauf fd^on muß e§ bem SWat^e gelungen fein, bem 33ogte ben
SSorfife im ftäbtifd^en Dbergerid^te ju entjie^en, fo baß i^m nur bie
Seitung be§ Untergerid^tö blieb, t)or weld^eö nur ©ad^en biö jum SBert^e
t)on pd^ften» 15 3Kar! gebrad^t würben, Safob Slbebar (1524) wirb
— 86 —
jtidex i7iferiom judieii genannt. 3lfe um 1580 bie prflbifiä^öfe ans
bem ponimerfd^en ^erjogö^ufe tl^rc alten Sleiä^te lieber ju geroinnen
fuiä^ten, rourbe i^nen t)on ber ©tabt nur bie aWitbefefeung be§ Unter-
geri(ä^t§ jugeftanben, xot^^^ ber SRatl^ im Saufe beö 16. gai^rl^unbertö
ebenfalls an fi(^ gebrai^t l^atte. —
3n)ei SRitglieber beö SRatl^ö waren bie Seifiger bed bifd^öffttä^en
58ogtö24)^ nur einmal, im Saläre 1297, bei einem fiäEimierigen, glei(3^ ju
enoäl^nenben 3?e(S^tsfalI werben 4 Seififeer genannt. ^^)
S)ie aiufeeid^nung ber SHed^tägemol^nl^eiten in ben erflen ^oX^x-^
jel^nten na(ä^ ber ©rünbung ber ©tabt war, menn fle überl^aupt fiatt^:
gefunben l^atte, ft(i^er eine fel^r mangell^afte, unb baö juriftifd^e SBiffen
ber älteften Familien, bie baö SReiä^t ate lebenbigen SSefife mitgebra(3^t
l^atten, beburfle ni(3^t feiten ber ®rganjung unb ^Berichtigung. 3n ber
©rünbungßurfunbe mar ber ©tabt ber ©reifömalber Slatl^ als bie l^öl^ere
Snftanj jugeroiefen, tl^eilö jur mirfli(^en Berufung gegen ein t)om 6ol*
berger SRatl^e gefproi^eneö Urtl^eil, tl^eite jur 9ied^töbelel^rung in jmeis
fel^aften gätten. 3Re]^rfa(]^ l^at ber 3Jatl^ t)on biefem 9ie(3^t ©ebraud^
gemacht, ©o ertl^eilte i^m auf feine Slnfrage balb nad^ ©rünbung ber
©tabt ber ©reiföroalber Slatl^ Selel^rung über geroiffe i^unfte, bie baö
©rbrei^t imb bie ^erpa^tung t)on ^fannftätten betrafen, fo mie ftber
bie in ©reifömalb üblii^en SWajge, SRefee unb ©d^effel.^^) @inen jmei^
ten Seleg baju giebt jener Sled^t^fall t)on 1297, bei bem 4 33eififeer
genannt finb. 3luf ber SDlünbe am §afen mar ein aWorb verübt, ein
geroiffer ©tromberg ber S^at J6ef(3^ulbigt unb jur §aft gebracht. 33ei
ber ©d^mierigfeit, ben Sl^atbeftanb ju ermitteln unb bie ©laubmürbig::
feit ber Sengen feftjufteffen, l^atte ber Solberger 9latl^ "t^tn ©reifömalber
um ein Snterlocut erfud^t, bod^ aui^ biefem mar ber gatt fo bebenllid^
erfd^iemn, ba§ er bie ßolberger 9iat^öfenbeboten m ben SübedEer SRatl^
t)em)ieö. SRad^ ben t)on biefem über bie ©laubmürbigfeit ber Sengen
aufgeftellten SBeftimmungen fällten bie (Solberger SHd^ter il^r Urtl^eil,
manbten fid^ bann ober, afe bie tjerurt^eilte Partei baffelbe fd^alt,
abermals m ©reifömalb, um t)on bort 33elel^rung ju Idolen, „mo, mie
fie l^öflid^ fagen, bie ßuette beö SRed^tö ftiefee, mäl^renb fie nur abgelei^
tete Säd^lein mären." 2^) Ueber ben weiteren SSerlauf ber ©ad^e ift
leine Sftad^rid^t üorl^anben.
S)o^ mufe aud^ in (Solberg balb bie Serufung auf bie ©tabt
üblid^ geworben fein, beren auf reid^erem §anbelöt)erfel^r unb mannig=
faltigerer Sluäbilbwng aller ^tb^^ unb 3led&täverl&ältniffe beml^enbe
-- 87 —
tWferlegeniieil ©reifftwatb fclbfi hwcS) bie SBerraeifung auf fic attcr«=
ftrnnt l^attc. £>l^nel^in war ßolfeerg f^on biird^ bie jal^treid^ miö äüUd
ekigeiüanberten ^amiliett mit il^m in engere SJetbinbung gefommen, unb
bem ©influffe, welchen bie neuen SSörger von ©olberg immer noc^ in
ber attett §eima*l^ befiften mod^ten, l^atte bie ©tabt mol^l bie gro^e Se^
wrjwftung ju uerbanfen, meldte i^r vox anberen ©tobten ju Sl^eil würbe.
3tn Saläre 1297 nämlid^ am g^reitage vox palmar. (5. 2lpriO
überbrad^ten bie beiben SÄatl^mannen Sol^ann von ©l^emelin unb Soi^ann
fiolberg bem (Solberger 3*at^e omö SüUd einen 6obeE beö lübifd^en
3ieäft^ JU be[fen Slbl^olung fie t)0m Slati^ b^trti^in gefanbt waren.
2)er IßttbedEer Bürger ällbred^t v. Sarbemif (t)ergtei(ä^ Einleitung) l^atte
i&U im ßid&tme&tage mit ©rlaubnife be^ Sübed^r diati)^ j^dor (wegen)
Wftmilike Ime unde dor manigbvojfde wQldai", bie berfelb^ von
ßoftei^ erfal^ren l^tte, für bie ©emeinbe unb ben SRatl^ von ©olberg
(Hbfd&reiben laffen. Sttrgermeifter von fiübecE waren in biefem Saläre:
3Barfwarb ^plbemer unb Sol^ann 3b^n^\e unb Äämmerer: ©egebobe
unb Sllejanber von Lüneburg. S)er 9Bert|i, ben baö ©efcä^enf in ben
Slugen beö ißübeder 9iat&§ l&atte, Iji^t W ^wö bem SBerfpred^en erfen^:
neu, JU betn fidj ber ßolberger 9{atl^ in einem „offenen ^riefe'< t)erpfl(id^ten
mu^te, unb wetd^eÄ bei iebem SRatl^wet^fel wieberl^olt werben fottte:
,^at wi unde tmse tiakomeUngke, dhe der stat to kolberghc ge-
$weren hebbeuj da hole iha user $iades. mit bi u?is suleen sc/ioieii
hi^ldken^ imde dat wi H (o tU &mnmde mmnende sckoieti don
mch Imen tho negbenevwiSj dhe^ kßbbet de, heren de ratmam
mn liib^ke; t/taversicMe (a t(m f<ilma:^i,mn^^' SRut unter ber Sebin^
gung alf^ war il^nen ba3 ^d& eingel^änbigt morben^ bag fie e% feiner
anberen @tabt überlielsen^ um 3lbf(|irift bt^pon ju nel^men. — Sßod^
peimal finb ßolberger 3f^atl^mannen no^ Sübed gegangen, um über
gcitte SRad^träge ju l^olen^ worüber ber (alfo nid^t ganj t)oHftänbige)
^oibej feine» S3eftimmungen entl^ielt^ im Saläre 1300 SBertl&olb ©lafenapp
H«b Subwig von SDortmunbe iwegen eines ©treiteß, ben bie ©tabt mit
bem SWünjnieifter ©d&ule unb bem ©d^ul^mad^er 2Rerten um bie „fat
fd^^n Pfennige" l^te, unb einige Saläre fpÄter ^erber SBoÜo unb 3(moIb
SRofe in golge eines 3wifteö, in weld^m ber 3iat| mit einem angefe*
l^n SHitbftrgep §.annuä von Stolpe gefommen war.
25er oben erwäl^nte fd^wierige SRec^töfaff, welcher ber ©tabt t)iele
U^ifpft^ unb fl^^^en^^en ber^it^^ l^atte, vi^m tQo^l bie näd^fte ^er^^
anlajfung ju bem SßJunfd^e \>e% SRat^ö gewefen^ ein eigenes SRed^töbud^
— 88 —
*
ju befifecn, unb btc bei jenem ^ojeffe mS) Sübed entfanbten 9iat]^'
mannen mögen bort bie Sitte beffetbeh t)or9etra9en l^aben. SDenn bie
Urfunbe, ml^e ben ^rojeg entl^ält, ift am 5. g^ebruar 1297 auöge*
[teilt, unb am 2. g^ebruar (Sid^tmeffe) l^atten bie ©(^reibet 9llbred^tö
von SBatbemif bie 2lbf d^rift fertig. 3n ßolberg mürbe pe unter bem
SWamen „Sübifd^eö ©tabtbu(3^" auf bem SRatl^l^Aufe bemal^rt, Sal^tl^um
berte l^inburi^ l^at ber 9tatl^ hamä) feine Urtl^eile gefaßt, unb alle
n)i(3^tigen Siatl^ömtllfüren mürben barin eingetragen.
S)ie Sluöftattung mit einem eigenen JRec^tscobej trug vDof)l baju
bei, einerfeitö baö aSerl^ältnilg ju ©reifömalb ju löfen unb ben Süberfer
SRatl^ ju ber unmittelbar über bem ©olberger Statine fiel^enben pl^eren
Snftanj ju erl^eben, anbererfeitö ber @tabt il^re l^errorragenbe ©teHung
in §interpommem ju geben, bie ft(3^ barin jeigte, bafe bie fpäter gegrüm
beten ©täbte, namentlid^ bie ftiftif^en, nad^ bem 3Jhifier von ßolberg
eingeri(3^tet mürben unb bnxS) auöbrü(fli(3^e geftfefeung ober ftillf(3^mei:s
genbe SCnerfennung in bem ßolberger 9iatl^e il^re StppeUationöinftanj
erl^ietten. ©o t)erlie]^ Sifd^of g^riebrid^ bem 1340 jur ©tabt erl^obenen
gledfen Sublife lübifi^eö dieä)t unb 3fle(3^t§berufung nad^ ©olberg unb
gab il^r beren 9Künje, Sängen- unb ©^effelmaß ^^), unb ein ^rojeg
jmifd^en bem JKatl^e t)on Sublife unb ben ©ebrübem §enning unb
§einri(ä^ ©lopger über bas ®rbe il^re§ in Subtife erfd)Iagenen Sßaterö
mirb besl^alb vor ben ßolberger 9tatl^ gebrad^t 1380 (©tabtb.). — 5Daö
fd^on 1299 'genannte ßörlin, melleid^t fd^on bamal§ beu^d^e ©tabt, erfd^eint
um 1380 mit lübifd^em SRed^te nad^ ßolberger aJhifter bemibmet.
3lud^ Söölin, beffen ®rünbung§ur!unbe ber aSogt von ßolberg unb
mel^rere SDom^errn t)om ßolberger ßapitel als Sengen unterjeid^net
l^aben, l^atte menigfienö in fpäterer Seit baö Sugred^t nad^ ßolberg-
Smei aippellationen von Urtl^eilen beö ßööliner SWatl^ö an ben ßolberger
auö bem Sa^re 1547 finb erl^alten.*) (©tabtb. ju b. 30 ©elbft nid^t*
ftiftifd^e ©tobte, mie ©tolp unb ©d^Iame, ftanben in bemfelben Sßerl^ält'^
niffe JU bem ßolberger Siatl^e; von ©tolpe ift t)om Saläre 1519 bis
1548 eitte jiemlid^e Slnjal^t von 3lppelIationen ©tolper SSürger an ben
ßolberger SRatl^ erhalten, von ©d^tame menigftenö brei. SBon Selgarb
mirb baffelbe bel^auptet, bod^ ift fein gatt erl^atten. ^9)
S)ie meiften ber genannten ©täbte ftanben anä) fonft in naiven
*) SWtc^cIfcn« a Dbcrl^of bringt feinen gad einer SCppeaation von ©öelln
— 89 —
Sejiel^ungen ju ©olberg, unb Bei bcr ©rünbung ntel^rerer finb voo^
©olbcrger Sürger tl^ätig geiucfcn. 3u ben gamilien, bte lübifd^es
Siedet na6) Solbcrger 3loxm m^ ©tolpe ücrpflanjt l^aben, gepren bte
®arfo«)'ö: fte l^aben gleii^e aSontamen, me bte ©tolper 2)arfon)'ö;
einem 3oi^aittte§ S)arfotr) tourbe 1310 bei ber ©rünbung ber ©tabt baä
JRid^teratttt übertragett, iiitb 9?ifoIau§ SJarfoto war bort 1350 Sürger^
nteifler. 3n ©örlin toirb 1299 ein §om alö Bürger genannt. 9Wit
ben Segrünbem t)on ©d^Iaroe, Saöfo unb ?ßeter von 5Reuenbiirg, ftanb
ber ßolberger SRatl^ um 1321 (f. 6ap. 7) in gutem ©inoemel^men, unb
in ben ©täbten, bie an ber §anbeteftrafee naS) ^olen lagen, ftnben
fid^ einige ber angefel^enften Solberger ^atricierfamilien njteber, wie
bie SSerwalbe in 33etgarb unb bie §atefon)ö in Selgarb unb Subli^,
unb baö ©tabtbud^ bejeugt, ba|3 fie mit il^ren ßolberger Slutöfretmben
lange in SSerbinbung geblieben jinb.
3n ben 9lppeIlationen von Urtl^eilen be§ ßolberger SJatl^ö an
ben Sübedfer trat im ?al^re 1499 in fo fern eine Sefd^ränhmg ein,
als in biefem Saläre von bem SRatl^e mit Seiftimmimg ber Sürgerfd^aft
befd^loffen tüurbe, dal vema7it hynnen uvde hnteii radcs fiir to Col-
berge scal en ordel scheiden van de?ffe rade Air vor den rad vo?i
Lube/fe in ener sähe von vefjflich marken iffle dar beneddeih^^)
3n ^(x^tn über 50 3Warf mag jeber na($ Sübed appelliren. SDaö
Urtl^eil foH bur(^ ben ©tabtf(3^reiber in baö Urtl;eilbud^ eingetragett
werben, ber SJatl^ foff eö ben Parteien auf il^r SJerlangen in ©dirift
geben, um e§ vox ben el^rfamen SRatl^ t)on Sübed ju bringen, unb biefe
foHen bem ©c^reiber fo oiel bafi'ir geben, ate man ju Sübed giebt.
©eit ber SRatl^ fi(^ üon ber läftigen ©berauffiiä^t beö bif(]^öf[i(^en
SBogtö freigemacht l^atte, mar bie ©tabt in il^rer inneren SBerwaltung,
wie in il^rem Sßerl^ältniffe ju auswärtigen 3JJä(3^ten im mefentlic^en felbft=
fiänbig geworben. ®ie Siechte unb ^^nn^tn in ber ©tabt, welche bem
Sanbeöl^erm nod^ einige Seit blieben, waren folgenbe:
1) S)em aSifd^ofe fielen jwei drittel ber nic^t unbebeutenben
33u&en unb ©efäHe beö ©tabtgeric^teö ju, ber ©tabt nur ein ^Drittel.
2) ®ö gel^örten il^m anfänglich, bie groge unb bie f leine SDiül^le;
bo(^ ift bie Äornpai^t, bie er von bem 3Küller erl^iett, fd^on in ben
erflen S^i^t^el^nten gewö^nlid^ ox\ ßolberger 33ürger t)etpfänbet, jeifc:
weife waten aud^ fd^on bie Stäl^len felbft Derpfänbet ober verlauft ge^
-=r 90 —
wefen. 3m Sollte ISIS^^) mfaufteSifci^f ^einri^ bie große aWü^le
auf ber ^ßerfante in ber ©tabt {hilra cieHa/ciä) unb bie Heine aWül^le
vox bem ©aljtl^ore mit ben anbem baju gel^örenben SfRül^len SKaßnits
(5Wafee) unb Suggentin, bie er äße üon bem 3Kütter ?Petir gefauft l^atte, für
1800 3ßarf an ben 3latl^ unb bie ©emeinbe von ©otberg, um fie mä^
@rbred^t }u befi^n. S)ie äKü^len foSen mit ^udnol^me ber von ^g-
gentin unter lüWfd^m dietl^te fte^n, unb bie „©tritf matte" , von ber
24 auf einen ©(Steffel Irrten ©etreibed gel^n, fott mit Sludnal^e ber
^ül^Ie von ^uggentin in aKen für immer bleiben. S^üJ^lentoagen
foBen täglid^ na<j^ gmol^nter S93eife in ber ©tabt l^erumfal^ren^ um
Rom }u Idolen unb 3Rel^t ju bringen. S)ie gro^ SKül^Ie foQ aU feflfte::
l^enben Äanon von jebem Slabe, fo vid nod^ errid^tet werben mögen^
12 SDrömt, jur ^Ifte 9loggenmel^l, jur §älfte ©erftenmalj, an ben
Sifd^of liefern, bie fleine SWü^le nad^ alter SBeife eine l^albe 2a% j/a
gleid^en ST^ilen au§ 3?oggen, ©erften? unb §afermalj beftel^enb. —
SDunfel ift, meö^alb fd^on 1297 ber SRütter ©ruoue 3inö an ben ^
fd^of unb an bie ©tabt ja^lt. ^) Um 1380 betrug bie jä^rlid^ abgäbe
8 Saft JRoggenmel^l, 8 Saft 3Ralj uub 4 SDrömt §afer. ^a^n mußte
bie ©tabt bem ä3ifd^fe anbauernb 4 ©d^toeine auf ber SKül^le futtern,
fo baß, wenn eins baoon genonnnen mar, fogteid^ ein anbered an bie
©teile treten fonnte.^)
3) l^atte er an §ebungen auö ber ßolberger ©aline iöl^rlid^
16 Saft ©alj (weniger 1 ^fb. 1506) für feinen 2ifd^, unb moBte er
in feinem eigenen ^otl^en fieben, fo mußte il^m bie ©tabt eine freimt
lige ^eifteuer an $olj aus i^ren SBalbungen geben, audreid^enb, um
50—60 Saft ©alj J^erjufteaen.
4) jal^lte il^m bie ©tabt jäl^rlid^ am Sage beö l^eiligen Sfiifolauö
(6. 2)ecember) bie an bie ©teile beä älteren ©nmbgelbed Don §ufen
unb §auöftellen getretene fogenannte Drbare in ber fejtftei^enben ©umme
von 600 3Rarf.
5) ftanb i^m }u bie »ebe (mo^l für bie ftäbtifd^en ©örfer) unb
bie @innal^men aud bem ©tabt^ unb ^afenjoU.
6) mürbe il^m bei älblegung bed ^Ib^gungi^ibed t>on ber ©tabt
l^erfömmlid^ für bie 33eftätigung ber Privilegien ein ©elbgefd^enf «tt*
rid^tet. (£& betrug im Solare 1304 300 3»arf. — SDiefe Hebungen
erlitten inbeß im Saufe ber 3eit erl^eblid^e SSerminberungen; bie S3i^
fd^öfe; bie eioig in @elbnotl^ maren, fal^ fid^ g^jnmngen, irie ©tobt,
bie bei ver^öitttißmäßig befferei: gfitvu^irt|fd|afl üjb^ mi^ WM
^ 91 —
g^bot uttb an^ ntel^r ßtebtt befaß, ate bie Sif(^öfe, immer von neuem
um Slnlei^en anjuge^en, wofilr fie, ba ber SWatl^ fidlere Unterpfänber
liebte, il^re ftabtifd^en ©efäffe »erfaufen, ober t)etpa(3^ten, ober eine
©rroeiteruttg ber ftäbtifd^en SRei^te jugeftel^en mußten.
3lm frül^efien gab ber Sifd^of Sl^eile be§ ftäbtifd^en 3offd aus ber
§anb. 3m Saläre 1287 mar ber lefete Äaftellan von (Solberg mit bem
3offe belel^nt, 1296 werben Safob Sorf, ber So^n be§ Äaftettans, unb SRo^
mulo (SRa^mel) bie §erren beö 3offeö genannt, ©ie f(]^ließen in biefem
3a|re einen SBertrag mit SHtter griebrii^ von Seoenl^ufen, na(ä^ welchem
beffen ®üter (barunter ©üfelaffgl^agen [Guslap indagö]) oom 3oll be^
freit werben. SÄber fc^on 1287 l^at Safob S3or! feinen Slntl^eil an ben
Bürger 'SBtfbotb §amme unb ben aJHinjer ^loij (^loiö) »etpfänbet.
3m ^fanbbefifee ber ^loije befinbet er fi(ä^ nod^ 1345 (menigftenö jur
§älfte). 35er ©treit unb, mie es \i^\nt, bie 3^et|be, bie jmifd^en ben ^fanbin^
l^abem ^eter ^loij, ©olberger Bürger, unb 3ol^anne§ ^loij, ^riefter
bafelbfl, einerfeit^ unb ben 33efifeem be§ 3ott§ anbererfeitä auögebrod^en
ift, mirb bamafe bur(^ bie SBermittlung beö 33if(ä^ofö Soi^ann im SBeifein
einer großen 3al^I von SSafatten in öuarfenburg bal^in beigelegt, baß bie
^loije fo lange im ^fanbbefifee bleiben foffen, biö Scifob Sorf, ©ol^n
be§ SHtterö 3ol^ann 33orf be§ älteren milben Slnbenfens, feine ©(^ulb
üon 400 3Kar! bejal^lt l;at.
S)ie jmeitc §alfte beö 3oIld oerpfönbete 35if(ä^of Sol^ann jufam^^
men mit 4 Safi 3loggenmeP unb 4 Saft 9Ralj im Saläre 1344 an ben
aSürger Subolf SBebele. Sincentiuä §oH faufte 1378 von »ifd^of
^ilipp ben oierten Sl^eil be§ 3oIlä jur möd^ntlic^en SBertl^eiltmg
unter bie Slrmen unb 1380 von bemfelben ben §afenjott für 1000 3Rf.
SDaö SWed^t beä SBieberfaufö, meld^eö ber S3if(|of fid^ t)orbel^ten l^atte,
fd^eint von il^m unb feinen SRai^folgern nic^t geltenb gemad^t morben ju
fein. Um baß 3a]^r 1480 ift ber ^afenjott ftäbtifd^. 3m 3a^re 1468
gel^örte bie eine §älfte beö ganzen Solls an ben ©tabttl^oren bem Sür?
germeifler Sllbred^t 33abe, bie anbere, nad^em fie f^on längere 3eit im
^fanbbefifee ber Rolfen gewefen war, bem Bürger 3urien (3ötgen)
§om; beibe Sepfeer t)erfauften bamals il^r 3le(^t an bie ©tabt, 33abe
mit ber SBebingung, baß bie ©innal^me oon feinem 2lntl^eil immer jwei
3a]&re pm SSeften bes §afenö unb bas britte 3al&r „für 2Bege unb
©tege" üenpanbt werben follte; bafftr foUte bas §aus, worin er wol^nte,
ju ewigen Seiten Don „^afenful^ren" frei fein. ^^) Slm ®nbe be«
15, Sö^^wnberts ift ber 3ptt (A\Of wie ber §afenjpll, ganj in b?u
— 92 —
§ätibcn bes SWatl^ö, unb fläbttf(]^c SöHtier erliefen tl^tt na^ einer 3olt
rolle, welcher bie ®reiföit)alber alö aWufter gebient l^atJ*)
S)aö ©ertd^t mit bem 3oII (tjergl oben ben ©treit jn)if(|en ben
SBorfe unb ^loij) würbe von »ifd^of g^riebriti^ 1330 für 5000 9Karf,
bie ©aljjinfen oon Sifcä^of 3Wa9nuö 1420 für eine gleid^e ©umme unb
bie 93ebe, ungewiß, wann unb non wem, für 1000 SWarf t)erpfänbet.
S)ie weitere ©ntwidfelung beö SBerl^altniffeö jwifi^en ©tabt unb
SBif(3&of f(3^ilbert 6ap. 8.
Sebe ©tabt von einigem ©elbfigefül^l f(3^lug gerne il^re eigenen
3Wünjen, unb obwol^l fein bif(3^öf(i($e§ ^rit)ilegtum ber ©tabt ©olberg
ba§ 3Wünjre(^t üerleil^t unb erft bie S5eftätigung§urfunbe ber ^rioile^
gien, weld^e fid^ ber Solberger SRatl^ im 3al^r 1545 von Äaifer Äarl V.
ertl^eilen liefe, anS) baö ?lieS)t ber filbemen aWünje auffül^rt*), fo fann
es bod^ n\S)t jweifell^aft fein, bafe bieö 3itS)t fd)on frül^ t)on ber ©tabt
geübt ift. könnten aud^ bie Pfennige ©olberger aWünje, bie fd^on 1274
unb 1289 (3KedfIenb. Urfunbenb.) erwäl^nt werben, in einer bifd^öflid^en
9Wünjftätte in ©olberg geprägt unb ebenfo bie ßolberger SKünjer ^loij
(1287) imb ©d^ule (1300) bifd^öffid^ gewefen fein, fönnte überl^aupt
ber 95ifd&of aud^ in fpäterer Seit feine ^auptmünjftätte in ßolberg ge^
l^abt l&aben, fo ift bod^ pd^er fd^on im Sal^r 1304 ba§ SDWlnjred^t von
ber ©tabt afä ein aud^ il^r jufiel^enbeä angefel^en worben, ba ber 3latl^
ber ©tabt'iid^ in biefem Saläre burd^ feine ©enbeboten, ol^ne bafe eines
bif($öf(i(^en SRed^ts babei gebadet würbe, an einem SBefd^luffe betl^eiligte,
ben bie 2lbgefanbten ber ©täbte Sübedf, ©tralfunb, SRoflodf, SBiSmar,
©reifswalb unb ©tettin ju ©tralfimb über Ausprägung unb ©el^alt
ber aWünjen faxten ^ß), unb ftd^er finb bie mit ben auf beiben ©eiten
gefd^weiften, von ben SBifd^ofsftäben leidet ju unterfd^eibenben ^fannl^a^
fen t)erfel^enen ^Pfennige aus ber ftäbtifd^en 9Künje l^ertjorgegangen,
wäl^renb bie aWünjen mit ben S3ifd^ofsfiäben aud^ bifd^öftid^e fein Wnn^
ten. ®s f($eint jlebod^, bafe bie ©tabt nid^t jeber Seit von il^rem Steinte
®ebxanä) gemad^t l^at. S)arauf weifen einzelne, aus t)erloren gegam
genen Sürgermeifierregiflem erl^altene SRotijen l^in, wie jum Sal^r 1425,
bafe ßolberg in biefem Saläre l^abe 5Bin!enaugen fd^Iagen laffen, unb
inm Sal^r 1429, bafe es fid^ eine eigene SlRünje jugelegt l^abe. 3Künjen mit
^fannl^af en f d^einen fid^ f eltener ju finben, als f otd^e mit ben SBif d^of ftäben.
*) ©olbcnc SWünjcn burftcn nur blc Äurfürpen prägen, unb erjl 1498 würbe
bied furfürflUc^e Privilegium an IBogidlat) X von $ommern vttlitfyu
$ortfe|ttitg. 8teDnng ber Sfirgerfd^nft lum 9tatl)t, @i(ben unt) EtxU,
6egIer]$aitS; Sc^fi^engilbe^ ferrenbitrfe. SoIföluParfeiteU; ^irc^meffe;
Serm9gett$tier]^ältntffe tu älterer 3ett*
S3ei ber groJBcn 3al^I uub ber Ueberma(^t ber ^ktticierfatnilien
in ber ©tabt tonnte eä bem Slatfie, ber fid^ auö i^nen ergänjte nnb
auf fie ftüfete, ni(%t fd^wer werben, bie übrige Sürgerfd^aft im 3aum
ju l^alten. SBir l^aben wenigftenä feine 9lad^rid^t, feine 2lnbeutung von
äl^nlid^en inneren Zerrüttungen, wie fie ntel^rere §anfeftäbte im 14. S^l^r::
l^unbert lieimfud^ten; vox ber SDladjt ber ©^rfamen mu^te in ßolberg
ieber ®roU ber ©emeinbe t)erftummen.
S)od^ f)at trofe beä ftreng ariftofratifd^en Sl^arafterö ber ©tabt
bie 33ür9erf(^aft au^ l^ier i^ren befd^eibenen 2lnt^eil an. ber ©tabtt)er-
waltung. 3u einer Sted^nungöablegung vox i^r über bie SSerwaltung
beö ©tabtt)ermögenö war ber SRat^ fd^werlid^ t)er|)flid^tet, ba gerabe biefe
ju ben erften gorberungen ber aufrü^rerifd^en ©ewerfe im Sa^r 1524
gehört; bagegen war i^re S3eiftimmung erforberlid^ bei wid^tigen Sßer-
trägen, bei Käufen uub JBerfäufen, bie baö ©tabtoermögen t)erringer^
ten ober Dcrgröfeerten. 2ln 9iatl^ unb ©emeinbe perfaufte Sifd^of §einrid^
1313 bie *3Jiü^len, 9tatl^ unb ©emeinbe übernal^men bie ©ewäl^rleiftung
für bie Üauffumme, weld^e bie §eibebredö bem Älofter S)obberan für
©ro^s unb Älein^Seftin ju jaulen üerfprod^en l^atten, mit Seiftimmung
ber ©emeinbe trat ber 9iat^ 1329 bie brei §äufer in ber ©tabt an
bie aSicarien ab, unb bei 2lnlei^en, fo j, 33., als er in bem tUn an=
gegebenen Sctl^re bei ben S)oml^errn ein ßopital aufnal^m, l^olt^ er bie
©enei^migung berfelben ein, wäl^renb er bie Hebungen auö ber öabe^
ftube o^ne il^re Sujiel^ung t)erpf anbete; ber ©d^ifffal^rt§t)ertrag mit
9%ügenwalbe im 3a^r 1418 ift beiberfeitd x>on dioi^ unb ©emeinbe
— 94 —
abgefcä^loffen, unb bei ben Dcrfd^iebenen griebenöf(3^lüffcn unb Sßcrträgcn
um bie 9)Utte beö 15. Sa^rl^unbertö in ben J^cl^bcn mit bem ^erjogc
unb Sifd^ofe gab axi^ bie SürgerfdEiaft il^re Suftimmung, menn bie
©tabt aud^ bei ber Unterjeid^nung felbft nur t)om Siatl^e t)ertreten
luurbe.
®§ fd^eint, afe ob im SBerlaufe biefeö großen Krieges bie 33ür=
gerfd^aft, ol^ne bereu treue §ülfe ein gUi(fUd;er 2luögang nid^t mögli(^
war, einen großem ©influg auf bie ftöbtifi^en 3lngelegenl^eiten errungen
f)at SDaö Siecht beö SRat^ö, burd^ aBiafüren baö Siedet ber ©labt ju
ergänjen, erfd^eint jefet wenigftenö in öeftimmungen, bie über baö ®e=
biet ber gewöl^nlid^en poUjeilii^en JDrbnung ]^inauögel;n, an bie Seroit
ligung ber öürgerfd^aft gebunben. 2)er Sefd)luj3 be§ Slatl^ö, roeld^er
bie aippeHation nad^ fiübed in ©ad^en, bie einen SBertl^ t)on weniger
aU 50 aJJarf l^aben, verbietet, gewinnt nur ©efe^eöfraft bur($ bie
y,beleui?igö'' ber 33ürgerf(^aft (1499) 0/ unb wicberl^olt crtl^ilt [ie ju
2luöful^rt)erboten von Äorn unb 3Jlel^l i^re Suftimmung. SlujfaUenb ift
ber fonft t)ereinjelt ftel^enbe gatt, ba^ ein gewiffcr Sigeß (1483) bie
©rflärung, für angefertigte Pfeile (ju ber ©tabt Sebarf) 5 fl. empfan^
gen ju l^aben, i)or bem Statine unb ber ©emeinbe abgiebt, unb bajg
auöbrüdlidEi jroei Bürger ju biefer SBerl^anblung ate Sengen berufen
finb. — Ungünftiger für bie ©emeinbe l^atte fid^ i^r aSer^ättnife jum
Statine im anfange beö 16. Sa^rl^unbertä geftaltet: ber 3)rud einer
©efd^led^terl^errfd^aft mit allen il^ren 3KiJ3bräud^cn laftete bamate auf
i^r unb üeranlafete im Sal^e 1524 einen gefä^rli(^en Slufftanb.
älUgemeine öürgeroerfammlungen, bie in ältefter Seit in ben
©täbten ßübifd^en 3ted^tö breimal jä^rlid^ ftattfanben unb aud^ ben
©tabt^auäl^alt mit beftimmten, waren in ber Seit ber ©rünbung 6ot
bergö von ben Siät^en ber ©täbte fd^on auf eine Sufammen!unft ber
Bürger befd^ränft, um bie fogenannte ,,a5urfprafe" (33ürgerfprad^e, wie
Sunneifter qUiö) 33ürgermeifter) anjul^ören. 35ie aSerlefung berfelben
fanb in ©olberg, wenigftenö um 1480, t)iermal im Saläre ftatt: nad^
(Sptp^anien jur Seit ber Statl^öemeuerung, ju gaftnadjt, vox bem großen
Sal^rmarft im 3uU unb ju SWid^aeliö, alfo ju ben wid^tigften aibfd^nit-
ten bed ftäbtif($en Äebenö, jebeömal in befonberer ^Bearbeitung, bie
neben ^en allgemeinen, immer gültigen 33eftimmungen befonber^ ainorb^:
nungen entl^ält, weld^e fid^ auf bie Sal^reöjeit ober auf bie bet)orfte=
l^enben äJorgänge im ftöbtifd^en 2^m bejie^en. ^) — S)0(| finbet fid^
ein audbrüdlid^ed Seugnig bafär^ bag ber dtat^ allgemeine ä3ürgen)er'
— 55 —
fottttn&mgcn ju Seitew aud^ ju anbtt'en Suaden Brufen l^ctt. Site er
im 3ä1^c 1508 mit einem feiner aWitglieber, bem dtccäjmarm Änubbeö,
in ©treit geratl^en wor, liefe er §a«§ bei §auö fämmtli^e Sürger
(b. 1^. bie, votlä^e ^^eigenen Manä) imb ©ii^maud^" l^atten) auf baö
Slatl^l^aufi berufen unb bebrol^te bie auöbleibenben mit einer ©elbflröfe,
ein aSerfal^ren, baö fid^ nur ouö einem beftefienben, t)ieBei(ä^t nur bei
aufeerorbentlid^en ©elegeul^eiten angemenbeten SBraud^ erHären läfet. ^)
gür geroöi^nlid^ aber würbe bie SJürgerfd^ft m^ l^er in ber meni^
ger bebenfli^en gorm ber ^^ertretung burd^ bie älterteute von bem
9latl;e gel^ört. 3n ber äUeften 3eit wirb neben bem 3latl;e nur bie ,,50^^
l^it" genannt. Urfunblid^ erfd^einen feit bem ^[nfange ,beö 15. Sai^r^:
bertö ,,8Berfe unb SJlenFjeit" neben bem Statine, erft feit bem 3lnfange
beö 16. StiJ^tl^unbertß merben aud^ bi^ Olderlude auöbrftdflid^ neben
ben 2Ber!en aufgefül^rt. Sm 17. Sai^rl^unbert nel^men bie fogenannten
,,3Siem)erfe" (©d^ufter, ©d^neibet>, SBMer tmb ©i^miebe) eine bewor^^
jugte ©teKung unter ben ©emerfen ein, unb in bem eben erwähnten
©treite beö Siat^eö mit Äimbbeö fenbet biefer ein ©(^reiben an bie
aSierraerfe; fie mögen alfo au(^ fd^on frül^er ben Äeni ber Sürgert^er-
tretung ausgemacht l^aben. S)od^ bilbeten fie niemals bie aßeinige SBer^
tretung: no(^ im 17. unb 18. Sal^rl^uubert finb bei mid^tigen SSorgäm
gen beö ftäbtifd^en ^tht\\% in ben Urfunben bie ällterleute aßer, ober
bod^ einer größeren Sol^l t)on 3ünften aufgefül^rt.
Ueber bie ©innal^men ber ©tabt aus ben ©tabtbörfem, ben Wi^-
len, ber Slpot^efe, ben 3Karftftanbögelbem u. f. xo. liegen feine 2lngaben
t)or, iebenfattö waren fie fo bebeutenb, bafe mn ben bürgern feine
brüdEenben ©teuem erlauben ju werben braud^en.
S)ie einjige fte|ienbe ©elbabgabe war ber /,©d^ot", ©(^ofe (colr ,
leäa), erl^oben t)on §äufem, ©runbftüdfen unb beweglid^em SBermögen.
Sßon ben Käufern fd^eint je nad^ ber ©röfee eine beftimmte ©umme be^^
jal^lt ju fein; fte beträgt 1329 für jebeö ber brei §äufer, bereu 2lnf auf
ber 9latl^ ben SBicarien geftattet, 2 aWarf. 2)ie erl^altenen ©teuerregifter
tjom ®nbe bes 16. Sal^rl^unbertß jeigen, bafe ber ©d^ofe nid^t t)on atten
§äufem in ben einzelnen ©tragen, bie barin nad^einanber aufgefül^rt
werben, erl^oben würbe. ®d jal^lten if)n gewife nur bie S9«fifeer, nid^t
bie SJlietl^er. 2lud^ bie gremben mußten i^r ®ut t)erfd^ofeen. SDie
33ürger fd^feten fi^ in i^rem SSermögen felbft ab, jeber mufete feine
älngabe bur^ einen @ib, ben er über einem auf bem 9iatl^|iaufe gel^ab:
tenen jt&fld^en mit Sieliquien fd^wur, belräftigen« - S)er @ib würbe
— 96 -^
einige Seit t)or beut Sal^Iungötettnin beö ©d^o^eö oBgelegt, von SRatl^
unb Sür9erf(^aft an t)erf(^iebenen Sagen. Um 1500 f(3^n)ören bie
SBerfe nad^ altem SBraud^e am ©onnabenb vor bem Saurentinötage
(10.- äuguft) unb „fd^otten" biä ju 5«ifolai (6. SDec), ber Slat^ fd^ottet
an bemfelben Sage, fi^roört aber erft am 30. SRot)ember^ Stn Sal;te
1586 fd^wören bie SBerfe am 10. ätuguft, ba^ fie bis jum 24. beö
aWonatö ,,er ©ob wol t)erfd^aten willen." 3ft bie 3al^lung nid^t biö
JU bem beftimmten Sage erfolgt, fo fälirt ber Büttel mit bem ^ettwagen
(foH oon §ölle abzuleiten fein) in ber ©tabt uml^er, um bie SÖidfftänbe
burd^ ^^fänbung einjutreiben; bafür erl^ält er wie anä) jeber 33ürger^
meifter unb Äämmerer 1 3Raxt S)er gefammte ©d^ofe ber öürgerfd^aft
beträgt im Sa^re 1436 1230 3Karf, im 3al;re 1440 jaulen bie 3tat^:=
mannen attein 700 aWarf, 1498 622 3)tor!, 1548 448 aKarl, bie ge.
fannnte 33ürgerf($aft in bemfelben 3cil;re 2246 aJlarf. 3?ei(^e Sürger
jal^len bebeutenbere Summen, fo 3Kartin ©d^lief, ber ©ol^n be§ berül^m-
ten Soliann ©(^lief, im Saläre 1440 allein 100 SJlarl, bagegen l^eifet
eö 1555 unb fogar oon einem Stati^manne, oon ^^eter Sarit: er J^at
nii^tö unb giebt nid^t§ (nihil habet^ nihil dal).
3lnbere ftäbtifd^e Seiftutigen, bie auf ben §auöbefifeem liegen,
finb bie näd^tlic^en SBad^en unb baö „©ifeen" im S^ore. Seber, bem
bie SBa(^e angefünbigt ift, foH bei ©träfe felbft im Sl^ore fifeen unb
oor Deffnung beffelben jugegen fein. Um 1480 l;ielt ber SRatl; awi)
befonbere SBäd^ter, bie ein SBac^gelb erl^alten. ' S)er Slatl^ trägt ©orge,
ba^ fid^ bie ©eiftlid^en, meldte in ber ©tabt ©runbftüdfe erwerben, ni(^t
il^ren ftäbtifd^en ^flii^ten entjiel^n; ber 33ürger ©aalfelb übernal^m,
als er 1355 bie ©urie „33uforo" in ber Sanbeöbanbftrafee auf ßebenöjeit
oon bem Älofter enoarb, aud^ ben ©d^ott unb bie 9Zad^tn)a($en, Sei^
ftungen, meldte biö bal^in ben aWönd^en obgelegen |iatten. 3lud^ bei
ber Segrünbung beö SSifarienl^ofes bebang fid) ber 9totl^ bie g^ortbauer
ber bamit oerbunbenen Seiftungen au§, unb ben Sungfrauen auf ber
ailtftabt mürbe 1524 ber Äauf eines §aufes in ber ©tabt nur unter
ber öebingung geftattet, baJ3 fie bafür „alle ©ered^tigfeit" ber ©tabt
tliun liefen.
aSon ber aSerpflid^tung ber aSürger jur ©tabtoertl^eibigung ift fd^on
6ap. 4 gel^anbelt.
Sie ^aufteilen l^aben bie ©inmanberer urfprünglid^ mol^l oon bem
fürftlid^en SSogte geteuft, fpäter ftanb bem SRatl^e bas ©igentl^um an
ben TOüften ©teUen ju; er uerfaufte fie tl^eits, t^eiU perfd^enfte er fie
— 97 --^
unter befiimmten Scbingiingcn, j. SB. - bajs §au§ unb ©tattungen bis ju
einem befiimmten Setmine errid^tet fein müßten, mitunter mirb bie SKuö-
bel^nung beö (Srunbftüdö mä) Sänge unb SBreite angegeben, (©tabt^
bnä) an verfd)ieb. ©teilen.)
®ie Sürgerfd^aft glieberte fid^ in ©itben, SBer!e (ober 3lemter,
fo genannt mit ,,§inbeutung auf il^re ftaatli(^e ©tellung") unb ®t^
meinbe im engeren ©inne. S)er oberbeutf(^e Sluöbrud „3unft" flnbet
fid^ erft im 17. Scii^rl^unbert unb axiä) ba anfänglid^ nur für bie weni^
ger angefel^enen SBerfe. S)ie ©üben umfaffen ben üornel^meren Sljei^ ,
ber 33et)ölfenmg, bie SBerfe [inb bie felbftftänbigen, von befonberen
Sllterleuten geleiteten §anbn)erfert)erbinbungen, jur ©emeinbe gel^ören bie
Heineren Seute, bie äderbürger, Jagelöl^ner unb fol(^e ©eraerfe, bie ju
f(^ma(ä^ [inb, um befonbere Innungen ju bilben, ober feine SBertretung
vox bem Jiatl^e l^aben. ©üben unb ©emerfe l^aben miteinanber gemein,
ba^ fie ni(^t bloge ©emerböoerbinbungen, fonbern baö ganje ßeben in
poUtif(ä^er, fird^lid^er unb gefeHiger SSejiel^ung umfaffenbe ©enoffen^
f(^aften finb.
SBon ben brei ©üben ber ©ülj^erm, Äauftcute, a^ 1^^«^« bie
©d^iffer gel^örten, unb' SSrauer mar bie erfiere bie angefel^enfte, unb nur
von if)x l^aben wir genauere Äunbe (f. 6ap. 6). 93on ber Srauergübe
ift am feltenften bie SWebe, fie fotmte überl^aupt nid^t bebeutenb fein, fo
lange baö SSraured^t aud^ ben §anbn)erfem juftanb, bie eö in feuer«
feften SBol^nl^äufem ober in gemeinfamen Sraul^äufem ber einzelnen
©emerfe übten, ©rft 1528'*) mutbe bieö auf bie in SBraul^äufem mol^:^
nenben aJHtglieber ber SBrauergüi^ bef($ränft.
S5aä ©eglerl^auö 5) foll fd;on 1334 begrünbet fein. SDod^ l^at
fd^on 1692 ber SRatl^ von ©olterg gegen biefe Eingabe beö SBerid^tö,
meldten bie ©eglerl^auöälteften an ben Äurfürften fjriebric^ I. über
©rünbungöjal^r unb Seftimmung beö ©eglerl^aufeö einfenben mußten, mit
dttä)t geltenb gemad^t, ba^ bie angeblid^ auö jenem Saläre l^erfiams
menbe £)rbnung beffelben mörtlid) mit ben ©tatuten beö ©tettiner ©eg^
lerl^aufeö übereinftimme unb überbie^ in l^od^beutfd^er, l^ier ju Sanbe
bamalö nid^t übtid^er ©prad;e abgefaßt fei. (Sbenfo üerl^ält eä fid^ mit
einer Drbnung von 1472, bie ebenfaHö eine 6opie ber ©tettiner aus
biefem Saläre ift, Unjmeifel^aft ed^t bagegen ift bie in nieberfäd^fifd^er
©pra(^e abgefaßte Drbnung von 1516; fie mürbe aud^ in einer Slb?
fi^rift auf bem SRatl^l^aufe aufbemal^rt unb blieb fo erl^alten, mäl^renb
atte älteren ©tatuten mit b^m ©egler^aufe 1630 t)erbrannten, Siefe
— 98 ~
©rbnimß, xoä6)ex ältere aiufjetd^nimöen ju ©tunbe ließen mößen, ent-
f)'dlt fafi nur polijeili(^e Seftimmungen, burd^ weld^e baö gefettige
Sufamntenfein auf bem ©eglerl^aufe geregelt wirb, unb giebt fo wenige
ftenö Beiträge ju ber ©ittengef(ä^i(^te biefer 3eit, S3elege für il^re berbe
SRatürli(3^teit, 9ioPjeit unb ©enu^fud^t. ©ö wirb barin aJlunbfd^lag unb
§aaräiel)en, mit güfeen ju treten unb ©l^rfeigen auäjutl^eilen verboten,
feiner fott bem anbem fein Äleib jerrei^en ober jerfc^neiben unb mit
SBier begießen, feiner fott mutl^wittig Pannen unb &xä)kx umwerfen unb
2if($e unb Sänfe mit SDieffem jerl^auen; feiner fott im SBrettfpiel mit
harten unb SEBürfeln 33etrug üben, baö lefetere ©piel ift bei 2\ä)t ganj
unterfagt; feiner fott ben ©(ä^enfen jwingen motten, nad^ 10 Ul^r Sier
JU Idolen. SDie ©trafen werben meift in 33ier bis ju einer Sonne be^
äal)lt, wer flu($t unb f(^n)ört jal^lt 4 ß an bie 2lrmen; auf l^artnädigen
Unge^orfam ftel&t Sluöfd^liefeung. Sitte klagen werben vox bie 3lelteften
gebrad^t unb von biefen entf (Rieben; vox einem anbem ©eric^t ju f lagen,
ift unterfagt.
2Bi(^tiger, ate biefe polijeili(^en ä>orf(^riften finb bi|e re(^tlid^en
Sefugniffe beö ©eglerl^aufeö über §anbel unb SBerfel^r. 2)iefe würben
überhaupt erft 1692 aufgejei(^net unb alö alteö §erfommen vom ^nx^
fürften g^riebrid^ L beftätigt unb erweitert, nad^bem fd^on ber grojse
Äurfürft ber ©enoffenfd^aft bie gül^rung eineö befonberen ©iegelö mit
bem 33ilbe eineö ©c^iffeö unb ber S^fd^rift ^^orandum et vigilandtim''
t)erftattet unb ber SEBirtl^in im §aufe freie §öferei gegeben l^atte.
§iemad^ bilbeten 5 Saufleute unb 3 ©(^iffer baö fid^ burc^ eigene
2Bal)l ergänjenbe ©ottegium ber Slriterleute; fie entf (Rieben atte bei
§anblung unb ©c^ifffal^rt t)orfattenben ©treitigfeiten nac^ ©eerec^t unb
na(^ i^ren ©tatuten; baö von bem Äurfürften eingefefete ©eegerid^t
fottte bie Parteien nid^t el^er l^ören, biö bie Stelterleute t)erfud^t l^atten,
ben ©treit gütlid^ beizulegen; fd^riftlid^e SLkrl^anblungen, SBertretung
burd^ 2lbt)ocaten unb ^rocuratoren war babei auögefc^Ioffen; xvtnn ben?
nod^ eine 33erufung an baö ©eegerid^t ftattfanb, (bie binnen 10 Sagen
gefd^el^en mu^te, wenn fie gültig fein fottte), fo fottte biefeö bei feinem
Urt^eil baö ®uta(^ten ber 2lelterleute ju ©lunbe legen, von ©ad^en
unter 10 ff. an SBert^ war feine älppeUation geftattet.
Seber, ber mit Äom, ^ottafd^e, gering u. f. w. ©rojs^anbel
treiben wottte, mufete in ber Saufmannögilte fein, nur ben ©ül}t)er=
wanbten war nad^ altem SBraud^e ber ©aljl^anbel geftattet. — 3ltte
faufmännifd^en ©efd^äfte fottten auf ber SBörfe (f. 6ap. 16) abgemad^t.
_ 99 ^
jeber Äauf ben uereibeten SJlaflem angezeigt werben, grembc ©d^iffet
unb Äaufleute burften nur bnxä) aSennittelung berfelben mit ßolberger
Äaufleuten ®ef d^äfte abfiä^liegen. —
3n biefer ©eftalt l^at bie alte ©eglerJ^auöinnung beftanben biö
jur einf Urning ber ©täbteüerfaffung im Saläre 1808. Sefet ift baö
©egleri^auö eine, ni(^t mel^r bie ganje Äaufmannf(^aft repräfentirenbe
(Korporation, bie ©utad^ten über §anbel§^ xinb ©d^ifffal^rtöfad^en abgiebt.
Slnfragen ber Siegierung an baffelbe gelten burd^ bm SJtagiftrat, feine
Slelteften werben burd^ ben 3JJagiftrat uereibigt. Ueber baö SSet^amm^
lungögebäube f. ©. 50. ®ö würbe jwar 1630 wieber an ber alten
©teile aufgebaut, aber fpäter an ben aWarft t)erlegt (SBenbeftra^e unb
aWarftedfe S«r. 237).
®a feine ©ewerferollen auö bem 3Jtittelalter erl^alten finb, mand^e
©ewerfe überl^aupt feine f(^riftli(^ aufgejei(^neten ©tatuten befa^en,
wie j. 33. bie ©d^miebe, bie erft 1562 i^re altl^ergebrai^ten ©ewol^n?
l^eiten, „bie biö bal^in n\ä)t fd)riftli(^' gewefen waren", vor bem SRatl^e
unb bem SJogte auff efeten, fo läjst fi(^ über bas ©ewerf ßwefen ber ©tabt
im 9Kittelalter wenig fagen, über bie Suftänbe beffelben feit bem 16.
3a|irl^unbert |ianbelt ein fpätereö ©apitel. 3lcbm ben gewöl)nlid^ften
ftäbtifd^en ©ewerben nennt ba§ ©tabtbud^ um 1400 ^upferfd^miebe,
©olbfd^miebe, ©lafer i/actor fenestranm, vüreator)^ ©c^iffbauer
{iiam fador), Sräger (Sier^ unb Sonnenträger), SortenbädEer (pistor
tortarum). S)ie SBaffen anfertigenben ©ewerbe finb fc^on ©apitel 4
©. 76 genannt. SDie SBerfmeifter beö ©d^ul^werfö finb 1421 im SSefifc
eines ©dtl^auf eö an ber ^erfante in ber 3lä^t ber ©auftrage, wo fie il^r
Seber gerben laffen (no(§ jefet ift bort eine ©erberei); fie l^aben eine
SSicarie futtbirt unb t)ertl^eilen ju 3Ki(^aeliß auö il^rer Sabe eine gewiffe
©timme m bie 3lrmen. — §ür ben ©efunbl^eitöjuftanb ber ©tabt
forgte ber Siatl^ burd^ 2lnftellung eines Slrjteö {medicm cimlatiSj pliy-
siciis noster), unb eines Sl^inirgen (Cyrurgicus, Cyrologtis). aSon
ben Seilten wirb juerft genannt Mag, 3lmolb ©rabow (1413 — 1443),
t)on ben ßl^irurgen M, Slmolb 3?agel unb M. SubefinuS 1373. Um
1340 wirb juerft eine Slpot^efe erwftl^nt, unb fd^on 1380 fü^irt bie 2lpo==
tl^efergaffe iliren 5Ramen t)on ber ©tabtapotl^efe in bem fpöteren SBurfem
gebdube.
3Rand^e SSeftimmungen ber Surfprafe jeigen, bafe bie 2lrbeitsfreife
ber einjelnen ©ewerfe f(^on in ber jweiten §älfte beö 15. Sal^n^uti!
berta f d^arf gegeueinanber abgegrenjt finb* <S^ \\\. w. %o>x^\äjx^^\\^^
— 100 —
be§ SRatl^ö, bie üerwatibten ©eiDcrbc in il^rem betriebe gegen einanber
unb gegen grembe ju f(^üfeen, toie bie &6)viS)maä)cx unb ßol^^
gerbet im ^ellfauf gegen bie §ubefoper (§äute!änfer). S)aö 2^ud^
bürfen bie SBanbfi^neiber nur im ©d^nitt, bie SBoHmeber nur an
Äaufleute t)erfaufen; ju beflimmten Seiten wirb ber SEBoIHauf ju ®un=
ften ber SBoHmeber unb aSanbf (^neiber verboten ; frembe Ärämer bflrf en
geroöl^nlid^ nur brei Sage unb nur jtir 3eit ber Äir(ä^meffe länger aM^
fielen. SDie 9lrbeit manä)ex ©eraerfe, befonberö ber Söttd^er, bereu Som
neu auf bie ©d^pnenfd^en aWärfte gelten, übermaiä^t ber SRatl^ unb forgt
für ri(ä^tigeö 3KaJ3; nur l^albe unb ganje S'onnen bürfen t)on ben Sött=
d^em gema(^t unb von bem 3Warftmeifter geprüft werben. 2)ie Srob^^,
3=leifd^i unb Siertaje beftimmt er na(§ ben iebeömaligen ^^reifen beö
Äom§ unb 3Sie]^s.
3?eben biefen ©ilben unb ©emerfegenoffenfd^aften, bie bod^ immer
eine glei(^e gemerblid^e Sl^ätigfeit jur ©runblage l^atten, befianben nod^
jmei meltlid^e Srüberfd^aften, bie ol^ne Siüdffid^t auf baö bürgere
Ii(^e ©efd^äft eine 3lnja]^l von bürgern enger t)erbanben: bie ©d^üfeen^
gilbe unb bie §errenburfe.
S)ie ©(^üfeengilbe ^) ifi im Saläre 1400, in einer Seit, mo
ba§ beutfc^e Sürgertl^um bem §öl^epunfte feiner 3Kad^t entgegen^
ging unb in ben größeren ©d^roeflerftäbteu fd^on länger äl^nlid^e
©ilben beftanben, t)on beti beiben Sürgermeiftem §ermann Sär^
malbe unb Seonarb 93abe begrünbet. S)ie ftreitbare Sürgerfd^aft
war baö ftel^enbe §eer beö SRatl^ö; er förberte beöl^alb gern eine ©im
rid^tung, meldte baju beitrug, bie SBel^rl^aftigfeit ber ©tabt unb bie
SBaffentü(^tigfeit ber Sürger ju erl^öl^en. S)ie ©d^üfeengilbe in ©olberg
beftanb urfprünglic^ ni($t bto§ äuö ®en)er!ö^, fonbem aud^ auö ©ilbe^^
genoffen, bie beiben aSegrünber waren felbft SRitglieber ber ©enoffen^
fd^aft, unb nad^ Sluömeiö beö Sobtenregifterö berfelben gel^örten über
anbertl^alb Sal^l^unberte aJlänner auö ben angefel^enften ®ef(^led^tem
baju, wie ber 2)amife, Seftin, ©nette, Älofe, aWaö, 9lbebar u. f. m.,
unb t)on bm ©d^Ueffen läfet fid^ ol^ne jeneö, menigftenö für baö 15.
3al;rl^unbert, feine filtere ©tammtafel entwerfen,
S)aö 3iel, na6) weldöem junäd^ft mit Slrmbrüpten gefd^offen würbe,
war l^ier, wie überatt, ein SBogel auf einer ©tange, „ein ?ßapagei";
ber ©d^üfeenplafe war auf einer SBiefe vox bem aWül^lentl&or nad^ bem
©ieberlanbe ju, „ber ßrt jum Papageien" genannt. SDie ©innal^men
b« Äönigä beftanben in 6 ^funb ©alj unb 2 etten Seibenfd^en Sud^eö^
— lOJ —
baju geno^ er für baö ^df)x feiner SWegienmg grei^eit von aUeu Saften
ber ©tabt. Sllö föniglid^eö abjeid^en jierte feine 83ruft eine fd^roere
filbeme Siaube, bie er nid^t blo^ bei bem ©d^üfeenfefte, fonbem au(§
fonfi bei feierli(^en ©elegenl^eiten unb an ben Sonntagen in ber Äird^e
tragen mujgte. SSBäl^renb ber tiefen ©paltung jwifiä^en Siatl^ unb SBürger«
fd^aft, bie fid^ baö ganje 16. Sal^rl^unbert J^inburdf; raie ein fd^werer
Sann auf bie ©emütl^er legte nrü) aHeö frö^Iid^e &eUn aM ber ©tabt
t)erfd^eud^te, würbe aud^ bie „luftige ^ßfingfigilbe" eingefteltt: t)on 1527
bis 1598 ift fein SBogelfd^iefeen gehalten. Saß bie ©ilbe jebod^ nid^t
einging, jeigt eine aSerl^anblung im ©tabtbud^e vom Saläre 1532, nad&
weld^er bie ^rot)iforen berfelben, ber SWatl^mann 6lan)e§ Seömar unb
bie Särger ?ßeter Sangenflein, ©laweö Äalfon) unb ©laroeö §alfribber,
im SWamen ber ©ilbe 28 fl. auf 7 aWorgen beim SBorroerf pifd^en bem
§otjgraben unb ©tridferöberg Helfen, unb 1557 werben bie Statuten
neu aufgejeid^net 9JHt ber 2Bieberaufnal^me ber g^eier war eine aSer?
legung beö ©(^ä^engartenö in bie ©tabt üerbunben unb par an bie
©teile, n)o er fi(^ nod) l^eute befinbet. S)en SRaum pifi^en 3Wauer-
graben unb bem „SRunbel" mit hm, SBifl^aufe auf ber aWauer, weld^en
ber SRatl^ ber ©ilbe bamalö überließ, brad^te biefe fpäter fäuflid^ an
Tid^ unb errid^tete l^ier 1661 ein neues ©ebäube, beffen erbauungöun^
foften jum 2^eil auö bem ®rlöd eines üerfauften filbemen 108 2ot^
fd^weren Sed^erö gebedft würben, weld^en bie ©ilbe frül^er vom ©egler?
I^aufe gefauft l;atte. ©tatt beffen würbe fpäter ein neuer angefd^afft.
alte ßolberg unter bie branbenburgifd^e §errf(^aft fam, gewann
aud^ bie ©d^üfeengilbe einen neuen 2luff(^wung. 35er große Äurfürfi
gewäl^rte 1664 bem ©d^üfeenfönige, beffen ®inna]^men am ber Äämmerei^
faffe auf 1 ^fimb ©alj unb 2 ©Hen §ofentu(^ gefunden waren, eine
Sulage von 30 Si^alem aus ber Slccife unb balb no(^ von 15 S^alem
SWatrifelgelber, außerbem ^rei^eit von allen bürgerlid^en auflagen.
S)amafe würben bie alten ©tatuten unb ©ewol^nl^eiten in neuer ??affung
aufgejeid^net
3ln ber ©pi|e ber ©ilbe ftanben l^iernad^ t)ier tjon ber ganjen
©d^üfeenbrüberfd^aft gewäl^lte Slelterleute mit vxex Seififeertt. 2)ie
Slelterleute l^atten bei gefeHigen 3ufammen!ünften, namentlid^ bei bem
Äönigöfd^ießen, einen befonberen 2ifd^, an bem fein 3lnberer ^lafe nel^^
men burfte, vkx ©d^affner beforgten bie äußere JOrbnung. ®ö war
alte ©afeung, baß ber Äönig nid^t übel berü(^tigt fein burfte, baß er,
wie oud^ feine grau unb feine Äinber, aus red^tem ©l^ebette geboren
— 102 —
fein mußte. S)en t)ter iütigften SBtübertt lag bie ^Pffid^t ob, am SSor-
abenb beö ©d^üfeenfefieö bie Saubung auf bcm aWarfte 511 erbauen;
benn am ^fingft unb ©(ä^tifeenfeft ^nüdU fid^ bie ©tabt, 3Karft,
SRatl^l^auö, ja felbft bie Äirc^en nad^ uralt l^eibnifd^em Srauiä^e mit
grünen aWaien. SDaä geft begann am britten ^^fingftfeiertage nad^ ber
^rebigt um brei Ul^r mit frömmeln, pfeifen unb Subeln hmä) bie
©tabt. 2)er Äönigöf(3^uj3 fanb am SBerfeltage mi) ^fingften jlatt.
S)er neue Äönig mürbe mit einem Äranje auf bem Raupte an ben Sifd^
ber 9lelterleute gefül^rt, ^i^ mürbe il^m ein JBißfommen aus bem fit
htxnm 33e(^er getrunfen unb bie Saube umgel^ängt. SKitglieber be§
SRatl^ö begleiteten ben Äönig ju beiben ©eiten bei feinem e^epjuge burd^
bie ©tabt 58orauf jog ber allein jum SBlafen berechtigte ©tabtpfeifer;
fo mürbe er von feinem §auptinftrumente genannt, obmol^l er unb feine
©efeUen fi(^ aud^ auf baö „S^rerfpiel, SSiebeln unb Sutenf dalagen"
t)erftanben. 2lm 3lbenb beö g^efteö mar große ©ilbe, ©d^mauä unb
Sanj auf bem Jtatl^l^aufe, fpater in bem ©(^üfeengarten, mo fi(^ bie im
Sauf eines Sai^res aufgefammelte Suft mitunter in fo unbänbiger SBeife
äußerte, baß bie ©(^affner alle §änbe doH ju t^un l^atten, um ^rieben
unb Orbnung aufredet ju erl^alten.
3lls ©lieber ber ©(^ü^engilbe mürben ni(^t bloß bie aWantier,
fonbern aud^ bie g^rauen angefel^n, ber ©d^üfeengarten biente besl;alb
überl^aupt als gefelliger ajlittelpunft ber ©(^üftenbrüberfamilien, unb
roenn ein 33ruber ober eine ©d^mefter ftarb, fo mar bie ganje ®ilbe,
SBrüber unb ©d^meftern, uerpflid^tet, ber ßeid^e bas lefete ©elcite ju
geben. —
S)ie iefeigen (Sinnal^men bes ©d^üfeenfönigs belaufen fi(^ auf
19 Si^lr., xoovon berfelbe 1 %^x, an ben ©(^eibenjeiger ju geben l^at.
5Die Slufjeid^nungen ber Surfe '') reichen nur bis jum Saläre 1510
jurüdf, unb bas Sal^r ber ©rünbung ift, unbefannt. SDo(^ fann trofe
bes 9Kangels an älteren 3la^x\^Un über ben urfprünglid^en 3medf ber-
felben fein 3meifel obmalten. 2)cr 5Kame meift auf-3fnHam l^in; bort
Ratten Äaufleute, bie ben ©ommer auf ber ©(^onenfd^en SBitte, ben
SBinter in il^rer Sßaterftabt jubrad^ten, im 15. Sai^rl^unbert eine gleidj-
namige SBerbinbung. 2lu(^ bie ßolberger Surfe mar urfprünglid^ eine
faufmännifd^e ®enoffenf(^aft, „bie Srüberfd^aft fei megen ber ©ommer-
cien jur Seförberung ber Äaufmannf(^aft begrünbet", l;eißt es in ber
SBeftätigungSurhmbe g^riebrid^ SBit^etms I. üom Sciljre 1657; besl^alb
ließ fie fid^ ben Vertrag ber l;anfefd^en ©täbte aus bem Saläre 1596
— 103 —
t)om ©tabtfd^reibcr mittl^cilett, unb bie 3lufjeid^nungen ber Surfenbüiä^er
auö bem 16. Sal^rl^imbert jeigen, baj3 in ber SBurfe nid^t feiten §an=
betegef(^äfte abgema(3^t finb.
^teilid^ war f(3^on früf; etoaö Stnbereö l^injugetommen, wobutiä^
ber urfpröngliiä^e Btoed t)erbe(it unb in ben ^intergrunb gebrängt würbe.
3n hen §anfeftäbten Sübed nnb SRoftod l^atten fid^ bie ©tabtjunfer ju
S3rüberf(j^aften äufammengef(^toffen, bort in ber 6irfelbrüberf(3^aft, l^ier
in ber 3unfergefeßfd^aft. 3n)ifd^en jenen ©täbten unb ßolberg beftanb
immer ein lebl^after SSerfel^r; 3afob §olf, Sürgermeifter in Sübed, wax
ein Sruber beö ©olberger Sürgermeifterö 5Bincentiuö §otf, unb er imb
fein mei^rfac^ in ßolberg '\iä) aufl^altenber ©ol^n ©egebobe waren aJlit:=
glieber ber 6ir!elbrüberf($aft in Sübed. 5Diefe lebl^afte SSerbinbung
fonnte leidet ben 3lnfto§ jur Silbung einer äl^nlid^en ®enoffenf(3^aft in
©olberg geben, mo fid^ fd^on in bem ariftofratifd^en ßl^arafter ber t)or=
nel^men ©ilben eine gute ©runblage baju rorfanb. SJielleid^t finb e§ bie
§olfö geroefen, meldte bie Äaufmannöburfe in ßolberg in eine §errenburfe
umroanbelten unb fo bem ©tabtiunfertl^um einen gefeUfd^aftlid^en 3ufam^
menfd^lufe gaben. 3n)ifd^en SRatl^ unb Surfe beftanb immer eine enge
aSerbinbung: im Solare 1510 finb fämmtlid^e Sürgermeifter unb Räm^
merer alö SKitglieber aufgefül^rt, unb nod^ 1750 foHte ftatutenmäfeig
von ben mx Slelteften ber ©Übe menigftenö einer ein Sftatl^mann fein,
eine Seftimmung, bie erft 1824 aufgel^oben würbe. SDer Srilberf(^aft
flogen bes^alb anä) mand^e fleine SBortl^eile an^ ber Äämmereifaffe
ju: ber Kämmerer beforgte bie ^Reparaturen am Surfengebäube (1599)
unb ben Srübern mar t)erftattet, ben §oljbebarf für aSurfenäwede mit
eigenen ^ferben au§ bem ©tabtmalbe ju Idolen.
©eit bem 16. Sal^rl^unbert erfd^eint bie SSurfenbrüberfd^aft jugleid^
als bie oomel^mere ©d^üfeengefeßfd^aft; bie ©d^üfeengilbe wirb me^r
eine ^anbmerferoerbinbung. S)aB ber Unterfd^ieb fein urfprünglid^er
mar, unb bie ©d^üfeengilbe nod^ bas 15. Sal^rl^unbert l^nburd^ bie
^atricier wie bie §anbmerfer umfd^log, jeigt ba§ oben ermäl^nte Sob^^
tenregifter. @rft feit Anfang beö 16. Sal^rl^unbertö fangen bie Dor:^
nel^men Jiamen an barin ju fel^len. S5a§ aSogelfd^iegen ber Surfe ift
ba^er, wenn eö mirflid^ von 3lnfang an bamit t)erbunben mar, urfprüng=
lid^ alö eine SRebentl^ätigfeit berfelben anjufel^n. 35ie @inrid^tungen
babei entfprad^en hemn ber ©d^ü^engilbe. ©ine filbeme Saube bilbete
aud^ l^ier ben ©d^mudE beö Äönig§, feine ®innal^men unterfd^ieben fid^
von benen beä ©d^üfeenlönigö nur baburd^, ba§ fie etwcÄ ^%^ \c^^\^nx\
— 104 -
er erl^iett auö ber Äämmercifaffe 6 ^^funb ©alj imb 3 (SHen Seibeu^
\6)i\\ 2u(3^eö unb fpäter 50 Später au§ ber Slccife.
2)ie Serrüttung ber ©tabt im 16. 3al^rf)unbert f^eiut aud^ auf
bie 3}urfenbrüberf(^aft nai^tl^etlig eingeroirft ju l^aben: lange Saläre
unterblieb baö ©(^ie^en na(^ bem Sßogel, erft 1621 würbe ber ©d;üfeem
wall l^inter ber Surfe neu eingeweiht unb par mit ©d)ie§en wai) ber
©d^eibe, bie jefet ben i'ogel t)erbrängte. S)ie SEBittwe unb bie ©rben
beö legten ©d^üfeenfönig§ ber Surfenbrüber, beö SBürgermeifterö ®eorg
t), 93raunf(^n)eig, überreichten babei bie filberne, 55 Satire in aSerraal^^
rung gel^altene Saube mit einem r]^einif(^en ©ulben im ©d^nabel. . S)ie
Seit beö breigigjä^rigen Äriege§ brad^te bie Srüberfd^aft ber 3luflöfung
nal^e: bie Äaiferlii^en jerftörten ben ©(^ießwaU, unb in bem Surf enf aal
mürbe fat^iolifd^er ©otteöbienft gel^alten unb 3Weffe gelefen.
3Wit ber SBranbenburgifd^en §errfd^aft fam aud^ für bie Surfe
eine beffere 3eit. S)ie Srüberfd^aft üerftärfte fi(^ burd^ bie Sereinigung
mit ber, ebenfalls auä 3Jlitgliebem angef eigener g^amilien beftel^enben
fogenannten „Sungen SKanneö^" ober „Sunger ©efeHen-ßompagnie",
beren urfprünglic^er SmedE mar, ben 9Kitgliebem ein el^rlid^eö Segräbnij^
ju t)erf(^affen. S)ie ©efellfd^aft ift fonfi unbefannt unb über il^r älter
ift feine 3lngabe t)or]^anben, bod^ ift auffallenb, ba§ in SübedE fc^on im
14. Sa^r^unbert bie ©irfelbrüberfd^aft fid^ in jmei ©efettfc^aften glie^
bert: bie ber §erren unb bie ber ©efeHen, ber jungem lebigen SKöpi-
ranten jur ©ilbe. @ö mag in ©olberg früher ein ä^nlid^e§ Serl^ältni^
beftanben l^aben. —
SDer gro^e Äurfürft begünftigte gerne ©inrid^tungen, meldte bie
SQBel^rl^aftigfeit ber Set)öl!erung t)erftärften; „in Setra(^t beö großen
5Ru|enö, fo bie Uebung beö ©d^eibenfd^ießenö in üomel^men ©tobten,
fonberlid^ in g^eftungen l^at, mürbe ber aud^ wegen nü^lid^er Uebung
im ©d^eibenfd^iegen gegrünbeten ßompagnie" für i^ren fiönig 50 S^ialer
auö ber 2lccife bewittigt. SDafür fottten bie Surfenbrüber nid^t bloß
mit „Süd^fen, fonbern aud^ mit 3Ru§feten, S)oppell^afen unb größerem
©efc^üfe fid^ ju üben obligirt fein." 2)ie Srtiberfd^aft erhielt beö^alb
1673, als nur wenige jum ©d^ießen gefommen waren, t)om ©ouoemeur
ber g^eftung burd^ ben 3fiatl^ bie aWal^nung, „fi(^ mit gleiß be§ ©(^ießenö
JU gebraud^en, ba fie fonft il^re ^rioilegien verlieren würben."
SDer Äönigöfd^uß würbe im 17. S^i^rl^unbert am erften SEBerfeU
tage na(^ Sol^anniö abgel^alten, unb bie Sitte, baß ber Surfe ju i|ifem
gefte ein in ber Sol^anniänad^t gefangener Sad;§ geliefert würbe, jeigt,^
— 105 —
baJ3 Mefer Sag altl^crgebrad^t war, S)ie geftfeier war ber beß ©(ä^ü^eii^
fefteö äl^nU(^. S)cr Äönig würbe, t)on jtüei 9iatl^öl^ertn begleitet, mit
^aufenf(^lag unb Srotnpetenblafen, feit bem 16. Sal^rl^unbert unter
SÖtterfnaH, auf bie Surfe gefül^rt. SDenn feit bie ©d^ugröoffe attgemeirt
übliö) geiüorben war, gel^örte bei ge[tli(^feiten ba§ ©(^ie§eu in ber
©tabt ju ben Seibenfd^aften ber Bürger, unb wieberl^olt wirb im 16.
Sai^rl^unbert ben SGBerfen bei il^ren Umjügen baö ©d^iefeen auf ben
©trafen unterfagt unb auf bie ^läfee t)or ben 2lmtl^äufern bef(3^ränft.
2lu(ä^ ben Surfenbrilbem war baö ©d^iefeen fpäter nur vox ber Surfe
geftattet, n)urbe l^ier aber mit fold^em ©ifer betrieben, baB bie 3laä^baxn
ju Seiten flagten, vox bem anbauemben Ärac^en ftürjten i^nen bie
§äufer ein.
3n ber SKnffamer Surfe ift bie 3af)l ber SDlitglieber auf l^ö(^ftenö
30 feftgefefet, bie ßolberger f(^eint in älterer 3eit !aum fo ftarf gerae*
fen ju -fein; im Saläre 1521 waren eö 21, 1532 25, 1600 27 aKit=
glieber, erft feit 1673, feit ber Sereinigung mit ber Sungen ©efeHen^
ßompagnie, unb feit man anfing, mä) bena(^barte ©beHeute aufjunel^^
men, ftieg bie 3al^t über 30. — 3laä) alter ©itte l^atten ani) bie
©eiftlid^en 3utritt. &n Mag. ©ionpfiuö ©d^mieb wirb 1510 alö miU
glieb genannt, „^t aber gemeiniglid^ ben unterften ?piafc gel^abt" ; unb
1532 gel^örten fed^§ lutfierifd^e ^rebiger baju, barunter 3?if. kleine,
ber ßolberger ^Reformator, unb ßrolom, fein J^ertjorragenbfter 3Kit!äm:=
pfer, ein 3eugniJ3 für bie ©teHung, welche Surfe unb ^Patri'ciat in ber
©tabt jur ^Reformation einnal^men. 3tn Saläre 1607 ließen \iä) fämmt^
lid^e ^rebiger ber ©tabt aufnel^men. 3Wan(^er angefel^ene 9Wann ift
aWitgtieb ber Srüberfd^aft gewefen, unb aud^ ©neifenau ifi 1807 ber
aSßiHfommen auö bem ®tennl^ornbe(^er jugetrunfen morben.
SBie alle ©enoffenfd^aften beö SDiittelalterö foHte aud^ bie Surfen^
„fratemität" eine mirftid^e Srüberf(^aft fein, ein inniger Serbanb mit
gemütl^Udier Si^eitnal^me ber 3Ritglieber für einanber in greub unb £eib,
in gefeHiger Unterl^altung unb in gemeinfamer Sobtenbeftattung. S)ie
©eburt eines Äinbeö in einer Surfenbruberfamilie feierte bie ganje
©enoffenfd^aft mit, ber Äinbtaufoater gab eine „^orlemfe", unb atö
bie Srüber (1535) von ^eter §ol^en^aufenö ^orlemfe fortgingen, bete^
im fie „©ott gebe unö feine göttlid^e ©nabe unb alle Sal^r eine foldje
^orlemfe." S)em geftorbenen Sruber gab bie g^raternität ha^ lefete
©eleite, jebeö SWitglieb mar baju t)erpflid^tet, unb ein SJluöbteiben jum
britten SIRal mürbe mit Sluäftofeung beftraft. SDaö in ältexer: ät\l >i&^N&{^
— 106 —
^Tragen ber £ei(]^e bxxxä) bic 33rüber würbe 1G85 abgcfi^afft unb Qt^m
Sejal^Iung ber el^rfamen Stofenjunft übertragen. ®ö galt als SluSjetiä^^
nung in ber ©tabt, wenn man fi(ä^ bei Seii^enbegängniffen beö Safenö
unb ber Saläre ber 33räberf(^aft bebienen biirfte. 3?o(^ im 18. Sal^r-
l^unbert roax bief elbe J)ur(3^ il^ren fiar!en ßorpögcifl befannt, unb wenn
bie 2)amen fi(3^ an ben beiben Surfentagen jum Sali begaben, würben
fie von ber ©tragenjugenb mit Kletten beworfen, als einem ©gmbol
feften Sufammenl^altenS.
3n ben Surfenauf jei(^nungen maä)t ^iS) am meiflen bie gefenfd^aft:^
lid^e Seite ber Srüberfi^aft geltenb. 3n bem 16. Sal^rl^unbert fommen
bie aWitglieber alle 3Kittage um 2 Ul^r auf ein „gute« ®efprä(^" jufam^
men, alle SWonate finbet eine größere ©offation fiatt, bie längfte, a(3^t
Sage bauembe, ju g^aftnad^t. S)ie Unf ofien werben au§ ©traf gelbem,
abgaben bei Käufen, SBettertragen u. bergl. beflritten. ©in ®eifili(]^er,
ber ©oml^err . würbe, gab 4, ein neuer Sürgermeijler 2 Sonnen Sier.
SSon ber 3lrt ber Unterl^altung avf ber Surfe, bem Sul^alt ber bort
gefül^rten ®efprä($e imb mitunter mä) ber ungef(^la$ten Slol^l^eit, bie
in jener Seit anä) in gewäl^lter ®efeHf(^aft ni(3^t fel^lte, geben bie in
ben 2lufjei(3^nungen ber Surfe aufgefül^rten SIBctten unb mit ®elbbuBe
beftraften Serftöj^e gegen bie gefettf(^aftli(^e Drbnung eine Sorftellung.
3Kan wettete, ob bie ^eft t)or 29 ober 30 Salären in ©olberg gewefen,
ob jweimal l^unbert ®ulben ebenfomel, ober mel^r fei, afe jweil^unbert,
ob ein ^ferbefopf bie Sänge einer ßolberger Siertonne l^abe, ob Mafr.
SDibnpfiuö no(3^ in bemfelben Saläre ^riefter werbe; Salentin ^rifee
wettet, bie fteinernen Äugeln, bie König ©tepl^an t)on ^olen in bie
©tabt SDanjig l^abe werfen laffen, unb bie bort neben bem SRatl^l^aufe
lägen, feien fo l^od^, wie ber Sif(^ am Kachelofen in ber Surfe, unb eö
wirb beöl^alb eine befonbere 2lnfrage nad^ S)anjig gerichtet. 3Ran wettet
um ein ©tübd^en Sffiein, eine l^albe ober ganje Sonne Sier, au(^ um
®ßwaaren, wie ein Bä)oä 6ier, ©d^infen, ^öfelfleifi^, ©(ä^weinefopf,
§afen u. bergl., unb ber Kämmerer Sröfer, ber in einem SSBettrennen
ju ^ferbe jwifd^en ber „fulen Sefe" unb ber aWünbe befiegt war, mu^e
ber Srüberfd^aft 1 ©(ä^infen, 2 ©tüd Ku^fleifd^, 2 aWettwürfte unb
4 ©(j^effel §afer geben. —
©treit, ©d^lägereien unb Serwunbungen fel^len aud^ l^ier ni(ä^t,
wenn bie Köpfe bnxä) Sier unb SBein erl^ifet finb. 35arum ift bie Se^^
ftimmung getroffen, baß feiner mit f(ä^arfen SBaffen fommen, fie wenig-
ften$ bei bem ©^enfwirtl^ abgeben foQ. ^ ift f(i^mer}lid^ p fagen^
— 107 —
baß nx^t fetten anä) für unanftänbige äluffül^ning SSujsen von 4 — 8 ß
erl^oben werben mußten.
©ie ©trafgeroalt auf ber Surfe ftanb beu mer Surfenätteften
unb bem Äönige ju, biefe würben hm^ bie ©(ä^affner unb beu SBirtl^
von ben t)orfalIenben ©treitigfeiten in Äenntniß gefefet, unb il;rem
©pru(ä^e l^atten fi(^ bie Parteien ju fügen. 2lte einmal bie Parteien
il^ren ©treit bennod^ vor ba§ ©tabtgerid^t gebrad^t l^atteit, würben fie
bafür mit einer ©träfe von 10 Spätem unb einer l^alben Spönne Sier
belegt.
S)a bie ätteflen Slufjeid^nungen wenig über bie 5Reformation§jeit
l^inauöreid^en, fo erf(3^eint bie religiöfe ©eite ber SBrüberfd^aft fd^on üer^^
blaßt, ©ie wirb gleid^ ben ©ewerfen il^re gal^nen unb Säume gel^abt
l^aben, mit benen fie bei ben großen ^rogeffionen aufjog, unb bie
©d^Iußworte beö Surfenbud^ö von 1511 salee regiiia, maier miseri-
cordiae^ vitae (kilcedOj spes iiostra^ salce^ ad le clamarmis^ t)ieEei(^t
alö §9mnuö in ber Surfe gefungen, jeigt eine Sejiel^ung ber Surfe
auf bie Sungfrau aWaria, DieHeid^t ber ©(^ufel^eiligen ber Srüberfd^aft.
(Ueber baä Surfengebäube f. ©. 53 ; üielleid^t ift aud^ l^ierfier ju jiel^n
©. 74 Seile 21 ff.)
Jlad^ bem neueften ©tatut werben bie 2lelteften, bereu immer no(^
uier finb, alle 3 3a(;re gewälilt; fie unb ber jebeämalige £önig reprä^
fentiren bie ® ef ellf(^aft ; nur foK in wi(^tigeren 3lngelegenljeiten, alä
%n^ unb Serfauf von ©runbftüdfen, bie ®eneralt)erfammlung gel;ört
werben. — S)a§ ©d^ieß^aus ift aus ber ©tabt in bie 3Jiai!u^le verlegt.
SDer SDarfteHung ber ßolberger ®ewerf§== unb ©ilbenjuftänbe
fd^ließt fidl; am beften an, waö fonft über 'oa^ öffentlidje uub gefettige
^thtn in ber ©tabt im 3Wittelalter, über bie Sermögenö^)er|)ältniffe ber
Sürger, über greife unb SBertl^e überliefert ift, fo weit biefelben nid^t
in ber ^anbelö^ unb ©üljengefd^id^te (6ap. 6 unb ©ap. 7) berül^rt finb.
3u ben ©egenftänben, weld^e bie ©orge beö SRatl^s in Stnfprud^
nal^men, gel^örten aud^ bie großen Solföluftbarfeiten, bie in ber gewalt^
tl^ätigen Seit tei(^t einen wilben unb gefä^rlidEien ß^arafter annalimen.
3)ann war e§ boppelt nötl^ig, baö Serbot in ©rinnerung ju bringen,
baß feiner mit feinbli(^er SEBaffe auf ber ©traße gel^n, feiner bem anbem
auf ber ©traße „Sorl^alt" tl^un, ober in feinen üier ^fä^len ©ewalt
jufügen fott. gür bie g^eier be§ „luftigen" f^fingft unb beö ©d^üfeen^
fefteö l^atte ber SRatl^ fi(^ 1480 entfd^loffen, bie ©d^affnerinnen in ben
einjelnen ®^werfen^ bie fonft jur jOrbnung ber ^^ftlid^feiten von ben
— 108 —
3Äeiflerfrai!cn getoäf)It wiirbeii, felbft jii ernennen, um bie Erneuerung
von 3änfereien ju t)erl^flten, weld^e bieö g^eft in frül;eren Sahiren ge^
ftört l^atten. — S)eu alten a3rau(3^, am ^afteHabenb in feltfamen SBcr^
mummungen in ber ©tabt von ^an% ju §auö [;erum ju laufen, unter:=
fagte ber dtatJ) ben jungen Seuten nid^t, boä) verbot er, mit geroaffneter
§anb }u laufen unb gegen 3lnbere Uebermutl^ ju üben.
Steigung jur Ueppigfeit bei Äinbtaufen mib §od^jeiten war fo
gut, wie anberöroo, anä) in ßolberg ju befämpfen. „Srutlad^t unb
Äinbelbier" fott man galten, mie bie „©d^ra" (®efefc) auäraeift. Sttn
©efd^enfen follen feine ^elje unb Su^e, au(| nid^t mel^r alö 8 ß
^at^engelb gegeben werben bei ©träfe von 12 aWarf lobigen ©ilberö;
nur Sraut unb Sräutigam bürfen fid^ befd^enfen, bie ©efd^enfe Ruberer
an Znä), §emben, ©d^ul^ finb unterfagt. 2)ie neut)ermäl^lten e^emän:=
ner unb bie Äinbtaufüäter muffen bei bem näd^fien S3ärgerred^te t)or
bem Statte erfd^einen unb fd^roören, ba^ fie be§ SWat$ö ®ebot beobad^tet
l^aben. SBie aud^ in 2üUd, mirb ber Slufroanb in Äleibung nad^ bem
SSermögen, nid^t wie fpäter, nad^ bem ©tanbe befiimmt. Äeine grau
barf ©pangen tragen, v)enn ber 3Wann nid^t 1000 SWarf, unb feine
Sorten, roenn er nid^t 100 fl. t)erfd^ofet.
2Bie fel^r eö fonft in ber 3ii(^tung ber Seit lag, bafe ber 3latl^
für bie Slrmutl^ ©orge trug, fo l^atte er bod^ ein fd^arfeö 2luge auf bie
l^erumlungemben Slrmen. ©ie follen jur Seit be§ Slufteö auf baä gelb
ge^en unb arbeiten, unb bie nad^ ?ßreufeen laufen, um bort bei ber
ernte ju l^elfen, foKen SßJeiber unb Äinber mitnehmen. , grembe SBettler
erl^alten fein ©eleit, ebenfo wenig frembe S3auent, bie fid^ ber Untere
tl^änigfeit burd^ ©rlangung beö Sürgerred^tö entjie^en wollen, benn ber
©d^uft, ben bie ©tabt il^nen gewäl^rt, fann biefe leidet mit ben in i^rem
SRed^te gefränften §erren in gelobe bringen. 3)od^ entl^alten bie ©tabt?
büd^er einzelne Seifpiele, aus benen l^eroorgel^t, ba^ fid^ ber 3iat^ ber
eingelaufenen SBauem wenigfienö annal^m. ©o t)ermittelte er jwifd^en
Sonniges ©lafenapp, ber bie Sluslieferung eines nad^ ©olberg entlau:^
fenen Säuern forberte, um ben §of feines SBaterS wieber ju bebauen,
unb bem entlaufenen einen SBertrag, nad^ weld^em jener gegen eine
Sa^lung üon 8 fl. feine Slnfprüd^e aufgab, (©tabtb. 1483.)
®anj befonbere SBad^famfeit bes SRatl^s erforberten bie großen
Sa^rmärfte ber ©tabt: 5Der JDelmarft nad^ gaflnad^t, auf ben ein ^ferbe*
marft folgte, unb ber „5Domenif", bie große Äird^meffe nad^ bem lieben
grauentage (2. ^uli), bie 8, fpäter 14 Sage bauerte, Sie am ©onm
— 109 —
tage t)orl^cr tjorgelcfeiu Surfprafc fc^ärft noä) einmal ein^ rid^tige«
@ewxä)t unb SWafe jxi i)aUn; alle, bie frembe SBaaren bringen, l^aben
8 Sage lang freies ©efeit, mit Sluönal^me ber SSerfefteten, ber Äiriä^en-
bred^er, 2Korbbrenner, ©trajsenrduber unb berjenigen, bie ben Sürgem
ber ©tabt ju SEBaffer unb ju Canbe ©(^aben jufügen. Seber SBirtl^
mug fel^n, men er bel^erbergt, benn er ifi für feinen ®aft t)erantn)ortti(^.
2)ie fremben JTud^l^änbler muffen il^re eingebraiä^ten Zvid)e auf baö
SBanbl^auö f(^affen unb bürfen bort imr in ganjen fiafen, ni(^t im
Sluöfd^nitt Derfaufen, 5Ri(^t bloß ber 3Warft ift mit ben Suben ber
3Ser!äufer, bie il^re beftimmten, nad^ bett ©eroerfen georbneten ^Mä^e
l^aben — fo fifeen bie ©rünl^öferinnen am „ilaf" (oranger) — befefet^
no(^ in bie anftofeenben ©trafen reichen bie 33ubenreil^en fiinein, unb
felbft ber grauenmarft vox ber ©tabt (t)ergl. ©. 61) mu^ jur Stuf-
fteHung gen)iffer SBaaren jur §ülfe genommen merben. 3n biefen
Sagen l^errft^t ein großes ©ebränge in ber ©tabt; aM ben Keinen pom-
merfd)en ©täbten, befonberß auö ben bifd^öfli(^en, fommen bann bie
Ärämer, um il^re geleerten Äiften mieber ju füllen, Sübeder unb l^ofc
länbifd^e Äaufleute maiä^en ©tation in (Solberg, el^e fie meiter mä) bem
T^anjiger S)omenif reifen, unb anä) bie benachbarten ©beffeute fommen
ia\)lxd^ in bie ©tabt. SDie SBirt^ö^äufer finb bann überfüttt, aud^
auf bem SRatl^öfeHer giebt eö 3Korb unb Sobtfd^lag, unb SBu^en für
y,//artog unb mesdage^^ an SJlarfttagen finb no(^ in ben Jlec^nungen
beö 16. Sctl^tl^unbertö feine unerl^eblid^e ©innal^me für. baö Äämmerei?
regifter. —
Stielten an^ bie üornel^meren g^amilien jum Sl^eil nid^t unbebeu^^
tenbe ©innal^men auö il^ren von il^nen felbft beflellten, ober t)erpad^teten
ftdbtifd^en ©runbftüdfen, fo bleibt bod^ il^re §auptbefd^äftigung unb bie
^auptqueHe il^reö SBol^lftanbes ber ©alinenbetrieb unb ber ©rojBl&anbel.
2)ie ©üljer finb bie reid^ften, über fie, namentlid^ über ben Sleid^tl^um
ber ©d^lieffen, geben Sluöfunft 6ap. 6 unb 6ap. 10. —
einigen 9luff(^lu^ über bie SBermögendoerl^ältniffe ber SBürger-
fcftaft, bie Senufeung unb 2lnlegung ber (Sapitalien gemäl^ren bie jal^t
reid^en Seftamente unb bie (grbfd^id^tungen beö ©tabtbud^s. 6ö mögen
beöl^alb Sluöjüge aus einigen berfeCben l^ier ?piafe flnben.
3m Saläre 1445 fd^id^tet ©lifabetl^ §olf mit il^ren Äinbem.
©ie bel^ält baö §au§, in bem fie mol^nt, jmci ^fannftätten, einen
©arten oor bem SDWlI^lentl^ore unb bie ©d^eune an ber 3Wauer, ber
ädEer bleibt i^r unb i^ren Äinbern gemeinfam. 2)ie SRcnten in ©reitö^
— IIÖ —
tualb*) ©ttalfunb, galfenburg intb SBublife, bie §ebung t)on 33 SRatI
ja^rlid^ in ©d^Iawe xtnb baö ©ilbergefd^trr wirb in jwei gleid^e
§älften gctl^eilt, bie 3Butter bel^ält 5 ungarifi^e p., bie an §om geliel^en
finb; ungeteilt bleiben bie 400 3J?arf, bie auf ber 85ube von aJleifter
SKrnb ©rabou) (©tabtarjt) fielen, ebenfo bie Summen, bie Slritb t)on
Sftamel inib §einrid) v. ^aflaff, unb bie 200 aWarf, bie ber Sifd)of
von ßammin fd^ulbet, ber 3oll unb 60 äJlarf von Sixlmi^; bie SJlutter
nimmt 400 SÖZarf an fid^, um aWemorien ju ftiften, ebenf ot)iel bie
Äinber u. f. vo.
Seftament t)on 2ltbre(^t 83abe 1478: von feinem S3efife am ©alj-
berge vexmaä)t er feiner §au§frau 4 ^fannftätten, feinem ©ol^ite SBar^
tl^olomäuö unb feinen beiben Södjtenx 3lima unb Äatl^arine je 3 ^fanm
ftätten, er tl^eilt unter fie 3l(fergrünbe an t)erfd^iebenen ©teilen ber gelb-
marf, ©arten unb fleinere dienten in ber ©tabt; 300 3Jiarf finb jur
Sluöriditung jeber JEod^ter beftimmt, 40 a)iarf ju Äerjeu am neuen 2lltar,
für bie 6l^orfdE)üler u. f. xo.
Seftament be§ SBürgermeifterö SBabe Särwalbe 1482: fein ©ol^n
§ennann erl^ält fein SBo^nl^auö mit ber Sffiurt, mit ^^ferben unb Äßl^en,
1 ^^fannftätte unb 140 aSarf jä^rlidEier Siente vom Statine, feine Soi^ter
Siljefe, Älofterjungfrau, auf fiebenöjeit 40 3Jiarf jä^rlid^, baoon ja^lt
unter anbern 24 SJlarf ^eter Äamefe in Äorbeäl^agen, 8 SDlarf ber alte
eiaweö Äamefe }u ©trippon).
Sürgermeifter Sed^eö Seftametit 1487: er ifi Kaufmann unb ©alj=
fieber, l^at menig geerbt unb fein @ut t)ornel^mlid^ burd^ red^tlid^e Äaufs
mannfd^aft gewonnen; er befifet ein eigenes ©d^iff, von bem er ben
t)ierten S^eil jum SBau beö §afenö fd^enft, in feinen ÄeHern liegen nod^
14 gafe mit Dfemunb (ßifenmerf) unb fupfeme Pfannen im SBertl^e
von 207 3Karf; 2 ©tein ^fannenbled^ fd^enft er bem Siatl^e ju ber
©tabt S3el)uf, in feinem ©d^ulbbud^e [teilen nod^ mand^e auöftel^enbe
Soften, wie t)om ©d^neiber §at)ernadf 30 aWarf für JEud^; fein gewonnen
®elb l^at er jum S^eit in 2ldfer angelegt, au^erbem befifet er SBienem
ftödfe in ©anbelin unb bei ber gä^re, ju 3?emer 10 ©d^afe unb 2 Äül^e
unb auf einem anbern §ofe 6 ©df)afe unb 1 Rn^,
S)er Bürger SWoggow fefet fid;, ba er fid^ wieber t)erl^eiratl^en wiH,
*) S)iefc betrug an Capital unb rüdfftänbigcn Sflenten, wcl^e bie ©tabt nat^
Iftnflerem ©trettc mit ©olbcrg unter SSermittelung von ©tralfunb unb füoftod
enblic^ fic^ 8U aal^lcn erbot, afletn 4000 SRorf. ©eftcrbing, SBeitr, 5ur ®ef4|. v
©retfdwalb. ». 393.
— 111 —
mit feinen mx Äinbem erfter e^e, von benen eins Älofterjungfrau ift,
auöeinanber, jiebeä ctl^ält 200 9Karf. 6r ift Kaufmann unb ift bmä)
§anbel mit §anf wol^li^abenb geworben.
§enning ßolbemanje giebt bei feiner SBieberoerl^eirat^ung jebem
feiner beiben Äinber ^ ^^fannftätte, i SBol^nl^auö, t)on 4 §aufern ^n-
tf)dk t)on i unb i, i ©übe, i ©arten unb IJ ^funb ^erreaitpnö
(Doni ©aljberge) iäl^rUd). SDer ©ol^n erl^ält bas S3aart)ermögen unb
muJB bie ©^wefter in ein Älofter einfaufen.
SDie grau beö 33iirgerö §inrid^ ©ottfd^alf t^ut (1402) ©rbfd^id;::
tung mit i^ren Äinbem, bie Jie t)on i^rem erften SDtanne l;atte. Sie
§älfte beö SSermögenö bel^ält baö ß^epaar: ben §of mit lebenbem
SBiel^, bie ©aat auf bem gelbe, ba§ ßom in ben ©4^unen, ©peifeüor^
rätl^e unb §auögerät^e, loä^renb bie Äinber 315 SÖiarf er^ialten, wetd^e
jufammengenommen benfelben 2öertl^ barfteHen.
JRid^t feiten werben in bm Seftamenteit mä) Sffiertl^fad^en auö
eblen SUletaDen erwähnt: filberne unb golbene ©(^alen, 33ed^er, Söffel,
feltene ©^aumünjen, 9tinge, Äetten, bie auf bem Srefur aufgeftellt
ftanben unb ben ©äften im Jteii^tl^um ber gamilien jur ©d^au ftellten,
baneben ßleibungögegenftänbe, §auä5 unb Md^engerätl^e, wie meffingene
Äeffel unb SJecfen, jinneme ©d^üffeln unb „aSatte", feibene Äiffen,
©tül)le mit ©tu^lftffen, Sabefappen mit filbemen Änöpfen, grauen-
müfeen, blaue unb rotl^e §oifen (3Käntel), ©amaftröcfe, ©ammet^ unb
„6armefin"j|open. 3n ber ®rbfd^i(ä^tung von 3lxlol SBalmer (1380)
werben genannt: 2 ?Paar §oifenfpangen, 40 ^aar Wloivm^ (2lermet)
fpangen, 3 ^aar SBrefeen (bracelet), 2 ^aternofter {von Sernftein),
17 feibene unb leinene Äopftü(^er für grauen (vruwedtike^ coopertoria
capüiim muUerum), 2 SBetten, 5 Sifi^tüd^er unb ©ert)ietten {mappa),
4 *^kar blaue unb weijge ^Un von Seinewanb, 2 ^ettbedEen unb
17 Riffen, — 2)aö ©rbe be§ aSaterö, meld^ed bie „SJergaftfd^e" bei
i^rer a5ßiebert)erl^eirat]^ung i^rer Sod^ter lierauögiebt, beftet;t auö 1 ^^^fann^
ftätte unb 800 50larf ; von ber "Sitnit giebt biefer ber ©tiefoater ^yvodingh
unb cleydingh^' unb wenn fie fic^ Derl^eiratl^et^ au^er il^rem 33ermögen
jur Sluöfteuer ein ©tüd Seibenfd^es Sud^, „Giften unb iUftenwant"
unb 2 ^ide^ erlike unb zuverlike bedden, — ©elbft bei ben §anb;
werfem pnbet fid^ gegen 6nbe be§ 15. Sai^rl^unbertö ©olb^^ unb ©ilber-
fd^mudf. S)er Simmermann ^reen, ber (1503) von feiner §auöfrau,
einer SRoftodEerin, 100 SÖlarl unb Äiftenwanb, wie eö in Sloftodf üblid^
ift, ate SWitgift erl^alten §at, fd^enft i^r alö 3Rorgmgabe einen filbemeiv
— 112 —
Srautgürtel t)on 21 fiotl^, citi agims dei t)on 6 Sotl^ xmb 4 ^aar
gro^c unb 6 ^aar Heine ©pmigen t)on ©über iinb ®olb.
Ueber beu SBertl^, wenigftenö ber unben)eöli(ä^en ®üter, ber §äiifer
unb ©runbftticfe geben ttrfunben iinb ©tabtbud^ ebenfalls einige Sluö-
fünft. S)ie §äufer l^aben natürttd^ wai) Sauart unb ©röfee t)erf(3E)ie=
benen ^^reis. SDaö §auö beö aWäUerö (1300) wirb au 100 aWarf ge^
red^net, bie Sajpreife ber 35oml;errncurien (1350) gelten t)on 100 —
250 3Karf, 1370 wirb ein §auö für 110 aWarf t)erfauft, 200 biö
250 9Kar! f(^eint ber gewöl^nlid^e ^reiö für ein folibe gebautes ©tein^
Ijauö um 1400 gewefen ju fein, nur einmal mirb ein großes ©teinl;au§
am 9Jfar!t ju 350 3Karf bered^net 3Wel^rmate mirb eine l^albe ^fann-
ftätte (250 3D?arf) für ein ^a\x% auögetaufd^t. ©ine fteinente 33ube
gilt um biefelbe 3eit 50 aSarf. Um 1500 gilt ein fteinernes §au§
mit 3 SEßiefen, 1 ©arten unb 2 Seid^en 350 fl. (eine ganae ^fann^
fiätte bamate 250 fl.) 3m Sa^re 1370 !often 6 SÄorgen binnen Srofö
60 3Rarf, um 1500 1 3Korgen binnen Srofö 8 fl., buten »rofö 4 fl.,
10 aWorgen auf bem Siofenbal 250 3Karf. S)er ßapitalbefife au($ ber
rei(^flen Sürger jener 3eit war gering, wenn man il^n mit ben ©elb^
t)erl^ältniffen unferer Seit t)ergleidE)t, aber ber 3inöfu^ xoox \)o6) (10 —
8, fpater um bie 3Kitte be§ 15. Sa^rl^unbertö 7 ^rocent, — ju 12 3KarI
liel^ bie ©tabt Sreptom im Salute 1309 t)on ©ottfrieb t). b. SSHebe
100 3Karf jum 33au i^rer 9Jlauern, freiU(^ auf Seibjinö — ), ber ßrebit
gering unb baareö ©elb fd^roer unb faft tiur gegen fii^ereö Unterpfanb
t)on ©runb unb SBoben ober Käufern ju befommen. Sa baö eigent^
lid^e ©elbleil^en auf 3infen t)ön ber Äir(^e unterfagt unb nur ben
Suben üerftattet mar, fo mürbe babei gemö^nlid^ ber fogenannte Meutern
fauf angemanbt. 3)er ßapitalbefifeer faufte eine beftimmte SRente t)on
einem §aufe ober 3ldferftüdE. 3)er Ääufer war alfo ber ©laubiger, ber
3Serfäufer ber ©d^ulbner. SBurbe ein befiimmter Termin für bie SRütf«
jal^lung feftgefefct unb nid^t inne gel^alten, fo mar baö als ^fanb ge^
fefete ©runbftüdE verfallen, gaft jebe ©eite beö ©tabtbud^eö entl^ält
fold^e 3Serträge; t)on §äufem, ©aljftätten, SBiefen, ©arten u. f. m.
werben SRenten t)erfauft unb gefauft unb ©runbftüdte »etpfänbet (£in
aSied^arbt üerpfänbet (um 1400) 2llle§, wa§ auf feinem 2l(fer im §alme
fielet für 50 SWarf, 9lugl^e ßlaweö aHeö ©etreibe in ber ©d^eune unb
auf bem §alme, SRüol. aSirestorp feine gefammte fal^renbe ^oibt in
feiner (Surie m ber 3Ra§nifc; §ans BXuhU giebt an 9?ifol. Sßorwer!
150 aWarf auf 4 Sal&re auf 21 SJlorgen am l^ol^eu Serge, bafür
— 113 —
befteHt er biefe bie 4 Saläre unb sielet bic (Srträge, ja^lt aber bem 33e*
Tifeer no(^ eilte jiäl^rlt(3^e ^aä)t t)on 6 3Jiarf.
SDie t^erl^ältni^mäfeig größere Slnfammlung t)on ßapital in ber
©tabt ntuJ3te il^r einen großen @tnf(uJ3 anf baö ganje Sanb geben.
3Bie eö bem Statine bel^ülflid^ war, ben gelbamten Sifd^öfen burd^ ®ar=
leiten unb ^fanb ein 5ledE)t in ber ©tabt nad^ bem anbzm abjunel^men,
fo bradE)te eö aui$ 9lbel unb Säuern in Slb^dngigfeit von ber ©tabt.
Sie ©tabt felbft ober reid^ere Bürger fauften ^Renten oon ben gelbbe-
bürftigen Sanbbefifeern, unb nid^t feiten gefdia)^ eö, bafe Sal^lungöunfä*
l^igfeit ben Siüdfauf unmöglid^ mad^te. ©o famen j. 33. bie' be ©iten
in ben Sefife von ®r. aSölIn, unb Seftin geraann ber SRatl^ alö oerfat
leneö ^fanb. ßapitel unb ^(ofter vergrößerten in berfelben äBeife il^re
Sefifeungen. £>ft gel^örte ben ©belleuten baö §oIj nid^t mel^r, n)eld^e§
fie in il^ren Söälbem f dalagen ließen, unb bie großen glöße von 190
unb 200 ©renj §o(j, weld^e §inrid^ v. 3Kanbüt)el auf Ärufenbefe unb
Henning v. Äleift auf ©anora (um 1530) jum ©aljberge fd^idten,
foHten nur einige Soften fi'ir Znä) u. bergl. in ben ©d^ulbbü(^ern 6ot
berger Äaufleute tilgen.
©0 mod)te baö Kapital oft einen l^arten SDruä auf baö Sanb
auMben unb ben §aß f(^ärfen, ben ber ßanbabel gegen bie ^fefferfädfe
ber ©tdbte liegte unb fo oft in erbitterter gelobe ausließ.
^
^mMm (![auitel
®ef(^t^te kr SoKcrget @oItite Mg ju intern Siugel^eu.
35en ©ermanen tt)areu, wie Sacituö berid^tet, bie ©atjquellen
l^etligc ©tätten, benen btc ©ötter näl)er wären, aU anberu Drten, iinb
TOO bie ©ebete ber 3Kenfd^en e^er ©rl^önutg fäubeit. 9lud^ anbetn SBöU
fem voax bie ©tätte eine njid^tige, wo bie nnentbel^rlidie SEBürje jeber
©peife au^ ber 6rbe ftrömte, iinb bieö um fo niel^r, je ausgt^bel^nter baö
©ebiet rcar, beffen SBewol^ner il^ren ©aljbebarf au§ il^r bejiel^en mußten.
SDiefer beoorjugten Sage erfreute fid^ ßolberg in alter 3eit. 3?ad^
SBeften l^in bilbeten jraar bie ©reiföroalber, §olfteiner unb fiüneburger
©aljwerJe eine Bä)xanU filr ben 2i[bfafe, aber gegenüber lag, mtr bxwä)
ein fc^maleö aJteer getrennt, baö faljarnie ©fanbinat)ien> Siu^lanb I;at
biö in bie neuere 3eit, n)ä(;renb e§ auö ben füblid^n §äfen ©alj auö?
fül^rte, in ben nörblidEien trofe be§ finntänbifi^en ©eefa(je§ ®rjeugniffc
freniber ©alinen bejogen, unb bie unerfd)öpfli(3^en ©aljlager an bem
^u§e beö ^arpatl;engebirgeö, überbiefe erft im 3al;re 1253 eröffnet,
waren ju weit entfernt, um ßolberg feinen 3lbfafebejirf üerfteinem ju
fönnen. SDie Srunnen bei ©lanö! an ber 2Bei(^fel, ^pielijpfö unb
Slonie bei ßjed^anow, beren Srunnenfaffung jeigt, bafe fie einft in Se^
trieb gewefen finb 0, Ratten woI;l mir für i|)re nädifte Umgebung 33e=
beutung. ©omit liatte bie SRatur ber ©tabt ein weiteö 3lbfafegebiet für
bie SBerwertl^ung ber Sobenfd^äfee eingeräumt. — 3war treten in hinter-
pommern, »ieHeid^t auö bemfelben ©aljtager, mit weld^em bie ßolberger
Ouellen in SBerbinbung fte^n, no(^ anbere £}uellen f;ert)or, wie bei
SDobberpl^ul, ©d^wirfen, SBeid^müfile, unb einige, wie bie £}uellen bei
bem eingegangenen ä>orwerf ©ütj^orft bei Treptow a. 9t., mögen t)or
Seiten für einen befd^ränften Sejir! gefotten l^aben; hoä) fonnten fie
fid^ mit ber reid^en güEe ber ©olberger SiueHen nid^t meffen, unb mö)
— 115 —
ol^nc baö t)om 93if(^of S3enebict im S^i^tc 1488 ber ©tabt t)erlie]^ene
?Prit)itegtunt, weld^eö bie ©rtid^timg neuer ©alinen im ©tifte verbot
imb frembeö ©alj bafetbft t)om 3JJarfte au§fdE)Iofe, würbe bie ßolberger
Saline bie SWitoerbung ber anberen ni(^t ju fürd^ten gel^abt l^aben:
bie uralte SBegnabung burd) bie SRatur war mäd^tiger unb n)ertl;t)oIler,
alö bie pergamentene beö ßamminer SBifd^ofö.
SDie ©tabt ßolberg wirb im Saläre 1000 iwm erften aWale ge=
nannt; aber fie ift fd^on eine in ^olen wol^lbefannte ©tabt, bie eben
beöl^alb jum ©ife beö neuen 33i§t]()umö auöerfel^en ift, unb ber SRame
©aljfolberg geigt, ba§ e§ gerabe ba§ ©alj geraefen ift, n)eld^e§ ben
^olen Äunbe von ber ©tabt gebrad^t l^at. SDiefer SRuf aber, ben 6ot
berg f(^on in jener Seit geno§, weift auf ein fd^on längeres 33eftel^en
ber ©tabt l;in, er jeugt mit für bie Stnnal^me, meldte \iä) auö bem
natürlid^en 3Ser]^ältniJ3, auö bem Sebürfnijg ber faljarmen SRad^barlänbcr
t)on felbft ergiebt, bafe bie Serool^ner 6olberg§ bie rei(^en ©(^afel^äufer
ber SRatur fd^on in uralter 3eit ausgebeutet l^aben.
SDer ©olberger ®efd^i($tf(^reiber 6. t). ©immern 2) erjäl^lt eine
©age von ber ©rünbung ©olbergs, bie er als eine alte Ueberlieferung ber
©tabt bejeid^net. SDie (Segenb, wo ßotberg jefet liegt, war, fo erjäl^lte
man, einft nur Sffialb unb aWoraft, wo man ^ol^len brannte unb Sag^
ben abl^ielt. Site nun eines Sages bie Jiad^bam ein grojses Sreibjagen
auf bie jal^lreid^en SEBölfe, bie gefäl^rlid^en g^einbe il^rer §erben, aufteile
ten, ftürjte einer ber §unbe auf bem SiHenberge in eine ^füfee. ©in
auf fein ©el^eul l^erbeieilenber Säger jog il^n l^eraus unb bemerfte
babei, als er fid^, von ber Slrbeit erl^ifet, burd^ einen fül^len Srunf aus
bem SBaffer laben wollte, an bem ©efd^made, bajs l^ier eine ©aljqueHe
aus ber ®rbe fprubele. 6r bewnl^ite fein ©el^eimni^, bis ber gürft
bes Sanbes ii^n, ber burd^ bie £)ffenbanmg bes (SrbfegenS f(^on von
ben ©Ottern begnabet war, au$ mit ber g^reil;eit begnabet l^atte, bie
öueHe für fid^ unb feine greunbe unb SSerwanbten ausnufcen ju bürfen.
©ie bauten jufammen §ütten in ber S^iäl^e bes ©aljbergS unb naimten
ben ©rt jum ®ebädE)tni^, bajS einft an ber ©teile, wo fid^ fpäter Äirdje
unb Slatl^i^aus erl;ob, bie 3J?eiler ber Äol^lenbrenner gefd^welt l^atten,
Äol^lenberg ober ©olberg. —
@s iji bies eine ©age, wie es beren t)iele in S)eutf(^lanb giebt;
an t)erfd^iebenen Orten foHen Siliere bie 3luffinbung von ©alj- ober
Heilquellen veranlagt l^aben. 3n §aEe unb £üneburg offenbarten
©(^weine, bie fid^ in ber Safe gewätjt l^atten, burdj bie XÄ^\i^ ^^n%»
— 116 —
an il^ren Sorften ben ©aljgeljalt ber OueHen; ein augefcä^offener ©ber
venkü) bie §ettqueEe im SBilbbab unb b^u Äartöbaber ©prubel ein
§nnb, ber fid^ in bem l^eifeen Söaffer »erbrül^t l^atte.
§at nnn anö) bie fprad^lic^e Slbteihnig be§ 5Kanienö t)on ßolberg
bei ©immem nid^t mel^r Sffiertl^, alö bie etma^ fpätere Don „C>oIni",
fefteö Sanb, ober von „fal)l", walbtoö, ober oon JaW wegen ber Sage
an ber ©ee, fo ift boc^ in ber ©age in einem rid;tigen ©efül;! fiir bie
erfte unb ältefte Sebenöbebingung ber ©tabt bie ©rünbung berfelben auf
bie @ntbe(Jung ber ©aljqueHen jurü(JgefiU;rt.
SDie älteren g^ormen, in weli^en ber 3?ame ber ©tabt in ben
Urfunben t)orfommt, finb: ß^olberg (1140 ßopie), ßoluberd^ (1159),
eolbiarg (il73), ^oUhcxä) (1175), ßolberg (1176), ß^oleberga (1180),
ßolubried^ (1184), ßl^olberd^, ßoHebergl^e, Äolbergl^e. S)ie mit 61;
anlautenben g^ormen fd^einen in ber älteren 3eit bie gebräud^lid;eren ju
fein, an6) S^i^ietmar l^at Cholbergiensis. SDaö 2Bort würbe biö jefet
gewöl^nlid^ m^ bem ©laoifd^en burd^ ,^colo'\ um, an unb „brjeg" Ufer,
alf 0 „am Ufer liegenb" gebeutet. ^) S)ie Ueberfefeung ift an unb für fid^
nii^t genau, benn ^^colo" *l^eiJ3t ^reiö unb würbe auf eine freiöförmige
Sage, etwa um eine 3)JeereöbudE)t, l^erum gebeutet werben muffen, fdiwer-
lid) fann ba§ SBort ol^ne SSBeitereö „an" l)eiJ3en. 3Bid)tiger aber ift:
man ^at babei ganj überfel^n, ba^ biefe Sebeutung buri^auö nid^t ju
ber Sage ber alten SBenbenftabt ftimmt, bie jiemli^ eine lialbe 3Keile
oon ber ©ee entfernt bei 9lltftabt nadjgeroiefen ift» 2)iefe ®rKärung
mu& beäl^alb jurüdfgewiefen werben.*)
dagegen ift oielleid^t eine anbere SDeutung möglid;, bie jugleid^
mel^r ber älteften Sebenöbebingung ber ©tabt unb ber wal)rfd^eiuli(^en
aSeranlaffung ju i()rer ©rünbung entfpred^en würbe.**)
®§ ift eine oon ben älteren 6t)roniften ßolbergö aufgefteßte, nod)
in unferer 3eit nad^gefprod^ene 3)Jeiining, ba^ juerft, „ju ber 3eit beö
'Sifd^ofö £)tto" imb bamalö nur in bemjenigen Steile beö bur(^ bie
*) ^ic gorm iSl^olmbcrcg, roeld^c §ügelufer bcbeuten foU (SSeröl^aud, Sanbb-
X). ^omm. HJ., 1, 249), fommt urfunbUd) gar nic^t oor.
**) S)tc im ^ejt gegebene Ableitung ift burcl) eine Söemerfung im §affclb. Cod.
N. 30(^11 Cotchlc) oeranla^t unb roar bereits niebcrgcfd^ricben, als Duanbt in bem vom»
merfd^en Sal^rbud^e, Sal^rgang I. 1867, eine ^^lbt)anblung üeröffentlidjte, lüorin er
gelegentlich (©. 48 unb 101), üielleic^t üon bemfclben ^uncte ouSgc^cnb, biefelbe
Slbleltung auffteHte. 3cl^ l^abe t>on mehreren S3emer!ungen beS grünbltc^eu gorfdjerS
für nü4 ©ebtaud^ gemadjt.
— 117 —
?Perfante in pei §älften jerlegten, in älterer 3eit allein junt ^ali^
gewinn benufeten ©aljbejirfe t)on ßolberg ©alj gefotteti fei, mlä)ex
anf ber redeten Seite beä g^Iuffeö liegt. SDiefe 3Jieinung ift ganj unbe^
grünbet. SDie erfte urfnnblid)e (Srwäl^nung beö ßolberger ©aljraerfe
ift ax\^ bem Saläre 1140, wo unter ber 3luöftattung, weld^e bem neu=
gegrünbeten pomnierfd^en Siötl^um mitgegeben wirb, an(^ ein ©aljfotl^en
t)on ßolberg aufgefül^rt ift. ®ine örtlid^e Seftimmnng fel^lt in ber
Urfunbe ganj, ebenfo in ben folgenben, biö feit 1214 bie 35ejei(^nung
mom salis (©aljberg) auftritt, bie unö ungewiß läßt, an wellte ©eite
beö e^Iuffeö wir ju benfen l^aben. S)enn ber 9lu§bru(f moiis salis (fpäter
axiSi blofe mom ober 33erg) wirb t)on beiben Sejirfen in gleid^er SBeife ge=
brandet; im Saläre 1276 wirb bie 5Wicolaifird^e auf ber xt6)itn%hx^
feite alö auf bem inons salis liegenb bejei(^net, unb ebenfo 1260 bie,
wie gleid^ erwiefen werben foH, auf bem linfen Ufer gelegenen Äotl^en
beö Sifi^ofö unb ber ßolberger SDoml)errn. 5Der Iateinif(3^e äluöbrud
rnoiis salis ift nun offenbar bie Ueberfefeung eineö in ber SBenbengeit
gebraud^ten SBortö, weldE)eö benfelben ©inn l^atte. ^ür bie Quellen auf
ber redeten ©eite ift baö 3Bort erl^alten unb nod^ l^eut ju Sageüblid^:
ba§ ganje Ufergebiet, in bem fid^ bie brei neben einanber liegenben
ßuellen befinben, l^eifet nod^ jefet Sißenberg; er umfaßte frtil^er wenige
ftenö awi) bie §öl^e, auf wel(^er in frül^eren Sai^rl^unberten bie 5Jifotai=
Ürd^e ftanb (bie jefcige Äiri^l^of^fd^anje). ©aö Sffiort fommt urhmblid^
jwar erft 1368 in einer ^(ofterurfunbe ror (3t)ffenberg]^ , 2är)IIen:=
berd^), ©pffenberg, ift aber im ©tabtbud^e ganj gebräu(^li(^ unb würbe
f% fö. flwt wie in ben erl^altenen Sl^eilen beffelben t)on 1373, fidler
aud^ in ben verloren gegangenen flnben. @ö ift ein wenbifd^eö SBort
unb bebeutet ©aljberg, t)on sebiy salsus. SDer Sluöbruä finbet fid^
aber nur t)on ber recl^ten, niemals t)on ber Hnfen ©eite gebrandet,
biefer S()eil l^ei^t immer, wo er in beutfd^er ©prad^e Dorfommt,
©oltbarg, nodE) jjefct ©aljberg. @ö fragt fid^, weld^eö war ber ältere,
bem beutfd^en ©aljberg unb bem lateinif(^en vwiis salis entfpred^enbe
3luöbnidf für ben* ©aljbejirf linfe ber ^erfante?
3?ier Urtunben an^ ber jweiten Hälfte beö 13. Sai^rl^unbertö föm
nen un§ barüber Sid^t geben. 3wei berfelben (auö bem 3al^r 1249
unb 1251) entl^alten bie Befreiung ber ^otl^en ber ßl^orl^errn ®üntl)er
unb ©erarbuö t)on aller Unpflid^t burd^ §erjog SBartiölaw III., bie
anbern beiben (1265 unb 1275) bie Seftätigung berfelben burd^ Sifd^of
§ermann, ben aWitbefifeer beä ©aljwerfs. ^) 3lad^ allen biefen Urfunben
— 118 —
liegen biefe Äotl^en auf bem moits Cholberch neben bem bif(3^öfli(^en
^otl^en aw ber ^^Perfante naiä^ bem 3)Jeere ju {itixla tugurkm fioslrum
versus mare apud Persandam). SDiefer lag aber auf ber Uufen
©ette beö ^luffeö {ab alia parte; ,,ab ista parle''', ,,up disse syde''
bejeiiä^net bie redete ©eite). 3lu(^ ein britter Äotl^ beö ßapitefe mit
t)ier ^fannftätten, tt)el(^er 1260 an bie ©ebrüber be Sffiiba auögetljan
tt)ttrbe, lag auf biefer ©eite (©tabtbu(3^ ju 1283), unb e§ fteljt ju t)er:=
mutigen, bafe aEe Sapitelöfotl^en l^ier in ber Siäl^e beö bifd^öflid^en gele-
gen l^aben. ©ort befanben fid^ au(^ bie Äotl^en anberer geiftlidEier
©enoffenfd^aften, wie ber be§ Selbufer Klofierö, ber biefem \i^m 1180.
t)erlie]^en war; benn 1365 ^) t)erfauft baffelbe eine ^^fannftätte in bem
^otl) auf ber anbern ©eite ber ^erfante für 700 ajfarf {ab alia parle
Pers, situala) an baö 9lltftäbtif(3^e Älofter. @ö fc^eint l^ienmd^, alö ob
ber 5Watne ßolberg urfprünglid^ an biefer no(^ jefet ©aljberg genannten
Dertlid^feit gel^aftet l^iabe. 5Demna(^ liegt bie SSermutl^ung nal;e, baf3
bie ©ilbe „6^ol" ©alj bebeutet
SDa§ Söort „6l)ol" für ©alj ift nun afferbingö in ben germani:^
fc^en ©pra(^en unb, wie eö f(3^eint, in ben SDialeften beö ©laoifdjen
ni(^t mel^r ba, bie formen lauten l^ier alle mit „ä" an; baJ3 aber in
ben inbogennanifdien ©pradjen ein berartigeö Sßort t)orl^anben mar,
jeigt baö gried^if(3^e Sih; unb bie jal^lreid^en ©aljftätten in S)eutfd)lanb,
mie §atte, Steid^eitl^all, ^allein u» f. m., bie aud; nad^meiölid; bie ah
teften finb. 3lud^ ber SRame be§ ©aljlanbeö ©alicj ((Saligien) mit fei^
nen jaljlreid^en mit 6ol unb ßl^ol anfangenben Ortsnamen ift liier l;er
JU redEmen. Unter ben ©ütern, meldte ^afimir I. bem SDomftifte §a-
t)elberg jur Slnlage eineö Älofterö f(^enfte, mirb aud^ bie ©aline in
ßolfle (oerfd^munben) genannt, (ßold^lem ©aljliütte. Cuanbt), bem
5llofter ©onnenfamp mürbe 1219 ein Ort 6ol(^e, ©old^en, ^ereignet,
in beffen 5Räl)e ein SDorf ©ülten bei Srüel liegt mit einem alten ©alj:^
werfe, unb Colchle ju ©elj bei ©old^en im SDemminer Greife weift
aud^ auf eine ©aline ^in^). ©clbft ber 3?ame ßolberg finbet fid^
in faljreidEien ßänbem: ein (Solberg liegt bei ©aljungen, ein an=
bereö im ©aljburgifd^en. — ©onad^ ftänbe alfo bei ßolberg neben
bem Jüngeren wenbifd^en Söorte Sittenberg baö ältere ßolberg für ©alj::
berg, unb t)on il^m l^at bie ©tabt, vm beren SSewol^nern ein großer
Sifieil bort feine Sßal^rung gewann, il^ren SRamen erlialten.
aSeld^em 3weige beö gemeinfamen ©prad^ftammeö berfelbe juju=
weifen ift, baö freilid^ mag fd^wer ju entfd^eiben fein, SDie Sewol^ner
— 119 —
beö mit ©alj xeiä) gefegneten Sßorlanbeö ber §o(^atpen in ©aljburg
nannten im 7. Sal^rl^unbert eine Saline §al ^), unb wenn fie wirflid^
bem celtifi^en ©tamme jujujä^len finb, fo fann aud^ wol^l jenes SEBort
bet celtif(j^en ©prad^e jugemiefen werben. — 35ie ©rflärnng ber jwei^
ten ©ilbe bietet feine ©d^wierigfeit. SDaö beutf(^e SBort berg unb baö
flat)ifd&e breg, brjeg, oerl^alten fid^ ju einanber wie garb unb grob,
Äarl unb Ärol, eö bebeutet in beiben ©prad^en bie über bie ^luti) \xä)
l^ebenbe §öl^e ^) , im SDeutf d^en no^ in bem Sffiorte bergen, b. 1^. an
ben ©tranb jiel^n, erljatten; an6) im ßeltifd^en bebeutet breca erl^öl^teö
g^lufeufer, unb^ bie ©tämme, bie fi(^ l^ier t)ieBeidE)t über einanber ge^
fd^id^tet l^aben unb na6) einanber jur §errfd^aft gefommen finb, fonn-
im ba§ SEBort ol^ne aWül^e nad^ il^rer ©prad^e umgeftalten.
2Bir motten baö SBort ßolberg aljo mit „©aljufer" beuten, unb
mögen nun SBenben ober ©ermanen, ober vor unfern blauäugigen SBor^
fal^ren ßelten l^ier juerft i^re ©aljfotl^en gebaut l^aben — eine alte
©efd^id^te blicEt nad^ biefer ©eutung um auö bem SRamen ßolberg an,
mir l^aben bamit ein rebenbeö SeugniJB gewonnen, iajs bie ©tabt in
ba§ £eben gerufen ift burd; baö l^errlid^e 9?aturgef(^enf, aus meld^em
fie 3al)tl|unberte l^inburdE) il^re beften ßebenöfräfte gef(^öpft l^at.
SBir feieren na(^ biefer Slbfd^weifutxg auf ein unfid^ere§ ©ebiet
mit immer boä) jweifed^aften (grgebniffen auf ben fid;eren 33oben ber
gefd^id^tUd^en Ueberiieferung jurüdE unb fud^en unö junä(|ft ein Silb
ju mad^en oon bem ©alinenbetriebe in menbifd^er 3eit.
SEBir finben von 2lnfang an ben §erjog im alt^ergebrad^ten 33efife
beö ©aljbergö; er ift baö alte ©tammgut feiner g^amilie, unb wenn
bei ©rbtl^eilungen bie beiben ßinien gemeinfame Äaftettanei ßolberg
getl^eilt unb bie 2lbgaben beö jebem ber §errfd^er jugefaffenen 3lntl^eite
getrennt in jmei Siabemen abgeliefert mürben, blieb ber Sefife beö
©aljbergö bod^ ungetl^eilt, gemeinfam t)erfügten fie barüber, unb in
ber 3eit ber Sl^eilungen beburfte jebe ©c^enfung einer boppelten Se^
ftätigung.' SDie §erjöge erfd^ienen femer alö bie t)ottftänbig unbefd^ränf-
ten §erm beffelben mit freiem SJerfügungöred^t, unb, alö märe ber alte
©ermanenglaube, bem bie ©aljquetten gottgemeil^te ©tätten waren, mit
bem ei^riftent^um ju ben SBenben l^inüber gewanbert, fo l^aben fie gerabe
Älöftem unb ©tiftem von ii^rem alten ©igentl^um eine ©(^enfung über
bie anbere jugewiefen. ®iefe Älöfter waren: ®robe auf Ufebom 1159,
SDargun 1173, 93elbu! 1180, ©tolp an ber ^eene 1183, 3näan in
^omereffen (1229 beftätigt), baö g^rauenflofter in 2;reptow 1240, felbft
— 120 ~
baö von SJambetg am gegrünbete unb hobxixä) mit Komment in SBerbiiv^
bung gefefete Ätofter Srebnife in ©(i)lefien 1214, ßolbafe (beftätigt 1240),
unb mtoro 1264 unb 1265. SDie ^fannftätten, bie baö Softer a?Jo=
gpina in SDanjig befa^, gel^örten jur Soi^anniöfird^e. "^aiu fotmnen
8 Äptl^en ber ßolberger SDoml^etrn. Um 1400 I;atte anä) baö Älofter
^elpelin in SBeftpreuJBen (^erpelin im ©tabtb.) eine fjalbe ^faunftätte.
®ie ^fannftätten, weld^e bie Snngfrauenflöfter ju ältftabt xmb 6öölin
befa^en, finb in fpäterer Seit erraorben. ^)
S)en §erjogen wirb von ben Äotl^en ein beftimmter 3inä ent=
tid^tet, ber burd^ ba§ §erfommen normirt ift, wenn aud^, wie bie SBer^:
böte an bie l^erjogIi(^en Beamten, bie Slrbeiter im ©aljberge nid^t mit
ungebürlidien Slbgaben ju belaften, jeigen, flaoifd^e SBiUfür oft brüber
l^inauögegangen fein mag. SDie fingen 3Bänner auö ben Älöftern, bie
ben gürften ein §ol^eitöre(^t nad^ bem anbern jn entrainben mußten,
gen)annen na^ unb nad^ au^ bie Befreiung il^rer Äotl^en t)on ber l^er=
joglid;en 2lbgabe. S)em älofter Srebnife war fein Äotl^ gleid^ mit biefer
^Befreiung im Sa^re 1214 t)erHel^en morben. ^^) SDem Älofter 3näan
würbe bie 3lbgabe 1229 abgenommen, unb bafe bie übrigen illöfter
jenen nid;t lange nad^geftanben l^aben, ift n)ol)l anjunel^men. 3?id^t
lauge Dor ©rünbung ber beutf(^en ©tabt im Saläre 1249 unb 1251
werben 2 ilotl;en ber ßolberger 5Dom()errn in gleidjer äBeife befreit.
®em Sllofter ®robe auf Ufebom mar im Saläre 1159 berSaljjinö t)om
©onntage jugemiefen morben, iebenfaHö eine ben §erjogen biö bal^in
juftel)enbe §ebung; fd;on im Saläre 1168 befafe eö baneben 2 Äotl^en mit
je 4 ^sfanuftätten, im 3öl;re 1237 mirb ber ©onntagöjinä nidjt mel;r ge^
nannt, unb auö ben beiben Äotfien ift einer mit 6 ?Pfannftätten geworben. ^0
SDie Äotl^en waren t^eilö ju 6, tl^eite ju 4, einzelne au(^ nur ju
2 ^fannftätten (sartagines) eingerid^tet. SDer Unterfd^ieb fann nur
bann einen ©inn l^aben, wenn bie ^fannftätten baö ©ieberei^t auf ein
beftimmteö Quantum ©alj, über baö nid^t l)inauögegangen werben
burfte, auöbrüden; mag nun bamalö ber Äotl; nod^ wirfli^ 4 ober 6
Pfannen — von benen ja offenbar bie ^^^annftätten benannt finb —
gefiabt l^aben, ober, was wa^rfd^einlid^er ift, mag f(^on bamalö, wie
fpäter, baö gange £)uantutn auf einer ober jwei Pfannen abgefotten
fein. 3n ber 3al)l ber Äotlien fd^eint ber §erjog, wenigftenö in oor-
beutfd^er 3eit, nid)t befdjränft gewefen ju fein, benn er weift ben meiften
Älöftern nid^t \ä)on fertige unb eingerid^tete Sioi^^n ju, fonbern er vtx--
leilit i^nen nur baö SRed^t, fold^e auf i^re 5loften felbft ju erbauen.
— 121 —
SDte ©ntrtiä^tuttg eiiteö beftimntten 3tnfeö t)on ben Stot^tn weifi
barauf l&in, ba§ bie §erjöge bie ©iebetei nid^t auf eigene Sied^inmg
betrieben, fonberu alle Äotl^en, bie nid^t an Älöfter »erfd^enft waren,
gegen biefen 3inö ^^ädjtern überliefen. SDie SDtaffe beö aBenbent)olfö
war unfrei, binglid^ unb perfönlid^ f(^n)er belaftet; bo(^ gab eö üer^,
fd^iebene ®rabe ber §örigfeit: fo finben fid^ 3eitpäd)ter von bet)or5ug::
terer Stellung, bie von ben il^nen jugetniefenert Sänbereien ben 3el^nten
ju jal^len l^atten. ©in fold^eö Sßerl^ältnig mag auf bem ©aljberge ftatt-
gefunben, unfreie 3eitpä($ter mögen il^n bearbeitet l^aben, iebenfallö
aber ol^ne erblid^eö 3lnredE)t, benn ber §et^og t)erfügt über bie Äotl^en
äu ©unften ber Älöfter ganj nad^ feinem belieben.
2)ie funftfertigen (Sifterjienfer unb ^rämonftratenfer 3Jlönc^e
l^aben, wie fpätere ä?orgänge jeigen, ben gen)innrei(^en @m)erb§jn)eig
felbft in bie §anb genommen. 3luf bem jugeraiefenen 9iaum jimmer^
im fie an^ §olj unb Sel^m bie ©aljt;fltte, fauften eine Pfanne unb
liefen unter Sluffid^t von W6nä)en unb ßonüerfen an§> ben nal^e gele=
genen ©ütern, t)ielleid^t aud^ von ben Älofterliöfen in ber ©tabt
auö baö ©alj gemiimen. 3lud^ auf i^ren 5lotl;en würbe bie 3lrbeit
burd^ Unfreie getl^an, unb mie bie tlntert^anen auf ben ^lofterbörfem,
fo werben bie 3lrbciter auf bem ©aljberge (homines ibi laboranfes)
im Sutereffe ber geiftlid^en Sefi^er hnxä) fürftlid^e Befreiungen gegen
©rpreffungen ber Beamten gefi^üfet.
S)ie beutfd^e ©inwanbenmg bilbet wie in jeber anberen §infid^t,
fo aud^ in ber ©ef(^id^te beö ©aljbergeö, einen wid^tigen 2lbf(^nitt.
traten auc^ bie SDeutfd^en l^ier in eine alte ®rbfd)aft ber SBenben ein,
unb blieb meleö t)on bem ®ef(^äftäbetriebe, bem §anbwerfegerätl^, ber
gefammten Sei^nil be§ ©ewerbeö erl^alten, wie bie äöenben fie ^a^x^
l^unberte geübt l^atten, fo erl^ielt boä) baö ganje SSBefen ein neueö ®e=
präge: an bie ©teile beö lofen 9lebeneinanber trat bie gefd^loffene ©rb=
nung einer beutfd^en ©enoffenfd^aft.
©d^on bie ©rünbungöurfunbe ber ©tabt tritt ber wiHfürlid^en
(Srl^öl^ung beö ©aljjinfeö von ©eiten ber Sanbeöl;erren burdE) eine fefte
9?ormirung beffelben entgegen: bie f leine ^^fanne foll 4, bie gro^e —
wol^l erft t)on ben S)eutf(^en neu eingefül^rt — „wenn man von i^r
©ebraud^ mad^en wollte" — 8 Sonnen Sinöfalj entrid^ten. 3lu(^ in
bem unbefd^ränften aSerleil;ungöred^te ber gürften ift jefet eine Befdjräm
fung eingetreten, eine beftimmte ilotl;en^ ober ^^fannftättenjal;l mu§
iefet feftgefefet fein, benn fonft lie^e fid^ nid^t erklären, wie ber §erjog
— 122 —
SBartiöIat) bie Äotl^en, weli^e er bem ftloftcr SJufott) 1264 oerleil^t,
als ,,ben lefeten 9ieft tjon freiem @igentl^um bcjeii^neii faim", ben er
no(^ am ©aljberge l^abe. ^^)
SBid^tiger ifl bie Umwaitblung, bie fid^ in ben 35efifet)erl^ältmffen
tJoHjiel^t* ®ine große Sal^l mn Äotl^en war im Sefifc von Älöftem.
§&äö aufftrebenbe Sürgertl^um ber jungen 6tabt wollte anS) l^ier bie
frembe, ber ftäbtifd^en ©efefegebung nid^t niitenoorfene ©eroalt nid^t
bulben, ber ©aljberg mußte ganj für bie ©tabt gewonnen, feine ©in^^
rid^tung mit ben übrigen ftäbtif^en ©inrid^tungen in ©inflang gebrad^t
roerben, S)er S3ürger Hermann v. SBerben war ber erfte, roeld^er ,,itad^
reiftid^er Ueberlegung mit bem Siotl^e" einen SopitelöIotJ^en, ben beö
Äanonifuö ©erarbuö, gegen eine jäl^rlid^e Slbgobe von 80 Sonnen*)
©a(j erblid^ übemal^m (1257), xmb feinem S3eifpiele folgten balb anbere
33ürger. ®inen jroeiten ©apitelöfotl^en übernal^m in glei(^er SBBeife ber
Sürger SBebefinb gegen eine 3lbgabe von 50 Sonnen, einen britten via
Srüber be SBiba gegen 48 Sonnen, ben vierten, fünften unb fed^öten
©iegfrieb gaber, ©melrid^ unb ®eorg SSell^erig, jeber gegen 24 Sonnen
(1260 unb 1261), unb aibred^t oon SBottin ben Äotl^ beö Äanonüuö
©untrer 1"^) 1266, fo baß in biefem Saläre von ben 8 ©opitetef Otiten
roenigftenö fd^on 7 in ben §änben t)on Sürgem roaren. S)ie großen
Unterfd^iebe in ben Slbgaben ber Äotl^en finb rool^l burd^ bie oerfi^ie^
bene 3al^l ber ^^fannftätten in benfelben bebingt.
2)em Seifpiele beö ßolberger ßapitelä folgte ba§ Älofter auf
Ufebom, roeld^eä im S^^te 1266 ben ßolberger bürgern §einrid^ 3ut
tenfon unb Sl^eoborid^ ^lettenberg, jenem gegen bie jäl^rlid^e ©ntrid^iung
einer ganjen, biefem einer ^Iben ßaft ©alj feinen Äotl^en erblid^ über
ließ. ^0 3roar fotten nod^ immer einige Älöfter auf eigene 3ledE)nung: bem
Älofter 33u!oro rourbe fogar no(^ im Saläre 1265 baö 9ledE)t ertljeilt, einen
Äot^ ju 4 ^fannftätten ju erbauen, unb ber S3if(^of von ©ammin übte
fein alteö ©ieberei^t no(^ um 1380, rooju er von ber ©tabt nadl; altetn
§erfommen eine ßiebeögabe auö il;ren äßalbungen forbern fonnte.
Xoä) mar ber SRatl^ beftrebt, bie ftörenben Elemente, bie er nid^t fo^
glei(^ befeitigen tonnte, roenigften§ ju befd^ränfen unb ben ftöbtifd^en
©inrid^tungen unterjuorbnen. ©o rourbe bem Älofter Suforo bie 35au-
*) Unter ben Spönnen (Ugalura^ Ugamcnlum) flnb rool^l fc^on für blefc Seit
bie fpäter fogcnanntcn ©aljrümpc ju ücrpcl^n; 12 folt^cr Tonnen ober ^funbc, n)lc
fic aud^ genannt werben, bilbcten eine gcroöi^nlici^e öajl, 21 eine 5ur S5erfc^lffung
beflimmtc. @o rocnigftenft um 1500,
— 123 —
flcffe genau mä) bem aJia&e ber anbem angeraiefen: ein neuer ©atj-
brunn, ben bie SWönd^e etwa errid^teten, xotnn il^nen bie belben anbetn
(auf bem ©aljs unb auf bem Stttenberge) nidit gefielen, burfte nxä)t
über 12 guJ3 Sänge unb ebenfo vid Sreite ^aben; unb ber 2lbt von
Selbu!, ber noä) immer ein unbefdEiränfteö ©ieberei^t in Slnfprud) ge=
nommen l^atte, mu^te fii^ 1287 t)om SRattie bte äSebtngUng auftiijeH
laffen ^% ba& er t)on feinen ^fatmen brei an ftäbtif(^e S3ürger eintl)un,
für bie übrigen felbfi baö erforberUdie SSrennl^oIä, aber ni(|t au§ 6ot
berg, anlaufen, fid^ aud^ fonft ben ©afeungen ber ©tabt fügen unb nur
jur gewöl^nlid^en ©iebejeit fieben, enbli($ au<^ ju ben gemeinfamen Um
fofien am SBrunn^n unb an ben Äotl^en beitragen foEe. Sie gleid^
ju ermäl^nenben ©tatuten ber ©aljgilbe wirften ebenfalls mit barauf I)in,
bie ©eifilid^en auö bem ©aljberge l;erauöjubrängen unb if)r 2lnre(^t
auf beftimmte Hebungen auö ben Äotl^en ju befc^ränfen. —
aSie bie Äotl^en ber geiftlid^en Sefifeer allmä^li(^ an Sttr==
ger famen, barüber geben uns bie Urhmben genügenben aiuffd^lufe; in^
be§ ift bod^ nidE)t anjune|imen, ba^ jene jur 3eit ber ©rünbung ber
©tabt faft ben gan$en ©aljberg in il;rer §anb gel^abt I)aben, wie aber
bie anberen Äotl^en ftpbtifd; geworben finb, wie bie §aIefott), SBiefe, SSer-
tljplb, Solner, §oH bie ^ott;en erworben Ijaben, bie fd^on feit 1330
nad^ i(;nen genannt werben, barüber finbet fidE) faum eine 3lnbeutung.
®afe ber 9tatl; baö 9ted^t gel;abt Ijabe, bie ©riaubnijs jur @md[)tung
neuer ßotl;en ju ertlieilen, unb ba^ bie übrigen Äotfien erft nad) ber
©rünbung ber beutfd^en ©tabt angelegt feien ^% wiberlegt \iä) fdjon
burd^ bie baim unerKärli(^en ^auf= unb ^^ai^toerträge, weld^e einjelne
Sürger mit ben ßl^orl^errn unb Älöftern gegen bebeutenbe Slbgaben
eingingen, unb au^erbem Iä|3t fi(^ baoon nid^t bie geringfte ©pur \\a6)--
weifen. 2lu§er bem Äotl^en, weld^er bem 33if(^ofe fc^on 1140 bei ber
3)otirung be§ Siöll^umö üerliel^en würbe, mu§ berfelbe, oermutl^lid;
als ßanbeöl^err unb JJad^folger ber wenbifd^en dürften, anfänglidE) uodE)
anberen Sefife am ©aljberge gel^abt Iiaben, ba 33ifd)of Hermann bem
Äanonifuö Sl^eoborid^ v. ©ermen unb beffen S3ruber Soi^atuieö (1287)
einen Äotl^en fdienft unb Sifd^of g^riebri(^ (1333) einen jweiten an ben
©otberger ^uftoö §inrif t)erfauft ^^). Xoä) ift eö nii^t unmöglid^, ba^
fd^on bie wenbifd^en gürften, wie fie bie Älöfter befd^enften, aud) bie
2)ienfte angefe^eiier Saien mit SBerlei^ungen von ©aljftätten belol^nten.
®iefe wenbifd^en ©aläftdtteubefifeer wären bann in bie ftäbtifd^e ©alj-
gilbe eingetreten ober i^ätten il)ren 2lntl^eil an ^Bürger ber ©tabt t)er<
— 124 —
!auft. %xeHx^ tarn bie 3af)l ber wenbifiä^en Gblen, bie fo ba§ 93ür:=
(jcrrei^t getoann, nur gering gcraefen fein, iinb bie g^abel, bie ber el^r^^
lid^e 6. t). ©imntent einem ßolberger Sürgernteifter gläubig nai)^
erjagt l^at, von bem in einem eifernen Äaften auf bem Statl^l^aufe vtxrt)af)x-
ten, von griebri(3^ SSarbaroffa, aU er angeblicl) 1181 bie pommerfiä^en
§erjöge ju Sel^nsträgem beö beutfd^en dieiä)^ erl^ob*), ben menbifd^en
©alsgefd^Ied^tem ©otbergö üerliel^enen, „ftatt(icr)en Privilegium, naä)
roeli^em fie in be§ SRei($e§ ©($u^ unb ©d^irm aufgenommen fein unb
für alle Seiten für abelmägig auf Surnieren nnb aller ©ccafion mit
^Tragung @ilber§ unb ®olbe§ unb il^re§ ©eitengerael^rs refpectirt werben,
anä^ im ©aljmefen il^re eigene Surisbiction unb Stifatnmenhinft l^aben
füllten", ift ni($t ber SJBiberlegung mertl^ unb mürbe l^ier anS) nid^t
berül^rt fein, menn fie nid^t in neuefter 3eit mieber auf gemannt unb
für ®ef(^i(^te ausgegeben märe. ^^)
Gö mirb nid^t lange na^ ber ©rünbung ber beutf(^en @tabt ge-
f($efien fein, ba§ biefe beutfd^en ©ieberfamilien, bie allmäl^lid^ bie
Äotl^en unb ^sfannftätten an fi(^ brachten, ju einer ©enoffenfc^aft jufam^
mentraten. 9luf allgemeiner ®runblage, mie bie SSergleic^iuig mit ben
einri(^tungen ber §allif(^en unb Süneburger ©aljgilbe jeigt, unb bo(^
mieber eigenartig in gefunber ©ntfaltung an^ ben örtlid)en 3?er]^ältniffen
l^erauö, in ber ©rbnung il;rer red^tlii^en 3uftänbe bnxä) 33elel)rungen
ber SJfutterftabt ^^) geförbert, bilbete fic^ bie Golberger Srüberfd^aft ober
©ilbe ber ©aljfieber {fraternitas salis coctorum, gkilda tmlgariter
diclo), unb im Saläre 1302 mirb in einer merfmürbigen Urfunbe ^*^) bie
t)om Statine in ©egenmart fämmtli(^er aWitglieber beffelben, ber alten
unb neuen ßonfuln, bie fi^on längere Seit üorl^anbene ©rbnung auf-
gejeic^net unb feftgefefet.
9Jlel^r nod^ alö auf bem ©eel^anbel berul^t ba§ SiBol^l ber ©tabt
auf ber©aline; burd^ fie mirb, mie bie Urtunbe fagt, ßolberg üorjugö^
meife in g^tor erl^alten. S)er ©aljberg ift eö befonberö gemefen, meldier
bie angefel^enen ®efc^led)ter fo ja^lreid^ in bie ©tabt gelodft l^at ^znn
mel^r nod) alö ber ®ro§l)anbel entfpfai^ ber ©alinenbetrieb bem ritter-
lid;en ©inne. 2Bie bie grüd^te beö 93oben§, ifl baö ©alj ein ©rjeugnife
ber 9iatur, feine 3lu§beutung fiatte gleid;e ßl^re mit bem 2ldferbau xmb
bot einen rei(^lid^eren ©eminn unb eine fi(^rere 3tente, alö biefer.
*) Ucber bie Unglaubioürbigfeit bicfcc SSclcljnung f. ^(cmpin, ^ommerfc^ed
Ur!unbenb. @. 60.
— 125 —
„S)a§ ©aljbom bringt feine geraiffe jäl^rlid^e g^md;t hmä) ©efd^öff unb
aBirfung ber 3latnx an i(;ni felbft, lüie anbere beö (Srbreid^ö ©ewdd^ö
imb ®aben, beter bie uon 3lbel fid^ gebraudEien", fagt 1570 3ol;anneö
V. ©toientin, ein ßolkcgeu ^^atricier. 3m ^al)xex 1378 wirb eine
l^albe ?pfannftätte mit 250 3)laxt bejaljlt, im. 3al;re 1392 eine ganje
mit 400 3Karf, eine ^albe mit 200; nm 1430 eine ganje mit 500 mi,
unb um 1500, wo bie Saline auf i(;rem §ö(;epuncte geftanben ju l;aben
f(^eint, betrug ber ^rei^j ber ganjen freien ©tätte 250 f(. rl^ein. (1 fl.
rl^ein. = 2 Zi)lx. 10 ©gr.) SDie ©aljpreife waren fteinen ©(^luaur:
fungen untent)orfen, unb bie Erträge nid)t in aEen Saferen völlig glei(^.
gür 200 aKarf wirb 1412 von einer I;alben ^^Jfannftötte beö Ätofterö
eine jäl^rlid^e §ebung von 20 3)if. ge!auft, bringt fie weniger ein, fo mufe
baö Älofter julegen, ber Ueberfc^n^ aber gef)ört bem Käufer. ^0 ®ö
maren bieö greife, um meli^e nmn in älterer 3eit ein mäßiges @ut
laufen fonnte.
SDie ©tabt mu^te alfo baö l;ö(i)fte Sntereffe an bem ©ebei^en
unb ber Drbnung ber (Silbe nel;men.
S)ie erfte Sebingung für ben, ber in bie @ilbe aufgenommen fein
motttc, mar bie, ba§ er Sa^r unb Sag ©olberger 33ürger gewefen mar;
er mu^te ferner hnxä) Dotigültige Sengen nai^meifen, ba^ er menigftenö
40 aWarf an SOermögen befa^, l;atte er 100 3Kart, fo mufete er fic^ in
ber ©tabt ein ®rbe (§auö) faufen, fonft foHte i^m bie Srüberfd;aft
m(3^t gegeben werben; jeber ©ieber mujgte einen felbftftänbigen §auöl^alt
l^aben, unb ber ©o^n burfte nur fieben, wenn er t)om t)äterlidjen Süer^^
mögen getrennte, eigene ©üter befajs.
3n ber ©ilbe waren bie angefe^ienften gamilien ber ©tabt, auö
benen fi(^ t)oi[^ugöweife ber SWatl; ergänjte. ®ö war aber eine Iriege==
rif(^e Seit, nur trofeige 3Jlänner!raft fonnte ber ©tabt ©ii^erl^eit t)er=
leiten. SDafier mu^te ber 9lat^mann t)erftel^n, §arnif(^ ober ^late ju
tragen, ba§ breite ©(i)la($tf($n)ert jn lianbliaben unb bie Sünfte gegen
bena(3^barte 9taubnefter, ober bie Äriegöfoggen gegen SDdnen unb ©ee-
rauber ju filieren; ber ©ültl^err (^^annenl;err, ©aljiunfer, fpäter ©ülä:=
l^err, ^fänner, unb in neuerer Seit ©üljoerwanbter, alle SRamen fönt::
men in ©otberg t)or), foH beölialb ein ganger unb ooHer Sülann fein,
„ba^ er wie ein 3Kann [teilen, ge{;n, reiten unb aHeö Uebrige wie ein 3Kann
t^un fönne." SDiefe 33eftimmung über bie ooBe 3Kännli(^feit war and;
gegen bie ®eiftlid;feit geri(^tet. §atten anä) einjelne Älöfter no^ in
fpöterer Seit ©ieberect)t für iljre '^jjfannftätten, loie bie grauenflöfter aut
— 126 —
ber3lltfiabt unb in 6ö§Un, fo waren fie hoä) tion ber ®ilbe felbft
auögefd^loffen unb wußten \i^ ben Seftintmungen berfelben unterorbnen*
3m 17. Sal^rl^unberl würbe fogar einem proteftantifiä^en ©eiftlid^en,
wetd^er burd^ ®m)erbung eineö ^fannenantl^eils berechtigte 9lnfprüd^e
auf bie 9Jlitgliebf(^aft erworben l^atte, mit Berufung auf baö alte §er:=
fommen, weld^eö bie ®eiftli(^en au§fc^to§, bie 2lufnal^me t)ertt)eigert. —
SDie 33rüberf(3^aft war anfängli(^ no(^ burd^ fäuflid^e (Erwerbung von
^fannftätten ju gewinnen, fpäter gab nur ®rbf(^aft ober §eiratl^ 3ltt=
fpru(^ barauf (f. fpäter). SDie SBittwe eines ©ültl^erm l^atte no(^ eine
beftimmte 3eit, um il^re SSerl^ältniffe beffer orbnen ju fönnen, bie Sie-
begered^tigfeit; m^ 5BerIauf biefer ©nabenjeit mufete fie au§ ber ®itbe
auäfd^eiben.
Eine anbere 33eftimmung, wel(^e fefife^te, baß bie, weld^e im
2Binter mit il^ren g^rauen bie ©tabt t)erlie§en unb . im g^rül^tinge jur
©iebejeit jurüdEfel^rten, bie Srflberfd^aft t)on neuem gewinnen mußten,
war wol^l gegen bie SSürger geri(^tet, wetd^e im 33efife von Sel^ngütern,
für gewö^nlii^ au^erl^alb ber ©tabt lebten unb nur jur ©iebejeit fi(^
in ©olberg aufhielten; man wollte fie baburd) jwingen, i^ren Slufent^
l^alt bauemb in ber ©tabt ju nel;men imb mit ungetl^eiltem §erjen
Bürger ber ©tabt ju werben.
S)ie aWel^rjal^l ber Seftimmungen regelt ben ®ef(^äft§betrieb auf
bem ©aljberge unb jwar, entfpre(^enb bem Siele aller mittelalterlichen
®enoffenfc^aften, in ber SSBeife, ba^ ber ®ewinn auf bie ©aljgilbe be^
fd^ränft unb jebem 3Kitgliebe ber Srüberfd^aft bie möglid^fte ®kxä)f)e\t
barin gefiebert werbe. Silur jur ©iebejeit war bie ©aljbereitung geftat^
tet, unb bie Sßerlefeung biefer Drbnung brad^te im Sai^r 1493 ben
Statl^mann §an§ Särwalbe um ben Sepfe feiner 4 ^fannftätten, bie
ber SRatl^ i^m nal^m unb erft feinen Äinberit „um ®otteö unb il^rer
Sitte wegen* für 400 fl. rl^eitt. wieber t)er!aufte. Äeiner burfte bei
SBerluft ber Srüberfd^aft ®emeinfd^aft l^aben mit einem, ber auj^erl^alb
ber ©ilbe ftanb; jeber Pfanne — unb biefe waren jefef atte t)on glei?
d^er ®rö§e: 6 @llen lang unb 5^ breit — war ein glei(^eö Quantum
von ©oole jugemeffen, bie ©oolfäffer, in weld^e bie Safe l^ineingelaf^
fen, bie 5lörbe, in wel(^e ba§ frif(^ gewonnene ©alj an^ ber Pfanne
gefd^üttet würbe, unb bie Sonnen foBten gleidtje ®röfee l^aben. 9lu(^
im §oljt)erfaufe wirb bie ®lei(^l^eit bewal^rt unb feine Ueber^ortl^ei^
lung unb fein SSorjug gebulbet. 35aB bie Umgegenb aud^ in voxhmU
f$er 3eit nii^t l^oljreid^ war, ifl' \ö)on frül^er gezeigt SDo(^ aud^ bie
— 127 —
aS(mÄtl^e, ble aüö ben SBälb'em an ber obertt ^erfante utib SRabüe
lamen, teid^ten für ben enormen §oIjt)erbrau(^ ber Saline ni(^t auö,
unb ba aus bem ©tablraalbe nur bie ^Bürger, weld^e eigene ^^ferbe
befajsen, §oI} auf bm ©aljberg bringen burften, fo war fdion in jener
Seit baä S3ebürfnl§ md^ auswärtiger 3ufu]^r t)orl^anben, uub ©otberger,
wie frembe ©i^iffe, hxaä)tm wol;l befonberö von ber SWünbung ber
?Peene l^er, auf wel(^er ber ^oljreidjtl^unt Sßorpommernä in langen
flögen l^erabjog, unabläffig neues Ttatmal für bie gefräßigen g^euer^
^erbe ber Äot^en. Um baö Sal^r 1430 würbe baö ^olj, weld^eö man
für ein Sal^r ju 2 ^fannftätten gefbraud^te, auf 100 SWarf herauf (3^lagt.
Med §olj nun, waö bie ^erfante l;erabf($wamm, ober auf ^^ral^men
ober auf ^eenefäl^nen f)erangebra(^t würbe, war eine 3lrt von ®e=
fammtbefife; feiner ber ©ilbegenoffen burfte aBein oberl^alb ber ©d^ teufe
einen §anbel abfd^liejsen, feiner im SBinter mel^r alö 20 ©renj*) für
bie ^>fanne auffegen, feiner jur ©iebeseit für längere Seit, als für
einen 3Konat auffaufen, 33on 3eit ju 3eit würben bie großen 3üge
von gioßldolj, bie fid^ vor ber ©(^leufe aufgeljäuft l^atteu, burd^gelaffen,
bann mußten bie SBorbinge (Seic^terfd;iffe), bie in langer Sieil^e bie
^^Jerfante l^inauf bis jur ©tabt lagen, jur 3Künbe ljinaugwei(|en, um
bem §olje ^lafe ju f(^affen, unb erfl wenn bieö* am Ufer aufgefegt
imir, würbe eö ben ©iebern im 5Berl^ältniffe ju ber 3al^l il;rer ^fanrt^
ftfttten ' überlaffen. ®er fogenannte §oljgraben wirb jum erften SRale
juttt S^i^e 1493 genannt; ift er übert;aupt ein natürlidier 2lrm ber
^etfänte unb nid^t burd^ 5?iuift gefd^affen, fo ift er bod^ jebenfallö nid^t
el^er jum flößen benufet worben, afe alle Äot^en auf ben ©aljberg
wefttid^ ' ber ^erf ante t)erlegt waren. —
äud^ in Lüneburg unb ^aHe^^) l^atten bie ©alägilben ä^nlid^e
©inrid^tungen; 3tt' §cttt^ burfte nur ein ^Bürger ber ©tabt unb nur
ber, weti^er ein eigenes §aus befaß luib bem 9iatl;e f(^oßte, ^^fänner
fein"; wer bei Sebjeiten bes SBaterS fiebeit wollte, mußte fein eigenes
§aus l^abi^n unb im @l;eftanbe leben, SBittwen unb SunggefeHen, alfo
aud^ bie ©eiftlid^en, waren von ber ®ilbe ausgefdEiloffen; aEe 5lot^en
waten aWatmlfei^en, xmb in Lüneburg bilbeten bie ©aljgeuoffen eine
Oligatd^ie, aus ber t)orjugSweife bie 2lemter bes 5Ratljs befefet würben.
2tber in ©olberg ftdnb bie (Silbe in nod^ engerer SBerbinbung mit SRatl^
unb ©tobt: atte Ueberfdf)uffe ber ©ilbenlabe, alle S3rüd^e unb ©traf^
0 "^{nc'auif wcnbffäjcv 3cit Ijcrftamineubc SJcucnnuna; — 3 ^la^Ux.
— 128 —
gefalle — fie gingen von 4 ß biö ju 10 3RI — alleö t)erfattene §oIj,
©alj, ©atjftättcn u. f. tt). fiel bem ©tabtfecM ju; in §alle würbe ber
S^orfte^er ber ^fännerf(^aft von bem giirften, bem ©rsbifd^ofe von
3Kagbeburg, auö bem ©c^öppenftul^l erforen, bie beiben ©aljgrafen
(soUgravius^ soUgräce) ber ßolberger ®itbe — fo ift i^r Sitel bi§
gegen baö ®nbe beö 17. 3al^rl;unbertö, \oo er bem farblofen „©üläen=
birector" weidet — würbe t)om ßolberger Statte ernannt unb waren
felbft aJlitglieber beö 3iatf)ö, bie ®ilbe ^atte ifire Sabe unb^i^re ä^er?
fammlimgen auf bem Stat^^aufe, unb ber 3iat^ fefete Drbnung imb
3ie(^t für bie ©ilbe feft ober beftätigte wenigftenö, waö bie ©ilbege^:
noffen felbft feftgefefet Ratten.
§inter ber ®ilbe ber t)ornel^men ©ült^erm ftanb bie geringere
33rüberf(^aft ber Slrbeiter vom ©aljberge. %n ber äBenbenjeit l^atten
unfreie 3lrbeiter baö ©alj gefotten, aber bie ßuft ber beutfd^en ©tabt
ma(^te frei, waö in i^ren 9Kauern at^mete, l)atte 3lnt^eil an bem ©e^
gen ber g^reifieit. 2lnfängli(^ fc^eint jeber ©ültlierr feine befonberen
3lrbeiter gel^abt ju liaben^^), fpäter fi^loffen fid^ biefe ju einer Sunft
jufammen. S^re ©tatuten finb erft 1683^^) gebrudt worben, bod^ ift
nid)t JU jweifeln, ba^ fie ben xotnn aud^ mit neueren ®inrid;tungen
untermifditen, bo(^ in ber §auptfa(^e alten unb langft geübten 33rau(^
ber geringen unb bunflen @enoffenfd)aft entlialten. 3n)ei vom 9iat^e
unb ber ©ilbe ernannte 3llterleute ftel^en an i^rer ©pifee, weld^e ben
aSortlieil i^rer ©aljjunfer n)al^rne|)men unb ©ommer unb SBinter ben
©aljberg lauten fotten. Unter il^nen ftel^en bie 3)ieifter, bie ebenfo,
wie jene, ßolberger 93ürger fein muffen unb nie me^r alö je 3 ^fam
nen Derfel^en bürfen, unb in jweiter Steige bie ©d^örer, §eijer unb
(Sel)ülfen ber SReifter. Sluc^ bei i^nen gilt mand^er fröl^lid^e Sunft^
braudE) ; wenn ein ©aljjunf er fid^ in bie ©aljgilbe i^ineinl^eiratl^et, ober
xotnn ber ^fannfd^mieb für einen ^ot^en eine mm ^^fanne gefd^lageu
f)at, bann wirb iljnen ein ©etbgefdEienf ober eine Sonne 33ier gereid^t,
inib xo(x§> bei bem ©elage von ©d^impf unb ©dalägen oorfäHt, baö
follen bie 2llterleute erft bann an bie ©aljgrafen bringen, wenn fie cö
unter einanber nic^t fd^lii^ten fönnen. 2Bie i^re ©aljjunfer, fo l^aben
aud^ fie nai) £id)tme)3 furj oor Seginn ber ©iebejeit i^re jäl^rlid^e
feftlic^e 3ufammenfunft, uitb i^re erfte ^flid^t babei foll fein, ba§ fie
©Ott um (Sr^altung unb SSennel^rung beö eblen Äteinobö ber ©tabt
anrufen*
Sa^r^unberte lang würbe bie ©ieberei an beiben Ufern betrieben;
— 129 —
bie ©aljqueHen auf bem Sitteiiberge, wie bic auf bem ©aljberge, („bte
betben ©aljbrunncn") gel^örten ber @tlbc uub würben au§ ber gemein^
famen ßabe im ©taube er^alteu. 2luf einer SBiefe beö Bißenbergeö
mä)t TOeit von ber ^erfante fliegen nod) bie brei S^nt\itn mit „grünem,
gelbem uub weitem" SBaffer, nur burd^ einen 33alfen von einanber ge^
trennt, in einer gemeinfamen ®infaffung. Um fie fierum am glu§ biö jum
3Jlü^lenteid^, ber 5Ricolaiftrdje uub beu ^4>fannf(^miebeu [tauben bie ^otfien.
§ier befaub [id^ an^ bie SBo^nung beö mediaslimis (3luffel^erö, t)iettei(^t
©ütjenf(^reiberö, ba wenigftenö fpäter baö §alöeifeu an ber 2Öol;nung bef^
felben angebrad^t raar), uub baneben ber ,,©d)uppeftol" ober „©d)uppe:=
faf" (1380), ber ^^rauger beö ©atägrafengerii^tö. (Sin ^oi\) wirb alö ber
„SBippe" gegenüberliegenb beseidjuet. — S)ie beiben Ufer ber ^^^erfante
maren bur(^ eine ga()re rerbunben, baä 3^äf)r^auö, jugteid) ein übel
berufener Ärug, wo mandje ®eu)a(ttl;at üerübt würbe uub bie §äf(^er
be§ SRat^ö juerft nad) Uebelttjätern äu fud)eu pflegten, bie fid^ ber ®^^
red^tigfeit entjietien looUteu, lag auf ber linf'en ©eite beö eJluffeö auf
bem ©aljberge. Sind) l^ier benu^ie man befonberö brei OueHen, bie
ebenfalls eine gemeinfame (Sinfaffung liatten uub ^ufammeu „ber grofee
Örunn" genannt würben. 3)urd; ©(^lid uub ©(^latnm t)erf(^ob fid^
ber Sluöflufe .berfelben auö bem äJoben allmät)lid^ nad^ ber ^^erfante ^u,
uub man mufete Sottroerfe, bie mit %\)on auögefüHt würben, erri($ten,
um il^r ©intreten in beu gluj3 ju t)erl^inbeni. ®inft l^atte mau, fo wirb
erjä^lt, beu ä>erfud^ gemad)t, bem Urfprunge ber Quellen tiefer nad^=
juforfd^en; aber bie SRatur l)atle gegen biefe ©ntwei^ung ^^^roteft er::
l^oben, ein ftarfer öuell war mit fold^em Ungeftüm beu S3ofirenben
entgegengebrod)en, ba§ eine förmlii^e Ueberf(^wemmung entftaub, uub
ba^ man biefe Deffnung eiligft mit einem ©teiu t)erf(^lo^, auf wetdieit
man jur SBarnung für bie 9ia(^tommen ein „wo// me längere" grub.
33ei ber ^Reinigung t)om Sa^te 1728 würbe in bie befte Ouelle eine
Sftöl^re gefegt, au§ wel(^er bie ©oole l)ert)orquoll unb bann in bie Äo=
tl^en geleitet würbe. S)iefe lagen aud^ l^ier um bie Sonetten l^er oline
beftimmte £)rbnung, tl^eilö an ber ^^erfante in ber 5Räl^e beä p^rfrugeö,
tl^eife weiter entfernt baoon^^), minbeftenö bur(^ einen 3taum von ein-
anber getrennt, ber gro^ genug war, um baö nötl^ige 33renul^olj auf ju^
nehmen. — ®ie Äot^eit werben fdjon frül^ nai^ beu 33efifeern genannt,
l^aben aber in älterer Seit, wie in §alle unb Lüneburg, wenigftenä
jutti 2i^eit, nod^ anbere, t)ermutl)li(^ t)on ber Dertlii^feit l^ergenommene
aiameu gehabt» 2luf ber redeten ©eite Ijiejs ein ^t^ „rfd kalt" (ßUm
— 130 —
(Ucehatur), ein anbetet cota solus gegenl'ibet beni scinippeslol, auf bet
\\\\U\\ Seite finben fi(^ 5lott)ennaineii, wie „/;^ dem sahlrc, vosswin/cel''
imb j^de /capelle", ®ie lefcte Seseif^nung ift auffallenb, ba [ie auf eine
i^apette f)inn)eift, bie l;iet geftanben ^at. 3?iel(eid^t wax fie ben beiben
©dju^pattoneu beö ©aljbetqö, ben ^eiligen 2autenliu§ unb ^att^o^
(omäuö, getueil)!. föiite Kapelle ©t. iiautentii mä) beiu §afen ju witb
jiueimal im ®tabtbud)e etraäfint. 3u ptoteftantif(i)et 3eit iDUtbe wä^-
tenb beö ©iebenö, meld^eö aud) an ben ©onntagen ni(J^t au§gefefet
n)utbe, füt bie 3ltbeitet an beftiuunten JTagen in beni „gto^en ^otl^en"
eine S3etftunbe unb 'ißtebigt geljalten.
®ie ©iebejeit befd)tänfte fid) auf ben gtül^Ung unb ©ommet;
benn nidbt ju allen Seiten, befiauptete man, I;abe bie ©oole gleiche Steid)-
f;altigfeit. 3Bie in anbeten ©aljotten, j. ä3. in SlHetöbotf in SBeft-
pl^alen, fd^eint man bie 3eit beö anfteigcnben Sciljteö biö gut §öl^e beö
©ommetö füt bie günftigfte ge£)alten ju l^aben; in bet 3eit, n)o bet ©aft
in bie 93äume fteigt unb in bet ^ptauäenwelt neueö Seben fptoJBt, ba,
meinte ntan mol;!, tege fid) a\\6) in bet unotganifd)en 9latut neue
Stiebfraft unb äujgete fid) in bem ijetftätften ©aljgefialte bet öueHen.
3lnbete beljaupteten, bei 9Jotbn)inb mäten biefe am faljl^altigften, in bet
untid;tigcn aSotauöfefeung, bafe fie mit bem aJJeete in 3ufammenf)ang
ftänben. — ©egen £>ftetn — nut einmal im 3cil)te 1675, alö man
eine ä3elagetung befiit(^tete, fc^on am 7 g^ebtuat — begann baö ©ie^
ben, nad^bem lutj juöot bie ©ilbe auf bem 3fiat^^aufe i^te t)otnel;mfte
Ssetfammlung gel^alten unb bie 2ltbeitet ^otl^en unb Pfannen geptüft
I;atten, ob fie no(^ in gutem ©tanbe voäxen. SDann l^ettf(^te munteteö
Seben auf bem ©aljbetge: Sag unb 3lad)t, ©onntag unb 2llltag
qualmten bie ^otl^en, bann mutben geraallige §otjmaffen in ben bteiten,
funftlofen §etb gefc^oben, bie ßol)e fd^lug an bet ßel^mmanb in bie
'Sjöf;e, unb bet 3iaud;, bet nid^t an^ ben beiben 9?aud;tö(^etn an bet
§interfeite f)inauöfonnte, fu($te feinen 2(uygang butd) bie Sl^üte bet
fd)ornfteinlofen §ütte. 9iac^ altet ©itte — unb an fold^et pulten bie
©aljfiebet, anä) in Sünebutg unb §alle, fjftet, alö itgenb eine anbete
©enoffcnfd;aft — mat biefe lei(^t auö S*f)m unb §olj gebaut (bod^
gefdjicfjt anä) eineö ©teinfotl^ö cota lapidea 1430 ®tn)ä^nung), mit
ä3tcttern bemanbet, mit bi(^tem ©ttol^bad^ g*bedt; leidet ging fie in geuet
auf unb mel^t alö einmal l^at bet gute Stennftoff einen g^einb bet ©tabt
gelod't, ben totl^en ^a^n übet bie ©ttol;bäd^et fliegen ju laffen. Ueber
bem §ctbe ftanb obev t;ing t)ielme|)t an bem auf beiben ©eiten ge-
— 131 —
f(^n)etften ^fannl^afen bie einen g^uB liefe Pfanne an^ ®V\mhUä), an
beren ©teile erft im 18. Sa^rl^nnbert ©abriet 3Kaneröberger eine bleierne
in feinem Äotl^en aufftellte (nid;t xmigelel^rt) ; barin würbe bie Safe, in
bie man jur ©äuberuug £>($fenblut eiiflieg, gefo.tten, biö ba§ SBaffer
t)erbunftet mar unb bie fefte 3Kaffe fid^ ju 33oben gefenft l^atte; menn
baö ©alj bann noä) in „ben 5?örben rein abgeledt mar^', mürbe e§ in
SHimpe t)etpa(it unb mar jum ®ebraud;e fertig. 3m 17. Sal^tl^unbert
filierten Siöi^reit auö bem ©algbrunn in bie einjelnen §ütten, unb man
brandete nur ben 3apfen ju jiel^en, um bie Pfanne ju füBen; anfängt:
lid^ aber l^atte jeber Äotl^ fein ©oolfa§, meld^eö nid^t unmittelbar aus
bem Srunnen, fonbern auö einer öfter genatmten SEBafferleitung ^^aghe-
tuchl" (aquaedactus), gefüttt morben ju fein fd^eint. SDie SDiener ber
©aljgrafen unb bie 3?atl^§fned^te l^atten barauf ju ad^ten, bajs ba§ ©oot
fa§ baß gel^örige aRafe l^atte unb nic^t mel^r ate 3 @d)od ®imer ent^
Italien tonnte, bo(^ foEte eö auf 10 ©imer ni($t anfommen, ferner, ba§
körbe, Tonnen imb ©c^effel baö redete aWa^ l^atten, ba^ bie afieifter
nid^t für einen xmrebli(§en ^^fannenl^errn ju t)iel fotten, ba& ni(^t
l^eimlid) 33oote au§ ßolberg ober t)on ber aJlünbe l^er 3Ja(^tö beim ©alj*
berge anlegten unb bie 3lrbeiter trofe beö brolienben §alöeifenö ju einem
betrügerifd^en §anbel auf Äoftcu i£)rer §erren verleitet mürben. Sebeö
gal^t^eug, weld^eö fid^ in biefer Seit mit §olj beim ©aljberge betreffen
Ue^, mar ber ©tabt t)erf allen; nur bie Soote oon ©t. ®eorg unb ©t.
©pirituö l^atten freie g^al^rt, um bie freimittigen ®Oibtn m §olj, SBorle
unb ^ifämn in bie ©pitäler ju fdjaffen. Ueber ben ©aljoerfauf ent^
l^alten bie ©tatuten feine nähere Söeftimmung; bod^ galt eö fd^on um
1473 als alteö §erfommen, bafe berfelbe nur am 3Kontag, 3Jiittmod^
unb greitag ftattfinben bürfe.
3m §erbft unb SBinter floß bie ©oole unbenufet in bie ^erfante;
bod^ au(^ in biefer 3eit mar ber überqueUenbe ©egen ber Statur ber
übrigen Sürgerfc^aft t)erfdE)loffen, unb ber 5Rat^ meigerte fic^ felbft im 3a]^te
1524 bei bem 2(ufftanbe ber 3ünfte, bie gorberung berfelben ju bemiHigen,
nad^ meld^er bie Safe auf bem bamalö nid^t mel^r benufeten SiUenberge für
alle, bie unter beö SRat][)§ ©erid^t ftönben, freigegeben merben fottte.
äuö Unfenntnig ber S^atfad^e, bafe bie ©oole beö ©aljbergö einen
etmaä ftärferen ©aljgel^alt ^at, ate bie t)on bem SiHenberge, ober in
jäl^em ^eft^alteu ererbter ©itte benufcte bie ©ilbe biä jur aRitte beä 15.
Sal^rl^unbertö beibe ßuellen. ©egen 1440 l^in merben Äotl^en auf hm,
Sittenberge fd;on fpärlid;er, feit 1444 gar nid^t me^r genannt SDaÄ
— 132 —
@tabtbu(^ !ennt von ba ab nur nod^ bie Seäeid^imng : ^^fannfiätten auf
bem Serge ober ©aljberge. Um biefe 3eit alfo uuig bie SSerlegung
fämmtüdier Kotigen beö 3ittenberg§ auf ben ©atjberg in bie 9iäl;e ber
befferen SlueHen erfolgt fein.
3iemli(^ in biefelbe Seit faßt eine wid^tige Unigeftaltung ber
SBerl^ältniffe beö ©aljbergö, eine neue ^fannftätten= unb Kotf)enorbnung,
bie of)m 3n)eifel mit jener XJerlegung in naljer §l?evbinbung fte^t unb
bie nid^t bto^ für bie ©itbe, fonbern anä) für bie ganje ©tabt bebeutungö-
t)oll geworben ift; benn in ben um biefe 9feuorbnung entftanbenen
3tt)iftigfeiten liegt bie ^auptoerantaffung ber bamatö beginnenben Iang=
jäl^rigen gel;be ber ©tabt mit ©apitel unb Sifc^of (f. 6ap, 10). —
©i(^er l^aben bie ^^fannftätten urfprüngli(^ il^ren 9Jamen t)on ben
©tätten, wo bie ^^ifannen aufgefteHt waren; bod^ waren fie fc^on in
menbifd^er 3eit/ wie oben gejeigt ift, nid)t me^r in Söirfli(^feit Dor=
f)anben, fonbern fie bilbeten nur bie 6inl)eiten ber 3lnt^ei(e am ©alj-
berge, fie brüdten baö ©ieberei^t auf ein beftimmteö £iuantum ©alj
auö. 3lu(^ mit bau 3luöbrud £ot^ ging eine ä^nlidtie l^eränberung
por \xä). SBä^renb er anfänglidt) ©atjt)ütte (tugurinni) bebeutet l^atte,
x)erbaub fid; mit i^m aUmaf)tid^ ber 33egrift eineö beftinmiten 9lnt^ei(ö,
unb fd^on 1386 bringt baö ©tabtbud^ einmal ftatt Äotl; ben SlusbrudE
Qnota (Quote), t)on bem ein älterer ßl^ronift fogar baö SBort RoXX)
abzuleiten gefud^t f)at. SDa bie Äotl^en nid;t gleid;e ^>fannftättenjal)l
l)atten, biefe jum Slieil biö ju Vü jerfplittert waren, unb babei nod;
feine f(^riftli(^e 3lufjeidjnung ber Siefi^er unb ber 33erpf(id)tungen, bie
auf ben einzelnen ^^fannftätten tagen, x)orl)anben war, fo fonnte gro^e
ajerwirrung, Älage über Seeinträ(^tigung unb ©treit nid^t auöbleiben.
SDalier bef^lo^ ber 9tat^, ba§ §^rfommen, baä fid^ allmäl)lid; gebilbet
l;atte, burd^ ein neueö ©tatut ju regeln unb ju orbnen.
In dem Jure der bordl Christi cirleyen /mildert tmde
velftich (fo lautete baö erfte Silatt be^ alten £ot^bud)ö), alse inen
sauget in der hilligen kerke ^^ineocacit*' ^ is de rath to Col-
berge to rade worden unde hefft gelecgl alle sieden in dem Berge
to XXXV L katen, einem ie glichen katcn sinen sonder gen namen
gevende, als na schreven steity dal in isliken katen scholen wesen
süss siede to ewigen tiden nmme sonder ge sake willen^ to cermi-
dende grölen kyff unde amallj de sehen is nnde möchte in toka-
meiiden tiden van mannigen wegen des lynses up ein nnrcrht (?) unde
sekerhcil willen unser nakomelinge undl bOrger, up dal ein islik
— 133 —
syne steden wöge weten^ nnäe wat he van tynse darvon mag
plicldig unde plege wesen.
Sa§ ©efammtetgentl^um aller am ©aljberge Setl^etltgtcn würbe
fo ju einem wol^Igeorbneten überfiditlid^en ©atijen. @ö beftanb aus
216 2lntl^eiten, ben ^fannftätten, t)on betten je fed^ö in einen Äotl^en
jufammengelegt waren, fo bafe bie 3aP ber lefeteren \\S) auf 36 belief.
3n golge beö 3fie(i)nung§fel^lerö, ba§ man mel^rere Statten boppelt in
Slnfd^lag gebrad)t l^atte, würbe jweimal eine SPermel^rung ber ^fann?
fiätten notl^wenbig. 33atb nad^ 1450 würben bem fed^ften ^otl^en jwei
neue ^fannftfttten beigelegt, unb etwaö fpäter bie übrigen nid^t berüdf^
fi(^tigten 3lnt^eite in einem neuen Äotl^en untergebra(^t, ber unter ber
93ejeid^nung A^. N. gefül^rt würbe. Sie 3al^l ber ^fannftätten betrug
iefet im ©anjen 224 ri unb ift bi§ 1800 unDeränbert fo geblieben. SRad^
ber ©itte, bie fd^on lange auf bem ©aljberge l^errfd^te, würben ben
einzelnen ^otl^en bie SRamen angefel;ener ©üljerfamilien t)on ©olberg
beigelegt, nur mit bem Unterf^iebe, ba§ bie 5Ramen, wäl^renb fie
früher mit bem 33efifeer gen)edE)felt l^atten, jefet für immer bleiben follten.
aJle^rere Äot^en behielten bie fd^on m i^nen l^aftenben Flamen t)on
g^amilien, bie bereits auögeftorben ober ijerjogen waren. 2)ie "^omtn,
nai) ber Örbnung ber Äot^en aufgeführt, finb: ©d^lief, 33abe, Särwalb,
§onx, 33erte, Sulgrin, Sewefeow, ©trippoto, §amer, ®rube, §artmob,
£t)mbor(^, 2lmbrofiuö, §olf, SBebele, ©toerfen, ^late, Semme, Älo!e,
§elb, ©tubbe, Srüggemann, ©emmelin, ©abelften, ^arbam, SDamife,
Sffiodfenwot, Srefe^orft, SBeft^al, SEBpfe, Sipbe, t)an @ben, 3Jlafe, ©d^abe^:
mann, Sribeö, SBuffefen. 2)ie gamilien §artmob, ätmbrofiuö, ßpmbor(^,
9it|be, ©emmelin, SBebele, ©ünerfen unb 2)abelften waren bamate nid^t
mel^r in ©olberg t)or^anben, dou benen ber SBuffefen, §elb, 2)amife
unb 33ref^orft waren nur noc^ SBittwen im Sefife t)on ^fannftätten.
3luj3er ben genannten gamilien waren nodE) in biefer 3eit mit Sürger^
red^t in ßolberg anfäffig unb alö Snliaber t)on ^fannftätten ^Hitglieber
ber ©aljgilbe bie g^amilien: 9ioggow, SBad^ljolt, ©ottfd^alf, ©arrin,
aiange, ©alefelb, SÖJubbelmow, SBarnitt, ©d^ulte, Solten^agen, ^ap
laff, ©d^riüer, ©runb^olb, ©d)röber, Seftin, SBotfe, ^naf, ßud^entin,
Sarit^, Simmermann, ^rifee, Äolbemauje, Slanfenborg, Slöicfbolb, §infee,
©ubjar, §o^en^aufen, ©emmerow, Sanfow, Ärafefe, Sobige, ßebbin,
Stüfeenow; bie 3lbebar erfdE)einen erft um 1470 alö ©itbegenoffen, unb
waö fel^r auffattenb ift, bie Sraunfd^weig, bie bod^ früher im Sefife t)on
^fannftätten waren, fehlen in ber dlteften Äot^enorbimng t)pn 1450
— 134 —
ßanj. 35a au$ baö ©tabtBu$ von 1443 biß 1475 aii^er ber SBitttüe
beö 1451 f(i)on afä tobt bejcid^neten S)ai)ib Sraunfdjraeig unb beffeu
So(^ter SRid^munb, ©attin beö Sürgerineiftetö 3llbred^t Sabe (1464 im
©tabtb.), bie ttirem ©atten 2 ^fannftätten alä Sluöfteuer iuittjebrad;t
l^atte, fein SJlitglieb ber g^amilie aupl^tt, fo ift n)of)l anjimel^inen, ba^
fie in biefer 3eit \iä) übertianpt nidit in ber ©tabt aufgefialten f)at
S)ie neue ©inrid^tung erl^ielt 1473 eine not^wenbige $8ert)oIIftän=
bigung. Um bie mül^fam gefd^affene jOrbnung aufredit ju erl^alten unb
neue SBermirrung ju t)ermeiben, bef(^lo§ ber diaü) in biefem Satire,
hmä) ben ©aljfd^reiber fortan ein rekensbok filieren ju laffen, toorin
bie ©tätten, bie jeber ^fannenl^err befifet, unb ba§ Quatttum ©alj,
ttjeld^eö er in jebem Satire fieben laffen bürfe, tierjeid^net wären, unb
jugleid^ bie ^fannftätten auf bie m\xtn Sefi^er, auf bie fie übergingen,
umgefc^rieben mürben, S5ieö ift baö fogenannte ÄotJibudi, ein §i;po=
tl|efenbu(^ ber ®ilbe, meld^eö jmar au(^ ben 5Katf|öbefd|lu§ unb bie neue
Äotl^enorbnung t)on 1450 enthielt, fonft aber erft mit bem Saläre 1473
begann, au($ in ben bürftigen 3lu§jügen, bie barauö ermatten finb, eine
mi(3^tige g^unbgrube für bie ©efi^id^te ber ©tabt unb ber ©üljenge^
fd)le(^ter.
©in ni($t unbebeutenber Slntl^eil aw bem ©eroinn beö ©aljbergö
fiel aui) in biefer Seit no(^ an geiftlidie ©enoffenfd^aften unb ©pitäter.
®aju gel^örten aulBer bem ßapitel unb ben g^rauenftöftem ju 2lltftabt
unb ßöölin mit ben ©rträgen t)on ganjen unb falben ^fannftätten,
ober audi nur mit §ebungen t)on einigen ^funben bie £löfter ju ^th
pelin unb ©lit)a unb bie ©pitäler ©t. ©corg, ©t. ©pirituö unb ber
©(^nellefen l^eilige ©eift SDiefe Slbgaben rufiten auf beftimmten ^fann-
ftätten. SDie alte Hebung beö Sifd^ofä, bie im Saläre 1255 auf t)ier
Sonnen t)on ben fleinen, auf ad^t t)on ben grojBen ^^fannen feftgefefet
mar, l^atte fic^ äl^nlid^ mie bie £)rbäre in eine ©efammtabgabe rerman-
belt, bie iebo(^, unter bem 3lav(it\\ §erren= ober Sifd^oföjinö, mie bie
3lbgaben an bie 5llöfter, nur t)on beftimmten ^fannftätten erl^oben mürbe;
fie betrug um 1380 16 Saft, um 1480 16 Saft weniger 1 ^funb unb
^unbert Saläre fpäter 180 ^funb, mar jebod^ gewöJ^nlidi ber ©iabt
ober bem ßapitel t)erpfänbet SDie eigenen Äotl^en liatten bie Si[d|öfe
mol^l attmäl^lid^ fämmtli($ üerfauft, mel^rere an baö ©olberger ßapitel
jur Segrünbung t)on SBicarien^^) (f. ©. 121), unb eö finbet fidi im
15. 3<i^tl^unbert feine ©pur mel^r t)on ber Sluöübung il^reö alten
©iebere^tö auf eigene 3ied^nung.
— 135
35ie ältefte urfunblid^e 3laä)xx^t über ben ßotterger ©aljliattbel
giebt eine Slufjetd^nung im 6tabtbiid^e jum Saläre 1294. Kaufverträge
t)on 2Bi($tigfeit, befonberö mit g^remben, merbeti iit jener 3eit Ijäufig
in bie ©tabtbüi^er eingetragen, ba biefe allein einige ©idierl^eit gen)äf;r=
ten, baj3 bie eingegangenen a?erpflid^tungen erfüllt mürben. 3laä) jener
Slufjeid^nung ^at 3ol^anne§ ßolberg jufammen mit feinem trüber
einem SBinanbu§ von ©tanptiorbe 20 ßaft ©alj rerfauft, me(d^e ju
Dftem be§ näd^ften Sal^reö abäuliefern finb; fann SBinanbnö nid^t in
^erfon erfd^einen, fo mirb Submig t). ^ortmunb fie in Empfang nel^=
rmn. S)al3 SBinanbuö ein frember Kaufmann mar, ift augenfc^einli(^,
bod^ ift an% feinem Slamen nid)tö mit ©i(^erl^eit für feinen SBol^nort
ju entnel^men.
S)er Slbfa^bejirf beö golberger ©atje§ mar in älterer 3eit aM-^
gebel^nter, ate in ben lefeten Sai^rfiunberten. Heber ben §anbel na(^
^olen l^inein unb in bie 9JJarf l^aben mir erft auö ber SJlitte be§
17. Sal^r^unbertä beftimmte yiaä)xxä)Un, boä) fann e§ naä) ßapitel 1
feinem Sroeifel unterliegen, ba§ biefer in uralte 3eit jurücf reid)t ; unb
ba& bie preuj^ifd^en ©täbte fd^on in ber erften §älfte beö 14. 3ctl;r=
j^unbertä einen 2lbfafemarft für baö ßolberger ©alj bilbeten, mirb hxixä)
ein fidE)ereö 3eugnife ermiefen. 2llö im Salute 1363 jur 3eit beö grojgen
Krieges, ben bie §anfa mit Sänemarf füfirte, ber §anbel ber oftpreuf:;
fifc^en ©täbte große 3Serlüfte erlitt, bemiHigte ifmen ber f>o($meifter
beö beutfd^en Drbenö jur ®ntf(^äbigung unter mandE)en anberen §an=
belöfreil^eiten au(^ bie, baß bie ßolberger il^r ©alj ol^ne Sefc^ränfung
nad^ Preußen fül^ren bürften.^"^) SBir fönnen barauö f daließen, baß
jenes Sanb t)orjugSmeife von ßolberg aus mit ©alj verforgt mürbe.
S)aß ber ?ltaff) ber ©tabt im 15. unb 16. Sai^rl^unbert befonbere ^fann=
ftätten ober Kotzen befaß, in benen er, in Unterorbnung unter bie
©ilbeeinrid^tungen, auf eigene 9ie(^nung ©alj fott imb bies nad£)
S)anäig unb anberSmol^in „über bie ©ee" t)erfu^r, miffen mir aus ein=
jelnen, aus ben älteren Kämmereiregiftern erl()altenen JJotijen. 3ni
Kotl^bud^e gefd^iel^t ber Kotigen bes SWatl^S feine ©rmäfiming, fie ntüffen
alfo außerl^alb ber Kot^enorbnung t)on 1450 geftanbeit l^aben. — S)as
©olberger ©als eignete fidE) meniger jum ®infaljen bes §erings unb
S)orfd^eS, als baS aus ©ponien unb granfreid) gel^olte, allgemein baju
oermanbte S3oi= ober Saifalj; bod^ mürbe es, menigftens in ßolberg,
bem ßüneburger unb §allif(^en ©alj für ebenbürtig gehalten; es l^ielte
[xä), fagte man, länger, bleibe auä) in ben Kellern gut unb mütbe ^
— 136 —
älter, befto l^ätter. Sebenfaßö würbe eö au$ neben bem Sflneburger
@alj auf bie @d^onenf($en aWeffen gebradit. SDieö jeigt fd^on ber ^anfe::
bef(i)Iuj3 vom Saläre ULS, ba^, um Setrug unb 3Sem)ed^felung ju vex^^
l^inbern, ©olberger ©alj ntd^t in ßüneburger g^äffer, foiibern nur in bie
Heineren (280 ^funb entl^altenben) ßolberger ©aljrümpe getf)an werben
foHe.
SDer 2lbfafe t)on ©alj war beöl^alb fo bebeutenb, bajs faum genug
gefotten werben tonnte, unb baj3 mitunter in ber Stabt ©aljmanget
entftanb. S)ie Sürgerfd^aft erjwang beöl^alb t)om 5Ratl^e im SaFire 1524
bie SewiEigung, baB in ber ©tabt fot)iel Salj, als feeraärtö wegging,
juüdbefialten werben, unb ba§ alleö ©alj, weldieö mit ber ©tabt §olj
(befonberö t)om diaVi)c) gefotten fei, auä) ber ©tabt jum £aufe bleiben
fotte.
Sie ©rträge famen junäd^ft ber ®ilbe ju ®ute. SQSä^renb il^r
jeber anbere §anbel alö 33eeinträd^tigung ber Äaufmann§gilbe unterfagt
war, ftanb ber §anbel mit ©alj, au(^ mit frembem, namentUd) mit
S^rawe:: unb 33oifalj, il^r allein ju, unb ni(^t btofe in ber ©tabt, fonbern
mittelbar aud^ im ©tifte. TOemanb, ber nid)t ©ilbegenoffe in ßolberg
war, burfte im ©tifte Srawen^ ober anbereö frembeö ©alj ju SBaffer unb ju
Sanbe einbringen unb üerfaufen, unb ber 9iat^ l^atte nac^ bem ^riüi-
legium von Senebict t)ou 1488 baö SRed^t, eö frei fortjunel^men, wo er
eö fanb, unb jum Seften ber ©tabt ju üerfaufen. SDie 1548 getroffene,
ober erneuerte Seftimmung, ba§ SRiemanb in bie SRäl^e ber ©tabt, alö
in ba§ neue SBaffer, bie S)iewenow unb SBipper, ©alj t)erf (Riffen foHe,
jeigt, ba§ aud^ biefe Drte ber ©aljgilbe t)orbef)alten waren.
SDod) l^atten anä) anbere Sewol^ner ber ©tabt il^ren aSortl^eil von
bem ©aljberge : bie ^f annenf d^miebe, bie Söttd^er unb bie Äorbmad^er,
bie ^leinfrämer, bie Äänter unb g^ulirleute, weld^e baö ©alj in ba§
©tift, nac^ Sommern unb ^^olen, unb bie ©dE)iffer, bie eö feewärtä
t)erfuf)ren. SDarum fann bie ilanjowfdE)e ©l^ronif von ben ©olbergem
fagen, „fie l^ätten eine ©ülje, bie if)nen t)iel ©elb einbringe"; barum
bejeic^nen bie Urfunben fie fo oft alö baö §aupt!leinob ber ©tabt, ate
bie ©runblage beö ftäbtif($en 3Bol^lftanbeö, unb ba§ ©pmbol, weld^eö
auf bie SDedEel beö älteften erl^altenen ©tabtbud^ö gepreßt ift, finb nid^t
bie gefreujten 33if(^oföftäbe beö älteren ßolberger Süappenö, fonbern bie,
1524 von ben aufrül^rerif(^en @ewer!en in if)V ©iegel aufgenommenen,
auf beiben ©eiten gefrümmten ^^fannl^afen. —
SDie ©rträge beä ©aljbergä l^ietten fid^ auf il^rer §öl^e biö in
— w ^
ble jtoeite §älfte bcö 16. Sal^tl^wnberts, bann trat eine fiettg n)a(3^fenbe
aSerfd)le(^terung ein. SEBie bie alten Segnabungen ber 33if(^öfe, bie nur
bie Slnerfennung ber innem Äraft geroefen waren, anfingen, wertl^lofeö
Pergament ju werben, fo fd^ien aud) bie uralte 33egnabung ber 9Jatur
il^ren aSertl^ verlieren ju follen. SWatf) uttb ©aljgilbe fu($ten bem aSerfaH
entgegen ju arbeiten, ol^ne inbefe ben wal^ren ©ife beö Uebels ju erfennen.
9Ran fud^te ben SBerfaB in 9iebenf a(^en ; man llagte über bie
©eibens unb ©ewürjfrömer, bie baö ©alj ju wol^lfeil in Keinen ^or^^
tionen t)erfauften, ba fie bie ®inbu§e an anberen ©egenftänben wiebers.
gewännen, unb man forberte, bafe fie, fo lange fie Äramwaaren feil
l^ätten, nad^ altem §erfommen fid^ be§ Siebenö entl^alten foHten; man
fud^te femer bnxä) neue SBerorbnungen ju l^elfen.
Unter ben melen Drbnungen, bie in ber jweiten §älfte beö
16. Sal^rl^unbertö über bie ®itbe erlaffen finb, flammt bie wid^tigfte
aus bem Saläre 1590. 2)ie ®eredE)tigfeit, ©atj ju fieben, meinte man,
fei mifebräud^lid^ ju weit auögebefint, bavum fei eine 33efc^rän!ung not^::
menbtg, wenn baö eble Äleinob ber ©tabt nid^t in 3errüttung fommen
foHe. SDer älteren, fd^on auö ben 3teften beö Äotl^budE)eä auä bem
15. Sal^rl^unbert mit ©id^erlieit nad^juiueifenben Safcung, ,,ba§ feiner
^fannftätten an \iä) bringe, e§ fei benn, ba)3 er fie erbe ober fid^ in ber
©ülje befreie", mürbe eine neue Seftimmung l)injugefügt, nad^ meldier nur
bie Sefifeer t)on menigftenö einer ganjen ^sfannftätte jum ©ieben berechtigt
fein follten. ©o mürben bie beiben in SBirflic^feit ol^ne 3meifel f($on Dor-
^anbenen Älaffen fc^ärfer getrennt: bie felbftfiebenben 3JJitgtieber,. bie en^
gere ftimmbered^tigte SSerbinbimg, meldfie allein Sefd^lüffe fa§te unb all=
jäl^rli(^ t)or Dftern vox ben 33ürgermeiftern anorbnete, wie vkl ©alj,
namentlid^ SRad^falj, von ben einzelnen ©tätten gefotten werben foHe, unb
bie nid^t fiebenben Snl^aber von geringeren 2lntl)eiten, bie jebod^ auc^ nid^t
weniger alö { ^^pfannftätte befi^en burften, um 3JZitglieber ber ®ilbe ju fein.
3)a§ beffere fogenannte SSorfalj erl^ielten bie fiebenben aJZitglieber allein,
jugleid^ alö @rfa^ für bie ©iebefoften; t)on bem SKad^falje Ratten alle
aWitglieber 3lnt^eile. SDie §auptoerrid^tung ber Sa^reöoerfammlung
t)or Dftern war, na(^ ben ßonjuncturen unb nac^ ben auö bem vorigen
Saläre übrig gebliebenen SRüdfftänben ju bered^nen, wieoiel baoon in 'jeber
©tätte gefotten werbe folle. SDieö 3'Jacl)fal} empfingen bie Sered^tigten
Dom ©üljenf ef retär i7i natura, um bamit §anbel ju treiben ; eö wirb
fd^on im älteften Äot^bud) genannt unb fpielt eine wid)tige SRoHe in
ber ©efd^id^te ber ©ülje biö ju i^rem ©ingel^n.^^)
„ 138 —
5Die aSal^rnel^mung, ba^ au($ btefe SBeftimmungcn baö ©infen ber
©ülje nid^t aufhielten, üeranlajgte im Saläre 1633 mm SSefdjränhingen.
3inn Eintritt in biefelbe foHte von ba ai ber 33efife von minbeftenö
i ^fannftätte notl^raenbig fein, unb bie ©iebegereiä^tigfeit nur benen ju^
fielen, bie eine ganje ^fannftätte non ben (Sftern (nxä)t ex linea coUa-
terali) ererbt ober erl^eiratl^et l^ätten, auc^ foHte von jefet ab jur §er=
fteHung beä baufällig geworbenen Srunnenö unb jur (grfefeung ber bem
©emeinwefen oorgeftredEten ©etber (es xvox bie 3eit beö brei^igjäfirigen
Äriegeö) eine ©umme von 25 fl., alfo in gleid^er §öfie mit bem Sür^^
gergelbe, gejal^It werben. 3tn Sctl^te 1570 ift bie ©efammtjal^t ber
©ilbemitglieber 204, im Saläre 1604 werben nur 70 aufgefül^rt, vtx^
mut^li(^ nur bie fiebebered^tigten, unb ate eine SBirhmg jener 3)la^'
regel mag angefel^en werben, ba§ bie 3al^l im Saläre 1633 auf 40
üerminbert ift. Sßon biefen l^atte jeber etwa 48 ßaft ju fieben unb jeber
etwa 6 ^fannftätten mit je 3 Saft SRad^falj ju befriebigen, fo ba§ er
30 Saft SBorfalj ^nxn 5ßer!aufen bel^ielt.
SDie wirfUd^en Urfad^en beö 3iüdfgange§ lagen t^eite in ben
ungünftiger geworbenen SBer^ältniffen, tfieilö unb no(^ metir in bem
mangelfiaften ©ewerbebetriebe. SDer frül^er fo bebeutenbe §anbel über
(See l^atte attmäl^lic^ aufgel^ört, in ber 3leumar!, Sommern unb ^af^
fuben mad^te fid^ frembeö ©alj, wie Süneburger, alä immer gefäl^r==
lid^erer aWitwerber geltenb, in Sommern entftanben Soifaljfiebereien, ben
^^3olen war feit Soi^ann ©igiömunbö 3eit erlaubt, ©alj auf ber SBartl^e
nad^ ^olen ju bringen, unb fo oon ben fremben 3Kär!ten oerbrängt,
t)ermo(^te baö ©olberger ©alj nid6t einmal in bem ber ©tabt bur(^
Privilegien jugefic^erten 3lbfa^gebiet beö ©tifts feine auöfdilie^lid^e
§errfd)aft ju bel^aupten. SBie fd^on ©öölin lange burd^ feinen t)erbo=
tenen ©aljl^anbel ben ©üljl^errn f(^weren aSerbrufe bereitet liatte, fo
wußten aud^ bie Treptower ^aufleute trofe aUeö ©pürenö unb aiufpaf^
fenö oon ©eiten ber ®ilbe ba§ frembe ©alj in ba§ ©tift einjufd^mug^
geln. SJlan lonnte freilidE) ben 5Rad^barorten nid^t oerbenfen, wenn fie
fid) oon ber §errfd^aft ber „©aljjunfer" ju befreien fud^ten. 3Wag bie
^lage ber ©ööliner (um 1570), bajs bie ßolberger bie Sonne ©alj ju
4 — 5 Sl^aler Derfauften, übertrieben fein, — fie foftete in ßolberg um
biefe 3eit 1 fl. — iebenfall§ waren bie greife l)ö§er, al§ bei bem
fremben ©alj, unb biefe ®rfd^einung liatte il^ren ©runb in ben l^o^ien
©rjeugungöfoften beö ßolberger ©aljeö.
SlHe iünftigen ©enoffenfd^aften l[)ielten in i^rem ©ewerbetriebe
- 139 --
fefl an alten ®en)etf§bräu(3^en; nirgetibs aber \al) man mitfo tm^traut::
f(^en Slugen auf iebe SiNerbefferung, unb. mrgenbö würbe bie üorwärtö^
firebeiibe Äraft be§ ©ittäelneu fo burÄ bie ©d^ranfen ber ©tatuten nieber^
gel^alten, tüte in ber ©aljgilbe. 3Wan bel^arrte f)ier im wefentlid^en
auf ber niebrigen ©tufe gewerblicher Sluöbilbung ber alten Seit: benn
eö war eine unbebeutenbe aSerbefferung, bafe man baö bereits gefottene
©alj jum jweiten unb britten SKale in neu jugegoffener ©oole jergel^en
liefe unb fott. Siefe ©rjeugungöraeife war ju foftbar bei ber immer
junel^menben SSertl^euerung beö a3rennmaterial§. 9Jlan fott immer nod^
auf 12 Sonnen ©alj 3 Sage unb 3 3lää)U unb verbrauchte baju 5 3ftafe
§olj, jebeä 1 Älafter l^od^, 1 breit unb 4 g^ufe lang. Um 1680
brachte man n>enigfien§ 5 Sonnen in 24 ©tunben ju ©tanbe. einige
aWale fd^ien bie ©übe ernftlid^ bie abfid^t ju l^aben, SSerbefferungen
einzuführen; fie f(i)lofe (1570) mit einem % SJßidfer auö £)f(^afe, ber
ilir von ©tod^olm auö feine SDienfte angeboten l^atte, einen SBertrag
jum Swede einer billigeren ©aljerjeugung, l^ob il^n aber mieber auf,
ate jener wegen ©(^ulben in ©tettin üerl^aftet würbe. ®er alte ©(^len=
brian blieb, ©injelne geigten fi(^ wol^l auf Äoftenerfpanmg im Setriebe
bebad^t, wie 6. v. ©immem ; aber and) biefer f onnte feine ©ilbegenoffen
ni(i)t von bem SBortl^eil einer neuen 33earbeitung§weife, bie er in ®nfc
l;uiäen fennen gelernt l^atte, nämlt(^ einen Sufafe von fpanifdjem ©alj
ju ber ©oole ju tl^un, überjeugen, unb bie ©ilbeftatuten verftatteten
il;m nii^t einmal, baö in (Snfl^uijen gefaufte grobe ©alj, üon bem fein
^ater auf feinen ^Betrieb eine ©(^iffölabung nad^ Golberg gebracht l^atte,
jur §ol}erfparung für bie eigenen ^^fannen ju benufeen, ja, alö 1686
eine furfürftli($e 5ßerorbnung ba§ ©ieben mit franjöfifi^em ©alj alö
©efefe einführen wottte, um bem ßolberger ©alge bie ®üte beö fremben
ju geben,^ brad^ten eö bie ©ütät)erwanbten (fo l^eifeen fie je^t gewöl^nli(^)
huxä) bie Ätage, ba§ baö ©alj baburd^ pertlieuert unb bie ^^fannen
t)erborben würben, bal^in, bafe biefelbe wieber aufgel^oben würbe. Sei
biefer gebanfenlofen §artnädEigfeit ber ®i(be vcxmoä)te anä) ber Käm-
merer unb ©üljenbirector 9)tartin SRango ni($t, bie 3lnlegung t)on
©rabirwerfen bur($jufefeen, wie er fie auf feinen Steifen gefel)en, unb
wie fie fd)on über ein ^albeö 3aljrl;unbert bei manchen ©aljwerfen im
®ebrau(^e waren; fo einleud^tenb ber Sortf)eit aud^ war, unb fo unwi^
berleglid^ ber Seweiö, ben er felbft burd^ ein auf bem §ofe aus ©trol^
errid^tetes SecEwerf gegeben l^atte, bie ©aljgilbe befd^lofe beim 2l(ten
ju bleiben.
— 140 — ^
S)a lic§ utiertoartet ber Äönig g^rtcbri(3^ I. hmS) ben Kaufmann
m. 3e^e aus ßcipätg im aJHmberfclbe (1710) auf ©taatöfoften ein
©rabirl^auö, eine ^fannfd^nttebe unb t)ier Äotl^eu bauen, um ©alj jur
3luöfu]^r [ieben ju laffen. S)a§ SJBerf geriet!^ jmar inö ©tod en, alö ber
Äeiter beffelben, ber §ofratl^ Sldfermann, in 2Sittgenfteinö ©turj l^ineim
gejogen, juerft auf ba§ ßolberger ©teintl^or, bann nad^ ^eij an bie
Äarre fam; hoä) ba§ fd^arfe Eingreifen von oben l^er l^atte bie ®ilbe
au§ il^rer trägen ©leid^gültigfeit aufgefd^rerft, fie benufete bie günftige
3eitlage, um gegen baö SSerfpred^en, baj5 ©rabirroerfe errid^tet, unb
ba§ ©aljwerf nad^ SWagbeburger Sßorbilb umgeänbert merben follte, bie
3lufl^ebung beö begonnenen 2Berfe§ burd^jufefeen. ®egen ben aften
Äanon von 300 Si^ater mürbe ber ©ilbe nun im folgenben Saläre aud^
ber ©aljl^anbel mit ^olen mieber geftattet, ber il^r alfo jeitmeife ent^
jogen gemefen fein mufe, unb biefe abgäbe im "^a^xe 1714 unter ber
folgenben SWegienmg bal^in erl^öl^t, bafe von jeber Saft 8 gg7\ an bie
Sanbrentei gejal^tt werben mujgten. ®a in ben folgenben Salären immer
von einem Äanon oon 600 Sl^alern bie JRebe ift, fo mu§ bie neue 3lb=
gäbe ebenfalls 300 Sl^aler betragen "^aben, eö muffen alfo etma 900 Saft
jäl^rlii^ gefotten fein. S)ie ©ieberei ber ^Regierung mürbe 1714 ben
©üljoermanbten jur beliebigen SSermenbung überlaffen. 3loä) jefet finb
auf bem SKünberfelbe ber rerfi^üttete ©oolbrunnen unb alte SRö^renlei^
tungen t)orl^anben.
^oä) beburfte eö nod^ mieber eines neuen ©pornö, um bie ®ilbe
jur 3luöfül^rung il^reö 5Berfpred^en§ ju bringen. @rft als ber ßauf^
mann unb ©üljoermanbte 3Kartin §endfe auf eigene Äoften im ©alj^
berge ein ©rabirmerf errid^tet l^atte, mürben il^r mirflid^ bie äugen ge=
öffnet, fie faufte eö an fid^ unb errid^tete fd^on 1718 ein jmeiteö auf
bem redeten ^erfanteufer; im Saläre 1772 fam ein britteö auf bem
©aljberge unb balb ein viertes l^inju.29)
®ie 3af)l ber mirflid^ oor^anbenen ^otl^en mar gegen baö Sal^r
1700 nod^ 25, fie mürben jefet größer unb mit Srodfenfammern erbaut,
aud^ größere ^Pfannen oon 16^ gu^ Sänge unb 15 gu§ 33reite mur=
ben jefet angemenbet. 35er ^fannenfd^mieb — benn jefet genügte einer
— mol^nte fd^on miubeftenö feit 1600 in ber ©tabt, in einer oom
Statine il^m jugemiefenen Sube in ber ©(^miebeftra^e ; er mar frei von
allen Saften ber ©tabt, oom ^i^en im S^ore, ©(^armerfen unb ©d^ojg.
3)er „el^rfame unb funftreid^e 3Jleifter" SKid^el §elm, Äupferfd^mieb ber
©ülje, erl^ielt bamals für eine geraöl^nlic^e ^Pfanne 30 ft., 2 Sonnen
_ 141 _
Sier uub 2 Sl^aler Srinlgelb, unb für eine gto^e Pfanne 36 ff. uub
3 Sl^aler Srinfgclb. a^al^rfd^einltd^ war bie Dergrö^erte ^^fanne bamalö
mä) xnä)t attgemein eingeführt. J)ie aUgemetnen ©ilbeunfoftea unb
bie im g^rül^Ung 1728 für nötl^ig erai^tete unb von 200 3lrbeitern in
baö aSerf gefegte Srumienreinigung würbe jefet t)on ben ©rträgen eineö
allgemeinen Äotl^ö, beö 26ten, beftritten, ber ju biefem Sef)ufe erbaut
mar. 3«i 3al;re 1728 mareu nur nod^ 18 fiebenbe Äot^en norljanben,
bie anberen ftanben müft. 3)er $lan, alle biö auf 5 eingelien ju laffen,
unb in biefen atleö Salj für gemeinfame SRed^nung ju fieben, fd^eilerte
an bem SBiberfprud^e ©injelner.
S)aö Seftreben ber preujsifdien SWegierung unter g^riebrid^ äBit
l^elm I., bie ©taatöeinnal^men burd^ eine ftärfere Sefteuerung beö ©aljeö
JU rerme^ren unb ben ©aljDerfauf im Sanbe nad^ gemeinfamcn Säfeen
JU befteuern, ermedfte ben Säunfd^ bei it)r (1726), baö ßolberger ©atj=:
merf bem Privatbetriebe ju entjiel;en unb gegen eine 3a^lung von
20,000 Sfialern ganj an ben ©taat ju bringen, ©o mar \d)on bamalä
ber gortbeftanb ber ®itbe bebrof)t. S)ü(^ ftanb ber Äönig von feinem
aiorl;aben ab, als bie (Silbe nadimieö, baj3 baö ©aljmer! trofe be§ burd)
bie ungünftigen §anbeteüer{)ältniffe bebingten geringeren ®rtrageä
nod^ immer einen äßertt) von 100,000 S^alern l^abe, unb liejs fie mit
einer Steigerung beö Äanonö auf 2000 S^aler im Sefifee. ^a^n
mürbe il;r baö alte Stecht beä auöfdt)lie§li(^en ©aljoerfaufö in ßolberg
unb im gürftent£)um ßammin von neuem jugefid^ert, fo mie ber §anbel
nad^ ^^olen, ju beffen görberung ber SluöganjöjoU von 8 gg7\ auf
4 ggr. I^erabgefefet mürbe. Unb ba aufeerbem, um bie möglidt)fte
©leid^^eit beö ©aljpreifeö im Sanbe l^erjuftellen, auf 33efel^l ber SJegie^
nmg ber *^)rei§ für bie Sonne von 1 S^lr. 12 gr. auf 2 S^^lr. 12 ggr.
erl^öt;t mürbe, fo nal)m bie ©ülje fogar einen fteinen 2luffd^mung.
Snbefe einen SBergleid) mit frül^eren Scii^rl^unberten tonnte fie nid^t
auötialten. Um 1748 mürbe ein fiebenber Äotl^en ju 4600 Spater, ein
müfter ju 1800 2f)aler t)eranf dalagt, unb eine ^fannftätte foftete 66'^
S^aler, fo ba§ bie ganje ©aline einen SBertl; t)on 97,000 S^alexn
tepräfentirte; mälirenb um 1500 eine ^^fannftätte 250 fl. gegolten l;atte.
3JJit ber ®rrid^tüng ber ©eetjanblung nad^ bem fiebenjätirigen
Kriege, meli^er ber älUein^anbel mit ©alj in baö 2lu§lanb auöf^lieJ3li(^
beigelegt mürbe, uerlor bie ©ülje ben polnifd^en §anbel ganj; fie blieb
nun bejc^ränft auf baö gürftentljum ßammin unb bie pommerfd^en ©täbte
3)laffom, ©üljoro unb äiaugarb, 3ur (Sntfdjabigung mürbe il;r bie
— U2 —
iäl^rlii^e 2lbgabe von 2000 Z^aUxn btö auf 1200 l^erabgefc^t, weil
iebo($ ber ^rei§ beö ©aljeö mefirmalö erl^öl^t war, würbe il^r 1790
unter bem 3iameu be§ ©aljbebitöerl^öl^ungögelbeö eine auögleid^enbe
Slbgabe auferlegt, bte biö furj vox bem ^af)xe 18C0 ungefäl^r 1536 Sl^lr.
betragen l^at. S)ie ©tttje ntad^te in g^olge be§ t)ertteinerten 3lbfafege^
bietö trofe ber erl^öl^ten ^^reife fd)led^te ©efd^äfte. 58iele Saläre l^inburd)
tagen gro^e SSorrät^e von SWad^fdlj unrerfauft in ben Vettern ber ©ülj-
üerraanbten, nnh erft im ^af)xe 1788 war bamit fo weit aufgeräumt,
ba^ wieber 4 Saft auf bie ^fannftätte bewilligt werben fonnten.^^)
©d^on einmal war bie Stegierung mit bem ^lane umgegangett,
bie ßolberger Saline in ben SSefife beö ©taateö ju bringen, unb vkh
kxä)t wäre fie bei günftigeren 2lnerbietungen f^on bamalö auf geringen
SBiberftanb gefto^en; jefet unter fo ungünftigen SSerl^ältniffen, wo eine
Steigerung ber Erträge mit ben eigenen aJiitteln ber ©ilbe nid^t ju
l^offen war, lonnte biefe einen erneuten 3lntrag faum abweifen, xoenn
er il^r einen t)ortl^eill^aften SBerlauf in Sluöfid^t ftellte. SDieö gefdjal^ im
Saläre 1800. 3lm 19. SDecember biefeö Sctlireö würbe gu Serlin unb am
9. Sanuar 1801ju ßolberg jwifdien bem Sommiffariuö ber ^Regierung,
bem (Sel^eimen ©eeJ^anblungSratl; 3lölbed^en, unb ber gefammten ^fän:=
nerfc^aft ber Sßertrag abgefd)loffen, nad) weld^em biefelbe alle i^e ditä)U
an bem ©aljwerfe unb beffen ^Betriebe gegen ein Äaufgelb an ben
£anbe§l^errn abtrat. 5Dieö betrug
für ieben ber 17 fiebenben Äot^en 40,000 2f)lr. = 680,000 mx.
für ieben ber 8 wüften „ 10,000 „ = 80,000 „
für 225 ^fannftätten ä 100,,=^ 22,500 „
bie ©^ulb auf bem attgemeinen Äotl^en 2,300 „
784,000 2^lr.
S5a§ ©aljwerf war 70 Saläre frülier von ber ©ilbe felbft nur
ju einem SBertl^e von etwa 100,000 Sfialer t)eranf dalagt worben, ber
enorm ^ol)e ^^Jreiö, ben bie ^Regierung jefet jal^lte, beweift, wel($en SBertl^
fie barauf legte, fämmtlid^e ©alinen beö ©taatä in il^ren Sefife ju
bringen, unb erklärt jur ©enüge bie SereitwiHigfeit ber ©üljoerwaubten
jum aSerfaufe, bie fid^ in bem fdinellen 9lbfd)luffe beö ©efd^äfteö jeigt,
fo ba§ man feinen 2)rud von oben l^er anjunel^men braud)t. Sie
§offnung, bafe bie ©aline in ben §änben beö ©taatö, ber in funftoer^
ftänbigen gad^männern über beffere Gräfte oerfügte unb mit feinen
aKitteln weniger ju geijen braud)te, einen mum Sluffd^wung nel^men
— m —
unb burd^ bie vettm^te ©aljerjcugimg günfttg auf bte QxmcxHvet--
l^ältiiiffe ber S5ürgerf(|aft jurücfwtrfen werbe, ftttnmte anä) bie SBürger^
fd^aft bem aSerfauf fo günftig, ba§ [ie ber Siegierung gegen einen ge-
ringen Äanon einen SWaum im.Sieberlanbe überlief, iinb bie iäl^rlidie
3a^lung ber baaren ©efäHe, bie ben Spitälern unb ben ©eiftlid&en
juftanben, auf bie ©tabtfaffe übemal^m. ©o löfle fid) alfo mit bem
3lnfange beö neuen Sai^rfjunbertö bie alte @ilbe auf, bie einft bie mää)-
tigfte ^örperfd^aft ber gtabt geit)efen war, nad;bem fie über 500 Saläre
beftanben l^atte. ©ie jft^lte bei il^rer 3luflöfung 42 fiebenbe mirHidie
aWitglieber unb 51 nur ju §ebungen auö fleineren ^^faiuiftätteuantl;eilen
berecä^tigte; von 29 ^faimftätten liefen fid^ bie SBefifeer nid)t mel^r er-
mittein. Unter ben erfteren l^atte bie gamilie, wel^e ju ber3eit, alö
ber SRat^ ber ©tabt bie älteften ©tatuten feftfefete, f(J)on ^^fannftatten
befafe, bie t). SSraunfd^meigfdie, ben bebeutenbften Sefife am ©aljraerfe.
SDer ge^. ©ommercienratl^ v, a3r. erljielt von ber ©efammtfumme
62,222 Sljaler, beö Kaufmanns ©eorge ß^rift. v. S3r. Sffiittrae unb
Äinber 72,916 S^aler. $«äd^ftbem fam baö altberü^mte ©ülsengefd^ledjt
ber ©d^lieffen: 3)ield^ior v. ©d)L SBittrae mit 10,000 S^alern, aRajor
§. 2B. V. ©djlieffen mit 20,000 Spatem, Hauptmann 3- ®» S. t). ©d)L
ju ßjermiuä mit 19,583 Sl^alern unb Hauptmann unb Stifp. Slbjub.
6. g. X). ©d^L mit 19,888 2l)alern. — Sßon älteren ßolberger gami^
lien au§ bem 16. unb 17. 3cii^rl;unbert maren imter ben bmnaligen
©üljDerwanbten no(^ vertreten: bie ^unbenrei(§, ©(^weber, v. ©ic^^
mann unb fiiebe^err, auö bem 18. 3cx|)rl;unbert t). aJlabemeife unb
^lübbemann.
S)ie weitere ©efd^id^te ber ©aline gel^ört nid^t mel^r in eine ©e^
fd^id^te von ©olberg, nur baö ®nbe berfelben l^at wieber SBebeutung
für bie ©tabt.
3)ie preu^ifi^e ^Regierung war elfrigfi beftrebt, bie ©aline ju
t)erbeffern: fie lie^, um baö üermutl^ete ©aljlager gu finben, an vtx-
fd)iebenen ©teilen Sol^rüerfud^e mai^en, bie jeboc^ in einer Siefe von
160 guj3 gewöl^nlid^ auf Sriebfanb ftie^en, fie lie^ ein ©rabirl^auö
bauen von 6000 gu§ Sänge unb wanbte namentlid; in ben Salären
1807 biö 1813 ber. ©aline, ate ber einjigen beö ©taateö, eine ganj
befonbere SSorliebe ju; biö jum Saläre 1844 l^atte fie i^r im ©aujen
1 WXixon 600,000 S^aler gefoftet. 2lber atte 9Serbefferungöt)erfud;e
ergaben ungünftige Siefultate; bie ©aline arbeitete mit einem Sßerluft
von 8 2^alern für bie Saft Äod^falj unb 11 S^alern für bie Saft SSie^alj
— 144 —
unb feitbem baö ©tafefurter ©teinfaljlager cntbciit war, weld^cö xd^^
lialttg genug fd^ien, um ben ganjen ©taat mit ©alj ju rerforgen,
fonnte nur nod^ bic Jiüdffid^t auf baß SBol^I ber ©tabt bte 3luf^ebung
ber ©olberger ©altne l^inaüöfd^ieben. S)cr 3Jlagifttat tl^at fein 9Kög:=
lid^fteö, um bie uralte ©rwerböquclle ber ©tabt ju erl^alten, er bat um
eine Uebergangöjeit, bamit erft bie SSolIenbung beö §afenö unb bie
3n)eigbaf)n i^re ©inrairfurig jeigen fönne; mä) bie ©ööliner ^Regierung
mugte jugeftel^n, bafe ba§ ©ingei^n be§ ©aljraerfö nid^t blofe bie 2lr::
beiter bafelbft nal^rungöloö mad^e, fonbem aud^ §anbn)erfer unb gu^r-
leute in itirem ©rraerbe beeinträd^tige ; aber bie ©taotöregierung l^atte bie
Ueberjeugung, bafe ber SSortlieil ber ©tabt nid^t mit .fo bebeutenben
opfern be§ ©taateö erlauft werben bürfe. Sitte ®egent)orftettungen
beö ajJagiftratö unb beö ©eglerl^aufeö blieben bafier wirfungöloö. ©eit
bem 1. Sanuar 1860 l^örte ber Setrieb ber ©aline auf, unb balb
barauf n)urbe anä) baä große ©rabirroert abgebrod^en. —
SDaö raar baß ßnbe beö uralten, in graue SJorjeit jurüdErei(^enben
ßolberger ©aljwerfö. 3lber ift auc^ baö ©aljmerf eingegangen, bie
©alsquetten fpenben fort unb fort il^ren ©egen, baö alte Sebenöwaffer
ber ©tabt, baö il^r Sai^rl^unberte lang SESol^lftanb t)erliel^, ftrömt nid^t
nufeloö in bie ?ßerfante, wie einft, al§ no^ ©umpfgefträud^ bie Guetten
umfd^loJ3, unb noä) feine Äotl^en am ^erfantenufer raud^ten, eö ift ie|t
ju einem Sebenö^ unb ©egenöroaffer geworben, in weld^em \iä) in jäl^rlid^
wadifenber 3a^l Seibenbe üerfd^iebener Slrt gefunb baben, unb ift fo
eine ni(^t unbebeutenbe öuette beö ftäbtifd^en SBoglftanbeö geblieben.
eoKergS Serljöltni^ }ur ^aufa, fein l^anbel Bis jum @u))e beS 17« Sal^r-
HunDertö, @ef(^td|te beS eunbjoas.
Sieben ber ©altne bitbete §anbel imb 3Ser!el^r eine ergiebige
Guette bcö ftäbtifd^en 3Bol)lftanbeö, unb bie görberung beffelbeu gel^örte
beöl^alb ju beu md^tigften 9lufgaben beö SRat^ö. SBaren axxä) bie QoU
berger Sürger von bem Solle befreit, ber in bem Flamen beö ßanbeö-
l^erm an ben Sl^oren il^rer ©tabt erl^oben würbe, unb genoffen fie auä)
tDol^l biefelbe ^Befreiung im ganjen ftiftifd^en ©ebiet, fo erlitt bod^ ber 33er'
fel^r in ben angrenjenben pommerfdjen fianben burd^ 3Jlarfc, Sfior-,
S3rü(fem, 3tu§^ unb ©infu^rjöHe mand)erlei §emmung. S)er 9iatl^ trug
bal^er ©orge, hmä) finge unb t)orft(^tige Haltung fid^ bie ®unft unb ben
2)anf feiner fürftUi^en 3laä)haxn ju gewinnen unb feinen 33ürgem fo ben
SBortl^eil freien Äaufö unb SBerfaufö in ben Jlad^barlänbern unb ein größer:
res Sbfafegebiet ju oerfd^affen. ©o gewährten bie §erjöge 33ogiötat) von
Sommern unb SBijlao oon 3tügen ben 33ürgent ber ©tabt für bie
„unroanbelbarc Sreue xmb ©tanbt;aftig?eit, bie fie i(;nen (oermutlitid^
in ben kämpfen gegen bie SRarfgrafen Don SSranbenburg) erwiefen
ptten", im Satire 1298 in i^ren ßänbern baä 9{ed;t eineö jollfreien
§anbel§t)erfel^rö; fie t)erfprac^en juglei^, fie wie bie eigenen Untertl^a*
nen f(^ü|en unb il^nen auf eigene Soften gegen jeben Singreifer beifte^n
ju moHcn. ^) Unb nad^ Dften f)in erweiterten i^nen bie ©ruber ^eter
unb Saöfo t)on 3leuenburg (a. b. 2Bei(^fel), bie bamalö unter weft^
pommerf d^er §err)d^af t ftanbcn, * aber jiemlid^ unabl^ängig waren, ba§
freie §anbelögebiet, alö fie im Salute 1321 i^nen baö Siedet jufid^erten,
in il^ren Territorien ©(^lawe unb SRügenwalbe , in Surgen, ©täbten
unb SDörfern frei t)on Slbgaben §anbel treiben ju bürfen. ^)
Ungleid; förbertid^er, atö biefe Sollbefreiungen, war für baö ®e^
beifin ber ©tabt bie 215erbiubuug mit bev §aufa, S)ie\ex %\x\\^ , \\\ "^^^
— 146 —
jtüeiten §älftc be§ 13. Sal^tl^unbertö burcf) ein engeres 9lneinanber=
f^Uegen ber „wenbifd^en" ©täbte 3toftodf, SBiömar, ©tralfunb, ®reifö=
walb, balb aud^ 9lnftam iinb 33eminin unter Sübedfö Seitung begrünbet,
war in l^arten, gefal^rt)otten kämpfen gegen ben begel^rlii^en 3laä)bax
im 9lorben, ben SDänen, ber t)on feilten Snfeln aus bie von beni Raifer
preisgegebene ©ftf eefüfte gerne feiner §errf d)aft unterworfen l^ätte, im Saufe
bes 14. Sal;rl^imberts ju fefterer ©eftalt unb J^eroorragenberer SSebeutung
gefommen. 3luf ber ©runblage gemeinfamer Sntereffen berul^enb, jog
er allmäl^lid^ faft fämmtUd^e ©täbte ber beutfd^en JOfi^ mib SHorbfeefüfte
unb in jweiter Sinie jal^lreid^e Sinnenftäbte an fid^. Xoä) blieb von
ben ©rittein, in toeli^e er fid^ anfänglid) glieberte, bas n)enbifd;e bur(^
feine Sage an ber jOftfee ber ©djwerpunft bes ©anjen, unb SübedE,
roetd^es imter ber aKitteitung ©tralfunbä bie SJorftanbfd^aft beffelben
l^atte, war aud^ §aupt unb SSorort ber gefammten §anfa.
3?id^t alle ©täbte ftonben in gleid^em 33erl^ältniffe jum SJunbe:
n)ie jwifd^en ben ©eeftäbten, benen in Ärieg unb grieben bie §aupts
laften jufielen, unb ben Sinnenftäbten ein Unterfc^ieb war, fo aud^
jwifd^en unmittelbaren unb mittelbaren Sunbesgliebern. Sene bilbeten
beit eigentlid^en, ben engeren 33unb, fc^ictlen i^re ©enbeboten ju ben
§anfetagen unb faJBten für alle üerbinblid^e 33efd^lüffe, bicfe bagegen
orbneten fid^ einer ber gröjseren ©täbte als i()rem SSororte unter unb
mürben von biefer bei bem Sunbe vertreten, l^atten aber für ben ^ei=
trag an ben gemeinfamen Saften, ber i^nen auferlegt mürbe, aud^ einen
entfpre(^enben 3lntl^eil an bem ©eminn, ber bem gefammten 33unbe jufiel.
®rft im Scii^re 1361 wirb ßolberg urlunblid^ als ©lieb ber
§anfa genannt. ^) Xoä) ift faum benfbar, bafe bie an ber ©ee gele=
gene, von ber §anfeftabt ©reifsmalb aus gegrüubete ©tabt, bie ben
angefel^enften Si^eil ilirer Semol^ner aus ben menbifd^en ©tobten unb
ifirem Sßororte erl;alten l^atte, ein Scilirl^unbert lang bem ^unbe fem
geftanben l^abe, mä^renb hoä) ©targarb unb SEBollin baju gel^örten.
3Kand)e S^atfad^en weifen aud^ auf eine ältere i^erbinbung l^in. ©d^on
im Salute 1304 waren auf einem ©täbtetage ju ©tralfunb, wo gemein^'
fame Seftimmungen über bie 3Hünje getroffen würben, neben ben 3latl^ö=
fenbeboten oon Sübedf, SioftodE, SJBiSmar, ©reifstoalb unb ©tettin anö)
jwei SJlitglieber bes ßolberger Jiati^s anwefenb: ber 33ürgermeifter ©ig=
frieb ßerbo unb ber 3iat|tmann ^ecber 33olto t)on Ssco (Slel^o) K
3m ^ai)xe 1310 ift bie ©tabt abermals bei einer wieberum in ©trals
funb gehaltenen Sßerfammlung vertreten ^), unb als 1358 ju atoftodt
_ 147 —
von ben Stäbten über ein SRonnalma^ ber §ering§tonnen berat^en
rourbe, fd^ctterte ber SBorfdilag, bie SSiätnarfd^e Sonne bafür anjunel^^
men, an betn SBiberfpntd^e ber ©tralfunber, n)el(3^e ol^ne bie QoU
Berg er in biefer 3lngelegenl;eit nid^tö tl^un ju fönnen erflärten^).
Snnerl^alb beö attgemeinen SSunbeö ber §anfa l^at fi(3^ ju allen Seiten
ein lanbfd^aftlid^er 3ufammenl^ang ber ©täbte geltenb gemad^t. 3llö
im Salute 1381 — in einer Seit, wo ßolberg \^on unmittelbares
SBunbeöglieb voax — ben 2lnf(amern wegen SSerunrec^tung l^anfeatifd^er
Äaufleute baö freie ©eteit in ben ©tobten entzogen werben follte, ma(^te
©tralfunb feinen S3eitritt ju bem Sefd^Iuffe von ber Suftimmmtg ber
©täbte ©tettin, ©reiföraalb unb ßolberg abhängig ^), unb ©elbja^Iungen
ber §anfa an ßolberg werben in 3lbwefenl^eit ber ßonfuln biefer ©tabt
von bem ©tralfunber Statine in ©mpfang genommen unb bem ßolberger
übermittelt, ©id^er l^at ©olberg fd^on frül^er, fo gut wie ©targarb
unb SSoHin, ate mittelbares Sunbeöglieb ber §anfa angehört unb
ift babei von ber bebeutenbften unter ben pommerf(^en ©täbten, von
©tralfunb, vertreten worben. 3lber im Saufe beö Sci^rl^unbertö war
bie ©tabt an 9Bol^lftanb unb Sewol^nerjal^l fo gewad^fen, bafe fie fi(^
ftarf genug 'fül;lte, in bem gefal^rroDen Kriege mit SiBalbemar 3ltterbag
von SDänemarf ber ©inlabung ber ©täbte ju uitmittelbarer S^eilnal^me
am S3unbe ju folgen mit ber aSerpfli(^tung ju gleid^er Seiftung, aber
auä) mit bem 2lnfprud^e auf gleid)en ©ewinn.
3m Salute 1361 ^atte SBalbemar 2ltterbag, ber bie ^läne feiner
SBorfal^ren gegen bie beutf($e £>ftfeefüfte unb gegen bie §anfa wieber
aufnal^m, unerwartet mitten im gerieben bie reid^e ©tabt SBiöbi;
auf ©otlanb, ben ©tapelplafe beö l^anfifi^en §anbelö nad^ SRu^lanb,
auf bem bie großen §anbelsl^äufer bÄ ©täbte i^re SBaarennieber-
lagen l^atten, überfatten unb na(^ l^artnädCigem SBiberftanbe erobert
unb geplünbert. Sie in ber ©runblage il^res 2Bol)lftanbeö fdE)wer ge^
fd^äbigten ©täbte rüfteten fofort ju energifd^er Slbwel^r, fd^loffen mit
ben Königen von ©(^weben unb 9forwegen ein SBünbnijB, . gewannen bie
preußifd^en ©täbte wenigftenö ju mittelbarer Unterftüfeung unb fud^ten
ben eigentlid^en Kriegöbunb' burd^ bie Slufnai^me neuer ©täbte ju er^
weitem. 3u biefen gel^örte aud^ ßolberg. Sei ben SSerl^anblungen
(1361, 8. ©ept.) ber SBerbünbeten über bie Sal^l ber ©d^iffe unb 3Kanm
f(^aften, weld^e bie @injelnen ju fteHen l^atten, erfd^eint ßolberg juerft
alö mit^anbelnbeä ©lieb bes Sunbeö ; ber ©tabtfdCireiber ßtto ift babei
ber aSerlretev ber ©tabt. S)a fie unter ben ©täbteu, bew^w ^tx "^öxs^x^fi^^
— 148 —
Äönig ©d^aben jugefügt l^at, obenan genannt wirb, fo mag fie no^ einen
gang befonberen ®runb jum 3orn gegen xi)n gehabt l^aben. 3ufammen
mit ©tettin, 2lnHam unb einer 3a^l fleinerer, nid)t genannter ©täbte
[teilte fie beinal^e ben t)ierten S^eil ber gedämmten ©treithäfte ber
§anfa, nämlid^ von 25 Joggen (gröjseren ©diiffen) nnb 25 ©deuten
unb ©niggeu (fleineren ga^rjeugen), 6 Joggen unb ebenfo xnel ©(^uten
ober ©niggen, unb oon ben 2500 bewaffneten beö 33unbe§ 600, brei
mal fo t)iel wie Hamburg, eUn fo t)iel loie dio\ioä nnb SBiömar ix\^
fammen unb roie Sübed, baä atte an 3Jlad^t weit überragenbe 33unbeö=
l;aupt, attein gefteUt platte; aujgerbem würbe eine ber „Gliben", ber
fd)ioeren SBurfgefd^üfee, mit benen man bie 3)lauern ber bänifd^en
©d^löffer nieberwerfen wollte, auö bem ßolberger 3eugl;aufe geliefert.
^uloergef(^üö fam in biefem Kriege wo^l nod^ nid^t jur älnwenbung.
@ö war bie gröfete beutfd^e Kriegsflotte, bie biö bal)in auf ber
©ee erfd^ienen war, unb t)erbunben mit ben 2000 (bewaffneten ber
Könige Don ©d^weben unb JJorwegen ber bäuifd^en 9)iad;t überlegen,
©ie wanbte fid^ foglei^ gegen ba§ fefte ©dt)lofe §elfingborg auf ©d;onen,
um baffelbe mit ben aSerbünbeten jufammen ju belagern. S)iefe er^
fdjienen iebo(^ nid^t jur bestimmten 3eit, unb alö nun biegüljrer ber
glotte ben größeren S^eil ber SWannfi^aft von ben ©d)iffen Dor baö
©d;loJ5 jogen, um beffen gall ju bef(^leunigen, griff 3Balbemar unoernui-
t^et bie entblöjsten unb fd^led^t bewad^ten ©c^iffe an, bradjte bie §ätfte
baoon in feine ©ewalt, bohrte einige in ben ®runb unb mad;te eine
große 3al^l von ©efangenen.
©d^limmer alö ber materielle SSgluft war bie @ntuuitl;igung,
weld^e bie SRieberlage über bie t)erbünbeten ©täbte brad^te. ®aö §eer
räumte gegen freien 2lbjug ©d^onen, imb bie ©täbte fd^loffen mit 2ßaU
bemar junä^ft einen SBaffenftillftanb, bann na(^ längeren Sßeiijanbtun^
gen im Sa^re 1365 einen grieben, ber jwar für SBiöbi; unb bie aufge^:
wanbten Äoften feine ®ntfd^äbigung gewäl;rte, aber ber §anfa bod^ mit
einiger Sefd^ränfung ben Sefife ber frül;eren Siedete in ©d;onen liefe,
gür einen neuen Krieg war bei einec iUv^a^ ber ©täbte wenig 9iei=
gung oorl^anben gewefen, unb von ©olberg, ©tettin, ©targarb unb
Slnflam war t)orauögefefet worben, baj3 fie fid^ bei einer 2Bieberauf=
na^me beffelben nid^t bet^eitigen würben.
@ö war eine unerfreulid^e Slufgabe für bie ©täbte, bie SSerlufte
unb Unfoften Deö Krieges ju bered;ne.i unb nad^ ißerpltnife auf bie
einjelneu 33unbeöglieber ju oertljeilen. 2luf bcu wieber^olten 2age=
— 149 —
fal^rten (1364, 65 imb 66), bie mö) ju biefcm Stüecfe ju SRoftod,
SEBiämar, ©reiföwalb, ©tralfunb gel^alten würben, tDaren mciftenö 6ot
berger SRatl^maii neu anwefetib; genannt werben: §inri(ä^ 3Bulf, Henning
©emelin, aSido §artmub unb am pnfigften Sol^ann Särroalbe unb
Sertolb ^retempn, bie in ^olberg alö bie gewiegteften Unterl^änbler
gegolten l^aben muffen. — 6ö mag eine gebrüdte Stimmung im ßot
berger SRatl^e gefierrfi^t l^aben, aU er barüber nad^fann, mie für bie
6818 SUlarf Sflb. (gegen 24,000 Sl^aler preu§.), meldte t)on ben ge^
fammten Äriegöfoften im betrage üon 166,234 3Jtarf Süb. auf ©olberg
fielen, wobei aber nod^ nii^t ba§ Söfegelb für 6 ©efangene auö ßolberg,
bie noä) im Sturme von Sffiorbingborg fa^en, unb ber ©olb für bie ^aupt^
leute (capitanei cwmilares, atfo mol^l ßolberger SRatl^mannen) in 3ln=:
f (^lag gebrad^t war, ©edung ju fd^affen fei. ®§ war eine 3eit böfer ^eim^
fu(3^ung für bie ©tabt; ju ben Ärieg§Ioften, wetd^e bie Äämmereifaffe
aßein nid^t beden f onnte, unb ju ber Säl^mung beö überfeeifd^en aSerfel^rö
fam nod^ innere Jlotl^, g^el)be mit umwo^nenben 2lbelögef(^led^tem,
3wiftig!eiten über Se^ngüter, bie ju ben fd^werften ©ewalttl^ätigfeiten
führten (f. ©. 81 ff.), fo bafe am ®nbe be§ 3al^re§ 1366 unb im Slnfange
be§ folgenben bie Stat^mannen i^r ^fortbleiben von ben §anfetagen mit
ben feinblid^en Einfällen entfdjulbigten, weli^e bie ©tabt bamalö ju er^
leiDen l^atte. S)enno(^ fonnte ßolberg feine SSerlufte am erflen vtx--
fd^merjen. SDenn, wäf)renb bie §anfa im ©anjen bie 3laä)if)eik beö
unterliegenben 2l;eite tragen mu^te, l)atte ßolberg 58ortIieile gewonnen,
wie fie nur ein glüdtid^ geführter Ärieg bringen fotmte: il^m waren
burd^ ben ^rieben mit SDänemarf biefelben 5Red^te jugefid^ert worben,
bie fonft nur ben älteren unmittelbaren 33unbe§gliebern juftanben, unb
ber balb barauf folgenbe Umf(^lag befeftigte ba§ ©rrungene.
SKid^t ritterlidE)e§ SBol^lgefallen an Äampf unb ©ieg, fonbern fauf=
männifd^eö Sntereffe leitete bie ^olitif ber ©täbte, unb aSennittelungen
burd^ ®elb unb Unterl^anblungen jogen fie ber ©ntfi^eibung bmä) baö
©d^wert t)or, bodE) waren fie anä) einer fräftigen ftiegerifd^en ®rl^ebung
fällig, wenn il^uen fein anbeveö 3Rittel blieb. 9ll§ Äönig SBalbemar
ben befd^worenen ^rieben rücffi(^t§lo§ t)erlefete, alle Sef (^werben ber
©tdbte über imgefe^lid)e SoHerl^ebungen unb a3ranbfd^afeungen ber
©d^onenfal^rer |iöl^nif^ abwieö, ba faxten fie ben ®ntf(^luß, nod^ einmal
5um ©d^werte ju greifen. SRadE) langen, mül^famen SBerl^anblungen ge-
lang eö i^nen, bie gefammte ©täbtewelt an ber Dft= unb 5Worbfeefüfte
unb tief in ba§ SBinnenlanb l)inein ju einem großen ©d§u|s unb 2ru%
— 150 —
Bünbnijs ju t)ereim9en, unb im Saläre 1367 am 19. 3?oüember mürbe
auf einer 3SerfammIung ju 6öln von beu bort Dereinitjteu ©enbeboteu
ber l^ert)orra9enberen ©täbte ber Ärieg gegen bie beiben \e^t rerbün^
beten Könige von ©änemarf unb Slormegen einmütl)ig.bej'(^Ioffen. ßol-
Berg, burd^ ©tralfunb, bie 3Sertreterin ber menbif^en ©täbte in 6ötn,
jur Si^eilnal^me aufgeforbert, fd^toJB fi(^ bem Äriegöbunbe fogleic^ an;
e§ mürbe in ben Ärieg§ial^ren von 1368 biö 1370 auf ben §anfetagen
auger von ben obengenannten nod^ von ben Statl^mannen 3o|)ann ®at)ib,
©erarb SBiäbolb unb SDetlet) SSard^min vertreten, ©rft alö bie ©täbte
an bem Äönige Sllbred^t von ©darneben, ber nid^t ol^ne i^re §ülfe an
bie ©teile beö abgefegten 9Kagnuö auf ben 2§ron gel^oben mar, an ben
§erjögen von SJIedflenburg, von §olftein unb ©d^leömig, ja felbft an
bem lütifdien 3lbel Sunbeögenoffen unb bamit fidlere 3luöfi(^t auf einen
günfligen 2lu§gang gemonnen l^atten, mad^ten fie ilirem aUergnäbigften
Äaifer Äarl IV., ber ju SBalbemar neigte, Slngeige von i^rem aSorl^aben
unb baten il^n, il^nen bie SSort^eile nid^t übet ju nel^men, bie fie bei
SSertl^eibigung il^reö guten Slec^tö erfämpfen mürben, unb metiige Sage
fpäter, am 19. 9Kärj, 1368, überfanbte SübecE mit ber eigenen Ärieg§:=
erflärung bie g^el^bebriefe ber einjelnen ©täbte an ben ilönig von 2)äne=
nmrf. Siefer fam balb jur ©rfenntnife feiner t)erjmeifelten Sage, über^
liefe bem aJlarfd^aU §enning t). ^utbuö bie 3Sertfieibigung beö Sanbeö
mit unbebingter 5BoIIma($t ju unterl^anbeln unb flol^ unrül^mtid^ ju ben
3Karfgrafen von Sranbenburg.
2)ie §anfefIotte mar bieömat- etmaö Keiner, alö im Scil^te 1361,
fie jäfilte nur 20 Soggen, bie jufammen 2000 Semaffnete an Sorb
l^atten, boS) mar fie beffer mit 2öurfgef(^üfeen Derfel^en unb befonberö
mit ^teiterei, bie ben fünften S^eil beö §eereö bilbete. SDie menbif(^en
©täbte l^atten mieber Don alten bie größten 2lnftrengimgen gemad^t, fie
t;atten fic^ noc^ einmat ju SioftodE, 1. Sanuar 1368, bie treue SSeob-
a(f)tung ber Sötner Sef^tüffe jugefi(^ert unb baö (Kontingent ber ein^
jetnen ©täbte feftgeftellt. 3Son hcn 12 Soggen unb 1000 3Kann, metd^e
von ben menbifd^en aufgebrad^t merben mußten, fieten auf ßotberg unb
bie i^m jugeorbneten fteineren ©täbte eine Sogge mit 40 9Jiann unb
40 Semaffnete, barunter 8 33eriltcne. Sie ©otberger ©enbeboten,
bieömat SDetteo SSarc^min unb Sodann ©l^cmetin, oerfprad^en ben ^e^
fc^tufe beö Gotberger Stati^ö barüber biö gnm 1 8. Sanuar an ©tratfunb
einjufenben. SübedE ftettte 300 3Kann, ©reifämatb 60 3JJann. SDie
förmti^e Sfiatipcirung beö ßötner Sunbeöbriefeö erfotgte von ©eiten ©tet=
— 151 —
ttttd, ©olberge unb ©tatgorbö erfl ben 6. JOctobcr 1386, fie gelobten
bartn: bie Sefe^lüffe siede und taste mide ungkebroken to holdende
m aller wiis hy iruwen u?id by eren sunder argkelisL
Um jOftern vereinigten fi($ bie Derfd^iebenen 3lbll^eilungen ber
f^totte im ©unbe, ol^ne auf SBiberftanb ju ftofeen, unb wäl^renb bie
§ottänber bie SDörfer unb ©täbte an ber ©übJüfte t)on SRorroegen in 3lfd^e
legten unb Äönig WbxtS^i ©d^onen befehle, bemä(3^tigte fid& bie ©ftfeeflotte
©eelanbö, eroberte ©d^lo^ unb ©tabt Äoppenl^agen unb räd^te SBiöb^'ö
^^lünberung bur(^ furd^tbare 33em)üftung ber Snfel. Salb war §elfing::
borg auf ©d^onen nod^ "ta^ einjige ©d^lo§, weld^eö fid^ l^ielt Äöntg
§aton Don SRonoegen beugte fid& juerft oor ben SBerbünbeten, gab in
bem 1369 abgef(^loffenen ^rieben ben ©tobten bie il^nen genommenen
g^reil^eiten juriicE unb leiftete ©d^abenerfafe. Sänger flräubte fi^ä^ ber
bänifd^e SReid^örat)^. SDod^ ate aud^ §etfingborg gefallen, afe bei
bem feften 3ufammenl^alten beö a3unbe§ jebe 3lu§fid^t auf ein SerfaKen
beffelben imb bamit bie le^te Hoffnung auf einen Umfd^lag gefd^wunben
mar, blieb aud^ il^m ni(^tö übrig, als fid^ ben g^orberungen ber ©täbte
ju untermerfen, unb na(^ längeren SBerJ^anblunßen erfd^ien in Seglei^
tung bänifd^er 9?ei(^örät^e §enning o. ^utbu§ ju ©tralfunb t)or ben
oerfammelten 33ürgermeiftern oon 35 ©täbten, unter il^nen aud^ 6ot
berger, um l^ier am 24. 3)lai 1370 ben gerieben enbgültig abjufd^liefeen.
SBie bie umfid^tige Seitung, bie Huge Stbmägung ber kräfte unb
bie ftanbl^afte 3luöbauer befonberö ber menbifd^en ©täbte, bie ben lofe^
gefügten 93unb in immer erneuerter ©intrad^t jufammenl^ielten bis jur
gän}li(^en SRiebermerfung be§ ©egnerö, bemunbernömert^ ift, ebenfo \xx^
faft nod^ mel^r bie befonnene ^Käfeigung nad^ erfod^tenem ©iege. S)ie
©täbte begnügten fi(^ im wefentlid^^n mit ber SBiebergeminnung unb
SSefeftigung il^rer ^rioilegien, befonberö an ber ©d^onenfd^en Äüfte, bie
iefet auf alle S3unbeäglieber au^gebel^nt mürben. Um ju il^ren Unfoften
ju fommen, liegen fie fid^ ben faft unumfd^ränften S3efi^ oon ©d^onen
auf fünfjel^n Saläre jufid^ern, unb bamit in Sufunft nid^t mieber ein
©täbtefeinb ben bänifd^en Sl^iron befteige, jmangen fie bem ©egner bie
aSerpflid^ung auf, „feinen §erm empfangen ju wollen, benn auf ben
SRat^ ber ©täbte." S)urd^ biefen gerieben mürbe bie §anfa bie mag-
gebenbe SÄac^t im SRorben unb fie l^at biefe ©teHung biö an baö ®nbe
beö folgenben Sal^rl^unberts bel^auptet.
aWit ©enugtl^ung fonnte inöbefonbere ßolberg auf feine ©rrungen^
fd^aften l^inbliden; e§ ernbtete jefet ben t)ollen ©eminn, ben es burd§
— 152 —
feinen, Slntl^etl an ber ©l^re beö Äantpfeö unb bur(^ treues g^efll^alten
am Simbe fid^ t)erbient l^atte: eö tDarje^t bie ebenbürtige ©euoffin ber
imtnittetbaren ©täbte geworben; frül^er burd) anbere ©täbte t)ertreten,
ftanb eö jefet afe aSorort an ber ©pi^e einer Slnjal^l fteinerer pommer^
f^er ©täbte, raol^l fd^on bainalö berfelben, bie unter feiner Seitung im
Saläre 1394 il^re ßontingente gegen bie Freibeuter auf ber Dftfee flett=
ten : SRügenroalbe, ©tolp, Sreptoro, ©reiffenberg unb SBolIin ^) ; eä l^atte
je^t felbft ©ife unb ©timme in ben §anfet)erfammtungen. S)ie voiä)^
tigfte ©rroerbung aber war ber t)otte @enu§ ber Siebte ber älteren
©täbte an ber Mfte von ©(ä^onen.
aJiel^r no(^ als burd^ bie Sage an ber großen SSerfel^röftrafee beö
©unbeö, ujoburd^ fie- von ber $Ratur ju ber ©tätte eineö großartigen
aRarftt)erfel^r§ beftimmt fd^ien, l^atte biefe Mfte für bie ©täbte burd^
bie ungel^euren 3üge von geringen SBertl^, weld^e fid^ ^ier in ber
g^angjeit von Safobi biö SJtartini (25. Suli biö 11. Stooember) am
Ufer jeigten unb ben 3=if(^em in außerorbentUi^er 3){enge bie 3lefee
füllten. 3)er I)ier betriebene §eringöfang toar bie reic^fte CueHe beö
SBol^lftanbeö unb beö fi^netten 2lufblül^enö ber l^anfifc^eu ©täbte. S)urd^
bie große 3af)\ von Älöftern, bie 3Kenge ber ©eiftUd^en unb bie fielen
gefttage loar in fat^olifd^er 3cit ein bebeutenber 3L^erbraud^ von 3^ifd)en
bebingt, worauö \iä) aud^ erflärt, baß in ©olberg, einer ©tabt, bie hoä)
am 5öleere unb an einem fifd^reid^en ^ln'\\e lag, oon ben reid)eren
gamilien no(^ in ben ©arten unb auf ^dfergrünben — n)oI)l }ur 3ud)t
ber feineren arten — g^ifd^teii^e angelegt würben, baß bie ©tabt vtx--
bienten Sürgermeiftern gifd^tei^e jur Senufeung fc^entte, unb baß ein
ßolberger 33ürgermeifter um 1500 bie 3ubereitung berfelben für mid^tig
genug l^ielt, um bem aSerjeid^niß- feiner SRenten unb liegenben ©rünbe
einen Mc^enjettel von oerfdE)iebenen gif(^faucen anjupngen. S5ie be^
liebtefte, am wenigften 3ubereitung forbernbe ©peife bilbete ber gering,
er war f($pn bamalö ber Siebling ber unteren ©tänbe unb bilbete mit
Äol)l jufammen ben gangen SBiuter |)inbur(^ bie §auptnal^rung ber
läublid^en a3et)ölferung in Sommern. @r würbe in ungeheurer 3)faffe
aus ben §anfefläbten ausgeführt, unb @d;onen bilbete beölialb baö
§auptaugenmerf ber ftäbtif(^en Statine.
2ln bem Uferfaume jwifd^en ben ©d^löffern ©fanor unb ^alfter^
bobe, auf einem ©ebiete, baö etwa eine l^albe SJieile lang unb eine
aSiertelmeile breit war, lagen in gebrängter Jleil^e neben unb l^interein=
anber bie 3]itten (gifd^ereilager) t)on etwa 38 äjunbeöftäbten; aJögte ber
— 153 —
cttijelnen Stabte l^anbl^nbtcn ^oRjei unb tiicbere ®ert(^tsbarfeit Sfibedf
unb einige anbete ©tobte l^atte auf il^ren 9?itten axiä) bie fjöl^ere
®eri(^töbarfeit gewonnen, bie fonft bem bänifcä^en SBogte juftanb. S5er
Süberfer 3?ogt l^atte jugleid^ eine 9lrt von Oberleitung über bie anbeten
aSitten, unb ber ßolberger SRatl^ t)erfäumte beö^Ib niiä^t — wenigfienä
um 1500 — il^m t)on 3eit ju 3eit ein %a^ S3ier ju übetfenben, um
il^n in guter ©timmung ju erl^alten. §ier würbe ber gering gefangen
unb in ben ©alj- unb Staud^^äufern fogleii^ jubereitet, in Sonnen ron
einem fefigcfe^ten 9Kage (bem Stoftorfer) gepa(ft, imb menn er von ben
SBrafem geprüft unb mit bem ©iegel ber SSitte Derfel^en war, alö
©d^onenfi^e SEBaare in ben §anbel gegeben.
Sffiar ber §ering§fang ber Hauptbetrieb an biefer Äüfle, fo mar
er bod^ n{ä)i ber einjige. ^xxrä) \^n mürbe Setriebfamfeit unb SBol^l=
ftanb in atten Jllaffen ber ftäbtifdöen Senölfenmg geförbert. 3ur ^ang^
jeit breitete axiS) ber Kaufmann ^ier feine aSaaren au§, um fie gegen
bie ©tjeugniffe ber norbifd^en Sänber umjutaufd^en, neben il^m f(ä^Iug
ber §anbmer!er feine a^Hibe auf, ber 33ött(^er unb @(3^u]^ma(3^er, unb
in ber leidsten Sretter^ imb Seinmanbftabt, bie an bem fonft jiemlid^
einfameti ©tranbe ermad^fen mar, brängte fi(^ bie bid^te 9Jlaffe ber .Käufer
unb ä^erfäufer im regen aWarftoetMjr burdfieinattber.
Urfprünglid^ beuteten bie ©olberger ben ©egen beö ajfeereö Dor^
jugsmeife an ben ponnnerfd^en 5?üftcn au§. 3ni Sal;re 1266 beftätigte
il)nen ^^erjog Saniim bie @ered^tig!eit, im SJereid^e feine§ Slnt^eilö an
bem Sanbe Golberg t)or ber 3Jlünbung ber ^^Jerfante unb im §afen biö
jur ©tabt, fo weit bie (Srenjen beö ©tabtgebietö fid^ erftredtten, frei
von jeber 3lbgabe geringe ju fangen, unb §erjog Sogiölao IV. bel^nte
biefelbe 1286 auf baö gangen t)on gifd^en jeber Slrt unb biö jur 3Kün-
bung ber ©roine ^in an^. ^) Satb, aU fid^ in ber ©tabt ein fräfti^^
gereö Seben regte, jogen i(;re ©deuten ben futäen 9öeg Ijinüber nad)
©d^onen, alö „®äfte" auf^ber SLHtte oon Sübed unb ©tratfunb fd)öpf^
ten fie fiier mit auö ber gemeinfamen Cuelfe be§ SReid^t^umö. S)er
SJefife einer eigenen aSitte muft einer ber 3.^ortf)eile gemefen fein, meldten
bie §anfa ben ßolbergern alö Sol^n für i^re Stieilnaljme am Kriege
jufid^erte. 5Dod^ mürbe ba§ neue dieiji anfänglid^ nur mit SBiberftreben
anerfannt. Snt Satire 1 363 erhält ber iiübedfd)e SBogt in ©d^onen bie
ätnmeifung, bie ßolberger auf ifirer 3.Htte ju fd)üfeen, unb 1 367 Wagen fie,
bafe fie in i^ren non bem Äönige von ©änematf erlangten g^rei^eiten nidjt
fo gefd^üfet mürben, mie eö ber Söunbeöoertrag, ber bo(^ aßen ateid^e
— 154 —
Saften auflege, erforbere; 1368 wirb )^on ein befonberer ©otterger
SBogt, 93ertolb ?iife, genannt, auä einer angefeljenen ©olbergcr ^amiUe,
unb t)om 22. ©eptember 1372 ift bie Urfunbe batirt, bur<^ weld^e
SJBalbeniar befennt, bafe er ben SWatl;inannen, ßinwol^nern unb SMrgern
ber ©tabt ©olberg jraifd^en ©fanor unb galfterbobe eine 5Bitte t>erfauft
l^at; fie fott an bem ©nbe ber ©tettiner unb ©tvalfunber aSitte anfangen,
bie S3reite ber ©tettiner l^aben unb biö an ben „§agen" reid^en, il^e
Sänge fott 60 SJut^en betragen, bie Siuti^e ju 8 ©Ken gered^net; bie
©olberger foUen baö Siedet l^aben, il^ren eigenen SBogt barauf ju fefeen,
ber bie ©erid^töbarfeit na(ä^ bem dkäjU ber ©tabt l^anbl^abt mit 3lud-
na|ime ber an §alö unb §aaib rül^renben gäde, bie bem bänifd^en SBogte
t)orbel^alten finb; bie 2öege auf ifirer SBitte f ollen frei fein, unb fie felbft,
tt)ie biejenigen, bie auf i^rer aSittc liegen (fi^er bie ®äfie auö ben
ij^nen jugeorbneten pommerfij^en ©täbten), baä Siedet l^aben, gegen ben
feftgefefeten 3ott frei ju faufen unb ju t)erfaufen ^). S)ie Urfunbe giebt
offenbar nur bie gefe^lid^e Drbnung unb enbgültige Seftätigung eineö
SRed^teö, weld^eö bie ©olberger im Saufe beö Äriegeö erworben l^atten.
©0 beftimmt fid^ bie t)erf(^iebenen Jiid^tungen be§ ßolberger §an::
belö angeben laffen, fo fi^ioer ift eö, eine SSorfteHung von bem Umfange
beffelben ju gewinnen, (ginigeö Sid^t geben barüber bie in ben Salären
1368 luib 1369 erl^obenen Erträge beö ^funbjoßö. 2)iefer würbe in
ber 3ftegel beim 2lbgange ber ©dE)iffe, bei ber a^nfunft nur bann, wenn
fie auö Drten famen, bie nid^t jum S3unbe gel^örten, von ben SBaaren
ber ©(^iffer unb Äaufleute auö ben t)erbünbeten ©täbten in ber SBeife
erl^oben, ba§, wo ber nieberlänbifd^e 3Künjfu§ l^errfd^te, von einem
^funb ©roten 1 ®rot (baljer ^funbjoH), in ben ©täbten, wo nad^
Söiarf gered^net würbe, je nad^ bem 2Bertl^e berfelben, von 6 Wt. Süb.
4 ^fg., oon 9 mi ©unb. 6 ^fg., t)on 12 3Kf. SSinfenaugen 8 ^fg.
gejal)lt würbe, g^ür bie wenbif(^en ©täbte würbe alfo von 288 ^fg.
1 ^fg. entri^tet (^f g), ein fel^r niebriger ©a^. S)od^ reid^te er in
S5erbinbung mit ben aus bem abgetretenen '©(^onen gejogenen ©innal^s
men auö, um bie Äriegsfoften ju bedfen. ßolberg erl^ielt auö ber
Sunbeöfriegöfaffe für feine 40 SUlann bei ber erften 2lbre(^nung 109 3Kf.
Süb. 12 yff, bei ber jweiten 85 3)«. 12 yff 8 ^fg. unb bei ber legten
S^eilung im Dctober 1369 ungefähr 210 M. gür bie folgenben beiben
Saläre würbe ber 3oIl no(^ forter^oben, ho6) von jeber ©tabt befonberö
t)erred^net unb verausgabt. aSon ben ©efammterträgen beö ^funbjoHß
war im Sahire 1368 bis jum 4, October t)on ©olberg 69 SWf. 4 yff
— 155 —
crl^obctt (von (Steiföroalb nur 66, t)on ©tettin 154), im folgenben 34te
fictßerten fid^ bie grträfle auf 58i mi im §afcn ber ©tabt unb 33 m.
4 yff in ©(ä^onen, im ©atijcn auf 9U 9Kf., wä^renb in bemfelben Sa^re
in ®reifön)alb 81 m. im §afen, 26 in ©(ä^oncn, in ©tralfunb 180 M.
im §afcn, 157 in ©(ä^onen, in Sübed aber, baö alle übrigen ©täbte
rodt in ben Blatten fteffte, 1400 m. im §afen, 180 5»». auö ©(ä^onen
erl^oben mürben. 2)iefe ©innal^men laffen einen SRücffd^Iu^ auf bie
§ö]^e ber 2luöful^r in ben einzelnen ©täbten ju, fie mufete ben 288fa(3^en
aßertl^ ber Sofferträge auömaiä^en. ^^) 3n Sübed ftettten bemnad^ bie
im Saläre 1308 t)on J^aftnad^t biö SKid^aeliö auögefül^rten, jum gerin*
geren Sl^eile eingefül^rten Sffiaaren einen ©apitalmertl^ von 403,000 3)W.
Süb. bar, naä) l^eutigem ®elbe, bie aWar! ju 3^ S^aler gerecä^net,
1,411,210 Sl^aler preuf?. SDal^inter trat natflrlid^ ©olberg meit jurüd,
ber SEßert^ ber STuöful^r belief fi(6 1368, entfpreiä^enb ben 69 m, 4 ß,
nur auf 19,944 m. ßüb. b. 1^. 69,804 S^lr. naä) unferem ®elbe, im
Saläre 1369 auf 26,495 m. ßüb. gleid^ 92,736 ^ix. preug.; weniger
bebeutenb mar ber Unterf(3^ieb itt ber 9lu§ful^r t)on ben anbem pom^
merfd^en ©täbten. 3lm näd^ften fianb il^r ©reifömalb, meld^eö 1368 in
feinen 3oIIerträgen etmaä l^inter ßolberg jurüdblieb imb im fotgenben
3a^re fid^ mit 36,576 3Kf. (128,016 Sf)lr. preufe.) menigftenö nid^t
aHjufel^r barüber erl^ob. 2Saö ben ©eeperfel^r anbetrifft, fo l^atte ßolberg
alfo bie lefete ©teile unter ben unmittelbaren Simbeäftäbten, abgefel^en
von ©targarb, baö mit feinen 15 3RI ^funbjoH nid^t in »etrad^t
fommen fann. ^oä) mürbe fid^ ba§ 33erl^ältnife mol^l no(^ etmaö gün=
ftiger für ©olberg [teilen, menn mir in gleid^er SBeife anä) einen SRafe^
ftab für bie lanbeinmärtö gel^enbe Sluöful^r l^ätten; benn in ben ©r^
trägen ber ©alinc l^atte ßolberg einen §anbelöartifel, ber ben anbern
©täbten meiften^ feljlte. — g^ür bie richtige 33eurtl^eilung ber angege:=
benen ©ummen, bie mefentlid^ ben ßapitalmertt) ber Stuöful^r auö 6oU
berg barftetten, ba ber ©inful^rjoH bei ber ^rl^ebungömeife beö 3oIleö
nur geringe ©rträge abgeworfen l^aben fann, ift mol^l ju bead^ten, ba^
bie Sluöful^r nur ben SBerfanb für eigene Jied^nung ßolberger Äauffeute
umfaßte*), baß ber §atibel femer in ben Äriegßial)ren barnieberlag
uitb fieser balb einen nod^ bebeutenbereu 2luffcl)iuung genommen ^at, alß
il^n fd^on;.baß Sal^r 1369 geigt, enblid^, bafe baö ®elb einen adit^ biö
*) SBBae SRaittcI unb 2)ittmar oon 2üUd fagcn, gilt natürlich auc^ oon
(Eolberg.
156
jel^nfad^ llöl^cren SBertl^ l;atte utib ein ßapital t)on 92,000 %^x. mä),
bem l^eutiöen ^'retfc beö ©elbeö einen SBertfj uon wenigften^ 700,000
Zi)lx. barftetten würbe.
SSon ber Senufeung ber in ©d^onen gemonnenen g^reil^eiten bnrd^
bie ©olberger giebt erft baö 16. Sal^rliunbert ein beutlidieres 33ilb;
boc^ fel^It eä axxä) fdjon frül^er ni(^t an ©puren, weld^e bie Sebl^aftig^
feit beö 5Ber!ef)rö bort{)in bejeugen. 3n ben erl^altenen 3lotijen an%
ben ©d^ojsregiftern werben oft Bürger alö abmefenb in ©d^onen aufge=
fül^rt, 3ai^lungen werben i:)erfpro(^en aus beut ©ewinn ber Sd^onen-
f(^en SReife, unb ©otberger §anbn)er!er bringen il^re SBaaren auf bie
©d^onenfd^en 3Jteffen. ©laweö SuHow") l^at (üor bem Sa^re 1478)
60 Saft ©d^ul^ unb 3 Saft Sier auf feine JRed^nung, mit einem anbem
jufammen 90 Saft'©d&u]^ unb 1 Saft Sier, mit einem britten 1 Saft
§onig bortl^in t)erfaf)ren. ^eter ^ote befi^t ein ©d^iff für bie „3cir=
lingf(^e" 3?eife, mel(^e§ fein Sruber fül^rt; als ®age bejiel^t biefer bafür
4 ^ipe Del unb eine Quantität Sud^. 3KandE)e laffen, wenn fie t)on ber
©c^onenfdien 5Reife jurüdEfel^ren, einen S^eit il^rer ben)egli(^en §abe auf
ber 3Sitte; fo Dermad^t ber Kaufmann Sajaruö ©d^omafer (1495 ^2) j^inc
in ©(^onen gelaffenen Kleiber feinem 35ruber §anö unb ftiftet 20 3Wf.
ju SDleffen, bie für i^n bort gelefen werben f ollen, imb im ^df)xe 1561
würbe in ßolberg ein 93ootömann entf)auptet, bem bie ©d^onenfd^e aSitte
fo jur jweiten §eimatl^ geworben war, bajs er fid^ für bie Seit beö
§eringöfangeö bort l^äuölid^ eingerid^tet unb eine jweite grau genom-
men Iiatte. 3lxä)t blo^ bie einjetnen Sürger, auä) ber ?liatf) felbft mad^te
bort §anbel§gefd^äfte, t)ermutt)Ii(^ mit ©alj. SDenn jur ©aljnieberlage
follte wol)l bie Sube bienen, für bereu ®rrid)tung bafelbft ber Äämmerer
aWartin SDa^lefe 1470 55 mi auö ber Äämmereifaffe jaulte, i^) ^^^
ben ßolberger 33ögten in ©(^onen finb aufeer Sertl^olb 9tife auö bem
14. 3al;r^unbert nur nod^ ber Gonful 5Rifolau§ ©d^abemann, bem 1385
t)om 5Ratl^e 30 3Slaxt überfanbt werben, unb aus bem 16. Sal^rl^unbert
§an§ SDargaje genannt, biefer in einem ©d^reiben, worin ber 3?atl^
ben Äaufteuten, ©d)iffern unb Sürgem ber ©tabt ©olberg in g^alfter^:
bobe befiel^lt, ben 3lnorbnungen be§ aSogte§ bafelbft ebenfo 3^olge ju
leiften, alö gingen fie oon if)m felbft au§. ^^)
3Kit bem nal^e gelegenen 33om^olm ftanb ©olberg f(^on frü^ in
SBerbinbung. Sm Sa^re 1554 1^) würbe ein alter §anbelöoertrag mit
ber ©tabt SRe^e bafelbft erneuert, nad) welchem ben SSürgern beiber
©täbte in ben beiberfeitigen §äfcn unb ©täbten baö SRed^t juftanb.
— 157 —
gegen Stftgabe beö 9en)ö^nli($en Siuberjottö frei ju faufen iinb ju vex^
taufen. ^a§ ©ilbel^auö in 9?ej:e würbe von einem Sßorftanbe t)ern)altet,
ber aus bürgern beiber Stäbte jufammengefefet war, unb jebeö ©c^iff,
roeli^eö bort jum erften 3)lak in ben §afen einlief, mufete bemfelben
eine Sonne SBier liefern. SDer g^amilienname Sornl^olm fommt in 6ol=
berg fd^on im J4. 3al;rl^uiibert z)or, nnb nod; im 17. S^W^nibert
l^aben fid) ßolberger 33üi9er bie Södjter ber Snfel ju g^rauen gel)ott
unb Sornl^otmer fid) in bie ©tilge Ijineingelieiratl^et.
3lud^ für ben §anbel ßolbergö mit SRorraegen unb ©(^loeben
finben fid^ einige Seugniffe an^^ älterer Seit. Unter ben ©täbten,
melcä^e ber @rjbifd)of von iJunb in feinem ©prengel t)om ©tranbred)te
befreit (1366), ift aud; ßolberg namentlidj aufgefnl^rt, unb ba§ bie
nonoegifd^en §anbelömärfte Don feinen ©d^iffen befud^t finb, jeigen
bie SBer^anblungen ber ©täbte mit ben Königen von ©d;n)eben unb
SRonoegen ju Sal^uö im 3al)r 1370, bereu §auptgegenftanb jwei Don
ßolbergern in 3Jiaar[tranb nerübte 2obtfd;läge maren. S)ort fiatte furj
juoor ber ©olberger Kaufmann 33uf einen ©nglänber unb ein ^^etruö
von ßolberg einen anberen, feiner 3Jbftammung nad^ nid^t nälier be-
jeidjneten SWenfd()en gelobtet. Senem war ein g=olcefinu§ 5lortmei;er
jur %inä)t be^ülflid^ gewefen, obwohl eö i^m bei Sebenö^ unb äJer^:
mögenöftrafe unterfagt war, unb au^ ber jweite 3Jlorb war jur Seit
ber 3Serl^anblungen nod; nid^t geftil;nt^^).
3u ben älteften 3luf5eid)nungen im ©tabtbud^e auö bem Sctl^r
1278 geliört ein vox bem 9iat^e t)on ßolberg abgef^loffener §anbeläi=
»ertrag, na^ wel($em bie ßolberger 33ürger 3ol)anneö be SBiba unb
Smbrofiuö fid) t)erpflid()ten, bem Tietrii^ äßinter in SübedE 500 @id^=
J^omfeHe ju beftimmter Seit burd) ben ßolberger 33ürger ©oöwin ober
burd^ einen anbern ju liefern luib für ben 9Jad^tl^eil aufjufommen,
ben ber Käufer burd; baö ä^erfäiuuen beä Serminö erleiben fönnte.
^^Jeljwerl ju ©^mud, be[onberö bei ben t)orne^men klaffen beliebt,
fam Dorjugäweife auö bem 9torben, befonberö auö DJufelanb, ruffifd^e
©id^l^ornfelle waren fet)r gefudjt. S)a bei jenem §anbel fd)roerli^ an
pommerfi^e 6i($^ornfelIe ju benfen ift, fo fann man barin eine ©pur
finben oon ^anbelöoerbinbungen nad^ 5lu^lanb t)in. Slnbere ainbeu^:
tungen finben fi(^ nid;t.
9)afe aud^ §anbelöbejie]^ungen nad^ ben SWieberlanben ftattfanben,
jeigen Seftimmungen aus Seftamenten, wonad^ S8ermä(^tniffe bann an%^
gejatjlt werben follcn, wenn bie ©d^iffc beä (Srblafferä auö ^qCL<xx\^ -^jx-
— 158 —
xüdtommm ") ; anci) ber oben flcnantite ßlaioeö SButtort) tüeift in feinem
Seftantente jwei 33ern)anbte auf bie ©d^iffe aiiö §oUanb an. —
Heber ben ©alj^anbel nad) £>ftpommern unb ^reufeen ift fd^on
6ap. 6 gei^anbelt, unb bie älteften ^anbelöbeäiel^ungen, bie ju ^^olen,
treten erft beutlii^er im 17. Sai^ri^unbert ^ert)or.
©eitbem ßolberg unter bie umnittelbaren ©lieber bcö 93unbeö
aufgenommen roax, finben wir es bei ben gemeinfamen Uuternel;mun=
gen faft inmxer betl;eiligt, fo in ben Kriegen gegen baö bem Staubrit*
tertl^um auf bem £anbe entfpred^enbe greibeutcrroefen jur ©ee, roeldjeö
gegen 6nbe beö Sal^rl^unbertö in einer §aubel unb ä5erte^r fd^ioer
f(^äbigenben aBeife auf ber Oftfee aufgeroud^ert loar.
S)aö UniDefen ftanb in enger 33erbinbung mit ben ©eefriegen
jener 3eit, unb bie Königin Sffiargaret^a von SDänemarf beobad;tete
nur ein, aud^ Don anberen 3)lää)ten geübtes ä>erfal^ren, als fie in einer
Seit, wo fie mit ber §anfe in Unfrieben lebte, gegen bereu Ueberle^
genl^eit ben SBanben ber ©eeräuber, bie nid^t feiten oon abligeu ^aupt^
leuten befehligt würben, i^re §äfen öffnete, bamit fie bafür ben ©täbten
na(^ 3)iögli(^feit ©d^aben jufügten. 3n gleid^er äBeife würben biefelben
wieber t)on bem .§erjoge Soi^ann t)on SKedElenburg unb ben medElem
burgifd^en ©täbten SRoftodE unb aBismar gegen 3Kargaretl^a gebrandet,
als biefe ben Äönig 2llbre(^t von ©d^weben in il^re ©ewalt ge^^
brad^t unb beffen ganjes iJanb bis auf ©tocf^olm erobert l^atte.
2)ie Hauptaufgabe biefer greibeuter war, baS belagerte ©tod^olm
mit Lebensmitteln ju üerforgen, wot)on fie ben 3^lamen Siictualien^
ober 58italienbrüber fü^irten; aber i^r Ärieg gegen bie ^änm würbe
balb jum 3flaub(riege gegen bie ©djiffe unb ©üter aller ©eeftäbte, jo
baj3 julefet bie ©4)onenfc^en Steifen unb bie ga^rten bur^ ben ©unb
gani unterbleiben mußten, ©nblid^ im Seiler 1394 raffte fid^ bie §anfe
jum ©ntfd^luffe eines gemeinfamen ßriegSjuges gegen bie ^einbe i^res
äßo^lftanbes auf.
Slüftungen würben gemad)t, wie man fie nid^t einmal gegen
aSalbemar für nötl^ig gel^alten ^atte; Sübed allein ftellte 5 Äoggen
unb 2 fleinere ©(^iffe, ©tralfunb 4 unb Golberg mit feinen il^m jus
georbneten ©täbten: Slügenwalbe, ©tolpe, Treptow, 2Bollin unb ©rei^
fenberg 2 Joggen mit 180 ^ilann. 2)iefen fünf ©täbten würbe von
©eiten ber §anfe gefdirieben, man erwarte oon il^nen, bafe fie nid^ts
uatterlaffen würben, um Golberg in ber 2luSrüftung ber ©d^iffe su un-
— 159 —
te^fkft^; bie Sörgcr ber ©tabt, bie fi^ fäumig jeigten, fottten jel^n
Saläre tong auö ber @cmc4nf<i^aft mit bcr §anfe t)erftcv^en fein^^).
®td§ere ^grfölge tpurben b«r^ bk Üitcinigfett bcr ©täbtc vev-
=|iÄbert. 35ie ^r€u&if(3^cu ©täbte waren im jufrieben, bajs es il^nen nid^t
gelanß, ber glotte eine Stiftung gegen S)änemarf ju geben, tmb fag::
ten ftd^ t)on ber S^l^ilnatjme loö. SDod; gelang e§ wenigftenö, bie ©lä^iffs
fal^rt fft^ ben ©ommer einigermaßen fidler jn ftetten. — StnffaKenb ift
bie ©rflänmg, mit meld;er ßolberg ba§ Stnfinnen ber preuj^ifd^en ©täbte
abgenriefen l^tte, „il^r §err, ber §erjog (©ap. 8) werbe feinen
©täbtejt nur hann eine SBel^rrftftung erlauben, wenn biefe nii^t bie
Äönigin t)on SDänemarf, fonbern blofe bie 33efriebung jur ©ee betreffe."
SDaß Unwefen taud^te aber immer mieber auf unb mürbe imleib?
Ii(]^, feit bie ©eeröuber in bem bamalö innerlid^ jerrütteten grie^lanbe
fidlere ©(^lupfminW geftmben J^atten. gür baö '^af^x 1398 mürbe
beftl^alb jmifd^en ber Äönigin 3Bargaretl^e iinb ben §anfeftäbten eine
neue Untentel^mung gegen fie tjerabrebet. 2)a jebod^ bie 33eftimmungen
bes 33ftnbniffeö nur dou ben 33et)oIImäd)ti0ten einzelner ©täbte entmor^
fen maren, fo üermeigerten ßolberg, ©targarb unb bie übrigen
y,amerfroinif(ä^en" ©täbte bie a3eifteuer. ©ie mürben bafür t)on ben
liawfefd^en §äfen unb bem ©(^onenf(ä^ett SSittenlager auögefd^loffen,
golberg jebod^ balb mieber von ber ©träfe befreit, atö e§ fi(^ jur
ajeil^älfe t)erftanben l^atte. Sti bem weiteren SSerlauf beö Ärieges, ie^^
fonbers gegen bie berüi^tigten ©eeräuber Äla§ ©törtebefer unb ©obefe
aßic^ael, ber erft 1434 ein für bie §anfe befriebigenbeö @nbe na^m,
wirb ßolberg nod^ mel^nnalö unter ben friegfül^renben ©täbten ge^
nannt, boä) ol^e Sttngabe feiner Ceiftungen. 5ßon ben ßolberg juge^^
orbneten ©täbten erl^ält Treptow wäl^renb biefeö £riege§ im Sai^r
1407 t)on ber §anfe bie SCnweifung, ju Un „SBrebefd^iffen", bie augs
gerüftet werben foBen, ;,um ben groten, t)erberflifen ©c^aben, ben be
gemene Äopman t)on ben SBitatienbröbern ut SSreölanb geteben Ijeft"
^ QUt JU machen, jwei ©ewaffnete ju [teilen, ober für jeben 3Kann 5 aJit
Süb. ju jal^Ien ^\ unb ber Söef(J)lufe ber §anfe aus biefem Solare, ba§
wieber ?ßfunbgelb erl^oben werben foH, wirb berfelben ©tabt von ©trat
funb, nid^t von ßolberg auä mitgetl^eilt Db bie mititärifd^e Untere
orbnung bcr ©tabt unter ©olberg nod^ fortbeftanb, wirb nid^t angege^
ben. 3)od^ Dcrfcl^rtc bie §anfe fd^on früher, alö ßolbcrg nad^weißlid^
ber aSorort Jener ©täbte war, aud^ unmittelbar mit biefen. SBBäl^renb
im 3Äl^r 1375 ein ©d^reiben ber §anfe, weld^ed bie Rtaojwx \i^x %.^.
— 160 —
leutc über g^älf(^ung ber ^ä)^^ ^ed^- imb 2()eertounen bnxä) boppelte
Söben unb ©iufüttung von (Srbe jur allgemeinen Äenntnife bringt unb
vox ber ätnfertigung berfelben warnt, an bie unmittelbaren Sunbeß^:
[tobte, unter il^nen aud^ an ©olberg gel^t, mit ber SBeifung, eö ben
©täbten, „bie bei il^nen belegen finb", mitjut^eilen, mirb ber ^anfe-
befd^lu^ t)om Saläre 1383, ba§ für bie §eringötonnen bie Sioftoder
Sonne SRormalmajs fein fott, unb ein jweiter Dom Salute 1386, ba§ bie
ju fleinen ganzen, l^alben unb 33ierteltonnen, bie \i6) üielfad^ auf ©(^onen
finben, confiöcirt werben foHen, unmittelbar, wie an ßolberg, fo aud;
an Sreptow, Siügenwalbe, ©öölin, ä3elgarb (bie alfo beibe jeitmeife
aud^ JU ben mittelbaren §anfeftäbten gel^ört t;aben), SBoHin unb ®rei=
fenberg gefanbt.^^) SRügenwalbe nni) ©tolp, mel^e im Kriege gegen
bie SSitalienbrüber no(^ bie ©olberger Joggen bemannen l^elfen, muffen
in anberer Sejiel^ung fd)on frül;er eine felbftftdnbigere Stellung jum
SBunbe gewonnen l^aben: beibe werben, Siügenwalbe fc^on im Sct^re
1379 unb Stolpe 1382, auf il^r 33itten, unb weil fie i^re ^4>flid^ten
gegen bie §anfe erfüllt l^aben, in baö Siedet unb bie g^rei^eiten ber^
felben aufgenommen, baö l^eijst wol^l: fie l^örten auf, blo^e (Säfte auf
anberen gifd^ereilagern ju fein unb würben Sefifeer eigener SSitten.
Sreptow erl^ielt erft im 3al)re 1436 eine befonbere, neben ber preujsi-
fd^en belegenen 33itte auf SDragör, jufammeu mit ©targarb unb ben
S3rübern von ©t. Sluguftin auä biefer ©tabt, bie bort eine ÄapeUe
bauen burften. 2lud^ ©reifenberg erfd^eint balb ebenbort im Söefiß
eineö befonbereä gif^ereilagerö. 3)iit 3^ügenwalbe jdjlo^ (Solberg im
3al)r 1418 einen befonbereu ©c^ifffal;rtöt)ertrag, nad; welchem bie
Bürger beiber ©table frei unb fidler ol;ne Soll unb Unpflidjt in bie
beiberfeitigen ^^äfen einlaufen, bod; bei ^^erluft beä (Suteö feine frembe
SBaaren auö ber anbereti ©tabt ausführen bürfen.^^)
3Jlit fluger Senu^ung ber (Selboerlegenl;eiten, in weld^en fi(^ bie
Äönige oon (gnglanb in golge ber oielen Kriege, bie fie im 14. Sa^r^
^unbert namentlid^ mit granfreid^ fül^rten, l;äufig befanben, f)atte bie
§anfe bort bebeutenbe §anbelöi)orre(^te oor ben Äaufleuten anberer
Stationen erworben, wel(^e fie trofe beö SBiberftrebenö ber englifd^en
Äaufmannfdjaft biö in baö 16. Sa^r^unbert bel;auptete. SDajg ©olberger
©d^iffe fd^on frül^e aud; bie englifd^en unb fd^ottifd^en §äfen befud^t
l^aben, jeigt ein im Sa^re 1383, in einer 3eit, alä bie §anfe mit ben
^lämingern in g^el;be lag, ju ©binburg jwifd;en ä3ürgern oon ©lu^s
unb ^anfeftäbtifc^en ©d^iffern gefd^loffener ^ergleid). Sie lefeteren
_ 161 "^
TDetfen jenen aU 93u§e für einen rerüftten 3Borb bie an^ £)el nnb
gifd^en (geringen) beftel^enbe ßabung von jraei ©(Riffen ju, unter biefen
ift ba§ eine ein ©olberger mit bem ©d^iffer S^bemann Slod nnb ben
Äaufleuten Soi^anneö be Sefing unb §inrid^ SKinb.^^) — ajfel^r noc^
jeugt für ben §anbel mä) (Snglanb ber lebl^afte Slntl^eit, weld^en bie
©tabt an bem Kriege nal^m, ben bie hm^ SBerlefeung il^rer Privilegien
nnb hmä) 3oIIerpl^ungen gcreijte §anfe feit ber 3Ritte beö 15, Scxl^r^
l^unbertö gegen jenen ©taat führte. SDer Krieg erl^ielt nod^ eine befon*
bere Sebeutung für ßolberg,
©ie §anfe bel^ielt in biefem Kaperfriege bie Oberl^anb, unb König
©buarb IV. erfannte feine JJieberlage an, inbem er im Utred^ter gerieben
1474 nid^t nur bie alten ©ered^tfame beftätigte unb erweiterte, fonbern
au(^ für bie a?erlufte ©(^abenerfafe leiftetc; boc^ l^atte er bafür von ben
©täbten baö roid^tige 3ugeftänbni§ beö freien §anbelö auf ber ©ftfee
für feine Untert^anen erlangt. 3lnx ©olberg fd)lo§ fid^ t)on biefem
^rieben au§ unb bel^arrte im Kriegöjuftanbe gegen ©nglanb. 3)iag fi(^
anä) bie ©tabt burd^ SBerlufte, bie [ie von englifdier ©eite erlitten, in
befonberö gereifter ©timmung befunben l^aben, fo ift boc^ ber §aupt=^
grunb ber auffallenben ®rf(^einung in il^rem aSerJ^ältnife ju SDänemarf
ju fud^en. ©olberg l^atte in biefer 3eit, burd^ ben §erjog von ©tettin,
ben SBifc^of non ©ammin unb ben Slbel bebrängt, ein ©d^ufebünbni^
mit 2)änemarl gefd^loffen unb biefeö, meli^eö nod^ ungemer, alö ber
beutfd^e Kaufmann, bie englifd^e 3^lagge auf ber ßftfee fa^, lag feit
1476 mit ®nglanb im Kriege. ®emä)3 einer Seftimmung beö Utrei^ter
griebenö, jufolge n)el(^er ber KCnig von ©nglanb eine §anfeftabt, bie
fid^ t)on ben übrigen getrennt ^abe, ate eine frembe anfel^n folle, bis
er benad^rid^tigt fei, ba§ fie fid^ wieber mit ber §anfe t)ereinigt l^abe,
mußte ßolberg burd^ feine ©onberftettung feiner Privilegien in ©nglanb
verluflig gel^n. @ä fd^eint, bie verbünbeten ©tobte l^aben ben ©olbergern
3eit geben motten, ben gefaßten S8ef(^luß jurüdEjunel^men, benn erft am
1. Snni 1478 mürbe ber König von ben SWatl^mannen SübedEö unb ben
SRatl^öfenbeboten ber anberen ©täbte in Kenntniß gefefet, baß fid^ bie SBür^
germeifter von ßolberg im SRamen ber ©tabt in ©a(^en beö Utred^ter
griebenä von ber §anfe loögefagt ^äüm.^^) 3loä) 1490 mar in bem
aSerl^ältniffe ber ©tabt ju ©iiglar.b leine SSeränberung eingetreten, ba
fid^ bamalö ein englifd^er §erolb än^ 3^urd)t vor ©olberger Kapern ni(^t
von SübedE nac^ S)anjig magte^*), unb im Saläre 1500 rüfteten bie
Söürgermeifter SKlbred^t Krüger^ 9)1 artin ©arga^e, ^ermann von Gbeu^
— 162 —
bie Kämmerer Sol^ann ^aritl^, äCnbreaö ^^uttfamer, bie 9latl^mannen
Sol^ann ^ol^enl^aufen, 2lnton Srö!er, Soi^anu ©erlief imb ber Sürger
^eter §om auf eigene Äoften meistere ©c^iffe an^, um gegen Äaper,
unter benen mhen ©diotten, ,,3^rattfeen", Sartuner (Brälonen Sretagner)
aud) ,,®ngUfd^e" genannt werben, ju freujen, unb „ben t)ielfad^en unb
bebeutenben Schaben, ben [ie unb il^re Sflrger burc^ fie erlitten l^atten,
nad; Gräften ju rädien." SDer dlat^ liel^ il^nen baju auö betn 3eug=
t;aufe ber ©tabt 2 Sontbarben intb 4 5?ammerftü(Je mit bem nötl^igen
^Uiber luiter ber S3ebingung, bafe fie, wenn i[;nen gelänge, hmä) SBeg-
nat)me feinblidjer ©djiffe äu il^rem ©cä^aben ju fommen, fid; ber ©tabt
erfenntlid) jeigen, menn aber ba§ ©efd^üfe in feinblid^e §änbe fiele,
baffelbe bejal^len ober iwxä) ©tüde t)on gleicher ©üte erfefeen foHten.
3um Slapitän ber gefammten 3Jlac^t würbe S^omaö ©torm, ax\^ einer
angefelienen ©olberger g^amilie, auö ber ein 3JIitglieb, Safob ©tonn,
gerabe im Statine fag, angenommen, lieber bie Ärieg§tl;aten ber lleinen
g^lotte lüirb nii^tö 9tä]^ere§ gemelbet; bod^ ba^ fie feinblid^e ©d^iffe auf^
gebrad)t unb 'Seilte gemad)t l^at, jeigt eine im folgenben Saljre am ©onn-
tage oor ^almfonntag aufgenommene S?erl^anblung jmifcä^en ben obenge^
nannten SR^ebern unb bem Kapitän, nac^ meld^er biefer als $Wü(f ftanb auö
feinen Seutegelbern, mit bem er anfänglid^ auf ben ©eminn aii§t einer jmei^
ten ilaperfal;rt angewiefen mar, 10 fl. (24 Sl^lr.) erljielt, weil biefelbe fo
lange aufgef(^oben werben follte, bi§ ber Äunbf($after §an§ ©wert
äurüdgefommen fei (t)ennutl^lic^ auö einer anbern ©eeftabt, mo er fi($
nad^ feinblid)en, jur 9lufbringung geeigneten ©Riffen umfel^en foUte);
er mürbe j^igleid^ mit 35anf feiner SDienfte entlaffen. ^^)
Tili bem 2luöf(^luffe ßolbergö t)om Utred)ter gerieben mar nid^t
notl;menbig ein 2lu§fc^lug au§ ber §anfe überl^aupt oerbunben, unb
baö ©d)reiben berfelben an ben englifd^en Äönig fprid^t auc^ nur Don
einer 9lbfonberung Dom 33unbe in biefer 3lngelegcnt;eit (in pacis ma-
teria), ©od; fd)eint fid) bie ©tabt mirf(id) auf einige 3eit oom Sunbe
jurüdgcjogen ju Ijaben. 3w 3al;re 1496 nämlid) waren ßolberger
3fatl;nmnnen nac^ ©reiföwalb gekommen, mn fic^ über bie Treptower
JU bellagen, baj3 fie iljuen il^ren t)on altera ^er in ber §anfe befiaup::
teten ^lafe ftreitig machten. S)er ®reif§walber Statt) bejeugte il^nen,
bajj bie ©tabt i)on alten Seiten l;er bei ben aSerl;anblungcn ber §anfe
friebfam ben fedjöten ^lafe unter bem elirfamen 9iatl)e oon Hamburg
jur linfen §anb unb junäi^ft über bem el^rfamen ^{atl^e oon Sübed
eingenommen l;abe, unb erfudf)te ben Ssogt unb bie Slltermänner ber
— ]63 --
gemeinen 0anfe ju Stagör, bie ©olbetöer in il;rer ®ere(^ti9feit jn
fi^üfcen^ 2^) S)ieö fd^eint barauf l;injun)eifen, bafe ©olberg länflcre Seit
t)on feinem SRed^te feinen ®ebraii(^ gemad^t, unb ba)3 Srepton), weld^eö
fd^on feit 1436 eine eigene 58itte auf SDragör befaj3, bie Slbwefeitl^eit
ber ßolberger SWatl^mannen benufet l^at, um fid^ in ben ^lafe feineö
frftl^eren SBorortö einjubrängen. SebenfaHö gel^örte ßolberg 1496 wieber
ber §anfe an unb l^at i^r bis ju il^rer 2luflöfung angeprt
3n feiner Haltung ju ben allgemeinen Sntereffen ber §anfe
unterfd^ieb fid; ßolberg in nidjtö von ben meiften ber anberen pommer^
fd^en ©täbte be§ \iä) allmä[;lid) mel;r imb mel^r lodfernben öunbeö.
®ie aSeifung Äaifer 3)Zainmt(ian§ t)on Srüffel auö an ©olberg (20. g^e^
bruar 1511), bem Könige von SDänemarf unb feinen 3lmtleuten in
il^rem gewalttl^ätigen 3Serfa{;ren gegen bie ©tabt SübedE, bie jener ganj
unter feinen ©el^orfam bringen tuoUe, bei 1000 lobige 3Karf feine
§ülfe unb görberung ju tl;un, mar ebenfo mie an ©olberg, aud^ an
©tralfunb, 9?oftodE, ©reiföwalb, Hamburg xu f. m. gerid^tet, imb in bem
balb barauf offen auöbredienben Kriege SübecEö gegen S)änemarf (1510
— 1512) mar ©tralfimb bie einjige ©tabt in ^^ommern, Don meld^er
ber alte SBorort ber §anfe §ülfe erl^ielt.
ßolberg fd^eint ju feiner neutralen §altung befonberö hnxä) fort-
bauernbe freunbfd^aftlid^e SSejiel^ungen ju SDänemarf beftimmt morben
}u fein. König Sodann von 2;änemarf begünftigte bie alte SBunbeö^
genoffin vox anbem burdj ©craeiterung il^rer Siedete, er geftattete auä
befonberer ©unft gegen bie 33iirgermeifter unb 3f{at^mannen von ßolberg
(1508), bafe bie Sürger unb Kauffeute ber ©tabt burd^ fein ganjeö
Äönigreid^ ju Söaffer unb ju Sanbe reifen unb fahren, bie gifd^lager
befuc^en unb itjre Kaufinannfdjaft gebraud^en fönnten, jeboc^ unbefd^abet
ber föniglid^en ©erei^tigfeit; xuib König griebrid) fd^üfete bie ©tabt
gegen unbegrünbete Slnfprüc^e beö 58ogtö von galfterbobe, inbem er
biefen im Sa^re 1526 anwies, „ben Solbergern auf il^rer aSitte feinen
SBorfang ju tl;un.^O
SDagegen bet^eiligte fid) bie ©tabt bereitwillig an bem großen
Kriege, ben Sübecf unb bie §anfe im Saläre 1534 gegen S)änemarf
xmternai^m, um bie manfenbe §errfd)aft beö SBunbeö im SRorben neu ju
befeftigen. ©ie erl^ielt bafür von ©tralfunb im 3luftrage beö aSorortö
2üied bie äJerfi^erung, bafe il;re l^anfifdjen Privilegien im bänifd^en
SReid^e gefd^iibt unb noi^ üermel^rt werben foHten^^), worauf freilid^
wegen beö uiigUirfli<^eii 3lblauf^4 bc$ Krieget nii^tö würbe.
— 164 —
m^mliä) für ßolberg mx bte tptige §ülfe, bte c§ im Sa^re
1560 ber bebrängten ©d^wefierftabt SWiga leiftete. ©eit Stufelanb unter
Mftigcn g^ürften ju größerer 9Wa(^t gefommeii war, ftrebte eö utiab^
laffig na(^ bem Sefife ber SJiünbungen feiner großen 3Bafferabern utib
naä) ber Dftfeefüfte. 5Jarn)a n)ar ber erfte Seei^afen, \>tn eö in feine
®ewalt brad^te. 33alb fa(;en fi(^ anS) aubere ©täbte ber beutf(^en
Oftfeeprornnjen bebrol^t, ©orpat würbe 1558 erobert, unb dtemal unb
JRiga wanbten fid;, um bem glei(^en ©(3^icffale ju entge()en, an bie
§anfe unb baö beutfd^e 9tei($. ®er beutfd)e 9{cid)ötag fa^te grofie 6nt^
f(^lüffe ju ©unften Siülanbö, l^alb Europa fotite gegen bie SKoöfomiter
unter bte SBaffen gebracä^t werben; aber bie t^erwilligten SReid^öfteuem
gingen nid)t ein, e§ blieb bei ber papiernen §ülfe eineö !aiferlid^en
3Jral^nfd^reiben§. SDie Iianfifd^en ©täbte, über baö eigenfüd^tige SBer::
fal^ren ber Ut)Iänbifd)en, bie ben ruffif($en §anbel ganj in il^re §änbe
ju bringen gefu(^t l^atten, t)erfiimmt, wiefen bie Sitten berfelben mei-
ften§ fttl^l ab. 5Da mar e§ t)or atten ©olberg, meld^eö auf ben §ülferuf
ber Sebrängten mel^r bot al§ Jiebenöarten. SDa e§ in aiiga an SBlunU
tion unb ^rooiant fehlte, fc^idte ber ßolberger 9latl^ unter bem &oU
berger Kapitän ß^ert §epbede auf jmei ©d^iffen 33ier, 33rob unb anbere
Sebenömittel, baju t)ier ©efd^üfeftüde mit Äraut unb Sotl^ bal^in. S)ie
93ürger ber ©tabt nal^men bie ©enbung mit großem 3)anfe an unb
überreichten bem Kapitän eine golbene Äette al§ Slnerfennung, unb als
bie JRuffen von ber ©tabt abgemiefen maren, fteßte ber 9latl^ x)on SRiga
bie mit bem ©olberger SBappen gef(^müdten t)ier (Binde auf bem ajfarfte
unb ber Sörfe auf, bamit anä) bie g^remben feigen motten, mer il^nen
in ber 5Rot^ C>ülfe geleiftet l^ätte. SDanu fanbten fie bjie ©efd^üfee nad^
©olberg jurüd unb üergütigten ber ©tabt bie Unfoften. ©o l^atte 6ofc
berg baju beigetragen, ba§, mäl^renb fid^ ba§ übrige Siulanb ben ©d^me^
ben, ©ftljlanb ben ^olen unterwarf, Siiga, bie ältefte ©rünbung beut*
fd^er ©eiftlid^en unb Äaufleute in biefer ©egenb, no(^ eine 3eitlang
beim SWeidje vexUkhJ^)
SDie ©tabt l^at, fo weit eö fid^ au§ ben fragmentarif(^en 3lad^^
x\ä)ten in ben SRatf)l^au§acten erfel^en läßt, regelmäßig bie ©ifeungen
ber §anfe burc^ il^re ©enbboten befu(^en laffen unb i^re Seiträge ju
ben gemeinfamen 2lu§gaben entrid^tet, bie gcmöl^nli(^ burd^ eine Umlage
auf Käufer unb Suben, nid^t ol^ne mitunter baö 9Jli§t)ergnügen ber
SBürgerfd^aft ju erregen, aufgebrad^t mürben. 2ll§ einfädle 'Sa^e, bie
aud^ t)erjmanjig- unb t)erbreißigfad&t werben fcnnte, jal^lte ßolberg gleid^
— i65 —
aSBiömar, ©rciföraalb unb ©targarb 25 Sl^Ir,, Stettin 40 S^tr., ©trat
funb 50 S^lr. unb ßübed 100 S^Ir., ungefäljr bem 3Ser^ä(tnij3 ber
©täbte an.Sleid^tl^um unb SHadit entfpre(^enb. S)ie ©tabt fam aud^
tDO^l ber gelbbebürftigen §anfe mit 3Sorfd^üffen ju §ülfe. @o Uel^ [ie
1573 bem l^anfifd^en ßontor in 2lntn)erpen jur Tilgung beö SRefteö ber
©d^ulben, bie no(^ immer auf ben bortigen ßontorgebäuben lagen,
337 i Z^lx. ®egen ßnbe beö Sai^ri^unbertö wä^renb ber ©treitigfeiten
mit ben 33if(|öfen unb §erjögen tarn fie jeboc^ mit i^ren Sal^lungen
in ben SRüdfianb; im 3al;re 1580 um einen 3fieft von 75 Sfjlni. ge=
mal^nt, bat fie um 3laä)\id)t, „fie wolle fid) nic^t von ber gemeinfamen
©ocietät ablöfen, aber ber ©treit mit bem ^ergoge, ber il^nen Raubet
unb SBanbel unterfagt unb bie ©tabt in eine 2lrt von SSelagerungöjuftanb
t)erfefet |iabe, ne^me für ben SlugenbUd alle il^re aKittel in 2lnfprud^."
2)a il^r ber SBeg hnx6) baö l^erjoglid^e ©ebiet t)erfd)loffen war, tonnte
fie 1584 einen in 2lnflam abgel^altenen ©täbtetag nid;t befd)icfen, bage=
gen maren im Saläre 1585 auf einem §^i^f^tage ju Sübed, wo^in ber
©eeroeg offen ftanb, i^re 33ärgermeifter §anö Sed^e unb §ermann
§ol^enl^aufen amoefenb. gür baö 3ctl)r 1598 mar ßolberg mit ©trat
funb auögeroä^lt, um bie übrigen pommerfd^en ©täbte auf bem §anfes
tage ju t)ertreten. SDer 9iatl; ber ©tabt leimte aber ben 2luftrag ab
mit ^inmeiö auf ben Smift, in ben er mit feiner SSürgerfd^aft geratl;en
mar. 3m Scii^re 1610 ift (Solberg nod^ einmal auf einem ©täbtetage in
2lnMam t)ertreten. ®ä ift bieö baö le^te 3)Zal, ba§ in ßolberger 9tatl^l)auö=
acten ber SSerbinbung ber ©tabt mit ber §anfe ©rioäl^nung gefd^iel^t. gaft
unmerfli(| löät fid) baö ^anb, baö jmei unb ein l^albeö Satirl^unbert l;in=
hnxä) ßolberg mit bem eblen ©täbtebunbe oerfnüpft ^atte, in einer
Seit, wo biefer felbft unter oeränberten SSerl^ältniffen feiner Sluflöfung
entgegen ging. 6r mar fd^on meljr unb mel^r bei ©eite gebrängt mor^
ben, feit \iä) ber europäifd^e ©rofei^anbel na($ ber ©ntbedung ber neuen
3Belt jum SBeltfianbel erweiterte, bie ffanbinaoifdjen Jteid^e unb bann
mä) ®nglanb fid^ üon ber §anbelöl)errfdE)aft ber §anfe frei machten,
unb auf ber jum aiebenmeere geworbenen Dftfee, ber einfügen SBiege
^anfifdE)er 3)ia(^t, anbere Stationen alö gefäl)rlid^e 3Jiitmerber auftraten.
Sübed fämpfte gegen ben SBerfatt an, eö lie^ roieberl^olt feine Tla^-^
nungen an bie pommerfd^en ©täbte ergel^en, il^ren aSerpflic^tungen nad^=
jufommen, „eö mürbe ber §anfe nid)t aEein ju l^ol^em ©(^aben, fonbem
aud^ bei anberen 3iationen ju l)of)em ©d()impfe gereidien, wenn fie fo
Ijerrlid^e Privilegien t)ergeben" ^^) ; aber bie S^eilnal^me erlofd^, bie
— 166 — -
Setträge tüurben fpärtt($ unb ttnregetmäBtg beja^lt, bte größeren ©täbte,
mt 6ötn unb SDanjig, löften \iä) von ber l^an[if(^en ßontororbuung
ab unb legten in Slntroerpen il^re eigenen g^actoreien an. 2l5ie fi(^ im
beutf($en 9iei(^e überl^aupt in ben fd^werfättigen g^ormen ber 9ieid^öDer=
faffung fein tild^tigeö ©treten mel^r geltenb machen fonnte, fo äuJBerte
fi(^. aud^ Iaufmännif(f)e 9tül^rigfeit ungel^inberter außerl^alb ber rerrot^
teten ©inrid^tungen ber §anfe. £)^m 6in|eit unb 3Slaö)t, von bem
unbe]^ülfli(3^en SReid^e nur bur($ teere 3ufi(^erungen unterftüfet, fiel ber
93unb auöeinanber, eine gemeinfame §anbelöpolitif l^örte auf unb im
3lnfange beö 17. 3al)rl^unbertö trieben bie meiften ©täbte i^iren §anbel
auf eigene §anb.
5Die §anbelöt)erbinbungen ©olbergö gingen anä) in biefem Sal^t^
l^unbert no(^ nad^ faft aUtn 3Jlär!ten l^in, welche bie §anfe für il^re
S3unbeöglieber offen |)ielt.
^oä) immer gefiel eö bem geringe, auf feinen Sßanbet^ügen an
ber @(f)onenfd^en Äüfte Station ju mai^en. Sm Saläre 1546 war er
fo maffenl^aft in bie ®arne gegangen, baj3 eö an §änben fel)lte, il^n ju
bewältigen. S)arum würbe fein ^ang bort no(^ immer lebl^aft betrie:^
itn, unb attjäl^rlidl) rüfteten fic^ nx6)t bloß bie ©(^iffer unb Äauffeute,
fonbern aud^ §anbn)erfer, wie 33öttd)er unb ©(^u^mai^er, jur @d^onen=
reife. 3m Saläre 1550 fdjlog ber Sürgermeifter von galfterbobe mit
bem ßolberger SSogt einen 33erglei(^ ab wegen t)erfd)iebener Srrun^
gen in Setreff ber ßolberger Sitte, unb ber Sertrag von Dbenfe (1560),
weldjer bie alten Sorrec^te ber §anfa auf ©d^onen neu beftätigte,
fidjerte aud^ ben ßolbergern wieber il^re Sitte unb il^r %tl\) auf ^alfter=
bobe. 9)iel;rere Serorbnungen beö Statl^ö unb Seftimmungen ber Sur^
fprafe an^ biefem 3al)re regeln ben Serfel^r unb ben Setrieb beö
§ering§fangeö bafelbft. ©ö wirb übel t)ermerft, baj3 fid^ nic^t nur aus
ben Sanbftäbten, bie nid^t sur §anfe gel^ören, fonbern felbfi an^ ben
©örfcrn UnberedE)tigte in bie ©olberger Sitte brängen; fein ©olberger
©ct;iffer foH bie, weld^e nic^t in ber §anfe finb, mit nad^ ©d^onen
neljmen; bie Sürger, weldfie fid) ber ©d^onenreife gebraud^en, f ollen nid^t
bei ben Sänen, fonbern auf bem ßolberger g^elbe liegen; bie Sefifeer
ber Suben bafelbft fotten biefe jur näd^ften ©d^onenreife aufbauen,
fonft wirb ber ?tiaü) bie ©teßen an anbere t)ergeben; bie ©äumigen
unb Ungeljorfamen werben mit einer ©träfe von 60 3Jlarf bebrol^t.
©egen (Snbe beö 3a]^rl;unbert§, alö ber gering auä unbefannten ©rünben
feinen 3ug anberöwol^in nal;m, ober fid^ tiefer in baö SDJeer fenfte nnb
167 —
ben ©d^onenfal^rem feine 9(u§beute mel^r gewäl^rte, |iörte bie ©d^oneiv^
reife allmäl^li(ä^ auf. ©a^par Seifee ift ber lefete SSogt, ber genannt
tt)irb. — Stettin l^^t 1655 einen SSetfnd^ gemad^t, fein alte§ dieä)t
meber jur ©eltung ju bringen; aber ©d^raeben unb SDänemarf raiber^
festen fid^ unb fallen bie lange nid^t geübten ©ered)tfanie alö t)er=
jä|rt an. ^^)
Ätagen beö l^anfif(^en ©ontorö in Sergen jeigen, bafe ber 6ot
berger §anbel a\\^ im 16. Scii&rl^unbert noä) bortf)in gerid^tet geiüefen
ifi Sergen ift bogenförmig um einen 9Jleerbufen erbaut; bie eine ©eite
ber ©tabt „bie Srücfe" war im SBefife ber §anfe, bie anbere, ber
„Dt)erfh:anb", wenigftenä jum Sl^eil t)on Sergener Söürgern beraol^nt.
Um fi^ ben ©ontorgebütiren ju entjiel^en, l^atten (1584) ^eter ©imonö,
Kaufmann, unb §anö ©erdEe, ©Ä)iffer auö ©olberg, am £)t)erftranbe
angelegt unb bie Sabung o^ne $Wü(ffid)t auf bie 3Serpfli(^tungen gegen
bie §anfe in ber norwegifd^en Äird^e von ber Äanjel jum aSerfaufe
aufbieten laffen. SDer Vorfall war naä) Sübedf gemelbet, imb t)on ien
3lbgefanbten ber §anfe erging ein fd^arfeö ©d^reiben an ben ©olberger
9latl^, in weli^em ftrenge Seftrafung ber ©(^ulbigen geforbert würbe.
2)iefer entf($ulbigte fid^ unb t)erfprad^ ftrenge 2ll^nbung. 3lber fd^on
1585 würbe eine gleid;e ^lage gegen bie ßolberger ©(^iffer ©d)wanteö
unb Sewejow unb gegen bie Äaufteute an 33orb il^rer ©d^iffe erl^oben,
unb 1588 l^atten wieberum brei ©olberger ©d^iffer mit 2JlijBac^timg ber
I;anfif(|en Orbnungen i[;re ©ebneren nid^t entri($tet unb mit ben (£in=
gebornen §anbel getrieben. 2Baö t)on ©eiten beö ßolberger SWatljeö
bagegen gefd^el;en ift, wirb nic^t berid[;tet. ^^) ©egenftänbe beö §anbelö
bort^in waren befonberö Sier, 3Jfel)I unb 33rob. S)ie Äornauöful^r war
beftimmten 35efd)ränfungen unterworfen. Sei ber mangelfiaften Serbin^
bung ber Sänber war eä f(^wiertg, bei einer aJJißemte ben 3luöfaB buri^
3uful^r auäjugleid^en ; ein aJJi^wad^S, anä) nnx in Sommern, fonnte
fd^on §ungerönot^ unb f(^redElid)eö ®tenb l^erbeifül^ren. ®er diatl) ^atk
bie ^flid)t, bem porjubeugen, er trug ©orge, bafe auf bem JRatPjaufe
immer eine genügenbe 3Jlaffe Äorn aufgehäuft lag, unb mad^te jebe
Äornauöful^r von feiner ©rlaubni^ abl^ängig. „deiner barf Äom unb
3iu(^l;olt auöfd^iffen ol^ne ®rtaubni§ beö Siatl^ö, i)erorbnet bie Surfprat'
von 1480, unb ©d;iffer unb ©d;ifföfinber muffen fic^ beö mit i^rem
@ibe entlebigen." SDie 3Kel^lt)erpadEimg geno^ größere g^reif;eit, bie be=
foribers naä) ©d()weben unb 9lorwegen gel^enbe Äornauöfuf;r geftattete
ber diaü) nid^t in ungünftigen Salären.
— 168 ~
®a§ ßolberger Äauffeute anö) in blefer 3eit ben Raubet m^
ben 3liebertanben fortfefeten, geigt fd^on bie SSereittoittigfeit beö 9iatl^ö,
5U bem San ber ©ontorräume in 3lnttt)erpcn ®elb J^erjulei^n. ^e\on^
berö lebhaft war ber §aiibel bortl^in in ber Seit be§ nieberlänbifi^en
Sefreiungöfriegeö: Sier, 3Ralj, ©ped, gefatjeneö gteif^ SRoggenjwicbad
würben ben gegen ii^re fpanif(|en 2)ränger aufgeftanbenen SRieberlänbem
von ßolberg am jngefül;rt. Um 1608 befa^ bie ©tabt niel^rere ©pa^
niem unb ^ßortngalfal^rer. §änfig famen au(j^ 33elgier unb §ollänber
naä) ©olberg, um SBoHe unb befonbers Äom aufjufaufcn. SDer ßol*
berger SRoggen galt at§ befonberä gut, unb eine Saft bat)on würbe um
1650 in Stmfterbam um 10 — 12 fl. tl^eurer bejal^lt, afe anberer; anä)
bie g^riefen fauften il^n gerne. ^^)
?fla(i) SDanjig bauerte ber aSerfel^r fort ju SBaffer unb au(3^ ju
Sanbe; jum ®infauf unb SSerfauf jogen ßolberger ^auf[eute auf ber
alten ©trajse über ©öölin jum SDanjiger SDomenif. 3n ber Ml^e von
SDanjig würben im Saläre 1630 jwei ßolberger ^aufteute, ©berl^arb
Äunbenreic^ unb Sol^ann SDettmar, von Sodann SBüfterl^of, einem
Bürger ber ©tabt, ber frül^er in Sommern gleite Unbill erfal^ren l^aben
woHte, überfaßen unb mußten fid^ mit fdiwerem (Selbe lö[en. öogiä-
lat)'ö XIV. nad^brüdlid^eö ©d)reiben in biejer ©ad^e fci^eint feinen (Srfolg
gel^abt jU l^aben.^0
©elbft nad^ bem Snnern von SWujglanb l^in beftanben um 1600
unb fpäter noc^ aSerbinbungen. SSei bem ftarfen SSieroerbraud^e reid^te
ber in ßolberg gebaute §opfen niä)t an§t, ber 3Kel^rbebarf fam auä
ber aKarl imb — wenigftenö feit jener Seit — aus SRu^lanb. SRuf=
fifd^e Seibeigene brad^ten i^n wol^l l^unbert SJleilen weit auö bem Snnern
in §oläfarren, bie mit einem f(^ledE)ten ^ferbe befpannt waren; fie jogen
unterwegs in feine Verberge, fonbern lagen unter freiem §immel, il^re
^ferbe weibeten fie, wo eö erlaubt war, unb il^re täglid^e ©peife war
troden 33rob unb SEBaffer. 2Benn fie il^re SBaare t)erfauft Ratten, vcvtau^^
ten fie gewö^nlid) aud^ ^ferbe, SBagen unb §opfenfädEe, wanberten ju g^ufe
in il^re §eimatf) jurüdf unb brachten baö gelöfte ®elb il^rer §errfd^aft. ^^)
2lm wiÄ)tigften war ber a3erfel)r mit ^olen. ®ö blieb für ©alj
unb gering immer ein trefflid;eä Slbfafegebiet, aber im Saufe ber Seit
waren neue gäben angefponnen. ^^olen würbe eine unerfi^öpflid^e
ßuelle für^ont, S^eer unb ^ottafd^e, nod^ nad) 1700 famen ju Seiten
gange Süge von 200 SBagen jugleid; in ©olberg an. ^olen erhielt
jurüd aufeer ©alj unb gering Sutter, Sier, ^anbwerfserjeugniffe, befom
— 169 —
berS SRaf^e, (Scwürj, ©eibe, 2Beln — nod^ um 1670 trieb ber Äauf^
mann Siebel;err in ©olbevg einen ©rofel^anbel mit fremben SSeinen na6)
^olen — engtifcä^e, fiodänbifd^e Sud^e unb balb aud) Sabadf. 2)er
SBertel^r bewegte fid^ no(| inuner auf ber alten Strafe über Görlin unb
Selgarb. 2)ie SBrüde bei ßörlin unterhielt mä) alter ©eraol^nl^eit jur
Hälfte ber 93ifdE|of, jur §älfte bie ©tabt ,,um ber 3u^ unb Slbfu^r
mitten, obmol^l fie baju n\ä)t pflid^tig märe." ©ie gab ju mel^rfai^em
©treit jmifd^en ben beiben 3Seranlaffung. ßbmol^l nad^ altem Ueber^:
einfonrnien für grembe, mie für 6inl^eimif(^e ber Uebergang über
bie 95rüdfe jottfrei fein fottte, l^atten ioä) bie S3if(^öfe ben ftarfen aSer^^
lel^r als ©innal^mequette auöjubeuten gefu(^t. Um bie SUlitte beö 16.
Sal^rl^unberts ^^) mar l^ier ein 3ott t)on i^nen errid^tet unb ein ©olberger
^u^rmann, ber auf bem SRüdfmege begriffen \iä) geweigert l^atte, bie unge=
mol^nte 2lbgabe ju jal^len, mar t)er^aftet imb in eine ©elbftrafe genom^
men morben. £)b bie 33efd^merbe, metdie bie ©tabt bei bem a3if(^ofe
erl^ob, ®rfolg l^atte, mirb nid^t gefagt. S)ie ^^iä)t ber ©tabt, bie
33rüdfe ju unterhatten, bauerte bi§ in bie neuefte 3eit fort unb mürbe
im Saläre 1857 mit ber 3al^lung eineö ©apitalö von 1500 S^lr. an ben
giöcuö abgelöft.
3Kit izm polnif d^en §anbel ftanb ein 58orfatt im Saläre 1663,
ber ßolberg in grojse 3lufregung t)erfefete, in ^erbinbung.
5Der Kaufmann §anö ßolberg, au% ber alten Sürgerfamilie
biefeö SRamenö, mutl^ete bem 33öttd)er SffJötter ju, ba^ er il)m Heinere
2lÄ)tcl anfertige, meil er mit ben ungemöl;nli(^ großen ßolberger 3l(^teln
in bem §anbel nad^ ^olen l^in ju t)iel ©d^aben mad^e. S)er SBöttd^er
fträubte fid^ anfänglid^ gegen einen 33etnig, melc^er ber 6^re ber ganjen
Söttd^erjunft einen l^ä^lid^en g^lecfen anpängen fonnte — unb bie 3ünfte
l^ielten auf il^re ©emerföel^re — überbieß aud^ tjergeblid) fein mußte,
ba be§ diaÜ)^ 3Barftmeifter bie Sonnen „mralen", nid;t mit ber
©tabt 3eid^en t)erfel^en werbe. SDa inbeß ©olberg für atte folgen auf^
jufommen t)erfprad^, ließ fic^ ber Söttc^er t)erleiten, 'bie geraünfditen
gäffer anäufertigen, unb ber Kaufmann marfte fie auf eigene §anb.
er tjerfaufte aber bie mit gering unb 33utter gefüllten pffer nid^t bloß
naä) ^olen, fonbern fefete au(^ bat)ou in ben umliegenben 2)örfern unb
©ütent ab. 2)ie ©belleute, 58ermalter unb 33auern, bie i^r ©efinbe
ben SBinter Iiinbnrd^ faft auöfd)ließlid) mit gering unb Äol)l erhielten,
-bemerften balb ben Setrug unb madjten bem Siatt; baoon älnjeige, ber
bie Sld^tel, fo ml man i^rer t;abl;aft werben fonnte, einjog unb -an
— 170 —
ben Äaf fd^Iagcn liefe. S)er Sßerleitcte, jur ©träfe auä bem ©ewerfe
t)erftoJ3en unb um feine SRal^rung gebrad^t, fud^te dia6)e ju nel^men an
bem Url^eber feinet UnglüdEö. ©ine §od^}eit, auf welcher 6olberg§
gamilie imb beä 33öttd^erö g^reunbfi^aft \iä) jufammenfanben, gab baju
©elegen^eit Ungewarnt bur(^ bie brol^enbe 3leufeerung eineö ber
©egner: „x^x fiabt no(^ baö §erj unter um ju erf (feinen, obrool^l il^r
wifet, bafe n)ir nod) ein §ül^ndf)en mit einanber ju pflüden |)aben",
blieb ßolberg, unb ate bie Äöpfe burd^ Srinfen erl^ifet waren, würbe
er von ben jornigen aJienfc^en umringt unb in bem entftanbenen SEßort^
wei^fel unb ©ebränge erftodfien. @in SEBeib au§ ber aSern)anblf(^qft
SKöHerö, bie auä) na(^ ßolbergö ©(|n)iegerto(^ter mit einem 3Beffer
geftod^en l^atte unb in SBerbad^t ftanb, ßolberg felbft ermorbet ju l^aben,
entfam, 3JlölIer würbe eingejogen, boä) nid^t l^ingerid^tet, fonbem mit
SiüdEfid^t auf baö i^m jugefügte §erjeleib jum ©taupbefen unb jur
Sanbeöüerroeifung begnabigt. @r faufte fid^ von beiben ©trafen frei
unb würbe enbli(^ jur SBerbüfeung einer ^arrenftrafe nac^ Äüftrin ge«
bradjt. §ier trug er bem gerabe anwefenben Äurfürften von Sranbem
bürg feine ©ad^e vox unb erl^ielt unter ber Sebingung Segnabigung,
bafe er einen burd^ bie ^eft t)eröbeten ^nig bei granffurt bejiel^e. 2)ort
lebte er no(^ maud)e§ 3a^r unb erwies ben einfe^renben J^aufteuten
vid @t;re unb §öflid^feit. '')
©eit ber 3Jlitte beö 17. 3cil)rl;unbertä begann SDanjig burd^ feine
©röfee unb feine günftigere §anbelölage eine ftärfere 3lnäiel^ung§fraft
auf ßolbergö polnifc^eö §interlanb auäjuüben unb einen Sl^eil beö SBer-
feljrö, ber fonft auf ©olberg gegangen war, an fid^ ju jiel^en. ^^) SDod^
folgte immer nod^ ein bebeutenber Steft beffelben ber alten ©trafee, unb
erft JU g^riebrid; 2Bill^elm§ I. 3eit würbe ber §anbel ganj unbebeutenb.
©ö -ift felbftüerftäublid^, bafe für baö pbmmerf(^e §interlanb, baö
©tift, bie Jleumarf unb baö Slaffubenlanb ßolberg ber 2luöfu]^rl^afett
war; waö biefe Sänber an Äorn, SBoHe, §onig, 2Ba(|ö, ßeinewanb,
bie auf ben beiben Sleferl^öfen (SleidEiftätten) ßolbergö ben ganjen
©ommer l;inburc^ gebleid^t würbe, erzeugten, würbe l;ier ju SJlarfte
gebrad)t unb weiter t)erfal;ren. —
Sluö bem aJerfaH unb aSerluft ber Siedete in ®änemarf rettete
ßolberg länger, alö alle anberen §anfeftäbte, eine befd^ränfte, oft an=
gegriffene grei^eit vom ©unbjoU. SDer £)beufeeifdje aSertrag üon 1500
geftattete 6 wenbifc^en ©täbten: Sübed, Hamburg, Sioftod, SBiömar,
©tralfuub unb ©tettin bis auf ein ©(^reib? unb Sonnengelb jottfreie
— 171 —
^a|tt ntlt eigenen ©(ä^tffen unb eigenen ®ütem bur$ ben £)refunb,
ble übrigen ©fterfeeifdjeu ©täbte mußten au^er bem ©(^reib^ iinb Son-
nengelb bie geringe Slbgabe von 1 SRofenobel (6^ S^lr.) entrid^ten, fo
baB alfo bie ©olberger ©(^iffe, wenn fie einen ©eepa§ t)oni diaü)t ber
©tabt vox bem bänifc^en 3oIlamte im Drefunbe aufroeifen fonnten unb
ben Sftofenobel erlegt l^atten, feinen 3oIl vodkx ju bejal^len braudjten.
2)er ©unbjoH mar inbejs eine ju gute ginanjqueHe S)änemarfe, alä
ba§ es nid^t t)erfud^t l^ätte, fie noc| beffer auöjubeuten. 5Die Singriffe
auf bie ©olberger ©unbjoHfreil^eit begannen fd^on balb nad^ bem Oben-
feeif($en Sßertrage, bo^ errei(ä^te ber ©olberger 'Siatf) no^ burd^ einen
Jräftigen ^roteft gegen bie SBiIlfürli(|feiten ber bänif(^en SöHner von
bem bänifd^en Äönig g^riebric^ IL bie 3ufid^erung, baj3 ber ©tabt if)r
altes SRed^t x)erbleiben folle.
S)aö Uebergemi^t, melcä^es ©(^meben im breigigjä^rigen Kriege
im Slorben ©uropaö errang, unb bie 3)emütl^igung SDänemarfö hnxä)
baffelbe im grieben ju SBrömfebrö (1645) mar au(^ bem §anbel ber
pommerfc^en ©täbte günftig. ©(^meben, melc^eö ^ommeni bereits als
fein ©igentl^um anfal), fd^lo^ neben ben größeren ©täbten awä) (Sol^
berg, S^reptom, ©ammin, Sttlgenmalbe unb ©tolp in ben äsertrag ein,
fo ba§ ii^nen bie 3ottbefreiung im ©unbe nii^t nur beftätigt, fonbern
fogar nod^ erweitert mürbe.
©0 lange ©olberg unter §errfdf)dft ©(^webens, ber bamals bie
Dftfee bel^errf(^enben erften 3ilaä)t im SRorben (Suropas, ftanb, würben
von bänifd^er ©eite leine mmn ©d^mierigfeiten erl^oben. 2lud; ba^
1653 §interpommern an SBranbenburg fam, brad^te junädjft leine ä5er-
änberung in ber ©unbäoHangelegenl^eit mitftc^; benn ©(^meben gel)örte
bie §älfte ber Sicenteinnal^men uitb ©d^iffsgelber, es unterl)ielt tu
©olberg .einen befonberen Sicenteinnel^mer jur SBal^rung feiner 3Ied)te
unb l^atte besl^alb ein fortbauentbes Sntereffe an ber ®rl;altung unb
görberung bes pommerfd^en §anbels.
©rft feit bem ^rieben von ©t ©ermain 1679, ber bie lurfttrft=
lid^e ^Regierung von ber Idftigen fd^webifc^en aJlitoerwaltung ber 3oll=
einnal^men befreite, begannen mieber SSeläftigungen feiteris ber bänifd^en
Soßbeamten; bod^ fam auf eine Slnfrage ber Sranbenburgif d^en Siegie^:
rung bie 3ufid^erung, ba^ bas l^ergebrad^te SWed^t ber ©tabt nid)t ge=
Iränft werben folüe.
S)er ^iebe von ©tod^olm (1720), weld^er einen %i)nl ber
fd^webifd^ommerfd^en ©tobte an ^reufeen brad^te, fid^erte au^ bief^u
— 172 —
bie t)ertraöömä§i9e ©unbjoBfreil^eit. Slbcr ba ©(^weben noä) in bcm*
felbcn Salute im gtieben mit SDänemarf auf alle 3oIIfrei^eit SBerjid^t
leiftete, tüutbe biefc Scftimmung rü(ffi(^t«lo§ anä) auf bie früher ber
fc^webifi^en §errf(ä^aft unterworfen getüefenen pommerfd^en ©tobte auö^
gebel^nt, unb i^inen würbe trofe il^rer ^rotefte bie Sottfrei^eit entzogen.
SDie |)interpommerf(^en ©täbte würben junäd^ft nic^t beläftigt
unb Ratten no(^ 1729 auf eine älnfrage ber preu^ifi^en SRegierung
feine SSefi^werbe über Steuerungen im ©unbe Dorjubringen. 33alb be^
gann aud^ l^ier ber Singriff, unb ba ßolbergö am beften gefiltertem
Siechte am fd^werften beijufommen war, juerfl auf bie Siebenwerfe.
3uerft würbe ben ©täbten Sreptow, Slügenwalbe unb ©tolpe bie 3olt
freil^eit abgefpro(^en, weit fie \nä)t jur §anfe gel^ört l^dtten, obwol^l
3tügenwalbe fogar ein urfunblic^eö 3eugni§ au§ bem Saläre 1453 t)or^
weifen fonnte, baJB e§ aJlitglieb beö 33unbeö gewefen fei; bann fam
©olberg an bie Sieil^e, 6rft würbe für ben SOBeineffig unb g^ranjbrannt:
wein ber 3oII geforbert, weil beibe au§ SBein (ber nad^ bem Dbem
feeif(^en SSertrage DerjoBt werben mujste) bereitet wären, balb mufete
aud^ eine ©c^iffölabung mit SRoggen ben sollen 3oll entrid^ten. ®ie
ßolberger Äaufmannfd^aft wanbte fic^ gleid^ mit einer Klage an il^ren
aWonari^en, griebric^ ben ©rofeen, wetd^er bem preufeifd^en Slefibenten
in Koppenl^agen bie 2lnweifung gab, bie ©ered^tfame ßolbergö ju t)er=
treten (1740). 35od^ bie bäntf^e 3flegierung ecmut^igt bmä) bie frie^
gerifd^en 3SerwidEelungen, in weld^e ^reufeen gerat^en war, trat jefet
offen mit il^ren 3lbfidt)ten ju Sage unb red^tfertigte bie SOBillfürlid^feiten
ber 3onbeamten mit einer mnm, bem l^unbertjäl^rigen §erfommen wi^
berfpred^enben 3luslegung be§ SRed^teö, nad^ weld^er nur ßolberger
©(^iffe, bie in ©olberg felbft mit bem eigenen ®ute ßolberger Äauf-
leute befraditet waren, bie 3ollfreil^eit genießen fottten. @ine fräftige
SBiberlegung biefer Sluöbeutung bur(^ ben Segationöfefretär §enfinger
in Äoppentiagen bewirfte wenigftenö eine @rflärung von ©eiten ber
bänifc^en ^Regierung „bie ßonceffion für ßolberg t)om Solare 1715 fei
nur auö perfönlid^er greunbfd^aft be§ Äönigö für griebrid^ SBill^elm I.
I^eroorgegangen, ein 3?ed^t barauf fönne nid^t jugeftanben werben; bod^
aus gleid^er freunblid^er ©efinnung gegen beffen 3ta(^folger wolle ber
König an bie ©unbjoHfammer ben Sefel^l ergel^en laffen, ben 6olber=
gern il^re alte g^reil^eit no(^ weiter ju laffen (1747).
©ie ^ladfereien l^örten bann einige 3eit auf, begannen aber von
neuem unb in einer rüdffid^töloferen SBeife furj vox bem Sluöbrud^e beö
— 173 —
ftebenjöl^rigctt Ärieges, unb bic SBorfleHuugen ber preuj^ifc^ett SJegterung *
verbauten im Äricgälärin.
3la6) bem Stiege würben bie Semül^ungen von ber ©tabt wieber
aufgenommen unb erful;ren bie möglid^fte Unlerftüfeung t)on ©eiten ber
preu^ifd^en Slegienmg. S)ie bänifd^e ^Regierung wollte aber jefet in
feiner SBeife mel^r SoDfreil^eit jugefteljn für biejenigen SEBaaren ©olberger
Äaufleute, meldte auf fremben ©d^iffen t)erfal^ren würben, ober in ber
^rembe aufgefauft wären. •'^^) griebrid) ber ©rofee wufete unter biefen
l^offnungölofen Umftänben fein anbereö 9)littel, als basjenige, weld^eö
er burd^ bie Rriegö^ unb S)omänen!anuner ben Äauffeuten anratl^en
liefe, bafe fie felbft mel;r ©d^iffe bauen unb [x6) ber eigenen ©c^ifffal^rt
bepieifeigen möi^ten.
S)en Sßorjug biefer befd;ränften SunbjoBfreil^eit l^at ßolberg mit
ßammin unb SJügenwatbe, genoffen, bi§ bur(^ bie 3lblöfung beö ©unb=
jollö 1857 aUe feefü^renbe Stationen I)ierin einanber gleid^gefteüt
würben.
Eingreifen ber @tabt in W alljiemeinen ftiftifd^en %ngelegenl)etten (i§
jnv mittt M 15- SalirDnnJiertg, ?lnfange ftanbifdjer Siechte, SÄituer^
fngnngSred^t filier Wapm nnb &9rlin; Mhiot^ M Sifc^ofg.
Sie g^iirforge be§ SRatt;§ etftrccfte fic| junäi^ft auf bie ©tabt unb
il^r ©ebiet; ba jeboiä^ baä ©ebeil^cn biefcr von ber örbuuiig im Sanbc,
natnentli(3^ von ber ©id^erl^eit ber SSerlel^röraege abl^ing, fo war er
f(^ou baburd^ gejroungen über bie ©reuje feines unmittelbaren SBermat
tungöbejirfs l^inauöjublidEen unb na(^ @inf(u§ auf bie allgemeinen, be=
fonber§ auf bie ftiftifd^en 3uftänbe ju ftreben.
©c^on frül^ jeigt ber 3?atl^ eine bal^in gerii^tete Si^ätigfeit. S)ie
93etl;eiligung ber ©tabt an ber großen gelobe ber pommerfd^en g^ürften
unb il^rer SBerbünbeten mit ben Söiarfgrafen von Sranbenburg im 3lm
fange ber ad^tjiger Saläre beö 13. Sal^rl^unbertö ergiebt fic| barauö,
bafe fie in ben biefelbe beenbigenben 33ierrabner SSertrag t)on 1284
namentlich aufgenommen ift; unb ein Jleutralitätöoertrag beö §erjog§
9JJeftn)in von Oftpomment mit bem ©tifte vom Sal^r 1287 ift ni(3^t
allein mit bem Sifd^ofe, fonbern aud^ mit ben SBafatten unb ben befe^
fügten Drten (mimümies) , alfo ani) mit ben ftiftifd^en ©täbten ab?
gefd^loffen ^).
SDeutlid^er tritt bie§ ©treben ber ©tabt in einer Unternel^mung
l)ert)or, meldte fie vox bem 3al;re 1308 in SBerbinbung mit ber ©tabt
ßöölin unb bem SJogte 3Kartin Sflaötorp (t)ermutl;lid) bem ßolberger
£)ben)ogte) *) auöfül^rte ^). SDie aSerbünbeten brad^ten baö jum ©ebiet
beö mäditigen polnif(^en 2Boitt)oben ^eter ©uenga von 9Jeuenburg ge?
*) @tn 3Jiar!n)arb ü. Oladforp roirb 1309 in einer ju ^olberfj audöeflelltcn
(Sapitclöiivfimbc öcnannt.
— 175 —
ge^Örenbe, jenfettö beö ©offenbergs gelegene Äaftell ©orebanb — ob
auf friebltd^etn ober feinblic^em SBege, wirb nid^t gefagt — in il^ren
Sefife unb t)em)alteten e§ junäd^ft auf gemeinfi^aftUd^e Soften ju gleid^en
Sl^eilen. Äam eö benn auä) im Saläre 1S08 mit bem 33urggebiet an
©öölin, fo würben boc^ mittelbar baburi^ auä) bie Sntereffen ßolbergö
unb beö ganjeti ©tiftö geförbert, benn in bem neuen ©tiftölanbe mürbe
jefet lei^ter eine 5ßerti(gung ber SBegelagerer möglidj, mel(^e von ben
©(^lu^ten beö ®olIenberg§ an^ bie ©tra^e nadj SDanjig imfidjer mai^ten
unb awä) mol^l ©olberger Äaufleute geptünbert liatten. £)l^ne bie brim
genbften ©rünbe pflegten fid) bie fonft innner auf einanber eiferfüi^tigen
©d^mefierftäbte nid;t ju einträd^tigem §anbeln ju t)erbinben.
SBieberum griff ©olberg nadj bem Sobe be§ SBif(^of§ ßonrab
(1324) in bie bamalö fel^r t)ern)ide(ten unb fd^mer aufjul^eHenben 3u^
ftänbe beö ©tiftö ein. Sn biefer 3eit mar pifd^en bem 9Bittefebad^i=
fdEien 9)iarfgrafen fiubmig von Sranbenburg unb ben pommerfd^en §er'
sögen, bie ben von jenem geforberten Sel^nöeib fü*: i^re Sauber rermei^
gerten, ein l^eftiger Äampf entbrannt. ®er ^^apft Sol^ann XXIL, ein
©egner ber 2BitfefäbQ($er, ftanb auf pommerfd^er ©eite unb beftärfte
bie §erjoge in iljrem SBiberftanbe gegen ben von xf)m gebannten SDlarf^
grafen. S)iefer ©treit fd^eint aud^ baö ©tift ergriffen ju l^aben. 9ll§
im Saläre 1327 ber trüber Stntolb t)on jenem ^apfte jum Sifd^ofe
für ben mel^rere 3al;re unbefefet gebliebenen bifd^öf[i($en ©tuljl von
ßammin ernannt mürbe, nermeigerte il^m ein Sl^eil ber bortigen SDom^
l^errn: ber ^ropft ^xkM6) v, ©talberg, g^riebrid^ v. (Sidftebt ber jün^
gere, SRifolaus ©d^manebefe unb SBi^lau§ ßarnife, auf bie ©tabt ßöölin
unb einen Sl^eil be§ ftiftif(^en 3lbelö geftüfet, bie Slnerfennung, neigte
alfo mol^l auf branbenburgifd^e ©eite, ßolberg bagegen ftanb ju ^om^
mem imb unterftüfete beöfialb ben uon bem ^Napfte gefanbten 33if($of.
SDiefer betätigte (31. October 1327) bie ^Mt)ilegien ber ©tabt unb
nal^m t)orjug§meife in iljr feinen 9lufentl)alt. darüber brad; offene
g^el^be jmifd^en ben Parteien auö. 9Zad)bem längere Seit 3iaub unb
Sranb unb 3Worb baö ©tift erfüllt l^atte, vereinigten fic^ bie beiben
©täbte, 6ö§lin aud) im 5Ramen „feiner §errn, beö ^^ropfteö griebrid^
V. ©talberg unb beö Gamminer ©apitelö", ju einem t)orläufigen SBaf-
fenftittftanbe (24. ajJävä 1328), ber biö 3ol)anniö bauern unb jugleid^
für ©uantuö t). 33onin, fo mie für bie übrigen Sßerbünbeten ßöölinö,
bie beitreten moHten, gelten foßte; auf einer ju Himmelfahrt t)erabre'
beten 3ufammenlunft l^offte man DoUftänbige 3luögleid^ung ju erzielen.
1 (() '
Silber auf ber gegttcrifd^en ©eite war wenig guter SBiUe: von ben Söös
liner Sßerbünbeten ful^ren bie ^arforoö fort, ba§ §ol}Pö§en auf ber
Siabüe ju ftören, unb aud^ anbere, wie 3GBpöfo t). SBertelpn unb ^eter
Äantefe, banben fic^ nid^t an ben aSaffenftiHftanb. ®ie ©ööliner t)er^
nal^men jroar bie 33ef(ä^n)erben ber ßolberger barüber „feufjenben §er=
jenö", t)erfpra(^en au(^, bie g^reunbe t)on if)vem treiben abjumal^nen
unb fidler am beftimtnten Sage jur ©teile ju fein, Derfd^oben jebod^
qUxö) barauf bie 3ufammenfunft auf ben Sonntag t)or ^ftngften, weil
il^re SRatl^mannen t)on einer SSerl^anblung mit Saäco o. ©d^lawe nidjt
frül^er äurüdEfel^ren fönnten, unb liegen fid^ enblid^ aud^ an biefem Sage
auf bem Äird^l^ofe ju Slijena (oerfi^rounben, ein 35ad^ fül^rt nod^ l^eute
ben SRamen^^), wo man fi(^ treffen wollte, üon ben ©olberger ©enb::
boten tJergebenö erwarten. £)l^ne Sweifel, um bie ßööliner nad^ auö=
wärtö als biejenigen J^injufteHen, weld^e trofe il^rer „füjstönenben Sodf-
briefe" bie SSerl^anblung über ben grieben ünb beffen SBieberJ^erfteHung
t)ereitelt l^ätten, lieg ber ßolberger 9iatl) bie 6ö§liner ©(^reiben burd^
ben Selgarber 3iatl^ begeugen unb 3lbf(^rift bat)on nel^men^). S5ie
gelobe begann jefet von neuem. Um eine feftere ©teHung im ©tifte ju
gewinnen, entjog ber Sif(^of Slntolb ben feinblid^en 35oml^errn, welche
bie bifd^öflid^en ©innaljmen an fi(^ genommen l^atten, il^re ^frünben,
um fie feinen 2lnl^ängem ju t)erleil^en, unb begrünbete jwei neue, in
bie er ©igfrib ©ifeler (mag. in artihtis et licent in legibus) unb
ben SübedEer Äanonifuö §einri(^ S)arfow — beibe t)ennutl^li$ ßolberger
gamilien angel^örenb — einfette. S)o(^ au(^ bie Äräfte ber ©egner
waren ftärf er geworben : bie ©ösliner l^atten fid^ mit 3cx§co t). ©c^lawe
t)erbünbet, unb auc^ §affo o. SBebel, märfif(^er SSafall nnh §err von
©(^it)elbein, war offen afe geinb ßolbergö aufgetreten. 3war i^ielt bie
©tabt ftanbl^aft bie Partei beö 33if(^ofö, obwol^l fie in fc^limme pnam
jieHe aSerlegenl^eit geriet)^ unb, um „bie enormen Äriegßauögaben einiger:^
majsen ju beden", Hebungen au^ ber ftäbtifd^en SBabeftube t)erpfänben
unb ben SBicarien ba§ Sted^t, beftimmte §äufer in ber ©tabt ju erwer^
hm^ t)erfaufen mugte; aber atte i^re 3lnftrengungen. waren t)ergeblid^,
ba ber'^apft felbft feinen ©d^üfeling aufgab. SRod^ am 25. Sluguft 1329
l^atte Sol^ann XXII. ben ©r^bifd^of oon Sremen angewiefen, bie ©egner
Slrnolbö mit ürd^lii^en ©trafen jur Unterwerfung ju jwingen, unb fd^on
am 17. ©eptember würbe griebrid^ oon ®idEftebt, ben fidler bie alten
2)om]^erm erwählt l^atten, von i^m aU Sifd^of beftätigt *). 3m ©tifte
fd^eiut bann ein frieblid^er Sluäglei^ ftattgefunben ju l^oben; Slruolb
— 177 —
feftfl t)crmittclte bcn gerieben, ben ßolberg im Setzte 1329 mit eßölin
unb §affo t). SBebel fdjlojs unb fteßte itod) 1330 (12. Satmar) alö
33ifd^of eine Urlunbe in (Solberg miö, bie gtiebrid) t)on ©icfftebt in
feiner frül^eren SBürbe alö äHcebomimiö nuterseidjucte. ®§ fdjcint bem^
na(^, bafe bem Sifd^ofe fein Sitel biö ju feinem Slbgange anö bem
©tifte gelaffen fei.
SSon einem Ärieg§jnge, ben bie Golberger fnrj t)or bem Sctfire 1378
im Snteteffe bcö ©tiftö unternommen l^aben, finbet \iö) nur eine furje
Slnbeufung. ^n ber Urfunbe, n)el(^e (1378) ben ©otteöbienft in ber
neuen ©ertnibenfapeUe regelt, mirb für ben Sag beö l^eiligen SSartJ^o^
lomäuö eine jä^rlid^ mieberfel^renbe feierlidje ^U^ojeffion ber gefammten
®eiftU(J^feit na6) jener Kapelle angeorbuet, „um ®ott unb bem Ijeiligen
S3artl^oIomäuö für ben iDunberbaren (Sieg ju banfen, ben fie bie treu
jur ©amminer Rhä)e fte^enben ßolberger bei 3Kaffoit) über bereu rebet
lifd^e g^einbe l^aben erfei^ten laffen". S)ie allgemeine ®ef($id)te ^^som=
memo imb beö Stiftet fd^eint feine Slufflärung über biefe Unterne^-
nmng ju bieten. 3)iaffon) mar bamalö t)om 33ifd;ofe t)erpfänbet.
S?on ber größten 3Bi(^tigfeit für bie 93ebeutung ©olbe'rgö unb
feine Stellung im ©tifte uurbcn bie gegen baö @nbe beö 14. 3a(;r=
l^unbertö über bie Sefefeung be^ bifd^öflid)en ©tul;lö entftanbenen äßirren;
fie fönnen beöl^alb I;ier ni(^t übergangen werben, obraoljl fie mel^r ber
Sanbeö^ ate ber ©tabtgefc^id^te angehören.
Um ber ©efal^r t)orjiibeugen, meldte bei ber faft unabfjängigen
©tellung ber nur bmä) ein etoigeö 3^riebenöbünbnife mit Sommern t^er^
einigten, biefeä überbie^ räumlid) in jraei ©tüde jerfd^neibenben ©tiftö=
lanbe ein l^errf(^füd^tiger 33ifc§of über ^^^ommern bringen fonnte, l;atte
SBogiölat) V. ben S3ifd^of Sol^ann I. gepungen (1356), i^n unb fane
SRad^folger ate bie natürlid^en (£ä)irml^crrn beö ©tiftö anjuerfennen,
ol^ne bereu aBitten unb Suftimnuing meber ein 33if(^of, nod^ Prälaten
gemälilt werben bürften ^). ^urd) nid^tö fonnten feine ©öf)ne unb 9tad^=
folger bie t)om a?ater ererbte Stettung jum ©tifte beffer befeftigett, alö
menn fie bie SBal^l eineö au*3 'firer 9J!itte ^um Sif(^ofe burd^fefeten.
Unmittelbar nad^ bem 2obe 33ifd^of ^^^ilippö (1386) muffen bie brei
SSrüber mit bem S^omcapitel i:nb ben ftiftifdjen ©täbten barüber in
aSerl^anblung getreten fein; benn fd)on am 13. 9Jfärj 1386 übernel^men
ber SSogt ju Selgarb, ®gl;ert von bem SBolbe, bie Siatl^äcotteöien unb
bie ©emeinben von S3elgarb unb 6'ammin unb Sftubefe von Sulgrin, Sogt
von 3anoiu, Söürgfd^oft für il;re ^erjöge SSarti^lat> tmb SBamim von
— 178 —
©tettin, baj3 biefe ba§ ©tift, ©tdbte, Scannen, Sanb unb Seute in aUem
SRed^te crl^alten toütben, unb erflären, für ben %aü, bafe einer ber
beiben gütften ju ^ei^og Sogiölat)'^ Seiten, „flf^w de dumheren von
Camin hebben gheeschet tu eneme bisehoppe'^, ba§ ©tift t^ergeraat
tigte, \\S) felbft fo lange ju biefent Italien ju wollen, biö ba§ Unred^t
gefü^nt fei. SDie §erjöge l^atten alfo eine fd^neHe aSerftänbigung
mit bem ßapitel erreid^t, ber britte SBruber Sogiölat) VIII., ber ^It--
rüer war unb bei ber Si^eilung nur baö fleine £änb(^en ©targarb
erl^alten l^atte, würbe für ben bifd^öflid^en ©ife auöerfefien, unb nur ber
Umftanb, ba§ er nod^ ni(^t bie SBeil^en erl^alten l^atte, Derl^inberte bie
fofortige SBoUjiel^ung ber SBal^L
SDer Sluöfül^rung be§ Sefd^loffenen traten aber balb fd^raer ju Be^
feitigenbe §inberniffe in benSBeg: ber ^apft t)erfägte, ol^ne ba§ 6apitel
JU befragen, über bie Sefefeung beö er(ebigten ©tuf)lö unb ernannte
einen Soi^anneö äBilfini, angeblich einen Söiagbeburger SDoml^erm*), juni
Sifc^ofe. ©täubten au(^ ^erjöge unb ßapitel bem pöpftlid^en SBiUen
fi(^ fügen unb ben neuen ^ifd^of, ber no(^, unt bie SBeftätigung ju er^
l^alten, in SRom verweilte, aufnehmen ju müffert, wenn er in ba§ ©tift
fam, fo waren bod^ beibe entfd^toffen, an ber t)on SBogiölat) V. georb^
neten ©teHung beö ©tiftö ju ben pommerfd^en 33ifdf)öfen feftjul^alten
unb Sogiölax) VlII. wenigftenö bie ©d^irmt)ogtei ju laffen, bie mögli(^er
äBeife mit ^Bewilligung beö t)om ^apfte gefi^idten 33if(i)ofö in eine welt=
lid^e älbminiftration üerwanbelt werben fonnte. Sfir geftl^alten an bem
gefd^affenen Sied^töjuftanbe war um fo briirgenber geboten, als t)on einer
anbem ©eite l^er nod^ größere ©efa^r brol^te. ®ä fam nämtid^ t)on
bem römifd^en Könige SBenjel ein Sel^nbrief in baö Sanb (7. Suni 1386
auggefteltt), woraus man mit Uebenafd^ung erfal^, baß ber Äönig biefeö
alö unmittelbares SWeid^Slanb betrad^te unb feinen Äanjter Sodann Sru^
noniö mit ben SJtegalien belel^nt l^abe» ©o fe^r man jur Seit ber
ateformation im ©tift nad^ einer reii^sunmittelbaren ©tettung, alö bem
einzigen ©d^ufee gegen bie l^erjoglid^e ©ewalt, ftrebte, fo wenig wollte
man in jener Seit baoon wiffen: gegen bie (Sinfd^icbung faiferlii^er
©ünftUnge in baö ©tift fd;ien bem Slbel unb ben ©tabtpatriciem,
weld[)e bie 3lemter unb ^frünben als il^nen äuftel^eiib aufaßen, ein
Sif(^of auö bem einl^eimifd^en g^ürftenl^aufe bie befte ©ewäl^r ju geben.
*) ScbcnfaH« nic^t ber gletd^namige ^ropfl bc« ©olberger unb bann be«
(SöeUncr 3ungfraucn!lofter3, t^a biefcr fc^on 1387 tobt njar. Älofterurfunbc 1387:
Johann IViUekCy demc gnt gnei/iv'i Ay, äese was en praccal lo Coslin^^
— 179 —
(Stift imb ^erjöge fui^ten beöl^alb i^re 33ef(^Iüffe tüentgftenö juin
Sl^eil bur(ä^jufül;ren, ba§ ßapilel xoaf)lk mit Seiftimmung ber ©täbte
1387 (24. 3luöuft) Sogiölat) VIII. juni „aSorftänber iinb ^e\ä)xx^^
tuet" beö ©tiftö unb legte, inbem eö il^m baö 3te(^t jugeftaiib,
bie Derpfänbeteii ©tiftögüter einjulöfen, bie 2Ib[i(^t an ben Sag, ifjin
au(ä^ bie Slbmiuiftratiou beffelben ju übertragen, au bie fid), fobalb
eö bie Umftänbe erlaubten, bie ©rljebuug jur bifd^öf(id;en SEBürbe leidjt
anf(3^lieBeu fonute. %üx ben gaH, baft fi(^ bie erraäljluug juni Stbuii-
niftralor burd^fe^eu lieft, f(^loffen nod^ in bemfelbeu Saläre ©apitel imb
©tobte mit ben l^erjoglid^en Srübent einen Sßertrag, loeld^er bie 3n^
faffen bes ©tiftö gegen Uebergriffe fidlem foHte, mit ber ©olberg iu§-
befonbere betreffenben S3eftimmuug, Sogiölat) bürfe o^ue 33en)i(ligung beö
ßopitels unb ber ©täbte feine S3ebe vom Sanbe f orbern, biejenige
aber, bie er nad) ber t)orgefd;riebenen SSeife erl;ebe, fotte bei bem 3?at[;e
von ©olberg üertoal^rt werben, bi§ gapitel unb ©täbte über il;re SSer-
wenbiuig jum 9hi^en beö ©tiftö befd^loffen l^ätten.
Sol^ann 9Bilfini voax nun jwar nid)t gefonnen, mä) nur einen
Sl^eil feiner Siedete an Söogiölat) abjutreten, unb lieft, ba er nid)t im
©tifte erf(^ien, feine meltlid^en, wie feine geiftlid^en Sefugniffe burc^
©eneralmcarien (Sorfe be Sobege, 2lr(^ibiafon von ©tolp 1387 xmb 88,
^l^iltpp t)on §elpte, S)ompropft in Gammin, fieser feit 1389) t)ent)alten,
inbeft ging bie ©teHung 33ogi§lat)ö im ©tifte bo(^ über bie eineö
bloften ©d^irmt)ogt§ l;inau§, ßolberg menigftenä lieft fid^ (7. 3JJärj 1388),
wie im allgemeinen eine SSeftätigung aller feiner ^^riüilegien, fo befon=
berö bie 3ufi(^erung von if)m ert^eilen, baft er ben jmifdien ben ^er-
jögen unb bem ©tifte gef(^loffenen 5lsertrag erfüllen imb feine 9{ed)tö5
tage (di?ik) l^atten motte „w/ der domheren rade to Camin nnde
na der von Colberghe rdde'^ unb ebenfo lieft fid^ bie ©tabt von
il^m „ß/5 rneyiie vorstendere der kerken nnde des dichtes to Camin''
unb nid^t von ben 5Bicarien be§ 93ifd;ofö bie Slnerfennung unb Segal^'
lung ber ©d^ulben jufid^ern, „in bie fie be§ ©tiftö wegen gekommen
wären", unb bie 3luöfertigimg mit bem ©iegel feiner „ Vorstendynghc
des stichtes'^ t)erfel^n. ©elbft ber ©enerafoicar S3orfe erfannte biefe
©tettung an, inbem er fid; in berfelben Urfunbe „wß rade des capi-
tels tmde der stad to Coilnrght'' in gleid^er SBeife bie SBejal^lung
ber ©(^ulben gewöljrleiften lieft, bie er im Sutereffe beä ©tiftö ge^
mad^t l^atte«
2Beniger no^ alö ber päpftUd^e W^o\ ^t>\)ccv\xv U\\\\\^ "^^x ^<\^^
— 180 —
namtge ©ünftlinö bc§ rönufi^en Äönigs int ©tifte jut ©eltunö fommciu
SRur eine Urfunbe tft von il^m im ßolberger %x6)w Dortianben ^). ©r
nennt fi(ä^ barin „ermäl^lter Sifd^of ju ßantniin, beö römifc^en Äönigö
Äanjier", t)em)eift diaVi) unb ©enteinbc ber @tabt auf ben SDompropft
^^l^ilipp t)on §elpte, ber, wie fie wol^l mi^tm, t)on i^m ju einem 8Sor=
ftel^er beö ©tiftö ernannt fei, mit DoHer 33laä)t ju t^iut imb jn laffen,
afe ob er felber ba wäre, fie foHlen ju itjm tialten mit Statl^ unb Sl^at
unb il^m SReiä^enfcä^aft geben mn bem ©c^loffe ßörlin, ba§ in i^rer
§anb fei/'*) »iät^fel^aft bleibt, ba& ber ©ompropft ^U;ilipp t). §elpte
in berfelben Seit axii) als ber SSertreter beö anberen Soi^anneö aufge^
fül^rt wirb, unb man mö(ä^te, menn bie aSerfiä^iebenl^eit ber Familien-
namen nid^tmäre, ba überbiefe bie oben eriüäl^nten 3Serträge nur einen
So^anneö fennen, beibe für eine ^erfon l^alten. — Sro^ ber Suficä^e^
rung, bie ber böl^mifd^e 3ol^anne§ ben ©olbergem am ©d^luffe jenes
©d^reibenö giebt, bafe er in Äürje bei il^nen fein werbe, l^t er fi^ fo
menig im ©tifte feigen laffen, mie fein SRebenbul^ler (ober ^Doppelgänger),
ber 1594 in ber grembe ftarb. Sie baburc^ eingetretene SBacanj beö
bif(^öfli($en ©ifeeö mürbe in Komment bettufet, um enblid^ bie SBerträge
auöjufü^ren: S3ogi§lat) mürbe jefet mirllicj^ jum äbminiftrator beö ©tiftö
poftulirt lutb in bie SBermaltung beffelben eingefefet, mäl^renb ba§ ®om^
capitel für i^n, ba i^m nod^ bie SBeil^e unb SBeftäligung fehlte, bie
fird^lid^en §anblungen t)oIljog.
Sttbeg auf bem SBege jum Siötl^um trat i^m jefet ein britter
Soliannes in ben SQBeg, ber i)om ^apfte beftätigte Sol^ann t)on ©ppeln,
n)el(^er 1394 im ©tifte erfd^ien unb am 19. S)ecember beö Setzte« bie
Privilegien ßolbergö beftätigte 0- S3e|iauptete \i^ anö) Sogiölat) alö
aibntiniftrator gegen il^n unb feine Sßicare, fo legte er bod^ enblid^,
mübe be§ §aberä unb m6) bem Sobe feines Sruberö Samim bur(^
bie t)ommnbf(^aftli(J^e ^Regierung ^ommerns in 2lnfpru(3^ genommen,
feine ©teEung nieber. 3lber aud^ fein ©egenbif d^of mu^te ber attge^:
meinen 3lbneigung beö ©tiftö unb ber §er}öge meii^en, er mürbe vom
^apfte gejmungen, mit SRifolauö SBodf, 33ifdf)of oon 6ulm, ber aud^ mit
feinen 2)iöcefanen in 3mift geratl^eit mar, faft ju berfelben Seit, roo
aSogiSlao SBet^id^t leiftete, ben ^lafe ju med^feln. — SDer neue 33ifd^of
*) S)ic Urhmbe ijl am 23. Slprll ol^nc Slngabc bc« Sal^rcö 8U »cmc (in
a3d]^men) auögelleat, unb fann nid^t vox 1389 öcfcjt werben, ba ^l^tltpp o. §elpte
frü^cflcn« in ber jweitcn §alfte bei Sal^ree 1388 !Bomprop|i ö^w^rben ift.
— 181 —
Beftätigte am 13. ßctober 1398 bte von feinen SSoröängem ber ©tabt
ßolberg ertl^eitten ^^tbilegien (unter jenen finb Sol^ann SBilfini unb
Sol^ann Snmontö fo wenig genannt, wie 33ogtölat), wol^l aber ber
nac| 6ulm Derfefete Sol^anneö.) ^)
SBar nun aud^ mit SRifoIauö ©infefeung ber ©treit nm ben bifi^öf-
lid^en ©tul^l befeitigt, fo erwui^ö bod^ avi§> 33ogi§lat)§ frül^erer ©tel-
lung eine neue unb fi^limmere Sßermirrung, ba biefer fid^ weigerte, bie
t)on ü^m 1394 eingelöften ftiftifd^en ©(ä^löffer aWaffow, ?ßolnom, Sam^
laufen unb ©üljorn ol^ne SJüdgal^lung ber Söfungöfumme t)on 40,000 9Kf.
]^erau§jugeben. 3lud^ 3?ifolau§ fonnte im ©tift feinen SBoben gewinnen.
6r ging nad^ 9?om, um feine fi^wad^en wettlii^en SUlittel burd^ ben
33ann ju t)erftärfen, ben er t)om ^eiligen Sßater erwirfen wollte. 3lm
13. £)ct. 1406 beftätigte er nod^ eine 58icarie in ßolberg, 13. aJiärj 1408
war er wieber im ©tift. @r fanb l^ier bie Sage nod^ mel^r ju feinem
Siad^tl^eil t)eränbert. £>^ne auf il^n SKüdffid^t ju nel^men, f^Io§ bas
©apitel unb bie ©tabt ßolberg, biefe burd^ bie 33ürgermeifter SSincen^
tiu§ §olf unb aSebele oertreten, beö anbauemben gel^bejuftanbeö über^
brüffig, mit Sogiölao VIII am 19. Suni 1408 ju Selgarb einen für
baö ©ebiet ber S)oml^errn, für ßolberg unb feine Sefifeungen, für bie
330gtei ©örlin unb fo weit ber ©inftufe beö 6apitel§ unb 6olberg§
rei^e, gültigen Sanbf rieben mit t)ierwöd^entlidE)er ^ünbigung, na(^ wel:=
dt)em ben Snfaffen ber bejei(^neten Sanbfd^aften „freies Steiten, g^al^ren
unb SBanbem in il^ren ®efd;äften" in ben l^erjogtid^en ßanben unb
§ülfe gegen SSergewaltigung jugefid^ert würbe ^). S)ie rerpfänbeten
©d^löffer werben barin nii^t berül^rt. SBon 6ö§lin ift in allen biefen
aSerwidelungen auffallenber SBeife nie bie 5Rebe. ®er Sifd^of f($eint
nid^t wieber m^ ßolberg gefommen ju fein, wenigftenö ifl ein 3lbla)35
brief von i^m für baö altftäbtifd^e Softer (16. ©eptember 1408) in
©d^iDelbein auögefteHt. 3m ©efü^le, bafe feine ©teHung unl^altbar fei,
unb no($ burc^ einen 2lngriff 93ogiölat)ö geängftigt, ging er na^ ?ßreugen
unb übertieJB ben bifd^öflid^en ©ife von ©ammin bem t)om ßapitel er^^
wäl^lten §erjoge aWagnuö t)on ©adEifen^^Sauenburg, weli^er am 22. jDc^
tober 1410 bie SRed^te unb Sefifeungen ©olbergö beftätigte^®). —
SDer ©treit über bie ©tiftögüter war bamit no(^ nii^t beenbigt:
aßagnuö J^ielt bie 2lnfprü(^e beö SSorgängerö aufrecht, unb ber l^art^
nädEige 93ogiöIat) ftarb 1418 in bem S3anne, ben fein ©egner auf bem
©oncil JU Äoftnife gegen il^n erwirft ^tte. 2lu($ Sogiölat) IX. blieb bei
ber g^orberung feines SSaterö unb SBorgängerö ftel^en, uub ex^t ^^x "^Va&i^
_ 182 —
folger be§ 1423 auf ben Sifi^oföfliil^I t)on §itbeö]^elm t)erfcfeten aWagnuS
©iegfrteb von S3iif (9. 3lpril 1424 nennt er fid^ noä) 3lbminiftrator unb
9?icar) t)eröU(3^ fid^ naiJ^ jwölfiäl^rtgem ©treite im Söl&re 1436 mit il^m,
inbem er fi(^ ju einer 3al^lung von 20,000 9JJf. t)erftanb unb il^m bie
ftreitigen ©üter no(^ auf 15 Saläre als Untetpfanb ju laffen vtx^v^aä).
SugleiiJ^ würbe bie ©teHung beä Stifts jum ©erjoge auf ©rimblage
ber frül^eren S3erträge feft georbnet: ber gett)äl^Ite ^if(|of mirb bem
§erjog jur Seftätigung t)or5ef($Iageu unb von biefem, wenn er mit ber
2Baf){ eint)erftanben ift, bem ^apfte jur a3eftätigung cmpfol^Ien; ber
£anbe§]^err ift ©(^irmüogt beö S3iötl^umS, ©treitigfeiten jiDifd^en beiben
werben buri^ ein ©(^iebögerii^t gefi^Iid^tet, weld^eö auö je jmei SiatJ^^
mannen t)on ©targarb unb Treptow unb je t)ier aus ©olberg unb ßöälin
gebitbet wirb; ber ßamminer SSifd^of l^ebt ben über Sebenbe unb Siobte
gefprodjenen 33ann auf.
Sie eben gefd^ilberten langj|äl;rigen SBerwidelungen legen Seugnife
ab von bem wa^fenben ®inf(uffe 6olberg§ auf bie allgemeinen Sanbeö-
Derl^ältniffe. 3n ben SBerträgen mit Sogiölat) erfi^eint ßolberg neben
bem ©apitel afe bie einjige mitberatl^enbe Wlaä)t @ine \iä) im QoU
berger 3lr(i)it)e finbenbe Slufjeid^nung ber SBertragöbeftimmungen vom
3al;re 1 386 auf an einanber gel;efteten ^apierftüd en unb ofine ©atum
von ber §anb beö ©d)reiber§, ber um biefe 3eit baö ©tabtbudj fü[;rte,
mit 3ufäfeen von einer anbern §anb, ift offenbar ber erfte Entwurf ju bem
SSertrage; biefer fd^eint alfo an§t bem diatt)t von Solberg l^erüorgegangen
5U fein, g^ür bie bebeutenbe ©tellung ßolbergö fprid)t anä) ber Um-
ftaiib, ba)3 naä) biefem SSertrage bie dou 93ogiö(at) etwa erl^obene 33ebe
bei bem SRatl^e von ßolberg in 3Serwa^rung gegeben werben foHte.
5Der verftärfte (Siiiflu^ ber ©tabt jeigt \iä) no(^ in einer anbern
wid)tigen Erwerbung, weld;e ber ©tabt an^j ben ilämpfen jupel. 6ö
war twu groj3er 3Bi(^tig!eit für ben lanbeinwärtö gel^enben §anbel ber
©tabt, bajs bie bifd)öf(id)en ©(^löffer, weldie in ber 3l&^e ber Golberger
§anbetöftra)3en lagen, in fidlerer §aub waren, ber SRatl; war beöl^alb
fd^on lange beftrebt gewesen, bie freie aSerfügung beä 33ifd;ofö über
biefe hnxä) ein 3)Zitbeftimmungöre(3^t ju befd^ränfen. 6ö gelang il^m,
bie §aubelöintereffen ber ©tabt an jwci gefäl^rbeten ^uncten, 9iaffow
unb ©örlin, ju fidlem.
3taffow (bamalö 9laffenburg) mit feinen JJebengütern ©d^eterow
(untergegangen, lag angeblii^ bei SWügenwalbe an ber Oftfee), Sifeider,
Ära^if unb 3Jeuenfelb gef)örte furj uor 1364 jum Sljeil ben ßolberger
— 183 —
Rolfen, jum S:i^eil ben Äamefcä (f. ©. 82). §cnmng §olf, bcr ©ol^n
bes S3ürgerttteifter§ aSincenliu§ §olf, galt bei bcr ©tabt unb bem S3fe
fd^ofe als ber Url^eber ber t?e]^be, bie jtüifi^en ben beiben g^atntlien
entbrannt war unb fo vkl Unl^etl über bie ©tabt gebrad^t l^atte, er
würbe beöl^alb gefänglii^ eingebogen, unb ber Sßater fal^ fid^ genötl^igt,
um ben allgemeinen Unwillen ju befd^widitigen, alö ©rfafe für ben burd^
ben ©ol^n angerichteten ©($aben baö ©d^Iofe mit feinen ©ütern unb
§ebungen bem Sifd^ofe ju überlaffen.
S)ie Erwerbung würbe nur hmä) baö ®elb unb ben ßrebit ber
Colberger ermöglid^t. 3m Saläre 1373-bejeugte Sifd^of ^l^ilipp, baß
t)on ben 5000 3Jiarf, um bie er 5Raffow mit feinen baju gel^örenben
Dörfern von §enning Äranffpore*) „um ber 9?otl^ be§ Sanbeö willen"
gefauft l^at, ber ßolberger SRat^ bie Sefd^affung t)on 2000 3Rarf für
il^n übernommen |at, ICOO aJlarl aus eigenem ©edfel, 1000 SJtarf
burd^ SSürgfd^aft von bem SBürgermeifter SKartoarb SSoffe in ©ööHn,
jum ^fanbe bafür überläßt er bem Statine bie Hebungen aus ber 6ot
berger 9Rü^Ie"). — ©ab ber diatf) ju jenem ^aufe nur bie 5KitteI
l^er, fo erf($eint er 1415 neben bem Sif(^ofe afä SKitfäufer. SReimar
t). SSerfen, ©ol^n ^a\\l§> t). 33., t)erfaufte in biefem Saläre fein ®rbgut
in 9laffow unb „SWienborp" für 11,000 3Jlar! an ben SBifd^of aWagnuö
unb ben SRatl; ber ©tabt ßolberg, ber SBerfäufer bel^ält baö ©(^toß in
SSerwal^rung, biö baö ©elb bejal^lt ift, t^etpflii^tet \iä) aber, in ganger
Sreue jum Sanbe unb ju ben ©täbten ju l^alten, alle S^^re foHen il^nt
150 3Karf gejault werben, .^tim dat slot to spiseiide imde to hol-
dend&'\ wirb eö mit ®intra(^t beö a3ifd^ofö unb ber ßolberger abge^
bro($en, fo fott ber Äauf mad^ttos fein unb er bie ©üter bel^alten.
©ine ©rweitenmg bes fpäter ben beiben ©täbten (©olberg unb ßöslin) juge^:
ftanbenen 3lnred^ts an 5Raffow jeigt ber SSertrag, nai) weli^em S3ifd^of
©iegfrieb 1438 bas ©d^loß an ßlawes Äamefe, als 5ßogt beffelben,
überläßt; biefer foH es bewal^ren gegen feine unb bes ©tifts, gegen
*) S5on ben §olfd \^ ntd^t tocitcr btc Sflcbc. SBlcacid^t berul^tcn i^rc Sin-
fprüd^c auf einer SSerfd^roägerung mit ben ^ranffpore. 3m Saläre 1385 »ermittelt
§inrif ^alborn, ^ropfl ju ©tcttin, SScrmööenöftreitigfciten gmifd^en jenem Henning
§ol! unb feiner ©attin Äatl^arina für ben gaß, M^ pc mc^t bei il^m bleiben moOe/
Henning mit feiner 2:odöter erl^ält gwei, Äatl^arine ein S)rittcl beg SSermögenö, bod|
fott ftc au0 il^rem Slntl^cile bie ans ber ©efangenfc^aft §cnningö biefem crmac^fcnen
Äojicn mittragen, ©tabtbud^ 1385. ®cr Samilienname ber dimma Henning §.
ifl nic^t angegeben.
— 184 —
innere imb ändere g^einbe, er foll es bem Sifi^ofe, ben ^oml^emi
unb ben ©täbten bei Sag unb 3la^t offen l^alten unb feinen ol^ne
beö 33if(ä^ofö unb ber ©täbte SBiHen barin anfnel;nien. ^ie SBebeutimg
beö ©d^loffeö für ©olberg jeigt bie 93eftimttmng beö 3>ertra9§, bafe
Qiavoe^ ^amefe fid^ anä) verpflid^tet, baö §oIäflöfeen (auf ber SRabüe)
\\\ä)i ju ftören unb feinen ungewol^nlen §oIjjolI ju erl^eben^^). SDie
ßolberger l^atten fd^on öfters erfal^ren, n^elc^er 9la(^tl;eil baburi^ bem
©alinenbetriebe jugefügt werben fonnte, unb bie Siegelung be§ glojg-
t)erfel^rö auf ber ^erfante unb Stabile, bie ©iiJ^erftellung beffelben gegen
3iaub unb Störung in einem 5Bertrage jwifi^en SBartisIat) bem Sün?
geren von ©tettin unb Sifd^of ^l^ilipp 1381 — ein glofe wirb bariu
aU eine aKaff e von 300.®ren} §olj beftimntt — ift geroi^ auf ©ot-
bergs 93etrieb ju ©tanbe gefommen. ^^)
©rögere 2iBi(^tigfeit als $Raffon) ^alte für ßolberg natürliii^ baö
bie §anbelöftra§e in bie aWarf unb nad; ^olen unb juglei(ä^ bie §oIj^
jufuljr t)on ber Siabüe unb auf ber ^verfante bel^errfcf)enbe bifi^öflid^e
©dÖloJB ßörlin. S)ie in bem langen ©treite 3al)r für Sal^r roadifenbe
3errüttung ber an unb für fid^ fd^on fd^n)act)en g^inanjen ber 33if(äE|öfe
geben bem diatf)e ®elegent;eit, feine §anb au(^ auf bies ©c^lojs ju
legen. ©d;on 1389 raaren fie im ^fanbbefife beffelben, Sifd^of 3Jlagnuö
erfannte 1410 ^0 an, bafe feine Sßorgänger für beffen 3lu§löfung 11,200
äJlarf von Golberg aufgenommen Ratten, imb befreite fie, um il^nen bie
3al)lung ber 3infen ju erleichtern, bis jur Tilgung ber ©c^ulb von ber
Drbare (f, ©. 31). Um bie oerraunbbarfte ©teile i^res gefammten
Sanb^anbelö ju fid)ern, war bie ©tabt ju immer neuen ©elbopfern
bereit. 3|re §ülfe mürbe von feinem mel^r in S(nfpru(^ genommen,
als von beut in fteter ©elbnotl^ fifeenben 33if($of ©iegfrieb, ber über=
l;aupt oon üerfd^iebenen ©eiten Ijer feine leere klaffe ju füllen fu(^te.
©djon 1424, als er ^ien 33if($of geraorben war, mußte ber 9lat^ von
ßolberg für 300 fl. für il^n gut fagen, bie er von bem Statine üon
©targarb „in feiner 9Zotl^" geliel;eu l^atte. SDaß bie ©targarber guten
©runb Ijatten, ber 3al^lungsfä^igfeit bes Sifdjofs nid^t red^t ju trauen
unb besl)alb einen guten Bürgen ju forbern, geigt ber Umftanb, bafe
berfelbe ani) 1430 feiner S^erpftid^tung jur Siüdfjal^lung nod^ nid^t nad^-
gefommen war. SDajU vermel^rte er nod) im Sa^re 1427 bie ßörliner
©(^ulb, ftatt fie abgugal^len, burd^ bie 3lufnal;me üon neuen 1000 aWf.
bei bem Statte unb ber ©emeinbe t)on Solberg, bie er mit 80 fl. SRente
}u näd^fteu aBei^nad)ten jurüdEjujaljlen t)erfprad^. 3nbe§ ber fäumige
— 185 —
Salbtet fam ^ait beffen mit neuen Slntel^en; im Solare 1430 mußte er
fid^ ju einer nmtn ©d^ulb von 1600 9Jfar! befennen, baju ba§ ^Ser-
fpreÄien geben, ben ©targarbent bte ©Äiulb befttnmit ju nädiften aßetl^-
nad^ten jurüdjal^Ien ju motten, unb bie Bufii^erung ertl^eilen, bafe QoU
berg ba§ ©(^lojs ßörlin ni(^t vox erfolgter Sluöjal^ümg ber ^'fanb^
fumme l^erauöjugeben brau(^te*) ").
@ö mar eine bemütl^igenbe Sage, in mel(^e ber 33ifd^of ber ©tabt
gegenüber bis jum Saläre 1440 l^in aHmäl^lid^ gerat^en mar: feine
Hebungen aus ßolberg, 3ott, ©eriiä^t, ©rbare, SKül^Ienpäd^te maren faft
fämmtlid^ an bie ©tabt üerpfanbet unb tjerfaüft, feine ©d^löffcr 9itaffom
unb ©örlin befanben fi(^ in il^rem ^Nfanbbefife unb [tauben unter il^rer
aWitDerfügung, unb baju jeigte fid^ balb, bajs 9?atl^ unb 33ürgerf(3^aft,
im 33emuj3tfein il^rer Ueberlegenl^eit über bie fd^mad^e ©tiftöregierung
baö ©emonnene nur aU §anbl^abe anfallen, um no(^ größere Unab-
pngigfeit von if)x ju geminnen. ©o tag in ber beiberfeitigen Stet
lung ber Äeim ju fdimeren 3ermürfniffen. ©in ©treit beö mit bem
ßannniner ßapitel fo eng oerbunbenen ßolberger ßapitelö mit SRatl^
unb Stirgerfd^ft gab bie SSeranlaffung jum offenen 3lu§bru(^e ber
geinbfd^aft.
*) dlad;) einer 9lac^ci(^t bei S^iango (Beitreg.) I^at bei* SBifc^of 1440 für eine
neue ©c^ulb von 2700 Sl^iar! ha^ l)albe Slmt (Sörltn als Untcrpfanb gefcjt. ©ine
Urfunbc fcl^U.
geifrtjtle ©efeHf^aften, @)jitaler.
SWur bürftiö unb unbeutU(§ waren bte ©puren, auf benen n)ir
(©. 23) bie ®ef(^i(ä^te beö ßapitefe in n)enbif(ä^er 3eit bis ju beffen
bunflen Slnfängen ju verfolgen fu(^ten; erft na6) ber ©rünbung beä
beutfd^en ßofbergö verbreitet fi(^ mel^r &xä)t über feine Suftänbe.
Ueber bie Seit, in weld^er ber 33au ber ©olberger 3Karienftrd^e
begonnen unb fomit anä) wol^I baö ©apitel von ber Slltftabt »in bie
beutf(3^e 3lnfieblung verlegt ift, giebt eine bei 2Ba(ä^fe (®ef(^. ber 3tttft.
©. 43) abgebrudfte, im Saläre 1254 von bem päpftli(^en Segaten unb
ßarbinal $eter ju VLtxeä)t auögeftellte Urfunbe eine 9lnbeutung. §ierin
fixiert biefer auf Sitte ber ßolberger 6apitel§l)erm, beren SKittel nid^t
au§rei(^en, um, wie fie beabfid^tigen, an ©teile ber „bur(^ aHjul^ol^eö
9llter jerftörten Äir(^e" einen neuen foftbaren Sau aufjufül^ren, äffen
benen, n)el(^e baö SBerf imä) fromme ©aben unterftttfeen, einen 3lblaB
von 30 Sagen ju. S)er 9?ame ber Äird^e ift ni(^t genannt, unb il^re
Sage ni(^t näl^er angegeben. ®ö fragt fi(^, wo biefelbe ju fud^en
ift. 2Bad)fe nimmt alö felbftverftänbtid^ an, bafe bie Slltftäbtifd^e
3Dtarien!ir^e gemeint ift. S)o(^ ift faum benfbar, ba§ bie ßapitu:!
laren fid) noc^ in bem Saläre vor ber 93egrünbung-von SReu- (Solberg,
mo biefelbe fi($er fi^on von ben gürften befd^lof[en mar, mit bem ®e^
banfen getragen fiätten, bie Slltftäbtifc^e SKarienfird^e ju einem prä(^=
tigeren Sau umjugeftalten ; biefe Äir($e, bie in fol(3^er 2Beife umge^
baut merben foff, fann bal^er nur in ber beutfd^en ßolottie gelegen
l^aben unb ift, ivenn bie ©.51 aufgefteffte Sermutl;ung rid;tig ift, feine
anbere, alö bie alte SWicolaifird^e, meldte nun ber neuen 3Karienfird^e
meid^en foffte, an meld^er bie SDomfierrn i^ren ©ife nel^men mofften.
©omit mürbe ber Seginn beö "^am^ ber aWarienlirc^e unb bie Ueber^:
fiebelung ber SDoml^errn auö ber 2lltftabt, mo fie, mie eö in einer
187
©. 16 erwäl^nten Urfunbe aus bem Salute 1278 l^etfet, etnft bem ^erm
gebleut l^atten, in bte ^^apengaffe mit ber (grl^ebuiig ber beutfd^en ßo-
lonie jur ©tabt ungefäi^r jufammenfaHen*
Ueber ben.ftlteten Öefifeftanb beö ßapitelö giebt unö juerft txni
Urfunbe beö Sifd^ofö ^ermann auö bem Sa^te 1276 0 naivere 5Ra(ä^^
rid^t, in meieret auö ben einjelwen älteren, jum %^^\k huxä) bie Seit
\6)on jerfreffenen pergamenten fömmtlici^e Sted^te unb SBefi^ungen beö
ßapitelö in biefer Seit jufammengeftettt unb beftätigt würben.
3u ben brei f(ä^on in ber raenbifd^en 3eit bem ßapitel gel^örenben
©örfern ©arrin, Sogentin unb ©abom finb jefet Iiinjugefommen:
Sramm, ft^on bamalö ber ^räpofitur juftänbig.
©eefelb iZevelde), frül^er aBoInuöna genannt (©. 25), Tt)ar von
bem 33ifd^of Hermann für ben Sel^nten in Sorf bem ßapitel überlaffen.
SDie SKbtretungöurfunbe ift erft 1280 ausgefertigt 2).
^rül^ne {Cm7ie\ eine ©djenfung beö JWtlerö 33iöprauö, raeld^er
babur($ feine ©ünbenlaft ju erleid^tern l^offte, im Saljre 1286 t)om
93ifd)ofe beftätigt, ol^ne 3it)eifel alfo eine ©rroerbung au§> nad)n)enbifd;er
Seit. 3lnfprü(^e beö Gapitelö auf einen an ber Sufteburer ©d;eibe ge^^
legenen SJBiefengrunb, bie „2a!e" genannt, fülirteu n)ieber^olt ju ©renj::
ftreitigfeiten mit ben Sefifeern biefeä SDorfeö, juerft mit ben ©ebrübern
fiuftebur (1374), bann mit Setefino d. SWamel unb feinem älteren
©ruber, ben 9iad)foIgern jener im Sefifee beö SDorfeö (1381) 3). S5ie
Ferren t)om ßapitel maren anfpruc^öDoIIe unb nid)t ungefä^rlid^e Jlad^^
barn, fie l^atten einen 5Wüdl^alt an ber geiftlic^eu Stiftöregierung, weld^e
immer geneigt mar, fie gegen bie ilinber biefer SBelt ju unterftüfcen.
Sann unb unterbiet beö Sifd^ofö brad^ ben {)artuädigen Sßiberftanb
ber 9iamel§ unb jmang fie, fid) einem ©^iebörid^terfprud) ju untere
merfen, welcher baö ftreitige ©ebiet ben 5Doml)errn juraieö. (Sincn g(eid)
günftigen 3lu§gang für baö Gapitel ual^m ein ©reuäftreit, in ben ba§^
felbe mit ben SBefifeern t)on 3JJoIton) geratl^eu mar (1374). STod; gab
eö fpäter ben Sefife von ^rül;ne auf unb üerfaufte baö STorf für
300 3Karf (1494) an §enning v. SJanteuffeP).
©oreöjom, t)erf(^tt)tmben, ber ^Jame meift auf ben ©örjebad) ^) in
ber 9Jäl^e Sogentinö l^in.
35argutij, ebenfaKä nid^t meljr Dorijanben, mürbe bem (S^apitel uon
bem 33if(^ofe ^ermann, ber eö iljm mol;! erft jugemiefen Ijatte, balb
wieber entjogen unb ber 3iurg Görlin, in bereu 9Jä^e eö gelegen t)aben
mag^ beigelegt. SDod^ beftimmte bie ©orge für baö ©eelenl;eil feinem
— 18a —
SßorgängerS, ber fir$It$cö ©gentl^uttt öl^ne ©nifd^äbigung genommen
l^atte, ben 33tf($of §einri(3^, ben SDoml^errn bm^ ben Sehnten in ^uftar,
eine §ebung von 6 2)römt §afer in SBitjider imb baö 6 §nfen umfaf-
fenbe gelb, bie SKetloro genannt, — ein 3Koorgrunb mit einem glei(^'
namigen ©ee, ber fpäter mit ber getbmarl t)on 3entin rereinigt mürbe
— einen ©rfafe ju geben ^). ©ö ift anjnnel;men, baß fi^on bamalö bie
^anem aller ßapitefebörfer mit 9luönal^me ber 3Serpfli(^tnng jur San-
beöt)ertl^eibigung Doti allen lanbeäl^errli(^en 2lt)gaben frei waren unb
unter beö ßapitelö Isolierer unb nieberer ®erid;tgbarfeit ftanben, menn
eö anä) nxä)t von allen au§brü(fli($ bezeugt ift/)
3ln anberen ©innal^men ftanben bem ßapitel no(J^ ju bie l^albe
9Küf)lenpa(^t in SRel^mer, bie §ebung t)on 6 3Karf jäl^rUd^ auö ber
9Künje unb von 2 9JJarf an% bem 3ott**), bann bie ©rträge von a(S)t
Äotl^en auf bem ©aljberge, bie molil bamal§ fc^on alle — t)on fieben
ift eö urfunbli(^ ju ermeifen — an ßolberger S3ürger eingetl^an maren,
enblii^ bie 3el^nten auö etma 70 2)örfern.
SBar baö ßapitel l)ierna($ im Sefifee t)on ©innal^men, mit benen
e§ leiblid^ l)au§^lten fonnte, fo finb bo^ bie geu)öl^nli(^en, befonberö
burd^ bie gro^e 3a^l von Ortsnamen, bie in ber oben berül^rten Ur=
funbe t)orf ommen, ermeäten SSorfteHungen von bem großen 9iei(^tl;um
beö Gapitelö \ä)on in biefer 3eit fel)r übertrieben. SDiefe jal|lrei(3^en
©rtfdiaften, an§^ benen baö ßapitel bie 3el^nten l^ob, waren Hein unb
beftanbeit meiftens nur au§f wenigen §öfen (f. ©. 25); m^ bie Sanb^^
guter hxa6)tm in jener 3eit nur mäßige Erträge, ^rül^ne mürbe 1 306
fogar alö ein mflfte^ SDorf bejeid^net unb bem Flitter Subbo ©lafenapp
auf SebenSjeit überlaffen, um eö binnen jmei Salären mit Äoloniften
JU befe^en unb in Gultur gu bringen. 3m Sa^re 1322 leifteten ^e^
truö unb Sertolb, Subbo^ö ©öl;ne, unb in einer jmeiten Urfunbe aWpreö^
lauö Dlbenborg***) unb beffen 33ruber JTeffemar — ol^ne 3meifel mem
*) Um 1570 bagegen muffen bie Sapitcldbörfer ^mle tjon aUerel^cr gcbröud^*
lic^" (um SSartl^oI.) bem SSifc^ofc „als SluSrtc^tung gur 3agb* entrichten: 8 ggr.
§itfengclb, 1 S5tertcl S^loggcn, V2 ©d^. ^ofcr t)on jeber §ufc gu ©emürj unb 93ier,
aöc SSauern 5ufammen: 5 Siebtel SButter, 5 ©citen ©peif, 3 Dd^fen; je ad^t SBauern:
1 ©c^af ; jcber S3auer: 1 ©an«, 1 ^aar ©ül^ner, 2 SSunb ©trol^ unb Va ©ttegc @ter.
**) S)tefe rnolil btefelbcn, meiere SSartiMao 1264 ('£)reger Cod. 471) ber 5tu-
jiobie ad offinum luminum gefc^cnft l^atte.
***) ®ine S3urg Dlbenborg mug gmifc^en Treptow unb ©olbcrg gelegen
l^abcn. S3ei SRango {AnaL) mirb \iQA 1432 oon ben SBelbudtern aerflörtc ^ölpin
ca^trum Olden genannt (f. oud^ (5op. 11).
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bif(^e SBem)anbte ber ©lafenappö — auf jeben 2lnfpni(3^ auf ba§ SDorf
SBetjid^t '), tnxi vox^ex alfo ift Subbo ©lafenapp geftorben unb bie
33efi|ung toteber an feinen eigentlid^en ^ertn äurüdfgefaKen. —
3?ur baö S)orf Sranint unb baö fieser fel;r unbebeutenbe ©oreöjon)
ift bemna(^ tnögltd^er SBeife ebenfaHö fi^on älterer ©rwerb, bie anberen
jinb ein Suwad^ö auö 33ifd^of §erniannö Seit, mtb ba ©arrin, SBo^
gentin unb ©abon) erft 1219 (f. ©. 24) ber Rxxä)t t)ereignet finb, fo
wirb bie ältefle 2lu§ftattung beö ßapitels wol^l tuir in bcn 3el;nten
einer Slnjal^l von S)örferu unb einigen ©aljfotl^en beftanben l^aben.
Sluö biefen anfangs nur bürftigen 3?erl^ältniffen erflärt \iä) baö §el^len
einer befonberen ßanlorei, bie fünnnerlid^e 3)otirung ber ©d^otaftria
unb bie geringe 3a^l grö^^erer ^frünben. ®rft im Saufe ber Seit er^
n)ä(^fl ber anä) 1276 no(3^ tnö^ige Sefife ju größerem Umfange.
S)ie nä(^fte, nur unbebeutenbe ©rraeiterung brad^te bie ©rraerbung
eines Sfieilö von 9?effin. 9lbt Soi^aimeö von ©argun l^atte in biefem
Älofterborfe ber ßolberger £ird^e 1274 ba§ ©igentl^um unb bie §älfte
ber ®eri(ä^töbuBen t)on 3 §ufen für baö ®igentl^um beö l^alben Sel^nten
bafelbft flberlaffen, fein 9?a(i)folger jebod; baö SBefifere(i)t beö ßapitelö
tüieber angefod)ten. ©rft 1289 n)urbe bieö burd; einen f(^ieböri(^ter'
liefen ©pru(5 beö W)tc^ von SBufon), nac^bem es von jwei ßolberger
©oml^errn eiblid^ bezeugt mar, anerfatmt imb feftgefteHt ^). SDie Se^:
fifeung ift fpäter in unbekannter Seit mieber aufgegeben. SDaffelbe ge^
fi^al^ mit SUioijelin. SDas ©apitel ^atte bieö S)orf 1309 für 600 3Rarf
von ben knappen Soi^ami unb ßtto v. SRugenmoIb erworben unb 1312
bie 9le(^te beö Sol^anniterorbens baran bem DrbenSfomtl^ur Soi^anu
dio^orv in Sübjom unb ©d)Iame für eine beftimmte ©umme abgefauft ^).
3)ie §ebungen barauö f(|einen jur SBegrünbung von SBicarieen rermanbt
ju fein, ©in ©treit über bas ®ut jmifd^en ben beiben ßolberger aSi:=
carien ©erarb 33olte unb. 3od;im ^lois einerfeitö unb ©tepl^an von
Äerlom unb feinen ©eignen anbererfeits mürbe 1335 bal;iti gefd^li(^tet,
bag bie lefeteren baffelbe t)om ßapitel ju fielen nal^men mit ber ^ßer-
pfliiä^tung, \Sif)xl\ä) 38 3)?arf an bie SDoml^enn ju jalilen imb bei jebem
neuen tropfte bie SBelel^nung ju erneuern. 3hä) 1372^^) erfannten
§enning unb ®ggf)arb t). Serg bies Siedet beö ßapitels an unb be*
bangen babei il^ren g^rauen, ©nfelinnen jenes ©tepl^an t). Äerfom, burc^
bie fie offenbar in ben SBefife bes 3)orfs gefommen maren, ben ®enu§
ber 6innal;men beffelben auf SebenSjeit aus. ©päter mürbe es ein
Slanfenburgifd^eö £el^n; mann, fiä^eint ni(^t befannt ju fein.
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3n aJled^entin langte baö Gapitel t)om 33if($ofe ^ctnrid^ 1314")
einen Slntl^eil t)on 4 §ufen, n)ol^l bie betben SBauerpfe beö. Sorfö, bie
beni ßapitel biö ju feiner Slufl^ebung gel;örten.
©inen anBerorbentlii^en 3un)a($ö an SBefife brachte bem ßapitel
bie g^reigebigfeit beö reidien unb fir(^li(^ gefinnten ®e\6)Uä)t§> bet von
ber SBiebe. 3m Saläre 1301 ^^) fauften bie ©rben ©oöroinö t)on ber
SBiebe unb beten SPorwünber, oI)ne 3weifel na(^ bem SEBiUen beö ®e^
ftorbenen, t)on Jeömar ü. S3onin ben feigsten, au§ 10 §ufen beftel^enben
Sl^eil t)on ©tra(^min jur ®rri(^tung einer a^icarie, unb Seömarö
SBrubcr Seffan üerpfHd^tete fi(ä^ 1316, von ben 10 §ufen iä^rlid^ 25 3nf.
an bie Rixä)e ju jal^len. Subtüig, ein anbereö SKitglieb ber gamilie,
wal^rfdjeinlid^ einer ber vm SBrüber, bie um 1260 in ßolberg einge^^
wanbert waren, l^atten fd^on 1279 t)om 33elbu(fer 3lbt 15 Matt i&^x^
Iid)er SRente gefauft, um fie ju fir(^U(ä^en Swedfen ju t)em)enben*) ^^).
3iei(^tl;uin unb firi^lit^er ©inn mu§ bei biefem ®e\ä)Uä)U in gleichem
2)iaBe gett)a(^fen fein. 3n)ei ©öl^ne biefe§ Subwig, ©ottfrieb unb
£ubn)ig, unb ein 3?effe ber lefeteren, ebenfaffö fiubraig genannt, gel^örten
felbft ber ©enoffenfd^aft ber ^anonifer ju, jene beibcn fd^Ioffen fi(ä^ il^r
mit einer Snbrunft an, alö wäre il)nen Kird^e unb ßapitel ^an^ unb
§eimat geworben, unb il^re ©djenfungen xmb aSermä(^tniffe maren fo
umfaffenber 9lrt, baj3 fie alle anberen weit in ben ©(Ratten fteUten.
S5er ältere, ©ottfrieb (godeke de dekeiie), wirb feit 1302 alö ^ano=
nifu§, feit 1306 alö SDefan genannt, er ftarb 1324 im gebruar ober
3Kärj ^^). ©eine bebeutenbften ©tiftungen beftanben in jwei SSicarieen,
von benen bie eine auf eine jäl^rUd^e §ebung von 24 SJlarf auö bem
Selbuder ^lofterborfe Ätein-SRaugarb ^^) funbirt unb ju bem von il^m
auf bem 3lrmem (©t. ©eorgö-) Äirc^l^ofe erri(^teten Söetl^aufe (oralo-
riiim) gelegt war, bie anbere, mit btn Erträgen üon 4 §ufen in SRedfniU
unb 8? §ufen in 3Jloijelin auögeftattet, jur 5^arienfird^e geprte. (3)aö
„9lcdninf(^e heneßchnn'* beftanb utn 1600 in einer §ebung beö ©o^
pitelö von 48 ©d^effel SRoggen, 48 ©c^effel §afer, 12 §ül^nern unb
6 ©änfen an^ 2 i^m jugel^örenbcn 33auerl)öfen bafelbft. 2lnbauernbe
©treitigfeiten be§ ßapitelö mit bem Statine von ßolberg, bem Sefifeer
beö größeren Si^eilö be§ S)orfö, t)eranlaj3ten bie Umroanblung ber
SKaturaHeiftung in eine jäl^rlii^e ©elbabgabe, n)el($e bem ßapitel bis
JU feiner 2luf]^ebung gejal^lt würbe). SDie ©orge für eine f(^mudEt)oIIere
*) 3u ücröl. bie SScmcrfung übet bic pracb. pueril, f. lueitcc uaton.
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3lu§ftattung beö Äirt^engebäubes Bejcugte ©ottfrieb hnxS) bte reid^e
©d^enfung von 600 Waxl ium Slnfauf von 5ffia(3^§, bamit beftänbig
ein £i($t t)or bcm l^eiliijen Seii^name brennen fönne, unb jnr §erftel:=
hing t)on fteben Kanbelabern mit bem nötl^igen SBac^ö ju Äerjen baran,
bie an g^efttagen angejüubet werben foHten. ©l^ne 3n)eifel ift ber große
fiebenamiige S3ronjeIeu(^ter baniit gemeint, meld^er 1327 fertig mürbe
unb \iä) in etmaö üerftfimmelter ©eftalt biö auf unfere 3eit erl^alten
l^at (f. 6ap. 20). SDa§ Softer unb bie beiben2lrmenl^äufer: ©t ©pi==
rituö xmb ©t. ®eorg, mürben mit je 100 3Jlarf bebac^t, aud^ fremben
Älöftern unb Rixä)en: ben Spönnen in ßöötin unb SBoßin, ben 33ar^
füfeem in ©reifenberg, ben SDominifanent in ß^ammin, mürben Heine
Segate jugemiefen, in ber ©amminer Xomtxxä)e mürbe eine aSicarie am
Slltar ©t. 3ol[)anniö begrünbet^^) unb ben ^löftern in Sufom unb
SBelbud bie Sal^lung von dienten erlaffen, bie fie von ©ottfrieb getauft
l^atten unb nod^ überbieß bebeutenbe ©ummen baju gef(^enft; fo erl^ielt
Selbud 200 3Karf, um feine 15 3Karf SRente an baö ßapitel (f.
©. 190) bequemer bejal^Ien ju fönnen. 3ur 2lu§füf)rung ber Se^
gate foffte im 3?ot]^faIIe an^ fein ©teinl^auö am aJJarfte oerfauft
merbem S)en SWeft feine§ 9?ermögenö üermadjte er feinem Sruber
Submig, burt^ ben berfelbe fpäter ebenfalls ber ^irc^e jufleP^). SDie
für bie ©tiftungen ausgefegten ©utnmen mürben jum S^eil auömärtö
fidler untergebrai^t Tio^ ©ottfrieb l^atte furj vox feinem Sobe 1324
von bem Statine in SBelgarb eine SRente von 26 3Rarf gefauft, bie aH-
ial^rlid^ au§ ber bortigen ©tabtfaffe gejatilt merben foHte, unb bie ©je^
cutoren feineö Jeftamentö überließen 1325 bem in ^erfon in ßolberg
erf(^ienenen 2lbte t)on ^ubagla für fein gelbbebürftige§ ^lofter ein ßa^
pital von 660 aWarf für eine na(^ bem 3inöfafee jener 3eit geringe
SRente von jäl^rtid^ 30 3Warf, meldjeö erft 1410, auffallenber SEBeife in
ber ©umme t)on 680 9Kar!, jurü(fgejaf)lt mürbe ^^).
S)aö eigene bebeutenbe SSermögen, rerbunben mit ber ©rbfd^aft
vom 33ruber, fefete fiubmig o. b. SBiebe in ben ©taub, no(^ umfang-
reichere ©(^enfungeit ju ma(^en. 3h\x fein §au§ am 9)hrfte, feinen
3l(fer an ber SJiaßnife unb einen ©aljfotl^en x)erma(^te er feinen 5Ber-
manbten: feiner 3?i(^te aSrebefe (griebd^en), ber SBittme SBitbranb§ von
S3elgarb, unb na6) beren JTobe ber Sod^ter berfelben ©ertrub, ©attin
beö ßolberger SBürgerö §ermann (3ut)erlife?); feine 3ledfer auf bem
SRofenbale mieö er ber ©tabt, aUeä Uebrige ber Jlird^e ju. SBie fein
SJruber, gebadete er ber 3trmen unb Sloti^leibenben, ^e^te a^<i{ii.^ ^\
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©pitäler unb Älöftcr in uiib außer ber ©tabt, für ben SJector unb W
6^orf(^ti(er auö unb ftiftete jal^lreii^e iSeelennieffen für baö ©eelenl^etl
feiner ®Item, trüber nnb g^reunbe. S)o(^ fam ber größere S^eil ber
©elbfiunmen, bie a\\^ bem a[>erfaufe ber liegenben ©rünbe, §äufer,
©afäfotl;en, 95ü(^er ii. f. vo. gelöfi unb mit ben in SlnKam, SBoHin,
Ufebom, 3ernin unb anberen Crten au^tel^enben ßopitalien ju einem
©anjen rereinigt waren, ber ®enöffenf(^aft ju gute, ber er felbft an=
gel^örte. ©in ßapital t)on 700 3Jlarf würbe jum Sau be§ ßl^orö ge::
geben, unb ba fid) fierauöfteßte, baß bie ©efammtfummc ber ©eiber
meit größer war, alö bie @rri($tung ber aSicarieen unb bie äCu^fül^rung
ber Segate forberte, fo würbe ber bebeutenbe Ueberf(^uß von ben ©je^
cutoren beö Seftamentö mit Seiftimmimg beö Sif(^of§ baju Derwanbt,
um für baö ßapitel bie ^Dörfer SDamgarb ( Damegore , Dam garten)
unb SBartin unb baö i^m fd)on jum Sl^eil gel^örenbe 3emin ganj ju
erwerben.
3n 3ernin Ijatte ber 93if$of f(^on 1319 feinen älntl^eil t)on
10 §ufen für 300 3)tarf bem Kapitel fäuflid) überlaffen, bie nod^ fel^^
lenbe §älfte tauf(^ten bie SDoml^errn für baö 1319 t)on Subbert ©lafe^
napp meift mit Subwigs t). b. SBiebe ©elbe erl^anbelte ^etrowife (Petroco-
Witz) 1330 t)on beffen SBefifeer SBulf ©d^meling ein^^), ber wol^l gerne
bie ©elegenljeit ergriff, um ber unangenelimen 3ta(ä^barf(^aft ber an^^
fpru(^öDoIlen SJHtbefifeer beö SDorfö jU entgel)n. 3ernin l^atte f(^on
1281 eine Kir(^e mit einem ^leban. Sifiä^of §ermann weil^te fie in
biefem Sa^re ein, legte il;r bie SDörfer 2)amgfirb, ^uftarje, Sramm
unt) 5toifow bei unb wieö i^r eine §ebung t)on 6 ©(^effel SKoggen auö
3)ied)entin ju. Sifc^of §einrid^ ftattete fie mit bem ©(^ulterblatt beö
l)eiligen 3Jlartin auö.
aSartin unb S)amgarb l^atten beibe bem Gamminer 'ßapitel unb
jwar bem S)efanate jugel^ört. Seneö war il^m t)on ©ottfrieb t). b. SBiebe
1309 gef($enft, wofür er jum ßamminer Äanonifuö ernannt war.
©elbDerlegenljeit jwang ben 33if($of griebri(^ beibe SDörfer 1332 für
1600 9)?arf m baö ßolberger ßapitel ju rerfaufen. Wi ©amgarb,
baö einft ber eingegangenen ®t. ^etrifapeße auf ber 2lltftabt gel^ört
liatte, fam ein alter Sefife na($ ßolberg jurüd. — 2)ie brei ©örfer
würben unter bem 3iamen ber Seftamentöbörfer jufammengefaßt.
^k fännntUd^en Stiftungen ber beiben SBrübcr würben balb ju
einem ©anjen vereinigt unter gemeinfamer SSerwaltung ron 4 $rot)t^
foren, weld^e gemäß einer IcfetwiHigen müubtid^en 33eftimjnung Subwigö,
— 193 —
bie jimäd^ft tnir für fein Seftantent galt, auö jwei ©otnl^errn, einem
aSicar nnb einem Saien beftel^en foHten. 3taä) ber Sieformation trat an
bie ©teile beö SBicarö ber ^aflor t)on ©t. 3Jiarien, unb ber Saie mar
ber jebeämalige erfte 33ür9ermeifter. SDaö „Seftament ber §errn t). b.
SBiebe" mürbe im Saufe ber Scil^vliunberte hnxä) Derfd^iebene Stiftung
gen üergrö^ert, unb bei ©rünbung neuer SBicarieen mar es üblid), anä)
für ieneö ein fteineö Segat auöjufefeen. 3^a(^ ber Sieformation bei ber
Sleuorbnung ber lxxä)l\6)tn SSerl^ältniffe blieb ein S^eil ber ©innalimen,
bie bamalö nodE) aus ben ©rträgen ber brei Dörfer, einigen ©aljge^
fäHen unb ben 3infen auöftel;enber (Kapitalien beftanben, bem ßapitel,
ein anberer mürbe jur SSerbefferung ber ©el^älter beö ^aftor prima-
riuSf be§ ßantorö unb beö ßrganiften unb ber 9ieft jur ®rl^altung beö
ß^ors beftimmt.
Slud^ ben SBefife beö SDorfeö Sioffentin l^at baö ßapitel ber %xz\'
gebigfeit t)on S3emolinern ber ©tabt ßolberg ju cerbanfen. SDie Bürger
ßonrab 3llbu§ (SBitte), ßonrab o. 3Künfter unb §inje ©iegfrieb, ange^^
(eigene Scanner unb aJiitglieber beä 9iat^§, fauften eö 1302 für 400 a)iarf
Don ben Siamelö. Sifd^of §einri(ä^ beftätigte 1304 ben ^auf unb fprad^
i^nen baä SDorf alö üoßeö ©igentl^um ju. SSon ben Sefifeern oerfügten
ßonrab 2llbuö unb §inje ©iegfrieb nod^ bei gebjeiten über il^re 3lntl;eile
JU ©unften ber Äir^e, ber erfte, ber feinen frommen ©innf(i^on 1310
bur^ 33egrünbung einer SSicarie bejeugt ^atte, ftiftete 1314 t)on feinem
aSiertel einen 3lttar beö ätpoftelö Safobuö, unb §inje ©iegfrieb jmei
Saläre fpäter einen gleichen jU gieren beö l^eiligen 5Diartin, mobei er
fid^ t)on feinem aSiertel nur ben vierten Stieil beä (Suöcen^ (ÄaujenO
bergeö üorbe^ielt, ber ||ier juerft genannt mirb. ©in britteö a>iertel
üermanbten 1316 nad^ bem lefeten SBillen beö SBefifeerö S3ert|)olb Sllbuö
beffen Seftamentöefecutoren: fein SBruber ßonrab älbuö, ©ojmin o. b.
SBiebe unb ßonrab SSerl^alö „in berfelben 2luöbe^nung, mie eä Soliann
©emelin unb beffen ©rben befeffen Ratten", ju glei(3^em Smede, jur ^e-
grünbung eine§ Slltarö beä lieiligen 33artl)olomäu§ ^o) ; ob ©emelin
biefen äntl^eil von 6onrab 3Jiflnfter gefauft ober f(ä^on neben ben 9iamcl
befeffen ^at, ift aus ben Urhinben nid^t ju erfefien. — ein Sßiertel bes
SDorf s gehörte 133321) bem ©t. @eorg^s ©pital unb jroei §ufen bem
altftäbtifd^en Älofter, bem fie baS ßapitel 1336 für 65 ajiarf abkaufte,
um bie julefet genannte SSicarie ju t)erbeffem. I)a§ Älofter ermarb mit
biefem ®elbe bie Sebe in feinem S^orfe Sasbe*
3n bemfelben Sa^re t)erfa\;fte a5ifd)of ßonrab, ber ®dt\ ^x<x\ssfc^^,
— 194 —
um ©üljon) von ©iegfrieb ßobe eingulöfen, baö S)orf ©egott) (Daigow)
an bte ©jecutoren be§ Seftamcntö bc^ ^ropfteö ßonrab t)on ©ammtn,
ber jugteid; Slanonifuö in ©olbcrg war, für ben f eiä^öjc^nf ad^en Setrag
bcr jäl^rUt^en Hebungen a\\^ betnfelben, um brei SSicarieen ju botiren,
t)on benen eine in ©ammin, jwei in Golberg errichtet würben. SBann
bie Äird^e t)on ßolberg \\ij ganj in ben SSefife beö S)orfeö fefete, wirb
\\\6)i angegeben.
3iemlid^ in berfelben Seit fd^eint ^retmin an ba§ ßapitel ge^
fommen ju fein. S)aö 2)orf blieb im Sefi^e beö Älofterß 3Mogulna in
SDanjig (f. ©. 23) bi§ jum Saläre 1333, m eö ber Slbt »ogiölauö
bem S3if(^of griebri(^ mit aller ©eret^tfame abtrat. S)a bie§ in ©cgern
wart beö ©olberger SRatl^s unb einer großen Slnjal^l t)on ©olberger
©oml^errn auf bem ßolberger 3flatl^l^aufe gef(^al^, fo mar mol^l gleid^
bie 3lbfid^t üorl^anben, ba§ ®ut bem ßapitel ju überlaffen. ©ine Ur^
funbe über biefe Ueberlaffung fel^lt.
3?ur brei biefer Dörfer l^atten ^farrfird^en, Sernin (bem auger
ben oben genannten ®örf em 1 630 no(^ baö früher jur ©ertrubenfird^e
gef)örenbe 33ogentin beigelegt mürbe), ©atrin, bei bem ©emmerom,
©eefelb unb Stoffentin, unb 35egon), bei bem aWed^entin, ©anjfom unb
©toidom eingepfarrt maren. ^retmin gef)örte jur Sofianniöfird^e unb
war fpäter in SRel^mer eingepfarrt, Sartin in 3milipp. —
S)ie ©üter beö ©apitefe maren tl^eite comrmmia, tl^eilö pricata.
3)ie Hebungen auö jenen gingen ju gleid^en Slieilen an alle 2)oml^erm.
S)aju gel^örten um 1270 bie S)orff (Raffen ©eefelb, Sogentin, ©arrin,
Ärül)ne, SDargutij, ©oreöjom, ©abom, fpäter aud^ bie JTeftamentöbörfer
3ernin, Sartin unb 2)amgarb. Sramm gel^örte fÄ)on 1276 jur-^rä=
pofitur ; bie übrigen bona privata waren fpäter f o t)ertl^eilt, ba§ ?ßret:s
min ber ©diolaftria, ®egon) l^alb bem SDefanat, l^alb ber ßantorei, ber
ßapitelantlieil t)on JRoffentin bem 2)etanat, t)on ben beiben §öfen in
3Ked()entin ber eine bem ©efanat, ber aubere bcr ©dE)olaflria ^^) jugel^örte.
Unter ben 3el^nten, mel(^e bem ßapitel in melen S)örfern jUs:
ftanben (3Ba(^fe f ül^rt nod^ 2 1 aw^ fpäterer 3eit an), mar ber bem ©^o=
laftifuö t)om Sifd^of ßonrab jugemiefene SüUfifeer ber bebeutenbfte, er
beftanb in fpäterer 3eit in einer jä^rlid^en §ebung oon 92 ©d^effel
^Roggen unb 92 ©d^effel §afer. 3u ben nidjt unbebeutenben SReben^^
einnahmen ber SDoml^errn finb nod^ ju red^nen bie ertrage ber monatlid^en
^auöcoHecte in ber ©tabt, bie freimiffigen Opfer unb ©aben für fic auf
bem 3lltar bei großen geften, f (einere mit firdjlid;en ©tif tungen uerbunbene
— i95 —
Scgate, n)cl(ä^e an ben ©ebä(^tni)3tatjen bcr ©tifter an bte ßopttularen
t)ertl^etlt raurbeii \u f, w. —
2)ie^ mit einem ßapitel t)erbunbenen Äird^en ranrben, wenn ein
Sifd^of bort feinen banernben ©ife l^atte, Äatl;ebrat, fonft ©oHegiat^
Äir(^en genannt. 3n ber ßamminer ©iöcefe mar bie einjige Äatl^ebrat
fir(3^e ber ßamminer S5om, bie ©olberger 3Rarienfir(^e gehörte ju ber
jmeiten Älaffe; bo($ lieijsen an(^ bie Äanonifer ober ßapitnlaren an
biefer Mx^e SDoml^errn.
2)a§ ßolberger ßoHegiatftift folgte nnmittelbar nad^ bem ßam^:
miner 2)otnfiift. 3n ber Seit geiftiger ®rftarrung na(^ bem breifeig^
jäl^rigen Kriege, mo SRang:: unb JTitelftreitigfeiten jur §auptbef($äftigung
auc^ bes beutfd^en 3tei(^ötageö gel^örten, mnrbe ben ßolberger Soml^errn
von ben ©amminem ber alte Site! ^rölat beftritten, imb bie ©teHnng beö
ßolberger ßapitete von iljnen bal^in ausgebeutet, bafe ber t)ornel^mfte
©olberger S)om§err, ber ^ropft, felbft bem ßantor, bem unterften
^frünbner in ©ammin, im 3Jange nad^ftänbe. SDamit mar anä) baö
©onbirecitorium beS ßolberger ßapitelö auf ben Sanbtagen ernftlii^ ge=
fäl^rbet S)0(^, mie bie großen SRed^tögelel^rten earpjom unb Srunne=
mann, fo entfd^ieb au($ ber gro^e Kurfürft ju ©unften beö ßolberger
©opitelö, unb ber ©targarber Sanbtagäabfd^ieb t)on 1654 fid^erte il^m
fein l^ergebrad^teä Siedet, befonberö ben Sefife beö ßonbirectoriumö, bafe
eö immer auf ben Äreiö^^ unb Sanbtagen nad^ bem ßamminer ©ife unb
mit biefem jufammen eine ©limme l^aben follte. 2)er fpäter ben SDom^
l^erai abermals abgefprod^ene ^]Jrälatentitel mürbe il)nen nad^ ©in^olung
von ated^tögutad^ten aus grantfurt unb §alle burdl; ein SRefcript grieb^^
rid^ SBil^elmS I. (1732) oon neuem gefid^ert. ^3)
3)aS ©apitel mar natürli($ bem 33if(^of von ßammin unterworfen;
il^m ftanb bas SRed^t unb bie ^f(iÄ)t jur £>berauffi(^t unb SSifitation
bes ©apitelö ju, unb neue Statuten ober SBal^len bes ßapitete erl^ielten
erft ©ültigfeit buri^ feine 33c[tätigung. 211s 2lnerfennungsgebül^r feiner
£)berl;errli(^feit lieferten bie ^^apitularen, mel(^e 2lntl^eil an ben gemein^
famen ©ütern Ijatten, i^m läl)xlxd) 1 Saft SDorfd^ in bie Äüd^e, 2 gäffer
guten ^afemalfer, 2 glafd^en Sernauer 33iers unb 1 gägd^en (lagena)
SRpnoli (mo^l bcffer SRiüoli f. ©. 56) für ben ÄeHer unb 12 SDrömt
§afer für ben etaß; ^ropft xmb 2)ef an no(^ augerbem jeber 1 ^ä^S^tn
SRpnoli für ben ileUer^*). %n\ übrigen l^atte baS ßapitel nad^ ©efefe
unb ^erlommen eine vom S3ifd§ofe jiemlid^ unabl^ängige ©tellung. ©ö
befaß baö ?iccf)t, fid^ burdf) eigene SKafil äu ergäujen, bem a3i\d\a^^
— 196 —
ftanb baö Scftätigungörciä^t unb — Tücnigftenö in älterer 3eit — aud^
ein ^räfentationöred^t ju. 2luf Sitten Sifd^of §einrid)ö würbe beffen
3lotax Surfl^arb im Saläre 1313 jum S)oml^erm ermäl^lt {quem ad
iwstras preces recepit in canonicos), unb bie breijel^n Sni^aber ber
üon biefen felbft gefd^affenen aJiinorpräbenben, weld^e 1321 aufgejäl^lt
werben, waren alle auf ben SBorfi^lag Sifd^of 6onrab§ unb feiner 5ßor^
ganger mit ber 3lnn)artf(3^aft auf eine orbentüd^e ^Pfrünbe r>m ben
J)oml)errn in il^re ®enoffenf(^aft aufgenommen. Um mieber ein nor==
maleö ^Berl^ältnijg J^erjuftellen, befd^lo^ baö ßapitel mit ©enel^migung
beö Sifd^ofö, feinen neuen Äanonifu§ ju möl^Ien, biß bie äufgenom?
meuen fämmtUiä^ mit orbentlid^en ^frünben rerfel^en wären 2^). dagegen
fcä^eint baö ©apitel 1474 ben SSicar 3flafow ol^ne aSorf(ä^Iag beö Sifd^ofö
jum ©oml^erm unb erften ©antor gewählt ju l^aben^^). S)ie SBal^I
befd^ränfte fid^ auf bie Slufnal^me in baö ßapitel. Snnerl^alb beffelben
fanb ein nur auf fut^e 3eit unter Sifd^of ^eter abgefd^affteö, unter
feinem 5Rad^f olger §einrid^ 1308 wieber eingefül^rteä Slufrüdfen Donben
nieberen in bie beffer botirten ^frünben ftatt^^), baneben war ^frün^:
bentaufd^ jwifd^en SJoml^errn t)erf(^iebener ßapitel erlaubt, unb bem
Ijeiligen 58ater ju SWom würbe baö ängemajste ©mennungöred^t in ben
Statuten nid^t beftritten, bod^ ift fein gall befannt, wo er eß geübt
l^ätte. 3ur ^räpofitur waren bie Snl^aber ber oberften t)ier ^räbenben
nad; berfelben, bie in biefer 33ejie]^ung einanber gleich ftanben, wäl^lbar.
3nbej3 lägt fid^ nur t)on wenig kröpften nadf)weifen, bafe fie aus bem
ßapitel l^eroorgegangen finb. ©egen ©nbe be§ 15. Sal^rl^unbertö brad^te
Sogiölaü X. t)on feiner SWeife in \>(i^ gelobte £anb baö t)om ^apfte
3lle£anber VI. erfaufte ^räfentationöred)t ju ben ^räpofituren atter
©tifter in ^^ommern jurüdf. — 5ßon \>t\\ neuen SWed^ten, mit benen bie
35ifcl)öfe von 3eit ju 3eit bie alten Privilegien vermel^rten, war baö
u)ict)tigfte ba§ im Saläre 1421 verliehene beö ©nabenjal^rö, wonad^ bie
SDomI;errn über bie §ebungen i^rer ^frünben au§ bem Saläre nad^
it)reui 2obe teftamentarifd^ frei verfügen burften*). 2^^)
9lu*5 wenbifd^er 3eit flnbet fid^ über bie aWitglieberjal^l beö 6oI:=
berger ßapitelö feine Slngabe. Um baö Sa^r 1270 2^) finb jel^n or?.
*) ^Scnn ein ^rälat vor Sol^anniö flacb, fo !)attcn feine ®rben \izxi ©enuß
ber (^infünftc be« ganaen Saläre« bie 5um 1. Sanimr, ftarb er nad^ Sol^onni«, fo
genoffen bie @rben aud^ nod^ bie ^innal^mcn bcä folgenben Saläre«, \i(k bie (gin-
na()men bed vorl^erge^enbcu fdjon aU ocröicnt {annuu descroilus) ongefel^cn
wuibcn
— 197 —
betttli(5c (SWajors) ?ßrä6enbcn t)or]^aTtben unb eine SWinorpräbenbe
(praeb. ptierilis). S!?on il^tien finb wteber bie fünf erften mit' befferen
©innal^men auögeftattet, fie bilben ben ^em beö ©apitelö unb l^aben
ballet aud;, mit Stuönal^me be§ überflüffig geworbenen Sl^efaurariatö,
bie ^Reformation überlebt, wäl^renb bie übrigen bamalö attmäl^Ii(ä^ eim
gejogen mürben.
SDem ^röpofituä (^ropft, ^ramefi) fianb bie Oberleitung bes
Sapitefe ju, bie Stuffid^t über ben ßapitetebefife, bie ©orge für beffen
erl^altung unb SBerme^rung. 9lte bifd^öfliiä^er Strd^ibiafonuö ©teHoers^
treter beö 33if(^ofö in ©a(^en beö geiftli(3^en ®erid^t§, l^atte er bie ©e^
rid^töbarfeit über \>ixi auögebel^nten Sejirf ber ßolberger ^räpofitur,
mel(3^er, fonfi bem Umfange ber alten ßolberger Jlaftellanei entfpred^enb,
im Saläre 1291 buri^ einen JBergleid^ mit bem tropfte t)on ßammin x^aS)
SQBeflen l^in um bie ^aroc^ieen 3arben, ©ü^Iafföl^agen unb ©eroin
über ben Sarbenfd^en S8a(^ l^inauö erweitert mürbe, bamit bem 6ot
berger tropfte bie ©injiel^ung ber Sel^nten, bie er bort ju lieben l^atte,
erleichtert mürbe, SBet ber SSermaltung ber ©erid^tsbarfeit mürbe er
bur(§ einen flänbigen bifd^öftiiä^en Official*) ^9) unterftü^t uub oertreten,
meld^er, menigftenö i\x Seiten, fein Sribunal an einer bestimmten ©teile
(in loco judiciali) be§ aßarienttrd^l^ofeö auffdf)Iug ^^) . 3n biefer Su^^
riöbiction ift mol^l ber ©runb ber Sufammengel^örigfeit ber ßolberger
^röpofifur mit bem ßamminer ßapitel ju fu(3^en: faft fämmtli(^e 6ot
berger kröpfte finb au($ SUlitglieber beö Gamminer ßapitelö gemefen ").
S)ie mi(ä^tigfte Stellung nad^ bem ?Propft l^at ber ^tian (SDetene).
©r ma(ä^t über bie Stufred^terl^altung ber fird^lid^en JDrbnungen, |iält bie
©lieber be§ ßapitelö ju eifrigem unb regelmäßigem Sefud^ beö ©ot^
teöbienfteö an, [traft Ue.bertretung ber ©efefee unb ert^eilt Urlaub bis
ju 14 Sagen; eine längere Slbmefenl^eit ber S)om]^errn oon ßolberg
muß oon bem ganjen ßapitel genel^migt merben. Slud^ bie übrigen
@eiftli(3^en beö ©tiftö unb fämmtli(ä^e 3KeBpriefter in ber ©tabt finb
feiner SDiöciplinargemalt untermorfen. 3n Slbmefenl^eit beö ^ropfteö
^at er beffen ©teile ju oertreten. SBie bebeutenb überl^aupt feine ©tet
lung im ©apitel mar, jeigt fid^ am beutlid^ften barin, baß bie neueintreten^
*) SU« Dfflctalcn toerben in ben Urlitnbcn genannt: ^ertnonn ©d^erf 1363,
bejfen Slmt bamal« burdj ben Commtffar Sol^ann Sipotl^elartt oerroaltct unb nod^
in bentfclben Saläre auf 3ol^ann ©tepl^ani übertrügen raurbc 33) ; ©onrab SSeoen-
l^ufen 1382, ©lernen« SB^fe 1427, Sol^. ©orge« 1434, ^etr. ©ittantfe 1474; bi?
meiflen fmb ayxdi^ ©olberger JBicare.
— 198 ~
ben ©oml^errn betn S)cf an unb bem ßapltel Steue unb ®e|orfam
geloben muJBten.
SDie näd^ft befle ^frünbe war, wenigfiens in älterer Seit, biö bie
©innal^men beö ©(^olaftifuö rerbeffert würben, bie beö Sl^efanrar,
(©(^attparer), ber in ben erften Sal^rl^unberten gewöl^nlid) Äuftoö (Softer)
genannt würbe. 6r l^atte bie 9lufftd^t über bie in ber ©arroe^ (ÄleiberO
Äammer aufbewal^rten @(^äfee beö ßapitelö an aJlefegewänbem, Ur^
funben, 93ü($em unb golbenen unb filbernen ©erätl^en. SBon lefeteren,
ttteiftenö ©aben frommer £terifer ober Saien, befajs baö ßopitel, wie
ein 1531 aufgenommenem 3nt)entar jeigt, einen großen 9iei(^tl^um: neben
jal^lreid^en golbenen unb filbernen Äel($en, ^ßatenen, trügen, 3Beil^rau(§5
fäjfern unb SBeinfännen werben dufgefül^rt ein großeö filbemeö ^reuj,
welches bei ben ^rojeffionen am gronIei(^namötage bmä) bie ©tabt
getragen mürbe, ein filbemeö 33ilb ber l^eiligen 9Jlaria, ein glei(3^eö beö
Iieiligen ©ebaftian, t)iele ag7ms dei imb anbere l^eilige ©erätl^e, jum
Slieil mit foftbaren ©belfteinen unb perlen befefet. @ö oerftel^t fid^ vm
felbft, ba^ au(^ bie ^Reliquien mS)i fel^lten, wenn fie mä) ni($t fo maf^^
fenl^aft aufgepuft waren, wie im^Iofter; barunter war bie wertl^ooDftc
ein ©tüd t)om l^eiligen Äreuj, baö einft ein ^Mlger aus bem l^eittgen
fianbe mitgebracht l^atle, t)on ®m Sol^ann Sufl^olt, ber 54 Saljre in
ßolberg Kapellan gewefen war, jufanunen mit einer in ©über auöge^
arbeiteten, ßolberg barfteQenben ©tabt ber 9Jfarien!ir(^e gefi^enft.*)
SDer junel^menbe 9iei(3^t|um an ©(3f)äfeen ^twol^l bem Sitel „©d^at^
warer" über ben älteren „Softer" allmäf)li(ä^ baö Uebergewi(ä^t x^tx^
fd^afft.
Stuf ben Sliefaurar folgte, wenigftenö in ben ©inna^men, ber
©d^olaftifuä (©d)olmeftere) ; Subwig t). b. SBiba rüdte beöl^alb t)om
©^olaftifuö jum Sl^efaurar auf. Sifd^of ©onrab legte biefer ^frünbe
ben Sel^nten au§ Süttpfe bei 3^) bei, „bamit ber, wel($er bie meifte
2lrbeit l;abe, au(^ beffere ©innal^men bejöge." SDo(^ erft 1490 würbe
fein ®infommen bur(^ bie §ebungeu einer oon bem ©(^olaftifuö Sorban
unb bem SSicar aSincentiuö ©anfeel erri($teten Sßicarie t)on S50 aKart
— barunter 250 3Karf aWanngelb, weld^eö ber lefetere für feinen t)on
^eter ^amefe in SBifcider erfd)tagenen 33ruber erl^alten l^atte — fo
weit t)ennel^rt, ba§ eö jum Unterl^alte auöreid^te 3^).
*) ßejterc ©egenftänbc ftnb ntc^t mel^r in bem Snoentar üon 1531 genannt,
ba« Stib üon ©olbcrg ift t)crmuil[)ltc^ baffclbe, rocld^es 1497 nad^ bem großen
Sturme nad^ ©tcmberg gcfc^icft wuvbe. @ (iai^, U.
— 199 —
SDte fünfte her befferen ^frünben voax nid^t, toie ntan l^ättc eu
warten foffen, für ben ßantor befiimmt. ©ine befonbere ©antoret gab
es in älterer Seit ni(ä^t, unb bie Obliegenheiten berfelben: ©orge für
bie äu]3ere gorm beö ©ottesbienfteö, §anb]^abung ber Siturgie nnb ber
fird^lid^en ßeremonien nnb Seitnng beö ©efangeö, wed^felten roöd^entlid^
mit Slnsnal^nte beö ^ropfteö bei bm Snl^abem ber aRajorpräbenben
ah^^). @rfl 1474 fd^enfte ber Mag. Sol^ann SRafon) bie SRente von
400 3Warf jnr Segrünbnng einer eigetien ßantorei, bie er felbft als
erfter ©antor {primtis c.) rerroaltete. ^^)
S)ie 1276 f(^on genannte 9Jlinorpräbenbe (praeb. puerilis) würbe
als eine SBorftnfe jn ben beffem ^frünben angefel^n; fie war mit nur
15 SUfarf jäl^rlid^en ©infommenö t)erbunben, bie a\x% bem Älofter Selbud
gel^oben würben 3'^). 35ie fonft no(^ genannten praebendae pueriles
waren norübergel^enbe Stiftungen, nur 5Kittel, mit Umgel^ung beö
offenbaren, Don ber Äir(3^e verbotenen ^frünbenfaufö eintritt in baö
©apitel ju gewinnen. @ine foli^e ©infauföpräbenbe ftiftete ber SRatJ^^
mann 3uüerlt)fe §ermann (1337) für feinen ©ol^n ©obefin mit einer
iäl^rli(ä^en §ebung oon 10 ^^funb ©alj auö bem ©aljberge, bie ju ben
gemeinfamen (Sapitelögütem gefiä^lagen werben foUten, fobalb ber 3n=
l^aber eine beffere ?Pfrünbe erl^alten l^abe^^). 3tn Sahire 1321 war bie
3al^l berer, bie burd^ fol(^e 3?orpfrünben bie älnwartfcä^aft auf bie 2luf::
nal^me gewonnen l^atten, gröjger als bie ber orbentli(^en ßopitelspfrünbrier,
unb bem Unwefen nmfete burd^ ein befonbereö ©tatut entgegengetreten
werben. ©. ©. 196.
§ier]^er wirb au(^ bie Praebenda pueril, ju re(^nen fein, wel(^e
ber S)efan ©ottfrieb o. b. Sffiiebe 1311 auf eine §ebung oon 6 §ufen
in SRetlenj, junä(^ft für feinen Steffen, ben ©d^olar Subwig, begrünbete ^^).
<Swei Saläre fpäter übertrug baö ßapitel biefelbe auf Sitten beö 33if(3^ofö
§einrid^, ber fie bur(^ bie Suweifung einer jäl^rlid^en ©innai^me oon
10 3War! aus bem 2)orfe Sifeider oerftärft l^atte, beffen SRotar ^nxh
l^arb unter ber Sebingung, ba§ fie ivm 33eften beö ©apitelö oerroanbt
werben foHte, wenn ber Snl^aber ju einer beffem ^frünbe aufgerüdt
wäre ^).
SDie ©oml^erm bilbeten eine ®enoffenf(ä^aft, bie mit anbem ©or^
porationen beö 9Kittelalter§, mit ben ©ilben unb ben ftäbtifd^en dtati)^^
collegien, man(^e aSerwanbtf(^aft in ben inneren ©inrid^tungen l^atte.
aWit ber 3lufnal^me in baö ©apitel waren ä^nlii^e Unfoften oerbunben,
wie mit ber 3luf nal^me in ben diat^ : ben refibirenben Äanonif em wutbe
- 200 —
babct t)on bcm neu etntrctcnben 1 £)^m SW^cintoctn , bcm Äuflobcn
.7 eaen guten Sui^eö, bic ette ju 8 ß, ben ©l^orfäugem 1 p6(ä^eu
Sier bargeretd^t. . 2)aS Stufftetgen ju einer l^öl^eten ^ßfrünbc foftete eine
feibene ^afel ju 3 3)larl für bie ©arroefammer. 3ln bie ©teHe beä
älteren ßinfüfirungöfd^maufeö, ju bem fämmtlii^e ©apitularen unb ®eift;
lid^e ber 3)Jarienfir(ä^e gelaben waren, trat (feit 1432 bei einer SRem^^
fion ber Statuten) eine ©etbabgabe t)on 200 SKarf fttr bie ©rl^altung
beö ei^orö unb 30 9JIarf ju SBein für bie ©ontl^erm. ©eringer waren
bie 9lbgaben beö 3nl;aber§ ber aWinorprabenbe.
2)er neue ßapilutar M^xom: „3)ie gied^te unb ^ritjilegten be§
©oßegiumö gegen jeben Dertl^eibigen, ©treitigfeiten mit ben Srübern
nidit üor ein frembeö ®eri(^t bringen, bie ®ef)eimniffe ber Srüber^
fdiaft n)ot;l bewahren, ber ^ird^e il^ren Sefife erl^alten unb ben il^r
entfrenibeten wieber geroinnen, befonberö aber, wenn " jTOifd^en 9tatl^
unb ßapitel ein ©treit auggebro(^en unb biefeö aus ßolberg jü weilten
gejwungen fei, mit i^m bie ©tabt t)erlaffen unb bei il^m bleiben ju
wollen." Unb meiftenö. l)ielten bie S)oml^erm ben ®ib; benn ftärfer
als bie graben ber a?ern)anbtf(^aft, bie fid^ ju ben ftäbtifd^en g^amilien
I)inüberfpannen, jeigten fi(^ bie 33anbe ber ®enoffenfd)aft, aHe l^ielten
äufammen, wo eö baö Sntereffe be§ ßapitelö galt^^^). .
e§ ift nid)t unmöglii^, bafe bie ©apitularen in älterer 3eit, alö
bie ßinnalimen noc^ gering waren, in bem flofterartigen ®ebäube auf
ber 9lltftabt, weld;e§ fpäter ber ©ife ber Jungfrauen würbe, in mel^r
flöfterlid^er SBeife gelebt unb unter ber ftrengeren Siegel beö gcmeinfamen
fanonif($en Sebenö in einem ®ebäubc gef(^lafen unb a\\ einem Sifdie
gefpeift l^aben; bod^ in ber Seit, bie un§ juerft einen 33lid in bie im
neren Suftänbe beö Kapitels geftattet, I;aben fie ben mön(^if(^en 3wang
bereits abgefdE)üttelt unb geniejgen eine größere ^^rei^eit im Seben unb.
in ber SSerwenbung il^rer ©innal^men. S^ie SJfel^rjal^l ber SJoml^errn
lebte in befonbereu 3lmtSwol^nungen unb afe am eigenen Sif(^, t)on bem
fie täglid^ 3llmofen aw bie 3lrmeu unb bie bei bem ®ottesbienft mit-
Wirtenben Älerifer unb S^orfänger austl^eilen follten. SDie ad^t 2lmtSs
wol^nungen, alle in ber ^kpengaffe gelegen, gel^örten bem ßapitel,
lueld^es fie nad) einer im Sctljre 1345 feftgefefeten Zait ben SDoml^errn
fäuftid^ auf SebenSjeit überlief ^^). S)er %aic(otxti) ber einjelnen 6u-
rien war t)erf dE)ieben : 4 würben jU 250 3Karf, 2 ju 180 aWarf, 2 ju
nur 100 3)larf t)eranf(^tagt. 3n ber bif(^öfli(^en ßurie wol^nte um
1434 ber bifd^öflii^e Official iinb por biefem bei? ^oml;err §einrid^
— 201 —
t). 5IWanteiiffcI, ber eine jäl^rlt^e Wet^t t)on 4 9Warf an ben SBifAof
ju jafjlen l^atle. S)a bie ßiirien nt(^t auötei(^ten, wenn alle JDoml^errn
in ©olbetg tefibirten, fo voax ben Uebrigbletbenben für biefen %a\l ge^
fiattet, bei anbeten ®eiftlt($en, ober bei el^tbaten Saien, aber ni(^t in
SBirtl^öl^äufern ju wol^nen; ftatt ber oben enoäl^nten 3?aturalleifiiing
platten fie in biefem %aUe mä)entliä) eine 3lbgabe t)on 2 ß für bie
©l^orfänger unb bie Sinnen ju entrid^teiT. ©in fold^er 3Wangel trat
wol^l feiten ein. 3m Saläre 1345 würbe geHagt, bafe bie 2)oml^errn
niii^t in ßolberg refibirten, baß bie ßurien leer ftänben unb in 58erfall
gerietl^en; unb bafe ntand^e berfelben mä) ju anbern Seiten nid^t ron ßapi«
telögeifili(^en bewol^nt würben, jeigte il^re wieberl^olt oorfommenbe fäuf::
li(^e Ueberlaffung an Saien auf fiebenöjeit. ©o faufte 1475 ber ©tet:^
tiner Äanjler ?Paul v. S)amife mit feiner ©attin Urfula S^orlitt ben
§of, ben t)or]^er ber ©oml^err '§^nning 2)amife inne gel;abt liatte, mit
bem diente, benfelben auf SSerwanbte ju t)ererben, wel(^e ^om^errn
wären ober fi($ jum geiftli(^en ©tanbe t)orbereiten wollten; anbere
©rben mußten für bie SRüderftattung beö ^aufpreifeö bie ©urie an baö
©apitel jurüdf geben ^^). 3n gleicher SBeife würbe bem SBicar SJalt^afar
SRubafe 1500 bie ©rfcurie an ber 3JJauer für 60 3Slaxl auf Sebenöäeit
überlaffen, unb hmä) Ueberrei(^ung ber ©d^lüffel beö §aufeö unb beö
aiiegelö am S^orwege würbe er t)om ßapitel förmlii^ unb feierlid^ in
ben Sefife beffetben gefefet. —
SBäl^renb baö SDomcapitel in ©ammin jugleid^ ben SRatl^ beö 33i=
-f^^ofö bilbete, auf ben ein Sl^eil ber bifi^öflid^en dieä)k übergegangen
war, blieb für ba^ ßolberger allein bie urfprüngli(^e Seftimmuug, bem
©otteöbienft größeren Olanj unb l^ö^ere Sffiürbe ju t)erleil^n unb ilirdjen=
tmb ©d^ulwefen ju leiten unb ju beauffidjtigen.
S)emgemä)3 war, abgefel^en von ben befonberen ^sflid^ten, weldje
bie 2lemter beö ^ropfteö, S)efan u. f. w. auferlegten, bie widitigfte
ßbliegenl^eit ber SDoml^errn ber regelmäßige S3efu(^ ber Mrclje beim
©otteöbienft, t)orne]^mlid^ bie 2lbl^altung ber Dorgefi^riebenen, mit ber
g^rül^mette beginnenben 7 fanonifd^en ©tunbengebete, iljre 2lnwefenl;eit
bei 3lufjügen unb ^^rojeffionen. Seber Äanonifuö l;atte feineu be-
ftimmten ^lafe auf bem ßl^ore unb war t)erpflid;tet, bei Sßerluft eineö
S^eilä feiner §ebungen in ßolberg anwefenb }u fein, ju „refibiren".
2)0(^ würben ^ieroon mani^e Sluönal^men geftattet. SDer ^ropft war
nad^ htn ©tatuten wegen feiner nad^ an^zn gerid^teten 2^ätig!cit für
bad ©opitel von ber perfönli(^en @rfüllung feiner ^eiftlid^en ^^flid^teii
— 202 —
entititiben, maniä^en SJoml^erm jroang f$on ber gleti^jeitige ^Pfrüiiben^
befife an anbem ßapiteln ober eine ©teKung afe fürftlii^er SRotar ju
längerer Slbroefenl^eit; bo(ä^ anä) fonft würbe bie Seftimntung l^äupg
mit großer ^aä)'\i^t gel^anbl^abt, unb baö 33ei[piel ber in ben Statuten
aU aWufter jkenger ?PfItd^terfüIIung aufgefteHten S)ontl^erm, beö Jl^e^:
faurarius §einri(^ in ßammin (bis • 1289 genannt) unb bed ©om^
propftes Sol^anneö in ßolberg, bie nod^ in f)ol^em Sllter geroiffenl^aft
il^re ©tunben t)on ber g^rül^mette an abl^ielten, tourbe wenig na^ge*
al^mt. . S)ie Snl^aber ber 4 erften ^frünben l^atten f(^on naö) ben
Statuten il^re ^riefter unb S)iafonen jur Unterftüfeung , bie bei ber
©rtl^eilung ber ©acrantente l^alfen, bie übrigen 2)om]^erm l^atten ©ub^
biafonen, um Äeld^e unb ©dualen jum Slltar. ju tragen, SBafc^bedfen
unb §anbtu(^ barjureid^en ; anö) würbe eö il^nen nid^t fc^wer gema(ä^t,
il^re fir($Ii(^en Dbliegenl^eiten überl^aupt bur(^ Sßicare vertreten ju laffen.
Um 1345 mufe ^iä) ba§ ßapitel in einem Suftanbe t)oIIftänbiger fitt^
U(^er 2luf[öfung befunben l^aben, bie ^frünbner refibirten nid^t in ©ot
berg, il^re ©urien ftanben leer, unb ber ©otteäbienft fam in Slbnal^me.
"^an fu(^te hnxä) §erfteHung einer firengeren 3ui^t unb burd^ bie &c^
neuerung ber 93eftimmung ju l^elfen, bafe alle 2)oml^errn, bie nid^t in
il^ren ßurien SRefibenj l^ielten, il^rer §ebungen auö ben gemeinfamen
®ütem tjerluftig gelten foHten. S)od^ jeigen fpätere aSorfätte unb bie
n)ieberl)olte Seftätigung unb erneute @infd^ärfung ber ©trafgewalt beö
SDetanö (1486, 1502), baß bie ßolberger Xo\rif)tnn im ©anjen lieber
in S8el^agU(^feit bie 9let)enüen il^rer ?ßfrünben t)erjel^rten, alö bie ^flid^ten
il^res Slmtö erfüllten. —
SDer ®runb lag jum Sl^eil in ben Suflänben ber fatl^olifd^en
ÄirdE)e, beren allgemeine Serrüttung um bie 3Kitte beö 14. Scil&tl^unbertd
\iä) in bem oben angebeuteten aSerfall beö ©apitelö um biefe Seit jeigte,
jum S^eil aber aud^ in ber 3ufammenfefeung beffelben.
3Känner, wie bie t). b. SEBiebe, waren gewig von ber SBürbe
i^rer ©teHung unb ber §eiHgfeit il^reö Serufö burd^brungen, unb baö
(Sapilel ^at wo^l mand^e 3Kitglieber gejäl^lt, bie i^nen nad^eiferten ;
afabemif(^e SBürben, befonber§ bie beö Magister, finben wir nid^t
fetten bei il^nen, unb biefe fonnten vox ber ©rünbung ber ^rager Uni=
t)erfttät (1348) nur auf italienifd^en Unit)erfitäten ober in ^ariö ge^^
Wonnen fein. Unter ben 1321 genannten SDoml^errn, weld^en auf ®runb
i^rer @in!auföpfrünbe bie Slnwartfd^aft auf eine orbentlid^e ^frünbe er::
tl^eilt war, finben wir bie ^lebane ©erarb oon ©reiffenberg, SBalter
— 203 —
t)on ^Pafcwalf, Siiffott) t)on ftömgöBerß, neBen Henning ©lafenapp,
Subbertö ©o^n, SuBbcRn ©tafcnapp, Subtpig v. b. Sffiicbe (©ottfriebö
Jfeffe), Henning von SSad^l^oIt, Soi^ann t)on ©wancbcfe, Äcrftian t)on
©tebing, Henning t)on SBraunfd^toeig, Sol^ann ©tcfeling, ©erarb von
aWuberife, SJ^tlet) 33olte, unb ebeufo jeigen fpötere SRamen, toie ©d^mibt,
SBenb, ©oöler, 3ia!on), SK^nfeö, bafe jur 3lufna^mc nid^t blos vorndj^
mere 3lbfunft, fonbem aud^ wo^l !ir(]^H(]^e 3Setbteufte befäl^igten; bod^
im ©anjen war ober würbe baö ßapitel mel^r unb mel^r ein aSerfor«
gungöinftitut für ben 2lbel unb bas ftäbtif(3^e ^atriciat: biefen beiben
Älaffen gel^ört bie SKe^rja^l ber eben aufgefül^rten unb überhaupt
fätnmtlid^er 2)oml^errn an, fo weit fid^ bieö bei ben befonberö in älterer
3eit oft nod^ fel^tenben götniliennamen erfel^en lä^t (f. Stnl^ang). 2)afe
im 17. Sal^rl^unbert bie 33ürgerli(^en t)on ben 35ompfrünben ausge^
fc^loffen werben foHten, war gefi^id^tlid^ burc^auö unberechtigt.
3e weniger bie ®oml^erm barauf bebad^t waren, il^ren t\xä)iiä)tn
^flid^ten ju genügen, um fo eifriger unb eiferfüi^tiger wad^ten fie über
il^re SRed^te. Sl^re geiftlid^e §errfd^aft über bie ©tabt wollten fie nid^t
burd) ben @influ§ irgenb einer anbern geiftli(^en ©enoffenfd^aft be-
fdjränfen taffen. ©d^on 1266 l^atten fie fid^ oon Barnim I. baö ^ri:^
Dilegium erwirft, bafe fein anberer geiftlid^er Orben: Senebictiner,
3lugufliner, SDominifaner, granji§faner, §oöpitaUter, Sempier unb
©eutfd^ritter, ol^ne SBeiftimmung beö ßapitelö in ßolberg unb feiner
^^Jarod^ie §äufer ober liegenbe ©rünbe befifeen ober erwerben bürften.
SDie eifterjienfer unb ^rämonftratenfer finb nid^t genannt; benn oon
il^nen war nid^t§ ju fordeten, ba il^re S3eftimmung fie auf eine lanb:=
lid^e 2l)ätigf eit l^inwieö ; bo6) ni(^t o^ne ©runb war bie 93ef orgnijs, bafe
fid; bie 33ettelmön(^e auö ßammin, ©targarb ober ©reifenberg (l^ier
waren bie 33arfüfeer f($on gleid^ nad^ ber ©rünbung anfäffig) in 6oU
berg anfiebeln möd^ten. SDie ft^warjen §erren aus ©ammin unb bie
grauen auö ©reifenberg jogen oft mit it)ren 33ettelbrettem burd^ bie
©trafen ber ©tabt, unb befonberö bie letjteren liebten eö, fid^ in neu^
gegrünbeten ©täbten nieberjulaffen, unb waren juf rieben, wenn man
il^nen nur ein ^Idfed^en an ber 9Kauer gemattete. S)ie ©rünbung von
Älöftern ift ben SBettelorben in ßolberg nid^t gelungen; bod^ befifeen fie,
wie bie Sanbflöfter fd^on frü^ it)re einfe^rftätten (f. ©. 36), in fpä^
terer 3eit aud^ il^re Serminareien in ber ©tabt, §äufer, oon benen auö fie
bettelnb hnxä) ©tabt unb ßanb jogen (terminirten). Xen ©targarber 3lu=
guftinem gehörte eine §(li;^d^en in ber Subenftrafee, weld^eä 1533 an einen
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Stirger t)erfaiift würbe, ben JDontinifanern l^atle bte SBittrae t)on ßubcfe
3lbebar 1486 eine 93ube in berfelben ©ttafee gefiä^enft, um in i^rem
.^lofter ju ßammin für i^ren ©emal^I unb i^ren ©ol^n Senebict (f.
6ap. 11) ©eelenmeffen ju lefen, unb bie grauen aKön(^e au§ ©reifem
berg l^atten fogar in ber t)ornel^men ©d^liefenftra^e eine 93ube ate Ser^
minarei, bie fie t)on S^öper 3lbebar für 100 3Karf, bie biefer il^nen
fc^ulbete, anftatt ber Sal^lung angenommen l^atten*) *^). 9Bie bie mU
fadien fteinen Segate in S^eftamenten beraeifen, waren befonberö bie
©reifenberger unb ßamminer aWönd&e in ßolberg beliebt unb mol^Iangefefin.
2Bie bie Segrünbung be§ g^rauenflofterö unb bie SBerlegung beffelben 1481
t)on ber 3Wtftabt in bie ©tabt unter auöbrüd lid^er Sejugnal^me auf ba§
^riüilegiiun be§ ßapitete mit beffen ©inwiffigung gefd^el^en ift, unb
baö jllofter bafür bem ßapitel ju einer }äl^rlid)en Sal^lung von 4 3Rarf
t)erpfUd^tet war, fo werben aud^ ol^ne Sweifel jene 3Könd^e bie ®rlaub^
ni& jum §äuferermerb burc^ eine äfinlii^e fleine 3lbgabe von ben SDom==
I;errn erlauft l^aben.
2)ie aJlarienfir(^e mar aWatrij, einzige ^farrfir(^e in ber ©tabt,
menigften§ in älterer 3eit. 3u il^r gel^örte bie ganje ©tabt mit ben
SSorftäbten, unb 1298 mürben il^r au(^ bie SDörfer 3lofenbal, SZednin,
SBobrobt, Sogentin, ©eBnom unb S3orf beigelegt, bereu 33emo]^ner bort
bie ©acramente empfangen Unb bortl^in il^re ^farrabgaben entrid^ten
foUten, ben Sungfrauen auf ber 2lltftabt aber, bie fi(^ l^ier eine 3lrt
t)on ^arod^ie angemajBt ju l^aben f(^einen, mürbe jugleid^ bei ©träfe
be§ 33anneö unterfagt, für biefe 35örfer für ®elb einen Drbenö:^ ober
2Belt5®eiftli(^en alö ©eelf orger auäunel^men**). ©in befonberer Pfarrer
iptchanus) ber 3Jiarienfir(^e mirb nirgenbö genannt, mol^l aber gefd^iel^t
ber 3?iceplebane unb ber ^lebanie ©noä^nung. SDie ^farre(^te [tauben
bem ßapitel ju unb werben wol^l burd^ einen ber ©oml^errn unb burd^
bie SSiceplebane ausgeübt fein. Sener wirb in ber ^lebanie, einer ber
©oml^errncurien in ber ?ßapengaffe (wol^l biefelbe, weld^e au(^ dos
[2Bebeme] genannt wirb) gewohnt l^aben.
2)ie übrigen, aud^ bie größeren ©otteöl^äufer ber ©tabt, ©t. 3iv
fola§, ©t. ©piritu§, ©t ®eorg unb ©t. ©ertrub, waren in älterer
3eit nur Kapellen ol^ne ©prengeL ©elbftoerftänblii^ war bie§ bei ber
JiifolaifapeHe auf bem©aljberge ber gaU. ©ie gel^örte 1276 jU ber ^frünbe
eineö SDoml^errn unb blieb a\x^, alö 1333 in einem SBertrage mit bem
*) %\z Stotijcn fmb au« bem ©tabtbuc^e gcfd^öpfi
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SRatl^e bie ju il^r gelegenen Sanbnngen unb SBiefen mit ben bort n)o]^=
nenben 3lrmen ber ©tabt überlaffen warben (©. 51), mit bem Äirc^fiofe
im Sefife beö ßapitelö. ©ie tuirb in fatl^oUfd^er 3eit menig genannt;
m^ einer Seftimmung ber SJurfprale gaben bie ?Jifd^er t)om ©tranbe
ber lieben grau unb ©t. 9lifoIaö nad^ alter ©ewo^nl^eit i^ren gifd;,
einige Keine ©tiftungen von 2—4 SKarf ju ©eelenmeffen unb jur
©rl^altung einer eraigen Sampe (©tabtb.) mögen von ben gif(^ern aus-
gegangen fein, bie bort il^r ©ebet tjerrid^teten unb il^re lefete 3?uf)eftätte
fugten.
S)ie brei übrigeit Kapellen liatten eine etwas anbere Stellung
jinn ßapitel. 3u ber im Saläre 1282 ]ä)on t)orl^anbenen unb fi^on bamals
mit einem ®lo(f entl;urme auögeftatteten ©t. ©pirituö-, in ber ©eorgs^ imb
ber 1378 erft nad^ l^artem ©treite mit bem ©opitel burd^ §ülfe ber päpft=
lid^en ©eraalt ju ©tanbe gebrad^ten ©t. ©ertrubenfapeHe (f. ©.57
inib f.) befajg ber SRatl^ ber ©tabt ha§f Stecht, einen ^riefter, ber SKeffe
lefe unb bie ©dcramente vexroaite, ju toäl^len; bie iDpfer, bie bort im
jDpferftodE ober auf Sittbretter niebergetegt mürben, bie ®aben an
SBad^ö, SBeitt, £ol^len unb ©d^mudgegenftänben, mit 2luSnal^me beffen,
maö fid^ auf bem älltare ober beim Äreuje in ber ©ertrubenfapeUe nieber^^ '
gelegt fänbe, fottten ben betreffenben Äird^en unb 3lrmenl^äufern ju gute
fommen. 2)o($ trug baö ßapitel buxä) genaue S3eftimmungen ©orge,
baJ3 „bie ©lieber fid^ nid^t vom Raupte ablöften, unb bie ©emeinbe
nid^t von ber 3KatriE abgezogen merbe/' ©er präfentirte ^riefter beburfte
ber Seftätigung beö ßapitelö unb mujste fid^ }Ut)or einer g^ioöl^nlid^
burd^ ben S)e!an angefteHten Prüfung unterwerfen; wie jeber anbere
^Wefter ber Sfflarienfird^e, mar er jum ©e^orfam gegen baö ßapitel
t)erpflid^tet, mu^te ben 6|)or befu(^en unb in ber 3Karienfird^e beftimmte
SDleffen lefen. Jlur an ben SBeil^ungötagen ber ÄapeÖen, ben Sagen ber
©(^ufepatrone unb beftimmten l^ol^en g^efttagenr im l^eiligen ©eift am
^fingftfefte, in ©t. ©eorg am Karfreitage, burften ^rebigten an bas SBolf
unb ^rojeffionen ftattfinben; an ben ©onntagen mürbe nur SKeffe ge=
lefen, bie beoorftel^enben gefte befannt gemai^t unb ber SBof)ltt)äter ber
Äiri^e gebälgt, ©rft vDmn bie gro^e ©lodfe ber 3Karienfird)e bie ©lau-
bigen ^nm ©ebete rief, burften bie fleineren auf ben brei Kapellen ben
beginn ber 3Keffe anfütibigen, unb wenn ber ©otteäbienft in ber grojsen
Kird^e auö irgenb einem ©runbe aufhörte, mußten an^ bie fleineren
i^n einfteöen. 3n feiner berfelben mar ein SBaptifterium, feine Saufe,
feine Srauung burfte bort t)orgenommen unb nur ben ©pitalarmeii
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Slbcnbmal^t unb lefcte ©clung geteilt raerben. 3liif ben Äird^^öfeu ber
bciben ©pitatttti^cn follten nur bie ©pitaHeute i^r ®tab erl^altcn.
%ix auf bem ©ertxubenfird^l^ofe raar iebem tjerftattct, mit ©encl^miguug
ber t)om Statte ernannten ^rooiforen \i6) eine ©rabftätte ju erfaufen.
S)o(i^ au(^ über bie lobten Ijielt bie ^^farrfirdje noä) il;re 'SUeäjU feft;
benn biefe mußten, beoar fie bort beftattet würben, nad) ber 9Jlarien=
firc^e gebrad^t werben. §ier würben bie ß^equien gel^alten, unb baö
©tüd ©eibenjeug, mit bem bie Seilte bebedt war, ober ftatt beffen
3 3Warf lamen bafür bem ßapitel ju. @ine jä^rlid^e 3atjlung oon
10 3)Jarf a\x§f ©t. ©eorg imb bie §ebungen Don 8 §ufen in ©arrin
waren ber ^rei§, um ben bie ©tabt jene 3ugeftänbniffe oom ßapitel
erfaufen mußte *^).
3m Saufe ber Seit aber erl^ielten bie ÄapeUen eine felbftftänbigere
©teHung. Unter ben ^tebanen, von benen fd^on in ber ©tiftungö-
urtunbe ber ©t ©ertrubenfapetle bie SRebe ift, finb feine anberen, alö
bie SSicare von ©t. ©pirituö unb ©t. ®eorg ju oerftel^en, ba biefe balb
barauf alö ^lebane unb Siectoren aufgefül^rt werben, unb 1426 wirb
aud^ ber SBicar in ©t. ©ertrub, ber donmius Saieüelb, für ben bie
ßonfuln bamals eine jä^rlid^e Siente oon 5 3)iarf faufen, 5Rector ge=
naimt. SBemerfenöwertl^ ift, ba§ ber ^leban oon ©t. ©pirituö eine
eigene Slmtswol^nung ^atte. ©ie war 1422 fd^on t)orl^anben unb
würbe in biefem Sct^re oon bem bamaligen ^^Jleban dorn, 3omer, bem
Stad^folger beö dorn. £)rtwin (aud^ SRortwin, 1418 fd^on quondam
recior genannt), t^eilö auö eigenen, t^eite auö 9JHtteln feiner Äir(^e
umgebaut unb burd^ ein anfto^enbeö §au§, weld^eö ber '9lat^ baju ge-
fd^enft ^atte, oergrögert. S)er diatf) uerpflid^tete fid^ ju ben nötl^igen 2lu§5
befferungen an 3Kauem unb §oljfenftern, für ©iaöfenfter foUte ber
^ieban felbft forgen, S)aö §auö lag neben ber ©erberei ber ©(^ufter
am 3Jlül^[engraben nid^t weit von ber 33auftrafee ^^). D^ne 3weifel
l^atte bie ©d^wierigfeit, bei ber mel^r unb me^r fteigenben ©eelenjaljl
ber ©emeinbe mit ©egen bie ©eelforge ju ühen unb bie ©afca-
mente ju verwalten, baö ßapitel gezwungen, aud^ ben ©eiftUd^en an
jenen ^apetten ^farre(^te unb eine cura plebis ju überlaffen. SDie
3luöbe^nung ber ^f arrfprengel ift nid^t angegeben ; bod^ werben wir
fd^werlid^ irren, wenn wir in ber §auptfad^e fd^on bamatö bie fird^^
ii^e Drbnung annel^men, bie wir na^ ber ©infül^rung ber SWeformation
porfinben, inöbefonbere, bafe bie obengenannten, 1298 jur 3Rarienfird^e
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gelegten SDötfet, bte um 1540 in ©t. ©erttub eingepfarrt erfd^einen, fpcU
tefiens im Slnfange beö 15. 3af;t^unbertö bal^in gelegt finb.
gromme ®aben unb Stiflnngen für Äitdien «nb 3lrme bxad^ten
mä) ber SßorfteHung jener Seit tanfenbfältigen Sol^n in biefer «nb be-
fonberä in jener SBelt. @§ ift feinö unter ben jal^lreid^en, uns erl^a(=
tenen Seftamenten, baö nid^t größere ober Heinere ©d^enfungen an kix^
d^en, Älöfter unb 2lrmenl^äufer unb bie 2lrmen in ber ©tabt entfliehe.
Segate, um Sud; unb ©d^ul^, aSrob, 33ier, SDorfd^, „Sanf^alö" für bie
Slrnien ju laufen, an beftimmten Sagen ®elD unter fie ju vtxtf)^v-
len, S3äber — gegen ben Sluöfafe — für biefe ju t)eranftalten unb
fie nad^l^er mit S3ier }u erquiden, ©d^enfungen von Setten, ^edtn,
Äleibungöftüden, Giften u. f. w. fel^Ien aud^ in Seftamenten nid^t, in
benen eö fi(^ um wenige |iunbert SDiarf l^anbelt. 3Kand^e gebenfen barin
il^rer SBerraanbten nur fpärlid^, anbere, wie ©berl^arb Äunoro (14 1 2)
unb §at)eö (1466), t)enna(^en i^r ganjeö äJennögen ju frommen ©tif?
tungen. ®afür würben i^re SRamen in bie ®eben^ unb Sobtenbüd^er
ber ©otteöl^äufer*) eingetragen unb an ©onn- xmb g^efttagen oerlefen.
2Ber aber befonberö tief feine ©ünben empfanb, ober für fd^roere ®e^
walttl^at ju hü^^n l^atte, ber pilgerte nad^ gnabenbringenben 333allfal^rtö'
orten, nad^ ©infiebeln, bem ®olm, 333il§nadE, Stehen, ©t. ©ompoftella in
©panien, 9tom unb feit bem im Saläre 1492 au(^ nad^ ©lemberg in 3Kedf=
lenburg, mo fid^ in ber i^eiligen StutfapeHe in golge ber SJlarterung
beö ©acramentö burd^ bie Suben bamalö ein neue§ §eiligt|ium mit
unerl^örten SBunbern aufgetl^an l^atte. ©o legte ber SRatfimanji ^inje
Sßo§ feine SRat^öfteHe nieber, um burd^ eine Sujgfa^rt nad^ ßompoftetta
feiner ©ünben lebig ju werben. 2Ber felbft unfäf)ig mar, bie SSe^
fd^merben ber SJeife ju ertragen, liejg bie SQBattfaprt burd^ anbere mai^en.
§anö Särmalbe fefete in feinem Seftamente fo oiel ®elb auö, alö nötl^ig
mar, um 2 SReifen nad^ SRom unb eine na(^ 3ld;en mad^en ju laffen,
ein SSertolb §eft pilgerte für ben geftörbenen §ilbebranb ©torter ju
ben ©d^metten ber 3lpoftel unb erl^ielt bafür eine 33ube in ber ©tabt,
§anö ©teen (1488) oermai^te feinem Sruberfol^ne für eine gleid^e
Steife ein 3lderftüd neben ©t. Sürgen. 3Wan erfielit l^ierauö, wie felir
bie Steigung ju SBaDfal^rten fid^ gegen baö ®nbe beö 1 5. Sa^r^unbertö
fteigerte, unb wie bered^tigt baö SBerbot be§ SSifd^ofö Senebict (1492)
*) ^ad ^obtenbud^ im I^^Utgen ®etft lag in einer ^ifie, bie ^ermann SSät«
lUülbc, iDdd)or iibcr 1000 Wiaxf an bie ^lircijien fcrmac^te, 1434 juiu ®cfd)cn! gc«
mac^t ^attc.
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war, baj3 feinet: ol^ne ©riaubnife be§ bif($öfü(3^^en £>berl)irteu SBaUfal^rten
naä) beu ©nabenftätteu unternel^inen foüe.
Snöbef Ollbete gel^örteu ju ben 3Jlitteln, ©ünbeuDergebung unb
©ingang jur eroigen Seligfeit j« erlangen, bie aSicarieen ober 3lltäre,
©tiftnngen bemittelterer 3Kenf(^en, nm für baö ©eelenl^eil ber ©tifter
unb il)rer gamilien unb jum Sobe geroiffer §eiligen ju beftimmten
Seilen 3Jleffe lefen ju laffen. S)ie ^riefter, roeld^e an ben jal^l-
reid)cn, l;ierju beftimmten 3?ebenaltären bie 3)ieffe lafen, SSicare ge^
nannt, bejogen bafür bie iäl^rlid;e Stente beö oom ©tifter auögefefeten
ßapitalö. 9KandEie ©tiftungen waren jugleid) gamilienftipenbien, benn
nidjt feiten roieö ber ©tifter baö ^^atronat feiner gamilie ju unb beftimmte,
bafe )o oft ein geeigneter ^riefter auö feinem 33lute t)orl^anben wäre, biefer
ben äJorjug vox anbern l^aben foHte, von mand^en würbe baö ^atronat
nad) einigen Generationen, t)on anbern foglei^ bem 9iatl^e ober bem
©apital überraiefen, einige würben abwei^felnb oom Statine unb oom
ßapitel befefet. —
'3llle biefe SBicare waren, wie bie übrigen ©eiftlid^en, bem ßapitel
unb bem SDefan jur Sreue unb jum ©el^orfam t)erpfli(^tet, mußten ben 6^or
befudien unb leifteten bem ©apitel unb bem SDefan einen @ib, ber faft
wörtlid^ mit bem ber S)omlperrn übereinftimmt. aSon einem Äanonifuö
würben fie bur(ä^ 2luffefeung beö SSarretö in i^r Slmt eingefü^irt unb
bei ^flid^toerfäumni^ t)om SDefan jur 3led^enf(^aft gejogen. SDie 3al^l
ber $Bicare na|im natürlid^ ju mit ber 3al^l ber aSicarieen. Sin 3al;re
1427 finb 32 berfelben unb 7 Kapellane bei 9?amen aufgefül^rt, unb
glei^jeitige Urfunben ergeben, baß ii^re 3al;l bamit ni(^t erf($öpft ift.
©ie geprten jum größeren Si^eite ßolberger gamilien an unb bilbeten
eine ©enoffenfdjaft, an beren ©pifee bie provisores vicariorum ftanben.
3m Salute V62d gemattete il^nen ber 9iatl^ in feiner ©elboerlegenlieit,
bie beiben §äufer SBord^arbs, beö SBruberö t)on ©imon gif(3^er, unb ber
grau Sutta, beö oerftorbenen §erber 33olte§ 2Bittwe, für 300 aWarf
unb baju baö anftoßenbe §au§ SBofo'ö alö ©i^fentl^um ju erwerben-
g^ür bie ©rlaubnife, baö britte §auö ju laufen, jal^lten fie bem 3?att;e
ICO aWarf^^). SDod^ I)atte fid) ber Statl; t)on ben brei Käufern bie
gewö^nlid^en Sürgerleiftungen, befonberö bie 3la(^twa(^en, ©(äfiofe unb
Ungelb, im ©angen 6 aJlarf iäl;rlid^, t)orbel)alten, bie §äufer foHten
bem lübi)(^en Siechte xmterworfen bleiben unb feine greiftätte für foldie
fein, bie fid^ bem Slrme ber weltlid^en ®eri(3^töbarfeit ju entjie^en fud^ten.
Um J438 finb fie ju einem §aufe oereinigt {domus vicarwruiu), baö
— 209 —
fpäter ber SJicarienl^of l^etJBt. SBal^rfd^einttd^ lebten bte aSicatc l^ier
burfenartig jufainmen uub fpetften an einem %i\ä), @§ gefd^iel^t anä)
einer gemeinfamen 33ibIiotl;ef {libraria) berfelben ©rwäl^nung, welcher
1509 Sudler {lihri de sermonibtis) Detmad^t werben. SSon ben weltlichen
Saften wnrbe baö §anö balb befreit burd) ein Segat beö SDefanö
Mgr. §einrid^^^) im Setrage Don 100 3Jlarf, n)eld;e fpäter anf bem
§anfe 33abe 93ärtt)albe^ö ftanben unb t)on biefem feinem 33rnber §er=
mann überlaffen würben (1419)^^), ber bie 6 3Jlarf bafür t)on feinem,
am 3JJarft ben ^rambnben gegenüber gelegenen ©teinl^anfe an bie
©tabt jalilte. SBie eä il^nen gelungen ift, il)r §anö ber ftäbtifdjen
9Je(^töpflege ju t)erf(^lie)Ben, nnrb nirgenbö angegeben* — 2)ie aSicare,
meiere in bem §ofe feine 3lufnal)me mel^r fanben, fud^ten wenigftenö
in ber SKäl^e eine SBol^nung. ©in dorn. 9tifol. Simmermann fauft
1414 eine 33ube mhtn bem $lsicatieiil;ofe; ein ^a\x^, ba§ mit einer burd^
ben Sob beö dorn. SBebelin ^^Uitlfamer erlebigten aSicarie Derbunben
war, lag ebenfaHö in ber £(auöftiaj3e, unb baö ©tabthn^ nennt eine
jiemlid^e 3a^l t)on ©eiftlid^en alö in biefer ©tra§e wol^nenb (©. 51).
aSicarieen ju grünben, um aKeffen für baö Seelenl^eil lefen ju
laffen, war bod; nur ben äßol^lljabenberen mögli(^. ®ö bilbeten fi(^
bal^er fromme ®enoffenf(^aftcn, bie ben Srübern unb itiren aSerwanbten
aud^ für geringere @aben an bem' S(^afe t)on frommen SBerfen unb
©ebeten 3lntl)eil ju erwerben geftalteten, bie gemeinfam für bie geftor^
benen 3Jlitglieber 3Jleffe lefen liegen unb fomit au(§ für baö ©eelem
l^eil ber Slermeren ©orge trugen. SDie 3al^l biefer ©enoffenfd^aften
ift nid^t fo gro§, wie anber§wo, unb wie man nad; bem geiftlii^en
ei^aracter ber ©tabt erwarten fottte.
1) S)er ^alanb) 0«) ift bie ältefte S3rüberfdE)aft. SDiefer würbe 1 267
begrünbet unb beftanb, wie bie alteren SSerbinbungen biefer 2lrt, nur
aus Älerifern. 6r befd^ränlte \\S) nid^t auf ßolberg, fonbern umfaßte
alle ^lebane, fpäter überl^aupt alle ©eiftlid^en beö ©olberger unb ^U^
liner SanbeS, 1343 nennen fid; bie 3)Utglieber fratres Kalendarum int er
Persantam d liadugam flumina. 2)er Sifc^of geftattete il^nen in ber
©tiftungöurfunbe, jäl^rlid^ jn:eimal im lieiligen ©eiftl^aufe in ßolberg
Sufammenfünfte ju Italien, um ju[antmen burd^ ©ebet, aJleffen, ©penben
aller 3lrt baö ©eelenl^eil ber geftotbenen 33rüber ju förbeni. Sei ber
SBeftattung eineö 3JJitgliebeö foH jeber Sruber jugegen fein. SDie 3Kal&-
nung, bie 3nfammenfünfte o^ne £ätm unb ttebermutl^ ju l^alten, jeigt,
ba& fd^on banmlö biefelbcn leidet ju ben wüften ©elagen ausarteten^
— 210 —
tt)cl($e fie fpäter berüt^tigt tnad^ten. S)em Äalanbc wirb baö befonbere
SBorre^t t)etlie]^en, baj3 bie ©d^ulben bcö geftorbenen Srubetö von ben
SRenten feines Seneftciumö bejal^lt toerben foHten, fo ba§ ber Slai^folger
«tnfonft arbeiten mu^te, ober ba§ Slmt feinem el^er übertragen werben
fonnte, bis bie ©d^ulben getilgt waren, S)afür legte il^nen ber 33i=
fd^of bie SBerpflic^tung auf, bie Sterbetage feiner SSeriDanbten, feines
SBaterS Sambert von ©leid^en unb bes ©rafen §einri(^ t)on ©lei^^
(^en, burd^ eine 3Keffe ju feiern, unb feiner übrigen 2lngel^örigen,
feiner ©d^weftern Slbele unb ©opl^ie unb §einrid)S, bes ©rafen
§einri(^ ©ol^n, bei ber aJleffe wenigfienö ju gebenfen. SDie ©ef(^äfte
beö Äalanbs beforgten ein "^etan unb ein Kämmerer; als fold^e werben
1343 bie ^^lebane SBulfotb in aWarrin unb §emtann in SRüfeow ge^
nannt ®ie Srüberfd^aft fonnte nidEit red^t in bie §öl^e fommen. Stn
Saläre 1356 ^atte fie im ©anjen erft 160 SJlar! jufammengebrad^t,
bie nid^t ausreichten, um einen befonberen 3lltar ju begrünben, xmb ba
fid^ man(^e SKitglieber ba^on getrennt l^atten, fo überließen bie übrigen
buri^ il^re SBorftel^er §ermann, ^leban in 9iüfcon), unb 2lmelung,
aSicar in ©olberg, bie ©umme bem ©apitel, um fie jur a3erbefferung
eines anberen 33eneficiums ju üerwenbcn ^^). 9lls SUiitglieber werben
um biefe 3eit aufgefüljrt bie ^lebane: Soi^anneS in S3aft, Soi^annes in
Swilipp, §ermann in Seffin, Äriftian in 3Köllen, ^^etrus weilanb in
©d^ultenl^agen unb beffen SBicepleban 9)?artin, Soi^annes in 9Ufeene,
§artmob. in S)egow, 3llbert in ßorbliagen, Sfjieberic^ in 33i^idEer,
äßemer in Ärafeig (Ärafeenif). S)ie ®efBßfd;aft fd^eint fid^ bamals ober
balb barauf aufgelöft ju l^aben.
2) 3n bem Salute, wo ber Äalanb jum legten 9)tale genannt
wirb, bilbete fid^ in ßolberg bie l^eilige Seid^namSgilbe mit einem 2lltar
von 30 ajlarf jäl^rlid^er SRente ju ajlemorien für bas ©eelenl^eil fämmt^
lid^er SSrüber unb ©(^weftern. 3)ie ©enoffcn[d[)aft l^atte bamals 4 ^sto^
t)iforen, jwei ©eiftlid^e unb jwei Saien, barunter Hermann ©lafenapp,
imb fül^rte ein eigenes ©iegeP^).
3) SDie gilda St. Petri unb Pmili Romanorum 1472 (©tabtb.).
4) SDie ©t. SlmiemSrüberfdEiaft, 1492 genannt.
5) S)ie anarien^Srüberfd^aft in ber ^olfenfapeUe, 1500 erwäl;nt.
(Snblid^ bilbete aud^ baS (Sapilel felbft eine 2lrt von «rüberfd^aft,
in weld^e audf) Saien für eine freiwilig^ ^oS^t ber eintritt »erftattet
war. ©0 fd^enfte SSincentius §olf 1364 ^3) bem ©apitel 3 Saft ©alj,
wofür es il^n unb bie ©eelen feines Sßaters unb feiner 3Wutter „in bas
— 211 —
®cbä(3^tm^ ber SBrübcrfc^aft aufnal^m unb fle ber SBirfung aUcr guten
SBerfe tl^citl^aftig mad^te, tüeld^c e§ ju ©taube gebrad^t l^älte/' SDte
Sal^l berer, bie, unb oft mä) auf bem Qkxhcbeüt, in bie Srüberf($aft
eintraten, muft fel^r bebeutenb gewefen fein, ba ber SRatl^ eö für
.n)i($tig genug |)ielt, mit bem ßapitel ein befonbereö 9lbfommen ju
treffen, hmä) meli^eö ungebül^rli(^en ©rpreffungen babei t)orgebeugt
toerbcn foDte. 2)ie 2)oml^errn foßten mit bem jufrieben fein, waö ©ter^
benbe, bie i^re Srüberf(^aft begel^rten, freiwillig f(^enften; aud^ bie
^riefter, ©d^utgenoffen unb ©d^üler foHten bei bem Segräbniffe über
ba§ freiwillig ©efpenbete l^inauö feine gorberungen erl^eben^).
2)ie SBol^ltl^ätigfeitöanftalten für 3lrme unb ©ebred^lid^e ftanben
unter ber ätuffid^t beß 9latf)ö unb ber von ilim an§> feiner 2Jlitte unb
ber 33ürgerfd^aft beftellten ^>roüiforeu, l^ingen aber aud^ eng mit bem
fiirc^enmefen jufammen, eö mag bal^er il^re ©efd^ii^te \iä) glei(^ l^ier
anfd^liefeen.
SDie beiben älteften ©pitdter finb bie von ©t. ©pirituö unb ©t.
©eorg; über il^re ©ntfiel^ung unb bie ältere SBeftimmung von ©t. ©eorg
jur Slufnal^me ber äluöfafefranfen ifi fd^on ©eite 57 gel^anbelt.
SBeibe 3lnftalten Ijaben flöfterlid^e @inri($tungen (^eijsen aud^ mit«
unter gerabeju monastma unb il^re Snf äffen godeslitde), unb finb
einer gemeinfamen £eben§orbnung untermorfcn: fie befud^en ju be-
ftimmten Seiten bie ÄapeHen il^reö ©pitafe unb beten au(^ bei 5!Jfe^
morien, bie ber 9iector l)ält, für baö ©eelenl^eil ber SBol^ltl^äter
be§ §aufeö. Seren ift eine gtofee 3al^I; eö finbet fid^ fein 2e^
ftament, meli^eö ni($t ein größeres ober fleinereö Segat für bie ©pi=
täler entl^ielte. ©ö mirb unterfd^ieben jraifd^en ben ©pitaffeuten in ber
sammelinghe unb buten der sammeliiighe. 35ie lefeteren jal^tten
ein l^öl^eres (Sinfaufögelb unb genoffen bafür eine beoorjugtere ©teHung.
SDer ^riefter Gilbert Sene, ber fid^ 1380 (©tabtb.) für 200 SIKarf in
ben l^eiligen ©eift einfaufte, erfiielt ju feiner ^räbenbe eine eigene
3eHe mit einem ©arten unb l^atte eine S)ienerin ju feiner Pflege; oon
bem Kapital mürben il^m no(^ augerbem, fo lange er lebte, jälirlid^
16 SWarf SWente gejal^lt, na(^ feinem Sobe fiel es.bem©pital ju. S)er
^reiö für eine gemöl^nlic^e ^^röbenbe mar geringer. S)er Sürgermeifter
Submig Süoerfen jal^lte für feine SUJagb Splfe, bie er in baö ©pirituö-
fpital einfaufte, — uid^t feiten jeigt fid^ in ben Seflamenten in biefer
— 212 —
SBeife ober in Heinen Segaten ltebrei(^e ©orge für treue 2)tenftboteit —
eine Seibrente t)on 50 aJtar! an ba§ ©pital, wofür fie t)on biefem,
fo lange fie lebte, jäfirlid^ 5 9Karf erl^ielt. 3ni ©t. ©eorg, wo nod^
längere Seit aud^ bie 3Kifetfüd^tigen aufgenommen würben, fd^einen
bie ©infauffummen geringer geioefen ju fein. SDer SBürgermeifter
Samme jal^lt 100 aWarf nnb erl^ält bafür eine befonbere 3elle (casci)
unb eine jäl^rlid;e 3lente \m\ 11 SRarf; alö @in!aufögelb für eine ge:=
n)öl^nli(^e ^röoe wirb wieberl^olt 34 3Jtar! angegeben. — S)er 9latl^
l^atte mel^rfad^ ®elegenl;eit, feine gefefegeberifd^e Sljätigfeit awi^ auf bie
§ö§pitäler auöjubelinen, inn eingefd^licljene 3)iiPräud)e abjufdfiaffen.
S)en ^röonern würbe im Saläre 1429 unterfagt, ajJutter, Sd^weftern
ober SBrüber in if)re Seilen ju nel;men, weil barauö §aber mit ben
aWitbewol^nem entftanben war, unb mel^rere %'dSit grober Unjud^t, bie
furj na(^ einanber im ©pirituöl^oöpital oorgefommen waren (einmal
burd^ einen äJJönd^, woniwke^ presfere^ itrnnnario) xmb fogar ju
Äinbeömorb gefül^rt Ratten, t)eranlaJ3ten 1429 ben 33ef(^lu)3 beö 5Watt;ö,
baJ3 l^infort feine ^röoner ober ^^röonerinnen unter 50 3al;ren aufge^
nommen werben foHten^^).
3m Saläre 1614 würbe oom 9tatl;e rerorbnet, bafe, wenn Semanb
in beti ©pitälern ol^ne (Srben t)erftürbe, beffen @rbfd)aft jum Seften
ber ©pitäler oerfauft werben fottte*
Snt ©t. ©pirituöl^oöpital würben 1766 40 ^serfonen, im ©t.
®eorg 36 verpflegt, jefet finb in jenem ©pital 40 §oäpitaliten mit
ganjer §ebung (oon je 10 Si^alern) unb 20 mit l^alben (oon 5 2f;alern),
im ©t. ® eorg 30 §oäpitaliten, bie meiften mit einer §ebung oon 1 8 %^\x.
S)a§ ©iec^enl^auö beftanb fd^on H80; eö lag an bem 3}Jöndjem
tl^ore. aitö bie „Slfengefettfd^aft" (f. 6ap. il) fid^ auflöfte, befd^loffen
i^re 3Sorftel^er, baö oor^anbene ©apitat oon 100 3)farf jum 3lnfauf
eineö neuen ©ied^enl^aufe§ ju t)ern:)eiiben. S^ieö lag bem alten gegen^^
über. @§ würbe bort fein 3lufnal^megeib beja^lt. 3)aö ©ied;en^auö
(am Sädereiplafe) ift jefet eingegangen, \>a^ ßapital fällt bem ©pirituö-
i^oäpital ju. S)aö §auö ift jum 3lrbeit^3= unb ilranfeii^aufe umgebaut
Ueber baö ©ied^enl^auö unb ^^Jefttjauö t)or bem ©leint^ore f.
©. 58.
2luj3er ben unter bem Jiatl^e ftel^cubcu öffeuttid;eu airmen^äufern
würben nod^ jwei gleid^artige 2lnftalte:i oon ber 3Kitbtt)ätigfeit einjelner
gamilien gefd^affen.
1) SDaö ©d^lieff enl^oäpital, Don ber ben ©djlieffen na^e t)er-
— 213 —
wanbten g^amtlie bet ©(StteHe (Snellehe) vox bem Saläre 1437, voo eft
juctft im ©tabtbu(^e crraäl^nt tüirb, gcgrünbet unb anfänglich Snelleken
hilghe ghyst genannt, ©cit wann bie ©d^Iieffcn baö ^atronat l^abcn,
n)irb nirgenbö angegeben; iebenfaffö entplt baö Jfeftantent t)on §anö
©(ablief L (nont Saläre 1431) feine Seftintntung, bie fid^ auf bieö §00:^
pital bejiel^t SDie 3a]^l ber Segate für bafjelbe ift gering. §anö
©(^lief II. t)emtad^te ben 95en)ol^nern beffelben eine SRentc t)on jäl^rlid^
16 aRarf. 2lu^erbem l^at urfunbli($ nur nod^ Sürgemteifter 3llbre($t
Sabe ein fleineö Segat t)on 1 3Warf jäl^rlid^ bafür geftiftet.
SRa(^ einer neuen, 1612 t)on ben ©(^lieffen gegebenen §au§orbs
nung entl^ielt ba§ §o§pital 20 ?pröt)en mit beftimmten Hebungen,
meli^e bie ^röDuer t)on ben ?Prot)iforen be§ §aufe§ (9Jlitglieber ber
fjamilie) aud^ bann empfangen follten, menn bie ©innal^men be§ §aufeö
nii^t au§rei(^ten. Säuger ben etgentlid^en ^rönnern mofinten in bem
§0SpitaIe unb feinen Hellem no($ eine gro§e 3af)l t)on foI(^en, meiere
eine burd^ ba§ Sal^r beö (Eintritts beftimmte 2lnn)artf(^aft auf eine er^
lebigte ©teile l^atten. Sei ber Slufnal^me mu^te nac^ bem 3Sermögen
ein Saugelb bejal^It unb ben Semol^nem beö ©pital§ eine Sonne 93ier
gegeben merben. S)iefe l^ie^en nad) aller SBeife Seginen (geiftliify fid^
l^altenbe g^rauen) unb ftanben unter Sluffid^t einer üon ben ^roniforen
ernannten ^rioriii („§ubefrau"), muffen alfo menigftens jum größeren
ST^eile aus g^rauen beftanben l^aben. SBie bie ©otteöleute in ben ftäb:^
tif($en ©pitälern, l^atten fie il;re befiimmte £)rbnung: ber Sag begann
unb fd^lo)^ mit gemeinfamer 3lnbad^t. Segröbnipelle für fie mar ber
^lafe auf bem Äird^l^ofe liinter ber ©d^lieffenfapeUe ^ß). — SDaö §00^
pital l^at jefet SHaum für 52 ^erfonen in 27 SBol^nungen, bie 20 alle::
ften §o§pitaliten erl^alten au^er ber SBol^nung (SinbenftraBe SRr. 331)
nod^ 10 S^lr. 10 ©gr. 2 ffg. ^oAxox^ ift jefet ®raf S^eobor t)on
©d^lieffen, aWajor im ®arbe bu 6orpö.
2) SDaö Äunbenreid£)^olfefd^e §oöpital. ^ ©d^on t)or 1421 beflanb
ein mal^rfd^einlid^ t)on bem Sürgermeifter SSincentius §olI begrünbeteö
©pital armer Seute, meld^es unter ber 3lufftd^t t)on SBobbefe §olf, ber
®M\\\ beö Sürgermeifterö, ftanb. Sn feinem Seftamente (1421) über^
trug biefer bie ©orge für baffelbe feinem ©ol^ne §an§ unb mieö il^m
feine Hebungen auö ©effnom unb 3?edEtün, auö feinem 2ldfer an ber
3JJa)Bnife unb a\\^ bem ©unbe (©tralfunb) ju, um Sutter, gleifd^ unb
SDorfd^ für bie 9lrmen ju faufen. ®a neben bem Äorne avi§> ©eHnom
unb SRedEnin jä^irlid^ aud^^l90 §ü]^ner geliefert mürben, mürbe ba^
— 214 —
©pttal an^ „her ^ül^ner l^etltge ®etft" genannt, ©tcfc SRatutalabgabe
war fpäter in eine ©elbabgabe, für jebeö §u]^n 1 gr., t)errt)anbelt
2lfe ^iä) ober 1552 bie ©ottesleute beflagten, baJ3 fie baö gebratene
§ul^n, welches fie fonft an gleifi^tagen erl^alten ^tten, ntd^t mel^r be^
fämen, würbe t)erorbnet, baß fid^ bie $rot)iforen mn ben S3auem wieber
Äom unb §ü]^ner ftatt beö ©elbeö %eben laffen fottten. — 2)er 33ür=
germeifter §anö §oH erweiterte bie Stiftung feines SBaterö; er
f(ä^enfte im Saläre 1437 eine ^aufteile (area) in ber Älauöftrafee jur
®rrid^twng eines §oöpitaI§, wo fc^wad^e unb gebre(^li(^e Seute, „bie
faum no(^ gel^n fönnten", aufgenommen werben fottten. SDie von i^m
eingefefeten ^rooiforen SRifkö ©d^Iief, Semmefin Sßergaft unb ber ©d^u^^
madier Spberid^ SRald^in fottten über bie Stufnal^me in baffelbe beftim«
men^^). SDer atatl^ befreite ba§ §auä mn atten abgaben. 2ll§ e§
1630 abbrannte, würbe eö jwar wieber aufgebaut, unb ber ©tette t)er^
blieb ber SRame „§ül^ner l^eilige ©eift", bo(^ bie eigent(i($en ©pitat
leute wol^nten feit ber Seit in einem §aufe am Äatbaunenberg^.
SDie aSerwaltung be§ Seftamentö, bie nad^ 1500 an bie ©(^lieffen ge^
!ommen war, würbe biefen bur^'baä bifd^öflid^e §ofgerid^t (1541)^^)
entjogen unb ben Sulgrinen, bie ein befferes älnred^t nad^wiefen, juge=
fprod^en. SSon biefen fam baö ^atronat auf anbere 3lgnaten ber §olfö,
bie V. Sraunfd^weig unb Äunbenreid^. Sie ©tiftimg befi^t jefet 24,550
Spater an Saaroermögen unb an ©runbftüdfen außer bem §ül^ner l^ei^
ligen ©eift brei §äufer, jwei in ber SBenbeftraße (baoon eins bie alte
©d^arfrid^terei) imb ein§ in ber Älauöfiraße. ®inö berfelben !ann, wenn
eine unbemittelte Sel^rer^ ober ^rebigerwittwe ba ifi, biefer gegeben
werben. 3n ben anberen §aufem finb 23 2Bo|njetten, in benen arme
unb würbige ^erfonen, junäd^ft auö ber g^amilie beö ©tifterö, mit ober
ol;ne älufnal^megelb SEBol^mmg pnben. Sie übrigen ©innal^men fommen
bürftigen gamilienmitgliebern ober anberen älrmen ber ©tabt ju ®ute;
260 2f)aler werben jäl^lid^ alö ©tipenbien für ©tubirenbe unb ©d^üler
oerwenbet. — Patronin ift jefet ^xan Suftijrätl^in SUlariane Sweigert
geb. Äunbenreid^.
Xuffdmmeit M ©efd^led^tö ber D. @(i^Iieffeu. 3)te gtd^e ^el^be mit
»ifdjdf, eapitel, |)erj09 unb «bei Streit mit OJlim
Serfpetrung ber Slega»
3n bem langiDterigen iinb fi^wereit Kriege ber ©tabt mit ßapitel,
33if(§of unb ^erjog, n)el(^er ben Sntialt btefeö 2lbf(^mtteö bitbet, l^at
ein Sürgermeifter auö bem §aufe ber ©(^lieffen eine l^en)orragenbe
SloIIe gefpielt tmb feine gamilie ju ber erften unb angefel^enften ber
©tabt erhoben. @ö ift beö^alb nöt^ig, junäd^ft ba§ aHmä^Iiiie SEBad^fen
berfelben ju t)erfoIgen.
S)ie 3lnfänge ber gamtlie von ©(ä^Ueffen (Sleivos^ Sleef, Sleff^
Sleiie, Slyf, Slyff, Slyve, Slief, Slieff) finb fcä^on ©. 42 erjä^lt. Henning
t). ©(^lieff muf3 gegen 1378 geftorben fein; benn im Saläre 1376 wirb
er no(^ alö ^fannftättenbefifeer aufgefül^rt, unb 1378 erbt §enrifuö Sfuö
{Yms^ Yces), mal^rfi^einlii^ bem glei(^namigen Sioftodfer ^atricierge^
fd^lec^te angel^örig, t)on il^m, al§ feinem Ol^eim t)on mütterlicher ©eite, eine
^fannfidtte unb ben achten Sl^eil eineö §aufe§ in ber Srobfd^arrens
ftra^e. ©eine aSBittrae 3lbell^eib wirb 1380 ate @rbin eine§ Si^eilö
beffelben §aufeö unb eines ^^fannftättenantl^eite genannt. Sl^r ©ol^n
^ax[§^ fauft 1386 t)on feinem ©(|n)ager SJluttl^iaö (Sänge?) unb beffen
g^rau, feiner ©d^wefter Slbele, au§ ber mütterlii^en, il^r juftel^enben
®rbf(^aft Sl^eile beä obengenannten §aufeö unb einer ^fannftätte mit
SBeiftimmung feineö 33ruberö §einri(ä^. 2)iefer mirb nid^t lieber ge^^
nannt; §anö aber erfd^eint t)on Sctl^r ju Sal^r l^äufiger im ©tabtbud^e:
er fauft jwei §äufer in ber g^ifd^erjirafee, eins in ber Sauftrafee, ein
viertes in ber ^robfiä^arrenftrafee, er errairbt SBiefen unb Stderftüde an
ber 3WaJ3nife unb auf bem l^ol^en Serge, ©arten t)or bem ^fannfd^mieben*
unb ©tetnti^or, §öfe im Äetfenl^agen unb ©tubbenl^agen, il^m gel^ören
SRenten unb ^ä(|te in ©ettno«) unb Söorf, unb bie Ärüge in S)n)eritt
— 216 —
tinb ©cHiton) pnb il^m t)erpfänbet. 3luf bem ©aljbergc l^at er bis jutn
Satire 1410 8 biö 10 ^fannftätten gefauft, fd)on 1408 trägt ein M^
(in dem sahhe) feinen SRanten. Sliiffallenb ift, bajg er nur einmal
(1409) alö SRatl^niann aufgefül^rt wirb, fonft immer nur alö Bürger,
ber mitunter eines ber au^ t)on bürgern, bie ni(^t im SRatlie fi^en,
t)em)alteten 5Rebenämter befleibet. ®infa(^ Bürger nennt il^n m^ ba§
ßamminer Älofter (1403) in ber Urfunbe, in rr)el(ä^er es i^m unb feiner
„tugenbrei(^en Hausfrau" Suttefen (Subit)^) für eine Sd^enhmg t)on
50 9Karf jäl^rlid^ brei 9Jfeffen ju lefen t)erfpri($t ^), unb fo nennt er
\\i) felbft in feinem 1431 (30. Suli) abgefaßten Seftamente 2). 5Dem from^
men Srau^e feiner 3eit folgenb, befiimmt er in biefem einen bebeutenben
Si^eil feines a?erm6gens ju milbtl^aligen Swedfen, ju Stiftungen für
©t. ®eorg xmb ben l^eiligen ®eift, bas Älofier ju 3lltftabt unb bie
3Rarienfir(^e, aud^ bie 2Kön(^e in ©reifenberg unb ßammin ertialten
Segate, um SKemorien für fein ©eelenlieil ju l^alten. !rie Seibeserben
finb in bem Seftamente ni(^t bebac^t; baß er fie aber nid^t tjergeffen
l^at, jeigt eine 3lufjei^nung im ©tabtbud^e t)om Sa^^re 1432, morin
er feinen Söl^nen §anS unb ßlanjes einen Si^eil feines aSermögenS ab-
tritt unb feftfefet, baß, weil ßlames babet beüorjugt ift, §ans nad^ bem
Sobe bes Sßaters t)ön bem tiefte bes SßermögenS fo t)iel mel^r ertialten
foH, als etarocs jefet mel^r erl^alten l^at 3tn Saläre 1338 ober furj
t)orl;er muß ber aSater geftorben fein, ba bie ©öl)ne in biefem Saläre
einen SBergleid^ über bas t)äterlid^e ®rbe treffen. — 3Son ben beiben
©öf)nen erf(^eint ßlanies als ber unbebeutenbere, er ift 1354 f(^on
tobt, §ans bagegen l^at einen SRamen gewonnen, ber weit über ßolberg
unb bas ©tift ^inausreid^te. 3m Saläre 1430 l^atte i^n ber 5ßater
mit einer Soc^ter aSard^minS Dermäl^lt (©tabtbud^ ol^ne Angabe beS aSor=
namens) unb ifim 2 ^fannftdtten, jebe ju 1000 aJlarf, unb außerbem
1000 3Jiar! baar mitgegeben. S)aß i^m bie ©attin eine äfinlid^e 3Jlit^
gift jugebrad)t f)at, ift rorauSjufeften, ba na(^ ber 3luffaffung ber 6f)e
in jener 3eit eine gewiffe aSennögeuSgleid^l^eit erforberlid) mar. SKit
ber 9?ül)rigfeit beS Sßaters l^at §ans bas ererbte unb erlieiratfiete a3er^
mögen vergrößert: im Satire 1450 befaß er 17 bis 18 ^fannftätten
auf bem ©aljberge, ein §aus in ber alten g^ifd^er^, ein jmeites in ber
Sanbesbanbftraße, außerbem ©arten unb §öfe t)or ber ©tabt, 9tenten
in großer 3al^l in imb außer ßolberg. 3n l^öl^erem ©rabe, als fein
aSater, ber fid) oorjugsmeife auf bie SBermel^rung bes g^amitienreid^t^ums
befd^ränft ju ^aben f(^eint, manbte fid^ ber ©ol^n ben allgemeinen ftäb-
— 217 —
tifi^en Sntereffen ju. 3m Saläre 1426*) wirb er juerfl als ^Watl^mann
genannt, 1 0 Saläre fpäter nal^nt er einen her brei Sürgernteifterfifee ein
unb in bem balb baranf ausbredienben Kriege gewann er im^ bie
jäl^e Äraft unb rücffi^tölofe ©ntfd^Ioffenl^eit, mit weld^er er bie dieä)k
ber ©tabt gegen ben geiftlid^en Cberl^irten unb Sanbeöl^ertn ju maleren
unb ju erweitern terftanb, eine iiber ba§ gewöl^nlic^e S!J?a§ bürgere
meifterlid^er 3Kac^t meit fjinauöragenbe Stellung.
g^ür einen Äampf mit bem S3ifd^ofe lagen in g^olge ber attge-
meineit SBermirtung in ber fatl^olifd^en Äir(3^e ju biefer Seit bie SBer^
l^ältniffe entfc^ieben günftig. ^ie Äir(ä^ent)erfammlung ju 33afel l^atte
1439 ben il^ren Sefd^lüfyen wiberftrebenben ^apfl ©ugen IV. abge-
fefet, ol^ne inbefe in ber Caienroelt überall bie 33iIIigung biefes ©d)ritte§
erlangen ju fönnen. ©röjgere unb Heinere weltlii^e ©emalteit blieben,
in ber g^urc^t, bafe bie ju gro^e ©d^mäd^ung ber päpftlidjen ©eraalt
ein JU ftarfeö, ifjnen felbft gefäfirlid^eö 2lnn)a(ä^fen ber bifd^öflidEien
3Rad^t jur golge l^aben merbe, bem abgefegten ?papfte treu. 33if(^of
©iegfrieb von ßammin ftanb jum ßoncil, bie ßolberger ernannten
®ugen IV. al§ redf)tmäj3igen ^apft an. 3um S)anf für i^re Sreue
würben fie t)on i^m, wie anbere 3lnl)änger, mit rerfd^iebenen ^kiüite-
gien begnabet. S)ie SSerleifjungöurfunben finb t)ertoren gegangen; boä)
jeigen bie in bem Saläre 1449 unb 1467 jwifdfien ben ftreitenben ^^ar^
teieu abgef(3^loffenen Verträge, bafe mel^rere ber 2lrt üorl^anben waren,
unb fpätere Urhmben laffen anä) il^re 58ef(^affcnt)eit erfennen. ©in
von Sifd^of ajfarinuö 1480 beftätigteö ^^riDilegium ßugenö ^) entf)ielt
eine SBefd^ränfung ber SBirhntgen beö 93anneö unb Snterbictö für bie
©tabt; fonnte fid) frül^er ber einjelne 33ewo]^ner ber ©tabt, ber t)om
33atm getroffen war, nidfit bat)on löfen, fo würbe über bie ganje ®e=
meinbe baö unterbiet rerl^ängt, nad^ biefem ?)Jrit)ilegium aber burften
in fol(^em g^atle bie Äirdjen nxä)t mel^r gefd^loffen, ber ©otteöbienft nid^t
mel^r eingefteHt werben. S)ie übrigen ^^ripilegien muffen fid^, wie bie
fpäteren Sugeftänbniffe ber 33if(^öfe (f. ©ap. 1 1) jeigen, auf bie 33efd^räm
lung ber ©ompetenj ber geifttid)en ©erid^te bejogen l^aben, befonberö
beö t)ou biefem uad) eineut ber f(^limmften 9Jtifebräud^e ber fat^olif(^en
Äirdje in biefer 3eit beanfprud^ten SRec^teö, gälle, bie Dor baö Saiengerid)t
*) 1431 ift (nad^ «Sc^öttGcn Sllteö unb «KleucS ^ommcrl. @. 436) ein Sol»
berger 9lat^ö()err §anS (5d)Iicf im 5lloftcr SO^arienfron bei Oiügenroalbe 511 (Safte
geiuefen unb t^ai bem Älofter 1 fl. oerel^rt, um für tl)n unb bie ©einigen 5U beten.
2)iee fonn nur biefer §and junior gcmefen fein.
— 218 —
gel^ötlett, t)ox if)X %oxum ju jte]|en. ©ie waten für SoIBerg Befonberö
wx^t\%, ba ber getfilid^e Dberl^irtc jugleicä^ Sanbeöl^ett war unb baö
©treben bes ©olberger ©tabtgerid^tö, fein SRed^t^gebiet gegen baö^geift
Il(ä^e bes ^ropftes unb feines Dfficiafe ju be]^au|)ten, leidet jum Sufont::
menftoß mit ber ©tiftöregierung filierte.
®benfo wid^tig, toie bie Privilegien ©ugenö IV., war für bie
©tabt bie fittli^e SBirfung beö päpftli($en ©(ä^ufeeö. SBaren aud^ in
biefer Seit ber SSerwilberung beö fatl^olifi^en Äleruö, bie, wie wieberl^olte
©t)nobalbef(^lüffe jeigen (von 1437, 1454), au(^ im ©tifte unb in ber
©olberger ®eiftH(3^feit um ft(ä^ gegriffen l^atte, bie Sanbe gelodert,
weli^e fonft bie §erjen ber 3Renf(3^en an bie Äird^e fnüpften, unb bie
Bürger von ßolberg, niemafe ganj feft in ber gläubigen SSerel^rung
beö Äleruö, mel^r aU fonft ju trofeiger aiuftel^nung geneigt, fo mad^te
fi(^ hoä) immer wieber ber alte ©influfe geltenb, unb ber Jlir^enbann
laftete fd^wer auf ben ©emütl^ern ber unmünbigen aJlenge. ©o aber
ftanb gegen bie niebere Slutorität be§ Sifiä^ofö bie pl^ere beö ^apfteö
auf ber ©eite ber 33ürgerf(^aft, bie Sluflel^nung gegen ben geiftliiä^en
Sanbeöl^errn prte auf eine nadte ©mpörung ju fein, fie würbe im
Flamen ber oberften red^tmäjsigen Äird^engewalt gegen ben fefeerif(^en
Slnl^änger be§ ©oncife unternommen,
3nbej5 ber eigentlii^e unb tiefere ®runb be§ ©treiteö tritt erft
fpdter beutlid^ an baö £i(^t, bie näd^fte SSeranlaffimg jum 3ufammen=
ftofe ber ©tabt mit ber bif(^öfli($en ©ewalt gab ein ßonftict, in weld^en
fie mit bem ßolberger ßapitel geratl^en war.
3n bem erften Saläre ber offenen gelobe l^at bie ©tabt jwif(^en
ben beiben runben ©teintl^ürmen beö 3Künber Sl^orö 'einen mit einer
Snfd^rift, wel(^e ftd^ auf bie ©reigniffe beö Sal^reö bejog, t)erfe]^enen
©tein einfefeen laffen. ©erfelbe würbe 1662 wegen ber Saufättigfeit
beö Sl^orö abgenommen unb fpäter in bie Sibliotl^ef ber 3Karienfir(^e
gebrad^t, wo er nod^ ju feigen ift. S)ie Snfd^rift lautet:
Na der bort des kern MCCCGXLIL Jarn
herloch Buggheslav mit sinen V eddern unde Stighte Colberch viende warn:
De papen dreven dat nich recht
dat Soltherg havene worden schlecht
dit dor wi mosten buen
dat makede ere untruwe
dama hebben se gestan
Colberch scholde jo verghan
Got dit unrecht van uns wende
nicht gelovt un darmede en ende.
— 219 —
jDffenBar entl^ält btefe 3nf$rtft bte SSerantaffungen jitm ©ttettc.
SBie btr ©alaberg btcö werben fonnte, ift unfi^wer ju etfennen. 3la^
ber SSegrünbung ber beutfd^en ©tabt l^atte baö ßapitel feine aä)t ©alj*
fotl^en ber ©aljgilbe überlaffen nnb fid^ mit feften, in fpäterer Seit auf
beftimmte ^fannftätten gelegten ©aljlieferungen begnügen ntüffen. S)a
bie f(^riftli(ä&en Slnfjeid^mmgen l^ierüber vox ber ©infül^mng beä Roff)^
bud^eö iebenfaHä fel^r mangell^aft waren, fo konnten ©treitigfeiten über
bie §öl^e ber Hebungen faum ausbleiben, 3)ie wid^tigen SSeränbe:;
rungen, bie um 1444 in ber ©aline burd^gefül^rt würben (f. @. 132),
gaben bem alten ©treite eine ftärfere ©pannung. Seibe Parteien
matten, ba burd^ bie Siegelung beö Äotl^enwefenö ©ewinn auf ber
einen unb SSerluft aaif ber anbem ©eite für alle Seiten feft beftimntt
würbe, bamals il^re 2lnfprüd^e ftärfer geltenb. £)b \ä)on ein ©treit
jwifd^en bem ^ropfie Safob ^tatl;e (v. ^laten) unb ber €tabt, welcher
im ^ai)xe 1419 burd^ eineit SGergleic^ beigelegt wirb, biefelbe Sßeran^
laffung gel^abt l^at, ift au§> ber aSerglei(^§ur!unbe t)on biefem Saläre
ni(|t ju erfel^en; aber fc^on 1432 flagt ber ßolberger tropft Soi^ann SJar^
gafee, ba§ er für bie SSertl^ibigung ber ©üter unb ©ered^tfame beö ßapitelö
täglid^ 2lu§gaben machen muffe, unb 1450 glei(^ na(^ 3lbf(^lu§ beö
griebenö wirb au§brüdfli(^ ^,de grote kyff und a7imll, de scheu is"
auf ben ungeorbneten Suftanb ber ©aline jurüdfgefül^rt. Db mm baö
©apitel mit feinen g^orberungen im Steinte war, ober ob Slatl^ unb
Sürgerfd^aft nur unred^tmäfeige Sltifprüd^e jurüötoiefen, lä^t ft(^ nid^
entf(^eiben. 3luf ftäbtifd^er ©eite war man geneigt, bie ©d^ulb priefter^^
li(^er Habgier jujufd^ieben; bod^ ift nid^t ju leugnen, bafe bie §ebungen
beö ßapitelö in fpäterer Seit weit geringer waren, alö man nac^ ben
SBeftimmungen ber alten Äauföerträge auö ben erften Sal^rjel^nten ber
beutfc^en ©tabt l^ätte erwarten foHen.
©(^werer ift ju begreifen, wie ber §afen einen ©treit uerurfac^en
fonnte, ba fid^ feine Slnbeulung t)on einem ätnred^t beö ßapitelö auf
i^n finbet, SBir wiffen nur, bafe bie ©tabt fi($ in biefer Seit beö ^a^
fen§ eifrigft annal^m, 3m Saläre 1444 (©tabtb.) befd^lofe ber SRatl^,
ba§ fein Siefiament gültig fein follte, weld^eä nid^t ein £egat für bie
SBeffentng beö §afend entl^ielt, unb bie „§afenfu^ren'', t)on weld^en
ber S3ürgermeifier 2llbred^t SBabe (1478) burd^ Ueberlaffung feineö än^
tl^eilö am Solle an bie ©tabt fein §auö frei mad^t, mögen in biefer
Seit afe neue ^flid^t auf bie §äufer gelegt fein. @§ ift möglid^, ba§
fid^ baö (Sapitel geweigert l^at, biefem 33efd^luffe bes SRatl^ö für fid^
— 220 —
f^olge ju geben unb p bent 3tu§bau bes §afeu§ beijuttagett, ben e§
bo(^ ol^ne Sweifel au(^ felBft jur SluSful^r be§ Äoni§ t)on fetntm ®ü-
tem bermfete. — ®anj bunfel ift bie SSe^iel^ung, in weiter baß neue
Sl;or (f. fpäter) ju bent (Streite fielet.
®in iwax mä)t bei glei^jeitigen ßl^roniften ^) fi(3^ fxnbenber, an
\iä) aber ni^t unglaubwürbiger Sßorfatt foH hen offenen 9lu§brud^ ber
g^einbfi^aft bewirft l^aben. — ©in ©d^olar (fo l^ei^en bie Bä)üUx, aber
and^ bie Älerifer, weld^e bei ber aWeffe miniftriren unb ©d^ule l^alten)
l^atte bie 3Kagb feines Sffiirtl^eS, bie juglei$ beffen SJerroaubte war, ner^
unel^rt unb war bafiir t)on biefem am Raupte rerrounbet worben. S)er
SSerwunbete brad^te bie ©ai^e t)or ben bifd^öffid^en ©fficial, ber nun
ben Bürger vor ba§ geiftlid^e ®eri($t dtirte. SDiefe 3SorIabung raiber^
fprad^ einer auf ber ©pnobe von 1437 t)on Sifd^of ©iegfrieb beftä::
tigten 3Serorbnung, mä) welcher Saien in weltlid^en Singen nur t)or
ba§ weltlid^e ©erid^t gebogen werben burften, unb ber SBürgermeifter
§anö ©d^Iief nerbot beöl^alb bem 93ürger, il^r golge ju leiften. 3l(ö
nun bie ©rbitterung von beiben ©eiten auf ben l^öi^ften ®rab geftiegen
war, ba fprang §anö ©(^lief eineö ©onntagö in ber Äird^e wäl^renb ber
aJieffe t)or ber ganjen ®emeinbe auf eine 33anf bem ^rebigtftul^l gegenüber,
nannte ben Sifd^of einen Äefeer, aSerrätl^er, ^ropl^anen unb ajfeineibigen,
fiürmte unb t)erwüftete bann ben Sifd^oföl^of unb lieB be§ Sifd^ofö
Kapellan unb 5Rotar alö 3JJiffetl^äter fortfc^leppen ^). Offenbar wollte
ber Sürgermeifier ben ®egner beö ^apfteö nid^t mel^r al§ ba§ red^t^^
mäßige Dberl^aupt anerfennen, unb ber Sifd^of l^atte wol^l nid^t ganj
Unre^t, wenn er benfelben befd^ulbigte, er l^abe il^n t)on '®l^re, ©tanb,
SBürben, ßanb unb Seuten bringen wollen. Sefct wi(^ ßapitel unb ®eift'
lid^feit aii§f ber ©tabt, ber Sif^of fd^teuberte ben ^ann gegen §anö
©d^lief unb feine ®enoffen, unb e§ begann offene g^el^be.
3n feiner ©igenfd^aft al§ ©d^irmt)ogt beö ©tifteö trat nm So-
giölat) IX., ber feit 1436 mit bem Sifd^ofe außgeföl^nt war, alö SSer^
mittler in ben Streit ein unb beftimmte no($ in bem Salire 1442
bem ©olberger Sürgermeifter unter 3ufid^erung freien ®eleiteö einen
Sag in Treptow, wo jwif^en ben ^Parteien über einen 9lu§gleid^ ner-
l^anbelt werben foBte. 3lrgIo§ unb im guten ©tauben an bie ©l^rlidE)?
feit feiner ®egner erfi^ien ber ©elabene. 9lber ber geiftlid^e Dberl^irte
beö ©tiftö war ju erbittert auf ben rüdfid^tölofen ®egner, auf ben ner::
malebeiten (jnalediclus) ©d^lief, wie er il^n fetbjl in bem trodenen
®efd^äft§ftile einer ©c^utbüerfd^reibung nennt, bie er 1443 (3. 3Jlärj)
— 221 —
beut ßammtner ©apitel für 300 tl^m jur gortfül^rung feiner g^el^be mit
jenem üon bemfelben bargeliel^enen ©ulben auäftettt ''), um bie ©elegen-
^eit Dorübergel^en ju laffen, il^n für feinen freiten SEro^ ju jüd^tigen;
er verleitete ben §erjog, fid^ über ©{)re unb Siedet Ijintoegjufefeen unb
®d)Uef trofe bes jugefi($erten ©eleitä feftjunel^men. aSon feinen par^
teiifd)en Jiid^tern verurl^eilt, Seib, ®^re unb ®ut verbrochen ju fiaben,
würbe er in ein ©efängnijg geworfen unb nur gegen bie 3ufid^erung
einer fc^ioeren Söfungöfiimme wieber freigelaffen ^).
3tad) ßolberg jurüdgefel^rt, verlangte Sol^ann ©d^lief, ba§ ber
?ftaü) bie 3al^tung ber S3uBe übernel^me, ba er ber ©tabt wegen in ba§
©efängni^ gefommen fei. 3war l;atten anä) öifd^of unb ©om^errn
i^ren 2lnl;ang in ber Stabt, aber bod) nur bei einem geringen 33ru(^'
tl^eile beö SWat^ö, ben brei Siatl^mannen ©etmer §orn, Sertolb SBerte
imb §inri^ ©tubbe, fanb bie g^orberung beö Sürgermeifterö SBiber-
fprud^. ©ie würben bafür von i^ren 5Ratl)öftül^len gefiofeen unb ver^
feftet unb verliefen mit einer 2lnja^l „fd)li(^ter Sürger" * bie ©tabt*
Snbejs mufe ber Slatl) junäc^ft ju ber aJieinung gefommen fein, bafe
überhaupt feine SSerpflii^tung vorläge, baö bmä) einen SWedE)töbru(^ er:=
preßte SSerfprec^en ju erfüllen, bie 3aljlung würbe verweigert, unb ber
gelbbebürftige §erjog, ber fid^ fo um eine gute ©umme gebrad^t fal^,
würbe jefet mit bem 33if(^ofe jufammen ber offene geinb ber eö mit
bem SBürgermeifter l^allenben ©tabt.
@ö war eine SBerbinbung, bie ftarf genug fd^ien, ben %xo% ber
©tabt JU bred)en unb fie jur SRai^giebigfeit ju beftimmen. Slber nid^t
bto§ auf hen 3tatl^äftül;len unb in ben ©tein^äufem ber ^atricier, aud^
in ben 3unftftuben, in SBuben unb kellern gab eö, wie ju allen Seiten
in ßolberg, ^arte Scanner von trofeigem ©elbftgefül)l, unb faft eim
mütl;ig fi^arte fid^ bie Sürgerfi^aft um ben fü^nen gül^rer ju entfd^lof^
fenem SBiberftanbe. Slm 25. Suli 1443 lagerte fi(^ ber §erjog mit
einem nid^t bebeutenben §eere vor ber ©tabt. @r i^atte fid^ getäufd^t,
wenn er auf ben ©d^redfen red)nete, ben fein ®rfd^einen auf bie Bürger
ausüben würbe. SUiangel an Sebenömitteln unb bie ©rfenntnife, ba^
er mit feinen unjureic^enben 3JJitteln bie fefte ©tabt niä)t nel^men werbe,
bestimmten i^n fd^on nad^ brei Sagen jum 3lbjug.
„5Der ^ergog l^at in bem Äriege viele SDinge getrau, bie weber
/lerlik nod^ gottik waren", fagt ber SübedEer ßl^ronift. S)a offene
©ewalt nic^tö ausrichtete, fottte äJerrat^ l^elfen. S5er ^erjog war von
©egneru ©d^tiefö in ber ©labt in Äenntnife gefefet, er werbe an einem
— 222 —
bcflinittiten Sage bte äujseren Pforten ber ©tabt offen finb^n. 3)er 3ln=
fi^Iag TDurbe aber bem SRatl^e l^tntetbrac^t, uitb biefer befd^Iofe i^n ju
benufeen, um bem ^erjoge eine füi^lbate Seigre ju geben. 9Jlan lie^
ba§ älu^entl^or — eö fann nur bte 3ingelpforte bei ©t. ®eorg geraefen
fein — offen, befefete aber baö innere 2i^or mit Süd^fen (Äanonen).
deiner wel^rte bem §erjoge ben ©intritt in bie SSorftabt, ate er [\ä)
aber bem ©teintl^ore näherte, brad^ten il^m t)on ba ©tüdfugeln einen
raul^en ®ru§, bereitgel^altene SKannfi^aft [türmte i^m an^ bem Si^ore
entgegen, unb eine jweite ©d^aar, bie aM einem anberen Sl^ore l^eroor^
brad^, griff bie §erjoglid^en im diMm an. S)a würben oiele oon biefen
erf(^lagen ober gefangen genommen, unb ber SJefi flol^ mit ©(^aben von
bem g^elbe.
§atte anä) bie 33ürgerf(^aft jweimal i^inter il^ren feften aJlauenx
ben Eingriff beä §erjogö jurüdgewiefen, fo gebot i^r hoä) bie S?orfi(^t,
fi(^ naä) frember §ülfe umjufel^it; benn eö mar ju erwarten, bap jener
m(^t ol^ne SEBeitereö feine Jlieberlage t)erf(§merjen, fonbern mit §ülfe
feiner l^erjoglid^en SSerwanbten unb ber ©tabt ©ößlin mit if)rem ain^
l^ange, bie in l^erfömmlii^er 6iferfu(3^t auf bif(|öfli(^er ©eite ftanb,
einen SRac^ejug unternel^men merbe. 2lm 11. Suli 1444 finben mir
ben Sürgermeifter §an§ ©(^lief in ßalmar bei ßl^riftopl^, bem 5iönige
t)on ©(^meben, SRormegen unb 2)änemarf, mo er \iä) von biefem ein
SBappen t)erleil^en läfet: einen filbernen ©d^ilb mit einem l^eibnifd^en
Raupte auf einem Stumpfe ol^ne 2trme, ber Stumpf rotl^, §aupt unb
§ate leibfarbig, 33art unb §aare gelb, mit einer rotten, mit Hermelin
unterzogenen Irummfpifeigen aWüfee, auf bem ©c^ilbe ben Surnierl^elm,
unb über bemfelben eine gigur, bie ber obigen gleid^t^). SDer unjioei'
beutige Sluöbrud ber Urlunbe ^^waji sie bisher kein eigen wapen
gehabt haben'' mad^t bie 2lnna]^me ber 5Bertauf(^ung eines älteren
SBappenö mit biefem l^infättig. S)ie gamilie tiat erft bamalö i^r SBap-
pen erlialten*). 5Dafe §anö ©d^lief in frül^eren Salären alö Statin beß
Äönigö an beffen §ofe gelebt l^at, lä|t fid; auö ben SBorten ber Urfunbe
*) S)tc üon einem §an5 ©d^ltef 1650 auögeflelltc SSerfid^erung, \ia^ er \iOi^
gro^e genftev in \in §olfenfapc(Ie ttoc^i gefeiten l^abe, roelc^eö ta^ SBappcn bcö al=
teren §anö ©erlief, bcö S5ater0 ron unfercm S3ürgcrniciftcr, enthalten l^abe, fprid^t
gar nid^t uon einem anberen, älteren SBappen, beruht auc^ nja^rfc^einlic^ auf
einer l^öufiger htx ben alteren ^l^roniften ®olbergö fic^ finbcnben SSerroec^felung ber
beiben gleic^nomigen SSürgermetfter. S'lacl^ricl^t von einigen Käufern b, ®. ber
©(^Ueffen »eilage 88.
— 223 —
„wegen ber tuitttöen utib treuen 2)ienfle, bie §anö ©(ablief bem Äönige
getl^an, fei \f)m bie§ SEappen terliel^n" nii^t folgern, ©eit 1420 fann
ber SBürgermetfter bie ©tabt ni<3^t auf längere Seit t)erlaffen l^ben, ba
baö Btabtiuä) \t)n Sai^r für ^af)x mel^rere SKate als in il^r anroefenb
auffül^rt, unb ©l^riftopl) war erft 1439 an Äönig ©rid^ö ©tette auf ben
Sl^ron erlauben, ©in SSürgermeifter t)on ßolberg l^atte bei ben t)iet
fachen §anbetebejiel^ungen naä) bem Sßorben immer ©elegenl^eit, b«m
Könige von 2)ftnemarf gute ©ienfte jü erraeifen, unb etwas anbereä
foH ber Sluöbrud ni($t befagen, wenn er überl^aupt mel^r fein fott, afe
eine l^erfömmlid;e ^l^rafe beö ^anjleifiite.
®ö ift fd^n)erli(^ anjune^men, ba§ ber Sürgermeifter feine bamate
f d^wer bebrol^te ©tabt t)erlaffen l^at, nur um \iö) ein SBappen auöftetten
ju laffen. 3m Satire 1461 fd^Iofe ©olberg offen ein SBünbnife mit
©änemarf ab ; aber ftc^cr l^at ©(ablief f (|on bei bem S3efu($e in ßalmar
über ein foli^eö üerl^anbelt, xmb ber Äönig I;at fidE) bem Sürgemieifter,
ber bur(^ ein SBeiftanbögefuc^ feinen eigenen 2lbfi(^ten entgegenfam^
babei gerne burc^ aSerlei^ung eines SEBappenö gefäHig ermiefen. Snbe^
gum 2lbf($luffe famen bie SBerl^anblungen nid^t, baS gefammte menbifi^e
drittel ber §anfe trat vermittelnb jwifd^en bie ©treitenben unb ma(^te
frembe Unterftüfeung unnötl^ig.
SDie 3laä)x\ä)t, ba§ ber 3Jlarfgraf t)on SBranbenburg unb bie onberen
pommerf(^en gürften bem ^ergoge S3ogis(at) gegen ßolberg Sujug leiften
würbett, l^atte bie n)enbif(^en ©täbte veranlagt, fd^leunigft eine SSer^
fammlung ju berufen, xmb bort war, um ber bebrol^ten Sunbesfiabt ju
l^elfen, befdiloffen, bafe jebe ©tabt i^ren §errn ju §aufe l^alten foHe.
®aß Sogislat) attein vor ßolberg jog, mag bie 2Birfung ber SSorftel-
hingen gewefen fein, weld^e bie ©täbte an i^re Sanbesl^erm ergel^n ließen.
2)a§ aJHIglingen feines Slngriffö l^atte bie Hoffnungen §erjog S3ogiöIat)S
l^erabgeftimmt; überbieß l^atte aud^ §anö ©d()Hef, um bie 2lu§fö^nung
JU erteid^teni, fi(^ bereit erflärt, an^^ eigenen SUlitteln, wenigftenö t)orj
läufig, bie ttnfoften für feine ©efangenfd^aft unb ^^dampiiiss^' ju be^
jal^len, unb ju biefem 3wedfe im Saläre 1444 (©tabtb.) eine ^fann-
ftätte an bie ©tabt t)erfauft, unb ba aud^ Sifi^of ©iegfrieb, ber 1444
ju Sßeujal^r jur SDedfung ber Äriegöfoften ©tabt unb 3lmt Sublife t)er=
laufen mußte, bur<^ ben Ärieg nid^tö erreii^te, alö eine Sßermel^rung
feiner ©d^ulbenlaft, fo waren bie beiben ©egner gerne bereit, bie ange^
tragene SSermittelung ber §anfeftäbte anjunel^men. Sogiälat) ernannte
14. aRai 1445 feine SRätlie 3«bred^t, ©raf Don ©berftein, §err ju SRau--
— 224 —
garb, Subefe aWaffott), feinen §ofmeifier, Henning 3tt)en, feinen Äanjler,
Henning von ber Sinben, Sürgermeifter ju ©targarb, unb Sibe ^oöde,
SRat^mann bafelbft, §einrt(^ 2lppelmann, S3ürgermeifter ju Srepton)
unb bie fürfii^tigen ©enbeboten berbeutf(^en §anfe, bie Sürgermeifter:
Sol^ann ^oHemann t)on Sübed, ^eter §anneniann von JRoftod, £)tto
aSogl^e von ©tralfunb, ^eter SBilbe von SBiömar, SSertolb 3egelberg
von ©reiföroalb unb Henning 3JleHentin von Stettin nebft ntef)reren
Statl^tnannen, alfo bie Sßertreter fäwtntlidjer n)enbifd^er ©tobte ju 'Se^
t)oHmä(^tigten, um mit ben ©olbetgern über bie griebenöbebingungen
JU üerl;anbeln, unb er!(ärte jugleid^, ba§ ilim mit einer 3al;Iung von
9000 fl. üon ßolberger ©eite geiuig getrau fei, einer ©umme „bie hoä)
flein war gegen ben ©(^aben, ben er genommen" (®etmar). S)a mit
ber SufriebenfteHung beö ^erjogö bie §auptfc^ir)ierig!eit gel^oben mar,
filierten bie von ben SSerntittlern jtüifd^en ßolberg unb Sreptoit), wo
fi(| bie anbere Partei auf|)ielt, ^in unb I;er gepflogenen Untertianblun-
gen fdmett jum 3iele. 2l(^t Sage fpäter (21. 9Rai) mürbe ber griebe
JU ßolberg jmifd^en §erjog unb 33ifd;of einerfeitö unb ber ©tabt anbe-
rerfeitö auf folgenbe 33ebingungen f)in abgef(3^loffen: Sie ©ülinungös
fumme mirb binnen 6 Sauren in beftimmten Serminen ju Sreptom be^
jal^lt, bie ©tabt fd^idft einen 3^at^mann jum §erjoge, i^n ju bitten,
ba§ er beffen, waö in SBorten, SBerfen unb ©d^riften gegen i^n getlian
fei, nid)t mef)r gebenden moEe; bie ©efangenen werben ol^ne Söfegelb
freigelaffen; ber 3tat£) von (Solberg foH ben auf beiben ©eiten ®efat
lenen t)ier Sa^re lang Sobtenmeffen l^alten laffen, unb bie ßolberger
l^aben mieber, wie früher, freieö ©eteit in beö ^erjogö Sanben unb
bas Siedet, bort i^re Äaufmannfd;aft ju treiben. SDer Sifd^of erhält
feine anbere ®enugtf)uung, alö ba^ anä) i^n ein ßolberger SRatl^mann
um aSerjei^ung beö ®efd^e|ienen bitten foH; bie an§^ ßolberg ©emid^enen
fönnen in i^re §öfe unb SBol^nungen 5urüdE!e|)ren; nur bie ©treitfa(^e
äwifdien bem Sifdjofe unb §anö ed)lief (t)ieüeid^t bie SKermüftung bes
S8ifd)oföl^ofeö in ©olberg betreffenb) bleibt in ber ©djwebe unb wirb
auf bem Jied^tömege entfiä^ieben. 2Bie §erjog unb Sifd^of gegen bie
©tabt, fo malert aud^ ber 3iati} fein obrigfeitlid^eö 2lnfel^n gegen bie
^Bürger, meldte fi(^ gegen i^n aufgelel^nt liaben, bie 5ßertriebenen er^
i^alten bie ©rlaubnife, in bie ©tabt jurüdäufel;ren, bie JKatl^mannen
unter i^nen, il)re 9tatl)öftül^le luieber einnel;men, aber erft, nac^bem fie
bafür ben 3fiat^ bemütl^ig um Sßerjeiliung gebeten unb gelobt liaben, in
Sufunft treu unb gel^orfam ju i^m t;alten ju moHen; bod^ foßen bie
— 225 —
von ber ©tabt unb ^am ©(ablief 58erfefteten Derfefict bleiben t)iö junt
näd^ftfommenben Safobitage, voo [ie fämmtUd^ mit bem SBürgermeifter per-
fönlid^ jufammenfommett foHen, um fid^ unter SBermittelung beö diat^
t)on 2\jAed mit ilim ju t)er9lei($en. SDie ©ntfd^eibung beö ©treiteö
än)if(|en §anö ©^Uef unb ben vertriebenen Siatl^ömitgliebern über bie
aSerpflid^tung beö gefammten Statins, bie Unfoften für bie ©efangen-
fd^oft beö Sürgermeifterö ju bedfen (il^n für bie uerfaufte ^fannftätte
ju entf(|äbigen), wirb bem ©olberger SRatl^e anl^eimgegeben, beffen Se^
f(^lu§ fid^ beibe Sl^eile ju fügen |)aben. 3laä) einer Urfunbe t)on 1466 ^^)
l^at §anä ©d^Uef bie ^fannftätte von ber ©tabt wiebergefauft, alfo
bie Unfoften felbft getragen, unb ba§ er bie§ freiwillig getrau l^at,
fd^eint ber 3luöbrud ber Urfunbe ' „unfer 33urgermeifter milber (freige^
biger) 35äd^tniffe" anjubeuten. ®nblid^ erftärt fid^ ber diat^ auf Sitte
ber Prälaten unb ©enbeboten ber ©täbte aud^ bereit, ben in bem „neuen
Si^ore" (f. ©. 46) angebrad^ten ©tein t)or bem ©t Soi^anniötage abju^
nel^men, ober wenigftens bie ärgerlidje Snfd^rift ju tilgen ^0. SSon
einer l^öljemen, unter bem ©tein bejtnblid^en Safel, auf votlä)ev bie
§ölle mit gäl^nenbem ?liaä)m gemalt war, in ben bie Seufel Pfaffen
l^ineinwerfen, entl^ält bie SSertragäurfunbe feine ©pur : fie müßte alfo erft
im weiteren SBerlaufe be§ Äriegeö i^injugefügt fein, wenn fie nid^t
überfiaupt eine fpätere (Srfinbung ift.
S)er §erjog war fe^r erfreut über ben ju ©tanbe gebra(^ten
gerieben; er banfte ben ©täbten für il^re aSermittelung unb erbot fid^
i^nen jU S)ienfi, wo fie feiner begelirten. SBeniger befriebigt werben
\xä) ber 33if(^of un'b bie ^^Jrälaten gefül^lt l^aben: für bie Ärieg§foften
war i^nen fein ©rfafe gegeben, unb über bie ^uncte, weld^e ben §aber
t)eranlaBt l^atten, war nur bie allgemeine 33eftimmung getroffen, baß
bie Sttrger bem SBifd^ofe unb hm ©einen aHeä tl^un foUten, waö fie
il^nen Don alters l^er pfli($tig gewefen. S)ie Sluöföl^nung war begl^alb
aud^ nvtx eine äufeerlid^e, unb ber fortglimmenbe g^unfe fonnte bei ber
näd^ften SBeranlaffung wieber jur ließen glamme au§bre(^en.
3n ber 3eit ber tben erjäl;lten gef)be mögen bie ©olberger von
ben ©öölinem bie 9iieberlage am Seffiner ©ee erlitten l^aben. 9iur ber
Sag ber SWieberlage {Cosirtae et Damiaiü 27. ©eptember) beruljt auf
alter Ueberlieferung, baä gewöfinlid; angegebene Seilet: 1447*) ift falfd^.
*) 3tt biefem Saläre Icijlet (Eöölin bem neuen Sifd^ofc blc §ulbigung, blc
Colberg t)er«)eigert ^at; bie ©tabt I)ttingt fld^ aber au«, \iCi% bct griebc mit
— 226 —
ytaö) alter ßolberger SRaiä^rid^t (bei ebelhig) waren eö bie equifes Col-
bergemes, bie f(ä^n)er bewaffneten ju $Ro& bienenben, in Sübec! ßon^
flaoelö genannten ©tabtiunfer, ml6)e von ben Söölinern gef dalagen
würben unb fogar ein »anner verloren. ®ieö ©iegeöjeicJ^en würbe iti
eööUn auf bem SRatl^l^aufe aufbewal;rt unb ber e^laäjttaQ blieb bort lange
ein gefttag, an bem bie ganje Sürgerfdiaft auf bem SJat^l^aufe bewir^^
tl^et unb mit kringeln unb SRüffen befd^enft würbe, biö ein 33ürger=
meifter 2lnton ©d^lief, ein geborner ßolberger, bie if)m unangenehme
(Erinnerung befeitigte (1552). 3m Saläre 1643, jur 3eit beö Ärofowf(^en
einfalle in Sommern, foll ein v. 2Jlönd;ow baö 33anner geraubt unb
glüdlii^ nac^ ©olberg gebra(^t, bort aber eine fel^r laue 3lufnal^me ge-
funben l^aben, weil bie ©ad^e längft Dergeffen war. SebenfaDö l^aben
bie ßööliner il^r ©iegeöjeic^en wieber erl^alten; eö l^at auf il^rem SRatl^::
l^aufe geljangen, biö eö mit bemfelben burd^ eine gro^e geueröbrunft
(1718) vernichtet würbe.
3loä) vor bem wirflid^en Slbfc^lufe beö g^riebenö l^atte bie ©tabt
SKaferegeln ergriffen, weld^e ber im ©tifte eingeriffenen Unorbnung ein
@nbe mad^en follten. ©^on vor ber gelobe l;atte raubritterlid^eö Un=
wefen im ©tifte xmb im §erjogtl^um §anbel unb SBerfel^r gel^emmt.
5Die 3Ranteuffel in Äölpin j. SB. Ratten fo arg gewirt^fd^aftet, baj3 fid;
enblid) ber 2lbt von SBelbud mit ben SBadEil^olfe gegen fie verbanb imb
am Sage ^:)Jetri unb ^auli 1432 ^^) il)re bortige Surg [türmen unb äer:=
ftören lieg. 3lm SEage nad^ ber ©roberung foHen mit Treptowern ju-
fammen aud^ ßolberger erfd^ienen fein, um bie verliafete SRaubburg ah-
bred^en ju Reifen, ©elbft unmittelbar vor ben Sporen ber ©tabt, auf
bem geweit;ten 33oben beö ailtftäbtifdften Älofterö, war fd^nöbefter Unfug
verübt 2Bifefe aJlanteuffel ju Ärufenbefe, §ermann Äleift ju SDamen
unb ©ubeslav ©ulow ju ©ulow (?) waren im Saläre 1436 nädE)tlid^er
SBeile in baö Älofter eingebrod^en, l^atten ben Älofterpropft Sodann
33lei geniiglianbelt, bie ©dilöffer erbrod^en unb auö ben SBorratl^öfam::
mern beö £lofterö gleifd^. Sichte unb fogar G Solaris baaren (Selbem ge^
raubt. ®er ßolberger 9tatl; würbe b^x SWäuber liabliaft, lieg fie in
(Solbcrg, ben SBifd^of ©icgfricb »ermittelt !)abe, tabitrd) nic^t gcftört tverbcn folle.
S)a6 in biefem Saläre feine ge^be ftattgcfunbcn I)at, ift f*;on von §afen ®öäl. @efc^|.
106 rid^tig er!annt. @r verlegt bie 5licberlage in ta^ 3a^r 1440, roo bie (Eolbcr*
ger in ha^ gifrf)erlager SRefl eingebro^cn njören, um ben SööUnern bort gelagerte
SBorrötl^e fremben ©aljce abjunc^men. SEBo^er er biefe 9lac^ri(^t ^at, gicbt er
nid)t an.
— 227 —
ben Z^nxm fefeeti unb t)erurt]^eilte fie jum Sobe. SRur ber SSermenbung
beö ^erjogö unb beö Sifd^ofö l^atten fie e§ ju üerbanfen, bafe fie mit
bloßem ©d^abenerfafe unb ©ntrid^tung t)on 1 ©tein SBa(^§ jur ©ül;nc
an baö Älofter bat)on. fanten ^3). SBä^renb be§ Äriegeö ^atte baö Un=
wefen in gefäl^rlid^er SBeife jugenontwen, unb „©(^inner, SRäuber unb
3Kiffetl^äter" l^atten ungeftött il^r §anbn)erf geübt S)a fd^loffen am
• 3. 3Kai 1445, alfo furj t)or bem aibfd^tuffe beö griebenö mit bem
§erjoge, offenbar alö berfelbe fd^on gefid^ert mar, unb alfo fd;merli(3^
gegen i^n, ßolberg mit Sreptom unb ten S3or!en eine ©inigintg, „um
beö manbemben unb manfenben 3Kanneö mitten" bie ©trajsen rein ju
l^alten, bie 5Uliff etl^äter ju oerf otgcn unb fie nid^t ju bel^erbergen ; mürben
bie .Sorfen angegriffen, fo foHten i^nen bie beiben ©täbte mit i^ren
Dörfern offen ftel^en, ©treitigfeiten jmifd^en ben Sßerbünbeteu fottten
burd^ fd^iebörid^terlid^en ©pruc^ in ber SBeife auögeglid^en merben, bafe
über Sttungen jmif(§en ßolberg unb ben Sorten oon bem Sreptomer, ^m^
fd^en Sreptom unb ben SSorfen oon bem ßolberger 3iatl^e geridtjtet merbe ^^).
S5od^ mar ben SBerbünbeten ju furje 3eit getaffen, um ba§ Uebel
auöjurotten; benn fd^on im folgenben 3af;re brai^ ber Ärieg jmif dien
ßolberg unb ben geiftUd^en ©emalten aufö nme auö. — 3tn 3at;re 1446
ftart 33ifd^of ©iegfrieb, unb §enning Smen, ber t)om ©amminer ßo^
pitel ium SHai^folger ermäl^lte, angeblid^ auö ©tolp ftammenbe Äanjler
SBogiölatfS, mar oon biefem für genel^m gel^alten unb oon bem Soncil
ju 33afel, nid^t von bem abgefegten ©ugen IV. beftätigt. 2)ie ©ele?
genl^eit mar günftig, in baä t)ielfad^ nodf) unHare SBerl^ältni^ ber ©tabt
jur bifd^öflid^en ^Regierung feftere Drbnung ju bringen, unb geftüfet auf
bie 3lutorität beä red^tmäfeigen Dberl^auptö ber Äird)e Dermeigerte ber SRat^
bem fefeerifd^en einbringlinge, ber fid^ ftrdubte, bie 9ie(^te ber ©tabt an
ßörlin unb 3?affom, unb bie ol^ne Smeifel oon Eugen 1 \'. t)erliel^ene
fd^ärfere 2lbgrenjuitg ber ftdbtifi^en unb geiftlidE)en ®erid^töbar!eit an^
juerfennen, unter §anö ©d^tiefö Seitung bie §ulbigung ^^). 6ö§Hn
fd^lol \x6) jmar nad^ feiner ®emol;n]^eit ber (Gegenpartei au unb leiftete
(2. gebruar 1447) bie §ulbigung, bod^ mit bem au^brüdflid^en aSorbe^^
l^alte, bajs biefe fie nid^t mit ©olberg „entjmeibringen" unb ben ^rieben
ftören folle, ben Sifd^of ©iegfrieb jmifd^en il^nen vermittelt 'f)aU (f.
©. 225), unb ein i^eit beö 3lbe(ö, aWitglieber ber g^amilien ©amife,
Slanfenburg, ^obemife, 3Wönd^om, 3WanteuffeI unb mel^rere SBürger auö
ßörtin traten bieömal offen auf ßolbergö ©eite. 3lud^ bie ftiftifd^e
©eiftlid^f eit §atte fid^ nid^t einmüt^ig bem neuew m\«iti\^ ^\\^^\?^^\^^n.\
— 228 —
war aud^ baö (Solberger ßapitel unter ber g^ül^rung be§ ^ropfteö 3o=
l^ann SDargafec, bem Sefeljle beö Sifi^ofä ge^orfatn, quo ber ©tabt ge^
toid^en, fo l^atten boä) felbft ßamminer 2)omI;emi unb gegen bretfeig 9We§=
priefter an^ ßolberg ^^artei gegen ben 95ifd^of genominen. Srofe beö
33anne§, ben ber Sifd^of gegen bie ©tabt fc^leuberte, erlitt beöl^alb ber
®otte§bienft bafelbft feine ©törung, unb ber Siat^ fal^ \iä) mä) einer
SSerwittigung t)on ®ugen I V , wel^e biefer nod^ furj üor feinem 2obe
erlaffen l^aben mujg, fogar in ben ©tanb gefegt, über ben SRiejsbraud^
ber ®üter beö auf bie ©eite beö !e^erifd;en 33if(^ofö getretenen Sl^eitö
beö ßapitelö frei ju verfügen unb in bie ©innal^men von jmei ^ßfrünben
il^m treugebliebene ©eiftlid^e einjuiüeifen.
S)a nun ber erfranfte S3ogiölat) bie ©tabt unangefod^ten liefe unb
ber Sann, bie §auptmaffe beö Sifd^ofs, fii^ unwirffam jeigte, fo blieb
biefem nichts übrig, aU We 2lu§iö^nung mit ber ©tabt ju fui^en. —
3n bem gerieben, ben er mit i^r am '20. Sanuar 1449 ju Slltftabt
fd^lofe, t)erpflid^tete er fi(^, ba§ ©d^lofe ßörlin ol^ne ©rlaubnife ber
©täbte ßTolberg unb ßöölin unb berer, bie ju beö ©tiftä diat^ gel^örten,
TOemanben ju übergeben unb eä mit ben baju gel^örenben ©ütern, bie
unter 33if(^of ©iegfrieb oon 9lrnb Siamel erworben tuaren, nie bem
©tifte ju entfremben; ferner bie ©eiftlid^en unb Saien, bie eö mit 6ot
berg gehalten l^ätten, beöfialb nidjt ju oerfolgen; motte er fie aber an-
fpredien, fo fotte über bie ©eiftlid^en attcin ber bifd)öflid^e JDfficial in
ßolberg, über bie Saien aufeerlialb ber ©tabt ber Sifd^of mit >em 3tatl;e
ber SDZannen unb ©täbte in ©olberg unb nirgenbö anberö, über
©treitigfeiten beö S3iic^of§ mit bürgern unb föinmol^nern von (Solberg
attein ber 3}at^ ber ©tabt richten i^). —
2)er a^ertrag bejeugt bie uoUftänbige 9iieberlage beä 33if(^ofö unb
bie mefentlidie erroeiterung ber lanbftäiibifd)en 9ied;te, bie ßolberg
nid^t blofe für )id), fonbem aud^ für ba^ ganje ©tift crtämpft ^atte.
erft nad^ biefen S^ugeftänbniffen öffneten fid^ bem Sifd^ofe bie
S^ore ber ©tabt, unb nod^ an bemfelben Sage, mo ber g^riebe gefd^loffen
mar, beftätigte er l;ier bie alten ^^rioitegien ßolbergö, unter benen jum
erften 3)?ale auöbrüdlidj bie Sagb unb gi| J;erei genannt mirb, um bann
bie §ulbigung ber öürgerfd^aft entgegen ju nel;men.
2lud^ baä ßolberger ©apitel nmjgte fid) jefet ber 3)lad^t ber Um-
ftänbe fügen unb nad^ längeren äJerljanblur.gen am 29. Suni beffelben
Sa^reö fid^ auf 33ebingungen mit ber ©labt t)ertragen, bie aud^ |iier
\>m ©ieg berfelben befunben, 2)aö ^xioilegiiun ©ugenö IV. (über bie
— 229 —
SBieberbefefeung her ^frünbcu auögeiDid^enet ©eiftlid^er) foU in Äraft
bleiben, biö baö ßapitel in ben Sefife feiner ®üter jutürfgefe^rt ift,
bann foHen fid; beibe Parteien frieblii^ barüber i^ergteid^en; bie neu
eingefefeten ©eiftlid^en f ollen i^re ©teilen bel^allen, wenn bie frül^eten
Snl^aber injmiftften geftorben Rnb, leben biefe nod^, fo follen jene jroar
aus il^ren Selben roeid^en, aber nid^t au§t bem Jlird^enbienfte entfefet,
fonbem t)om dlaif)e md) il^rem 2llter mit anbem Selben auögeftattet
werben, Sffierner ©rtpper, §emtann 93oifter unb 3Kattl^äuä 5BoB foIIen
im Sefife i^rer ©teilen bleiben; über bie S)ompräbenben üon §einrid^
33og unb %f)xhex\ä) 2)vet)eIon) follen ber Sifd^of, ber neue, raegen feiner
§altung tuä^renb beö ©treitö ber ©tabt genehme ^ropfl SDietrid^ SQBenb
tmb §anö ©(ablief in ®üte entf(^eiben; baö ©apitel l^at feine 3lnfprüd^e
auf (Sntfd^äbigung für bie in ben Solaren ber 3n)ietrad^t nid^t gel^obenen
dienten ju erl^eben, ber Sifd^of will fogar m^ eine Sebe, bie von
ber jurüÄgef ehrten ®eiftli(^f eit erl^oben werben f oll, jum 3t\i1^en ber
©tabt oenoenben; ber Siatl^ miH bann geftatten, baft bie SDoml^erm
frieblid^ ju il^ren ©ütern unb in bie Äird^e jurücffel^ren, unb einer foH
ben anbem förbern, i^m günftig unb beftänbig fein nad^ beftem SSer*
mögen, wie ein greunb bem anberen^^).
2)er 3Sertrag war wol^l von beiben ©eiten anfänglid^ ernft ge^^
meint; ber Sifd^of nannte in einer Urfunbe oon 1451 §anö @(^Iief
unb feine ßoHegen feine lieben unb getreuen 33ürgermeifter, unb e§ er*
fd^eint als ein SDenfmal ber wieberl^ergefteHten ©intrad^t in ber ©tabt,
bafe ber mä(^tige 33au ber 3)iarienfird^e im Saläre 1450 unter ein ein:=
jigeä großes Äupferbad^ gebrad^t würbe. 35a§ §anö ©(^lief, um bie
Sluäföl^nung ju erleid^tern, eine Seitlang bie ©tabt gemieben unb als
Hauptmann bie ©ölbner beö beutfd^en JOrbenö gegen beffen empörte Untere:
tränen gefül^rt l^abe, ift ganj unbegrünbet; ba§ ©tabtbud^ jeigt, bafe er in
biefer 3eit feinen 93ürgermeifterpoften unauögefefet befleibet l^at. ®r ftanb
fogar in größerem Slnfel^n bei ber 33ürgerf(^aft, alö je: mit unbebingtem
33ertrauen war il^m, als einzigem SSeooHmäd^tigten ber ©tabt, bie 2luö^
einanberfefeung über bie ftreitigen 2)ompräbenben mit bem 33ifd^ofe
überlaffen, unb bie allgemeine banfbare 2lnerfennung, beren er fi(^ in
ber ©tabt erfreute, fpra(^ fi(| unter anbem barin an^, bafe ber 5latl^
i^m „wegen ber t)ielen S)ienfte, bie er ber ©tabt erwiefen", ben 3Kafefer
Seid^ jur 3?ufenie§ung überliejs, um einen gifd^teid^ barauö ju ma(^en,
mit ber SBebingung, für bie Sieinl^altung unb 3lufräumung beffelben
(ba bie ©tabt baö Srinfwaffer bort^er bejog) ©orge ju tragen
— 230 —
(©tabtb. 1451). 9?ur noä) einem aWitgliebe be§ ^aü)%, bem Äämmerer
Sol^ann ©trippow, bem 3Kitfämpfer von §atiö ©d^Uef, ift eine gletd^e
9luöäei(i)nung ju Si^etl geiüorben, tnbem U;m „iDegcii feiner Sluögabeu
um bie ©tabt ber gif($teid^ neben bem gifd^teid^e von ßlaraeö 2pm=
mermann" von ber ©tabt gefi^enft würbe (©tabtb. 1456).
Unb ©dfjlief redjtfertigte baö allgemeine SSertrauen aud^ inxä) bie
Seitiing ber ©tabt in ben griebenöial^ren.
£)bn)of)l er fid^, mie eine von i^m im Saläre 1450 gemad^te ©tifs
tung von 12 3Jlarf jäl^rlid^er 9lente jur Unter^ltung von ^erjen vox
bem Silbe ber fieiligen Sungfrau bemeift (©tabtb. von b. Saläre), von
ber allgemeinen SBerföl^nimg nid^t auögefd^loffen l^atte, fo mar er bo(^
entfiJiloffen, fein 3Berf ju ®nbe ju fül^ren unb jum SBortl^eile ber ©tabt
eine ber §aupturfad^en ju ben immer mieberfel^renben Sermürfniffen
mit bem ßapitel auö bem SBegc ju räumen. Unter bem frifd^en (Sim
brude beö ©iegeö mürbe am 22. §ebruar 1450 bie neue Äotl^enorbnimg
bur(^gefü]^rt, bie fd^on ©eite 132 auöfül^rlid^ gefd^ilbert ift. 2lud^ ber
n)i(J)tige Sefc^Iu^ (f. ©. 81) beö 5latl^§, meli^er ba§ Sufammenfifeen
JU na^er Sßermanbten im Statine unterfagte unb fo ber 3lu§artung ber ftäb^
tifd^en 3?erfaffung in eine §errfd&aft weniger g^amilien tjorbeugen foUte,
ift in biefer 3eit ju ©taube ge!ommen, imb bei ber SSertrauenöfteHung,
bie §anö ©erlief im Statine unb in ber ©tabt einnal^m, fid^erlid) ni(^t,
oline von if)m reranlafet ober geförbert jU fein. @ö märe bieö ein
el^renbeä 3eugni§ für bie ©efinnung beö 5!Jlanneö, ba eö gerabe feine
burd^ SReid^tl^um unb ätnfel^n l^erüorragenbe g^amilie mar, au§ meld^er
ber ©tabt eine fol(|e ©efal^r erroad^fen fonnte.
Srofe be§ guten 3BilIen§, ben anfänglid^ beibe Parteien zeigten,
iiatte ber g^riebe feinen SBeftanb. 3loä) einmal entlub fid) ber ©roß,
ber fi(^ mieber angefammelt l^atte, unb bie§mal milber unb blutiger,
alö je juoor; bie ©tabt mufete nod^ eine, unb jmar bie fd^merfte ^robe
beftel^n, ob fie baö 1449 ©emonnene bel^aupten fönne. — 3lte ben tie^
feren ©runb jum aBieberau§bru($e beö Krieges laffen bie griebenö-
fdilüffe üon 1467 baö alte Sßerl^ältniJB ber ©tabt jumS3if(|ofe ernennen;
bod) ift bie nähere 3Seranlaffung baju unbefannt. 3lod^ 1454 7. 3JJai
ift baö ßapitel in ber ©tabt ^^) ; in bemfelben, ober im folgenben Saläre
mu^ es bie ©tabt oerlaff en ^ l^aben. SDenn fd^on im grül^linge 1456
befanb \iä) 3[?ifolauö 33rudmann, ^ropfl in ßolberg, in 9lom, um
neben feiner Hauptaufgabe, bie päpftli(|e 35eftätigung ber neugegrün-
beten Unioerfität ju ©reifämalb ju bemirfen, ben ^rojefe beö Sßifd^ofs
— 231 —
gegen bie ©tabt ©olberg ju betreiben. 33on SWom jutücfgefel^rt, tl^eilte
er bem Stector ber Uniüerfttät §einri(ä^ SRubenoro in einem ©(^reiben
t)on ©targarb auö (28. ajfai) unter anbern mit, er l^abe brei Urtl^eile
gegen bie ©olberger am päpftUd^en §ofe bewirft, fie follten nid^t el^er
t)om 33ann frei werben, bi§ fie baö ©eraubte erfefet, bie (gefangenen
freigelaffen, für bie ©eroalttl^ätigfeiten ©enugtl^uung gegeben unb bie
ajertriebenen e^renüoH jurttcf gefül^rt ptten i^). — SDamafe alfo toar bie
g^el^be f(^on feit einiger 3eit im ®ange; bie SDoml^errn waren auä ber
©tabt t)erj|agt, e§ waren ©ewalttl^ätigfeiten. vexnit unb ©efangene ge*
\mä)t, bie Hebungen beö ßolberger unb ßamminer ßapitelö in ber ©tabt
t)om 5latl^e jurüdfgel^alten, imb ber Sann abermalö über bie ©tabt t)erl^ängt
worben. — 2)ie ätuöfid^ten beö 33if(J)of§ unb ber ©eiftlid^feit waren
bieömal günftiger. SDie Jtad^f olger beö 1447 geftorbenen ©ugenö l^atten
feitien ©runb mel^r, fid) einer aufrül^rerifi^en ©tabt gegen il^ren geift=
lid^en §errn anjtmel^men, unb ba§ Urtl^eit beö römifd^en §ofeä war gegen
fie ausgefallen. S)er bifd^öfttd^e Sann fonnte jefet el^er auf fd^wad^e ©e^
mütfier einen nad^tfjeiligen ßinflu^ ausüben, ba er nid^t mel^r burd^ bie
Stutorität be§ red^tmäfeigen ^apfteä unwirffam gemad^t würbe. — gemer
war ein großer S^eil beö ftiftifd^en unb l^interpommerfd^en 3lbefe ju
^ferbe geftiegen, um für ben 33if(J)of bie unbeliebte ©fabt ju befel^ben,
wel(^e fo ftrenge ^^olijei auf ben Sanbftrafeen ausüben wollte. SDie
©tabt fal^ fid^ t)on allen ©eiten angegriffen. iBifd^öPii^eö Solf fiel in
bie ©tabtgüter unb :)erwüftet'e unb verbrannte mel^rere SDörfer, bie
3?aubritter ber 3^a(^barf(^aft überfielen unb plünberten bie ©olberger
^laufleute unmittelbar vor ben Sl^oren ber ©tabt, wobei il^nen ha^ 2lltftäb=
tif(^e ^lofter als SerftedE unb 3uftu($tsort biente, unb ber Sürgermeifter
§ans SSulgrin von ßöslin branbfd^afete auf Setrieb bes Sifd^ofs in
Serbinbung mit Sürgen ^ame?e aus ßorbs^agen bie ®üter bes ^lU
ftäbtifd^en ^lofters ^olbemin unb Safenbe (Scisbe), ol^ne aud^ nur
gelobe angefagt ju l^aben ^% S)ie ßolberger t)ertl^eibigten unb räd^ten fid^
na^ 9Jiöglid^feit. ©egen ben Sif(^of unb bie ßamminer ®eiftli(^feit
unternal^men fie einen SergeltungSjug, pod^ten, wie eine fpätere ^aä)-^
xxä)t erjäl^lt ^0, ben ßamminer SDom aus, ftürmten bie §öf e ber S)om::
l^errn, erfd^lugen ben tropft vox feiner Si^üre unb brannten 28 6api=
telsbörfer nieber. 5Da§ wenigftens äl^nli(^e SDinge gef(^el^en finb, jeigt
bas 5Berfpre(^en ber ©amminer SDoml^erm in bem Sertrage von 1468,
baJ3 fie „rf^w a7wall und Verderb des domes to Camin unde der
kerken ßiidere mit nemen^ breken^ brand unde mord'' t)ergeffen
— 232 —
woHen. 5Der crft^lagenc ^ropft fönnte nur SBcbige von Stammtn %e^
wefen fein; bo($ wirb bie Slngabe, bajs ein ?Propft erfd&lagin fei, bur(^
ni(iE)tö beftätigt*)* — Sütgen ^amefe, ber aSerbühbete b^ö ©ööUner a3ür=
germeifterö, tüurbe nod^ roäl^renb beö Äriegeö (1463) von ben ßolber-
bergern in ßolberg felbft, tjermutl^lii^' aU if)r (gefangener, geäwungen,
ben griebenöbrud^, „ben S3if($of Henning tl^at unb tl^un" liefe", für
feinen Slntl^eil mit 300 5!Jiarf an bie ©tabt ju büfeen, §anö SBulgrin
bekannte fid^ erft 1466, alö fd^on ber griebe jn)if($en ßolberg unb bem
§erjog ®txä) abgefi^loffen .war, ben 33ürgermeiftem unb SRatt^inannen
von ßolberg in berfelben ©ad^e ju einer Sufee von 350 3Slt fd^ulbig.
SDer ©tabt ßöölin gefi^iel^t babei nid^t ©noäfinung, fie fdjeint il^rer neu=
traten Haltung treu geblieben ju fein unb ber Sürgemteifter feinen
gtaubjug auf eigene §anb unternommen ju l^aben.
SDie aSerrairrung im ©tifte l^atte in golge ber anljaltenben g^el^be
einen fol(^en ®rab erreid^t, bafe bie in ©(^lame t)erfammelten pommer=
f(^en ©tänbe fi(§ beä Sanbeö annel^men ju muffen glaubten unb (1459)
ben Sreptomer diai^ aufforberten, einen aSerfud^ ju machen, 2lbel unb
©tabt mit einanber auSjuföl^nen. ©er ©olberger SRatl^ unb ßlauö SKan-
teuffei, ber aSerbünbete ber ©tabt, erMärten fid^ gegen ben ©enbeboten
von Sreptom, ben Sürgermeifter 3lbteöf)agen, bereit, ju einer in Srepton)
abjul^altenben 3ufammen!unft mit i^rem ©egner ju erfc^einen; aber
baö ©d^reiben be§ Treptower 9tatl^§ an bie (trafen von ©berftein in
9Jaugarb unb anbere ©(3^lofegefeffene mit bem ©rfud^en, fi(i^ ebenfalls
einjuftellen, „um großen aSerberb im Sanbe ju cermeiben", l)attc feineit
©rfolg. SDie g^el^be gewann nur an 9luöbel^nung ; Sreptoro mürbe auf
bie' ©eite ßolbergö gebrängt, aber aud^ bie Sal^l ber geinbe biefer ©tabt
üermel^rte fid^, inbem au($ ber §erjog ®rid^ gegen fie ^^artei ergriff.
SDer lefetere, fd^on lange unjufrieben mit ber ©tabt, bie fid^ ifirem
Sanbeölierrn fo unfügfam erraieä unb mit feinem geinbe, bem Könige
6l)riftian I. von SJänemarf, in freunblid^em aSerfel^r blieb, mürbe ju
offener geinbf(^aft gereijt, alö bie ßolberger bei ber aSerfolguiig von
*) ©in ©olbcrgcr ^ropfl fann nid^t crfd^Iagcn fein, benn bei Sluöbruc^ beö
(Streitet trat fd^on ^ifolauö S3ru(fmann, loic fein oben enräl^nte« @c^rctben an
3flubenon) geigt, ^ropft unb er lebte nod^ 1477. Sin ben früheren Sodann ^ar*
ga Je, ben SertI)olb als t^m erfc^lagcnen nennt, tft gar nic^t 5u benfen ; biefer lebte
no^ 1447 unb in bem S5ertrage oon 1449 ifl ni^t oon „S3ranb unb SDlorb", bie
oeröbt feien, bie Siebe. Sflango unb SBad^fe l^aben bie ©reignijfe ganj^ nad^ SBill-
für äufammcngefe^t.
— 533 —
®egtiem in SBelbuc! eingefallen waren unb babei fein unb feiner Untere
tl^anen ©igentl^um gefd^äbigt l^atten.
SJlit ben geiftU(^eu SBaffen beö Sanneö ^atte ber 33ifd^of aud^
bieömal anfänglid^ nur wenig auögerid^tet, unb fein 35erfud^ (1461),
bur(^ einen ^eiligen, ber bei bem niebern S^olfe in ben §anfeftäbten
in gro^efit 3lnfel^n ftanb, ben l)eiligen Slntoniuö in Sempjin, auf bie
®emütl)er ju wirfen, war burd^ §atiö ©d^Iiefö rüdfid^tölofe ©ntfi^Iof-
fenl^eit t)ereitelt worben. S)ie älitglieber biefe§ ßrbenö, bie fid^
in Golberg, wo berfetbe eine ®infel^rftätte befa§, gerabe auff)ielten,
waren bei bem 2luöbrud}e beö ©treit§ ebenfaHö baüongejogen, wollten
nun aber, wäl^renb ber 33ann no(^ auf ber ©tabt lag, jurüdfel^ren unb
bie ©ebeine il^reö ^eiligen mit bem ©(^augepränge einer ^rojeffion
burd^ bie ©tabt tragen unb in bie Äird^e an ben ^la^ bringen, wo fie
gewöl^nlid^ aufbewafirt würben, ©(^lief burfte bie ^^rojeffion niä)t
bulben, ba fie bod^ lei^t einen entmutf)igenben ©iuflufe auf bie
Sürger ausüben fonnte; er trieb ben feierlid^en 3ug auöeinanber,
mifeljanbelte fogar bie ©ebeine beö §eiligerx unb ferferte ben ^kä^
ceptor beö Orbeuö ein 2^). — S)enno(^ fingen bie SDinge an eine
für ßolberg beben!ti(i)e SBenbung ju nelimen. Slieb au^ ber Siattj
imb ber Äern ber 33ürgerfdjaft bem Sürgermeifter, beit für feine
'"^Perfon ber Sann wenig anfodEjt, treu, war auä) ber Älang ber
©lodfen unb ba§> SJleffefingen in ben Äirdjeu ui(^t cerftummt, ba
fi(| aud^ jefet wieber ©eiftlid^e genug fanben, bie bem bifd^öflid^en
S3ann trotten, fo geigten fid^ boc^ aud^ ©puren üon Äleinmutl^ in ber
©tabt, mand^e Sürger, benen eö in ber gebannten ©tabt unlieimlid^
würbe, l^atten fid^ bavon gemad^t, unb eine jiemlid^e 3al^l üon Käufern
ftanb leer, bie §anbelöwege lanbeinwärtö waren ber ©tabt abgef(i)nitten,
nur no(^ feewärtö war ber 3Ser!el;r frei; §erjog, SBifd;of unb 3lbel mit
il^ren weltlid^en unb geiftlid;en SBaffen bilbeten boc^ eine 3Kad^t, ber
enblic^ ßolberg unterliegen ju muffen fd^ien.
3n biefer 33ebrängni§ fud^te bie ©tabt auswärtige §ülfe. S)aö
fd^on 1444 mit S)änemart geplante Sünbni^ würbe jefet jwifdien bem
Äönige ßtjriftian I unb bem 3?atl;e, neben bem aud) bie ©emeinbe ge-
nannt wirb, wirfli(| abgefdE)loffen. diaif) unb ©emeinbe I;aben, wie bie
Urfuube fagt, gegen §enning, ,,de sick hdl vor enen biscope fo
Cümin'\ üon bem fie wiber ®ott, ®f)re unb 5Jed^t mit SRaub, 3Korb,
S3ann, UeberfäHen unb Sefc^werungen fd^on feit langer 3eit befallen
finb, unb ben §erjog ©rid^, ber il^n imterftü|t, ben Äöni^ bwütl^i^
— 234 —
um §filfe unb S3ctfianb gebeten; fie tjerfprei^en bafür, tl^m ©tabt unb
§afen offen ju Italien, bis- er feinen eigenen ©treit mit (Sxiä) beenbet
l^at, unb feine Untertl^anen gleid^ ben il^ren gegen ben §erjog ju be^
fi^üfeen. J>er Slnfd^luJB an ben alten ©rbfeinb ber l^anfifi^en ©täbte
war mol^l ben ßolbergem nid^t ganj unbebenflid^ gewefen; benn fie
fid^erten fi(^ gegen j|ebe Sluöbeutung beö Sünbniffeö ate eines neube^
grünbeten ttntertl^änigfeitöüerl^ältniffes i>üxä) bie auäbrüdtid^e patrio::
tif($e ©rflärung, ba§ biefer SBertrag, vo^nn fie nad^ bem SBiHen ©otteö
einen redeten §erm befämen, biefem nid^t ju nal^e treten foHe, fonbern
bafe fie tl^un wollten, wa^ fie il^m nac^ SRed^t unb ßl^re pfli(^tig wären ^^).
£)b ber ^önig bie ©tabt bur(^ ©enbung oon 3JJannf(3^aften unterftüfet
l^at, miffen wir nic^t; ba§ freunbUd^e 3Serl^ältni6 ju S)änemarl aber l^at mit
furjen ©törungen über ein Sal^rl^unbert beftanben (f. ©. 163) unb am ®nbe
beö 16. Sal^rl^unberts, alö bie bänifÄe Siegierung anfing, ber ©tabt il^re
SoHfreil^eit im ©unbe ju oerfümmern, erinnerte fie ber SRatl^ an ben
©d^ufe, ben fo oft bänifi^e ©(^iffe bei feinbli(^er SSerfolgung im Sot
berger §afen gefunben ptten.
2)a nun bie trofeige, auf il^re eigene Äraft imb frembe §ülfe vex^
trauenbe ©tabt burd^ offene ©eioalt nid^t jum ©el^orfam ju bringen
mar, fo oerfud^ten eubli(^ bie ©egner baffelbe 3JJittel gegen fie anjumenben,
burd^ melc^eä ber ^urfürft von aJlainj 1462 baö empörte SUlainj unb
ber in ber SBal^l feiner SKittel menig bebenfUd^e ®xiä) £)ftern 1463
baö ungel^orfame ©reiföroalb in feine ©emalt brad^te: Serratia unb
näd^tUd^en UeberfaB. ©innieö v. b. £)ften, erbgefeffen ju ^late unb
auf ber 2Bolbenburg, früher Hauptmann Äönig ®rid^ö in SBiöburg,
ate gewaltiger ^riegöl^elb weit über Sommern f)inau§ befannt unb
l^od^angefel^n bei bem 3lbel, ftanb an ber ©pifee ber Unternel^mung ;
neben il^m wirb nod^ 9tübiger von SUlaffom, 33ogt Don ©tolpe, alö
gül^rer genannt. SDinnieö v, b. Dften l^atte — na(^ einem fpäteren
Serid^te — ber ©tabt fd^on einmal im Sßerlaufe biefer ^e^ibe 'f d^meren
©d^aben jugefügt: oon nur jmei SReitem begleitet, mar er plöfelid^ oor
©olberg erfd^ienen unb l^atte bie Sßiel^l^erben ber ©tabt fortgetrieben;
bie Slbfid^t, bie Bürger baburd^ auö ber ©tabt unb in einen ^interl^alt
JU loden, ben er l^inter bem Äaujenberge aufgefteHt l^atte, mar il^m
gelungen, er J^atte eine große Sal^l von SSürgern gefangen unb nad^
ber SBolbenburg gebrai^t, mo fie fid^ mit fd^merem Söfegelbe frei mad^en
mußten. SDieömal mürbe ein ganjeä §eer gegen ßolberg aufgebrad^t;
eö beftanb nad^ ber Sübedfer ©fironif aus 1600 ^Berittenen, nad^ einem
— .285 —
pointf (ä^en ®cf (^{(ä^töfi^reiber ^^) auö 500 ^omntem imb 700 berittenen
f(^Ief{f$en ©ölbnern beö beutf(^en £)rbenö, rotlije SutgilibeH, fonft
©eorg Sobel genannt '^), jnr §ülfe l^erbetgefül^rt l^abe. SDie ßolberger
ftanben in biefer 3eit mit allen il^ren ©egnem, bem ^ei^oge, bem Si-
f$ofe unb bem 2lbel in SSerl^anblungen über eine gütli$e2lu§gtei(^ung:
t)om §erjoge war il^nen ein SEBaffenftiUftanb jugefagt, mit ®raf 3llbre(^t
von $Raugarb unb ben glemmingen l^atten fie mit ben STreptomern ju^
fammen ft$ f(5on „megen t^^l^be, SRaub, 33ranb unb 3Worb" t)ergli($en
unb griebe gef(^toffen ^ß) (28. £)ct. 1462), unb fie moiä^ten beöl^alb faum
glauben, ba^ bie friegerifd^e Untemel^mung, von ber fie l^örten, gegen fie
geri($tet fei. S)od^ fd^idte ber SRatl^ bei ber $Ra($ri(3^t, baJB [xä) bebeutenbe
9Kaffen von 5lrieg§t)olf nad^ ©olberg ju in Semegxmg festen, feine
2)iener unb Äned^te auf Äunbfd^aft au§. SDiefe famen bei S^ad^tjeit
unter baö §eer, gaben fid^ argloä ju erfennen unb fragten einige, bie
fie fannten, mofiin ber 3ug gelten folle. SDa mürben fie l^art geft^ta^
gen, jmei mürben gefangen genommen, bie übrigen entfamen na($ 6ot
berg unb berichteten bem Slatl^e, maö fie gefel^n unb gehört l^atten. —
3n ber ©rjäl^lung beö Ueberfalls felbft, ber am ©t. SD^omaötage,
21. SDecember 1462, gegen 9Korgen ftattfanb*), ftimmen bie 5Wad^rid&ten
nid^t ganj überein. SRad^ bem polnifd^en ß^roniften mar bie ©tabt
mo^l t)orbereitet, unb man lie§ bie ©egner auf bie SKauer fommen,
imr um fie befto fi(^erer ju t)erberben. 5Rad^ einer anberen 3tad^ri(^t,
mit ber bie ©olberger Ueberlieferung ftimmt unb fid^ aud^ bie aud^ l^ier
mol^t ben meiften ©tauben Derbienenbe Sübedfer ©l^ronif vereinigen
lä§t, mar ber SRatl^, ber von ©anjig auö gemamt mar, jmar auf
feiner §ut unb l^atte 100 ©ölbner in 3)ienft genommen, bod^ mar er
gerabe in biefer $Rad^t beö Stngrip nid^t gemärtig. SDie SRitter über^
fd^ritten bie mit ®iö überbrüdfte ^erfante unb legten i^re 17 ©turm^
leitem in ber SRä^e bes SKül^lentl^orö an bie ©tabtmauer. ©ie ftanben
bereite oben, alö baö ^Raffeln ber §arnifd^e bie Semol^ner ber näd^ften
Käufer unb bie 2Bäd^ter auf bem ©atjberge auf bie ©efal^r aufmerlfam
mad^te. Sefet fc^ott ber Särmruf burd^ bie ©tabt, §anö ©d^lief**) eilte
mit benj 3iufe: „w/? /wid gades, de vind is dor'^ burd^ bie ©trafen
unb fül^rte bie fd^neff gerüftete S3ürgcrfd^aft gegen bie SPlauer. aSäi^::
renb bie SRitter nod^ jögerten, in bie lärmerfüßte, jur ©egenme^r fic^
*) S)oci^ roirb oud) 1463 unb 64 angegeben.
**) ®o bcrid^tet roentgften9 bie ß^olberger Ueberlieferung bei ©immcm unb
9tango.
— m —
rüflenbe ©tabt l^inabjufletaen, goffen il^nen von ben 3Jlauertl^ümieti
l^erab l^erjl^afte getanen, bie, gerabe in einem bcr aWauer nal^e gelegenen
(jpäter ben Äaritfiö, nm 1630 ben ©intmeni nnb bann einem ^KaW"
teuffei gel)örenben) §aufe beim SBrauen begriffen waren, baö l^ei§e
33ier auf bie Äöpfe. 3lad) bem Sübeder ß^roniften befehlen bie Silrger
unter ^am ©d^liefö Seitung bie näd^ften SBiftfjflrme, f(äf)leuberten von
oben große Steine l^erab, warfen oiele oon \i)nen tobt unb jroangen
fie, bie 3Rauer ju räumen. 3n ber eilfertigen glud^t über bie ^^Jer-
fante ließen bie g^einbe bie Seitern, oiele §arnif(ä^e, Slrmbrüfte, eiferne
©tangen. Siebte u. f. vo. im ©tid^, weld^e alö S)enhnale beö ©iegeö
auf bem SRatl^l^aufe aufbeioal^rt würben. 3toä) ju Siangoö 3eit war
eine Seiter unb eine große 9lrmbruft oorl^anben, weld^e über ber ©ins
gongötl^üre be§ jur SRatl^öftube fül^renben SBot^immerö l^ing unb 1762
von ben SRuffen mitgenommen würbe.
S)ie ßolberger Ueberlief emng fügt noÄ Fiinju : bei ber glu(3^t fei
baö nod^ fd^wad^e ®iö ber ^krfante gebrod^en unb eine große 3lnjal^l
ber g^einbe ertrunfen, unb alö man bei offenem SEBaffer wieber ge^fd^t
l^abe, feien in einigen 3^ifd&en nod^ g^inger, 35aumen unb anbere ©tücEe
von menfd^lid^en Äörpern gefunben, fo baß man in ©olberg aus ©fei
längere Seit feine ^erfantefifd^e ^abe effen mögen. — 5ßon einem
©pottliebe ber ßolberger über baö fläglid^ verlaufene Unternehmen ift
leiber nur ein aSerö übrig geblieben. ®r lautet in ber älteften ^orm:
Dinnies von der Osten dat mtt^) kind
i^prank tn St, Gertrud over den korken getind
Dat kam ivot up den t immer ho fT^
Dor sprak he: god wy hebten toff,
©inige ber lebenöuoHen 3üge ber ©olberger Ueberlieferung, wie
§an§ ©dfjliefö SBerl^alten in ber gefäl^rlid^en SRad^t, ber Shif, ben er
burd^ bie ©traßen ber ©tabt erf($alleii ließ, mögen o\\% ben oerloren
gegangenen SSerfen biefeö Siebes entnommen fein.
3lad^ ber glüdElid^en 2lbwel^r be§ Ueberfalls, alö bie g^einbe nod^ in
ber 3läl^e ber ©tabt oerweilten, fönnte gefd^el^en fein, baß §anö ©d^lief im
Uebermutl) beö ©iegeö einige in ber ©tabt jurüdfgebliebene, bes SSerratl^ö
ober beö aSerl^el)lenö oerrätl^erifi^er 3lnfd^läge befd^ulbigte ©eiftlid^e, bie
*) Witt rooy gleid) leittig wtjig, üleßeid^t eine Slnfpiclung auf ben SSel-
namcn sapiens, ben Often gel^abt l^oben fofl. Schnewitt i|t fpötcre S5eränberung.
— 237 —
Köpfe mit Ketten jufannuengebunben, ben ©egnern jum §o]^n über bie
5IJlauent ber ©tabt tiäncjen liefe*).
S)ie abgewiefenen SJitter liefen il^re SButf) an ben Untertl;anen
beö SRatl^ö auf ben ©tabtbövfern auö, löie benn bie armen Sauern ge^
möl^nlid^ bei geloben ben §afe ber friegfüljrenben ^|Jarteien entgelten
mußten. S)en ßolbergern aber mar ber 9)hitl^ fo gema(^fen, bafe fie
einige Seit barauf i^rerfeitö mit ftarfer aJlad^t auöjogen, um SDinnieö
t). b. JOften für feinen Ueberfall ju jüd^tigen. ©ie rermüfteten bie
®üter il^reä geinbeö mit aRorb unb Sranb unb begannen bie Selage^
gerung ber SCBolbenburg. S)o(| el^e fie bie ftarfe gefte genommen l^atten,
traten ©targarb unb ©tolp unb bie übrigen pommerfdjen ©täbte, um
bie t)olIftänbige Sßermüftung beö Sanbeä ju rerfjinbern, rermittelnb ein
unb hxaä)Un eine t)orläufige SBaffenrulie ju ©tanbe. SDie SRadirid^t
(bei SSrüggemann a3ef(äf)r. ^. II , 363), bafe bamalö baö alte bei ^late
waä) ©reifenberg ju auf ber fogenannten 3lltftabt el^emalö belegene
Dftenfd^e ©d^lofe von ben ßolbergern erobert unb niebergebrod^en ift,
fd^eint fpätere ©age ju fein**). 3)ie Urfunbc beö SGertragö, ben bie
Golberger mit S)innieö t). b. iOften im 3öf)te 1475 fc^liefeen, meife nur
von ge^be, 9Rorb unb Sranb, bie von JDften unb feinen geifern vor
ßolberg unb von ben ßolbergern vox ber 2Bolbenburg verübt finb. —
S)er SBaffenftittftanb mar bie (Einleitung jum allgemeinen grieben.
S)aö ajiifelingen beö lefcten mit fo bebeutenben 3Ritteln unternommenen
UeberfaUs Iiatte abermals bie ©d^mierigfeit gejeigt, ber feften unb gut
Dertl^eibigten ©tabt beiju!ommen. 5lud^ äufeere a?erl^ältniffe liefen ben
§erjog bie Seenbigung beö jieHofen Äriegeö münfd^en.
5Die SKnfprüd^e, meldte nad) bem Sluöfterben ber ©tettiner öinie
mit Dtto III. 1464 ber Kurfürft von 33ranbenburg auf beffen ßänber
er^ob, jmangen @rid^, feine Äraft nad^ biefer ©eite ju rid^ten. SDurd^
ben 2Bieberfauf ber SReumarf brangte fic^ Sranbenburg ol^nebiefe fd^on
feilförmig in bie l^interpommerfd^en Sänber ein, unb ein ettnaiger 2ln=
fd^lufe von ßolberg eröffnete il^m ben 3ugang 5ur Dftfee. 3)iefer mar
t)on branbenburgifd^er ©eite in ber Sljat in baö 2luge gefaxt. 3Jfarfs
graf 3llbred^t (?) I^atte (fo et^äl^lt Äanfeom) Sofiann. ©dj)lief no(^ in
*) Sl. Äran|, Vand. XI L, bod^ fügt er fclbft ein fcriur ^tnau. S5om „Slb-
f(^neiben* ber Äöpfc fprid^t er ntc^t.
**) aSrüggemann ^cfd^r. % II. @. 363. Dicftorffe« {%ov. S3eWr. o. ^.) «n-
gäbe, bag auc^ bie S3urg vox $Iate ben S^amen SEBoIbenbuvg geführt l^abe, fielet
}u oerctnaelt, f. Älcmpin unb Äva$: ^omm. @t. 297. ^
— 238 —
bcr 3eit beß Krieges ju fid^ mä) ©d^iüelkin gelaben, fid^ fei^r gnäbig
gegen U)n gejeigt ttnb, nad^bem er il^m bei Safel tüd^tig l^atte ju trin=
fen laffeu, i^m t)orgeftelllt, n)te ßolberg, baö, wie er erfaliren, eine fo
]^übfd)e unb fefte ©tabt fei, worin fo gnte Seute wol^nten, hoä) böfe
©nnft bei 33ifcf)of unb §erjog l^abe; baä tl^äte i^m leib, unb wenn fie
feiner bebürften, etoa ju einem ©(^ufel^errn, fo follten fie einen treuen
§elfer unb gnäbigen §errn an il^m l^aben. ©d^lief l^ielt eö für baö gera-
tt)enfte, fid) ben t)erfängHd^en Sunuitl^ungen gegenüber trunfen ju [teilen,
tuib ben 9Jamen beä ©tiftö^eiligen, mit bem er aUeö, was er fagte, einju^^
leiten unb ju bettieuern pflegte, vox fid^ l^infprei^enb antwortete er nur:
„©t. 3ol;aim, ©t. Sol^dnn, §errn genug". @r meinte, fie ptten an
SBifdjof unb §erjog §errn genug, wenn ber Äurfürft no(ä^ baju fäme,
wören cö ju vxtl Sener lieft nid^t ab, er fagte, eö wäre bo(^ gut
für fie^ eine 3uflu(ä^t nnb einen Sroft ju liaben, weim fie oon einem
ber §erreu t)ergewaltigt würben. S)er finge SBürgermeifter aber, in
ber angenommenen Srunfenl^eit oer^anenb, antwortete aud^ l^ierauf,
wie auf anbereö, was ber SBranbenburger fagte, nid^tö alö: ©t. Soi^ann,
©t. 3ol;ann! bis biefer enblid^ bie Uujugänglic^feit beö SRanneä er::
fannte iu\b weitere SBerfud^e mit bm SBorten aufgab: „5Den Sol^ann
bel;altet nur alö §errn, ber fefet em^ nid^t in ben ©todf." ,©ie trennten
fid) bann mit freuhbli(|em 2lbfd)iebe. — offenbar war §anö ©i^lief
trofe ber ge^be mit §erjog unb 33if(^of gut pommerf(^ gefinnt geblieben,
er wollte ©olberg fo wenig unter branbenburgif^e, wie unter bänifd^e
§eri*fd^aft bringen.
S)er g^riebe jwifd^en bem §erjoge unb ber ©tabt fam unter SSer^
mittelung ber lierjoglid^en SRätlie beä ^anjlerö SRif. ©amife unb beä
aSogtö oon SSelgarb, ©ioert SBoperönow, unb ber ©enbeboten ber
^tähk ©tolp, ©d^lawe, SWügenwalbe tmb 33elgarb am 1. S^nuar 1466
ju ©tanbe. SDer §erjog will hen ©olbergem bie 33ef(^äbigung feineö
@igeiitl)umä in SBelbucf t)erjei^n, überl^aupt baö ©efc^el^ene oergeffen
unb bie ©tabt in 3ufunft ju 3Baffer unb ju Sanbe befd^irmen; bie
ßolberger geloben, ben §erjog in 3ufunft nid^t wieber mit 3Äorb,
diaiih unb 33ranb anjutaften ; Srrungen jwifd^en beiben f oHen auf Sage^
fal;rten in Sreptow imb SBelgarb auögeglid)en werben; wenn bie 6ot
berger 9täuber, 3«orbbrenner unb Äird^enbrenner feftneljmen (natürlid^
auf l;erjoglid^em ©ebiete), fo wiU ber §erjog fie unterftüfeen, unb eß
foH nid^t als griebenöbrud^ angefel^n werben ^0. —
ittad^bem ber §erjog gerieben gefd^loffen l^atte, muftte awö) ber
— 289 —
33if(ä^of an eine Stuögteid^ung benfen. 33öfe ©rfal^rungen über bie Un^
[id^erl^ett feineö Sanbeö, bie er an fi(^ felbft ntad^te, inbem il^n SBege^
lagerer in ©örlin überfielen nnb i^m 24 ^ferbe raubten, mochten i|n
voo^ nod^ geneigter baiix geftimmt l^aben. S)o($ erfolgte ber 3lbfd)lufe
erft am 13. 9)iai am Mittwoä) vox ^fingften 1467 ju ßolberg. 2lHe
gelobe, Staub, Ärieg, 33ranb unb 3)lorb än)if(^en beiben foH tobt unb
t)ergeffen fein, ber Sifi^of barf feine 2lnfprü(^e auf ©ntfd^äbigung er=
t;eben, aud^ nidE)t für bie SSerwüftung beö ©amminer ^omö, bie ©e^^
fangenen werben von beiben Seiten ol^ne Söfegelb frei gegeben, nur
3Rxä)ei ©wane — toal^rfd^einlid; ein ßolberger 33ürger, loenigftenö wirb
ein fol(^er einige ^a^re üorfier genannt — bleibt fo lange ber ©tabt
©efangener, al§ eö bem 3iatl;e beliebt; ©treitigfeiten, bie in 3ufunft
jroifd^en ben ©täbten, ober jtoifd^en biefen unb ben Scannen entfielen
fottten, entfd^eibet ber SBifd^of nadj Saut ber ^rit)ilegien, bie er benen
von ßolberg jefet t)erbrieft t;at, ba er il^r §err würbe unb
anberö ni(äl)t; atte3nl;aber von geiftlid;en fielen, bie in ber 3eit ber
3tmetrad^t von ben berechtigten ^^Jatronen: bem Statte ber ©tabt ober
einjelnen ^Bürgern, bamit belel^nt finb, bleiben im Sefifc unb erhalten
i)om SBifd)of e Snftitution ; alle ^^kioilegien ber ©tabt werben auf ö neue
beftätigt. Sluögefd^loffen oom ^Jrieben bleiben SDinnieö von ber Dften,
mit bem bie ©tabt befonbere gelobe §at, unb bie von biefer ä^erfe^
fteten^s).
SDer ©treit mit bem ßolberger Kapitel, beffen SSemiittelung von
beiben Steilen ^erjog &cii) übertragen war, blieb nod^ eine Seit unent=
fd^ieben; e§ beburfte wo^l ber eifrigften Semül^ungen beö §erjog§, um
eine ju tiefe S)emütf)igung beö ßapitelö ju rerl^inbern. 3lm 30. Sa-
nuar 1468 f am enblic^ ju SBoHin bie Sluöföl^nung ju ©tanbe. SDaö
Kapitel unb bie ©tabt mit ben i^r treu gebliebenen ©eiftlid^en über^^
laffen bie SSenoaltung ber Äird^e t)orläufig ^roei unparteiifiä^en SJfännem,
SWif. 2)amife, bem Äanjler be§ §erjogö, unb bem ^farr^errn ©anber
(Sufelom ju Selgarb, biefe laffen ben ©otteöbienft burd^ ^Wefter unb
Serminarien oerfel^n, bie ni(^tö mit ber ©a(^e ju tl^un l;aben, biö ber
S3ann aufgel^obeit ift unb eine auf Äoften ber ®eiftli(^feit unterl^altene
©ommiffion bie legten Sprüngen befeitigt i^at; injn)if(^en erljalten bie
S)om^eiTn bie §ebungen an^ ben 3al;ren 1466 unb 67 t)on ber 3eit
an, mo ber griebe mit §erjog ®tx6) abgefd^loffen mürbe; auf Sitte beö
§erjog§ mirb ber 33if(^of bie in ber 3eit ber ge^be t)erfäumten SBei*
l^ungen in ber Süx6)t unb auf bem Äird^^ofe nai^träglid^ poUjie^ett.
«
— 240 —
SDa§ Sapitcl tritt bann lieber in [eine alten Sßicarieen ein, tjorbel^altr«^
ber in bem $8ertrage mit bem Sifd^ofe bebungenen 3lu§nal^men.
Unter hm bei bem S^evtrage anwefeuben Statinen baö §erjogö
luirb aud^ ^Tinnieö t). b. ßften genannt, ber \\ä) injwifd^en fd^on.mit
©olberg auögefölint ^aben mu^. SDer förmlid^e g^riebenöabfd&luj^ jTOifd^en
i^m unb ber ©tabt erfolgt inbejä erft 1475 29) jn 3lltftabt; beibe ^ar^
teieu verjei^en fid^ gegenseitig baö vox ßolberg nnb t)or ber SBoIben::
bürg ©efdjel^ene unb geloben, t)on ben ©efangenen feine rüdftänbigen
Söfegelber melir eintreiben ju wollen.
3lm fd^roierigften raurbe eö bem l^eiligen Stntoniuö, eine i^m ju^
fagenbe ©enugt^uung ju erl^alten, unb faft nod^ breifeig Scil^re tjergin^:
gen, biö fid^ bie ßolbevger beö Slnblitfß ber SBrüber beö 6ont)ents unb
unb ber mit ©löcfc^en am §alfe tjerfel^enen ©d^roeine, bie fie hnxä) bie
©trafen vox iiä) Vertrieben, lieber erfreuen fonnten. (Srft gegen
©nbe beö Sal^rl^unbertö, wo baö fatl^olif(^e Äird^enroefen einen
neuen 3luffdE)n)ung nel^men ju motten fd^ien, mo äBattfa^rten unb Sieli-
quienbienft in unerl^örter SBeife junal^men, fein 2eftament in ßolberg
aufgefegt mürbe, in bem nid^t au($ SBattfal^rten nad^ äad^en, ©infiebeln
u. f. 10. angeorbnet mären, mo ein ßolberger 3lat]^mann in feinen
alten Sagen nod^ eine SBattfal^rt nad^ ©ompoftetta in ©panien untere
nat)m, — ba fonnten bie 6olberger aud^ nid^t länger ber l^eiligen
aintoniuöbrüber entbel^ren. Stn Saläre 1497 liefe fid^ enbli(^ ber jür^
nenbe ^eilige burdf) bie Sugeftänbuiffe be§ diatS)^ jur SRüdEfe^r bewegen.
S5er 9iatlj erbot fi^, ben ^käceptor beö Drbenö, ^art^olb ^onif, megen
ber ©djmad^, bie §anö ©d^lief imb feine ©enoffen ben ^Reliquien an-
getrau l^ätten, um SBerjeil;ung ju bitten, im Saläre 1498 am ©onntage
invocacil fottten biefelben oon einem angemeffenen Orte t)or ber ©tabt
auö abgeljolt unb in feierlicher ^^^rojeffion mit ^Jal^nen unb Äreujen
unter gefangen fämmtUd^er ßolberger Äferifer jum Sobe be§ l^eiligen
3lntouiuö, t)on einem jal^lreid^en ©efolge anbäd^tiger SKänner unb grauen
begleitet, burd^ bie ©tragen geführt unb an il^re gewohnte Stätte in
ber a)iarienfird)e gebrad^t werben ; jum ®rfafe für ben bamalö erlittenen
©d)aben mürbe bem ßonoente ein ftarfeö ^ferb oon ber ©tabt gefdjenft.
3n ber 3eit ber 2lu§föVnung mit bem l^eiligen 3lntoniu§ lebte
in Solberg ein §an§ ©d^lief, „be grote §an§" genannt, ©erne benfen
mir unö ben alten Sürgermeifter §anö alö einen gemaltigen 3teden,
ber an ©d^ultern unb SBruft über feine ©enoffen im 3iatl^e tinb über
bie S3ürger l^eroorragt, xotm er an il^rer ©pifee t)or bie SEBolbenburg
— 241 —
jtel^t, unb cö ift beö^lb ber Strtl^un ber älteren ßl^roniften*) t)erjei^li($,
wenn fie in biefem „groten §anö" no($ ben berül^mten Sürgermetfter
wiebererfennen wollen. ©d^roerUd^ würbe biefer bie glänjenbe ©einige:
tl^uung, bie bem l;eiUgen 2lntoninö ju Sl^eil würbe, jugegeben tiaben.
SDer alte Äämpe, beffen jäl^er 2luöbauer unb @ntfdf)loffenl^eit bie ©tabt
t)orjug§n)eife ben glüdli^en 3lu§gang beö Äantpfeö üerbanfte, erlebte
nur nod^ ben grieben§f(äf)luj3 mit ^erjog @rid^, nxä)t mtf)x ben voüen
Sluötrag mit ben anberen ©egnern: er ftärb im 3al;re 1466 jwifdjen
^fingfien unb bem 30. 3?ot)ember**).
®r war ber e4)te 3lu§bru(f beö ftämmigen, mä(J)tig aufftrebenben
norbbeutfd^en Sürgertl^umö, t)on unbeugfamer SBillenöIraft, unerj'djüt-
terlid^ in feinen Sielen, von fatlblütiger @ntfd)lo[fenl^eit im 2lugenbU(fe
ber ©efal^r unb ftaatömännifc^er Älugfieit; in bem leibenfd^aftlicl}en
Sluflobem be§ 3ornö, bem rüdffidfitölofen SSertreten ber Sntereffen feiner
©tabt gegen anbere rieUeid^t ebenfo begrünbete Slnfprüi^e war er nidit
mel^r, als feine ©egner, ein ©ol^n feiner gewalttljäligen 3eit; ni($t§ jeugt
mel^r für feine femige Sü(%tig!eit, alö baö l^ol^e Sßertrauen, wet(|eö er
bei ber Sürgerfdiaft befafe, bie au(^ in ber böfcften 3eit treu ju il^m
ftanb, felbft fein frül^erer ©egner SSertolb 33erte ^atie fid^ mit if)m au^-
geföl^nt unb war in ein engeö t)erwanbtfd^aftli(^eö Sßerl^ältni^ ju if)m
getreten. 31. ^ranj (geftorben 1517, ate er Sut^erö S^efen gclefen
^atte) nennt i^n einen §affer atteö Äird^Ud^en (exosus ecclesiastica),
weil alleä Ui;il^eil für bie ©tabt t>on ber ^ir(|e ausgegangen fei. ®o(^
ifl eö ganj falfd^, i^n alö „l^uffitifd^en" Äird()enftürmer ju beuten; ben
33ann ber ^ird;e trug er leidet, aber an ben 2lltäreit, t)ou benen er bie
feinblic^en ^riefter t)eriagte, l^at er felbft Steffen geftiftet, auc^ bie
©pitäler reid^lidf) bebaut; au^er ber f(^on oben erwähnten ©tiftung
unb Heineren Segaten für arme £cute werben uod^ genannt ©tiftungen
für ©t. ©eorg t)on 200 3Warf unb für ben ©nellefen fieiligen ©eift
mit 16 3JJart jäl^rlid^er 5Kente. 85?egen feiner df)riftlid^en Söo^ltfjätigs
feit nennt i^n aiatl^ unb 39ürgerfd)aft in ber oben erwäl^nten Urfunbe
„unfern Sürgermeifter milber (freigebiger) S)äd^tniffe", unb ein anbereä
glei^jeitigeä 3eugnife bejeid^net \\)\\ ate „in ©ott t)erftorben"*
©ein SRuf ging weit ^inauö über bie 3Kauern ber ©tabt unb
*) 9lac^ i^ncn aud^ Bart^olb: ®cfc^, ». pflügen unb ^omm. 4, 1, 319.
**) WnöPcn 1466 lebte er nod^ nad) bem ^obtenregiftcv ber ©c^üfecngilbc,
in ber Urfunbe S^lr. 112, 1466 30. SRoücmber, wirb er al« geftorben bcscidjnct. 3iae
anberen eingaben fmb falfc^.
— 242 —
bte ©rcnjen be§ ©tiftö, unb in allen §anfeftäbtcn fprac^ man mit Se-
wunbcrung von bem ßolberger Sürgermeiftcr, ber mit folc^er Umfid^t
nnb ©ntfd^loffcnl^eit bie Slnfi^läge ber geinbe t)ereitelt l^atte.
©eine gamilie l^atte frül^er nur fpärli(^ geblüht, aber unter bem
bifd^öflid^en 35ann trieb ber ©tamm jal^lreic^e ©proffen. ©al^ §anö
auä) einige feiner Äinber t)or fid^ l^infterben, fo umgab il^n bod^, alö
er ba§f 3eitlid^e fegnete, eine jal^lreid^e ©(^aar von ©ö^inen, Söd^tern
unb ®n!eln (fiel^e ©tammtafel im Slnl^ang). ©ein in mel^reren
Steigen fortblül^enbeö ©efd^led^t, gegen baö feine anbere g^amilie auf=
fommen fonnte, erweiterte nod^ ben gewonnenen 6influ§ unb bel^aup=:
tete i^n faft 200 Saläre lang, ©leid^ nad^ bem Sobe t)on §an§ ©d^lief
war fein ©ol^n Spmbord^, ber nad^ bem ©tatut von 1452 nid^t mit
bem aSater jufammen im Statine fifeen burfte, ate SRatl^mann eingetreten,
unb alö im Saläre 1480 ein Sürgermeifterpoften erlebigt war, rürfte
er in benfelben ein; nad^ feinem f(^on 1482 erfolgten Sobe erl^ielt fein
SSruber Saöper bieö Slmt, ol)ne üorl^er im SRatl^e gefeffen ju l^aben,
unb ebenfo folgte biefem, alö er 1489 ftarb, ber jüngere SSruber Seo
alö 33ürgermeifter, fo bajs brei ©öl^ne non §an§ ©d^lief nad^einanber
bie ©teUung beö aSaterö befleibet l^aben. SDann nal^men aus ben rer-
f(^iebenen ßinien beö §aufeö gewöl^nlicb jwei, bisweilen fogar brei SKit-
glieber jugleid^ 9iat^§ftü^le ein, unb bie alte gifd^erftrafee erl^ielt ben
SRamen beö l^od^berül^mten SBürgermeiftergefdjle(%tö (f. ©. 53).
3n ber Seit, wo ßolberg t)olIauf ju ll^un Ijatte, um hm Äampf
mit übermä(^tigen g^einben ju befleißen, foH bie ©tabt aud^ noä) ba^
benad^barte Treptow bur($ bie 3[5erfperrung ber 3tegamünbung fd^wer
beleibigt l^aben. SDie SRad^rid^t baoon finbet fidE) juerft in einem 5Ber=
tl^eibigungöfd^reiben, weld)eö ber diatl) t)on Treptow bei ©elegenl^eit
eineö 3ied^töftreiteö über bie SRegafd^ifffalirt mit ©reifenberg im 3al;re
1555, alfo ungefähr 100 Saläre fpäteiv auifcfecn lieg, ©ä Reifet barin,
bie ©täbte ©olberg unb ©reifenberg feien auf ben wad^fenben 3ie\ä)^
t^um von Treptow neibifd) geworben; bie ©reifenberger wären mit
il^iren alten verlegenen ^rioilegien l)ert)orge]^umpelt, um bie SJKü^len
i)on Treptow jerftören ju fönnen, bie ßolberger l;ätten unter bem SSor^:
geben, bag bie Siega auf ftiftif^em ©ebiele il^ren Sluöflufe l^abe, ben
alten §afen mit geraattt^ätiger §anb t)erfenft unb untftd^tig ge::
mad^t^^), 3n g^olge beffen l^abe ber 9?at^ jn 2;reptoru ber Siega ein
— 243 —
neues 35ette — ben Ijeutigen ^auptftrom — graben laffen unb ben
§afen bortl^in nerlegt.
S)ie ©laubwürbigfeit biefer 3laä)xxä)t tft neuerbingö lieber (in
ber fel^r grünblii^en 9lbl;anblung t)on§etnje: ber §afenort Siegamünbe,
balt ©tub, 18. 1.) bel^auptet worben, mu^ aber bo(^ geredete öebenfen
erregen.
S)ie 9?ega fpaltet fiiä^ jefet ni(^t raeit T)t)m Treptower Seep in
jiüei Slmte, ber eine, jjefet ber §auptftrom, ntünbet nad^ furjem Saufe
in faft nörblid^er Siid^tung bei S)eep, ber anbere wenbet \iä) gegen
Dfien, fliegt burd^ ben Äamper ©ee*) unb erreii^t baö 3Weer an beut
9lorboftenbe beffelben unb eines fi^malen Äüftenftreifö, ben er äut)or in
breiter, fanbiger, auf ber SGBeftfeite t)on Xixnm eingefaßter 3lieberung
bur(^fd^neibet. SDiefer Äüftenftrid^, ber fi(^ pifdien bem Äamper ©ee
unb ber JOftfee in einer Sänge ron faum einer l^alben ©tunbe l^ingiel^t,
befielet aus lofem, beroeglid^em, ju SDünen jufammenge^äuftem Uferfanbe,
ber raeber ben l^äufigen 2Beftminbcn, bie il^n naä) ßften auf bie Siega
ju treiben, no(ä^ ber ©eroalt ber aWeeresraeHen SBiberftanb leiften fann,
wenn fie, t)on ftärferen ©türmen erregt, gegen il^n l^eranbrängen.
Ueber bie SSeränberungen, bie in g^olge biefer Sefd^affenfieit mit
bem Slusfluffe ber SRega aus bem Äamper ©ee t)or fi($ gegangen finb,
entl^ält bas ßolberger ©tabtari^iü ein nid^t unroid^tiges 2lctenftüdf.
Um bie 3Hitte bes t)origen Sal^rfiunberts (1754) l^at l^iernac^ bei
einem ©renjftreit jroifi^en ben Dörfern 5lamp unb Treptower SDeep ein
alter, in bem lefeteren 25orfe anföffiger aWann, ^eter SBenborf genannt,
golgenbes ju ^rotofott gegeben: er t)abe von feinen aSorfal^ren unb
älteren, längft geftorbenen Seuten öfter gel;ört, vor l;unbert unb metjr
Satiren fei bie ©d^eibe jmifd^en bem ©olberger unb Treptower SDeep au
ber SRorbroeftedfe bes Äamper ©ees gegangen, in ber SRäl^e eines ^luffes :
SBlotnife (©piebad^), Slegamünbe, ober aud^ alte 9tega gelieißen; bie
aJtünbung fei aber t)erfanbet, unb ber gluß l^abe fid^ in ber SDeepfd^eu
§ütung, ^aUn genannt, einen neuen Ausfluß in bie Dftfee gebahnt, ben
ber 3euge nod) irt feiner Sugenb gefel^n l^abe; aud^ biefes S)eep fei
bann t)erfanbet, unb bie Untert^anen ber 3lmts= unb ©olberger dtat^^-^
börf er l^ätten barum an bem Drte, mo jefet bie 5!Jlünbung ber 5Rega
märe, einen neuen SluSflufe ju graben angefangen; bie 3latur fei ilinen
. *) Rega-mare, ^legafcei 9Reev bebeutet niebetbeutfd^ unb l^oHanbifd) oincrt
©ec fü^en SS äff er«.
— 244 —
babet ju §ülfe gefommcn, benn tu bem falten SEBintcr von 1709 I;ätte
baö 9Kecr wnb ber Äainper ©ee, ber bamalö einen ungeraöl^nUd^ l^ol^en
3Baf[erftanb gefiabt l)abe, bte S5ünen bem angefangenen fünftUd^en 93ette
gegenüber bnrd^brod^en unb fo baß 2Berf üoHenbet; fo fei ba§ neue
^eep (bie jefeige alte SRega) ju ©tanbe gefommen; aud^ ber Äamper
©ee fei gegen Often tjorgerüdt, baö 33ette beö 5Raugarber= (©pie=)
S3a(ä^eö, ber frül^er in trotfenen Ufern jwifi^en ben Sangenl^agener SQBiefen
unb ber gröfetentfieilö jefet t)om ©ee eingenommenen ßolberger S)eep
§ütung gegangen märe, fei no(J^ in bem Camper ©ee ju erfennen. 3ln
jener norbmeftlid^en ©de beö ©ee*ö, an ber t)om ©anbe rerfd^ütteten
älteren 3Künbung liabe mä) ben (Srjäl^lungen ber SSorfal^ren ein 3?ega=
münbe genannter, von 3^if(^em bemol^nter gleöen gelegen ; tiefte banon
l^ätten nod^ lange geftanben, ein 33auer au§ Stöbe, SRamenß §at)erbe(fer,
l^abe vor 60 Saliren t)on einer 3Kauer beö alten JDrteS ©teine ju fei=
nem Sadofen gebrochen, unb ber Äird^tl^um t)on SRobe fei au§ ben
grojsen ^elbfteinen von 33autrümmern bafelbft errid^tet; eß werbe anä)
erjäl^lt, ein ©(^iff fei bort vox fielen Sauren gefunfen, unb man fönne
nod^ mit langen §afen ben S3oben beffelben berül^ren^O.
9Mit biefem 33erid^te ftimmen in einem ?Punfte bie @rgebniffe ber
t)on §einje, alß im Sanuar 1855 ein l^eftiger ©türm Ueberrefte bau-
li(^er ainlagen am ©tranbe bloJB gelegt ^atte, an ©rt xmb ©teile t)or=
genommenen Unterfud^ungen überein. ^kxnaä) lag jener Treptower ^afen-
ort SRegamünbe, mo bie Bürger t)on Sreptom, wenn fie fid^ bort nur auf^iet
ten unb nid^t anfäffig mad^ten, nad^ lübifd^em SRed^te lebten, an berfelben
©teile, mo.er nad& ber obigen 3lußfage gelegen l^atte. 35ort maren jene
baulichen Ueberrefte jenfeitß ber SDünen am ©tranbe burd^ ben ©türm
bloßgelegt morben, bort finb aud^ bie 3Siefen, an benen ber 5Rame SRega?
münbe nod^ l^eutigen Sageß l^aftet. 3ln bem SRorbmeftenbe ber SRel^ruug
alfo ergojB fid^ frül^er ber §auptftrom ber 3tega in baß 9Keer, unb l^ier
lagen bie §öfe, ^adfl^äufer unb §afenanlagen beß §afenß JRegamünbe,
beffen 3lame auf baß angrenjenbe, bem Älofter SelbucE gel^örenbe SDorf
SRega überging.
Unbegrünbet bagegen erfd^eint bie 2lnttal)me §einjeß, baß neben
jenem §auptftrom nod^ ein jmeiter 2lrm unb jmar an bem ßftenbe beß
Camper ©eeß, alfo an ber ©teile, rao je^t bie alte 9?ega münbet, oor-
l^anben gemefen, baß alfo bie SRega in jirei 3lußflüffen auß bem ©ee
in bie Öftfee gegangen fei. SDie 6ol6erger ©rünbungßurfunbe, bereu
S3eftätigungen, baß ältere ©tabtbud^ unb felbft no(§ bie S3urfpraf oon
— 245 —
1480 fprcÄen nur fd^Icd^tl^in von ber SHega, erft in einer Urfunbe beö 33i^
f^ofö SUlarinuö auö bemfelben Saläre wirb jum erften 3WaIe „bie alte
SRega" alö SBeflgrenje beö ßolberger ©ebietö angegeben, einige Seit
t)orl^er alfo, wal^rfd^einlidf) furj t)or 1457, ift eine neue SWega entftanben,
unb wenn nodf) bie Surfpra! von 1480 nur bie 3iega ^^MjivotQ nennt,
fo folgt fie barin eben ber altf)ergebra(^ten SSejeidfinung für btefe einzige
ältere SKünbung. 93iö an biefe xtxä)te baö ©olberger ©tabtgebiet —
wenn anä) nur unmittelbar, am ©tranbe, benn fübli(j^ bavon lagen auf
ber ©ftfeite beö gluffeä 33efifeungen beö Älofterö SBelbud, unb maU
bäume bejeicj^neten ^ier bie S(^eibe jn)if(^en ben Sanbungen beö S)orfeä
Stega unb ben SBiefengrünben t)on 2)n)erin — auf biefer 3ftega (t)om
Camper See an) nal^m bie ©tabt ©olberg gifd^ereigered^tigfeit in Sin-
fprud^, unb bie 3^if(^er 9,üppcr der Refra", wie bie ®äfte, jal^lten ber
©tabt eine .^ad^t für bie g^ifd^erei (f. ©. 65).
2Bie fel^r nun au(^ fonft eine gemaltfame SSerfperrung ber aJlüm
bung, weld^e bie ßolberger al§ il^nen gel^örenb anfallen, ber gefammten
2)enfn)eife beö 9Jtittelalterö enlfpri(^t, n)eld^e felbft 3Binb unb SBeHen
monopoUfirte, fo ift bod^ in ben gleid^jeitigen Seugniffen nid^t ber ge^:
ringfte Slnl^alt für bie 2lnnal^me berfelben. Seibe ©täbte ftel^en gerabe
in biefer 3eit im freunbfi^aftlic^ften Sßerfel^re mit einanber. %n\ 3al^re
1445 fd^liejsen fie ein Sünbni^ gegen bie ©tra^enräuber, ^an^ ©d^lief
t)ermäl&It einige S^i^re fpäter feinen ©ol^n ^eter mit ber Soc^ter eines
Treptower Sürgermeifterö, imb Treptower SRatfimannen finb in biefen
Sal^rett häufiger in ßolberg anwefenb. @in nod^ gemii^tigereä Seugnife
geben mefirere ©d^reiben, bie ber SJatl^ ber ©tabt Sreptow) in ben
Salären 1457 bi§ 1460, bur(^ ben ©treit §erjog Srid^ö mit SDänemarf
in betn Sefifee feiner bänifd^en SBitte bebrol^t, an bie bänifd^en Könige
ßl^riftopl^ unb ©l^riftian I. fenbete ^^). Sr flagt barin über bie fd^meren
33erlufte, bie ber ©tabt feit längerer 3eit burd^ 3?aub, SBranb unb 33e=
einträd^tigungen jeber Slrt jugefügt feien; er nennt al§ feine ®egner
bie ©targarber, weld^e gegen Treptower ©d^iffe auf ber ©loine unb
SDitjenon) ©ewalttl^ätigfeiten rerübt l^ätten, unb bie ©reif enberger ; über
bie 6oIb erger bagegen lä^t er ni(^t bie geringfte Älage laut mexben,
er fd^idft fogar 1459, von ben pommerfd^en ©täuben aufgeforbert, ben
Sürgermeifter 2lbteöl^agen an feine „lieben 5Jadjbam" t)on ©olberg, um
ben grieben jmifc^en biefer ©tabt unb bem 3lbel ju vermitteln, ja er l^at
fogar vox 1462 (f. ©. 232 unb 235) raieber ein S3ünbni)3 mit ©olberg ge^
fd^loffen. ©ö ift nid^t benfbar, bafe bieö freunblid^e SSerl^ältni^ jTOifd^en
*
— 246 —
bcn 3?a(3^barftäbten befianb, tomn bie ßoffierger bie aWünbitng ber SRega
t)crfpertt, bie §afenanlagen jcrftört, furj bcn Sreptotüern einen ©d^aben
jugefügt l;ätten, gegen ben bo(^ bie Seeinltä(^tigungen, bie fie von
©targarb unb ©reifenberg erlitten l^atten, leidet wiegen mußten. —
Ueberbiefe tlätte ber ^atf) von (Solberg gegen baö Sntereffe feiner eige=
nen Untert^anen gel^anbelt; benn, ba bie 9iega nur einen 3luöflnfe in
baö 3Reer l^atte, mufete eine aSerfperrung beffelben eine Slufftauung beö
©eeö bewirf en unb bie 3^if(ä^erei in ber SUlünbung be§ ^In^jüt^^ ftören,
bie boä), wie bie Surfpraf jeigt, um 1480 ganj ungeljinbert war.
SDie SSerlegung be§ §afenö erflärt fid^ aber an6) ol^ne bie Sin::
nal^me einer geraaltfamen SBerfperrung in genügenber SBeife.
@§ leui^tet ein, bafe bie §afenanlage an einetn Meinen ^luffe,
beffen anbereö Ufer einer fremben ©tabt gel^örte, in einer ©egenb, wo
bie 2lnlagen fxä) nur mit f(j^roeren Soften gegen ©türm, . SBeHen unb
S)ünenfanb erl^alten liejsen, für Treptow mand^e Söiberwärtigfeiten mit
fi(^ bringen mufete» 2)e§l^alb war aud^ fd^on 1322 in ber UrfUnbe,
in weli^er SBartiölao IV. bem Treptower Statine bie unbefd^ränlte grei=
l^eit geftattete, ben§afen nad^ SBillfür legen unb beffern ju fönnen,
eine SSerlegung in Stuöfid^t genommen, aber auö unbefannten ©rünben
biö um 1456 l;inauögefd^oben. S)amalö liefe ber Treptower Siatl^ ein
neueö 33ette graben, ober ein fd^on oorl^anbeneö unbebeutenbeö erweis
teni; ber mm §afeti fül^rte aufänglid^ aud) ben Flamen 9legamünbe,
ber attmäl^lidö bem l^eutigen „Treptower S)eep" gewid^en ift. — SDie
alte aJlünbung, feit jener 3eit „alte SRega'' genannt, Derfanbete nadt)
unb nad^, feitbem ben SGBirhmgen ber SBetten unb SBinbe nid^t mel^r
burdf) aJlenfd^enfraft entgegengearbeitet würbe, ©anbbünen lagerten fid^
barüber, unb bie SRega bal^nte fid^ weiter oftwärtö i^re jefeige 3Rünbung.
äßir fönnen bie 6rjäf)lung t)on ber gewaltfamen aSerfperrung ber
alten SRega hnx^ bie ßolberger alfo nur für eine ©age an^ fpäterer
Seit anfeilen, weWje bie SSerlegung beö §afenö, ba§ mül^fame 2luö=
graben einer neuen 3)Jünbung erflären wollte.
SDie ©tabt ßolberg l^at fomit burd^ bie Sßeränberung beö glufe^
bettö ein ©tüd il^reö JTerritoriumä eingebüßt, einen fd^malen, etwa eine
3Siertelftunbe langen, aber wert^lofen, oon unfrud^tbarem SDünenfanbe
bebedften Äüftengürtel.
(ftlftea d^apitcl
3unel|menber ßinffn^ ber @tabt im Stifte unter ben Sifc^Sfen SUfarinuS
be grregeiio tiiib Seiiebict* 3ioift ber Sti^lieffett unb ber %itHt% 3er«
tofirfniffe im Slati^t, $inri(i^tung Simon ioM, %t^h mit bem ^be(,
?lMfftottb ber 3ünfte unb SafoB ?lbeBar8 Regiment 1524.
SDer enbltdfie e^riebenöf d^Iug entfprad^ ben l^crjlidfien 2Bünf(^en ber
gaitjen Golberger Sürgerfc^aft. ©o entf(^loffen fie an^ mit il^rem
Sürgermeifter baö jel^njä^rige Sntetbict getragen l^atte, noä) immer lagen
bic ©cmütl^er ber 3Jienf(3^en in ben SBanben ber mitteialterli(^en Rxxä)^n^
geroalten, unb bie ungen)öf)nli(3^ ftarfe Setfieiligung aller Älaffen ber
äSeüölf erung an ben 1 469 mit gröjserem ©epränge, alö je, gefeierten gaft:^
nad^töprojeffionen ^ jeigte bie g^reube ber ©tabt über bie 2Bieberl^er[tet
Inng ber altgemol^nten fir(^H(^en ©rbnungen.
3lud^ bie 3lti(Jfi(J^t auf baö materielle ©ebeil^en ber ©tabt fiatte
bringenb bie 33efeitigung beö unfi(^eren g^el^bejuftanbeö geforbert.
SDie ©tabt l^atte jroar im Saufe beä 15. Söi^rl^unbertö hmä) ben
3ujug neuer g^amilien roieber einen erl^eblid^en 3un)ad^ö erl^alten. ©eit
1411 nennt baö ©tabtbu(j^ bie Mforo'ö (@ber^arb, 5Wiftaö, ^etruö)
alö in ber ©tabt* anfäffig ; fie gel^ören ju einer alten pommerf d^en ^a^
milie, au§ ber fd^on 1302 ein Subbo alö 3euge in einer ßapitelöur^
funbe erfd^eint unb 1364 ein ©berl^arb SBürgermeifter von ©öölin war.
2)ie angeblid^e 3lbftammung berfelben t)on einem fd^roebifi^en ©tamm-
mtex 9Kagnuä Äalforn (ober eigentlid^ Äarlöfon), ber diaü) unb ^auTf^U
mann bei Äönig ®ri(^ geroefen, mit biefem 1439 nad^ ^ommeni ge=
fommen fei unb fid^ in ßolberg niebergelaffen l^ätte, ift alö eine grabet
anjufel^en, bie Dielleid^t il^ren Urfprung barin l^at, bafe ein Äalfom' mit
@rid^ nad^ ©d^weben gegangen unb von bort nad^ ßolberg gefommen
ift. (Sin ei^riftian v. Äalfom lie^ fid^ um 1620 „feinen alten 3lbel
pon Äaifer gerbinanb IL erneuern/' 3?id^t fidlerer ift bie fd^mebifd^e
— 248 —
abfunft ber Sid^tfotfi, bte fett 1450 in ßolbcrg auftreten unb 3la^'^
!ommen eineö SBürgemteifterö in 9iügenn)albe fein foBen, weldfier vox^tx
f(^n)ebifd)er Hauptmann geraefen war. 9Kit ben wunberbarften fabeln,
bie mä) Äaifer Äarl VI. inxä) feinen ber g^mnitie auögeftellten 3lbel§-
brief md)t i)at in ©efi^id^te t)ern)anbeln lönnen, liaben bie SRangoö, bie
anä) in biefer 3eit in ©olberg erfd^einen, il^ren ©tammbaum bepngt:
fie TOoHen griec^ifd^er 2lbfnnft fein, xniter Selif ar gegen bie ©Otiten ge=
fämpft unb \xä) bann in Statten niebergelaffen Ijaben; t)on bort fei
fpäter einer il^reö ©efd^Iec^tä na(^ ©ad)fen auögeraanbert, l^abe baö
®ut atanbou) in ©ac^fen mit ber ©rbtoi^ter erl^eiratl)et, unb beffen
©ol^n 5RiHaö fei nad^ ßolberg gefommen, l^abe \\ä) ^ier mit SUfabet^
§orn rermäl^lt unb fei SRattiöfämmerer geworben ^). aKöglid^ ift, bafe
bie gamilie an^ 3Wei^en ftammt, bod^ ein Äämmerer biefeö 9?amen§
finbet fid^ nid^t in ber angegebenen Seit. @rft feit J 428 erfdfieinen
Sräger biefeö SRamenä (^etruö, 3Kaeä, ©laweö) in ßolberg, unb erft
weit fpäter finb fie in ben SRatl^ gefommen, — Slu^er iljnen l^aben fidf)
um bie 3Jlitte beö 3al;rl^unbertö von nal^m^afteren gamitien in (Solberg
niebergelaffen: bie t). SKanteuffel, t). ^a^laff (feit 1450), v. §o^enl^aufen,
(^og^enl^ufen, §anö fauft 1444 einen ©arten tmb ein §auö am
3Jlarfte), ^aritl^ (§anö SBater beö 33if(^ofö 5ü?artin, in bemfelben
Satjre), von ^uttfamer (ein SBebele ^. mürbe 1449 24. 3uni jum
©tabtf($reiber befteUt), t). 33lanfenburg, t). 33rödEer unb in ber 3eit ber
ärgften SSermirrung Sori^arb auö ©reifenberg, beffen ©efd^tec^t bis in
baö ad^tjel;nte Saljrl^unbert in ßolberg geblüht l;at.
®oc^ mn^ trofe ber Sinmanberung mäl^renb beö Äriegeö bie 3a^l
ber 93en)ol)ner mieber erl;ebli(^ abgenommen l^aben. Xavon jeugte baö
innere 2luöfel;en ber ©tabt nai^ bemfelben: mand^e§äufet: ftanben leer
unb waren verfallen, anbere niebergeriffen ober in ©tälle unb Bä)tnmn
t)ertt)anbelt, unb noä) lange Saläre blieben bie ©puren ber SßertDüftung.
9Jod^ 1480 werben SBeltlid^e unb ©eiftlid^e aufgeforbert, ilire müften
©teilen mieber aufjubauen, fonft werbe ber Siatl^ fie an anbere geben,
unb Sifi^of Söenebict ertl^eilte 1486 ^) ber ©tabt baö ^rit)ilegium, bie
§auöfte.IIen ber geiftlid^en unb wcltlid^en SBefifeer, wel(^e nic^t binnen
Sai^reöfrift bie Käufer wieber aufbauten, von ©tabtwegen ju üerfaufen,
unb bie iäl^rli(^en 3ienten für Sicarieen im ©tabtbud^e bei biefen ©tetten
JU tilgen. —
Snbeg, fo t)orfid^tig unb t)erfö^nlid^ bie ^oliti! beö Siatl^ö war,
fo wenig war er gewillt, bie SRed^te aufjugeben, für weld^e bie ©tabt
— 249 —
unter f(3^n)eren ßpfem fo lattfle gefäntpft l^atte, er ^tte fein ®en)i(3^t
fül^len gelernt, unb bieö gegenüber bem ßapitel unb bem fianbeöl^errn
weiter geltenb ju wai^eu, blieb na(^ wie vor fein 3iel.
3llö bringenb notl^menbig im Sntereffe ber ©tabt n)ie beö Älofterä
l^atte fi(^ TOül^renb beö Äriegeö bie Sßerlegung beö lefeteren in bie ©tabt
l^eranögefteDt. 3n ber wilben Seit war eö fdfjlimmer Serrüttiing ver-
fallen: ber Älofterpropft SBilfe ©d^mibt ^atte fo f(3^n)ere SBerbred^en
begangen, ba^ er nad^ SBieberl^erftellung beä g^riebenö auf Sitte beö
33if($ofö üom SWatl^e gefangen gefefet unb jum Sobe t)erurtl^eilt unb nur
auf Sitte angefel^ener greunbe jur SanbeSüerroeifung begnabigt würbe *),
unb fd^on ©. 231 ift erjäl^lt, bafe bie g^einbe ber ©tabt roäl^renb be§
Kriegen baö Älofter ate Serfted benufeten, t)on bem au§ fie bie ©tabt
beunrul^igten unb §anbel unb Serfel^r ftörten. SBifd^of §enning mufete
beöl^alb ben bringenben Sitten beö SRatl^ö nad^geben unb bie Verlegung
beö Elofterä in bie ©tabt jugeftel^n. SDiefelbe fällt fpätefteuö in bie erfte
§alfte beö Sal^reö 1469, ba ber Sifd^of fd^on t)or bem 25. Suli biefeö
Sctl^reö geftorben war. —
SSon großer SBid^tigfeit für bie Sßal^rung unb ©rweiterung ber
gewonnenen ?lieä)U war bie ©inigung, weld^e ßolberg furj nad^ bem
2obe beö Sifd^ofö §enning mit ßöölin fd^lofe. SDurd^ bie böfen ©rfa^^
rungen ber Sergangenl^eit waren beibe ©täbte ju ber ©r!enntnife ge^:
fommen, ba§ bei aller S3erfdf)iebenl;eit ber Sntereffen bod; ©id^erung
gegen bifdjöflid^e 2lnfprüd^e unb Slufred^terl^altung ber SRul^e im £anbe
für beibe oon gleid^em SBertl^e fei, unb vor ber ©rwäl^lung eines mnm
Sifd^ofö t)ereinigten fid^ beä^alb am 25. 3uli 1469 bie beiberfeitigen
diät^e unb Sürgerfd^aften ju bem Sef(^luffe, bafe fie einem neuen, t)om
(Sapitel gewählten, ober oom ^^apfle gefd^idten Sif(^ofe nur gemeinfam
unb überi^aupt nur bann erft bie §ulbigung leiften wollten, wenn biefer
jut)or beiben ©täbten il)re SRed^te unb grei^eiten beftätigt l;ätte; and)
gegen auswärtige geinbe i^rer grei^eiten unb il^reö SEBo^lftanbeö ge:^
lobten fie fid^ §ülfe unb Seiftanb mit ganjem Vermögen ^). S)er auf
ewige Seiten ge[d^loffene Sunb ^at wenigftenä längere '^af)xe Seftanb
gehabt. 3)ie altl^ergebrad^te (giferfud^t war auf einige 3eit t)ergeffen
ober in ben §intergrunb gebrängt, unb in ben neuen SBirren, bie baö
©tift balb wieber l^eimfu(^ten, finben wir fie wieberl^olt ju gemeinfamem
§anbeln Derbunben.
3laä) §enningö Sobe fud^te ®raf Subwig o. ©berftein ben Sifc^ofs-
ftab ju gewinnen; er fefete feine SSJal^l bei bem ^amminer ©apitel bmä)
— 250 —
unb erlangte aud^ bte 3tnerf ermutig ber ©täbte. 3tn Saläre 1472
(27. SRoüemBer) war er in ©olberg, n)o er einen jn)if(!^en ^eter §orn
unb Saöper ©d^lief über einen erf(^lagenen Äned^t au^gebrod^enen ©treit
f(j^li(j^tete ^). SDod) l^atte er t)on Anfang an ©egner in feiner SDiöcefe,
ju benen ber 3lr(^ibia!onuö t)on ©targarb unb ba§ ©olberger 5Domcapitel
gehörten, unb burd^ unmäßige ©elbforberungen an ben Uterus t)emiel^rte
er bie 3c^l berfelben. Sängere Seit fij^wanfte bie t)on beiben ©eiten
am römifd^en §ofe mit ben üblid^en SRittetn ber Sefted^Ung unb ber
diänU gefud^te ©ntfdEieibung, biö ber fdfjon auö bem ©treite ©olbergö
mit bem 33if(^ofe §enning befannte', mit ben Suftänben in Siom vex^
traute, ränfeüotte tropft von (Jolberg unb aSicebominuö von ßammin, SRif .
83rudEmann, ber fi(^ längere 3eit am papftlidEien §ofe aufl^ielt, burd^^^
fefete, bafe bem ^oftulatbifd^ofe bie pöpftlic^e Seftätigung t)ern)eigert
mürbe.
(So mar ein SBunber, bafe jmifd^en bem ©olberger ßapitel unb
ber ©tabt barüber nid^t neuer Smiefpalt auöbrad^. S)enn mäl^renb 6ot
berg eö no(^ immer mit bem ^^oftulaten l^ielt, erfannte jenes bie Sluto-
rität bes päpftlid^en Segaten für JRufelanb unb Komment, 33ifd^of§ in
3lctium, Slntoniuö Sonumbra, an, ber, angeblid^ vovx l^eiligen SBater ge^
fanbt, bie lirc^lic^en ©ebred^en im ßamminer ©tifte ju l^eilen, ben
bifd^öftid^en ©tul^l für erlebigt erflärte unb geiftlid^e §anblungen, bie
bem Sifc^ofe juftanben, bafelbft DoUjog. ©r l^ielt fid^ nidfjt blofe in ©tar=
garb auf, 1473 (10. 3luguft) betätigte er von ©tettin auö bie SSeftet
lung eines SBicarö in ßolberg, einige Sage barauf mar er perfönlid) in
ßotberg anmefenb unb t)erliel^ l^ier" eine burd^ ben Sob beö ©tabtfdfirei::
berö SBebele von ^uttfamer erlebigte geiftlid^e ^frünbe an ben SSicar
§ern)ig^, roä^renb in benfelben Sagen (14. 3luguft) ber ^oftulatbifd^of
Subroig, alö j^administrator m spiritualibiis et temporalibus^' von
©targarb auö biefelbe ^frünbe an ben ^leban von 3ieuftettin ©tepl^an
Sorfmeiten überroieö. SDod^ liejs fidf), nad^bem ber Segat baö ©tift t)er^
laffen I)atte, baö ©olberger ßapitel mieber gefallen, ba§ eine jmifi^en
il^m unb bem Statine 1477 gef(^loffene SSereinbarung über bie ©(^ule
t)on ßolberg t)on bem ^^oftulaten unb bem ßapitel von ßammin be=
[tätigt mürbe ^).
SDer römifd^e §of benufete ben 3miefpalt im ©apitel, um mieber
einmal einen g^remben, ben Staliener ober ©panier aJlarinuö, auf ben
bifd^öflid^en ©tulil ju erl^eben, ber burd^ ben Stbla^l^anbel für baö
©pirituö^oöpital in SRom [id^ im gangen Siorben übel berufen gemad^t.
— 251 —
abex baBei fo t)iet für f{($ geroontten l^atte, bag er ben t)on ber gelb^
flierigen ©uric für baö Siötl^um geforberten ^rciö bejal^len fonnte.
^a Subraig v. ©berftein ben ungleiiä^ett Äampf aufgegeben unb bmä)
eine SSerl^eiratl^ung mit ber ©räftn SEBalpurgiö von §ol^enftein um
£)ftem 1480 bem geiftlid^en ©tanbe entfagt l^atte, fo lag für ©olberg
um fo meniger ein @runb vor, jenem bie Stnerfennung ju t)em)eigern, ate
fie il^m S3ogiölat) X. f(^on jugeftanben l^atte. Slm §immelfal^rtötage
1480 (11. 3Kai) beftätigte ber S3if(^of in ©ettnon) ber ©labt nid^t nur
bie älteren Siedete, fonbem an^ lange beftrittene ^rit)ilegien ©ugens IV.
unb bie il^r vom ^oftulate rerliel^enen (unbefannten) g^reil^eiten, imb
vex^pxaä) \f)X ©(ä^abloöl^altung für bie Unfoften, in bie fie beö ©tiftö
unb ©örlinö l;alber gekommen wäre. @r beftätigte il^r femer bie
©tranbj: unb Sergegered^tigfeit von ber alten SRega biö 5Reft unb ba§
jus de no7i evocando, baß fein Sürger vox ein auömärtigeö ®eri($t
gelaben werben bürfe; t)erfprad^, ol^ne 3uftimmung ber ©tabt feinen
SSogt in ßörlin ju befteHen, unb räumte in ©treitigfeiten jwifd^en i^m
felber unb ber ©tabt ober einem 33ürger ber ©tabt biefer bie ®erid^l§:=
barfeit ein ^). — ®rft nac^ ber Seftätigung ber ^rit)ilegien mürbe eö
i^m t)erftattet, in bie §auptftabt feineö fleinen 3leid^ä einjureiten, unb
no(^ (xn bemfelben Sage mürbe er „fraft feines apoftolifd^en Sriefeö"
in fein 3lmt eingefül)rt.
SDod^ ermieö \\6) feine ©tellung balb alö unl^altbar. ©eine ©elb-
forberungen an bie ©eiftlid^feit, unt)orfi(^tigeö ,,bur(^ @inflüfterungen
oon ©egnern be§ ©amminer 6ap\telö" t)eranlaj3te§ aSorgel^n gegen ange-
fel^ene 9Jiitglieber beffelben bra(^te ben größten Si^eil beö Äleruö gegen
il^n in §arnifd^, imb bieö Sermürfniß ermutl^igte ben gemefenen *^^oftu=
laten Submig v. ©berftein, bie äuöfül^rung beö von i^m mit bem 331-
fd^ofe getroffenen Uebereinfommenö, nai^ meli^em er von ben ©tiftö-
fd)löffern nur ©üljom im ^fanbbefi^e bel^alten, ßörlin bem Sifd^ofe
übergeben foHte, ju t)ern)eigem. 3?ur bie beiben ©täbte Solberg unb
6ö§lin, bie jefet ganj in Uebereinftimmung l^anbelten, unb ein S^eil
beö 3lbete fud^ten ben Sifd^of nod^ ju galten. Sluf ben SRatl^ ber ^rä^
laten, bie no(^ ju i^m l^ielten, nad^ feiner eigenen ©rflärung „voxn
l^eitigen 33ater gerufen in mid^tigen Stngelegenlieiten feiner §eiligfeit,
mel^e bie römifd^e Äird^e betrafen" ging er fd^on 1481 nad^ SRom, um
ben ^rojeß, ben feine ©egner gegen il^n angefteHt l^atten, burd^ perfön-
li(^eä @rf (feinen ju feinen ©unften ju menben ^). Snbeß feine ©c^äfee
waren in bem unergrünblid^en ©d^lunbe päpftlid^er §abfu(^t el^er jer
— 252 —
rönnen, afe er fein SRed^t l^atte burdfifefeen fönnen, er t)erlor, ba aiiS)
Sogiälat) X. gegen il^n arbeiten liejs, ben ^rojefe unb ftarb in Slom,
von ®ram t)erjel^rt, elenb eines plöfelii^en Sobeö^^).
ef|e er feine SReife mä) SRom antrat, l^atte er bie 9?at^öcoIIegien
t)on ßolberg, wo er fid^ in ber legten Seit feiner Slnroefenl^eit im ©tifte
t)or}ug§n)eife aufgel^alten jn l^aben fd^eint, unb 6ö§lin, feine beiben
§auptftüfeen, mit ber mid^tigen Sefugnife betraut, in feiner äbmefen^
l^eit bie melttid^e ^Regierung beö ©tifteö ju ffil^ren mit §injujiel^ung
einiger aus ber SRitterfd^aft, meldte fie felbfi vo'd^Un burften; in allen
©ad^en fottten fie fd^alten, alö mä^e er felbft jur ©teile, bie 83en)oIiner
be§ ©tiftö befd^irmen, Staub, aKorb, „©tel^len unb ©reifen" auf feine
Äoften fteuem; aud^ l^atte er i^nen bie aWai^t gegeben, bem ©rafen
Subwig t). (Sberftein baö ©d^Io^ görlin, baö er bem ©tifte miberred^t^
lid^ t)orentl^alte, mit ®üte ober ©eroalt abjugeioinnen unb biö ju
feiner diMh^x auf feine Soften in SSermal^rfam ju l^alten; jeben aSerluft
babei an §anuf(^en, Süd^fen, SBel^r imb SBaffen oerfprad^ er i^nen ju
erfefeen^O. — Ol^ne Sroeifel fielet mit biefen SBorgängen baö gro^e
£anbfriebenöbünbni§ in aSerbinbung, meld^'eö bie pommerf d^en ©täbte
©targarb, ©reifenberg, Treptow, SBoUin, ©ammin, ©tolp, SRügenraalbe,
©d^lawe unb 33elgarb mit ben fliftifd^en ©täbten ßolberg unb 6ö§[in
einige aBod^en fpäter (11. aWai 1481) gegen SRäuber unb ©d^inner xmb
gegen alle, bie fie oerunred^ten n)ollten, unbef(^abet ber 3ted^te il^rer
Sanbeöl^erm, abfd^loffen: für ben Kriegsfall foHten (Solberg unb ©tar-
garb je 30 3Rann, Srepton), ©tolp, ßöölin je 20 3Rann, ©reifenberg
unb SBoHin je 15 unb S3elgarb 10 3Jlann ftellen; ben etwaigen ©d^a=
ben wollten alle gemeinfam tragen, ©id^er ifi ber Slntrieb ju biefer in
ber Unfid^er^eit ber pommerfd^en Suftänbe wol^lbegrünbeten ©inigung
t)on ben ftiftifd^en ©täbten ausgegangen: fie beburften in ber bet)or::
ftel^enben gelobe mit ben ©berfteins, benen, wie pd^ oorausfel^en liefe,
ein S^eil bes pommerfd^en 3lbels SBeiflanb leiften würbe, oielleid^t gegen
ben §erjog felbft eines ftärferen SRüdfl^altS. SDafe ©olberg als eine ber
leitenben ©täbte angefe^en würbe, jeigt bie jwei Salute fpäter erfolgte
Seitrittserflärung von ©olnow, welche an ©olberg abgegeben unb
bem in ©olberg aufbewal^rten ©jemplar ber Sunbesurfunbe angel^ängt
würbe ^^).
3Kit biefem SRüct^alt füllten bie ftiftifd^en ©täbte fid^ ftarf genug,
ber Unorbnung im ©tifte, bie fc^on bei bes Sifd^of 3Rarinus änwefen::
l^eit fo arg war, bafe besl^alb eine aSicarie oon grifeow nad^ ©olberg
^ — 253 —
vetU^t TDcrben ntuJBte^^), ein ®nbe ju tnad^en. S)a eine gütlitä^e Sluö^
gleii^ung mit ben ®berftein§ nid^t ju etjielen war, jogen bie ßolberger
unb ©ööliner (t)or 1484) vor ba§ ©d^lo§ ©örlin unb forberten von
ben §oPeuten unb beni ©efinbe beö ©tafcn, welche bie SSefafeung hiU
bete», bie Uebergabe. Sllö fie Derroeigert würbe, nal^men fie baö ©(ä^lo^
mit ftürmenber §anb, t)ern)unbeten unb töbteten, erbittert burd^ ben
SBerluft einiger ber Sangen, xodä)^ bei bem 2lngriffe gefallen waren,
^ eine 3lnjal^l ber 3Sert[;eibiger, f(^Ieppten bie übrigen aU ©efangene
fort unb mod^ten beträ(^tli(3^e Seute an Äleinobien, ^auögerät^, 18ü6)^
fen, ®elb unb ^ferben^^). S)aö ©d^tojg erl^ielt eine ßolberger SBe-
fafeung, meldte bort blieb, biö ber neue ^ifd^of ben ©täbten 1486
©id^erl^eit gegeben I;atte, bafe fie ju il^ren Unfoften fommen würben;
baneben refibirte auf bem ©d^lofe (1484) aSroIif SBeftpl^al ate Slbmini^
ftrator beö ©tiftö.
^ieö fc^arfe ©ingreifen bereitete ben ©täbten bo(^ fc^mere aSer-
legenl^eiten. 3luö einjelnen Si^atfad^en läfet fid^ erfennen, bafe ein Si^eit
beä pommerfd^en uv.b ftiftifdien Slbelö für Subwig von ©berftein
Partei genommen f)atte. 2lm f(^limmften muffen eö bie 3Referi|e in
SRafemeröborf getrieben l^aben. ^mn jmifd^en 1485 unb 1488 am
15. 3luguft rürfte ein ßolberger §eer unter gül^rung ber Säürgermeifter
21. Äröger imb ^eter §orn vor i^re SSurg, nal^m unb plünberte fie
unb machte bie Sefafeung nieber. ©o flögten bie SOJeferifte fpäter bei
bem §erjoge, unb in ben barüber gefül^rten aSer^ianblungen leugneten
bie Golberger nid^t bie ©roberung ber 33urg, fonbem nur bie babei ge?
• f(i)e]^enen ©ewalttl^ätigfeiten. 3)en §auptjeugen, ben bie ©(^meling'ö
gegen fie. aufftellten, ben Sürgermeifter t)on galfenburg ©d^ijr t). Äleift,
ber non ©tramel)l auö bie ©olberger l^atte jiel^en fe^en, wollten biefe
nid^t als oottgültigen 3eugen anerfennen, weil er in galfenburg einen
filbernen ©ürtel unb jwei ©d^weine gefto^len l^abe ^^). Sie gelobe bau«
erte nid^tö befto weniger fort unb würbe erft 1530 burd^ einen gütlid^en
SSergleidf) beenbigt (f. ®nbe beö 6ap.)
3n il^rem ©ifer trafen bie ©täbte aud^ wol^l ben unre(^ten. 3n
ber 3eit, wo um ßörlin gefämpft würbe, war §enning ©d^meling in
©treife von ßöälinern erfd^lagen. S)arüber erl^oben beffen ©öl^ne So-
l^ann unb ßlaweö, t)on greunben unterftüfet, ^el^be gegen beibe- ©täbte,
unb bajs baö Unred^t bieömal wol^l auf ber ©eite ©öölinö war, jeigt
baö SKaimgelb von 600 9Warf, weld^eö bie ©tabt bei ber Sluöfö^nung
an bie ©ö^ne beö 6rfdt)lagenen jaulen mufete^^).
— 254 —
©elbft ber ^erjog Sogiölat), t)ennutpt(3^ burd^ ba§ eigentttad^ttge
aSerfal^ren ber ßolbcrgcr auf feinem ©ebiete gereijt, übetbiefe bamalö
ein ©egner von SBJarinuö, gefeilte fid^ ju beii geinben ber ©tabt SSon
ber g^el^be mit il^m ift nid^tö befannt, alö waö ber 1493 obgefd^loffene
^iexQUxä) jmifd^en beiben Parteien anbeutet. S)er §erjog Derjeil^t barin
ben ßolbergem SKorb, 33ranb unb alles, maö fie il^m imb ben ©einen
getl)an l^aben, unb t)erfprid^t fie in il^ren ^rimtegien ju fd^üfeen").
35ie ©täbte l^atten fid^ in ber i^nen übertragenen ©teffung fräftig
ju befiaupten Derftanben, biö tiad^ fünfjäl^rigem Snterregnum baö ©tift
in 33enebict von aSBalbftein, einem voxmi)rmn greil^erm böl^mifd^er 9lb=
fünft, ^ropft in JDlmüfe, ber baä Siöti^um nad^ ber l^errfd^enben Unfitte
in SRom erfauft l^atte unb t)otn ^apft alß 33if(^of empfol^Ien war, mieber
ein §aupt erl^ielt. ©elel^rt unb t)on bem beften SBillen befeelt, ben
gefunfenen ©ittenjuftanb im ©tift ju lieben, aber freigebig biö jur aSer-
fd^roenbung unb mit ©d^ulben belaftet, babei ju nad^giebig unb ol^ne
redete §errfd^erfraft, l^alf er nur ben ßolbergem, bie gewonnenen SWed^te
ju befeftigen unb ju erweitern.
SWit einem großen ©efolge von böl^mifd^en 6beln jog er am
18. 3Rai 1486 in ßotberg ein; bod^ bie §ulbigung mürbe i^m von
diatf) unb aSürgerfd^aft erft geleiftet, alö er i^nen am fotgenben Sage
bie 3ufid^erung ertl^eilt l^atte, bafe bie ©tabt für bie Äoften, bie fie auf
bie SBiebergeroinnung unb feitlierige Semad^ung beä ©d^loffeö ©örlin
üermanbt l^abe, nad^ bem ©prud^e beö ßapitelö unb ber Statine be§
©tiftö entfd^äbigt unb gegen bie gorberungen Submigö von (Sberftein
fidler gefteHt werben f ottte ^®). @ine Urhmbe feines SRadf)f olgerö 3Kartin
jeigte, ba^ baö ©apitel in ber S^at bie 3al^Iung beä ©ü^ngelbeö von
300 f(., jU weld^em ber ©prud^ beö jum ©(^iebörid^ter erwäl^Iten
SBerner v. b. ©(^ulenburg bie ©täbte (1496) »erurt^eilt l^atte, auf fid;
genommen l^at.
deiner unter allen Sifd^öfen l^at ber ©tabt fo mel Sugeftdnbniffe
gemad^t, ate ber friebliebenbe unb gefdttige S3enebict. 3lm 28. 3Jtai
beffelben Sal^reö beftätigte unb erweiterte er bie ^rioilegien, bie 3JJa'
rinuö bem ganjen ©tifte unb inöbefonbere ber ©tabt ßolberg jugefid^ert
l^atte; er oerfprad^, feinen Saien in bie weltlid^e aSerwaltung bes ©tifts
einjufefeen, feinem 2lnbem, afe einem ftiftäeingefeffenen aSafallen, unb aud^
biefem nur mit Seiftimmung oon ©olberg unb ßöölin baä ©tiftöfd^lo^
ßörlin JU übergeben unb baffelbe nie bem ©tifte ju entfremben, feine
fremben SSafaHen unter feine 9lät^e auf junel[imen, unb wie ade ©tift^s
— 255 —
eingefejyenen, fo bie Eolbergcr in tl^rem ©igentl^um unb ^fanbbcfife ju
f(ä^üfecn ; er bcftätigte ber ©tabt ba§ jus de non evocando mit bem t)on
äRarinuä jugeftanbenen 3ufafee, ba§ ber SBifd^of felbft in ©treitfad^en
ber weltlichen ©ericä^töbarfeit jroifdfien il^m unb bürgern ber ©tabt t)or
bem ©olberger Statine SRed^t fud^en foHe, er erneuerte enblicj^ mi) bie t)on
feinem SBorgänger bewilligte ©rlaubni^ in SBetreff beö SSerfaufö ber wüft
liegenben §äufer. — 3m Sa^re 1488 beftätigte er ber ©tabt mit SRüd^
fic^t auf ben guten SBiUen unb bie üielen treuen ©ienfte feiner lieben
33ürgermeifter unb 33ürger t)on ßolberg i^re ©erec^tigfeit am ©aljberge
mit bem SSorbel^alte beö 3infe§ t)on 16 Saft weniger ein ^funb für
bie bifd^öflid^e Safel (liamals im ^fanbbefifee ber ©tabt), üerbot feinen
anberen Untertl^anen, ©aljerje, bie irgenbwo im ©tifte l^erDorträten, in
®ebrau(^ ju nel)men, unb gab ber ©tabt baö Siedet, bergleid^en 2lnla^
gen ju legen unb ju rernid^ten; benn nur bie ßolberger ©ülje foHte
in aWad^t bleiben; aud^ bie ©inful^r t)on frembem ©alj mürbe für baö
ganje ©tift verboten unb ben ßolbergern rerftattet, baffelbe, wo fie eö
fänben, mit Sefd^lag ju belegen unb jum SRufeen ber ©tabt ju t)er'
faufen; er beftätigte il;nen in bemfelben ^rit)i(egium baö üon il^nen
feit unbenflidEier 3eit geübte, fd^on dou SDtarinuö beftätigte 3led^t beö
freien ©tranbeö t)on ber alten 9Jega a\\ bis jum äußerften Ufer beö
SReftbad^eö mit bem J^oljen unb nieberen ©erid^t, unb baö ®ut, meld^eö
aw ben ©tranb fd^lüge, folle bei Sobeöftrafe feiner feiner aJiannen unb
Untertl^anen, fonbern nur bie ©olberger §afenl^errn an fid^ nel^men
unb gegen ein reblid^eö 33ergegelb bem feefal^renben 3JJanne bie unoer-
berblid^e SOBaare Sai^ir unb Sag aufbewahren, bie t)erberblid^e aber
foglei(^ t)erfaufen unb ben ©rlöö bem Sefifeer einl^änbigen, ober, wenn
fi(^ feiner fänbe, jum "iiw^tn be§ §afenö t)erwenben ^^). 3m folgenben
Saläre fügte er ba§ wid^tige 3ted^t l^inju, ba^ bie ®inwol^ner ber ©tabt
i^re erweiölid^en gorberungen t)on i^ren ©(^ulbnern im ©tifte bur(^
^fänbung beitreiben, baö ^fanb na(^ ßolberg bringen unb bamit t)er=
fahren bürften, wie eö SJed^tenö fei 2^). ©ie befafeen bieö JRec^t um 1630
— na($ 6. t). ©immern — mit ber Erweiterung, ba§ fie ftatt be§
©d&ulbnerö, ber feinen SBerpPid^tungen nid^t nac^fam, au(^ einen Drtö=
genoffen t)on i^m feftl^alten unb jur 3al^lung jwingen fonnten. 2)od^
würbe bieö SRed^t ber „Sefatung" (2lrreft) t)on mel^reren Sifd^öfen an:=
gefod^ten, wenigftenö nur in befd^ränfter SBeife jugeftanben. 33if(^of
eraömuö befallt (1529) bem SRatl^, ben 2lrreft auf ©renjl^olj, weldfier
3lubreas Srödfer 00m 3iatl)e wiber bie ^arfowö oerftattet fei, wieber
— 256 —
aufjul;cben, tDibrigenfallö er biefett ein gleid^es dieS)t gegen Eolberg
einräumen werbe. S)er diat^ gab bem Sifd^ofe in biefem glatte „au§
freunblid^er ©efinnung" naä), ol^ne jebod^ bamit bem Siedete ber ©tabt
etoaö t)ergeben ju motten. S)er 33if(3^of 3o^nn griebric^ geftanb bem
Statine auf feine Sefd^merbe baS SRecJ^t in bem glatte ju, menn ber Slm
geflagte ber ©(^ulb geftänbig fei unb nidfjt binnen 14 Sagen SBemfimg ein^
lege. 3nt 3al;rc 1608 appettirte bie ©tabt von einem 3Jianbate beö §ofge::
rid^tö, ba§ bie einem 33aueni aWafefe t). ^obemilö abgenommenen nnb mit
Sefd^Iag belegten ^ferbe l^eranögegeben unb bie ^Pfänber beftraft merben
fottten, an baö faiferli(^e Äammergeri(3^t; bo(i mürbe bie SBeifung
beffelben an bie bifd^öfli(^e ^Regierung, in bem SSerfal^ren inne ju Ijalten,
nid^t bead^tet unb bem Statine im folgenben Saläre anbefofilen, bie ^>ferbe
bei 600 Sl^aler ©träfe bem 33efifeer auöjulief ern ^0.
SBifd^of SBJarinuö l^atte ber ©tabt bod^ nur für' bie 3eit feiner
Slbmefenl^eit auö bem ©tifte einen Sl^eil feiner ^errfd^ergeroalt über=
tragen: 33enebict gab il^r aWai^t, aucä^ möl^renb feiner 2lnmefenl^eit im
©tifte bie ©trajsen beö Sanbeä frei ju l^alten, SRaub unb 3JJorb ju fteuern
unb JU [trafen an §alö unb §anb, überl^aupt afe SBermefer beö Sanbeö
in meltlid^en S)ingen }u ri(j^ten unb etroaige Smietrad^t mit ^injujie-
l^ung einiger SBafatten auöjugleid^en ; SSögte, JRätfie, ©täbte unb 5Baf atten
foUten i^r babei Seiftanb leiften, alö ob ber 33if(3^of felber fie l^eifd)e.
S)a|3 er bie SSerantroortlid^teit bafür unb bie SDedung ber barau§ er-
mad^fenben Unfoften bem SBifd^ofe überlief, mar bem Dorfid^tigen Statine
ni(^t JU oerbenfen.
aSei feiner ©d^mäd^e fonnte ber Sifi^of im ©tifte feinen S3oben
gewinnen, ©eine Unfäl^igfeit ober Slbneigung, fid^ mit ber ^Regierung
beö ©tifteö JU befaffen, machte eö Sogiölat) X., ber i^n oI;nel^in als
einen ©inbringling anfal^, mel^r unb mel^r münfd^enömertl^, ba^ er feinen
^lafe räume. @r mid^ bem ©rängen beö 1498 von feiner SWeife in
baö gelobte Sanb jurücEgef eierten §erjogö (M98) unb leiftete gegen
3al^lung einer beträd^tlid^en ©umme, bie il^m Sttuöfid^t gab, aus feinen
©d^ulben ju fommen, freimittig auf baö SBiötl^um SBerjid^t. 9llö er
fpäter, feinen ©ntfd^lujs bereuenb, nad^ 5Wom jiel^en mottte, um l^ier fein
S[nre(^t geltenb ju mad^en, ftarb er unterroegö in ©trajsburg, ungefäl^r
ein ^aS)x naä) feiner aSerjid^tleiftung ^2).
^n feine ©tette trat ein gebomer ©olberger, SKartin Äaritl^,
©ol^n beö Äämmererö §anä Äaritl^, 1464 afe ©tubent in SRoftodE in^
fcribirt, bann ©ecretär bes ^oftulaten Submigö t). ®berftein, alö fold^er
— 257 —
1473 in ©reiföwalb infcribirt, f(^on 1483 S)efan in ßolberg (nid^t
^ropft), Seigrer an ber Unit)erfität in ©reiföroalb, 1487 Slcctor bafelbft,
enblid^ diati) beö ^erjogs SBogiölat) unb fein Segleiter auf ber Steife
nad^ ^aläftina (1496 — 98). ®r würbe burd^ beö ^erjogö Einfluß ju
ber ©teHung beförbert, bie er burd^ Süd^tigfeit unb SBürbigfeit ju be-
Ileiben t)erbiente.
S)er neue 33if($of, burd^ baö ßamminer ßapitel unb bie ^ixü)e
beä ©tiftö nad^ feierlid^em geftma^le in ßolberg in feine Stellung ein^
gefül^rt, fd^ien fid^ Sogiölat)^ X. SSerfa^iren jum SUlufter nel^men unb
bie tief gefunfene bifd^öflid^e ©ewalt n)ieber in bie §öl^e. bringen ju
wollen, 33eftätigte n au6) bie älteren unb im ®anjen aud^ bie unter
ben beiben legten Sifd^öfen erworbenen Siedete, fo mujgten fid^ bie (EoU
berger bod^ gefallen laffen, ba§ bie anftö^igfte Seftimmung, nad^ weli^er
in ©treitigfeiten jwifd^en bem Sifd^ofe unb 33ürgern t)on (Solberg beut
Statine bie @erid^töbar!eit juftanb, bie Slenberung erful^r, bafe Streitig-
leiten beö SBifd^ofö mit bem SRat^e burd^ baö ßamminer ©apitel unb
bie Statine beö ©tiftö, ©treitigfeiten beffelben mit einjelnen aiatl^mannen
unb bürgern ber ©tabt üon bem ßamminer ©apitel unb ben Statinen
in ©emeinfd^aft mit bem (Solberger SRatl^, itt beiben gäHen aber nur
in ßolberg, entfd^ieben werben fottten^^).
2lufeerbem fud^te ber 33ifd[;of bie t)erpfänbeten bifd^öflid^en §ebun*
gen auöäulöfen unb an baä ©tift juriidtjubringen. SBerner v. b. ©d^u^
lenburg, weld^er einige 3cil;re jUDor ben 2liiögleid^ jwif(^en Subwig v.
©berftein unb ben ©täbten ju ©tanbe gebrad^t i^atte, würbe aud^ l^ier
alö ©d^iebörii^ter von beiben 2l;eilen anerfannt unb vermittelte einen
aSergleid^ beö Sni^altö: bie ßolberger foBten bem SBifd^ofe für dtüäex^
ftattung ber ^fanbfummen bie Hebungen auö ber ©aline, ber 3Rül^le
unb bem l^alben ©erid^t, bie 33ebe, Drbare unb ben 3oll wieber über^
laffen, ber SBifd^of il^nen ou^erbem bie 9000 3Jlarf, bie Senebict i^nen
für ©örlin t)erfd^rieben, fo wie bie 7C0 3Jiar! ©ül^ngelb an Subwig von
eberftein unb anbere Sßorfd^üffe jurüdEjal^len unb fid^ verpflichten, feinen
aSogt über baö l^albe ©erid^t ju fefeen, ber nid^t ßolberger 33ürger wäre
1506 24).
Slber ber Siatl^ fonnte es nii^t über fid^ gewintien, ©innal^men
unb SRed^te, bie faft ein 3a^rl)unbert ber ©tabt jugeftanben, bem fÖU
fd^ofe jurüdfjugeben, er machte ©d^wierigfeiten unb erl^ob neue g^orbe-
rungen, fo ba^ fid) bie ©ad^e wieber jufd^lug. SWur ben ©aljjinä ma^
— 258 —
bcr S3if(3^of lieber geiüonnen l^aben, 33ebe, Sott, 3Kül^len unb ©crtd^t
blieben in ben §änben ber Stabt.
©olbetgö ©tettung jur bifd^öflid^en ©ewalt blieb trofe ber fleinen
SBefd^ränfungen, bie ber Sifd^of buri^fefete, im it)efentli(^en bie frül^ere.
SBenn in biefer 3eit ein neuer Öifd)of in ßolberg eiitgefü^rt raurbe, fo
legte rool^l bie ©tabt ein feftlic^eö ©emanb an, ber 9iatl^ unb bie ge-
raaffnete Sürgerfd^aft empfing il^K mit it)e{)enben 33annern bei ©ettnom
unb geleitete i^n burd^ bie ©tabt auf bas 9tat^l^auö, um i()n l^ier auf
Äoften ber ©tabtfaffe ju ben)irtf)en unb i£)m ben SBiflfommen mit ben
eblen SBeinen beö JRat^öfetterö juäutrinfeu. S)o(^ mar bieö lüolil baä
einzige 3Jlal, bajg er fi^ mirfli(^ ber ©tabt gegenüber al§ Sanbeöl^err
fül^lte, unb aud^ biefer ©mpfang unb bie bamit t)erbunbene §ulbigung
mit bem l^erfömmli(^en ©elbgefd^enf mürbe il^m nur ju Sl^eil, menn
er bie SRed^te ber ©tabt Doit;er beftätigt, ober bie Seftätigung roenig-
ftenö jugefid^ert l^atte. 3m übrigen ftanb bie ©tabt faft felbftftänbig
unb unabhängig t)on i^m ba, i^re ajfad^t überragte weit bie bifc^öflic^e,
unb anä) Sifd^of 9Kartin foHte balb erfennen^ bafe er beö guten SBittenö
ber ßolberger bebürfe, um eine 3lrt von 3?egierung l^erjufteUen imb ber
erflen §errf(^erpflid^t nad^äuf ommen : ^rieben unb Drbnung im Sanbe
aufredet ju erl^alten.
S)a6 bie ftiftifc^en ©tobte, in§befonbere (Solberg, frül^jeitig ©inftug
unb S^eitnalime an ber ftiftifdtien SBermaltung gewonnen fiaben, ift
fd^on 6ap. 8 gejeigt. SDod^ finbet fid^, aufeer bm bort berüfirten glätten,
namentlid^ bei ber SBa^l Sogiölao'ö VIII. jum 3lbminiftrator, mobei 6oL
berg, mie gezeigt ift, einen tieroorragenb^ii Slnt^eil an ber gormulirung
ber einzelnen SBertragöbeftimmungen na^m, in ßolbcrger ßuetten an§^
älterer 3eit menig 2luöfunft über bie tanbftänbifd^e S^ätigfeit ber ftäb^
tifd^en 3lätl)e in 3]erbinbung mit ber 3titterfd^aft. ßolberg geroinnt
unb übt lanbftänbifd^e Sterte attein ober in Sßerbinbung mit ßöötin.
§äufiger gef(^iel^t einer gemeinfamen 2(;dtigfeit feit ber 3Kitte beö ]5.
3al^r{)unbertö @rmäl^nung. 3n bem 1449 sroifd^en ßolberg unb bem ^i-
f^of §enning gefi^loffenen Sßertrag oerfprid^t biefer baö ©(^lo§ ßörlin an
Sfliemanb überlaffen ju motten, ol;ne ber 9Jätl;e oon ßolberg unb 6ö§lin
unb der jenen de in des slicläes rade sinl^ vulbord unde willen^
unb im gatte eineö ©treiteä mit nid^t=6olberger Saieu über biefe rid^s
ten ju motten mit feinem rade: mannen unde sieden, (gbenfo fd^lie^t
berfelbe Sifd^of 1467 feinen jmeiten ^rieben mit ßolberg 7ia ripem
rade van mannen nnde sieden. HWUn ©tctbten unb 9Wtterfd^aft
— 259 -r-.
Töerben erfl 1535 auf bem Smibtage, ber inßolberg bamafe ber Sieli*
gion wegen gel^alten wirb, jum etften äRate alö britteö ©lieb ber ftäm
bif(^eu Äörperfd^aft bie Prälaten genannt; bo(^ ift faum anjunel^men,
baj5 bie ftiftijd^en Prälaten no6) ein ganjeö Sal^rl^unbert beö Sfteiä^teö
entbel^rt l^ätten, wetd^eö bie pommerfd^en \d)on feit .bem Slnfange bes
15. Scii^tl^unbertö übten, unb eö ift tüol^l nur ber geringen 3al^l von
Urfunben jujufd^reiben, bafe wir von il^rer frül^eren lanbftänbif(^en %^(x^
tigfeit ni(ä^tö roiffen. Prälaten beö ©tiftö waren baö Gapitel in doU
berg, weld^eß (nad^ SBai^fe ©. 425) baö ©irectorium auf ben Sanb*
tagen fül^rte, unb bie Siebte ber Swngfrauenflöfter, ni(ä^t baö ©amminer
ßapitel. 2)ieö bilbete ben 9tatl^ beö S3ifd^ofö, weld^eö mit unb neben
ü^m unb in Seiten ber Sßacanj beö bifd^öflid^en ©tul^te allein bie SSer^
waltung fül^rte. S)ie Sefugniffe ber ©tonbe waren t)erf(ä^iebener 2lrt;
ol^ne i^re 33ewifligung fonnte feine Sanbfteuer erl^oben werben, nai^ i^rem
SRatl^e entfd^eibet baö ©amminer ßapitel mel^rmalö in ©renjftreitigfeiten
jwifc^en ßel^ngütern, fie werben überl^aupt bei Sßerträgen, griebenöf d^lüffen
unb aSerl^anblungen ber mannigfaltigften Slrt gehört. 3)agegen fiel bie
Stufgabe, bie Sanbftrafeen von Slaubgefinbel ju fäubern unb ©rbnung
im Sanbe ju l^alten, ben ©täbten, Domel^mlid^ ßolberg, ju.
S)ie fräftige Sfl^atigfeit aber, welche bie ©tabt jefet wieber, wie
f(^on frül^er, naä) biefer ©eite l^in entwicfelte, bereitete il^r bie ernfteften
©efal^ren, fie würben nod^ uergröfeert bur(^ bie inneren 3uftänbe, weli^e
eine tiefgel^enbe ©rfd^ütterung beä fleinen ©taatöwefenö jur golge l^atten.
35er ßolberger diaü) mujBte bei ber 3al^l unb ber |iert)orragenben
©tettung ber ©efd^led^ter um fo e^er ber, ©efalir üerfaHen, ber fd^wer,
jumal in fleineren Äreifen, eine Sel^örbe entgel^t, weld^er bie fpornenbe
SBeauffid^tigung fel^lt: baö faft erbli(ä^e SRed^t auf bie ©tabtt)erwaltung
liefe biefe ben ®ef(^led^tern alö eine Slrt von gamitienbefife erfd^einen,
unb fie entgingen nx6)t bem SBorwurfe felbftfü(^tiger Sluöbeutung beö
©tabtt)ermögenö. SEBaren fie fd^on gefettfd^aftlid^ in ber Surfenbrüber«
fd^aft von ben SBerfen gef(|ieben, fo liefe baß ©ebal^ren ber jüngeren
©efd^led^tergen offen bie Ungteid^l^eit nod^ fiärfer l^eroortreten. "^mn
biefe übermüt^ig unb l^änbelfü^tig, immer gleid^ bereit auf „Ärögl^en
unb Äöften" ben Srafenfelber ju jiel^en, fallen mit oomel^men ©tolj
auf ben gemeinen 3Jlann l^erab unb fränften i^n burd^ §ärte unb §od^
mutl^. aSon bem SBeri^ältnife ber beiben klaffen ber 33eoöHerung ju
einanber legen bie Sefd^werben ber ©ewerfe von 1524 Seugnife ab.
©ine ber fieftigften Älagen betrifft bie öebrüdung, ber fie burd^ bie
— 260 —
©efd^Ied^ter auögcfefet finb; bem Statine mrb ©ttengc gegen bie ©erin^
gen; B6)xoää)e gegen bie 9Wäd^tigen torgeworfen; bie SBorfd^rift, ba§
feiner ein längeres 3Keffer tragen fott, als baö an bem SRatli^aufe auf^
gel^ängte 3Kal3 erlaubt, werbe von ben Sunfem ungeftraft »erfpottet —
bagegen nel^me man bie 3)Zeffer ben armen §anbrr)erf ögefeHen ; beibe
foHten ol^ne Unterfd^ieb in ben Äabbatl^, ro^nn fie beö 9tat^ö ®ebot
jUTDiberl^anbelten.
SDer erfte Swift jn)if(ä^en Statl^ unb Sürgerfc^aft, bejfen bie doU
berger ©^roniften ^rwäl^ung tl^un, fällt in baö Sal^r 1497; buri^ ba§
Eingreifen einer l^öl^eren ©ewalt, burd^ ein furd^tbareö 9iaturereigniB,
foU er auögeglid^en fein. 5Bon bem ©reigniffe felber giebt baö ©tabt^
buc^ einen umftänblii^en gleid^jeitigen SBerid^t, meli^en ber bamaligc
©tabtfi^reiber auf ©e^eijg beö Siatl^ö aufgefefet |iat. ®r lautet folgenber^^
ma^en: Vam groten storme.
Anno MCDLXXXXVIL des fridages na exaltalionem sancte
crucis (17. ©ept.), dat is des achten dages unser leven frowefi
erer borthj vor stmte michele was disse stad von unwedere, winde
unde water in groter noth^ so dat de stad umme nn umme was
mit water beflalen, dat dat water scoth beth in de stad vor den
nigen bastaven (Sabeftube) in der olden visscerstrale unde vlot/i
in vele huse unde kelre unde boden^ dat ze ere gud mosten up
de bane (33öben) bri^igen un sik darsulvest up entholden, un var-
den mit boten un kanen vor de hakeboden (Ärämerbuben) hen un
ut/i den boden un halden beer uth der stad. Ok de sulve vluth
was groth up der reghe (6olb. SDeep), dat dor wechvloten koye,
perde, swine im scape, de verdränken^ un weygede zo sere^ dat
dar vele ghevele (®iebel) in der stad van den Imsen weygeden^
alze van deme radhuse en pard tm de ghevel van Drewes Pia-
kumers huse^ David Lemmen by dem markede, der olden Clawes
Rangeschen in der apotekerstrate^ Clees Marken? in der brothscar-
nenstrate unde en 7iige bygekiwet hus in der landebandestrate dorch
zeliger Jasper Sleff by Hi?irik Damelzcn unde darsulvest Hinrik
Kluke7i des kemercrs hus, dar en bekker iiine wände, geheten
Clawes Rumphe^ tmde vele sweiphe (£leinbogen über einer geuer^
ftötte ol^ne ©d^ornfteiu) alse unses scrivers her Peter Smede, her
Dalmers thesaurarii tmde her Peter Mynke, domheren, in der
papenstrate unde de scorsten (©d^ornfiein) /;/ der burse, geheten
de olde apoteke viluppen auent tusscen (jwifd^en) beyde borghc'*
— 261 —
mestere^ alse Martm Dar gössen unde Hermen van Eden, up enen
leddigen stal^ hadde dar wil (wer) uppe seten^ de hadde dode
Valien^ wenle (ba) de stal grüsede (?) to allen stokkeri, unde dat
water scoth vor der munde in den krogh by dree elen koch unde
darbavefi^ dat dar ut/i dreuen kästen unde spinde mit takele unde
vitallie (Sebenömittel), unde de scepe unde scuten dreuen mank de
herghe^ vele mit grotem gude geladen de tosclogen^ unde dat
gud vorquam^ ok welke off iensyt dem soltberghe unde etliche
by dat richte (®eri($t bei ©t. ©crtnib), U7ide dat water quam so
hoch in de soltkaten, dat dar vel sattes gepakket unde ungepakket
vorgink unde smoltede, des etlike bynnen unde buten rades groten
scaden nemen, unde de lüde in den soltkaten kondeh dar nicht
bliuen, dat sc mit kindere unde welkem takele quemen baven up
de katen^ dar me se umme ere vele rope?it unde scjyent mit boten
aff*halde, ufide welke pannen, de uth dem katen vlothen, in deme
sande besoghen^ dat me de moste wedder uthgrauefi. Ufide alle
grefitzholt, dat dar by dem grauen^ ok in dem berge^ scot to der
seewerd wech in vloth, dar mit der tid en pard wedder in den
Strand scloch^ dat de borghere danne na pard ufiderlank delden,
unde de solle see scoth äff dissyt der tegelscune up deme frowen-
markede beth in de woltzingele^ unde de tegelscunen^ tegelauen
unde kalkatien in a 'ler buwet weyede dale, des de rad bauen du-
sent mark scaden nam. De dam tusscen sunte Jurien unde den
crutzen (f. 6ap. 12) brak uth unde de dam tusscen den raden
(SRabetoief en ?) unde der Selnow in ttveen sieden was groth uthe
braken, zo dat me dar nicht wanken konde. De nighe brugge
dreff wech unde tusscen hir unde Cosslin dreuen idhe alle molen^
un weyeden dal alle kerktorne unde de klokken entwey unde de
kerke to deme Ktirdeshagen to der erde. Unde hir in unsen
Strand slogen grote geladene schepe van Rettete (Reval) unde
Righe kamende^ to Lubek unde Wismar to hus hörende^ dor vor-
gink groth gud: wass^ tätlich^ vlass unde dürbar veewerk (^elj=
njerf) tmde andere wäre tmde osemund (©ifenwerl), unde dar welke
scippers unde merktike rike kophide uppe vordrunken, de vele
goldes by sik hadden^ dar van gold gevunden ward by tank-
Strandes^ dat etlike van den herden vunden, dar tvy noch LXVIIL
ungern (ungarsche) van by uns kregen. Ok desgeliken vorgin-
gen dar grote scepe by Cosslin^ Bukowe unde Rugenwolde^ dar
— 262 —
mochte man alle Jammer van koren, Hir quam ok en bot in den
Strand mit Geringe, dar weren twe lebendige lüde inne nth Dene-
marken unde de drudde lach dar doth inne [raren unde was
des enen Irroder. Unde de visscerkaten weren rnit gude in deme
sande bedreuen dal me nowe (genau, fnapp) ene iffte twe dar mn seen
konde, dar weren mank unde up dreuen satten mit gude unde
bothe unde der armen visscere kledere, beddm unde takel was
dar inne in deme sande beslagen elen (©Ben) dep unde deper^ dat
ze dat mosten wedder uthgraum, unde de havene thur see werd
was sere to braken^ dat kostede wol bauen drehundert gülden
wedder to makende. , Unde dat weyede so sere^ dat de haltie Cot-
bergesche wolt an boken unde ecken dale uth der erde weyede^
dat grot scade was, dat me in deme wolde nicht ridcfi edder
varen conde, ok in Tramer (Stamm) hörne. Unde alze de borg-
here segen zo grote plage unde torne (3om) Gades, zo vermoch-
ten sc de borghemestere dar to, dat ze laveden ene suluerne slat
(f. ©. 198 Slnmerf.) van dre lodige mark stduers hcn tome Ster-
neber ghe deme hilghen lichame. Dar na nich lange gaff sik dat
wedder to sathe (? Shii^e?) unde de stiluerne stat sende de rad na
Sternberge by twen prestern, her Johann David unde her Jochim
Budeler, den geuen ze XXVIIL mark vor de reyse MCDIXCVIII.
tusshen pinxten unde pascen.
@ß gefc^iel^t aus fpäteren Seiten nod^ ftarfer ©türme unb Ueber=
fc^^wemmungen ©noäl^mmg: 1638 imb 1641 finb ©türme „gleid^ einem
®rbbeben", 1646 mirb bie mittlere Sl^urmfpifce ber SWarienfirc^e, 1697
ber eine 3tatl^Iiauötl^urm t)om ©türm l^erabgemorfen, 1586 werben t)om
SBaffer faft fämmtlic^e SSrüden um ßolberg fortgeriffen, roieberl^olt wirb
ba§ §oIj im ©aljberge, ba§ §eu auf ben SBiefen meggefi^raemmt, 1709
muffen fidE) bie Serool^ner ber ©eiber SBorfiabt unb ber SReuftabt auf
bie S)ä(ä^er flü(3^ten unb werben mit Ääl;nen gerettet, unb 1740 fielet
ba§ SBaffer l^o(^ in bie Sabftüberftrafee l^inauf ; bo^ fann fid^ feiner
an rerlpeerenber SBirfung mit bem ©türme von 1497 meffen. —
3laä) Sftangoö (St^l^lung ertonnte 3tatl^ unb S5ürgerf<i^aft in biefem
Unglüde ein göttlid^eä ©trafgerid^t, ba§ fie für il^re Uneinigfeit be=
troffen l^abe, fie „t)erbaten" fid^ unter einanber, haUn ®ott um 3Bilbe:=
rung ifirer ©träfe unb fd^idften eben jeneö in ©über gebilbete ©olberg
jum ^eiligen Seid^nam na(^ ©ternberg. Db Siango nod^ anbere ßueHen
— 263 —
*
üor Slugcn gel^abt, ober jenen 95eri(^t mi^Derftanben l^at, tft fd^roer ju
entfd^eiben.
SebenfaKö ift bie 3Serföl^nung nii^t von S)auer gemefen, unb
3n)iefpatt unb bitterer §afe äwifi^en ben eblen ©efc^Iei^tern erf(ä^ütterte
bie ©teßung beö SKatl^ö no(^ mel^r.
2)en ©(^lieffen, bie feit beö SBürgermeifterö §anö Seiten einen
übermäd^tigen ©influfe auf ben diaif) unb bie ©tabtregierung ausgeübt
l^alten, war in ber l;o(^ftrebenben ^amitie ber 2lbebar (ober 3?abebar) ein
gefä^rlid;er SJebeubul^Ier entftanben. ©in Ubo 2lbebar erfi^eint fd^on gegen
1300 alö 3euge in einer ßolberger ©liftöurfunbe ; in ßolberg erfd^einen
fie erft gegen bie 3Jiitte beö 15. Sal^r^unbertö. Subete unb SUfaeö
3lbebar faufen feit 144Ö Käufer in ber gifc^erftrafee, ©arten unb Slder^
ftüdfe, fpäter finb fie aud) im Sefife oon ^fannflätten, ©ie wetteifern
balb mit ben ©diUeffen an Sleid^t^um unb, feit §anö Slbebar als ber
erfte feineö ®ef(^(e(^tö in ben SRatl^ gefommen mar, an^ an ©inftuß
auf bie ©tabtoermaltung.
©in tragifc^er SBorgang l^atte ben gegenfeitigen §afe ber g^amilien
oermel^rt.
3mei SDJitglieber ber beiben g^amilien, bie einanber im SRatl^e
eiferfüi^tig gegenüberftanben, Stoebict *2lbebar, ©(Jmager beä fpäteren
SBifd^ofö Äaritlj, unb ein ©d^lief (oon ^anfeom Stiflaö, in ber 3?ad^rid^t
„oom ©efd^led^te ber ©d^Ueffen" Simprec^t genannt) l^atten, unbefüm^
mert um ben §a^ i^rer ®efd^le(^ter, innige greunbfd^aft gefd^loffen.
3lte einft auö luftiger ©efeHfd^aft 2lbebar bem fdE)on frül^er ^eimgefel^rten
g^reunbe nai^ging, an beffen Si^ür pod^te unb, um if)n ju erfi^redfen,
mit bem ©djmerte burd) bie geöffnete Si^ür ftie^, moßte e§ ba§ Unglüdf,
bafe berfelbe fidj auftief unb auf ben 2ob Dermunbete. 2lte ©(^Uef
trofe ber l^erbeigel^olten §ülfe feinen Sob naiven fül^lte, ermal^nte er ben
greunb, oor bem §afe feiner gamilie auö ©olberg ju meid^en, 3lbebar,
ber in ber 3tad)t nxä)t jur t)erfd^Ioffenen ©tabt f)inauö fonnte, oerbarg
fxS) in berfeiben, mürbe aber nai^ bem fi^neU erfolgten Sobe jenes balb
gefunben unb in baö ©efängnilg gebrad)t 3n ber gemalttl^ätigen 3eit,
mo ber aWann im ©efü^ feiner Äraft oerfd^mäl^t, gleid^ bie §ülfe
ber Obrigfeit anjurufen, ift ein aJlorb leidet ju fü^nen. 3al^lung eines
SBBergelbeö an bie SBermanbten, eine SÖBaHfai^rt naä) Stadien ober ©tern*
berg, ober gar imd^ Slom, imb nac^ ber ^Reformation ftatt ber 3Sa\U
fal^rten §ausarreft bis ju einem l^alben 3al;re, mad^t bas SSerbred^en
mieber gut. Slud^ 3lbebars ©ippe mar ju fold^em 3lustrage bereit;
— 264 —
aBer bie ©(^Heffen Befianben auf Qtxxä)tlxä)t SBerl^anblung. ®rfl afe
jener jtint Sobe Derurtl^etlt war, gaben fie il^n frei, bamit er fein Seben
aU ein ©nabengefd^en! von il^rer §anb empfange. 5C)a§ wäre ein
g^tecfen gemefen auf ber jitoljen g^antilienel^re ber SStbebar. SDem bemü^
tl^igenben 3tnerbieten gleiiä^en ©tolj entgegenfe^enb, liefen fie e§ jurflcf,
fie n)oHten Stbtrag, aber ni(]^t ®nabe. Unb auc^ in Senebict Slbebar
war ber ©$merj über ben hm^ feine Unbefonnenl^eit veranlagten STob
be§ g^reunbes fo grofi, baö g^amiliengefül^l fo ftarf, baß er feinen Slugen^
Blt(J jögerte, fein Seben ber ©l^re feines ©efiä^Ieiä^tö ju opfern, ©r
ftellte fi(ä^ freiwillig wieber: „er wolle lieber bei feinem guten ®ef eilen
imb 33ruber, bem erf^Iagenen ©(^tief, fein, betm langer leben." ©o
ging er, beleibet unb begleitet vom ^atf) imb von ber ganjen Sürger^
f $aft, jum ' S'obe. SDer ?Ra(3^ri(3&ter unb feine SDiener burften il^n nid^t
anrtil^ren, feine ©(^wefter Äatl^arina, 3tebtiffin im Sungfrauen-Älofler,
fd^ritt, ein ©rucifiy l^altenb, t)or il^m l^er unb ermutl^igte il^n buriä^ trö::
flenben Sufprui^: „®r foHe auf ®ott tränen tmb in feinem ©lauben
fterben." S'li^t auf bem ©algenberge, wo bie SSerbrei^er gerid^tet
würben, fonbem auf geweil^ter @rbe, bem ©ertrubem ober bem ©eorgen-
Äird^tiofe, würbe er entbauptet. SDie SBittwe Subefe 9(bebar§*) f($enfte
im Saläre 1 48ß ben 3)ominif anem px ßammin eine 33ube in ber Suben^
ftraJBe, wofi'ir fie in il^rem Jllofier ju ßammtn ©eelenmeffen für il^ren
©emal^l unb il^ren ©ol^n 93enebict lefen foHten. 5Da im ©tabtbu(Se,
wie bei ^anfeow, at§ 33enebict§ SBittwe Äatl^arina, §anö Äaritl^ö 2!od^ter,
angegeben wirb, fo fann fein Sweifel fein, bajg biefer Senebict ber l^in-
geri(^tete ift (©tabtb.). SDaö ©reigniß wirb bemnad^ !urj oor biefem
Saläre anjufe^en fein* — 3lu§ bem t)ergoffenen Slute erwuchs blutiger
§a6, ben anS) bie Seit nic^t milberte, Unl^eit t)er!ünbenb bem Jiatl^e
unb ber ©emeinbe. —
@ö war bieö nid^t bie einjige g^einbfd^aft, bie ben SRatl^ fpaltete. ®er
Sürgermeifter 21. Ärögl^er, ©emal^l einer Sübitl^ ©erlief, l^atte in feinem
*) Stac^ bem ©tabtbud^ ifl ber Stammbaum ber gamilie, fo lücit er ^ter
^erge^ört, folgenbet:
Subefe 1440
Saffrenfe — ^anS — ©imon — Senebtct (f 1486). ^ Äatl^artnrt — Äat^nrtna («Rounc — 1511).
^an8 (Äamnterer) Henning Änul&6c8
I I (©tteftoc^tcr)
Soflc^im — Sofob 3a$pet — «y> — Stgne« — Qflifatet^ («Renne 1534).
(2)omicrr).
— 265 —
Jtefiament 1505 feine §aIBBrÖber ^anö unb ^enttl SlBteöl^agen in
Srepton) ju ©rben feines SatüemiögenS, feiner ©nmbfiüdfe iinb Käufer
in ßolbcrg eingefe^t. Slber bie ©d^Iieffen, roel^e naivere Slnfprüd^e ju
l^aben iinb fic^ in il^rent ®rbted)te gefrönft glaubten, griffen im (^in-
t)erftänbniffe mit bem t)on il&nen bel^errfd^ten SRatl^e eigenmächtig ju xmb
nal^men baö ilrögl^erfd^e ®rbe in Sefiä^Iag. ®a bie Slbteöl^agen aud^
hnxä) bie SSermenbnng be§ bänifd^en Äönigö Sodann, bei bem §an§ in
SDtenften fianb, il^r SRed^t nid^t erlangen fonnten^*), fo griffen fie jur
©elbfiplfe'unb befel^beten bie ©tabt.
3loä) bebenflic^er mürbe eö für bie ©(^lieffen, baß fie einen ge:^
fal^rlic^en 3Rann burd^ rüdfid&tslofeö SBerfal^ren auf bie Seite ber Mte^^^
l^agen brängten. §enning Änubbeö, beffen Familie t)on ©reifenberg
l^erüber gemanbert mar, l^atte fic^ mit ber SBittme be§ Sürgermeiflerä
^an§ SBärmatbe t)er]^eirat]^et, mar 9JlitgIieb ber ©alj^gitbe unb faj3 im
Statine, ©eine ©tieftod^ter mar bie ©attin Scifob Slbebarö. ®r mar
ein rei($er Bürger, feine ^fannftätten brad^ten il^m jal^rliÄ 200 ©ulben,
außerbem gel^örten il^m mel^rere §äufer in ber ©tabt, ©arten mit %Vi^^
teilen unb SBtefen u. f. m. ®r forberte für feine ©tieffinber, al§
unrechtmäßig serpreßt, bie 400 f(. jurüdf, für meiere biefen bie bem
3?ater megen unerlaubten ©iebenß genommenen ?Pfannftätten mieber
überlaffen maren (f. ©. 126), unb als fie il^m t)ermeigert mürben, ließ
er fi(^ von feiner Seibenfd^aft fortreißen, in einer ©d^mäl^fd^rift baö
3Serfa]^ren be§ 3iatl^§ gegen il^n unb bie Slbteöl^agen anzugreifen, über^
l^aupt rüdffi(^tölo§ bie ©d^mäd^en ber aSermaltung aufjubeden. ®amit
l^atte er ben @ib gebrod^en, ber il^n ate Statl^mann verpflichtete, bie
©el^eimniffe beö diaff)^ nic^t nac^ außen l^in laut merben ju laffen.
SDer 'Staff) berief bie Bürger §au§ bei §au§ ju einer aSerfammlung
auf ö 9tatl^]^au§, brad^te biefe gegen Änubbes burd^ bie 3lnflage auf, er
l^abe bie ©tabt t)errat^en, ftieß i^n aus bem SWatl^e (1508), ftürmte
fein §aus unb fefete i^n in ba§ ©efängniß. Sifd^of 9Kartin fud^te
jmif d^en il^m unb ber ©tabt ju t)ermitteln unb brad^te 1509 einen SSer^
gleid^ ju ©tanbe, morin Änubbeö t)erfprad^, mit feinen greunben 3abel
SBomftebt, ber früher aud^ in ßolberg gemol^nt l^atte unb mit bem
Statine in ©treit gefommen mar, unb ben 2lbte§]^agen bie ©tabt nid^t
meiter ju befe^ben unb für ben t)erurfad^ten ©d^aben (Srfafe ju leiften.
3laä) gefc^morener Urfel^be unb auf ©tellung oon jal^lrei(|en Sürgen
mürbe er feiner §aft entlaffen.
S)er aSertrag fam jebod^ nid^t jut 2lu5fülirung, 3war Der^et^\:^
— 266 —
ble SJetBünbeten mit einanber, inbem Änubbeö bie aibfaffung bes ©(^mäl^s
libeffö bcn atbteöl^agen jufiä^ob, toä^renb biefc jeben ätntl^eil baran ab::
läugnetcn; bod^ fud^ten beibe auf eigene §anb i()re 3lnfprü(^e butd^ju=
fefeen, bie Slbteöl^agen buxS) offene 33efel^bung bi§ minbeftenö jum Saläre
1516, Snubbeö, ber geftüfet auf feine jal^lrei(%e greunbfd^aft in Stepton) unb
SBBoHin, beffen SSürgermeifter fein 33tuber war, ebenfaHö bie ©elbft^ülfe
nid^t t)erf(§ntäl^te, befonberö burd) eine Älage bei beni päpftUd^en ©tul^l,
weld^e bie ©tabt in einen fd^weren, langwierigen ^rojeg t)ern)idfelte.
2)iefer S3ru(^ ber gefi^roorenen Urfe^be gab Änubbeö ©egnern im
Statine baö SRed^t, i^re §anb auf fein ganjeö SBcrmögen ju legen. „S)rei=
l^unbert ®renj §olj auf bem ©aljberge, bie er t)om §erjoge gefauft
5abe — fo flagt er fpäter — feine ©üter vox bem SUlül^lentl^ore, feine
SBiefen, Torfmoore, SBälber, ber ©aljgeroinn auö feinen ^fannftätten
in ben 3ö^ren 1510, 11 unb 12 waren i^m genommen, feine ©(^n)ie=
germutter, bie üerwittwete 2lnna t). Sewefeon), bie fein §auö in ©olberg
beroal^ren foHte, i^atte, burd^ S)rol^ungen beö SJatl^ß gefc^redtt, bie ©tabt
t)erlaffen, fein §auögerätl^ mar bann geplünbert unb i^m ein ©(^abe
angerid^tet, ben er auf 20,000 f[. fd^äfete. ©nbloö jog fid^ ber ^rojefe
l^in unb t)erurfad^te ber ©tabt, bie Saläre lattg befonbere ^rocuratoren
in 3iom l^alten mufete, bebeutenbe Unfoften^^).
3Kit biefen auö ber inneren Smietrad^t eutftanbenen geloben vex--
fi^lang fid^ eine anbere gröjgere, von aujgen bajugefommene. ©imon
Sobe, aus einem alten ritterlichen ©efd^led^t, £terifu§ unb SRotar am
pommerfi^en §ofe, gegen beffen red^tlid^e ©efinnung fd^on ba§ Beugen^
vex^öx SSerbad^t ermedt, meld^eö er im Sntereffe 33ogiölat)§ X. aufnal^m,
um bie Untreue von beffen branbenburgifd)er, oor neun Salären f(^on
gefiorbener ©emal^lin ju ermeifen unb feinem §errn fo bie Verausgabe
ber SWitgift ju erfparen, mar vox bem ^erjoge angeflagt morben, in
ber ©olnomer §aibe einen reifenben ^aufman geworfen unb beraubt
JU l^aben; nur auf bie gürbitte angefel^ener ©efd^led^tögenoffen entging
er bem Seil unb burfte fid^ mit einer ©elbbufee löfen. 2luö beö §er=
jogö SDienft, ber i^m wol^l l^ierburd^ t)erleibet ober x)erfd^loffen war,
jog er fid^ auf fein ®ut ®ufte (im 33ublifcer ämte gelegen) jurüdE;
bodö fein böfer SRuf begleitete il^n aud^ bal^in, eine fein SBermögen über^
fteigenbe 3al^lung von 3000 r^einifd^en ©ulben, bie er bem Sifd^of
3Kartin für ©d^lofe unb ©täbtleiu Sublife in einer grift leiftete, hxai^h
i\)n bei biefem unb beim ©olberger 9latl^ in ben Sßerbac^t, bafe er auö
bem ®elbe aud^ ßolberger vox furjer 3eit auf offener ©tra^e beraubter
— 267 —
Äauflcute fein ®ut beja^lt l^abe. Ueberbic§ l^atte il^n in bcrfctten 3cit
(1512) ein t)on ben ßolbergern geri(3^teter ©IraBenräuber, §einri(^ von
aBebelfläbt, in feinem Sefenntnijs alö 3Witfd^ulbi9en genannt.
©d^on bie SRüdfid^t auf baö 9Bo^l ber ©tabt ntufete bem Statte
eine Stiebfeber fein, ben ©törern beö friebli(^en SSerfel^rö auf ber offe^
nen ©tra^e if)x ^anbwerf ju legen; baju nal^m and) nod^ 93if(ä^of
aRartin feine §ülfe für biefen Sweö in Slnfprud^ unb jeigte fo, wenn er
il^m axiä) ni(^t baö t)on Senebict i^m übertragene Siedet beftätigt l^atte,
baj3 er ju ber Äraft beö ftäbtif(3^en ©emeinroefenö mel^r SSertrauen l^tte,
als JU feinen eigenen SWitteln. ©elbft S3ogi§lat) X beburfte ßolbergö
§ülfe, um feine auf feinen SReifen neu gewonnenen aSorftettungen von
bem Umfange ber f ürftUd^en ©ewalt im eigenen Sanbe ju t)errr)irHid^en :
er t)erftattete 1508 ^') bem 3lat^, aWiffetljäter unb ©trafeenräuber in feinem
eigenen Sanbe ju greifen, nur follten fie il^n, el^e fie biefelben richteten, ba-
von in Äenntnijs fefcen unb nad^ feinem Statine nerfa^ren. ©o glaubte ber
SRatl^ in feinem Sfiec^t ju fein, alö er im @int)erftänbnife mit bem ^U
f(^of auf Soben fal^nben unb ben t)erbä(^tigen SDiann auf bem ©anj-
fruge ju)ifd^en ßörlin unb ©öölin mit feinem SDiener SWeimar diawe
burd^ bie 3?atl^mannen §anö ©i^lief unb ©aöpar 2af(^enma(^er greifen
liefe. —
aWan fann bem SRatl^e nxä)t ben SSorwurf mai^en, übereilt ge^
Ijanbelt ju l^aben; er [teilte ©imon Sobe vox ©erid^t im ©inoer^^
ftänbnife mit bem Sifd^ofe unb mit S3eiftimmung beö §erjogß, ber auf
bie 9Wittl^eilung von ber aSer^aftung an ben aSürgermeifter §an§ §o]^en^
l^aufen bie fd^riftlid^e Sluffoiberung erlaffen l^atte, ben befangenen ju
»erhören unb fein ©eftänbnife eiujufenben, bamit if)m fein SRe(^t ge-
^ä)äf)e. 3m peiulid^en SJerljör be!eunt ©imon^^), mit t)ier ©ebrübern
V. 3aftrott) unb §anö Sunt bei Siotl^enfiere (mol^l bei SRummelöburg an
ber ©olberger §anbel§ftrafee naä) ^oUn gelegen, jefet ^iotbenfliefe ge^
nannt) einen Kaufmann geplünbert unb alö feinen Säntl)eil eilt ©ttidf
grünen Sud^eö erlialten ju ^laben. SReimar SRaroe befennt >,o]^ne grofee
^^Jein" feine Set^eitigung an ber Beraubung eines SBagenö mit blauem
2ud^ bei ^^lietenife, von bem er als befd^eibenen 3lntl^eil einen 9iodE
erl^alten l^at ; i^re SRaubjüge Iiaben ficf) nad^ feinem weiteren ©eftänbnife
bis nac^ 5|JreuJ3en erftredEt, audf) bie ©lafenappö finb mit ©imon Sobe
im 33unbe geroefen. SDie ^^olter l^atte jmar Soben ni^t ba§ ©eftänbnife
erpreff eu fönnen, and) bem ©tifte ©d^aben jugefügt ju J^aben; boc^
glaubte ber Siatl^ ben gefäl^rlic^en aRenfd^en befeitigen ju muffen. SDa§
:*-
— -268 —
SJerpr l^atte am 30. 9?ot)ember fiattöcfunbcn, am 21. ©eccmber SCBenbs,
alfo erft mä) btei SBod^en, ol^ne 3n)eifel, nat^bem mit bem ^erjogc
unb mit bem Sifd^ofc neue Stüöfprac^e fiattgcfunben l^atte, würben betbe
il^rer g^effeln entlebigt unb mieber t)or baö ©ericS^t gefül^rt, beibe mteber^
l^olten frei bie S3e!enntniffe beö peinlid^en a?erl^ör8, ©imon mit ben
SBorten: ,^Wat/i tk ghedkan hebbe^ is een Deel al rede vorhoth^
wath id awers nycht vorboth hebbe^ dath mutli id nhu mit mynem
Halsze vorbothen}' Unb SReimar SRawe rief feinem §erm ju : 0 Simon^
Simon, diszes Dodes magh td iw zere dancken^ ghy kebbenn my
darto gebracht^ id zede idt vakenn (oft), id wurde imns zo ghan,
men ghy wollenn nycht hörenn}' 33eibe mürben benn t)erurt]^eilt
unb mit bem ©c^merte gerichtet
S)er 9?af^ l^at fpäter, burd^ ben maiä^fenben UnmiHen ber ©emeinbe
gebrängt, (xw^ nod^ bie 3luöfagen eineö Sacob ©tarfom t)on bem 6öS::
liner JRatl^ ju ?Protofoff nel^men laffen^^); fte gemäl^ren einen ©inblirf
in baö treiben ber SWaubritter unb laffen au(^ ©imon Sobeö ©eftalt
beutliiä^er l^erüortreten. ©tarfom ift nad^ feiner 9Iuöfage al§ Heiner Sunge
ju Soben ge!ommen unb t)on il^m aufgewogen, fpäter l^at er bei il^m
ate 3l(Jerfnec^t gebient. ®ufi ift bie §erberge vieler Derbäd^tiger ©e?
feilen gewefen, bo(^ l(mxK er nic^t bejeugen, bafe ©imon bei einem ber
brei großen Ueberfälle, t)on benen er erjäl^lt, felbfl betl^eiligt gemefen
ift ; berfelbe ift gemöl^nlii^ einen l^alben S!ag frül^er, als feine ©enoffen,
fortgeritten unb ebenfo miebergefommen. 9Wan fielet beutli<3^, Sobe läßt
feine Untl^aten meift buri^ 3lnbere auöfül^ren, er felbfi l^ielt fic^ t)or=
fic^tig jurüdf, um fi(^ nic^t bloJB äu fteßen: fo erinnert er ^n bie §of=
leute 3oa(ä^im^§ I., bie am S!age el^rbar bei bem g^ürfien aufwarten,
aber SRad^tö auf ben ©trajgen ben fal^renben Kaufmann auöplünbem.
3lu(3^ §umor tritt nod^ in bem ^Treiben ber müften SWänner ju S!age.
SRaiä^ einem Ueberfall, mo bie SWäuber außer ©eibe, Äraut, %yx^, foriel
baares ®elb erbeutet l^aben, baß fie eö fid^, ol^ne eß ju jäl^Ien, in
3Jlolben jumeffen, bringen ©imon Sobe unb ein Saftrom l^eimlid^ baö
befte ©tüiJ 3eug bei ©eite unb fd^affen eö in Sobe'ö §auß, t)orgebenb,
Säuern l^ätten eö weggenommen. Stber bie ©enoffen, t)on bem Setruge
unterrichtet, gewinnen il^nen bur(^ eine Sift ben "^^vlo wieber ^. 3n
ber folgenben SRad^t nämlid^ erfd^eint einer t)on il^nen üerfleibet, baö
©efid^t burd^ ein ©ieb t)erbedEt, einen g^euerbranb im 9Wunbe anblafenb,
t)or §anö Sobe'ö g^enfter unb gel^t wie ein böfer ^yGhyst^^ ober anbere
^,Spokery^^ vox bem §aufe auf unb nieber. Sobe glaubt bm ©eift
— 269 —
feiner vov Äurjem geftorbenen e?tau ju fel^^n, unb tüäl^renb er jittemb
naä) t^rem Segel^r fragt, fc^leii^en bie ©pieJBgefeHen Wo §au§ unb
ftel^ten bie geraubte 2Baare wieber.
SBenn nun ber 9latl^ glaubte, bur(^ ein unnad^fi(j^tige§ SBorgel^en
bie griebenöbrec^er in gurc^t ju fefeen, fo l^atte er fid^ fd^roer getäufd^t.
®r üeranlafete baburd^ nur einen um fo furd^tbareren Sluöbrud^ ber
3laub= unb gel;beluft. ßangfam weidet in 3)eutfd^lanb bie altgermanifd^e
Slutrac^e bem Siedet, ©elbftfjülfe erfd^eint ia gered)tfertigt, wo ber
©egner baö SRed^t t)ertt)eigert. SDaö x)em)eigerte Sted^t mad^t ben foge^
nannten Äo^lfiaaö ju einem Siäuber unb 3Körber, 2lnton ©olbbed fagt
feiner SSaterftabt ©teltin unb bann aud^ ganj Sommern gelobe an, weil
il^m eine von einem Soife erl^altene SfiBunbe nid^t genügenb gebüßt er^
f^eint, unb furj t)or bie[en ®reigniffen i^at aJlatern wegen feineö J^in^:
gerichteten Sruberö einen Slac^efrieg gegen SDanjig geführt ©o tritt
nun geg'en ßolberg aU ©imon Sobe^ä 33luträd)er beffen 33ruber §enning
auf, unb ba bie ©tabt ben 3lbtrag, bie ® enugtl^uung burd^ eine ® elb::
bu^e, üerweigert, fo fenbet er il^r b^n e?el^bebrief ju.
3lllerbing§ l^ielt fid) ein guter 2^eil beä pommerfi^en 2lbelö frei
von bem 93ufd)reitern)efen; er begriff, bafe ber <B(^ni^, unter bem ber
aSerfel^r ber Äaufteute gebie^, au(^ il^m ju ®ute fam, ben SBerti^ beö
Sobenä fteigerte unb il^m bie SDiöglid^feit gab, i^öl^ere ©rträge aus feinen
©ütern ju gewinnen; bod^ ber f leine (Sbelmann, ben ber 3ins von ben
wenigen §ufen feineö Slntl^eilguteö nid^t auäreid^enb nä^rt, ber ©eibe
unb ©pangen für grau unb Sod^ter, Sud^ jum 2Bamö für fid^ unb
feinen Äned^t lieber mit gewalttljätiger §anb bem fal^renben Kaufmann
auf ber freien ©tra^e beö 3leid)ö nimmt, alä bafe er fie müi^fam burd^
grö^nerarbeit gewinnt, mad^t mit SBergnügen Sobe'ö ©ad^e jur feinigen,
ba fie i^m überbieg ©elegenl^eit giebt, an ©olberg SRad^e ju nel^mem
"^znn er ^a^i bie ftolje ©tabt, bie il^n burd^ i^ren SReid^tl^um von fid^
abhängig mad^t, bie eö fid^ erlaubt, i^re Süttel auöjufenben, um i^m
ober feinen §interfaffen bie §abe abaupfänben, wenn fie i^rem ftäbti^
fd^en ©laubiger nid^t geredet werben, bie eö fid^ l^erauönimmt, ftren=
gereö ©erid^t ju l^alten, alö Sifd^of unb ^erjog, bie fc^on 3Kand^en
feineögleid^en ^at in ben Sl^urm werfen, unb- vov bem 3Rü^lent^or,
ober auf bem i^ol^en S3erge, ober mitten auf bem SWarft vovx genfer
burd^ ©d^wert ober Stab i^at rid^ten laffen. Unb nnn jirömen fie ju^
fammen auö Surgen unb SBadffiein^äufern jum erbitterten Slad^efampf,
unb i^nen fd^lie&en fid^ an atte, wel^e nod^ aus früherer Seit einen
— 270 —
§atibel mit ber Stabt abjuma(^en l&aben, wie au^cr ben ^Ibtcöl^agcn
bie ^a^Iaffö in aWed&entin, bic 9Kefcrifee in 9kfeutetöborf ^^). Senc
l^aben ben Sob eines ©ol^neö unb Sruberä ju räd^en, ben bie ßolber^
ger gerid^tet l^aben, biefe projeffiren nod^ t)on alter 3eit wegen Staub
unb SBranb, ben bie ßotberger gegen il^ren 3?ater vtxüht, mit benfelben
bei bem römifd^en ©tul^l; bo(]^ mel^r befriebigt il^ren ritterlichen Sinn
bie ©enugtl^uung, bie fie fi(^ ju berfelben Seit burd) baö ©(^roert ter-
fd^affen. 2llle biefe ©egner ber ©tabt t)ereinigen fid^ jefet, fie überfallen
bie ßolberger Äaufleute auf ben ©trajsen, fie lauern in ben SBälbern
ber ©tabt; über ben ©ellnower SBergfrieb l^inauö ftreifen bie fedfen
©efeUen, brennen ©d^eunen unb SBorftäbte nieber unb pod^en bie
ftäbtifi^en 3)örfer ©rojg^Seftin unb ©emmerort) unb baö ßopitelögut
©eefelb an^. 2lbte§l^agen liege mit 25 ^ferben im Sffialbe, fd^reibt
1515 ber §erjog an bie ßolberger, fie foBten t)erfud^cn, i^n ju be=
ftridten. ©tatt beffen beftriden bie aJJeferifee jroei angefeliene 3Wäiuier
an^ ©olberg, ben SDefan S)at)ib S8raunf(^U)eig unb ben 9tat^mann Se^
nebict §olienl^aufen, mit ^^ferben unb SBagen, ®olb unb Äleinobien
unb lajfen fie nur gegen fd^mereä Söfegelb roieber frei. S)er aSifd^of
fann Safob v. Äleift nid^t im Sefife be§ dou i^m erfauften SBublife
f d^üfeen ; Sobe überfällt biefen unb jwingt iljn jur Sal^lung eineö fd^meren
Söfegelbeö unb jur SBet^id^tleiftung auf baö Dermeintlid^e ©gentium
ber Sobe'fd^en gamilie. 33iö 1523 t;in l^at baö Unwefen feinen l^öd^ften
®rab erreid^t; bie wilben ©efetten üben einen Serroriömuö aus aud^
über il^re frieblid^en ©tanbeögenoffen. äBer nid^t mit il^nen jiel^t, ober
i^nen feine Surg nid^t öffnet, ift i^r ©egner. Äarften giüftorr) wirb
fein ®ut ftlanbin auägepod^t, unb ^J^aul d. ^amedfe unb fein ©ol^n
Älauö von Äorbedl^agen, bie frieblid^ auf il;ren §ufen fifeen motten,
werben nad^ SBerübung oon rotten ©ematttl^ätigfeiten gefangen unb auf
bie „Olbenburg" (angeblid^ bei ^^aberborn in SEBeftpl^alen, üermut^lid^
aber in Sommern gelegen f. ©. 188) gebrad^t, oon mo fie nur gegen
baö aSerfpred^en ber 3a^lung eines Söfegelbeö entlaffen werben.
2)er ©olberger diai^ ift in großer SSerlegenl^eit, bie geinbe finb
f(^wer ju faffen, eö ift ein Äampf wie mit böfen 2)ämonen, bie Bürger
finb nur nod^ fidler l^inter ben feften 3Kauem ßolbergö. Siöweilen ge-
lingt eö bem SRatl^, eines ©egnerä l^abl^aft ju werben, — baö bejeugen
bie Urfel^be=35riefe aus biefer 3eit, j. 33. oon §anß ^ajrlaff, ber in
ben SBerbad^t gekommen ift, bie 3fiäuber bei i^rem ^lünberungöjuge
gegen ©emmerow unb ©eefelb auf feinem Äal^n über bie ^erfante ge^
— 271 —
fcfet ju l^abcn — bo^ ni^t immer treffen fie in i^rem l^aftigen 3us
greifen bie redeten. 9ln ber ,,fulen ober nigen SSrügg" (Sßeubrüd) war
ein 3lnfaII auf ßolberger Äaufleiite gefd^el^en, bie Äämmerer Slnbreaö v.
^uttfamer unb 2Inton v. Srödfer t)erfolgen bie ©d^noppl^äl^ne fogleid^
mit Sieifigen, in Äölpin treffen fie bie ©ebrüber JDtto unb §an& »ord^O
unb fül^ren fie, atif baö 3eugnt§ ber ©eplünberten l^in, weld^e $ferbe
unb SEBaffen ber 5läuber lieber erfennen woHen, gefangen nac^ ©olberg ;
hoi) !önnen bie 93ordfen ben SZad^roeiö filieren, bag fie jur 3eit beö Sln^
fattö an einem anberen Orte geroefen finb. ®ö entfielet barauÄ ein
langer rerbriefelid^er §anbel für bie ©tabt, ber erft na^ einem tergeb-
lid^en Sßerföfinungöüerfud^e jn dö^tlin bnx6) SBogiölat)'^ SSermittetung
mit einer Slbbitte von Seiten ßolbergö in Stettin enbet.
2lu(äö baö 5Berfal^ren beö 5Rat^ö gegen bie Äamede'ö fd^eint nur
bie 3al^l feiner ©egner t)ermel^rt ju l^aben. S)iefe, roeld^e fid^ burd^
i(;re ritterlid^e 6l;re gebunben glaubten, baö ben diHnUtn jugefid&erte
fiöfegelb ju erlegen, l)ielten fid^ in ©reifenberg auf, um bie fd^roere
©umme aufjubringen ''^). S)ie ßolberger aber fonnten in ber ©elbjol^^
lung nur eine SBerftärfung il^rer ©egner feigen, fie wujsten ben ßonflict
jroifd^en ber ritterüd^en ®t)re imb bem SBBo^le i^rer ©tabt nid^t anberö
in löfen, atö ba)3 fie im eint)erftänbnife mit bem Sifd^ofe unb gürgen
t). Äamedfe jene burd^ jmei SRatfimannen aufgeben unb nad^ ©olberg in
ben Sl^urm bringen liejgen. 2)er alte ^aroel Äamedfe ftarb bort menfd^Hd^
bel^anbelt nad^ ©mpfang beö ©acramentö im §aufe beö Äämmererö
eben, ber ©o^n mürbe 1521 gegen Urfel^be freigetaffen, nur um fo-
gleid^ feinem gegebenen SÖBorte treu baö Söfegelb ju erlegen. 3)ie Se^^
fd^ro^rben ber 3ünfte oon 1524, bie bem Matl^ aud^ baö SSerfal^ren
gegen bie Äamedfe'ö jum SBormurf mad^en, bemeifen, bafe aud^ l^ierauö
ber ©tabt SSerlegeni^eiten erroad^fen finb, oieHeid^t von ©eiten ber jal^t
reid^en g^reuni))d^aft ber gamilie. S)od^ finben fici^ barüber feine naiveren
3lngaben.
©tofe auf ©to& l^at baö 2lnfe]^n beö SRat^ö erlitten; 3n)ietrad^t
liemmt i^n im ein^ieitlid^en §anbeln, bem SSol^lftanbe ber ©tabt finb
fd^were SEBunben gefd^lagen, fie l^at einen ©d^aben von vkUn taufenb
©ulben erlitten, bie ©d^ulb aber oon allem Unheil wirb bem SRatl^
qufgebürbet. ©in gefä^rlid^er örennftoff fammelt fid^ gegen il^n in ber
SBürgerfd^aft. ©ö bebarf nur beö jünbenben gunfenö, um i^n in l^etten
flammen auffi^lagen ju laffen.
eö ift bie Seit ber Sieformotion, SDie gewaltige ^Bewegung will
_ 272 —
m(^t nur bie ^J^ffeln beö äufeerlid^ geworbenen Ätrd^entl^umö Sprengen,
fie bebrol^t auä) ben ©taat mit un^eifoollem Umfturj. %u6) in bm
§anjeftäbten ift mit bem Singriff auf bie alte ^ird^e ein gefd^loffener
2lnfturm ber 3ünfte gegen ben diaü) mxbnnbm. 3n ßübed, ©tralfunb,
®reifött)alb, ©tettin biö mä) SDanjig mU ber §anbn)erfer bie ©tabt=
i)erfaffung bemofratifdti utngeftalten, fid^ felbft auf ben Slat^öftul^l brän=:
gen. 2)a fliegt ein gunfe von biefem allgemeinen 33ranbe aud^ nai^
©olberg unb entjünbet ben 2lufftanb.
SDod^ liat biefer einen wefentlii^ üerfd^iebenen ß^arafter von bem
ber übrigen ©täbte: er ift rein polilifd^er Jlatur, baö alte Äird^entl^um
bleibt l)ier vox ber §anb nod^ unerfd^üttert. Sa eö fd^eint, alö mottle
in ©olberg bie Snbrunft t)ergangener Seiten no^ einmal aufleben, ©ie
läfet fid^ unter anbern in ber furj vox 1527 gegrünbeten 2l!en^®efett=
fd^aft^^) erfennen, einer frommen Srüberfd^aft, meldte für baö ©eelen?
^eil ber SDHtbrüber SBattfal^rten na(^ 2la(^en mad^en liefe, gür ä^n^
lid^e Steifen festen bie Seftamente biefer Seit noä) immerfort Segate
au§, nod^ 1527 l^at Safob ^epbemann^^) in feinem lefetenSBitten eine
SBattfai^rt naö) ßompoftetta angeorbnet, unb ber von ben SSermanbten
als ©^ieböri^ter angerufene Statl^ meift bie ^^flid^t, bie 2Battf al^rt ju
machen, bem jiüngften ©o^ne ju, menn er erma^fen märe, greilid^
mirb bie balb in ßolberg eingefül^rte Sieformation ben Süngling unb
feine SBermanbten ju ber erfenntnife gebrad^t liaben, bafe ®ott ßolberg
ebenfo nal^e fei, alö ßompoftetta, roie au(^ bie 3lfens:@efettfd^aft 1528
JU bem t)erftänbigen ©ntfi^lufe fam, baö gefammelte ®elb lieber ju bem
3lnfauf eineö ©ebäubeö für bie ©ied^enanftalt an bem aJiönd^ent'pore
ju t)em)enben. ©o ift eö ertlärlid^, bafe, mäi^renb anberömo ber ©türm
gegen baö Äird^ent^um begonnen l^at, bie ©eroerle in ßolberg in i^rem
2lufftanbe in engfter SSerbinbung mit bem Stepräf entanten ber geiftlid^en
©eroalt, mit bem Sifd^ofe, fielen, unb bafe ber güi^rer berfelben,
ber bifc^öflid^e SRid^tt)ogt in ©olberg, Sa^ob Sctöper geketten de
Adebar ^^), ift
®|irgeijiger S^atenbrang unb milbe ßeibenfd^aftlid^feit fd^einen
©rbeigenf^aften ber Slbebarö gewefen jU fein. S)aö jeigt aud^ bie fpd-
tere ®efd^i^te ber gamilie. S)en ©ö^nen §an§ 3lbebarß II., Sürger-
meifterö von ßolberg, mürbe eö ju eng auf ber ererbten §ufe, fie be^
friebigten im S)ienft frember gürften i^re ßuft ju 3lbenteuern, ßubmig
fiel in Ungarn, ©imon unb ©aßper fämpften in granfreid^, Ungarn
unb ben 3Ueberlanben, unb no4) in fpätereu Sebeuäia^ren, aU fie mieber
— 2?3 —
auf tl^rer §ufe in Sufforo fafeen, flammte bic angeftammte Setbenfd^aft:^
lid^Jett bcr Srüber im wilben §afe gegen einanber auf, faum uerJ^in-
berte ©immern burc^ fein SDajmifd^entreten einen Srubermorb*). ^nä)
Safob'ö aSater wirb als ein harter, heftiger aWann gefd^ilbert. Safob
felbft l^atte fid^ bem Äriegöl^anbmerf gewibmet unb fid^ t)iel aujser
Sanbeö t)erfu(^t, beim §erjog Sogiölat) unb bem 2lbel beö Sanbeö war
er beöl^alb mol^l gelitten, baju ein Siebling beö SBifi^ofö (Sraömuö von
3Kanteuffel, ber 1522 auf aWartin gefolgt war, Hauptmann unb Slatl^
beffelben würbe er t)on il^m ium bifd^öflii^en 3flid)tt)ogt beß Untergeri(^t§
in ßolberg eniannt S^fob'ä SBater, §ans 3lbebar, l^atte bie ©d^lieffen
feäftig niebergel^alten ; als il^n aber eine ^eft, bie 1506 unb 1507 in
ßolberg mütl^ete, fortgerafft l^atte, würbe feine g^amilie burd^ jene weit
überflügelt. Slbgefel^en baoon, bajs ein 9Jlitglieb beö ©efd^led^tö ber
©(^lieffen S)oml^err in ßolberg unb bann 3lbt von Selbudf, ein anberer
^ropft am Sungfrauenflofter war, l^atten fie 20 Saläre lang 3 diati)^^
ftül^le inne, wäl)renb bie3lbebarö erft wieber feit 1512 burd^ ein, nod^
baju unbebeutenbeö aJlitglieb, ßaöpar Slbebar, vertreten würben. 35er
Sämmerer ßorenj ©dilief war ber bebeutenbfte beö gegenüberftel^enben
©efd^ledjtö unb bei bem l^ol^en Sllter ber brei Sürgermeifter ber eigent^
lid^e Seiter ber ©tabt. ©eit 1509 erfd^eint 3a!ob Slbebar mel;rmalß
in Urfunben als in ber ©tabt auf äffiger Bürger, feine triegerifd^en
Saaten fallen alfo wo^l in eine frül^ere Seit. Offenbar befämpft er
ben ®influj3 ber ©d^lieffen; benn wieberl^olt finben wir il^n in biefer
Seit auf ber ©eite i^rer ©egner, befonberft beö §auptgegnerö berfelben,
feines ©d^wiegeroaterä Henning Änubbeö.
@r muB fd)on über bie 3Rittogöp^e beö Sebenö ^inauö gewefen
fein, alö bie fteigenbe ©ä^rung ber SBürgerfd^aft, bie fd^on im 3al)re
1523 ben diati) ju einem 3fled^tfertigung§t)erfud) in ber Sobe'fd^en ©ad^e
gebrängt l^atte, ben wilben ^lan in il^m reifen liejg, mit §ülfe ber
©ewerfe bie ©egner feine§ ©efd^led^tö ju ftüi^en unb fid^ felber auf
ben Statl^ftul^t ju fd^wingen: — ber lefctere baö gewöl^nlid^e Siel beö
(gl^rgeijeö ber aSolfefül^rer in ben inneren kämpfen ber beutfd^en ©täbte —
eö ift bejeidinenb für bie ßolberger Suftänbe, bajg bie an langen ©e^
l^orfam gewöl;nte 33ürgerfd^aft eines gül^rerö bebarf, ber burd^ ©eburt
unb SebenöfteHung ben ©egnern angel^ört. — Slm 5. ©eptember beginnt
*) 1740 \iaxh, aU lejtcr feines ©efdölcd^t«, bcr ßlcutcnont (Saöpar o. SIbcbar
5U ©targarb im 3ii4itt)aufc, voo er auf ä3etriib feiner 2Äutter 20 3a§rc gefejfcn l^atte.
— 276 —
ben augenblicflidien 5PortI)eil beftinnnt wirb, irnb bie für bte tiefer Ite^
genben Sntereffen ber ©tabt fein aSerfiänbni^ l^aben.
(Sine gröJBere 3af)l ber Sefi^werben betrifft bie §auptübelftänbe
ber ftäbtifd^en SSerwaltung, bie felbftfüd^tige 2lu§beiitung beö ©tabtt)er=
mögenö, befonberö beß ©tabtroalbes jum SBortl^eil ber ©üljDerraanbten,
ungere(^te aSertl^eilung ber öffentUd^en Saften. 3)ie ©eroerfe forbem
einfielt in bie Privilegien ber ©ülje, ©eftattung ber ®inful^r fremben,
groben, jum ©aljen beö SDorfdieä unb §eringö beffer geeigneten ©aljeö,
baö diti)t freier Senu^ung ber Safe auf bem Sittenberge für 3ltte, bie
unter bem diatf)t ftefien, avi^ t)erlangen fie beffere ©orge für ben §afen.
3lud& bas aSerl^ältnife ber ©tabt ju bem geiftUd^en ©erid^t, jum
bif(f)öfli(^en jDfficial, jiel^en fie in ben Äreiö il^rer gorberungen. ©ie
wotten mit ber ©eiftUd^feit in ©inigfeit unb greunbfd^aft leben, aber
trofe be§ einDerftänbniffeß mit bem Sifd^ofe biefem fein ftäbtif($eö 9ted^t
preisgeben, ber JDfflcial fott nur bie Sürger iannen/ roeld^e il^m t)on
bem raettlid^en 3K(^ter äberlaf[en finb.
©ie befd^weren fi(^ ferner über bie 5ßergen)altigungen hnxS) bie
©efi^Ied^ter. ©ie motten bie 2luöf(^reitungen ber übermütl^igen Sugenb
nid^t länger butben, unb ift ber SRatl^ nid^t ftarf genug, biefelben ju
oer^inbern, fo werben bie Sld^t unb SBierjig ber ©emeinbe ©(^ufe ge:=
lüül^ren.
2)ie mid^tigften Slrtifel finb bie, metd^e baö S5erf)ältnife ber 2ld^t
unb SlJierjig jum diatf) bel;anbeln. 3« ©egenmart oon jmei 93eififeern
ber ©emeinbe fott berfelbe oon 5Dlüf)len, Dörfern, Slmtleuten, furj oon
ber ganjen SBermaltung 9le(^enfd^aft ablegen; er fott bie2ld^t unb SBier-
jig neben fii^ anerfennen, ol^ne i^re Seiftimmung nid^tö unternel^men,
nur maö beibe befd^liefeen, fott ©ültigfeit l)aben; ftirbt einer auö ber
3al^l berfelben, fo fott bie ©emeinbe einen ©rfafcmann fiefen. 3llö SBer-
famm(ung§ort forbem fie baß „Älod^auß" bei bem alten Älofter — feit
jr)05 mol^nen bie Sungfrauen mieber in älltftabt — ober eine leer
fteljenbe 35urfe mit bem Siedet, öier unb Sanbmein ju fd^enfen.
2)er 3tatl^ wittigte in eine gro^e 3a^l ber gorberungen, fträubte
fid) aber befonberö gegen bie, meldte il;n unter bie C>errfd^aft ber ©e^
werfe bringen mußten, gegen ben bauernben Seftanb ber 3ld^t unb
SlUerjig unb gegen bie neue Srinfftube. 6s würbe \i)m \6)on genug
räfonnirt auf ben jal^lreid^en SSurfen, ben 3(mtßl^äufern ber ©ewerfe;
benn bort eben waren bei ßolberger öiec unb l^eifeem ©ewürjwein bie
böfen ^läne gegen ben diaü) gefd^miebet worben, Snbeffen er war
— 277 —
\mä)tlo%. ©eine militärifdfie ©tüfee, bie berüaffncten Sünfte, l^atten
il^rc §cllcbarben gegen il^n gerid^tet; blieben bie ©egner einig, fo mn^te
er ol^ne Sweifet balb baö SDJitregintent ber ^anbroerfer anerkennen.
9lber bie ©inigfeit berfelben war fd^on in ber 9luflöfung begriffen.
2lfe ein ©treit jtüifd^en §enning 35obe, bem 2lnl^änger 3lbebar'§,
unb aWi(ä^el ©d^Iief jur SSerwunbung beö erfteren gefül^rt l^atte, liefe
Slbebar ben Jfjäter im 6int)erftänbnife mit feinem ©(]^tt)ager, bem ^üx-
germeifter SSobbefer, in'ö ©efängnig werfen. Sroax proteftirte bie Partei
ber ©(^lieffen gegen ba§ gefefelofe SBerfal^ren, einen 33ürger of)m ©in*
miHigung beö SRatl^ö ju t)erl(iaften; hoä) aibebar'ö ©eraalt mar fo groß,
bafe ©d^lief bis jum geri(^tli(^en 9luätrage auö ber ©tabt meii^en
mufete. 3)afe 3lbebar feine ©teHung benufete, um bie ©d^lieffen ju
bemütl^igen, mürbe ifim t)on ber ©emeinbe f(^merli($ t)erargt; aber felbft
©lieber berfelben mußten feine §ärte unb ©igenmäd^tigfeit empfinben;
fein leibenfd^aftlid^eö Süerfal^ren gegen ©injelne, j. 35. bie SSerfolgung
eineö SBeffel, ber leid^tfertig über Slbebar'ö ©attin gefprod^en l^atte,
manbte bie ©emeinbe von il^m ab unb ermedEte in ben §erjen ber mifes
trauifd^en §anbmerfer ben 2lrgmol^n, bafe ber ©efd^led^termann nid^t
beffer fei, alö feine ©enoffen, unb fie bod^ nur benufet i^abe, um fid^
auf il^ren ©d^ultern in ben diaü) tragen ju laffen.
©röfeere ©efal^r jebod^ bereitete il^m feine S5oppelfteDung jur
©tabt unb jum 33ifd^ofe, unb ein SlKifegriff nad^ biefer ©eite l^in gab
feinen ©egnern bie gefäl^rlid^fte SBaffe ju feinem SSerberben in bie
§anb.
3)a§ SBergered^t, feit unbenflii^en Seiten von ber ©tabt längö
il^reö ©tranbeö geübt, mar il)x von bem SBifd^of Senebict 1488 auö:=
brüdflid^ beftätigt morben, fein ©ut, baö an ben ßolberger ©tranb
fd)lüge, foHe von bifd^öflid^en Beamten angetaftet merben. 3?od^ 1523*0
l^atte bie ©tabt, ungeftört t)om SBifd^ofe, i^r Siedet an einem oerun-
glüdEten SRoftodEer ©d^iff geübt. 2llö nun bie SDecemberftürme beö Saures
1524 ein ©d^iff mit dolberger unb SDänifd^en ©ütern bei ©ol^renbom
an ben ©tranb warfen, erlaubte fid^ beö S3ifd^ofö 2lmtmann t)om Saft,
bie ©üter ju bergen unb fid^ ben SSergelol^n anjueignen, unb 9lbebar, beö
Sifdtiofö 5Hd^tt)ogt, liefe baö ©ut, üietteid^t auö Unfenntnife ber ftäbti^
fd^en Privilegien, nai^ ßörlin jum 33ifd^ofe fd^affen.
§Mte aud^ bie ©emeinbe im Äampf mit bem SRat^ bie §ülfe
be§ S3ifd^of§ nid^t t)erf(^mäl^t, fo l^atte fie ioä) fd^on frül^er gejeigt, bafe
fie nid^t SJBiHenö war, bemfelben irgenb ein ftäbtifd^eö ^^ä)t ju opfern,
— 278 —
3cfet gab fie bcn einflüftcrungcn bcr ©egncr Slbcbaf § ®epr, unb bic
fiö^on crfaltctc Bimeigung ücrwanbelte fid) in erbitterten §aJ3 gegen ben
SWann, ber, ftatt bie SReiä^te ber ©tabt ju f(3^üfeen, fte barum bringen
TOoIIe. S)ie ©enteinbe näl^erte ft(3^ lieber bem alten SRatl^e. 3n fpät
erfannte Slbebar feinen 3Ri§griff, er eilte nac^ Eörlin nnb beftimnttc
hmä) feinen perf8nli(^en ©inffuß ben aSifc^of jn bem SOerfprec^en, bie
®üter l^eranögeben ju woBen. 3ur Safel ba bel^alten, feierte er erft in
flnfterer ?Haä)t r\aö) Eolberg jurüdf. 3njn)if(]^en war fein Untergang
vorbereitet. 2lm nä$fien SRorgen — es roax ber 28. ober 29. 2)eceni5
ber — würbe er anf § Statl^^uö entboten, um über feine SReife 2luös
fünft JU geben. S)er befriebigenbe ©rfolg levaiihte feine ©egner eines
guten SSormanbes, fie beburf ten eines anberen §ebels ; als er baS SRatl^^
l^aus rerlaffen mollte, mürbe er erfu($t, bei beoorftel^enben aSerl^anb^
lungen mit Sürgern jugegen ju bleiben. 3Kan l^atte auf feine Seiben-
f(ä^aftlid^feit gered^net, als man ben oben genannten SBeffel unerwartet
in bie Statl^sfiube treten liefe. 35er 3lnblid bes nerl^afeten äWannes ver-
femte il^n in fol(^en 3orn, bafe er beffen fofortige aSerl^aftung verlangte.
3)a flürjte ber in g^urc^t gefegte SSürger vom Siatljl^aufe fort in bie
©tabt, ber alte un]^eimli(^e, vieffei(^t aus bem beutf(ä^en ^eibentl^um
flammenbe Sarmruf bas „Sobute" erfc^oH jum Älange bei: ©turmglode
bur(ä^ bie ©tragen ßolbergs unb entbot bie 33ürger aus ben Käufern.
®egen baS SRatl^l^aus [türmte bie mütl^enbe SKaffe, nid)t, um, mie vor
brei aWonaten, ben SRatl^ jur SRei^^enfci^aft ju jie^en, fonbem um ben
Sob bes vermeintli(]^en ungetreuen SBerrätl^ers an ber <Sai)e ber ©tabt
unb bes gemeinen SWannes ju forbern. ©o ermünfi^t bem Statine bie
§ülfe ber a3ürgerf(^aft mar, fo erfd^raf er bo(^ vor bem milben 2lus=
brud^ bes §affes, ber il^m bas §eft aus ber §anb ju nel^men brolite,
unb liefe bie Sl^üren bes 3flatl^l^aufes f(^liefeen. SKber bie Bürger er-
zwangen hnxä) änbrol^ung gemaltfamer ©rbred^ung bie jDeffnung. S)ie
Unmünbigen waren f(^on jum altgewolmten ©el^orfam gegen bie ]^err=
fd^enben ©efd^led^ter jurüdfgefel^rt, fie l^atten §einrid^ Sargafe, einen
©egner Stbebar^s, von biefem verfeftet, ©lieb einer angefel^enen ^atricier^
familie, fpäter felbfl Sürgermeifter, ju il^rem ©pred^er ernannt. 9luf
bie g^orberung biefes mufetc 3lbebar f(^wören, fid^ in feinem §aufe
l^alten ju wollen, bis Slatl^ unb Sürgerf(^aft über il^n 93efd)lufe gefafet
l^ätten. 9JHt il^m erl^ielten no(^ a6)t 3lnl)änger biefelbe SBeifung. ©eine
zweimalige SBeigerung, bas ©iegel ber 3l(^t unb 3Sier}ig unb wid^-
tige Urfunben auszuliefern, unb ausgeftofeene ^rol^worte bef(^leunigten
— 279 —
fein ©^i(!fal. ßbwol^l Slbebat'S gtcuttbfi^aft qii§ bem ?RQtl^e entfernt
war, fo brang ioä) baö ©erüd^t tnon bem blutigen SPorl^aftcn aus bem
SRtttl^öfaale in bie ©labt; Eilboten ffogen naä^ 6Min, um ben S3if<^of
t)on ber ©efol^r feineö SBogteö ju unterrichten. 5n a?orau«ft(^t beffen
lieJB ber 3iaif) bie STI^ore fd^Iiefeen unb fanbte bie Wiener, um SIbebar
auf« aiatl^l^auö ju forbem ober, im %cSl ber SEBeigerung, bortl^in ju
fd^teppen. obgleich von g^reunben gemamt, l^otte biefer pd^ bur(^ fein
gegebenes SBort abl^alten laffen, pci^ buriä^ bie %lvi^t ju retten; aber
ber Slnblid ber nal^enben ^äfd^er übermanb jebe di&ätx^t, er ftol^ in
baö §auö feines 5Ra(ftbars ^agen*^) an ber ©de bei ber 9»ü]^Ienbrfl(fe
(rotl^t% im Sollte 1767 aJH(3^ael JDefireid^ unb ror biefem SWattl^iaS
^eife gel^örte), unb bie g^rau beffelben fd^Io§ il^n in il|re große Äifte.
Slber ein in ber ®ile beS a?erfd^UeJ3enS eingeflemmter 3ipfet feines mit
rotl^em griefe gefütterten 9?0(fes vernetz fein SSerfied ben nat^fefeenben
Wienern, er mürbe gegriffen unb aufs 9?atl^]^aus geffil^rt. 3lo^ fud^te
verlegen bie pommerf(|e ©l^rlid^feit, bie ftd^ bod& gegen ein ganj gefefe^
lofes aSerfal^ren firäubte, nad& genfigenben ©rünben für feine SSerurtJ^ei^
lung, ba gab ber S)ompro^)ft ^aloh ^late, obmo^ felbft mit ben Slbe^
bafs oerfd^mägert, ben äusfd^ag. ©ein langer Slufentl^aft in 9BeIf(^
lanb, befonbers in 3?om, l^alte il^n mit welfd^m Sruge unb metfd^r
Sufiij nertraut gemad^t, ,;fie mären ja reid^ genug, um einen 9Wann
ju gelten (beja^len)." 3luf bie 9lnflagepun!te l^in, baß er bie 9ld6t
unb merjig an fid^ gel^ängt, fid^ gegen ben JRatl^ aufgelel^nt, ben Sad&em
ben bas SBeinen gebrol^t, bag er fi(^ geweigert, Briefe unb ©iegel
l^erausjugeben, enblid^ ba§ er ben Slrreft gebrod^en l^abe*^), mürbe er
jum Sobe oerurtl^eilt. . aSergebens bot feine fJteunbfdEilaft eine Sürgfd^aft
von mel^reren taufenb ®ulben, um il^m 3=rifl jur aSertl^eibigung ju oer-
fd^affen. 35ie ©egner maren entfd^loffen, ben t)erborrten 8Ift nom
©tamm ber Slriftocratie abjul^auen. SHm aRorgen mar er aufs SRatl^::
i^aus geforbert, nod^ el^e ber Slbenb bes furjen S)ecembertages l^erein^
brad&, befpri^te fein 33lut bie ©teine bes aWarftes vor bem Slatl^l^aufe.
aJlit bem §iebe, ber il^m bas ^aupt.oor bie p§e legte, fd^lug ber
5«ad^rid^ter aud^ bie beiben ginger ab, mit benen er einft bem JRatl^e
2;reue gefd^moren. ©eine legten SBorte: „Reiner foK großen Ferren
unb bes ^öbels ®unft trauen", entl^ielten einen bitteren aSormurf gegen
ben Sifd^of unb feine manfelmfil^igen aSerbünbeten, gegen ©emerfe unb
©emeinbe. ©ein aSeib ließ ben Seid^nam l^eiml^olen unb i^ jmei
^e auf ber t^afyce <msfteaen. aBottte fie il^ nad^ altgermanifd^r
— 280 —
©itte erft bcftatten, tDCnn Sßcrgeltung unb SRac^c geübt toar? 6ö würbe
il^r roemgftenö eine 3lrt t)on ©ül^ne unb ®euugtf)uung, fd^wer lag baä
33en)u§tfein ber blutigen %i)at auf ber ©tabt, aud^ bie rüdfii^tölofen
©egner bai^ten nic^t gering von bfem gerii^teten 3Rann, unb al§ er am
britten Sage beftattet würbe, folgte bie gange ©tabt, 9iatl^ unb ©emeinbe
ber Saläre, unb bie ©(ä^wefter, ^riorin auf ber Slltftabt, trug i^m naiä^
römifd^'fatl^olif(^er ©itte baö ßrucifir voran. Segraben ift er in ber
3Jlarienfir(^e unter bem fogenannten Slbebaröfteine, auf weld^em er in
Sebenögrö§e ol^ne ^opf eingel^auen war, ber Äopf tag if)m ju güJBen,
biß bie Sßerwanbten „nad^ langem ^rojeffe bur(^fe|ten, bajs berfelbe roieber
etroas auögetilget unb über ben ©(ä^ultern ein ^opf gebilbet würbe." —
©eine ©attin, xodä)^ in ben nä(3^ften Salären t)erfd^iebene ßapitalien
i^reö „feiigen 3Jlanneö" freimacht unb ^fannftätlenantl^eile an SBenoanbte
überläjgt, f(^eint bie ©tabt na(^ ber Äataftropl^e t)erlaffen ju l^aben. —
®Uiä) nad^ 2lbebar*ö ©ntl^auptung erfd&ien ber Sifd^of mit ixveU
l^unbert SReitem bei 3lltftabt, um ben ©efangenen ju befreien; aber bie
S^ore ber ©tabt waren t)erfd^loffen unb wol^l bewad^t, eö blieb il^m
ni(J)tö übrig, als mit feinem 3Solfe abjujie^en. 2)ie SBerwanbtfc^aft
Slbebar^ö erreid^te burd^ i^re SBefd^werben bei Sifd^of unb §erjog wenig-
ftenö, bafe einer ber Url^eber ber gewalttl^ätigen §inrid)tung, ber S)om?
propft ^^late, ßolberg meiben mu^te. 6r jog nai^ 3tom, wo er 1526
geftorben ift*
e§ war ber Sluögang, ben bie kämpfe ber 3ünfte gegen ben Siatl^
fo oft nel^men* S)ie 33ef($werben ber erfteren über SBilHür unb ©igen^
nufe ber l^errfi^enben gamilien finb ol^ne 3weifel wol^l bered^tigt ge^
wefen; aber in ben öffentlid^en SBerljältniffen ber SRepublif, in ber Se:^
Mmpfung be§ SRaubriitertl^umö l^anbelt ber 3iatl^ buri^auö ben Snter^^
effen ber ©tabt gemäfe, er jeigt ein tieferes aSerftänbni^ für bie 2tim^
bebingungen berfelben, afe bie ©ewerfe, für bie l^ierin nur ber augen^
blidtlid^e SBortl^eil ober 3?ad^tl)eil nm^gebenb ift. SDie ©emeinbe feiert
5um ©el^orfam jurüd, ber g^ü^rer fällt alö Dpfer beö wieberl^ergefteHten
griebenö. SDer Statl^ fd^eint feinen ©ieg mit Siä^igung Unn^t, fid^
mit biefem einen £)pfer begnügt ju l^aben. SSon weiteren §inrid^tungen
wenigftenö wirb nid^tö gemelbet. Sobbefer oerfd^winbet au§ bem SRat^e,
SBalt^afar diuMe wirb im folgenben Saläre oon Otto 3Wanow, SDom^
l^err unb ©i;nbifu§ ber ©tabt oor bem ßapitel angeflagt, „bag er bei
Jag unb SRad^t mit Safob 2lbebar, ber mit feinen Slnl^ängern eine gänj=
Ud;e ttnterbrüdung unb Slieberlegung beö SWatl^ö beabfid^tigt, confpirirt.
~ 281 —
t^m bte gel^cimen aSer^aiibdingcu beö ?(iati)^ gcmclbet, an bcr Sttbfaffung
ber 3lrtifet gegen ben diatf) 2lntl^eil gehabt unb t)on ber ßonfpiration
feine 3lnjeige gemad^t i^abe" unb jur Sa^Iimg i)ou^600 f[. t)erurtl^eiü,
bie er biö ßftern näd^ften Söi^reö ju leiften vex^pxaä)^). yiaä) SBerlauf
von pei 3Konaten fi^Uegt ber ^afS) mit SBerten unb ©emeinbe „binnen
ber ©tabt, t)or alten Seiten, wie anä) jefet, ju ©ebred^en angezogen",
alfo mit ber alten 93ürgeroertretung, einen SSertrag, moburcä^ ben fi^rei-
enbften Uebelftdnben abgeholfen wirb ^5).
SDie 2l(^t unb üiei^ig finb fpurloö t)erfd^n)unben, ber SluöbrudE
,,auf inftänbiges Sitten ber ©emeinbe fei ber SBertrag gewäl^rt", jeigt,
baj3 aud^ bie alte ei^rerbietung jurüdfgefel^rt ift. 3Jiit bem Sifd^ofe
fanb 1527 bie äCuöfö^nung ftatt; feine Sßerfud^c, auf fo gefdl^rlid^em
aSege feine 3Wad^t ju erweitern, l^at er aufgegeben, er t)erjeil^t bie blu^
tige S^at unb beftätigt ben ßolbergem bie alten Siedete.
3lud^ nad^ Slujgen l^in geflalten fid^ bie Suftänbe frieblid^er. —
®egen bie 3Jfeferi^e giebt, mie bie Urfunbe fagt, ®ott ben ßolbergern
®nabe, bafe fieSürgen SfWeferife greifen unb il^nin i^renS^urm fefeen;
baburd^ würbe baö ©efd^led^t 1530 beftimmt, feinen .grieben mit ber
©tabt abjufd^lielBen.
S)urd&greifenbe SfRaBregeln beö §ei^ogö unb beö Sifd^ofö mad^en
aud^ bem treiben §enning Sobe'ö, ber 1527 burd^ SUiitwirfung ber
ßolberger gefangen wirb unb alö ©d^abenerfafe für bie 3lbfd^afeung t)on
Sublife mel^rere ®üter lierausgeben mufe, unb feiner ©enoffen ein ®nbe.
9Zur ber alte, jd^e §enning Änubbes fefet ben Äampf unermüblid^
fort. SDer ^rogefe bei ber päpftlid^en ßurie war nad^ mehreren üorauö-
gegangenen Urtl)eil§fprüdE)en ^war 1526 burd^ ßolberger ®elb unb
3)at)ib Sraunfi^weigö ®influ§, ber burd^ bie ©el^nfud[)t nad^ bem fd^önen
Stauen nac^ dtom getrieben, bort aud^ bie Sntereffen feiner SBaterftabt
oertrat, ju ®unften ßolbergö entfd^ieben worben; bod^ ber 3Jlangel
eineö georbneten Snftanjenjugeö erlaubte bem oerbiffenen ®egner, fid^
oon ber ßurie gleid^ an baö SRdd^ö^Äammergerid^t ju wenben unb ben
diati) bnxä) einen neuen ^^Jroje§ ju ärgern. SDod^ fc^eint e§ bem Siatfi ju^
lefet gelungen ju fein, «ben oermetenen, upfatigen Äerl to bempenbe, to
nid^te to maleube, unb gänjlid^ uner be Jfote to pettenbe", wenigftenö oer-
pfänbet feine Sod^ter ©lifabetli, @r Surmeifterö (gewefenen aSicarö) ®attin,
im Sa^re 1 539 im '3?amen il^reö äJaterö jwei unb eine l^albe ^f annftätte
für 1500 3Karf, um beftimmte Sal^lungen an bie ©tabt ju leiften.
®efd|t(i|te M ültpbttfdiett SttngfrauettfloM.
3)aö SungfraucnKofter auf ber ältftabt lourbe Dom 33if(]^of §er^
mann bolb nad^l^er, ol§ er bie ungctl^cUtc ^crrfd^aft über baö Sanb
unb bte ©tabt ßolbctg erworben J^tte, no(i^ im ^afyce 1277 ^) be?
örünbet, alfo in ber 3eit, in roeld^er bie aSerool^nerjal^l ber ©tabt ftd^
burd^ ftarlen 3ujug auö SRedlenburg fo erl^eblid^ »ergröfeerte. S)a baö
neue Älofter feine erflen S3en)ol^nerinnen aus bem in bentfelben Sanbe
gelegenen Älofter 9iül^ne erl^ielt, fo ift tooI^I nid^t ju jroeifeln, ba§ feine
Segrünbung in engem 3ufammenl^ange mit jener ©inwanberung fielet,
unb bajs bie erften Älofterfrauen ^vx Sl^eil wenigftens benfelben ®e^
f(ä^led^tern angel^örten, bie fi(^ bamalö in ©olberg anfiebelten. 2)er e!f)t^
malige, altgeweil^te ßapitefefife auf ber 3Ktftabt, wo t)ieffei(i^t no(ä^ ber
Hofterartige Sau mit ber »ermaiften SKarienKrd^e ftanb, bot einen gc^
eigneten SBol^nort für fie bar. 3)er ®runb unb Soben mit feinen 33au::
lid^feiten gel^örte bamate bem bifd^öflid^en Sanbesl^errn, ber il^n t)iettel^t
furj t)or ber SSegrünbung ber neuen ©tabt um 1255 für ben SBejirf
ber ^apengaffe von bem Gopitel eingetaufd^t Ijatte; unb nid^t ein 33e^
fifered^t beö ßapitete, fonbem baö biefem 1266 t)erliel^ene Privilegium
(f. ©. 203) nötl^igten ben Sifd^of, bie Seiftimmung beffelben jur 33es
grünbung beö Älofterö nad^jufud^en. S)ie jäl^rlid^e Sal^lung von 4 SRarf
von ©eiten beö Älofterö an baö ßapitel (f^on um 1284 ^) mar eine
Slnerfennung biefeö Sted^tö.
2)as Älofter mar ju ©l^ren ber um jene 3eit längft an bie ©pifee
ber §eiligengemalt getretenen unb bie §erjen ber ©eiftlid^feit unb ber
Saien unumfd^ränlt bel^errfd^enben 3«"gfrau SWaria gegrünbet, unb erft
in fpäterer ' 3eit werben aud^ ber (Srjengel 3Kid&ael unb ber l^eiligc
Saurentiuö alö feine ©(j^ufei^eiligen genannt SKte Älofterorbnung mar
ben Swngfrauen bie alte Siegel beö l^eiligen 33enebict üorgefd^rieben.
— 283 —
toä^rcnb bie \m biefc 3eit gegrünbeten Älöfter nteiftens einem ber neuen
Drben angeprten, in beten Statuten fid^ jene in t)erf(ä^ärfter 9Beife
nerjtingt l^atte. ©in Äfofter t)on fo tnilber £)bfett)anj fonnte fid^ baö
ßapitel ol^ne Sebenfen gefallen laffen; e§ brandete l^ier niiä^t baö läftige
eingreifen einer fremben 3Jla(i)t ju für(3^ten, ba baö SKItftäbtifd^e Älofter
nid^t ju einer größeren, ber £)berauffi(]^t einer gemeinfatnen JDrbenöge^
walt unterworfenen (Kongregation Don Älöftem geprte. 3n)ar xoax bem
tropfte t)on m^m baö dieä)t ber SBifitation auf ber Stltftabt einge^
räumt, hoä) voax biefe§ burd^ ben SBorbel^alt beö 35if(i&of§ befc^ränft,
über bie bei einer fold^en entbedten SBergel^ungen felbft ri(^ten ju motten,
unb aud^ biefe fd^mac^e SSerbinbung mit 3tül|ne muß fi(^ balb gelöft
l^aben.
3)a§ Älofter mar felbftt)erftanbli(^ bem Sifd^of oon ßammin untere
tl^an unb ^atte an i^n eine jäl^rUc^e Slbgabe oon 2 gäjgd^en guten
3?t)t)oIi, 1 gaJ3 guten ^afemalfer, 1 guten Sernauer Sicrö }U ent-
rid^ten ^). Sffiie meit beffen Einfluß auf bie inneren Suftänbe be§ Älo^
fterö ging, mie bei ber 3lufnal^me neuer 9Jlitglieber, ober ber SSal^l ber
a?orftel^erin, ift aM ben oor^ianbenen Urfunben ni(^t ju erfel^en.
2)ie SJBal^I be§ Älofterpropfteö mar ben Sungfrauen oon bem 33i=
f(^ofe mit ber Sefd^ränfung freigegeben, bafe fie baju ben Seiratl^ be§
'^ropfte§ Don 3tül^ne unb ber ßolberger S)oml^errn einjiel^n fottten.
!Da6 bie lefeteren il^ren ßinfluß auf bie Sefefeung biefer ©tette an^
fpäter nid^t aufgegeben l^aben, jeigt fd^on ber Umftanb, ba§ fid^ mand^e
5Ritglieber be§ 6apitel§ unter ben kröpften finben. 2)ie kröpfte, an^^
fänglid^ nur ju gotte§bienftIi(^en 3Serri(^tungen berufen, l^atten in jener
3eit fd()on il^ren ©influß auf atte Äloflerangelegenl^eiten auögebel^nt,
ma(%ten über bie 3lufred^tl^altung ber Orbnung im 5tIofter unb gaben
JU jebem Äauf- unb ?pfanbgefd^äft il^re 33eiftimmung. ©eöl^alb mirb
in atten berartigen Urfunben be§ 2lltftäbtifd[)en Älofter§ aud^ ber ^ropft
unb jmar t)or ber ^riorin genannt*). Slußerbem gel^örte jum Älofter
*) Sil« tröpfle rocrbcn ju M^ol Seit genannt: ^einrtd^ 1284, fpöter cid
,^anoni!uS aufgcfül^rt, f/om. ^ermann, «ßleban in 9vü|on) 1333, //. Sambert 1355,
(L SBincfin (2Biae!e) oon 1361—1372 ^ropfl in (Eolbcrg, 1379—1383 am ^ö«lincr
Sungfraucnflofter in gleid^er Stellung, 1387 t» juglnd) Äanonüu« in (Sammin,
^Kubolp^ eiobelonj 1382, §cr S)^berif Siaefcu 1387, ig,. Sol^ann ^Kcbwi 1399, SBuI-
färb SBnlfarbi 1412, §). 3afob (gmarforo 1415—27, SoFob Ooroin 1429-32, 3o-
löann SSIc^e 1436—47, Henning SSormann 1451-56, SBiWc @d|mibt 1468, Henning
»ulgrin, sugleic^ (Epibcrgcr 5^anpnifuij 1486, 3afob »a!c 1494-97, gßifbolb
(g^Wcf 1523.
— 284 —
no(]^ eine Slnjal^l t)on ÄopeHanen unb SBtcaren, bie an ben ^atronatö-
Krisen beö Ätofters, in SWarrin unb 3tt)iclipp, fo wie in ber Älofier=
fird^e felbft, bie mit bem Älofiergebäube unter einem ©aiä^e ftanb, unb
in ber fpater il^r angebauten Kapelle ©t. ^atoU bie eigentlid^en gotteö-
bienftüd^en a3erri($tun9en beforgten. Henning ©rüttemann wirb 1422
als 58icar auf ber Slltflabt unb in bemfelben Saläre anä) als ^leban
in 3n)ilipp aufgefül^rt, ßonrab 93et)enl^ufen, ber 1364 ^leban in SWar^
rin genannt mirb, l^eifet tnxi Dörfer Vicariiis perpettms auf ber 2llfc:
ftabt. ©eit 1480 gefd^iel^t aw^ einer Orgel unb eines Organiften ©r^
mäl^nung.
Slud^ für bie ^tofterfir(]^e finben fi(3& l^in unb lieber Stiftungen,
jum Sl^eil t)on 2lltftäbtifd)en Sßicaren, ju aReffen an "t^tn Slltären ber
Äird^e unb in ber SafobifapeUe, ober ju einem ewigen Sid^te t)or bem
l^eiligen Seid^nam, baju ®ef(]^enfe t)on Sudlern, filbemen Sännen, S3e=
d^em unb ^atenen. 3ba t). Seraefeon) Dermalste 1480 il^ren §oifen
(aRantel) ber ,,Iieben grau ju ßlbenfiäbt" (fo ^ie^ fie mi) in ber Seit,
als fi^i baö Älofter in ber ©tabt befanb) ju SBorl^ängen auf bem 3lt
tare, worauf biefe il^ren ©tanbort l^atte, unb ju einem SRodfe für fie,
unb Äatl^arine Sabe fd^enfte eine filberne Ärone, 3 3Karf 4 Sotl^ an
©emid^t, meldte baö 3Karienbilb ewig tragen foHte. SDaö Älofter ge::
lobte, biefe nie, aud^ in ber größten 5iot^ nid^t ju oerfaufen, nur für
Ärieg unb g^euer fönne eö nid^t auffotnmen ^). S)aö foftbarfte *;prad^t=
ftüdE beö Älofterö war (wie bei bem ßapitel) ein großes Sßarienbilb
oon ©über, meld^eö bei ^rojeffionen l^erumgetragen würbe. —
2)ie ?Pröpfte fd^einen meift im Äloftergebäube auf ber Slltftabt
gewol^nt ju l^aben, bod^ mit eigenem Sifd^ unb befonberer SÖJirtl^fd^aft.
©in ßamminer ^riefter ©oroin begrünbete 1 432, in ber Seit, als fein
33ruber Älofterpropft war, in ber SafobifapeUe ^) eine SBicarie für fein
unb feiner gamilie ©eelenl^eit mit ber SBeftimmung, bafe ber SBicar aus
feiner gamilie genommen werben unb jäl^rlid) junäd^ft 12 3Jiarf er^
l^alten foHe; fid^ felbft bebang er auf Sebenö jeit bie §ebung beö SRefteö
unb baö 3led^t auö, a\\ ber 2afel beö ^ropfteö mit biefem jufammen
effen unb trinfen unb feine SBo^nung im Ktofter l^aben ju bürfen.
3lud^ ber ^ßropft Sleie mu§ unter bem Älofterba(^e gewohnt tiaben, ba
er bei bem UeberfaHe beö Äfofterö 1436 (f. ©. 226) oon ben mv^
htm perfönlid^ bebrol^t unb angegriffen würbe. 5Die SBol^nung beö
^ropfteö aSulfarb SBulfarbi bagegen wirb alö in ber ©tabt unb jwar
in ber Äleriferftra^e Uegenb bejeid^net; oermutl^lid^ war er jugleid^ ^ox(\r
— 285 —
^crr. 3n proteftantifd^er 3eit l^atten btc Kapellane i^te SBol^nung
au^erl^alb beö ^lofterö.
grül^ fd^on erfi^einen in ben Urhinben tteben beut ^topfte fttoftcr^:
prot)tforen (anä) hilorcs unb fmitores genannt). Unter ben genannten
ift nnr einer ein Pfarrer eineö benai^barten S)orfe§, aUe übrigen finb
ßolberger 9Iatl)mannen. ©o J313 Sol^anneö Snnbe unb §inri(3^ ©ieg^
friebi, 1 333 SiberiiäE) S8raunf(^n)eig unb Si^ibemann ©labbefe, 1415 unb
1419 ber Sürgernteifter aSebefe, 1424 ber SSürgermeifter §emtann
SBärwalbe, beibe mit bein Sufafee: unb bie übrigen ^rot)iforin, offenbar
gab eö Älofterl^erren int SRatl^e, wie eö §afenl^erren u. f. xo. gab. ©ie
werben in ben Urfunben jn)if(^en bem tropfte unb ber ^riorin aufge^^
fül^rt unb nertreten ba§ ^(ofter in gerid^tlid&en 5Berl^anbIungen, Ääufen
unb 2luflaffungen. SDer 9?atl^ fd^eint fein Siedet allmäl^li(^ auögebel;nt
ju l^aben. 3m Seigre 1565 waren nad& einem nod^ t)orl^anbenen Snoeus
tarium 2 Urfunbeu t)on 1432 unb J433 im ftäbtifd^en 3lrd^it)e, nac^
weld^en bie Älofterfrauen ben jebeömaligen erften Sürgermeifter als ifiren
9iat]^ unb SSerwefer anerfannt l^ätten ^). SÄuf biefe unb auf altes §er?
fommen berief fid^ ber 9{at^, alö er na(^ ber ^Reformation bem 35if(^ofe
baö ^atronat ftreitig mai^te unb für fi(^ beanfprud^te (f. 6ap. 13).
3ln ber ©pifee be§ Elofterö, alö Seiterin ber fteinen g^rauenge^
fellfd^aft, ftanb bie Friorissa (^riorfd^e), il^r jur ©eite als jweite SBür^
benträgerin unb beöl;alb bei mid^tigen Älofteranlegenl^eiten in ben Ur^
funben neben jener auöbrüdElid^ genannt, bie Geller aria (Äefferfd^e),
nur einmal gefd^iel^t aud^ einer Custos unb Scolaslica ©noäl^nung 0.
SBBie fpäter in proteftantifd^er 3eit no(^ bie ^riorin, werben aud^ frül^er
biefe unb bie übrigen aBürbentrdgeriniTen t)om gangen ßonüente erwäl^lt
fein. SDiefer beftanb jur 3eit ber ^Reformation, entfpred^enb ber 3al^l
ber 3ellen, a\x§> ] 6 SRonnen, unb eä ift bie Ueberlieferung nu^t ju ver-
werfen, baJ3 bieö bie gleid^ bei ber 35egrünbung beö Älofterö feftgefefete
3a^l gewefen ift. 2lud^ baö Treptower grauenflofter war für 16 SRonnen
eingerid^tet.
grauen geringeren ©tanbeö fanben ein Unterfommen in "ttn ©pt*
tälem ber ©tabt; baö Älofter l^atte, wie baö ßapitel — nad^ benüber^
lieferten 3iamen ju fc^liefeen*) — einen mel^r ariftofeatifd^en ßl^araffer:
*) ^le crl^altencn Sflantcn ber ^rtortnnen, beren Samtllcnnamen angegeben
irerben, fmb btö jur Umgeftaltung beö 5lIofler3 nac^ 1560: Äatl^adna ^clbebred
1365-99, SSenebicta Sudeten 1412—19, Äat^adna ^eibebred 1424-32, ©Itfabet^
^<ix^\^xi 1441—56, »arte SRajmcr 1482, SKargaret^a ©warten 1494—97, «ttfabet^
— 286 —
eö btente t)or}ug§n)eife jur 3lufnal^me ber Söd^ter auö ftiftifdtien 2lbel$=
Qt\ä)ltä)Uxn unb ßolberger ^atricierfamilien.
Sei ber 2lufna^me waxm nii^t unerl^ebHc^e ©ebül^ren ju mU
rid^ten. @rtmar ©tripporo gab feiner 2od^ter 1420 alö 9)Ht8ift jur
SBerlobung mit il^rem §eilanbe 100 3Karf unb 50 3Karf ju Ätetbern
unb anberen 3luögaben „na^ l^ergebra^ter Älofterfitte" (©tbtb. 1420)
S)er ©onful SRoggom gab feinen beiben Söc^tera, von benen er bie eine
t)erl^eirat^ete, bie anbere in baö Älofter brad^te, biefelbe Sluöftattung :
200 3Rar! an ®elb unb baö nöt^ige „Äiftengeroanb/' Äat^arina
©oeutin roieö bei il^rem ©intritte bem ^lofter eine jäl^rlid^e §ebung t)on
2 Saft ©atj JU mit ber Söeftimmung, bafe il^r felbft, fo lange fie lebte,
eine baoon jufiele, unb ba^ fie an allen ©penben t)ou %uä) unb B^n^^
jeug, wel^e fromme ©eelen bem Älofter juwenbeten, i^ren Slnll^eil er^
l^ielte; ebenfo ®reta ©iegfriebö. 3laä) bem Sobe ber ©d;n)eftcrn fiel
i^re §abe bem Älofter ju. S3ei ber S^eilung beö aSermögenß beß üer-
ftorbenen ^riefterö §ermann 33raunf(^meig (1368) unter bie näd^ften
®rben erl^ielt beffen ©d^mefter, bie Älofterjungfrau aWargaretl^e S3raun=
fd^roeig, 200 SWarf, ein 3Kif[albud^, ein Sreoier, einen filbernen Äeld^
unb jäl^rlid^ 8 Sonnen ©atj auö 8 ^fannftätten beö 3ittenbergö als
i^ren Slnt^eil, unb biefer fottte nad^ i^rem Sobe bem Älofter gcl^ören.
3be!e Senjefeom mad^te i^r Seftament (in raeli^em fie anä) ber §olfen=
fapette, bie i^re SSorfal^ren gegrünbet l^ätten, mit t)erfd^iebenen ©tiftun=
gen JU SBad^ö gebenft) mit @rlaubnij5 beö ^ropfteö unb ber ^^Jnorin.
änfprüd^e auf ba§ SSermögen ber ©otteöbräute brad^ten baä
Älofter aud^ mol^l in §aber unb ?)Jrojeffe mit ben meltlidjen 3Kitgliebern
Slbebar 1524—25, ^atl^orina SR^ncn (o. 9{^cin'?> 1542, Slnna o. SBraunfcftiücig 1565.
Äle ©cicraricn roerben genannt: ©Ufabct^ @lejen 1400—15, Slnna SRanbuocl 1419
—24 t , SBcnbcIc @tcmmcr 1424, ^atl^arina SBübolb 1432, ^at^arina ^amtde
1447—56, Äat^orina Slbcbarfd^c 1494-1511, SSarbara ©toring. 8U« ^loftcrjung'
frauen; ®rcta ©Icgfrieb«, Äatl^arina ©ocnttn 1333, SO'Jargarctl^a SSraunfd^ujctg
1368—91, ©ertrub ©arin 1372, eine ^od^tcr oon Slrnolb Scmmc, S)orotöea §Ubc-
branb 1380, ©nncgarb SBale, SBenbelc ©tcmmcr 1382, SKargareta SSenoolb, eine
^oc^ter Don SSeloto unb eine (Bc^tDefter oon 2ubbert ©lafcnopp 1391, äJiargaretl^a
SBcrtoIb 1411, eine ©c^iuefter üon ©roarb $)orn 1412, Slbell^eibi0 SBcbele 1413,
Äati^arina SBidfbolb 1419-32, SJpbala ©tripporo 1420, SSalburga §olf 1425,
SSarbara §oIf 1426, ^öc^ter üon ^cnnann §oIf, SWargaret^a ©tridter 1431, ®cr»
trüb ^lolbemanjc 1432, 3befe 2ei»cJotö unb ®crtrub Scmme 1480, Äotl^arina Söicf«
bolb unb Silscfe SSerroolb 1483, TtavQavtt^a Tlzxtcm, Slnna iDamijcn, ©opl^ia
ä3lan!euburg, Slgat^e $oben)il0, ^at^arina kxolow, S3arbara SEBopeneinow, ^at^a«
vina SRonbuoele, (Serttub f^uttfamer, 5^atl^arina Solange (—1565), fämmtlic^ 1542.
— m —
her e?amilicn. 9l(ö \i^ ©gl^arb ©orrin, bcr Sruber jener ©ertrub, bie
von \i)xen @ikm betn Äfofter bargebrad^t mar, tö'eigerte, naä) bem Sobe
betfelben biefem bie §ä(fte beö elterlid^en, in Äül^en, ©d^afen, S5ienen=
förben, §ftuferjinß imb ©aljgefäDen beftel^enben aSermögenö abjutreten ^),
fud^ten bie Sungfrauen i^r dieS)t bei bem päpftlid^en ©tul^le in Woxq^
noti, roeld^er ju ©unften beö Älofiers entfd^eb unb ben Säten, ber ben-
nod^ bei feinem 3?ed^te bel^atrte, in ben Sann t^at 35et ©treit fd^leppte
\xü) itoei ^afyct I;in, hx% enblid^ ber 9iat^ einen aSergleid^ ber Parteien
ju ©lanbe bxaö)k, voomä) (ggl^arb bem Älofier 650 3Wt in beftimmten
Terminen auöjnjal^Ien [xä) üerpflid^tete. 6ö mar nid^t baß einjige 3Wal,
baJ5 bie — mo i^r gutes dit^ angegriffen rourbe, immer ftreitfertigen —
Sungfrauen an ben päpftlid^en ©tul^l gingen, ©o t)er!lagfen fte bort
ben W)t t)on 83u!om (1415), ber fid; geweigert l^atte, eine früher ge^
jal^Üe, jäfirUd^e Slbgabe voxx 4 aWarf an baö ältftäbtifd^ Älofter nod^
lüeiter ju entrid^ten. Ser SSerflagte mürbe voxx ber päpftlic^en ßurie
angeroiefen, fid^ vor bem fubbelegirten 9li(^ter ju fitellen, um fein 3led^t
jur SSermeigcnmg ber Abgabe ju ermeifen. SBie ber ©prud^ auöfiel,
ift nid^t befannt.
2Benig ift t)on bem inneren Seben ber Ätofterangel^örigen überliefert,
©emiß gab es mandtie Snngfrauen im Älofter, bie, burd^ fromme 3»-
brunft getrieben, freimiOiig ben ©d^leier genommen unb bie fd^roarje
33enebictinertrad^t angelegt l^atten, ober bie, mie ©ertrub ©arin, fd^on
in frül^er ilinb^eit oon ben Gttern jur ©tffüHung eines frommen ©es
lübbeä bem Älofter gemeint waren; io6) nod^ öfter mar .'ol^ne Smeifel
bei ben (Sltern ber SBunfd^ mafegebenb, bie Siöd^, bie fid^ nid^t oer-
l^eirat^eten, in gefd^üfet^r unb gearteter ©tettung unterjubringen, unb
jum ST^eil roenigftenö war baä Älofler fd^on in fati^olifd^er 3eit, was
es fpöter ooBftänbig würbe, eine SBerforgungsanftalt für unoerl^eiratl^ete
grauen, ©ewiffeni^aft ftettten fie axx %^U unb §etligentagen bie jal^t
reid^en ^Reliquien unb ^eiligemSebeine aus, bie fie oon ben 33ifd^öfen
jum ©efd^enf befommen ober von ben Sleliquienl^ftiTbfern, bie mit ben
Änodienreften aus ben vömifd^en Äatafomben bamals einen fel^r einträgt
lid^ §anbel trieben, um fd^weres ©elb erworben l^atten, als bas
©^wei^tud^, §aate unb 3Kild^ ber §immelsfönigin, ein ©tüdf oon bem
^reuj, auf bem fie getragen würbe, als fie ftarb, bie ©ebeine bes l^ei=
ligen S3artl^olomäus unb Saurentius, ber ©d^u^atrone bes 64)lberger
©aljwerfs u. f. w.; benn jal^lreid^e ©d^aaren gläubiger SBaUfal^rer
}ogen an fold^en S^agen ben mit ^reujen unb gnäbigen Silbern ge»
— 2S8 —
f(^mü(ftcn SBcg üon her ©tabt jum Äloftcr, um ein Dpfer auf ben
ältar ber Äiti^e bafclbft nieberjulegcn unb fo ben 3lblafe t)on 41 Sagen
ju geminnen, ben frembe unb einl^eimifd^e 33if(j^öfe, ßarbinäle unb felbft
ein ^apft, SBonifaciuö VIIL, in immer von neuem auf bie ©nabem
fiä^äfee aufmerffam mad^enben 2lblafebriefen il^nen jufii^erten. Bxä)exl\ä)
l^aben fie au(^ gemiffenl^aft il^re Slnbad^töübungen gehalten, bie öorgc^:
f(|riebenen ©tunbengebete auf bem ßl^ore gemurmelt unb bie ^Utger er^
quidft, bie ju ber munbertl^ätigen Äapelle auf bem ®oIm maUfal^rteten.
aSBie beforgt bie ©d^raeftern um il^r eigenes ©eelenl^eil maren, ?eigt
unter anberen einSJertrag, ben fie (14:24) mit bem in ©reifenberg jur
SBifitation beö bortigen SUiinoritenHofterö anraefenben Äuftoö biefeö JOrbenö,
3lnbrea§ auö Stettin, f d^loffen ; l^iemad^ follten fie an aßen SBerbienften
unb ®^bekn be§ ©tettiner Älofterö 2lntl^eit f)aben, unb wenn 2obe§=
fälle im ßolberger Älofter in ber ©tettiner Äuftobie angemelbet mürben,
fottte bort für bie abgefd^iebenen ©eelen gebetet werben; bie ßolberger
©d^meftern t)erpflid^teten fid^ ju gleid^em ©ienfte ^). $Rebenbei jogen
fie £>bft unb Ro^ in i^rem ^loftergarten, ber fid^ ben Slbl^ang
jur ^erfante ^inabfenfte, unb üerjefirten in ber be^aglid^en SRul^e
ber nid^t ju ftrengen Älofterttaufur bie Stenten i^irer ®üter unb (£api=
talien, bie i^nen ber ©tifter unb anbere grexmbe übermiefen, unb bie
fie felber burd^ t)erftänbige SBirt^fd^aft x)ermel^rt Ijatten. SDenn ju ben
©nabenbriefen jener l&atten fie im Saufe ber 3eit mand^e Pergamente
in bie ^loftertru^e gelegt, bie i^nen bie ©rmerbung neuer ®üter be?
.jeugten.
2)ie erfte Sluöftattung, meldte ber SBifd^of Hermann bem Älofter
aufeer bem ^lafee, morauf baß Älofter erbaut war ober erbaut mürbe,
mitgab, beftanb in bem §agen 33aft unb bem gleid^namigen ©ee mit
©erid^töbarfeit unb atten ©infünften, bem 3llobium Äolf unb ben aiedfern,
bie früher bem ©t. ©piri^uöl^oöpital gel^ört Ijatten ^\ mit ben SBiefen,
SBeiben unb SBafferläufen, bie jraifd^en ben genannten Sefifeungen lagen.
SDa§ älobium (abgaben, le^nfreieö ®ut, meHeid^t ftäbtifi^eä aSonoerf)
ÄoH ober Sold^e ift nad^ feiner Sage bei ben 3lecEern beö l^eiligen ©eifteö
an ober in ber ftäbtifd^en gelbmarf ju fud^en; bie SQ8iefen unb SBaff er-
laufe meifen auf bie Äüfte ^in*). — SDiefe erfte SRitgift t)ermel^rte ber
S)ifd^of fd^on im folgenben 3al;re erl^eblid^, inbem er bem ftlofter ben
*) ^^n 3u)tclipp ifl ntc^t 3U benfcn (f. SBac^fc @ef(^. b. Slltft. 577) unb gartj
löittfürlidj iDirb cd M SScrg^auö (^omm ^avüih. L, 75) mit 5!oi!oiü sufammcngc--
brac^t, welche« fd^on 1277 in ben JBefi^ ber @tabt fam unb barin geblieben ifl.
_ 289 —
(Stunb nvib 33obcn in bcr SWieberung, xou auf bcr §öl^c, übcrtotcö, ido einft
bie a3urg ftanb, mit ben l^ctförnmlic^cn SRufeungcn imb dieäjUn an ben
fleincn 2l(fcrbefi|ern ouf ber SlÜftabt mit ber ©.16 angegebenen ßin^
fd^ränfung, il^m ferner baö S)orf SBobrote („an bere^ul^rt") Dereignete
«nb ein abgabenfreiem ©d^iff jur Seit beö §eringöfangeö geftattete. —
9?o(3^ in bemfelben "^a^xe t)erliel^ er i^m baö ^atronal ber £ird^e von
aWarrin, roeld^eö nad^ bem Sobe beß bamalö bort fungirenben ^^reöbp^
ter§ ^ermann in Äraft treten foHte unb bem Ätofter baö Siedfit gab,
bie ©innal^men ber Pfarre an \iä) ju jiel^en unb bie ^farrgefd^äfte hnxä)
einen SSicar vetvoalkn ju laffen, fo billig fie i^n befommen fönnten *0.
(3w Saläre 1562 ftanb baö ^^atronat ber Pfarre, bie, wie fd^on oben
©. 284 gejeigt ift, frül^er i(;re ^lebane t)on bem Älofter erl^ielt, bem
SBifd^ofe ju.) — 3tn Saläre 1288 beftätigte »ifd^of ^ermann bem
Älofter bie erften ©d^enfungen unb fügte neue fiinju, SDie unter ben
erfteren in ber Urhmbe aufgefül^rten, unmittelbar t)or bem i^tofter ge-
legenen Sledfer, meldte bie Golberger SWonnen üom ©olberger Statine burdE)
Äauf an fid^ gebrad^t I;ätten, fönnen mol^l faum anbere fein, al§ bie,
roeld^e in ber Segrünbungöurhmbe alß frül^ereö eigentljum be§ l^ei-
ligen ©eifteö bejeid^net merben (f. ©. 288), fie mären alfo oon bem
Älofter getauft; bagegen finb bie 2 §ufen in 9loffenfin neu baju ge«
fommen. 9leu ©ereignet mürbe bem Älofter aud^ baö 60 §ufen ent^
l^altenbe 3)orf ©toifom unb ba§ l^albe SDorf Saöbe mit 3luöfd;Iu^ beö
Sel^nten barin, ber bem ©apitel juftanb, unb ber S3ebe, beibe. SDörfer
mit ber S3efd^ränfung, bafe fie nur mit Seioilligung beö SSifc^ofö unb
beö ©apitelö ©erfauft ober t)ertaufd^t werben fonnten^^). SDie neue
©d^enfung mar ©ermutl^Ud^ ein ®rfafe für ben §ageu S3aft, ben ber
83ifd^of in bemfelben Saläre an baö Älofter ©argun cerliel^en l^atte^^)^
2)ie 33ebe in Saöbe, bie ben §eibebred'ö äuftanb, mürbe ber Sutta, ber
SBittme §enning'ö v. §eibebredf, imb il^ren beiben ©öl^nen, bem SWitter
§enning unb SBertram, 1336 für 120 3Karf t)omÄlofter abgefauftmit
bem ®elbe, mel(^eö biefeö für bie an baö ßapitel t)erfauften §öfe in
SRoffentin erhalten l^atte^*).
2)ie anbere §älfte t)on Sasbe ift erft fpäter Äloftercigentl^um ge-
worben. 3flodE| im Saläre 1296, mo eine an^ ben ©olberger 3tatl):s
mannen unb bena<^barten bifi^öfli^en SBafaDen jufanunengefefete ßom^
miffion bie ©renjen ber ©toifomer unb ßolberger gelbmar!*) fc^ärfer
*) !£ie ©ren^e folgt einem mit SO^albäumen beaei(^neten Sli^tioege bid aum
— 290 —
befttmmte, erf(]^ctnen SSoIrab §olften unb beffen Sruberfol^n alö SBefifecr
ober anitbefifeer beö SDorfö, unb erft 1326 t)ertaufte SBoIrab §oIftcn,
©ol^n aSolrabö t). ©toifom, bie (anbete) §älfte beö ®orfö mit SSorbe:^
f)alt einer §ebung üon 5 SRarf jä^rlid^ auö ber l^alben SDiül^Ie, weld^e
ber SDIutter, fo lange fie lebte, äufommen foKte, für 262 3Warf an baö
^lofter 15).
3lud^ Privatleute vergrößerten bmä) ©c^enJungen von ©runb^:
ftüden, burd^ jal^lreidje ©penben unb aSermäc^tniffe jur Sefd^affung
von %nd), ©(S^ul^jeug, SBier hm Älofterfi^afc. 3n)ei Sübeder Sürger,
©obefe ©loineborg unb SRif. aSroraebe finb (um 1289) alä bie erften
genannt, bie bem Älofter Heine Segate (von 3 unb 10 3Karf) vermad^^
ten; SDitmar v. Sanbeöbanb ftiftete 1313 90 SWarf mit 10 3Karf'3tente
jur 2lnf(ä^affung von ©d^ul^jeug für bie ©d^weftern, bie ben ©l^or be-
fud^ten 1^), unb faum in einem ber größeren Seftamente maren [ie ganj
vergeffen. 6ine ber erften ©ebiet^erroeiterungen banfte baö Älofter bem
legten ^aftellan beö ßolberger SSurgbejirfö, bem SRitter SBor!. ©ö mar
n)ol)l bie greube barüber, baß auf ber 9lltftabt, von mo er einft baß
Sanb regiert l^atte, fid^ neueö Seben regte unb auö ber veröbeten Äird^e
tvieber ©lodfengeläute jum ®ebtte rief, bie \^n beftimmte, hen Jungfrauen
mit einivitligung feiner ©öl;ne Sol^anneö unb Molauß 1283 ben foge-
nannten §afen ju f(J)enfen, ivofür bie Jungfrauen für ifin, feine ©attin
unb feine Äinber jäfirlid) 3)Zeffen lefen laffen foHten i^). SDer 3lame ber S3e=
fifeung, beren Sage nid^t angegeben ift, taui^t in meit fpäterer Seit nod^
eiinnal auf. 3m Saläre 1505 beflagte fid^ baö ^lofter, baß jmei 6oI=
berger SBürger feine Seute mit gervaffneter §anb auö bem „§afen"
vertrieben l^ätten unb von bem SRatl^e, ber benfelben alö ftäbtif(^eö
(Sigentlium in Slnfprud) nel^me, unterftüfet mürben. 9?ad^ bem ©prui^e
beö aSifd^ofs foHte baö ©runbftüd biß jur enbgültigen rid^terlid^en ®nt'
fd^eibung mit bem barauf gepflegten §ol3e ben 9tonnen verbleibend^).
2)er 9iame „§afen" l^aftet an einer an ber Hüfte gelegenen ©teBe be§
©tabtmalbeö; bod^ fönnte man vieHeid^t anä) an baö fpäter (1660) ge^
nannte „luftige" mib jiemlid^ ^oä) mhen ber ^ßerfante gelegene SRonnen^:
l;otä benfen. — dlx6)t unbebeutenb mar eine ©d^enfung beö Sürgerä
©obefe 3KolenH^n, ber 1406 bem Älofter feine in ber M^e beö Älo^^
fterö auf ber ©olberger 3^elbmarf gelegenen 22 3J{orgen Sanbeö auf
»^cmpcnbergc", gclfit t>on ta jur „§oIenbc!c" inib weiter übet eine SBlefe biö ju
einem au bem SDieerc ftcijcnbeu S3irnbaum,
— 291 —
SebenSjeit für eine jäl^rHd^e Sal^Iung von 16 9War! überliefe mit ber
SBeftimmung, bafe na(| feinem Sobe 14 berfelben an baö Älofter, 8 nad^
©rbred^t an einen S^erroanbten fatten foBten^^)*
©Ute ^auöl^altung mit bem anfangs nid^t bebeutenben Älofter?
gute unb ber reic^lid^e Suftufe frommer ©penben gab bem Älofter balb
bie 3Kittel, bie ©elbnot^ benad^barter @belleute ju neuen ©rmerbungen
von Sanb ju benufeen. —
S)ie erfte Erwerbung biefer Slrt n)ar ber größere Sl^eil von ^en^
f enl^agen. SDer SRitter Seölauö ilamt)d^ ^o) (^^ Äamede) in JZifeena Der=
faufte 1355 tnit ©inmiHigung feiner ©öi^ne ©manteß, ^eter, Sanefe
unb Seölauä bem Softer für 500 maxt 37^ aWarf idirliiä^er ©infünfte
aus 6i §ufen biefeö 2)orfe§, von benen jebe 6 5IKarf ^ad^t trug, gür
ben gaH, bafe burd^ eine ©d^ärfung ber ©erid^töbufeen ober burc^ 2lbs
gabenbrud bie §öfe t)eröbeten, uerfprad^en fie aus anbem ©ütern ®r^
faß für ben Stuöfaff; bie §ofinl^aber foHten im Sefife unb ®enn^ aller
58ortl^eile, bie i^nen auö 2ledern, SBiefen unb ^Jifd^fang im 3Jleere t)on
alteröl^er juftdnben, t)erbteiben. SDaö SBieberfauföred^t, meld^es fid^ ber
SBefifeer auf 10 Saläre t)orbel;ielt, ift nid^t in Slnwenbung gebrad^t wor^
ben. ©(^on l^alb auö bem SDorfe l^erauögebrängt, t)erfauften bie SSer^
manbten unb Jlad^fommen bem Älofter ein ©tüdf nad^ bem anbem, bis
julefet ^eter Äamede }u Sflifeena unb beffen ©ol^n Siöpram 1447 i^m
ben 3?efl il^res @rbed unb Sel^tteö im SDorfe: eine iä|rlid^e §ebung
von 8i SJlar! von glad^ö unb §ül^nem mit aller Unpfftd^t unb attem
ditä)U an §alö unb §anb für eine 3a^Iung t)on 216 aWarf überliefen ^0.
6in §of in bemS)orfe, ber anberen SSefigern gel^örte, mürbe 1486 t)on
bem altftäbtifd^en SSicar §enning Sulgrin für 50 3Warf mit 4 3«arf
jä^rlid^er SRente gefauft. ®r foüte nad^ bem Sobe beö Muferö eben^
fattö bem Älofter jufatten, unb von ber SRente foHten jäl^rlid^ am aJfarien-
tage 2i 3War! unter bie Jungfrauen üertl^eilt werben.
©in Sl^eil beä SDorfeö, ber urfprünglid^ bifd^öflid^ mar, mürbe
von Sifd^of griebrid^ von ©ammin an ben ©olberger SBürger Sambert
§affe 133822) für 250 Tlaxt rerfauft, ber bat)on (1346) für fein,
feiner grau unb feiner 3Sotfal)ren ©eelenl^eil eine 3Sicarie begrünbete
unb bem Sßicar baoon bie Hebungen anmies, 25ies fogenannte „§en:=
fenl^ager SBeneficium", beffen ©oUation abmed^felnb bem Siatl^ unb bem
©apitel juftanb, mürbe, als ^erjog Ulrid^ ben Ulrid^s^of anlegte, nac^
i^Jufeerniit übertragen unb feit ber Seit bes großen Äurfürften als ein
t)om ©taate ju t)erleil^enbes ©tipenbium angefei^n«
— 292 —
S)a« SDorf £luetfin ift ebenfo m^ unb m^ ftüdweife in ben
Scfife bcä Äloftcrs gefommen unb t)on bcn Samifeen, Sürgem t)on 6ot
bcrg, benen eö gel^örte, ol^ne Sroeifel in golge be§ 9?at^sbef(ä^luffcö,
welker Solbcrger Sütgem ben SBefife von Sel^ngütem unterjagte, t)er:=
fauft TDorben. Snt Salute 1361 überlief ber ßolberger SBürger §einrid^
2)ami6 bem Älofter 6 aus mehreren Äot^en ju erl^ebenbe Sonnen ©alj
unb bie naä) ber ©ee ju liegenbe, 21 §ufen ent^altenbe §älfte t)on
Sluetfiu mit allem SRed^te, mit l^ol^em unb ttieberem ©erid^te, für 1050
3Jlarf (jebe SÖiar! ©innal^me würbe mit 16 3WarJ ßopital bejal^lt^ jebe
§ufe trug 3 SDkrl). — 2)ie anbere §älfte beö 2)orfe§ l^atte §einrid^ö
Sruber §ermann im S3efife gel^abt, unb t)on il^m l^atte jeber feiner brei
©ö^ne ein drittel geerbt. SBon biefen t)erfaufte §enning mit einer
jä^rlid^en §ebung von 3 Spönnen ©alj fein ©ed^stel beö S)orfes 1364
für 326 3Rarf unb griebrid^ im folgenben Sa^te feinen 3lntl^eil jufanu
men mit einer jäl^rlid^en §ebung von 2 Sonnen ©alj für 334 aSarf.
etraaö fpäter (1372) t)erfaufte §ermann S)amife juSDumjin, ber britte
S3ruber, mit feinem gleid^namigen ©ol^ne fein ©e(|ötel für 260 3Rarf.
SDen 9ieft ber §ebungen aus bem 2)orfe an §ül^nern, glad^s u. f, m.
überliefen bie Srüber beö jüngeren §ermann : §einrid^, ©ottfd^alf unb
Henning für 200 3Karf 1399 bem ^lofter* SDa ba§ S)orf urfprünglid^
ein Scljn beö ©olbafeer Älofterö war unb bie S)amifee biefem eine jä^r^
lic^e 3lbgabe t)on 8 Sonnen ©alj jur Seit be§ ©iebenö ju entri(^ten
gehabt l^atten, fo l^atte ba§ altftäbtif(^e Ätofter biefe mit übernel^men
muffen ; eö löfte fid) 1400 baoon burd) eine Ballung t)on 600 SDif., weld^e
ßolbafe jum Slnfauf Don 10 §ufen in galfenberg t)ertt)enben moUte^^).
Ungewiß ift, mann Smieltpp ©igentl^um be§ Älofters würbe, ©d
gel)övte mit ^oblot jufammen jU ber elften 3luöftattung beö ^^rämon?
ftrateufer Äloftcrö auf Ufebom unb mürbe biefem 1159 mit bem gäl^r-
ober ä3rüc!enäolI auf ber ^erfaute befiätigt. SDie weite ©ntfernung
jebod) erfd^werte ben SDIönd^en bie ^^flege beö t)erwal^rloften unb wüft
liegenben 2)orfe§. ©ie überlie&en eö beöljalb bem ^^ommerljerjog
Äafiiuir (I. ober II, baö 3al)r ift nid^t angegeben) für eine jä^rlid^e
abgäbe von 12 a)iar!, barunter 2 WHaxl für ben 3e|)nten, um eö in
ßultur JU bringen unb mit ^ferben, Äüljen unb bem für bie Säuern
nöt^igen 3ldtergerätl;e auöjuftatten; nac^ feinem Sobe foDte eö an baö
Älofter jurüdEfaüen 2lu^ fpäter fd^einen bie 3Jiönd^e baö S)orf ni^t
felbft bewirtl^fd^aftet ju l^aben. 3m 3a(;ic ;318 finben wir eö im
£el)nbefi6 §enningö v. SBlanfenburg unb feines ©ol^neö SÄnfelm mb
— 293 —
bct ©ebrüber Henning unb 3tmoIb ©teifcnberg. 3)aS Älofler bel^aup-
letc, t)on btcfen feinen Sel^nöträgem in feinen ©innal^men gefcä^ntätert
ju fein, unb barauf jielen anä) tooI^I feine Älagen über mannigfad^e
SBeraubungen, bie eö in biefet 3eit an ben päpftlid^en ©tul^l xxä)kt
6ö fonnte jebod^ feine 2Infprüd^e nid^t burd^fe^en unb mugte fid^ bem
auf bem Äird^l^ofe ju $Reu=jrepton) gefällten fd^iebörid^terlid^en ©prud^e
ber aSafatten aBartiölara'ö, feines SJlarfd^affs Urfinuö unb Sol^anneö
Sroie, unterwerfen, weld^e alö berei^tigte g^orberung bes Äloflerö nur
eine jä^rlii^e §ebung Don 2 Jßafi ©alj anerfannten, bie von ben Snl^a^
htm bes ®ut§ in jebem S^i^r in baö ©aftl^au« beö Älofiers in ©olberg
abgeliefert werben foHten. 9lnfelm Slanfenburg t)erfaufte baö SDorf
balb barauf (1320) an feinen ©(^roiegerfol^n, ben 9Wtter ^eter von
5Ruenburg (ein ©ol^n ©uenjo'ä, bes ^ßalatin von Dftponimem), genannt
„Äenfeler" (Äanjler ftönig SEßenjete II), weld^er 1323 bad ®ut für 900 mt
an ben ©ööliner Särger ©onrab 2BiIfe überlädt. 35ie ©d^wierigfeit, bie
geringen ®innal^men beö entlegenen 2)orfeö beijutreiben, beflimmten baö
Ufebomer Äl öfter, fid^ beffelben ganj ju entäußern, ©onrab SBiffe, ber eö
bis 1327 als Sßafall beö 2lbte§ von Ufebom befaß, laufte in biefem
Saläre bem Älofler bie ©aljleiftung unb feine legten 5Red^te auf gäl^re
unb SKül^le für 60 SRarl ab. 3)er SSertrag war bem Älofier roid^tig
genug, um il^n in Slnllam, ©reifenberg unb STrepton) t)or bem tjerfam-
melten SWat^e aufnel^men unb in bie bortigen ©tabtbfld^er eintragen ju
laffen. 3m Saläre 1336 finb jroei ©olberger Bürger, Settolb ®lafe:=
napp unb ©oöfitt ©emelin, SBeft^er beö ®orfö, weld^e in biefem Saläre
Don jebem 3lnfprud^, ben ber Änappe 2lmolb SWamel nad^ ®rbred^t*) er?
lieben fönnte, üon bem Sifd^ofe griebrid^ für eine Sal^lung von 25 3War!
reinen ©ilberö an biefen befreit werben ^^). — SBann baö S)orf in ben
S3efifc beö altfiabtifd^en Äloflerö übergegangen ifl, ifl nid^t ju ermitteln.
Sm Saläre 1422 ift ein SBicar ber 3lltflabt ?pieban inSroielipp; 1426
t)erfaufte ber in ©d^it)elbein mol^nenbe §enning SWamel bem Älofter
1 aWarf iäl^rlid^er ©innal^me auö ber pl^re bei Sroielipp jum Sid^t
vox bem l^eiligen Seid^name auf ber Slltpabt: bamalö alfo roax baö
S)orf fd^on Äloflereigentl^um* einige Saläre fpäter (1429) wirb eö
*) dtotelipp fc^eint 3U ben Sefi^ungen ber 9lameliS gel^drt )u ^aben, toel^e
burc^ bie SSet^ettatl^ung 3ol^ann Sflameld mit ber SBittioe bed legten Statiboriben
^a^imar, legten ^ajieaand von (Eolberg, großen ®runbbeji| um (Eolberg l^erum
gemonnen l^otten. Slnwlb »erfaufte in bem Saläre 1336 atte feine S5eP|un0cn jen-
feüjl bet @tDlne an bat <S)amminer ^omcapitel
— 294 —
unter ben SBefttutigen mit aufgefül^tt, bte beut Äloftet von 99if(^of ©ieg^
frieb beftättgt werben, ^olbemtn tüiirbe 1415 t)on §etnri<^ Sartin
für 1200 3Karf an ba§ Älofier nerfauft. SDer frül^ere Sefi^er F^atte
bem Sifd^of afe Jiecogniüonögebül^r jäl^rlic^ (?) ein $aar §anbf(^uf)e
liefern muffen 2*).
3n einigen anberen S)örfern gelangen bem Älofier roenigftenö
tJ^eitoeife ©noerbungen. 3tn Saläre 1383 t)er!anfte griebrii^ 35amife
}U 3KöIIen ben beiben 3«ngfrauenflöftern in ©olberg unb ßöölin ben
Diertel S^eil von jebem ber SDörfer SRü^otr», ©roB^ imb Älein^aWöHen,
feinen ganjen §of in ©ro^aWöBen, bie l^albe SBinbrnül^le bafelbft unb
ba§ SDrittel ber beiben 3)örfer ^ri^oro unb ?ßufeernin mit 18 aWar!
Äornpai^t aus ber ju ^Pufeemin geprenben SBinbmül^le ju ©arfom (SDaf*
fon)), ber Sifd^of ^pipp beftötigte ben SBerfauf ber ®üter unb be^
lehnte bie kröpfte ber hofier bamit. SDiefe t^eitten 1 387, n)ie ber 33ür.
germeifter Subwig ©üt)erfen in ßolberg bezeugte, bie ®üter fo unter
[xä), bafe bie §ebungen auö ben beiben 3JlöIIen unb SRü^on) bem ©öö^:
liner, bie an^ e?rifeon) unb ^ufeernin bem ©olberger 5lIofter jufaHen foHten.
SDod^ mürbe ben Älöftem i^r Sefife t)on Sord^arb 5Damii&, bem ©o^ne
g^riebrid^s, mieber ftreitig gemad^t, meld^er fie nac^ ßrbred^t beanfpruc^te.
SDiefer mürbe 1429 mit ben beiben 5llofterpröpften ^ermann t>on ©i'u
ftrom t)on ßöölin unb Safob ©oroin t)on ber 3lltftabt ju einem 9ied^tö=
tage nad^ Görltn vor ben Sifd^of befd^ieben, unb ba er für feine 3ln=
fprüd^e nur einen S3rief t)orjeigen fonnte, nad^ meld^em ber ßolberger
Bürger §ermann S5ami^ bie ©üter vox langen Seiten ermorbeu i^atte
(1333 t)on §enning ©(^lief), bie kröpfte aber baö 33efifered^t i^rer
Jllöfter burd^ Urfunben ermiefen, fo erfannle ber S3if(§of in Ueberein^
ftimmung mit feinem an^ ©amminer ©apiteteprälaten, ftiftifd^en S8a=:
fatten unb 33ürgermeiflem unb 3?atf)matmen von 6ösHn unb ßolberg
beftetienben Statte baö 5Red^t ber ßlöfter an unb erflärte bie Slnfprüdie
SBord^arbö für mai^tloö. — ©d^on t)orf)er, im 3af)re 1424, l^atte baö
Älofter bem el^rbaren aJlanne 3Kattl^iaä SRiftoro nod^ 4 §öfe mit 7
§ufen unb 2 Äat^en in ^ufeemin für 350 M. abgefauft. SDiefer ^atte
fi^ von §einrid^ unb Henning S)amife für baö l^albe Äüperöborf, ^ar:^
part unb 1^ SBiertel einer §egerl^ufe in g^unfenl^agen eingetauf(^t (1422),
©nblid^ überliefen bie SSrüber unb SSettem SDamife ju SDumjin bem Älofter,
um il^m bie SDienfte ju vergelten, bie eö il^nen unb il^rer Äird^e fd^on f 0
oft ermiefen ptte, 1 456 no^ eine jäl^rlid^e §ebung oon 5 W., 4 ©d^effel
^ad^t, glad^ö unb Siaud^^ü^ner für 70 SWar! ©apital in bem SDorfe*
— 295 —
einen §of in SBcnb^ogen fanfte baö Ätofter 1406 für 19 aWarl
von §einrid^ Äamedfe, genannt §inrif ©Itig. — SBie baffelbe bie übri::
gen in ber Seftätigungöurhmbe Sifd^of ©iegfriebö von U29 aufge^
führten aSefi^ungeii in ^(oiö^agen, Soltenl^agen, Sorfenl^agen, ©d^ö^
feon), ©anjfon) unb SDfolton) erworben l^at, wirb nid^t angegeben.
3u biefeni Sefife an ©runb unb Soben famen nod^ ^Renten au^
ber ©tabtfaffe (um 1400 jä^rlic^ 46 maxi für bcn ^ropft unb 32 3«arf
für einen Kapellan) unb bebeutenbe ©aljgefäffe. SDer 3lbt Seml^arb
Selbud t)erfaufte beni 5lIofler mit Seiftimmung feines €ont)entä 1365
feine ©atjftälten auf bem linfen ^ßerfanteufer für 700 a«arf, unb 1383
bezeugte il^m ber 33ürgermeifter £ubn)ig ©ürerfe, bajg eö au§ feinen
unb ben ^olfefd^en ^^fannftätten mit eigenem ®elbe jäl^rlid^e ©aljl^es
bungen im SBertl^e t)on 50 SKart ermorben l^ätte. — ßnblid^ ftanb bem
Ätofter nod^ ber 3oII von ber gäl^re bei ber Slltftabt ju, unb ate ber
§erjog ©afimir l^ier 1586 an beren ©teile eine Srüdfe hantn lieJB,
mürbe jenem jum (grfafe ber SSrüdfenjoH jugemiefen.
3n il^rer länblid^en Slbgefd^iebenl^eit burd^ il^re gemeil^ten Älofter^
räume nid^t immer gefd^üfet gegen UeberfäHe unb ©emalttl^ätigfeiten,
mo^nten bie 3«ngfrauen auf ber aitftabt biö ium Safire 1468 ober 69,
mo fie, mie ©. 249 erjäl^lt ift, auf SBunfd^ beö SRat^ö unb ber Sürger:^
fd^aft in bie ©tabt überfiebetten. §ier mürbe il^nen für baö alte Ätofter
auf ber ätltftabt, meld^eö ber 5Ratl) mitfammt ber 5lird^e l^atte nieberreigen
laffen {monastermm cum ecdesia violenter destnidum), juerft baö
alte, bann ba§ jmifd^en bem SRiflaö^ unb 6jirötl^ör($en belegenen neue
©t. ©piritu§l;oöpital ate SBo^nung eingeräumt, meli^eä von brei ©eiten
von ftiHeren ©trafen umgeben unb auf ber §interfeite nur burd^ einen
SBeg von ber 3J?auer getrennt, ben an länblid^e g^reil^eit gemöl^nten
Jungfrauen mel^r besagen mu^te, alö bie geräuf(^t)oBere Umgebung
beö älteren ©pitalö mit feinen engen, unjureid^enben Seilen. SDod^ fo
bereitwillig aud^ ber SWatl^ ju nötl^igen SReubauten feine §ülfe ange^^
boten unb fid^ t)etpflid)tet l^atte, bie bem Älofter nal^e gelegenen §äufer
ber beiben ©(^miebe Joachim Sffieffel unb 6a§par Stimmer fortjufd^affen,
bie alte Sel^aufung auf ber Slttftabt unb bie SBeil^e, bie über bem'Stten
Älofterbad^e gefc^mebt l^atte, t)ermod^te er ifmen nid^t ju erfefeen. ®ie
Jungfrauen fefinten fid^ balb jurüd nac^ ber altgemol^nten ©tätte, mo
bie Sauberhaft il^rer Sieliquien fid^ mirffamer erroiefen |)atte, il^re g^ür^^
bitte eifriger begel^rt mar unb bie ®ef(^en!e ber 3lnbäd^tigen, bie ben
SBeg an geiertagen jur 3lltftabt jogen, reidf)lid^er gefpenbet murheus
— 296 —
3m Saläre 1491 beftättgte SSifd^of SBencbict nod^ einmal bic von feinen
aSorgängern Henning unb aJlartnuä genel^migte SBerlegimg beä Älofterö,
fd^on feit 1495 lüirb von ben 9?onnen atteä aufgeboten, um „baä Älofter
to Dlbenftab, jefet gelegen binnen ©olberg" lieber an feinen frül^eren
^^lafe ju bringen. SDie ©puren il^rer Semül^ungen jeigen fi(^ in aUm
Seftamenten biefer 3eit, überall finben fid^ Heinere Segate für biefen
3wedf, unb ber SRatl^inann Saffrenj Simmermann fefet (1495) 550 9Rarf
in feinem legten SBiUen für ben 5Reubau beö Älofterö an^, vo^nn er
QUiä) angefoaigen unb binnen 4 Sötten t)oIIenbet würbe. S)od^ jeigt
ber nod^ 1500 mieberfel^renbe 3ufafe ju itn Segaten in Seftamenten,
„wenn gebaut wirb", bajs aud^ in biefem Saläre ber SJau nod^ nid^t
in 2lngriff genommen war, unb erft ein in 3lom von 10 ©arbinälen
erroirfter, l^unberttägiger 3lbla§ für bie, weld^e baö SBerf burd^ §anb
ober ©elb förbern mürben, ber oon 33if(%of 3JJartin in feinem 33eftäti5
gungöbriefe no(^ um 41 Sage t)erme]^rt mürbe ^ß), fd^eint bie nötl^igen
anittet ^erbeigefd^afft ju l^aben. 3lu§ ber Urfunbe 3)iartinö erfel^en
mir, baß ber SBau 1502 fd^on begonnen l^atte, unb 1505 fafeen bie
Sungfrauen mieber auf ber Slltftabt ^^).
SDaß ben Jungfrauen, aU fie in bie ©tabt jogen, neben bem
©pirituö^oöpital eine Rixä)t erbaut mürbe, ift felbftoerftänblid^ unb er^
giebt fid; aud^ au§ ber gorberung ber aufftänbifd^en 3ünfte im Sa^re
1524, bafe baö ©lodEenl^auö bei bem alten Ätofter (fo ||ie§ eä im ®egen=
fafee JU bem auf ber Slltftabt neu gebauten), baö mit ber ©tabt ®elbe
gefauft fei, ben Sßertretern ber ßolberger Sürgerfd^aft als Sßerfamm*
lungö^auö eingeräumt werben foHe. ^xx6)e unb Älofter finb l^iemad^,
aU bie SJonnen wieber nad^ ber 2lltftabt überfiebelten, oon ber ©tabt
augelauft unb fo lange in il^rem SSefifee gewefen, btö jene in bie ©tabt
jurüdf feierten. — 3m 3ai^re 1545 würbe baö Älofter abermals in bie
©tabt oerlegt, ba§ ©ebäube auf ber 3lltftabt blieb unb biente wa^r^
fd)einlidi bem Ijerjoglid^en, bann bem fönigli(§en 9?entmeifler als SBoi^n-
l^auö. ßrft 1727 würbe baö ©runbgemäuer niebergeriffen unb bafelbft
ein föniglid^es Srau^aus angelegt
35ie ©efd^id^te biefer jweiten SBerlegung in bie ©tabt, bie Äämpfe
äwifd^en ^ifd^of unb 3latl^ oon ßolberg um ben S3efife bes Älofterö finb
}u eng mit ben ©efd^idEen ber ©tabt oerbunben, als baß fie baoon
ptten getrennt werben fönnen (f. 6ap. 13 unb 14).
— 297 —
S)ie aSermaltung ber Äloftergüter, bie längere 3elt t)on bem ©ot
berger diaif)e in ®emeinf(^aft mit ben Snngfrauen gefüi^rt roorben war,
ging m6) bem Sßertrage von J587 (f. 6ap. U) auf t)ier unter 3Kit^
roirfung ber ©tänbe ernannte 2luffel^er über, jroei t)ou ber SJitterfd^aft
unb jraei ftäbtifc^e, bie lefeteren immer bie beiben älteften S3ürgermeifter
t)on ©olberg unb gßdlin. ©eit bem anfange beö 18. Sai^tl^wnbertö
würbe bie Sai^l auf jwei* l^erabgefe^t: ben iebeömaligen erften SBürger^
meifter von ßolberg unb ein 3Witglieb ber SRitterfd^aft. Slnbere SBeamte
waren ber ÄtofterDogt unb ber Älofterfd^reiber. Sene Sluffel^er führen
nod^ iefet ben am @nbe bes 17, Sal^rl^unbertö aufgenommenen SRamen
„Älofterpäter" unb verwalten il^r 3lmt unentgeltlid^. S3i§ jum Sa^te
1810 ftänb il^nen bie Suriöbiction ju. Sie SBermaltung ber Ätofter^
börfer war i^nen fd^on 1603 abgenommen, alö bie ©tiftöftänbe bem
33ifd&ofe g^ranj t)erftatteten, ben Uebcrfc^ufe üon ben jur ©rl^attung beö
Ätofterö beftimmten Erträgen ber ®üter jur SBejal^lung ber bif(^öfli(i^en
©d^ulben. ju rerwenben, gürftli(^e 3lmt§börfer waren: 2lltftabt, Saöbe^
^^olbemin, Cuetfin, ©toifow, 3wielipp, SBobrobt unb bie beiben SBor-
werfe in 3lltftabt unb ©toifow, 2 gä^rfrüge unb eine aSrüdfe. 3tti
Saläre 1628 oerfteuerte baö Slmt 116i §afenl^ufen. SDamalö gefiörte
^^^otbemin ben o. 2)amife, §enfen^agen war ©tabtgut (f. 6ap. 16).
SEBie bie anberen ®üter bem Ätofter ab^anben gefommen finb, wirb
nirgenbö angegeben.
SDie ©infünfte, wetd^e jebe ber Älofterfrauen im Sa^re 1570,
alfo nod; vox ber Umwanblung be§ Älofterö, o^ne 3weifel als ^er-
fommen auö fatl^oUfd^er 3eit, genofe, beftanb in i Slinb, IJ feiftem
©d^weine ju ©pedfeiten, 6 feiften ©änfen, 8 §fll^nent, 2 ©tiegen ®ier,
1 £äfe, 16 ©treffet SRoggen, 1 ©d^effel ©rbfen, i ^funb ©alj,
4 Älafter §olj, 16 f(.; unter aUe t)ertl^eilt, würben: ju Oftern unb ju
^:pfingften jebeömal 4 feifte ftälber, ju ^fingften 1 i Ärule füfeer mH^,
jum Sai^rmarft 4 ©d^afe, 39 ^ä)td S3utter, t)on £)ftern bis aWid^aeliö
alle ©onnabenb i Sonne SSuttermitd^, ein ©ad mit SBoUe, 4 ©d^effel
SRüben, ein S)römt §afer für ©rüfee ju Sffiürften, gifd^e, fo oft gejogen
würbe, £)bft unb §onig, fo t)iel fie gebraud^ten. — 3l(ä il^nen Sifd^of
Äafimir bie* ^üibe ber felbftftänbigen SJerwaltung il^rer ©üter abnal^m,
üerfürjte er i{|nen bod) faum i^re einnahmen. Sebe erhielt jefet iä^x-^
Ud^: 16 fl., 16 ©d^effel SRoggen, i ©d;effel ©erftengrüfee, \ ©d^effel
§afergrüfee, 1 ©d&effel weiter ©rbfen, li Sld^tel SButter, 3 aWolber
(SR, =s 30 emt) Äu^ unb 3 3Rolber ©d^afWfe, 3 ©c^afe, 1 fettes
— 298 —
©d^tüetn, 3 ©toppelgänfc, 3 fette ®änfe, 6 §ii^ner, 2 ®renj §oI},
2 grübet SelgJ^otj, i Sonne ©alj, 6 ß im\ä) ju Det, 2 freie gurren,
wenn fie über Sanb fal^ren toollten; jufatnmen erl^ielten fie: 1 3Siertel
füger 3Ki(d^ ju ßftem unb ju ^fingften, 1 2'onne SButtermtli^ um bie
t)iei^el^n Sage, 1 Sonne Seinfamen gefät, mojn fie ben Seinfamen felbft
liefern mu)3ten, 3 ©tein SBotte, 4 ßd^fen unb 3 3Kärj!ü^e ^ß). 3m
Saläre 1731 mürben bie SHaturattieferungett, bie aud^ 1603 (f. ©.
297) nid^t verringert morben ju fein fd^einen, m6) ber Äammer^
taje abgelöft mit 3lu§nal^me be§ §oIjeö unb.beä 33robforneö, meld^eö
auf Sitten ber Jungfrauen i?i natura weiter geliefert mürbe, ©eit
1766 erl^ielt ba§ Älofter oom föniglii^en 3lmtmann ju Slltfiabt,
bamafe ju ©toifom, geliefert, an (Selb 451 Si^aler, an SRaturalien
220 ©d^effel SRoggen, 39 guber §olj unb 65 g^uber Sorf. ®egen^
märtig belaufen fid^ bie ©innal^men ber ^riorin auf ungefäl^r 191 i
Sl^aler, jeber ber jmei älteften abiigen unb 4 ätteften bürgerlid^en ßon-
»entualinnen auf ungefäl^r 145 Sl^aler, aller übrigen auf faft 115 Si^lr.
S)ie Sal^l ber ©onoentualinnen mürbe ju Äafimirä 3eit ftatt auf
20, mie beabfi(^tigt mar, nad^ altem §erfommen auf 16 fefigeftellt, 7
Ci\x% abiigem, 9 a\x^ bürgerlid^em ©tanbe, baoon 6 auö ©olberg, 3 au§
©öölin, baö ja ebenfalls ein ©tiftöftanb mar; fie mürben oon ben ^^ro:=
oiforen unb bem illofteroogte bem Sifd^ofe präfentirt unb t)on biefem
beftätigt. S)ie 2lbfid^t ber Siitterfd^aft, bie Sürgerlid^en gänjlid^ oon
bem Älofter auöjufd^liefeen, mar fd^on frül^er an ber SBeigerung Sol^ann
3^riebrid^§ gefd^eitert, ber ©ered^tigfeitöfinn genug befag, baö Siedet
ber ©täbte, „beren Äinber ebenfo gut, mie bie beö Slbelä il^ren Untere
l^alt im Älofter gel^abt l^ätten", anjuerfennen. Später l^ing bie Sluf::
nalime t)on ber ®nabe beö gürften ab, bo(^ mürben babei bie 33eftims
mungen ber Älofterftatuten berüdEfid^tigt, nad^ meldten bie aufjunel^^
menben guten §erfommen§, folc^er ®nabe bebürftig, ber eoangelifd^en
©onfeffion jugetl^an unb bei gefunbem aSerftanbe mären. 2lgneö mn
Äleift mürbe 1605 jurüdfgemiefen, meil fie ein fel^r großes SBermögen
beföge, unb unter ben preu§ifc^en Königen mürbe ©orge getragen, bag
bie SBol^ltl^at oermaiften, armen unb gebrec^li^en, „bod^ tugenbl^aft er-
jogenen unb (^riftli(^ gefinnten Sungfrauen" ju S^eil mürbe. Site unter
g^riebrid^ SBil^elm I. ^Regierung eine oornel^me gamilie fid^ um bie
3lufnal^me einer geifteöfd^mad^en Soi^ter bemarb, erl;ielt fie oon bem
Äönige bie 3lntroort, bag baö ©tift fein Sott^auö märe. 3Kit g^riebrid^
äBilfielm I. l^örte bie lutl^erifd^e ©onfeffion auf, S3ebingung ber 2luf nalime
— 299 —
ju fein. 5E)ie erfte reformirte Älofterjungfrau war Souife (Eleonore
grauenbotfer (1733). 3laä) bcr ^Belagerung ©olbergö 1807 würbe
benen ein SL^orjugSrei^t gegeben, beren SSäter fi(3^ babei auögejeid^net
ptten. 2lm ©übe beö 17. Sa^r^unbertö würbe bei ber 3lufnal^me 50 f(.
„3lcceB-" ober SSaugelb unb 25 ff. ©d^weftergetb gejal^lt, bie Älofter*
t)äter, ber Slnttmann nnb ber Älofterprebiger erl^ielten jeber einen ©pe^
cieötl^aler. Sefet beträgt baö ®intrittögelb 82 Später 15 ©gr. SDaö
Älofter l^at baö (Srbred^t auf ben britten 2|eil beö $Rad^taffe5.
3u Kafintirs 3eit würbe baö 3lmt ber Celteraria aufgel^oben,
unb bie ^riorin n?ar t)on ba ab bie einzige SBürbenträgerin mit be^
f(ä^ränfter ©ewalt; fie würbe t)on ben Jungfrauen gewäl^It unb t)om
Sanbeöl^erm (je^t t)on ber SRegierung in ©öölin) beftätigt. ©ie erl^ält
nod^ je^t alle Älofter^ebungen jur aSertl^eilung, l^at bie 9luffid^t ju
fül^ren, auf Drbnung unb 3lnflanb ju l^alten unb über bie ©rl^altung
ber ©tiftögebäube ju wad^en. ©eit 1703 wirb na(^ einer gegen unbe-
grünbete 3lnfprüd^e ber abtigen Älofterfräulein gerid^teten SBerorbnung
ba§ ^riorat alternirenb non einer abiigen unb bürgerlid^en Jungfrau
befe^t. 3)ie erfte lutfierifd^e ^riorin war 3lnna t). SBraunfd^weig.
S)ie älteften Dorl^anbenen ©tatuten finb bem Älofter 1586 t)on
Äafimir gegeben. 2)ie Jungfrauen foßen l^iernad^ fleißig jur Äirc^e
gelten, ©otteö 9Bort l^ören, in ber Äiri^e unb in ber ©eile auf i(;re
Änie fallen unb anbäd^tig (Sott anrufen, gür bie gemeinfamen 21^
badeten finb bie ju fingenben ilirc^enlieber (bie belannten jener 3eit, in
baö nieberbeutf(^e übertragen) oorgefc^rieben. ©ie foBen ferner bie
^riorin unb bie anberen älteften Jungfrauen in @^ren l^alten unb fid^
ni(^t mut^wiHig ober i^alöftarrig wiber fie auflegen; fie foHen fid^ unter
einanber nid^t alö giftige äBürmer f (gelten, janfen, fluiden, läftern,
l^affen unb t)erfolgen, fonbern in Siebe unb ©inträd^tigfeit bei einanber
leben, fie follen nid^t alö wilbe 2lffen auf bem Älofterl^ofe auö einer
Seile in bie anbere witb, flüd^tig unb unoerfi^ämt umherlaufen, jebe
fott \\6) in il)rer 3etle l^alten unb ein elirbareä, jüd^tigeö unb ftilleö
2.thtxi führen; fie follen fi(^ unter einanber vertragen, auf baB ilire
Uneinigfeit ni(^t auj3erl;alb beä Älofterö getragen werbe; wollen fie fid^
oor ber ^4«^riorin ni^t »ertragen, fo foH ber ©uperintenbent, ^^iropft
unb Älofterpaftor baju üerorbnet werben, wenn aber eine mit giftigem
©(gelten unb iJäftern l^alöftarrig fortfäl;rt, ber foH bie ^JJräbenbe oer^
fallen fein, bi§ fie fid^ mit i^rer ©egnerin oerföljnt; fie foUen ferner
feine berüd^tigte 3Kannös ober g^rauenöperfonen bei fid^ auö^ unb einge|ien
— 800 —
laffen; fte f ollen rocttliiä^en leichtfertigen ©(ä^mud in Äteibem ablegen
unb fid^ einer feinen bctnütl^igen, e^rlid^en unb ftöfterlid^en Sungfrauem
trad^t befteifeigen, furj, fid^ nid^t ber SBelt, fonbern il^rem lieben S3räus
tigam Sefu ©l^rifto jieren unb fd^ntildfen in red)tem ©lauben unb roal^rer
jungfräulid^er Äeuf(|^eit.
SDer Äurfürft griebrid^ 9aBill^elm I. vexlk^ neue Statuten für
aUe pommerfd^en Älöfter, roeld^e ben ßl^arafter ber latl^olifd^en SRonnen::
llöfter verloren l^alten unb in bloße aSerforguugöanftalten für Söi^ter
Derbienter ©taatöbiener, in freiweltlii^e eoangelifd^e Sungfrauenftifter
übergegangen waren. — ©arauä entftanb baö mä) jefet gültige ©tatut
t)om Saläre 1829. SDaß Älofter ift barin bejeidinet als eine SSerfor^
gungöanftalt jur 3lufnal^me unt)erel^elid^ter bebürftiger Söd^ter abiiger
unb bürgerlicher ^Jamilien eoangelifd^er ©onfeffion, im Sllter t)on mim
beftenö 15 Sal&ren. 3Son ben 6ont)entualinneu rairb ein fittlid^eö, t)er=
ftänbigeö, friebfertigeä Seben verlangt, fie follen ber ?Priorin Std^tung
unb golgfamfeit enoeifen. — S)er feit 1845 beftel^enbe ©tiftöorben ift
ein golbenes Äreuj auf mattem ©runbe mit glänjenbem, erl^abenem
3lanbe, auf bem 3tinge, an bem baö Äreuj getragen mirb, befinbet fid^
ber 3lame ber Königin SBittroe ©lifabet^, baö ^Priorinfreuj ifl etwas
größer, als bas gemöl^nlid^e. ©etragen wirb es an fd^raai^em Sanbe
auf ber linfen 33ruft.
SDie ©d^idtfale ber Älofterfird^e im Saläre 1630 unb 1657 [xnb
6ap. 17 et^äl^lt. 35ie alte Äird^e ift feit etwa 10 "^a^xm abgetragen
unb ein neues Äird^engebäube im got^ifd^en ©tile gebaut, bie jugleid^,
mie bie alte, als ®amifonlir(^e bient.
Set citglifc^e Sc^tuei^; Stcformotioit; StreBen bet 6t(ibt itad^ ber ätctd^g'
itumittelbarfcit; 9(u$trao mit beut ^(i)f\U\, 9feu0rbNintg ber firti^lidjen
3ußänbe.
Sn bem älnfange beö 16. Sal^tl^unbertö, in ber 3eit ber Qeroah
tigfteu unb liefgel^enbften ©rregung iinfereö 2Belttl^eil§ unb befonberö
unferes aSolfeö, too unabläffig neue ©ebanfen in ben Äöpfen arbeiteten,
n)0 bie ©eifter auö il^ren gugen famen unb bie alt^ergebradE)te JOrb-
nung in ©taat unb Äird^e \xä) auflöfen ju woUen fd^ien, ba fd^ien au6)
bie SRatur ans i^rent gen)öl^nli(§en ©eleife gefontmen ju fein, ©in
giftiger ^anä) welkte über ©uropa l^in; neue, entfefelid^e Äranll^eiten
brad^ten ben a)?enf(^en ben Job in üerfd^iebenfter ©eftalt: gaulfieber
unb Srüfenpeft wüt^eten t)orjugött)eife im ©üben, im SRorben fam baju
ber bis bal^in unerprte „engtifd^e ©djwei^" ^). 5Die Äranf^eit war
juerft (1485) in ©nglanb aufgetreten, l^atte fid^ |fier in Swifd^enräumen
mit furdjtbarer 2öbtli(§feit mieber^iolt, fd^ien fid^ jebod^ aU ed^te Sluö^
geburt ber feuchten SRebel, bie in biefem Salute fd^n)erer, als gemö^nlid^,
über ©nglanb lagerten, auf i^r ©eburtölanb befd^ränlen ju motten.
SDa brad^ fie plöfelid^, im Salute 1529, wo fie in ©nglanb gar nid^t
epibemifd^ auftrat, in SDeutfd^Ianb au§.
SDrei ungefunbe Saläre l^atten il^r ®rfd^einen l^ier vorbereitet; feit
J527 l^atte feud^te SEBärme mit unjeitiger Mte gemed^felt, man fonnte
bie Sal^reöjciten biömeiten nur nad^ ber Sageölänge unterfd^eiben. 3)aö
fd^timmfte mar ba§ Sal^r 1529. SBiö Soi^anniö l[ierrfd&te unnatürlid^e
§ife^/ ^^^^^ tt<^t Siegenmelter mit Jlebel unb Äälte ein, fo bafe man im
§od^fommer bie ©tuben l;eijen mugte, nad^ Sartl^olomäi folgte mieber
mit bunfler Suft unb 3?ebeln rerbunbene ^ifee. 3u ber brittifd^en
aiebcttuft gefettte fid^ ©lenb unb junger. SBom Salute 1528 an mar
Sal^r für 3a$r in ^Pommern SWi^madjiä unb Sl^cuerung, unb erft 1535
— 302 —
feierte bie gemöl^nKd^e jDrbmmg ber 3latm toieber. ©elbft in bcn
SJleeren fd^ien Ungeroöl^nttd^es üot^ugel^en : 2)elpl^ine famen in großer
3a^l in baö §aff, felbft bis nac^ Stettin, bie ßftfee warf t)iele tobte
Siliere ber 9lrt auö; man glanbte, baö 3Keern)affer fei nergiftet*).
<B^xeälxä)e §inttnefeäei(^en fteigerten bie 33angigfeit ber ©emütl^er:
t)ier Äometen waren ju glei^er 3eit fid^tbar, fie ftredten il^re ©d^roänje
naä) ben t)ier §immetegegenben auö unb t)erfünbeten, bafe über alle
SBelt ®lenb fotnmen werbe ^).
2lm 25. 3uli i529 betrat bie ^ranfl^eit in Hamburg juerft beut=
fd^en Soben. @ö l^eifet, ein ©(^iffer @t)erö, beffen Seute in ben biditen
SKebeln, bie in biefem S^i^re auf ber 5Rorbfee lagen, erfranft wären,
l^abe fie mitgebracht SJlit furd^tbarer ©efi^winbigleit verbreitete fie
fi(^. 3lm 30. SuH war fie in Sübedf, am 31. Stuguft in ©tettin, am
1. September in 3)anjig. 3lm 7. September jeigte fie fi($, angeblid^
unmittelbar t)on Hamburg auö eingefd^leppt, in ©olberg.
2)er bamalige ©pnbifuö ber ©tabt, SDr. SDaleüotl^, ber jugleid^
©tabtarjt war, l^at auf 2lnorbnung beö SRatl^ö eine a3ef(§reibung ber Äranf-
l^eit ünb ber in ©olberg babei angewenbeten §eilmetl^obe in lateinifd^er
©prad^e in baö ©tabtbud^ eingetragen (©tabtb. 1529). SDie ^ran!|ieit
begann mit g^roft, l^eftigem gieber unb D^inmad^t. Sie 6rf rauften
würben fogleid^ ju 33ett gebracht unb l^ier unter Äiffen, SedEen unb
Äleibungöftüdfen feft eingefd^nürt (conslricti), bamit fie nid^t Äälte
ober ein f(^äblii$er Suftjug berül^re. %\\ biefer Sage mußten fie, o^ne
fi(^ bewegen ju fönnen, oier unb jwanjig ©tunben jubringen. SKuö
bem ganzen Äörper ergo^ fid^ babei ein ftarfer übelriei^enber ©(^weijg,
ben man burd^ bas ©ingeben oon Pfeffer unb erl^i^enben 3lrjeneieu
nod^ ju fteigern fu(§te. 3ugleic^ beftrid^ man 2lugenbrauen, ©tirn unb
$Rafe mit JRofenwaffer, SBeineffig unb anberen belebenben ®ffenjen, um
ben ©d^laf oon ben Traufen fern ju l^alten; benn man glaubte fie im
wad^en 3uftanbe weniger ber ®efal)r eines ©d)lagfluffeö ausgefegt, ber
gewö^nlid^ mit ber aud^ bas ©el^irn erfaffenben Äranf^eit t)erbunben
war. SSon 3eit ju 3eit liejg man aud^ wo^l bie ^ran!en gut einge^^
widEelt in ber ©tube uml^erge^en, bamit §ifee unb ©d^weijs fie nid^t
ganj erfd^öpfe. 3lai) beenbeter ©d^wifefur legte man il^nen reine SBäfd^e
*) Sluc^ 1665 jüarf tid^ SWeer tobte gifd^e in ö^ö^cr Slnjal^l auö, unb bie
in biefem unb bem folgenben Saläre l^äufig gefangenen 2)orfc^e roaren fo magev
unb Kein, bafe bie Slerate fie für Iran! erflörten unb ber SflatiJ l^ix SSerfauf ber-
felben unterfagte.
— 808 -^
an, roeld^e ®emä) unb ©(^weig t)om Körper an \iä) jog, Uejs fie
eine Scitlang in bie SRäl^e be§ Äaminfeuerö fefeen unb bann, abemtate
in reine Seinraanb geHeibet, lieber ju S3ette ge^en, bamit fie fid^ hmä)
einen mäßigen ©d^laf erquicften. 5Diefe von bem S)r. SDalet)otl^ in
ßolberg angewenbete §eilntetl^obe war bie juerft überall üblid^e, fie
fonnte bei ben in jener 3eit fd^on übermäßig mit g^ebern auögeftopften
Seiten nur baju beitragen, bie §ifee unb ©efal^r ber Äranfi^eit ju ftei::
gern. 3JJan tarn mä) balb von biefem „Sobtfd^moren" ber Äranfen
JU einer einfad^eren Sel^anblung.
33ei ber gröjseren Sal^l ber von ber Ärantl^eit Sefaßenen war
überl^aupt lein 3JiitteI mel^r anweubbar. S)ie 3Kenf($en, nnb jwar ju^
nteift in ber Äraft ber Safere ftefienbe SDJänner, weniger Äinber unb
©reife, ftürjten plöfeUd^ auf ber ©trajse unb in ben Käufern ol^nmäd^tig
äufammen unb ftarben nad^ wenigen ©tunben.
S)urd^ ben Slnblidf beö fd^nellen, ungewöl^nlid^en ©terbenö, burd^
Seid^engerud^ unb ^eft^aui^ betäubt, wanbten fid) bie ©emütl^er nod^
einmal ju ber SfWad^t jurüdE, ber fie fid) aud^ in ßolberg fd^on ju mU
fremben angefangen l^atten; nod^ einmal erfüllte Äerjenglanj unb 3Beil^
rau(^buft bie 3Karienfir(^e, ber ©d;mudE ber golbgeftidten ©ewänber
unb beö fd^immemben ©ilbergerät^ö erglänjte nod^ einmal in il^ren
SRäumen, ^riefter xmb Saien, SRatl; unb ©ewerfe jogen wieber mit
Säumen unb Sid^tern in ^rojeffion burd^ bie ©tragen, ober lagen vor
ben Slltären xmter Sl^ränen unb angftüoHem gleiten, fie fd^rieen unb
beteten: ^.parce^ domine, parce populo (uo^ quem redemtsti safigtäne
tuo^' (fd^one, §err, Sein SBolf, wetd^eö SDu mit 3)einem Slute er^
fauft ^aft.)
Snbefe bie attgftüoHe Snbrunft ^ielt nur fo lange an, alö bie
Slranfl^eit bauerte. 3)ie SBButl^ berfelben brad^ fid^ aud^ l^ier, wie
überall, nad^ ad^t biö neun klagen, unb bie nad^ biefer 3eit baoon Se«
faHenen würben meiftenö gerettet. SDie 3al;l ber ©eftorbenen ift nid^t
angegeben, bafe faft bie §älfte ber Seöölferung ber ^eft erlegen fei, ift
wol^l Uebertreibung, wir muffen unö mit ber SRotij auö bem 3)ianu5
fcript beö bamalö ad^t 3a|ir alten Safob SRango begnügen, „bor fturoen
Saftig vtU Sübe"*).
*) S)ie Äranfl^eit tjl feit jener 3eit DöUig oerfd^ujunben. S)ie 9lad^ri(^t bei
^tunbenreid^, ba^ fte 1564 in (Eolberg aum gtüeiten äRale aufgetreten, berul^t ouf
einem Srrt^um. 3n öleid^^citigen aWittl^eilungcn J^eifet bie itranl^eit oon 1564, bie
olelc Opfer forberte, unbcpimmt eine |Jefti(entic.
w- 804 —
@ö war 'baß lefete 9Jlal, bajs bie !atl^oltfd^e Äird^e il^ren alten
®Ianj entfaltet l^atte, für je Seit barauf mu^te fie auä) l^ier ber Slefor^
ntatton TOetdien. 25te in ben nteiften gröjaeren ©täbten mit il^rer
©infül^rung t)erbunbene ©rregung ber SDlaifen war l^ier fd^on in beni
9lufftanbe ber SBerfe (15'24) jum Slußbrud^ gefommen nnb mit 2lbe=
bar'ö Unterganfle gebämpft; ftiH unb geräufd^loö jog fie bal^er in 6oU
berg ein, unb nur bürftige SHai^rid^ten finb ini§ über bie i^r auftreten
begleitenben SSorgänge entl^alten.
3m Saläre 1531 am ©oimtage csio mihi, 19. gebniar*) pre-
bigte 3?ifla§ kleine auö Sübed, wal^rfd^einlici^ mit ber angef eigenen,
urfprünglid^ au§ ßübed fiammenben, a\\6) in anberen ©täbten (j. S3.
Oreifenberg) Tjerjroeigten ©olberger Söürgerfamilie biefeö Siamenö t)er^
roanbt (f. ©. 38), jum erften 9Kale in ber 3Karienfir(fie baö reine
©Dangelium, unb am 9. Suni fd^loB ber 3tat^ bie ©acriftei, fid^erte
bie Sl^ür bur(]^ jroei ©d^löffer unb forberte bem ßapitel bie ©d^lüffel
jur JDrgel ab. Sßiflaö kleine ging bann na^ ©öölin, l^ielt l^ier am
16. Snli (©onntag nad^ dicis. aposL) bie erfte lutl^erifd^e ^rebigt
(bie befannte ©ädfung be§ SBiberfprud^ erl^ebenben Sarbiers ?ßeter SDö-
ring fanb am 26. Suli ftatt), feierte aber balb nad^ ßolberg jurildf, um
in ©emeinfd^aft mit bem Statine unb ben ber neuen &e^xe ergebenen
©eiftHd^en, meiftenö frül^eren ßolberger SBicaren, baö begonnene SBerl
weiter ju filieren. 5Ro(ä^ 1532 ift er l^ier anwefenb, imb ber SRatl^ fielet
feinetiDegen in Unterl^anblungen mit bem ^erjoge in ©tettin. Unter
Äleine'ö „SWitarbeitern an bem SBeinberge beö §errn" werben genannt
bie ©eiftlid^en : Sol^ann SWarten, Sol^. v. Saftrom, ©imon SDannenberg,
Safob ober Sol^anneß ©d^omafer (f. 6ap. 21), ßiboriuö SRange, Sölob
Ärolom, Soad^im &ahe§t unb Mag. Slntoniuö. 2)er lefete t)em)eilte in
biefer 3eit in SRatl^ßgefd^äften am bänifci^en §ofe; als er 1532 nad^
ßolberg fam, erhielt er t)om diat^^ 16 ©ulben unb im folgenben ^ofyc^
*) S)a0 geroöl^nlic^ (aud^ »on 5^romer ^ommcr. Äird^cng. 8, 27 angegebene)
3al)r 1530 ifl unttd^tig. »eibe eingaben, 1530 «nb 1531 rühren t)on ©beUng l^er ;
bie in ben Zz^i oben aufgenommene "f^atk er (SBac^fe : (^xonit, lejte (Seite) sroeimol in
bem üon il^m angefertigten «opiarium ber (Sapiteldurfunben auf Pergament om
Slnfang unb öu @nbe niebergef^rieben. SRur in bem Saläre 1531 fönt esio mihi
auf ben auc^ oon ©beling angegebenen 19. gebruar unb ber ©onntag nac^ divis.
apost. auf ben 16. 3ult. Auf ben 27. SRörj bagegen, ben 5^ramer nacft ber anberen
(älteren) Angabe ron (Sbeling, ber aud^ SSulgrin in feinen ©jcerpten gefolgt war,
nennt, fäHt esio mihi roeber 1530 noc^ 1531. Srrtjümlid^ alfo l^at man im 18.
Sal^rl^unbert bie ©öfularfeier in bae 3al&r 1730 oerlegi —
— 305 —
4i eile tn^ jum JRocf. Safob ÄroIotD würbe balb barauf (raal^ts
fi^einlid^ 1534) alö ^aftor nad^ ©reifenberg berufen. SDie ©tabt
ßolberg betüal^rte il^m ein banf bares 3lnbenfen; benn afe fein ©ol^n
Daniel Äroloro fi(^ 1 576 in ßolberg baö Sürgerred^t gewinnen wollte,
erliefe v)m ber 3iatl^ bie üblichen ©ebül^ren um feineö feiigen SSaterö
willen, „ber in ßolberg geboren fei, unb im l^iHigen SWinifterium fo
treuli^ gebient l^abe" ^).
©0 mangell^aft biefe 3(ngaben an^ finb, fo genügen fie bo^), um
3u ernennen, bafe in Solberg baö SBerf ber ^Reformation t)on bem SRatl^
unb ben il;m nal^eftel^enben gamitien ausgegangen ift. Sarum pnben
wir aud^ bie aWe^rja^l ber oben genannten „^rebif anten" , aud^ %
steine, unter ben Surfenbrübern (1532) genannt 3wifd^en bem SRat^
unb ben geiftlidjen 3Käd^ten im ©tifte |iatte feiten ein befonberö freunb
lic^eö Sßerl^ältnife beftanben, man fannte bort au§ eigener ©ifaljrung,
ober aus bec Ueberlieferung ber S?orfal^ren fel^r gut bie irbifc^en 33e?
weggrünbe, burd^ weld^e oft baö Samminer wie baö ßolberger ©tift
geleitet würbe, unb wenigftenö in ben einflufereid^eren Äreifeu ber SJür^
gerf(§aft evfc^werte feine befonbere 3Inl^änglid^feit an ben geiftlid^en
Sanbesl^errn ben a3ru($ mit bem Sllten. ®ö erfd^eint beöl^alb' bie yiaä)^
rid^t uid^t unbegrünbet, bafe ^Tiiflaö steine Dom SRatl^e alö ^rebifant
berufen fei, t)ielleidf)t von SBugenliagen felbft, ber in berfelben 3eit (biö
jum aJtai 1531) in SübedE baö 9leformationöwer! ju ©übe fülirte, baju
Dorgef dalagen.
S)aö nod) im ^at(;olicismuö bel[)arrenbe ßapitel mit ben i^m an^
(jängenben 3?icaren nal^in in feiner Sebrängnife feine 3uflu(^t jum
§erjoge, unb 33arnim X. erliefe Don SGBolgaft auö (2. Suli 1534) eine
[trenge SEBeifung an SRat^, SBerfe unb ©emeinbe ber ©tabt, bei 5Ber=
meibung feiner Ungnabe unb fd^werer ©träfe ben ©om^errn unb SBi-
caren ba§ ©eleit unb bie ©i^erl^eit, bie ber §erjog ifinen gegeben,
unt)erbrü($li($ ju l^alten. Subefe ber SRatl^ nal^m wenig 3?otij baoon.
Unbefümmert um l^erjoglid^e unb bif4)öflid^e 2lbmal^nungen, fd^nitt er
nod^ fd^ärfer in baö alte Kirdjjenwefen ein. 2lm 13, SRooember beffelben
Sal^reö (1534) fteHte er burd^ „einträd)tigen Sefdt)lufe" bie SBeneficien
unb eiemofpnen ab, „bafe- fie nid)t mel^r gelten, fonbern tobt unb ab
fein follten; bie SBeneficien, bie er felbft ju vergeben Iiabe, woHe er ju
ber ©tabt 3fiufeen t)erwenben" (©tabtb, 1534). ©r fud^te fogar biet)er=
wirrten 3uftänbe ju benufeen, um baö ©apitel mit feinen i^m längft l&
fügen SlnfpriUljen attf ©^nf.- unb Ätrdfientjerwaltung/ feiner oft ftören«
— 306 —
t)en üxö)lxd)m ©erid^tsbatfeit ganj aug ben ftäbtifd^en Serl^ättniffen
' l^inausjufd^ieben, S)en alten aSicatienl^of in ber Älauäftra^e nal^m er
ol^ne SBeitereö an fid^, um il^n ju ©d^uljraccfen auöjubauen, er allein
berief Seigrer unb ^rebiger unb nal^m fie unter baö Siatl^ögerid^t, fut^
er bra<ä^te ba§ ^atronat über Äird^en unb Sd^ulen auäfd^liefetid^ in
feine §anb* S)en SSicarienl^of mu^te er jwar li>39 bem ßapitel jurüd::
geben, im übrigen bel^auptete er fid^ in feiner Stellung f aft breijsig
Saläre l^inbur^: alle ^rebiger unb ßel^rer, bie bi§ gegett baö Sai^r
1560 l^in angefteUt würben, waren t)om SWatl^e allein berufen. —
Ueber bie SSertl^eilung unb Sefefeung ber lh6)l\^tn Slemter in
ben erften Solaren nad^ ©infül^rung ber Deformation l^errfd^t mieber
große Unltar^eit, 2)er SRatl^ befolbet mel^rere ber oben genannten ^ßre^
bifantem (S^m (§err domtnm) S)annenberg er][|ält 1532 21 ft. auf
fein ©el^alt, bod^ ift bie Äird^e nid^t genannt, an ber er prebigte;
Ärolon) gel^örte mit jum „l^illigen 3Jlinifterium" unb war toal^rfc|)einli(i&
^rebiger an ber ©t. 3Karien, aber fd^toerli^ ^ßaftor (^leban), bd er
bann rool^l feine Stellung nid^t mit ber eineö ^^J^ft^^^ i" ©reifenberg
Tjertaufd^t i^ätte, Soad^im Sabeö ift ber erfte, ber mit -genauer angäbe
feines 3lmte§, erft S)iafonuö unb ^rebiger an ©t. 9Rarien, baim ^aftor
genannt wirb ^). @r fd^eint ber erfte in ber Steige ber ^^aftoren an
biefer Sird^e geniefen ju fein. %m %(x\jxt 1536 wirb ein Mag. SWe-
bingf m^ Königsberg (Jleumarf) jum ^^Jrebiger berufen, wieber o\)nt
nähere Sejeid^nung, unb als ^farrl^err jum lieiligen ©eift wirb in bem^
felben Saläre Mag. ©ötefof genannt, ber feit 1532 jugleid^ ©tabtnotar
war ^), „ein frommer, geleierter, red^tfd^affener 3Wann." @r muß fein
geiftli(^e§ 3lmt nad^l^er aufgegeben l^aben; benn, als er ftarb (1540),
befleibete er nur no(^ ben ftäbtifd^en Soften. 3u ben ätteften tut^eri^
fd^en ^Prebigern in ber Umgegenb oon ßolberg gehörte ^aftor 33o|)m in
S)egow, aus ©olberg gebürtig; 1530 ober 31 t)om Sifd^of ©raSmuS ein^^
geführt, balb ber lutJ^erifd^en Seigre jugewanbt, t)erwattete er fein Slmt
nod^ 1561.
erft mit bem Slnfange ber t)ierjiger Saläre fommt mei^r Sid^t in
bie 3uftänbe. 3m Sa^re 1542 wirb älmbrofiuö Sijow i\xm lut^eri*
fd^en ?Paftor an ©t. SWarien, 1543 aWatt^äuS ©ngelbred^t aus ßolberg
jum aird^ibiafonus an berfelben Äir^e, beibe t)om SWat^e, berufen.
Sßad^ ©ötelol wirb 1554 aWatt^iaS «ierftäbt aus ©tenbal in ber alt:
mar! als ^rebiger am l;eiligen ©eift unb ©t, ©ertruben genannt, er
— m -^
^atte bamalß fd^on mel^reTe Saläre fein 2lmt vmoaiUt 5Die übrigen
Äird^en taud^en erft fpöter wieber auf (f. weiter unten).
Sei ben Umftänben, unter benen baö neue Äird^enwefen in baö
yeben trat, fonnte feine Sluöfiattung nur eine fel^r bürftige fein. SDie
gro^e SKarienfird^e l^atte jroar nid^t gelitten: bie Silber unb ©d^ilbe^
reien auß fatl^olifd^er 3eit waren x\x6)t von fanatifd^en SRotten jertrüm=
inert worben, nod^ um 1550 ftanben au ben Pfeilern unb in ben 9ii=
fd;en bie ältäre, an benen bie SBicare SJleffe gelefen litten, unb felbft
mand^er wertljlofe 2lltarfd^niud auö bem 3Kittelalter ift, forglid^ an ben
^^feilern ober 2Bänben aufgel;ängt, biß auf unfere Seit gelommeu; aber
ber reid^e ©d^afe filbernet Slltargerät^e ging ganjlid^ Derloreii. @inen
Heineren S^eil l^atte ein §anö Bä)omaUt im Saläre 1530 bei näd^t=
lieber 3eit auß ber ©arwelammer geftol^len, wofür er geräbert würbe,
baö Uebrige, bie fd^weren 3Karienbilber unb ©otteölämmer, aud^ bie ja^l-
reid^en filbernen Sedier unb ^atenen nal^m ber SRatl^ an fid^, I^ielt eö mit
©inwiHigung beö ßapitelö auf bem SRat^^aufe in SBerwal^rung unb oer-
faufte bie ganje SWaffe 1574 an ben ©tettiner SRatl^ für eine ©umme oon
2100 fl., wel^ie burd^ anbere ßapitalien auf 2848 fl. er^öl[)t würbe unb
einen Si^eil beö Äird^enoermögcnö bilbete. ®s fel^lte beö^alb längere 3eit
an bem not^wenbigften 2lltargerätl^, feine Äanne unb feine glafd^e jum
©ebraud^ beim 3lbenbma^l war übrig geblieben, unb erft bie freigebig«
feit be§ Slat^öoerwanbten Soad^im ©immern oerfd^affte ber Äirc^e wieber
eine filbernc, inwenbig oergolbete 2lltarfanue.
2)em entfpred^enb war anfänglid^ bie ©teHung ber lut^erifd^en
''^^aftoven unb ^rebifanten. S)aö papiftifd^ gefinnte Gapitel bewilligte
äwar auf Stnbringen beö Sifd^ofö ®raömu§, ber t)on ©eiten beö Stat^ö
fonft wol^l gewaltfame eingriffe in baö ßapitelöoennögen befürd^tete,
ein für atte aJlal 000 Sölarf jur Unterftüfeung ber ©d^ut unb Äird^en=
biener ^), im übrigen l^lelt eö mit feinen aJlitteln jurüdE. 2)ie a3efoI:=
bungen mußten t)on bem Statte aus ben Hebungen ber Seneficien, über
weld^e i^m baö ^atronat juftanb, ober auö ber Ädmmereifaffe entnom^
men werben. S)ie Hebungen waren aber fd^on an unb für fid^ nid^t
bebeutenb, famen babei unregelmäßig unb mangelhaft ein; benn aud^
ber SRat^ ftieg, wie baä ßapitel, bei ber Eintreibung oft auf trofeige
aBeigerung bei bürgern imb SBauetn, bie fid^ i^rer alten SBerpflid^tum
gen gegen bie Äird^e enthoben glaubten, unb bie ®^rfamen »erfuhren
nod^ baju nid^t immer fo gewiffenl^aft bei ber SSerlei^ung, wie fie eö
in i^rem SRat^öbefd^luffe oon 1534 gelobt l^atten; 1560 wirb iljnen
— 308 -
fogar ber SBorwurf gemad^t, bafe felbft an ßolberger Äauflcute SSeni^
ficien gegeben feien. S)te ©ei^älter waren beö^alb fümmerlid^, unb
felbft baö SBentge würbe nod^ unregelmäßig ober gar ni(3^t gejal^lt.
3Wan fonnte eö bal^er ben ©d^ulcoßegen nic^t t)erbenfen, wenn fie mit
„Sefertion" brol^ten, ober bem SRector SBelife, wenn er feine drmlid^e
©tette mit bem eintragtid^eren ?ßoften eines ©tabtnotars t)ertaufd^te,
ober ben gefammten Äird^en^ unb ©d^ulbienern ber ©tabt, wenn fte
(1560) fi(§ ju einer fräftigen S3ef(3^n)erbefd)rift an ben Sifd^of über bie
unerträglid^en Suftanbe t)ereinigten.
S)od^ trofe 3lotf) unb ©ntbel^rung l^ielten bie aWänner meiftens
auf il^rem Soften au^^ i^nen mar ber lut^erifd^e ©laube §erjenöfa(3^e
unb innerfte Ueberjeugung. Unb eö beburfte foI(J^er mit Sutl^erö ©nergie
auögerüfteten, auö^arrenben ©eelen, um, wie Sut^er unb feine ©enoffen
auf bem großen, fo auf bem f(eineren Äampfplafe bie ©ad^e beö ©ban^
geliumö ju einem fiegreid^en ®nbe ju führen.
Unter i^nen mar ber bebeutenbfte ber ^aftor SCmbrofiuö 3i}om
auö ©tofp, Don abliger §er!unft. ®r mar einer ber erften gemefen,
bie im Äönigrei(^e ^oten bie lut^erifc^e Se^re angenommen unb mut^ig
t)ertl^eibigt l^atten. SluS bem fiauenburgijd^en, roo er mit ®rfotg al§
^rebiger gemirft l^atte, mar er nad^ ßolberg berufen. 3lu(| l^ier mar
er ein aHjeit ftreitfertiger 33al^nbred^er ber lull^erifd^en Seigre, fein 2tben
mar l^arte 2lrbeit unb Äampf nad^ allen ©eiten.
©inerfeitö l^atte er mele Stnfed^tungen von ben Stnl^ängem beö
alten Olaubenö ju befte^n, bie fid^ nadt) ber erften Setäubung roieber
ermannt l^alten. 9?ur ein S^eit be§ Sleruö l^atte baö lutl^erifd^e Se-
fenntnijs angenommen; 1534 finb im Sürgermeifterregifier nod^ 24 pa^
piftif^ gefinnte ©eiftlid^e aufgeführt, meldte für i^re liegenben ©rünbe,
bie nid^t Äird^en^:, fonbern ^rioatbeftfe maren, an bie ©tabt einen ©d6oß
jal^lten, mand^e berfelben erfd^einen aud^ nod^ in fpäteren Salären als
,,^apiften", unb Senebict Sulgrin, ber lefete fat^olifd^e SWector ber
©d^ule, ber fein 3lmt fd^on oor 1534 bem lut^erifd^ gefinnten 3. ©d^os
mafer überlaffen mußte, lebte nod^ 1563 in ber ©tabt unb bejog bie
Hebungen feiner jur ooHen ©incfure gcmorbenen SBicarie. SDer SBiber^
ftanb, ber in jenen SKännern feinen aWittelpunct fanb, brang bis in bie
aWarientird^e. aKitten in ber ^rebigt auf ber Äanjel mürbe 3ijom von
SBalentin ©d^lief ö @^efrau, einem geroiifen 3)?artin Äranj unb anberen
burd^ SBiberfprud^ unterbrod^en, äuä bem nieberen aSolfe t)ermißte
mancTjer tmgern bas reid^e ©epränge ber alten Äird^e, unb 3iaom mttßte
— 309 —
auä) auf foldie ein roacä^famcö SKugc l^aben, bic l^eitnlt(^ bic alten
aSaEf al^rtßorte, bie Rix^t t)on ^olnon) ober ben ® ottenberg, befu(^ten,
obtüol^l bie ÄapeUe bafelbft ntit bem immetbrennenben £i(ä^te f(^on gleici^
nad^ 1532 abgebroi^en war.
3lnbererfeit§ l^atte er anä) bie Strlel^ren ju befämpfen, bie nad^
bem 35ru(^ mit ber alten Äird^e neben ber gereinigten Seigre anä) l^ier
auftraten, ©d^marmgeifter aller 3lrt, SBiebertäufer unb ©acramentirer
fd^li(^en a\iä) in bie ©olberger ©emeinbe ein, fie jerrten t)on aUtn
©eiten an bem ©runbe, auf bem bie neue Äird^e gegrünbet war. 3«
bem ®en)oge ber t)erfd^iebenen SKeinungen, bie fid^ aud^ auf baö ©oan-
gelium ftttfeen mollten, f(^ien eö nur einen feften §alt ju geben: bie
SCugöburger ©onfeffion. ©ie war ber ©(^itb, mit bem Sijon) bie von aUen
©eiten anbringenben g^einbe abn)el;rte. g^reilid^ l;ielt man fi(^ im fim
ftern 9Jli§trauen gegen alles, n)aö mit ber alten Äir(^e in 3Serbinbung
ftanb, aud^ in Golberg unb im ©tift n\6)t frei Don f(^roffer ©infeitig^
feit ©0 würbe j. S5, mit bem SRißbraud^e an6) mand^er fröl^lid^e
33raud^ beö 3KitteIalterö aU SReft beö ^apiömuö unb l^eibnifd^en aber,
glaubend unerbittUd^ verfolgt %üx bie Unterl&altung ber Soi^annis^
feuer, bie man in ber Sol^anniönad^t in ben ©trajsen ber ©tabt unb
auf ben Dörfern anjünbele, waren im SIRittelalter mit 3ulaf[ung ber
Äirdf)e von ßolberger bürgern fogar Segate in Sefiamenten ausgefefet
worben; jeftt würbe biefe ©rinnerung an baö altgermanifd^e ©ommer^;
©onnenwenbefeft afe papiftifdfier ©reuel tjerboten; bie Sobteumad^en,
mo bie 5Rad^barn jufammentamen, um unter Reitern ©(^erjeti ben aim
gel^örigen über i^ren ©df)merj fortju^ielfen, menigftenö auf bie ®inla?
bung einiger älterer Seute befd^ränft, bie luftigen ©piele, wellte bie
Sugenb babei t)ornal^m, alö: „baö Äalb braten, ben SRiemen uerfted^en,
baö Äüffen uml^ertragen" ftrenge imterfagt. Unb nid^t blofe gegen baö
3luf^ängen von SBeifufe unb ßöbbrid^ gegen bie ^ejen, gegen ba§ ©im
Juanen von Äreujen in ber Sffialpurgiö^ unb 3ol^anniönadf)t, fonbem aud^
gegen bie luftigen, unf(^ulbigen Sßermummungen in ber gaftnad^t, baß
gaftelabenblaufen u. f. m. würbe geeifert" ©ö ift fd^wer, eine aSoIfö^
fitte hux6) aSerbote auszurotten, bie jungen Surfd^e in (Solberg jal^lten
lieber eine ©elbbufee, alö bafe fie ben alten SBraud^ aufgegeben l^ätten,
unb üiele Saläre l^inburd^ waren bie „g^aftellabenböbrüd^e" eine mitunter
nid^t unbebeutenbe (1584 belief er fid^ auf 136 3Karf) SRebeneinnal^me
für bie Äämmereifaffe. 2)od^ l^at bie be^arrlid^ fortgefefete aSerfolgung
(nod^ fiebaig Sahire fpöter ergeben biefelben aSerbote) nur fümmetlv^
— 310 —
SRefic auf unfcre JTagc fommcn laffcn. 2)aÄ Seien befam in 3)enfen
unb ©lauben einen lieferen ©el^alt, aber äußerlid^ rourbe eö finperer
unb ärmer an ^eften unb g^röl^lid^feit. ©elbft ju bcr g^eier ber ^fingffc
gilbe auf bem SRatl^l^aufe, bem größten g^efte ber SBürgerfd^aft, xoax in
biefem S^i^tl^unbert beö ©treitö bie Suft uergangen.
Siö }um Saläre 1560 l^in l^atte 3ijon) ben ©ieg über alle fcinbs
liefen SUläd^te gewonnen unb fi(| julefet bie allgemeine 3lnerfennung
unb Stiftung in unb au|Ber ber ©tabt erworben. S3if(^of Sol^ann grieb.
xiä) unb baö bamalö längft reformirte ©apitel bejeugten fie il^m (1568),
inbem fie „bem e^rraürbig unb n)ol^lgelcif)rten 3Kanne, ber faft breißtg
Saläre in ßolberg baö l^eiltge @oangelium gepflangt unb fleijsig t)orge=
fel^n, ba^ feine Spaltungen unb falfd^en Se^ren eingeriffen" erblich eine
tüüfte, in ber Slauöftrafee jwifd^en §anö ©d^liefö unb ^aul §afeö
§äufer belegene §auöftätte fd^enftcn, unb ber 9?atl^ erbot \x6), wenn er
bauen rooHe, i^m baju 20,000 SKauerfieine, 20 Saft Äalf unb Saul^olj
na(^ SBebarf anfal^ren ju laffen ^). ^ie anfänglid^ barin bem ßapitel
t)orbe^altene ©erid^töbarfeit rourbe balb an ben dtat^ abgetreten. " 3n
berfelben 3eit oerel^rte il^m ber diati) 25 fl. aM bem .©eroinn am
Äiri^enfilber, um bie §0(^jeit feiner Soc^ter auöjurid^ten.
®r ftarb ben 16. ©eptember 1582 im aä)t unb fed^jigften Seben§=
jal^re. 3n berfelben ©tunbe, wo fein Seib feinem ®rabe in ber aWarien^
fird^e übergeben rourbe, !am fein britter SRad^folger im 3lmte, Soad^im
Safd^e, jur SBelt —
©afe bie Partei ber altgläubigen mieber gewagt l^atte, ba§ §aupt
ju erljcben, unb tt)ot)l gar bie §offnung auf eine SBieberl^erflellung beö
alten Äird^enroefenö fafete, rourbe mit burd^ eine SSeränberung in ber
§altung beö 3iatl^eö bemirft, ber, na(^bem er baö SBerf ber SWeforma^
tion anfänglid^ fo fräftig in bie §anb genommen ^atte, plöfelid^ fid^
ben alten 2Wä(^ten roieber näl^ern ju wollen f(^ien.
3Jlit 3Jiifebel^agen nämlid^ l^atte man im ©tifte baö auf bem SErep^
toraer Sanbtage (1534) beutlii^ l^eroortretenbe ©treben ber §et^öge
bemerft, bie fird^lid^e SSeränberung jur ©noeiterung ber lanbeö^errlii^en
®en)alt über baö ©tift, feine Äird^en unb Älöfter ju benufeen, unb bie
©tänbe beffelben erliefen beöl^alb in bem ßolberger Sanbtagöabfd^ieb
oon 1535 ^) eine abroe^renbe ®rflärung gegen bie Sreptomer Sefd^lüffe.
Sltterbingö moHen bie ftiftif(^en ©tänbe inögefammt, „bafe bie reine Seigre
beö (Soangeliumö flar unb ol^ne 3lufrul^r im ©tift geprebigt werbe", aber
\n Setreff ber anberen SSeränbenmgen erllären Slbel, ?|3rälaten unb
— 311 —
©täbte: ,,bic ^aö)m vo&tm groß, 1^0$ uttb roxS^txq, gingen Aber il^ren
SSerjianb, fic Uten beöl^alb um auffci^ub. 5Da§ ©ttft wäre 'au(]^ Äat
fcrli(^ SRömtfd^er aWaicftät unb bem l^ciligen SRömifi^en SReii^^e ücrroanbt,
oon bem bcr Sifd^of feine ©erei^ttgfeit jii ßel^n l^abe; fie fönnten ntd^t
in bie g^orbemtigen fürftlic^öer ©naben willigen."
3Kan l^atte in ben frül^eren Sal^rl^unberten im Stifte unb in
Sommern Don Äaifer unb 3iexä) wenig gewußt unb bie 3ugel^örtgfeit
jum SReid^e nur bei fold^en ©elegenl^eiten empfunben, wenn j. S. ©efanbte
t)om Äaifer ©igiömunb famen, um t)on ben ftiftifiä^en ßopiteln unb
Stxxäjtn ben 3el^nten ju forbem, ben il^m ber ^apfl für bie auf baö
ßofinifeer ©oncil aufgeroanbten Unfoften jugeftanben l^atte *®). (Srfi feit
ber §eT^og Sogiölat) X. aU unmittelbarer 9ieidf)öfürfl „auf feinem 2!age
vox ber SRömifi^en föniglid^en aWajeftät" belel^nt worben mar — rooju
i^m baö ©tift, ©apitel, SKannen unb ©tobte, eine „gütlii^^e @rfenntnig"
von 2000 fl., aber nur für bieß 9KaI, getl^an l^atte") — mürbe bie
SBerbinbung ^ommemö mit Äaifer unb 3lei(i& georbneter unb leb^
l^after. S)ie Trennung von ber alten 5lir(3^e, bie in il^ren weiteren %oU
gen eine Slblöfung von ber fatl^olifcä^ gebliebenen SReii^ögemalt bemirfte,
trug junad^ft baju bei, neue graben jmif(^en il^r unb ^Pommern l^in
unb l^er anjufpinnen. SRannen unb ©täbte beö ©tifts glaubten in ber
SReiiä^öunmittelbarfeit beffelben bie befte ©iiä^erung gegen bie ©elüfie
ber pommerf(^en §et^oge ju finben, unb Sifi^of @raömu§, ber nad^
feiner anfängli(ä^ feinbli(^en Haltung ju bem lutl^erifd^en SBetenntniffe
mel^r unb mel^r eine neutrale ©teEung einnal^m, mar naä) biefer ©eite
l^in mit ben ©täuben in t)oKem ®int)erftänbniffe. 3)ie 9lbfi(]^t, baö
©tift von Sommern ganj abjulöfen unb eö ju einem unmittelbaren
©liebe beö Sieid^eö ju erl^eben, legte er im Salute 1542 in SBerbinbung mit
ben ©täuben fo beutlid^ an ben Sag, ba^ beibe §erjöge il^n mit ber ®nts
jiel^ung il^reö ©d^ufteö unb il^rer ©nabe bebrol^ten, menn er fein l^od^
mütl^igeß ©treben nai^ bem weltlichen ^ürftenftanbe nxö)t aufgebe. S)od&
bel^auptete fid^ baö ©tift, fo lange ©radmuö lebte, in einer faft reid^d::
unmittelbaren Unabl^ängigfeit, unb bie §et^öge mußten t)orläufig auf
eine buri^greifenbe äenberung in ben fird^lid^en 9le(^tdt)erpltniffen bef=
fetten SBerjii^t leifien.
S)er gotterger SRat^, ber in ben ftiftifd^en Sefd^lüffen bie trei=
benbe Äraft gemefen mar, fam balb ju ber ©rfenntnig, ba^ er aud^ in
ben befonberen fiäbtifd^en Sntereffen bie §ülfe beö Äaiferö unb SReid^s^
lommergerid^tö nid^t entbel^ren Önne. ®ö jeigte jid^ bieö befonberö in
.- 312 -^
bcr wid^ligcn, ben Stnöetpunct eines langen ©treit« mit 33if(3^of unb
§erj09 bilbenben Älofterfrage. —
(B6)on 1541 fallen fid^ bie Älofterjungfrauen burc^ ben 33if(i^of,
ber baß Äloftetpattonat beanfpru(]^te unb ©roalb v. ^obewite jum Älo^
fieruorftel^er ernannt l^atte, in i^rer g^reil^eit f(3^n)er bebrol^t, fie flagten,
,,baj5 il^nen loiber il^re ©erei^tigfeiten unb greil^eiten t)iele SBütben auf^
erlegt würben", unb beauftragten il^re ^rocuratoren unb ©pnbici bie
SRatl^niannen ^am v. ^uttfamer unb 33enebict §oI;en]^aufen ike alten
f(^abl^aft geworbenen Sefi^urfunben bem ßapitel t)orjulegen unb vox il^m
copiren ju laffen^^). ©egen bie 2lnfed^tungen beö 33if(^of§ jud^ten fte
©d^ufe bei bem Solberger Siatl^, „beffen ältefter Sürgermeifter von jel^er
il^r Patron unb SBorftel^er gemefen wäre", unb biefer mürbe il^neti auf
baö bereitmitligfte gemalert; benn e§ mar von ber größten 8Bi(^tig!eit
für bie ßolberger ^atricier^gamitien, menn baö Älofter in ein prote=
ftantif(^eö ©tift nmgemanbelt merben foHte, für bie Zö6)tet ber ©tabt
barin menigftenö ein Sßorjugöred^t ju geminnen. Sßidjtö fonnte biefeu
3medf beffer förbern, al§ bie SSieberoerlegung be§ ^lofterö in bie ©tabt.
Sllö ber erfte 3lngriff beö Sifd^ofö hmä) ein vom ^aifer ermirfteö 3n=j
l^ibitorium abgefd^lagen mar, ftattete ber Slatl^ baö iilofter hmä) 2)ar=
leifiung eines Kapitals non 1000 ff. mit ben SDiitteln aus, um jur
aSertfieibigung feines 9te(^ts ^^rocuratoren unb 3lbüocaten am Sieii^S^
fammergerid^t befolben unb äugtei(^ t)om päpftUc^en §ofe bie ©rlaubnife
ermirfen ju fönnen, mieber in bie ©tabt über^ufiebeln. 3)ort I)örte man
gern auf Sitten, bie aus ber 3Jlitte eines fefeerif($en Sanbes famen.
3)ie 33emitligung erfolgte 1544 von ©peier aus bmä) ben päpftlid^en
Segaten ^ieronpmus, Sifd^of von ßaferta ^^). ©d^on im Scilire t)orl^er
l^atte ber Slatl^, fein beanfprud^tes ^atronatsred^t ausübenb. Mag. 6ttgel=
bred^t jum 3lr(^ibia!onus unb Äfofterprebiger berufen, ©in aSertrag ju
3Rarrin 1541, monad^ ber ßolberger Statlj auf alles 3tnrec^t auf bas
Älofter unb feine ^Bauern t)erjid^tet l;ätte, mürbe von bemfelben, als von
il^m nid^t unterjeii^net unb überl^aupt nid^t in feinem %cä)m üor^an^
ben, nid^t anerfannt ^^).
SDaS Älofter mag in ber unrul^igen 3eit bei feiner einfamen Sage
mel^r als fonft von ©traßenräubern, 3Korbbrennern unb garbenben
Äned^ten ]^eimgefudf)t fein, meldte, mie bie päpftlid^e Urfunbe fagt, unfag=
bare ©emalttl^ätigfeiten gegen bie Sungfrauen ausübten; ber malere
®runb mar bod^ bei biefen bie Hoffnung, in ben 3Kauern ber ©tabt
gröjsere ©id^er^eit gegen fürftlid^e 2lnfprüd^e ju finben, unb bei bem
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Statine bas S3eftrc6en, bie §anb fefter auf baö Äloftet unb feine ®üter
ju legen, ^a bie JReid^öregierung imb ber ^apft bie SEBünfd^e beö
Älofterö unb beö 9iatf)ö unterftüfeten, fonnte von bifd^öflid^er ©eite nid^t
mel^r Derl^inbert werben, ba§ bie Älofterfrauen im folgenben Saläre (1545)
i^re alte, bei i^rer Sttuöwanberung bem Statine überlaffene Sel^aufung
lüieber bejogen.
^atU ber 3iati) in biefeni ^uncte feine 2lbfi(^ten üorläufig er=
teidf)t, fo brol^te bod^ gleid^ batauf ben Sntereffen ber ©tabt unb i^rer
©elbftftänbigfeit Don anberer ©eite Iier eine um fo größere ©efal^r.
3llö SBifd^of @raömu§ (1544) plöfelid^ geftorben mar, einigten
fid^ bie §erjöge über Sartl^olomäuä ©t)at)e, ben lutl^erifd^ eifrigen, üer-
^eiratlieten .Rangier Sarnim'ö, als SRad^folger auf bem bifd^öflid^en ©ife,
unb ber aSertrag Don ßöölin, nad^ meld^em fein SBifd^of o^ne Seiftim^
mung unb 5Romination beö Sanbeöfürften ermä^lt, ber ermäl^lte ate ber
oberfte ^ralat unb SRat^geber ber prften angefel^en werben, bem Sans
beöl^enn bie Sefefeung ber Äanonifate juftel^en foHte, gaben baö ©tift
faft ganj in bie Ijerjoglid^en §änbe.
©olberg mar bi§ auf bie äußeren 3ei(^en ber Unabl^ängigfeit
allmä^lid^ ju einer faft freien ©tabt gemörben, meit unbebeutenbere
©täbte [tauben unmittelbar unter bem 9?ei(^e, marum foHte ni(^t auä)
ßolberg biefe ©teHung gewinnen fönnen? ®a§ befle 3Witlel, bie grei^
l^eiten, meldte bie ©tabt unter bem Ärummfiabe genoffen, gegen bie auf^
ftrebenbe lanbeäl^errlidfie ©emalt ju fidlem, fd^ien bie Slufpflanjung beö
Sleid^öablerö vox i^ren Sl^oren. S)er 3?atl^ f diente feine Soften, bie
3teid^§gemalt für feine ^od^fliegenben ^läne ju gewinnen, unb Sai^r für
3al)r mürben in biefer Seit ßolberger 3lbgefanbte in ©peier unb am
faiferlii^en §ofe gel^alten, mo fie grojge ©ummen t)erbrau(^ten, um
SKittetöperfonen ju gewinnen, bie fie Dor bie redete 2f)ür brad^ten. 5Die
ßolberger flagten, baß ber Sifd^of verl^eiratl^et fei unb baö ©tift, baö
bod) JU allen Seiten jum SJeid^ gel^ört l^ätte, von bemfelben loögeriffen
^aU. ^uä) würben gel^eime aSerl^anblungen mit bem Äaifer gepflogen,
üon benen bie Sffielt nid^tö wiffen follte. @in ©d^reiben beö ©olberger
Slbgefanbten über biefe war von bem S3oten (1544) in ^ilbeöl^eim t)er=
loren, bod^ uoc^ hmä) einen glüd lid^en 3ufall in bie §änbe von §iero=
ntimuö SKolenl^ufen in ßübed gefommen, ber eö feinen ©olberger greum
ben unb aSerwanbten mit ber SBarnung jufd^idfte, in Sufxmft mit il^ren
©e^eimniffen oorfii^tiger umjugel^en. —
ailö nun Äarlö V. SBelt^errfd^aftöpläne nad^ ber ^öefiegung beö
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Sd^malfalbifd^en S3uttbeö (1547) il^rct erftißung naiver fanteit, fti^lenen
fid^ aud^ bie ftoljen ©ebanfen bcr ßolbcrgcr Derroirfl^en ju tpoHen.
@in faiferlt(^eö aWanbat von äugäburg auö (5. "^amax 1548) an bas
Gammincr ©apitel unb bie ©tänbc l^ob ben ßööliner SSertrag unb bie
SBal^l ©t)aDeö jum SSifd^ofe auf, befahl ben ©täuben bei fd^roeret ©träfe,
ben ^ei^ögen unb bem SBifd^ofe ben ©el^orfam aufjufünbigen, in brei=
monatlicher gwft jur ^ulbigung vor bem Äaifer ju erfi^einen unb bis
jur aSerforgung mit einem fanonifd^ geroäl^lteu ©ber^aupte fid^ aller
©tiftöangelegen^eiten ju entl^alten. aSon biefem SWanbate, roeld^eö ^om^
mem mit einem fatl^olifd^en Äird^enfürften bebrol^te unb bie ganje SRe^
formation in grage fteEte, appettirten bie ^erjöge unb mit il^nen Sa^
pitel unb ©tänbe an ben SReid^ötag unb baö 9leid^öfammergerid^t.
35ie ©tabt ©olberg aber fd^lojs [id^ von biefem ©d^ritte aus.
SDagegen fd^idfte ber 3lat^ ben ©^nbifuö Srifemann nad^ Slugöburg,
um im S«amen ber ©tabt gcbül^renbe ^ffid^t unb §ulbigung ju tl^un,
unb nom Äaifer würbe baö bereitmißige ©ntgegenfommen ber ßolberger
mit bem gndbigften aSol^Igefaffen bemerft. &c na^m pe in beö 3leid^eö
©d^u^ unb ©d^irm, „bas ©tift gehöre jum Sieid^e unb fotte babei
bleiben, fie foßten eine Slbfd^rift i^rer alten Privilegien einfd^idfen, ba^
mit er fie il^nen beftätige", S)ie S5eftatigungöurfunbe ift ausgefertigt ju
Stugöburg am 11. 3uli 1548^^). 2)er Äaifer nennt barin bie regier
renben Ferren ber ©tabt „beö SReic^ö liebe unb getreue Sürgermeifter"
unb beftätigt il^nen unter anbem anä) baö SRed^t, mit rotl^em SSSad^fe
JU fiegeln, unb ba§ Siedet ber „filbernen SUlünje", meld^eö in feiner t)on
§erjögen unb 39if(^öfen auögefteßten Urfunbe auöbrüdflii^ genannt ift.
3n einem befonberen ©(^reiben ermal^nt er fie, au(^ in 3ufunft treu
jum SReid^e ju l^alten unb bie auf bem lefetgel^altencn 3leid^ötage ange^
nommene Äird^enorbnung — ba§ äugöburger Interim — , weld^eö
l^auptfäd^lid^ t)on Soi^ann Slgricola, §ofprebiger Soad^ims IL von Sram
benburg unb ©d^n)iegert)ater beö ßolberger ©tinbifuö Srifemann, Der*
fajst mar unb bie Srüdfe merben foßte, auf ber man bie Slbgefaffenen
in ben ©d^oofe ber fatl^olifd^en Äird^e jurüdEfül^rte — als getreue Untere
tl^anen beö römifd^en dieiä)^ anjunel^men. 2)a§ Snterim ift in (Solberg
ni(^t eingefül^rt; ein aWann, mie 3i}0tt), mürbe lieber feine ©teßung
aufgegeben, al§ feinen ®lauitn in einem ?|Juncte oerläugnet l^aben, aber,
fo fem bem 3latl^e ber ©ebanfe lag, für bie ©eminnung ber 9teid^ö=
unmittelbarfeit bie reine iJel^re ju opfern, fo menig moHte er bie alte
©elbjijiönbigfeit bem mit ber aSeränberung ber fird^lid^en SSerl^<niffe ju
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größerer ^a6)t anwad^fenben fianbeöfürfientl^um l^ittgeben. Sefet fti^ien
bie 3eit gefomtnen, fid^ beffelben für immer ju erroel^ren. —
S)ie libermäd^lige Stellung beö Äaiferö mä) ber ©d^tadit bei
SKül^lberg tüirfte anä) auf bie pommerfd^en 3uftänbe jurüdf. 2)er Si^
fd^of ©oaoe fonnte bem gegenüber feinen $lafe nid^t bel^aupten, unb
bie §erjöge mußten fidfj gefallen taffen, bafe baö ©apitcl, ol^ne bie fürfi«
lid^e ©enel^migung förmlid^ anjufpred^en, ben S)oml^erni SWartin SBeil^er
jum Sifd^ofe erroäl^Ite, weither bann t)om Äaifer (18. ©ept 1550) in
bie ©infünfte beä ©tiftö eingemiefen unb t)on bem ^opfie Stiliuö III.
(1551) als redf)tmäj5iger SRad^foIger t)on -©rafimuö beftätigt würbe.
2)iefer mar ein 33ifd^of, mie bie ßolberger i^n für il^re ?piäne münfd^ten.
3m §erjen lut^erifd^ gefinnt, !tug ben Sßerpitniffen fid^ anfd&miegenb,
tl^eilte er mit bem ©tifte baö ©treben nad^ SReid^öunmittelbarfeit.
3i^m mürbe bal^er, als er 1551 17. jOctober in Segleitung von smei-
^unbert Steifigen jur 3lbnal^me ber §ulbigung nad& ©olberg fam, ber glän=
jenbfte ©mpfang bereitet, ©ei^jig berittene unter gü^i^^Ö ^^ 3iaÜ)Uh
gefanbten Safob SDamife imb aJJattl^äuö ^rifee jogen i^m bis jum l^o^en
33erge entgegen, Slati^ unb 33ürgerf(^aft erwarteten il^n am ©teintl^or
„unb inbem ©e. ©naben te in ben ©tabt getage, l^eft man up aßen
2)oren ©efd^ütt laten afgal^n unb bet)i( et fpabe uppen äCtjenb marb,
()eft man balb Slbenbmaltit gemafet." 21m näd^ften Sage mar feiere
Hd^er ©otteöbienft in ber aJlarienfird^e, bei bem eine anfe^nlid^e a?er=
fammlung: ber 3tat^ unb bie übrigen ©tiftdftänbe, bie Surfe unb bie
©emerfe ber ©tabt, jum Orgelftange baö Te deum fang, unb am britten
Sage erfolgte, nac^bem Slhtbrofiuß Sijom eine lateinifd^e Siebe von bem
3lmte eines redeten Sifd^ofö gel^alten l^atte (1553 ju SBittenberg gebrudEt),
bie §ulbigung ber SRitterfd^aft unb gemeinen Slbete unb am t)ierten bie
beö Status unb ber ©emeinbe t)on ßolberg ^% ®aö geft mar gefeiert,
als märe ein glänjenber ©ieg gewonnen; ©tift unb ©tabt glaubten ber
@rreidf)ung il^rer ?ßläne nal^e ju fein.
aber fd^on t)ierjelön Sage t)orl^er mar jroifd^en 5Worife t)on ©ad&^
fen unb §einrid^ IL t)on granfeeid^ baß geheime Sünbniß gefd^loffen,
beffen folgen aud^ bie Hoffnungen t)emid^eten, meiere ben §intergrunb
ber eolberger geftlic^Jeiten gebilbet Ratten, unb im anfange beö näd&ften
Saures führte 3Jlori6 mit fül^ner Ueberliftung beö Äaiferö ben entfd&ei^
benben ©c^lag, ber bie Uebermad^t beffelben in S)eutfd^lanb brad^ unb
in feinen 9iad^mirhingen mi^ bie pommerfd^en §erjöge aus il^rer Se^
brängniß befreite. S)er ^affauer »ertrag (155?) unb ber barauf hu
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rul^cnbe SReltgiottöfrtebc (1555), ber bett Sanbefifürftcn ben Sefife ber
eingejogenen geiftlid^cn ©üter fieberte unb bte SungftaucnMöfler ju x^xex
Sßerfügung [teilte, fefete bie §erjöge in ben etanb, il^re 9lnfprüdf)e mit
tjerftärfter Äraft geltenb ju nta^en.
3n)ar blieben bie ©tänbe nod^ auf einem Sage pi ßammin (1 553)
bei ber Sel^auptung [teilen, baj5 baö ©tift ein ©tanb beö 9iei(^es fei,
unb bie ßolberger befi^merten fid^, baj5 ber SBif(^of \i6) bem §erjoge
gegenüber „untertl^änig" fdf)riebe unb fie baburi^ ju gleid^em SBerl^alten
jmänge, mal^renb fie il^m frül^er nur il^re „gel^orfamen unb miEigen"
2)ienfte entboten ptten; ber ^erjog nenne an^ fie fc^on niSjt me^x
,,lkhe, befonbere", fonbem „liebe, getreue/ S)o(^ 9Wartin SBeil^er, fo
fel^r er im §erjen mit ben ßolbergern übereinftimmen mochte, fonnte
unter ben bamaligen SSerpltniffen bem §erjoge bie äußeren 3ei(^en
ber Untertpnigfeit ni$t mel^r ijermeigem, imb ate ber geleierte, lange
^ä)on an ber SBafferfuc^t !ran!enbe Sifd^of 1556 geftorben mar, gelang
eö ben g^ürfien, eine ©teHimg im ©tifte ju gewinnen, moburcj^ bie ©e^
\ä)\äe beffelben fefi an Sommern unb fein gürftenl^aus gefnüpft mur^
ben : na^ längeren SSerl^anblungen mit ben ©tiftöftänben mürbe Sol^ann
griebri(3&, ber öltefte, nod^ fel^r iugenbli(3&e ©ol^n ^l^ilippö, jum Sif(ä^ofe
erl^oben. Smar beftätigte biefer bie Privilegien ßolbergö in alter SBeife
(1557) 1*^), aber bie bif(ä^öflid^en ditä)U mürben jefet, junä(3^fi in feinem
Flamen — er felbft ftbernal^m bie ^Regierung be§ ©tiftö erft 1569 —
mit anberer Sraft geltenb gemad^t, als c§ bie ßolberger von feinen
SBorgängem gemol^nt maren. 3)er 9tatl^ mugte jefet feine l^oc^fliegenben
^läne aufgeben unb fid^ auf eine mül^fame SBert^eibigung feiner Pri-
vilegien bef(^rän!en. 5Der ^ampf um biefelben bauert baö ganje 3al^r=
l^unbert l)inbur(^ bis in ben 3lnfang be§ folgenben l^inein. SDer 3latl^
ift im SRad^tl^eil; er vermag nid^t ju l^inbern, bafe bie verftärfte lanbeö=
l^errlic^e ©emalt fi(^ immer l^errifdjer in baö autonome 2eUn beö Weinen
©taats einbrängt, bie f(^önen Seiten ber ©elbftl^errlid^feit finb für il^n
vorüber unb er mu| fi(^ mel^r baran gemöl^nen, baJ3 bie ©tabt ©lieb
eines größeren ©anjen mirb.
2)ie erfte S^tigfeit ber neuen ^Regierung für ßolberg mar eine
für bie ©tabt äufeerft mol^ltl^ätige ; fie betraf bie Sieuorbnung ber ganj
verwirrten fird^li(^en SBerl^ättniffe. —
2)ie näc^fte ©orge galt bem immer noä) fteuerloö uml^ertreibenben
ßapitel ©eitbem biefes fid^ ebenfaEö jur lutl^erifd^en Se^re bttannte^ mar
von ben größeren ^räbenben baö Sl^efaurariat eingegangen (ber julefet
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genannte S'l^efaurar tft ^aul t). 5Damife [1556]), ba« mit ber ©injiei^ung
ber Äird^enf(^ä^e überftüffig geworben war. S)ie Heineren Äanonifate,
bie fd^on in fat^oUfd^er 3eit nid^td anbereö, ate SSicarien waren, tt)UP
ben auf ben Sluöfterbeetat gefefet, il^re Hebungen foHten nad; bem Sobe
ber lefeten Sn^aber jur SSerbefferung ber größeren ^rftbenben unb ber
^rebiger:: imb Sel^rergel^älter verroenbet werbeit. ®eorg SWoftodf, ber
lefete berfelben, ftarb (nad^ SSad^fe) 1602. 6ö blieben bie ^Mbenben
beö ^ropfte§, SDefanS, ©(^olaftifuö unb ©antorö. 3)em tropfte ftanb
na(^ ben 1656 aufgezeichneten unb 1683 Dom großen Äurfiirften beftä-
tigten, auf bem alten §erfommen berul^enben 6apitel§ftatuten bie 9luf=
fidj)t ju über bie ©rfüHung ber 3lmtöpflid^ten ber 3Kitglieber beö 6olle=
giumö unb bie ©orge für bie ©rl^altung ber 9ted)te unb g^rei^eiten be§
©apitelö, bem Xdan bie SKerraaltung ber päpftlid^en (Süter unb bie
©erid^töbarleit barauf, bie Berufung ber ßapitularen ju ben Sifeungen
unb baö ^räfibium barin, unb bie ©ibeöabnal^me von allen neu auf-
genommenen aJJitgliebern, ber ßantor l^atte bie Ueberroai^ung ber fird^=
lid^en Zeremonien unb mußte im 3lamen be"^ ßapitelö ben Äird^euDifi^
tationen beiraol^nen, bie Sluffid^t über baö @dE)uln)efen, fo meit biefelbe
nod^ bem (Sapitel juftanb, blieb bem ©d^olaftifuö, ber auc^ bie ©teile
eines 2lrd^it)ar§ t)ertrat. — Bä)on §erjog 33ogiölat) X. ^atte fic^ bie
Sefe^ung ber ^räpofitur von Sllejanber VI. oerlei^en unb von beffen
3}adt)folger Suliuö II. beftätigen laffen^^). 2ltö „oberfter ^atron unb
©d)irm^err beö ©tifte§" l^atte er biefe ©teHung feinem 9iat^ 3. Äitfd^er
(14119) unb nad^ beffen abtreten Soad^im ^late (1509) übertragen,
bemfelben, ber in fo üer^ängnißooller SBeife in ben Slbebar'fc^en ^rojefe
eingriff. Sßfet mujste fid) baö ©tift aud^ in bie Jiot^raenbigfeit pnben,
bafe ber neue Sifd^of mit bem Sted^te ber SRomination bie SSefe^ung
aller ^frünben an fid^ jog.
5Die l^eilfamfte aSeränberung mar ol^ne Sroeifel bie, baß oon ben
Snl^abern ber ^frünben neben i^ren eapitelöpflid;ten nod^ beftimmte
Seiftungen für bie Äird^e unb il^re Snftitute geforbert mürben.
S3alb na(^ ber ©infefeung beö neuen Sifd^ofö mar für baö ©tift
eine befonbere, mit einem ßonfiftorium t)erbunbene ©uperintenbentur
eingerid()tet morben, ber britten in ^ommern, fo baß jefet jjeber ber brei
regierenben §erren eine befonbere fird^lid^e jOberbel^örbe in feinem fianbe
l^atte. 3um erften $Bermalter ber ftiftifd^en ©uperintenbentur mürbe
S)r. SBenebiger ^^), abiiger §erfunft aus 3Rorungen in ^reugen, berufen,
ein gelehrter unb frommer aWann, von 3WeIand^t^on unb Sugenl^ageu
— 31Ö —
mit bem S)octotl^ute Derfel^cn, erft ?ßrofeffor in Sffiittenberg, bann iit
9iofto(f, S)a ©olbcrg ber ©i| beö ©onfiftoriumö iDurbe, fo nal^m SBe=
nebiger bauemb feinen 2lufentl^alt in ber ©tabt. Site ein eifriger ^rc^
biger l^ielt er nebenbei unter großem Subrange bie SBeöperprebigten in
ber 3Karienfir(i^e, ol^ne ba§ er beöl^alb ju ben ftäbtif(3^en ^rebigem ge^
l^ört ptte. — 3u biefcm 6onfiftorium follten bie ßopitularen afe S5ei=
fifeer l^erangejogen werben, unb bie, weld^e fi(^ weigerten, follten 8Ser=
treter [teilen, ober auf il^re ^räbenben SSerjid^t leiften. S)ie gorberung
erregte unter ben bequemen, jum Sl^eil einer fotd^en 3lufgabe wenig ge^
wad^fenen §erren grojse SBeftürjung, unb ate fid^ geigte, baj3 eö ber
bifd^öpid^en Slegierung mit ber ©ad^e emft fei, gaben brei berfelben,
®raf Subwig v. (Sberftein, aw. v. 3Jlanteuffel unb Sofob v. ^uttfamer,
ber lefete ein l^o(^betagter ©reiö, i^re ^räbenbeu auf, um in ©emäd^^
lid^feit auf il^ren ©ütern leben ju fönnen. 6ö fd^eint jjebod^, ate ob
bie l^eitfame aSerorbnung balb mieber in SBergeffm^eit gerat^en fei.
2)aö S)efanat unb ein %f)e\i feiner §ebungen würbe jefet mit ber ©uper=
intenbentur tjerbunben unb blieb bei berfelben bis jum Sobe ©belingö,
bes SRad^folgerö t>on SSenebiger (1602). 3u feinen anbent ©innal^men
l^atte aSenebiger fid^ aud^ freie SBol^nting, freies §olj, 96 ©d^effel aiog-
gen, 1 £aft ©erfte ju 83ier, 1 guten ©d^fen, 6 §ammel, 3 ©c^weine,
2 Sonnen ©alj unb J lEonne SSutter jufid^ern laffen. —
3lufeer ben refibirenben ßapitularen würben ate S3eififeer jum Gon-
fiftorium gejogen: ber erfte ^aftor, ber ©pnbifus unb ein StatJ^ßoer-
wanbter ber ©tabt. @inö ber t^ätigften SKitglieber ber neuen Sel^örbe
war ber ©(^olaftifuö unb aSicebefan g^aufiin Änigge, ein alter el^rwür-
biger ^rälat, aud^ bifd(^öfli(^er Äanjler, wol)l erfal^ren in ben Siedeten
beß ßapitete (er ftarb J587, fein ^ilapl^ium ift in ber aWarienfird^e).
aSenebiger wibmete fidj) feinem 2lmte mit ber gröjsten Eingebung.
S)ie aSifitation im ©tifte l^atte überall gro^e Uebelftänbe ergeben: bie
aWenfd^en waren nod^ t)ielfad; ttjeite papiftijd;, t^eite wiebertäuferifd;
gefinnt, von ben ^rebigern waren mandf)e faft unfäf)ig, i^r 9lmt ju t)er=
walten, mand^e liefen il^ren Äüfter ober 3«ngen baö ©oangelium lefen unb
trieben felbft SRotariatsgefd^äfte. aSenebiger war milbe gegen bie Qäfroa^r
d^en, er bulbete fie im 2lmte, wenn fie aSefferung gelobten, bie Unt)er^
befferlid;en entfernte er. SBo cö bie 3lufred^terl;altung ber Siri^enorb*
nung galt, ba jeigte er eine burd^ feine 9Jüd[id;t auf SRang unb ©tanb
beö ©ünberö beftimmte geftigfcit unb ©trenge. — ©uftad^ius t). SBoperfis
now Ijatte (1558) Süi'ßen Slabbüge auf einer §od^jeit in ber ©tabt an
— 819 —
bcr ©cite feiner STanjerin fo ,,in ben §afe" geftoi^^en, bafe betfette an
ben ejolgen ber SBerrounbung ftarb. @r toax batüber t)on ber ©tabt t)er5
feftet, l^atte fid^ \eboä) fpäter burd^ Sal^lung eines Slutgelbeö t)on
600 ff., t)on bem 100 fl. an ben ßolberger SRatl^ fielen, mit ber beleih
bißten gamilte wieber auögeföl^nt 3la^ ber Äird^enorbnung mufete ein
foldjeä SBerbred^en, wenn ber weltUd^en ©brigfeit unb bem beteibigten
Sfieile ©enugt^uung gefc^el^en mar, nod^ burd^ eine öff entHd^e . Äird^en-
bujse gefü^nt merben. SDer Uebelt^äter mufete babei, fo lange bie ^re-
bigt bauerte, angefid^tö ber ©emeinbe am 2lltare fielen unb mürbe erft,
nad^bem ber ^rebiger von ber Äangel ^erab befannt gemad^t l^atte, ba^
ber arme ©ünber fein aSergel;en Ijerjlid^ bereue unb um SBergebung
bitte, abfoldrt unb jum 2lbenbmal^l jugelaffen. 33enebiger forberte,
bafe aud) SEBoperönom fid) ber fird^lid;en Orbnung unterwerfe, unb mei^
gerte fid;, i^n alö Saufjeugen jujulaffen, biö er Äird^enbuge getrau.
Xoä) SBoperönoro befd;iüerte fid^ bei bem 33ifd^ofe unb fefete burd& ben
6inPu§ feiner x)orne^men SBermanbtfc^aft burd&, bajs ber ©uperintenbent
erfud^t mürbe, gelinber mit bem Später }u oerf a^ren, i^m menigftenö
äu geftatten, bafe er abgefonbert im l^ol^en 6^ore in einem ©eftü^le
33u6e tl)ue. 3tn ©tidf) gelaffen von ber bifd^öpid^en 3legierung, blieb
aSenebiger menigftenö bei ber gorberung, bafe bie 33efanntnmd^ung von
ber Äanjel l^erab . erfolge, unb ba^ ber Uebeltl^äter 50 fl. ©träfe an
bi^ Äird^e ja^le. — Ueber ben 2lu§gang beö ©treitö mirb nid^td be-
rid^tet; bod^ fte^t bie gleidj barauf erfolgte 3Jiilberung jener l^arten
öffentlid^en Äird^enbujge ju einem ^efenntniffe vox bem ^^rebiger in
®egenmart t)on jmei Beugen oljne 3«)eifet mit biefen aSorgängen in
SBerbinbung.
SDaö §auptmerf äJenebigerö mar bie Umgeftaltung unb 9teuorb-
nung ber fird^lid^en SBert;ältniffe Don ßolberg. —
©d^on SBifd^of SBei^er l^atte (1554) eine Äird^enmfitation üon
©olberg t)erfud^t, jebod) nur bie 5froftlofigfeit ber 3uftänbe in Äird^e
unb ©c^ule babei red^t an ben S^ag gebraut, o^ne etmad baran ju bef-
fem. S)ie beiben feinbtid^en aWäd^te, 9lat^ unb ©apitel, bel^arrten in bem
unerfreulid^en SEBetteifer, möglid^ft wenig für Äird^e unb ©d^ule ju
t^un. S)aö ©apitel mieö jebe aSerpflid^tung, biefe auö feinen 3Kitteln
ju förbern, jurüdf ; eö fei ein befonberer ©tanb im ©tifte, unb maß e§
t^ue, t^ue eö auö gutem aOBillen. S)er SRat^ bagegen fonnte nid^t be
greifen, bajs bie ^frünben nur baju uori^anben feien, um ben SJoml^errn
ein bel^aglid^eö S)afein }u t)erfd()affen; er befd^roerte fid^, ba& bie ^e^
— 320 —
folbung bct Sd^ut- unb Ältiä^enbicner jum größer« Ji^eil an^ bem
Bixdd bcr Ääntnterei entnommen werben muffe, man fönne biefer ni(3^t
neue Saften aufbürben; baö ßapitel muffe l^elfen. ®r ma(]^te enblid^
feine 3lnfprü(^e mit fol(ä^er Äraft geltenb, ba§ baö ßapitel bie §ülfe
beö SBifd^ofs 3Kartin 9Beil;er gegen il^n anrief.
Sßon (Seiten be§ neuen 33ifd^of§ mar fd^on 1558 bem ßapitel ju
Derftel^en gegeben, bag er fämmtlii^e SBeneficien an fi(^ jiel^en unb fle
felbftftänbig verUi^m merbe, menn in biefer Baä)e nid^tö gefd^el^e,
unb biefe SDrol^ung l^atte aud^ bewirft, bafe neue Unterl^nblungen über
bic Äird^em unb ©d^ulbotationöfrage angefnüpft mürben ; e§ mar jebod^
immer nod^ eine fd^mere 3lufgabe für bie bifd^öflid^e ^Regierung, bie
beiben ^^arteien jur SRad^giebigfeit unb jur 58ereinigung ju bemegen
unb jugtei(^ bem ßapitel bie ©tettung mieber ju Derfd)affen, bie ber
$Ratl^ il^m lange mit ©rfolg ftreitig gemad^t l&atte.
3m Sn^te 1560, in ber SBod^e nad^ Siibilate begannen bie ^x^U
tatoren SBenebiger, §. u. 5Wormann, ©tattl^alter im ©tift, 3Rid^. Seu-
ber, Äaujler, 9l§mu§ v. ^fJobemite, ©tiftöDogt, unb ®eorg v. Seömar,
}u 33ud[;l)oIj erbgefeffen, auf bem SRatl^l^aufe ju Solberg i^r 3Berf. ©ö
foftete einen Seitraum Don aä)t Salären, um bie beiberfeitigen 3lnfprüd^e
auöjugleid^en; biämeiten bilbeten, wenn man über bie ©ad)e \d)on einig
mar, görmlid^feiten ein §inbernife: beibe Steile maren bereit, baö
heiieficinm satis im Setrage Don 48 Saft ©alj ber ©(^ute jujumenben,
aber lange ftritt maw, mer alö ©eber angefel^en merben folle; baö ©a?
pitel berief fid) auf fein alteö S3efifered^t, ber 3tat^ beliauptete, eö ge=
l^öre ber ©tabt, ba eö auö ber ©labt altem @igentl;um, ber ©ülje, lier-
fomme. ®ie größte ©(^mierigfeit perurfai^te bie ©rbnung beö ^atronatö^
re(f)teö unb ber Suriöbiction über ®eiftli($e unb Seigrer. 35aö6apitel
forberte für baö älufgeben eineö St;eilö feineö alten 9^ed^tö unb für bie ©im
räumung beö SBicarienl^ofeö jum ©d^ull;aufe luenigftenö Slut^eil am ^a=
tronat unb an ber Sitriöbiction ; ber 3^atl) erbot fid^ ^mar, ben §of auö^
jubauen, il;n mit Sectorien unb Sefirermol^nungen auöjuftatten, aber baö
feit ber 9ieformation in ßolberg geübte ^^atronatöred;t moltte er mit
bem ©apitcl nid^t tl;eilen, überljaupt mit il)m in feiner SBeife ©entein-
fd^aft l;aben. ©ö fam in biefer ^aA)t biö jur ©eftuplif, ©eptuplif
unb jDctuplif; bod; gelang cö enblid^ bem auöbauernbeu ©ifer SSenebigerö,
bie §artnädigfeit beiber Parteien ju bejmingen unb einen SJergleid^ ju
©tanbe jU bringet!, ber 1568 t)on 3oljann g^riebrid) beftätigt imirbe.
STomcapitel unb 3vatl; )^a\it liiernad) gemeinfam baö ^^Jatronat
- 321 —
Über bie 9JlartenKr(3^e itnb bie grofee ©(ä^ule. ®ie refibtrenbcn ßopi^
tularen foEen fid^ bei ber SBal^l ber Äird^en^: unb ©d^ulbiener über eine
tauglid^e ^erfon t)ergleid^en, Jiä) babei freimblid^ unterreben unb ni(ä^t
in jänf if d^er unb üppiger Sffieife wiberfpreiä^en" ; bie ^erf on, über bie jte
iiä) geeinigt l^ätten, foEten fie bem ©uperintenbenten naml^aft mad^en,
bamit bief er bie SRed^tgläubigf ett unb bie S3ef ä^igung be§ ßanbibaten
einer Prüfung unterwerfe; l^atte berfelbe nidf)tö ju erinnern, fo erfolgte bie
33erufung von ©apitel unb SWatl^, von beiben raurbe wet^felweife bie
5ßocation auSgefteEt. konnten fid^ beibe nid^t vereinigen, fo ftanb bem
33if(^ofe ju, von ben t)orgefd^Iagenen ^erfonen eine auöjuwäl^Ien. SEBenn
fid^ l^erauöfteEte, baj3 ber ®ewä^U falf(^er Seigre anl^ing, ber Slugö-
burgifd^en ©onfeffion unb ber eingefül^rten Äird^enorbnung unb Slgenbe
ni(f)t folgte, ober fi(^ einem ärgerli($en Sffianbet ergab, fo foEten 5Ratl^
unb ©apitularen bem ßonfiftorium baoon 2lnjeige mad^en, unb raenn
er fid^ auf eine t)on,biefem ergangene 3Ka^nung nid^t befferte, il^n feineö
2lmteö entfefeen. Sffiaren bie beiben Patrone in foldfiem gaEe nid^t
einig, fo foEte aus ben t)orne]^mften unb gelel^rteften ^farrl^erren eine
©pnobe berufen toerben, um eine aSerftänbigung l^erbeijufül^ren, gelänge
biefelbe nid^t, fo foEte bie ©ac^e einer Unioerfität 3lugöburger 6onfef=
fion übergeben werben, beren 'äluöfpru^ majsgebenb fein foEte.
3u aEen übrigen, geiftlid^en unb weltlichen Sa^m, weld^e nid^t
bie (Entfernung vom 3lmte betrafen, fianben Äird^en^ unb ©(^ulbiener
mit g^rauen unb Äinbern vov bem ©onfiftorium ju SWed^t, fie wareit
frei Don bürgerlid^en Saften unb genoffen Steuerfreiheit, ausgenommen
oon §äufern unb 3ledEern, bie fie aus eigenem SSermögen erworben
^tten.
S)aS ßapitel überlief ber ©tabt ben Sßicarieni^of jum ©d^ut|)aufe.
2)ie ©erid^tsbarfeit barin ftanb bem SRatl^e ju, ausgenommen über Selirer
unb Bä)üUx; bie lefeten ftanben in Baä)tn, welche über bie ©(^ut
bisciplin l^inausgingen, unter bes Sfatl^es unb bes Sapitels ©erid^ts^
barfeit» 5DaS §aus foEte fein 2lfi;l fein, unb beibe Steile l^atten bas
SRed)t, bie unter il^rer ©erid^tsbarfeit ftefienben SBerbred^er l^erausjul^olen.
2lus biefen ^atronatSDerl^ällniffen l^erauö bilbete fid& baS foge=
nannte ^atronengerid^t. ®S beftanb an§i bem S)efan bes ßapitels unb
bem älteften SBürgermeifter; ber ©pnbifus bes (Sapitels war beftänbiger
©ecretär unb bas S)efanatsl)aus bie ©erid^töftätte. SRad^ ben ©tatuten
von 1683 ftdnb i^m bie ©ntj'd^eibung oon ©treitigfeiten ju, bie in ber
aWarienfird^e wegen ber ajiänner^ unb grauenbanfe entftanben, [o wU
— 322 —
^er ©Ecejfe, bie in ber Äird^e unb ©d^ulc begangen würben^ 58on feinw
33efd^lüjfen würbe ni(ä^t an baö ©onfiftorium, fonbern an baö ^o\Qexxä)t
appeHlrt*
3la^ n)ie t)or blieb bie ^apengaffe mit fämmtUd^en barin gele=
genen Sürgerl^äufern, ausgenommen baö ©cfl^auö an ber 3Künberflra^e,
beffen Eingang aber ni(3^t in ber ^apengaffe fein burfte, unter ber auö=
fd^Iieglid^en Suriöbiction beö ©apitelö, ebenfo ber ^rälatend^or in ber
SUlarienfird^e, raeld^er an§^ ben 3Kitteln beö ©tiftö (bem Seftament be
2Biba) erbaut mar unb erhalten mürbe, unb bie unter einem S)ad^e mit
i^m gelegene ©armefammer; unb als bie[e 1618 na^ ©urd^bred^uug
ber ©citenmanb ju ber Äir^e gejogen mürbe, gefd^al^ bem 9ie(3^te ber
Prälaten fein äbbrud^: ©emölbe unb Segräbniffe bafelbft ftanben biö
jur 2lufl^ebung beö ßapitete unter il^rer ®eri(3^töbarfeit.
Si)ie 3Ritgeri(ä^töbarfeit bagegen auf bem Äir(ä^l;ofe unb in ber
Äird^e, ,,bie auö ben Sölitteln ber Äämmerei erlialten mürbe", mad^te
ber SRatl^ bem ©apitel nod^ lange ftreilig, ebenfo ^ab SBeranlaffung ju
SKife^ettigfciten bie concurrirenbe ®eri(äf)töbarfeit, meldje baö ßapitel in
Baä)tn beö ß^ebrud^ö unb ber Unjuiäfit in ber ©tabt mit bem SRatl^e
l^atte unb bie fo georbnet mar, ba§ ber einmal t)or bem einem ©eric^te
anl^ängig gemad^te gaU nur t)on biefem entfd^ieben unb nid^t mel^r vor
baö anbere gejogen merben burfte.
35ie Beilegung beö alten §aberö über bie erlebigten S3eneficien
mai^te au(^ eine beffere SDotirung ber ^^rcbigep unb ßel^rergel^ätter
(über bie lefeteren f. 6ap. 21) möglidf). Sm Salute 1594 mürben nod^
88 öenepcien mit einem ©apital oon 36,341 3Jlaxl bered^net, meiere
mit 2luöna^me einiger ju ©tipenbien für ©tubirenbe oermanbter jum
Sefolbungöregifter gefd^lagen maren. SDodE) maren bie ©e^älter nod^
immer Inapp genug bemeffen, SDaö beö ^aftorö an ber 3Jlanenfird;e
betrug im Sa^re 1568 125 fl., beö 2lrdE)ibiafonuö 70 fl., be§ ©t. ©pi=
rituöprebigerö nur 50 fl., unb erft 1726 mürbe biefem mieber eine
ämtämo^nung errid^tet. S)aö ^aftorat mürbe t)om Siatl^e nad^ langem
3ögern enblid^ 1654 in ber Älauöftrafee erbaut, baö Slrd^ibiafonat in
berfelben 3eit an ber Söttd^er:^ unb Älau§ftrafeem®dfe. 33ere(^tigt mar
mol^l bie Älage JJorbenö, beö alten ^aftorö an ©t. 9Kfolai unb bann
an ©t. ©pirituö, ate er na^) breiBigjäfjriger S)ienftjeit ben SRat^ um
eine Unterftüfeung jur Sejal^lung ber 2lröenei unb 2lpotl;efe anging, bafe
er fic^ ein mül^fameö &eUn l^inbur^ mit menig ©e^att unb oiel 2lr=:
mutl^ l^abe bel^elfen müffem 3Kit SRüdffidjt auf bie färglidjen ©innal^men
— 32b —
biefer ©tette l^atte ber 3iatl^ \6)on ber SSittwe feine« SJorgängerS Siets
ftäbt eine ^röüe in @t. ©piritus ober ©t ©eorg unb feinem ©ol^ne,
wenn er ftubiren wolle, ein ©tlpenbium jugefid^ert. ©onft lie& er fid^
bie ©orge für bie SBittroe unb bie Äinber eines geftorbenen ^rebigerö
gern burd^ beffen 5Rad^foIger obnel^men unb war — in Uebereinftim^
mung mit ben SSel^örben — bem ©anbibaten geneigt, ber älnftatten
mad^te, bie SSBittrae beö SPorgängerö ju l^eirati^en. S)iefer 33rau(|
pnbet fid^ anä) anberärao, am t)erbreitetften mar er auf bem Sanbe. @ö
gab S)0rffir(^en, j. S. in §of, mo in ununterbrod^ener 3iei^e Sai^rl^uns
berte l^inbur^ ©ol^n ober ©c^wiegerfol^n folgten unb bie ^farrftetten
in ben gamilien gemiffermaßen erblid^ mürben.
gromme ©tiftungen, burd^ raetd^e ber SBefolbungäfonb l^ätte oerftärft
werben Unnm, fel^lten in ber erften §älfte beö Sa^r^unbertä faft ganj; ber
®ifer ber fat^olif(^en 3eit fd^ien erlofd^en ju fein, greitid^ fonnte bie neue
Äird^e i^ren aWitgliebern nid^t bie ©egenleiftung bieten, meldte bie fat^bs
lifd^e mül;elo§ auö bem unerfd^öpftid^en ©nabenfd^afee ber 33erbienfte
i^rer ^eiligen nal^m. 9lfe man ]561 bie 3al^l ber 3JJänner= unb
grauenftül^le rermel^rte in ber §offnung, burd^ ben SBerfauf berfelben
bie ©innal^men ber Äird;e ju t)ergröfeern, fonnte man bei ber ©teic^^
gültigfeit ber ©emeinbe nur mit SKül^e bie SedEung ber Unfoften er^
jielen. 6rft ba§ folgenbe 3a^rl;unbert legt burd^ jal^lreid^e Segate ein
fd^öneö 3eugni6 ab t)on einer red^t proteftantifd^en, auö ber Siefe beä
frommen §erjenö quellenben SDiilbtljätigfeit in ber ßolberger SSürger^:
fd^aft für Äird^en, ©d^ulen imb §oöpitäler, bie wertJ^DoBer mar, als
bie mel^r äu^erlit^e be§ a)cittelalterö. S)od^ bleiben bie ©innal^men ber
Äird^e immer bürftig, unb me|r als einmal wirb in ben vergangenen
3al^rf|unberten bie ^lage lout, bajs ber ateuen Äird^e auö bem reid^en
©d^afee ber alten ho6) nur fpärlid^e ätlmofen jugelommen feien. —
SDaö 3JJitpatronat be§ ßapitetö befd^ränfte fid^ auf baä ^Paftorat
unb 3lr(^ibiaIonat an ber SUIarienürd^e, bie übrigen geiftlid^en ©teilen
waren ftäbtifd^cn ^atronats. S)er 3lnfprud^, ben baö ßapitel 1580
fraft feines 3luffi(^t§red^teä ani) auf bie lefeteren erl^ob, würbe t)om
Statte feäftig jurüdEgewiefen, unb anä) bie bif(^öfli(^e ^Regierung fal^
ein, ba§ jwifdtien einem Snfvcctor berÄir^e unb einem 3Kitpatron no(^
ein Unterfi^ieb fei.
5lBar auc^ gleii^ mä) ber ^icformation bie 3a^l ber ^ßrebifanten
größer gewefen, fo beftanb bod^ balb, etwa feit 1543, baö ^^l^ittige
aJJinifterium" auö nur brei 3Kitgliebem, bem ^aflor an ©t aWarien
— 354 -
iiiib feinen Betben Äapettanen, von benen ber erfte, ber auc^ i^loftetpre^
biger war, geroöl^nlic^ 2lr(|ibiafonuö, biöraeilen aSicepIebanus, ber äipeite,
ber bas Pfarramt am ^eiligen ®eift befleibete, aud^ ©ubbiafonuö ge=
nannt würbe. 3)er ?Pa[tor primarüis ^tte bie §auptprebigt an ©onn=
unb ^efttagen, ber 2lr(äf)ibiafonu§ bie g^rü^prebigt. SDie ©onnerötagö?
prebigt wed^fette jroifdfien beiben. Senem ftanben bie Trauungen, biefem
bie Saufen in ber aWariengemeinbe ju, beibe l)ielten 33ei(äf)te. S)er ©u6-
biafonuß t)erfal^.biö 1625 bie SBegperprebigt, wo fie bei ber ©(^wäd^lid^-
feit beö bamaligen ©t ©piritusprebigerö bem Kollegen am ©t ®eorg
übertragen würbe, ber fie bi§ 1653 bel^ielt. S)ann eignete fid^ ber
©uperintenbent ©roffe na(^ 6beling§ Sßorgange, ber fie frül^er jeitweife
gel^alten, biefe bat)on fo genannte „©uperintenbentenprebigt" an, ol^ne
jebod^ bafür ©el^alt ju empfangen, unb feit 1676 würbe fie non ben
^^atronen mit einem ©el^alt t)on 20 Si^alern meiftenö an Se|irer über^
tragen, mij^ blo^ an SRectoren, fonbern aud^ an ßonrectoren unb 6an=
toren/ ©eit bem 2lnfange beö 18. Sai^rl^unberts würben befonbere
aSeöperprebiger angefteHt, oxxii Äated^eten genannt, weit il^nen ba§ ©fa-
men unb bie S3etftunbe übertragen würbe, ©eit 1817 ift bie ©teile
eingegangen.
S)er 2lr(^ibiaIonuö war jugleid^ Ätofterprebiger. Mag. ©ngel:^
brei^t würbe 1543 aud^ al§ ^lofterprebiger nod^ oom 9lat^e berufen,
aber feit ber SBif(^of ba§ ^(ofterpatronat erftritten liatte, ftanb bie SSe-
rufung il^m (fpäter ber preufeif(^en SJegierung) ju. SDer 2lrd^ibiafonu§
beburfte alfo einer boppelten SBocation, unb bie Patrone pflegten fid^
t)or ber SBal^l erft mit ber SJegierung barüber ju t)erftänbigen.
aWit ber Älofterfird^e (feit 1653 audl; ©arnifonfird^e, t)ieaeic^t
aud^ fd^on in fd^webifd^er 3eit) würbe bie Sol^annisftrc^e auf ber 211t-
ftabt t)erbunben. 3ur Seit ber Sieformation wirb ba§ SKeffelefen in
il^r aufgel^ört l^aben, fie ftanb t)eröbet unb war 1632 fo in S^erfatt ge^
ratl^en, ba^ man an il^re t)ottftänbige Slbtragung bad)te, unb bafe ber
©tift§t)ogt mit bem Statine über bie Slnlegung einer neuen Kird^e „auf
bem aSaHe" ntl^n bem jum 3lmtöbrauf)aufe geworbenen alten ^lofter
Der^anbette. ©rft 1670 unter ber ^Regierung beö großen Äurfürften
würbe fie als bie t)ermeinttid^ ältefte Äirdje ber ©tabt wieber l^erge*
fteat. gür bie Sewoliner be§ 2lttftäbt if djen 9Httergutö, beö früheren
Älofterbejirfe, bann lanbeöl^errlid^en SDomäucuDorwerfö, wirb alle 3Sier=
teljal^r t)on bem Älofterprebiger ba§ l^eilige 3lbenbmal^l auögetl^eilt,
2)ie ^eilige ®eift= unb bie ©ertrubentirci^e, bie in fottjoUfc^er
~ 325 ~
Seit befonbere ^tcbane l^atten (im So^te 1546 crpit baö ©(tpltcl, baft
bamalö alfo fd^on proteftanttfi^ geracfen fein tnujg, t)om 35ifd^of bie 3ln^
loeifung, ©t. ©ertrub mit einem ^rebiger ju t)erfel^n), bilbeten nad^
ber ^Reformation, fidler feit 1554, nur ein „Äaöpel". ©ö gel^örten baju
bie ^eiligen ©eifiteute unb bie 3Hül^lent)orftabt, bie mol^I fd^on frül^er
jur ©t ©pirituöfird^e gel^örten, unb bie ebenfalls f(|on feit langer Seit
(f. ©. 206) in ©t ©ertmb eingepfarrten Statl^öbörfer: Sorf, ©eHnoro,
aBerber, Jledfnin, baö ©apiteteborf Suggentin, ba§ Älofterborf SBobrot,
bie Äopten auf ber ättftabt (SBalleute) unb ber afe SBol^nung t^er^
mietl^ete „rotl^e Si^urm" (ginfenburg) bei ©effnora. SDie gifd^er im
ßolberger S)eep jal^lten il^re fird^Iid^en 3lbgaben an bie ©ertrubenürd^e,
waren aber fd^on bamafe in Sangenl^agen eingepfarrt unb l^atten bort
i^re 33egräbni§pläfee. SBuggentin würbe nad^ 1630 ju Semin - gelegt,
ba feit ber Stbbred^ung ber ^erfantebrüdfe bei 3lltftabt ben SBewol^nem
ber aSeg nad^ ©t. ©ertrub erfd^roert war. S)a]^er l^at bis in bie neuefie
Seit ber ^rebiger in ©t. ©pirituö von jebem 33auer biefes SDorfes
1 ©d^effel unb von bem bortigen 3RüIIer i ©d^effel ju lieben, wäl^renb
ber ^rebiger von Semin nur i ©d^effel von jebem erl^ält — 6ö
famen in fpäterer Seit nod^ l^inju: bie SBoIIfpinnerfoIonien SReu^Sorf
unb 3leu::2Berber, bann ©ribow unb bie neueften Slnfieblungen auf ber
Eolberger gelbmarf: 3fieu5©elbem, ©rünl^aufen, Äarfoberg unb am
©rabirwerf.
2)er ^aftor an biefen Äird^en prebigte am ©onntag frül^ in
©t. ©ertmb, am 3Kittn)od^, fpäter am 3Kontag (f. Safobifird^e ©. 326)
in ber l^eiligen ©eiftfird^e, wo er aud^ an ben großen g^eften baö
Stbenbmal^l auötl^eilte. SCud^ nad^ 3lbgabe ber aSeöperprebigt l^atte er
an ber 3)larien!ird^e amtlid^e Sßerrid^tungen : er l^ielt am Karfreitage
jwif d^en 12 unb 1 Ul^r bie „®insprebigt", an^ Seid^enprebigt genannt,
weil fie immer oom Sobe (Sl^rifti l^anbeln mußte, unter großem Subrange
ber fd^on burd^ bie ©eltenl^eit angebogenen ©emeinbe. 2lußerbem würbe
il^m gewöl^nli(^ bie S3etftunbe in bem großen Äotl^en^xuf bem ©aljberge
jur ©iebejeit von ber ©ülje übertragen, ©eit 1630, wo bie ©ertm=
benfird^e abgeriffen würbe, fanb ber ©onntagögotteöbienft in ber ©piri=
tuöftrdfie ftatt, würbe nad^ ber SBiebererbauung jener Äird^e 1663 wieber
bortl^in verlegt, feierte aber, ate biefe 1674 jum jweiten aWale unb für
immer abgebro^en war, abermalö nad^ ber ©pirituöfird^e jurüd unb blieb
l^ier, ba ba§ SBerfpred^en beö Statins, in SBerber eine neue Äird^e ju er-
bauen, nid^t jur Slui^fäl^mng !am. ®rft 1864 ifi baffelbe— ^xeiU«^ m^%^^-
— 826 —
gebung ber ©pirituöfttd^e — eingelöst worben. — 9^a^ bet Serftö^
rung ber ®ertrubenfir(if)e würbe ber 2lltar berfelben in bie l^eilige ®eift
txxä)e gebracj^t unb bort, wieberl^ergefteBt unb t)erf(i^önert, jum §ttupts
altar gema(3öt. SDer alte ©d^nifeaftar, bcftel^enb auö einem 5IWittelfd^rein,
ber eine 3Kabonna mit bem Äinbe, umgeben t)on einer ©tral^lenglorie
unb einem großen SRofenfranje entl^ält, unb auö jmei ©eitenpgeln mit
je fed^ö Heiligenfiguren, würbe tro| feines l^öl^eren Äunftmertl^eö an bie
Seite gef(3^oben.
S)ie 5Rifotaifir(3^e ftanb müfl bis jum Sa^re 1569, mo fie von
ben bamaligen §afen^erren mieber jum ©otteöbienftc eingerichtet mürbe,
©ie erf(^eint von biefer 3eit an vereinigt mit ber ©eorgenfir^e, in
meld^er ber ©otteöbienft melleid^t gar nii^t, menigftenö ntir auf furje 3eit
unterbrochen gemefen ift. 35er 1549 aH ©onrector berufene SB. ätberti
mürbe einige Saläre fpater ?ßaftor an ©t. SRifolai unb l^atte ^ä)on einen
SSorgänger gehabt. S)er erfte ^rebiger an beiben Äird^en mar Safob
gfiorben auö fiiolanb, von 1569 an. ®rft 1730 mürbe baö ®e^alt von
ber ©emeinbe mit SRüdfid^t auf ben bamaligen fe^r beliebten ^rebiger
Don 26§ Sl^aler auf 66 ki^aler erl^öl^t unb eine 9lmtömol^nung ange-
fauft. (S)ie ©(3E)i(Jfale ber Äird^engebäube bei ben t)erfd^iebenen Bela-
gerungen finb in ben biefe barfteHenben ©apiteln erjäl^lt.) S)ie 3Künbe,
^^fannfdimieben unb ©tubbenl^agen gel^örten f(ä^on 1569 ju ber Äird^e,
fpäter mürbe aud^ baö 1753 im ©tabtmalbe angelegte Soben^agen ba=
jugelegt. Sn ber ©t. ©eorgenlird^e mar non älterer 3eit ^er neben
bem ©eorgöfpital bie Sauenburger SSorftabt eingepfarrt, feit 3Ritte beö
17, Sai^r^unberts fam 33ullenminlel l^inju. ^Bereinigt mit biefer ©teile
mar aud^
bie 3af obif apeUe ; fie l^atte am längftcn öbe geftanben. Sürgen
S)ud^erom rid^tete 1588 biefe ^^spebmcani latronum^ in ber ©d^elmen
unb SDiebe i^re Sel^aufung l^atten", mieber ju einem Setl^aufe ein,
unterftüfet burd^ jal^lreid^e Heine ®aben ber ©emeinbe. 2Hle aWontage
um 7 U^r mürben l^ier von bem ^aftor an ©t. SRifolai gegen fel^r ge^^
ringe ©innal^men ©otteöbienft gehalten. 3m Sa^re 1630 mürbe fie
niebergeriffen, unb bie fpdtere ©rraeiterung ber g^eftungömerle vereitelte
bie 2lbfid^t beö SRat^s, fie mieber aufjubauen. ©eit 1650 l^ören bie
^aftoren oon ©t. 5Rifolai auf, fid^ ^rebiger von ©t. Safobi ju nennen.
Sftad^ ber 3erftöruug ber Äird^e mürbe bie aJiontagöprebigt in >ie ©t.
^piritusfird^e verlegt, \xvi> 1648 fanb aug unbekannten ©rünben eine
— 827 —
aSertaufd^ung fiatt, inbem ber ?Pafiot t)om l^ctliöen ®eifl ble SWontagö^,
bcr ?Paftor von ©t. 3lxMai bie 3)Httn)od^öprcbt9t übemal^tn.
Sm Saläre 1 664 tüäl^renb einer fd^toeren ©pibemie roar t)on bem
9iatl^e nocä^ ein befonberer ^eftprebiger angeftellt roorben,
3u ber gemeinfämen 3lrbeit ber t)ier, fpäter fflnf lutl^erifcä^en
^rebiger ber ©labt gel^örten an^ bie fogenannten Äated^iönntöprcbtgten,
in benen ber ganje lutl^erifd^e Äated^iömuö erflärt würbe; fie waren fo
geregelt, baj3 ber ^^aftor prim. unb ^er ©♦. ©pirituöprebiger bie crfien
§auptfiütfe in fed^ö in ben erften beiben SBod^en na6) Dftern gel^altenen
^rebigten auslegten, ber Älofter:» unb ber ©t. SWifolaiprebiger bie jweite
§älfte in gleid^er SEBeife mä) aWid^aeliö. ®rft gegen ®nbe beö vorigen
Sal^rl^unbertö würben biefe ^rebigten eingeftettt. ©emeinfam l^ielten
auä) bie ©eiftlid^en baö grofee Äinberejanten ab, welö^eö alle Saläre
!urj t)or ber ßonfirmation fiattfanb; jeber von einer ©d^aar von Äim
bem umgeben, fated^efirten fie äße ju gleid^er Seit.
3n Sejug auf SRang unb ©el^alt fanb eine Stufenfolge ftatt.
Site bie unterfte ©tette galt bie an ber 5Rifolaifird^e, bie Snl^aber ber?
felben rüdften gewöl^nlid^ bei einer SBacanj nad^ ©t. ©pirituö t>or, unb
niand^en war bie 2lnwartfd^aft auf bie bejfere ©teile fd^on in ber 5ßoca=
tion jugefid^ert. ©elang e§ i^nen, fid^ anS) bie ®unft beö ©apitete
unb ber ^Regierung ju erwerben, fo famen fie aud^ jum Slrd^ibiafonat.
3^ur jwei fel^r tüd^tige ajlänner, ^aul aWüHer unb Sogiölat) Siebel^err,
gelangten bur(^ aHe ©tufen l^inburd^ ju ber ©teile beä Fast, primär.,
ber erftere, obgleid^ il^m ber Siatl^ nid^t befonberö geneigt war, ba er
il^m auf einer frül^eren ©teile t)ielfad^en 2lerger bereitet, unter anbem
für ©el^altörefte, bie i^m unb feinem SSater, ber fein Sßorgänger im
3lmte gewefen war, nid^t auöbejal^lt wären, eine 3le(^nung t)on 4000
S^alem eingereid^t unb einö ber ftäbtifä^en ®üter, S3orI ober SBerber, ate
^fanb t)erlangt ^atte^«).
Streit M 9tatp mit ben SStifc^Sfeu Sul^ann ^riebri^ unb ftafintir um
Smttier TDtebertel^renbe ©elbnotl^ l^atte bte SBifd^öfc cinft gejTOiim
gen, il^re dieä)k unb Hebungen in ßolberg mä) unb na(^ an bie ©tabt
ju üerfaufen ober ju oetpfänben; eä xvat natürlich, baß bie erfiar!enbc
©taatögeroalt 33efugniffe wieber an \i^ ju bringen fud^te, bie il^r tl^eilö
i^rem SBefen m^, tl^eife fogar no($ urfunblid^ juftanben. SBäl^renb man
nod^ babet war, über bie fird&Iid^en SSerl^ältntffe ein leiblid^eö 3lbfommen
JU treffen, trat bie ^Regierung f(^on mit g^orberungen l^ert)or, meiere
ben diatf) in bem 33efi|e mirflid^er ober t)ermeintlid^er ditä)te bebrol^ten.
Gö war raieber bie Älofterfrage bie erfte, bie ju l^eftigem ©treite
führte. SDaö ^lofter, beffen SBürbenträgerinnen: bie ^riorin 2lnna
t). Sraunf(3^raeig unb bie „^ellerfd^e" SBarbara ©toring, fo toie über^
l^aupt bie 9Kel^rja|l ber in biefer 3eit genannten Ätofterfrauen ange:^
fel^enen ©olberger ©efd^lec^tem angefjörten, l^atte im Saläre 1563 ben
Sürgermeifter §anö 3lbebar jum ^(ofterpropft em)äf)lt. S)er Sifd^of
erKärte bie SBaf)! für ungültig; ate aber bie Stnigfrauen mit ^Berufung
auf i^r alte§ 3?ed)t, meld^eä i^nen bie freie 3ßa|)l beö ^ropfteö jufi(3^erte,
bei i^rer SBafjl bel^arrtcn, forberte er, ba er n)of)t wußte, wo^er jenen
ber 3)iut^ jutn 3Biberftanbe fam, ben SRatl^ auf, fein 3lnre($t auf baö
Älofter urfunblid^ ju beroeifen. SDiefer fanb fid^ n{(|t bemüßigt, bem
aSerlangen nad^jufommen, üielmel^r oeranlaßte er, mäl^renb er felbft fein
■Medjt bei bem SRei(äf)öfammergeri($t geltenb madjte, bie Sungfrauen, bie
§ülfe beä Iieitigen Saterö anjurufen. SDurd; ein jinfenfreieö, binnen
ai^t Salären in beftimmten Jiaten jurüdf jujal^Ienbeö SDarlel^n t)on 400 f(.
auö ber Äämmereifaffe 0 gab er i^nen 16. 2lpril 1565 bie jur ©rrei^
d)ung if)reö 3ielö nötljigen 3Kittel in bie §cinb, unb fd^on am 25. ©ep=
tember beffelben Sa^teö erfolgte oon SBien aus burd^i ben päpftlid^en
— 329 —
Segaten am fatferltiä^en §ofe Me SBefiätigunö ^^^ ölten Älofierprit)ite5
gten mit einfd^Iuß bcö Stentes bcr freien ^ropftraal^l ^).
2)0(ä^ bem SKatl^e genügte biefe §älfte noä) ni$t; tim ben römi=
f(3^en §of ju f(3^ärferem Eingreifen ju Beftimmen, rüftete er fid) felbft
ju einer 2lppeffation an ben ?ßapft. ©ein ©el^eimnife würbe jebod^ üer^
ratl^en «nb rief ni^t bloß bei feinen ©egnem, fonbem an^ in (Solberg
felbfi bei ber fireng Iutl^erif($en Partei einen ©türm ber ©ntrüftnng
gegen il^n l^erüor. S)ie ^rebiger wetteiferten, von bcr Äanjel l^erab
unter ben l^eftigfien ©d^mäl^ungen fein arges ©piel ber ©emeinbe bar^
julegen, unb von ben bif(^öp[i(3^en, gerabe jur SBifitation anroefenben
Statinen erl^ielten bie ©l^rbaren im SSerlaufe eines erbitterten SBortwec^^
fefe bie ©l^rentitel: „3JlameIutfen unb 2lbtrünnfge" ^). ©ie t)ertl^eibigten
fi(^ nad^ Gräften: „fie feien nie ber aWeinung gewefen, ben ^apft für
einen ®ott ju erHären; lieber wollten fie fid^ ben Äopf abl^auen taffen;
wenn fie ben ^apft „©eine §eiligfeit" titulirten, fo tljäten fie nur,
was alle g^ürften unb Äurfürften tpten; aud^ ber gnäbige §err in
©tettin l^abe ben ^ropft beaiissimtim et sandissimum genaimt, ol^ne
beöl^alb ein 3Wameiuc ju fein; fie gebadeten aber nid^t, fid^ il^r SRe$t
t)erfürjen ju laffen, unb l^ätlen baö ^^rir)itegium, au htn ^^opft ju ge^n,
wenn baffelbe bebrol^t wäre." SDo(^ l^ielten fie e§ unter bem ©inbrudfe
ber allgemeinen 3Ki6bilIigung für geratl^ener, t)on il^rem SBorl^aben ab::
juftel^n, „bem gnäbigen §erm von ©tettin ju Siebe wollten fie il^re
2lppelIation einftellen, ol^ne bamit il^r 3ted^t aufzugeben." ©ie vtxlm%^
ten nur bafür, baß man an6) ben ^rebigern bas ©d^mäl^en oon ber
Äangel l^erab unterfagen foBe.
aSie ber 5Ratl^, fo. fud^te fid^ ber SSifd^of burd^ Sunbeögenoffen ju
t)erftärfen *). Um bie ©täube in fein Sntereffe ju jiel^en, überliefe er
il^nen (1569 unb 1571) bas Ätofter mit bem Sebinge, bafe il^m baö
^atronatsrei^t ungefränft verbleibe. 2lls nun ber SWatl^ ä^g^tte, bie
unt)erjügli(^e ©infefeung ber ©täube in bie Älofterred^te jujugefte^en,
erfd^ienen am 28. SRooember 1571 mel^rere §erren ans ber SRitterfd^aft,
ßtauö t). aWünd^ow ju 3Jlerfin an il^rer ©pifee, in ^Begleitung von SBe=
waffneten auf ber 2lltftabt, nal^men mit ©ewalt von bem Sldferl^ofe
Sefife unb erließen einen SBefel^l an bie ^Bauern ber Älofterbörfer, fid^
bei einer ©elbftrafe von 20 Sl^alern fofort jur ©ibeöleiftung ju fteHen.
S)er JRatl^ l^atte fid^ fd^on gegen bas Ungewitter, wetdfjeö er i^eranfom^
men fal^, gerüpet, er l^telt ben ©inbringlingen ein faiferlid^es Snterbict
entgegen unb traf jugleid^ anfialten, ©ewalt mit ©ewalt in pertreiben*
— 380 —
©i(ä^ auf einen offenen Äantpf einjulaffett, waren bie Segnet ntd^t flarf
genug unb fie räumten beöl^alb vorläufig beii ©olbergern baö §elb.
®nen erneuten Singriff ju unternehmen, murbeu fie burd^ einen »efel^I
beft t)om SRatl^e fofort mieber angerufenen JReid^iSfammergerid^tö veti^in-
bert, meld^er ben Sifd^of Sol^ann g^riebri($ (14. STpril 157?) anmieö,
[li) jum 20. Slugufi beö Sa^reö in ©peier ju ftellen, unb il^n ju einer
©träfe t)on 150 aRar! ®olbeö t)erurtl^eilte. SDer 33if(]^of magte noö)
ni(3^t, fid^ ben Slnorbnungen beö SReid^iöfammergericä^tö offen ju rolber=
fe^en; er fu(ä^te noS) oor bem SReid^Wage Sluögleid^ mit ber ©tabt, unb
ber ©treit fi^lief auf einige 3eit ein.
SDaö Älofterpatronat war nicj^t bie einzige Sßerantaffung ju 3er^
mürfniffen jn)ifd^en ©tabt unb Sifcfiof ; aud^ flare unb verbriefte Siedete
fal^ ber SRatl^ t)on biefem verlümmert.
als im Saläre 1567 ber ©olberger Bürger Seo SWange ber SBittme
^aulö t). Äametfe ju ©trippom ©cä^ulben l^alber burd^ baö ©olberger
©tabtgerid&t jmei Säuern mit SEBagen unb ^ferben in ber ©tabt l^atte
feftl^alten laffen (f. ©. 255), mürbe er t)om Sifd^ofe beferol^lid^ ange^
taffen, unb angemiefen, bie Säuern fofort frei px geben, fein SRcd&t
aber bei bem fürftliiä^en ^ofgerid^t ju fud^en. JDefter fd^on mar ben
bürgern ber ©tabt oon ben Sif(^öfen ba§ 5Red)t fireitig gemacj^t, il^re
©(j^ulben im ©tifte burd^ ^fänbung felbft beitreiben ju fönnen, ganj
ntn unb unerl^ört mar il^nen bie §inmeifung auf baö fürfttid^e §ofge^
rid^t: alö pl^ere Sufianjen lannten fie nur ben Sübeder ^ati) unb baö
9iei(^öfammergeriä^t. 35aö 3iel ber bif(^öflid^en SRegierung mürbe il^nen
glei(^ nod^ beutli($er t)pr 3lugen gerügt.
®aö mad^fenbe ©elbftgefül^l ber lanbedl^errli($en ©ernalt fonnte
fi(^ mit einer fremben, in bie 9ied^t§t)erl^ältniffe beö Sanbeö eingreifen^
ben ©erid^töbarfeit ni(|t oertragen. 2)ie Berufung an baö SReid^öfam^
mergerid^t, meldte für Sommern fd^on 1544 bnxä) ein ?Prit)iIegium
Äarfe V. an bie §erjöge auf ©a(^en t)on minbeftens 500 fl. an SBertl^
befd^ränft morben mar, fonnte natürlii^ in bem beutfd^en SReid^Slanbe
nid^t unterfagt merben, mol^l aber mürbe in bemfelben Saläre 27. aWai
1567 t)on ber bifd^öftid^en ^Regierung t)erfügt, bafe nid^t mel^r Sübed,
fonbern bas fürftlid^e §ofgerid^t bie näd^fte l^öl^ere Snftanj t)on bem
(Solberger Statl^dgerid^te fein fotte. ©ö oerftel^t ftd^ t)on felbft, ba§ ber
SRatl^ mieber ben §ort feiner greil^eiten, bie SReid^ögemalt unb ba§
SReid^öfammergerid^t, anrief-
S5aö £)berl^aupt befi l^iligen römifd^en SReid^eö l^otte bie SSer*
— 831 —
!pPi(St«ttß, Seben {n feinem SRed^te ju f(i^üfeen, unb bamit aud^ ben
SRed^tötitel, in ben Sereid^ ber aufftrebenben Sanbeöl^ol^eit einjugreifen.
©d^on beöl^alb l^atte ber diat^ bie aSerbinbung mit ber Sfteici^dgeroalt
immer aufredet gu erl^allen gefu(|t; er l^atte t)on gerbinanb I. unb
aKajimilian II. bie Seftätigung ber ftäbtifcfien ^rit)ilegien in ber g^orm,
wie fie Äctrl V. ertl^eilt l^atte, itm fd^wereö (Selb erworben, ebenfo liefe
er fpäter (1578) roieber t)on Äaifer SRubolf II. bie ©tabt in beö SReicä^eö
©d^ufe unb ©d^irm aufnel^men unb vtvef)xtt i^vx babei aufeer ben xih
lid^en ©ebül^ren ein ©tüdf bei ßolberg gefunbenen Semfteinö von
11 i (!) ^funb^). — Soi^ann g^riebrid^ erl^ielt aud^ fogleid^ ein 3n^i-
bitorium, in ber ©ad^e nid^t weiter t)orjugel^en, unb bie Slufforberung,
fid^ ju einem beftimmten Sermine in ©peier jur aSerantraortung ju
[teilen, wibrigenfaHö man nad^ Siedet wiber il^n tjerfal^ren werbe.
S)er fonfl frieblid^ gefinnte Soliann griebrid^ fd^eute anä) l^ier
einen a3rud^ mit ber Steid^ögeroalt. ®r nal^m baö t)erfiegelte ©dfjreiben
gutwillig an unb t)erfpra(^, Scmanben mit aSoHmad^t ju f(5idEen, um
ben Klägern mit 2lntn)ort ju begegnen. S)er ^rojefe f(|leppte fidf)
Saläre lang l^in, bie Sefolbungen ber ^Jirofuratoren unb ©pnbici finb
in biefer 3eit jäl^rlid^ mieberfel^renbe ^bften in i>^n Äämmereiregis
ftem imb l^aben ber ©tabt außerorbentlid^e ©ummen gefoftet. ®a§
Urtl^eil beö SReidEiöfammergeridE^ts ift nid^t t)orl^nben unb unbefannt.
S)afe injroif(^en aber ber aSifd^of feine 2lbfi(|t nid^t aufgegeben
l^atte, jeigt ein ^rojefe, in meldten bie ©tabt in biefer 3eit mit £ufa§
t). SDamife auf aSuHenwinfel Derroidfelt würbe, tiefem mar fein aSiel^
t)om SRatl^e abgepfänbet, ba§ er auf ©olberger aSürgerroiefen l^atte lauten
laffen, hoä) er erf annte baö Sted^t ber ©tabt nid^t an, bel^auptele, bie SBiefen
mären feit langer 3eit in feinem Sefife unb belangte ben 3lat^ vor bem §of=
gerid^te. 2)er SRatl^, von biefem jur aSerantmortung geforbert, leiftete
nid^t golge unb uerflagte feinerfeitö Sufaö v. S)amife tmb ben aSifd^of
bei bem SReid^öfammergerid^t. 35er unerquidli(^e ^^rojefe jog fi^ nod^
6 Saläre l^in unb mürbe babur(§ beenbet, bafe fid^ S)amife mit bem
diat^e t)ertrug unb in bie ©tabt jog (1576). SDaß v. SDamife'fd^e aSie^,
uod^ burdö j^wei gepfänbete jDd^fen t)ermel^rt, mar biefe 6 Saläre ^im
burd^ im *^ifanbbefi|e beö 9?atl^ö geblieben ^).
aSon Eajtmir, bem erfl fed^jel^njä^rigen SSruber Sodann griebrid^ö,
meld^er, nad^bem jener nad^ aSarnimö Sobe bie ^Regierung beö „©tettiner
Drtö" tjollftänbig übernommen l^atte, in bie aSermaltung beö aSiöti^umö
eingefefet mar, l^e man in ^olberg anfangö bie beften Hoffnungen.
— 332 —
Slm 29. ßftobcr 1574'') jog et mit einem großen ©efotge t)on 500
^^ferben in ©olberg ein, beftätigte in jwei Urfunben bie ^üilegien
ber ©tabt unb empfing bie §ulbigung t)on ©eiten beö SRotl^ö unb ber
Ötirgerfd^aft. 2)ie glänjenbe Slufnal^me mit breitägigen g^eftlid^feiten
imb ©d^maufereien, meiere i^m mit feinem gangen ©efolge babei auf
Äämmereifoften bereitet würbe, l^atten il^n gegen bie ©tabt freunbli(^
geftimmt: er jeigte fid^ ju einem billigen aSergleid^e über bie« jireitigen
^uncte geneigt, unb fd^on im folgenben Salute vereinbarte man fid^
über bie 3lppettation bal^in, baß ben ßolbergem freigegeben mürbe,
Si'fbedf, ober baö fürftU(^e §ofgeri(ä^t als l^öl^ere Snftanj ju mäl^len,
nur baß ber 2lppeIIat bem 3lppeIIanten ju folgen l^abe ^).
Slber balb fal^ man fid^ in Solberg auf baä bitterfte enttäufd^t.
Unäl^nlid^ feinem milberen Sruber Sol^ann g^riebri($, ol^ne ®eifteö= unb
§erjenöbilbung, menig beben! lid^ . in ber SBal^l feiner 3Kittel, ebenfo
wenig auf alte Privilegien, mie auf eine l^ö^ere Slutorität JRüdffid^t nel^menb,
ju ©eroalttl^ätigfeiten bereit, mo er fi^ verlefet glaubte, ermieä er fid^
balb als einen gefäl^rlid^en unb bösartigen geinb* Unb bie Golberger
liatten baö Unglüdf, il^n unmittelbar unb mittelbar ferner ju reijen.
@in Sreptomer, in Sübeö mit ©alj befrad^teteö ©d^iff mar auf
ber 3?üdEfal^rt, burdf) ©türm verfd^lagen, au§ 9?otl^ in ben ©olberger
§afen eingelaufen unb auf Sefel^l be§ diat^e^, ben nid^tö fo fel^r in
§arnifd^ brad^te, alö ba§ SöHtmerben grember im ©aljl^anbel, feftge=i
l^alten. 2llö ber 9latl^ ia^ ©d^iff trofe l^ergoglidfier Sßermamung „ju
großem $Radf)tl^eil unb SSerfleinerung ber SKeputation unb §ol^eit beö
§erjog§", bem angeblid^ ein Si^eil ber Sabung gel^örte, nid^t freigab,
unterfagte Sol^ann g^riebrid^ von ©tettin ben ©inmol^nem von Golberg
jeben §anbel unb SBanbel, jebe Slb- unb 3uful^r in feinem ©ebiet,
verbot ba§ §oljflößen auf ber ^erfante, foraeit fie feinen Stntl^eil be=
rül^rte, unb befal^l feinen Slmtleuten, namentlid^ in Selgarb unb 3ieu=
©tettin, jeben Solberger, ber fid^ bort betreffen ließe, ju vcrl^aften, bis
ber ©d^abe erfefet unb ©enugtl^uung gegeben märe (14. 3Kärj 1578).
Smar beftritten bie ßolberger bie 3iidf)tigfeit ber Stngabe, baß baö ©d^iff
burd^ ©türm in ben §afen getrieben fei, e§ fei bei gutem 2Binbe ge^
fommen, um feine Sabung, bie nid^t bem §erjoge, fonbern Treptower
bürgern gel^ört l^abe, in Eolberg ju verlaufen; bodf) erklärten fie fid^ im
©efü^le i^rer ©d^mäd^e bem Sanbeö^erm gegenüber gegen ben Srep^
tomer SRat^ bereit (22. Söiärj), bie Sabung — benn baö ©d^iff l^ätten
fie überl^aupt nid^t behalten motten — freizugeben, nur möd^ten fid& bie
— 333 —
S^reptoTOcr m 3ufunft beö ©aljl^attbefe entölten. S)iefe ahtt, bte hu
im\ä)^n auä) 6ol6erger ©igenl^um mit 33efd^lag belegt l^atten, liefen,
Offenbär im einüerftänbniffe mit bem ^etjoge, ber überbaupt bie ©e-
legen^eit benufeen ju rooffen fd^ien, um bie ©olberger toegen il^rer frü«
leeren SEBiberfpenftigfeit ju jü^tigen, il^r ©d^iff rul^ig im. ©olberger §afen
liegen, bie Stepreffalien bauerten fort, unb aud^ bie SDlal^nung ©nift
Subwigö t)on SDBoIgaft, ben bie ©olberger als SBermittler angerufen
Ratten, „nid^t bie mutua commercia ben Untertl^anen 'jum ©d^aben
allerraärtö ju t)erftopfen unb unfd^ulbige Seule in baö Sßerberben ju
bringen", ftimmte ben erbitterten §erjog nid^t oerfö^nlid^er. ®em 6ol=
berger SRat^ blieb nid^lß übrig, alö mieber bie §ülfe feiner alten
g^reunbe in Sffiien unb ©peier anjurufen. SBon SReid^S wegen erging
fogleid^ ein Sefel^l a\\ ben §erjog, bie Sfiepreffalien, als ben ßonftitu::
tionen beö Sieid^ö juioiber, einjufteHen, ben Sttrreft auf (Splberger eigene
l{)um aufjul^eben unb bie ©tabl im Sefife i^rer SWed^te unb grei^eiten
ju laffen. 2lber 3ot;ann griebrid^ jeigte fid^ weniger gefügig, als
früher, unb fefete bie geinbfeligfeiten fort. Sluf erneute Älage beö
3{at^ö ernannte Äaifer SRubolf (1579, 12. Sluguft) ben SMarfgrafen
Sodann ©eorg t)on SBranbenburg jum faiferlid{)en ßommiffariuö in bem
©treit jwifd^en 3ol;ann griebrid^ unb „beö 9ieidf)ö lieben unb getreuen
Sürgermeiftern", er möge beibe ju einer aJJalftatt laben unb ben ^an-
bei burd^ furjen ©prud^ fd^lid^ten. 2lber aud^ beö SKarfgrafen SSemü^
f)ungen waren erfolglos, ebenfo wie eine neue ßaffalion ber Siepreffa^
lien gegen ßolberg burd^ ben Äatfer (14. 5Dec. 1579). 2)er „©d^irm
beö SReid^eö" erwies \\6) alö unMftig. SBie energifd^ bagegen ber
§erjog t)orjugel^en wiHenö war, jeigt baö SBarnungöfd^reiben be§ Sei-
garber 9iatl;ö nad^ ßolberg, bie SBürger mödfiten ni(^t jum Sal^nnarft
nad^ 93elgarb fommen, ober fonft bal^in §anbel treiben, ba er Sefel^l
l;abe, jeben ßolberger feftjimel^men.
„S)eö 3?eid^§ lieben unb getreuen SBürgermelftern" flanb nod^ oiel
größere 3iotl^ beoor.
SDIit jenen §äjibeln ^atte Sol^ann Äafimir junäd^ft nid^tö ju tl^un;
aber beibe SBrüber l^anbelten im (ginoerflänbnife, wenn eö galt, bie 3ln^
fprüd^e ber ftdbtifd^en 3?ät^e ju befämpfen; in berfelben Seit, wo ber
Krieg wegen Treptow außbrad^, eröffnete audj Äafimir feinen 2lngriff
auf ©olberg, inbem er ^unäd^ft ben Älofterfireit wieber aufnal^m* 1580
ju aWid^aeliö fefete er fid^ mit ©ewalt in ben öefife ber Slltflabt, er^
nannte Äarften o. ?Pobewilft jum ^ropft unb 2lbminiftrator ber ©in^
— 384 —
nal^mcn bcö Älofterö unb 3Wars Scwmiid jum §ofmcifier, „tx wolle ben
ßolbergcrn jcigen, was ein SBifd^of unb ein §aupt l^eijse." 2)ie Ätofleri
Jungfrauen, bie ^riorin aWargaretl^a Sd^rioer, bie „ÄeHerfd^e", (Sertrub
ü. ^uttfamer an ber ©pifee, proteftirten gegen ben aufgejroungenen
^ropft, ben [ie nid^t ernannt, fie erflärten, fie würben [x6) bnxü) ben
diaii), il^ren alten defensor, beffen Siedete au(^ beriefet feien, bei bem
Äaifer befd^roeren, unb beoottmäd^tigten il^n, gegen bie l^erjoglid^en an-
fprüd^e einen 58ert^eibiger bei bem Sieid^öfammergerid^t ju beftetten %
SBieber ertönte nun ber §ülferuf beö Älofterö unb beö ßolberger 310::
ti^eö am faiferlid^en §ofe, unb emftUd^er nod^ als früher fd^ien bie
SReid^^gcroalt Don il^rem Siedete, bie ©(^raäd^eren gegen aSergetoaltigun^
gen ber aKä(|tigen ju f(^ü^en, ©ebrauc^ mad^en ju wollen. . S)ie jal^fc
reid^en ajJanbate, bie an Sodann Äafimir ergingen, nal^men einen immer
bro^enberen Son an, eö f^ien fogar, alö foUten Äarlö V. Slnfprüd^e
wieber geltenb gemad^t werben; „baö Älofter, fo l^iefe eö in einem aJlan^
bat t)om 22. 3luguft 1581, ftel^e in beö römifd^en £aiferö §änben,
beffen fid^ ber Säifd^of, wie aud^ beö ©tiftö ju ßammin, worauf er
weber Konfirmation nod^ ^rioitegien empfangen, mit gug nid^t anju^
mafeen ^abe"^^). Snbeffen l^atte f(|on für Soi^ann griebrid^ bie
Sleid^ßgewalt il^ren anfänglid^en 3iimbu§ oerloren, unb l^atte er fpäter
gelernt, i^re aWanbate ad acta ju legen, fo üerad^tete Äafimir ooßftän::
big bie papiernen ©rol^ungen, ja, fie reijten i^n nur ju gewaltt^äti?
gerem unb eigenmäd^tigerem Sßerfal^ren. ^obewilö rid^tete fid^ mit
feiner gamilie l^äuölidd auf ber 2lltftabt ein unb oerwaltete bie Rlofter-
guter im SRamen beö SBifi^ofö, unb alö Soliatm ®eorg oon Sranben^
bürg, ber aud^ in biefer ©ad^e jum faiferlid^en €ommiffariuö ernannt
war, ben 33if(^of jur 3Serantwortung oor ft(^ befd^ieb (19. 3lug. 1582),
erflärte biefer, ,,ba6 er eine berartige ®eri(|täftätte überl^aupt nid^t aner^
fenne, eö wäre einö ber oomel^mften ©tüdfe ber bif(^öfli($en Srnmuni^
tat, ba§ alle ©treitfad^en beö Sifd^ofö oor ^^Jrälaten, 3Rannen unb
©tobten jur Unterfuc^ung gel^örten, unb fo werbe eö aud^ nod^ jefet ge^
l^alten.* Unbefümmert um ben Äaifer unb feine ßommiffarien ful^r
er fort, auf ber 3l(tftabt nai^ SBelieben ju fdfjalten, ließ neue 3ldEerge::
bäube erri(^ten unb bie alte Älofterfird^e biö auf ben ®runb abbred^en.
S)er 9iall^ mad^te f(|wäd^lid^e SBerfud^e, ©ewalt mit ©ewalt abjuwel^ren,
er oerjagte bie ©inbringlinge auö ber ältftabt, aber fie würben burd^
©ewaffnete wieber jurüdgefül^rt.
3u gleid^er 3eü fam er bem 9latl^e mit anbcren, nod^ befd& wer^
— 3$5 —
lid^cren gorbenmgjen. ßrft fünbigte er il^m ben 3JJül^lent)ertra9, ,,bte
3Jiü|lenpa(ä^t fei wteberlöölli^ t)er!auft, unb wenn aud^ ber Sifd^of
eigentliii x\xä)t t)erpflid^tet fei, bie 6000 SUfarl äurüdjujal^len, ba bie
©tabt fo lange ^Qi)xe ben ®enu§ baüon gel^abt l^abe, fo fei er hoä)
äur «erlegung beö ^fanbfd&iHinöö bereit." SDer diaü) l^atte für fold^e
SDinge immer ein fd^led^teö ©ebäd^tnijs: „ol^ne SBiberfprud^ ber 33if(^öfe
ptten fie paeißce et qtiiete bie 3Rü^len feit Sal^rl^unberten befeffen,
ber Sifc^of, wie feine SSorgänger, felbft bie römif(äf)e aJlqeftät l^iätten
il^nen ben 33efife beftätigt, baburi^ (;ätten fie gute Sitet erlangt unb
wären ni(^t f(^ulbig, bie Sünbigung anjunel^men."
®ann forberte ber SSifd^of nad) altem SRed^le für fi(^ baö l^albe
©erid^t. 2)er 9?at^ geftanb i^m bieö nur für baö 3fliebergeri(3^t ju, für
geringfügige ©egenftänbe im 2Bertf)e uon ^öd)ftenö 15 9Jlarf Süb. ober
fd^le4)te (Selbftrafen biö ju 3 3Rarf ober 30 märt ©rofd^en, „ade anbem
©ac^en gel^örten nad) alter Dbferoanj oor baö ©tabtgerid^t." SDer
SÖifc^of aber bel^auptete, ju ber §ebung ber §älfte fämmtli^er ©erid^tö-
gefäHe berechtigt ju fein, er verlangte bie ®infefeung eineö SSogteö, ber
mit bem ©olberger alterniren foHte.
SDer ©treit mürbe immer leibenfd)aftlid;er unb erbitterter. 35er
9lat^ fud;te bie Unterftüfeung ber 33ügerf^aft ju gewinnen, er liefe
©ilben, SBer!e unb ©emeinbe auf baö 9iat^l^auÄ entbieten unb fui^te
fie ju gemeiufament SBiberftanbe gegen einen gürften ju beftimmen, „ber
bie Sölüi^len in feinen Sefife bringen motte, bie SSel^ren bred^en unb atteö
SBaibmerf , ja felbft ben ©tabtraalb, fid^ anmafee." 2lber ber Slat^ ftanb
bamalö aud^ in gefpanntem äJer^ältniffe ju ber Sürgerfd^aft (f. 6ap. 15),
biefe lehnte basier fü^l jebe aJHtmirfung ab, „bie §erren jögen ja aud^
fonft bie ©emeinbe nid^t ju Statte, be^anbelten 2lderl^öfe unb §oljum
gen mittfürlid^ unb legten oon einnaljmen unb 2lußgaben feine Sled^en^
fd^aft ab."
3lm mufete ber 3iatf) nod^ baö Unglüd l^aben, ben reijbaren, ftör=
ligen gürften perfönlid) ju t)erlefeen. Sei ber Steigung ^ beffelben ju
geu)alttl;ätigen ©d^ritt^n mod^te bie gurd^t beö SRat^eö nid^t unbegrün^
bet fein, bafe er fid^ bei paffenber ©elegenl^eit in ben SBefife ber ©tabt
fefeen werbe. ©§ war aber wo^l übertriebene SSorfid^t, bafe ber 5Ratl),
alö ber SSifd^of einft burd^ ßolberg jie^en wottte, bie gauje SBürgerfd^aft
JU SBel^r unb SEBaffen rief, bem Sanbeö^errn bie S^ore fperrte unb fie
it)m erft öffnete, aU er fid^ überjeugt ^atte, bafe bie bewaffnete Segleitung
beffelben nid^t ftar! genug fei, um einen §anbftreid^ ju magern SDer gürft,
— 336 —
anfängltd^ loerwunbert über bte fampfbcreite 3luffleffung ber 3ünfte,
.. biird^ bereu SRei^en er l^inburd^ tnufete, geriet)^ in ben l^eftigften 3om,
aU er ben raal^ren ®runb bat)on erfal^ren l^atte: „fürftlid^er ©tanb unb
®f)re fei vor bem gangen Sanbe, vox einl^eimif(^em nnb frembem SSoHe,
baö jum SBod^enmarfte in ber ©tabt jufantmengefommen fei, fd^rocr
beriefet unb bef d^mä^t" ; er forberte bafür eine ©enugtl^uung in flin^
genber aJiünje. S)aju trat er nod^ mit ber unjufriebenen Sürgerfd^aft
in ber ©tabt in JBerbinbung; er entbot ©üben unb äßerfen feinen
©rufe unb beftärf te fie in il^rer auffäfeigen ©timmung gegen ben SRatl^ :
„vox brei Salären l^abe eö ber Siatl^ vox l^o(3^notl^peinti(|e convefitimla
gel^alten, alö '\xä) bie ©emeinbe jur Stuffteßung von wol^lbegrünbeten
gorberungen t)erfammelt ^ätte, jefet f(^eue er fid^ nid^t, ba§ gegen il^n
felbft ju praftifiren, was er gegen fid^ ni(^t l^abe bulben wollen; bie
33efdjulbigungen beä SRatl^eö gegen il^n feien SSerläumbungen, bie 3Rül^len
feien wieberlöälid^ t)erfauft, unb ber SBalb fei nur von feinen Seuten
bur(^ftreift, um ben SBölfen nai^juftellen, weld^e ben Ätofterbauem fo
melen ©d^aben träten; waö bie ©elbbufee anbeträfe, fo folle fie ber
aiat^, nid^t bie ©emeinbe tragen/' ©o fd^ürte er mit ßuft bie innere
3xoutxad)t
3u nod^ größerem Unl^eil gerei(^te bem Siatl^e eine jweite SJer^
lefeung beö jd^jornigen dürften, ju welcher er fid^ in ber Uebereilung
j^inreifeen Hefe; fie brad^te aud^ ben alten g^einb Sol^ann 3^riebri(^ t)on
bleuem in §arnifd&. @r liefe nämlid^ auö unbefannten ©rünben einen
geroiffen 3Kartin ©rote trofe beö freien ©eleites, meld^eö er von beiben
gürften erhalten l^atte, auf ßolberger ©ebiet feft^alten unb inö ©e^
fängnife fefeen. 3n g^olge baoon legten bie beiben gürften junäd^ft auf
baö SDorf ©imöfeel Sefd^lag, unb alö ber 3?atl^ jur SSergeltung bie jum
2lmte S3aft ge^örenbe, in ber M^e von 3llt[tabt belegene §oljung
nieberljauen unb bie ßeute t)om Safter 2lmte, weld^e bem wel^ren moff^
Un, „mit gemeierten §aufen" verjagen liefe, oerfefeten jene bie ©tabt
in Dottftänbigen Selagerungöjuftanb. 5Die beiben Siat^äbörfer ©emmerow
unb ©r. Seftin würben i)on i^nen befefet, ben Säuern baö rorj^anbene
aSie^ abgepfänbet, in ben eingebogenen SDörfern baö fürftlid^e SBappen,
ber ©reif, ange[4llagen, unb bie Sauern von ben neu gefefeten §of:=
meiftern für Kafimir in ^flid^t unb ®ib genommen, ©d^on im Sa^re
1580 erflärte fid^ ber SRat^ ben g^orberungen ber §anfa gegenüber für
unfähig, feine Sunbeöbeitrage ju bejal^len, ba fie feit längerer Seit in
einer Siage lebten, ate würben fie befe^bet unb belagert, unb 1584
— 337 —
Unnm x^xe ©enbebolen nidjt na(5 Slnllam fommen, weil fie mSjt wagen
bttrfen, l^erjoglid^eö ©ebiet ju betreten (f. ©. 105). SDer Surfürft von
^ranbenbnrg legte in ber ßrfenntni^, baß bei ber Ieibenj'($aftU(^en @r=
bittenuig eine SBerflftnbignng nidjt jn errei(^en fei, fein faiferli(^eö
ßoniniifforium nieber (15. 9?0Dember 1584), neue bro^enbere 3nl;ibi=
torien von ^aifer unb Kainntergen($t blieben wieber n)irfung§loö, fie
t)eranlaßten ben 33ifd)of mir, bie ^ladereien biö in§ unerträglid)e ju
fteigern: er ließ bur(^ ben 5l(ofteipropft 3o(ä^im t). SDamife an ber ©tette ber
2lltftäbter gä^re eine Örüde über bie ^ßerfante fc^lagen^O (1586) „inn,
wie bie ßolberger meinten, ungel^inberter ber Sagb auf beni ©ieben?
lanbe unb in 33orf obliegen ju fönnen", ja er benufete bie tiefe 3er^
flüftung jit)ifd;en diaü) unb 33ürgerfc^aft ju beni 8Scrfud)e, fi(^ t)oll=
ftänbig in ben Sefife ber ©tabtüerwaltung ju fefeen. 2)er ©tiftöDogt
Sürgen t). SDamifc, ein alter ^^einb ber ©tabt, würbe jum ununifiä^ränt
ten §errn in il;r ernannt. 5Bon ben Äangeln l;erab würbe befannt ge-
mad^t, baß bie Bürger in 3ufunft il^re klagen ni(^t mel;r t)or ben SRatl^,
fonbern vox i^cn ©tift^Dogt ju bringen l;ätten, biefer, nid^t mel;r ber 3latl^,
foUe bie 3llter§leute in \>^n ©ewerfen ernennen; ben ^rebigern würbe Der::
boten, biejenigen ju trauen, bie öl;ne SBeifein be§ ©tiftöoogteö in bie SBerfe
aufgenommen wären; feine S!Jiorgenfpra(^e burfte ol^ne fein ©el^eiß
geljalten werben, felbft bas Siedet, SBeliebungen ju erlaffen unb bie
^Bürger ju nereiben, würbe bem 3fJatlje entjogen. SDiefer fal^ fid^ doU-
ftänbig auö feiner ©teHung gebvängt unb außer Si^ätigfeit gefefet, unb
bie 33ürgerf(^aft, obwol^l fie felbft fd^on unter bem SDrude ju leiben
anfing, blidte mit einer Slrt von ©(^abenfreube auf bie Sebrängniß
unb SDemütljigung ber ftolien ©tabt|ierren.
SBifd^of Äafimir unb §erjog 3ol;ann g^riebrid; waren bie gefäl^r^
li(^ften geinbe ber ©tabt, aber nid^t bie einjtgeit. ©inmal ließen bie
feit langer Seit ber ©tabt t)erfeinbeten S)amifee bie ®elegenl;eit nid^t
t)orübergel;en, i^ren §aß in raubtitterlid^er SEBeife auöjulaffen. 3wei
biefeö Siamenö, ^aul unb Sercmias, überfielen imter anbern ßolberger
gifi^er, bie i^r 33oot bei bem Sajfel^nfdjen S3a(^ an ben ©tranb ge^
hxaä)t l;atten, um bort bie 9?ad;t jusubringen, l;ieben unb ftad^en mit
il^ren ilnebelfpießen auf fie ein unb nal;men il;nen ©egel unb 9iuber
fort, amr mit 3Jiülje gelang e§ ben Singegriff enen, il^r SSoot lo§ ju
ma($en imb t)om Ufer fortjufommen (1586) ^^^^
©d;limmer wirften bie Serwürfniffe ein, in weld^e bie ©tabt ba-
malö mit ©ööliit geratl&en war, @ä war eine ©rbfd^aft ber rollen
"HL
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©igenfu^t be§ 3)J{tteIalter§, ba§ feine ©tobt freunblid; auf ba^ ©e-
beU;en von §anbel iinb ©ewerbe in ber 9k($barfd^aft fal^, befonberä
wenn baffelbe auf ber aSerlefcung ber eigenen ^WDÜegien ju berul^eu
fc^ien. ßolberg unb 6ö§lin waren jeitoeife huxö) gemeinfamen aSor^
tl^eil gegen bie bif($öfi[id;e ©eroalt äufämmengel;alten roorben, aber §an-
belöeiferfu(^t lieg ben alten 3roift immer wieber aufleben, ßolberg
pflegte babei mit ©tolp inib Stügenwalbe gegen ßöälin jufammenjuftel^n.
©($on Sifd^of 3JJartin I;atte wieber einen §aber jwifdjen ben ©tobten
auögleid^en miiffen (1510). 3wei ©diutcn ber ßöäliner, bie bamalö
i)om ©tranbe aM §anbet getrieben l^atten, waren im §afen von SJugen-
walbe feftgel^alten. a3if($of aJlartin, jur ®ntfd^eibung angerufen, l^atte
bie g^reigebung ber ©(^uten erwirft, aber ben Göölinern ba§ Siedet ah
gefpro($en, t)om ©tranbe auö Äaufntannöwaaren ju t)erf (Riffen unb
anbere 2Baaren, als felbftgefangene gifd;e unb anbers alö in f^ifcäfier^
booten ju rerfal^ren; ßolberg unb 9tügenwalbe erl^ietten baö 9ied)t,
il^nen anbere SBaaren fortjunel^men, wo fie ju SDiarfte fämen ^^). 9^id^tö
befto weniger l^atten bie ßööliner il;ren §anbel wieber aufgenommen,
fie bauten il^re 8^al;rjeuge in ber ©tabt unb liegen im Saljre 1572 eine
©d^ute auf fed^s Stäbern xmb mit rierjig ^ferben nad^ bem ©tranbe
fd^affen. Sol^ann g^riebri($ I;atte, wie eö fdE)eint, ju ©unften (Söölinö
1573 ben barüber auögebrod;enen ©treit auöjugleid^en gefud^t, er ent-
brannte balb um fo l^eftiger, alö bie 6ööliner nid^t me^r blog mit Äorn,
§ering, Znä)^ fonbem aud^, wa§ bie ßolberger immer am meiften auf-
bra(^te, mit ©alj ju l^anbeln anfingen unb aiigebli(^ 700 Saft baoon in
il^re „unbefugte §afnung" brad)ten. SDie ß^olberger befd^werten fid; über
il^re 5Rad^barn: „ba§ Sßol^l ber ©täbte berul^e auf i^ren ^^rioilegien, au(^
Äaufteute würben oom ^aifer prioilegirt, mit 2llaun, Äupfer u. f. ju l^am
beln, unb man bürf e allein von bief en f auf en ; e§ fei wiber ben SBraud^ ber
beutfd^en SRation, wenn man feinen §afen l^abe, auö bem ©tranbe ju
fd)iffen unb'fid^ ber ©eefal^rt ju gebraudien; wenn anä) bie Sanbftabte
©eefianbel trieben, fo mügten bie ©tobte, bie burc^ il;re Sage auf bie
©ee angewiefen wären, abnel;men unb oerberben/' S)ie Göäliner ia^
gegen bel;aupteten, ber freie ©tranb gehöre it;nen fo gut, wie ben 6ol^
bergern, wenn i^r Sief nid^t fo bequem wäre, wie ber ßolberger §afen,
fo wäre baö i^re ©ad^e unb ginge bie ßolberger nid)l§ an; bie 6ol=
berger wollten nur itjr ©alj möglid^ft tt;euer oerfaufen, ber 2lrmutl^
für 1 ^funb ©alj 4— 5 Jfialer abnel^men; furj fie wollten immer „bie
©alpnfcr" fein, ßö war fd;on für bie S'oiberger Slnfprild^e ein ungün-
_ 339 —
fttger Umftanb, ba^ bie 33ef(3^n)erbe betfclben an^ ben bif(3^öflt(5en Slmt-
mann t)on Safl betraf, ber fid^ ebenfalls auf ben ©eel^anbel gelegt
l^aben foHte. S)iefer bel^auptete, er l^abe auf feiner mit beö Sifc^ofö
©rlaubni^ erbauten ©(^ute nur baä ^orn aus ben 2lemtern SBublife,
ßörlin unb SBafl nac^ Stettin gefdjafft, um ben SSauem bie Sanbful^ren
r\aä) Stettin ju erfparen; mt bafe bie gifc^er t)om ©tranbe, xomn fie
SDorf(ä^ u. f. n). nad^ Stettin ober S)an3ig fül^ren, i:)on bort ©alj mit=
bräd^ten, fei fiä^on feit unt)orben!Ii(|er Seit Sraud^ getoefen." SDie ®im
jell^eiten ber- nun folgenben aSorgänge finb unbefannt; ßolberg würbe
mit feiner SBefi^werbe abgetoiefen unb fud^te fid^ hnxS) ©ewaltmagregeln
gegen ßöölin felbft Siedet ju oerfd^affen, würbe aber bafttr t)om §ofgerid^t
in eine ©träfe von 500 Sl^atern oerurtl^eitt ^*).
S5ur(^ biefe S)rangfale, bie von aUen Seiten l^erüberil^n !amen,
war ber 9Jlutl^ unb bie SBiberftanbäfraft beä SRatl^eö vöüxq gebrod^en,
er beugte fi(^ t)or ben beiben g^ürften, befannte feine grojse Uebereitung
in ber aSerlefeung be§ freien ©eleitä unb erbot fid^, bie ©elbftrafe von
2500 Spätem bafür ju ja^ilen. 3ur Seitegung ber übrigen Streit-
puncte fud^te er ben §erjog Sodann g^riebrid^ afe aSermittler ju ge^
winnen. Siefer war l^ierju unb jur Slnrtal^me einer faiferlid^en aSoII=
mad^t um fo lieber bereit, atö ^afimtrö gefefelofeö SBerfa^ren unb ba§
Streben nad^ ooHer Unabl;ängigfeit, ba§ er burd^blidfen, lie^, fd^on ba§
S3eben!en ber beiben pommerf d^en §ei^öge erregt l^atte. 2lm 12. Dc::
tober 1586 famen Soi^ann griebrid^ von Stettin unb ©ruft Subwig von
SBoIgaft nai) ßolberg, um ben 3lu§gleid^ in baö SBer! ju fefeen; nur
jögernb ging ber SBifc^of auf benjelben ein. 3n unrü^mlid^er SBeife
würbe, ungewiß ob auf Äafimirö ober nur auf be§' Stiftsoogtes ©e^eii
bie grift bi§ jum ooUftänbigen 2lbfd^lu^ benufet, um bie fd^önften unb
gröisten ©renj- unb 3Kalbäume im Stabtwalbe unb Seftiner §oIje ju
fällen unb als Srettnl^otj ju terfaufen. 3?ac^ vuUn Sd^wierigfeiten
würbe enblid^ am 4. 3Jfai 1587 ju ßolberg unb Stltftabt ber 58ertrag ju
Staube gebrad^t, ber wenigflenä vorläufig ben grieben wieber l^erftettte.
S)ie §auptüeranlaffung be§ gaujen Streits, bie Älo^erfrage,
würbe juerft erlebigt SDie oon bem Statine in 33efife genommene Älo=
fterlabe würbe oon biefem l^erauögcgeben, unb bem Sifd^ofe von ßam^
min, als bem aSegrünber beö Älofterö, baö ^atronat, ba§ ber Sifd^of
fd^on 1580 wieber an fic^ genonnnen l^atte, unb bie oberfte Snfpection
unb (Konfirmation jugefprod^en, SDaö SRälpere über htn SBertrag ifl ju
ju finben S, 297.
— 340 —
S)et ©treit fibcr ba§ ftabtif(3^e ®eri(^t würbe in ber SBeife bet-
gelegt, baJ5 eine ßontmiffion, ju ber jeber 2I;eil jwei SDlitglieber ju er-
nennen l^atte, niebergefefet werben foHte, um bie älteren Urfunben unb
©erid^töbüd^er ju prüfen unb baö ©rgebni^ anf beiber Unfoften binnen
fpäteftenö fflnf Salären an eine unparteiifd^e UniDerfität ju fiä^idfen, beren
Gntfd^eibung t)orbel^altli(^ ber Slppellation an ba§ Sieid^öfammergerid^t
gültig fein fotttc. a3iö bal;in überliefe ber SBifd^of intter bem SBorbe-
l^alte feineö ditö)k^ fein l^albeö ®m^t bem Siatlje mit bem Sebinge,
bafe berfelbe jäl^rlic^ 60 p. an bie fürftlid^e Kammer jal^le unb baö
©erid^t mit einem tauglid^en SUJanne befefee. Ueber ben weiteren ^ex^
lauf finb feine 3laä)xt^tm üorl^anben, eä f(3^eint l^ier in ber §auptfa(^e
beim 2llten geblieben ju fein.
S)aö Sted^t, Seliebungen ju mad^en unb bie „33urfpra!e" nadj
ber SRotl^burft ju t)eränbern, ebenfo.ben JZeubürgcrn ben S3ürgereib ah
junel^men, würbe \)cm 5latt;e wieber eingeräumt, au(^ jugeftanben, bafe
feine SlppeHation an baä bifd^öfli(^e §ofgeri(^t in ©ad^en unter 25 fl.
ftattfinben bürfe.
2)er §anbel mit grobem ©alje, alle Äaufmannfd;aft am ©traiibe
würbe bis jur ®ntf(^eibung beö Äammergerid^tä aßen nii^t berei^tigten
Snfaffen beä ©tiftö bei SSerluft ber SBaare unterfagt, bagegen bem Si=
fd^ofe gefiattety eigene ®üter, wie Äorn, SBoße u. a. von bem ßolber=
ger §afen an^ t)erfd^iffen unb ju eigener 3?otl)burft wieber einfüljren
ju laffen. ©benfo gab ber 3flatl^ ju, bafe bie neue Srüdfe bei Slltftabt,
ba fie bem §oljflö§en unb ber gifi^erei nid)t fd^äblid; fei, bem 3]erfef)r
aber eine grofee ®rlei($terung gewäl^re, im ©tanbe bleibe, unb ftatt beö
gäl;rgelbeö auf ber nun eingel^enben gäl^re ein bem Älofter ju beredt?
nenbeö Srüdengelb erl^oben werben fotte.
SDie ©tabt erl;ielt enblic^ i^re ®üter 5urfld, ber ©reif würbe ab^
genommen, ber ben Untertl^anen abgenommene (gib aufgel;oben, aber
ba§ abgepfänbete Snrentar würbe nxä)t erfefet, bie ©üter waren iit einem
ganj entblößten 3uftanbe, unb bie Äömmerei mußte ein Kapital von
1100 fl. opfern, um wieber SSiet; unb Sldergerät^ ansufd^affen.
Sie wid;tigften ©treitpuncte waren burd) biefen Sßerlrag wenig-
ftenä fo weit auögeglidien, ba^ e§ nic^t mel^r jum offenen ilriege fam;
bo(^ blieben fleinere §änbel ni(^t au§. Sm Saläre 1591 pnben wir
ben ßolberger ©pnbifuö wieber in ©peier, utn über bie aSerlefeung beö
SRed^tä, bafe fein ©olberger Bürger vor ein frembeö ®eri(^t gesogen
werben bürfe, Älage ju führen; 1596 wiib bem piatl;e vom Söifd^ofe
— 341 —
eine ©träfe von 1000 S^alern auferlegt, weil er eine ©d^iffölabung
mit ©igeiit^um beö 33if(^ofö in 35ef(^lag genommen l^atte, unb biefe
©träfe würbe, ate er mit ber Verausgabe jögerte, auf 3000 Sl^aler er^
I;ör;t. 2)ie ©a($e ging wieber an baö Äammergeri(^t; wie baffelbe ent«
fdjieben, wirb ni(^t Berid^tet. 6ä ift unerquidlid^ unb nufelo§, biefe
§änbel weiter aufjujäl^len; fie feieren mit einer gewiffen SRegelmäfeigfeit
wieber, biö ftärfere SKäd^te i^nen ein Siel festen.
SDer 9iatl^ l^atte in bem langjal^rigen kämpfe no(3& einen 2!l^eil
ber alten JRec^te gerettet; bod^ l^atte fid^ bie lanbeäl^errlii^e ©ewalt
überall afä bie ftärfere erwiefen. ©ie l^atte in mUn Qa^m baä l^ö-
l^ere Siedet auf il^rer ©eite, unb beö Slat^ö ^rit)ilegien würben meljr
unb mel^r tobteö Pergament, aus bem ber lebenbige §erjfd^Iag entwid^en
war. 3lber biefe lanbeä^^rrlid^e ©ewalt trat l^ier ber ©tabt ßolberg
gegenüber oft in ^erjerrter ©eftalt auf, fie jeigte fi(^ oft leibenfc^aftlid^
gefärbt, unfürftlid^, mel^r auf bie Sefriebigung perfönlid^er ©elüfte, als
auf bas SBol^l bes ©anjen bebad^t. ®ö mad^t bal^er wenig g^reube,
bem ®ange be§ ©treitö ju folgen. —
S)a§ ber Slatl^ im Saläre 1587 biefe SDemütl^igung erlitt, I;atte
aber nid^t blofe in ber Ueberlegenl^eit ber fürftlii^en ©ewalt, fonbem
au(^ in bem tiefgeljenben Serwürfnife mit ber SBürgerfd^aft feinen ©runb,
bie in bem Kampfe mit bem S3if($ofe nid^t jum Statine l^ielt.
Streit beS 8tati|8 mit bet »firgerfdiaft uub beit 3üitfteit* Btuift im 8tnt!|e.
Srridititng M 9n^^n^tL @ro^er 9(uf{tanb im 3a!|re 1601.
SBieberettiti^tititg beS 9(u8f(i^nffe8 unter ätnufd^euborf 1614
uttb »efeitigung teffelhiu
Slbebat^ä l^Oi^fal^renbeö unb Ieibenf(ä^aftli($eö Sluftreten unb bie
SBlinbl^ett ber ©ewetle l^atte 1524 bem SRatl^c ben ©tcg t)erf(]^afft
2)0(3^ ^atte biefer bie enifie Seigre, bie er fid^ aus bem SCufftanbe entne^meit
fonnte, balb lieber t)er9effen, unb baä alte SUli^trauen, welches tief in
ben ©emütl^ern beö gemeinen 2Jianne§ n)urjelte, fanb in bem bie anfängt
Ii(^ inne gel^altenen ©renjen ber aWäfeigung balb wieber überf(]^reitenben
aSerfal^ren beffelben mm Sial^rung. ©d^on ber S3if(3^of ©t)at)e mu^te
unö fonft unbe!annte §änbel jraif^en diat^ unb ©emeinbe fc^tid^ten,
unb jur Seit bes SBif^ofö Sol^ann g^riebri(| war bie ©rbitterung im
fiar!en SBai^fen begriffen.
SBäl^renb nämli(^ ber Statl^ ber lanbeöl^errli^i^en ©ewalt, weld^e
bie Sügel allmäl^lid^ ftraffer anjog, mit allen Gräften SBiberftanb ju
leifien fud^te, platte er bod^ von i^v gelernt, fi(5 in feinem Greife ftärfer
alö Dbrigfeit geltenb ju ma(^en; au($ er forberte von feinen Unter-
tl^anen einen ftrengeren ©el^orfam. —
SSor alters leifteten nur jugejogene gretnbe bem Statine ben SBür-
gereib; fie f(^n)uren „getreue SBürger fein, beö gnäbigen §errn S8if(^of,
beö SRatl^ö unb ber ©tabt ßolberg Sefteö n)if[en, feinen Stufrul^r gegen
itn diai^ ftiften, fid^ nid^t gegen beö SRatl^eö SBidfüren, gemad^te unb
nod^ 5U mad^enbe, auffel^nen unb feiner ©erid^t§bar!eit fid^ unterwerfen
ju wotten"; fie fießten babei jwei Bürgen für i^re UuDerbäd^tigleit,
bezeugten i^re freie unb el^elid^e ©eburt unb ^al^Iten ein SBürgergelb je
na(^ bem ©tanbe, in ben fie eintratert, von t)erfd^iebener §öl^e. 2)ie,
weld^e in bie ©ülje freiten, jalplten 25 2^aler, bie in ein S3raul^auö
— 343 —
famen, 25 ff., ml^e ^aufmannf(]^aft treiben wollten, 15 fl., §anbn)erfer
6 ff. unb Sagelö^ner 4 ff. STber 1557 l^atte ber SWat^ einbettig be^
fd^loffen, ba^ in 3ufunft au(ä^ bie Sürgerfinber, wenn fie aU Sürger
aufgenommen werben wofften, gleid^ ben g^remben ben Sürgereib ab^
legen foHten. SDer S3efc^Iug erregte große Unjufriebenl^eit in ber Sür^
gerfd^aft, ein großer 2l^ei( berfelb'en erfiärte i^n für eine unjuläffige,
ifjre alten ®erec|tfame t)erlefeenbe Steuerung. SDod^ ber diat^ ließ i^n
t)on bem S3if(3^ofe, beffen §ülfe er ni($t mel^r rerfc^mäl^te, wenn eö
galt, feinen eigenen ©influß gegen bie Sürgerfd^aft aufredet ju l^alten,
beftätigen unb t)on ber ^anjel l^erab t)erlefen.
Sabei al;nbete er aufö ftrengfte jebe fd^arfe Sleußerung, bie feine
SBürbe ober fein §errenred^t anjutaften fc^ien. S)er Sürger ^eter
Saufe l^atte öffentlid^ auf ber 3Künbe auöjufpred^en gewagt, bie Statins-
glieber tl;eilten bie ©trafgefälle unter \i6), l^ielten ni^t orbentlid^e SEBirtl^s
fd^aft mit ben Jieoenüen ber ©tabt unb l^ätten bie ©eiber, bie jum
93au beö neuen S)ammeö oor ber SBalbjingel beftimmt gewefen wären,
}u faufmännifd^en ©efd^äften in i^rem Sntereffe benufet. ©er 3?at]^
ließ foglei(^ auf i^n fal^nben, feine S)iener griffen ben flüd^tig gewor^
benen auf ber ^äl^re, unb nur burc^ bie eifrige gürbitte angefel^ener
SBerwanbten würbe ber diaff) ^ermod^t, il^m baä Seben ju fd^enfen unb
fidö mit einer ©elbbuße von 100 fl. unb öffentlid^er 2lbbitte auf iem
3?atl^l)aufe ju begnügen. ®r war ni(^t ber einjige, ber fo fpra(§ unb
bafür jur 3fled;enfd^aft gejogen würbe.
3Kel^r aber alö alleö anbere reijte ben Unwitten ber SBerfe unb
©emeinbe, wenn ber diatl) 3lnorbnungen traf, weld^e nur ben SSor-
tl^eilen ber ®enoffenf(^aften bienten, auö welchen er felbft fi($ ergänzte.
33alb nai^ abgefd^loffenem gerieben mit ber ©emeinbe im Saläre
1528 beftritt ber SRatl^ im Sntereffe ber SBrauerinnung ben ^anbwer-
fern baö 33raure(^t, ba§ fie fonft Ratten üben bürfen, wenn fie in feuer=
feften Käufern wol^nten. 6ö gefd^al^ jwar mit ü^rer Bewilligung, baß
ber diai^ in Sübeö anfragte, wie eö bort mit bem Brauen ge^ialten
würbe; aber e§ würbe bo(§ fd^wer von il^nen empfunben, als er auf
©runb ber ©rflärung beä Sübedfer 3?atl^eö, baß in ben wenbifc^en
©tobten fein §anbwerfer brauen bürfe, ben Stemtern ein 3ted^t abfprai^,
weld^e§ biefen in ben meiften anbern pommerf(^en ©täbten juftanb 0.
6ö war gerabe in ber 3eit ber böfen 58erwidfelung mit ben pom-
merfd^en gürfien, als bie SBeoorjugung ber t)ome]^mften ©enoffenf^aft, •
ber ©aljgitbe, bie Bürgerfd^aft wieber ju offener Slufle^nung brai^te»
— 344 —
ßö xoat eine ber Grrungenfd^aftcn bj^ö Sluffianbeö t)on 1524, baß au(3^
©d^iffern unb Äauffeuteu t)erfiattet würbe (1525), frembeö ©alj jur
©(^onenretfe unb in anbete Sänber au§jufüljren, nur in ßolberg foHte
ber §anbel mit bemfelben allein ber ©ülje jufteljn, bur(^ wel^eja bie
©tabt t)orjU9ön)eij'e itt i^rem ©tanbe erl^alten würbe. — SBa]^rf(^einU($,
um biefe wid^tige ©enoffenfd^aft im Kampf (jegen ben 83if(3^of auf feine
©eite ju- jie^en, l^atte ber diat^ bem ©rängen berfelben nai^gegeben
unb ben Äaufleuten unb ©d^iffern biefe g^rei^eit im ©aljl^anbel wieber
entjogen, benfelben ganj ber ©ülje jurüdgegeben (etwa 1584). S5a
t)erbünbeten fi(^ bie ©d^iffer unb ^aufteute, foweit fie ni(^t felbft ©alj-
junfer waren, mit ben SBerfen unb ber ©emeinbe, jogen unter S^rommet
unb ^feifeuHang in ließen §aufen nadj ber 3JJüube, erbra^en baö fo'
genannte ^fal^ll^auä unb nal^men baö frembe ©alj in S3ef(^lag, baä
bort aufbewal^rt würbe, ©ie blieben bann längere Seit in il;rer auf^
rül)rerif(^en §altung, 9Kanbate beä 9iei(^öfammergeri(^tö bead^teten fie
nid^t, unb ber Siatl^, ber eben von feiner Dbrigfeit fd^wer bebrängt
würbe, war ju fd^roac^, um jugleii^ einen -Äampf mit feinen Untere
tl^anen aufzunehmen, bie nod^ baju in jener einen 9iiidl^alt fanben, unb
in bemfelben Saläre, in weld^em er mit bem S3ifd;ofe \iä) Derglid;, l^ielt
er eö für geratl^en, aud^ mit ber ©emeinbe burdj Sßermittelung beffelben
feine 3lu§[ö(;nung ju fui^en.
©(^iffern unb Kaufleuten war eö na(^ biefem Sßerlrage, wenn fie
ßolberger S3ürger waren unb in ben 9tingmauern ber ©tabt lebten,
ebenfo wie ben ©üljDerwanbten t)erftattet, SBoifalj einjufüljren imb auf
bem neu ju erbauenben ©aljl^aufe am §afen abäulagern, tiai^bem fie vox
^red^ung beä ^onifö (ber Sabung) eiblid) bem t)om SRatl^e t)erorbneten
©d^reiber bie Sapenjal^l angegeben ptten. SSBoHten fie i^re SBaare
feewärtö auf frembe 3Räxtk — nur Treptow unb SJügenwalbe war ber
©ülje ijorbel^alten — ausführen, fo brandeten fie tmr bie §afengebü]^ren
ju begatilen. 2)ie ©infül^rung bes fremben ©aljeö in ßolberg war
il;nen auf ben eigenen Sebarf, t)or5ug§weife jum (Sinfaljen be§ §ering§,
befd^rän!t; benn in ber ©tabt unb lanbeinwärtö war nur ben ©üljl^erm
ber §anbel mit ©alj geftattet, von i^nen allein burften eä in ganzen
^Jonnen bie gifd;er vox ber 3Jlünbe unb bie Ginwoljner ber ©tabt jum
©aljen von g^leifd^ unb SDorfd; unb bie guljrleutc entneljmen, bie eö in
bie pommerfd;en unb ftiftifd^en ©täbte fül^rten.
3u allen Seiten finb in ber großen SBelt, wie in fleinen 5Ber^
pUniffen Sünbniffe nad; bm Sntereffen gefd;loffen unb wieber gelöft.
— 345 —
©ie Äaufleute galten mit §ülfe ber ©ewerfc if;r 3iel erteilt; wenn
aber biefe ö^^^fft l;atten, ax\^ für fid; baranö einen ©eminn jn jieljen^
fo faf)cn fie fid; bitter getäufi^t; fie öi^ö^^^ ^^^^^^ ^^^^^ ^^^^^ ^^^^ ^^^^f f^^
mußten and) bie Grfal^rung mad^en, baß i^re früfjeren 5Berbünbeten im
eigenen Sntereffe lieber gegen fie Partei ergriffen, baß fie mit ben
©üljl^erren, von benen ein Si^eil aud^ jur Äaufmannögilbe gel;örte,
jufammentraten, nm ben §anbn)erfern ®ered;tfame ju entjiel;en, meli^e
eingriffe in bie ^rimtegien ber Äaufmannögilbe mären.
SBie ßolberg ju 6öölin, mie bie ©eeftabt jur Sanbftabt, fo ftel^en
in ben ©täbten mieber bie ©itben niib 3ünfte unter \iä) ju einanber.
®in eiferfüd^tigeö galten auf bie Sunftgered^tigfeiten, ein mißtrauifd^e§
UeCermacl^en ber anberen in nodi) l^öl^erem ®rabe, alö im SKittelalter,
baß fie nxä)t il^re SBefugniffe überfd^reiten unb bie in einen anberen
Slrbeitöfreiö faffenben SBaaren anfertigen ober rerfaufen, gel^ört mit
ju \)^n IjäßUd^ften 3ügen biefer Saljrljunberte; eö ift eine SBirhmg ber
ungefxmb geworbenen Sunftoerl^ältniffe, xmb in ungefunben SSerl^ältniffen
Derfümmern auc^ tü(^tige Staturen.
„Sie ^anbmerföleute, fo ftagten bie beiben ©itben bei bem 9tatl;e,
laffen fi^ nid^t an bem el^rlid^en ^anbmerfe, baö bo(^ einen gülbetten
S3oben l^at, genügen, S3ädEer unb ©(^ufter l^anbeln mit ben fremben
ilaufteuten, befonberö mit ben SDänen: bie S3ädfer t)erfaufen aSeigen,
^Joggen, 3Jlel^l, bie ©(^ufter treiben feemärtö §anbel mit Seber
unb jiel^en bem gemeinen Kaufmann baö SBrob auö ben aJläulern. 5Die,
meldte ber ©tabt Würben tragen, geroinnen nid^tö, aber in S3uben unb
5leHern, in ber aSorftabt, in ^fannf(^mieben unb ©tubbenl^agen gebeil^en
bie Seute unb fommen ju gutem aSermögen." ©ie forbern beöl^alb bie
(Erneuerung ber alten Kaufmannögilbe. S)iefe ift nid^t erl^alten, entl;ielt
aber ol^ne Sroeifel SBeftimmungen, nad^ roeli^en ben §anbroerfern ber
§anbel unterfagt rourbe.
SDer 9iatl^, ber ja felber ben Klaffen angel^örte, um bereu Snter-
cffe e§ fid^ l^anbelte, mar glei(§ bereit, bem SSerlangen ju roiöfal^ren,
Sie „©übe" (l;ier im ©innc x)on Statuten gebraudjt) rourbe vorläufig
t)om Siatl^ unb ben beiben ©enoffenfd^aften entworfen. §oIIänber unb
©djotten — bie lefeten t)erbreiteten fi($ bamafe, befonberä ate §änbler
über alle pommerfdjen ©täbte, bie erfteren trieben il^re faufmäimifd;en
©efd&äfte in ben Küflenftäbten — finb von ber ©ilbe au§gefd^loffen,
ebenfo bie §anbroerfer. SDer SJatI; wirb bagegen ©orge tragen, baß
ä5orrat]^ für bie Slrmen ba iftt SSon jeber ßajl Äom, bie auöo^e^ütft.
— 346 —
n)itb, follen 2 ©(ä^effcl in bcm ju erbauenben Äornl^aufe aufbewal^tt
unb vox 3Rartini fein neues Stom ausgeführt werben, von 3}ltS)l unb
Swiebad fott immer bie aä)te Saft in SBorratl^ bleiben."
S)iefe SSerl^anblungen jwifd^en 3?atl^ unb ©ilben mürben aber in
ber ©tabt rui^bar unb t)eranla6ten große Unrul^e unb Semegung unter
ben §anbmerfern. ©ie festen ben Sifd^of, ber il^nen megen il^rer §at
tung im Saläre 1587 no(^ 2)anf f($ulbete, von bem SBorl^aben bes dia^
tl^eö in 5lenntnij3, „nod^ vox menig SBoi^en l^ätten fie üon jebem §aufe
1 ffv von ieber S3ube i ff. unb von jebem Heller i ff. 3ufage für ben
93if(^of tl^un muffen; menn eö ©teuern gebe, müßten fie immer l^er^
l^aftcn; fie l^ätten jur §anfe unb jum Sergenf (^en 6ontor beigefleuert,
bafür märe il^nen bie 3ufage gemorben, baß fie aud^ fot(^e§ mitgenießen
fofften, unb nun folften fie auögefi^f offen werben." ©ie baten um
©(^ufe gegen baö unerl^örte beginnen bes "Siaif)^ unb ber ©ifben.
Sn^mifd^en rüfteten fie fid^ aud^ fefbft ^ur ©egenmel^r, fd^foffen
\i6) eng jufammen unb erfießen eine brol^enbe SJial^nung an ben SRatl^ :
„©ie ptten fic^ ju i^rer Dbrigfeit nid^t oerfel^n, baß fie efefid^en
befannten ©eijl^äffen, oon benen fie bis auf bie ©raten ausgefogen
mürben, SSorfd^ub feiften mürbe; pe felbfl müßten ber ©tabt S3ürb^n
tragen, in ber SRotl^ ben §arnif(^ anfegen, bei Sag unb 3la^t auf ber
©tabt ®eUn unb Sefferung fiegen, in ^äfte, groft, Ungemitter bei
bem Soffmerfe, ber 3Wünbe, ben Sl^oren unb 3Jlü^fen aufwarten unb
bas §anbmer! fiegen faffen. Ungfeid^e ©d^üffetn gäben fd^eefe 3lugen;
möd^ten bod^ auc^ bie ©üfjl^erren, bie ©c^fiefö unb bie 33raunfd^meigs,
mefd^e bie neue ©ifbe vmvalkn folften, fd^armerfen gelten unb bei ber
©tabt ©ebrec^en \iä) finben faffen. S)ie von ber ©üfje feien bie Sin*
ftifter, fie l^ätten brei^ unb t)ierfad^e S^al^rung mit §anbfung, ©afjfieben
unb aSraumerf, maö fie boc^ vox afterö nid^t geburft l^ätten. 3?un
bauten fie ein ^au§> für bie 3lrmutl^, b. 1^. fie ftrii^en eine g^arbe an,
afs märe affes fdf)ön, mie im ©oangefium; mit bem ^onil^aufe mürbe
es au($ mol^f werben, wie mit bem ©afjl^aufe, woju fie bie ©teine
t)om SBolfwerf genommen, fo baß bies bei bem erften ©türme in Srüms
mer ging. 33effer wäre es, roenn fie oon ber ©tabt ©infommen, ben
^otjungen, aJlül^fen u. f. w. etwas erfparten unb für bie 2frmut5 fam^
meften. „Seber, ber Äaufmannf($aft treiben motte, folfe in einem eige^^
nen §aufe wol^nen." 2lber wie fönne benn jeber einen eigenen §aus=
l^aft ^aben! Sei ©(^afeungen wäre bas gfei(i)güftig, ba füben fie aud^
bie §anbwerfer unb bie Sßorftäbter ein, bamit fie bie ^^orberungen ber
— 347 —
]^anfcf(]^cn ©ontore Befricbiöen plfctt, iebet l^abe fürsll(]^ einen ©ulben
jaulen muffen, nnb ber ^fanbraagen fei umgegangen; ®elb fottten fie
jal^len, aber Äauffd^Iagen wäre i^nen t)erboten, tmr bamit jene Sans
fette l^alten, fd^inben unb fd^aben fönnten- ©eel^anbel unb ^Reifen unb
§anbtl^ieren iux ©ee fei frei; fo ptten es au(3^ bie Reiben t)erftanben:
quid prohibeiis aqtiasl aquarum commtinis est nstis; frei fei bie
©ee, frei mie %if)m nnb £i$t, n)ie SBinb unb ©ewitter; lieber mottten
fie baö Seben t)erlieren, alö fold^e g^reil^eit \iä) abftriden Iaf[en. 5Wie
l^abe f)m fol($e ®ilbe beftanben, wol^I aber eine ^fingftgilbe, fie märe
einfl auf bem Statl^l^aufe gefeiert morben, jefet läge fie barnieber megen
Uneinigfeit unb SWifetrauen, aßes bürgerliche SBefen unb atte gröl|li(3^^
feit fei bal^in. 3lber bie 3lutore mürben no^ il^ren Sol^n bef ommen/'
(1592).
®ö ift bie bittere ©pra(ä^e be§ tiefften Sngrimmeö, aber eö mel^t
]^inbur(3^ mie ein ©prül^en ber ©aljflutl^, beö Sebenöelementes ber ©tabt,
ber frif(3^e 3ltl^em eineö männlichen ©inneö, ber Unrecht ni(ä^t bulben
mitl, Unheil t)erfünbenb, mie ba§ ©rollen ber ©ee vox betn ©türme.
SDer SRatl^, an ben au^ ein Sefel^l von ^afimir ergangen mar, mit ber
@ilbe inne ju l^alten, mürbe eingef($ü(i)tert, er »erfd^ob bie Stuöfül^rung auf
gelegnere Seit SDie Sürgerfd^aft aber blieb in ©äl^rung, bie Parteien ftan^
ben Saläre lang l^art gegeneinanber, auf bem ©eglerl^aufe gab eö puflger
alö fonft blutige Äöpfe, felbft auf ben ©trafen erfd^oll nod^ bei nad^tfd^la-
f enber 3eit SBaffenf lirren unb Särmruf, unb ©(3&mäl^f4)riften, am ^af unb
an ben Äird^ent^üren angefd^lagen, bejeii^neten baö treiben beö SRatl^ö mit
rücffid^tölofeti SBorten unb forberten bie 33ürger auf, mad^fam ju fein,
bamit fie nid^t gröblid^ l^intergangen mürben. Unb biefe mitterten jefet
aud^ l^inter ben arglofeften Slnorbnungen be§ diatf)t§> SSerfürjung il^rer
grei^eiten. 2llö mel^rere berfelben im Sanuar 1597 na^ gemol^nter
SBeife §ols auö bem SBalbe gel^olt Ratten unb bei il^rer SlüdEfel^r bie
©t Sürgens §olj}ingel gefd^loffen fanben, l^ieben fie mit ategten imb
SBeilen auf bie S^orflügel ein unb l^ätten einem 3Jatl&öbiener, ber l^im
burd^ feigen mottte, faft bie 3lafe abgel^auen. ©ie mürben in §aft qc^
nommen, aber ftrafloä mieber entlaffen,. entmeber, meil ber SRatl^ bie
(Erbitterung nid^t t)erme]^ren mottte, ober meil, mie man boöl^aft fagte,
aud^ beö ^ämmerejö v. b. Saufen Äned^t mit feinem ©df)litten unter
ben 2lu§gefperrten gemefen märe.
SRod^ einmal l^atte bie §anfe unter ©tralfunbö aSorgange Derfud^t,
fid^ bem bro^enben Untergange entgegen ^u ftemmen unb baö gefammte
— 338 —
©igenfu^t be§ SUJtttelalterö, baJ3 feine ©tabt freuiiblid; auf ba^ ©e-
bellten von §anbel xiub ©eroerbe tu ber Skc^barfd^aft fal^, befonberö
Toeuu baffelbe auf ber SBerlefeuug ber eigenen ^Müitegien ju berul^eu
festen, ßolberg unb 6ö§lin tnaren jeitweife burd^ gemeinfamen S3or-
t^eil gegen bie bif($öfli($e ©eroalt jufdmniengel^alten tüorben, aber §an-
bel§eiferfud^t liejg ben alten 3roifl immer wieber aufleben, ßolberg
pflegte babei mit ©tolp unb SRügenroalbe gegen 6ö§lin jufammenjuftel^n.
©d^on SBifd^of 3Jtartin I;atte roieber einen §aber jn)ifd;en ben ©tobten
ausgleichen mflffen (1510). Sroei ©(i)utcn ber ©ööliner, bie bamalö
t)om ©tranbe an§f §anbet getrieben l^atten, waren im §afen t)on SJügen-
walbe feftgel^alten. SSifd^of 3Jlartin, jur ©üfd^eibuug angerufen, l^atte
bie g^reigebung ber ©(^uten erroirft, aber ben ß^öölinern i>a§> Siedet ab=
gefprod^en, t)om ©tranbe an^ Äaufmannäroaaren ju t)erf (Riffen unb
anbere SBaaren, als felbftgefangene gifd;e unb anberö alö in gifd^er-
booten ju t)erfa]^re!t; ßolberg unb 9iügenh)albe erfiietten baö 9ted;t,
il^nen anbere SBaaren fortjunel^men, wo fie ju SKarfte fämen ^^). 9]id^tö
befto weniger l^atten bie ßööliner il;ren §anbel wieber aufgenommen,
fie iawkn i^re e?al;r}euge in ber ©tabt unb lieJBen im 3al;re 1572 eine
©d)ute auf fe(|§ SRäbcm tmb mit t)ieräig ^ferben nad^ bem ©tranbe
f($affen. Sol^ann g^riebri(^ l;atte, wie eö fd^eint, ju ©unften 6ö§lin§
1573 ben barüber auögebrod;enen ©treit auöjugleid^en gefud^t, er ent-
brannte balb um fo |)eftiger, aU bie fiöötiner nid^t me^r blo^ mit 5lorn,
gering, Sud^, fonbem aud^, wa§ bie ßolberger immer am meiften auf^
brachte, mit ©alj ju l^anbeln anfingen \\n\) angeblid^ 700 Saft baoon in
il^re „unbefugte §afnung" brad)ten. SDie ß^olberger bef(^werten fidj über
il^re 3laä)baxn: „ba§ 2Bol^l ber ©täbte berul^e auf i^ren ^Woilegien, aud^
Äauffeute würben t)om Äaifer prioilegirt, mit 2llaun, Äupfer u. f. ju 1^an=
beln, unb man bürfe allein von biefen faufen; e§ fei wiber ben Sraud^ ber
beutfd^en Station, wenn man feinen §afen l^abe, an^^ bem ©tranbe ju
fd^iffen unbfid^ ber ©eefal;rt ju gebraudien; wenn and) bie Sanbftäbte
©eel^anbel trieben, fo müßten bie ©tobte, bie burc^ it;re Sage auf bie
©ee angewiefen wären, abnel^men unb oerberben." SDie Göäliner ba-
gegen bel;aupteten, ber freie ©tranb gel^öre il^nen fo gut, wie ben ©oI*
bergern, wenn il^r Sief nid^t fo bequem wäre, wie ber ßolberger §afen,
fo wäre ba§ i^re ©ad^e unb ginge bie ßolberger nid)t§ an; bie ©ol-
berger wollten nur itjr ©alj möglid^ft ttjeuer t)er!aufen, ber 2lrmutl^
für 1 ^funb ©alj 4—5 Ji^aler abnehmen; furj fie wollten immer „bie
©aljjunfor" fein. @ö war fd;on für bie S'oiberoer 3tnfprüd^e ein ungün-
— 339 —
ftiger Umfianb, bag bie a3ef(]^tt)erbe berfclben aud; bett bif^öflti^en 3lmt-
ntamt t)on Saft betraf, ber \xö) cbenfallö auf ben ©ecl^anbel gelegt
l^aben fottte. SDiefer bel^auptete, er l^abe auf feiner mit beö S3if(3^ofö
©rlaubni^ erbauten ©(^ute nur baö Äorn aus ben Slemtern Sublife,
ßörlin unb S3afl m^ Stettin gefd^afft, um ben Säuern bie Sanbful^ren
nad^ Stettin ju erfparen; unb ba§ bie gif(|er t)om ©tranbe, wenn fie
SDorf(^ u. f. xo, mä) Stettin ober SJanjig fül^ren, von bort ©alj mit=
brad^ten, fei fd^on feit unoorbentti(|er Seit S3rau(^ geroefen." SDie ©in-
jell^eiten ber- nun folgenben SSorgänge finb unbefannt; ßolberg würbe
mit feiner Sefd^werbe abgewiefen unb fuiä^te fid^ burd^ ©ewaltmajsregeln
gegen 6öölin felbft SRed^t ju oerfd^affen, würbe aber bafür t)om §ofgerid^t
in eine Strafe von 500 Si^alern oerurtl^eilt ^^).
SJurd^ biefe S)rangfale, bie von allen Seiten i^er über i^n fanten,
war ber 3Kutl^ unb bie SBiberftanböfraft bes 3latl^eö vöUxq gebrod^en,
er beugte fid^ t)or ben beiben dürften, befannte feine gro§e Uebereitung
in ber aSerlefeung be§ freien ©eleits unb erbot fid^, bie ©elbftrafe von
2500 Si^alern bafür ju jal^len. 3ur Beilegung ber übrigen Streit:^
puncte fud^te er ben ^er^og Sodann griebrid^ afe aSermittler 3U ge^
winnen. SDiefer war l^ierju unb jur 3lnnal^me einer faiferlid^en 3Soff=
maS)t um fo lieber bereit, als Äafimirö gefefelofeö Sßerfal^ren imb ba§
Streben nad^ tJoffer Unabl^ängigfeit, baö er burd^iblidfen. lie§, fd^on baö
SBebenfen ber beiben pommerf d^en §eQöge erregt l^atte. 2lm 12. S^c-^
tober 1586 famen Soi^iann griebrid^ von Stettin unb ©ruft Subwig von
SBolgajl nad[; ßolberg, um ben Slusgleid^ in baö SBerf ju fefeen; nur
jögernb ging ber SBifd^of auf benielben ein. 3n unrü^mlid^er SBeife
würbe, ungewiß ob auf Äafimirö ober nur auf beS' Stift^oogtes ©e^eig,
bie grift biö jum oollftänbigen 2lbfd^lufe benufet, um bie fd^önflen unb
größten ©ren^- unb aKalbäume im Stabtwalbe unb Sefiiner §oIje ju
fällen unb als Srennl^olj ju rerfaufen. SRac^ oielen Sd^wierigfeiten
würbe enblid^ am 4. 9Jlai 1587 ju ßolberg imb 3lltftabt ber SBertrag ju
Staube gebrad^t, ber wenigflens oorläufig ben gerieben wieber l^erftellte.
S)ie §auptoeranIaffung beö gaujen Streits, bie ßlojlerfrage,
würbe juerft erlebigt SDie oon bem Statine in S3efife genommene Älo=
fterlabe würbe oon biefem lierauögcgeben, unb bem Sifd^ofe von ©am«
min, als bem öegrünber beö 5ltofterö, baö ^atronat, baö ber SBifd^of
fd^on 1580 wieber an fid^ genonunen l^atte, unb bie oberfle Snfpection
unb Konfirmation jugefprod^en, SDas 3?älpere über ben SBertrag ift ju
ju flnben S, 297*
— 350 —
ber ©ütje voax bereit, bemSefel^Ie golge ju leifien; aber bie SWel^rjal^l
unb ber aiuöfd^ufe ber SBürgerf^aft erfannte bie ©efal^r für bas SRed^t
ber ©tabt, m^ welkem bei ©treitigfeiten jwifd^en bürgern unb bem
33if$ofe jene nur in ben aWauern ber ©tabt t)or bem aßagiftrate unb
ben Mi^tn be§ SBifd^ofö jur 5Berantn)ortung gebogen werben burften.
Samme würbe auf ber Äämmerertammer in §aft gel^alten, feine 2luö=
lieferung würbe t)ern)eigert. ®ö entfprai^ bem 6§arafter beö g^ür=
ften, ba§ er bafür Samme'ö ©öl^ne aufgreifen unb m6) Äafimirsburg
bringen liefe.
3n biefer Seit ereignete fid^ ein fomifd^er Swifd^enfall in ßolberg,
ber ein feltfameö Sid^t auf bie Suftänbe faffen läfet SDer Sifd^of fam
am 12. Suni 1600 mit bem §erjoge Sol^ann 6arl t). SBraunfd^meig
unb jal^Irei^em ©efolge m^ ßolberg, mn fid^ l^ier mel^rere Sage auf=
jul^alten. ©ie würben vom Statine in großen ©afigeboten mit Dielen
Unfoften tagtäglid; auf bem $Ratl^I)aufe gefpeift, unb als nun bie jovialen
§erren, bie il^ren ©pafe liebten — Äafimir war mel^rmalö auf doU
berger S3ürger]^o(3^}eiten, felbfi in ben nieberen ©tänben — von ben
feurigen SBeinen auö bem SKatl^sfetter flar! aufgel^eitert wareit, liegen
fie i^ren Sarbier Idolen unb ben el^rfamen 9iatl;öl^enn in i^rer ®egen:=
wart bie Sierbe beö SfKanneö in jener Seit, bie würbigen Särte, ab-^
fd^neiben; unb ate ber 9tatl^ gefd^oren war, würben bie übrigen (?)
S3ürger einer nad^ bem anbern l^erbeigel^olt, um berfelben ^rocebur
unterworfen ju werben. SDie ©d^ur bauerte vom U. hx§> jum 16., „baö
SRat^l^auä würbe eine SBarbierftube, bie ©onfuln unb Bürger ©diafe,
bie dürften SBarbiere", delirant regesy tondentur Arc/iivi, fügt bie
Ouelle l^inju ^).
SDer diat^ l^atte vox ad^t Sahiren gegen ben SBiden ber Sünfte
unb be§ Sifd^ofö bie ^aufmannögilbe nid^t ju t)eröffentlid^en gewagt,
ol^ne fie beö^alb aufgegeben ju l^aben. §atte er burd^ bie glänjenbe
Sewirt^ung auf Soften ber ©tabt unb burd^ bie SDulbung ber unwür^
bigen a3e|anbtung fid^ bie SBiafä^rigleit unb bie Seiftimmung be§ felt=
famen, launenhaften prften erfauft? g^aft möd^te man eö permutl^en.
Unermartet von ber ©emeinbe warb plöfelid^ am 22. Sanuar beö folgenben
Sa^reö (1601) bie üerl^afete ^aufmannö^ unb ©d^iffergilbe befannt ge=
mad^t, weldf)e ben S5orftäbtern unb ben §anbwerfern, wenn fie nid^t
i^r §anbwerf aufgäben unb in bie ©ilbe einträten, jeben §anbel mit
Äorn, Swiebad u. f. w. unterfagte, unb ebenfo unerwartet ertl^eilte
Jfaftmir je^t bie früher ^erraeigerte SBeftätigung. Ser diat^ l^atte hm
— 351 —
anöeferjcneren Sf;eil ber 93ürflerfd)aft auf feiner (Seite, bie ©ülje, bie
^auftnännSs unb g(^iff er gilbe; bie ganje übrige ©emeinbe bagegen unb
bie fleinen Seute in ben SBorftäbten f)ielten einmütliig jufantmen, bie
lefeteren um fo mel^r, ba pe fid^ burd^ eine neue §oljorbnung beö SHa^
tl^eö t)om Sa(;re 1599 fc^wer gefd^äbigt glaubten.
SDer ©tabtraatb war, wie man in 6oIberg immer geglaubt l;atte,
befonberö jum Sinken beö gemeinen SUJanneö ta. S)o& fanb mol^l in
ber Sluöbeutung beffelben eine grofee Unorbnung flatt, jieber ^olte naä)
SBelieben, mann er moKte; bie- ©rneuerung ber alten SSerfügung mar
äraedmäjsig, ba^ nur bann §olj gel;auen unb gel;olt merben bürfe, wenn
©tabtbiencr unb ^oljüögte eö ausriefen. S)aö gef(3^at; in ber 3eit, wo
bor erfte g^roft bie 3Woorgrünbe l;art mad^te; bann jogen bie !tei=
neren Sflrger mit SBagen, ©d^lilten unb Darren l^inauö unb fd^lepp«
ten fo t)iel in bie ©tabt, ba§ fie nod^ anberen, bie fid) ber 2lr^
beit fd)ämten, abgeben fonnten*). — 9luJ3erbem aber mürbe jum
3laS)t^eH ber ^ött(^er ber ©d^lag beö &ä)en^ unb 33u$enl^oläe§
bef(^ränft; bie in SBuben unb klettern mol^nten, follten ni(i)t mel^r mit
^>ferben unb SBagen ju SBalbe fal;ren, ben aSorftäbtern aber, ben ©tub^
benl)ägnern mit Sluöim^me berer, bie auf alten SSauerl^öfen fa^en, ben
aJiünbern unb ben Semol^nern ber ^fannfi^mieben mürbe bas ^ols^olen
aufö neue ganj t)erboten; fie mürben auf Sorf angemiefen (ber fd;on
um bie SWJitte biefeö 3ci§rl;unbertö erroäl^nt mirb). 3u 3Balbs: unb §olä-
Ijerren mürben immer bie jmei jüngften ^iatl^öl^errn beftimmt, benen jmei
auä ber S8ürgerf(^aft beigegeben mürben ^).
SDie ganje aufgeregte aWaffe, bie §anbmerfer in ber ©tabt, bie
©ärtner unb Sagelöl^ner aus ben SSorftäbten, f(^arten fi(^ nuit um jmei
3)?änner, biefid^ ju il^ren g^ül^rern aufgemorfen l;atten: 5D?attl^ia§ ^lam
tefom unb Situs ©ögfe. SDer erfte, ein geborner ©targarber, längere
3eit ©olbat, l^atte fid^ 1586 in ©olberg niebergelaffen unb ben Sür?
gereib gefd^moren. 2lnfängli(^ in moljl^abenben aSerl^ältniffen, mar er
(fo menigftens ©immern) ein 3Jlüffiggänger unb Sßerjel^rer feines ®utes
gemorben. S)en anberen, ber von ^rofeffion ein ©d^neiber mar, l^atte
i'mruljiger ©inn getrieben, ftatt ber 5Wabel bie ?pife in bie §anb ju
nehmen; als ^riegSgenoffe eines fpäter in ber 3?ä^e von ßolberg an:=
fäffigen t). SWanteuffel mar er, Derfd^iebenen g^ürften bienenb, abenteuernb
in ber SBelt uml^ergejogen unb l^atte mit g^ranjofen, Surfen unb 3JloS-
fomitern gefämpft* 3n feine Sßaterftabt jurüdfgefe^rt, l^atte il^m fein
fvieblidjes §anbn)erf, ju bcm er anfänglid^ mieber ge^rif^eu l(atte» mvöv^x
— 852 —
mi)t jufageu woHen, ba l^atte er [xä) in ein SEBirtl^ö^auö l^ineln gel^eirat^et
nnb xoax S^^mxif) geraorben, unb baju mochte and) bie Ijod^geroa^^
fene, ntartialifcle Sieitergeftalt mit ber breiten ©(^marre über baö
©cfiiä^t beffer paffen. — SDie Urtl^eile über bie beiben rül^ren nur von
©egnern l^er unb finb be§l^alb mit aSorfi(^t aufäune^men. SDie Tl&nmx
l^aben fi(ä^er ein wilbeö ©piel mit ber ©emeinbe getrieben; aber eö
waren fül^ne ®ef eilen, ber geber unb.beö SBBorteö mäd^tig, gefdjidter
alö 2lbebar, bie 3Kaffen ju leiten, bie £eibenf(3^aft berfelben immer von
neueiii wieber anjufac^en unb fid^ il^r aSertrauen ju erl^alten; fie mußten,
ba^ neuen Setjorjugungen ber bem 3^atl;e nal^e fte^enben ©ilben nur bann
bauernb. t)orgebeugt werben fönne^ wenn ber 9iatl^ einen Stjeil feiner
©ewalt an bie 3ünfte abgebe, furj, fie wollten, wie ber 6rla^ beö
9iei(3&öfammergeri(|tö fagt, bie respiiblica aristocratica \n tintdenio-
craticam t)erwanbeln. 3lu§er il^nen werben no(| unter ben gül^rem
ber SRotar Soc^im Sante unb ber Sernfteinbrel^er ©tubbe genannt.
3unäd^ft fd)ienen fie bie gefefclic^ il^nen juftel^enben SJlittel am
wenben ju wollen: fie appellirten an ba§ SReid^öfammergeriiJ^t» 3llö
aber ber SRatlj bei ber furchtbaren ©äl^rung eö bennoc^ wagte, ein ©(ä^iff
mit ©ewerföwaaren im §afen feftl^alten ju laffen, begann bie offene
©mpörung. 3lufrül^rerifd^e §aufen brangen in ba§ §'auö bes aSücger^^
meifteramt§Derwefer§ unb forbert^n i(;m bie ©d;Ittffel jum 9tatl;f)aufe
ab, anbere fal^nbeten auf ben ©rinbifuä SDöpfe, ben fie für ben §aupt-
url^eber ber fürfttid^en SBeftätigung l;ielten; alö fie i^n im §aufe nid^t
fanben, befefeten fie bie S^ore, um fein ©ntweid^en ju oerl^inbern, i(jn
mit ©ewalt auf \)a§^ 9iatl^]^au§ ju fd^teppen unb ifjm „ben §alö ent«
jwei ju fd^Iagen"; eö war i^m jebod^ gelungen, mit feinem ©ecretär
jufammen bur($ eine SBafferpforte nad^ 6öölin ju entfommen. 3lm foU
genben JTage, 16. Slpril 1601, alö ber Siatf; in grofier ©orge unb Un^
rul^e auf bem SWatljl^aufe t)erfanunelt war, erfd^ien ^tantefora, umgeben
von einer £eibwa($e Don l;unbert aWann — wäl;renb fonft nie mel^r
alö fieben ju gleid;er Seit vox bem Statlje auftreten burften — in
feiner 3JHtte unb forberte unter bem Srol^en unb Sioben feiner Begleiter
ßaffation ber Äaufmannögilbe unb bie Serreifeung ber fürftlidjen Se^
ftätigung. ®er 3iat[;, burdj wilbe 9iufe „er foHe nid;t lebenbig baoon
fommen", anfänglich eingefdiüdjtert, l;ob ben Slrreft auf ba§ ©d;iff auf
unb oerfprad^, bie Sefd^ werben ber ©emeinben in Sufunft gern anhören
unb in nähere Comideralion nel^men ju wollen, ^lantefow unb feineu
©enoffen genügten bie uubeftiiumten Sufid^erungen nid;t, fie fovberten
— 353 —
bie misbrücf Ii($c @rf fäning, ba§ bie ©Übe aufocl^oben fei, irnb l^ielten ben
diat^ ben ßansen STag, ol^ne i^^tn ©peife unb Sranf jufommen ju laffen^
auf bem 9latl^5^ufe fefl. Sod^ biefer l^atte feine alte Säl^igfeit wieber
gewonnen; ol^ne il^re S[bfi(3^t erreid^t ju l^aben, mujgten bie 9IufrüF;rer,
felbft mübe geworben, il^n am fpäten Slbenb mä) §aufe entlajfen. —
©er 2lufftanb erl^ielt bann in ben folgenben Sagen eine beftinimte ©r-
ganifation. S)aö ©eglerl^aus würbe juni Hauptquartier geinai^t, bort
l^ielt ber neue bentofratifcf;e Sluäfd^u^ — benn ber alte I;atte bem
©turnte nid^t ©tanb gel^allen, ein Si^eil war ju ben Sünften ge^
treten, bie ©ilbegenoffen l^ielten es mit btm Statte — feine ©ifeungen.
eine 2«ufierung ber 2Iufftänbif(i^en ergab 1430 ftreitfä^ige 3Kcinner,
benn an^ bie frieblidjen S3ürger würben wiber SBiUen t)on ber 3Kenge
mit fortgeriffen. Unter Srommel^ unb ^feifenflang m^ Äriegsfitte
f(^woren fie ben alten Ärieg§Ined;ten ©öfefe unb ^lantefow, i^ren
„ßapitänen", ©el^orfam unb Sreue, bajg fie mit £eib unb Seben ju
i^nen ftel^en wollten. SBor ben Käufern ber ©apitäne l^ielten bewaffnete
SRotten be§ 3laä)t^ SBa(^e, au(^ baö SRatl^l^auS würbe mit einer 2Badje
rerfel^en. 2)er diat^ war au^er Sl^ätigfeit gefegt, er mu^te fid^ im
(Sel^eimen unter Slngft unb ©efal^r an anb^ren Orten rerfammeln.
3njwif(|en l^atte er [x^ fd^on in feiner SRotl^ an ben 93if(|of gewenbet,
unb eö erfolgte ein ernfter Sefel^l von blefem an bie SEerfe, jum ®e=
l^orfam jurüdjufel^ren. Sie 2lufftänbif(^en jebod^ würben baburi^ mir
t)eranla6t, bie ©tabt für ben ^JaH eineö 2lngriffe§ in Sßertl^eibigungs^
juftanb ju f efeen : bie 3lrbieiter würben t)om gelbe in bie ©tabt gerufen,
felbft ben SBittwen würbe aufgegeben, einen tüchtigen ajfann unb SBaffen
für i^n bereit ju Italien, ber, wenn bie Trommel gefc^lagen würbe, in
5Rei^ unb ©lieb treten fönnte; eine §auöcolIecte brad^te bie nöt|)igcn
©elbmittel jufammen.
2luf beö Slatl^ö bringenben §filferuf fam am 22. Slpril ber San^
beöfürft in ^erfon na(5 ßolberg, bie S^l^ore würben ilim geöffnet, aber
in brol^enber Haltung ftanben bie SBerfe, mit ©ewel^r unb 3)Juöfeten
wol^l bewaffnet, in bid^ter aJJaffe von bem fürftlid^en §ofe in ber
S)omftra^e an biö jur Sanbesbanbflrajge aufmarf(^irt. 9Wit ben 50 dleU
figen, bie aufeer ben 24 mit Prälaten unb Statinen belabenen SBagen
feine SSegleitung bilbeten, wagte ber gürft nid^t, ©ewalt anjuwenben,
er begnügte fid^, beibe Parteien anjul^ören, ©ewalttl^ätigfeiten ju unter*
fagen unb fie auf bie ®«tfd^eibung beö SReid^öfammergerid^tö ju vex-
weifen, weld^eö bereite ani) vom 9flat§e angewfen war* Saft faifer-
— 354 —
lidjc aWanbat, ha^ eine ntiöfürjrlid&c @efcf)id;te bt^ STufftanbcö entl^ält,
war ain 25. Sunt 1601 auögcftcHt, eö befal^l bcn SBerfen bei beö
9leid^e§ 3l(i)t, feineu Sumult unb ätuftul^r tüieber ju erregen, fi^ rul^ig
ju bejeigen unb fi(^ ber Äaufmannögilbe ju fügen.
S)ie ©emeinbe Ue^ fid^ baburd^ eBenfo wenig irre niad^en, wie
bnrc^ ba§ erf(^einen beä Sifc^ofö. S^atfä^lid^ befajsen bie gül^rer ber
©emeinbe bie §errfc[jaft in b^r ©tabt. ^lantefou) beftimmte bie Stiiötl^eis
lung ber SWatljöämter, wer §afen- 3)iül^len]^err ii. f. w. fein foßte, bem
diaü)e entbot er nur feine „mitbürgerlid^en, nid;t untertl^änigen" ©ienfte,
auf bie £aufmann§9ilbe würbe feine 9lü(ffi(^t ntel^r genommen. 3lber es
galt, ben Suftänben eine re(3^tli(3^e SBegrünbung ju geben, ben SRatI; jur
Slnerfennung berfelben ju bemegen, bamit bie alten aSerl^ältnijfe nid^t
wieberf eieren fönnten: bie ^aufmannögilbe foHte t)om Satire feierlid^
aufgel^oben werben, au^ aJlitglieber ber 3ünfte follten Siatl^ftül^le ein^
nel^men, unb aUjäl^rlid^ foHte vox ber ©emeinbe genaue Siecä^nungfiab^
läge gefd^el^en.
©0 leidet gab ber 9tat]^ nid^t nad^: er war an^ gleid^eni §oIäe
gefd;nitten, wie feine ©egner; trofe feiner SBebrängnig weigerte er fid^
ftanbl^aft, einen S^eil feines ditä)k^ in bie §anb ber ©emeinbe ju
legen.
SDod^ ^lantefow t)erftanb eö, immer neue §ebel anjufefeen, nm
hen 9totl; au§ feiner Haltung ju brängen unb bie erlal^menbe S^eit
nal^me ber SSürgerfd^aft wieber angafrifd^en. ©d^on 1601 waren mit
©infd^lufe ber t)om diat^e gefteuerten 80 fl. nur 113 fl. ©d^o& einge=
fommen; baö 3ctl;r 1602 brad^te no(^ weniger, benn im 3iot)ember
würbe eine förmliche ©teuert)erweigerung befd^loffen unb ins SBerf ge-
fefet, unb man begreift faum, wie unter biefen Umftänben nodj eine- ge-
orbnete SSerwaltung möglid; war.
@r benufete ferner gef(^idt bie ©paltung im dlat^e ju feinem unb
ber ©emeinbe a3ort^eil. Samme war fdjon mit ©ewalt ans feinem
©efängniffe befreit, jefet foHten aud^ 33utgrin unb bie beiben ^ol^en^
Ijaufen wieber in i^re 2lemter eingefefet werben, weil fie bie i^aufumnuS-
gilbe nidjt mitgeftiftet l;ätten. §ermaun ^oljenl^aufen war ju ftolj, um
ber ©nabe beö gemeinen 3JJanneS feine SBicbereinfefcung vzxiantm ju
mögen, er wollte fein 9ied^t nur t)om 9ieid;öfammergerid^t (bod^ ftarb
er, elje beffen ©ntfd^eibung erfolgte 1611), bie anberen liefen fid; gerne
burdj bie §anbwerfer wieber auf ifire SWatl^öftü^le fefcen unb waren
nun mit ifirem Slnljange, wenigftens i;n ©e^cimen, auf ^lantefowö
— 355 —
©eite. S)ic t)om 33if($ofe eingefefeten 3lmt§üertt)efer mixbm in x^xm
§äufem öberfallcn, bic ©(^^Iflffel iinb bic insigiiia viajestalis iljiicu
mit ©eroalt entriffcn, unb ber SRatl^ rourbe btir^ eine breimal roieber^
I;olte ©infpeminö (1602) enbli(ä^ gejrounöen, bie entfetten SBürgermeifter
urb Äämmerer wieber il^re ©tfll^Ie einnel^men ju laffen.
3lu(^ um bie Sluf ^ebung ber Äaufmannögilbe enblid; t)om SRatI;e
ju erroirfen, rourbe bieö SWittel be§ 3lrrefte§ me]^rfa(^ gegen ir;u tnib
gegen bie ganje ©ülje angeroenbet» „3)eä 3un!er Seuffelö monopolifcf^e
Kaufmannögilbe, bie mel^r Unl^eil geftiftet, als ein feinblid^er Ueberfall,
foll i^nen in aiähentica forma, ebenfo bie mit befonberen fünften
unb ber ©tabt gemeinem ®elbe ausgepraltifirte ©onfirmation jugeftellt
unb t)erni(^tet roerben, a\xSi rooBen fie feine bilatorifc^e, ober auf
©(Sträuben geftellte, fonbern eine grünbli(3^e ©rflärung/' 5Der 9latl;,
burd^ bie fortgefefeten ^(adereien mürbe gema(ä^t, fing enbli(^ m wa^-
jugeben, er roar bereit, ben SBorfd^lag ber ©eroerfe anjunel^men, bafe
bie 2lu§ful^r na($ aWafegabe ber §äufer geregelt roürbe, in ber SBeife,
bafe t)on allerlei ®ut t)om ©iebell^aufe 6 Saft, t)on ber S3ube 3 unb
t)om Äeller 1 i ßaft t)erf c^ifft roerben f önnten. ©agegen f orberte nun
bie ©emeinbe, 't^a^ alle, bie niiä^t ju il^r geftanben, t)on bem SRec^te au§5
gefd;loffen bleiben follten; ber SJatl^ aber rooHte feine eigenen g^reunbe nid^t
fallen laffen, unb bie aJerl^anblungen jerf dringen [\^ roieber; ^lanteforoö
©enoffen riffen bie neue Drbnung, bie f(3^on tjon ben hangeln publicirt war,
roieber t)om Slatl^l^aufe ab unb l^ielten bie ©d^iffe ber ©egner im §afen feft.
.S)o^ t)on ein^er anbem ©eite ^^ brol^enbe ©efal^ren mad^ten eö
bem Statine jum bringenben ©ebote, eine 2luöfö^nung mit ber ©emeinbe
}u ©tanbe ju bringen.
Äafimir, ber aud^ mit feiner SRitterfd^aft in ftetem Sroifte unb
in golge feiner Sluöfd^roeifungen julefet bettlägerig, in bie ßolberger
SBirren nid^t mel^r einjugreifen Dermcd^t l^atte, überliefe, ber 5legieningö=
forgen überbrüffig, gegen bie 3lblretung ber Slemter Siügenroalbe unb
SBütoro, ba§ ©tift an granj, ben ©ol^n Sarnimö, unb fd^lug fein ilran^
!enlager in SRügenroalbe auf. ST er neue Sifd^of fc^ien ernftlid^ gegen
©olberg t)orgel^en ju rootten. SDie SBiebereinfül^rung ber auf Äafimirö
Sefel^l entfetten SRatl^soerroanbten rourbe t)on ber neuen Slegierung al§
eine fd^roere SBerlefeung ber fürftlid^en SBürbe angefe^en, ber SRatl;, ber
bod^ nur gejroungen feine ©inroilligung \>ai\x gegeben Ijatte, beö^^lb unb
jugleid^ roegen g^efil^altung einer fürjilid^en ßornlabung in eine ©elb-
flrafe Don 1000 S^alern üerurt^eitt unb roiUfürlid^ jroel SRat^dmitglieber,
— 356 —
SImbrofiuö Seömar imb So^un ©immern, ju SBcrttJcfern ber noS) \m^
Bcfcfeten Slemter bcftimmt, bagegen bem t)om 3iatl)c juiu Sflrgenueifter
getöä^Iten btöljerigen Äämmcrer ®eorg t). 33raunf(|n)cig bic Seftätigung
rerraeigctt. Stt bem ©treit mit ber ©emeinbe trat ber gürft jmar auf
©eite be§ Statins, er t)erbot il^m bei 2000 Sl^aler ©träfe, ber ©emeinbe
Sledjnung Don ben ©tabtgütern abzulegen, aber ber l^injugefügle ©rinib,
ha^ foli^e ]ü(^t ben inferioribiis, fonbem ben stiperiorihus gebüljre,
[teilten bem Siatl^e eine ßontrole in 2lu§fi(^t, bie il^m no(^ nnangene^=
mer raar, alö bie ber ©emeinbe. S)er Slatl^ fal^ in biefem SSerfal^ren
einen gefäl^rlic^en (Singriff in feine unb ber ©tabt SRed^te unb üerroei^
gerte bem S3if(^of beöl;alb bie vom übrigen ©tifte fc^on geleiftete §ut=
bigung, bis er bie 5le(^te ber ©tabt anerfannt unb il^r bie alten ^ri=
t)ilegien beftätigt l&abe. —
3lu(^ an bie ©emeinbe raaren ftrenge Söeifungen von bem 33i=
f(^ofe ergangen, „benUnrul^en foHte ein (Snbe gema(^ t werben, er wolle
eö ni(^t langer mit anfel^n", unb bie ©emerfe mürben mit bem Sßer-
lufte itirer ^Rotten bebrol^t, menn fie nic^t jur Drbnung jurüdEfel^rten.
^tantefom unb ©öfefe l^atten jmei Sa^re l^inburd^ faft unumfdjränft
iiber bie ©emeinbe unb bie ©tabt gel^ertfc^t; bod^ fingen fdjon bie
Sieil^en il^rer Partei an fi(3^ ju lichten, bie SSerftänbigeren maren ber
conventicida auf bem ©eglerl^aufe unb ber emigen §efeereien mübe,
aud) brang attmäl^Utä^ in allen Greifen baä ©efüp bur(|, ba^ fie 33ür=
ger einer ©tabt feien unb ba& fie biefe nic^t bur(| fortgefefcte 3n)ie^
trad)t ganj Derberben bürften; unb atö nun bie beiben ©üben \\S) ju
rüdl^altrofer aSerföl^nung bereit erflärten unb mit bem SRatl^e jufammen
bie Äaufmannögilbe aufl^oben, feierte bie 33ürgerfd^aft affmäljlid^ jur
Srbnung jurüd unb bejal^Itc ben ©d^of. 9?oc| immer l^atten bie
beiben „§auptleute t)on Gotberg" il^ren Slnl^ang in ber ©labt; benn
bie fleinen Seute, bie ©ärtner unb Sagclc^ner für($teten bei bem a?er=
trage leer auöjugel^en, unb fo mirb eö etflärlic^, ba^ ber förmliche 3lb=
f(^lu6 beö griebenö \\S) no(^ über ein Sai&r ^iujögerte. ®rft am 4. Sanuar
1604 finbet biefer ftatt. ©ilben unb ©eraerfe erWären mx bem 91atl;e,
baß alle Swietrad^t unb 3Jli§oerftänbniffe gänjli(^ caffirt unb in Sßergeffen^
l;eit gefteHt unb bie 3lu§fd^iffung be§ ^orn§ nad^ altem ©ebraud^ betrieben
werben foHte. ©ilbe unb ©emerfe fc^ließen eine sandam ligam, fie
motten Ijinfort ein corpus bilben, nid^t jum despecl ber orbentlid()en
©brigfeit, fonbem jum ©d^ufe il^reö 3?ed^te5 wnh jur Slbroeljr Don Sin«
griffen, fie mögen fommen, mol&er fie nollc!\ Unter^eid^net l;abeu bie
— 357 —
beiben ©ilbeu ber ©ül}t;erren unb ^aufteilte uiib bie ©eroerfe ber
SBeifebärfer, ©(^miebe, ©d^uflcr, 93ött(|er, 2!u(^nta(ä^er, Äürfi^ner, §afen
(§öfer) uiib „Salbiercr/' einige ©ewerfe, bie fonfl in biefer 3eit ge^
nannt werben, fehlen.
einige Sage naä) ber SSerfö^nung fanb man an einer 5?ranibube
am aWarfte bie ^erfe angefc^rieben:
ji bürger makl de ogcn up in iuwern rechlessaken
gntl ward iu helpcn dat ji iuwern viendcn diier makl dal lachen^
will ji nicli sin iuwern rechles quill,
so wehrt iu et is hohe tid.
•
©ie besiel^en fic^ tt)oI;l ni(|t mel^r auf ben nun vorläufig abge^
fd)toffenen ©treit jwifdjen ^cA^ unb SBürgerfd^aft, fonbern auf bie %\\r
fpvfld;e, bie ber 93ifd^of erl;oben l^atte, unb biefem fonnte ber SRatl^, ge::
ftüOt auf ben einmiitl;igen SBiUen ber 33ürger[d;aft, jefet fefter entgegen^
tre'en. 9JatIj unb 33firgerf(^aft blieben bei bem entfdiluffe, bie §ulbi=
gung nid)t el;er leiften ju woHen, alö bis bie einbringlinge a\x^ bem
9tatrjc auögeftoßen, unb biefer na(^ altem §erfommen tüieber ju feiner
DolIen 3aljl ergänzt fei. 3)ie freiwillige SJerjic^tleiftung t)on Samme
unb bem Sürgermeifter 33ulgrin erleichterte baö Suftanbefommen eines
Gompromiffeö, loeli^eö nad; längeren SBerl^anblungen burd; bie SBermitte^
lung §erjog ^U;ilipp'ö IL (g^ebruar 1604) abgef(^loffen würbe, ©eorg
t). Sraunfdjweig würbe l^iernai^ Dom 33if($ofe als redjtmä^iger Sürger^
meifter anerfannt, 3ltnbrofiuö Sesmar blieb unb erl^ielt bur(^ na(3^träg=
lidje 2Bal;l bes 9tatl^ä gefefelidje Sered^tigung jur SSerwaltung feines
2lmtes, §ennann §ol;enl^aufen fül;rte htw SBiirgermeifter-Sitel, oI;ne fein
2lmt 5U i)erwalten unb ©alar ju erl^alten. erft 1613 crl^ielt bie ©tabt
in greter wieber einen britten wirfli($en Sürgermeifter. Sie ©elbftrafe
mw 1000 Sljalern aber würbe ber ©tabt trofe aller SBemül^ungen bes
3?atl^s nic^t gef(3^enlt. 2lm 7. 3Kärj erfd^ien bann ber Sifd^of g^ranj
mit jal^lreit^em ©efolge in ßolberg jur §ulbigung. 3)er Siatl^ imb
bie gefammte SBürgerf(ä^aft jog i^m mit brei g^al^nen bis ©t ©ertnib
entgegen, empfing il;n l^ier mit ©efd^üfcbonner unb feierlichen 3lnreben
inib geleitete iljn auf bas Siatl^i^aus, wo er, bem §erfommen gemä^,
mel^rere Siage feftlid^ bewirtl;et würbe, unb am 11. SBiarj, na^bem er
bie ^^Jriüilegieu beftätigt l^atte, leifiete 3tatl^ unb Sürgerfd^aft nad^ feiere
lid;em ©ottesbienft il^m bie §ulbigung.
als Äafimir feinem SBerwanbteii bie 9iegienmg bes ©tiftes äber=
gab, l;atte er fi(^ bie ©träfe m ben älufrül^rem tjorbel^alten. ©o franf
— 858 —
lüie et war, wollte er bo(3^ t)or feinem Sobe, bem er mit fii^nellen
©(^ritten entgegen ging, m^ feinen perfönlid^ett §a6 fättigen. 2)ie
Seftrafung bilbete ein ?la(^fpiel ju ben g^ticbenäabfd^lüjfen. ©lunpf-
lidjer mußte natürüd^ gegen bie ©emeinbe t)erfal^ren werben; er be^
guügte fid; l^ier mit einer Slbbitte, bie 3o(§em Sante, ber SRotar, ber
britte im Srimnüirate, im Flamen berUebrigcn üor Äafimirö ©efanbten
auf ben Änieen liegenb, tjorlefen mußte, ©d^ümmereö war von i^m
ben beiben §aupträbetefül^rern jugebad^t.
3)er 5Wat]^ l^atte \iä) jwar anfänglid^ jur SCu^Ueferung berfelben
bereit erflärt, aber woljl aus ©d^eu, feinerfeit& bas jus de nofi evo-
cando ju t)erlefeen unb bie ©emeinbe aufä neue ju reijen, fie a\x^ bem
©efängitiffe, in baä er fie gebrad^t, entlaffen unb auf freien guß gefefet.
©öfefe l^atte bie ©tabt Derlaffen unb lebte auf bem S)orfe bei feinem
alten Ärieg^genojfen 9JlanteuffeI, ^lantefow bagcgen war rul^ig in 6ot
berg geblieben. 6r glaubte, mit in bie ©üljne eingefci^loffen ju fein,
aber er fanute ni(ä^t ben ra(3^fü(^tigen ß^aralter Äafimir*ö. @ö galt,
ber beiben ju gleid^er Seit ^abl^aft ju werben. 2)ie Äunbfd^after Äa-
fimir§ Ijatten beö erfteren aiufentl^alt außgefpürt. SWit einem patent
t)on öifd^of g^ranj m feinen fiei^nömann 2Ranteuffel, ben Stufwiegier
unb S^errätl^er bei Sßerluft feiner Selben auöjuliefern, erfi^ienen SReiter
unb „Giufpännige" auf bem §ofe; wäl^renb aWanteuffel baä ©(abreiben
übergeben würbe, umfteBten fie ben §of, ergriffen ©öljfe, ber t)ergeblid;
auö einem genfter ju entfliel^en fuc^te, unb nalimen i^n gebunben auf
einem SBagen mit fid^.
%\\ treuloferer SQSeife würbe ^lantefow'ö SSerl^aftung bewerfftet
ligt. SDer ©tiftöüogt 3Jifla§ t). ^arfow l^atte fdjon feit längerer Seit
feinen Umgang gefu($t, il^n wegen feiner SSerbienfte um bie ©tabt ge-
lobt unb t)erfprodjen, il;m bei bem Sifd^ofe g^ranj eine ©tettung alö
Jlcutmeifter ju oerfdiaffen. 3llö ^arfow bie SRad^ri(^t erl^ielt, baß man
beö anbern fi($er fei, lub er ^lantefow, wie er öfter getl^an, jum
g^rül)ftüd ju fi^ in ben fürftlid^en §of. 3lrglo§ ging biefer trofe ber
Sffiarnung feiner grau „9Jiattl^iaö, tcuwe ni(^ to x)ele, entf(^ulbige bi,
't^ai wi baben wuUen." Äaum war er bei bem ©tiftöDogt eingetreten,
atö tl;m t)on biefem ber 33efel^l t)orgelefen würbe, p^ä^ in ©öölin üor
bem §ofgeridjte ju ftetten. ^^Jtantefow berief fic^ auf baö ftäbtifd^e ©e^:
rid;t, wo ber gürft eine etwaige Älage gegen il^n t)orbringen möge,
unb fudjte ju entfommen. 3lber l^anbfefte, im SBerfted gel;altene 33auern
bauben ii^n, warfen il^m, alö er über ©ewalt fd^reien wollte, ein ®ebiß
~ 859 —
in bell SKunb, ftecften tt;n in einen §aferfa(f nnb fuhren i^n anf einem
bereit gel^altenen SBanerniüagen, auf beni votier anf(^einenb ©ttol^ tmb
§afer für bie ^ferbe gebrad^t war, im voUtn Sagen mit lautem ®e«
fiä^rei, alö ob fie tnmfen wären, „bamit man baö ©efrappele ni^t
l^öre", burd^ bie gtrajgen ixm ^oxt i^inaus. 3Kit ©öfefe jufammen
würbe er mä) giügenwalbe gebraiä^t. 2lfe ber ^er^og vom ©d^Ioffe
l^erunter bie lange ftattlid^e ©eflalt bes Situs ©öfefe erblidfte, fott er
im frol^en ©efül^I ber ©enugtl^uung, bafe er nun feine geinbe in ben
^änben l^abe, gerufen l^aben : „rniHf ommen, ©olberger Hauptmann, lofer
©(ä^elm, wenn S)u gleid^ einen §ate ^ätteft, fo bidf alö ber Sl^urm,
barin man S)i(^ flecf en wirb, f o follte er bo(5 l^erunter." Unb jener
foH il^m bie unerfd^rotfene aiutwort gegeben l^aben: „lieber gürfi, ^^ft
2?u nii^t genug am Äopf, fo f(3^ere ben 33art baju", ol^ne 3weifel
auf bie Sartfd^ur anfpielenb. 3laä) fi^weren aWartern, bie il^nen no(5
baö ©eftönbniS ber gel^eimen aWitfd^ulb Stammes abpreffen foffiten, wur::
ben fie am 18. Suli entl^auptet unb il^re 'Äöpfe auf ^fäl^le geftedt.
S)ie ©enoffen ber beiben t)erlie6en gum S^l^eil bie ©tabt, jum Si^eil oer-
famen fie in ßolberg im ®lenbe.
aSar es bem einträchtigen SBillen ber SBiirgerfd^aft aud^ gelungen,
ben §auptbranb ju löfi^en, fo war bod^ in bem engl^erjigen 3unft=
unb ^^riüilegienwefen ju t)iel Srennfioff tjorl^anben, als bafe ba§ geuer
ni(^t immer von neuem l^ätte aufflaäern muffen, bod^ immer f(^wä(^er
unb fraftlofer. Sal^r für Sa^r ifl §aber jwifd^en ©emeinbe unb 3?atl^,
3ünften unb ©ilben, 93if($of unb »ürgerfd&aft. 3m Saläre 1614 l^ielt
bie 33ürgerf(^aft, obwol^l bie Btanbe bie Äonmuöfuljr auf ad^t Saläre
freigegeben l^atten, Äomfd^iffe im §afen feft, unb Sifd^of granj mu^te
perfönlid^ nad^ ßolberg fommen, um bie fjreigebung berfelben ju er^^
wirfen. S)ie ©elbjirafen, bie für fold^e Sluflel^nungen tjer^ängt würben,
waren eine ergiebige fjinanjquette für bie dürften. 3tt bemfelben 3al;re
würbe aud^ wieber ein g^riebe jwifd^en ©ewerfen unb ©ilben gefd^loffen,
bem bod^ ein Swiefpalt tjoraufgegangen fein muß. 2Kan l^ielt il^n für
ben enbli^en Slbfd^luß ber langen ©treitigfeiten unb feierte i|n burdj
einen befdnberen ©otteöbienfl. 3luä bem S^ejte ber von Sol^ann SButo::
wius babei gel^altenen ^rcbigt (?Pf. 122) entnäl^m tnan bie 3nfd;rift,
bie jum ©ebäd^tniß ber Einigung an bem äußereti ©teint^or angebrad^t
würbe (f. ©. 47).
3lber fc^on nad^ brei Salären ifl bie SRul^e wieber auf baö tiefftc
erfd^üttert, bie <^abt aufö neue in jwei feinbli(^e Heerlager ^etl]eift.
— 860 ^
Heber bie SSotgänge finb nur bürfttge 3laS)xx^kn üorl^anbett» S)ie
Sflrgerfclaft war 1618 wieber in SBaffen, jog mit pfeifen unb STrom^
mein jum §afen unb l^olte baö f(^on cingelabene Äom roieber an^ ben
©d^iffen. SDer §auptgegenfianb beö ©treiteö roax bieömal ber 1599
begrünbete, auf SBefel^I beä SBifd^ofä befeitigte 2luöf(3^ufe, unb ber SBorfe:
fül^rer ber 33ürgerf(ä^aft war ber 3lbt)ocat Mag. SDaniel Slaufd^enborf.
SDie ©egner warfen il^m t)or, er l^abe bie Unrul^en nur erregt, um ju
gieren unb 2lnfel^n in ber ©tabt 5U fommen; jebenfalls jeigt er größere
Umfid^t, l^öl;ere ®efi(3^t§pun!te unb eine maßoottere §altung, als feine
aSorgänger. 33ei ber Sürgerfd^aft ftanb er in l^ol^em Slnfel^en, er mar
3J!itglieb ber ©d^üfcengilbe unb mürbe von biefer mit großer g^eierlid^-
feit 5U ©rabe geleitet, alö er 1615 ftarb.
©einen Semül^ungen gelang cä, ben SJall^ ju beflimmen, bie am
§ofgerid)t f(^on anpngig gemad^te ^lage gegen bie ©emeinbe jurüds
5uuet)men unb mit il^r einen gütlid^en 5BergIei($ ju f daließen (12. Suni
1618), ber mef entließ tjerf (Rieben von ben frül^creu unb eine mittlom^
menere ©rfd^einung in trüber Seit ift. 6r mill ni(^t bloß bie 3Jli6^
bräui^e in ber SSermaltung befeitigen, bie §anbmerfer gegen ^fufi^er
unb S3önf)afen fi^üfeen, baö miMürlid^e 33erfal^ren in ^roje^cu^en imb
im '^erfonalarreft abf(^affen, feine 2lnträge legen anä) Seugnife ah von
ber in ber ©emeinbe ermad^ten l^öl^eren aBertI;fd^äfcung ber geiftigen
Sefifettjümer ber ©tabt, namentlich ber ©c^ule (f. 6ap. 21), bie baburd^
einen Ijöl^eren 2luffdE)mung ju gewinnen anfängt.
2)en gtänjcnbften SBemeiö feiner Ueberrebungögabe gab SWau-
fd[;enborf baburd^, baß er ben 3Jat]^ beftimmte, freiwillig ber ©emeinbe
bie SBieberl^erftellung beö 2luöf($uffe§ nad^ ber SRorm von 1599 mn^
geftel;en utib i^m eine ßontrole ber gefammten ftäbtif(^en 3Serwaltung ein«
juräumen; ber 9Jatl^ will feine neue ©tatuten mel^r mad^en ol^ne Seiflim-
nmng beö Stuöfi^uffeö unb fi(^ fogar für bie Sctljre, wo cö feinen %\i^^
fd^uß gab, eine SReoifion ber 9le<^nungen gefallen laffen. Slaufi^enborf
felbft würbe bann mit bem Sürgerre^te befd^enft, leiftete ben Sürgereib
unb würbe t)om SRatl; ate „3)irector" beö 3lu§fd[;uffeä anerfaimt. Unb
alö nun nad) ad;t Sagen (19. Suni) aud^ ber §erjog ben Sluöfd^ug
betätigte, fc^ien enblid) naä) langem klingen bie gorm ber fiäbti^
\ä)m SJerfaffung gefmiben ju fein, in wel(^er fid^ bie Sutereffen von
dlatf) unb SBürgerfd^aft au§gleidjen fonnten.
3)a gefd^al; e§, bajj Staufd^enborf mit feinen SSerbünbeten an^ ber
33ür^erfd;aft, S^artin ©arbredpt, ^afob Seiler^ ^eter S^nefe^ SDani?l
~ 861 —
unb SWariin ©(aerober, na^ Eööliti X)ox ben 93tf(^of, weither iefet tu
bem an bcr ©teDe beö eljemaligen Sunöftauenflopcvö erbauten ©d)loffe
tefibirte, (jeforbert it)urben; atgloä leifteteu bie 3)Mnner golcje, toiirbcii
aber aU 9iäbetefül;rer beö Stufrul^rö gefangen genommen, einige Sffioc^en
feftgel;alten unb ,,burd^ fd^arfeö ©eföngni^ unb l;arten ©ib jum ®e^
l^orfam gegroungen." Snjraifd^en t)erfügte ber 33ifd)of, baß ber 3luö=
f(3^u6, ber ju ber lefeten aufrü^rerifi^en Si^at aSeranlaffimg gegeben (eö
ift n)o][|l bie geftl^altung bcr Somfd^iffe gemeint), biö ju fernerer SBerorb^:
nung abbeftettt fein follte. 2)ann würben bie ©efangenen roieber na(5
Golberg entlaffen.
@ö ifl mögli(^, ba^ einige aHju eifrige ©egner ber neuen ®in=:
ridjtung aus htm dtat^e l^cimlid^ bie angeborne unfttrfllid^e Slbneigung
beö Sifd^ofö gegen jebe Siegung beö 33ürgertl^um§ fo weit gefteigert
I;aben, bafe er feine fd^on ertljeitle SBeftätigung äurü(fnal;m, eö bleibt
boc^ immer fein SBerf, ber (Solberger Söürgerfd^aft ben t)om 9iatl;e felbft
jugeftanbenen Slntl^eil an ber SSerroaltung ber @tabt mieber entjogen
5U I;aben. SBie bie meiften feiner gefd^lec^töuermanbten SSorgänger inx
©tift, ol^ne fd^öpferifd;e Kraft, oI;ne poUtifd^e ©ebanfen, bulbete er nid;t
einuml, baß bie erfte ©tabt feiner §errf($aft von innen Iierauö e§eitung
il;rer ©d^äben fucj^te unb einer ©emeinbeuertretung il^ren red^ilmäßigen
unb moI;ltf;ätigen ^lafe mUn bem SWatl^e gab. — ©ö war Seit, bafe
bem unfrud^tbaren §aber ein ©übe gemad^t mürbe.
3nftfinbe in bcr Stnbt im 16. nitb 17. 3n^r|itnbert @tnfttt kt
SB0|rl^(nt|eit, Scrfc^minben ber Dornd^meu ^ef^te^tcr nui btc
etflbt; einriditimg M mt\ß, $emaltniig ber @tabt,
eigcttt^umgbarfer, ©ilbc» unb ^crfc, ©ittci^ttjhittb.
S)ie ©tabt Eolberg pel im anfange beö 16. Sal^l&unbettö bitrd^
U;r ftattlt^es Slnfel^n ben g^remben vox anbem ©täbten §interpommeniS
anf. Äan^on) nennt fie nni 1540 „eine fd^öne unb roo^Uxhavtk ©tabt
mit eitel fteinernep §äufent, t)on Seid^en unb SBaffem fo feft, afe eine
©tabt in Sommern fein mag, rool^nt t)iel abligeö nnb flattüd^es SSoH
batin" unb 3Salentin v. ©idflebt fagt von x^x, „fie fei eine luftige,
nal^rl^afte, mit orbentli(ä^en ©äffen unb von gemauerten §äufem wop
erbaute,. jur ®en)erbf($aft rool^lgelegene ©tabt." ©elbfl bie 93uben ber
§anbiüerfer l^atten geroöl^nUi^ ©teinmauern, unb erft in ber mageren
Seit na(^ bem breifeigjal^rigen 5lriege baute nwn mieber Heinere §äufer
auö Sel^m unb g^ac^werf ^). 3)aö ©trol^bad^ mar feltener geworben unb
Ijäufiger ber ©d^ornftein, unb in ben großen ©iebell^aufern maren glur,
treppen unb ®änge mit gotlänbif($en gliefen belegt. 35ie ©tragen l^atten
ein regelmägigereö unb faubereö Sluöfel^en erl^alten: bie börfifc^en Gurien
maren t)erf(ä^munben, unb bie ©iebelpufer l^atten in il;rer ©tragenfronte
eine jiemUd^ gleid^e §öl^e unb Sreite ^). 3?0(ä^ leiteten jmar unt)erbe(Jte
Ijöljerne SRiimen ba§ 2Baffer von ben §öfen in bie ©offen ber ©tragen
ah, unb bie Tangen pljernen SRinnen, meldte t)on ben 2)ä(3^ern meit
auf bie ©tragen reiften, unb bei Siegenmetter bie aSorübergeI;enben
mit fi^mufeigen ©üffen bebrol^ten, mürben erfl 1714 auf Sefe^ be§
geftungöconunanbanten mit enger anliegenben SBled^röl^ren i)ertauf(^t:
bod) mürbe bur(^ bie jefet beginnenbe ©tragenpflafterung eine ber §aupt-
urfad^en ber Unreinlii^feit befeitigt. SDie erfte tmd^meiätii^e „örüg^
gung" ift 1555 in ber Sanbeöbanbflrage vorgenommen 2), unb biefe no(^
immer von angefe^enen g^amilien bemol^nte ©trage mirb, wtnn nid^t
bie erfte, bod^ fidler nidEit le^te gemefen fein, bie mit einem ©teinpflafter
— 363 —
Derfel^eu ift. SDie ?Pflafiemng war ?Prit)atfa(3^e her SBewol^ner biefet
Strajgc. ©rft als bicfc \i^ über baö babei ju beobad^tcnbe SBerfal^reii
nic^t einigen fonnten, fptac^ ber dtaü) fein 3)la6)tvD0xt, bafe SBerttauenö^
nmnner baju an^ jebem ^an^e 1 bis 6 ®r. ergeben unb mä) aSotten-
buncj beö äßerfö über bie aSerwenbung beö ©elbes SRe(^enfd^aft ablegen
foHten. 5Daö SRatpau« war im Saufe be§ 15. unb 16. Sai^tl^unbertö
erl^ebliiä^ erweitert, 1538 würbe bie Äämmerei angebaut, eö fiä^lofe jefet
mit feinen 3lnbauten einen t)ierecEigen, mit SBol^len unb ^liefen belegten
3taum ein, ber jufammen mit bem norböftliiä^en unteren ©tpdroerfe ate
Sörfe biente. S)ie au(3^ bie JBiertelftunben fi^lagenbe ©d^lagul^r, mit
meld^er ber SRatl^l^auötl^urm 1625 t)erfe]^en würbe, l^atte ber ©tettiner
U^rmac^er für 250 fl. angefertigt.
©ntfpre^enb bem äleu^eren ber Stnbt war bie SBol^Il^abenl^eit ber
Söürger, bie fi(| no^ über 1570 l^inauö auf ber §öl;e beö 15. 3al^r=
Ijunbertö erl^ielt, unb nid;t etwa bbfe bei ben ©üljl^erren unb ^auf^
leuten. %\\ä) bie ©olberger §anbwerföerjeugniffe ^tten ein weites
Slbfafegebiet. S)aju gel^örte nii^t allein baö platte Sanb, ba§ fid^ von ber
©tabt, bem au§f(^lie&li(3^en ©ifee ber meifien ©ewerbe, mit ben ©ewerfö-
waaren uerforgen mu^te, unb bie §auptmärfte ber umliegenben ©täbte
Treptow, Selgarb, ©reifenberg — beffen ©(^uljmad^er fid^ gegen 1600
bitter über i^re bie ©tabt mit ©d^ul^werf überfd^wemmenben ßolberger
Sunftgenoffen beflagten — fonbern no(ä^ mel^r bie inbuftrielofen ffanbi^
naüifd^en Sänber unb ^olen. Sieben ©^ul^mai^er^ unb SSöttd^erwaaren
würbe befonberä bie grobe, bei ben nieberen Klaffen fel^r beliebte 9tafd)e
nadj ©d^weben, 9iorwegen unb ^olen »erfal^ren. 3)as ©ewerf (fpäter
jwei: baö alte unb neue ©ewerf) ber 9?af(^ma(^er war ftarf befefet unb
mand^e brai^ten eö ju SBol^li^abenljeit unb ^ieid^tl^um. SDle SSergolbung
bes Sauffteinö ift baö SBerf bes reid^en SRaf(^ma(ä^erö SReimer, weld^er
bamit ein wäl^renb einer fd^weren 5lranf^eit getl^aneö ©elübbe erfüllte
(1698). S«ad^ 1740 lam bas ©ewei! in abnähme. SSon ber SBo^U
]^abenl;eit ber §anbwerfer unb „ber ©ewöl^nung berfelben an gute
Sage" leitete 6. v. ©immem in ber Seit, wo ber SBo^lftanb bod^ fd^on
im 2lbnel;men war, il^re Steigung jur Unrul^e unb Sluflel^nung gegen
bie Dbrigfeit l^er.
es ift erflärlidj, bag biefe günftigen Söerljältniffe immer von
neuem angefel^ene gamilien anlodten, fid^ in (Solberg anjufiebeln. ©o
gewannen an^ obligen ejamilien in biefer Seit baö Sürgerred^t : aKa-
tljäuö t). ^rifee, ©ol^n §einrid^ö p. ^rifee, Äämmerer« in ©tolv, be^Jeu.
_ 364 —
aSater %xlHxä) ^ßrifee fein Seljeu an einen Selon) t)erfauft iinb fid) in
iStolp niebergelaffen Ijatte, Sorenj grorid^ anö Siolanb, 21. o. b. ßanfen,
^axil t). SRomel, ®nftad^ d. SBoperönow, Sufaö t). 35amife, beffen SBor^
fal^ren fd;on in frfll;erer 3eit in ßolberg gerool^nt l^otten, 3JJeId^ior t)*
aJtanteuffel, ^r. t). 33irf(jolj au§ ber 3JiarL Unter ben jngejogenen
bürgerlidjen ©ef(^Ied^tent xoaxm bie angefel^enften bie ber Äunbenreid^
(eigentlich Äönrif) anä Sieine in SBeftp^alen, ber ©iinmem unb etwas
fpäter ber angebliiä^ an^ ©(^ottlanb ftammenben, auö ßöölin eingeroan^
berten ©c^roeber. SDer erfte £önrif in Golberg l^attc vox feiner Slnfie^:
belung in ber ©tabt in ©djit)eben als Ärieg§mann gebient, uon feinen
SRa(3t)!ommen finb niel^rere SSürgermeifter unb Slatl^öl^erren gewefen.
ßoämuö ©immern, beni ßnfel beö in 6ol6erg eingeraanberten 3ol> ©inu
niern, beni befannten pomnierfd^en ©l;roniften, raurbe 1611 mit feinen
©efdjmiftern mn Äaifer 3Kattl^ia§ ber bamalö am faiferlid^en §ofe für
®etb nnb gute 2Borte leid;t ju geminnenbe 9lbel unb ba§ mit neuen
Emblemen erweiterte SBappen ber SDargafee, feiner 58orfal;ren mütter-
li(^er ©eite, t)erliel;en; fein neuer SRame, ©immern v. ©immernöfamp
lüar uon feinem ®üt(^en auf ber ßolberger gelbmarf entnommen,
meld)eö fpäter ber ©ouüerneur 93og. t). ©cä^roerin anfaufte. 3lud^ ältere
9lbelögefd)le($ter liefen in jener Seit iljren Slbel erneuern, wie bie
Sraunf(^weig im 3cil;re 1570 buri^ Äönig ©igiönmnb uon ^olen
unb 1648 burd) ^aifer gerbinanb III. 2lbel unb Sürgerftanb fd^ieb
fid^ fd)ärfer üon einanber, unb 1606 fa^te ber ftiftifd)e Sanbtag ben
33ef(3&lu§, ba& leiner §elm unb ©(^ilb im SBappen füljren foHe, er
f önne benn erweifen, bie gamilie l^abe eö t)or unbenHid^en Seiten getl^an.
©eit bem @nbe beä 3al;rl;unbertö begann bie ©tabt i^re 2lnjie-
Ijungöfraft auf ben Stbel ju i)erlieren. 3)a§ ©infen ber ©ülje, bie 3Ser=
fümmerung ber Siechte be§ diat^ burc| bie ©taatögewalt, baö ©(^minben
be§ bürgerlid)en, bie ©teigerung beä eigenen ©elbftgefül^lö liegen il;m
baö SBürgerred;t, ober einen ©ife im 3?atl;e minber begeljrenöwertlj er::
f(3^einen. Um 1630 waren von ben alten ©üljengefd^leditern, weld^e einft
ben ^otl^cn bie 9iamen gegeben l^atten, nur uoc^ bie ©(^lieffen in ber
®ilbe, Don anberen alten ©üljengefdjled^tern bie Sraunfd;weig unb
Äalfow, uon fpäter jugejogenen bie ©ufemer, gretter unb Seömar, bod^
in fd)ärferer 2lbfonberung oon ben bürgerlichen ©ilbegcnoffen. 5Die
ü. b. Saufen, ^uttfamer, ©toientin, 33röf er l;atten bie ©tabt uerlaffen,
uon ben §ol;en^aufen lebten nod) ^eter unb fein ©ol;n 2legibiuö in
ßolberg, ol;ne jeboc^ ber ®ilbe anjugel^ören. 3Jlan(|e gingen auf i^r^
— 3B5 —
®üter, bie jefet fteffere (Srträgc ju geben anfingen, anbete traten in
fürftüd^e S)ienfte. S3efonberö bie jüngeren 9)iänner lodte ber weitere
©efid^töfreiö ber t)orneI;nien ^ofroelt, „bie I;errlidjen, ritterli($en 9lnf^
jüge, ^lingelrennen, g^enerwerf, lieblid;e SDJnfifen, l^öflid^e Sänje unb
berglei(^en ©fercitien" ober 2lbenteuer unb Äriegögefal^ren, ju benen
bie friegerifd^e Seit in anberen Sänbern rei($lid)e ©elegenl^eit bot.
Heber bie Söline §anö äbcbars IL f. ©. 272, von ©imon äbebarö
Si^aten JEonnte man, wie ©imntern fagt, ein ganjes S3n(3^ tJoUfc^reiben»
©in Sruber von ^eter t). §ol^enl^aufen roax Kapitän auf ber l^oHänbi«
f(^en Snbienflotte, ein anberer ftanb in poInif(^en 3)ienften, bie t)ielfa(^,
üieHeid^t in g^olge ber alten ^anbelöoerbinbung, t)on ßolberg aus ge^
fu(^t würben: ein ©imon t). S3raunf(^it)eig biente brei poInif(^en Slö-
nigen, unb SBil^elm t). 25ami^, ber ©ol^n be§ S3ürgenneifter§ Ulrid^ (?)
' V. ^amife, erhielt bort wegen feiner unbänbigen Sapferfeit in Bä)laä)ten
luib Quellen ben 33einamen „ber beutfd^e Seufel" ©infl würbe er bei
einer ©(3^Iägerei in 2Barfd;au bermaßen jerl;adt, bafe er alö tobt fort^
getragen würbe, aber fi3^on nadj brei Sagen wartele er jur f|ö(^ften
SPerwunberung 2lIIer bem Könige mit geflidtem Äopfe wieber auf. ©eine
fpäteren Sage oerlebte er auf feinem SBuHenwinfel bei Golberg, faft
feiner ©inne beraubt, unb mad^te ber ©tabt burc^ feine SBilbl^eit unb
Srunfenl^eit t)iel ju fd^affen.
SDie aSerwaltung ber ©tabt unb bie innere ®inrid;tung beö diat^
ift ani) in biefer 3eit im wefentU(^en bie frül^ere geblieben, bod; er^
I)alten bie SRatl^ömitglieber jefet ein beftimmteö ©el^alt. 3iu Saläre 1520
fajste ber 9Jatl^ bzn Sefc^lu^, bafe, wenn ein geforner SRatl^mann vex^
ftürbe, feiner g^rau unb feinen Erben alle§ gegeben werben folle, wa§ ber
aSerftorbene an Sai^ö, ®elb ober anberen ©aben im Seben genoffen
I;abe, bis ein neuer 9iatl^maun an feiner ©teile gewäl;lt fei ^). 3?ad)
aingaben auö ben Sauren 1527, 1548 unb 1549 beträgt bas ®el;alt
au^er ben Ileinen SRebengefällen an Dfterweijen, ^sfingftwein, 3Jeujal;rö5
mel;l, S3efen, aWeffern mit fnöd^ernen unb gelben ©egalen oon ben SBer-
fäufern bei ben Sal^rmärften, Äälbern, §ämmeln u. f. w. auö ben
6iöcntl;innöbörfern, Pfeffer unb SWegelfen, an Saareinnaljmen jäljriidj
86 9Jfarf für ben („el;rbaren unb feften") fifeenben Sürgenneifter,
200 Wlaxl für einen Kämmerer, 1549 finb bie brei Äämmerer äufam-
nten mit 634 SWarl angefefet. Xoä) tann unmöglich baö ©eljalt ber
Äömmerer baö ber aSürgermeifler überfliegen l^aben. Um 1610 erl^ält
ber com^l dirigem, bie vkx SWül^lenfd^weine, jebcö ju 10 fl., einge-
— 366 --
nS)\\tt, 92 f(. ©einölt, ieber Äammetcr 40 fl. tüeinger, Me übrigen
SRatl^sl^etm jcbcr 8 bis 10 fl- SDic Siebcngefällc finb nid^t angegeben.
2luö ber ©tabtfaffe ctl^altcn no(ä& iä]^rlt(3^cö ©alar ber ©pnbifuö int
Sa^re 1546 400 Wlaxl im Saläre 1610 290 ft., ber ©tabtp^t)rt<«ö in betn^
felben Saläre 103 ff. 2)er ©tinbifuö l^at, wie ber fpätere ©labtpl^pfifus,
eine Slmtöwol^nnng, biö fein Soften eingeigt unb feine Functionen von
einem SRatl^mann vexxoalkt werben, um 1654 ifl biefelbe baö Slrdjibia-
fonati Ungefäl^r ebenfo vxd erl^ält ber ©tabtf Treiber; 54 f[. ber 2:i^urm^
Pfeifer, ber juglei^ ©tabtmufifuö ift; weit geringer finb natürlicä^ bie
Soften, njeld^e für ben oberften ©tabtbiener, bie brei reitenben Wiener, bie
Äämmererfned^te, ben 3Rarftmeifter, bie SBettefoögte, ben SRöl^renwal^rer,
ber aud^ ben SUtafefer %exä) in ßrbnung l^alten muß, bie jroei §olj-
tjögte, bie %^omä^ttt, ben ©tabtjungen unb hm SSogt auf ber gim
fenburg bei ©eHnoro ausgefegt finb.
Seber geroäl^lte SRat^mann ift jur Slnnal^me ber SBal^l t)erpf(id^tet,
imb §ermann t). Sraunf^roeig aus ©tettin würbe, als er fid^ 1578
beffen weigerte, mit ber ©ntjiel^ung beö a3ürgerre(]^t§ bebrol^t.
Ueber bie ©rbnung ber Sied^töpffege ift au^ htm Saläre 1660
eine genauere 3la^xi6)t erl^alten ^); fie ftellt ol^ne Sweifel @inri(ä^tungen
bar, bie fd^on lange beftanben l^atten.
SDaö obere ©tabtgeridjt war in biefem Sal^rl^unbert ganj ftäbtif(^
geworben unb baö Siedet, einen präfibirenben 9tid^tt)ogt ju ernennen,
würbe t)on bem Sifd^ofe Dergebenö beanfpruc^t. 3li^t alle ©ad^en
ol^ne Unterfd^ieb würben gleid^ tjor ben ganjen SJatl^ gebrad)t. 6ö
waren mel^rere Untergerid^te ba, .t)or benen in manchen ©adfien geflagt
werben mu^te; bodf) fonnte von i^nm an ben Siatl^ appettirt werben.
1) SDaö 9iiebergerid^t. ®s beftanb aus jwei SDlitgliebern beö
Status unb bem aSogte*), bie jwei ©erid^töpebellen unb einen ©ecretär
ju i^rem SDienfte t;atten, unb würbe auf bem SRatl^l^aufe in ber „SSogtei"
gehalten. 2lEe ©d^ulbfad^en, bie nid^t über 15 3Jfart £üb. ober 7i fl.
I^inauögingen, ©d^el worte („ßent^ ober Snjurienfad^en" nid^t über 1 fl.),
©d^lägereien würben von i^m gerid^tct. Si^m ftanb aud^ bas Slffefs
forat in bm Stemtern ber §anbwerfer ju.
2) S)aö §afengerid^t. es war aus 2 Siatl^ö^erren unb 2 ©ülj«
rerwanbten jufammengefefet, l^atte einen ©ecretär unb einen ^ebeBen
}u feinem SDienfte, unb ber SlJlünberoogt war il^m untergeben, ©treit^
0 S)oc^ ift swcifcll^aft, ob uid^t immci einer ber SSeifiSer ben Sitel SJofli föl^ite,
— 367 —
fod^cn }n)if(ä^en ftembcn ßauffeuleii in ^(ä^iffsatigelegenl^eiten, ^wifc^^en
ben Scmol^ncrn ber 9)Jfinbc, ber SBietc, ber ^fannfd)mieb,ctt bis jwr
®ote Mub fo weit bie ©tranbgerci^tigfcit ging, gel^örten*t)or bic^ ®c^
rid;t; feine ©ifeungen l^ielt e§ in ber aWünberoogtei.
3) SDaö ©reoens (©rnben) geri(3^t, awö 2 SDIitgliebem beö SWat^ö
gebilbet, t)or bem bie Strungen, bie bei bem §oIjfefeen^ §oljIianbel
u. bergt, vorfielen, ge{(3&lid^tet würben.
4) 2)as ©erid^t be§ ©eglerl^aufes unb feiner ®lterleute (f. ©egs
lerl;an§ ©. 98).
©iefelbe 3laä)xx(l^t ertlärt ben siabis aristea^aticus, n)el(3^er bie
I;erfömmU(3^e SBerfaffung ber ©tabt fei, alö baö SReginient ber t)orne]^iUs
ften unb üerftänbigften 33ürger.
S)ie ajollftredung ber SobeSurll^eile fanb je nad^ S3ef(^affenl;eit
ber §inri(|tungön)eife an rerfc^iebenen SRii^tftätten ftatt: verbrannt, ge-
räbert unb gel^ängt würbe befonberö bei ben 33ranbpfäl^ten unb an bem
©algen bei ©t. ©ertrub, au^erbem auf bem l^ol^en S5erge, wo 1725
Dier Sigeuner gel;ängt würben (Sigeunergalgen), unb feit 1674 andj
bei ber 3iegelf(^eune t)or bem ^fannfc^miebentl^or; bie ©efädten würben
bei ben S3ranbpfäl^Ien begraben; für bie ©olbaten (S)ef erteure unb
SDiebe) war, wenigftenö in branbenburgifd&er Seit, ein befonberer ©algen
auf bem ©ieberlanbe erbaut; al§ ber branbenburgifd^e ©oiwemeur So-
gißlat) t). ©(^werin einen foI(^en auf bem SUlarfte errid^ten liejs, prote^
ftirle 3{(kÜ) unb SBürgerf(^aft bagegen, liefe fi(^ jebod^ bur(^ bie (Srftfc
rung berul^igen, bafe berfelbe nur alö ©d^redtmittel für bie ©olbaten
bienen, aber nic^t xovdWS) gebraucht werben foBte. 2luf bem 3Karfte
würbe nur mit bem ©d^werte gerichtet (um 1744 t)on "btxa ©d^arfric^ter
m^ ©reifenberg). ©rfc^iefeungen t)on ©olbaten fanben in ber ©tabt
auf bem ©c^üfeenwaU ftalt. S)ie Sobeöurtl^eile beö geiftlii^en ©erii^tö
würben auf ber Slltftabt t)olIftredEt. —
SDaö ©ebiet ber ©tabt l;atte fi(^ au(^ in biefer Seit-^ burd^ bie
Erwerbung neuer ©üter — trofe beö faiferlid^en 3Jianbat§, baö (\\\ fie
1566, wie fc^on 1541 an fämmtlid^e pommerfd^e ©täbte, ergangen war,
feine Sel^ngüter mel^r an fid^ ju bringen — imb bur(^ bie aSerooHftän?
bigung älterer SBefifeungen erweitert.
aSüffom (Bursow) jum S^eit ben SUlanteuffel, jum Si^eil bem
ßapitel gel^örig, ift ftüdfweife an ßolberg gefommen. 3m Sa^re 1435
Derfaufle Henning t). aWanteuffel 8 3Warf ^ad^, 1521 Sorenj unb
e^riftop^ 0. SDianteuffel ju Ärufenbefe 9 §ufen unb 3 Äat^en auö
— 86B —
bcm SDorfe an ba§ ©t. gpiriluöl^oSpttaL Snt Sal;rc 1526 tmifdjten
bcr ^ropft ^Nlaten imb ber ©olbcrgcr Sürger 6aöp. t). Slbebar im
3?amcu feiner §au§frau SWargaretl^a t). ?ßlaten t)ont Solberger ßopitel
ein aSiertel be§ SDorfeö gegen eine jäl^rlid^e ^aiä^t von 12 p. rl^ein. in
bem SDorfe ^Jeu^SBanjin ein. Slbebar würbe bamit belel^nt unb t)er=
erbte eö auf feine $Wad^fommen, von benen 2eo v. Slbebar nad^ langem
^rojeffe vox bem 9iei^§fammergeri(|t 1695 „baö unbefefete unb fafl
t)erroüftete Slntl^eifegut" gegen 2000 Si^aler an bie Stabt überlief, ber
bereits bie übrigen brei aSiertel geprten %
3n äl^nlid^er SBeife war Srtel^mer fläbtifd^ geworben.. S)en gröf$
feren 2§eil be§ SDorfeö gewann ber SRat^ burd^ Äauf unb SBerpfönbung
t)on ben 3Kanteuffel in SDrofebow 1425 unb 1433 imb von §enning SSard^-
min 1429, unb 6lau§ v. aWanteuffel tjerjid^tete 1462 auf baö 2Bieberfauf§s
red;t. S)o(^ waren aud^ bie ©foientin im SBefife eines Slntl^eifeguteö,
unb bie ©tabt war mit biefen über beftimmte §ebungen aus bemfelben
in einen ^rojeg gerat^en, ber bis an bas faifcrlic^e Äammergerid^t
ging. SDes erfolglofen ?ProjeffirenS mübe, t)erfaufte enblid^ fiorenj v.
©toientin, um allem ©treit ein ©nbe ju ma(§en, feinen Slntl^eil im
Saläre 1606 für 1600 fl. an bie ©tabt, mit bem gefammten lebenben
unb tobten 3nt)entar, weld^es bamals beftanb aus 2 ^ferben, jufammen
20 f{., 3 anelffü^en, 18 fl. an SBertl;, 3 ©augefälbern, 128 ©(^afen,
8 ©d^ weinen, 12 gerfeln, 11 ©änfen unb 12 '§ü^nern, 2 fertigen
pflügen, 2 ©d^neibelaben unb 1 ©djneibemeffer, 2 3Kiftforfen unb
1 aJlift^afen. §erjog granj ertl^eilte 1607 bie te^nsljerrlidöe ©inwitti-
gung ju bem Äaufe, nad^bem au(^ ber SDefan ^aul v. SDamife feine
Slnwartfc^aft barauf für 200 fl. an bie ©tabt abgetreten ^atte. S)ie
Slnfprüd^ß, weld^e im fotgenben 3al;rl^unbert ber §ofgeri^tspräfibent
Henning granj v. 3)lünä)oro ju (Söslin auf biefen ^txi von Stemmer,
als ein ©tüdE ber §e(iE)t^aufeufd^eu Se^n, erl^ob, würbe auf ®runb ber
entfdieibuffg ber juriftifdien gacultäten oon §alle unb §elmftäbt burd^
bie föniglid;e giegierung (30. 9ioo. 1739 unb 16. SIKai 1741) unb baS
©berappeaationsgerid^t (4. 3uli 1747) jurüdgewief en , unb $Re^mer
11. Slpril 1755 oon ber ©tabt als neues Sel^n empfangen^).
Sind) bas SDorf ©imöfeel (Czymoycele) war urfprünglid^ ein
aJJanteufferfd^er Sefife. (gbenberfelbe ßlawes o. SUfanteuffel, weld)er
SRet)mer an bie ©tabt oerfauft ^atte, oeräugerte im 3al)re 1439 aud^
bie eine, aus 21 §ufen, 9 §öfen unb 1 Äruge befte^ienbe §älfte von
©imöfcel au biefe ober pielmel;r an bas ©pital ©t ©piritus in il&r^
^._ S69 —
für 150 ^laxl mit a?Nicbevfauf^»rc(^t luib 145G sufammoit mit feinen
©ö^nen §enning unb 9)?attl;iaö mid) bie peite §älfte jn tobtem
Jlaufe an bie bcibcn ©pitäler igadcshuse) ©t. Bürgen imb ©t. ©pi-
ritnö, beten 3Sorftänbev bamal§ waren Snbbredjt §orn, 9)Jarten ©(i)(ief,
^cinrid) ©warte unb ©tepl;an ©tnbk, mit ^toggen, 3^Iad;ö, 3?audi:=
ljüf;nern unb ^^ädjten t)on 23 §nfen, 2i SDrömt 9toggcnpad)t anö ber
9)Jü[;le unb 2 aJJar! {vor de vcyVmghe vfide den tappen, 58erfaufö=
unb ©d)enfgered;tigfeit) a\\§> beut 5lruge für 2000 9)?arf ; im Satjte 1458
ermarben bie ©pitälter nocl; baju x^on §einrid) d. 9Kanfenffel ju 9?erefe
eine jäl^rlidje §e(nuig non 9 9)farf 4 /?. ^adjt, 6 ©d;effel 9ioggen,
3 Sopp glad)ö unb 1 9faudj(;u(;n auö einem §aufe in ©imöfecl für
150 a)tar! ginfenaugen (bie lobige aWarl auf 21 3)iar! ginfenaug.
gefd;lagen) »).
lieber bie ©rtüerbnng t)on ©cmmerom finb feine llrfunben unb
9lad)rid)ten t)orl)anben. Um 1 500 gel^örte ba§ S)orf bereits ber ©tabt.
®er 33uIIenit)infel, unt 1400 im S3efi^ ber v. Asiaten unb fpäter ber
-0. ®ami^, bie bort ein 2BoI;n[;auö l^atten, mar fd;on um 1600 ^nm
2(jeil ftäbtifdj geworben. 3m 3oI;re 1616 faufte ber Siatl; bort Don
Tat Jlalfow'ö (Srben unb anberen ßinmoI;nern ber ©tabt 57 aWorgcn
baju (10 aJforgen d 10 Slialer, bie übrigen a 35 fL). ©ii^cn anbcni
Sl;eil erwarb er 1645 dou £ufa§ x\ S)ami^ auf Stollen unb SJü^ow
unb 1651 legte er 43 9)Jorgen ©tabtaderö bajn, bie er t)on Soadjim
D. §ol;ent;aufen gefauft l)atte. %\\ bem fiebenjäfirigen Kriege würbe
baö 3lderwerf dou ben Siuffen üciwüftet tnib uom 9Jatr;e nid;t uneber
Ijergeftettt, fonbern mit 5 33auerl)öfen befefet '^).
S5aö ®ut illein^Staugarb ift furj t)or 1578 angetanft; bnnml^
bejaljlte ber 9{at() ben 9left beö ^?aufgelbeö an 3l§muö t). 5?leift, dou
bem er fd;on 3000 fl. abgetragen l^atte^^). @ö würbe 1630 wieber
Dertauft f. ©ap. 17. 3lu^ bie Siüljle t)on ©pie würbe um bie[e 3eit
(1585) \>m Slatlie für 300 Sf;aler gefauft").
llnDortl;eiltjaft für bie ©labt war bie bur(^ ©treitigfeiten über
2Beibegered^tigfeit x^eranla^te Erwerbung mw lllrid)§ljof bei §en!en=
fiagen unb Don einem Sljeil biefeö lefeteren S)orfeö in ©rbpad^t gegen
einen ilanon von 1000 fl. imb ein einfaufögelb von 4000 fl. (1625).
lllrid;öl;of l)ie& frülier 33oltenl;agen*), war ]^eräogli(|eö 9lmtöborf unb Ijatte
*) SSa5 S3rüggemann unb nac^ il)m SSerö^au« übcc bicfes S)orf fagen, ift
unric^tlö.
— 370 —
friUjer bem illofter h\ Slltftabt gel^ört» SDie erwcrbimg beftanb in
einetn auö jtifamniengelcgten SBauevl^ufen gebilbctcn Slderl^of uhb 10
Sttueru unb 5 Äopteu 511 ^eufeul^agen. S)er 9iall^ glaubte einen guten
Sauf geniadit jii fiaben unb befiä^enfte ben ©tattl;alter ^axil v. ^amife,
weld^er ba§ ©efd^äft üernüttelt l^atte, mit 6 9lofenobel. 3^od^ mxtty-
f($aftete er bm Äanon unb bie Sinfen beö 6rbftanbgelbe§ nid^t l^erauö,
unb obiDoI;l bie ^^enfion von 35ogiö(at) XIV. 1631 wegen ber Srieg^^
nott; auf 600 fl. l;erabgefefet unb ax\^ fpäter nid^t lieber gefteigert
TOurbe, bered^nete ber Siatl; 1713 bod) ber SJegierung, ba§ bie Stabt
in ben neunjig Saluten faft 30,000 ff. jugefefet l^abe.
Srofe biefer (Snnerbungen fanb in ben ginanjDerf)äItnij|en ber
©tabt, bie no(^ in ber erften §älfte bcö 16. 3cif)r()unbertö fef^r günflig
geraefen waren — (fo betrugen im 3al;re 1549 bie ©innal^en 6513 W.,
bie Sluögaben nur 5111 Wä.) — gegen Gnbe beffelben eine bebenllidtjc
SBerfd)led;tening ftatt. 3n bem unrufiigen Satire 1586 beliefen fid^ bie
einnar;men auf 2212 fl., bie Sluögaben auf 4090 f(. gaft ^al)x für
Sal^r überfliegen jefet bie 2lu§gabcn bie einnaiimen unb ber SHatl^
mu^te ben 3luöfall burd^ 3lnleil^en beden. Sm Saläre 1600 wirb bie
©efammteinnafime auf 8124 fl. angegeben, bie 2luögaben auf nur
8101 f(., aber eö laftet fd;on eine ©d()ulb von 14,958 f{. auf ber
©labt.
Tdä)t wenig trugen ju biefer 3Serfd)Ie($terung ber ginanjlage bie
i)ielfad)en au^erorbentIi(^en 2luögaben in biefer Seit bei, bie auö beut
©tablfedel beftritten werben mußten.
SDal^in gel;örten bie Unfoften für bie @efd)enfc bei ber SBerl^eira-
Kjung t)on 2)titgliebcni be§ lieimifd^cn güvftenliaufeö, für bie Sewir-
t{;ung t)ornel&nier ©äfte, inäbefonbere für bie bei bem pufigen. SBed^fel
ber Siegenten fid; fo oft wieberI;olenben §»ulbigung§feierlic^Wten unb
bie bamit tierbunbene Seftäligung ber ^Nrioilegien. . S)ic dürften be-
gleitete babei ein 3al;lreid^e§, anfprud^jücHeö ©efolge, weld^eö ebenfalls
feine ©efi^enfe forberte unb eö fid) an. ben gut befehlen Safein wo^l
gefallen lie§, bie bann in ben SJäumen be§ 3iatljl)aufeö l^ergerid{)tet
würben. Xk ©elage bauerten gewötjulid; mel^rere Sage; an^ ben fil-
bernen SBediern unb 2rinff(^alen, weld^e baö 3?atl^liau§ für fold;e ©äfte
in äiemlidjem S.sorratl;e befajs, würbe il^nen i^ex gute SBein be§ diatf)^^
feHerö frebenjt, unb bie Slpotljefe, bie in jener Seit aud^ ßonbitorei
war, lieferte baju ©rübe, SKijtur, ßonfect unb 3Wagenpult)er, weld^e
aud; bie 9iatl^öl;errn porforglidj mitnahmen, wenn fie im Sntereffe ber
— ä7i —
Stabt weitere Steifen iintetttöl^men, ober awi) nur bie Slabtbörfer tn-
fpicirteit. ♦— 93eifpiefen)eife finb l^ier bie Unfoften aufgefüf^rt, roeld&e
bie ^ulbigiing ,,be§ fröl^ti^en Sitprers" Ulriiä^ (1G18) ber Stobt cer^
urfad^ten. ©ie mii&te an ^ulbigungSgelbeni mä) tjorigein Slnfd^Iage
3555 fl. 17 ^r, 14 ^'fg. 5aI;Ien „unb ifi wxä)i^ abjul^anbeln gemefen/'
SDaju famen:
ein ^ofal mit einem ©edel, inwenbig
imb auöroenbig üergolbet . • • . 144 ff. 14 ^r. 4 ?{}fg
in bemfelben 100 ^xihkn i 3 fl. . . 300 „ — „ — „
1 Safl §afer 40 „ - „ — „
2 fette Ciä^fen 60 „ 5 „ 6 „
10 ©d^od yitmaw^tn, 1 Dl^m SBein,
5 frif^e Sa(3^fe ?
betn ©tiftsoogt änton x>. Sonin \
bem Äämmerer f^ranj SBöl^ne l • • 66 // 21 „ 6 „
bem Äanjier 3lnbr. Sulgtin i für jeben
bem JObermarfd^aH J
beut ^^rotonotariuö 27 ,, 3 „ 6 „
bem ÄeHermetper, Ääd^enfd)reiber «. f- ^^' 20 „ —
bem fürftliiä^en ©ilberfned;t • . . . 6 „ —
für bie Äod^wagen ber mif bem aWarft
erbauten fürfWid^en Kfld[ie • • . 8 „ — „ — „
bem fürftliiä^en Ä0(]^ ^ „ — n — n
ben ©tettin. unb SBolgafi. ©ecretären . 14 „ 7 ,, — ,,
ben STrommelen 14 ,, 7 ,, — „
ben Snjlrumentalijlen 3 „ 17 ,, 4 „
bem §eer#aufenf(|Iager 1 „ 10 ,, 12 „
bem Courier • • • 2 „ 21 „ 6 „
bem Untermarfd^all • . 2 „ 21 ,, 6 „
bem Stentmeifler ••..♦••• 9 // —
an Sfitgen Äolner tjetfd^bffen • ♦ . ^[9 „ — „ „
s: f:Ä"1 '*•» 88 „ .0 „ • .. „
für anbere ftleinigfeiten ?
baju bie beiben Sirabanten, xodS^t bie
©tabt auftjlaffiren mu^te, unb ber
©tabtfutfd^cr to^atabe . . . . 135 ,, 2 ,, 15 ,,
ade ^ulMflungeauegaben: 4737 fl, 29 gr. 15 n^\^.
ff ff
ff ff
ff ^ ff
— 3Y2 —
Ünb alö Ulrid^ im folgeiibeii Satjre mit feincc @ciual)(iu iu
Golberg erf(^ien, foftete bie S3en)irtt;inig 704 ff. unb bie bvei ^^ofale,
bie bem ncuücnnäljUen ^^aaxc i)ercl;rt nnirben, 206 f(.
3ur Seftreitung fämmtUd^cr ^ulbigungöfoften im Satire 16 i 8
l^attc bie ©tabt ein Kapital von 10,333 fl. aufuefjmen muffen.
©ine, in ber 5it)eiten §älfte beö 16. S^i^t-I^unbertö faft fteljenbe
Selaftnng ber ©tabtfaffe t)evnrfad;ten and) bie enbtofen ^srojeffe bei
bem SJeidjöfammergeridjt nnb bie pnflgcn ©trafgelber, weldje bie ©labt
fiir geft(;altnng fürftlid;en ilornö im §afen ober anbere Eingriffe in
bie 9{ed;te ber gürften 5at;(en nutzte, gür biefe jünrben foId)e ©traf-
gelber eine ergiebige g^itmnjqnette, nnb mefirfac^ werben babnrd; t)on
i^nen 21nleir;en (im Setrage von 800, 2000 nnb 3000 f(.) jnrndgesal;lt,
bie fie bei bem 9iatl;e gemad)t l^atten.
SDer 9Jatt; jeigte gnten SBiUen, bie a)Ze^ran§gaben bnrd) ©teigcrnng
ber @innal;men jn beden. SDiefe floffen nad; alter SBeife anö bcn ^X'(^ä)U
gelbern fnr bie ilnpfennfll;le, ©ämifd;mü(;le, SBalfmül^te, 9?atf;öapot(;efe,
©tabliDage, n)el(|e bem oberftcn ©tabtbiener fttr 50 fl. iäl;rli(^er ^^aM
«bertaffen war, ben 3lbgaben fnr bie 33(eid)erl)öfe, SBifpnfer, Slrani:^
bnben, gleifd;erf(^arren, S3robfd)arren^ bem „©tebegelbe" ber 5ßanb=
fdjneiber, ©c^nfter, ilürfdiner n. f. m. bei ben 3al;rmärften, bem „2Bort=
tinö" von 24 ber ©tabt gel;örenben §änfern nnb ber 9)]ietl;e einer
ätnsaljl t)on illebbnben an ben SDtanern ber ©tabt, bie §anpteinnal;me
gaben ber 33ürgerfd)o6 nnb bie Erträge ber ©nter. ®icfe le^teren
waren am leid)teften jn t)ermel)ren, aber gerabe fie l)a\kn fid; im
Sanfe be§ 16. 3cil)rl;nnbert§ bei ber Steigerung ber 9lrbeitölöf;ne nnb
in g^olge nad^läffiger S3en)irt^fd)aftnng bnrd) bie ftäbtifd^en SGögte eljer
verringert. Um 1586 bxad)U ©eHnoiu etwa 100 fl. ^nfenpadjt, 33orf
22 fl. an §nfen:: tmb 5 fl. 28 gr. an Äatl;enpad)t, 2Berber nnb baö
XJorwer! iebe§ 8 fl., ber Ärng ju S)n)eii;i gab 24 gr., bie 17 gifd;er
?ip der Jiega (SDeep) jeber 20 gr. ^J(^ai)t SBeld^e Erträge bie
übrigen ©üter brad^ten, ift nidjt angegeben. ©d)on 1597 war
im 3?atl; bie ^rage anfgeworfen, ob e^j ni($t beffer fet, bie nn=
jwedmäf^ige 33efteHnng bnrd) ä5ögte anfjngeben nnb bie ©tabtgiiter
^ädjtern ju nberlaffen, bie if)reö eigenen 3?ortl^eil§ wegen beffere 3lnf^
fid)t fnljren nnb meljr ©orgfatt anwenben würben; bod; fiegte bei ber
9JJet;il;eit beö diat^^ nod) bie Siebe jum 2l(len, man befdjlofe, bei ber
l;erföntmlid^en öewirtl;fd^aftung nnb ber Seanffiiä^tignng burd^ bie ©orfs
l&erren, bie m^ nngern i^re fleinen JiebengefäHe anfgaben, ftel^en jn
— 3^3 —
hkxbm. Sube^ bie imiiiec btinöenber tuerbeube Sflotl^menbigfeit, S)edfung
all fd)affen, jwang beit matt) batb, bie ©ttter für ^^enfion (^adit) au§^-^
5iit^iiu. Sm Sa^re 1625 waren alle ®üter i)erpad;tet:- ®r. Seftin gab
an ^Jßai)t 1000 fl., eeinmerow 400 fl., Simöfcel 247i, SBfiffom 375 fl.,
9kr;!uec 500 fl., aßerber 600 ff., SSorf 600 ff., a3uaenit)infel 100 fT.,
bie ^Neiifiou bev ©tabtmage war auf 75 fl. gefteigert, ber ©tabtraeiuMer
gab 100 fL, bie a)iüuber 3?ogtei 30 ff. ^|Jad;t, bie SRat^öapotf;efe ja^fte
200 ff. ^eufiou fd^on feit 1586. SDtitunter ging ber matt) in feinem
ßifer, bie ©innal^men ju erf)öl^en, aud^ wol^l ju weit: 1618 l^atte er
für 933 ff. eine SBinbniür;le erbauen faffen, ber Sölütter jal^Ite erfl 80,
bann 100 ff. ^^^ad^t, afö er aber auf 300 ff. gefteigert würbe, jaf;fte
er nur einen Sennin, flecfte bie 3Jtttf;fe in 33ranb unb ging baoon^^^.
SSfud; fonft geigte ber ?latl^ in biefer 3eit, btirdj bie t)on 9iau^
fd^enborf geteitete 33ürgerf(^aft fräftig angefpornt, ein Streben nad)
^ikrbefferung unb grö{5erer 9tu§nufenng be§ ftäbtifd^en SBefifeeö. 3luf
Derfdjiebenen ©teHen würben ©d)onungen angefegt, fo jwifi^en ©arrin
unb ©ctnnierow, um baö 33effiegen beö ©enuneroiü^fd^en g^efbeö mit
©arrin'fdjem ©anbe ju t)erl;inbeni, unb bie bi§ baljin nur fd;tedjt ge^
Vffegte 3)taifuf;fe würbe von bem §afenf;errn Sorenj §eitfe (1602) unb
feinem gfeid;namigen ©ol^ne, ber ebenfattö 9iatf;mann war, jum ©(^ufee
beö §afcnö burd; 3lnpf[anjung von ©id^en, ©tfen unb 33udE)en bebeutenb
erweitert. SDer fefetere fegte an^ ben S3aumgarten auf bem rechten ^^er=
fanteufer an. S)er §afen würbe nod) burdj ein boppefteö Sotfwerf gefiebert.
3eitweife fud)te ber Slatfj burd^ ftärfere Sfuöbeutung ber ©tabt=
watbnngen ju f;elfen. SmSa^re 1603 fie^ er auö bem Seftiner ^ofje
(ber 5?ämil5, wo nod) 1716 ein after ©tein mit ben ?Pfannf;afen bie
(^renje jwif djen Äarfo wer unb 6of berger ©ebiet bejeid^nete, wetd)e 1621
jwifdjen bem 3?at]^ unb 3Senfee t). 33fanfenburg auf Äarfow feftgefefet
war^"^), 251 ©renj §ofj, baö ®renj ju 6 ff. (1580 foftete baffefbe
4 ff.), 1614 382 ©renj, baö ©renj wieber ju 4 ff., t)erfaufen; bod)
äffe 3lnflrengungen t)ermod;ten ni(^t, bie inuner mel^r wai^fenbe 3errüt:=
tung im §auöl;atte ber ©tabt aufjul;aften, unb mit einer ©c^ulbenfaft
uon inigefäf;r 18,000. ff. trat Gotberg in bie Seiten beö breifeigjärj::
rigen 5lriege§ ein.
ÜDen Dornefjmeren Sfjeit ber ^eoöfferung bilbeten, wie frül^er, bie
brei ©itben ber ©üfjl^erren, 5?auf[eute unb Srauer. SDie ©üfjgifbe
gift au(^ iefet nod^ afö ba§ t)ornel^ntfle Gotfegium. ®in §anbwerfer,
3Jamen§ 3iefemer^ forberte eineö ©üfjoerwanbten S^od^ter ^um Satire
— 374 —
auf, fie f(3^lu8 cö il^m ab unb tanjle mit einem 3(nberert, toel^er bet
©itbe xi)xe^ 33ater§ augel^örte. 3lte jener auf feine wieberl^olte Sluffor?
berung nod^malö einen Äorb befommen l^atte, gab er i^r eine Ohrfeige.
Gr würbe fofort von i^ren greunben ergriffen, noä) in ber SRad^t würbe
Stutgerii^t über i^n gel^alten unb am äKorgen, alö bie Äül^e jum
S^ore I)inauö gingen, würbe er jum §o%eii(|t gebrad^t unb enthauptet.
3(uö aladje jünbete fein ©of;n ^eter 3ifemer 1553 am Sage ^kuli
33efel;rung ben ©tubbenl;agen an, ber biö auf wenige §>äufer nieber^^
braiuite. gür bie übereilte ^inrid^tung beö ^ranbftifterö, worüber fi(ä^
beffen 3tnoerwanbte bef^werten, „l^atte ber (Solberger SJatfj ml SBerbrufe
unb ©(^aben an feiner Suriöbittion" ^*).
Sßon ber 3KitgUeberjal^l ber erften ©übe ift ©. 138 gel;anbelt,
bie Äaufmannögitbe jaulte um 1600 130 bi^ HO aWitglieber, befom
fonberö jaljlreii^ finb bie SBanbfd^neiber, bie ba§ Sud) in ©tüden, ober
eöenweife üerfaufen. 3ni 3öl;re 1613 finb 179 SBrauljäufer in ber
©tabt, i(jre Sefifeer bifben bie SSrauer gilbe; biefe ift im 17. Sal^rl^un^
bert in ftetigcr Slbnal^me begriffen, 1650 finb no(^ 150, 1676 nur nod;
130 3KitgUeber t)orI;anben, 1723 wirb nur nod^ in 81 §äufern gebraut.
3)iit ber Srauergilbe ift nic^t baö SBrauamt, ba§ 3lmt ber ©d^open-
bvauer, ju oerwec^feln, in beren §änben ber eigcutlid^e ®efd^äft§betrieb
lag* 3f;ter waren um 1613 nur 9, einer üon il;nen mu^te anwefenb
fein, wo gebraut würbe, unb jebem war beöl^alb eine beftimmte Stnjai^t
von Srauljäufern jugewiefen (f. amä^ SBurfprafe).
2)ie brei ®ilben fteljen jefet mit einanber in ber engflen SJerbiu::
bung, niandje gamilien gel;ören a\im sugleii^ an, unb eö ift eine ber
Älagcn ber ®e werfe mn 1600, ba& biefelben gegen ben oon alteröl;er
üblid^en SBraud; brei^ unb oierfadje SWal^rung Ijätten. SnbeJB waren
fd;on im ajJittelalter biefe ©ilben nid^t ftrenge gefdjieben, nmnd^e ©ieber
trieben bamalö an^ ©rofe^anbel unb ni(^t blo^ mit ©alj.
3m 17. Söljrljunbert bilben bie ©ewerfe bie jweite klaffe ber
^eoölferung, bie Sagelöl^ner unb Meinen Seutc bie britte; im 18. 3<xi&r-
l)unbert erfc^einen bie SBierwerfe nod; alä eine befonbere, oon ben übri=
gen (bewerfen getrennte Älaffe.
Unter ben ©ewerfen neljmen ben erften Slang ein: bie ber Ööder
(älUttbädfer), ©^miebe, ©d;neiber unb ©d^ufter (bie SSierwerfe), au^er
il)nen finb in ben erijaltenen SBerljanblungen mit bem SJatlje nur bie
'^öttd^er, 2ud^mad)er, Slafd^mad^er, Äürfd^ner, §afen (§öfer), £ein=
wcber, ^^arbiere, unb einmal 1 702 bie ^^Silien-" unb Äol^lenjunft burd^
— 375 —
tl^re SKterteute t)ertreteit. 3luffallenber SBeifc fe(;lcii gtcifd^er iiub
Sifdjier. (Uebcr bic 9Jo[eu^ ober Stafeitjuuft f. ©. 106.) S)ic übriöcn
Snnungen waren luoljt, mellei(^t weil [ie an aKitglieberjaljl ju frfjwad;
waren, in ber „©etneinbe" . i)ertreten. S?orf;anben waren nodj bie (be-
werbe ber Sifdjier, g=Ieifd^er, ©lafer, Äannengie^er, garber, 5Rabler,
§ntniad)er nnb §utftaffirer, SRiemer, SBentler, ©enfler, ©attler, 3aum=
fd^läger, 33ä(^fenwa(^er, 33emfteinbreljer, ^antoffelina(ä^er, SDrei^öler,
a3ü(^[enfd^äfler, £eud)tenma(3^er, Töpfer, afiaurer, @i(|ifföjimmerleute, Sol^::
ßerber, SBei^gerber, SReiffd^läger, Stett- unb Siabumd^er, Snc^binber,
S^openbrauer, 2Bein^ imb Sierfd^röter (Sräger), aWülIer, ©^neibe^
nuiUer, Äorn^ unb ©aljpader, gifj^er, §ering§wrafer, g^ul^rlente,
©d^weinefd^neiber. (lieber ba§ Sürgergelb f. @. 342.) S)aö 33ü(j^fen=
ina(^eramt fonnte nur mit 50 p. gewonnen werben. %\n 3al;re 1615
war fein aSüd^fenfd^mieb üorl^anben, inib ber §erjog erlaubte einent
Sraunfdjweiger, ^x6) alä „freier Siic^fenfd^mieb" ju fefeen, mit ber
Sebingung, ba^ er bie ©d^miebejunft nid^t in itjrem ©rwerbe beein^;
träd^tige. S)aö ©ewerbe ber ©olbfd^miebe galt alö freie Äunft, 1626
war nur einer in ßolberg, ber jugleidfi Srauer war. Sie 3nnft ber
S3ernfleinbref)er (früf;er aud^ ^aternoftermater genannt, weil fie ben Sern-
ftein befonberö ju ßrucifiEen imb SRofenfränjen verarbeiteten) ftagte
1600 bei bem Siatl^e, bafe wiber il;rc 3unftred^te ber 33ernftein aufge=
fauft unb an frembe jOerter gefül;rt werbe, wä^renb nad^ altem §er^
fommen aBer Sernftein, ber nad^ Golberg fäme, juerft il^nen jum Äauf
angeboten werben muffe unb ber 2lnfauf be§ am ßolberger ©tranbe
gefunbenen überl;aupt nur il^nen juftänbe. Sernfteinarbeiten, wie Äo=
raDen unb 33alfambü(^fen, waren nod) fel;r beliebt, unb bie 3nnft mu|5
il)re SRal^nmg in ber ©tabt gefunben l^aben. g^flr größere ©tflde, -weld^e
baö 2Keer am ßolberger ©tranbe auöfpülte, jal;lte ber SRatl^ einen
ginberlol^n, 1582 werben für 1 ©tüdf oon 2 ^vfb., 4 ©tüde jufammen
von 2 ^>fb. unb 1 ©tüdE von 6 Sotl) 13 aWar! 1 /? aus ber Äämme=
reifaffe gegeben, ein fel;r wertl^ootteö ©tildf erl;ielt Äaifer Siubolf jum
©efd^en! (f. ©. 331). 3m ©anjen war wol)l bie S3ernfteinfifd;erei nid^t
oiel ergiebiger, als l^eute, unb um 1650 war fie t)om Siattje jjebem
freigegeben. Site bie branbenburgifdie ^Regierung in bem 3al;re 1663
unb 1689 Sßerbote ber 33ernfleinfif(^erei an ben pommerfd^en Äüften
erlief, remonftrirten bie ©täbte ßolberg, ©öölin unb ©tolpe gegen biefe,
al§ il^ren ^rioile^ien juwiberlaufenb, unb erreii^ten baburd^, ba^ bie
~>376 --
Sleöierung il^te Sßerbote ftiHfi^weigeub fallen lie^; ebeiifo tDuvbe ber
Slngriff auf bie ©tranbgered^tigfeit übevl^aupt abge[cl)la9en.
SBou bell ©eitjerföroHeu tetd}t feine in baö 15. Saljr(;unbevt äuvüd
S)ie — ni($t erljaltene — SBiUfiir ber ©d^uljntac^er würbe 1525 ge=
nieinfani tjon'. bem 9ktl;mann Süenebict §o]^enIjaufen, bem 9iid;tt)oat
'^kter Äarit (bem SWadEifoIger Slbebarö) unb ben 2l(terleuten unb ©itbe-
nieiftern ber 3unft aufijefefet. 3Jland;e ©emcrfe t;atten flbert;aupt feine
©tatnten. S)ie alten ©emol^nl^eiten beö ©(^miebe ^ Stnitö finb im
Sal;re 1562 (f. ©. 99) in nieberbeutfd;er ©pracä^e abgefaßt unb
ftanunen, wie ber Sul;alt geigt, meiftenö axi^ alter Seit. SDaö
3lmt l^at, weil eä bie ©robfdimiebe, ^uffd^miebe, illeinfd;miebe unb
9lagelfd)miebe in fid; t)ereinigt, G 2lltcrleute unb ©ilbemeifter. Gin
©djmieb foH nidjt wenbifi^er 2lrt unb Bunge (f. ©. 35), unb feineö
3)iüllerö, Söllnerö, §irten ober Seiiiweberö ((Sewerbe, bie bamalö nod;
unel;rlidj waren) ©ol;n fein. SSßer in baö 2Imt eintreten will, niug,
wenn er nid)t eineö a)ieiftcrö ©olj)i ift, eine 3)leifterin ober bie Sodjter
eincä SOteifterö, bie Su)igfrau ift, Ijeiratl^en. 3leljnlid)e 33eftinimungen,
wcldje bcn g^remben hen Sugang er[d;wcren foßen, Ijaben anä) anbere
©eiuerfe: bei ben ©d^uljmad;ern nuifj ber, weldjer fidj nic^t in baö
2tuit l;ineinljeiratljen fann, brei Saljre in ber ©tabt alö ©efeHe gearbeitet
IjabeiK 3lni uieiteften gingen I;ierin bie §ö!er, weldje mit Billigung
beö 3iatl;ö 1548 befdjloffen, bafj, ba fie iljre Jungfrauen nid^t an^^
geben fönnten, unb mit fdjiuerem ®emütl;c unb tjartem Seibe bei bem
§ecrbe bel;alten mtt§ten, fein grember, ober aujjerljalb beö 9lmtö (Sc^
borner in bajfelbe aufgenommen werben fotte, ber nid;t innerf;alb beö
3lmteö freie, ^ni) in bem günftigften gaUe war bie wirflidje 3luf=
naljme in ba§ 3lmt mit oielen Umftänben unb Jvoftcn oerbunben. Söei
bcn ©djmieben giebt ber junge äJruber' juerft hen 3llterleuten eine
3lbeubcollation, bann bem ganjen SBerfe „einen garen ©c^infen, 'eine
2:onne S3ier unb fo oel gefaben bröd) %k\d), bat 2 gute ä^atte baoon
gemafet werben mögen." Sabei wirb er gefragt „up wat ^^^erfon Ije
bat äBevf ljeifd;e, 3)teifterin ober 9)leifterö S)odjter." §atte er biefe ge-
nannt, fo würbe ifjm „ber ä5orttjeil biefer ^^'erfon" im 3Berfe jugefagt.
2)odj war er nod; lange nid;t am 3iel. Sunädjft l;atte er ben 3llter'
leuten wieber fed;ö ßoUationen ju geben, brei oor ber jweiten, brei oor
.ber britten a)lorgenfprad)e, bann mad^te er fein Söieifterftüd in ®egen=
wart einiger SKeifter, bie er in S3ier unb iloft Ijielt, barauf folgten
abermals brei Kollationen für bie 3llterleute unb enblid; bie gro^e
— 377 —
SöcrKöfle, wo her wem SBruber „in §armfd^ imb §eergen)ät]^e" (Äricg§:=
rüftung) t)or beni t)erfainmelteu SBerfe erf(^ien unb nadjbeni er qz^^
fc^iDoren, ba§ btc SBaffen Ujm geljörten, u)ir!(i(^ aiiffleiiommcn luuvbe.
SDer 2lufiuaiib l^atte frcili(3^ bainit nod) fein ßnbe erreid^t; benn vox ber
§eirat() nui&te wieber bie SBraut bie fed^ö 3llterlente in brei ßoHalionen
bewirtl^en unb enblic^ aui) baö ganje SBerf, fämmtlid^e SBrüber unb
©d^raeftern, ju freiem 33ier u. f. n). laben. — SDie SJoBe ber SWabler ift
1565, bie ber %V\^kx 1576 aufgefegt
2llle ©emerfe l)aUn baö Seftreben, bie Sal^l ber 3Ritglieber mög-
lidjft Hein ju er^Iten, um bicfe gegen 9JaIjrungölofigfeit ju fd^üfeen.
Um 1576 [inb 10 SIKeifler im Sifd^lergewerf, boc^ flagt baffelbe, ba§
bereu ju Diel wären, ba.5 bi§ 6 mit il;rem ©efinbe für ba§ SBebürfuifj
auöreid^ten, unb ber SWatl^ t)erfpri(^t, ba^ wenigftenö bie 3af)t 10 nidjt
überf(^ritten werben foll, eö fei benn, ba^ er felbft einen 5DJeifter für
bie 2ifd)lerarbeit an ben ®e[d;üten unb ben 3Kunitionöwagen aufteilen
woHe. — 3laä) bem 33ürgermeifterregifter von 1590 jal&ten ben ©tabt:^
fd)ojj U S3äder, 18 ©(^miebe, 18 ©d;urjmad^er, 19 ©^neiber, 19 33ött=
d)er, 21 SBottenweber, 10 §afen, 10 ^ürfd^ner, 11 SBierträger. ©ö
finb meiftenö biefelben Slemter, bie in ben 5ßerlja)ib(ungßn mit bem
9!atl;e burd; Sdlerleute t)ertreten finb, anbere §anbwerfer finb ni(^t alö
fdjofejafjlenb aufgefüljrt. —
©er ?liaü) übt eine Dberauffid^t über ba§ gefanunte ©ewerfö^^
wefen, bie 3llterleute werben von if;m beftätigt; biefe fd)lid;ten fteinere
©treitigfeiten unter ben Sunftbrübern, bei wi^tigeren ©ad^en muffen
bie beiben 5Rid^ter beö 3fiiebergcridjt§ ^injugejogen werben. Sebeö ®e^
wer! Ijat feinen fd^arf abgegrenjten Slrbeitöfreiö, unb no(^ peinlidjer ift
ie(3t bie gegenfeitige SBeauffid^tigung geworben, baj3 feiner ©e werf 5:=
waaren anfertigt, bie einem anberen 3weige angel^ören. Unenblii^ finb
bie Jtlagen einerfeitö gegen bie ^fufd^e^ unb 3}önl;afen auf bem platten
Sanbe, weld;eö fid^ von ber brüdenben §errfd;aft ber ftäbtifd^en ©e^
werbe frei ju mai^en fuc^t, anbererfeitö gegen anbere ©ewerfe, weldje
unerlaubte äßaaren anfertigen. S)em ^iatfje mag es oft fd^wer geworben
fein, bei fold^en ©treitigfeiten jwif(^en nalj oerwanbten ©ewerben, wie
IG 19 jwifd^en ben t)erf($iebenen 3weigen beö ©d^miebewerfö, bie redete
©djeibnng ju treffen. 3m 3a(;re 1558 f tagen bie ©d^ul^mad^er gegen
bie ©erber, bafe biefe ben Siiemern, ^^antoffelmai^ern unb ©altlern,
felbft ben dauern auf bem Sanbe il;r Seber gerben; ber 9latl; entfd;eibet,
— 378 —
bafe biefelbeu ttut eigen aefaufteö @ut ßerben foßen, boü^ bürfeii fie
beu ©djiuertfeöem Äalbfette iinb aii(^ tool^l einem äJftrger jiir 9?ot(j-
burft ein gell mitgerben; bie ©d^ul^mad^cr f offen nur fo v\d gerben,
als fie für i(jre Söieffergriffe gebrauchen ^•'^). 9lud) bie 3n)iftigfeiten
jwifc^en einljeimifd^ett unb auswärtigen 3ünften, befonberö über 3Karft^
gered^tigfeit, werben t)or ben 3latl^ gebrad^t SlIö bie (2d)mieb,e in Q.oU
berg unb STreptom fid^ über ben SSefud^ ber SJJärfte in ben bciben ©täbten
nid)t einigen fonnlen, t)erglid^ fie ber Calberger 3latl^ bal^in, ba§ bie
Treptower Sd^miebe bie beiben großen ©olberger 3Wärfte (nad; aWarienberg^
gang unb ben Delmarft), bie ßolberger bie Treptower SWid^aelis- unb
^^ietri^ unb ^äuli^anärfte, beibe aber nid^t bie „Scimärfte", bereifen fofff en.
Sebeö ©eroer! arbeitete nad^ beftinnnten, meifl in ben ©eroerfö^
rotten t)orge[c^riebenen ^Regeln, bie ©eroerföerjeugnijfe würben t)on ben
3l(terleuten, manche, wie beftimmte Sött(^erarbeiten, au6) t)on be§ diatlß
9Warftnteifter geprüft, unb wenn fie ben Drbnungen beö Statins unb ber
@eroer!§roffe nid^f entfprad^en, „geroraft". — 2)er SRarftmeifter übte
aud^ im Siuftrage be§ 3?atlj§ bie 2luffid^t über ben SWarftüerfe^r, roeldje
bur^ bie gemeinfamen SSerfauföpläfee ber S3rob^ unb gteifd;fd^arren unb
ber §öferb.uben erleichtert würbe. Gr falj barauf, baß baS ®ebädE baö
redete ©ewid^t l;atte, baß g=teifd^er unb SBadfer beö 9iatl^§ Saje nid^t
überfd^ritten imb warf ben gifd^ern, bie breimal in ber SBodje, wenn
eö baö SBetter erlaubte, frifd^e gifd^e in bie ©tabt bringen mußten,
bie fd^led^te 3Baare t)on ben gifdbbänf en ober aus ben Dualen, bie auf
ber ^^Jerfante in ber dUfjt ber SBaffertl^ore anlegten; er l^atte anä) ju
wad)en, baß bie gifc^er bie Ääufer nid^t übertl^euerten, unb brachte bie
Uuperfd^ämten jur Statl^öwage, wo ber gifd^ gewogen unb bem Käufer
mä) ber Sajre — baö ^funb Sad^ß lun 1600*) ju 1 S. ß, baö 2Baff
«geringe ju 6 bis 8 S. ytf — überlaffen würbe. 9lid;t bloß bie Sage
ber ©tabt an ber ©ee, fonbern aud^ bie aus fatl^olifd^er 3eit Übertom-
mene ©ewol^nl^eit, wo wegen ber fielen gefttage gifd^ ein fefjr üer=
breitetes 3lat)rungsmittel waren, mad^te fie noc^ immer ju einer fel^r
beliebten ©peife. ®er ©tör war §errenfifd^, er burfte nid^t tjerfauft
werben, fonbern würbe als 3fiecognitionSgebül^r bem regierenben Sürger-
meifter, ober einem Ääminerer gebradE)t, ber it;n unter bie §erren bes
9lat^s aust^eilte.
9ieben ben geworbenen ©ölbneni, weld^e bie ©tabt i^ielt ober in
♦) 1750 eopete ba« ?fb. 2a<|« 18 ^fg. bt« 3 ggr.
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^ieuft nal;m, utu il^reu aSerpflii^^tungen gegen ben Sanbeöljettn m^ixti
tommen (f. 6ap. 17), beftanb iioc^ imtner bie ^fli(^t bev bewaffneten
33ür9erfd^aft jur ©tabtDertl^eibigung. Seber SSürger leiftete im 17. Scii^t^
l^unbert feinen 33ürgereib mit JObet^ nnb Untergerael^r. ®ine aSaiä^orb^
nnng auö bem Stnfange be§ 17. Sai&tl^nnbertö (ba§ Sal^r ift ntd)t an=
gegeben) giebt über bie militärifd^e Organifation ber Sflrgerfd^aft einige
Stuöhmft. ®ie JOberleitnng l^atte ein t)ont 3iatl^e ernannter SBad^t^
meifter, unleril^m fommanbirten bie 4 Owartienneifter (ober Sapitäne)
ber 4 Duartiere ber ©tabt (f. ©. 74). Sllle Dffijiere waren ßolberger
Bürger. 33ei ber 3Wnfterung mufete jeber 83ürger mit eigenen SBaffen,
mit einer (nod^ mit fiuntenfd^Iojs üerfel^enen) SWnötete, einem SBanbelier,
in beffen Äapfeln bie Sabnng entl^alten nmr, mit Ärant, Sotl^ nnb
Sunte erf(ä|)einen, nnb im §auf^ mn^e er nod^ §ellebarben nnb SWor^^
genfterne, Äebereimer nnb eine gnte Saterne t)orrt)eifen. ^nä) bie
SBittmen nnb Äranfen l^atten einen 3Kann jii [teilen. 3>er 33nrgerf(ä^aft
in aSaffen war ein Ärieg§red)t norgefd^rieben. „SBer im SDienft bei
2Ba(]^t ober ^eeresjng von ber fianbeöobrigfeit, bem Ijeiligen aJlinifte=
rium (ber ©eiftlid^feit), ber mittelbaren Dbrig!eit nnb ben ßffijieren
fd^impflid^ rebet, ober jur SWenterei SSeranlaffnng giebt, wirb mit ftrenger
©träfe bebroI;t; jeber, ber jnm brüten 3D?ale anf ber SBad^t fic^ fci^la=
fenb betreffen läit, wirb anÄeib nnb Seben geftraft." 2)aö SBolIfanfen
nnb baö eben anfgefommene, batb jnr Seibenfd^aft geworbene Zabaä--
„trinfen"- ift ftrenge nnterfagt, nnb wer baö lefetere gar niiä^t laffen
!ann, foH menigftenö anö ber 2Ba(^ftnbe gelten. „SBenn bie gnte
(b. (;. tüd^tige) ©tabt beftürmt wirb, fo foH niemanb oon bem ^lafee,
baf)in er geftettt wirb, meiiä^en, er l^abe benn jnioor mit bem SDegen
gegen ben geinb geftritten."
3ln bie ©teile ber 4 ßuartiere finb na^ bem breifeigiäi^rigen
Äriege bie 4 ßompagnien ber Sürgerfd^aft getreten, von benen jebe mit
einer gal^ne üerfel^en mar. 3tn ^a^xe 1708 (?) mnrbe eine 5. ßom-
pagnie errii^tet njib biefer eine neue, nod^ l^eute t)orl;anbene g^al^ne vex-^
Uelzen. 3m JJrieben jogen täglid), wenn baö 3Wilitär jnm SKanöoer
auögerüdt mar, 1«)— 24 aWami auf SBad^e, feit 1741 100 3»ann; bie
©emeinen mürben mit 1 ggr., bie Unteroffiziere mit 3 ggr., bie ©ffi^
jiere mit 6 ggr. täglid^ an^ ber ©eroiöfaffe entfd^äbigt. 3nt Saljre
1807 mnrbe bem SataiHon oon g^riebrid^ 3Bitl;elm III. eine eigene
Unifonn vexlxe^en, 1848 mürbe eö befeitigt, aber 1851 mieber l;erge-
[teilt mit neuer 3Wontirung; e§ befielt au§ 4 ©ompagnieen, jebe ju
— 380 —
200 aKann mit 4 ßapitäneu, bie auf SBotfi^tag t)om Äönige ernannt
lüerben. S)aö ^ataiffon ift in ßriegöjeit jutn geftungögarnij'onbienft
unb jur SJertrjeibigung beö SBaHeö t)crpf[id^tet. — 2)ie S8e«)ol)ner ber
3Kflnbe xoaxen tjerbunben, ben ©tabtgraben im SBinter, luenn eö nötl^ig
it)ar, mit 60—70 3Wann aufjueifen, i()n im ©ommer mit 16 3JIanu
täglid^ aufzuräumen unb auf ben SBöHen I;ülfreidje §anb bei ber 2lr=
tiHerie ju tl;un. S)afür waren fie frei von allen Slbgaben unb fonftigen
Seiftungen.
pr baö fc^joere ©efdjüfe unb beffen öebienung I;ielt bie ©tabt
einen eigenen „3lrtoIIerie= (3lrfelei-) meifter", ber, mie ber SBad^t^
meifler, unmittelbar unter bem 3iatlje ftanb. S)ie ©tabt Ijatte feinen
aJlangel an 3)lännern, bie anä) mit biefer 2Baffe umjugeljen mußten.
3m Saljre 1628, alö \ä)on bie Mferlic^en in ber ©tabt maren, erl)ielt
ber . (Solbergcr g^elii* 9?ange, ein geübter Äriegömann, bie Seftallting
alö airtoHeriemeifter. @r leiftete bem 3flatl^e luib feinem lieben SBater::
lanbe ßölberg ben ®ib ber Sreue unb fd^mur, ba§ il;m sugeftellte Kraut
imb Sollj nur jur 9iott;menbigfeit, nid^t jum ©epränge gebraudjen ju
motten. —
©emalttljätiger ©inn x{n\> Steigung jur ©elbft(;ülfe l^at fid) ans
bem SKitlelalter and; no(^ auf biefeö 3al^rl;unbert t)ererbt, auf ber
33urfe unb bem ©eglerljaufe, auf ber ©tra^e unb in ben üornel;mften
Käufern bei g^amilienfeften fonunt eö nid;t feiten 5U blutigen ^Raufereien,
unb oft genug mirb ani) in biefer Seit no($ SBenuunbung unb Sobt^
fd^lag t)or bem 3latl;e burdj ein 3)?anngelb gefül^nt. SBon ben jalilreidjen
ptten, bie überliefert finb, mögen l;ier nur einige ^lafe finben.
3m 3at;re 1535 Ijatte 3lnbreaö Seppin im «§aufe üon §anö
ilreglje §anö SDud;erom crfd^lagen; er mürbe beöl;alb i)om jRatfie in ben
„föniglid;en 3Bolb"*) ^^'*) gefefet unb fd)lo{3 mit ben 9lngel;örigen beö ©etöb^
telcn einen SSergleid;, nadj meld^em er fidj i)erpflidjtete, 300 3)iarf
9)Jaiuigelb ju saljlen imb von Sätare biö äBeiljnac^ten nid;t über bie
©(^luette feines §aufeö ju gelten. §au§arreft fd^eint je^t an bie ©tette
ber aöattfaljrten getreten äu fein, bie in !atl;olifd;er Seit bie ©üljne
oerüottftäubigten.
9luf ber C^od&jeit beö SWattl;. d. ^^Jrifee (1543), ber fid) tim in ber
©tabt niebergelaffen Ijatte, mit Sucie d. SBröfer fam eä am 2lbenb jwifdjen
*) llrfprüiiölic^ \)aii ^cfängnig, in tüclc^cö Mc von bem bifc^öflic^cn d\\d)i'
uööt unb bem »on i^m geleiteten ©evic^te ^Ingeflaöten gefegt würben, S)ic S3c'
^e'i^nm^ pnbct fid) aud^ in anbeten ©tobten Süb. SRec^t^.
— 381 —
jiüci ^odjsetegäfteu weoeu beö 58ortan5eö jum ©Ireit. 3oad)inl ^ami^,
©oI;u beö SBürgenuciftevö Ulrid) SDauii^, welrfjer bem Scinn fteuern
wollte, iinirbe babei t)ou einem berfelben, Safob 9)Jarten, erftodjen, iinb
obmol;l biefer i)ou benSDienern beö ©tftodjenen felbft auf ben Sob t)cv=
luimbet war, luurbe er bennod) auf einem 33unbe ©trolj jur 9iidjtftättc
gefd^leppt unb, beüor er fein 2chm auögeljaudjt Ijatte, mit bem ©d^iverte
Ijingeridjtet.
3m 3ct(;re 1580 am §immelfal^rtötage fa§ ^^aul Seöumr, ©oI;n
beö SSürgermeifterö 2Imbrofiu§ Seömar, ber Ijöfifdje ©itte fannte unb
fid; gerne über feine ßolberger 33(uföfreunbe erI;ob, mit Warften unb
©uftad; 9iange äufammen vor ber Sljüre ber S5urfe; bie brei fdjerjteu
mit einanber t)om §eiratl;cn, geriet(;en aber aßmäl^Uc^ barüber in einen
©treit, ber julefet, ba Warften Stange ^^aul Seömar auf ben 3)Junb
gefdjlagen (jatte, in eine ^'rügelei ausartete. S)ie Slnraefenben brad)ten
bie (grjflrnten auöeinanber, aber al§ biefe in ber 9Jad)t auf bem §eim-
möge an ber aJTarttede wieber jufammentrafen, brad; ber ©roß mieber
an^^ unb ©uftad; SRange [tiefe ben ©egner mit beffen eigenem SDoIdje
nieber, ben er if)m im 9tingen entriffen I;atte. S^on feinem auf ber
SJeuftabt R)ol;nenben 33ruber Slmbrofiuö gleidj über bie ^^.'erfante gefefet,
pd)tete er nad^ Defterreid), mürbe am erjfjerjoglidien §ofe in Sinj
§ofmarfd^aII unb l;eirall;cte ein ablid;c§ g^i^äuleiii; 1615 erl;ielt ber
ßolOerger ?l{ail) ein auf bem ©terbebette abgefaßtes ©d)reiben dou iljtn,
raorin er feine äkriuanbten aufforberte, fid; feine §interlaffenfd)aft ab-
juljoten ^^). •
3)ierftuürbig ift ein 2:obtfd)Iag a\\§> nod; fpäterer 3eit, mei( bei
ber gerid)tUd)en i^erl;anblung barüber ha^ a(tgermanifd)e S3af)rred)t jur
9lnmenbung gefommfu ift. Sut Saljre 1680 mar im 9Jatl;§it)einf eller
ein JJabler erftodjen; bie ber ^at $8evbäd)tigen läugneten I;artnädig,
ntan füf;rte fie be§lja(b ju ber Seidje, unb aU ber eine von il^nen, mit
5Ramen ßolrep, fie berü(;rte, foH i[;r 33Iut aus ber 9f?afe gefloffen fein.
Unter fid; Ijielten bie 9?atr;nmnnen auf ßljrbarfeit unb ein ge^
meffenes 33etragen. 9Uö ber SHatfjöuermanbte 6Iaus SeSmar mit bem
33ürgermeifter t). ^snttfamer in ein SBortgejänf gerat^en mar, mürbe
er längere 3eit nidjt ju 9Jatl)e geforbert, unb nur in 9iüdfid;t auf fein
l^ol^es 3llter, unb bafe er fo lange ju 9ktl^e gefeffen, fam er mit einer
®e(bftrafe bat)on unb einer 3lbbitte vox bem beleibigten Sürgermeifter,
bafe er i^m imi ©ottes mitten t)ergeben mö(^te.
Sui'uö in Jlteibung unb Uebermafe int ejfen unb Srinfen auf
— 3SÖ —
§od^jeitcn itnb Äinbtaufen wirb awä) in bicfem S^i^tl^unbert, wie in
anbeten ©tobten, t)om SJall^e hm^ Äteiber^ unb ^oc^^jeitöorbnungen
betänipft. S)ie erfte vox^anhem ^oiä^jeitö- unb SBerlöbmfeorbnung ift
t)om Saläre 1680, ©eit bem 16. Sal^rl^nnbert maä)t fi(3^ neben bem
Seftreben, ju großen Slufmanb ju t)erl^inbem, in ben Äteiberorbnungen
weit mel^r als frül^er ber ©ebanfe geltenb, baß fid^ bie von ®ott ge=
orbnete ©tänbeglieberung an(!^ äußerlid^ in ber %xaä)t barftetten ntüffe.
,,SBir fitib jwar von Slbam l^er atte eines §erfomtttens unb muffen,
n)ie biefer, alle wieber ju ©taub unb äfd^e werben, aber bie göttlid^e
^ropibenj l;at bei ßanb unb Seuten Unterfd^ieb ber ©tänbe georbnet,
mib ein S3auer foB einem Sürger, ein Sürger einem ©beimann, ein
©belmann einem ^Jürften u. f. w. meid^en", unb biefer Unterfd^ieb foH
fid^ aud^ in Srad&t imb Äleibimg auöbrüdfen "). SBäl^renb bie S3eftim-
mungen ber SBurfprafe t)on 1480 l^ierfür nur ba§ SBermögen maßgebenb
fein laffen (f. ©. 108), ifl jefet jiebem ©tanbe feine befonbere ^xaS)t
üorgefd^rieben. S)ie abligen ©üljl^errn finb jefet t)on ben biVrgerlid^en
©itbegenoffen l^ierin gef^ieben, nur il^nen ifl geflattet, ©ammet unb
^erlenfd^nüre am §ut unb nur il^ren eJtauen unb S^öd^tem ©ilber=
unb ©olbgefd^meibe ju tragen unb in rotl^en, mit Hermelin gefutterten
©d^arlad^mänteln ju erfd^einen. ©ie l^ielten eiferfüd^tig auf il^r SSor^
red^t, imb ber Äämmerer 3- Söpfe würbe 1611 in golge einer Älage
i^rerfeitö ju einer ©träfe von 1000 Sl^alern üerurtl^eilt, weil er fid^
feine Sraut in abiiger Sradjt, in mit S)iamanten t)erjierter, üergolbeter
Ärone unb ^erlenlaub (ein mit perlen burd^floi^tener Äopfauffafe, ba-
mal§ ftatt ber aJir)rte von Dornel^men Sräuten getragen), l^atte antrauen
laffen. 2)od^ fefete er burd^ feine SSerbinbungen am bifd)öfli^en §ofe
burd^, baß il^m bie ©träfe bis auf 6 ^ortugiefen erlaffen unb feiner
grau geftattet würbe, fid^ abiiger Srad^t ju bebienen.
9iad^ ber oben angeffil^rt^n §od^jeitöorbnimg von 1680 bürfen
§0(^}eiten nur einen Sag bauem, bei ben ©üljoerwanbten unb Äauf^
lenten fotten fie am SWontage, bei ben ®emextm an ben folgenben
Sagen ftattfinben; Söd^ter unter jel^n, StnaUn unter funfjel^n Saluten
bürfen nid;t mitgebradEit werben bei ©träfe von 2 fl. für jebes Äinb.
3m erften ©tanbe finb l^öd^flenö 8 „föffen" erlaubt, im jweiten pd^-
ftenö 4, im britten 2 bis 3, jum 3?ad^tifd^ barf in bem erften ©tanbe
„®ebad^fele§" von brei ober üierlei Slrt unb auf bem Srauttifd^, neben
bem bie ©efd^enfe aufgeftellt würben, ein 3Rarjipan von 1 biö 2 S^a^
lern aufgefefet werben, \>tn beiben anberen ift nur Obft unb ®ifenbrob
— 3^3 —
Sugeftonbcn. ^ie Sröutc aii§ bem crften ©lanbe büvfeu ^^erleu trageit,
bie onberen muffen fi(^ mit einem Äranje von SRoßmorin begnügen,
SDq§ gal;ren jnr Äird^e ift nur ben getanen etften Stanbe§, unb auä)
nur bei fd^led^tem SBelter, rerftattet; am jnieilen Sfage bürfen nur bie
nä(l)ften SBermanbten unb 9iQ(3^barn eingelabcn werben.
T>xe STaufen mürben nad^ altem §erfommen an SÖBerMtagen mn
jel;n U(;r früf; Derrid^et, am Sonntage foDten [xe erft nad) ber 5l^e§per^
prebigt ftattfinben, SRur brei ©epattern finb ei'laubt, unb biefe bürfen
im erften ©taube nid;t über jmei S^aler, bei ben ©emerfen nidjt über
einen S^aler als ^^otl^enpfenuig fd)enfen. 3?ur „®ebad)fel", Obft mit
geigen, SRofinen unb 9JJanbeln, fein „®ffen" barf babei aufgefegt werben.
6§ ift bie M;rfeite be§ bamaligen Sebenö, bie fid; in ben ®e^
malttljätigfeiten unb SHol^l^eiten inib in ben ©rlaffen beö 3latl^§ gegen
2lufn)anb in illeibung unb Unmäfeigfeit in 6f)cn unb Srinfen jeigt.
SBir mürben aber ein t)erjerrte§ 33ilb von biefer 3eit erl^alten, moHten
mir fie allein f)ierna(^ beurt(;eilen.
Sl^ie Suftbarfeiten maren rol;, man Hebte babei voUe Sdjflffeln
unb überuoBe. Sedier inib enbloö fpannen fid^ bie 9)tal^l5eiten ol^ne (£in=
fd;reiten beö diaÜ)^ dou einer §od^jeit fort von §auö ju ^an^ bi§ 511
gänjlid)er 6rfd)öpfung ber £uft. Sod; ift nid;t ju t)ergeffen, bafi fidE)
biefe auf wenige gefte, auf ba§ ^^Jfingftfeft mit feinem SBogelfd^iefeen,
bie 3DJorgenfprad;en, §od^jeiten unb Äinbtaufen jufammen brängte, unb
in ben furjen 9)?oment^n um fo fräftigere 33efriebiginig fud^te. 3n htn
gamitien mürbe fnapp, befd^eiben unb Iiäuöüd) gelebt, unb bie ial)U
reid^en Seid^enreben an^ jener 3eit ffll;ren unö mand^eö erfreulii^e SBitb
guter Sitte unb 3ud^t vor. S)ie SDläbd^en lernen lefen unb notljbürftig
fd;reiben, bann werben fie in ber 9?äl;fd&ule geübt, für SSater unb SBrüber
Seibwäfd^e ju näl;en, barauf unter bie 3ud!>t ber SDZütter genommen unb
jur aSirtl^fdjaft angel^alten. 2ltd el^r^ unb tugenbfame Hausfrauen lefen
fie il;ren Äinbern unb bem ©efinbe SUtorgenö unb Slbenbö Äapitel an^
ber 33ibel, 3lnbad)ten au§ Strnbfö ^arabie§gärt(ein unb Sonnabenbs
bie 9tu§legung beö eoangelii nad) Sutl^et'ö ilirdjenpoftiHe t)or, unb
weber in ber SBod^e nod& am Sonntage t^erföumen fie ©otteö 2Bort.
21I0 erfte Sugenb wirb bei i(;nen gerüf)mt, bafe fie gel^orfam gegen ben
®emal;l inib t)erfd^wiegen finb, unb ba& fie cö üerftel^en, wadjfam unb
umfid^tig baö ©efinbe }u regieren ^^). S)er breiJBigjä^rige ßrieg I;at
aud^ l^ier un][iei(öott cingewirft unb bie gute alte Sitte t)ielfad^ burd^=
brod;en unb perfümmert, —
— 384 —
6§ mag biefen wtd^tigcn 9lbf(^mtt in hex ßolbcrgcr ®efcf)id;tc
eine ©d)ilbenm9 befc^liefeen, weld^e a)iartin Slango, felbft ein ©olberger
imb beöl^alb t^ieHeidjt mit etraaö patrioti)d;er gärtning, um 1660 von
feinen Sanböleuten entworfen l^at,
„3Berbenl^agen giebt unferer ©tabt folgenbeö 3engni^: tfrbs isla
legiim honestantm, judicioriim et discipliiiae nislos fiäelis per/n"
helnr; nnb l^aben fid) mit ber Seit ftattUd^e ingcnia nnb gelaljrte
Seute biefeö £)vtö I;en)orgetl;an, bie fidEi tl^eife mit S3üd;ern, tfieilö mit
£el;ren ber ganjen SBelt befannt gemadjt, tl^eilö bei Königen, gürfteu
luib §erren, aud^ in ilirem eigenen 5l5aterlanbe einen ewigen Jtamcn
gemadjt l^aben, mib imeiuol^l id; t)iele nennen fönnte, bie }U biefer Seit
bie l^öd^ften ©Ijrenömfer im geiftlid)en unb meltlid^en ©tanbe mit iljrem
ewigen SWul^me bebienen, mng id) bod) berfelben fd^onen, weil mir nioI;l
miffenb, bafe fie nid^t mit SBorten, foiibern bur^ il^re Sßerfe motten
gerül^mt werben.
3lnd) l^aben fid) jeberjeit t)iele gefunben, bie fid; gerne in ber
grembe t)erfud)ct unb aufgel^alten l;aben, aud^ reifen bie Sanfteute t)iel
wegen i^rer §anblung in bie Äönigreidje ^^olen, ©d)weben, ©änemarf,
§oBanb, ®ng(anb, Siolanb unb befleißigen \\i) atterl;anb ©prad;en ju
lernen, unb wie bie Kaufleute viel auf bie polnifd)e unb nieberlänbi|d;e
©prad;e geben, alfo l;alten eö bie ®elel)rten, bie meiftcnötl^eilö in £)ber^
unb 9{ieber^SDeutfd;tanb, granfreidj unb äöelfdjlanb reifen, alfo and; in
ber franjöfiji^en imb italienifdjen ©prad^e fid; üben.
2lud^ I;at man nid;t wenige auö biefer ©tabt, bie im i^riege l;ol;e
o/pcia rül^mlid^ bebienet, fonberlid; wiber ber Sl;riften abgefagten geinb:
ben Surfen, ben 3)ioöfowiter unb in ^\i- unb SBeftinbien, beren man
ein langes SJegifter l;ierl;er fefeen fönnte.
2ßie fid; nun bie Unfvigen in frembem Sanbe viel aufgel;allen
unb beren greunblid^feit unb. Slffection genoffen, alfo laffen fie ben
g^remben fold)e§ wieber in it;rem 3Saterlanbe ju ©tatten fonmien.
Db nun wol;l unfeve §auötl;üren il;nen nid;t mel;r, alö wie oor-
bem, umfonft offen ftel;en, and; bie gebedten 2ifd;e nid;t mel;r parat
finb, alö in htw alten Sal;ren, fonbern nur bie M6)t raud;et, wo ber
©edel aufgel;et, fo l;aben fie bennod; ba§ £ob, ha^ fie htw gremben in
ben Verbergen unb ®aftl;äufern (ju biefer Seit wirb ein ©aftl;auö jum
weißen ©d^wan genannt) nid;t fo überfefeen, wie bie aßirtl;e an t)ielen
Drten tl^un, fonbern mit bittigen Soften t)or Sager unb Sogement au-
frieben finb, ja mele, fo in feinem öffentlid^en 8Q?irtl;öl^aufe eingefe^ret,
— 8^5 "
bte SKaljljeit mit einem cleo gratias Be5aI;Ien. SBie beim fold^e rtjett'
befannte liberalUe ber tüeltbefannte Theologiis Dr. %oi). W(x\m, wei^
lanb ^^rofeffor imb ©uperintenbent ju %tna, gegen bie ©olberger ©tu-
benten oftmals mit fielen SBorten getül^mt: „eö wäre il^m, al§ er fi(3^
©tubirenö l^alber ein 3al;rlang in ßolberg anfgeljalteit Ijabe, fo t)iel
®ute§ n)ieberfal;ren, bafe, xo^xv^, awS) ein §unb ans Golberg jn il^m
fäme, er il^m beöraegen lieber @nte§ tl^un wolle/' Unb al§ \^ furj
nad; feinem Sobe auf bie geba(^te Senaifd^e Slfabemie mid^ ©tubiren§
l^alber begab unb bei feinem ©ol^ne Dr. Sobia§ SJlajor, al§ ber ba§
l^olje ©djulregiment bamalö t)erit)altete, immatricnliren lie^, I)at er
feineö SSaterö SReben offen gegen mid; toieberl^olt, ber ßolberger libe-
ralUe unb baä gute @emütl;e, fo fie fonberlid) gegen bie bafelbft ftubi-
renbe Sugenb trügen, l^od^ geptiefen. §err Dr. S)at)ib 6|iriftiani au§
©reifenberg in Sommern, l;od^beriUjmter ^^rofeffor ber ^I;itof. unb
2^eoI. an ber ©iefeener UniDerfität, welcher fidj liier mel;rere Saläre
aufgel;alten, mein unb meiner jwei SBrüber geraefener Sifd^roirtl^ unb
®uttl)äter l^at bie greigebigfeit ber ßolberger 33ürger gegen bie ftubi--
renbe Sugenb ni(^t mit f(^ted;ten SBorten oftmals gegen unä nid^t attein
gerül^mt, fonbcrn mi^ in ber 2:^at fole^eö wieberum in feinem §aufe
unb Sifd^e tool;t genie&en laffen*
2Baö beö loeiblid^en ®efd^led;teö Sitten unb mores betrifft, fo
!el;ret fi(^ baffelbe an bie auölänbifd;e ^rad)t unb ©itelfeit ni($t leid;t,
mS) reifen fie nid^t a\x^, wie ba§ l^oDönbifd^e g^rauenjimmer. Sl^r
pdjfter äiul^m befielet in guter §auöl^allung, fie finb bemüt^ig unb be^^
fi^eiben, aufrii^tig unb fromm, aber babei aud^ mifeig unb Derfd^lagen
unb miffen fid^ in ein S)ing balb ju finben, ent^ialten fi(^ infonberlieit
ber Srunfenl^eit, weld^e bo(^ an fielen £)rten gemein wirb, üeränbern
il^re Äleibung nid^t fo oft, alö wo^ anberöwo, l^alten mel t)on ber
fdjwarjen, ate ber el^rbarften garle. Unb wenn wol^l juweilen ein
excessiis in ber Äleibung t)on il^nen begangen wirb, fold}e§ finb bie
g^remben unb ©infömmlinge Urfad^e; bod^ wirb fold;em Uebel, weld)eö
bei biefen martialifd^en Seiten eingeriffen, aud^ bei Seiten burdj bie
ßbrigfeit, alö bie fold^e Kleiber-, §od;5eitö^ tmb anbere Drbnungen
aUbereitö unter §änben l^at, Dorgcbeugt werben.
2)a§ aber aud^ t)iele Safter l;ier l^erüorblidfen, geftel^e \6) gerne,
alö ba& etlid^e über ©tanb unb SSermögen fid^ mit ßleibung imb ^>rad^t
]^erüortl;un, bafe fid^ anbere bem Srunf meljr afö juoiel ergeben, bafe
ber gemeine SWann, waä er bie SEod^e über erworben, beö ©ontita/i&
— SSß —
wteber üerjcljvt, ober in guten 93ifieu burd) bie ©urgcl jagt, tieniad)
fid^ ju feinen gemeinen oneribus t)erfte(;n und, and) n)o(;l gar iDiber
ber ©tabt ßbrigfeit rebcHirt ober 2lufru(jr erreget, loie DerfdjiebentUd^c
exempla in i)origen Seigren beftätigen/'
ßjjibcmiceii im 16^ Sarjrlinnbcrt; eine iiciic Srfiberf^aft, fccrc§ folge,
Smngfalc bcr StaM im brci^igiofjrigcu Äricge, Sraiibe, giinioljmc
h\ti) J)ic g^mcieu, Itagc kr gtabt unter ifjrer f errfc^oft,
\m\ti Sraubttiiglurf, SSicterttiifBau ier ®t 6})iritii8fird^e.
©(^red^aftc ©rfc^eiiuingeit am §immel unb auf ber 6rbe äug-
fügten feit bem 3luöbnKl)e be§ böl)imfd^en Äriegeö (1618) in gröjjerer
3al;t, alö je üorl;^, bie ©emütl^er ber 3)lenfd)en: Äometen, geuerhicfeln,
boppelte Siegenbogen, md)xexe Sonr.en nebeneinanbev, Slutregen u. f. n).
geigten fid; in maffenl^after 3lnl^äufung; 1620 würbe ein^^ifi^ von xnv-
geljenrer ©röße, 57 §u§ lang, 30 %n^ bid (!) unb fo l;o(^, baß ein
SJiatni mit einem ßnebelfpieße fo eben l^inaufjurei($en vtxmoä)k, jioi'
fd;en SBoHin unb ßammin an baö Ufer geworfen, er rief eine gange
Literatur I;eruor, man [tritt, ob er baö 3lu§fterben be§ l^erjoglii^en
§aufeö in ?pommern, ober blutigen Ärieg bebeute, aber man mar ein--
üerftanben, baß in ber nä($ften 3ufunft ungemöl^nlic^e unb unl^eitt)olle
SDinge in ber Söelt vox fid; gelten mürben.
S)ie 3eid)en ber SRatur nnißte man ju beuten, für bie in ber
SJtenfc^enmelt Ijatte man weniger JTerftänbniß.
6. t). ©immern, ber, wie man(3^e feiner ßanbäleute, in be§ Rav
ferö SDienft getreten mar unb fid) no(^ im Saläre 1619 am faiferlidjen
§ofe auffielt, ermähnt in f einer (5 l;ronil ju biefem Satire nebenbei „bcn
§anbel" be§ ^aiferö mit g^riebrid^ V. von ber ^falj, bem böl)mif($en
Könige; ba^ bie Sefiegung beffelbcn ber-2lnfang fd^meren Unl^eilö für
feine ©laubenSgenoffen fein werbe, bavon Ijatte er feine Sll^nung inib
ebenfo wenig feine ©lauben^genoffen im Siorben; baß bie faiferlid^e
SJfaieftät bem SRed^täjuftanbe im 3?eid^e, ben fie ja gerabe ju gewö^r^
leiften Ijatte, SSerberben bringen fönne, fd^ien 3l(len eine Unmöglid^feit.
SRod^ im Sa^ve 1612 Ijatten fid^ bießolberger wieber i^re ^rtoilecyeii
— 388 —
Doni Äaifer aWattl^iaö fteftötigcn laffen, inu fid) ßegcn bic llckröviffc
ber pontmerf(^en dürften ju fd;ü^en, unb erft al§ bie faifevUdie Solba=
teöfa in ßolberg eingesogen war unb bort mi) 3Eittfnr fd^altete, unir=
ben [ie inne, was e§ mit biefeö 9?ctd;eö Sd^irm auf fidb l;abc.
grül^er, als ber ilrieg felbft, erf(3^ien in ßolberg feine fdjrecflidje
Segleitung, ^eft unb ©eudjen.
SRango (um 1660) fagt in feiner 6I;ronif : ßolbcrg Ijabe eine be-
fonbcrö gefunbe ßuft, bie SBinbe, in bem flad&en ßanbe nid;t burd;
SBerge gel^inbert, fönnten bie breiten ©äffen frei burd;ftreid)en unb bie
böfen 2)ünfte leidet t)erjel;ren, eö gäbe beöl;alb fo t)iele ftarfe unb alte
Seute in ber ©tabt, bie ^^eft l;errf(3^e I;ier nur alle 20 bis 30 Sal;re
einntal unb fei noä) baju meiftenä eingef(^leppt; befonberS gefäl;rlid)
unb lange bauernb feien bie über bie ©ee an^ SDönemarf gefonnncncn
flranf^eiten.
S)od) ftimmen'l^iermit nid;t bie an^ ber Seit von 1485 bis 1630
jiemlid) t)ollftänbigen eingaben über ©pibemieen in ber ©tabt. SDie
erfte-^eft, bereu ©nüäl^nung gef(^iel^t, roax im Saläre 1485; fie mirb,
wie bie t)om Solare 1495, als eine mäfeige {mediocris peslls viguü
©tabtb.) be5eid;net. S)ie ^^eft t)om Saläre 1507 fd;rieb man bem ge-
linben SBinter ju, in weld^em es fein ®is gegeben Ijatte, 1529 n)ütl)ete
ber englifd^e ©d^raei^, bann famen nad) einer ^aufe t)on 20 3al;ren
brei Äranft;eitsial^re, 1549, 50 unb 51, „roas ?ßeftilentie, fturt)en Del
ßube, jung unb olb." gur(ä^tbare SSerl^eerung bradjte bie ^eft t)on ] 564,
bie aud^ noc^ im folgenben 3<x^te anl^ielt; i^r erlagen alle brei 33ürger=
meiper, 3lif» t). ©d^lieffen, 3o^. t). ^utt!amer unb ^eter ©ottfdjalf*),
unb ber ^aftor SBierftäbt mit feinen jel^n Äinbern; im ©anjen foHen
2000 (?) aJienfd^en geftorben fein. SäBieber l^errfd^te Äranf^eit unb
©terben im Saläre 1588; bamals liel^ ber 3?all^mann ßosmus Söobbefer
„m finer groten SWot, ba em äße Äinber in ber ^eft — ®ott erbarme
— affturben", 50 fl. com SWatl^e, um bie SBeerbigungsfoften ju bedfen.
öine <Bz\\i)t, bie 1597 aus Sübed eingefd^leppt mürbe, befdE)ränfte fid;
auf bie 3)?ünbe; t)erl;eerenber trat bie 1602 aus 33!eWngen gcfonnnene
auf, befonbers in ber Seit jraifd^en 3Jlidöaelis unb SBeil^nad^ten, mo in
ber SBod^e oft 60 ^erfonen beerbigt mürben, bie nid^t gerechnet, meld&e
mm jur 3?a(^tjeit beifefete. S)ann mar ber ©efunbl^eitSjuftanb gut bis
jum 2lnfange bes großen Ärieges. eine ^eft, meldte 1608 (?) bie um^
*; «u^ im 3a§te 1693 ftartcn aCe bcel »flt gemteiflet,
-— 389 —
Uegeuben ©table cerl^eerte, öerfdjonte'EoIberg. S)a§ Sal^r 1619 brachte
juerft raiebcr migewöljulii^eö ©lerbcn, fo ba§ ber 9iat^ bamalö eine
befoubere ^'eftovbnutig brucfen Hefe; bte§ feierte in tjerftörftem 9)iafee
iDteber im 3af;re 1624 unb [teilte \xä) bis 1630 Sal^r für Sa^r ein.
3n bem 3cit;re 1624 unb 1625 bra(^ bie ^eft am großen Satjrmarft
au§, fie war beibe aWale eingefi^leppt, 1624 hmä) eine 2)ienflmagb,
bie in einer ©ammetjope aus S)anjig, in ber fie am Sai^rmarft tjatte
prangen wollen, ben kranf^eitöftoff mitgebrad^t l^atte, ba^ jweite 9Ral
burd^ ein bänifd^eö ©d^iff. 3u iebem biefer beiben 3af;re ftarben baran
etma 400 aWenfd^en ; ber ,,^eftbalbier" ßorenj Ärüger, ben ber SJatlj im
3al;re 1624 für 25 S^aler monatlid^ angefleHt l^atte, erlag i^r mit
fanunt feinen ©efellen in wenig SBod^en. 2lud) bie §unbe würben von
xl)x befallen, unb ber ©d^arfri($ter mufete Dom 7. — 23. jDctober 1624
119 berfelben erf (Riegen. ®egen ben SBinter l^örte bie Äranll^eit auf;
fie I;atte ber ©tabt, bie fd^warje 33e!leibung ber 4 Sobtengröber ein^:
gerei^net, über 270 ff. gefoftet. 3lo6) wieberl^olt wütl^eten in biefer
3eit üerljeerenbe Beuä)e\\ unter bem SBiel^. 3m 3oi^re 1614 unb 16
unter ^ferben unb Äül^en, 1616 ftarben allein in ben aSorftäbten dou
Golberg 350 ^ferbe, 1617 famen bie aSorwerfe auf ben ©tabtbörfern
mit iljren ©d;äfereien an bie Sieil^e, mand^e berfelben ftarben gaui an^^,
unb im 3a^re 1638 fanb plöfelid^ am 24. 3uni ein fold&eö Sßiel;fterben
ftatt, bafe auf allen ©äffen ber ©tabt tobteö SSiel^ umherlag 0.
SDie allgemeine SRotl^ unb Slngft rief eine mm 35rüberfd^aft in
ba§ Seben ^) ; ,,bamit bie Sobten in ber Seit, wo ber SlHmäd^tige bie
©tabt mit giftiger ©eud^e l^eimfud^e, nid^t fo erbärmlid^ fortgefd)afft
würben", vereinigte fid^ (20. ©ept. 1624) eine 3lnja^l von §anbwer=
fern, bei einanber feftjul^alten, fid^ unter einanber ju Ijelfen unb bie
geftorbenen SSrüber unb ©d^weftern gemeinfam ju ßegraben. 2)ie ®e=
feUfd^aft erl^ielt junftartige ©inrid^tung; an ber ©pifee ftanben brei
aieltefte unb brei ©ilbemeifier; jebes SJRitglieb ja^tte wöd^entUd^ 1 ß
Seitrag ju SUiebitementen, ad^t aus ber ®ilbe tourben abwed^felnb ju
Prägern beftimmt. 3weimal im 3al^re, ju g^aftnad^t unb ^fingften,
foBte bei einer Sonne Sier ber Srttber „Seliebung" uorgelefen werben.
3llö 1631 „®ott bie ©tabt von ber gefä^rlid^en ©eud^e unb ^eftilenj
unb anberer öefd^werlid^feit befreit l^atte", mad^te fid; aud^ in biefer
SegräbnijsgefeUfdjaft bie Suft an irbifd;em SBoJ^lbeljagen ftärter geltenb,
eö würbe befd^Ioffen, bafe bie IöbHd;e SBrüberfd^aft atte 3a^re jU ^fingften
mit ben g^rauen jufammenfommen foHe, wie e§ ^raud^ fei bei anberen
— 390 -
Sänften. SBk lanfle biefelbc Beflanben l)a\, wirb nW^t (jcmclbet. Sie
tft nid^t ju t)ern)e(^feln mit ber „Sunger ©ejellen-eoinpaflnie" (f. ©. 104)
bie äljnlic^e Swedfe Dcrfolgte, aber nur ajiitöliebcr auö angefeljenen
gamilien juUe^. — 3iu Saljre 1660 würbe Dor bem ©teint(jore ein
be[onbereö ^eftfiauö erbaut, wo bie ^^eftfranfen abgefonbert gepflegt
würben (f. ©. 58 >.
SDer anfäuglid^ nur in ©übbeutfdjtanb gefüljrte 5lrieg rüdte
langfam gegen SWorbbeutfd^lanb t)or, bie fatl^olifdjen SHädjte, energif(3^
unb ftreitbar, brad;en ein ©tüd beö proteftantifdjen S^eutfd)lanbö nad)
bem anbern ab, unb alö 1626 bei Sutter am 33arenberge unb an ber
SDeffauerbrüde bie norbbeutf($=bänifd)en §^eere bcfiegt waren, lag aud)
baö gefantmte nörblid^e S)eutfd)Ianb ben ®ewalttl;ätigfeiten beö faifer-
li^en unb beö Uguiftifd^en §eereö fd^ufcloö 'T)reiögegeben. Sefet, ba fid;
bie ilriegägefal^r ben pommerfdien ©renken nä(jerte, würbe 33ügi§Iaü XIV.
ernftli(^ an^ feiner SRulje aufgefd^redt; aber bie Söeigerung ber ©täube,
bie jur SSert^eibigung beö Sanbeö nötl^igen Summen ju bewilligen, er-
laubfe nurfdjwac^e unb |albe 9)?a^regeln : mit einer leeren „5Defenfionö-
!affe" war fein g^einb abjuweljren. — SDie ©tobte erl;ielten Slnweifung,
\iä) in SBertl^eibigungöjuftanb ju fe^en unb mit' 9io|} unb 3Kann fid;
jur §eereöfolge bereit ju l^alten.
5Daö früljere aSorred;t ber pommerfdjen ©täbte, ben gürften feine
§eereöfolge 5U leiften, war nii^t bauernb in ©eltung geblieben. 33e=
reitö im 3lnfange ber 3f}egierung 33ogiöIaö X. war eä SBraud; geworben,
bafe anä) bie ©tobte i(;re aKannf(^aft ju hen Unterneljuuuigen ber
gürften ftellten, unb am ©d)luffe berfelben war bereits ein beftimmtcö
CSontingent für fie feftgefe^t ^). 2Bie t)iet baoon eine ©tabt ju fteKen
I^atte, rid^tete fid^ nad; ber ©röfee^ber Unternefjmung ober ber SMegö:^
jjefal;r. ©citbem bie pommerfc^en §erjöge bie bifd)öf(id;e 2Bürbe an
xl)X *^ax\^ gebrad^t l;atten, mögen, fie aud; biefe einridjtung auf baö
©tift übertragen I;aben, wenigftenö gefdjief)t biefer Seiftung in hen ftif=
t if d)en ©täbten erft \¥xä) biefer Seit 6riuäf;nung, in ßolberg erft 1614.
S:ie ©tabt nuifete bamatä jur SJefe^ung ber ©renjen beö ©tiftö, bie
burdj bie in ^4>olen aufgebrochenen Uufuljcn bebro{;t waren, 15 3Kann
[teilen unb einen 3Ronat lang auf il;re Soften (fie betragen banmlö
191) fl.) unterljalten. 3ll§ 1623 jur Seit beö böljmifc^ = pfätäifdjen
Krieges in ^f>olen an ben pomnierf($en ©reujen ein faifertidfier SBerbe::
plafe erridjtet war unb SJanben potnifd()er £anböfned;te ^lünberungs^
jflge nac§ ^^ommern nmd^ten, würbe bie ©tabt mit einem 3lufgebot
^- 895 —
ber bie SBaffciifteWfdjen SBanben fennjeiiä^netc: „fie inö(J)ten es mit
i(;rer SlppeUatiou mi) Seliebeii I)attcii, wenn i(;nen bie faiferlid^e afia-
jeftät nid)t öeiuUje, möchten [ie fi(§* an beu ^^apft in 3floin, ober aud)
an unfern ^errgolt im §immel iDenben, i^m werbe Qßeä gleid) viel
gelten." S)ann lie^ er in bem §aufe beö Äämmererö SDöpfe bie 2l;üre
ju bem 3immer, in weli^em bie Sabe mit ©olb nnb ©ilber Dern)al;rt
ftanb, mit ©emalt aufbredjen unb ben Snl^alt l^erauönel^men. — Sm
näd^ften 3Konate mar mieber biefelbe 3lot^ ba, bie ©tiftöftänbe, fttr
meldje ßolberg fd^on firr ben Sanuar 4000 ff. ausgelegt l^atte, waren,
ba fie meift nidjt unmittelbar von ben !aiferli($en Prangern ju leiben
Ijatten, nad) alter ©itte fäumige 3al;ler; bie brängenben ^Bitten Dr. Sul--
gvin'ö bemirften nur eine*fd)n)ad;e Slbfdilagöjal^lung, unb ßöölin mußte
etiDas fpäter von faiferlid^er ©eite erft mit 2 ©ompagnieen ©inquarti-
rung bebroljt werben, el;e eö bie fel)lenbe ßontribution einfanbte. Ueber
ßolbeirgf entlub fidj natürli($ immer ber erfte ^rimm ber Kaiferlin^en.
günffirc^en brol^te jefet, er werbe fic^ an bie ßonuniffarien unb bie
3)iitglieber beö 9iatl;§ l^alten, unb bie SDrol^ung würbe in ba§ SBerf
gefegt.- Sie §äufer ber SJatl^öl^erren würben geftürmt, Giften unb
ilaften erbrod^en unb am 16. g^ebruar jebem 3iatl^öl^errn 10 „Sribulir-
folbaten" in ha^ ^a\i^ gelegt, bie „luiter grojsem 3JJutl;wiIlen greffen,
©aufen unb 3Begnel)men" il^nen bie rüdftänbigen ©ummen abpreffen
foflten, fo ba§ bie ©epeinigten ben ©täuben erHärten, wenn uid;t ge::
Ijolfen würbe, müfiten fie i^r 2lmt im ©tid; laffen unb baüongel^en.
(Sine f(^wad)e Hoffnung auf SBefferung ber Suftänbe ging ben
(Solbergern auf, als am 27, g^ebruar ein nad)brüdli(^es ©(abreiben t)om
Dberften §ebron an§> a3ledlenburg an g^ünffird^en luib von QMiin
bie 3ln5eige eintraf, §ebron werbe felbft fommen, mn bie Ätagen ber
Golberger ju unterfuc^en; „was bieDffijiere über bie Gapitulation ab^:
geprefjt Ijälten, foHte il;nen wieber von il^rem STractament becourtirt
werben." aSon§j?bron, bem gebomen Sommern, glaubte man-menfd^=
lid)ere 33et;anblung ber Sanbsleute erwarten ju bürfen; inbeg bie 3lb^
Ijülfe befdjränfte fid; auf bie (Srflärung, baß er baS Samentiren ber
Solbaten unb baS SBel)! lagen ber SJürger, bas einen ©tein ianunern muffe,
nid)t mel;r mit anljöreu fönne; wenn bie ©täube bie ßontributionen
nid)t redjtjeitig unb üoHftänbig einlieferten, werbe er einen Sl)etl ber
Sruppen bei bem 3lbel auf ben SDörfer» einquartieren. SDie unredjt=
mäßig erpreßte ©umme würbe nid)t jurüderftattet, bie gorberungen
blieben biefelben, tmr baß nod) bas monatlidpe Sractament für ben
— 396 —
Snfpectot §c6ton bajufam; biefct l^atte, als er in Solberg feine 2:^5*
tigteit begann, „obwol^l er fo franf war, bafe man il;n anf ©änften
unb ©tnl^Ien fortf(^(eppen lutb 3ltjnei nnb SDoctoren von aKen ©eiten
I;erbei^olen innfete", al§ lüöd^entlii^e Siefernng für fid^ 2 DI;ni SRI^ein-
wein, 14 Sonnen Söier, li ©d^fen, 4 Kälber, cO §ül)ner, 4 eä)od
eier, 4 Sänuner, 2 §antntel, 2 ©(^infen, 4 ©(^fenjimgen, atterlei
3Keer:= unb ©tromfifd&e unb 40 S^aler baar für ßonfect unb ®en)ürj
geforbert, boä) lie§ er fid^ enbU(^ bewegen, mit einer wonatH(3^en 3cif)^
lung von 200 S^ialern jufrieben ju fein ^).
Sin So^re 1628 betiefen fid^ bie 2lusgaben ber ©tabt für bie
einquartierung auf über 27,837 fl. (12,000 p. waren gelicl^en, 16,000 f(*
in ber ©tabt unb auf bem Sanbe coHectirt), für 1630 bie baar beja(;lte
(Kontribution auf J 7,417 fl., über ba§ Sal^r 1629 fehlen bie 2lngaben.
2)er Siatl^ l^atte alles t)erfud&t, um baö fd^limmfte Unl^eil von ber
©tabt abjuwenben, unausgefefet arbeitete bie Slft in ben ©olberger
©tabtwalbungen von Seftin, ©emmerow, ©imöfeel, Süffow Imb ©pie,
bie §erbe ber ©aljfotl^en würbe gegen alle ©ewol^nl^eit faft nur mit
§oI} gefpeift, ba§ auf ©olberger ©igentl^um gewad^fen war, in ber
äujserften SWotl^ waren fogar bie t)erfiegelten 3)epofitengelber angegriffen
wdrben, man ging enblid^ anö) an ben Sßerfauf ber ©tabtgüter. 3i5erber
war fd;on 1628 an ben Sürgenneifter §ermann g^reter für 1333 S^lr«
Derpfänbet unb 5llein::5Raugarb würbe 1630 an ben 3?atl;ö]^errn ©oert
Äunbenreid^ unb beffen ©d^wiegerfol^n 33alt§afar Simäuö v ©ülbenflee,
Dr. med. unb ebeufaUö aJJitglieb beö Statins, um 4000 fl. t)eräu^ert %
SDie ©d;ulb ber ©tabt war bereis auf 44,000 fl. geftiegen, bie 3infen
fonnten nid^t mel^r bejal^lt werben, immer fd^wieriger würbe bie Se-
fd^affung beö baaren ©elbes. ©el^älter fonnte bie leere Äämmereitaffe
nid^t ausjal^len, nur ber präfibirenbe SBürgermeifter unb ber ©tabtarjt
erl^ielten Don J 628— 32 il^r Sractament. 3lud^ bie Sürgerfd;aft t)er=
armte mel;r unb mel^r, ber ©eeoerfel^r lag faft ganj barnieber, feit ©uftau
2lbolf feinen Untertl^anen 1629 jeben §anbel mit ben üon beti Äaifer=
lid^en befefeten pommerfdt)en §äfen, inöbefonbere mit ßotberg, unterfagt
l;atte, unb ber £anb(;anbcl war bei ber Unfidierl^eit ber Satibftra^en
mit ®efal;r unb Serlufl Derbunben (f. ©. 1G8).
3e meljr bie 3^otl^ in ber ©tabt wud;s, um fo fd;redlid;er unb
unbarml;erjiger würbe bas ®ebal;ren ber faiferlid^en ©olbateSfa, faft
leben 3Konat gab es S^ribulirreiter, fdjon 1628 im Jiooember fanb
,/;(|)redlidpes ©teilen unb SBüt^en ber ©olbaten" ftatt. SDer 3Kufifus
— 397 —
Stummer würbe t)on einem ©olbaten crfiodjen, oI;ne bafe bie 9)?orbtl;Qt
beflraft töäre, ben 1630 erraäl^lteu Sürgermeifter SBielfe fcfiüfete mir
eine meffingne ßrone mit aä)t Seud^tern, bie über feinem Sifd^e Tjing,
gegen ben ©(^mertl^ieb eines faiferlidjen ©olbaten, ber feinem Slopfe
gegolten Ijatte '^). ®r fdjenftc fie be§l;alb fpätcr mit einem ßapital jnr
SBefd^affung pon ^erjen ber 9J?arien!ird^e. S)nmpfe 3Serjn)eif(img ergriff
bie Sürgerfd)aft, mond^e g^amilien entjogen fid) burd^ bie gludjt bem
imabfetibaren ®lenbe, felbft öWei SBürgermeifter HeJBen il^re @tabt im
©tid;. §errmQnn g^reler legte fein 3Imt 1629 3llterö I;Qlber nieber,
unb 6{)riftian Äalfom, in bemfelben 3al;re in ftäbtifi^en 3lngelegen=
I;eiten nad) ßöölin gefi^idt, benufete bie ©elegenl^eit, um t)on ba naä)
^anjig 511 entmeidjen. Seine grou lie^j^r mit bem §au§gerätl; im SBinter
jur See nodjfommen. SDa er auf mel;rfa(^e 2lufforberung nidjt jurüdfel^rte,
nal^m man an, bajs er freiiöiHig refignirt Ijabe. „©ie ließen bie 33flrben
auf bem Suaden be§ britten Sürgermeifterö" % SDöpte, ber fd^on von
1628—30 ax\6) baS 2lmt eineö Äämmerers für 26 ®renj §olj, 1 SÖJül)^
lenfd;n)ein ju 12 fl. unb 4 ©c^effel SRoggen vermaltet ^^tte.
SDabei propl^ejeiten bie ßolberger 2lftrologen axi^ neuen unb grau=
figeren aSorjeidjen, baß man fid^ auf no(^ mel fc^limmere Singe gefajst
madjen muffe, ©in brennenber ;Somet ftanb mit langem ©d^raeife
ftunbenlang über ber ©tabt, um 1 Ul^r aJlittagä erglänzte plöfelid^ ein
l^eHer ©tern am §immel, geuerfugeln unb große 9Jlüdenfd^n)ärme um^
flogen ben 3JJarientl^urm, an feiner ©pifee geigte fid^ feuriges Sendeten,
fogar ein ©rbbeben glaubte man »erfpürt ju l^aben, unb in ber Äar^
freitag§nad)t l^atten t)iele aWenfd^en eine ©timme in ber Suft über 6ol=
berg gel;ört, bie „3Bel^e, mel^e, ©olberg" rief.
2lm ^^ 1630 l;atte ber ©d^webenfönig mit feinem §eere auf
Ufebom bie beutfc^e 6rbe betreten, um bem beutfd;en SSolfe feine befte
^ahe, feine geiftige greil^eit, t)or bem SBerberben ju retten, weld^eö il^r ber
von finfterem Fanatismus erfüllte Äaifer eJerbinanb fann. SBalb maren
bie Snfeln t)on ben Äaiferlid^en gereinigt, ©tettin ert;ielt eine fd^me-
bifdje a3efa|ung, unb mäljrenb ©uftat) Slbolf feine §auptftärfe gegen
SBeften rid^tete, entfanbte er aud^ gegen ßolberg eine 2lbtl^eilung, um
vorläufig menigftens ben ©treifereien ber Äaiferlic^en von ba aus burd^
eine S3tofabe ber ©tabt ein ©übe ju mad^en.
©d^on lange l^atten biefe an ber ftärferen SBefefiigung ßolbergs
gearbeitet unb beutlid^ babur^ ju erlennen gegeben, baß fie nid^t bloß
:— 398 —
auf furjc Beit aU ©äftc gefoinmeu feien. S)ie ©rmerbung ^^ommernö,
befien g^ürftenfiauö bem 3luöfterben nal^e iiwr, tüüvbe hen $?itel beö §er=
ä09§ von g^rieblatib „9lbmiral be§ baItif(J)en SDJeereö" erft ju einer
aSal^rl^eit gemad^t I;Qben. @d;on 1628 n)aren bem ©tift aujser ber
geraöfjnlid^en ©ontributton nod; ©ummen jur ©rweiterung unb 33erftär-
!ung ber gefiungöraerfe abgepreßt roorben. ßolberg foHte a\i§> einer,
rote alle tnittelalterHd;en ©täbte, mit 3J?auern imb 2Bätlen befeftigten
©tabt in eine mirflii^e g^efiung -umgeroanbelt merben* SDie Strbeiteu
mürben befd^leunigt, feitbem ber f($mebifd^e 2lngriff jnr ®emißl;eit ge^
morben mar. ©(^on am 29. ©eptember 1629 mar bie ben 3ufannnen=
l^ang ber SBerfe ftörenbe 3afobifird;e abgebrod^en morben, i(;r folgte im
Sali 1630 bie ©ertruben^ unb bie Jlifotaifirc^e; bie ßapitalien ber
Äirc^en, il^re Drnate, 3lltarbeden u. f. m. -gingen babei meift oerloren ;
unb alö feit bem 27. Sluguft ber tapfere Oberft Saubiffin mit einem
fdjmac^en fd)mebifd^en 6orp§ auf ber SBeftfeite ber ^^erfante erfd^ien
unb bort bie fogenannten „nieberlönbifd;en" (b. 1^. im ©iebenlanbe ge=
legenen*) ©(fangen anlegte, mürbe bie ganje Umgebung ber ©tabt
rafirt, um ben ©d;meben bie 2lnnäl^erung ju erfahrneren. 2lm 20. ©ep^
tember mürbe bie ©eorgöfird^^ mit bem ©pital abgebrod)en unb bie
meifl auö maffioen Käufern mit ©teinbäd;ern befteljenbe ©corgenoor-
ftabt niebergebrannt, il;r folgten am 3. Jiooember bie 3)iünber Sogtei
unb bie 50 gifd^erbuben bafelbft; bie ^famifdimieben unb ben ©tubben-
Ijagen l;atte f(^on früher baffelbe ©i^idfal betroffen, felbft ba§ entfernt
tere SBerber, ©eHnom unb baö §au§ von £ufa§ SDamife im 33uIIen=
minfel blieben niij^t t)erfd;ont, unb bie 2lltftabt mürbe Don ber ©tabt auä
in SBranb gefd^offen, mobei über 100 guber Äorn Dernidjtet mürben.
Slud; bie fd^önen ©arten ber ©tabt mürben Dermliftet unb il;re g^rxid^t*
bäume abgel;auen. S3ürger unb Säuern mürben von ben faiferlidien
©olbaten jufammengetrieben, mn bei bem 3erftörung§mcrfe ju l;elfen.
®ie ^^eft, meldte möljrenb ber faif erliefen Einquartierung in jiebem
©ommer gel;errfcl)t Ijatte, fetirte anä) 1630 mieber, angeblid) burd) ben
©cru($ ber bei bem ©icd^enl;aufe, ba§ ebenfalls oon ben ilaiferlid;eii
niebergeriffen mar, ausgegrabenen Seid^en erjeugt. ©ie begann fdjon
am 23. Suni vox bem (Srfd^einen ber ©d;meben, il;re SBut^ fteigerte
f{($ feit ber fd^roebifd^en Slofabc in ber burd) eine bebeutenbe äJerftär-
lung ber 33efafcung mit SDienfd^en überftiüten ©tabt. Sßom 23. Suni
*) fft\^i mW ftc turd) Sntppcn Q«d ben JMcbcrlanbcn angelegt mären.
— 899 —
blö jum 30* September raffte bie geudje »3500 9Wenf(J^en fort, Äatfer^
lidje luib ßolberger oI;iic Uuterfi^ieb.
3u ber ^Ncft flefeHte \iä) nod^ ^eiierönotl^. a?on ben fonft in ben
pommerfdjen ©täbteu Iierfömmlid^en großen 33ränben, wetd^e bie ©tabt
ober einen größeren S^eil berfelben in 2lf($e gelegt l^atten, wei^ bie
ßolberger ®efc^id)te ans früherer Seit ni(^tö; bie jal;Irei(^en ©tein-
l^änfer ber ©tabt rairften bem g^euer mel^r entgegen, alö bie fd;ledjtcn
£öf(3^anftalten, bie fi(^ in ber §auptfad&e anf bie großen ^anbfpri^en,
tjon benen fid; in iebem §anfe eine befinben nutzte, befd^ränften. Sin
Saläre 1587 brannten bie nieiften ©aljf Otiten ab, 1591 liatten Snngen
bnrd^ nnoorfid^tigeö ©djiefeen mit ©d)lüffeHnid^fen im ©txibbenl^agen
ein ©tro|)bad) in Sranb gefefet, unb baö fd^nell nm fi(^ greifenbe g^ener
legte 2G SBol^nnngen in 2lfc^e, 1629 waren bie vom If)ore biö an bie
®ate reid^enben, an§ graei 3leil^en mit ©trol^ gcbedter nnb eng anein^
anber gebanter §änfer, 45 an ber 3a^I, beftel;enben ^^faniifd)mieben
abgebrannt. SBeit größer nnb ber ganjen ©tabt ©efaljr bro(;enb mar
baö g^ener, meldjeö in ber 3eit, alö bie ^^eft il;ren §ö(;epimft erreid;t
l^atte, am 1 1 . ©eptember 1 630 anäbrad^. SDer greoelmnt^ eine§ f aif er=
litten 3Jeiterbnben, mel(^er in bem §anfe beö Äanfmannö SBoIte in ber
illanäftra^e neben bem ^^aftorat von ©t. 3Jlarien in baä ©trol; fd;o^,
fott eö t)ernrfad;t I;aben. 5Doc^ bel;anptete man aud) in ßolberg, ba^
g^euer fei abfid^tli^ unb an brei ©tetten jugleid^ angelegt, um für bie
beabfid^tigte ©rünbung eines SefuitenfoHeginmö 9iaum ju fd;affen nnb
jugleidj bie 3lmtön)ol^nung beö ben ^aiferlid^en t)erl^ajsten ^aftorö Scifd^e
ju jerftören; man l^abe beöl^alb aud^ bie Bürger vom Söfd^en abge^
l;alten. @§ brannte babei ab bie ganje Älauöftraße, bie l;albe Sörob^
fdjarrenftraße oom 3JJarien!ird^l;ofe ab bis jur Stabtmauer an ber ^^ev-
fante, bie iRüflerv SSöttc^er^ unb l;albe 2anbe§banbftraj3e bi§ ju bem
§aufe beä ©enatorö ^alfom, mo fpäter bie föniglid;en aJiagajinl^äufer
erbaut mürben, unb in biefen ©trajgen eine gro^e 3al;l tjon öffentlidjcn
©ebäuben, bie ^lofterfir(^e mit bem SnngfrauenHofter, baö ©eglerljanö
unb ba§ ©ied;en]^auä in ber Sanbeöbanbftraße, ba§ ©(^nellcfen^ imb
baö §olfen'§ofpital, ba§ (ältere) ^^aftorat unb SDiafonat, baö 3)tebifat§2
l)auö unb bie SBol^nung be§ 3)omfecretär§ mit vielen Urfunben imb 3lcten,
bie baö ©tift unb baö Eapitel betrafen; 182 §äufer, barunter bie
größten, anfel^nlid^ften unb ftärlften Srau^ unb Äaufmannö|)äufer, mel^r
als ber vierte Zf)dl ber ©tabt, maren in 4 ©tunben in 2lf(^e gelegt,
m\> bie Gotberger t;atten nur ben STrofi, ba& aud^ ben Äaiferlid&en
— 4ÖÖ —
babci ein ßro^er Sl^eil bcr an^ Sommern juj'aminengerauttcii (Sd^ä^c
t)erni(^tet war. 5ßou ben ^ird)eu ber ©tabt ftanbcn jefet nur nod^ bic
aWaricn^ unb bie ©piritiiöfird^e; bic fünf übrigen lagen in Srümmetn,
unb günfüriä^en'ö 3?ame l^atte für ßolberg eine fd^redflid;e Sebeutung
befamnten.
„511« Sharon Sünfürd^ l^ier einquartiert
Unb fünf 5lirt^en ber @tabt bemolirt,"
fing eine ©rabfd^rift an, bie S. d. ©imniern etwas fpäter für feinen
©(^wefterfol^n verfertigte.
S)ie ©timmnng ber 6inn)oI;ner ©olberg'ö war ben Äaiferliiä^en
aud) in ber troftlofen Seit, alö von feiner ©eite ^xä) 9Jettnng jeigte,
nid^t tjcrborgen geblieben, unb fd;on 1629 (7. ©eptember) war be§l;alb
bie ganje SBürgerfd^aft entwaffnet worben; jefet, ba il^re Hoffnung wnd^ö,
balb von itn Reinigern befreit ju werben, äuj^erte fid^ i^r §a6 unuer-
l^olener, reifte aber and^ jugleid; bie faiferlid;e ©olbateöfa jn größeren
® ewaltt^ätigf eiten : rüdfid^töloö würben £ül;e nnb ^^ferbe anö ben
©täffen geI;olt, ba§ Äorn von ben S3öben genommen, bie Bürger „incar»
cerirt, geftödt unb geblödt', felbft grauen ju Sobe geprügelt, ober wie
bie üon §an§ v. ©(^lieffen jum ^JJrofo^ gebrad^t unb auf einige Seit
in baö ©olbatengefängni^ geftedt.
3n !ir($Ud)er Sejiel^ung l^atten bie ßolberger anfänglid; feine
9lnfe(^tungen ju erbulben, baö SßaHenftein'fdje §eer war fein ®laubenö=
l^eer, unb bie Äaiferlid^en begnügten fid^ bamit, ba|5 if;nen ber 33urfen=
faal ju gotte§bienftlid;en 3weden eingeräumt würbe. S)od^ jeigten bie
fpäter na^ ßolberg gefommenen fpanifd^en unb itaUenif(^en £)ffi=
jiere einen ftärferen S8efel;rung§eifer, aU bie beutfi^en. 3n i^rem,
namentUd^ in beö ©panierö SUlörö, „faiferlid^en Sbriflen ju g^ujs", ©e^
folge jogen bie Sefuiten in Golberg ein, um l^ier, ni(^t im ©inne 2Sal==
lenftein'ö, für bie SBerwirfUd^ung ber lefeten Siele ber faiferlidjen imb
päpftlid)ert ^olitif ju arbeiten. —
3n i^rem S'reiben fanben fie einen entfc^loffenen ©egner, ben
^aftor prim. 3lug. Soad^im 3af($e, einen ber waderen ©eiftlid^en, bie
in trüber Seit burd) il;ren ©laubenömutl^ jur ©rl^altung ber beften
©üter unfereö S8olfeö beigetragen l^aben. 2llö treuer §irte l^ielt er
feine ©emeinbe jufammen unb warnte fie offen unb laut vox ben „IjöHi::
f(^en SBölfen unb bem päpftlii^en ©auerteige." Saburd^ jog er fid^
ben §aJ3 ber ^riefter unb Sefuiten, befonber§ beö ßberften 3)?örö ju.
©ein §auä würbe i^m angejünbet, auf ber ©tra^e würbe nad& il^m
'— ibi
gcf^oilen, fclbfl in ber Stirbt (6. ^amax 1631) feuerte ein Sotbat,
TDäl^renb er prebigte, jtüeimal bie SlKuöfete auf il^n ab^ bafe bie Äugeln
neben i^m in beni ^Pfeiler fiä^lugen; er fagte nur: „^ui, l^ui, Seufel,
nimmfl bu mir baß ßeben, wirfi wir bie ©eele nid^t tobten" unb ful^r
bann rul^ig in feiner ^ßrebigt fort. ®ine ber Äugeln bewal^rte er auf,
fie foHte i^m in ben ©arg gelegt werben, bamit er fie bereinfl als
3eugni§ feines auöl^arrenben ©laubenö vox ©otteö SRid^terftul^l vox^
weifen fönne. 3luf bie Haltung ber Sürgerfd^aft war S^fiä^e'ö fefter
^xitf) t)on großer SBirfung. S'enn er ftanb wegen feines el^rlid^en
©inneß, feiner Sreue unb feines l^eiligen SBonbelS bei il^r in holpern infel^en
unb nod^ lange na^ feinem Sobc in guteni 2lnbenfen. Slud^ fonfl
war er ein merfwürbiger 3Slann unb befannt als fel^r geleierter Jl^eos
löge, historiciis unb politicus „mit ^rebigen unb Seigren l^oc^begabt
unb l^atte t)iel im Ztbtn t)on greunben, geinben unb ^ejen ausjuftel^n!"
3n ber ßieblingswiffenfd^aft feiner Seit, in ber Slflrologie, war er ju
§aufe, fo gut, wie SBaHenftein imb öfter t)er!ünbete er, „t)om l^eiligen
©eifte getrieben", S)inge t)oraus, bie wirflid^ eintraten. @r beutete bie
jal^lreid^en SBunberjeid^en biefer Seit in Solberg, „ben effeclns bes
Äometen t)on 1618 unb oerf anbete 1632 \>^xi 6. SRooember um 7 U^r
auf ber Äanjel ben tötlid^en §infall ©uftaio Slbolfs auf tUn ben Sag
unb bie ©tunbe, ba pe bei Süfeen eintrat. „33ei t)ottem aSerfianbe unb
unter innigem ©ebete fu^r er aus biefer SBelt, nid^t anbers, als Safob
ber ^Patriard^ fid^ über bas 83ette gelegt unb bie ©einigen gefegnet
^atte" «)•
©ufiao Slbolf, ber feine Ärafte für bie entfd^eibungsfd^lad^ten
jufammenl^alten mu^te, l^atte anfärglid^ nur wenig Gruppen gegen ©ol-
berg ju Derwenben, unb es fonntcn besl^alb t)on ben Äaiferlii^en nod^
SBerfu(^e gemad^t werben, bie ©tabt x)on ber ©infi^liefeung ju befreien,
ein aus bem fiager bei ®arfe enifanbtes Sorps oon 4000 SWdnn griff
Saubif fm in feinem Sager weftlid^ ber ^erfante an. @s !am ju einem
l^eijsen Äampfe; aber bie ©d^weben, f(^on mx^tx burd& 2500 3Rann,
weldje ber gelbmarfd^all ®. §om aus ©tettin gefanbt l^atte, t)erfiärft,
bradjten ben geinb jum SEBeid^en tnb trieben il^n unter fortwäl^renben
®efedE)ten nad^ ©d^ioelbein jurüdf.
©eit bem Sljifange bes folgenben Sal^res würbe bie Belagerung
Solberg's mit größerem ©ruft betrieben, ber Äönig fam in ^erfon nad^
©reifenberg, um bem Singriffe aus ber SRäl^e SRad^brudf ju geben, unb
neue aus ^reu&en l;erbeigefommene Ärie^stjölfex ^vt%^\\ ^ ^¥Ns^K^.
— 402 —
93cfe]^l jum S3ela9enm9öforp§. SDo(3^ ber ©tabt war \6)mx Minhwu
inen, nur langfam rflcften bic Saufgräben auf bem fuinpfigen Soben
t)or, unb wenn bie ©d&raeben jii^ von Seit ju 3eit naiver wagten unb
in bie ©tabt fc^offen, ba)3 bie ©äd^er fnattertcn, blieben il^nen bie
mit ©(^iegbebarf wol^loerfel^enen ©egner nid^tö f(3^ulbig, ^a fudjte
Saubifftn bie Äaiferli^en auf eine ,,red^t lieberlid^e 3lrt" um i[;r ^raut
unb Sötl^ jubringen; er liejg mel;rere 3^äd^te l^intereinanber anjmif(^en
^^fäl^ten auögefpannten ©eilen brennenbe ßunten binben, n)el(3^e in ber
5Ra'd)t ben Slnbtidf eines jum ©türme bereitftel^enben §eere§ barboten,
unb terfül^rtc bainxä) bie Äaiferüd^en, auf bie t)ermeintli(^en geinbe
ein ftarfeö, anbauembeö g^euer ju unterl^atten. Sßor Sagesanbrud^
mürben bie ©tridfe mieber fortgenommen, ©o lam eö, baß bie Äaifer-
Ud^en bie 3Wunition t)erbraud^t l^atten, afe fid^ bie fiaufgräben mirflid^
bec ©tabt näl^erten. S)a nun a\x^ aWangel an £eben§mitteln eintrat
unb bei ber Unmögli(^Ieit eines ©ntfafeeö bie Sage ber g^eftung l^off^
nungsloö mar, entfd^loß fid^ ber bamalige Äommanbant ®raf v. ©t.
SuUan, bem, feit bie ©d^meben bie a)?aifut)Ie befefet I;atten, jeben 2ag
ju ermartenben ©türme hnx^ eine Kapitulation juüorjufommen. ©ie
mürbe i^m mit SBeifiimmung beS Äönigs aus 3liidEftdf;t auf ba§ SEBoljl
ber ©tabt unter bem el^renüotten Sugeftänbniß gemährt (26. g^ebruar),
baj3 feine Sruppen — 9 Äompagnieen ju g^ufe imb 6 dornet 9ieiter —
mit ftiegenben ^al^nen, brennenben Sunten, Bad unb ^adf, Dber- inib
Untergeit)el;r, 2 gelbftüdfen unb bem bajugeljörigen S^eil ber 35agage
abjiel^en burften, unb am 2. aJiärj 1631 »erließ, fagt ein Seitgenoffe,
§an§ Äaifer mit 3K8r§ unb allen Teufeln Sotberg, mo fie gelegen
l^atten 3 Saläre, 3 aRonate, 3 Sage unb 3 ©tunben."
S)a§ in Solberg gebliebene Kriegsmaterial, barunter 53 ©tüd
®ef(^üfe, 19 ©oppell^afen, 90 Sonnen ©alpeter, pel ben an bemfelben
Sage einrüdfenben ©darneben ju. SDrei faifcrlid^e, mit ^roüiant bela-
bene ©d^iffe aus SloftodE unb SBiömar famen brei Sage ju fpät, ber
imfreunblifi^e ®ruß ber fc^mebifc^en Kanonen fefete fie nod^ red^tjeitig
in Äenntniß, ha^ bie ©tabt in feinblid^er §anb fei, unb e§ gelang
i^nen nod) mieber auö bem §afen ju entfommen. ©agegen fiel eine
mit SBier belabcne faiferlid^e ©d^ute in fd^it)ebifd^e^@emalt; bie Sabung
mürbe ben ©olbaten überlaffen, meldte batin ben g^einben Sßalet auf
9limmermieber!e]^r tranfen. ©ine S5efa|jung ron 500 aWann mürbe jefet
fd^mebifd^er ©eitö in bie gefiung gelegt, fie blieb in berfelben ©tärle
— 403 —
H§ jum Slbjitgc ber ©i^meben. 9?ifolau§ ^oetl^tuö xoax bcr erfte,
©eorg gloetrool^t ber lefete fd;n)ebif(^e ©ouucrneur von ßolberg.
^aftor Safiä^e fonnte am 6. SKärj mit aufrt(^tiöem §ersen feine
SDatifprebigt über ^ f. ] 25 ^^Iten ; benn mit ber fd;«)ebif(3^en §errf ($af t
famen beffere Seiten ffir ©tabt unb Sonb. SDie fd)tt)ebi)d;en JOffijiere
{)ielten ftrenge SJlannöjuc^t: gleich in ien erflen Sagen na^ ber ^t\i^^
mi)rm tüurbe ein fd;tt)ebifd;er Solbat arfebufirt nur beöl^alb, weit er
g^enfter eingef dalagen l^atte; baö §anbeIör)erbot von 1629 mar natürli(3ö
mit ber ©innal^me 6olberg§ aufgel^oben, unb ate mit Sogiölap XIV.,
t)on bem bie ©tabt in ber Uebcrmeifung eines Äapitalö von 1000 p.
an bie ©(ä£)ule ben legten ©nabeubemeiö von ©eiten beö einl^eimifd^en
gürftenftammes erl^alten Ijatte, bieö alte wenbifii^e ^an^ auögeftorben
mar, mürbe ßolberg afe f(j&mebifd;e ©tdbt angefel;en unb be^anbelt.
3Ranä)e fd^mebifc^e gamitie ließ fid^ in bie[er Seit in ©olberg nieber,
unb jd^mebifdje Seamte t)er{|eiratljeten fid^ mit Söc^tern ber ©tabt. Sic
SBogen be§ großen Äriegeö fd;Iugen nur feiten nod^ einmal an bie
ajJauern ber ©tabt, mie 1643 bei bem ©treif^uge Ärofoms burc^^om^s
mern, ber !ed genug mar, am 14. ©eptember unter ben 3lugen ber
f(^mebif($en Sefa^ung 5Bie(;l^eerben ber ©tabt fortzutreiben (cum bobm
et ocibus aiite portam Colb. belli gerebahir).
SDiefe t)erl^ältnißmäßig günftigeren Suftänbe Deranlaßten man(^e
g^amilien auö ben fleinen pommerfd;en ©tdbten uac^ ßolberg überju^
fiebeln, audE) ber Sanbabel, t)on ^3eit ju Seit bur(§ fd^mere einquar^:
tierimg auf feinen ©ütern ]^eimgefu(^t, mie 1637, mo unter Saner
Sommern mit neuen S^ruppenmaffen überfc^raemmt mürbe, jog i^äuflg
mit SBeib unb £inb in bie ©tabt unb „aß bort baö Sljränenbrob."
Sftad^ ber §ufenmatri!el von 1628, na(^ roel(^er bel^ufä ber SSe-
" fteuerung iebe§ §auö in ben ©labten j[e nad^ feinem SBertl^e ju 2, 1
ober 1 §ufe (©d^atten|)ufen genannt) t)eranfd)lagt mürbe, l^atte ßolberg
biö bal;in 224 ©iebel^äufer, 156 SBuben, 299 ftlebbuben unb Heller,
320 ßogierö vox ber ©tabt, 335 §afen^ufen*), 10 §ägerl^ufen mcgen
Ulrid^§^of, 35 Äat^en, 6 Seifat^en, 45 gifd^er, 6 Ärttge imb 3 3Kül;ten,
jufammen == 550 i §äger^ufen t)etfteuert (ßöölin 373 i), oon ba vtx-^
fteuerte eä 217 ®iebell;äufer, morunter bie §äufer beö Slbelö mitbe:^
griffen maren, 30 Surfen, 141 SBuben, 64 §albburfen, 296 Älebbuben,
299 Mer, 235 §a!en^ufen, 10 §ägerl;ufen, 3 3Kül;ten, 6 Ärüge,
*) (Seit 1616 wutbm 2 §afcn§ufen (ä 15 ajiorgen) .= 1 Sanbl^ufc, 2 Sanb«
!)ufcn z;: 1 öägccl^ufc öcrcc^nct.
— 4Ö4
35 J Äatl^en, 76 §albfif(ä^er, 6 S3eifatr;cn, jufauimen 563 i ^ögcrl^ufen;
von hm Äettern würben 111 afe u)üp bejeic^net 2)icfcr .©teiierfafe
Tühb 1629 auf 489, 1630 auf 398, 1631 auf 50, 1639 Imä) bcm
SBaner'fd^cn 9luin" auf 125 unb 1644 nad^ bem Ärofow'fd^en ©infall
auf 124 rcbucirt.
^nbe^, -roar auS) ßolbcrg vor feinbliiä^er Ueberfal^rung, vox SRaub
unb ^lünberung fidler, fo baucrtc bo(^ ber Ärieg mit feinen Saften
fort; ®elb brandeten bie ©(^roeben fo gut, wie bie Äaiferlid^en, unb bie
2lrbeiten ju ber fiärferen SBefeftigung 6olberg§ würben auf Soften be§
Sauber fortgefefet. ©(j^webifd^e Ingenieure fül^rten bie faiferlid^cn ©nt^
'Würfe in neuerem ©efd^madf aM^ Solberg mürbe jefet ju einer mivf=
Ii(^en g^ejtung mit l^ol^en SBällen, tiefen ©räben, 3lufeenmerlen unb
SBIodfl^äufern*), unb bie ©eflalt, bie il^r bamate gegeben mürbe, I;at
für alle fpäteren SBerbefferungen bie ©runblage gebilbet. ®ie §auptlaft
bes SBattbaueö blieb ber ©tabt, fo oft axid^ ber ftiftif(^e Saubtag ju^
fammentrat, um über bie gleid^mä^ige SSertl^eilung ber fd^webifd^en
jjorberungen ju beratl^en. S)er SRatl^ mar jmar bemüht, burd; ©rfpar^
niffe im ftäbtifd^en §ausl^alt SRittel jur SDedtung berfelben ju gewinnen :
bie erlebigten SRatl^öftül^le mürben nid^t mieber befefet unb nod^ 1647
jäl^lte ba§ SoHegium nur 11 SWitglieber; aber bie Waffen blieben leer,
beim mand^e ber frül^eren ®innal^mequellen waren faft Derfiegt, unb
gegen bie ^äd^ter ber t)erwüfteten ©tabtbörfer mugte 3iad)fidjt geübt
merben, menn fie il^re ^enfionen nid^t jafjlten; baju brannte 1642 faft
bie ganje Äämi^ ab. S)ie gequälte S3ürgerf(^aft, bie mit immer nmzn
Slbgaben jur Sefriebigung ber g^orberungen J^erangejogen werben mu^te,
fud^te ben §auptgrunb beö SrudEeö in ber ungereimten aSertl;eilung ber
©teuem. @ie reii^te (1638) eine ©upptif bei bem Statine ein imb er^
fud^te barin „bie el^irbaren, wol^lweifen, günfligen §erren, bie Sefteue-
rung nad) §äufem unb §eerbjal^l (bie fd[)on frül^er bei augerorbent^
lid^en ©elegenl^eiten, wie bei ber Aufbringung ber 2lbgaben für bie
§anfe, in 2lnwenbung gekommen war,) abjufd^affen, fie fei nur jum
©d^aben ber armen Seute, bie üon i|iren gemietl^eten Käufern, Suben
unb ÄeHern, ebenfo wie bie S3eftfeer eigener §äufer, liegenber ©rünbe
u. f. w. fieuem müj^ten; arme SBiltmen, bie in einem 3JJietl^öl^aufe
wol;nten, l^ätten gleid^ ben SReid^fien in nod^ nid^t l Sai^r 18 fl. jal^len
*) 1639 30. SRai ftöraten in (Solbetfi n\\\i dmin ol^nc äufecrc SSewnlaffung
bcbeutenbe ©treden ber ©tabtmauern dufammcn, „wM r>k\ S^ac^bmfcn bei Seber«
mann t^erurfad^t l^at/
— 405 —
muffen, ballet läge abflepfänbeteö §auögetät]^, SBcrl^euge, §amifd^e im
SBert^e von t)ielen l^unbert ©ulben auf bem SRatl^l^aufe; fle l^iclten ftatt
beffen eine Sefteuerung mä) SSermögen unb ©ütern für gereiä^ter, wo
ber Sieid^e m6) feinem Sieid^tl^um, ber Strme m^ feiner Slrmutl^ con^
tribuire; wenn ber SWeid^e bie ßaft auf bm Slrmen fd&iebe, fo fei ber
3orn unb bie ©träfe ©otteö, bem ©leid^l^eit unb fRe^t allein gefiele,
unb §a)3 unb 3?eib unter ben Untertl^anen ju beforgen/' Slu^erbem
fd^lagen fie vox eine ©rl^öl^ung beä Sluöful^rjollö im §afen, eine 3lb'
gäbe von jebem guber §olj, weld^eö bie Sefifeer eigener ^ferbe fo
l;äuftg an^ bem ©tabtroalbe l^olten, wäl^renb bie anbern, bie feine ^^Jferbe
Ijätten, faum ein guber befämen, Steuern auf gebrannte SBeine, Slnis«
unb Galmuöwaffer, rl^einifd^e unb anbere SBeine, ^Perlen, ©(^nüre,
3obel, 3Rarber unb überl^aupt auf alle ©egenftänbe, bie jiim ßujuä
geljören. 9lu(^ weifen fie auf eine beffere 9luöbeutung beö ©tabtroalbeö
l^in, bie umgefallenen unb Derborrten Segerbäume follen ju S3obbif unb
92ufeljolj, unb was baju nid^t geeignet ift, ju ©renjl^olj gefd^lagen unb
jum Seften ber ©tabt verlauft werben» S)er SRatl^ bagegen meinte: ,,ber
neue modus fei ni^t ju practisiren, bagegen fei ©(|eff el* unb Sranf-
[teuer (bie bamalö f^on gejal^lt würbe) mit größerem ©rufte ju impec-
liren unb bie censur folle fo angefteHt werben, ba^ jeber feine unbe*
weglid;en ®üter, Sonbition, palrimonmm, §anbt]^ierung unb SSerbienft
ju confiberiren unb nad^ SiHigfeit anjufefeen l^abe; fold^e cenmr fei
el;rli(3^ an paffionirte ßeute ju Derorbnen, fo ben Slffecten nid^t ju t)iel
inbulgirten, ober in anbrer ßeute Seutel lyiiceos oculos ptten, im
eigenen SBeutel aber ftarrblinb wären* ®egen eine Sefieuerung ber
liegenben ©rünbe würbe geltenb gemad^t, bafe vxd SldEer wüfl läge,
ober mit ben größten Soften befteKt werben muffe; ber §auptreid^t^um ber
t)orne]^mften Patrioten beftel^e in ben auöfiel^enben ©d^ulben auf bem
Sanbe, bie jefet ni(^t beijutreiben wären, ba ®ott Mars et Bellona
fixas sedes gefefet ptten ^). S)ie SSerl^anblungen blieben jebod^ refuU
tatloö. es fel^lten besl^alb ber ©tabt bie SDlittel jum SBieberaufbau
ber Äird^en, unb nur mitSKül^e unb SRotl^ war 1639 wenigftenö eine,
bie ©t. ©eorgsfird^e, wieber l^ergeftellt unb }um ©ottesbienfi eingerid^tet*
SDa beraubte eine neue geuersbruuft bie ©tabt au(^ no^ bes Äirc^en-
gebäubeö, weld^eö aufeer ber aWarienfirc^e allein bie 3eit ber faiferli^en
einquartierung überbauert l^atte.
©eit 1630 waren faft Sal^r für %Ci^x Heinere SBränbe in ber
(ptabt gewefen^ bie einjelne §äuf^r^ ©tftlle unb ©d^eUnen in Wi^
— 406 —
gelegt l^aften, SBorfpiele ju bem, n)a§ bie ©tabt im Sö^te 1646 treffen
foßte* SBa^renb eineö fd^meren, \>nx6) bie anl^alteube §ifee etjeuöteu
®en)itterö, weld^eö am 19. Suli biefeö 3al;reö, bem legten ©omitage
im großen Sal^rmarfte, über bie ©tabt l^injog, traf ein 33Ufe, n)ie
einige meinten, ju gleii^er 3eit eine 93ube in ber SSorftabt t)or bem
©teintl^or unb einen bem Äanfmann 6a§par §infee gel^örenben ©tau in ber
33abftäberfira§e. ^ene brannte nieber, ol^ne tüeiferen ©d^aben anjurid;ten,
t)on biefem aber t)erbreitete fid^ baö gener anf bie benachbarten ©e-
bänbe, jerftörte in berfelben ©trafee fed^ö fc^öne, grofee, in Sranbmanern
imb ©teingiebeln fte^enbe §änfer, lief hwxä) bie ©tälle nnb ©eitenge-
bänbe in bie anflofeenbe ©d^nl^flrafee, legte anä) bie eine ©eite berfelben,
über panjig Snben nnb mehrere ©teinl^änfer, nieber nnb jerftörte nod^
jwei §änfer in ber S3anftra6e. 2)aö grofee l;eiUge ©eift^oöpital mit
23 Seilen nnb bie l^eilige ©eiftürd^e fonnten trofe il^rer ftarfen ©tein=
manem ben fte rings nmf(^lie§enben glimmen feinen SSBiberftanb leiften.
3lnö ber Äird;e mnrbe nnr ber Slltar gerettet; alleö Uebrige, baö §olä=
nnb SBilbroerf, bie nene Drgel, bie U^r nnb bie ©lodfen wnrben ein
SRanb ber flammen. 2)aB jwifd^en ben engen ©tollen nnb t)erbanten
§öfen fid^ überl^anpt bem Sranbe einl;alt t^mx lie§, nnb bag ein
ftarfer Siegen bie 2lnftrengnngen ber aJfenfd^en nnterftüfete, erfd^ien ben
ßolbergern ate ein befonbereö 3eict)en ber göttlid^en ©nabe, baö S3ranb:=
nnglüdf felbft aber alö eine ©träfe ©otteö für bie (gntiuei^ung beö
©onntagö bnrd& ben Sa^rmarft. ©leic^ baranf lünrbe beöl;alb von
ber Äanjel befannt gemai^t, ba& l^infort ber S^lj^^^^i^ft nict;t meljr am
©onntage, fonbern erfl an bem baranf folgenben 3Kittn)od^ anfangen
nnb baß and^ bie folgenben ©onntage raäl^renb ber SDaner ber SJleJfc
bie Äramläben gefd^loffen bleiben follten; and; §od^jeiten foHten in
3n!nnft nid^t mel;r am ©onntage ftattpnben.
©0 jögernb bie ©tabt an ben SBieberanfban ber t)orftäbtif(^en
Äird^en gegangen loar, fo eifrig geigte fie fid^ in ber SBieberljerfteHnng
ber ©t. ©piritnölird^e. ©d^on frül^er war biefer von 9lat^ nnb Sür^
gerf($aft neben ber 3Karienfird;e immer eine befonbere ©orge jngcioanbt
loorben. 3n ber Seit ärgfter S8ern)irrnng nad; ber Jieformation (1538)
lunrbe bie ©teile beö ^kebigerö an berfelben bnrd^ ein Segat t)et;beffert,
nnb 1538 opferte ber 9iatlj 25 fl. nnb 1 ^fnnb ©alj, nm bnrd; ben
lll;rmad^er ©ernbrod in ©olnow eine nene ©d^lagnl;r an ber Äir(|e an=
fertigen jn laffen.
SDie <5teinmauer beö Söaneö luar bnrd^ b(?n .legten 33ranb wenig
— 407 —
befd^äbigt, aiiä) ber M)Xiim beburfle nur einer neuen ©pifee; bai^ von
ben jroei gefd^molaenen ©loden gerettete ©lodEengut retd^te au%, um
wenigfienö eine neue ju gießen, unb f d^on nad^ 5 SKonaten tparen bie
3lrbeiten im Snnern fo weit gebieten, bag wieber ©ottesbienft barin
geljalten werben fonnte. 33ei ber weiteren äuöftattung jeigte bie ^üx^
gerfd^aft ben regften SBetteifer; fie fd^ien eö als ß^ren^ unb ^erjenä-
fad^e anjufel^en, biefer Äird^e ein würbiges Sluöfel^en ju geben* 5Der
9taum Derbietet, ade ®aben, bie bis über ba§ Sal^r 1700 l^inauö von
SSornel^m unb ©ering ber Äird^e juffoffen, Ijier auf jUiä^len. 3)er 85aü-
l^err Gaöpar Seije fd^enfte balb nad^ bem SBranbe bie jweite fleinere
(Stodfe*). SDie ^ird^enbanfe würben meiflenö t)on ben frül^eren Sn^a=
bem auf eigene Soften wieberl^ergeftellt, 3W. gelbfetter fd^enfte ben
33eid^tftul;t, bie SDedEmalerei lieg bie SBittwe ©abriel SDlaueröbergerö,
grau eiifabett; ©raffe, l^erfteHen, bie SBittwe beö ©üljDerwanbten ©teger
gab 100 ff.; bie ©d^neiber = ©d^miebe = SädEer = ©d^ufter =
§an§ ßolbergö = Sod^im ©ülbemeifterö Sudeten, bie melen fronen,
wie bie ©tieg'fd^e, Äunbenreid^'fd^e, ©ert'fd^e u. f. w. geigten burd^
9tamen, ©ewerfejeid;en unb gamilientoappen bie frommen ©tifter an*
SDer Sanbratl; 2Binter lieg 1680 auf feine Äoften bie emporürd^e er^
rid^ten, gelij v. Sraunfd^weig ben 2lltar ber ©ertrubenfird^e l^erfteHen
unb in bie l^eilige ©eiftfirdfie bringen, bie Äanjel war ein ©efd^enf
mel;rerer Äaufleute, Orgel lutb Slttarleud^ter würben grögtentl^eilä an^
:iiiebeögabeu angefauft, unb ber f(^webenbe ©ngel würbe ber Äird&e von
ber grau ©lijabetl^ §enfe^ ber eijeliebften beö ©üljl^errn griefe, vtx-
el;rt. 3luf einer ©pajierfaljrt nad^ ©eHnow l^atte fie il^re ©ienftmagb
üorauögefd^idEt, um einen Seutel mit ©elb unt)ermerft auf ben 2Beg gu
werfen unb von bem bort ftel^enben alten S^unn (ginfenburg, rotl;e
S^urm) auö 3ld;t ju geben, bafe er nid^t genommen würbe; mit Sei-
ftinunung il;reö ®emal;l§, weld^er mit eigenen SWitteln weniger freigebig
gewe[en ju fd^eint, fd^enfte fie baö fo gefunbene ©elb jum S5au ber
^ird^e '%
es lonnte nid^t ausbleiben, bag bie SWoljl^eit ber !aiferlid^en unb
*) S)ic neue ©c^lagulEirglocfc erl^iclt bie Snfd^nft:
S)ur(l^ ba« gcucr bin tc^ gcfloffen,
(Eontab @d^cel l^at mi(^ gcgoiten
3n bem Partim ber l^eiUgen 2)reifaUigfelt,
©Ott fei gelobt in ®u)ig!elt.
gaft bie gleiche Snfc^rift l^at bie Sedperglodc in bev SWarienücd^c.
~ 408 —
fpater awü^ ber f^toebifd^en Äriegsoölfer mm^t ©puren in ben ©itten
ber »ürgerf^aft jurücfUcß (f. 6ap. 16, ©(3&lu§); im ©anjen aber
l^otte bie Seit ber SDrangfale einen tiefern religiöfen ©inn erroetft. 2)ie
SBicberl^erfiettung ber l^eilißen ®eiftlir(]^e, baö gemeinfame SBerl ber
SBürgerfii^aft, war ber redete Slußbrud bicfeö ©inneö, unb was etwa
ben %m^^xn unb SJedmalereien an Äunftwertl^ abging, erfefete biefer
auö il^nen fpre(]^enbe gemütl^oolle unb barum bie §et^en ber SBürger
jur Slnbad^t flimmenbe ©inn: ßolberg rechtfertigte feinen bamaligcn
Sluf, bafe eö eine fromme unb txxd^lx^e ©tabt fei. S)ie ber Sürger*
f(^aft femer fiel^enbe Älofterfird^e war befonberö auf betrieb §erjog
»ogiölaoö von 6rol, bes lefetcn Sitularbifd^ofeö, eines ©d^roefierfoi^nö
SBogiölat)« XIV., im Sal&re 1649 roieber l&ergeftellt.
Solderg unter ber 9tegieruno M großen tittfilrfteu; furje ^{a^BIftt^e
i^reS SBo^Iftaiibeii; Sinrtc^tuitg bcS $(u$f(^uf[e8, bro^citbe Belagerung
im 3al)re 1675, (Stufe^nug eines reformirteu ^rebigerS uub ^u
einer reformirteu ftirc^e, tam))f beS $aftor§ SoIBerg unb ber
&inU bagegen, großer $e{eu)iroiei im 3a^re 1674.
ein Sal^tl^unbert lang l^atte bie ©tabt mit jäl^er ^artnädigfcit
gefämpft, fi(ä^ ber immer anfpru(ä^öt)oIIer auftretenben pommerfd^en gür-
fiengcwalt ju erroel^ren, felbfl mit faiferliiä^er §älfe ben ©(ä^ein einer
bem ®ange ber ®efd^i(^te wiberfpred^enben ©elbftftänbigleit aufre(3^t ju
erl^alten; fie marin biefemÄampfe unterlegen; aber biefe ©taatögeroalt
l^atte il^ren ©ieg nid^t genügenb jum SQSol^le beö ©anjen Derroert^et.
SBel^rloö, mie bie mel^rlofe ©taatögemalt felbft, mar bann bie ©tabt unter
ben S)ru(f ber il^re Sebenölräfte t)erjel^renben faiferlii^en ©eroalt ge-
ratl^en, um, jertreten unb gefne(^tet, enblid^ bie Seute beä mä(^tigeren
©(^roebenö ju merben.
S)em §aufe ber §o]^enjolIern mar eö üorbel^alten, bie notl^menbige
(Sinorbnung ber ©tabt in ein größeres ©taatömefen ju tJoHenben. Unb
eö mar ein ed^t beutf(^eö ©taatsroefen, von bem ©olberg jefet ein ©lieb
mürbe, beffen &tbm im Saufe ber 3<xl^re ftärfer unb ftärler in il^m
pulfirte — in ber Seit, mo ber ©taatölörper felbft im Sobeöfampfe ju
liegen f(^ien, mit einer Gnergie, bie fafl allein nod^ ben ©lauben an
bie imoermüftlid^e Sebenöfraft bed ©anjen aufredet l^alten mod^te.
Srofe aller Slnftrengungen mar es bem großen Äurfürften bei bem
SKbfd^luffe bes meflp]^alifd[ien griebenö nid^t gelungen, baö i^m burd^
erbt)erträge jufiel^enbe ganje Sommern ben §änben ber ©d^meben ju
entminben, felbft ben il^m jugepanbenen 2:i^eil beffelben, bie größere
§älfte bes „©tettiner Orts" unb ba§ Sistl^um ßammin, fonnte er erft
m^ langmierigen SJer^anblun^en im "^a^xt 1653 in feinen mirllid^^n
— 410 —
SBefife hingen, unb au^ nur mit bem Sugeftänbniffe, bafe ©djweben
aujser meisteren orten öfttid^ ber Ober unb eineö ©trid^§ ben glu§
l^inab, ber biefen ganj in feiner ®malt Iie§, awä) im 33efifee ber §älfte
ber feit 1631 eingerichteten ©eejöHe in ben furfürftlid;en §äfen bliebe.
@ern l^ätte eö audj ßolberg befiauptet; eö mufete fi(^ iebo(^ begnügen,
bort einen befonberen 3olIbeamten l^alten ju föimen.
3m Saläre 1651 ftairb ber ßolberger SRatl^ jum erften aMale in
3?erl^anblungen mit feinem jufünftigen £anbeöl;errn. S)iefer liefe i^m
von 6leoe auö (30. ©ftober) bie aJHttl^eilung jufommen, er lebe ber
jut)erfid;tlid^en Hoffnung, bafe bie ©renjregulirung mit göttlid^er §ülfe
balb ju ©tanbe fommen werbe, unb bafe er bie ^Regierung ber l^inter^
ponnnerfd^en Sanbe balb merbe antreten fönnen ; er fei gnäbigfl gefinnt,
bie 9iegierung be§ Sanbe§ in ßolberg anjuftetten, ber SRatl^ möge beö^
l;alb auf bem bortigen SWatl^l^aufe einige bequeme Sogementer für
Äanjlei unb Slrd^it) l^errid^ten ^)*
S)ie fiä^roebifd^e §errfd^aft ^tte in ben lefeten Salären, befonberö
feit eä gemijfer mürbe, bafe ßolberg an Sranbenburg fommen werbe,
Ijärter als frül^er auf ©tabt unb ßanb gelegen, bie Offijiere erl^oben —
unb jefet ungeflraft — unbegrünbete gorberungen unb fc^mer litten bie
Sürger unter il^rer §abgier unb il^rem ^od^mutl^.
3Jlan fal^ beöl^alb in ßolberg xeä)t gerne ben beuorfteljenben
SBec^fel ber §errfd^aft, meld^er aufeerbem ber ©tabt i>uxä) bie if;r ju^
gebadete ©ri^ebung jum 3Wittelpuncte ber ^Regierung glänjenbe Sluö^
fi(]^tett eröffnete, unb bie Slntmort beö SRatljö lautete fel;r entgegenfoni^:
menb: „er l^abe feiner furfürftlid^en S)urd^lau(3^t ©d^reiben mit untere
tpniger aieperenj empfangen unb münfij^e il^r ©otteö reid)ften ©egen,
gute beftänbige ®efunbl;eit unb langwierige SRegienmg; er bäte bie
©nmbgütigfeit ©otteö, ha^ er bie Jractate mit ber Ärone ©d^webeu
bergeftalt felicitiren unb gebenebeien möge, bafe fie ju feines SfZamenö
ei^re, feiner furfürftlid^en SDurc^laud^t ßontentement unb ju biefer fiänber
SBol^lfal^rt unb Slufna^me gerat^en unb befd^leunigt werben möge; er
fei and) gerne bereit, bis befonbere ©ebäube errichtet feien, il^m auf
bem jwar weitläufig gebauten, aber nur wenig unb fd^led^te Sogementer
entt;altenben Statl^l^aufe bie überflüffigen 9läume ju überlaffen."
3n einer ßabinetöorbre be§ Äurfürften vom 7. aWai 1653 aus
£öln an ber ©pree erl;ielt ber 9legierung§ratl; unb nad^ljerige ^rälat
ju ßolberg, ©ebaftian Snmnemann, bie 3Kittljeilung, bafe ber 3^elbjeug=
meifter unb ?Ober=®ouDerneur ©tto ©^riftop^ o. ©parr beauftragt fein,
— 411 —
bie branbeuburöifd^e ©arnifou in ßolberg einjiifül^ren, er felbfl würbe
angeiuiefen, \id) jum legten Sinu in Golberg eiiiäufinben, uin i^m bei
t)orfaIIenber Occasion m bie §8nb ju geljen ^), uiib inigetl^eilfe greube
ljerr[d)te in ßolberg, al§ enblic^ am 6. Suni morgenö jwifd^en 9 unb
10 U^r ber ©eneratg^elbjengmeifter ßfirift. y>. ©parr, ber erfte branben-
burgifiiie ©ouperneur ber fjeftnng, bie neue, auö 400 Sranbenburflern
beftel^enbe ©arnifon in bie ©tabt einfiU;rte unb bie fdjioebifd^e öefafeung,
in 6 ßompaonien t)on 500 3Jiann beftel^enb, jenen bie SBad^e übergab
unb auf 3?imineru)ieberfel;r auöjog ^).
3n fiirjefter 3eit njurbe bie SReuorbnung ber ^roüinj burti^ge^
fül;rt unb bie t)erfd^iebenen ©ollegien bes weltlichen unb geiftli($en "Sit-
ginientö, bie ^Regierung, baä §ofgerid^t*), bie ilanimer unb ba§ Gonfi^
ftorium in ßolberg eingefefet ©rfter ^räfibent ber ^Regierung war ber
fpäter fatl^olif($ geworbene unb in bairifdf)e SDienfte getretene ^tlaw in
ßamniin, ©walb t). Jlleift, mit 4 ©ütern im Sanbe angefeffen, bie Sei^
tung be§ ßonfiftoriumö l^atte dr. ßi^rift. ©roffe, ©eneralfuperintenbent.
91ed)net man ba§ ßolberger Gapitel, ben ä^atlj ber ©tabt, baö ^atro=
nengerid^t, ba§ Unter*, ©eglerl^auö^, ©aljgrafen-, §afen-, ^rieg§geri$t,
baö gemifiä^te Äriegögerid^t l^inju, fo waren 13, unb feit 1683, alö ber
1671 äu©tolp begrünbete, 1680 mi) ©targarb t)erlegte ©d^öppenftuljl
auf einige 3eif in ßotberg feinen ©ife erl;ielt**), fogar 14 t)erfd^iebene
Kollegien für ben ©taat unb bie ©tabt in ßolberg in Si^ätigfeit. S)ie
neuen Sanbeöcollegien l;atten in ben Gurien ber ©om^erm il^re ©i^ungö::
locale. ®ie ©tabt fd^ien baburdj einen über alle ©rwartungen l^inauö^
gel^enben Sluffi^wung nel^men ju wollen; etwa jwanjig Slegierungö-,
§of' unb Äammerrätl^e, Sieferenbare unb älboofaten nebfl einem großen
^erfonal t)on ßanceHiften, ©ecretären, Gfecutoren unb anberen Untere
beamten waren in ben üerfc^iebenen 2lbtl^eilungen befd^äftigt; waren
au(^ mel^rere batjon ßolberger Soml^erren unb ber 2lffeffor be§ ^ow^
fiftoriums, 3oi^. (Solberg, jugleid^ ^aftor an ©t. aJlarien, fo war bod^
ber Suwad^ö m Serool^nern fo bebeutenb, baß bei ber S3efd^affenl;eit
gerabe ber größeren §äufer, bie nid^t jur Stufnal^me üon 3Mietl^ern ein=
gerid^tet waren, fi($ faum auöreic^enbe Quartiere fanben ; ein ftärf erer
33erfel|r jog fid^ na(^ ber neuen §auptftabt be§ Sanbeö, unb baares
*) S)tc 2anbgerl(^te $u <StoIp, <S(^laioc, ©rcifmberg, bie S3urggcrtc^tc 5u
^yrij unb SBcIgarb lourbcn aufgel^obcn unb bcm ^ofgcrid^t in (Jolbcrg bciöclcgt. 1661.
**) ^fiango; Ori^, Vomeran, @. 320.
^ il^ ^
®elb flog toieber In ßtögerer ptte in bie Äajfen ber Äaufleute unb
§anbtt)crfcr.
3Wit ber ftetgenben SBol^ll^abenl^eft, bie fid^ anS) au§ ber größeren
Sal^I t)on Stiftungen nnb SSermäd^tniffen an Äird^e unb ©d^ule er-
fennen läßt, entroidfelte fid^ auä) ein reges geiftigeö 2eUn in ber ©tobt.
SDie neue Sanbeöregierung l^atte m6) für bie geiftigen SBebürfniffe bes
Sanbeö ©orge getragen, inbem fie m^ 1655 (f- 6ap. 21) eine SRit^
terafabemie in Solberg begrünbete, bie ben jungen 2lbel jal^lreid^ nad^
ber ©tabt jog; bie ©d^tilerjal^I beö Spceumö nal^m fo ju, baß bie
SKnfteHung eineö neuen fiel^rerö notl^wenbig rourbe; unb bie beiben ^n^
ftalten wetteiferten mit einanber, burd^ ©d^aufpiele, bie Sffabemifer aud^
burd^ SaHetö unb geuerwerfe, baö ^ublifum ju unterl^alten.
Unter biefen Umftänben tourbe au(^ bie ©rrid^tung einer Sud^s
l^anblung unb einer S3u(^brudEerei ein SBebürfnig für bie ©tabt. SRod^
im Sollte 1644 l^atte ber SRatl^ eine neue ätpotl^efenorbnung in ©tettin
brudfen laffen; fidler fd^on itn Saläre 1654 l^atte Solberg feinen eigenen
SBud^brudfer. Safob §eife, ber juerft genannte, wirb fi^led^troeg als
SBud^bnidfer bejeid^net, Safob Kufe 1664 l^eijst d^urfürftlid^er 83ud^brudEer,
bei beffen SBittroe biö 1671 unb beren S«a^folger Subroig SRöber fe^It
tt)ieber eine naivere SBeftimmung, bagegen wirb ®eorg SBotl^e, 1683 unb
1684, eines eblen 9iatl^s S8u(^brudfer genannt unb nod^ in bemfelben
Saläre wieber SBerger 6ampe als d^utfürftlid^er SWegierungsbud^brudter
bejeid^net. offenbar ift bie 33ud^brudEerei ju ber Seit, mo ßolberg ©ilj
ber SRegierungsbeprben war, d^urfürftlid^, fonft ftäbtifd^ geroefen. 3Kit
ber jweiten SSerlegung ber Seliörben m^ ©targarb (1686) fiebelte and)
ber Sud^brudEer mit mä) ©targarb über unb SDlartin SRango, ber be^
fannte ßolberger ß^ronift, erl^anbelte bamals bie Sud^bruderei, um ju^
nä(^ft feine 2lnnalen brudfen ju laffen*), ließ fie aber balb roieber ein^
gelten, unb erft 1732 errid^tete ß^riftopl^ SiUe raieber eine Sud^brudferei
in ßolberg. SDer S3ud^laben, ber auf bem SRatl^l^aufe war, f(^eint eine
äl^nlid^e ®efd^i(^te gel^abt ju l^aben. ©enannt wirb nur ber Sud^^nbler
Sol^ann SDeen^arb im Saläre 1668. S)er ßaben ging ebenfalls 1686
ein, unb erft naä) ber ©rri^tung ber SiHe^fd^en Sud^brudferei würbe eine
mm SBud^l^anbluiig, wieberum auf bem 9latljl;aufe, gegrünbet, bie jebod^
balb wieber eingel;en mußte, wie au(^ bie 3)rudEerei.
*) @« fmb überl^aupt nur 3 SBogcn flf^rudft, ber brtttc ftcl^t mit bem stoeiten
nid^t in ßufammenl^ang, ba ^auQO, um bad S23cr! fc^neder 5U (Bia^tt }U bringen,
Slnfang wnb ä^Utc jujlcid) brudfen \it%
^ 413 —
S5em SRat^c gab ba§ ©cffil^l orö^crer ©t(i^erl;eit unb bie xz\S)m
©innal^nien, bic jc^t tüicber bem ©tabtfedEel iUötngcn, SDJutf; unb £uft
an bie §eUung ber SBunben jii gelten, bie ber Ärieg ber ©tabt gc^
f dalagen: ber ©d^uft, weld^er iiod^ au man(^en ©telleu beu SBoben ber
©tabt bebecfte, würbe aufgeräumt, bie üorftäbtifd^en Äiri^eu, bie 31U
tolau (1662)*) uub bie ®ertrubeufird)e (1663) erftauben meber aus
il^ren Srütnmeru, unb auf bem gunbament unb über beu ftarfgewölbten
TOol^Ierl^altenen Äeßern be§ alten Siatl^l^aufeö, beffen SBaufälligfeit fd^on
1652 einen tl^eitweifen 2lbbrudö nötljig gemai^t l^atte, begann \iä) feit
1653 fangfam ber jroecfmäfeigere SReubau ju erl^eben, weld^er aiiä) bie
SRatl^öapotl^efe, ben S3ud^laben unb bie ©tabtroage entl^alten foHte. SDer
9latl; fa^te weit auöfel^enbe^lane, um ber S tabt eine il^rer bamaligen
Sebeutung entfpred^enbe 2luöftatlung ju geben, unb fd^eute fi(^ nid^t,
ju biefem Sroede bie fd^meren ©(^ulben a\i§> ber Äriegöjeit )^er burc^
2lufnal^me neuer ßapitalien ju t)ergröJ3ern, ba biefelben nid^t mel^r
nufeloö in ben unerfättli(^en ©d£)lunb be§ Äriegeö floffen, fonbem aus
ben barauö l^ergeftellten, gemeiimüfeigen 6inri(^tungen reid^Iid^e 3infen
rerfprad^en. ©o würbe 1666 mit einem 2lufroanb von 1855 Spätem,
nidE)t gered^net bie §oI}ful;ren ber öauern, eine neue SBaffer!unft ge-
baut; nad^bem man t)ergeblid^e SSerfud^e gemacht l^atte, auf bem falj^
gefdjroängerten S3oben frifd^eö ßueHroaffer ju finben, leitete man ba§
SBaffer baju menigftenö nid^t mel;r aM bem mit fauligen ©toffen er^
füllten 3Mafefer Seid^e, fonbem au§ ber ^erfante in bie ©tabt. SDod)
waren bie 9löl^ren in ju geringer 2lnjal^l unb mieber ni(^t tief genug
gelegt, fo ba^ baö 2Baf[er bei firengerer Äälte Uiä)t gefror, unb bie
©tabt unter anberen in ben l^arteu SBintern von 1709 unb 1716 beö
SBrunnenmafferö ganj entbel^ren mußte *)•
SDaö wid^tigfte SBerf, weld^eö ber Slatl^ in 3lngriff nal;m, mar
bie SSerbefferung beß in ber Äriegöjeit ganj t)erna(^läffigten §afen§.
35iefer galt bei ben ©eefa^rern — wie man menigftenö in ßolberg
fagte^) — für ben bequemften ber JOftfeefüfte, er l^abe eine fidlere
3i^ebe unb fei am frül^eften für bie ©d^ifffal^rt geöffnet, ©eine ®in=
fa^rt l^atte bamalö eine Siefe von 9 bis 12 ^uß, fo baß ©d^iffe von
70 bis 80 ßafl ol^ne Sefd^werbe einlaufen fonnten; er ftanb unter ber
*) ^ec (Eolberger fRa\^ forberte bamald eine ©lodfe oud ter 92ifoIaiftr(^e
t)0n SVa <Sentnem von bem S3ubli$er Olatl^e gurüd, bie er i|m, old 1631 haii
@tabt(^cn Subli^ abbrannte, gegen einen ®(^ein gelielSien l^otte, biefcr gol^lte bafür
eine fceni SBcri^c entfprcdS)cnbe (Sclbfumme.
— 414 —
Stufri(3^t be^ SKünber SSogtö, bem ber becibigte Sootfe unb bte atifotu-
tticnben unb abgel^cnben ©d^iffcn jur §ülfeleiftung t)crpfUd)tcten gtfd^er
au bcr aKünbc untergeorbnct waren. — 3unäd)ft tüiirben bic bur^
aScrnad^läffigung unb ftarfe ©türme (1645 unb 49) ftarf befdjäbtgteu
Slnlagen roieberf^ergefieHt, neue SoHroerfe unb ©eefiften angefertigt
(1661)*), etraaö fpöter (1666) auf ber neuen aJlünberüogtei einS^unn
gebaut mit einer Sendete, bie freiU(^ nur für ©(ä£)iffe angejünbet raurbe,
bic in ben §afen einlaufen wollten; 50 Saläre fpöter begnügte man
fid^, im §erbft, wenn befonberö aus 3Jlemel unb Siiga ©(^iffe ju er^
warten waren, ßaternen auf ba§ SBolIwerf ju fefeen. @nbli($ l^atte
ber ?latl^ großartige 3Bafferbauten an ben Ufern ber ^erfante t)or,
welche htn ©trom jwingen foHten, mit aller ©ewalt jum §afen l^inauö::
jugel^en unb ben ©anb t)om ®nmbe mit fortjunel^men, bamit in 3u=
!unft bie ©d^iffe au§ bem §afen bis an bie ©tabt jwifd^en ben Wilaiu
ern unb bem §ontwerI gebrad)t werben fönnten % 2lud^ fonft fud;le
ber dtat^ §anbel unb ©eet)erfel;r ju förbern; an^ biefer Seit fiammt
bie aSerorbnung, baß aDe ©d£)iffer i(;r SootSüolf bei Seiten, etwa um
SBei^nad^ten unb Sid^tmeß „befpredjen", unb feiner feinem SJolfe für eine
gleid^e SReife mel^r geben, unb baß fein Sootsmann fid^ auf frembe
©d^iffe Derl^euern fottte, biö alle ßolberger ©djiffe befefet wären. —
2)ie balb eintretenben ungünftigeren SSerljältniffe t)erl;inberten bie
aiuöfül^rung jenes großartigen ^^laneö, unb im 3al;re 1704 war ber
§afen fo t)erfanbet, baß faum nod; ©d^iffe t)on 40 :Baft mit roHer Sa-
bung einlaufen fonnten. —
3Jlit ben gewonnenen SSortl^eilen fonnte bie ©tabt fidE) tröften,
wenn fie unter ben l^interpommerfd^en ©tobten ni($t ben SRang erhielt,
ben fie in Slnfprud^ nel^men ju fönnen glaubte.
^aä) bem l^interpommerfd&en Sanbtagsreceß t)om 11. Suli 1654
follten fortan bie Sanbftänbe ber beiben jefet unter einer ^Regierung unb
einem Flamen vereinigten Steile von §interpommern gemeinfam tagen,
wenn aud^ nai^gegeben würbe, baß wegen ^>artifularfd^ulben (fie be^
trugen im Saläre 1659, wo ber alte ftiftifd^e Sanbtag nod^ einmal in
ßolberg jufammentrat, 60,483 fl. Kapital) unb anberer baö ©tift
*) Um 1756 l[)at bcc (Eolbcrgcr ^afm Tiolm, rote bic SScrfc au« Dvamlcrd
Dbc ^erfantuä „@o lang in bicfcö §afcnd Slrmc @cgcl roaUcn* geigen; fte fönnen
faum in ber mageren Beit be0 18. 3al^rl^unbert3 erbaut fein unb muffen minbcflen«
auf bic 3eit 5urü(fgcfü|rt werben, wo bic oben angegebenen SSerbejferungen auä«
— 415 —
aMn angel;enber Slngelcgen^eiteu bic ftiftij'(3^eu ©tänbe btc ju bereis
tl^enben ©egenftänbe juDor in bcfonbcrcn Momenten betätigen bürften.
ßolberg beanfprud^te fflr \iä) auf ben Sanbtagcn unter ben ©tobten ben
erften ©ife unb ba§ ©irectorium, ba e§ immer in ben früljeren ©täbte=
ücrfammlungen unmittelbar mä) ©reiföwalb unb t)or ©targarb gefeffen
l)abe unb mit befferen Privilegien begnabet fei, alö biefeö; bod^ ver-
mo(i^te bie ©tabt ni(3^t, ©targarb aM feiner ©tellung ju üerbrängen,
fie nnifete fid; bamit begnügen, für ba§ incorporierte ©tift alö jweite
in bie 9ieil;e ber t)ier üorfifeenben ©tobte eingef(ä£)oben ju werben unb
fid) weitere 2)ebuctionen. gegen ©targarb t)orjube]^alten, wie ©tolp fie
fid) gegen ©olberg, ©reifenberg gegen ©tolp t)orbel^ielt. S)iefe 4 i)or=
fifeenben ©täbte bekamen axi6) allein ba§ 3iei)t, bie 4 ftäbtifc^en Sanb^
rätl;e ju nominiren. Sie Sanbrätlje ber beiben fianbeötl^eile fd^einen
fid^ nid^t jn einem Äörper t)erfd^moljen ju l^aben, fonbern bie i^inter^
pommerfd)en, wie bie ftiftifc^en, für fid^ geblieben ju fein*). SDer erfte
ßolberger Sanbratl^ war ber 33flrgermeifter geli^ v. SBraunfd^weig,
„beffen SBerftanb unb aOBeisl^eit, ©limpf unb SBefi^eibenl^eit, ®ered£)tigs
feit unb SBiHigfeit ©tabt unb Sanb rül^mlic^ preifen/'
6ö waren nid^t blofe bie an unb für \xä) günftigeren SSerl;ältniffe,
weld;e ben 3Bol;lftanb ber ©tabt förberten, fie l;atte jjefet au(^ einen
ebenen belommen, ber feine e?ürftenpfli(^t in einem l^öl^eren ©inne aufs
fa^te unb eine anbere g^ürforge für feine Untertl^anen trug, alö feine
SBorgänger an^ bem auögeftorbenen SBenbengefc^tec^t, — freilid^ and)
bie Siedete be§ ©taatö mit anberem SRad^brude geltenb mad^te.
SDer Äurfürfi liefe ben SBBünfd^en be§ SRat^ö biCige mdfxä)t an^:
gebeil;en, wenn fie ni($t gerabe mit bem SBol^le beö ©anjen in SBiber-
fprud^ ftanben. ©r betätigte i^m (8. 3Kai 1658) ba§ ^Privilegium ber
9latl^öapot^efe, bie ber Siatl^ feit unbenfli(^er Seit befeffen unb nur auf
Seit verfauft ju l^aben bel^auptete, bodt) nur unter ber 33ebingung, bafe
er immer frif(|e unb taugliche SBaare l^alte, billige Za^en mac^e, gute
Sieoifion anftette unb fid^ ni^t gegen eine etwaige Sßifitation feiner Sie^
gicrung fträube* — Safe ber 3?atl^ biefe SUlal^nung nid^t aufeer 2ld^t
liefe, bafttr forgte ]ä)on bie fiarfe ©oncurrenj, bie bem Statine in biefem
^Betriebe gemad^t würbe', benn eö be(ianben nod^ jwei „!urfürftli(ie"
Slpot^efen in ber ©tabt ^).
*) Älcmpin unb Äro^: J){e ©täbte ber ^r. Sommern: ©inleltmtö @. 80.
SDort baö SJä^cvc. S)ic Solbcröcc Slctcu geben nlt^t« Scucö. —
^ 416 —
3n glci^er SBeife beftatigte ber Rurfürfl (10. ^uni 16S8) bie
angeblid^ alte (Bm^tx^Mt be§ Statins, bajs nur allein im SRatl^ötcIIcr
tl;einif(ä^cr SBcin gefi^enft werben bürfe, obwol^l er SBebenten trug, aWo^
nopole ju t)erfitttten, unb ber 3iat^ fein 9led;t nid^t einmal urtunblid^
erroeifen fonnte* S)od^ würbe berfelbe mit bem SSerluft be§ ^rit)iles
giums bebrol^t, wenn er nid^t gute SBeinc feil J^alte unb nid^t ©orge
trage, ba§ fie üerlicentirt würben.
Sffiie enifllid^ fid^ ber Äurfürfl mit bem ©ebanfen befd^äftigte,
bem ßolberger §anbel einen neuen Sluffd^wung ju t)erleil^en, seigen bie
auf l^öl^eren SBefel^l t)on bem hirfürfilid^en Sicentbeamten SBildfe in 60 1
berg abgefajsten Sendete über bie Urfad^en bes SSerfaHö beffelben. S)ie
SSerid^te gelten ni(^t nä^er auf bie ©inwirf ungen ber allgemeinen euro«
päifd^en §anbefet)erl^ältniffe ein, fie fül^ren als Urfad^en nur an einer^
feitö ben l^ol^en §afenjoII, ber na(§ altem §erfommen t)on ben ©d^iffen
beim ©in^ unb Sluölaufen ganj wilKürlid^ erl^oben werbe unb ber ©tabt
mel^r einbringe, als bem Äurfürfien bie Sicent; anbererfeit§ bie lauf::
männifd^e ©ilbeoerfaffung, weld^e bie §auptf(^ulb an bem SRuin trage:
bie Äaufteute ptten unter fid^ eine Gompagnie errid^tet, weld^er alle ein-
lommenben ®üter präfentirt werben müjsten; würben biefe pon il^nen
nidjt getauft, fo müßten fie wieber aus ber ©tabt gef(^afft werben, unb
feiner au§ ber S3ürgerfd^aft bürfe bat)on faufen, ba bie Äaufleute erfl
il;re üerlegene äßaare an ben 3Jlaun bringen wollten. JDffenbar ifl
eine ber 1604 burd) ben SBiberftanb ber 33ürgerf(^aft befeitigte äl^nlic^c
Äaufmannögilbe in fpäterer, unbefannter 3eit bod^ eingef ttl;rt worben. SBon
ben weiteren SSerl^anblungen über biefen ©egcnftanb ifl nur ein 3Jefcript
ber ©targarber ^Regierung t)om 3al;re 1673 an S3ogiölar) v. ©(^werin,
beu ©ouuerneur von ßolberg, erljalten, weld^eß aufgiebt, baö 3Konopol
ber Äaufleute abjufteHen unb baö SRedjt beö 3iatl^§ auf Ungelber unb
bie Urfad^en ber 2lbnal^me beö §anbelö nod) nftl^er ju unterfud^en.
einö ber größten SBerbienfte beß Äurfürften um bie inneren Su-
ftäube ber ©tabt war bie Seeubigung beö alten ©treitö jwif(^en SRatl^
unb SBürgerfd;aft über bie ©emeinbeüertretung unb beren 2luffi(^töred}t
über ben ©tabt^auöl^alt. SCie SSürgerfd^aft l;atte eine ©mpfinbung
bafür, bafe fie bei biefem dürften ein beffereö SSerftäubniß für il^re S3es
bürfniffe fmbeu werbe, alö bei bem legten ©proffen beö auögeftorbenen
§errfd)erftanmieö: fie bat if)n, ju genel;migen, baß ein ©emeiubeauö«
fd^uß von 20 3Kitgliebern eingefefet werbe. S)er SRatl^ remonftrirte
natürlid^: bod^ l^ier brang er mit feinem ^od^en auf feine angeblid&eu
— 417 —
^rtt)Ueßien ni(3^t burd;; ber Äurfütft fonnte niiä^t begreifen, wie bem
diat^e tmä) folc^e @iuri($tun9 „in feinem 9?efpecte etroaß abgelten"
foUte, unb nal;ni um fo weniger Slnftanb, bie Sitte ber SBürgerfiä^aft ju
betöiHigen (1670), als in ben märlifdjen ©täbten ^ä)on lange äl^nlii^e
6inrid;tungen beftanben. Ser 3luöf($n& follte am 15 aWitgliebern be-
[tel;en: 5 ©üläüerraanbten, 5 Äaufleuten unb ©d^iffern unb 5 ^anb^
merfern: 1 SBöder, 1 ©robfdjmieb, 1 ©(j^neiber, 1 ©c^ufter (alfo t)on
ben Sßiertöerten) inib 1 Sud^mad;er. 3im erften 3Wale (im Saläre 1671)
ernatuite ber ^urfürft felbft bie a)litglieber, in Sufunft follte, wenn
eine ©rgänjung nötl^ig fei, ber diai^ aus jwei von ber ©emcinbe S8or=
gef d)lagenen einen auön)äl;len ; „ber SBorfpred^ unb Slnroalt" follte ein 6ol-
berger Sürgerünb fein, bod) wncbe bamalä geftattet, ba^ ein „©elel^rter",
ber 2lbt)ofat ^. ®. g^ud^ö, ber bei ber SBürgerfdjaft ein al^nli(3^e§ 3lm
fel^n genofe, wie frül^er SWaufd^enborf, biefe ©teile gegen ein ©el^alt von
100 p. für bie erften fünf Saläre, bann von 50 ft. jäl^rlid^ befleibete*
S?aö SSürgerred^t follte il^m unentgeltlid; a)erliel^en werben* SDie voi^^
tigften SRed^te ber neuen Sürgeroerlretung finb: 3llle§, was ber 9iatl^
mit ber Sürgerfd^aft üerl^anbeln raiH, foll er juerft mit bem 3luö=
fd^uffe bereben, ber aud^ mit ©rlaubni^ be§ SRatl^es bie gefammte Sür-
gerfd^aft einberufen tann, icenn biefe fi(^ il^re§ SRed^tö nid^t begeben
wiH. 33ei 3Jeoifion ber ratl)^äuöli(^en SRed^nungen foH ber SWat^ mit
SBeiftimmung be§ Sluöfd^uffeö brei 3Jlitglieber aus bemfelben ernennen,
beren 3Wonita für ben SRatl^ mafgebenb fein f ollen. Äein 3Kitglieb beö
Sluöfd^uffeö barf t)om ^at^e abgefefet werben ^).
@ö waren nid^t aHju gro|e Siedete, bie bem 3lußf($uffe eingeräumt
waren; bo(^ genügten fie, um eine frifd^ere Bewegung in ben ©umpf
be§ ftäbtifd^en Sebens ju bringen; bie SSerwaltung beß ©tabtt)ermögenö
würbe jefet 3al;r für Sal^r einer eingel^enberen Äritif unterworfen, unb
bafe biefe aud^ wirfli($e ©c^äben in ber 3Serwaltung aufbedfte, jeigt ju
wieberl^olten aWalen bie ©ntfd^eibung ber Siegierung in pHen, wo fid^
SRatl) unb Sluöfd^ufe nid^t einigen fonnten, ju ©unften beö lefeteren.
®riff bie furfürfttid^e ^Regierung in bie rein ftöbtifd^en angele-
genl^eiten nur orbnenb, beffernb uhb SWi^räud^e befeitigenb ein, o^ne
bie ©elbfiftänbigleit ber ©tabt anjutaften, fo nal^m fie bagegen bie
ftaatlid^en SBefugniffe, bie ber 5Rall; übte, imb bie SRed^te, bie vox alter
Seit bem Sanbesfürfien jugeflanben Ratten, aber in ben ^fanbbefife ber
©tabt gefommen waren, mit aller ©ntfd^iebenl^eit für fid^ in Slnfprud^*
SDer 9lat^ ^atte bi^ ba^in baä SDirectovium bei ben 3Rufterungen
27
bcä ftdbttf(]^en SWUitatS gcl^abt unb mit ^injuäiel^iuig eiitcö friegserfat}^
tencn aWanneö ausgeübt; er beanfpruc^te baffelbe awä), nl§ 1655 bie
neue ^Regierung eine aßgemeine Saubeömufteruug anorbnete, würbe jebod^
jurtidgeraiefen, ba bie ajJufieruug ©adie ber ©taatögewalt fei. —
©eit lauger Seit l;alte ber SRatl^ von beut au^gefdjiffteu Äorue
hen fogenauuten SürgermetfterjoH erl^obeu, ber ju beu ©iuualjuieu be§
33ürgermeifter§ gel^örte; er founte jebod^ fein 3ted^t barauf nid)t ur=
funblid; nai^weifen unb mufete il^n beöl^alb ber ^Regierung überlaffeu.
S)o(ä^ jeigte biefe babei billigen ©inn: ntit 9flüdfid;t auf bie großen
SSerlufte, wel(%e bie ©tabt erlitten, foHte nur bie eine §älfte jur 9tent=
fammer abgefül^rt werben, bie anbere nad^ allem §erfommen bem regier
renben SBürgermeifler verbleiben (1663).
3n berfelben Seit nal^m bie Stegierung auc^ bie alte gorberung
an bie 3Küljle, bie ber ©tabt von Sifd^of ©iegfrieb nur t)erpfänbet,
nid)t t)er!auft fei, wieber auf. S)er 9Jat^ glaubte in biefem gaUe ein
beffereß 9ted^t ju l^aben — in ber %i)at ift in ber aSerfauföurfuube ein
SRüdfauf wenigftens nid^t t)orbe]^alten — imb fu(^te e§ auf bem SBege eines
^rojeffeö ju bel^aupten. SDa inbefe and) ber ©priuä^ ber iuriftifd;en
gacultät ber Unioerfität g^ranffurt, weld^er ber Äurfürft bie ^^rojeg-
acten l^atte überfenben laffen, gegen bie ©tabt ausfiel, fo blieb bem
Statine nid;tö übrig, ate bie „ßlemeuj unb SJIilbe" be§ Äurfürften an^
jurufen. 3n einem Sßerglei^e t)om Saljre 1671 begnügte fid; biefer
mit einer jäl^rlic^en Sieferung von 1400 ©(^effel, l^alb ^loggen, l;alb
3Jlalj, ßolberger 3Jla§eö, bie na^ einer fpäteren 58erfügung bem ©d^lofes
rentmeifter auf bem 3lmtöboben abgeliefert werben foHten, unb beftä-
tigte bafür ber ©tabt baö 9iec^t ber alleinigen 3Kül^lenanlage.
SBaren alfo au(3^ unangenel^me Serüfirungen mit ber neuen 9ie=
gterung gleid^ in ben erften Salären nid^t ausgeblieben, fo mar bodj bie
©rinnerung an bie SBergangeul^eit unb bie ©rfenntnife beffen, was bie
©tabt bem Äurfürften t)erbanfe, noc^ ftarf genug, um jebe SDJi^ftimnunig
nieberjubrüden, als am 4. 9bt)ember 1665 burd^ hen ponnuerf d^en
©tattl^alter, ben §erjog SBogiSlao v, 6roi, unb bie il;m jugeorbneten
furfürftlidjen dtät^e von bem SRatl^e unb ber ganjen ©emeinbe bie @rb^
l^ulbigung aufgenommen mürbe*). Sur a>orfeier l^ielt ber ^^aftor 3.
ßolberg eine 35u)3' unb SBermal^nungSprebigt, am Sage ber §ulbigung
fclbft ber ©eneralfuperintenbent ©roffe bie eigentlid^e §ulbigungsprebigt.
*) Sag ber Äurförft felbfi bamaU in (Jolbcvo ßerüefen fcl, ijt ein Srrtljum.
— 41Ö —
Statt; unb SSürgcrfdjaft jogcu babet in corpore auf, testete im t)offen
SBaffenfc^mudE, in t)ter ßompagnieen georbnet mit t)ier neuen für biefe§
3^eft angefertigten g^aljuen, bie no(^ -auf bem Siatljl^aufe ju feigen finb.
6ine ifl wei^ unb entl^ält ba§ rotte SBappen ber ©tabt, bie anberen
brei einzelne Si^eile beffelben, bie rotl^e bie ©üljl^afen, bie blaue bie
brei rotten Stürme unb bie gelbe bie ©d^roäne. SDer 3?ector 3afd;e
befang fie in lateinifd^en 3Serfen mit roittfürlic^er Sluöbeutung il^rer
©pmbole ^).
6ß mar bem Statine ni($t ju t)erbenfen, menn er ni(]^t ol;ne Äampf
©inna^imen aufgeben mottte, meldte ber ©tabt feit Sal^rl^unberten jugeftan-
ben l^atten; bod^ forgte er nic^t gut für bie mal)ren Sntereffen berfelben,
menn er auc^ bei bittigen g^orberungen ber Siegierung in unmid^tigeren
2)ingen feinen anberen ®efid^t§punct fannte, alö ben, bajg ni(3^tö ge-
fd^elie, „maß feinen ober ber ©tabt Privilegien üerfleinerlid^ fei/' öe-
reitmittig l^atte er ber furfürftlid^en ^Regierung auf bem 9iatl|l^aufe
einige 3immer unb ein ©emölbe jur Slufberaal^rung ber Slcten einge-
räumt, biä ein befonbereö ©ebäube baju errid)tet märe. 3lls er aber
1658 bei Slrbitrdrftrofe angemiefen mürbe, ba§ ©emölbe in befferen ©taub
ju fefeen, no(^ mel;r 3immer l^er^ugeben unb einen Sl^urm jur 9lufs
nal^me ber ©efangenen einjuräumen, begann er ju fürd^ten, ba|3 bie
9?egierung bie il^r nur au§ ©efättigfeit überlaffenen SRäumlid^feiten für
immer bel^alten motte unb proteftirte aufö feierlic^fte bagegen: „SDer
Sanbtag fei cont)ocirt, bie ßanbrätl^e in specie citirt, fie fottten fic^
nid^t vertreten laffen, unb eine jiemlid^e grequenj ftel^e ju ermarten, fie
bäten bal^er, ba§ i^nen bie ©emölbe auf bem SRatl^l^aufe, bie ju bem §of=
gerieft eingeräumt gemefen, ju ber Sanbftänbe S3efugni§ geräumt merben
möd)ten." Unb etma§ fpäter meinte er: „gratis l^abe er baö ©emölbe
Ijergegeben; iefet l^eifee eä: ^^veteres migrate coloni''\ bie 9flegicrung
möge fid^ i^r eigeneö §au§ bauen ober laufen."
* S)aä Sftat^l^auß l^atte SRaum genug, unb bei gutem SBitten liefen
\\S) in ben glügeln U^ij^ bemol^nbare SRäume ^erjletten. S)ie anbaue
ernbe ©törrigfeit, bie ber SRatl^ bei ben mieberl^olten aWal^nungen ber
^Regierung jeigte, ^äl^renb biefe mit SRed^t ein bereitraittigeö ©ntgegen-
lommen ermarten fonnte, mürbe be^l^alb übel t)on il^r empfunben imb
mirfte auf einen ©ntfd^lu^ be§ Äurfürjlen mit ein, meld^er bie ©tabt
mie ein ©c^lag oxx% l^eiterem §immel traf: im Saläre 1668 mürbe bie
JRegienutg plöfelid^ „ol^ne t)or|erge]^enbe publique S)eliberation" mit
ben anberen Sanbeöcottegicn m^ ©targarb t)erle9t. S)ie SRüdfuä&t auf
— 420 —
baß burd^ ben Äticg imb wtcbetl^olte fd^tDcre 33tatibf(^äbeu fel^r l^eru»ter=
flefommene ©targarb n)urbc von ber SRegierutiß als ©runb für biefe
für ©otberg fo imd^tl^eiHge SRafer^gel angegeben, Ijier füfirte man fie
auf bie Sntriguen ber SRätl^e, bie 33emül^ungeu be§ ^erjogö t)on 6roi
unb auf Urfaci^en jurüd, ,,bie nid^t ju nielben feien"; ba^ jebod^ ber
aiatl^ f^ felbfl nid^t aufeer ©d^ulb füllte, jeigt fein fpätere§ SBerfa^ren.
S)ie ©tabt l^atte fid^ mit §äuferbau unb ©ewerbetrieb mä) unb
naä) auf bie SBefriebigung ber SBebürfniffe einer größeren Serooljnerjal^l
eingerichtet unb empfanb beß^alb bie Südfe fdjmer, roelc^e burd) ben
äbjug ber SBel^örben unb ber baju gel;örenben g^amilien entftanben luar.
S)aß ©infen beö SBol^Iftanbeö in il^r feit biefer 3eit war fo auffallenb,
ba§ bie furfürjilid^e 3tegierung barauf aufmerffam würbe unb hen oben
erwäl^ten Sicentbeamten beauftragte, über bie Urfai^en biefer ßrfdiei^
nung SBerid^t ju erftatten, unb biefer lonnte nid^t verbergen, ba§ bies
fetben porjugötoeife in ber ftarfen 9lbnal^me ber ßonfumtion gefu(3^t
werben müfeten, bie feit ber SSerlegung ber SBeI;örben nad^ ©targarb
in ßolberg eingetreten fei. —
2)a fd^ienen bie allgenieiuen Suftänbe beö ©taatö ber ©tabt ju
§ülfe fommen unb il^r bie verlorene ßinnal^mequelle raieber gewinnen
}U wollen.
S)er gro^e Äurfürfi war in bem fogenannten jweiten Slaubfriege,
ben ßubwig XIV. 5ur Eroberung von §>olIanb unternontmen l^atte,
feinen SReid^spflid^ten treu, alö ba§ beut[d)e 9leid^ ben Ärieg erllärte,
}um jweiten aWale auf bem Äriegöfi^auplate erfd^ienen unb I;atte fid^
im JDctober 1674 bei ©traPurg mit ben Oefterreid^ern t)ereinigt, ba
brad&en unerwartet bie von ßubwig gemounenen ©d^weben unter ©uftau
SBrangers pl^rung in bie SKarfen ein, lun ben Äurfürften ju jwingen,
feine Sruppen t)om St^eine fortjufü^ven.
2)er bamalige ©ouoerneur von ßolberg unb ßommanbeur ber in
§interpommern liegenben SBJilij ®eneralwa(^tmeifter Sogiölao o. ©(^werin
(1664—1678) traf fogleid^ a?orfe^rungcn für ben gatt, bafe ber angriff
fid^ aud^ gegen §interpommern rid^tc. — gr l^atte oerftanben, fic^ ha^
üolle aSertrauen ber ßolberger Sürgerfdjaft ju erwerben, unb fanb bei
i^r, als er fie jur SBertl^eibigung ber g^eftung aufrief, bie größte SSereit-
wittigfeit, felbft ber SRat^ ber ©tabt fal^ bießnial von einem ^rotefte
ah^ ben er fonft feiten t)erfäumte ju ^^rolofoK ju geben, unb fefete bei
ber erften Slufforberung ©efd^üfe unb SDoppell^afen in friegöfertigen
^tanb; unb alfi er von ber dtegierung in ©targarb bie älnweifung er<
— 421 —
l^ictt, von bem Sontingcnte ber ©tabt juttä(]^fi 66 SWann ju fleHen unb
für bcn SWotJ^foH bie ganje SBürgerfi^aft bereit ju l^alten, flanben fd^on
200 SSürger unter ben SBaffen, unb ©d^merin formte jurüdberid^ten,
lüeaen ber firiegöfolöe ber ßolberger braud^e man ol^ne ©orge ju fein,
bie SBürgerfd^oft fei fdjon triegöbereit S)ie ©inberufung ber ganjen
SBürgerfd^aft tüurbe notl^roenbig, ate bie Sefafeung ber geftung gonj
ober jum größten 2l^eil nad^ Serlin ö^jogen toar. Slm 20. SRooember
oeranftaltete ©dfiraerin eine grofee aKufterung berfelben auf bem SKünber-
felbe*) unb lub l^interl^er il^re fämmtlid^eu £)ffi}iere ju einer ,,®afti-
rung" in feinem §aufe. ©eit bem 3. SDejember bejogen regelmäßig
45 3Jlann oon il^r bie ^aä)e am ©teintl^or, aud^ bie fonft ©fimirten
mit älusnal^me ber ^afloren n)aren biedmal l^erangejogen. Sägli($ed
®j:erciren unb ©d^ießen mit ben neuen aus ?ßeij gelommenen SUluöfeten
gab balb einige militärifd^e g^ertigleit, unb ba no6) überbieß 1 ßom^
pagnie oon 120 3Wann a\x^ ©targarb unb 200 3Kann ber regulirten
aWilij {jerangejogen waren, fonnte bie g^eftung gegen einen Singriff als
auöreidjenb gefid^ert gelten. 3lud^ für bie aSerprooiantirung war ©orge
getragen: bie ©d^läd^ter l^atten Sefel^l erhalten, Dd^fen unb Äül^e in
großer 3a^l ju fd^lad^ten unb einjufaljen, unb bie §audtt)irtl^e, fid^ je
nad)bem fie ein §aus, eine 33ube ober einen Äeller befaßen, mit 12,
6, 3 ©d^effel gefd^roteten Srobforneö ju oerfel^en; für bie toirflid^e Se^
lagerung erbot fi^ bie ©tabt, nad^ einer SBerl^anblung mit ben Sanbs
rätl^en, jur SSerpflegung ber ©arnifon 6000 Si^aler in ®elb unb SBatu^
ralien (35ier, gering, ©todftfd^) oorjuftreden.
S)er Äurfürft mar l^od^erfreut über ben patriotifd^en ©inn ber
ßolberger SBürgerfd^aft, „er t)erfel^e fid^, fd^reibt er x>on ßolmar aus
(3/13. SDejember) ju aUm feinen getreuen Untertl^anen, infonberl^eit ju
ben ßolbergern, wie i^n beffen ©d^merin t)erfid^ert l^abe, baß fie il^rer
geteifteteu ^^flid^t fi(^ gebül^renb erinnern würben", unb erfennt gnäbigft
i^re Sreue unb SJeootion an, „bie il^m unoergeffen bleiben werbe."
2)ie Sage ber S)inge unb bie ©timmutig beö Äurfürfien war ben 6ol-
bergern für bie Erfüllung il^reö bringenbften aSunfd^eö günftig. S)er
Äurfürft orbnete bie SEBieberoerlegung ber ^Regierung in bie fidlere ge-
ftung an, unb gerne famen bie Bürger ber Slnweifung oom 25. 35ejember
- *■■■■!■
*) S)ic ©tärfc ber SSürgcrfd^aft iffc nid^t angegeben, fic fann nit^t unbebcu-
tcnb geroefen fein, benn am 24. gebruar bei einer not^maUgen SRuflerung ftanb ftc
4—5 älRann \)c6i auf bem SSaOe aufmarfc^irt unb nal^m bod^ nod^ ben 9taum Don ber
SBafferp forte bei bem aWül^len|lrom bi0 lum SWünbertl^ore ein.
— 422 —
wa^, 4 SBagen m^ ©targatb ju jc^^ideit, um bie Slcten wieber an
il^ren alten ^lafe ju bringen, ^er unerraattete SBiberftanb ber ©tar^?
gatber Sürgerfd^aft, bie fid^ ber 2lbfal)rt mit SUfuöfeten unb brennenbeu
ßunten wiberfefete, üerjögerte bie ^ortfi^affung, fo ba& biefelbeu erft am
24. Sanuar 1675 ,,in groger Unorbnung unb ßonfternation" in ßolberg
anfamen, ol^ne von bcn ©(^meben, bie fd;on im Sanbe waren, ange::
l^alten ju fein. SDie am 4. Sanuar 1675 abgefanbte SBittfd^rift ber ßolberger
an ben Äurfürften, bie ^Regierung wieber na(^ ©olberg ju »erlegen, ift
wol^l bur(3^ bie SBeforgnig t)eranlafet, bafe biefer fid) burc^ bie ©targarber
befiimmen laffen fönnte, feinen Sefd^lug ju änbern. SDie SBel^örben l^atteit
nid^t einmal eine furfürftli(3^e Drbre abgewartet; alö ju @nbe 2)ejemberö
bie ©(3^ weben gegen §interpommern DorrüdEten, waren bieSiätl^e au§ ber of-
fenen ©tabt in panifd^em ©d^redfen, wie man in ßolberg mit ©d^abenfreube
erjä^lte, tl^eife nad^ Äüftrin, tl^eife nad^ SDanjig geflüd^tet; bodf) fanb fid^
balb in ßolberg eine genügenbe Stnjal^l jufammen, fo bag gegen ®nbe 3a^
nuarö 1675 pon ba aus wieber bie erfte aSerfügung erlaffen werben fonnte.
©eit 3lnfang g^ebruar'ö rüdfte bie ®efal;r einer Belagerung für
bie ©tabt näl^er. ST er ©tab beö f^webifd^en ßorpö blieb jwar in
©targarb, bod^ würben 3lbtl^eilungen baoon nad^ ßörlin, ©öölin, ©rei^
fenberg unb Treptow »erlegt, ©treiffd^aaren erfdjienen in ber SJä^e oou
6olberg unb erljoben ßontributionen auf ben ©igentl^umöbörferu ber
©tabt unb beö ßapitels. ©c^werin, ber fd)on Dorl^er bie fremben 33ettler
auö ber ©tabt entfernt, bie 33ürger angewiefen l;atte, fid^ jur SSertljei-
bigung ber 12 SBerffd^u^e breiten 33ruftwe^r mit p!en ju Derfel;en,
bercn ©d^aft 7 ßolberger ©den lang wäre, bie junge 3Kannfc^aft aus
ben S)örfern, bamit fie nid^t Don ben ©d^weben ju unfreiwilligem SDienfte
gepreßt werbe, in bie eJeftung beorbert unb bie Heineren 3^al;rjeuge von
ber 3Künbe in bie 3lä^e ber ©tabt liatt^ fdjaffen laffen, wäl^renb bie
größeren ©djiffe" angebol^rt würben, um im 9iot^fall Derfeuft ju werben,
glaubte nunntel^r bie äugerfte 3Kaferegel, baö 2lbbred)en ber SSorftäbte,
nid()t länger ljinau§fd^ieben ju bürfen. 2lm 3. gebruar begann junädjft
vox bem ©teint^ore baä 3erftörungöwerf, eö folcjten ber ©tubbenl;agen,
5?etfenl;agen (l^ier jum legten 3Kale ern)äl;nt), bie ^|^fannfd)micben, ber
3iffenberg, bie SBiefe, bie 9?ilolai::©d^ule unb bie SBorftabt oox bem a)UUj-
lentl;ore, felbft bie grudjtbäume in ben ©ärteii fielen, unb am (Snbe bc§
aWärj war bie Umgebung von (Solberg biö auf baö ^^Jeftljauö, ben rottjen
Ärug vox bem ©teintl;ore unb bie ^ird;en ber äJorftäbte rafirt unb faft
wieber fo fat)l, wie jur Seit, als bie 5?aiferlid;en in ber g^eftung »on
— 423 —
ben S(^meben belagert tDurben. 2lm f(^merjH(ä^flen war eö ber Sür^
* ßerfd^aft, ba§ bie eben t)on 1662 bi§ 69 mit f(]^n)eren Sofien erbaute ©er^
tnibetifir(^e tüieber jerftört werben foHte, anö) bie Säuern aM 33orf
unb ©ellnow baten für il^re (grl^altung unb erboten fid^, wenn nian
il^nen nur firaut unb 2ot^ gäbe, unb bie alte Sßerfd^anjung bei ©eHnora
erweitere, fie felbft ju t)ert^eibi9en* Sl^rem SBunfd^e würbe infofem gewillt
fal^rt, als bie äuäbefferung ber alten ©(i^webenfd^anje angeorbnet würbe;
bo(ä^ burfte ©(3^werin e§ nid&t barauf anfommen laffen, baß ber für einen
Singriff auf bie ^^eftung fo günftig gelegene ©teinbau ber ©ertrubenfird^e in
bie §änbe ber ©einweben fiel, fie würbe besl^alb abgebro(ä^en unb bie ?ßfarr-
Knber mit bem Sßerfpred^en getröftet, ba§ fie im SBerber wieber aufgebaut
werben follte. S)agegen blieben bie Äird^en von ©t. ®eorg unb Slif olai er=
l^alten, man begnügte \iä), fie mit Srennftoffen ju füllen, welche bie ^rebi=
ger felbft aujUjünben \iä) erboten, wenn bie 3erftörung ber ©ebäube notl^-
wenbig würbe. SBaren.biefe SWajsregeln aud^ nid^t ganj ol^ne SBiberfprud^
ber Sürgerrepräfentanten unb ^roteft beä 3Kagiftratö burd^gefül^rt, fo l^atte
bod^ im ©anjen bie ©tabt „in 3lbbre(^ung unb SBegfd^affung ber ber
g^eftung fd^äblid^en ©ebäube" eine SBiHfäl^rigfeit gejeigt, bie bem Äur-
fürften ju „fonberbarem, gnäbigftem ©efallen" gereid^te. 2)amalö würbe
axiä) ber Sl^unn unb bie ©(^anje beim ßolberger 2)eep, weld^e bie
©djweben 1 643 angelegt l^atten, auögebeffert unb mit breiterem ©raben
Derfeljen, um feinblid^e ©treiffd^aaren fem ju l^alten.
Snbefe JU einer wirflid^en Selagenmg fam eö nid^t; feit @nbc
2lprirö Derfd^wanben bie fd^webifc^en ©(^iffe ganj t)on ber ßolberger
3il;ebe, unb bie fd^webifi^e Slrmee rüdEte an^ il^ren l^interpommerfd^en
Quartieren, um fid^ bei ©arj jU fammeln.
2lu(^ nad^ ©ntfernung ber unmittelbaren Äriegsgefal^r würben
eifrig bie SBefeftigungöarbeiten fortgefefet: ber SiHenberg unb bie %n^
l)öl)en um bie 3iegelf(^eune würben abgefarrt unb 1679 aud^ auf ber
aSiefe \in\) ben ^fannfd^mieben ©(^anjen angelegt.
33on bem weiteren Kriege würbe ßolberg wenig berül^rt, nur ba&
i)on 3eit ju Seit fd^webifd^e Äaper auf ber 3Künbe erf(^ienen, weldje
bie gifd;er an hen ©tranb jagten unb einmal aud^ ein mit ßolberger
9laf(|e belabeneö Golberger ©d^iff wegnal^men. ©eitbem bie fd^webifd^e
glotte Don ber bänifd^en 1677 befiegt war unb bie furfürftli(^en g^re-
gatten bie Dfifee bel^errfd^ten, fielen aud^ biefe Seläftigungen fort, unb
bie Golberger l;atten jefet bie ©enugtl^uung, bafe fd^webifd^e ^rifen,
felbft eroberte fd^webifd^e^Ärie^^fd^iffe von ber iungen preugif^en 3Jlarine
^- 424 —
in il^rcn §afen ßcfül^rt würben. S)od) würbe bie eJreube über bie xotU
teren Erfolge ber furfürftlid^en SBaffen, ben glorreid^en ©ieg bei gel^r:
beHin, ber von ber 35ürgerf(^aft mit SBictoriafd^ie^eu uiib geuerraerf ge-
feiert würbe, unb über bie ©rftärnmng SEoBin^ö burd) ©d^werin von
ßolberg anö burd^ eine böfe ^efi getriibt, bie ainfang Suniö in ber
mit 5!Renf(3^en überfüllten ©tabt auöbrad) unb über ein Sal^r anl^ielt.
3n ber fd^Untmften Seil, imSlnfange be^^df)xz§> 1676, ftärben täglid^
8—10 aWenf^en, ju Seiten ftanben 40 JTobte über ber ®rbe, mand^e
§äufer waren ganj ausgeftorben, !ein§ war ha, baö nid^t 2 bi§ 3 feiner
SBewol^ner verloren l^atte. S)ie ^otf) erforberte bie anfteüung eineö
befonberen ^eftprebigerö, ber nur bie ^eftfranfen befuc^te unb auf
feinen ©ängen ein ©lödd^en trug, mit bem er von Seit ju Seit ben
@ntgegen!ommenben ein Seidien gab, fid^ von i^m fern ju l^alten. 3u
ben aRajsregeln, bie man gegen bie firanf^eit anwenbete, gel^örte aud;
bie aSerweifung ber ©d^weine auö ber ©tabt, bie bamate nodj in allen
SBirtl^fd^aften gel^alten würben: man meinte, itjr ®eruc^ fei fdjäblidj
unb beförbere bie ^efi. ®rfl im §erbfte 1676 wid; biefe auö ber
©tabt, bod^ nur, um ber rotl^en SRuIjr ^tafe ju nmd^en, bie ebenfaHö
jal^lreid^e Opfer forberte. SDod; erftidfte baö eigene ©lenb nid^t baö
aWitgefül^l für frembe 3lo% unb afe bie ©tabt 33elgarb, t)on ber fdjou
im t)oraufgel^enben Saläre ber britle Sf^eil (66 §äufer) abgebrannt war,
burd^ eine neue geueröbrunft am 4. SRai 1677 fo jerftört würbe, bag
t)on aßen ©ebäuben nur bie lateinifc^e unb beutfd;e ©d;ule übrig blieben,
würbe in Golberg eine ßoHecte für bie £>bbad;lofen imb aller i^rer
^aU beraubten angefteHt, welche über 300 fl. an baarem ®elbe unb
an Sflaturalien über 200 ©d^effel SRoggen, ©erfte u. f. w., 13 ©pedE=
feiten, li Sonne ©purten (©protten?) unb 1 ©tein ©todfifd) ergab.
SDer griebe ju ©t. ©ermain brad^te bem Äurfürften nid)t ben
geljofften ©ewinn: bie eroberten Steile von ^^^ommern, beren ©tänbe
fd^on 1676 7. 3Jot)ember auf bem Sanbtage ju golberg erfdliienen waren^
oline iebod^ jur ©effion jugelaffen ju werben, würben biö auf ein unbebeu^
tenbeö ©tüdE an ©d^weben jurüdfgegeben; bagegen würben bie ©eejöHe
in §interpommern von ©(^weben ganj an S3ranbenburg überladen, fo
ba^ iefet baß fd^webifd^e £icentl;auö vox ber 3)iünbe einging. SDie 33c=
amten waren fd^on 1675 bei ©röffnung ber geinbfeligfeiten auögewiefen
worben, wie f(^on frül^er alle in ßolberg wol;nt;aften ©d^weben, weldf)e
ben §ulbigung§eib verweigerten.
©0 wenig, wie ber Äurfürft ju feinem SWed^te, fd^eint bie ©tabt
— 425 —
ju i^rem ^Sjaben gefomtnen ju fein. 3n bcr fd^on 1675 eingcforberten
©pccification berechnete fie biefen an ben 249 vox ber ©tabt meberge^
riffenen Käufern nnb S3nben ntit einfd)lu§ ber ©ertnibenfirdEie, bereu
35qu 2170 S^aler gefoflet Ijatte, mif 45,752 Sfialer. SDie ©tänbe würben
aufgeforbert, fid^ mit il^r über bie ßntfd^äbignng ju tjergleid^en, t)enüei^
gerteu aber jebe SBergütigung, weil ßolberg nid^t unmittelbar t)om geinbe
fo ml gelitten ^abe, wie baö offene üanb. S)ttö mar in ber St^at
burd^ bie ftarfe Einquartierung l^art mitgenommen; bie Sauern bu!en
S3rob auö Saumrinbe, unb aud^ bie größeren ©runbbefifeer maren juin
2l;eil fo vexaxmt, baß fie fein ©aatforn faufen fonnten. 2)ie ©tabt
fd)eint feine anbere @ntf($äbigung erljalten ju l^aben, alö ba§ i^r auf
brei 3al;re bie ©teuer dou 100 §afen^ufen abgenommen mürbe.
3tt)ar maren bie SRegierungöbel^örben, feit bie furfürfllidjen Sauber
Dorn geinbe befreit maren, 6nbe gebruarö 1677, nad) ©targarb juriid^
t)erlegt morben; bod^ gab man in ßolberg, im S?ertrauen auf bie Su-
fid^erung beö Äurfürften, „ba§ er bie ©tabt für il;re bemiefene Sfreue
beneficiren motte", bie Hoffnung nid;t auf, fie wieber ju gewinnen, unb
in ber Sljat, bie patriotifi^e §altung ber ©tabt, ba§ freiwillige Stuer^
bieten, bie SJlüljlenpac^t auf 1800 ©djeffel ju erl^öl;en*), beftiuunten
bcn ^urfürften ju bem ©ntfd^luß, Golberg wieber jum ©ife feiner SBe-
l;örben ju mad^eu. ©eit bem 8. 3JJärj 1683 waren abermalö fämmt^^
lidje Kollegien in ßolberg in 2l;ätigfeit. ©er diat^ liefe eö fid^ jefet
fel;r angelegen fein, burd; bereitwilliges entgegenfommen feine frül;ere
©lörrigfeit gut ju mai^en unb mn für bie Sel^örben $lafe ju gewinnen,
mußte fogar bie 3?atl;§apottjefe aM bem neu gebauten 3?at^t;aufe weid)en.
Sennod; vm\\oä)k bie ©tabt nid^t, bie ^Regierung bauernb feftjul^alten.
S)a§ Sctmmern ber ©targarber unb ba§ SDrängen t)ornel^mer Seamten,
wel^e ©targarb für einen wol^nlid;eren 9lufentl)altöort l^ielten, verau::
laßten ben ilurfürften, 1686 ben ©ife ber Sel^örben wieber nac^ ©tav::
garb ju verlegen.
?Jod) einmal l^at ber ?iatt) in Sßerbinbung mit mel;reren ©tiftö=
ftänbcu ben SSerfud^ genmd^t, bie widjligc (Sinnalimequelle für bie ©tabt
wieberjugewinnen. 3nt 3al;re 1691 ging eine Deputation unter gülj-
rung beö 33ürgermeifterö Gidjmann nad; Sierliu, um bei g^riebricö III.,
bem ^Jad^folger be§ großen ilurfürftcn, in einem 9)Jemorial no($ einmal
*) @d fc^cint jcbodö nid^t gur §ht3fitlSirung gcFommcn ju fein, lumlgpcnö ivn'i)
10 3al|rc fpäter ujicbcv. bie alte Slbgabc ^ntric^tet.
— 426 —
bie ©rünbe, bie für ßolberg afe SWegierungöfi^ fpra(]^en, gcltenb ju mai^cn:
©e. furfürfiU(ä^en '^m^lanSft glorreid^en 3lnbenfenß l^abe auf beö bamas
ligen ®out)cmeurS ©(ä^roerin Slnratl^en fd^riftUiä^ t)crfi(ä^ert, bafe fie auf ben
gaU erroiefetter Sreue bie SiegierungöcoHegten bel^altcn follten, ©olberg
fei g^eftung unb barum f(3^on iur Slufnal^me ber ^xS)m gefc^idt, benn
eö fei ein disreimome beä futfürftUd^en SRefpectß, xotlS)^ t)or il^ren
g^einbeu niemafe gemid^eti, tüenn bie ©oHegia mit ben SKclen flüd^tig
werben follten; bie ©tabt läge femer t)on beiben ßnben ber ^roüinj
glei(^ weit entfernt unb fei beöl^alb t)on allen Snfaffen berfelben leidster
iu erreid^en; bann fei aud^ bie ftarfere ßonfunttion in ©olberg für bie
lurfürftlid^en Sicenteinnal^men juträglid^er, afe eine gleid^e in ©targarb,
benn biefeö belöge feine SBaaren m% ©tettin unb bringe burd^ bie ^x^
nal^nte feiner Seüölferung unb bie größere ßonfumtion nur ben BitU
tinern SBortl^eil; biefe plten besl^alb 18 neue ©(^iffe auf einmal erbaut;
wäl^renb fie bie il^rigen aus 3Wangel an SRal^rung t)erfaufen müßten,
einem großen Potentaten aber ftänbe frei, in feinem Sanbe ju biäpo*
niren, wie einem Oelonomen auf feinen ©ütern." S)od^ bie ^Regierung
blieb in ©targarb, biö baö 1720 preußif(% geworbene ©tettin afe bie
natürlid^e §auptftabt beö Sanbeö ©ife ber obcrfien ^roDinjialbel^örben
würbe. — 2)ie furje SRac^blütl^e ßolbergö l^atte mit ber enbgültigen
aSerlegung ber ^Regierung il^r 6nbe erreid^t, unb pupg Jel^rt feit 1685
bie Älage ber ©inwol^ner wieber „über bie ftrepirung ber ©infünfte
unb ba§ ©d^winben t)on §anbel unb SBanbel" in ber ©tabt.
3n ben pommerfc^en ©täbten fanben in ber jweiten §älfte beä
Sal&rl^unbertö auffaHenb l^äupg geueröbrünfte ftatt, au(^ ßolberg würbe,
wenn a\x6i ni(^t fo ftarl, wie ©targarb ober gar ©reifenberg, wieber
mel;rfad^ in biefer Seit oon SSranbunglüd l^eimgefud^t. — ©in furd^t^
bareä ©reigniß fam am 3. 3Kai 1657, einem ©onntage, über bie ©tabt.
3lm 3?ad[)mittage um 5 Ul^r ful^r bei l^eftigem ©türm unb ©ewitter ein
ÖUfe in \>t\\ l;ol^en runben ^uloert^unn, weld^er in ber SWäl^e beö Äüter^
tljorö nad^ ber ^erfante ju fianb, unb entjünbete bie in il;m aufbe^
Joal;rten 82 ©entner ^uloer. Sn einem 3lugenblide würbe ber Sljurm
auö feinem gunbamente geriffen unb in bie Suft gefprengt; bie uml^er=
gefd^leuberten Bixxdt jerfd)metterten au(§ bie benai^barteit ©ebäube, wie
baö ©ied^eufjauö, bie ^tofterfird^e, bie SBaradfen, auö bereu ©d^utt
nad^l^er 16 Seilten Ijeroorgegraben würben; bie Sufterfdjütterung war
fo ftar!, baß ber Sljurm ber 9Karienfirdje baüon an t)erfc^iebenen
^teKen 3iif[e befam, überall bie g^enfter fprangen unb faum ein §au§
— 427 ~
in bet ©tabt unbef(]^äbt9l blieb. SWand^e Seute, befonberö fjrauen,
ftarben in golge beö ©d^rcdö unb bcr Sufterfi^fitterung auf ber ©teile.
S)er elfjäl^rige ©ol^n beä §ofrat]§ö unb ^legierungöreferenbarö Smma^
nuel ^lafotomuö, ber mit feinem ?ßräceptor unter bein ^ütertljore ©d^u|ä
vox bem SBetter gefüllt l^atte, würbe \>nxä) ben ©infturj beffelben ge^
tobtet, n)äl)renb fein Segleiter lebenbig au§ ben Jürümmern l^erauäge^
graben würbe. Ueber ben fd^redenöüotten 3ufall erf(3^ienen mel^rere 2)ru(fc
f($riften in ^rofa unb SSerfen, n)el(3^e il^n nad^ ber SBeife ber Seit ju
beuten fu(j^ten (barunter comideralio fulrninantis dexlrae Dei etc.
t)on Mag, 3oa(^im §eibemann, ju ©reiföroalb gebrucit). — 2)er foge^
nannte blaue Si^urni t)or bem Äfltert^ore mürbe bann jum ^Müertl^urni
gemadit. SDod^ war baö ^ufoer au(^ l^ier in ©efal^r entjünbet ju
werben, alö 1660 bie in ber 3icS)t Uegenbe Seugfc^miebe in SBranb ge^
riet^; man fid^erte \\6) gegen eine SBieberI)olxmg be§ Unglüdö baburd^,
bafe man eö in atter ßile tief in bie ®rbe »ergrub ^^).
©n böfes Saljr in ber ©olberger g^euergefd^id^te mar wieber baö
Saljr 1666. @ö war ein fogenannteö amuis trisextilis, weld^e§ bie
3ai)l 6 breimal entl^ielt, unb man erwartete t)on il^m in ber gaujen
2Belt aujserorbentlid^e ©reigniffe. (Sin blinber g^euerlärm in ber ©t)t
i)efternad)t leitete eö ein. 2lbenbö jwifc^en 6 unb 7 Ul^r ful;r bei faltem
unb ftürmifd^em ©d^neewetler ein blenbenber SBlife mit einem ©epraffel,
wie eö bie äÜeftenSeute fid^ nii^t gel^ört ju Ijaben entfannen, über bie
©tabt l^in, unb bie ©d^ilbwac^en auf ben SBäden fallen, wie plöfelid^
bie ©pifee beö 3Jiarientl^urmö in 5IKanneöf;öl^e in geuer ftanb. ©ogleidj
würbe auf ber §auptwa(^e bie Srommel gerül^rt, bie geuerglodEe ge^
läutet unb bie „6ur" geblafen (b. 1^. ein Äunftpfeifergefette ^ing, bie
trompete blafenb, bie ©trafen auf unb nieber), bie g^euerl;erren orb^
neten an, ba^ Ätifter, UljrfteHer, Sobtengräber, 2l;unnfned)t, 2lrmen:=
Dögte, ber Äunftpfeifer mit feinen ©efeHen unb beftinunte Bürger bie
9lacf)t Ijinburdj auf bem Sljurme wad^ten. 3Hrgenbö jeigte fic^ eine
©pur t)on Sranb. SDod^ aBe, bie fid[) auf bie SDeutung fold^er Seid^eu
uerftanben, wußten je^t, weldjer 2lrt ba§ UnglüdE fein werbe, weldjeö
ber aiinus trisextilis bringen foHte, unb vietteid^t ift ber SRatl; burd;
bie gurd^t baüor beftinnnt worben, gerabe in biefem 3al;re (am 18. %t^
bruar) eine neue geuerorbnung im SDrudf erfd^einen ju laffen.
Unb in ber S^at würbe bie ©tabt in biefem Saljre burd^ jwei
bebeutenbe 33ränbe l;eimgefu(^t. SDer erfte bra(^ in ber Siad^t t)om
13. auf ben U. aiuguft in ber ^iagelfd^miebgaffe aus m^ legte in
— 428 —
jttjei ©tunben 11 Käufer unb ©üben in 3lf(3^c. 3n einer ber Suben
befanben fid) 4 „§if(ä&e" (felbftftänbige SEBirtfifd^aften), inbem aufeer
bem SBirt^e noä) ein ©(^neiber, ein ®olb[d^mteb, eine ^erlenftidferin
unb ein ©d^iffer, ber im Saläre oorl^er bei Siorwegen fein ©(^iff üer^
loren l^atte, barin wol^nten. ©ö blieb in ßolberg ni(^t unbemerft, ba§
in berfelben Seit unb berfelben ©tunbe unter ben 140 l^oHänbifd^en
Äaujfal^rern, weld^e bie ©nglänber an ber Säfte t)on §oIIanb in S5ranb
ftedten, aud^ mel^rere ©olberger ©d^iffe inito er brannten. — S)aö jroeite
ebener am 1. SRoüember war anjgerl^alb ber ©tabt imb jerftörte in einer
l^alben ©tunbe 24 ber leidet unb bi($t aneinanber gebauten mit ©trol;
gebedften, von ©eefal^rern unb gul^rleuten bewol^nten Käufer ber ^fanm
fd^mieben unb 11 auf bem 3iffenberge; 11 §äufer auf ben ^fann^^
fd^mieben würben gerettet, eö l^atten biefe alfo aus 35 §äufem be^
ftanben.
kleinere SBränbe unb iml^eimlid^e ®erü(^te, bag Sanben von ^vanh^
ftiftern fidt) jufammengetl^an I;ätten, um überall in Sommern, ju f engen
unb 5U brennen, veranlagten 1671 ben SRatl^, eine geuercoHecte auöju^
fd^reiben, t)on jebem §aufe i Sl^aler, jeber 33ube 9 ß unb jebem ÄeHer
4i //, um beffere Söfd^gerätl^fd^aften anjufd^affen, unb ben Sefel^l er-
geben ju laffen, bie ©trol^wiepen am ben Säd^ern ju entfernen unb
überall SDat^fpäne anjuwenben, aud^ jeitmeife eine befonbere g^euermai^e
für bie ©tabt unb bie 5ßorftäbte einaurid&ten ^0.
S)ic ©tänbe von §interpommcrn l^atten fid^ bei ber 9?euorbnung
ber öffentlid^en 3uftänbe be§ Sanbeä gefügiger gejeigt, alö bie üon
Dftpreugen unb ben 3tt;einlanben ; nur in bem ^uncte ber Sieligion
t)erfncl)ten fie einigen SBiberftanb.
'Sommern war ein ganj lutl^erifd^eö Sanb, nur ben SKugöburgcr
Sieligionöüerraanbten ftanb bie öffentli^e Uebung beö ©otteäbienfteö ju.
ä?ornel;mlictj rül^mte fid^ bie ©tabt ©olberg „einmütl;ig immer bei ber
lutl^erifd)en Öe^re geblieben, fiä) jeberjeit an baä ungeänberte Slugö-
burger ®laubenöbefenntuig, fornmlam concordiae, pommerf(^e§ corpus
doclrinae, bie bvei pommerfc^en 2lrtifel unb anbere lihros symholicos
gel^alten, feine irrige Se^re eingeführt, ober Spaltungen unter fic^, wie
ju ©tettin unb anberen ©täbten gefd^el;en, angerid^tet ju l;aben" ^-). 3Rit
aWifetrauen fal^ man in fird^lid^en Slngelegenl^eiten nad^ bem §ofe beö
— 429 —
reformirten Äurffltftcn, von bort befürij^tete man bic ©törimg ber fixS)-
Iid)en ©inl^ett be§ Sonbeö, bcn SBerfaB ber pommerfdjen Äird^e, ba§
einbringen beö offenen nnb verfappten Äaloiniönmö.
3)er eifrigfte SGBäd;ter ber pommerf(^en Sted^tflläubigfeit war ber
^^aftor prim. Dr. 3ol;. ßolberg, an^ alter ßolberger 3^amiUe, ©ol^n
jeneö ßolberg, raeldjer J656 bei einer ^od^jeit erfto(^en mirbe (f. ©. 169).
©igenllid) 5um Kaufmann beftimmt, bef^lofe er, 2t;eoIoflie ju ftubiren,
alö er in SJanjig t)on bem oberften 33oben eineö §aufcö inxä) bie Sufe
biö anf bie @rbe gefallen loar inib fid) ba§ 33ein gebro(^en l^atte. ©eit
feinem 15. Saläre ftnbirte er in ©reiföraalb, bann in Königsberg, wo
er 1644 a)Jagifter würbe, granffnrt, SBittenberg, Seipjig unb §elniftäbt;
1651 lonrbe er ^aftor in ©iöleben unb Snfpector beS bortigen ©pm-
nafiuniö, 1652 Sicentiat in Seipjig, unb 1654 würbe er als ^aftor
priw. unb Slffeffor consislorii nad^ feiner SSaterftabt berufen. ®r war
ein SDJann t)on umfaffenber t^eologifdjer Söilbung, ein gewaltiger SRebner
unb t)on rüdfi(^t§lofer greiinütl)ig!eit. 3n ber ©tabt übte er eine
ununif darauf te §errf4iaft. S)ie 33ttrgerfdjaft war i^m jugetl^an, unb ber
SWatfj fttrd;tete i^n metjr alö bie SSürgerrepräfentanten, benn er fd^eute
fidf) uid^t, il^m aud^ in ber Äird^e beib ben Sejt ju lefen. ällö berfelbe
bem armen, t)om ©djlag gerüt;rten ßantor in ber bitteren SBinterfälte
trofe feineö S3itten§ fein §olj verabfolgen lie^, Ijielt i^m ßolberg am
©onntage auf ber Ämyel feine ^art^erjigfeit t)or unb bewirfte fo, bdjs
ber Äämmerer bem Äranfen fofort einen ^oljjettel unb eine Sonne 33ier
jufanbte. ©r war ber entfd^iebenfte Sßertreter ber reinen lutl^erifdf)en
Seigre, geinb jebeö ©i;nfretißmuö, l;art unb unbulbfam gegen 2lnberö=
benfenbe, namentlii^ gegen bie SWeformirten.
es gab fd)on frül;er einjelne SBefenner ber refonnirten Se^re in
©olberg ; il;re 3al;l unb it;r ©elbftgefü^l fteigerte fid^, feit ßolberg ©ife
ber 3f{egierungßbel;örben geworben war, ba bereu 9)iitglieber jum großen
Sl;eil ber refonnirten Kird^e angel;örtcn. ©ie baten jefet ben Äurfürften,
„ba bie lutl^erifd^en ^H-ebiger bie 9teformirten öffentlid^ grojser Srr-
t^ümer im ©lauben befd^ulbigten, i(;re 3Jleinung bem gemeinen SWanne
auf baö ärgfte t)erfel^rten, il^nen baö l;eilige 2lbenbmaljl nur unter un-
leiblid^en Söebingungen geftatteten, wenn fie an bie ^ranfenbetten SHe^
formirter gerufen würben, bie ©ewiffen felbft ber in Sobeönötl^en lie^
genben ju verwirren fnc^ten, fo möge er il^nen eine öffentlid;e Uebnng
i^reö ®otte§bienfteö geftatten unb einen beftimmten Unterhalt für einen
reformirten ^rebiger auäfefeen,"
— 4^0 —
^ie ilunbe bat)on tief bei bem ?Paftor ßolbcrg unb in ben t)dit
il;m be[;errfd^teu ilreifen bie größte Slufregmig I;en)or. SBcrgebenö
ntal^nte ber fpätcr fo beliebte ©ouoemeiir t). ©(^werin, ber in bemfelben
3al;re, in tt)el(]^em bie reformirte ©$ule eni^kt würbe, eine lut^erifdje
©olbatenfiä^ule begrönbete, „fie foBten [xä) nid^t t)on etlid^en neibifd^en
janffüi^tigen ^kebigetn aufheften laffen, bie nur ©treit unb g^einbfd^aft
jn)ifd;en jDbrigfeit unb Untertl^anen fäen lönnten, er gäbe il^nen bie ge^^
n)i[fe 3ut)erfi^t, bafe fie in ber Hebung il^rer 9ieligion ni(3^t perlur-
birel n)erben f oBten" ; — jene wollten tnel^r alö bie ungeftörte Uebung
il^reö ©laubenö: bie gefammte ©eiftlid^feit t)on ßolberg reid^te einen
EoHectiüprotefl gegen bie ©infefeung eines reformirten ©eiftlid^en ein,
ber ftänbifd^e 2luöfd^ufe remonftrirte bagegen, ja er raanbte fi(ä^ mit
einem 33ittfd^reiben fogar an bie Eurfürftin, um burc^ i^re SBerwenbung
©c^ufe gegen baö ©inbringen ber ßonfeffion ju erl^alten, roeld^er baö
furfürftli(ä^e §au§ felbft angel^örte. SDie f(ä^öne Antwort, voz\i)t bie
gürftin barauf ertl^eilte, ift t)on bem ®eifte burc^brungen, in roeld^em
ber Äurfürft felbft bie Einigung ber ßonfeffionen l^erbeifü^ren wollte,
bem ©eifte gegenfeitiger 3lnerfennung unb 2)ulbung; fie fpridjt in
milben SBorten il^r Sefremben über bie gorberung aus, bafe ber ßur-
fürft feinen eigenen ©laubenögenoffen verweigern foHe, xoa^ er bod^ ben
Sut^eranern jugeftelje, unb weift fie auf bie Jlieberlanbe l;in, wo, wäl^=
renb man in SDeutfd^lanb unb felbft in ben furfürftlic^en Sanben bie
reformirte Äirc^e nic^t bulben woHe, bie beiben ßonfeffionen einanber
mit ©ebulb unb ©anftmutl; ertrügen" (4. SDejember 1657).
SDie ^rotefte blieben natürlid^ frud^tloö; unb om 25. SDec. 1657
l^ielt ber erfte reformirte ^rebiger in ßolberg Mag. granjiöfuä ©iefert
aus ©Ibing feine äntrittöprebigt in bem £ocal, wo bie furfürftlid^en
aSel^örben il^re ©ifeungen l^ielten. SDer ftänbifd^e Sluöfd^uji trat jwar
im anfange beö folgenben Sai^reö wieber in ßolberg jufammen, um
über weitere 3Jla®eln in biefer ©ad^e jU beratl^en, unb fefete eine 2lppet
lation an 5laifer unb Äammergeric^t auf, um mit i^rer §ülfe baö £anb bei
feinem §erfommen ju erl^alten unb baö publicum exercüium beö refor-
mirten S8efenntniffe§ ju l)intertreiben; inbefe oorläufig unterblieb bie Sluö-
f ül;rung. SDer ^aftor ßolberg bagegen fefete ben £ampf auf ber ^atijel unb
in ber ©emeinbe auf eigene §anb fort 2lfä ein fi^ottifd^er Kaufmann
SBittiam ©uning^am x)on SDanjig 1658 in ßolberg geftorben war, ber t)or
feinem 2obe oon ©iefert ba§ Slbenbmalil erhalten unb ben SBunfd^ geäußert
l^atte^ bafe ifim biefer aud^ bie ßeid^enrebe l;atten möge, wiberfefete fid^
— 481 —
Eolberg tvofe ber hitfütftlii^ert ©rlautmijs, itnb bte £ei($e njurbe bcö^
Iialb ju SBaffer nacä^ S^aiijig gcbrad;!, um bort begraben ju werben.
3m Saläre 1660 griff er in einer ^rebigt „wiber bie falfd^en ^^xo-
pl^eten* bie SReformirten wieber einmal fo leibenfd^aftlid) nnb rü(ffi(I;t§(o§
an, baJB er von bem ©onfiftorium ben S8efel;l erl^ielt, biefelbe bei §ofe
einjufenben. S)a liejg er fie bruden nnb erlaubte fid^, bem Äurfnrften
felbft ein in grüner ©eibe gebunbenes ©jemplar ju wibmen. @r würbe
bafür nad^ SBerlin t)orgeforbert, au§ bem ßonfiftorium geftoJBen, „weil
er bie furfürftli(^e Sieligion geläftert l^abe", unb ernftli($ft ermal^nt,
fein 3lmt in Sufunft mit SBefi^eibenl^eit waljrjunel^men. S)o(^ würbe
il;m — wie eö fi^eint gegen Unterjeii^nwng eineö SWeoerfeö — feine
Stellung im ©onfiftorium wiebergegeben.
Sie reformirte ©emeinbe war Injwifd^en bebeutenb gewatfjfen,
man(^e, barunter üornel^me SJlänner, wie ber §ofgeri(^t§r)erwalter 3Katf>
t). Ärofow, bie fi(§ bi§ bal^in äujgerlid; jur lutl^erif(^en Äird^e gef;altcn,
befannten fid^ öffentli(§ jur reformirten, unb an ber erften öffentlid^en
ßommunion 1658 l^alten 72 ^erfonen 2lntl^eil genommen. SDa§ SBe-
bürfni^ nad^ einem befonberen ®otte§l)aufe [teilte fid^ jefet mel;r imb
mel^r l;erau§ unb auf bringenbeö Sitten ber ©emeinbe gab ber ^nrfürft
feine ©inwiHigung baju unb wies bie nötl^igen Saugelber an. Sni
3al;re 1663 warb baju baö große §au§ in ber Sanbeöbanbftraße, baö
einft ber ©tabt 3fiat^l^auö gewefen war, für 600 Sl^aler gefauft unb,
befonberä auf Setrieb beö Sanjlerö v. ©omnife, mit folc^em ©ifer um=
gebaut, bafe eö nod^ in bemfelben Salire eingeweit;t werben fonnte.
Äurj t)orl;er war bem ^rebiger ein in ber JJäl^e ber Älofterfir(^e bele=
geneö ^äm(i)en als 2lmt§wo|inung eingeräumt, weld^es er 1697 mit
bem alten Sifd^oföl^ofe in ber Somftrafee t)ertaufd^te.
„S)afe ber ilurfürfi nid;t allein einen reformirten ^rebiger einju-
fefeen, fonbern aud^ eine Äird^e ju bauen unb excrcümn religiouis
reformatae offen treiben jU laffen fi($ unternommen", reijte bie lutl)e«
rif($e ©eiftlid^feit unb bie oon il^r bel^errfd^ten ©länbe ju erneutem
SBiberftanbe. Sefet fud^ten fie alleö @mfted bie §ülfe auswärtiger ®e=
ridite gegen i^reri Sanbeöl^erm unb fanbten "t^tn ftänbifd;en 2lctuar 9)?i=
diael §offmann mit einer Älage aw, ben ©($öppenftul;l in Seipjig.
5Rad^ bem ®utad)ten beffelben, weldieö jener jurüdbrad^te, war baö Ser-
fahren beö Äurfürften fowol^l bem griebenäinftrument t)on Dsnabrüd,
als aud^ \^^x[ t)on i^m felbfi unterjeid^neten Sieoerfalen entgegen, fie
füllten [id() nod; einmal bittweife an i^n wenben, unb, wenn i^nen ii^r
— 432 —
Siedet t)ertt)eiöert würbe, baffclbe bei Äaifer «nb Sammergert(3^t geltenb
tiia(^en. — S)er ^urfürft t)erftanb feinen ©pa|3, wenn feine Untertl^anen
auswärtige §ülfe jur 2)nr(3&fefeung i^rer Slnjprüd^e Ijeranjieljen wollten.
S)er Slctuar §offmann würbe fogleid) üerl^aftet nnb über feine SReifen
nac^ S)reöben nnb Söien unb „feine gefäl^rli(^en 9iegotiationen" fd;arf
inquirirt, bie ©tänbe aber, bie nur jögernb unb erft auf §optann'ö
bringenben §ülferuf aus bem ©efängniffe für biefen einzutreten wagten,
in einem fd^arfen ©d^reiben l^art angelaufen, „©ie fprä(^en von unter-
traniger S)et)otion, aber il^re Saaten ftänben mit il;ren SBorten im
SBiberfpruc^ ; obwol^l fie überzeugt wären, bafe ber Surfür ft fie bei un^
gelimitirter ©ewiffenöfreil^eit maintenireii würbe, wollten fie il^m, waö
il^m als Sanbeäl^errn jufiänbe, bur(^ CoUigatmieii gleic^fam abbringen,
fie follten fi(^ ni(ä^t t)on einem ober bem anberen wiberwärtigen Äopfe
i)erfül^ren laffen unb fic^ lauten, etwaö ju unternel^men, wa§ gegen bie
furfürftlic^en §ol^eitöred)te i)erftie6e." — SDie ©tänbe f($einen Ijiierburd^
eingef($ü(^tert worben ju fein unb ein weiteres SSorgel^en aufgegeben ju
l;aben ; ber ^aftor ßolberg aber fül^ile ben l^off nungölof en Äampf weiter,
bis er „wegen feiner gefäl^rlid^en, weitauöfel^enben Sieben" unb wegen
eines nid)t ju wieberl^olenben crinifdien älusbruds, ben er auf ber Äanjel
gegen einen jur reformirten Äird^e Uebergetretenen gebrandet l^atte,
1675 feines 2lmtes entfefet würbe mit bem Sefel^le, binnen ac^tSBod^en
bie furfürftlid^en ©taaten ju räumen. 6r ging nad^ ©tettin unb erl^iett
1677 eine ^^rofeffur ber S^eologie in ©reifswalb unb bas ^aftorat
an ber bortigen aJiarienfird;e. 3lls ber Äurfürft 1678 ©reifswalb ein-
nal^m, mufete er aud) t)on l^ier wei(^en. ©rft 1686 würbe er wieber
in biefe ©teile eingefefet, er ftarb fc^on 1687, 65 Saläre alt.
3Kit ber SSerlegung ber SRegierungSbel^örben nad^ ©targarb nal^m
bie 3aljl ber SDlitglieber ber reformirten ©emeinbe ob, mi^ war il^r
bie l^äufige Slbwefenl^eit il^rer ^rebiger in anberen pommerfd^en ©täbten
nai^tl^eilig. 2lls fid) gegen baS ©nbe bes Scx^tl^unberts mel^rere fram
jöfifdje 9iefügioS in ßolberg nieberliejsen, würbe 1699 aud^ ein fram
jöfifdjer ^rebiger angeftellt, ber jeboc^, weil bie franjöfifc^en SRefor-
mirlen meiftens ber beutfd;en ©prad^e funbig waren, fd^on 1700 einem
?lufe \nSj ^olen folgte. — 9tod^ längere Seit weigerte fid; ber Statl^,
bie 9ieformirten ju ftäbtif(^en 2lemtern jujulaffen; erft griebridj) SEBils
l;elm I erjwang bie Slufnal^me eines 3teformirten in \>t\\ 9latl;.
— 433 —
Sn I^Ö^ereni ®rabe no(^, als in feinem 93erl^atten gcßen bie 9{e-
formirten, fe^rte ber ^aflor ©olberg bie ganje §ärte nnb Unbulbfani:=
feit feines SBefenö bei ©elegenljeit eine§ §ej:enprojef)e§ l^erau§, weiftet
im Seilte 1675 ßolberg in bie größte Slnfregung Derfefete.
SBon §eyenprojeffen in ßolberg qu§ älterer 3eit ift wenig be-
fannt 3m Saläre 1527 rourbe (€tabtb.) bie ^ytan eineö ^^eter Änafe
wegen 3auberei nnb gnberer SDJiffet^Qt in ba§ ®efängni§ gefefet, wo
fie ftarb. Stuf 93itten ber SSerwanbten würbe i^r jebod; ein (^riftli(^e§
33egräbni§ vergönnt. S)ieö ift ber einjige ans älterer Seit überlieferte
gaU. S)o(ä^ ift baranö nid^t jn fd^liejsen, bafe ßolberg bem gemeinfamen
Scä^idEfal entgangen ift, ba§ l^ier ni($t anc^ m^ ^e^en gefpürt, gefol==
tert unb gebrannt worben ift. 3m 3a5te 15U9 l^ielt ber ©eneral-
fuperintenbent S?enebiger eine SBeäperprebigt, worin fonberIi($ bie §ei^en
jnr 33u6e ermaf^nt würben. ®ine grofee Sranblnft l^atte, wie äufäHig
erl^attene Slusjüge anö ben ©eri^tsacten jeigen, baö ©olberger Stabt^^
gerid&t in ben 3cil^ren 1672—75 ergriffen; bamalö mag baö Utiwefen
in ßolberg feinen §öl^epunct erreid^t l^aben.
3m 3al^re 1672 erlitten juerft jwei Sauberinnen au§ bem 6apitelö=
borfe ©arrin ben g^euertob, etwas fpäter würbe bie alte ^eter 3Jlewefd)e
aus ©olberg eingesogen, ftanbl^aft leugnete fie baö S?erbred^en ber 3au=
berei trofe jweimaliger gfolterung; fie ftarb an ben ^Jolgen ber 9JJiJ3'
l^anblung im ©efängnig, unb i^r fieib würbe t)om 33üttel J^inauöge^
fci^leppt unb am SSranbpfal^l beerbigt; ben S8efd^lu§ mad)te in biefem
3a^re nod^ eine ^e^e auö ©arrin. 3m 3ciiire 1673 beftiegen nur
brei, eine alte '^xau auö SRednin, ein ©d^neiber auö ©arrin unb Slnna
Älofen auö ßolberg, wegen Sauberei ben §oljfio§; aber im folgenben
3a]^re fteigerte fid^ ber Sßerfolgungöeifer: im gebruar waren jwei arme
SBauernweiber auö §enfen]^agen eingebogen, Srine ©aßen, bie g^rau beö
Ärügerö, unb SKaria ©aßen, 3. Sangeö (g^eweib, ©efd^wifterfinbev,
i|inen folgten nod^ im Slpril, SWai unb 3uni t)ier auö bemfelben S)orfe,
weld^e ol^ne Sweifel burd^ bie S3efenntniffe jener mit in baö ©lenb ge-
riffen waren, fo ba§ auö bem einen S)orfe in turjer Seit fed^ö SJJen-
fd^en ,,brennen" mujsten.
3)aö fanatifd^e SSorge^en gegen bie unglüdEtid^en Seute l^atte bodi;
bei einer fteinen Sal^l benfenber fiöpfe in ßolberg Slnftoß erregt, vox
atten nal^m fid^ ber SWector unb SBeöperprebiger SBaleriuö Safd^ß (f. i'^bev
i^n ßap. 21) berfelben an luib erftärte laut unb öffentlid^ baö 5l?er*
fal;ren gegen fie für ^art unb ungered^tfertigt. 2)er flnftere, gemütl^lofe
— 434 —
®iferer ©olberg baöegen war für ba§ firengfte SBerfal^ren gegen bie
§eEen, unb fc^werlid^ tl^ut man if)m Unte(^t, wenn man bie gefteigerte
S3ranbn)utl^ anä) feiner ©inrairf ung mit jufi^reibt, 9lm 1 . SKärj (©onntag
qiiinquagesimae) gab if)m ber JEeyt Don ber Saufe 6l;riftt ©elegenl^eit
ju TOütl^enben 2luöf äffen ni(^t nur gegen bie ^ejen felbft, bie ifiren
Saufbunb bräd^en unb fid^ beä l^öffifd^en, wie beö irbifd^en g^euerö mit
9le(^t f(|ulbig mad^ten, fonbern awi) gegen bie, weli^e fi($ ber 3Serbre(^e=
rinnen annel^men woHten.
©ine SSerbäd^tigung t)on ber Äanjel l^erab au§ feinem 9)Junbe
mar ni($t ol^ne ©efafir für ben Sef d;ulbigten ; bennod; trug Safd^e
feinen 2lugenblid Sebenfen, ben il^m l^ingemorfenen gel^bel^anbfd^ul^ auf^
junel^men. Sin bem SRad^mittage beffelben ©onntagö in ber 93eöperpre-
bigt benufete er feinen Se^t, bie §iftorie t)on Äaleb, ju einer [;eftigeu
©rmieberung : Äaleb l^abe tüd^t gel^abt ben Sügengeift, biefen eckten §öt
lengeift, ber fid^ nic^t fd^eue, anbere ju üerleumben unb ju t)erbä($tigen ;
aud^ er moffe nid^t, ba§ äffe ^e^en ftrafloö auögel^en foHten, aber mau
muffe einen Unterfd)ieb ma(^en. ®ä gäbe brei Strien berfelben, bie,
meldte fid^ irrtl^ümli($ einbilbeten, l^e^en ju fönnen; bie, meldte jmar
einen SSunb mit bem Seufel gemad^t l^ätten, ol^ne jeboc^ 3J?enfd)en ober
SSiel^ getöbtet ju l^aben, enblid^ bie boäl^aften ^ejen, bie mirtUd^e aSer=
bred^en begangen f)ätten. SRur bie lefeten l^ätten ben 2ob i)erbient, bie
erften beiben ßlajfen bürften ni(^t am ^zhtn geftraft werben. 3)?an
fielet, Safd^e ift nod^ nid;t ju ben erften Cueffen beö Slberglauben^ ge=
fommen, eö ift nid)t bie ©ad^e, fonbern bie blutige ^rafiö, bie er an=
greift unb eingefd^ränft miffen miff, bie Sauberei an ft(^, bie erft 20 Sa^re
fpäter Secfer alö unmöglid; nai^ioieö, leugnet er — menigftenö im
beginn be§ Kampfes — fo menig, wie ein anberer feiner Seitgenoffen.
®r fud^te beöl;alb aud^ ben Sßerbad^t t)on fid^ abjuwel^ren, aU ob er
eine ©pmpatl^ie für baö ^eEenwefen l^ätfe, unb alö t)iele Seute, entfefet
über baö ©el^örte, bie Äirdje t)erlie^en, gab er ben 3urüdfgebliebenen
bie ajerfid^erung, er i^abe burd^au§ ni(^t bie Slbfid^t, fid) jum ^ktron
ber §ej;en aufjuwerfen, l^abe e§ aud^ nicl)t nötl^ig, ba in feiner ganjen
SSerwanbtfd^aft erft einer ber 3aubevei befd^ulbigt worben fei.
^- SDer ©treit mürbe vm beiben ©eiten mit fteigenber Erbitterung ge^
fül^rt, über a^t 2öo(^en lang mürbe an jiebem ©omi- ober ^Jefttage
jeber Sejt beimfet, um auf bie brennenbe grage beö Sageö ju fonunen.
Safd^e mal^nte jur 3)?ilbe, ©olberg brängte jur Slnmenbung ber äu^erften
©trenge; bie ©pifee feiner Slusfäffe ift immer gegen Safd^e gerid^tet,
— 435 —
ber fi(| Iciber a\x^ burtä^ feine §eftigfcit fortreiten läßt, feine Qwk
®aä)e bur(| perfönti(^e SSerbdi^tigung feines ©egnerö ju trüben. 9(m
©onntag invocavit giebt ba§ 6t)Qngelium von ber SSerfud^ung be§
•§errn buriä^ ben STeufel, am Sonntag rcniiniscere ber Se^^t t)on ber
®en)alt ßi^rifti nnb beö ©atanö Irefflii^e ©elegenl^eit jur practifd^en
Slnraenbung* 35ie Starren wären es, fagt ßolberg, bie befonbers üoni
Seufel geplagt würben, man muffe fi^ t)or bem ^jJatrociniren ber ^ejen
lauten, einen SBert^eibiger muffe man il^nen jraar geftatten, bod^ follte
biefer t)orfi(^tig ju SBerfe gelten, für bie Slid^er aber, bie iljre SSefoI-
bnng befämen, fei eä unjiemlid^, für bie ^ejen ju fprecä^en, unb leiber
wäre bieö in ßolberg nid^t ungeraöl^nlid^. ©o fud^te er aud^ bie Süd^ter,
bie für ein menfi^lid^eres SSerfal^ren waren, jn t)erbäd^tigen nnb einjii-
f(^üd^tern, um bie Slnwenbung ber peinlii^en grage unb bie SBerurtl^ei^:
lung ber SlngeHagten jU erwirfen. 2lm SRad^mittage beffelben Sonntags
brad^te Safere, ol^ne auf ben Seft SRüdffid^t ju nel^men, fogleid^ baö
^e^encapitel t)or, weld^eö j|a auS) in ber Si^at ber wirflid^e Sejt aller
^rebigten biefer 3eit bes ©treites war. ®S fd^eint, baß ber Äampf
mit feinem ©egner il^n immer mel^r unb mel^r frei mad^e, baß eine
©(^ranfe feines ©eifles nad^ ber anbem fiel, immer Wiener unb unge^
f(^euter forberte er, baß bie ^ejen, fiatt jum geuertobe gebradjt ju
werben, ben ^ßrebigern jur SBefcl^rung übergeben werben müßten, ju-
gteid^ tröftete er fie, baß aud^ fie in ©i^rifto SSergebung i(;rer ©ünben
ptten, unb als am ©onntage omli fein ©egner i^m aus ßarpjow
unb feines eigenen ©d^wiegeroaters, bes weitanb ®eneral=©uperinten'
beuten S)r. ©roffe's, SBerfen nad^weifen wollte, baß alle §ei'en, gleid^
t)iet ob fie ©d^aben getl^an ober nii^t, verbrannt werben müßten, er^ob
fid^ Safd^e am SRad^mittage, t)on bem Sejl ausge^enb §iob 3, 17:
„2)ie ©ottlofen muffen aufhören mit Soben" ju einem grimmigen an-
griff auf feinen ©egner. S!)ie ©ottlofen finb, fagt er, bie Clamanlen,
bie turbatores, bie exactores, bie SDränger, bie böfen S3uben, bie
©(freier, bie fiäfierer, bie SBanner, weld^e bie, fo il^nen wiberfpred^en,
fofort t)erbammen unb il^re Se^ire für falfd^ ausfd^reien. 3lus feines
feiigen ©d^wiegert)aterS Sractat feien bie SBorte nid^t alle oorgelefen,
es fei l^erausgenommen, was für ben Äram biene. SBewal^re ®ott, baß
fein feiiger ©d^wlegert)ater mit fold^en ßlamanten in ein §orn blafen
folle. ©(^on einmal fei ßolberg wegen feiner ^rebigt über bie falfd^en
^nropl^eten nad^ Serlln uorgefoibert unb aus bem ßonfiftorlum geftoßen
unb fd;wevlid^ o^ne gel^eimen SKepers wieber aufgenommen, er felb%
— 436 —
^offe jwar auf furfürftli(^en ©d^ufe, wotte aber an^ fo von feiner
Cebve nid)t abfielen, unb foHte er fein Seben bafür laffen.
5Die ganje SSürgerfd^aft war burd^ ben erbitterten Äanjelftreit in
bie övö^te Slnfreöiuig geratl^en, ber größere Sl^eil war mit ßolberg für
ein ftrenge§ SBerfal^ren, baju ängftigten fi^recflid^e ©eficä^te unb wunber-
bare ®rf(^inungen beö §immel§ bie erregten ©emüll^er: f($on frül^er
iDar ju einem Bürger §anö g^ranfe in ber 9Jad^t ein ©efpenft gefommen
unb l^atte il^n aufgeforbert, ju ben ^rieftern unb ber Dbrigfeit ju
gel;en, unb benfelben anjujeigen, bafe fie bie Sülenfdjen vox §offal^rt
warnen follten, fonft würbe ®ott eine fd^were ©träfe über ßolberg t)er?
Ijängen; 1673 mar mäl^renb ber ^rebigt baö Sid^t in brei großen
©tüden o|ine äußere Sßeranlaffung auf ben SBoben gefallen, baffelbe
l;atte fid^ in ©t. Sttfolai an bemfelben Sage ereignet, ein S)orf($ mit
blutrotl^en gloffen unb blutunterlaufenen 2lugen mar gefangen. SDiefe
beängftigenben SBunberjeid^en benufete ßolberg für feine Smede, man
bürfe fol(^e 3ei($eit, wenn fie au^ natürli($e Urfad^en l^ätten, nid^t ver^
achten. S8on ®ntfefeen ergriffen, maren bie 9Jlenf(^en auö 3af(^e'ö ^re-
bigten fortgegangen, einige l^atten ju §aufe nii^t effen fönnen, ein Sud^?
meber mar fo erfd^rodfen, ba^ il^m ber ganje Seib jitterte, ein Äürfc^uer
Ijatte bie Äirdje umgefel;rt [teilen feigen, unb ein ©d^neiber erklärte, er
fei nun 50 Sa^^r alt, fei bei %ihm unb ^>apiften geraefen, l^abe aber
fein Sebtag nod; nid)t fold;eö 3^ed^ten, ©d)lagen unb Sännen auf ber
^aujel gefel;en, mie in biefer 3eit in ßolberg. — Unter foldt)en ©in^
mirfungen fonnte bie milbere 9)Jeinung nid^t buri^bringen, in ber 9tad}t
Dom 27. 3)iärj mürbe juerft bie Ärügerf^e burd^ bie Sortur sinn ®e-
ftänbniß gebra(^t, mit bem Seufet gebul^lt ju l^aben, bie anbern folgten
balb. 5Rod^ t)erfud^te Safd^e, menigftenö baö Sleußerfle abjumenben,
nod; ämeimal maßen fic^ vox ber §inri(^tung beibe ©egner auf il^rem
alten Äampfplafe; „nid;t bloß bur(^ ba§ SBort, aud^ burd; bie Tortur
mürben bie 5D?enfd;en befel^rt", fagte ßolberg, „er geftel^e ben §ej:en,
n)enn fie Siuße tl^äten, baö ©acrament ju, aber er mollte nidjt 33egna-
biguug für fie." 'ihä) ben rüdffi(^tölofeften SKuöfällen gegen ben geift^
lidjcn 2ronnnelfd)läger unb Säfterer, ber balb l^ier, balb ba etma§ ju=
fammenrafpele, nidjtö au§ bem ©runbe gelernt l^abe, ber bie ^^affionö::
gefd;idjte benufee, um fromme Seute aufjureijcn, mieö Safd^e nod^ einmal
am 1. 3lpril an^ ber SBibel, an^ ber SCernunft unb am miffen-
fd^aftlid^en ätutoritäten na(^, mie ungerechtfertigt bie §inrid^tung fei^
Slber vergebens. 2tm 4, aipril mürben bie beiben ©efd^mifterfinber
— 437 —
t)or bcm SKül^lcntl^or t)erbraunt; „wie fie aus einem Stamme geboren
waren, gingen fie auf einem §oIje mieber auö ber SEBelt!" — 2)er
^aftor ßolberg banfte am näd^ften Sage ber Dbrigfeit, ba§ fie auf bie
aufrül^rerif(ä^e Seigre ni(^t gel^ört imb bie ^ejen auf ben ©d^eiterl^aufen
gebracht l^abe; er l^atte bie ©enugtl^uung, bafe am näd^ften 3lbenb eine
grofee SWenge ftiegenber S)ra(^en über ßolberg megjog. SSBaö wollte
gegen fold^e SBunbererfd^einung bie Söerfid^erung 3afc^e*ö, ba^ er nichts
auf biefe §immetejei(^en gebe. — Äurje Seit barauf würbe bem (Streit
t)on obenl^er ein 6nbe gemad^t.
©(ä^on nad^ ben erften ^rebigten l^atte ©olberg furj l^inter eiu^
anber jwei S)enunciationen gegen 3af(^e an baö ©onfiftorium in ©tar^
garb gefd^idt, baju ^tte er fid^ von t)erfdE|iebenen ©emeinbegliebern
3eugniffe über ben Snl^alt ber Safc^e'fdEien ^rebigten auöftellen laffen,
ja biefe aud^ aufgeforbert, in ber kxxä)c fleißig aufjumerfen, ba§ (3^-
l;örte fid^ einzuprägen unb ju ^an\e nieberjufi^reiben. 3af($e fiatte,
alö er baoon gel^ört, erllärt, man möd^te lieber ju i^m in'ö §auö
fommen, er erböte fid^, il^nen aHeä in bie g^eber ju bictiren. SDaö 6on-
fiftorium fd^ien nid^t abgeneigt, für ßolberg Partei ju nel^men, Safd^e
erl^ielt eine f(^arfe inhibitio, fic^ aUeö ©trigilirenö, SRefutirenö unb
aller 3lnjügli(^feiten auf ber Äangel ju entl^alten, baju würbe il^m bie
ßopie ber SDenunciationen, bie er forbefte, um einen ©egenberid^t anzu-
fertigen, verweigert; aber ein fd^arfeö 9Jlanbat ber !urfürftUd^en 5Regie=
rung, an bie \xi) 3af($e gewanbt {|atte, an baö ©onfiftorium, wiber ben
Ür. ßolberg wegen beä continuirlid^en ©d^mäl^enö unb ©(^impfen§ auf
ber Äanjel fleiJBige inqtusilionem anjuftetten unb i^m bei ftrenger
©träfe angubefel^Ien, ben 3af(^e impertiirbiret ju laffen, jwang ba[-
felbe JU einer xmparteiifd^eren §altung. @ö famen mel^rere Sefel^le an
ßolberg, enblid^ ein fel^r gefd^ärfter, bie 3lnorbnungen bes ßonfiftoriumö
JU refpectiren unb fi^ alleß Stnfted^enö unb ©d^eltenö ju enthalten»
SBeiben würbe jugteid^ ein. ewiges ©tittfd^meigen auferlegt.
S)a§ näd^fte 3iel, bie imglüdElid^en SBeiber t)om Sobe ju erretten,
Ijatte Safd^e jwar ni($t erreid^t; aber bod) ift biefer ©treit nid)t oljuc
fegenärei^e SBirfungen geblieben. SDie auöfäl^rlidf)en 3lu§jüge an^ bem
ßolberger ©tabtbud^e, bie biö jum 3al;re 1690 reid^en, melben t)on
feinem ^ejenprojefe weiter. 6ö ift ®runb anjunel^men, ba|3 bie§ bie
legten Dpfer beö SBal^nö in (Solberg gewefen finb,
— 438 —
©citbm baö ßapitcl eoangelifd^ gcmotben unb fein neucd SSer^
l^ältnife jur ©tabt burd^ bie SBetttäge von 1568 (f. ©. 320) enbgültig
bcftimiut roar, famen tool^l l^in unb lieber jroifd^cn il^m unb feinem
alten ©egner, bem Statine, ©treitigfeiten über bie ©renjen, namentH(]^
ber beiberfeitigen geridEittid^en Sefugniffe Dor; boä) greift es jefet in
feiner gänjliiä^ Deränberten ©tettung aU einer SSerforgungSanftalt für
würbige, um ben ©toat t)erbiente SWanner, nid^t \mi)x in baö innere
Seben ber ©tabt ein; bie weiteren ©(ä^idfale beffelben gepren nid^t
mel^r in eine ©efd^id^te von ßolberg, unb nur ber SBoHftänbigfeit wegen
foffen fle I)ier furj angebeutet werben.
3m 3<i5^ 1659 erfd^ien eine aSerorbmmg beö großen Äurfürften,
bafe von ba ab in ben ©apiteln von ßammin unb ßolberg feiner auö
bürgerlii^em ©tanbe eine ^rälatur erl^alten foßle. SÜefe gef(|i(^tli(^
ni(3^t berechtigte S3eflimmung erfuhr unter ber folgenben ^Regierung eine
SBeränberung ju ©unften ber SBürgerli(^en. 3m 3al^re 1690 famcn
bie ©täbte mit bem ©efud^e, bafe biefe gleid^ ben Sibligen in ben beiben
ßapiteln abmittiret werben möchten, unb ber Äurfürft griebrid^ III. be-
willigte baffelbe anfänglid^. ^o6) auf ©infprad^e ber ©amminer ^rö^
laten unb ber SRitterfi^aft, weld^e an^ ben buri^ ben gerieben von Co-
nabrüd beftätigten ©tatuten beö ßamminer ©tifts nad^weifen wollten,
ba& baö ßamminer ©tift nur für ben 2lbel geftiftet fei, würbe bie ©nt=
fd)eibung beö ßanbeöl^errn in SBejug auf biefeö jurüdfgenommen, für ba§
©olberger ©tift aber, weil anö) frül^er SürgerlidEie jugelaffen waren,
mit ber aSefd^ränfung beibel;alten, bafe biefelben nur ju einer SJfajor::
^^Jräbenbe unb au(§ nur alternatke mit einem 2lbligen jugelaffen werben
foHten. SDagegen würbe ber 3ugeub bürgerlid^eu ©tanbeö nod^ baö
*4Jufeernin*fd^e ©tipenbium auö bem ©olberger unb baö ©öfelife'fd^e (mit
CO S^alern jä^irlidE)) an§i bem ©amminer ©apitel jugeftanben.
SDie üerfd^iebenen Dbliegenl^eiten unb 3ntereffen beö ©apitelö
würben burd^ einen ©ecretär, ber feit 1570 an bie ©teile beö älteren
■Jiotarö trat, einen ©pnbifuö jur SBal^nmg ber Siedete beö ©apitelö feit
1 654 unb einen SRentmeifter vertreten, ©ie l^atten bie gefammte ^ßolijei^
unb ginanjüerwaltung im Sejir! beö S)omcapitelö unb ftanben i^ierin
in amtlid^em aSerfel^re mit' ber Äriegö- unb 3)omänenfammer in ©tettin,
in SRed^töfad^en bagegeu mit bem §ofgerid)te ju ©öölin.
aSon ber, 1732 erneuten, a?erpflid^tung ber S)om]^errn, in jebem
Saläre 6 3Konate in ©olberg ju refibiren, würbe in ben legten Seiten
be§ ©tifö Dielfad^ SDiöpenfation ert^eilt, ba bie 3Wel[irjal^l ber ^ralaten
— 489 —
biir(ä^ il^re SEl^ätigfcit in ^idai^äxtAtm m anbete £)rte gebunben war,
unb bie roenigften n)urben in ber alten ^rälatengruft im ßl^ore ber
3JJarienfir(^e beigefefet*).
S)aö ßapitel beftanb in biefer ©eftalt biö jum Sa^te 1811, wo
feine ©üter mit il^ren ^ebnngen ben ©taatöbomänen einverleibt unb
bie bamaligen Prälaten für Sebenäjeit auf ^enfion gefefet würben, 3u
biefen gel^örte ber gel^eime Segationöratl^ §einri(3^ g^riebrid^ t). S)iej,
ber längere 3eit preufeifd^er ©efanbter in Gonftantinopel war unb burd^
feine Äenntni^ ber orientalif(^en Siteratur auf bie ©tubien ©ötl^e^ö,
wie biefer felbft fagt, bebeutenben ©influfe ausgeübt l^at Ueber feine
SSerbienfte um bie ©efd^ii^te be§ ©apitelö fiel^e @inleitung.
*) 3m 17. 3al^r{)unbcrt toar ba3 2)e!anat bei ben o. ^oberüUö fajl crbltd^,
unter ben ©d^olaflidö fmb in berfelben 3eit gmci aue ber gamilie o. S^raunfd^roeig.
|ie«n«hnlw (Capitel
Umgrftflltuitg ber ftSlitifc^en Serfoffnng itnter hn ASitigen tnfbrt(| I.
unb ^riebridi St(f|tlut L, 9tatt|l|äuMid)e8 »eglcment 1717.
StnbtDcrfaffung unb l^atibelSuerpUiiiffe iu birfcr 3cit
aSar unter bem branbenburgtfi^cu SRcgtmcntc ben pommcrfiä^en
Stäbleu junöci^ft il^re conimuuale ©elbftftänbigfeit flelaffen, fo ftaub
ho^ bie alte ©tabtüerraaltung mit i^ver üerfc^raeuberifd^en SBirtl^fiä^aft
ot)ne bie a[5erpflid)tuu9 ju ftreuger Sieiä^enfc^aftäablegung ju fel^r im
2Biberfpru(^e mit ber SSerroaltuugötüeife eiuer SRegieruug, bereu §aupt=
augenmerf jOrbuuug, ©parfamfeit uub geroiffeuljafte SBerwenbung ber
a)iittel bcö Staats war, al§ bafe fie fid^ auf bie J'auer vox iljr l^ätte
betjaupteu !önueu. 3lo^ iu ber legten SHegieruugöjeit beö großen Äur=
fürfteu (iui Saläre 1685) tuar beöl^alb eine genaue Uuterfud^uug beö
ge{amniteu 9iat]^l;auöit)efeu§ ber ponnuerfdieu ©labte, wie fie bereits iu
bcu märüfdjeu ©labten ausgefül^rt mar, augeorbnet uub balb barauf
in einjelnen ©labten, mie ©targarb unb ©tolpe, auf betrieb ber Sür^
gevfd)aflen felbft, mel(^e mir \\o(i) auf biefem 2Bege eine §ei(ung bes
gauj äerrüllelen ©emeiniüefens I)offten, in§ 2Berf gefefet morben. Salb
uacl) bem 2obe be§ großen Äurfürften fam aud) ba§ bis bal^iu »er^
fd)onle Gülberg an bie 9M^e: am 4. SDegember 1688 erging t)OU ber
neuen ^{egienmg bie 3lnmeifung au ben ßolberger SRatl^, bie Äämmerei-
regifter beö Dergcingenen imb ben @tat beö näd^ften Sciljreö binnen t^ier^
jclju Sagen einjufenbeu, mibrigenfallö fie ber Sanbreiter abforberu werbe.
9?id)lö mar bem 9iatl^e t)on jefjer firmerer geworben, alö frembe
aiugcii iu feine Sled^nungen fe^en ju taffeu. §atte er fidj nur mit
aiUberftreben baju t)erftanben, baJB ber 2luöfd^u6 eine oberfläd^lid^e Prü-
fung berfelben Dornafjm, fo fd)ien if;m bie neue gorberimg ganj uuper-
trtiglidj mit feiner (S^re, ber ©tabt ^rioitegien unb ber Obsermncei
nie feien Vie 3iegifter ober ber ©tat einem principi por^elegt, bei ber
— 441 ~
errii^tung bes 5luöf$uffeö fei t^m bie felbfiftdnbtöe 3lbmlntfiratton von
neuem befiättgt, baö ilrebünjefen befinbe ftd^ in beflem Suftanbe, unb
bie Sürgerfiä^aft l^abc feine Älage. ®r wanbte fi(3& beöl^alb an bie
UniDetfttät JRoflod! mit ber Slnfrage, ob er jur ©birung feiner die^
gifier t)erpPi(]^tet fei, erl^ielt aber bie wenig tröftlid^e Slntoort, baj^ bie
Seit, StppeUation einjulegen, allem SSermutl^en nad^ f(^on t)erfiri(ä^en
wäre unb bafe i^m ni(]^tö übrig bliebe, als pd^ unmittelbar an ben
Äurfürften ju roenben unb um SWemebirung feiner grammina ju bitten.
SDie furfürfiliiä^e Slegierung fonnte biefe um fo el^er bei ©eite legen,
ate bie grammina beö Sluöfd^uffeö, ber aufgeforbert mar, fid^ über bie
Sage ber ©tabt ju äußern, faum einen ^unct- ber ftäbtif(3^en SBermafc
limg ungctabelt liegen.
S?on ber bloßen 93eaufft(ä^tigung ging bie SRegierung balb ju
9Raßregeln über, meli^e eine Umgefialtung ber allen ftäblifd&en ©inrid^-
tungen vorbereiteten, ©ie betrafen junäi^ft ba§ Snnungömefen. „SBenn
bie ©täbte §intetpommemö — fo lautete ein ®rlaß ber ^Regierung
t)on 1694 an alle ©täbte biefeö Sanbeö — no(^ immer öbe unb müft,
jum Sl&eil nod^ fcä^led^t bebaut unb mit ©trol^ gebedt mären, XQznn fie
fid) mit ben märfif(]^en, bie tägli(^ jimäl^men unb fi(3^ mit aWenfd^en
fußten, ni(ä^t meffen fönnten, fo fei baran nid^t ber Sauf ber Seit, mie
man bort flage, fonbem bie t)ielfa(^en Unorbnungen in bzn ©täbten
©d^ulb ; bef onberö nadEitl^eitig feien bie gefd^loffenen Innungen, moburd^
bie SWal^rung mie burd^ ein 3Wonopol unter menige getl^eilt werbe, barin
follten Slenberungen eintreten; fo muffe junäd^ft ba§ SBürger^ unb ÜRei^
ftergelb regulirt werben, meld^eä ben SBürger abfd^redfe, fid^ nieberju-
laffen ober il^n mn tornl^erein in feiner 9?al^rung niinire." Sem folgten
balb SBerorbnungen jum ©d&ufe ber ^anbmerler gegen imgebül^rlid^e
Grpreffungen ber ©emerfe, ©ntjiel^ung beö aWeifterfiüdfö unb anbere er=
fd^merungen beö SReiftermerbens. ©o mol^ltl^ätig biefe Sefeitigung alter
aRifebräud^e für baö 3luffommen ber jungen SReifter mar, fo erfdiieu
fie bod^ ben alten Sunftmeiflern ate ein miHfürli^er Gingriff in bie
guten alten 3unftred&te unb erroedte bei i^nen b'affelbe SRißbe^agen,
meld^es fd^on bie Äaufmannöawnft an ben Sag gelegt l;atte, ald bie SRe=
gierung 1690 ben 3iefugi6§ ^orfennri tmb ^aul be ©t. 3lubin auf
10 Saläre baö Privilegium ertl^eilt l^atte, ju Golberg eine ©eibenmanu^
factur anzulegen unb i^re SBaaren joUfrei auöjufül^ren.
©päter fam aud^ bie ©tabtoerfaffung an bie Steige, unb eine
3nftniction für bie Äämmerer vom Saläre 1711 grif( fd^on i^diax^i^
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bett I^erf8mmli(]^en ©(^tenbrtan ber aSerwaltung ein: „mit befonbcrcnt
SBefremben, l^ci^ ed unter anberen bartn, l^abe bie Sießterung wal^rgej
nomtnen, ba^ ein boppelteö SRegifter ber ©innal^men unb Sluögaben ge^
fü^rt töerbe, ein grö^ereä von bem tüortl^abenben öürgermeifter, ein
fleinereö t)on bem Äammerer*), in 3ufunft foHe nur ein JRegifter ge-
l^alten, alle ©pecialf äffen obgefd^afft, ni(^tö ausgegeben werben, roaö
nic^t i)otn ganzen ^iatl^e befd^lojfen fei/' ®in befonberer (Srlafe fd^ärft
bie genauefte Beobachtung ber Snftruction ein, ber SRatl^ foll t)on il^r
„ni(3&t einen 9?agelbreit abgelten, an^ nid^t bie geringfte ©ppofition ba-
wiber fpüren laffen, wenn er fid^ ni^t blofe geben wiH, baj3 er eine
pflid^tgemä§e Slbminiftration ber ©tabteinfünfte l^affe, woburdt) er ber
fönigli($en Ungnabe verfallen würbe." 2lud^ baß Suftipefen erl^ielt
bur(3^ bie SSerörbnung, bajs bie Sürgerrei^tstage, bie fonft nur ju fed^ö
Seiten im ^(i^u ftattfanben, an jebem 35ienötage gel^alten werben foHlen,
eine l^eilfame aSerbeffenmg.
^r\bt^ Sllleö, was unter ber Stegierung beö erfteit Äönigö von
^reufeen na($ biefer @eite l^in gefd^al^, war nur ein SBorfpiel von bem,
was ber ©tobt unter feinem 9la(%foIger bet)orftanb.
SBor ber unumfd^ränften SUJad^tfüHe, weld^e g^riebrid^ SBil^elm I.
nad^ ber 2lnf(^auung feiner Seit bem Äönigtl^um beilegte, waren bie
t>erbrieften Privilegien frül^erer Seit wertl^lofeö Pergament, nur buri^
innem SSBert^ unb praftifd^e SBraud^barfeit l^atten fie in feinen 3lugen
ein SRed^t ju weiterem SBeftel^en, [xe würben mit rüdEfid^tölofer ©dEiärfe
befeitigt, wenn fie ben SBebürfniffen ber ©egenwart wiberfprad^en.
S)ie Sefd^werben ber ßolberger Sürgerfd^aft über Unorbnungen
in ber g^ül^rung ber SRegifter boten bem Könige eine gute §anbl^abe,
balb naä) Slntritt feiner 3iegierung eine neue, burc^greifenbe Unterfu^
d^ung ber ftäbtifdEien SBerwaltung anjiiorbnen. ©ie würbe auf Unfoften
ber ©tabtfaffe, weld^e bafür 400 S^aler ju jal^len l^atte, von einer be^
fonberö baju ernannten Sommiffion gefül^rt unb bedfte nun Uebelftanbe
in großer Sal^l auf. 3^t folgte fofort bie Slnweifung an ben SRatl^,
ein 3ttt)entar- ober Sagerbud^ fämmtlic^er ®üter beö 9?at]^l^aufes unb
ber ©tabt, unb im fotgenben Saläre (1714) aud^ ein Sßerjeic^nig ber
@el;älter unb 2lccibentien aller Slatl^ömitglieber aufjunel^men unb eim
*) ©c^on fcül^ roerbcn SSürgcrmctfter* unb ^ämmererregiftcr neben ein-
anbcr genannt; ber Unterfc^tcb beruht njo^l urfprünglic^ auf ber ©d^cibung oon
fRai^^ ober ©tabtöctmögen unb etgentlt^em ©emeinbeoermögen, ifl aber in ben
erpaliemn SttQlftmt feit Sluegang bed 16. Saljrl^unberte ntc|t mel^r ju erfennen.
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jufeuben. S3ctbe Slctenftürfe geben in aSerbinbttttjj mit ben ©rgättjungen,
roel^e baß ratl^l^äußli<ä&e Sieglement von 1717 bietet, ein l^inreid^nbeö
SKaterial, um eine Sßorfiellunö von ber SBefd^affenl^eit ber ©tabtoers
maltung in biefer 3eit ju gewinnen.
2)er diati) beftanb in jener Seit nur nod^ aus 16 3WitgUebern.
S)ie ©el^älter betrugen — „fo mel bem SRatl^e erinnerlich" —
1) für ben birigirenben (eingel^enben f. ©. 71) Sürgermeifier an
©alar: 273 p., aus ber 3Käl^le 48 fl., 5 ®renj §oIj, iebeö ju 9 fl.;
an Sibalien: t)om §oIjt)ogte ju §en!enl^agen 1 2ld^tel SButter, ebenfo
vid unb 1 §ammel t)om SSerwalter im Suffenwinfel; von benS3a«ern
in §enfen]^agen 9—10 S^aler, wovon bi? §älfte iebod^ ber ©ecretär
erl^ielt, von ben 9ioffentinf(]^en 10 S^aler; aus bem SBeinfeffer 10 ©toff
ai^einwein, „bie niiä^t auöreid^ten, um bei ber mannigfaltigen Sufpra^e
e^renl^alber immer ein ®laö SBein t)orjufefeen" ; bie auf 100 Später
bered^netc greii^eit von allen abgaben, bie il^m frül^er ijuftanb, war
bnxS) bie einfü^rung ber SKccife aufgel^oben; aud^ baöguber§olj mar
il^m entzogen, welches il^m fonft affmöc^entlid^ vox bie Sl^üre gefal^ren
mürbe, mäl^renb bie 5Berpfli(^tung geblieben mar, für bie 2)iener unb
SBä(ä^ter eine marme ©tube unb geuer auf bem §eerbe }u l^alten. 3ln
ungemiffen ätccibentien erl^ob er: bei ©rtl^eilung von ßertiflfationen,
2ltteften u. bergl. für baö größere ©iegel 1 fl. 12 yff, für baö !leincre
1 fl.; von iebem guber 3Wolben unb ©(^aufeln 1 ©tüd; von ben an-
tommenben SQBafferbrennem, Snben, Äleinfrämem, ©laöträgern, öuadE-
falbem u. f. m. für bie Prüfung ber ^äffe mitunter ein ®laö ungarif(^
SBaffer, etmaö ^Papier, ©d^eeren ober 3Keffer; von bem frif(%en ©tranb«
Ijering von jebem 89oote 1 2BaIl (80 ©tüd), ju 3 yff bered^net; von
hm Säuern, bie §olj^ unb ©traud^jettel l^olten, nad^ advenant 1 ©tiege
eier, 1 ober 2 §ül^ner ober 1 ®anö; von bem §ol}t>ogte jur SBolfö-
fu^le einige ®änfe ober einige ©toff §onig; von jebem Snftmann in
Seftin 1 SBunb SBefen; von jebem ©(^lä(ä^ter, welcher einen ©(^arren
l^ielt, 1 1 ^funb Salg. — g^ür biefe ©innal^men l^atte er aber ani^, wie
er flagte, 07wa unb labores, bie fid^ mit wenigem ni(^t fürftellen
liefen; bie ganje ©tabt miffe, bajs er Sag unb 3lad^t Unrul^e unb faum
Seit jum ©ffen unb jum ©d^lafen l^abe, baju mürben an il^n, wie an
feine ßollegen, Slnfprüd^e gemad&t, bie fid^ gar nii^t in 3le(^nung bringen
liejsen: fo müjsten fle ©onntagö bie SJiener fpeifen unb il^nen aud^ an
SlHtagen mand&e Äanne 33ier unb manches ©tüd SBrob Derabreid^en,
SJBei^nad^ten^ gaftnad^^ JOftem V^vlo ^fingften ipftrben fie von ben Äunft^
~ 444 ~
pfcifcm, S!Bä(ä^tem, 3»ü]^renburf(]^en, ©aljwciftcm, %Vi^tm, Jrommet
fd^Iägem u. f. w. angefprod^cn, tnüfeten überl^aupt ble S3cutel ftetö
offen l^aben.
2) SDer beififeenbe unb auögel^enbc SBürflcrmeifter fianben in il^ren
einnal^men gleii^. Sebcr l^atte an fefiem ©el^Qlt 173 ft., 4 ®rcnj §oIj
iu 36 fl. unb 12 ©toff gt^einwein ju 4 ft. 12 /? gcredinet; mit bem
birigirenben Sürgermeiftcr tl^eilten fie an aiccibcntien : bic Slufgunft,
weld^e bie aSerroalter bei Uebemal^me ober SQBieberoerpad^tung ber ©tabfc
guter gaben im bur(]&f(|nittli(3^en betrage von 9—10 Sl^alern jä^rli^
bie ©trafen t)on aSerroaltem, Ärügem, ©<]^mieben unb ©d^afern, bie
wenig, mitunter Saläre lang gar nid^tö einbrachten, oon ben SSerwaltern
ju §enfen]&agen, SuHenwinfel, bem aWann auf ber SBolföful^le erl^ielten
fie für „Sienfiätten" jufammen 10 p., von bem Sud^fül^rer im Sal^rmarft
6 ff., unb von einem ^txoa fx6) einfinbenben S5ilber!rämer 18yff bis 1 p.
3) S)er abminifirirenbe Kämmerer l^atte ate ©alar 100 p., an
SBiefengelb 31 p. 12 yff, 3 ®renj §oIa unb für jeben £)fen Siegel, ber
gebrannt würbe, noä) 1 ©renj, ©d^reibegelb für iebeö §unbert Sieget
1 ß. a)aö ©e^alt ber anberen Äämmerer ip nid^t angegeben.
4) Seber ber ©enatoren erl^ielt als orbentlidie ßinnal^me 50 p.,
3 ®renj §oIj, 15 p. gifd^gelb vom Sad^sfange, bem 3Wül^(en:= unb
a}?afeferteid^ unb für H ^aUx SBein aus bem Sflat^öfetter.
©nblid^ tl^eiltcn fämmtlid^e 9?atl^§mitglieber nod; unter fid^ ben
3?eP ber jäl^rlid^en ^ad^t für ben Sad^sfang, weld^e bamafö 225 f{.
betrug, baö Jif^Ö^ib von ber großen 3WüljIe im betrage oon 80 p.
jäl^rlid^, bie von bem ^äd^ter nad^ ber 9?eid&lid;feit beö ^angeö auf
guten ©lauben bered^neten ©innal^men oom Sad^öfange bei ber f(einen
SiWül^le, com 3talfang an ber ©d^Ieufe unb oom Jieunaugenfange unb
baö SBiefengelb von bem 3)?afef erteilte in ber §öl;e t)on 21 p. —
3u biefen ©innal^men famen no(^ bie §ebungen, roeld^e hm ©ena=
toren alö Sßerraaltem ber jal^lreid^en Siebenämter juftanben. 6§ gab
bereu in biefer Seit folgenbe:
1) SDie 4 .§afenprot)iforen, 2 aus bem 3?atlje unb 2 an^ ber
33ürgerfd()aft; i^nen lag ob bie Sered^nung ber ^afeneiunal^men unb
ber 2luögabeu für bie im §afen unb am ©trome biö jur ©d^leufe, an
bem SDanmi unb ben SBrüdfen am ^fannf(^miebentf;or nötl^igen Söauten
unb bie J^erwaltung ber §afenjuftij. 3ln ©e^alt erijielt jeber 8 p. unb
bie geringen ©trafgefäHe im Setrage von 2—3 Spatem, aujserbem bie
hiben „ratj^enben" SWitglieber (iebeö 3Wal ein ©enator unb l Sürger)
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von iebcr Saft bcr au§geljcnben SBaareii 1 S. ß, im ©anjen 15 bis
25 S^alet (fo baj3 bie Sluöful^r in biefer Seit nid^t bebeutenb geraefcu
fein fann), von jebem neu fid^ fefeenben gif(^er 1 SSiertel gefaljenen
SJ)otfd^e§, tjoni ©tranbl^ering, ber int §erbfte juroeilen an ba§ %^'6x6)m
Um, 1 SBaH, enblid) ftanb il;nen ba§ dit^t ju, „auf ber 3Künbe bei
ber arbeit ein ©tücfdjen Srob unb einen Srunf SBier auf ©tabtfoften
ju fid^ ju nel^men/'
S)ie beiben 2Kfll^IenI;errn bejogen für bie aWül^e, bie Sieferung
ber 1400 ©d^effel an hcn Sanbeöl^errn ju beforgen, ©(^leufen, ©age^
bamni u. f. w. in gutem ©tanbe ju erl;alten, an SDeputat jeber 16 Sl^aler
unb 2 — 3 Sd^effel Dfterweijen, baju ,,eine ^>fingftcolIation", 1 guten
2aiß ober 1 STI^aler t)om gif(^gelb unb beibe jufammen von einem
neuen SeJ^rjungen 2 Sl^aler. —
2) SBon ben beiben Seifigem*) im 9Ziebergerid^t erl^ielt jeber an
Salar „für offene Sl^ür" 2 S^aler, beiben jufammen ftanben bie ©elb^
ftrafen im ßentgerid^te ganj, bei ben 2lemtern jur §älfte ju, fie beliefen
fic^ anf etma 10 Sljialer für jleben; ber ratl^enbe ©erid^töoogt erl^ielt
nod^ befonbere fleine ©portein. —
S) g^ür jebeö ber beiben ©pitäter von ©t. ©piritüö unb ©t.
©eorg forgten je 2 ©enatoren; ftefül;rten bie §oöpitalregifter unb uer-
loalteteu unb t)ert^eilten bie Hebungen ; bef onberö lag il;nen bie 3luf fi(^t
über bie baju gel^örenben Dörfer Seftin, ©emmeroio, ©pie, 9ioffentin,
©imöfeel, SBuffo«) unb 9lemer ob, fie waren gel^alten, raenigftenö jwei
SKal im Saläre bie Dörfer ju bereifen, im grü^jal^re, mn naä) ber
SBeftellung ber ©aat ju feigen, im §erbfte, um bie ©d^eunen ju Difi-
tiren unb ben Snl^alt berfelben imS^orfbui^e auf jujeid^nen ; anä) ftanb
il;nen bie ®ntf(^eibung über ©treitfac^en jroifd^en ben Sauern ju.
9]nr üon ben SJörfern l^atten fie nennenöroertl^e (Slnnal^men, meift in
^ornl&ebungen, 9taud)l^ül^nern unb ©änfen mit bem nötl^igen §afer jum
gettmad^en t)eftel^enb, im SBettlje von 10 fl. für jeben. 35ie Slufgunft,
raeldie bei SReubefefeung ber §öfe entrii^tet werben foßte, befd^ränfte fid^,
ba bie Seute felber §ülfe unb Sufd^ufe gebraud^ten, auf i ©tiege gier
ober ein „Iranfes" §ü]^n(^en.
*) 3um Saläre 1598 l^cigt e3 in einer (täbtifc^en Urfunbe: 3m SSeifcin ber
beiben ^tc^tpdgte äl'iatt^aud p. S3raunf4tDeig unbS3enebict D.^ol^enl^aufen be«
fd^liegt H^ $)a!enamt u. f. w, ^iernadi) i{t bie Eingabe auf @. 366 ftber bad 9lieber«
ßericftt JU bcric^itigcn.
— 446 —
4) ®er ^rot)ifor beö ©ie^enl^aufe* l^tte afe ©alar nur „©ot
teölol^n".
5) 3)ad ^ßromforat beö Sammregifterö, frül^er bem iüngften <Se^
nator juftel^enb, war in biefer Seit t)on ber Äämmcrei übernommen;
bie ©innal^me betrug etwa 4 fl*
6) 5Die beiben aWitglieber bes ©reoengerid^tö (f. ©• 367) erl^ietten
jeber eine Sonne ©alj unb bie ©trafgefätte t)om ©aljberße.
7) ®ie 2 ober 3 für längere 3eit erro&i^tten ©d^olard^en, unter benen
geraöl^nlid^ ein Sürgermeifter ober Äämmerer raar, l^^tten für bie Snfpeo
tion ber ©(^ulen unb ba§ 2lffefforat bei bem ^atronengeriiä^t fein ©el^alt.
8) SBon b^n beiben ^rooiforen ber ©t. 3KarienIir(^e, 1 ©enator unb
1 ©üljoerwanbten, welche ba§ Äird^en^, ©d^ulbefotbungß^ unb Sauregifter,
aud^ mel^rere Segate oenoalteten, erl^ielt ber erfte ein ©alar von 32 ff., ber
jroeite l^atte nur ben Sol^n oon ®ott unb frei ©eläute m^ feinem Sobe.
9) SHe ^rooiforen ber ©ertrubenfird^e, beren Äird&l^of imb ©e^
läute aud^ nad^ bem 3lbbru(^e beö Äirc^engebäubeö (1675) nod^ er=
l^alten war, fo wie bie ber ©t, ©eorg-, ©t SRifolai- unb ©t. ©pirituö-
fir(^e waren ganj ol^ne ©alar.
10) S5ie Äriegöcommiffarien — jebeömal bie 4 jüngflen ©cnatoren
— welche ber 9Jlufterung beiwol^nten unb alle auf ber SBad^e u. f. w. vox^
fallenben Srrungen entfd)ieben, l^atten alö ©alar ni(^tö als „SBerfäimnüfe."
11) 2)en 2 Slffefforen im gemifd^ten ©erid^t, vor weld^eö bie ©treitigs
feiten jwifd^en bürgern unb©olbaten famen, fielen mitunter ©traf gelber ju.
12) SDie 4 ©d^afel^erren, welche alle SSierteljaljre im 2)ienfte ab^
wed)felten, platten an jiebem ©onnabenb bie gleif^taje feftjufefeen unb
burdö ben 9Karftmeifter an bie im ©d^arren aufgehängte Safel fd^reiben ju
Iftffen, aud^ bie SBrobtaje nad^ bem iebesmaligen greife ju beftimmen unb
bie S3ädfer ju betrafen, beren ©ebädf nxä)t üoHwid^tig war; als ©alar ^aitm
fie oft, „ba§ fie baö"§leifd^ tl^eurer bejal^len mußten, als fie e§ tasirten."
13) SDie §olj= unb gifd^l^erm — erft vor W Salären eingefefet,
fo ba^ alfo baö Snftitut ber ^oljl^erren (f. ©. 351) wieber eingegangen
fein muJ3 — l^atten bie §oliungen bei ben Dörfern jäl^rlidE) jweimal
JU befid^tigen, ©d^onungen anjulegen, bie ^oljoögte ju if)rer ^flid;t
anjul^alten imb auf bie SBernid^tuug ber argen geinbe ber länbUd^en
§eerben, ber äBölfe, l^injuwirfen, bie in ben SBinternäd^ten fid; nod^ in
bie SDorfgaffen wagten unb burd) il^r ©el^eul bie Sewol;ner an^^ beut
©(^lafe fdjredten. gür bie SSdlbungen war in ben legten 3al;ren
©inigeö gefd^el^en: neu angefäteö g^id^tenl^olj war an mehreren ©teilen
— 447 —
in gutem SBai^ötl^um, bo^ bie SBerfud^e mit ber Stnleßung t)on &^^n^,
Sudjem imb ^ixUn^B^onnwQm xx^axtn faft überall mißlungen; btc
neu angelegten gif(^ereien waren in ben meiften Seilten iDieber einge-
gangen. SDaö ©alar biefer §olj= unb gif(^I;erren beftanb für jeben in
4 ©renj §oIj, einer ^^ortion lObft au§ htm 3eftin*f(^en §errengarten
nnb einer Sei^ülfe ju ben Sieifefoften.
]4) SDie g^euerl^erren l^atten baranf ju ai^ten, ba^ bie Söfd^ge*
ratl^e in gntem ©tanbe erl;alten würben, unb beöl^alb l^atte jeber von
il^nen einen ©d^tnffel jum Seugl^aufe, ©el^alt belogen fie ebenfo wenig,
wie bie einige Saläre Dorl^er Derorbneten ^roüiforen pm SBorratl^öIorn,
wel(I)e§ auf bem 9tatl;l;au§boben für SRoH^föHe aufgefd^üttet lag, bie
©üljenbirectoren (2 au§ bem 9iat{)e unb 2 aus ben ©üljoerwanbten)
unb bie in gleid^er SBeife jufammer- gefegten gelbinfpectoren unb ^xovU
foren ber brei Slrmenregifter*
3ln Unterbeamten bef(^äftigten bie tjerfd^iebenen Kollegien 5 ©e-
cretärennb 11 SDiener: 1 ßberbiener, 1 SDiarftmeifter, 3 S3ürgermeifter=:
unb 1 5lämmerei=S5iener, 1 SWiebergeridjtö^, 1 §afen= unb 3 ©tabtbiener
ober §äfd;er, ungerechnet bie SBäd^ter unb .S3ierfpünber.
@ö war mit wenigen SBeränberungen bie altfiergebrai^te, umftänb?
Iid;e SBerwaltungöweife, bie in einer Seit, wo bie rei(^eren SBürger,
weld^e von ben ©rträgen ber ©ülje unb be§ §anbel§ lebten, eine ©l^re
barin festen, nebenbei bie ftäbtif(|en 2lemter für geringe ©portein ju
verwalten, bie Äaffe ber ©tabt nid^t fe^r in 3lnfprud^ nal;m, jefet aber
bie ©innal^men berfelben t)erf(^lang, ol;ne burd^ JOrbnung, gute aSer^:
wenbung ber Witkl unb ©teigerung ber Erträge einen ®rfafe ju leiften.
Xnxä) bie frül^ere ^Regierung waren jwar manche wol^Ül^ätige SBerbeffes
nutgen eingefül^rt, bodj l^atten fie ni^t genügt, bie alten ®inri(^tungen
mit ben Sebürfniffen ber ©egenwart ju t)erfö]^nen* S)ies fonnte faum
auf anbere SBeife erreid^t werben, alö baburd^, ba& eine Mftige Slegie^
rung bie ©darauf en ber ^^rioilegien hnxäjbxaä)^ au§ eigener 3Wa(^toolI=
fommentjeit bie baufälligen @inrid^tungen umrife tntb neue jwedmäjsi'
gere an ifire ©teile fefete. S)iefe gro^e Umgeftaltung beö SBeftel^enben
erfolgte in befonberen „ratl^^äu§lid^en 3?eglementö" für jebe einjelne
©tabt, für ©olberg im Saläre 1717 (14. äuguft).
einft l^atte ber SJatl^, ben ©^nbifuß abgered^net, 24 SKitglieber
gejäl^lt, unb ba§ bamalige Kollegium glaulbte mit ©elbfljufriebenl^eit
baranf l^inweifen $u fönnen, bafe eö bie ftäbtifdpe SSerwaltung mit jwei
SDrittel biefcr Sai^t beforge; inbeffen bem I;auöl^älterif d^en ©imje beä
— 448 —
Äönigö, weld^er bei feinem SRegienmoSantritt fofort einen grölen %^dl
feiner befolbeten Äamnterl^errn unb Äamweriunfer, feine ^pagen unb
©d^weijergarbe entlaffen [;atte, mußte anä) bie beftel^enbe 3al^l von
3 SBürgermeifiem, 3 Kämmerern, 9 Senatoren, 1 ©pnbifuö nnb 5 ©e,
cretären afe eine fiberflüffige Selaftung ber ©tabtfaffe erfd^einen, ,,voU
lenbö bie 1 1 Siatl^öbiener, bie nüt i^ren rotl^en 3Wänteln überbiefe aller
SBelt jur SRoferie gerei(^ten, wären bei feiner §aupt|iabt ^argirt."
SDie 3al^l ber SRatl^Smitglieber würbe beöl^alb auf 2 SBürgermeifter,
2 Äämmerer, 1 Äämmerei-ßontroKeur, 1 judex perpetum unb 4 ©e^
natoren befi^ränft.
SBid^tiger no(^ als bie §erabfefeung ber Sal^l war bie Seftüm
mung, ba^ bie 3?atl^öftellen nur von fad^funbigen 3JJännern be!leibet
werben foHten, bie in ber SBerwaltung berfelben i^ren Sebensberuf fan^
ben. SDamit l^örte biefe auf eine ?lebenbef(^äftigung ber ^atricier ju
fein, fie fam in bie §änbe Don „ted^nifd^en ^Beamten." SBon ben 4 ©e^
natoren follte ber eine ©tabtpl^pfifuö, ber anbere Slrd&itect, bie beiben
übrigen Äauffeute fein, von benen ber eine ben aSoDt, ber anbere ben
Äorn^anbel oerftänbe. S)er Äämmerer perpetuus follte ein gefd^idteö
Subjectum fein, ber Uebung im Siei^nungöwefen unb in ber Defonomie::
SGBiffenf(^aft befäjse unb eine auörei(^enbe Gaution [teilen fönnte', ju
SBürgermeiftern burften nur nod^ Sied^tögelel^rte unb jwar nur bie fät;ig-
ften auö bem (Kollegium ol^ne SWücffid^t auf baö 2)ienftalter, wel^eö
frül^er gemö^nlid^ maßgebenb gewefen war, gewählt werben. 5ölit biefeu
5Beränberungen fiel natürlid^ aud^ bie alte ,,Umfefeung" ber Slemter,
befonberö ber üble, fd^on 1713 unterfagte 3JJipraud^ fort, baß bie SBer-
waltung ber ©tabtfaffen bei bejt brei Äämmerern umging unb jeber
ben SReft ber Seftänbe aus feinem SBenoaltung^jal^r fo lange bel^ielt,
bis bie SRei^e wieber an i^n fam, wobei mani^er ber aSerfud^ung unterlag^
mit bem ®elbe ber ©tabt ju eigenem SRufeen Seil^gefd^äfte ju treiben.
SDaö Sieglement begnügte fid^ nid^t mit ber Umgeftaltung im SW-
gemeinen, e§ gab aud^ genaue SJorfd^riften für ben ©efd^äftögang in
allen 3weigen ber ftäbtifd^en 58erwaltung, unb bie ^eftfefeiutg felbft ber
aiuögaben für Rapier, ©iegeEad unb Sinte jeigen, bafe bem fd^arfen
Slugen ber ßommiffarien aud^ bie unbebeutenbfie Unorbnuug unb aSer=
fd^wenbung ni(^t entging. S)ie Dor ben SRatl^ gebrad^ten Ba6)m foHten
nid)t mel;r burd^ ^Deputationen, fonbern collegialiler be^anbelt werben,
unb baö ßoHegium foU bei feinen Sßerljanblungen nict;t mel;r wie früf)cr
an brei, fonbern an einem 2ifd^e fi^en, — 2)aä Sfliebergerid^t, bem alle^
— 449 —
il^m m^ alter DbfcrDanj jiijiel^enbcn ©a$cn t)erBlelben, t)ern)altet von
iefet an ber judex perpetmis, bod) ntit Sujiel^unö t)on aS^i t)om Statine
auö bcn gunfjcl^nmännerii ermäl^Iten ©(ä^öffcn ober ®eri(3^töleuten naS)
bem Sraud^e anberer ^>rot)injen. SDiefen föttt, lüetl fie fein ©el^alt
bejiel^en, ber merte Sl^eil ber ©trafgelber jii, bie anberen bret 5Biertel
werben ntiä^t mel^r üon ben 3li(3^tern gejogen, fonbern t)oti ben Äämme-
rem ju ben ©tabtcinna^men beredjnet, ebenfo foH e§ mit ben Sngen
t)on SBerroaltern, ©d^afem unb ©utsuntertl^anen gel^alten werben, beren
©treitfa(3^en t)on jefet an nic^t mel^r t)on ben S)orf|ierm, fonbern t)on bem
ganjen 3?at^e cntfd^ieben werben* Ueberl^aupt werben alle 5Rebenein=
nal^men caffirt. 2)ie SSerftä^Ieppung ber ^rojeffe wirb bei flrenger ©träfe
unterfagt, unb um ber angeerbten ^rojefewutlj einen 3ügel anjulegen
unb ber ©tabt bie fd^weren ©erid^töfoflen ju erfparen, wie fie nod^ in
ber §öl^e t)on 1500 Sl^alern t)or furjer 3eit ein jwifd^en bem Slu§=
fiä^uffe unb bem SWatl^ gefül^rter ?Proje)3 t)erurfa(^t l^atte, wirb bem Statine
baö SRed^t, bie ^rojeffe im SRamen beö SRatl^l^aufeö ju filieren, ganj ge^
nommen unb bem Sommifforiatöfiöfal übertragen.
eingel^enbe gürforge erfäl^rt ber ftäbtifd^e ©runbbefife. Sie 2lÄer-
werfe auf ben SDörfern follen alle 4 Saläre neu t)erpa($tet, bie „©tabt=
bauwerfe", namentH(^ ber (aud^ bamalö no(^ in ber SBenbeftrafee bele^
gene) ©tabtl^of mit bem baju gel^örenben SCdergrunbe, ebenfalls x)er=:
pad^tet werben; bie 4 ©tabtpferbe bafelbft, bie mel^r jur Sequemlid^feit
beö SRatl^ö, alö jum SRufeen ber ©tai)t bienen, pnb ju oerfaufen, ebenfo
bie ©tabtfutfd&en bis auf jwei, weld^e bem Statine ju Steifen in ftäbti^^
f(^en Slngelegenl^eiten Derbleiben foDen. SBäl^renb au(^ bie rec^tlid^e
Sage ber fleinen Seute auf bem Sanbe gebeffert unb rorgefd^rieben wirb,
bafe bie §öfe auf ben Dörfern ben Untertl^anen gegen ©riegung beö
©rbpad^tgelbeö erb^ unb eigentl^ümlid^, wenigftenö für bie Äinber, über-
laffen werben, fo ijl bod^ fel^r übel t)ermerft, ba§ bie meiften SBiefen
unb fel^r oiel Sanbung t)on ber ©labt abgeriffen Ift unb fi(^ in ben
§änben ber 2lmtöbauem unb ©apitelöbörfer beflnbet. S)er 9latl^ fott
barauf ad^ten, bafe baö SSerlorene für bie ©tabt wiebererworben wirb,
unb bie fremben Sefifeer foIIen bis bal^in vorläufig ben britten Sl^eil
ber Erträge al§ Seitrag ju ben bürgerlid^en Safien tragen, bie Sled^r
unb SBiefen beö SRatl^l^aufeö auf bem ©tabtfelbe, t)on benen ein flatafter
anzufertigen ift*), nur an Bürger t)erpad^tet werben. — SDamit bie SBal«
^) 9lo(^ ie|t auf bem 9tatl^l^aure vorl^anbetu
— 4^0 —
Zungen bcffcre ©rträge lieferten unb bte nlte ^oliDerrDfithmg öu^otfe,
foBte eine regelmäjgige gorftroirtl^fd^aft mä) (2 (ablägen eingefül^rt n)erben,
unb ba bie auf bem ©tabttoalbe feit alter 3eit nil^enben Saften ber
§oljab9aben ju SBefolbungen nur einen geringen Sl^eil ber ©rträge in
bie ©tabtJaffe fomnten liejs, fo würbe baß „ju milbe repartirte" ^putal-
©renjl^oli, tDeld^eö jäl^rlid) mit einer ©uninte von 750 Sl^alent atige^^
fefet war, erl^eblii^ verringert, unter anbern audj bie Sänge genau Dor^^
gefd^rieben, unb ber ^fanbl^of alö ber JDrt beflimntt, von wo jeber fein
©eputat abjul^olen l^abe.
.S)ie Seitung ber ftäbtif(|ien Sauten würbe, ütn bem üerfd^roenbe^
rif d)en 58erf al^ren unmiffenber Äammerer bobei ein ©nbe ju mfad)en, in
ber §auptfa(ä&e bem ftäbtifd^en 9tatl^ö'83aumeifter übertragen, bie Siegel^
f(^eunen, bie mel^r fofteten, als fie einbröd^ten, fofften abgefd^offt werben,
ba bie ©rbe bei (Solberg fid^ wenig jum Srermen eigne unb bie S)äd^er
in ber ©tabt überbie§ meift mit l^oHänbifd^en unb Söbedffd^en Pfannen
gebedt feien* —
SDen fd^ärfften Säbel erfäl^rt baö ©rebitwefen. Sßirb bem Slatl^e
überl^aupt eine uerfd^wenbertf^e, unuerantwortlid^e SBirtl^d^aft ©d^ulb
gegeben, bie ben Stuin beä ganjen ©emeinwefenö l^erbeifü^re, fo lOirb
itjm nod^ inöbefonbere leid^tfinnigeö ©(^ulbenmad^en jum SBorwurfe ge-
mad^t; bem fei eö jujufd^reiben, ba§ bie ©d^ulbenfinnme jur §ö^e von
102,680 fl. angewad^fen fei; wie ju ber geringften ftäbtif^en 3luögabe
bie ©enel^migung ber SBel^örbe erforberli(^ war, fo follten aud; ol^ne
©rlaubni^ ber ratl;l^äuöli^en ßommiffion in 3ufunft.t)on i^m feine
neuen Kapitalien aufgenommen werben. 3um 3wed einer gered)ten,
bie aSürger naä) SÜJa^gabe il^res SSermögenö l^eranjiefienben SSefteues
rung§weife wirb bie 33ürgerf(^aft t)om SKatl^e mit Sujiel^ung ber ©ilben
unb ©ewerfe in 6 ©teuerttaffen eingelf)eilt*).
©ö ift ni(^t möglid^, alle ©irtjell^eiten beö SJeglehientö üorjufü^ren,
erwäl^nt fei nur nod^, ba§ an^ ba§ 3\u\\U unb ©ewerbewefen barin
SBerüdfid^tigtmg fanb. ©ö würbe bie Sefleffung eineö fläbtif d^en ©d^orn^
fteinfegerö unb bie SBiebererrid^tung be§ feit langer Seit eingegangenen
©djlac^tl^aufeö angeorbnet. Stuf beu griebcn in ber ©tabt wir!te wdl;l-
tptig bie ^Bereinigung nalje »erwaubter ©cwerbe, wie bie ber SoS- unb
geft^Säder (Andren- unb SBrobbäder), in bereu fünftlidjer 2lbgten}ung
*) ^tx attc gRatlj)«-, S3ür0cr'i ©cioevFc» itnb SBorftöbter (öc^ofe i(l na(^ IBe«
liiaiiptuno beä Solbcroer älatje fein ®üterfcl)oB, fonbem Mojc 9{ecp0nition«0ebü5r.
— 451 —
ein immcrwal^renber 2lntrteb ju ©Ireit unb ^tojeffen lag, unb bie Se=
ftititmung, baß feiner jnm aWeifter angenommen .werben foDte, ber nid^t
eine Slnjal^l von Salären gewanbert l;abe, mußte, inbem fie ben gebo-
renen ßolberger jraang, eine Seitlong auö ber Sefc^ränftl^eit beö l^er=
fömmlid;en ©djlenbrianö l^eranöjntreten, einen wol^Ul^ätigen einPuß auf
SSilbung unb ©efc^idlid^feit be§ ftäbtif^en ^anbwerferftanbeö ausüben*
©(^on bamalö würbe bie ©rridilung' eines „©pinnl^aufeö für Iei(^tfer5
tigeö unb faules äSolf" angeorbnet, boc^ würbe erft 1734 neben bem
1721 an ber ©teile ber alten Söabeftube erbauten SBaifenl^aufe ein 3ud^t-
unb 3lrbeits^aus eingerid^tet, wo t)agabonbirenbe 33ettler, frembe unb
einl^eimifd^e, unter ftrenger 3ud;t, wenn eö nötl^ig wäre, an^ mit ^eit-
fdjenfd^lägen jur 3lrbeit unb ju einem regelmäßigen 2Am angel^alten
werben f o Uten. S)ie ©ewerf e, namentlid^ bie Slafd^mad&er, würben an^
gewiefen, ben Snf äffen beö §aufes ©elegenl^eit jur 2lrbeit ju geben.
aJtit bem Sanuar 1718 trat bie neue aWagiftratsorbnung in bas
Seben. SDer trofe bes SBiberfprud^s von ©eiten beö SRatl^s auf Sefel^l
beö Äönigs von bem 3tegieruugSrat]^ t)on ^obewilö unb bem Dberft^
lieutenant t)on SBojI^eim 1716 militari 7nanu in ben 9iatl^ eingefül^rte
ßolberger ®arnifon-£)beraubiteur SDh ©d^ulfee unb ber bamalige Ääm^
merer %i). §ovpe würben ju SBürgermeiftern ernannt, gegen Sanbrat^
SBinter unb Söürgermeifter Seömar, weld^e wegen i^res l;ol^en 3llterö
jur 58erwaltung i^rer ©teilen untauglid^ fd;ienen, fo wie gegen bie übri-
gen i^rer Functionen entl^obenen SDiitglieber würbe babei bie SWttdfii^t
beobachtet, baß il^nen Sitel unb ©innal^me unb baö 9ied^t, an ben SRatl^s*
fifeungen 3lntljeil ju nel^men unb ben SRatl^sftul^l in ber Äird^e ju be-
nufeen, auf SebenSjeit gelaffen wmbe. —
S)ie aSerbefferung ber fiäbtifd^en ginanjen, baö wirtl^fi^aftUij^e
3luffommen ber ©tabt, bie ©teigetung il^rer SeiftungSfäl^igfeit für ben
©taat war ber praftifd^e ©efid^ispunct gewefen, weld^er ben Äönig bei
feinen 3fleuerungen geleitet l^atte; nur in fo weil würben bie beftel^enben
aSerl^ältniffe lungeänbert, als fie von biefer ©eite l^er pd^ mangelhaft
erwiefen l;atten, unb es blieb bem Siatl^e bal^er ein großer 2^eil feiner
frül^eren Sefugniffe: bie Suftiäoerwaltung, bie ftäbtifd^e ^olijei unb bas
^atronat über Äird^en unb ©d^ulen, Snbeß bie flarfe Seoormunbung,
weld^e bie (im Sa^re 1723) neu gefd^affene große ^romujialbe^örbe
ber Kriegs- unb SDomänenfammer, bereu JOberauffid^t aud^ bie ©täbte
untergeben waren, burd^ ben Commissarius loci (meiftens jugleid^i
©teuercommiffar), ausübte, nal^m bod^ aud^, wä^renb fie vox ^Riitjtavk*^
— 452 —
fd^iifeen woHte unb ©orgc trug, bafe ®innal;tiien unb Slusgaben gut Qe^
huä)t würben, beut 9iatl;e naä) allen ©exten bie greil^eit, na6) eißenem
ermeffen ju l^anbeln, fie jog ber cowmunalen ©elbftftänbt^feit fel^r enge
©(^raufen unb regte bie ftäbtifci^e Sel^örbe nidjt jur ©elbfttl;atigfeit an.
Sie SBaIbn)irt]^f(^aft j. 93. befanb fid^ nod^ 1800. in ber alten fd^lei^tcn
Sßerfaffung: ber ©tabtwalb brad)te bamatö (abgefel^en t)on bem Deputats
l^olj) 187 Sfilr. 3 Sgr. ein, baoon gingen für S^erwaltungö- unb (Sul-
turtoften 100 S^lr. 9 ©gr. auf, fo baß biefcö alte Äleint)b ber ©tabt
il^r nur einen ^Reinertrag t)on nid^t ganj 87 Sl^lr. gewäl^rte, 3lm @nbe
be§ Sal^reö 1 806 würbe bie gorberung be§ ßommanbanten, 800 ^aUU
faben auö bem ©tabtroalbe ju liefern, t)on beni SDiagiftrate mit ber Se-
merfung abgelel^nt, baß berfelbe wegen feiner fd^lec^ten Sefi^affenl^eit
von ber ©omänenfamnier gänjUc^ gef(^loffen fei ^). Sffiieberl^olt griff
femer bie Sel^örbe eigenntäd)tig in ba§ ©elbflcrgänjungöred^t beö aJiagi^
ftratö ein unb ernannte Statl^öl^errn, unter iljnen — was in ber immer
nod^ ftreng lutl^crifd^en ©tabt großen 2lnfto|3 erregte — anä) Sieformirte,
ol^ne auf bie f($wäd^lid^en' ^^rotefte beö 3tatl^ö SKücfficJ^t ju nel^men. ©rft
unter ber ^Regierung griebrid;ö be§ ®ro§en (im Saläre 1747) würbe
bem SRatl^e bie freie SBa^l feiner 3JZitglieber jurüdEgegeben (f. ba§ a?er^
jeid^niß ber SRat^gmitglieber biefer Saläre im 3lnl;ange).
S)ie älteren ®efdE)le(^ter ber ©tabt, bie aus ben Seiten größerer
©elbftftchibigfeit ein ftärferes Sewußtfein il;rer ratJ^öJ^errlid^en 2Bürbe
ererbt Jiatten, fonnten fid^ in bie beengenbe unb bemütl^igenbe ßrbnung
nid^t finben, wel(^e für jebe aBiberfefelidjfeit ober jögernbe Sluöfü^rung
berSefe^e ©elbftrafe ober 3lbfefeung^t)erf)ängte unb bie (Entfernung von
golberg anä) nur für eine 9?ad^t üon ber ßrlaubniß beö ßommiffariuö
abl^ängig mai^te. 3lu(^ burd^ bie SBerbefferung ber ©el^ älter, bie ber
^önig anorbnete, „bamit bie Patrkü nid;t gejwungen wären, in anberen
Säubern i^re foHune ju fud;en unb "00,% SSaterlanb nid^t um ben SDienfl
manches gefdjidlen Subjednms betrogen würbe", ließen fid) nur wenige
von il^nen bewegen, bie enge Swangsjadfe anjulegen unb unter ben
3lugen beö ftrengen 33orgefefcten g^ro^nbieitfte ju tl^un. ®§ finb bal^er
meift neue, unbefannte 3?amen an§^ ber 5>i^cmbe §erbeigejogener, bie
uu§ längere Seit in bem 33ürgermeifterregifter begegnen. 2)ie alten
g^amilien liaben fid^ grollenb jurüdgejogen.
S)ie ©trenge unb SBiUfür, in wetd;e fid^ "oa^ lanbeöüäterlid^e
SBol^lwoIIen be§ Äönigö ^u Seiten fleibete, erregte aud^ wol^l in weiteren
Äreifen mitunter ftiUeö SKißoergnügen; baß bie ©tabt von 't>^n Ueber^
— 4B3 —
fd^üffen — bte fttilx^ erfi burd^ bie ©parfamfeit ber neuen Sßerroat
tung mögliiä^ würben — Seiträge jum S3au ber ©ööliner ©d^IoPir(3^e,
be§ ^otsbamer SIBaifenl^aufes, einer Äird^e in ^ot§bam u. f. xo. ju
jal^len angewiefen rourbe, empfanb man übel als wiHfürlid^en ©ingrtff
in bie ©tabtfaffe, wäl^renb weniger S3ea(3^tung fanb, bag j. 83. 800 ®id^en
aus (Stettin jum ßolberger §afen geliefert würben, unb liart ^ä)un eö,
als 1720 bie t)ornel^mflen Äaufleute ber ©tabt fid^ eiblid^ t)erpflid^ten
wußten, bie jungen 2tnU, bie aus g^ur(3^t, x)on ben SBerbem gepreßt
ju werben — unter il^nen auä) langgewai^fene Primaner — \i6) vex^
ftetft ober bas SBeite gefud^t l^atten, wo fie fönnten/ auffud^en unb an^
jeigen ju wollen; auä) fonnten bei ber t)ielfad^en büreau!ratif(^en ®in-
mifd^ung wirfli(^e SKi^griffe in ber 2lnorbnung wol^lgemeinter aWafere^
geln nid^t ausbleiben, ©o l^atte ber ^önig befol^len, in 3ulunft bas
ßolberger 33ier nad^ ^otsbamer Strt ju ixanm, unb bie Srauergilbe
l^atte auf gemeinfame Roften einen ©d^openbrauer bortl^in fenben muffen,
um bie SBrauweife fennen ju lernen. Sa inbe§ bas neue 33ier in 6ol=
berg ni(^t re(^t geratl^en wollte, aud^ bie Bereitung foflfpieliger war,
als bie alte, fo bat bie ®ilbe um bie ©rlaubnife, ju ber alten SBeife
jurüdEfel^ren ju bürfen. 9lber es fam ftrengfte Slnweifung, bei ber ^otS=
bamer 3Wetl^obe ju bleiben, unb bie ©d^openbrauer mufeten fd^wören,
fein anberes 33ier brauen jU wollen. S)as 33ier blieb f(^le(^t; „93ürger
unb ©olbaten tranfen fid^ baran bie Äolif an ben §als." ®rft ber
3ladE)f olger griebri(^ SGBill^elms, fußfällig barum gebeten, rerftattete ben
©olberger SBrauern, il^r S5ier wieber nad^ ber aSäter SBeife^ brauen ju
bürfen. Sie fd^weren Soften waren von ber Srauergilbe umfonft aufs
gewanbt.
es war natürlid^, bafe man unter bem Srudfe ber ©egenwart,
in weld^er wenig war, was bie ©eelen erl^eben fonnte, gern an bie
' 3Sergangenl^eit jurüdfbadite unb fie, um bie ©egenwart l^erabjufefeen, als
bie golbene Seit ber ©tabt pries. Sie Sobrebner ber guten alten 3eit
l^atten jeboi^ fel^r übertriebene aSorftellungen t)on bem frül^eren 2Bol^l=
ftanbe ber ©tabt, unb bie Sel^auptung bes ^^aftors §oppe, bag ßolberg
noä) um 1700 10,000 Sewo^ner gel^abt l^abe, ift rein aus ber Suft
gegriffen. 3lngaben über bie Sewol^nerja^l in älterer Seit finb nid^t oor=
l;anben, unb aus üerein^elten SRotijen, j. SB. bajs im Saläre 1601 in
ßolberg unb in ben SSorftäbten über 200 Sinber geboren feien, einen
Siüdffd^luß auf jene ju mad&en, ift mifelid^. 3m Saläre 1740 l^atte bie
©tabt 5027 Sewol^ner, bei ber ©efd^loffenl^eit ber Sünfte, weld^e hio,
— 454 —
SHtebctlaffung fo fel^r erf^töerte, ifl eine erl^ebltiä^ örößere Sal^l in
frül^erer Seit faum attjunel^men, fie wirb mii^ in ber glänjenbfien 3eit
ni(3^t über 6000 l^inausgegangen fein. Um 16?8 l^atte bie ©tabt mit
ben SBorftäbten 999 SBo^ni^äufer, 1782 mit ben SBorftäbten nur 827,
1791 814 §äufer, boä) roaxm bie SBol^nungen, namentlid^ bie ©iebet
pufer, in frül&erer Seit meniger jur Slufnal^me t)on 3Wiet]^eni eingeri(^tet.
Stuf ber SIKünbe mol^nten um 1750 88 gamilien, 341 ^erfonen. SDo^
gegen mar unjmeifell^aft ber SBol^lflanb ber ©tabt gefimfen, unb ber
©ii^tung ber Sobrebner ber alten Seit etmaö SBal^rl^eit beigemif(^t, nur
bafe man bie maleren Urfai^en beö ©infenö (f. ®ejd^. ber ©ülje unb beö
§anbefe) in Slebenbingen futä^te unb bieö 2Ra®eln ber ^Regierung ^u^
fd^rieb, bie t)iellei(3^t l^ier unb ba ben natürlicä^en ®ang ber 2)inge ge^
förbert l^atten* S)aju gel^örte in ttxoa^t bie §anbefepoIitif bes Äönig§.
3)er Äönig mar eifrigft bemül^t, bie Snbufirie in feinem Sanbe
}u förbem, er jleigerte bie Sud&fabrifation in bem ©rabe, ba^ er fein
ganjeö §eer in inlänbifiä^e Znü^e Heiben fonnte unb babei no(^ mieber
2;u(]^auöfu]^r in bie ^rembe 1nögli($ mürbe, ^oä) maren bie jum ©d^ufe
ber inlänbifd^en 3nbuflrie ergriffenen SKagregeln, inöbefonbere bie 2lb=
mel^r frember Snbujlrieerjeugniffe, ni(^t immer aud^ ein SSortl^eil für
ben §anbel. Sluf biefen mirften bie SSerbote, frembe 2u(^e unb im
Sluölanbe gefertigte SBoIIenmaaren ju tragen, unb an bie Krämer: l)oU
länbifd&e unb englifc^e %\x^e ju fül^ren unb ju üerfaufen, ober einl;ei=
mif(^e SBoIIe auöjufül^ren, l^emmenb ein. 2llö befonberö nad;tl^eilig für
ben (Solberger §anbel bejeic^nete baö ©eglerl^aus, meld^eö von ben 33e=
l^örben aufgeforbert mar, 5ßorf(^läge ju mad^en, mie bem §anbel ber
©tabt aufjul^elfen fei, neben bem SSerfaH ber ©ülje baö aSerbot, fram
jöfif(^eö unb fpanifd^eö ©alj einjufül^ren. @ö erflärt in feinem ®nU
a6)tm Dom Saläre 1720, ba§ SSerbot üernid^te nid^t nur ben namentU(^
mit ber Sluöful^r von ?ßottaf(^e nad& g^anfreid^ betriebeneu §anbet, ber
nur einträglid^ fei, menn bie ©d^iffe fpanifdjies unb fraujöfifi^eö ©alj
afe SaHaft jurüdfbringen lönnten, fonbern, ma§ meit nai^tl^eiliger märe,
au(^ ben §anbel mit ^olen ; bieö Sanb fei f onft bie redete ilornf ammer
für ßolberg geroefen, jefet brä(^ten feine 5laufleute Äorn, ^ottafd^e,
S^eer u. f. m. nad^ SDanjig, meil fie von bort fpanifd^eö unb franjö=
f(^e§ ©al} bejiel^en fönnten; au(% ©rüfee, ©ifen unb §eriug (jolten fie
iefet nic^t mel^r an^ ßolberg, unb mäl^renb frül^er lange Süge von
200 SBBagen ausholen in ßolberg eingetroffen mären (©. 168), fämeu
Je^t in a^t Sagen nid^t jmei, baburd^ büßten Srauer unb §anbmerlev
~ 455 —
an iftal^ruttg ein. SfuJBerbcwi vetlktt ber §anbel burd^ bie Slbnal^me
bcr ©ülje; feit einffll^rung beö §alle'fd^en unb ©(ä^Önebed'fd^en ©alaeö
fei ber 3lfefafebejirt für baö ©olberger ©alj bef(3^rän!t, unb eö werbe
nur no<]^ wenig gefötten; bied ^abe a\x^ bie nad^tl^eilige SBirfung, bajs
e§ ben Sßer6rnu(i^ be§ §ol}eä unb ben §anbel bamit verringere; baburd^
feien an^ anbere ©emerböjroei ge bebrol^t: bie S3ött(^er, g^ul^rleute unb
2agelöl;ner fäfeen ftill, unb bie Ran^enk müßten Saläre lang grojse 6a^
pitalien in ©alj unb §oIj unt)erjinft ftedfen laffen; in 2)anjig t^äte
au<fy baö Söneburger ©alj grojsen ©(^aben, unb mm vergangenen Saläre
f)ex lägen bort no^ 200 Sonnen Solberger ©aljes unoerfauft. — 3?a(ä&-
tl^eiliger no(§, ate baö SSerbot ber ©inful^r bcö fpanifd^en unb franjöfifc^en
©aljeö, roirfte auf ben §anbel mit ^olen ber l^ol^e ©ingangöjoH von
8 gg7\ auf ben ©d^effel, ber ju ©unften beö einl^eimifd^en ©runbbefifeeä
auf baö polnifd^e ©etreibe gelegt war, eö brängte ben polnif(^en Äom^
l^anbel ganj naci^ S)anjig, wo bie ©inful^rfleuer nid^t gejal^lt werbeit
brau(^te, unb natürlid^ fiel aud^ bie SRüdfrai^t von ©olberg nad^ ^olen
fort 2).
©enaue Slngaben über ben ©olberger ^anbel auö älterer Seit fel^len.
25ie ältefte fragmentarifd^e flatiftifd^e Sßotij barüber ftammt auö bem
Saljre 1730: bamalö würben in ßolberg an ©etreibe eingefül^rt im
3Ronat Sanuar 38,866 ©d^effel, im gebruar 24,568 ©d&effel, im aWärj
31,251 ©d^effel, mcifienö Joggen. 3nt Saläre 1742 tourben auö bem
©olbercjer §afen auögefd&ifft 117,145 ©(^effel Äom, an inlänbifd^er
Seinewanb für 14,921 SE^aler, an SBaib^3lfd^e 1868 ©d&effel, ©d^iffe
waren auögefal^ren: 75, eingegangen: 77; eingefommen war: 2150 De:^
l^oft SEBein, 32 ßj^oft granjbranntwein, 1050 ßentner ©ifen, 129 ©entner
33lei, 582 Sonnen Seinfaamen, 3262 Sonnen §ering, bavon wieber
auögefd^ifft 244 Sonnen»). — 3nt Saläre 1780 liefen au§: 20 bela=
bene mit einem SBaarenwertl^e t)on 76,719 Sl^alern unb 26 unbelabene
©d^iffe, einliefen: 34 belabene mit einem SBaarenwert^e von 96,504 S^a=
lern unb 15 unbelabene. — 3m Saläre 179J liefen ein: 48 belabene
©d^iffe mit einem SBaarenwertl^e von 109,752 S^alern, eö liefen aM:
29 belabene mit einem SBertl^e von 58,338 Sl^alern.
SDie SBcmü^ungen ber ^Regierung, für bie aSerlufte burd^ neue
§anbelövetbinbungen ©rfafe ju fd^affen, Ratten feinen redeten ®rfolg.
2llö fie 1723 einen §anbetevertrag mit ©d^ weben fd^liefeen wollte, for^^
berte fie bie Äaufteute von ©tettin, ©olberg unb SDemmin auf, i^re
2Bünfd^e in.S9eju0 barauf vorjutragen (bi^ Slntwprt ber Golber^^et v^
— 456 —
ntiä^t ntel^r vox^anhm), bann etnpfal^l fte, um neue SBege ju eröffnen,
bie §anbefet)erbinbunflen mit SRufelanb ju erneuen, unb bie Äaufleute
6olberg§ ma^tm im Saläre 1723 bei ber aSerfd^iffung von 2 Sabungen
©etreibe einen SSerfui^, bort einen Slbfafemarft fürSd^infen, ©ped unb
geräui^erte ©änfe ju gewinnen, S)od^ unterblieb bie weitere Sluöful^r,
ba befonberö bie beiben lefeten Slrtüel ju geringen ©etoinn brai^ten.
SCnbere aSerfuiä^e, bie §anbefeb^ie]^ungen ju erweitern, bie von
ber ßolberger Äaufmannfd^aft ausgingen, fd^eiterten an ber Ungunfi ber
aSerpltniffe. ©inen nid^t unwid^tigen ©egenftanb beö pommerfd^en unb
©olberger §anbete bilbete ber Seinfame, weld^r meifl jur §erbftjeit
jur ©ee von 3Wemel, SBinbau unb 9?iga ge^iolt unb über ©tettin auf
bie granffurter SKeffe gebrai^t würbe, wo il^n SBreslauer unb Siegnifeer
Äaufleute auflauften. 3n ben Salären 1723 unb 24 waren in ©olberg
in iebem Saläre gegen 2000 Spönnen baoon eingefül^rt worben *). 3n
bem Seftreben, biefem §anbefe}weige eine gröjsere Sluöbel^nung ju geben,
beantragte bie ©olberger Äaufmannf(^aft 1729, na($ bem 3ufrieren ber
ober mitUmgel^ung ber SKieberlagögered^tigfeit t)on ©tettin unbgrant
fürt Seinfamen über Sanböberg unb ßroffen auf ber 3ld^fe nad^ ©(^le=
fien t)erfa]^ren ju bürfen, ba fie im ©pät^erbfte, wenn il^re Sfflitwerber,
bie (Snglänber unb §olIänber, vox bem l^erannal^enben g^rofle au§> ber
©ftfee weid^en müßten, bie Sonne ba^on um 2 — 3 fl. wol^lfeiler ein-
laufen f önnten. @ö würbe il^nen anfänglid^ bie ©rlaubnife gegeben, bie nac^
bem 1. SDecember unb biö Slnfang 9Kärj nad^ ßolberg gefd^affte SGBaare
über Sanböberg unb ßroffen nai^ ©d^lefien ju t)erfal^ren, aber bie eng=
l^erjige SiüdEfid^t, baJB ber ©trafeengwang über ©tettin unb granffurt
baburd) in SBegfaH läme, t)eranla6te unter bem SSorwanbe, baß bie
fpätere 2Baare gefälfdE)t fei, fid^ jur ©aat nid^t eigne unb nidE)t in Sonnen
oerpadft werben bürfe, bie factifd^e 2lufl^ebung ber ©rlaubniß ^).
©0 blieb ber ßolberger §anbcl uubebeutenb bi§ jum fieben=
jäljrigen Kriege ^in, ber it;n auf einige Seit faft ganj üernid^tete.
Sie S^mtntitift.
Ueber bcn SBeginn beä 33aueö ber ©olbcrger 3JlarienKr(i^e (M^m
gloriosä) f. ©. 186. SDie 9Jteinung, bafe bie brei mittleren ©d^iffe
fd^ou 1230 tjotl^anben geroefen feien, fielet ebenfo fel;r mit ben bamaligen
Suftänben ber ©tabt (f. 6ap. 1), wie mit ber SBefd^affenl^eit ber pom^
merfd^en Äirc^enbauten bis jur 3)litte beä 13. 3alirl^unbert§ in SBiber=
fpru(ä& unb ift ol^ne Sweifel auö ber 3Sern)e(^feUmg mit ber ältftäbtifdien
2Rarienfir(^e entftanben*).
S)ie Äirdpe war nai^ i^rer Slnlage auf eine t)oHrei($e ©tabt be*
rechnet, unb nur jal^lreid^e, wenn au(^ ni(^t t)on ben angeblichen brei
3Kön(3^en gefammelte ßpfergaben fönnen es mögU(^ gemacht l^aben,
ifjren S3au in wenigen Sal^rjel^nten fo weit ju förbern, bafe fie (fidler
f^on 1282 1) jum ©otteäbienft gebrandet werben fonnte. SDod^ geriet)^
ber Sau wieber inö ©todfen, unb nodj) einmal mußten, wie f(^on 1254
ber ©arbinaffegat $eter (©. 186), frembe ©eiftli^e: bie in ßammin
gerabe anwefenben Sifd^öfe von ©d^werin, 3tafeebiirg unb üthix^ im
Saläre 1316 bur(^ einen allen, bie jum SBau burd^ ®Oibtn, ober il^rer
§änbe 3lrbeit beitragen würben, jugefi(^erten WAlai von 41 S^agen neue
aJiittel flüffig machen. ®er ?ßrälaten(^or ift vom älteren Äird^engebäube
ber julefet t)oIlenbete Si^eiL 3um ^axx beö ©ewölbeö in il^m fefet
no(^ ©ottfrieb v. b. Sffiiebe ein Segat von 50 3JJar! aus, unb aud^ ein
Si^eil bes SSermäd^tniffeö von Subwig v. b. SBiebe ift jur SBoHenbung
beffelben beftimmt^). —
2)ie Äiri^e war urfprünglid^ nur auf brei, an §ö5e wenig vtx-^
*) ©d^umann {collect) bcl^auptct groar, bie ©olbcrger SKartcnürd^c fei am
2. SuU 1230 eingeiDctl^t, ali5 §etnrid^ Pone ^rior gciDefcn, unb ein SJTönc^ 3oö.
8Io6 fei öuerfl auf bem Äitcl^l|ofe begraben worben, bod^ tjl er ben SSeroeiö bafür
fd^ulbig geblieben.
— 458 -^
fd^icbcne ©d^iffe angclcflt; biefe T)ilbcten jufammen mit betn ?ßrälaten(^or,
bem Dornel^ineten ©ifec bcr S)oml^errn, ein luol^Igcgliebcrtcö, in \x6)
übcreinftimmenbeö ©an^e in einfach eblem gotl^ifd^cn ©til quo bem ©nbe
bcö 13. Sal^rl^unbcrts, unb nod^ finb auf bem Äitiä^enboben bie oberen
Si^eile ber fd^öngeformten ©pifebogen ber ©eitenfd^ifffenfter ertemibar.
©infad^e, ad^tedfige Pfeiler, vkx auf jeber ©eite, ftüfeen mit 33ünbeld^en
von je brei feinen §albfäulen, bie an ben vm §auptfeiten emporlaufen,
baö einfache Äreujgeroölbe ber brei älteren ©d^iffe unb bie ©(^wibbogen
jroifd^en ben ^^feilern. @rfi fpätere anbauten I;aben bie Äird^e ju einer
fünff(^iffigen gemad^t.
®ine§ neuen älnbauö gefd^iel^t juerft auf ber ©übfeite ©rwäl^tmng :
im Saläre 1379 begrünben bie ©ebrüber Setoenon) na(^ bem .SBillen beö
?ßropfteö g^riefe in ber Kapelle ber J^eiligen aJlaria gegen ©üben
eine 33icarie ^). SBai^fe tmb äJlaafe feigen in biefer fiapeUe ba§ jmeite
füblid^e ©eitenf(^iff, ben fogenannten „Sabengang/' S)o(^ wirb weber
gefagt, bafe fie bie Sänge ber Äird^e gehabt l^at, nod^ finbet fid^ eine
©pur bat)on, bag fie von bcr g^amilie 33abe begrünbet ift. 2)er ge*
n)öl^nli(^ al§ Grbauer genannte Sürgenneifter 3llbred^t SSabe*) lebte
erft ein Sal^rl^unbert fpäter ; in feinem Seftamente finbet fid^ eine ©tif^
' tung für einen „neuen 3lltar", aber einer Sabenfapette, bie etwa feine
3SorfaI;ren begrünbet l^ätten, gefd^iel^t nid^t ©noä^nung. S)ie 3eit, in
meld^er biefer „S3abengang" (ober Sal^rengang, wie il^n SSad^fe an^
nennt), mol^l burd^ bie SSerlängenmg jener Äapette, entftanben ift, läfet
fid) alfo nid)t beftimmen. 2)er 3?ame l^at oieHeid^t folgenben Urfprung.
3nm Saljre 1496 0 toirb eine neue, an ber ©übfeite ber Äird^e bei
bem Siati^öftul^le (ber frül^er auf biefer ©eite, mal^rfi^einlid^ ber Äaujel
gegenüber, ftanb) belegene ÄapeHe genannt, belegen by unserfi stole
an der suder syden, meldte alö SSolIftredfer beö ' lefeten SBillenö ber
Äatljarina Sabe, ber Sod^ter beö öürgermeifters älbred^t
33abe §anö ©dE)lief senior, ber ©tiefoater berfelben, beffen ©attin
3iid)nuinb, 3)iutter ber ^atljarina, unb ber Sürgenneifter 3Rartin SDar=
gafee errid^tet unb mit 2lltären oon 550 3Kar! Kapital auögeftattet
l;atten. 3m Saljre 1 501 ^) übernimmt ber SRat^ ber ©tabt gegen eine
Saljlung dou 100 fl. bie Grljaltung berfelben in 3Jlauern unb ©par=
renroerf. 2)iefe „Sabenfapelle" erhielt fpäter ben Slamen ber SDami^en:=
fapette, meil bie SDamiß alö Sßerroanbte ber S3abe ein anredet auf
bie Äapelle gemannen unb mehrere beä ®e[d{)led^tä barin beigefefet
wmi>m. (^ie mav füblidj an baö jmeite füblid^e S«ebenfd[>iff angebaut
— 459 —
unb toar, vok ber ©ninbriB ber aWarienfir(ä^e bei SQSad^fc jetgt, nt>^
um 1767 üorl^anbcn. ©ö ift tnögli^, bag biefe an ben äugerften ©ang
anftogcnbe SBabenfapeUe biefem ben SWamen „SSabengang" gegeben l&at.
2)aä ©pitapl^ium ber ilatl^arina l^ängt noä) jefet in bemfelben.
©i(ä&erer ifl bie ®^\^\6)te beö jweiten Sßebenfd^ip auf ber 9lorb-
feite. Sie im ©tabtbu($e me]^rfa(3^ genannte „§oHenfapeIle", von bem
Sürgermeifter SBincentius §oIf gebaut unb von 33if(ä^of ^l^illpp (alfo
f$on t)or 1386) gemeint,, tourbe au§ ' unbef annten ©rünben erfl von
beffen ©ö^nen SBincentiuö unb Safob im Saläre 1414 jum ©otteäbienfte
eingerid^tet unb mit brei 2lltären auögeftattet '). ©ie beftanb auÄ einem
unteren (jefet ©acriftei) unb oberen (jefet SBibliotl^ef) Siaum {hejiedden
in de kapelle, in süprema capella) unb war urfprüngli(^ mit einem
95leibad^ üerfel^en. S)od^ gematteten bie §olfen bem SRatl^e 1423, wolil
mit 9?ü(ffid^t auf bie ©leid^förmigfeit ber gefammten SBebad^ung ber
ßiri^e, baffelbe abjunel^men unb ju »erfaufen gegen bie SBerpflid^tung,
bag er bafür alle Unfoften für Sluöbefferung an §otä, aWauerraer! unb
©laöfenftern ber Äapeffe aus bem ©tabtfedPel beftritte (©tabtb.). S)ie
ben §oHen tjerraaubten ©(j^Iieffen l^aben fpäter bie ©rbauung ber genfter
in biefer ÄapeHe i^rem S^nl^errn §anä ©d^lief I. beigelegt*), bie ©rün::
bungsurfunbe f(3&tt)eigt bat)on; t)iettei(^t l^aben fpätere bebeulenbe ©tif=
inn^tn ber ©(^lieffen (fie^e aud) §olfenft:one) für biefe Äapeße ju bem
Srrttjume aSeranlaffung gegeben. S)afe anS^ ber „§olf engang" , bie
w)eftli(§e g^ortfefeung ber §oHenfapelIe, t)on ben Rolfen l^erftammt, ift
mögli^, mirb aber nirgenbs bejeugt. 5Die fteinerne Smporfird^e barin
(fiel^e weiter unten) gel^ört ju ber urfprüngli(^en 3lnlage be§ 33auß.
SDie (feit längerer Seit abgebro(ä^ene) ©(^lieffenfapelle an ber
©übfeite be§ S^i^unneö neben bem Sabengange (lurri excelsae con-
tigua versus meridiem) mürbe von Urfula t). S)amife unb i^rem ©e^^
mal^l -iftifolaö x). SDamife erricä^tet. S)a im Saläre 1481 ber Sifdjof
aWarino benen, bie jur 3lnf(^affung von ©djimud für biefelbe beifteuern,
einen Slblafe von 40 Siagen t)erlünbigt unb bie Verlegung einer aSicarie
von grifeom bal^in geftattet, fo mu^ fie in biefem Saläre fd^on geftanben
l^aben. Um ben lefeten SBiUen feiner geftorbenen ©attin (glifabetl;, einer
2o(^ter jener Urfula, ju erfüllen, begrünbete ßaöpar ©(^lief jmei SSi^
carieen bafelbft mit einer jäl^rlid^en §ebung von 40 3Karf auö 9 §öfen
*) S)tc SSel^auptimg, ba^ ^m^^6ii\k\ I. cincö ber gcnfter.mit feinem SBap-
pcn gcfdimitcft \)(i\)^f ijl fc^on @. 222 tüiberlcgt. SBappenmalcrcl an ^Irti^enfcn-
jtcrn roor übcrl^aupt in jener 3cit erfl wenig öblfc^.
— 460 —
in §orfi imb 4 in Senftn % S)iefe urib anbete t)on ben ©(ä^Iieffen au§s
gegangene ©tiftungen l^aben ber Äapelle ben SRamen gegeben.
SDie ©amelammer (f. ©. 198) lag an ber SRorbfette beö ^xäla-^
tend^orö, wnrbe 1698 bux^ einen 3)ur(3^bru(3^ mit ber Äird^e in aSer^
binbung gefefet unb f flirrte um 1760 ben 9?amen „neuer ®ang"; fie
würbe 1822 alö baö ^iriä^engebäube entfteUenb abgebrochen, ©ine
©arroefammer (armarium canpniconm) n)irb f(^on jum Satire 1279
genannt, bod^ ol^ne Slngabe ber Sage. SBäre fie eins mit jener, fo
müjste (x\xi^ ber ^rälatend^or in ber §auptfa(^e fd^on bamalö rorl^anben
gen)efen fein.
S)ie fleine, längfl abgebroiä^ene ÄapeUe am jDftenbe beö Gl^orö,
für beren S3au Sol^annes, ber S3if(^of ber ßrfaben unb aSicar ber 6am-
miner 9Xx^t, 1389 einen 21blaß geroäl^rt ^), biente im 17. unb 18. 3al^r=
l^unbert al§ ©acriftei. SDie Kapellen §afent)ot (1465) unb SBofent)ot
(1490, beibe im ©tabtb. genannt) befanben fi(3^ wol^l in ben ©eiten^
nif(3^en ber inneren Äiriie; eine Äapette befanb fid^ im Si^urm unter
einer ©(^lagul^r (korologiiim), meldte, mie bie 3nf(^rift ber ©tunben::
f(^lagu]^r jeigt, auö bem Saläre 1338 ftammt.
®aö §injutreten ber jmei fpäteren ©(ä^iffe ifl ber ©^önl^eit ber
Äird^e nid^t günftig geroefen; benn einerfeits l^at fie babur(^ eine ber
Sänge ni($t entfprei^enbe Sreite erl^alten, anbererfeitö finb bie neuen
Sljeite in t)erfd^iebenem ©efi^maö erbaut unb bem ©anjen fünftlerifc^
nid^t untergeorbnet. SDie älteren ©(^iffe unb ber ^rälatend^or I;aben
ÄreujgettJöIbe — lefeterer nur ein l^öljernes, roeli^eö an ©teile beö in
ben ruffif(^en Belagerungen jerflörten fteinemen erft in neuerer Seit er:=
richtet ift — bie fpäteren ©temgeroölbe, in befonberer SWannigfaltigfeit
ber Sabengang. SDie älteren ©d^iffe unb ber §ol!engang fd^lie^en
gerablinig gegen Dften, ßl^or unb SBabengang breifeitig. SDie Slujseiv:
Tüänbe ber älteren ^iri^e finb bei bem Slnbau ber jüngeren ©änge ein=
fadf) burd^broi^en imb bie SWauerrefte in fo l^armlofer SBeife ju Pfeilern
umgeformt, ba^ fogar bie äußeren ©trebepfeiler fid^ in ber Äiri^e be-
finbeu unb bie ©tüfeen für bie ©emölbe ber äußeren ©(^iffe bilben.
SDie genfter ber ©übfeite finb im regelmäßigen ©pifebogen, bie ber 9J6rb=
feite im ftad^en SJogen übenoölbt, biefe lefeteren ben ^0i6)t\\ ©eioölben
entfpredienb, raeW^e bie fteinenten ©mporftrd^en im §olfengange tragen.
S)ie ptjernen ©mporen auf ber ©übfeite finb erft 1661 ^^) errid^tet,
loie aud^ bie jur SBefeftigung beö ©anjen beftimmten Sogen, meldte bie
^ßfeUev be^ ^abengangeö unterwärts üerbinben.
— 461 —
Ser ©l^or utib RnS)e trenncnbc Scttiter (lectormm) — ber ein-
jige in Sommern — , von bem lierob ber ©emctnbe ba§ ©üangeliutti
üorgelefen unb geprebigt roiirbe, unb ber jugleii^ ben l^etUgeren ®otte§=
bienft ber ^Mefter im 6(;or von beut ber Saieit abfonberte, foff an^
ber jmeiten §älfte be§ 15. Sal^tl^unbertö ftammen. @e(^§ ad^tedige
^^feifer au§ Äalfftein, jeber auö einem ©tein gel^auen, burd^ ^albfreiö-
bogen üerbunben, tragen ba^ (alte) ©inge^^ ober ©(^ülerd^or, loie bie
©mpore feit ber 9Jeformalion genannt würbe*). S)urd; bie SBanb an
ber 9Jü(Ifeite ber 33ogenl;aIIe fül^ren jwei Spüren jum ßl^ore.
Um 1282 war bie Äird^e bereits mit einem ©locfentl^nrme t^er^
feigen (f. ©. 205) — bie gro^e ®Io(fe trägt fogar bie Sal^res^al^I 1272
— ; ioä) t)erging nod^ über ein Scii^rl^unbert, biö ber SBau ber mäi^tigen
2(;urmmaffe t)oIIenbet war, beren ©pifeen weit über £anb unb SWeer
l^inauöfd^auen. 2luö bem Unterbau foHten — fo meint ^ugler — ur-
fprüngli^ äioei felbftftänbige 2:(;ürme l^eroorioad^fen ; bod^ ift anä) ber
5Berbinbung§bau, raol^l um bem ©anjen mel^r 2Biberftanbö!raft gegen
bie ©türme ber nal;en ©ee ju geben, ju gleicher §öl^e aufgefül^rt, fo
ba^ ber Saie icn urfprünglidjen ^lan fc^wer erlennt. ©in Soften von
50 3Jiarf auö einem jufäHig erl^altenen a3rud^ftü(I eineö Mmmereiregi^
fterö au^ bem Saläre 1399, ben bie bamaligen Sauprooiforen ber
2Karienfird;e, Sol^ann ©d^lief unb Satl^ebotl^e, für ben Si^urmbau rer^
ausgabt l^aben, Segate für benfelben Swed in Seftamenten biefer Seit
(nod^ um 1430) jeigen, bafe ber S3au bamalä no(^ nidf)t üoUenbet mar.
5lugler meint, ber füblii^e S^urm mit feineit fleinen fpifebogigen g^en*
ftern fei ber ältere, bagegen meife am nörbli(^en 2:^urm bie g^orm be§
§albfreife§ alö aSerbinbung ber einzelnen genfterftäbe an ben gröjseren
imb jufammengefefeteren g^enftern unb SSlenben auf bie Sauart be§
15. Sal^rl^unbertö l^in. Sie Saft beö Sljurmeö rul^t auf einem gemat
tigen g^unbamente, melc^eö fid^ auf 10—20 %n^ unter bie benachbarten
§äufer erftr^den unb auf einem SRofte von fielen taufenb ©tämmen
fteljen foH (f. ©. 64). S)er S)adjreiter am öftlid^en ®nbe beö großen
Äird^enba^§, ben bie SBilber an% bem 17. Sa^irl^unbert jeigen, ift in
unbekannter Seit abgenommen.
S)a§ ganje Äird^enbad^ mar urfprüngli(^ mit ^ol^ljiegeln gebedt,
aud6 ba§ 33leiba(^ ber §olfenfapeffe mugte mieber ben Siegeln meid^en.
©rft im Saläre 1450 (f. ©. 229) trat an il)re ©teile bie weniger ber
♦) ©er neue ©d^ülerd&or unter ber Ul^r foK ö^Ö^« 1^^ ^^^aut fein.
— 462 —
SBettetbefd^äbißung ausgefegte ^upfcrBe!(eibung. ^a§ Tupfer baju
faulten, ben ßcnlner ju 5 f(., bie banmiigen SBauproDiforen 3oad)im
^^ardiam imb 6l;riftiau 9knge im SWameu beö ßolberger 9tat[;ö aus
beu mtUln ber ©tabt mx bem 9iatl)e ber ©tabt ©reifeuberg ''). 59«t
3lu§uat)tne beö ^rälateui^orö, weldjer aus uubefauuteu ©rünben feine
alte ©teiubebad)uug beljielt, voax bie Mxä)t fo mit atten il^ren ©eitern
fdliffen unter ein l)0(^giebligeö ^aä) gebracJ^t 3nt Saljre 1502 fanb
bie etfte Umlegung ftatt, fd)on 1554 mürbe eine neue notlimcnbig, mogu
bie Mrdie 550 f(. auPeil^en mu^te. S)er mittleren unb nörblidien
Sl^urmfpifee mürbe 1522 ein Kupferbac^ gegeben, bie füblidje mufete
fid; nod^ lange bie ©teinmüfee gefallen laffen, biö 1714 ber Äämmerer
©l^riftian 3Jlauer§berger auö eigenen 3Kitteln bie gleiche öebad^ung l^er-
[teilen lie&, ol^ne auf ba§ ©efpenft SRüdfid^t ju nel^men, meldfies l^ier
ber aSolfsfage nad^ ba§ Äupferbac^ nid^t leiben moßte ^^). — SBieber^
liolt 4inb bie ©pifeen von l^eftigen ©türmen bef^äbigt, ober gar l;erabs
gemorfen morben. 3ui Saläre 1790 (14. SJejember) jerbrad^ ein ©türm
bie eiferne Si^urmfpifee imb marf fie mit bem SSBetterl^al^n unb bem
fupfernen Äuopf in bie nörblid;e 2;t;urm-2)ad)rinne. 2ll§ fünf Saläre
fpäter bie SBetterftange mit einer neuen, 2 ©djeffel weniger 2 SWefeen
lialtenben Äugel unb bem 3 gufe langen unb 1^ gujä l^ol;en SBetter-
i)af)n mittelft eines Jlra^neS mieber an i^re ©teHe gebradjt mar, fa^,
mä^renb jur glüdHid^en SBeenbigung beö 2Ber!s mit allen ©loden ge^
läutet unb auf ber ©tra^e „3lnn banfet atte ®ott" gejungen mürbe,
einer ber ©rridjter auf bem ^nopf, bie gü^e freujmeife um bie ©lange
gefdilagen unb fi<^ mit izn §änben f eftl;altenb ; man moUte babei be^
merfen, ba^ er fid^ mit ber 2l;unnfpifee beim Sauten l^iu= unb l^erbe^^
megte. — ©eit 1832 l^at bie ÄirdEie 5 mn ber ®rbe nur an baö Äir-
dienbai^ reidienbe Slifeableiter, um bie electrifdie SKaffe abjuleiten,
meldie ba§ Äupferba^ an fid; jiel^t mib meld;e fonft mitunter (j. 33. 1761)
bei ber ?|Jräcentortl)üre an ber Sled^rinne in großen g^euerflumpen Ijer-
abful^r.
3m 15. 3ai^rl;unbert ftanb in ber 2t;urml^aKe jur 2Binteröjeit an
©onU' unb gefttagen ein 33ecfen mit glül;enben 5tol^len jur ©rmärmung
für bie Slimen, unb ber SBürgenneifter Siedle fd;enfte 1481 baju ein
Kapital von 100 3Rarf, beffen 6 3Karf Sinfen jur 3lnfd^affung üon
5lol)lcn für baffelbe uermanbt werben foHten (©tabtb.). Sßermut^lid;
mar bie 2(;urmtl)üre ber §auptcingang jur Äirdje.
&ntfpxe(^mh bem Äird^engebäube tft beffen innere Sluöftattung.
— 463 —
Unter ben Srotijemerfen ftel^t na(^ 3llter, wie mä) fünftlerifii^et
SBoBenbung obenan ein folojfaler ficbenanniger Sendetet, eine 9?a(^bi(=
bung beö Send^terö im «Tempel von Sernfaleni, wie er an bem Srinmpl^^
bogen beö 2itn§ in 9?om erjd^eint. Ser 12 gu§ l^ol^eetamm l^at an
jeber Seite brei 3lrme, von benen bfei bnrd) eine niffifd^e SBombe ab-
ßeriffen nnb bnr(^ l^öljerne oon tän[(|enber J^aäibilbnng erfefet finb.
3lm oberen Si^eile be§ ©tamnieS befinben fid) bie Sieliefbitber ber Stpoftel,
am nnteren fpringen brei §nnb§föpfe (jeroor, nnb brei li %n^ lange
Söroen tragen bie ganje Saft. SSon ben beiben Snfdiriften nennt bie
eine ben Äünftler, bie anbere ben frommen ®eber. S)ie obere lantet:
De dessen luchlcr gemahet hat o Johes Aphengelere o god
gheve zyner zcle raai ^ Amen a S)ie untere: Dessen lac/der gav
her godeke de dekene %^ dorch god (um ©otteöwiKen) o dat mach
wen vor icar sprekcn o Anno MCCCXXVIL £er lefetere, ber be-
fannte S)efan ©ottfrieb o. b. SBiebe, beffen äBappen ber SBeibenbaum
neben ber Snfc^rift ftet;t, mar f(^on t)or ber aSoHenbung beö SBerfeö
1324 geftorben (f. ©. 191). „SJor fol(^en SBerfen oerftet/t man, mie
bie beutf(^e Ännft be§ ßrjguffeö tm(^malö einen fo l;ol^en 3)teifter, mie
^^eter SSifc^er, l^eroorbringen fonnte."
§anbroerf§mäJ5iger gearbeitet ift baö große Saufbeden in bem
§anptgange oor bem gürftengeftüi^le. ©er t)on 4 fiömen getragene
Äeffel ift auf ber Slufeenfeite mit flad^en, bie £eben§ge[ä)i(^te ©lirifti bar-
fteßenben SRelieffiguren bebecft, bie in jmei 3ieit;en über einanber unter
je einem ©iebel fte^n. Sie Umjdirift fi^eint ju Ijeißen: Per Jochem
Alart factum /cal. Maj. ? 1355. 2)en S)e(fel baju l^at SDaoib ©plitt-
gerber, ein angefel;ener ©olbfd^ntieb in ßolberg, imb feine grau SKnna
§eife 1679 „®ott ju (St;ren imb ber Äirc^e jur 3ierbe oerelirt."
'M ben fleineren Äunfimerfen biefer ©attung gel^ört ein Sf)ür=:
fnopf be§ 2l;urmportalö in ©eftalt eines fiömenfopfeö mit aufgefperrtem
SRai^en, t)on ben 3eid;en ber t)ier ©oangeliften: 9J?enf(^, ©tier, Söme
unb SKbler umgeben.
3?id)t ol;ne üunftmertl^ ift ein meffingener ' Äronleud^ter, bie foge-
nannte §olfen!rone, angebli($ ein ©efd^enf ber beiben ©öl^ne beö SSür^
germeifterö SSincentiuö §olf. JDoalfönnig gebogene, unten unb oben
jufammenlaufenbe ©treifen, aus benen furje Slrme jum fragen ber
Äerjen l^eroorragen, fd^Iiefeen eine 10 3oIl J^ol^e 3JJabonna ein. @ß ift
bieö oljne Sroeifel de hangende luchter nedden in Ilotkes kapetle,
}u meld^em „rf^ grote Uans Slcf van sunderghen müden beweg-
— 464 —
hynm 1494 8 3Worgeu ßanbeö binnen 33ro(feS fiä^enfte, t)on beren ^adit^
ertragen 3Ba(^§ jn 10 Äerjen baran gefanft werben follte (©tabtb.)*).
Slud^ an ©d^nifewerfen l^at bie Äirc^e bemerfenöraertl^e 3lrbeiten
auf juweifen. Unter ben 3lltant)erfen entl;ält \^Qi^ bebeutenbfte {(xw einem
Pfeiler be§ nörbli(^en ©eitenfd^iffö befeftigte) eine SDarfteHung ber Stn-
betung ber I;eiligen breiilönige; l^anbwerfentäfeiger gearbeitet finb: ein
jrpeiter SUtarfd^rein auf ber ©übjüanb, ber im 3Jlittelraum ba§ 3lbenb=^
ma^I unb in jebem ber beiben glügel t)ier fleinere §eilige ein[d^Iie|3t,
xmb ein britter, füblid^ t)om Settner, mit'brei größeren unb ad^t Mei^
neren g^iguren; in einem vierten 2lltarn)erf (xw. ber ©acriftei im nörb^
li$en ©eitenfdiiff ift nur bie mittlere t)on ben brei erl^altenen g^iguren
(im SKütelraum) gut gearbeitet.
S)ie coloffale g^igur be§ l^eiligen Safob t)on ßompoftella im
9Wuf(^eIl^ut unb ^ilgerfoftüm ift raol^l ba§ 3Beil;gefd^enf eineö ßolberger
aBaUf al^rers , ber glütflic^ t)on ber gefal^rüollen 9?eife na(^ ©panien
jurüdgefel^rt war*
S)ie Ärone unter ben ©c^nifewerfen ber 5!Jfarienfir(3^e ifi bie große,
t)ergolbete, in ,jierli(^em fpät gotl^ifd;en ©tile, mit rei(^er STabernafet
3lrd)iteftur gearbeitete, auf ber einen ©eite bie SUlabonna mit bem Äinbe,
auf ber anberen Sol^anneö ben Säufer einf(^ließenbe ©d^Iieffenfrone*
SBie anbere^unftiDerfe ber Äird)e, fo ift aud^ biefe§ burd^ ungefd)idEte
Sieftauration imb Uebermalung entfteKt unb l;ier unb ba aud^ an ben
©rnamenten üerftümmelt. „©ie vereinigt \iz\\ ftrengen ©til üon 3lbam
Äraft mit bem jierlid^en t)on SBeit ©toß, unb id^ erinnere mid^ nid^t,
irgenb anberöwo ein ä^nlid^eö SBerf, gefi^weige benn einö t)on glei(^er
©(^önl^eit gefeiten ju l^aben", fagt Äugler t)on i^r. SDie Umfdjrift:
Bisse kröne ' eivych lo holden hebben koft by Marien kerken
de Sleve xmde nyghe maken laten anno MCCCCCXXIIL
jeigt, baß fie ein @ef($enf ber ©(^lieffen au§ bem Saläre 1523 ift.
S)er jur 33ef($affung ber baju nötl^igen Äerjcn nod^ um 1680 t)orl^an=
bene, t)on ber gamilie- gefd^enfte „Sid^tader" foU mit bem SBergelbe
gefauft fein, melc^eö Saöpar 2afd;enma(^er für bie SSerwunbung eines
©d;lief Ijatte jal^len muffen.
2luffaßenb finb unter ben Äird^enftül^Ien ber 9iatl^§ftul^l (f. ©. 458)
mit feiner au§ bem 14. Scil^tl^unbert ftammenben ©^ni|arbeit m ben
Seltnen unb bie fonft einfallen ©tül^le im 6^or, beren ©eitenlel^nen in
*) ©egenwärtig finb xm 4 Slrme ju Äeraen »orljanben.
--, 46^ —
©rad^enfigurett mit in Shnuenranfcn ausgel^enbcn ©(^wanjen an^t--
fd^nifet finb.
S)ie Äanjcl tft 1594 gebaut, bic aScrgoIbimg unb bic ganje äußere
Sluöfiattung, au(3^ n)ol)l bic fieifen ^^igurcn bcr 3lpoftel auf ber Steppe
uub an bcn ©eiten ber Äanjel finb 1688, löie bie Sufd^rift ^eigt, „ticr::
jenöfreiroillig gegeben, von dfirifioplj ©abriet Sßaueröberger uub beffen
e^eliebfte eUfabet^ ©raffein, fo biefelbe ^at au§ftaffiren laffen."
aWerfroürbig ift bie SKarienfiräie aud^ burd) if;re 3luöftattung mit
SBerfen ber 3Kaler!unft. SDal^in gel^ören juerft bie ©emölbemalereieu.
©ie nal^men, mie eö l^eifet, in älterer Seit bie gefammten ©ewölbe ber ixU
teren Seftanbtl^eile ber Sirene ein, ttiurben jiebod^, ba fie burd) htn ^rieg ge^
litten, übertftnd^t unb befd^ranfen fid^ jefet auf beu größeren S^eil beä
SWittelgemölbeö. ©ie ftammen aus bem 14. 3al^rl;uubert unb beftefieu au§
32 §aupt5 unb 40 JiebenbarfteHungen. Sene entl^alten (nad^ ^ugler)
paarmeife jufammengefteHte, auf einanber Iiinweifenbe ©cenen beö alten
unb neuen Seftaments, wie 3JJofe§ t)or bem feurigen S3ufd; unb bic 3?er-
fünbigung aRariä, bie ®rf(^affung ber 6t)a unb bie ©eburt ßl^rifti xu f» m\
S)ie färben finb jum Sl^eit auffaKenb gut erl;alten. S)a biefe bem
leidet aufflrebenben gotl^ifd^en ©tile nid^t red;t entfpredjenbe ©en)ölbe=
t)er}ierung fi(^ in 2)eutf($lanb faum ftnbet, in Stalien bagegen unb
jroar in äl^nlid^er ©inrid^tung Ijäupg ift, fo liegt bie 33ermutl^ung nal^e,
bafe italienifc^e, ober ßolberger, in Stalien au§gebitbele ÄiUiftler bie=
felbe t)erfertigt l^aben, maö bei ben melfac^en Sejie^ungeu be§ ßamminer
unb ßolberger ©tift§ mit 9lom nid;t auffallen faun.
Unter ben ©emälben ber Äirc^e ift bie ©tigmatifation beö Ijei::
ligen g^ranjiöfuö baö befanntefte. ©ö fteHt brei grauäisfaner SWöndje
bar, ben einen in grauer, bie anberen in fc^warjer Äutte, mit gefdjo^
renem §aupte unb einem ©tridE um ben ßeib, ber mittlere ift ber ehm
bie SBunbenmale empfangenbe l^eilige g^ranjiöfuö, ber jur redeten, weldjer
eine ftammenbe ©onne mit ber3nf(^rift /. //. S. (irjaovg) trägt, (nad^
Äugler) ber l^eilige SBernl^arbln von ©iena, einer ber t)orjüglid;ften
^rebiger beö ©rbenö. SRad^ alter ßolberger ©age fteHt baö Silb bie
brei 3Rönd^e bar, bie angeblid^ baö ©elb jum Sau ber Äird^e gefam^
melt unb Me brei S^urmfpifeen gebaut l^aben. SDer ßonrector ©($röner,
ber mit bem ©üljenbirector Srofe jufammen ba§ SBilb 1730 renooiren
ließ, freilid^ in einer SBeife, baß fid^ ber urfpriiuglid^e Äunftiüertl; nid^t
mel^r erfennen läßt, mar Don ber SRid^tigfeit ber SDeulung fo überzeugt,
baß er einen von it;;u gebid^teten SOerö auf bie brei aWönd^e bem Silhe.
— 466 —
einverleiben woHte. ®er babei iint SRatl^ gefragte ©el^eime ^ai^ SDreger
fam ber Sßal^rl^eit näl^er, al§ er in ben brei aJtönd^en brei Sweige be§
vom l^eiligen granjisfus geftifteten ßrbenö ber granjiöfaner, 3){inoriten
unb Äapnjiner erJennen woBte luib auf bie S3eifd^rift be§ auf beut SBerge
ftel^enben Älofterö ^^Civitas Assis'*' iiinwieö (bei ber Slenooation in
cicilas allissimi t)eränbert), welches nichts Slnbereö, alö baö erfte t)on
granj ron Slffifi begrünbete Älofter bebenten fönnte. ©r tjerl^inberte fo
wenigftenö bie ©efdimadtofigfeit, bajg man ben ©d^röner'fc^en 8Ser§ auf
baö Silb fe|te. ®ö gel^ört wa^ Ätiglerö 9Weinung beut ©nbe beö
15. 3a|irl^unbert§ an. (Ueber bie a?erbinbung ber S3ettelmön($e mit
ßolberg f. ©. 203.)
ffierfelben Seit gel^ört ein am erften ^^feiler beö füblid^en Seiten-
f(^iff§ bem S^urmpfeiler gegenüber fi(ä^ befinbenbeö ©emälbe an, meldjes
bie 2lnbetung ber brei Könige barfteHt. S)ie brei Ileinen g^iguren, bie
auf bem unteren Sl^eile be§ 33ilbeö fnieen, finb nad^ ber lateinifd)en
Unterf(^rift ©imon Slbebar, ber Donator beö 33ilbe§, unb feine beiben
grauen, t)on benen bie erfte 1475, bie jroeite 1495 geftorben mar.
®in an bem erften Pfeiler (t)om S^urm auö gerechnet) be§ füb::
lii^en ©eitenf(3^iffö angebrad^teö, berfelben 3eit angefjörenbeö ©emälbe
erregt menigftenö burd) ben bel^anbelten ©egenftanb Sntereffe. 2luf
einem Äiri^l^ofe fniet betenb ein gel^arnifditer SRitter, mäl^renb auö ben
©räbern unb auö ber Äapelle eine äJlenge t)on mit §ämmern, 33eilen,
©d^eeren, Heugabeln u. f. m. bewaffneten Sobtengerippen l^ert)orbringt,
um ben SRitter unb ba§ 2lfi;lre(ä^t, meldje^ ber l^eilige £)rt geit)öl;rt,
gegen eine lieranftürmenbe Slitterfd^aar ju t)ertl^eibigen.
©egenüber im Äanjelgaiige l;ängt ein SBitb, baß eine „meife grau"
barfteHt. Sängere, in 9teime gefaxte Ueber^ unb ©eitenfd^riften erflären
ben ©inn ber munberlid;en ©pmbole. SDie ©djlüffel m ben Citren ber
grau foHen bebeuten, bafe fie biefe für ©otte§ SBort immer meit auf::
fd^lieJBen fott, il;re ^ferbefüße, bafe fie in Srcue feftftel^e unb nid;t in
©ünben falle, ba§ ©djloö üor bem SJJuiibe, baß fie unnti^e Sieben tjer-
meibe u. f. m. Unterroärtö fteljt: „%\x^axi u. ßortenbad) im Saläre beö
§errn 1494, erneuert 1741." tiefer war (nadj SRango) ein preujsifd^er
ßrbenöritter, ber in ©olberg ftarb unb in ber aJlarienfird^e begraben
mürbe; nod^ um 1650 l^ing fein §elm unb ©d;ilb an einem Pfeiler
ber £ir(3^e. £)b er 3)ialer ober nur 2)onator mar, ift jmeifell^aft.
3u Slango'ö 3eit galt bei ben Äennern in ßolberg für baß be«
i>eutenbfte ®emälb$ ber Äird^e baö an einem ^^feiler beö nörbli(i&en
— 467 —
©citcnfiä^iffä pitßenbe, tDcl(]^e§ ßl^rlfhis mit ben ©(^ä(^ern am Äreuje
unb barunter SWaria, Sol^anneö unb bie Heine gigur be§ S)onator§
barftellt. Slngeblii^ ift es bie 3lrBeit beö Slntmerpener aUalerö ©(^mibt,
ber biefen Flamen von feiner frül^eren Sefiä^äftigiing angenotftmen
Ijaben foH.
S3ea(]^ten§n)ertl^ [m\> mhlxä) ttoS) bie an jwei ^Pfeilern be§ 3JlitteI=
f(^iff§ befeftigten SBruflbilber Sut^ers unb SWelanäitfjonö von bem älteren
6rana(3^, ol^ne Sweifel raol^l Driginale, aber 1741 burd^ benfelbew ^fu-
f(^er entfiefft, ber aud^ bie n)eife grau renot)irt I;at. Seibe Äöpfe finb
„jum l^eiligen 2lnbenfen beö woJ^lweifen §errn ^^Jeter 3lelianuö, n)oI)l'
t)erbienten ©tabtpl^pfifuö in ßolberg", von feiner SBittrae 3lnna din^k
28. 3Rärj 1607 ber Äird^e gefc^enft.
Untergeorbneteren SBerll^ l^aben ein ecce homo an bem ber ©d^af=
tl^üre (fogenannt, weil ßl^riftuö, eine ©(]^afl^erbe roeibenb, l^ier abge^
bitbet ifi) unb meistere alte ältarbilber, SKaria, bie ©oangeliften, 2lpoftel
u. f. m. barfteHenb; raenigftenö forgfam ift bie SBerurtljeilung ©l^rifti
vox ^ontiu§ ^Mlatuö gearbeitet, wie bie Snfd&tiften jeigen, von bem
©olberger aWater 3oa(ä^im Änoi^enl^auer 1640 gemalt unb von feinem
ßnfel 3legibiu§ Änod;enl^auer 1715 erneuert.
daneben fcä^liegt bie Äirc^e nod^ einen großen 5Rei(ä^tl^um von
SBilbmerfen, ©pitapl^ien angef ebener SWänner, Silbniffen frül^erer ^^re-
biger unb bie Pfeiler oft ju fel^t t)erbe(fenben Ornamenten aller 3lrt in
fi(3^ ; fie legen burd) bie J^anbroerfetüiä^tigc Slrbeit unb rei(i)e 3luöftattung
Seugnife ab für ben gebiegenen Sürgerfinn, wie für ben religiöjen ©inn
ber (ginn)ol^nerfd)aft im 17, unb im anfange beö 18. Sal^r^unbertö,
mo fie meifl enlftanben finb. S)af)in gel^ören nod^ üon ben Äronen, im
5lanjelgange: bie Ärone vox ber Äanjeltreppe, von 9Ri(^el 85ufaf unb
beffen g^rau aWargaret^e Arien 1634, bie §en!ef(^e Ärone, von SDkrtin
§enfe, Kaufmann, ©üljenbirector unb ©eglerl^auöälteften, unb feiner
ei^efrau Äatl^arina Senj 1702 gefd^enft; bie 3Jtauer§bergerfd)e 5lrone,
von ber gräflid; t). ©d^lieffenfi^eu g^amilie unterl^alten (bod^ fd^eint bie
Stiftung von bem „groten §anö ©d^lief" [f. ©. 463J fälfc^lid^ mit
biefer in SBerbinbung gebrad^t morben ju fein); im §auptgange: bie
§ofratl^ ^lafotomus (f. ©. 427) Ärone aus bem Sa^re 1658; bie
fiiebel^errfd^e, von 9Kattl^iaö Siebelperr, Sürgermeifter von StoftodE, ber
Äird^e Dermalst unb von beffen ®rben 1699 nad^ Golberg gebrad^t; im
Statl^ögange: bie ftattlid^e, Dor bem SRatfiöftul^le l^ängenbe, von bem
SBürgermeifter ®eorg v. öraunfd^weig 1721 4e\(ä^ewtU8x^\vt,'^^\\^'^\^
— 468 —
Äuiibc»rei($f(3^c inib bic ©inmicrnfd^c, ein ©efd^enf beö Senators Soa(]^im
©imineru im Saljtc 1 605, 511 bcr Icfetereii gel^örte eine SBicfe, beren ©r*
träge bctu ^i>räcentor suftanbeu für bic SBerpflid^tung, bie Äronc breimol
jöljrlid) mit Äerjcn 511 ncrfeljen. SDtc Ävoncn, m\ä)t 9?eflina ^olep, (Sl^efrau
beö oft genannten 6oöm. d. ©innncrn 1635, nnb ber Sürgennei jier Sielfe
(f. ©, 397) 1639 gcftiftet (;aben, finb ni(^t mel^r porldanben. S5ie ju
ben üironcn gel^örenben Stif tnngen finb im 1 8. Stt^r^w^bert, wo bie fc
Icnd)tung ber ilird;e anfeer ©ebrand) fam, fännntlid^ abl^anben gefommen.
S^er frfl{)erc, im ^^rälatendjor anfgeflente, fafi bift an bie ^ede
rcid)cnbe §anptaltar ber Äird^e ifi 1807 burd) eine Sombe jcrjiört unb
nod) nidjt luieber IjergcfteHt. S'er jefcige 9lUar fielet jroifd^eu bcn beiben
SIjüren beö Seltner^, bnrd) ben er, an unb für fxä) f<]&ou ju Hein, noäf
uerbedt wirb. Txt ftarfoergolbete Sci&nifearbeit im 9{enaif|ancefli( ge^
I;ört bem 17. 3a(;rl^unbert an unb ift ein ®ef<]^enf beö 9lefcrcnbarfi
©abriel SDfaueröbergerö, einjigen Sol&n be§ Äämmererö SKauerftberger
unb feiner ©atlin l'nitgarb Ännbenreid}.
lieber bem 9l(tar befinbet ftd) bas Don ®einalben umgebene
Änigge|d)e ^-intapljium. Äniggc felbft (f. £. 318) ifl auf einem ber
IHlber, weldieö 6(jriftuö mit ben £d}üdöem barjieDt, abgebilbet, wie er
im fd)ioarjen, mit ^'^.'el; iH'rbräntten .vlanonifat^rode mit gefalteten Rauben
uor bem >trcuje auf ben Änioen liegt.
S'ie bcibon 33eid)tftül)lc an ben Seiten be« 9lltar« finb ebenfalls
au^ bem 17. iabrbunbert unb non ßolbergcr bürgern gefd^euft, ber
bcö ^JJafioro primär, iion bem Äaufma in ^^ondc unb ber beft älrd^ibia-
fonnö von bem .s^anfmann ^I^änbIer. 4V*ibi% namentlid^ ber beft ^^
ftor^ pn'm , finb mit reidiem, aber ftcif.MU Sd^niferoerfe oei^iert.
I'a fd)on 1270 ein Crgani»'t ermähnt roirb, fo l^at bic Äirdje
mi) id)on bamalö eine Trgel gel).ibt. irir.e imxt ßrgel, fpäter bie
„grüne" genannt, ioü ron ^on ^i^uLiriii g^fdsenft fein, fie fianb an ber
3lMinb 5UMÜiicn ^cm :?lliar mib ^er ©anrefammer unb würbe 1618 afc
gcbvo*cn. nad^^cm üo idiou ieit einem Jabi^unbert uici^t benu^ war.
Tonn idion 15:7 roar jiviKi^'n ben 'Vu'ileni unter bem SS^iirme eine
lunic TviKl ovrivlucr. u>o;u :>i.iih unb Capltel 5U gleid^en Sl^eilen bie
Moücii lun\u\Kbon iMtion. Sic \m\xr>: 1536 bur(|> älbrian Südennann
ai;o o.immiii nmacavbcirei u::b hcixö bis lSi;6. SJm 24. Suni 1827.
uun^o in v?^i\;ciuvavt ^cö ^anu;liJ;cn ^^rca^riinsen bie neue, grünange^
fnuUnc. lUMi ^cm CriU^lbaiicv i»Jarf5 in iVrIin gebaute )DrgcI 9on bem
Siirorinrenbcntcu 'iJlCiCi^ ^v. \V;;c\\\ Vvr.i^vxii^w (8ebrau(i^ eingeiDcl^
— 469 —
Sßon ben 6 ©lodert tfl bie ältcjie unb größte 1272 gegoffen, wie
bie Snf(3^rift jetgt: BcX gLorlae Vcnl CVMpaCe, fie foH 72 ßentner
wiegen unb ift no(3^ nie geborften. S)ie 3Kittelgelttut§glodfe, 1333 ge^
goffen, trug bie Snfd^rift: Alpha ei f -f 0 Rex gloriae C/irisle veni
mm pace Moesla ordior, gatidia pangOj dulce welos canto; fie ift
fünfmal gefprungeti unb umgegoffen, jum legten SUlale 1746.
2)ie Heine ober SSeöperglocfe, 1609 gegoffen unb inel^rmalö ge=
fprungen, würbe 1719, burd^ eine alte, erfaufte ©orfglode oerftärft, aber^
tnafe neu gegoffen t)on beni ßolberger ©lodengieJBer (Sonrab ©d^eel. SDie
untere Umfd^rift ift ber ber ©t. ©pirtuäglodfe faft gleid^Iautenb (f. ©. 407).
SDie Sänge ber Äird^e beträgt 205 gu§, havon fommen 70 gu§
4 3oa auf ben ^xälatew^ox, bie SBreite 128 g^uß, bie §ö^e bi§ jutn
®en)ölbe 74 gug, bie §ö^e beß mittleren Stjurmö biß jur ©pifee ber
©tange 236 gufe.
®§ würbe auffaHenb fein, wenn ber fromme, ber ilirc^e juge^
wanbte ©inn ber ßolberger Sürgerfd^aft, ber fid) in ber liebeooUen
2lu§ftattung ber Rxxä)t mit S)en!mälem aller 3lrt buri^ bie Sai^r^um
berte betl^ätigt Ijat, nid^t an^ mand^en 3unftgenof[en ju lünftlerifd^ent
©d^affen angeregt l^ätte. 3n bem 17. S^i^rl^unbert lebte in ber ©tabt
bie funftreid^e 3Kalerfamilie ber Äno($enl^auer (f. ©. 467) unb fidtier
finb aud^ bie meiften ber anberen ©emälbe, Äronleu($ter, ©pitapliien
t)on (Solberger Äfinftlern unb §anbwerfem t)erfertigt. ^unft unb ^anb^
werf wud^s im ajjittelalter auf bemfelben Soben, unb ber ^anbwerlö-
meifier, ber mit fd^öpferifi^er idraft über bie gewö^nlid^en in ben SSor-
fd^riften ber Äunft fid^ l^altenben Seiftungen l^inauöging, war ein Äünftler.
ßolberg ift bie einjige ©tabt ^ommernö, fagt ^ugler, wo bie SWalerei
in einiger Slütl^e gefonnnen ju fein fd^eint. SDaS ©tabtbu(^ nennt bie
9?amen wenigftenö von jwei ßolberger 3Jfalern; ber eine (um 1400)
gel^ört bem angefel^enen ©efd^lei^te ber SBörwalbe an, ber anbere lieißt
Salob 58ribad^ unb !aufte fi(^ 1494 eine Querbube in ber ^jJapengaffe.
@r lebte alfo gerabe in ber Seit, an§^ weld^er bie SUiel^rjal^l ber älteren
©emälbe ber Äirdie ftammt. — £>b ber 3tame „3lpl^engetcre" auf bem
be aSiebe'fd^en Seud^ter (f. ©. 463) nur bie 3unft angiebt, weld^er ber
aWeifter angeljörte — bie Spengeter waren SKotl^äießer, weld^e g^iguren
an il^ren 2lrbeiten ate 3ierratl^ anbrachten — ober ob er gamitienname
war, läßt fid^ nid;t mit ©i(^erl^eit fagen, ebenfo wenig, ob ber, nad^
ber nieberbeutfd^en Snfd^tift ju fd^ließen, nieberbeutfd^e Äünftler ß^olberg
ober einer anberen §anfeflabt angel^örte.
1-»?
^■.
Die @d|ttleti ber Stabt
S)le f(^on gegen baö Sal^r 1300 erwäl^nte ©olberger Somfi^ule
ftanb in engfter SBerbinbung mit bem ßapitel unb würbe unter ber Sluf fid^t
bes ©(^olaftifuß t)on bem frül^ genannten rector sc/iolae geleitet. 2)iefer
gehörte, wie bie Unterlel^rer, bem geiftUi^en ©taube an, er l^atte feinen
^lafe im ei^or ber Äird&e, laö 3Weffen unb SJJemorien, leitete, wie in
proteftantif(^er Seit ber ßantor, ben ©(^uld^or unb bejog fein ©el^alt
jumeift auö Rrd^lii^en Stiftungen.
3)o(ä^ ni($t geringere 3Bi(^tigfeit, als für Äir(3^e unb ©apitel,
l^atte bie ©d^ule für bie ßaienwelt. S)aö Satein war triebt bloß Äird^en^
fprai^e, in il^m würben in älterer Seit au(| weltli(^e SBerl^anblungen,
geri^tlic^e SSerträge in ben ©tabtbü(^ern unb jum Si^eil aui^ bie diat^^^
befi^lüffe abgefaßt, ©ine, wenn anä) nur bürftige Äenntniß beffelben
war beöl^alb wenigftenö für bie angefel^eneren klaffen ber ©inwol^ner^
fci^aft ein wünfd^enöwerti^er S3efi^, unb Urfel^bebriefe, bie von ßolberger
SBürgern mit eigener §anb, wie auöbrüdli^ bemerft ift, in baß ©tabt*
hn^ eingetragen finb, bejeugen, baß bie ©(^reibefunft an^ bei ben
Saien nici^t unbefannt gewefen ift. ©ine SBittwe, bie \i^ 1395 wieber
üerl^eiratl^et, t)erpfli^tet fid^ bei ber Sluöeinanberfefeung mit ben Äinbern
erfter e^e, ben ©o^n 4 Saläre in ber ©d^ule ju erl^alten unb i^n mit
Kleibern unb ©(3^u^en, fo wie allem, waö jur ©(^ule nötl^ig ift, ju
i)erfel^en ^), unb äl^nlid^e SBeftimmungen weißt baß ©täbtbud^ l^äufiger auf.
SDal^er ift aud^ ber diai^ ber ©tabt frülj bemül^t, ®inwirfung auf
bie ©(^ule ju gewinnen. @in Sßertrag üom Saläre 1378 bilbet ben
2lbfdf)luß eineß ©treitß, ber jwifi^en il^m unb bem Kapitel aud^ auf
biefem ©cbiete außgebrod^en war. S)er Slatl^ erlennt barin baß SRed^t
beß ©dfjolaftüuß, ober, wenn biefer fe^le, beß ßapitelß an, ben Slector
anpfteUm^ bod^ wirb il^m bafür vom ßapitel ein tteberwad^ungßred^t
— 471 —
ber ©(3^ule jugeftanbeit, er fann bie 9lbfcfeung beö 9lectorö uxlan^er\,
mmx biefer feine ßute 3u^t übt, fid^ in ©rfüßung feiner 3lmt§pflid^ten
läffig jeigt unb \iä) auf ergangene ©mial^nung nid^t beffert, unb baS
ßapitel barf fie nid^t permeigern. ^nä) über bie ©innal^men ber Seigrer
entl^ält bie Urfunbe einige SBeftimmnngen. 3)ie Unterlel^rer erl^alten
t)on jebem Bä)üUx il^rer Slbtl^eilungen jeben l^alben aWonat 2 $fg. unb
in ber 3eit, wo Sid^t gebrannt wirb, ebenfo unb in benfelben Sermineu
ein 2xä)t, auj^erbein nod^ am Sage t)or aWariä Steinigung von iebem-
1 ^fg- i« Siöit; ber Seigrer (es ift wol^I ber SRector gemeint) erplt —
aufeer feinem (nid^t angegebenen) ©el^alt, baö il^m nai^ alter ©emol^n^
l^eit bleiben foH — jur 3eit bes ßid^tbrennenö ber SReil^e nad^ von
jebem ©(^fller ein Sid^t unb am S^age vox SRariä Steinigung 2 ^fg.
ju Sid^t; afe „^Jufegelb" jal^lt jeber ©d^üler il^m 3 ^fg., bem Untere
lel^rer 2 ^fg. SlUe übrigen g^orberungen werben als unerlaubte (^x^
preffungen unterfagt, namentli(5 bie „©peifepfennige." 3)od^ l^at ber
Unterlel^rer 3lnfpru(^ auf bie §älfte be§ g^rül^fiüdf^ feiner Söglinge* —
®ö war eine gute SSBirfung ber nad^ langem Äriege wieberl^ergefteHten
©intrad^t jwifdf)en Slatl^ unb ©apitel, ba§ beibe fid^ 1477 jur §ebung
ber ©d^ule frieblid^ t)ereinigten unb fi(^ gegenfeitig gelobten, für fie
©orge tragen ju wollen, bamit au§ iljr SRänner t)on geiftiger unb fitt^
lieber S5ilbung l;ert)orgel^n fönnten. S)em Siector würben jur SSermel^::
rung feiner gewiß no(^ bürftigen ®innal^men bie Hebungen eineö geift^^
lid^en Senepciumä jugewiefen; im übrigen würbe baö 2lbfommen Don
1378 erneuert. §in unb wieber wirb feitbem bie ©d^ule mit f leinen
©tiftungen bebai^t; j. S. beftimmt Soi^ann ©d^lief 1496 in feinem
lefeten SBiUen, ba^ ber SJector aBjäl^rlid^ für il^n mit 4 armen Bä)üUxn
eine 9Kemorie abfingen unb bafür jebeömal 3 ßuabrinen (Sßierfen) er^
l^alteit foH, von benen er ben ©(^ülerat eine Äleinigfeit abjugeben l^at.
Sie 3al^l ber Unterlel^rer (ßoHaboratoren, fiocaten [gemietl^ete Seigrer]
submagistri) ift nid^t angegeben. Ueber bie iJage bes ©d^ull^aufeö
f. ©. 54. —
SDie Sieformation »erfprai^ bem gefammten ©d^ulwefen einen
2luff(^wung, brad)le il^n aber junäi^ft nur ben gdel^rtcn ©d^ulen. ©ie
erf(§ien bei ilirem Sluftreten in ber innigften aSerbinbung mit bem ©tU::
bium beö Sllterlljumö, weld^eö für ein tieferes aSerftänbniJB ber l^eiligen
©d^rift bm SKeg bal^nte. „SBir werben ba§ (Soangelium nx6)t bel^alten
ol^nc bie ©prac^en" l^atte £utl;er gefagt unb ben diät^en ber beutfd^en
©täbte bie ©rünbung von ©d^ulen an ba§ §erj gelebt. Unb wie es
— 472 w.
ben iläbtif($en SWatl^en überatt balb ei^ren-^ unb §etjenßfa(]^e würbe, bic
füntmerlid^en ^farrfd^ulcn in SRüft^äufer 511 t)enyanbelit, aus benen bic
SBaffen entnommen mürben für ben no(^ lange nid^t beenbigten Äampf
gegen ben alten g^einb, fo mürbe au(^ in Sommern 1534 2) befd^loffen,
bafe in jeber ©tabt eine ©d^nle gel^alten merben fotte, mo bie Äinber
beutf d^ nnb latein, beten unb ?Pf almen fingen lernten ; nmn bai^te f ogar
an bie @rri<^tung einer Unioerfität in ©tettin, moju bie beiben ©tifter
t)on @t. Dtto unb^St. SKarien bie ©runblage l^ergeben fönnten.
3lud^ bie alte gejte an ber ^jJerfante foBte jefet ein SBottmerf beö
proteftantifd^en ©eifteß merben, l^ier moHte man „ein gut ?ßäbagogium
unb Studium tkeologiae^^ einrii^ten. Ungünftige SBerl^ältniffe üerei^
telten jebod^ bie aSermirflid^ung biefeö ©ebanlenö. — Sllö ' erfien eoan^:
•gelifd^en SRector (f. ©. 308) berief ber SRatl^, furj t)or 1534, Sol^.
©d^omafer*), 1532 nod^ alö SSicar genannt unb 3Ritglieb ber Sur^
fengilbe, einen ber ®eiftli(^en, bie fid^ ber lutl^erif(^en Seigre juge-
manbt l^atten. 2ll§ fein SRad^f olger mürbe t)om Statine 1538 ®. 33eli^
auö SBerben jum SRector berufen; bod^ legte biefer 1546 fein Slmt
nieber unb na^m baö einträglid^ere eineö ©tabtfecretarä an. S3om
Saläre 1548 biö 1551 (nad^ einem nid^t gefiederten 3Wattl^. ©ngelbred^l)
t)ermaltete So^nn SBlenno Ci\x% ^prife baö ämt „ein red^ter Söraelit
unb treuer SRatl^anael im ©lauben, Seigre unbSBanbel"; er ging 1551
nadlj SBittenberg unb mar julefet Äapettan an ©t. SWifolai in ©tettin,
mo er nod^ 38 Sahire mirfte. ©r l^atte, alö er 1609 ftarb, baö Sitter
t)on 80 Salären erreicht, 60 baoon mar er im ©d^ut unb Äiri^enbienft
tptig gemefen.
SDer lefete felbftftänbig t)om SWatl^e uocirte SWector fd^eint 3lteEiu§
9ieumann gemefen ju fein; er mirb als fd^mäd^lid^ unb t)erbroffen be^
jeid^net. ©ein 3Wi^muttj mag in ben traurigen Suftänben ber ©d^ule
feinen guten ©runb gel^abt liaben; benn ftatt beö flolaen Saue§, ber
beabfid^tigt mar, l^atte man e§ nur jur ©rrid^tung einer bürftigen Sret^
ter^ütte gebrad^t, in meld^er ber neue ®eift mirfen follte.
SDer 3f{atl; l^atte bod^ feine 3lnfprüd^e aud^ auf bem ©ebiete ber
©d^ule nid^t aufred;t erl;alten fönnen, er mufete ben Sßicarienl^of mit
*) 5«tc^t eins (Salt. ©tub. 3. 72), aber roal^rfc^einltc^ ücrroanbt mit Slnbreo«
©d)oma!er, bem 3fieiitmeiftcc oon Söolgaft, mcld^cr eine pommerfc^e (tl^ronll ocrfaSt
l^at. SRad^ bem ©tabtbuc^e mar Slnbreaö ©c^omafer, SRentmeijlcr in SBolgaft, 1530
in ©olbcrg, mo t^m 3. ^egc eine S3ube in ber ^apenftra^c auflief, (^cin SJatcr
wac ein ^olbtxQtx»
~ 473 —
feinen f(^on eingericfiteten Sectorien bem ©apitel (1538) jurüdgeben,
iinb bie ©(^nlc war wiebcr auf bie engen SWäume beö älteren ©ebäubeö
befc^ränft. S)abei waren bie t)orI;anbenen SUlittel fo bürftig, bafe gegen
1 560 bie unterfte ber mer Sel^rerftetten eingesogen, ben anberen ßoUegen
aber für bie 5!JJe]^rarbeit fein ®rfafe gegeben würbe.
SDie 1568 beenbete aSifitalion (f. ©. 320) führte enblid^ ju er^
lrägli(^eren Suftänben. aSon einem ^äbagogium würbe 3lbfianb ge-
nommen, bie ©d^ule follte jwif(^en ben größeren afabeniifd^en ©pmna^
nafien unb ben gewöl^nlii^en S!rit)ialf(^ulen in ber 3Witte [teilen, bie
©d^üler bis jur UniDerfität t)orbereitet werben. SBinfelfd^uIen würben
t)erboten, bie t)or]^anbenen aufgel^oben, bamit bie grofee ©d^ule baburd;
nid^t in ber ©(^ülerjal^t beeinträchtigt werbe. SDie 3al^l ber Seigrer
würbe auf vier fefigefefet unb bie ©e^lter thm^ t)erbeffert. SDer
SRector l^atte jefet 40 fl. ©el^alt unb von ben 48 ^funb ©alj (üon bem
beneßciiim salis f. ©. 320), bie er felbft üerfaufen mujste, minbeftenö
ebenfo t)iel ©ulben. S)eö 6onrector§ ©el^alt ftieg auf 50 fl., beö ^m^
torö auf £0 p., beö Socaten (baccalanrenSj atidilor) auf 20 fl. SDaju
famen f feinere ©efälle: ein §oIjgelb t)on 1 2)uttd^en (3 Sb. /?), wel(^eö
jeber S^üler mit 3lu§nal^me ber armen jal^lte, unb 2lntljeil an ben
Seid^ens unb Sfrauungöaccibentien. 2)ie übrigen, bie ©i^ule feetreffenben
Seftimmungen beö SBergleid^ finb f(^on ©. ^21 aufgefü^irt.
S^as (Sapitel l^atte ben aSicarienl^of jur ©d^ule l^ergegeben imb
ber SRatl^ fi(^ t)etpfli(3^tet, i^n tnit „jierU(|en" ©($ut unb ©peifejim-
mern unb ju einer bequemen SBol^nung für ben IRector au§juftatten,
awi) ©orge ju tragen, ba§ no(^ 5laum bliebe für einige ©(^ulgefeBen
unb ©(^üler; bo(% t)erging no(ä^ geraume Seit, bis er feinen 5Ber=
pfli(^tungen nad^fam. SRo($ 1595 würbe t)on ben Seigrem geflagt, ba§
baö ©d^ull^auö nur auögebeffert, nid^t umgebaut fei. 2)er SRatl^ be^
fd^werte fic^ bagegen, ba^ bie ©djulgefeHen i^ren Stemtern nidjt fleißig
aufwarteten unb fid^, wie audi bie ©eiftlid^en, alö ©(^reiber unb SRotare
braud^en liefen, er bewirkte aud^, ba^ ben ©d^ulgefellen eine ermal^=
nung jufam, fie foßten lieber grammalicam fleißig treiben unb cxcr-
cilmm styli nid^t unterlaffen; in Setreff be§ ©(^ul^aufeö aber blieb
es beim Sllten. 6rfl um 1618 würbe eö in g^olge be§ 3)rängenö ber
©emeinbe jur Sufriebenl^eit aDer 2t;eile ausgebaut, unb feit um 1670
in golge ber ftarfen grequenj jur ©rweiterung be§ grojsen Sectoriutnö
ein Sl^eil beö benad^barten a3raul^aufeö miti^m Derbimben war, würbe
eö ein ftattlid^eö unb geräumiges ©eböube mit brei ©iebeln, weld^eö
— 474 —
bequeme SBol^nungeu für alle Kollegen entl^ielt unb für ben Sftector
einen abgefd^Ioffenen §of unb eine ©tubirftube, beten genfter auf baö
ffeine 9Jectorgärt(^en l^inauäfal;en. SDaö Sufammenrool^nen ber gami^
lien, bie Senufeung beffelben g^lurö gab freilid^ ju mand^em ©treit unb ju
manchen Klagen vox bem Eonfiftorium xmb bem ^atronengeri(^t aSer*
anlaffung, fo ba§ man wol^I meinte, bie alten SBicare l^ätten ben ©amen
ber 3metxaä)t l^ier jurüdgelaffen, unb ba§ dieciox ®6)n\mnn ben alten
aSicarienl^of gar bie ÄapeHe beö 2!eufelä nennt, bie biefer ja immer
gerne in ber Stalle ber Äirc^e errichte. —
©d^on gegen ®nbe beö 16. Sal^rl^unbertö fing bie ©(^üleraal^l
beä Spceums — fo l^eigt bie Slnftalt feit biefer Seit — an fo juju^
nel^men, ba^ bie 2lnftellung eineö fünften Set;rer§ (beö Quintus) notl;^
raenbig würbe, prberlic^ war i^r befonberö bie lebl;afte S^eilnal^me,
bie luiter 9tauf(i)enborfö Seitutig bie SBürgerfi^aft für bie ©d;ule aw ben
Sag legte. 2)er 3lu§f(^u^ berfelben forberte (1618), jä^rlid^ ju ßftern folle
ein ©iamen gel^alten, ein Sectionöplan t)orgelegt, ber praeceplores glei§
unb Unfleife erfunbiget, Scholarchae auö Slat^ unb S8ürgerf(^aft er-
n)äl;lt werben, bie ben Prüfungen beiiool^nten; au(^ foße ein geleljrter
3Jiann, in ober außerl^alb ber ^kiefterfciiaft, befteöt werben, ber 1 ober
2 ©tunb^n wöd^entlid; e^lraorbinäre Section aw^ geiftlii^en unb weit-
lidjeu ^ai)t\\ lefe, bamit ber Sugenb ad aUtora 3lnleitung gegeben
werbe. SDamit Derbanb fi(^ au($ eine erfreuli($e ©orge für baö mates
rieHe SBoljl wie ber ^^rebiger fo ber Seigrer, ber Siatl^ foHte bie Sapi-
talien, uon "litmw ©djuls unb Äirdienbiener befolbet würben, auf fid;ere
§i)pott;ef auöt^un, bamit bie[e jur rechten Seit i^re Sinfen erl;ielten,
unb bie befolirten Seftamente irieber auffud;en unb nufebar mad^en.
©eit biefer Seit würben regelmäßige ©jamina eingerichtet unb ^^Jrogramme
üblid). aiudj ber breifngj[äl)rige Ärieg fonnte bem Sluffd^iwung ber
©d;ule wenig fd^aben.
3Bie für anbere ©d)ulen, blieb für bie ßolberger biö in bie
3)Jilte beä 17. Sai^rl^unbertö baä ©turm'fd^e 33ilbung§ibeal majsgebenb.
Jöie gelegeutlid;e S3emerhmgen , 3luöjüge aus 'jjirogranunen unb bie
©djulgefe^e Don 1640 jeigen, würbe neben einer genauen 5lenntniß
ber ä3ibet unb ber ä3e!enntnif3fd;riften t)or allen SDingen bie (Erlernung
ber lateinifd;en ©pradje erjielt. lieber biefe im münblidjen unb fd^rift^
lid;en (Sebraud; bie ooHe Ǥerrfd)aft ju geben, barauf arbeitete ber ganje
Llnterrid;t l;in. Gramniatica m\\^ exercitio stili bilbeten ben SOJittel^
pirnct be^ Unterrid^tö. SDer grannnatifd^e Unterrid^t, t)erbunben mit
— 475 —
Semen x>on SSofabeln begann auf ber erften ©tufe, mä) gewonnener ßor-
rectl^cit auf ben folgenbeu ©tufen gab auf ber Ijöd^ften SRfjetorif ■iiini
©tiliftif beu rebnerifci^en ®^m\\d. Unter ben 9lutoreu [taub anfängtid;
Serenj unb ^lautuö oben an mit ber 33ef(i^rän!ung, bafe ber £el;rer
alles n)egf($neibe, waö bie j[ugenbU(^en ©eefen befleden fönne; bocf)
würben fpäter bie Sebenfen ni(ä^t blo^ gegen Unfauberfeit biefer SDii^ter,
fonbcrn aud^ gegen bie „2lrd^ai§men unb bie \6)Uä)U unb attfrän!if(^e
latinitas^^ be§ ^lautuä fo ftarl, baB man an i^rer ©teile ben (ä^riftlicf)en
Seren} einfül^rte. 3?a($ unb neben jenen laö ntan ©icero (Sieben, SSriefe,
de ofßciis^ seneclule, amicitiä), §oraj unb 83irgiL Schar/ fd mamiale
foBte „ben 5Berftanb aufräumen" unb im rid^tigen 2)en!en \&t\\.
2)ie 9lectoren ber ©d^ule biö 5U ber braubenburgif(3^en 3eit l;in
finb na(| ben oben fd^on genannten:
5) Mag. ^eter Äolrep, ber erfte oon beiben Patronen gemeinfam
berufene, abiigen §erfommenö, ©o^n 3)Jid)aelö t). Eolrep auf Äolrepe
in ber aJJarf unb gunb^of in ^onunern, fam 1566, buriä^ bie Sufii^e-
rung eines ©el^altä m\\ 100 fl. unb einer „jierlid^en" SJiectormol^nung
gelodt, t)on ©tolpe, mo er fdjon Seigrer war, uadj ©olberg unb würbe
i)or oerfammeltem 3?atl;e unb ßapitel im Eljor ber 5lird)e feierlid; in
fein 2lmt eingefül^rt^ SDurdi feine aSerl;eiratl^ung mit (Slifabet^ 0. 33erg
auä einer alten ©üljenfamilie gewann er ©intritt in bie ©atjgilbe.
ajfandje feiner SJad^f olger finb auf bemfelben äßege in bie ©ülje ge^
lommen. (gr ftarb 27. ©eptember 1593. 3?ad^ itjm verwaltete baö
SWectorat einige Sülonate ber ßonrector ©regorius ©cf)olaftifuö (fpäter
^aftor), bis
6) Mag. eraöuuiö SRaudiftebt aus ©tettin, ßantor in ©reifen^
berg, bann in ßolberg, (wo er 1592 einen Sßuf als ^^Jaftor nad; ©rei:^
fenberg, erl^ielt, jebod^ t)om ^erjoge ni($t beftätigt würbe, weil bort nur
einer angefteHt werben foHte, „ber eine Sod^ter bes aSorgängevö Ijei^^
ratl^e") im 3lpril 1594 baju berufen würbe. ®r würbe 1595 in2ßit=
tenberg SKagifter, 1597 Slrc^ibiafonus unb Jllofterprebiger unb ftarb
12. ©eptember 1631, auf ber Äanjel vom ©d)lage gerüljrt. ©ol;n unb
fönfei waren ebenfallö ^rebiger, lefeterer in 3ernin feit 1699.
7) Mag. Salt^afar ©d^ulfee, 1598—160], „ein wol^lgeratl^eneö
£inb armer Altern" aus ©reifenberg, ber feine ©(^ulbilbung bei 'äidw^y
ftebt in ©reifenberg begomien unb bei bemfelben in (Solberg ooDenbet
l^atte, ein t)ielfeitig gebilbeter 3)tann, SDidjter, ©efdjidjtsfd;reiber, ^^l)\^
lofopl^ unb Strjt. , ©eine Steigung ju ben mebicinifd^en ©tubien, bi^
— 476 —
fi(^ in bcr 1596 gebrucftcn äbJ^anblung de diaeta teterum jeigte,
würbe [o übcrwiegcnb, bajs er 1601 ben ©^ulftaub t)on feinen §ü^en
fd)tittelte unb na(^ Dr. ßaöpar 5tel]^eittters Sobe baö ©tabtpl^^fifat am
nal^m. Sugleic^ war er Seibarjt beö §erjo9§ Safimir, reifte mit biefem
in ein 33ab unb lieg ft(^ unterwegä im aSorübergel^en in SBiftenberg
1601 ben Soctorl^ut auffefeen. @r blieb in biefer ©tettung awdi bei
Äafimirö SRad^folgern granj unb Ulrid^, bie il^n oft an il^ren §of l^olten,
unb ftarb 1627 als ßolberger SJatl^äl^err unb ©d^olard^. Unter feinen
mebicinif(3^en ©Triften l^at für Golberg 3ntereffe bie ^efiorbnung, bie
er 1619 auf Jiat^öbefe^l für bie ©tabt T)erf afite.
8) Mag. 3Kattl^ia§ §amel, 1601, „ein emftlid^er imb berebter
aKann", einer ber fieben mol^lgeratl^enen ©öl^ne beö ^Mpofituö §amel
in Sal^n, t)on benen t)ier bem Berufe beö SSaterö folgten, mal^renb ben
fünften tl^atfräftiger ©inn aus engen SBerl^ältniffen in ben S^ürfenfrieg
trieb, xoo er t)on ^Jubolf IL bur(^ feine STapferfeit für feine gamilie
ben 3lbel gewann. Mag. SUlattl^iaä mar juoor Seigrer in ©öölin, bann
ßonrector in ßolberg gemefen. ®r ging nod^ in bem ^dfyct 1601 als
^^Jräpofituö mi) 33al^n, mo er 1618 als ^ropfl flarb.
9) Mag. aSalentin ©(ä^erping auö ßolberg, 1601 — 1619, feit
1594 ßonrector am Spceum, l^eiratl^ete Äatl;arina SRange unb mürbe
1600 ^^aftor ju ©t. ©pirituö unb ©t. ©ertruben, 1601 „leierte er t)on
ben ©d)afen ju ben Sommern jurüd" unb oermaltete fein Slmt bis 1619,
mo er fid^ in ben SRul^eftanb jurütfjog. Er ftarb 1629.
10) Mag. SDaoib ^^l^ürmann aus ©targarb, ber fi^on als 6om
rector ben julefct leibes^ unb geiftesf(^ma<]^en aSorgänger vertreten l^alte,
ging 1621 als 5ßad^f olger bes 2)ia!onuS gabricius (bes einzigen f(3^roe«
bifd^en ©eneralfuperintenbenten t)on §interpommern t)on 1634 — 1654)
nad) (Söslin, mürbe bort 3lr(3^ibiafonus, bann 1645 ^ropft, er ftarb 1653.
11) Mag. ^eter aWprfd^äuS aus ©tolpe gebürtig unb bort 3tector
1621*) ju gleid^em 2lmte nad^ ©olberg berufen. @r l^atte auf perfd^ie^:
benen beutfd^en Unioerfitäten ftubirt, mar bann in ©panien, g^ranfreii^
unb Stalten l;erumgemanbert unb beljerrf(^te bie ©prägen biefer Sänber.
2)ie altgermanifd^e SBanber:= unb 2lbenteuerluft mar bamals aud) in ge-
leierten Greifen nod) lebenbig unb fd^eint burd^ bie Unrul^e beS ^breifeig-
jä^rigen 5lrieges nod^ t)erftärft morben ju fein, ©in aRaim, ber in
feiner §eimat etwas gelten moHte, mugte bie SBelt gefeiten l^aben, unb
*) ^0 na^ feinen Sd^riften. @bert l^at bod falfc^e 3a^r 1624.
— 477 —
ein ®t^ä)kä)t t)on fal^renben £culen i)at ba§ gaiije Sal^rl^iinbert l^inburd)
ju ßolberg in ©tabt= imb ©id^ulämtern gefcffcn,
12) Mag. ©regoruis 2aQn^ (§afc), 1625— SO, 1586 ju Q.Mxn
geboren unb einem Sl^eologen- unb ^untaniftengefdjlei^t angcl^örenb;
ein Ol^eim von il^m war ©uperintenbent in ber ^falj, ein jroeiter Seib^
atjt bei bem Könige t)on ?polen, ein 93ruber feiner ©ro^mntter war
ber Sifd^of ©oaue gewefen, er felbft l^attein ©olberg unb S)anjig bie
©d;nlen bffud^t, in ©reifötualb, bann, wie bie meiften Si^eologen ^^om=
memo, in bem mufterl^aft reiä^tgläubigen SBittenberg fiubirt, war bort
aJJagifter geworben unb nad^ ©d^önberg in 3Kä]^ren 1617 jum paslor
Primarius berufen. S'ort würben il^m na^ bem Sturje griebrid^ä V.
oon ber ^falj fünf ©öl^ne oon ben ^apiften erfd)lagen, unb mit bem
feigsten unb feiner ©altin, einer %o6)Ux be§ bortigen Sürgermeifterö,
flüd^tete er 1623 nad^ ^^ommern. 2lus S^eilnal^me für fein trauriges
©efd^idf fteßte ber Slat^ in ßolberg i^n als au^erorbentlid^en g^rül^pre-
biger unb mä) SDiprfd^äuö Sobe als SJector an. 3m Saläre 1630 ging
er, nad^bem er aud^ feine grau an ber ^^eft oerloren l^atte, als ^>ropft
nad^ ?leu^@tettin. S)ort wirfte er no(^ 20 Saläre mit gewaltiger Äraft
unb großem Seif äße; bie SBittroe beö §erjogS Ulrid^ fd^rieb feine ^^re=
bigten über bie ^falmcn na(§, obwol;l er barin bie 3luöf(^reitungen
if)vex fürftlid^en SBenoanbten mit bem SWutl^e eines überjeugungstreuen
lutl^erifd^en Si^eologen ,,tapfer unb eifrigft ftrafte." 3n ßolberg blieb
er in gutem 3lnbenfen, unb als ber ^aftor Safd^e geftorben war (1649),
würbe er bortl^in gerufen, um „bem minisierio'^ oorjuftel^ien. %n biefem
Slmte ftarb er 1652. Sein lefeter ©ol^n SDaniel würbe 1656 ^^rofeffor
ber ^l^ilofopl^ie in ©reifswalb.
13) §einrid^ fjriebebom (1630—1641) aus Selgarb, eigentlid^
3Webiciner wie fein SWad^folger
14) griebrid^ ©d^ulfee, ©o^n SBalt^afarS ©d^. {N. 7) (1641—63);
er l^atte fid^ auf fed^S Unioerfitäten jum aWebi einer ausgebilbet unb
war nod^ jwei Salute als §ofmeifter junger ©belleute gereift, „ein frieb?
fertiger unb leutfeliger" 3Kann. ©in §elmftäbter ^srofeffor bes 18. Sai^r^
I;unberts meinte, ba^ bie aWebiciner unb Suriften nur bann Seigrer
würben, wenn bie Rillen unb 9ted^tsformeln nid^t wirfen wollten. S)as
Urt^eil trifft wenigftens nid^t bie beiben ©d^ulfce, SBater unb ©ol^n,
bie in beiben Sätteln gereift waren, tüd^tige Slerjte unb ©d^ulmänner.
SBei ber engeren SBegranjung bes evforberlid^en fprad^lid^en SBiffens be^
fäl;i9te faft fd^ou eine tfld^tige ©d&ulbilbung jur SBefteibung einer Se^rer-
— 478 —
ftelle; waren ja mici^ bic ßapitiilaren, fogar bic xei)t%e\ef)xten SWitgltcbcr
be§ katl)^ gute littcratores, bie junt 2;i^eil felbft ein jietUd^eö Satetn
ju fd^reiben, ober njeuigftenö ju beurtl;etlen wußten.
®ie glänjenbfte Seit beö ßolberger Spceum^ begann mit ber 35eftfer
ergreifung ^ommernö bur(3^ ben großen Äiirfflrften. 2)ie ©rrid^tung
ber SfegierungöcoKegihi in ber ©tabt bradite eine große Sal^l Dornel^mer
33caniteitfaniilien bortt)in, bie für il^re ©öl^ne ber lateinifd^en ©d^nle
bcburften. 25ie g^requenj ber Slnftalt nal^m bal^er fo ju, ba^ bie Sin-
ftellung eines fed^öten Sel^rerö nötl^ig würbe. Sllö folc^en nennt Slango
1G68 ben ßoHaborator @Ha§ Sitel. SBenn au(^ mit bem Slbjnge ber
S3el;örben bie ©(^ülerjal^l im ©anjen fid; üerminberte, fo baß bie fecä^öte
©teile balb roieber einging, fo l^ielt fie fi(^ bod^ in ber ^rima nod^
biö gegen baö @nbe beö Sal^rl^unbertö auf ber §öl^e ber bebeutenberen
gleidiartigen Stnftalten ^ommernö : mel^r al§ 5 1 unb 53 ^Primaner —
fo t)iel l^atte ba§ fipceum 1692 unb 1701 — jäl^Ite in biefer Seit awä)
bie ©tralfunber ^rima nid^t. SDie größere Sal^l batjon waren S[uö=
wärtige. SSon ben 119 Primanern ber Saläre 1692—95 waren 94
aw^ Sommern, unter biefen nur 27 auö ßolberg, 12 auö Selgarb, 11 m^
©reifenberg, bie übrigen aw^ 2lnflam, ßammin, SBärwalbe, 9leU'©tettin,
©djiawe, ©targarb, ©tettin; 19 m^ ber 3leumarf, 3 au§ ?ßoIen: au§
STaujig, SDral^eim unb Saglife. SDer burd^ gute Seiftungen imb tüd^tige
Seljrer begrflnbete, weit reid^enbe 9iuf ber 2lnftalt l^ielt nod^ eine Seit
lang ben ungünftiger werbenben S?eri)ältniffen baö ©egengewid^t. 3m
Slnfange beö folgenben 3al^rl;unbertö war bie ©d;ülerjal^l fd^on fel^r
gefunfen, unter ©d)umann f(^on fo, baß bei einem ©(^ulgelbe t)on
6 g(rr. üierteljäl^rlid^, weld)eö jeber ©d;üler mit 2luönal;me ber unt)er«
mögenben jaf)lte, bie ©efanmtteinnal^me für baö aSierteljalir fid; auf nur
16—17 Später belief. S)ie Uprima blieb t)er^ältnißmäßig am ftärfften
befefet, 1709 waren 33 ^Mmaner t)orl^anben, unb 1731 treten 31 9iebner
m^^ ber ^rima in einem oratorifd;en 3lcte auf.
S)a§ eigentlidie ©iimnafium bilbete bie ^rima, für weld^e bic
übrigen Klaffen r)orbereiteten, in fie trat bie SUleljrjal^l ber 3luöwärtigen
ein. :rie @d)üler faßen in il^r gewöl^nlid^ 6 ©emefter, wenige fürjere
Seit, mandje no(^ länger; in ben Sahiren 1696 — 1700 faßen ad^t
©d)üler 8, jel^n 10, einer 14 ©emefter barin, einer l^atte fid^ l^äuölid^
barin niebergelaffen unb bradjte e§ auf 20 ©emefter. SDie ©ecunba
jaulte 1692 39 3)Jitglieber unb mag wol^l bei bem Wirjeren ßurfuä
aitc^ fttttjev bev ^vitm an Saljl nad^geftanben l^aben. aJtand^e ©d^ülev
— 479 —
führten no(^, bcfonber§ in bev erften 3ett mS) bein großen Äriege, ein
l^albeö SSagantenleben, nütteHoö friftetcn fie i^r S)afciti eine Seitlang
bnrd^ bie ©ntl^etjigMt bcr Siett)oI;ner nnb jogen bann anf eine anbete
©c^nle. ©elbft gebornc ßolberger n)e(^felten nüfunter bie ©(^nle nnb
gingen nod) anf einige 3eit nad) ©tralfnnb ober SDanjig. g^rnl^er mar
2Bittenberg anci^ in ßolberg bie beliebtefte Unioerfität, bort gewannen
and) bie ßolberger gett)öl;nli(^ bie 3Jlagifterit)ürbe, gegen ®nbe beö ^a^x^
l^nnbertö fi^eint il^r ilönigsberg ben ^ang abgewonnen jn l^aben,
Sa nnr jwei Sectorien Dorljanben waren nnb bie Älaffen, nament^
lid) bie unteren combinirt würben*), bie 3al;l ber Unterri<$t§ftnnben
überljanpt geringer war, alö jefet, fo f)atten bie Seigrer feine übermäf-
[ige ©tunbenjaf)!. 2lm meiften gab rerl^ältnifemäßig ber Siector: um
1700 17, ber ßonrector 18, bie brei übrigen je 19. SDod; fam, befon^
berö bei bem JWector, \\o^ eine jiemlid^e 3al^l 'be[onber§ I;onorirter
^riüatftunben Ijinju, nnb ber ßuintuö Ijatte anj^er feinen im Katalog auf-
gefül^rten fiectionen nodj ben Unterrid;t in ber „bentfd;en ©(^ule/' S)enn.
baö £t)ceum bnibete feine 2Binfelf(j^ulen neben fid^ (f. ©. 473), unb ber
diail) nnißte von 3eit jn 3eit ben [id^ immer wieber geltenb ma(^enben 2Bin=
felpäbagogen ha§f @ä)wV)alten unterfagen. SDafür mußte fid) benn bie ge-
lel;rte ©djule ba§ barbarifd^e 3lnl;ängf el ber beutf(|en ©d^ule gefallen laffen.
SDaö Satein bilbete neben ber 3teligion nod) immer \)en Kern
beö gefammten Unterrid)tö, unb bie SDJetl^obe war fo jiemlid^ bie alte
geblieben. SBeliebt waren gegen 1700 bie Sange^fdjen £el;rbnc^er, ba-
neben Cellarms : Über memorialis. 3?ad^ biefen würbe bef linirt, con=
jugirt unb ba§ ^sl)rafenletnen betrieben, bie§ in ©ecunba and) (xyx^ bem
djriftlidjen S^erenj. %\\ biefer 5llaffe fam ber SBirgil l^inju mit 3Wt)tl^05
logie, Quantitätölel^re unb metrifd^en Hebungen, bie bei ben ©($wä(^eren
in ber §erftettung ber Sßirgilifd;en SBerfe (k\x^;> orbmutgöloö bictirten
SBörtern beftanben. %\\ ^rima wirb neben ber Seetüre ber ©iceronia^
nifc^en ©c^riften befonberö 9il;etorif geleiert imb praftifd^ geübt. SDer
Sectionöcatolog t)on 1701—1702 giebt bie im Saufe beö 3al^re§ be=
l^anbelten 2t)emata an, bie ^\\i) jugleid) ju SDiöputation^übungen bienten,
bamit bie Sßerfaffer lernten, il^re fd)rifllidj aufgefegten ©ebanfen aud)
münblid^ ju üert^eibigen. S)ie ©egenftänbe waren tl^eilö tl;eologifd^er
Strt: de imagine dkina^ de peccato, de libero arbitrio^ de deca-
*) Slud^ ein 3ufammcnunterrtd)tcn molarerer klaffen in einem 9laumc wav
weniger ftörenb, ba ber llntervt(l)t in ben unteren 5llaffen weift im Slbfragen ber
^cnfcn beftanb.
— 4Ö0 —
togo etc, tl^cife bcr &\ß entnommen, mie de juslitia^ graUludiney
tacihmiitate^ virlute^ amicitia. SBerfaffer unb Opponenten finb iebe§:j
mal genannt ©aneben pnben \\S) SSariationen einer ©entenj bur(§
t)erf(3^iebene giguren, SSergleidjungen, wie vmae gloriae cum nebiila^
ambitionis cum coecitale^ unb bie burd^ il^re feftftel^enben Sopen an
einen geregelten ©ebanfengang geroöl^nenbe ©l^rie, j, ^. senum eofi-
silia esse optima. Sßon einzelnen Uebungen ftieg man ju ganjen Sieben,
bie bem ®ange irgenb einer ßiceronianifi^en nad^gebilbet waren, 3m
3al;re 1650 l;ielt ber Sonrector Mag. Soad^im eine lateinif^e, ber
Siebe ßicero'ö pro Marcello nad^gebilbete S)anfrebe an ben Slat^
bafür, ba^ er baö Ifeine Slubitorium l^atte ausbauen taffen. S)od^ erns
tete er felbft wenig 2)anf; benn baS ^ublifum meinte, e§ fei eine
©(ä^anbe, berglei(ä^en Heine SSerbcfferungen, woju ber SKatl^ obligiret
wäre, ate wunbemöwürbige ©eltenl^eiten auöjufc^reien. — ^
S)od^ mad^ten fi^ neben bem Satein in biefer Seit fd^on anbere
SDIöd^te geltenb. ©(^on in ©ecunba waren *2 ©tunben ber grie(^if(3^en
©rammatif beftimmt mit Sejiel^ung auf baö neue Seftament (nad^ SBet
lerö ©rammatif), für bie beiben oberen Älaffen 2 ©tunben (combinirt)
©efd^id^te mit Sugrunbelegung ber läsloria unicersalis Cellarii, bie
wegen ber Sieinl^eit ber ©prad;e empfol^len würbe, unb 2 ober 3 ©tun=
ben für Slritl^metif unb ©eometrie.
SDaö öffentUd^e ©d^ule^amen wirb l^eut ju Sage als eine im ©runbe
überflüffige görmlid^leit angefel^en, unb ba§ ^ublifum überlädt bie Ueber^
wai^ung beö Unterrid^tö ben Dom ©taate eingefefeten SSel^örben. Sn
jener 3cit gab baö öffentlid^e ©jamen ben einzigen SUiafeftab für bie
Seiftungen einer ©d^ule. SDieö war beöl^alb in ßolberg eine geierlid^-
feit, bei ber fid^ bie Sürgerfd^aft fo jal^lreid^ einfanb, ba§ baö grofee
Sectorium feiten au§reid;te unb ber größte 3Jaum, ben ba§ 9tatl^^auä
entl^ielt, baju genommen werben mufete. ©iefe Prüfungen würben üblid^
feit 1619, Programme luben baju ein, bie Seigrer gaben ben ©d^olard^en
baö in ben klaffen ©elefene an, unb biefe wäl;lteu beliebige ©ttidfe
jum Ueberfefeen a\x§>: eö foHte eben feine ©d^einprüfung fein. 3Kit i^r
waren gewö^nlid^ oratorifd^e Slcte unb öffentlid^e Disputationen t)er-
bunben, bie aud^ bei anberen ©elegen^eiten, bisweilen fogar ol^ne be-
fonbere Sßeranlaffung t)eranftaltet würben, um ben ©d^ülern ©elegen^
l^eit JU geben, ©d^lagfertigfeit unb ©eiftesgegenwart ju gewinnen unb
fid^ im öffentUd^en SSortrage ju üben. SDer Slector aJlprfd^äuö, befannt
als ein berebtcr unb fd^arffinniger 2)isputator, bisputirte felbft öffentUd^
— 481 —
tütcberl^olt öffcntlici^: fo 1621 de descensu Chrisli ad inferos, fein
Opponent xoax ©regorius ^yx\^'dm auö ©tolpe. Unter feinem 3fiiec'
torat fanben 1622 in ©olberg auf bem SJatl^l^aufc on t)erfd^tebenen
Za^en jwifd&en bem 3. 3uU unb 10. Sttuguft in 5 2lcten öffentlicä^c
3)iöputationen jwifd^en Bä)ületn ftalt, unter anbern über bie S^ragen,
ob man für ©rammatif ein lateinifdjeö 2Bort gebraud^en muffe, ob
man biefelbe rii^tig eintl^eile in specialem unb generalem, ob 3lrifto=
teleö eine ©rammali! gefd^rieben; bie meiften Sl^emen maren etpmolo^
gifd^er 5flatur, %. 35. ob ^onjeftäbte t)on 2ln ©ee ober 2lnfen (2lfen,
ffanbinat)if(ä^e ©ötter) abjuleiten fei. 9Kt)rfd)äuö l^at biefe ^Jacetiae
etymologicae'^ unter einem langen, in gefd^madlofem, fi^mülftigem
Satein gef(3^riebenen Sitel felbft l^erauögegeben, unb bie munbertid^en,
gern aus bem §ebräifd^en gel^olten Ableitungen mögen jum %\^t\l t)on
il^m felbfi l^errül^ren.
S)ie im fpäteren 3Witlclaller in ben beutfd^en ©tabten üblid^en
gaftnad^tfpiele, roeld^e auf bem 3Warf te auf er^ö^ter unb fo eingerid^teter
33ül^ne, ba^ man t)on beiben ©eiten feigen fonnte, gegeben würben, l^aben
mS) in ©olberg nid^t gefcl^It: im Saläre 1482 am erften ©onntage
nad^ Srinit. lüurbe l^ier „auf bem 9Rarfte ein ©piel über bas iüngfte
©erid^t gel^alten", unb äl^nlid^e 2lupl|rungen werben auö ben legten
Sal^rjel^nten beä Sai^tl^utibertä (bei SRango) mel^rfad^ ermäl^nt. häu-
figer werben fcenifd^e 2)arftellungen, wenn aud^ üon anberem ©l^arafter,
afe im SWittelalter, neben ben oben erwähnten oratorifd^en Slcten im
17. Sal^rl^unbert gegeben. Safere befonberö fd^eint ein greunb bat)on
geroefen ju fein*). Unter feinem Siectorat mürben aufgefül^rt: ein
©(^aufpiel t)on 3lIeEanber bem ©rogen; ein t)om ßonrector §eibemann ges
*) Unter x%m routbc ein folt^er STtt unter bem monflröfen Sitcl Maxmi ge«
mac^t: dueilum scholasUcum pro viris contra feminas susceplum, quo Cyrus Per-
sarum rex in thronum evehetur aufgefül^rt üon conspicuis Juveniöus, qui non
sine laude stlpendia imruerunt in his musarum caslris^ er lub bo^u ein bie ^a*
trone unb bie indusirii incolae, »erl^at fu^ aber ben SSefud^ ber arcularü flamme-
arii Umholarii iinb murrhohathrariU S)agegen erlief ein ©pötter eine bei^enbe
©egenfc^rift, betitelt: dialogus spuriolegitimus inter virum supereminentissimum
laudeque propria et dominandi studio clarissimum Dr. Laverium Clapnarrium
macrae mataeolngiae llcendandum inter indignos dignissimum et simplicissimum
adoleseentem Mathesium super dueilum scholasticum e gymnasio^ ut vocanty col-
hergensi proscriptum et apud extrcmas orbis insulas proclamatum^ institutus
anno quo Licentiati delirant et 'pueros in Donato informant. J^a^ ntu^ ed
bO(^ (mit Sejug auf bie arcularü etc.) in (Jolberg för ©cljul^parfümirer geben l*
— 482 —
bid^tctes 9ciftU(3^cö ©(|aufpiel, betitelt: 3lbainitifd;er ©ünbenfaU (1667);
ferner „SBerattifd^lagiutg beö Äönigö Latini mit Tiirno inib feinen Unter-
tlpanen über bie nncerl^offle 2lnhmft Aeneae in Stauen (1673); unb
jur „9lüdfH(3^en Slnl^erofunft" beö ®eneral§ y>. ©d^werin „biefem ju
eieren elaborirt «nb pröfentirt'' eine Äomöbie: baö mi^Iid;e ©lud beö
ftrieges mit einem Swifdjenfpiel: 3JliJ3braud^ beö ©tnbentenlebenö, mit
Slngabe ber Slcte nnb ber anftretenben ^erfonen (1674). ©ie 3lnp^:=
rungen fanben anf bem ®Eercitienl^aufe ber Siitterafabemie ftatt, nnb
ber SBetteifer mit biefer Snftalt, bie ft(3^ in ätinUdEien Seiftnngen t)ers
fud^te (f. weiter nnten), mag bieö l^äupgere auftreten be§ Spcenmö ju
bramatifd^en Slnpl^rnngen gerabe in biefer 3eit mit erMären. aWit
biefer ©leKung ber ©d^ule jnr ©tabt l^ängt ber SBrand^ jufammen, bafe
bie jnr Uniüerfität gel^enben ^^rimaner eine öffentlid^e 2lbf(^iebgrebe
l^ielten. Söefönberö gelungenen SBorträgen mürbe t)on ^^atronen, Seigrem
imb anberen Snl^örern öfferitlid^ S3eifatt gejoHt. ©o entfpraiä^ baö ^n=
blifum ber 2lufforberung beö ßolbergerö ©manuel Äül^n (fpater Stector
in ©tolp), ^^platidite'^ am ©($lu§ einer de diclo Augusii: ^.plau-
dM' gel^altenen 9?ebe burd^ lautes SeifaHWatfd^en. 35er Slbgang ol^ne
valedictio ift immer mit Säbel im Sllbum bemerft, bi§ e§ im 3lnfange
beö 18. Sai^rl^iniberts mel^r unb mel^r ©itte mürbe, pricatim abjugcljn.
2)ie 3u^t fu(^te man, mie anberömo, aud^ in ßolberg baburd; ju
förbern, bafe man ben befferen ©d^ülem eine bet)orjugte ©teHung gab unb
fie mit ber Sluffid&t über il^re ©enoffen unb beren Sßerl^alten in unb
aufeer ber ©(^ule betraute. S)iefe l^ei^en praefecti^ corycaei, cuslodes,
aud^ paedagogi, unb reid^e Seute nal^men mand^e t)on i^nen als 3n=
formatoren il^rer Äinber ins ^a\x^. 2)ie ©d^üler maren aud^ l;ier,
namentlid^ im 17. Sai^rl^unbert, oft fd^mer ju bänbigenbe Äinber einer
rollen Seit, unb ©efefee imb 3ud^t fonnten gröblid^e SBergel^en felbft
gegen bie Se^rer nid^t üerl^inbem. 3lrgeö mürbe gegen ben lpod;anges
fel^enen Siector §oßafe t)erübt. "SSlan mufete t)on il^m, bag er, fo mä^ig
er fonft mar, bod^ in l^eiterer ©efettfdEiaft gern ein ®ta§ ^ier tranf.
S)a maren brei ^^rimaner, ©belleute, fred^ genug getoefen, furj t)or ber
3Kittag§fd^ule eine Äanne S3ier unb ein ^kgglaß in baö 2lubitorium
mitzubringen, imb alö §ollaj eintrat, i^m barauö mit bem 3lufe: prosit,
Sruber, jujutrinfen. §olIafe behielt feine Raffung, er manbte fidE) t)om
Jlat^eber l^erab ju ben anberen ©d^tilem mit ben äBorten : „liebe ©d^üler,
nel^mt an bem g^recel biefer böfen SBuben feinen Slnfloß, ®ott mirb fie
finben!" Unb ,,ber erfte biefer §amSs wxi^ ©anaanäbrut ftarb im @e*
— 483 —
fängnife, ber anbcrc am ©olgen, ber btitte auf beut SDiiftljaiifeit/' —
^oä) im Stnfangc bcö 18. ^al^t^^mbcrtö ttjerbcn ©d)ülcr tücgen fc^ipercr
SBerbred^cn relegxtt, ber eine ob tiliatavi miniem, anbete wegen SDieb-
ftal;lö, ixotx Srüber aus @ert)in, weil fie alleu möglid^en [(glimmen 2a=:
ftern ergeben waren, bie fonft über baö jugenbUdje Sltter Ijinauögel^cn.
2)er Slbel gab ber JWitterafabentie ben Sßorjug, nnb war, wenige
ften§ in ber jroeiten §älfte bes 17. Sal;rl;unbertö, fd^raad^ auf .beni
Spceum t)ertreten. ©ie ©d^üler roaren meiften^ aw^ bilrgerlid^em ©tanbe,
unter il^neu nid^t wenige ©ö^ne armer Sanbpaftoren ober 3)orffttfter.
3Kan(ä^e famen ol^ne 3WitteI naö) ©olberg unb waren gang auf bie m^-
wärtö wol^l befannte unb gerül^mte aKilbtl^ätigfeit ber ßolberger SBürger
(f. ©. 385) angewiefen, [ie fanben bei i^nen Äoft unb 2:ifd^ „unb er«
l^ielten babei t)on ben ©peifen, bie biefe felbft genoffen unb aud^ wol^l
ßbbad^." SDie g^reitifd^ geniepenben ©d^üler gingen ju Sieujal^r banfs
fagenb in ber ©tabt l^erum unb überreizten babei (1726) ein jierlid)
gebrudteö mit §ol}fd^nitten auögeftatteteß ©ebid^t an bie „gnäbigen,
l^od^geneigten, fe^r wert^ien Patrone, Sffiol^lt^äter unb SBol^ttl^äterinnen."
^Wiji unwiiä^lig war e§ für biefe SÖJittettofen, wenu fie eine ©teile im
61^ or er^lten fonnten. S)icfer beftanb fd^on im 3Kitte[alter, bie ^^cho-
rales^', bie 3)Jitglieber beffelben, waren 5Domf($ü(er. ©ie bel)ielten ben
9Zamen aud^ na(^ ber Sieformation, ©ie fangen bei Srauungen unb
Seii^enbegängniffen unb regelmäßig breimal in ber 9Bo(^e, aufeerbem
aud^ 9Jlartini unb SReujal^r in ben ©trafen ber ©tabt uml^er. ©er
©l^or würbe oon ^räfecten unb aibjuncten infpicirt. S)ie ©infammlung
unb 33ertl^eilung beö in ber G^otbüd^fe gefammelten ®elbe§ ftanb an-
fänglid^ bem Siector ju, ein ßantor benufete aber bie förperlid^e ©d^wäd;e
ßötfemannö in feinen lefeten Salären, um bie il^m jeitweife fiberlaffene
gül^rung ber E^orfdffe mit ben ©efällen für ben 3Sertl^ei(er ganj unter
feine §errfd^aft ju bringen, ßueitfd^, ber SRad^f olger Sütfemann§,
toagte juerft auö „^urd^t t)or ber befd^rieenen grau gantorin" nidt)t,
fein Siedet geltenb ju mad^en; nad^ beren Sobe gewann er eö jwar
wieber, oerlor e§ aber wä^renb einer Äranf^eit wieber an ben (Santor,
ber wäl^renb biefer 3eit „burd^ einen Syllogismus figiirae II in festiiio
t)om ^^atronate baö ©ecret erfd)lid^, baß er auf ben 9?ed;nungen ber
6f|orbüd^fe fifeen foHe." — ©c^on in fatl^olifdier Seit waren oon ben
e^oraten bie ßurrenbefd^üler gefd^ieben. ©ie fangen jweimal in ber
SÜBoc^e in ben ©traßen um^er, bie in i^ren Äorb gelegten 9iaturalien: .
Sörob, ©emmcl, ßid^t, würben glcid^ uutet ^% uttt^^xW, x^^w'^w.'^^^^ä^.
— 484 —
®elbc würbe ©(^u^jeug imb Äictbung für fic angeftä^afft Slrtnc, um
bef(3^oltene Sürger, um 1800 ein artner S(3^ul^pi(fer, führten fie beim
Umgange unb erl^ielten bafür bie boppelte SRation von bem Srobe unb
atte aSierteljal^re 4 Später. Sie ßurrenbefd^üler würben gegen eine ge=
ringe ©nifd^äbigung von ©eiten ber ©tabt von ben beiben imterften
Sel^rern be§ S^ceums im ßl^riftent^um, Sefen unb ©(abreiben informirt,
trugen bie[en Safel unb SRutl^e ju unb reinigten bie Sectorien unb hen
©(ä^ul^of. pr gemö^nlid^ lernten fie ein §anbtt)erf, würben aber,
wenn fie fid^ fällig unb Peinig jeigten, anä) in I;ö(;erc klaffen t)erfeljt.
SDie Seitftrömung gegen bie 3Kitte be§ 18. 3cil;tl)unbertö jwang
aud^ ba§ ßolberger Spceum, h^n ^reiö feiner ©egenftänbe ju erweitern,
unb neben bem \ä)on ftärfer fid^ gettenb mac^enben ©ried^ifd^, ber 3Ka'
tl^ematif unb ©efd^ii^te brängen fid^ jefet aud^ gtanjöfifd^, aWed^anif
unb aWe^unbe l^inein: bie lateinifd^e ©d^ule fott il^ren Söglingen aud^
eine ©ebraud^öanweifung ber im gewöl^nlid^en Seben unentbel^rtid^en
Singe, be§ 3irfefe unb fiinealö, unb bie Äenntnife von „3Kafe unb ©e^
wid^t, von SWetaHen unb SUUneralien, ©teinen unb garben" geben. 2lm
wid^tigften ift, bafe fid^ bie beutfd&e ©prad^e neben \>en alten ben i^r
gebül^renben ^lafe erftritten liat. ©d^on bie }U ©d^umannö Seit gel^al-
tenen öffentUd^en SReben finb jum grojsen 2;^eile beutfd^. 3lm 18. 3?o-
Dember 1729 läjst biefer auf bem SRatl^l^aufe auf bzn SBunfd; feiner Pri-
maner, wetd^e il^re i^enntni^ in ber ßolbevger fiocalgefd^id^te an ben Sag
legen wollen, für bie fie baffelbe Sntereffe liaben, wie il^r 9iector, einen ora=
torifd^en 2lct abl)atten. ©(^umann ift über ben ®ifer ber ©d^üler fel^r er^
freut; benn baö 3iel ber ©pmnafialbilbung ift il^m, „ba§ bie ©d^üler il^re
©ebanfen im ©d^reiben xmb Sieben auöbrüdEen lernen, ol^ne bie§ fei
ber ©elei^rte ein jugefpunbeteö SBeinfaf, m^ bem feiner etwas Idolen
fönne." ®ö treten babei 11 SRebner auf, fie fpred^en über ben 3ln1^cn
ber t)aterlänbifd^en ©efd^id^te, baö 2llter ber ©tabt, bie gefunbe £uft,
bie l^öd^fte Dbrigfeit berfelben, von bem befeftigten ßolberg, bem ©tifte,
ben 12 ©tfldfen, bie 15:^4 gegoffen, ber §eimfud^ung ber ©tabt burd^
ben breifeigjäl^rigen Krieg u. f. w. 3ur geier ber Uebergabe ber 2lugö=
burger (Sonfeffion 25. Suni 1730 traten on 2 Sagen l^intereinanber
31 9iebner auf, weld^e bie aSerberbnig ber fatl^oUfd^en Kird;e jur 3eit
ber Sieformation unb \>en ©egen ber lefeteren in einer Siei^e von SiU
bem fd;ilberten. 3Iuö biefer 3eit biö in bie 3Kitte beö fiebenjäfjrigen
Krieges ift eine jiemlid^e 3al&l von Programmen erhalten, weld^e Seugnife
ablegen, welche aWenge frember ©eftalten in bie Siäume ber alten latei--
— 485 r-
m\^en ©d^ule etugejogen waren unb 93ürgerre(i^t ^momm l^atten.
33ei bem öffentlichen ©Eamen finb jwifiä^en bem 2luftreten ber einzelnen
Älaffen SReben unb aSorlräöe in t)erfd^iebenen ©prad^en, ber loteinifcä^en,
9ried)if($en, franjöfifd^en, ]^ebraif(^en, l^od^- unb nieberbeutfd^en eingelegt
in ?)3rofa unb ^oefie, barunter ein 25iaIog jwifc^en einem Sunfer, ber
Ijod^beutfd^, unb j^ei SSerroaltem, bie nieberbeutfdj fpre(^en, über ben
©rlaJB ber ^ad^t, unb ein jweiter über bie SBorjüge beö Sürger^ unb
33auernftanbe§ in gleid^er Sffieife l^alb ^^oä)-, lialb nieberbeutfcä^. SDie
übrigen 2!^emata finb auö hcn t)erf(3^iebenften ©ebieien genontmen,
es wirb ge^anbelt von ber SSetpftanjung ber äJJauIbeerbäume, von ben
Sienen unb ©pinnen, ber Srennfpiegel wirb in beutfd^en aSerfen ht^
fungen, e§ wirb nad^gemiefen, baß alle Planeten mit vernünftigen ©im
mol^nern befefet unb bie ©rbe ba§ fei, raaö Sibirien unter ben Sanb-
fd^aften ®uropa§: ein Ort ber SSerbannung, bajs eö in allen Säubern
regne unb bafe bie aWefefunft ber ©otteöfurd^t nic^t fd^äbtid^ fei. 3lud^
lomnten Sl^emata vox, n)eld;e baö Sßerl^ältni^ ber ©d^ule ju bem eben
übermunbenen 3lberglauben anbeuten, ob eö ^ejen, ob e§ ©efpenfter
gebe, toie eä fid; mit ben SDonnerfeiten vtx^alU, u. f. m. 5Daö lefete
t)or(;anbene Programm ift aM bem Sa^re 1759 nad^ ber erften Sela^
gerung, unb ber 9tebeact, ben eö anfünbigt, l^at, mie eö fd^eint, bie
Sul^örer am ber fd^meren ©egenroart l^inauöf flirren fotten in 3uftänbe
irbifd^er ©lüdfeligf eit ; benn bie Sieben bel^anbeln bie ©efd^id^te ber
Gntbedungen in 3lmerifa, ßftinbien unb SReu^oIIanb, unb überaß in
©uropa träumte man in biefer Seit von ibealen Suftänben, bie in biefen,
jefet erft red^t in ben ©efld^töfreiö ber abenblänbifd^en SBett eintretenben
Säubern l^errfd^en foHten.
S)ie ©el^ätter ber Seigrer maren in biefer 3eit burd^ ^ermäd^t::
niffe milbtl^ätiger ©eelen bebeutenb rerbeffert morben. 5ßon ©eiten ber
©tabt ert)ielt um 1730 ber 5Rector 95 p«, ber ßonrector 72, ber
©antor 48, ber Saccalaureuö 44 unb ber Ouintuö 36 ff., von ben cer^
f(^iebenen Segaten ber SRector etraa 70, ber ©onrector 35, ber ©antor 43,
ber SBaccalaureud 31, ber öuintuö 33 fl, SDaju famen fd^roer abju=
fd^äfeenbe ^rioatftunben, beren täglid) 2 vovx SRector gegeben unb t)on
jebem 2lntl^eil nel^menben ©d^üler mit 1 S^aler t)ierteliäl^rlid^ l^onorirt
mürben. Seber in bie ©d^ule 2lufgenommene jal^lte bem ^ector ein
©infpringelgelb, in ^rima 1 S^aler, etmaö weniger in ben anbent klaffen,
aus ben §afengelbent l^atte berfelbe jä^irlid^ 4 ff. ju einem fetten
©(^mein unb, nad^ einem 9lango^fd^en Segat, wie anä) bie übxicjxk
— 486 --
Slefyxex, aUi&^xlxä) am grünen ©onnerftage eine ©triefeel, SRector unb
ßonrcctor erl;ieltcn iäl^tlid^ 2 grofee fiadife. Sebcr Seljrer l;atte 1—2
®renj SDeputatl^oIj t)out i^fanbl^ofe unb äntl^eil an beni nad) einem
fe^r fünftlid^en ©pftem i}ert^eitten ©d&ulgelbe (f. ©. 478). ©ine nid&t
unbebeutenbe ®innal^me gcroöl^rten, nomentUiä^ für ben ßantor, bie
ßeid^en^: unb Srauungöaccibentien. ©ine Seid^enbegleitung t)ornel^mer
Seute burd^ ben ßl^or ber Sd^ule brad^te ben Seigrem 2 Später eitt,
n)ot)on natürlid^ ber ßantor, ber bie ^auptmül^ewaltung l^atte unb bei
aieflen unb SCßinb oft ftunbenlang mit ben ©d^ülern auf ber ©trage
auf bie £ei(ä6e l^arren mugte, ben §auptantl;eit er^iielt. 3lo6) beffer
waren bie ©ebüi^ren, wenn ber ßantor mit bem ©l^or über Sanb roan^
berte, um „eine abiige ober ^riefterlei^^e wegjufingen" ; bod^ mugte er
bann ben Kollegen, mit Slusnal^me beö Quiiüas, für bie SBertretung
i- S^aler al)geben. ^^x 3iat^ I;atte angeorbnet, bag fold^e Stete in ber
©tabt möglid^fl augerl^alb ber ©d^uljeit fielen, bamit ber Untenid^t
nid^t ju oft unterbrochen würbe* S)ie Srauungögebül^ren rid^teten fic^
nad^ bem ©taube. S)ie Äird^entl^üren mürben oerfd)loffen gel^alten, biö
bie Sal^lung erfolgt mar. SWadj) bem breifeigjäl^rigen Kriege fud^te man
fid) burd) Trauungen im §aufe ober in anbern Sird^en ben ®e6ü|iren
5U entjiel^en; bo(^ bie Seigrer l^ielten it;r Siei^t feft, fie t)ereinigten fid^
mit bem gleii^faüö in il^ren (Sinnal^men bebroljten ©tabtpfeifer unb ©r^
ganiften ju einer gemeinfamen S8ef(^ioerbe an baä ßonfiftorium, unb
biefe§ verfügte, bag, bis bie ®ebü^ren entridjtet feien, fein ^aftor bie
Srauung uoDjietien unb mit feinem ©alar fiir biefelben I)aften folle.
Sei ber engen SBerbinbung ber tl^eologifd^en unb pfjilologifd^en
©tubien waren faft alle Sefiret; S^eologen, brei SRectoren waren SKebi^
einer. 9lur wenige blieben auö freiem SBiden bem päbagogifd^en 33e^
rufe jeitlebenö treu, für bie SöJei^räal^l war bie ©d)ule nur eine 5Durd^=
gangöjeit jum ^^Jfarramt, unb für fleißige unb tüchtige Seigrer l^atte ber
iRat^ ober baö ßapitel in ben ^^Jatronatöftetten in ber ©tabt unb auf
ben 2)örfern ben erfe^nten 3tu^e^afen. ^i^nfionirungen fommen feiten
üor, für bie 9Bittiüen eines armen SBaccalaureuö unb £uintuö forgte
ber 9{at^ einige 3)iale in ber SBeife, baß er ben 33ewerbern einen SBiuE
gab, fid; mit jenen in bie Stetten ber ©eftorbeneu Ijineiujul^eiratljen, eine
audj fonft in ©tabt unb Sanb üblidje ©itte: in bem SDorfe §of a\\
ber Dftfeetüfte war baä ^^^aftorat 200 Sal;re Ijiuburc^ üon ©ö^nen ober
©djwiegerfö^nen ber ^^^aftoren befefet.
2)ie ^lectoren biefer Seit waren;
— 487 —
15) aSalcriuö ^a\S)t, 1663—84, ©o^n beß Word Mag. 3oa,
(^m 3af(^e, t)olIcnbcte feine in ßolberg begonnene ©(ä^ulbilbung auf
bet bamafe unter ber Seitung beö berül^tnten ^^äbagogen Mag, Soad^im
Dtto ftel^enben ©tolper ©(ä^ule. 3m Saläre 1640 bejog er mit Simäuö
t). ©iUbenflee bie Unit)erfität Königsberg, prte tJ&eologifcä^e, pl^ilofo?
p]^if(3^e unb geograp]^if(3^e SBorlefungen unb befaßte fi(3^ nebenbei mit
9Ketopoöfopie unb ©l^iromantie. ®in Srief, bafe fein SBater auf bem
Sterbebette liege unb feinen Sofepl^ no(^ eimnal ju f e^en wünfd^e, rief
il^n im Slnfange beö Sal^reö 1649 mä) ©olberg jurüdf, boä) fanb er
il^n ni(^t tnel^r am 2eher\. 6r blieb jefet brei ^ierteljal^r in feiner
SSaterflabt, prebigte tüäl^renb beö ©nabenjal^reö unb benu^e bie gute
Sibliotl^ef feineö 3Saterö ju eifrigen ©tubien. 3m ©eptember beffelben
3al^reö begab er fid^ jur weiteren 2luöbilbung 'm^ ber ©itte jener
Seit auf Steifen unb buri^jog in Segleitung beö fpäteren ßolberger
33ürgermeifter§ ßj^rifiopl^ Äunbenreid^ ba§ norbroeftliiie 2)eutf(^lanb, be*
fud^te bie ©tätten !laffif(ä^er ©elel^rfamfeit in ben Sflieberlanben, l^ielt
\i6) brei SSierteljal^r in 6öln auf, tt)0 er mit t)orne]^men ^apiften jU-
fammenfpeifte unb im täglidjen ©treue ©d^ärfe unb ©(^lagfertigJeit
gewann, nebenbei auä) bie 2aute lernte, ging bann über ©iefeen nad^
aWarburg, ftubirte l^ier bei ^rofeffor ßl^riftiani, einem gebornen ®rei=
fenberger, ber in ©olberg bie ©c^ule befu(^t l^atte unb (i(^ banfbar
ber bort genoffenen SBol^ltl^aten erinnerte, SKatl^ematif unb erreid^te 1651
©tra^burg, baö t)orläufige 3iel feiner greife. §ier lebte er im §aufe
unb am Sifd^e mel^rerer tl^eologifd^er Seigrer ber l^o(^angefel^enen Uni=
t)erfität unb gewann bei allen bie größte 3lnerfennung (niensae ineae
et tedi grata portio nannte i^n einer berfelben). 3lte er l^ier feine
SDiöputation Dertl^eibigt, aud^ wieberl^olt geprebigt l^atte, fefete er 1653
feine Steife fort über Ulm nad^ Siegenöburg, befud^te bort ba§ Sefuiten::
collegium unb beffen S3ibliotl^efjimmer, wo man il^m fiutl^er^ö fd^warj
eingebunbene, am Äad^elofen fte^enbe Sffierle jeigte. S)ann reifte er eine
Seitlang mit einem l^olfteinifd^en Äünftler ^aul ©d^röber, ber in ©laö
graben fonnte unb gläfeme ©d[)rauben erfunben l^atte, jufammen unb
leierte barauf über ^rag, SDreäben, Sffiittenberg, ©tettin nad^ ©olberg
jurüdE, um balb nod^ na(§ StoftodE ju gelten unb bort 1654 ben Slang
eines Sicentiaten ju getoinnen. §ier erl^ielt er bie XJocdtion jur 6om
rectorfteHe in feiner Sßaterftabt au Mag. Slamelow'ö ©teile, ©r trat fie
1655 (26 3al^r alt) an unb würbe 1663 Siector. ©d^on üorl^er ^atte
er fid^ mit 3lnna ©opl^ia ©roffe, Sod^ter bes ©eneralfuperintenbeuteu
— 488 —
©roffc, termäl^U. Unter i^m nal^tn bas S^ccum einen gewaltigen Slufs
fc^wung; benn er befafe ni(]^t nur ben Sluf eines groj^en ®elcl;rten, fem
bern an^ eineö tüd^tigen ©d^ulmanneö. ®r war von leibenfd^aftlidjer
§ingabe an feinen S3eruf, fparte in unb aujgerl^alb ber Bä)nU an ber
Sugenb feine 3Kül^e unb Slrbeit, mit bem ©lodenf (abläge war er im
Slubitorium unb Derfäumte nie eine Section. J^aneben gewann er nod)
Seit ju t)ielfa(3^er wiffenfdiaftlid^er 2:i^ätig!eit, forreöponbirte mit fremben
©elel^rten, fd^rieb eine grofee Sal^l ber in jener Seit fel^r beliebten, mit
einem Sebenölauf beö ©eftorbenen t)erbunbenen Seid^enreben, §o(^äeitö=
unb 2;rauer:=®ebi(^te. ©eine gute branbenburgifd^e ©efinnung, meld^er
er in ber §ulbigung§rebe 1666 fräftigen 3lu§bru(f gab, t)erf (Raffte il^m
bie Stellung eines 33eifi^erö im l^interpommerfd^en ßonfiftorium. ©eine
befanntefte f(ä^riftftellerif(^e arbeit ift bie Verausgabe ber ßompitation
beö 3Jlön(^s Slnbreas über baö Seben be§ l^eiligen £)tto mit 33emer:=
fungen von il^m. ©ine begonnene au§fül;rli(^e ©efd^id^te bes ponuner-
fd^en atpoftels l^at er nii^t tJoHenbet. S)ulbfamer, als ber gleid^jeitige
^aftor ©olberg (f. ©. 433) gegen 2lnbersglaubenbe, ftanb er bod^ feft
auf feinem lutfierifd^en Sefenntnife, er begann jeben Sag mit ©ebet auf
bm Änieen, t)erfäumte nie bie Äird^e, betete unb fang mit feinen §aus=
genoffen unb l^ielt fid^ ,,mit 2lnbad^t unb %nxä)t jum Sifd^e bes §errn."
Sei aller Süi^tigfeit mar er nii^t frei t)on Meinen ©djwäd^en, er mar
ftreifc unb l^errfi^füd^tig, l^eftig unb t)on ftarfem, bis jur ©itelfeit
gel^enbem ©elbftgefü^le bel^errfi^t SSon feinen §auSgenoffen unb ©d^ü-
lern liejs er fid^ ©jceUenj nennen, weil ber junge ßicero ben Cratippiim
excellentem genannt liabe. 3ur ©ntfi^ulbigung mag ber Umftanb
bienen, bafe aud^ anbersmo bamals bem SRector menigfiens ber Sitel
„SBol^lebel" jufam. SDie ©d^üler fpefuUrten mitunter auf biefe ©d^wäd^e:
als einer non il^nen ins ßarcer foHte, bat er „Sl^ro ©naben", i^n ju
fd)onen. Slngenel^m berül^rt fagte Safd^e: „lafe er's nur bei ©Ecellenj",
unb erlief bem S)elinquenten bie ©träfe. SDas i^m angebotene aird^ibia-
lonat fd^lug er aus, als aber ber ^aftor ®berl^arb von ber üorftäbtifd^en
Äird^e jum ^aftor primär, an ©t. SUlarien berufen mürbe, mad^te
Safi^e auf ber Äanjel feinem 3om gegen biefe Söal^l in fold^en 3lus^
brüdfen Suft, ba^ ber unglüdlid^e ©berl^arb, ber unter anbern au(5
„9)iiftfinfe" von il^m betitelt mar, franf mürbe unb nad^ ad;t Sagen
ftarb. ©ein großer ©treit mit bem ^aftor ßolberg ift ©. 433 u. folg.
erjäl^lt. ©eit ber SSerlegung bes ©onfiftoriums nai^ ©targarb 1669
mürbe il^m bie SBesperprebigt, bie fein ©d^miegeroater vox il^m gel^abt
— 489 —
l^atte, übertragen. 6r legte ben ©runb ju ber SBibltotl^ef beö S^ceums, bte
axiä) ben bürgern nid^t t)erf(^loffen fein foHte. ©eit 1667 würbe fte in bie
9Karien!ir$e, in ben für fie in Sereitfd;aft gefegten SRaunt oberl^atb ber
§olfenfapette gebrad^t nnb l^eijgt bann „öffentli(^e 33ibliotl^el." ©önner rer:^
inelirten fie buri^ ©elbbeiträge unb 93üd)er. ©ie gilt balb alö 33ibliotl;ef
ber aWarienfird^e. 3n bem Saläre 1684, alä 3af(3^e eben fein Seftament ge^
ma^t l^atte, worin er anä) ^ä)uU unb Seigrer beba(^te, bilbete \\ä) ein
bösartiges ®en)ä(^ö auf feiner SBade; bei einem berül^mten Slrjte in
©tolpe Teilung fud^enb, ftarb er bort int 55. Saläre feines 2llters mä)
ber Operation rul^ig unb gefaxt, fein le^ter SBunfd^ toar, ba§ man
feine Seid^e nad^ ßolberg bringe. 3n ber ©tabt ^exx\ä)k gro^e Srauer
über feinen SSerluft ; „f ommt l^er, xt)X SBürger, bie 3Kauer unfrer ©tabt,
bie ©ante auf bem ©olberger ^^ania^ ift gefallen", l;ei§t es in ber
Seid^enrebe über il^n.
16) Mag. S)aoib §ollafe, ber befannte lut^erifd^e SDogmatifer. 3u
SBulfon) bei ©targarb 1648 geboren, toanberte er, in ©targarb unb
Sanbsberg tü(^tig oorgebilbet, im Sßertrauen auf ®ott unb bie eigene
Äraft mit 12 ggr. nad^ ©rfurt, loo il^m fein fidleres SBiffen, feine
fittli(^e Südjtigfeit unb bie oollftänbigc öel^errfdjung ber gried)ifdjen
unb l;ebräifd^en ©pra(§e bie 3I(^tung ber Sel;rer unb gutes §ospitium
oerfd^affte. 3n SBittenberg würbe er SJfagifter unb 1670 ju ^^sü^erlin
unb Srodf^ufen bei ©targarb ^aftor unb l^ielt bie fogenannte ©ins-
prebigt in ber 3luguftinerKrd^e bafelbft. SSom ßonrector in ©targarb
warb er 1684 jum SRector nad^ ßolberg berufen, wo er jugleid) Sßesper^
prebiger war. ©eine SBirffamfeit l^ier war !urj, aber gefegnet, unb
ber 5luf feiner ©elel^rfamfeit, feine Süditigfeit in ber SDogmati! unb dieäjU
gläubigfeit lodte oiele ©(^üler nad^ ßolberg. 1692 würbe er ^ropft
in Safobsl^agen, wo er 1713 am jweiten Dftertage ftarb. Sßon feinen
jal^lreid^en ©d^riften ift bie bebeutenbfte: exawcn Iheologkxim, ein
^(xxi^bw^ lutl^erifd^er SDogmatif, junäd^ft für feine 3uprer in ßolberg
gefd^rieben, burd^ flare 9lnorbnung unb fd^arfe Segriffsbeftimmung fefir
brau(^bar für angel^enbe SEl^eologen jener 3eit.
17) 3o^. e^riftian §öfel, 1692—97, aus §of in granfen, oorljcr
ßonrector in ßolberg. SBon ber ftarfen g^requenj bes £t)ceums unter
feiner Seitung fprid^t er felbft in ber föinleitung junt ^rop^eten Sonas.
3n ber furgen Seit feiner 3lmtsfü^rung Ijat er 181 ^^rimaner unb
98 ©etunbaner in baS oon i^m angelegte 2llbum eingetragen. (Sine
Äränfung, wel^e er t)on bem ©eneral - ©upexluUxv.^^wU\\ ^* ^^^^x
— 490 —
erfüllt, bet i^nt, bcm geübten Q6)\xlmam, ein ®Eercttium jum Ueber=i
fefeen in baö Sateinif(^e voxUqU, maäjte il^m beu 3lufent|ialt in bem
fonft t)on il^m geliebten ©olberg juraiber, ®r folgte einem Slufe nad^
§of unb ftatb l^ier 1729 alö §od^fürftI. ^ranbenburgifd^er ©uperin^
tenbent unb £)berpfarrer, beö ®i;mnafii Sllbertini Snfpector unb Prof.
theo'. Primarius.
18) Mag. ^aul Sütttemann, 1697*)— 1708, o\x^ ©panbau ge-
bürtig, jut)or aieftor in ©tolp, „ein getreuer, ftitter unb bemütl^iger
3Wann."
19) e^riftian Oottfr. £iueitfd^, t)on 1708—25, (Sol^n eines 3lrjte§
in galfenburg; bur(ä^ feine SBirf fantfeit an ber bortigen ©d^ule alö
^äbagoge befannt geworben, würbe er als ßoiirector nad^ ßöölin unb
Don bort in biefelbe Stellung 1704 na(^ ßolberg berufen. ®r ift SSer-
faffer jal^lreid^er Seii^enreben.
20) e^riftian ©d^umann, t)on 1725—30, auö SKeiningen, fiubirte
in Sena, bann in §alle, wo er t)on 21. §. grandfe am SBaifenl^aufe
befd^äftigt würbe, ^on ©olberg ging er alö ?|.'aftor nad^ SBeri^lanb im
aWagbeburgifd^en, in berfelben ©teßung fpäter wai^ Sangen ^ ©alja,
wo er 1745 ftarb. 3wei bie ßolberger ©efdjidite betreffenbe Subet
fd^rif ten aus bem Saläre 1750, bie eine jur geier beö 200jiä]^rigeu
Subifäumö ber 2lugöburger (Sonfeffion über Dr. ®eorg Sßenebiger, ben
er fälf(^li(^ für einen ©olberger ^^atricier l^ält, bie anbere jur Subelfeier
ber ©infül^rung ber ^Reformation (f. ©. 304) in ßolberg abgefaßt, finb im
2)rudf erfd^ienen. SBid^tiger ift feine ungebrudEle ©ef^id^te beö S^ceumö.
21) (Seorg Soad^. ©d^röner, 1730—44, au% Sangenfalja in
Stiüringen an bemfelben Sage, an weld^em £}ueitfd^ als SRector einge^
fül^rt würbe, ate ßonrector eingefül^rt. SDaö erroai^te Sntereffe für
Daterlänbifc^e ®ef(^id^te befunbete er ebenfalls burd^ eine 3ubelf(%rift
im Saläre 1730 über ßolberger Äiri^enmerfwürbigfeiten.
22) 3o^. griebr. SBad^ö ober SBad^fe, 1745—48, auö alter ßot
berger g^amilie, auf bem Sijceum T)orgebilbet, befui^te Sena unb §alle,
gab 1739 alö Seigrer ber ©öljne beö §ofratl^ö 3infe in aJieiningen eine
©d^rift: vernünftige ©ebanfen t)on ber 3Rett;obe Sü(^er ju fd^reiben,
unb bann: „ein erftes SDufeenb geiftlid^er JObeu" (;erauö, bie in Jiürn-
berg mit beu ©ompofitionen dou g^renj erfdiienen. (Sinem Slmte in
aJteiningen, weldjeä bie ^erjöge ilim anboten, jog er ben gleichzeitigen
*) @o nad^ feinen Programmen,
— 491 —
Sftuf an baö £t)ceum 1744 in feiner Sßaterftabt t)or. ®rfl im folaenben
S^te, na(^bem ber ^rebiger ©lofemeier fo lange baö Slectorat t)erfel^en,
würbe er bm^ ben Sanbratl^ 9Jleier im ßl^or ber SDJdrietifird^e in fein
Slmt eingefül^rt. ©lä^on m^ 3 Salären ging er feiner Steigung folgenb
jum geiftli^en 3tmte über, warb juerft ^afior ju ©t. 3lxMax, bann
an ©t. Spiritus, julefet Älofferprebiger unb 2lr(5ibia!onuö. Ueber feine
Seiftungen auf bem ©ebiete ber t)aterlänbif(5en ®ef(5i(^te, woju il^m
bie fpätere Stellung mel^r 3JluBe geroäl^rte, pel^e ©inleitung.
23) 3o]^. e^rifiian Äneifel, 1748—67, an^ ^affe a. b. ©aate,
feit 1745 Sonrector am St)ceum. 6r befaß, obrool^l eigentli(ä^ Sl^eologe,
neben p]^Uofop]^if(]^en unb l^iftorifi^en gute matl^ematif(3&e Äenntniffe,
war ein g^reunb ber ©d^ifföbaufunft unb entwarf ©runbriffe ju neu ju
erbauenben ©d^iffen. Ueber fein mit Unret^t t)erunglimpftes Sagebuiä^
über bie ßolberger Belagerungen f. 6ap. 22,
SBefonbera bie britte ^Belagerung mürbe für bie ©d&ule rerl^äng^
nifeüoll. SDie ©ebäube waren buri^ baö feinblii^e Sombarbement
eingeäfd^ert, bie ©(^üler t)erf(ä^eu(^t, bei ben Seigrem ber aWutl^ jum
Unterri(j^ten gef(^wa$t. ®ie ©(ä^ule l^at fi(§ t)on biefem ©(^lage ni(^t
wieber ju erl^olen vtxmoä)t SDie ©(^ülerjal^l nal^m fo ab, baß 1784
bie ©teße bes Quintus mit bem ßantorat, bie beö Saccalaureuä mit
ber Drganiftenftelle t)erbunben werben fonnte. 3lectoren waren in biefer
Seit beö SSerfatteS:
24) ®eorg ®uft. SSulpius, 1768—72, ^ßaftorenfol^n auö 3lafee:=
bürg in SJiedlenburg, „gleid^fam unter unb über ben Krümmern beö
©(^ul^ofeä in ber großen Sel^rftube eingefül^rt", würbe 1772 SBeöper^
prebiger*
. 25) Sol^. ^an, §aafe, 1772—79, auö ßolberg, uerjiiä^tete auö
®efunb]^eitörü(Jfi($ten auf ein ?)}rebigtamt, würbe 1753 ßonrector unb
60 Saläre alt SRector, nad&bem er einige Saläre rorl^er SSebenfen getra-
gen l^atte, bies 2lmt anjunel^men. SWad^ 7 Salären trat er mit 40 Si^lr.
^enfion in ben SRul^eftanb.
26) Sol^. SBil^. SBarj, 1780—86, auö ßolberg, f(ä^on ßonrector
bafelbft, fpäter ^afior an ©t. 3Karien.
27) griebr. ©iegmunb Dtto SBid^mann an^ SRaugarb, ©ol^n
beö bortigen ^ropfteö, ging f(§on 1787 alö ^^rof. beö Colleg. Groniufr
unb (Sonrector ber SRatl^öfd^ule bafelbft nad^ ©targarb, wo er 1791
^^aftor prim. ju St. Johann würbe.
28) SDai), ^riebrt Senj au§ ^olberg, 1788—91, ging alö SRectox
— 492 —
m^ SReuftettitt, beffett ®t)mnartum er bis 1824 geleitet l^at. ©t flarb
auf einer 33efu(3^ßreife in ©loroife 1834.
29) ©eorg ßubn). SBaudf, 1792—1818, aM arnöraalbe, gab baS
SRectorat auf, um ba§ ^Pfarramt ju ©t. 3lxMax ju übernel^men. Unter
i^m mirbe baö ©d^ul^aus neu gebaut, 1805 unb 1806 bie nod^ iefet
unter günftigen SBerpltniffen beftel^enbe SeJ^renoittwenpenfion begrünbet.
SDie Belagerung von 1807 unb bie barauf folgenbe magere Seit filierten ben
t)oKen 3fhiin beö Spceumö l^erbei. 3m Saläre 1809 fanb bie lefete Slbitu^
rientenprüfung ftatt, unb 16. g^ebruar 1811 t)erfügte baö ßonfiftorium,
„ba§ Spceum l^abe roeber äußere SDJittel no$ Seigrer in foliä^er 3al|l, baß es
eine geleierte Slnfialt fein fönnte, unb es muffe fii^ mit bem Stange einer
l^ö^eren ©tabtfiä^ule begnügen, in melier \iä) bie brei legten klaffen ge^
lel^rter 3lnfialten befanben." S)ie ©^ülerjal^l würbe fo gering, ba§
feit 1815 auS) bie ßonrectorftelle entbel^rt werben fonnte; in ber fom^^
binirten ^rima unb ©efunba fagen nur 14 ©i^üler, in Sertia 12, in
ßuarta 36. S)as ^erfonal beflanb nur no(^ aus bem 9tector, bem ßantor
unb bem ©i^reib- unb Seid^enlel^rer. 2lm 24. Suni 1818 befd^loß in
g^olge baüon ber aWagiftrat na(| t)oraufgegangener Sßerfianbigung mit
bem ^resbpterium ber reformirten ©emeinbe, bas Spceum mit ber refor-
mirten ©$ule ju einer „©tabtf^ule für Sinabm imb a)?äb(^en" ju t)er=
fd^meljen.
3)ie reformirte ©(^ule mürbe buri^ eine SSerorbnung bes großen
Äurfürften im Saläre 1663 begrünbet. Seigrer baran mar juerft ©ra=
mus aus Bremen, als biefer 1669 ^rebiger geworben, bel^alf man fi($
junä(^ft mit bem ^räcentor. (Seit 1671 mar ber ÄlofterIir(|e gegen:=
über ein befonberes ©ebäube für bie ©c^ule eingerichtet. S)o(^ mar es
längere Seit ^^U^t mit il^r beftellt; benn bie 9?et)enüen bes Snformators
beftanben anfänglich nur in freier Sffiol^nung (bie aus einer ©tube beftanb),
§olj unb £i(3^t. 2luf Bitten ber ©emeinbe mürben bem Informator
jäl^rlid^ 100 Sl^aler oom Äurfürften jugemiefen, bis baS beftimmte
^ird^encapital oon 5000 Si^alern beifammen märe* Soad^. Äiriä^l^off
aus §anau, ber 1698 als Snformator unb ©rganift feine Sßocation
erl^alten l;atte, mürbe 1701 jum SWector erl^oben. 6s fanben jefet monat^
lic^e unb jäl^rlii^e Prüfungen ftatt, unb bie ©d^ule l^ob fi(3^ balb fo,
baß anä) Sutl^eraner i^r bie ßinber jufd^idten. 5Der lefete SJector ber-
felben, mel(^er bem Spceum gefäl^rli^e ßonfurrenj gema(3^t l^atte, mar
g^riebr. ©tof(^ aus ßroffen, feit 1813, bann erfter Slector ber neuen
©tabtf(ä^ule (oon 1818—22), barauf ^rebiger in S)rpffen unb julefet
— 493 —
©ubrector in Äüftrin. Sonrector war %o^. ®an. ©ottl. ©tumpff au§
Ebttbiiö, Tücld^er 1823 baö 3iectoramt übernahm. SDaö EoHegium bcftanb
aus 5 Sel^rern. SDie ^Regierung erfannte ben lobenöroertl^en ßifcr unb
ben ©emcinfinn ber ftäbtif(3^en Scl^örbe nid^t blojg öffentUiä^ an, fonbern
[teilte i^n au(^ anbeten ©täbten jum aJlufter auf. S)ie SKnftalt berei-
tete für bie Sertia unb ©ecunba eineö ®i;mnafiumö t)or unb beftanb
in biefer ©eftalt 27 Saläre. 3Jlit bem Saläre 1845 würbe bie ©(^ule
mä) bem 3Wufter ber ©tolper in eine l^öl^ere SBürger^ (SRealO ©(^ute
umgeroanbelt, unb SBill^. §einr. Srennede auä Semmin jum JRector
berufen, ^aä) ber erften 2lbiturientenprüfung ßftern 1848 würbe bie
Slnftalt unter bie ju ©nllaffungöprüfungen berechtigten 9iealf(^ulen auf=
genommen. SDie beiben $j:ö(3^terflaffen, bie von 1818 an einen S^eil
ber Sürgerfd^ule bilbeten unb 1842 in baö SBBaifenl^auö verlegt würben,
erl^ielten jefet eine felbftftänbige Stellung unb würben 1847 ganj von
ber SRealf^uIe getrennt. SDa§ SRectorat leitete ©tumpff weiter, ber 1854,
wie ein SBater geliebt unb geeiert, von ber 3lnftalt f(j^ieb. S)iefelbe
l^at gegenwärtig 5 klaffen mit 4 orbentli(3^en Seigrem, 1 §ilfölel^rer,
1 wiffenf(^aftli(^ gebilbeten Sel^rerin unb 2 Sel^rerinnen für weiblii^e
§anbarbeiten. ©egenwärtiger SRector: Salbamuß.
Unter bem jweiten ©irector ber Slealfd^ule — Srennede würbe ©i^
rector ber 5Realfd^ule in ^ofen, ftarb bort 1 872 — Dr. 31. ©irfd^ner, je|t
ate ^rorector unb ^rofeffor am ßolberger SDomgpmnafium, würbe burd)
bie SBemül^ungen beö £)berbürgermeifterä ©(ä^neiber bie SRealfi^ule in ein
©pmnafium mit parallelen SiealHaffen t)erwanbelt. 3ur ©rinnerung
an il^re 2lbftammung fü^rt fie feit bem 23. 2luguft 1858 hm SRamen
SDomgtimnafium. SDie erfte 2lbiturientenprüfung am ©pmnafium fanb
3Kid^aeliö 1860, an ber JRealfd^uIe ßftern 1863 ftatt, biefe würbe balb
barauf, 7. Sluguft 1863, für eine SWealfd^uIe jweiter ©rbnung erflärt.
©eit bem Söl&re 1860 ift bie ©d^ute von il^rer alten ©teile in ein
neues, auf Soften ber ©tabt — fie betrugen ol^ne ben Saugrunb
S5,000 2l^aler — t)om 93aumeifter ©teger in ßolberg in ber SBenbe^
ftrafee erbautes §au§ t)erlegt. SDen ©runbftein platte fd^on am 31. 3Wai
1859 Äaifer SBil^elm, bamalö no(ä^ ^riuj^Siegent, gelegt, in Begleitung
beä Eroitprinjen unb be§ ^rinjen griebrid^ Äarl, er t)olläog felbft hm
erften ?^ammerf(ä^lag mit ber SÖial^nung, bafe bie Söglinge biefer Slnftalt
auf bie patriotifd^e Eingebung ber SSorfai^ren l;\ngewiefen werben unb
ju treuen SDienern unb bürgern beö aSaterlanbeö l^eranwad^fen möd^ten^
SDie einwei|ituig erfolgte am 3. Oftober 1860 in ©egenwart beö @e^
— 494 —
Reimen •Obet-SiegierungöratI; Dr. SBiefe an§f Berlin, be§ £)ber-^>räfi^
beuten ber ^rot)inj, be§ ^>roDinäialf(^iilratl|ö Dr. 2Bel^mtanu auö ©tettin
unb anbetet (Sfytengäfie, ®et @el;eimtatl^ äßiefe, bet suglei(5 bie pet-
fönlid^en Sejieljungen batlegte, in benen et ju ©olbetg unb jum ®r)m^
nafium ftänbe, ba et wäl;tenb bet gtei^eitäWege einige feinet Änabcn^
ial;te l)iet im gtojseltetlic^en §aufe t)etlebt |abe, auf beffen ®tunb unb
Soben ein S^eil beä neuen ©ebäubes ettid^tet fei, wutbe babei jum
efjtenbütget bet ©tabt etnannt.
SDitectoten be§ ®x;mnafium§ luib bet 9lealf(]^ule:
1) Dr. ®n). ©teiä^oro, 1858—1862, ftü^et ßbetlel^tet am gtiebtid;?
SBetbet'fiä^en ©pmnafium ju SetUn, je^t 2)itectot bet Siittetafabemie
}u Siegnil.
2) ®. ©tiet, von JOftern 1862—68, ftül^et ßbetlel;tet am ®i;m.
nafium in SSittenbetg, jlefct SDitectot beö ?ßäbagogium§ ju Setbft.
3) Dr. ^. ©d^miebet, ftül^et ©betteltet am ©pmnafium ju
33atinen.
Sin eiementatfd;ulen giebt eö in bet ©tabt f elbft jroei : bie mel^t^:
f (affige Sütgetfd;ule luib bie 1824 bei bet TOOjä^tigen geiet bet ©in-
fü^tung beä 6^tiftent^um§ in ^ommetn begtttnbete unb nad^ bem l^ei^
Ugen Dtto benannte Sltmenfd^ule, ebenfo ml in ben aSotftäbten: bie
fd)on 1680 genannte 3ixtolax = Rixä) - ©c^ule auf bet SDJünbe unb bie
®eotgen5Äit(3^5©d^ule in bet Sauenbntget aSotftabt.
gut bie in fpätetet Seit untet gtiebti(^ aSBil^elm I. ettid^tete
®atnifonf(ä^ule routbe 1734 in bet Sfftönd^enfttage ein ©(ä^ul^auö etbaut.
S)et etfte SRectot, ßautentiuö gtei, lie& baju ein ^togtamm etfd^einen.
gut bie ©d^ule wutben ßegate geftiftet: t)on bem JObetft von aJlanteuffel
200 S^alet (1688), bem ®out)etneut §an§ v. ©(^labtenbotff 350 Stialet
(169-0, beibe 1749 jut ©tabtfaffe genommen, bem ®out)etneut t)on
©djraetin 1000 ^akx (1745), von bet ®enetaUn t). SBolbe geb. v. Settoro
bie 3infen eineö ßapitalö von 1000 ff., ein Segat t)om ©ommanbanten
Don Sebebut 1842. SDie ©d^ule rautbe ju Seiten von niel)t alö 250
©olbatenfinbetn befud^t. 3m 3al)te 1854 luutbe fie aufgelöft unb bie
Äinbet bet 33ütgetfd{)ule überraiefen.
iDie 1859 begtünbete 3tauigationö'5ßovbeteitungöfd^ule ift roiebet
eingegangen.
SDie Solltet aus n)ol)l()abenberen gamilien werben im 16. unb
17. Sül)tl)unbert l;äufig von ben iUoftetftaueu unlettidjtet, t)etmutt)lidj
m}^ /4)on in f tüteten S^^v^unbetten ; bod) werben im 17. 3a^tl)unbert
— 495 —
neben ben t)erbotenen, immer mieber anftand^enben „bentfd^en" 2Binfe^
fd^ulen an^ SungfrauenldEiulen em)äl;nt, in benen bie 3Räb(3^en lefen,
fd^reiben unb firiden lernten.
©(^lie§li(^ ift no(^ ber ßolberger 9littera!abemie ©rmä^nung jn
tl^nn 2).
®ö ge^iörte nid^t ju ben fleinflen ©orgen beö großen Änrffirften,
für bie neugewonnenen Sänber l^öl^ere SBilbungöanflalten ju fcä^affen. ©(^on
auf bem ßanbtage ju ©targarb 1654, bann au(^ t)or bem 2lu§f(ä()u§
ber ©tänbe, ber 2. ßftober 1654 in ßolberg jufammentrat, lie^ er er-
flären, ba^ er SBiUenö fei, „jur befferen Unterrid^tung tmb ©jercirung
ber Sugenb in guten, abeligen Sugenben unb ritterlid^en Uebungen eine
2lfabemie ober SRitterfi^ule anjuorbnen; er l^abe fd^on gewiffe qualificirte
©ubjefte, bie in Exerciliis unb ©prad^en wol^Iberoanbert toären, be^
ftettet unb 500 Sl^aler au§ \>txi SDomänen baju affigniret; ©tanbe modalen
m6) baju beitragen/' Sie ©tänbe waren mit bem löblid^en Söerfe fel^r ein-
perftanben, „faHä baffelbe ol^ne Sufd^ub beö Sanbeä eingerid^tet werben
fönnte, foHten fie aber in il;rer großen Unoermögen^eit SWitlel l^ergeben,
fo bäten fie, bajs \^m, löblid^en SBerfe nod; gnäbigft 3lnftanb gegeben
werbe; wii^tiger fei bie ®rrid^tung einer Unioerfität für §interpommern,
worin bie erwad^fene Sugenb, fie fei abiigen ober bürgerlii^en ©tanbeö,
in Mnfien unb ©prägen unb SEBiffenfd^aften beförbert werbe" ^). ®ie
©d^ule fann bemnad^ faum t)or bem Saläre 1655 eingerid^tet fein. S)ie
©tänbe muffen fid^ fpäter bod^ l^erbeigelaffen l^aben, einen 3ufd^u^ baju
ju bewilligen, ba neben bem ©ouoerneur, weld^er bie 2lnftalt leitete,
ber (ßolberger) Sanbratl^ im Sßamen ber ©tänbe ßoinfpector war. S)ie
©d^ule führte ben SRamen „Slitter ^ 2lf abemie", „3lfabemie ritterlid^er
Uebungen" unb in ben ftäbtifd^en ^rotof ollen t)on 1671 „9iitterfd^ule."
S^t aSorbilb war baö t)on ©uftao 2lbolf begrünbete Collegmm illustre
bei bem SWitterl^aufe bei ©todf^olm^). %\)x^ SBeftimmung war, ben
jungen pommerfd^en Slbel ju feinerer ©efittung ju bringen imb ben
Äabetten — fo l^iegen bie Söglinge fd^on in ßolberg — bie nöt^ige för-
perlid^e unb wiffenfd^aftlid^e SBorbilbung für ben Äriegsbienft 511 t)erlei^n.
SRad^ aSoHenbung berfelben follten fie auswärtigen SDienft, namentlid^ in ber
ftanjöfifd^en ®arbe, fud^en, um nad^ fold^en SBanberjal^iren als erfali-
rene Offijiere in ben furfürftlid^en SDienft eintreten ju fönnen. SBar
bie 3lnftalt aud^ üorjugöweife für ben Slbel beftimmt, fo waren bod^
aJürgerlid^e nid^t au§gefd^loffen. Um 1666 waren unter ben Äabetlen
pertreten: bie gamilien 0. Äronenfelä, 0. Söouiu, t). aa\x^^«.^, x^.^^^^i\^^^
— 4'96 —
ü. ©d^iuerin, t). ^obcwife, v. SBö^lau, t). SBauniel^r, v. dioä)an, v, aßa(ä^=
l^ol^, t). ^uttfamer u. a., bancben bürgerliiä^en ©tanbcö: aSeggcroto,
©o^n eines ©retfenberger Kämmererö, SBagiier (fpater Dbrift), ®xa^
ftüger u. a., bie meiften aus ßolberg.
Sllä Seigrer waren angefteHt: ein ©pra^nteifter, ber neben ber
franjöfifd^en an^ anbete romanifd^e ©pta(3^en leierte, ein Sngenieur,
ein g^ei^tmeifter unb ein Sanjmeifter. SEBiffenfd^aftlid^en Unterricht et=
tl^eilte auf SBunfd^ ber SKector beö Sriccumö.
g^ür l^öfifd^e Silbung unb JJiournüre forgte an^ ha^ Sl^eater,
n)oju ber 3tatl^ auf bem SRatl^l^aufe einen SRaum l^ergab. S)ort würben
an beftimmten Sagen ber 2Bo(^e üon ben jungen Äat)alieren SBaHette ge-
tanjt, au(^ ju Seiten t)or einem üornel^men unb glänjenben ^ublifum von
i^nm in reid^em ©ofiüme SaKette unb Äomöbien aufgefül^rt. S)a§ ^ro^^
granim „511 einem e^teubenbattet, bem §erjoge ®rnft S3ogiöI. v. 6rot)
ju @^ren von ber abiigen Sugenb in na(3^folgenben ®ntreen orbentUcä^
t)ertöl^net unb barauf getanjet" aus bem Saläre 1660 l^at [xä) er^lten;
fämmtlid^e babei auftretenbe ^erfonen finb barin mit SRamen genannt.
S)er ©prad^meifter, SBill^elm be Srupn, ber SBerfaffer beffelben, liefe
anä) 1671 4. Suni „bei Seenbigung be§ §ufenn)erfe" auf bem ©efa^
nats^ofe eine feine Äomöbie „Sugenb unb Safter" pröfentiren unb nod^
in bemfelben Solare „jur glüdlid^en 3lnl^erofunft" beö ©eneralö von
©diraerin ein ©(^aufpiel, betitelt ^^ratio stafus^^ bie ©taatöräfon, bie
nad^ bem breifeigjäl^rigen Kriege aufgefommene, t)ielfad^ in ßarrifaturen
unb ©pottt)erfen angegriffene SRegierungöraeife.
2)ie Äabetten l^atten nur ben Unterrid^t frei, 5loft unb SBol^nung
nalimen fie bei ben bürgern ber ©tabt. ©ie waren einer ftrengen
militärifd^en SDiöciplin, bem g^ud^teln unb am ^jjfal^le ©tel^n, unterworfen.
®enerat3Kajior v. S3or(fe erjäl^lte in fpäteren Salären, bafe ilin ber ©ou^
vtxnmx V. Sewife jufammen mit beffen eigenem ©ol^ne einige Sage
l;abe auf baö ©todfliauö fefeen laffen, weil fie im ©(^ul^ofe genfter
eingeworfen l^ätten. ^Reibungen äwif(3^en ben Slfabemifern unb ben
3öglingen beö Spceums blieben fo wenig auö, wie Slbneigung ber ge=
Icljrten ^l^ilologen gegen bie franjöfifd^ gebilbeten Maares ber SRitter-
fd)ule.
S)ie Maares wol^nten jufammen in bem fogenannten ©jercitiens
l^aufe am aJJarfte, weld^eö fi'ül;er ßonrntanbantur geroefen war, nad;
ber SBerlegung ber Slfabemie 3lmtöljauö würbe, wo ber ©dbloferentmeifter
wohnte, unb 1815 üom Kaufmann ©d^röber neu erbaut, im S^ljre 1843
— 497 —
bei öffentli(^er SSerfteigerung wieber jum Gommanbantur :« ©ebäube ct=
ftanben ift, ber 3ftcitftaII war bei bem ©d^üfeenwall, ebenbort bie SReit-
ba(;m
Sllö Seigrer an ber Slifterfd^ule werben genannt: bie ©pra(|meifter
SBit^elm be Srupn 1666 unb 71, Slbral^. ©enneft, geft. 1681, ßolinga,
Mr. ßl^arleö SDeöl^aieö 1704, ßberingenienr 6ujarb unb Sngenieur
Seöle, g^ed^tmeifter griebrid^ SDaber unb San^nieifter SiHie.
3nt So^re 1716 würbe bie 2lnftalt nad^ S5erlin t)erlegt unb att«
ntäl^Iid^ ju bem jefeigen Äabettenl^aufe erweitert. SDer Ingenieur 3^rauen=
borf, ber g^ed;tmeifter ^anfcenborf unb ber Sangmeifter SiHie ftebelten
mit über nad^ Serlin, bod^ feierte ber lefetere jurüdf unb ftarb aU JEanj-
meifter in ßolberg.
3)ie bebeutenberen Stiftungen für ^rebiger, Seigrer unb ©(^üler
finb:
1) S)aö Dereinigte S3raunfd^weig=S3ött(^erf(|e aSermäd^tnig. SDaö
erftere ift 1612 von bem ßolberger Sürgermeifter ©eorg v. SBraun^
fd&weig geftiftet unb von beffen ßnfel, bem ^ofgerid^tö^Sßerwalter ju
©targarb, ©ptoefter v. Sr., erl^eblid; t)erbeffert. SDie t)ereinigten £egate
befte^en in 2633 S^lr. 20 ©gr. unb 6 aWorgen 2ldfer. SDie Sinfen
finb für ^rebiger, ße^rer, ©tubirenbe unb bie bebürftigften 3WitgIieber
ber beiben gamilien beftimmt. SDaö ^ktronat ift bei ber g^amilie
V. S8raunf(|weig.
2) SDie §älfte beö 9Jiftow'fd;cn, von bem linberlofen ßl^riftian
D. 9ittftow, bifd^öflid^en ©tiftöDOgt, §auptmatni unb julefet ftiftifc^en
Sanbrat^ 1622 mit 6000 fl. begvüubeten Sßermäd^tniffeö. Sie anbere
§älfte würbe 6öölin jugewicfen. S)ie Sinfen waren in beiben ©täbten
für ^rebiger, Siectoren, arme ©d^üler unb ©tubirenbe unb 3lrme über^^
l^aupt beftimmt. Sefeiger Sßermcger.öftanb 2000 ^Ix. Sei ber erften
©ebäd^tni^rebe (1624) war ber ©lifter, nod^ furj vor feinem Sobe,
felbft anwefenb, um bie Ueberjeugung mit inö ®rab ju nel^men, bafe
bie ©tiftung ausgeführt fei. SDer ßolberger 9tector l^atte für feine
60 fl., „fo aber in 100 Sauren, wie ber 3JJenfd^ von wegen Sllterö
jufammenfried^t, um 10 p. verringert waren", prioatim einen bewäl^rten
Slutor JU lefen unb i^n in ieber SÖBod^e breimal ju parap^irafiren, commen-
tiren unb gloffiren, beä ©onnabenb^ ju repetiren, bie ^ubitoreö barüber
_ 498 —
}U eEamintren unb tl^nen ©elegenl^eit ju gebe» ju refponbiren. ©päter
würbe ftatt beffen über Sogif, (Stl^if unb S^eologie biöputitt.
3) SDaS aSermäd^tnife beö §erjogö SSogisIat) XIV. — §eintid^
t). SRal^mel ju Älaptow unb ©c^lai)e war t)om §ofgerid^t in eine ®elb=
firafe t)erurtl^eilt. SDer iJanbreuter, ber il^n jufäHig vor bem SWatl^ö-
feiler in ßolberg traf, forberte t)on il^m bie Sal^Iung, ol^ne ju raiffen,
ba§ fie fi^on geleiftet war. @d entfianb ein SEBortwedjfel, unb SRal^mel
fiä^oJB ben jubringli(3^en SPlal^ner, ber il^m in unfd^idlid^er 2Beife bie
SRücf feite jeigte, mit ber ^iftole burd^ unb bur(§, ©ie 1000 f[. ©träfe,
in bie er bafür oerurtl^eilt würbe, wies ber §erjog auf SBitten ber
©d^ulgefellen biefen als ©el^altäoerbefferung ju. ©in barüber entftan=
bener langer ^rojeg würbe erft 1659 ju ©unften ber ©d^ule erlebigt.
Setrag 666 2^Ir. 20 ©gr.
4) S)aö Äunbenreic^ = 2:af(^enma(^erf(3^e SBermäditnijg. ©tifterin
beö erfteren: Urfula Äunbenrei(3^, t)erwittwete aJield^ior 3Ba(^fe; eö würbe
von aSerwanbten erweitert. Sefet: 1566 S^lr. 20 ©gr. 35ie Sinfen
finb für ^rebiger unb Sel[irer.
5) S)aö ©(^weberfc^e aSemiad^tnife, üon Settob ©d^weber, branben^
burgifd^em 9iat^ unb Surggerid^töbirector in 3?augarb (1685) unb feinem
üor il)m geftorbenen ©ol^n, ber mit Seiftimmung ber ®ltern fein SSer^
mögen ju mitbt^ätigen 3wedEen t)ermadf)te. Safob ©(^weberö Sßittwe,
©opl^ia D. S3raunfd;weig, fpecificirte bie 3luötl^eilung, wonad^ ßolberg
ein Kapital von 1000 fl. erl^ielt mit 40 ft. SRente für bie Se^rer unb
jur ®rl^altung beö ©d^ulgebaube§. SDaö S^eflament ifi burd^ einen län-
gere ©treitigfeiten abfd^lie^enbeu SSerglcid^ unter ben 3WitgUebern ber
gamilie ©(^weber geänbert. gür ßolbcrg (^rebiger, aBaifenl^auö unb
SWarienlird^e) werben bie 3infen von 333 Sljlr. 10 ©gr. von bem
©dE)weberfd[)en gibeicommife gejal^lt..
6) S)aö ßrolowfd^e Segat, von S)orot^ea geb. ©abewaffer, SBittwe
beö furfürftlidEien SRegierungöfd^neiberö ßrolow, bie SWann, ©öl;ne, (Snfel
unb ©nfelinnen vox \xä) l^infterben fal;, für 3 arme ©tubirenbe (für
ieben 21 2^lr. 20 ©gr.), Slnuerwaubte, bann §anbwerfö=, befonberä
©c^neiberfö^ne 1708 geftiftet. ^ixx eine ®ebäd)tniferebe, bie ber 3^ector
(2)irector) am SDorotl^eentage (6. gebvuar) plt, empfing berfelbe an=
fänglid^ 2 S^lr., imb feit ber 9?ector Änei[el fid^ weigerte, für „fold^
elenb @elb" bie 3?ebe ju l^alten, mit Bewilligung ber ©(^neiberälteften
4 Si^lr., für baö Slnpren berfelben jeber H^^rebiger 1 2^lr., bie Slelteften
3 2^lr. 15 %^x. finb für bie äßittwcu ber ©d^ulcoffegen befiimmt
' - 499 —
7) greter=§oKen=3ungfenfd^eö gamitienftiperibium. 692 %^lx. für
©tubirenbe au§ ben g^atnilteit ber ©rünber. (gunbationöurhinbe m(^t
üorl^anben.)
8) ©tiftung beö Äammcrratl^ö ©d^ebe (©d^äbe) 1669 im SBetrage
von 666 Jl^lr. 20 ©gr. 2)ie Sinfen für ben ^aftor prim., Wcd)x\)xa^
fonuö, SCrmenfaffe unb 5 arme ©d^üler.
9) SDaö äiermäd^taig beö SRcctorö Safiä^e t)on 1000 S^lr., 1684
begrünbet für bebürftige Äinber ber gamilie unb in beren ©rmangelung
für bie ©öl^ne ßolberger (Seiftlid^en unb Se^rer. Sefet 1465 S^tr.
10) Stiftung bcö Slrd^ibiafonuö Mag. ^oaä)xm ^epbemann, 1696
nad^ ©euefung aus fd^werer Äranf^eit mit 100 ff. begrünbet, beffen
3infen an feinem SRamenötage (9. S)ecember) unter fleißige ©d^üler beö
©pmnafiumö t)ertl^eilt werben.
11) 3)aö 8Sermäd^tniJ5 ©abriet 3Kauer§bergerö, ©tabtfämmererö,
etwa 1690 geftiftet mit einem Capital von 2633 S^lr. 20 ©gr, unb
6 aWorgen pomm. aWaJB, für ©tubirenbe.
12) S)aö SBermäd^tniJB von Dr. SSogißl. Siebel^err, ^aftor prim.
in ßolberg (1721), befte^eub auö 1000 Sl^lr., beffen 3infen für 2 arme
©tubirenbe lutl^erifd^en Sefenntnifieö aus ber ©tabt ober ©pnobe 6oU
berg mit Seöorjugung berer, bie von ben SSätern ber beiben grauen
be§ ©tifterä SBenblanb unb SRüel abftammen, auf 3 Saläre beftimmt finb.
Vd) S)aö ^epfe^Surd^arbsSüljringfd^e SSermäc^tnife auf baö Sefta^
ment von Sorenj ^epfe, 1744 t)on beffen @l^efrau ©leonore geb. 33ül)s
ring gemacht, nid^t üoUjogen, aber von ben ®rben anerfannt. 5Daö
ßapital: 4000 %f)lx. S)ie3infen finb beftimmt für 2 ©tubirenbe (für
jeben 50 2()lr.) auf 2 — 3 Sa^re, äBittroen unb Söi^ter t)erarmter Äauf=
leute, 4 arme Änaben }u ©(^ulgelb unb fonft für amie unb franfe
^^Jerfonen.
14) ®in ©tipenbium üerleil^t ber „Sßerein jur ©tiftung unb ©r-
l^altung beö Siamler^Senfmalö" an beö in ßolberg (im jroeiten §aufe
ber nörblid^en 3Marftfeite x)on ber ai>enbeftraj3e auö gered^net) geborenen
SDid^terö 6. SB. SWamlerö ©eburtstage (25. gebruar) für bie befte S8e^
arbeitung eines beutfd^en S^emaö,
15) ©in Segat aus bem Sefiament t)on §auö ©d^lief L, roeld^eö
an ©tubirenbe ber Si^eologie oerliel^en wirb.
3ln aiiberen ©tiftungen finb nod^ ba: üonJDtto v. ^oberoilä, ge^
wefenen SDonibec^ant unb Slmtsijaupimann ju ©olberg, jefet 787 S^lr.,
beffen 3infen für 9iotl)leibenbe beftimmt finb (1716); von ber Sunq^tjcau
— 500 —
©eelmaiä^er (1734) für bie nä(]^Pen Sßerwanbtett, jefct 247 Sfilr.; von
aWartin §anbler (1742) 200 S^lr., beten Sinfen bem ©t. ©pirituß=
prebiger juf ommen ; von 3oa(3^im v. 3?ango, je^t ber Sürgerf (ä^ule über^
tüiefen, frül^er ber SBaifenl^auöfd^ule angel^örenb, Jefet nod^ 550 mx.;
bas ^reterfiä^e SSermäc^tmjs von 525 %f)lv. für arme ©d^ulfinber; ba§
Soad^im SBuffe unb $D?artin SBIanffiä^e Segat für arme ©eefal^ter imb
baö Seferö'fd^e äCrmenlegat von 7250 S^lr* ßapital SDic ©(3^aarfd^mibt=
Stiftung t)on bem 1862 geftorbenen ^räuletn grieberife ©d^aarfd^mibt
wirb erft in§ Seben treten, wenn bas legirte ßapital von etwa
11,000 fid^ auf 24,000 S^lr. vex\ml)xt ^at. es fott bann ein ©lift
barauö erbaut werben für 6 SBittweit unb uuDerl^eiratl^ete über 40 3al;re
alte Söi^ter von in ßolberg geworbenen ^Beamten, ©eiftlid^en unb Sterjten.
Sie brct Selagerungeit GoIBergS burdj bie Stuffen im
fiekniä^rtgen Kriege.
©cit ßofberg aufgeljört ^cttte, ©ife ber SiegterungSbcl^örben ju
fein, war es tnel^r unb me^r ju einer unftebeuteuben Sanbftabt l^erab^
gefunfen. ©eitab gelegen von hen großen SSerfel^räftraßen unb burc^
bie feit bem ®nbe beö 17. Sal^tl^unbertö eingerichtete ^oft wenig beffer mit
ber Slugenroelt t)erbunben, als frül^er (von 1620 an) burd^ bie mit ber
©tabt SBappen bejei(3^neten, vom Statine beeibigten Soten ber ©tabt, bie
gegen eine beftiinmte ka]ce ^Briefe unb f leinere ^Padfete binnen einer ©ntfer::
nung von 30 SUfeilen an frembe Derter ju bringen t)erpfli(ä^tet waren ^),
blieb bie ©tabt an^ in i^rer SSilbung jurüdf, nid^t einmal eine ^uil^^
bruderei l^atte \i^ bel^aupten !önnen, unb für bie Seamten galt fie als
l^alber SBerbannungSort. 3)a txatzn ®reigniffe ein, welche bie Slugen ber
ajfenfd^en in weiteren Greifen auf bie t)ereinfamte unb t)ergef[ene ©tabt
lenften, als bieö je t)or]^er gefi^el^en war.
SSon bem ©etümmel be§ fiebenjäl^rigen Äriegeö fpürte man in
ßolberg anfangs ni(^ts weiter, alö bafe jeitweife fi^webifd^e Äriegsfd^iffe
vox bem §afen erfd^ienen, nvx preu^ifd^e ©d(iiffe abjufangen; feitbem
aber 1757 baö unl^altbare ©ftpreufeen von preu^ifd^en Gruppen geräumt
war, mu^te fi($ bie ^eftung auf eine ^Belagerung t)orbereiten. —
©s fe||lte t)iel, baß man il^r mit 3ut)erfid^t l^ätte entgegen feigen
fönnen.
SDie Umwanblung ber nur burd^ 3Kauer, ©raben unb SEBall ge^
fd^üfeten ©tabt in eine wirfli(|e eJeftung war von hm Äaiferlid^en be-
gonnen, unb feit 1630 fid^erten fiarfe ®rbwerfe bie 2Binfel beö SBieredfö,
weld^es bie 3Kauem ber ©tabt bilbeten. ©d^on im Saläre 1652 reil^ten
fid^ mehrere Saftionen mit l^ol;en SEBäHen um bie ©tabt ^h 2)ie 33e=
feftigungen würben unter ben §o]^enjollem erweitert unb perfiärft^ unb
_ 502 —
feit f?rtcbri$S I. Seit geroäl^rtc bie ^eflimg mit feiä^ö 93aftionen unb
bcm baö 3Künbcrtl^or fi^ernbcn §ornn>erfe ein jiemlid^ regelmäfeiges
atnfc^en. STn ©tette beö »lotf^aufes an ber ^Küiibe (f. ©. 391), roeld^es
in bem l^arten SBinter t)on 1709 i)om 9Jlecre fortgefpült war, legte
ber Sngenieur Hauptmann granenborff in bemfeifcen Salute bie SJlünber
©(^anje an, rooju bie 6rbe über See gel^olt würbe. (Sine ber ©om^
l^errncurien (jefet bie ^ofi'fc^e S5u($l^anblung nnb Snc^brntferei) lünrbe im
Saläre 1700 ®out)emementögebäube*). 33ei griebrid) SBill^elmö I. Slnrae-
fenl^eit in ©olberg (1714) erl^ielten bie Sl^ore il^re {ewigen, ben SRanten ber
banor liegenben SBaftionen entfpredienben Flamen: Sauenburger (fonft
©teim), ©eiber ($Wü]^Iem) nnb aKönber (?PfQnnf(3^inieben=) ^ox. STie ge^
ftung l^atte pei bombenfefie ^ßntoertl^ürnie (ber an ber ^^erfante gelegene-
wnrbe nom 58oHe ber „ol^nnafigte 9Jli(i)el" genannt) nnb ^romant?
I^änfer; ein Seugl^anö l^atte fc^on ber grofee Änrfürft banen laffen.
ktbtn ben l^ol^en nnb [teilen SBäKen, n)el(^e breite nnb tiefe ©räben
mit Sünetten nnb §omn)erfen nmgaben, gewährten ben beften ©dfinfe
bie fnmpfigen 9liebernngen ber Umgegenb; bnrd^ fie wnrbe ba§ §eram
fül^ren ber Sanfgraben erf(^n)ert nnb anf ber ©trede jroifd^en Sanem
bnrger nnb ®elber::2!^or inxä) bie Ueberfdöroemmnng faft nnmöglic^ ge=
mad^t, bie — wal^rfdEjeinlii^ f(^on in fd^roebifi^er, fidler feit be§ großen
Änrfürfien Seit — bnri^ ein ©(^lenfenujerf in ber ^verfante jn ©tanbe
gebra(^t werben fonnte; im SBinter freitid), meinte ber ßommanbant
t). §et)be, fei bie geftnng nid^t t)iel beffer, als 6ö§lin ^).
SefaJB nnn bie geftimg, menigftenö im ©ommer, genügenbe SBiber^
ftanböfraft,. fo fel^lte eö bod^ an SBertl^eibigern. SBäl^renb jnr Sefefenng
fämmtlid^er 9Berfe minbeftenö 3000 3JJann gel^örten, beflanb bie ©ar^
nifon nnr anö jroei nunoHftänbigen SataiUonen ber eben gebilbeten
Sanbmilij (nnter Dberftlientenant v. ©d^meling nnb 3J?ajor v. Äleift),'
nnb bie 3al^l ber SBertl^eibiger belief \id), etwa 120 gefangene, nnju?
nerläffige ©ad^fen nnb einige ^noaliben anö bem ©d^loffe SDral^eim
eingered^net, anf nodE) nid^t 700 SDlann ; Äaüallerie f el^lte ganj, nnb ba
nnr 15 9lrtilleriften norl^anben maren, fo fd^ien eö, bag bie 130 ^aH^
gefd^üfee nnb 14 aJlörfer ber ^eftnng bei ber Selagernng eine jiemlid^
l)armlofe SioHe fpielen würben.
*) ©er lejtc lüirüic^c ©ouoerneuc loar §and ©arl o. SBtnterfcIb bi« 5um
Safere 1757, von \>a an oerfofe ber (Sommanbant aitcfe beffcn ©efcfeöftc. ©encral
ü. ^irdfe roar nur ^itular ' ©ouoerneur (1806—1813). S)er crftc branbcnburgifcfec
«pmmanbant njar ber DbcrjHieutenant ^adpar v, Äroncnfele (1653—1671).
— 503 —
®s'tt)ar bes^alb ein ©lud für bic gefiung, bafe fic in bcm ma\ov
V. §ct)be einen ßornmanbanten 6efa§, ber burd^ Umft^t, Äaltblütigfeit
nnb 9lu§bauer in ber ©rfüllnng feiner ^ftid^t bie ©diraäd^e ber SBer-
tl^eibignngömittet jn erfefeen t)erfianb. SBegen eineö ©treiteö mit einem
SBorgefefeten im 2lt)ancement jnrüdgefefet nnb l^alb in Ungnabe, voax er
mn ber SitabeHe g^riebrid^öbnrg an bem 5?neip]^ofe in Königsberg, wo
er ßommanbant geraefen mar, im 2lnfange beö Sal^res 1758 anf ben
glei(3^en Soften nad^ ßolberg gefd^idft; l^ier erri^tete er fogleid^ neue
S3atterieen, t)oIIenbete bie ^attifabirung beö bebedften 2Bege§ nnb übte mit
§ülfe be§ 3ngenieurlieutenant§ Äofd^ifeft), be§ 3lrtillerielientenant§ ©bei
nnb be§ 3euglieutenant§ ©d^eel, feinejx treuen ©el^ülfen mäl^renb ber
brei Belagerungen, eine ainjal^l von Snfanteriften nnb g^reimilligen aus
ber ßo.lberger 33ürgerf(^aft jur SBebienung ber Strtifferie ein; unb biefe
jeigten ft(^ balb fo tüd^tig, bag il^nen befonbere SBatterieen anvertraut
werben fonnten.
Ueberl^aupt mar bem ßommanbanten bie ßolberger S3ürgerf(^aft
eine mefentliiä^e §ülfe. ©d^on 1675 (f. ©. 421) l^atte fie ben emften
aSillen gejeigt, für bie @l^re beö ©taats einjuflel^n, jefct fam bie ^robe,
unb ber alte fül^ne SBürger- unb ©eemannömutl^ befianb fie in rul^m
DoUer SBeife. aSol^I ba^U anfängliiä^ mamä^er an SBeib unb Äinb/
^ah unb ®ut unb l^ielt e§ für jmed Io§, eine S^eftung t)ertl;eibigen ju
motten, meldfie bie ^Regierung offenbar felbft aufgab, ba fie fuT^ t)or ber
@infd)lieJ5ung ein grojgeö aWel^lmagajin von ba naä) Stettin f^affen
Ue§, unb einige g^amilien ftüd^teten au§ ber ©tabt ; bod^ bei bem mirt
lid^en ©intritt ber ©efal^r mid^ jeber Kleinmütig, unb bie fül^Ie 5hil^e
be§ ©ommanbanten, an bem Sitte mit Siebe unb ©l^rfurd^t l^ingen, fam
über bie ganje ©tabt. SDie Bürger ftettten fid^ in il^rer alten militörifc^en
Drganifation unter feitien Sefel^l, fie befefeten bie inneren SBätte, mäl^renb
bie ©olbaten in ben Slujsenmerfen ftanben, beforgten unter Stuffid^t ber
SRatl^öl^errn bie g^euermac^en in ber ©tabt unb ben S)ienft bei ben über
bie ©trafen vertl^eilten ©prifeen (man l^atte beren bamals t)ier, bar:=
unter eine „©d^langenfprifee'O unb mad^ten buri^ 3utragen von Sebenö--
mittein ben ©olbaten, namentlid^ ben Slrtitteriften, möglid^, ol^ne Slblös
f ung in ber fc^meren 2lrbeit ausjubauern.
SDie f^mad^e Sefafeung fonnte natürli(^ bie entfernteren fünfte
nid^t bel^aupten: 3Jlaiful^le unb 3Rünber ©d&anje mürben geräumt, alö
ber geinb am 3. October 1758 bei ©ettnom erfd^ien unb l^ier unb bei
SEBerber ein Sager^auffd^lug- Sie fofort erfolgenbe üblid^e ^ufforberun^
— 504 —
jur UeBetgabe, bie h^ tuffifiä^e SBefel^löl^akr, ber ©eneratSieutcnant
V. ^almbad^, fieKte, lel^nte ^epbe l^öflic^ mit ber SSerfid^erung ab, baj3
eip bie g^eftung, bem Sefeljle feines Äönigö gemä^, aufö äiifeerfte »er-
tl^eibigen werbe.
Sllö fi(ä^ am nä^flen aJlotgen bie Octobernebel t)erjogeu l^atten,
jeigte ftdf), bajs ber 3^einb unter bem ©d^ufee ber SRad^t einen großen
2^eil feineö Sagerö in bie Sdtaiful^te t)erlegt nnb ^i^ter btn Säumen
berfelben, nal^e bem grünen ^m\e, eine SlBurfbatterie errid^tet l^atte»
©leid^ barauf befefete er aud) bie SUJünbe. ßö n)urbe offenbar, ba^
ber §auptangriff fi^ gegen bie SRorbfronte rid^ten werbe.
©egen 10 Ul^r 3Borgenö begann bie 33ef(^iej3ung ber ©tabt; bie
erfte 35ombe rife.ein ©tüä t)om ßupferba(^e ber 9J?arien!ir(|e fort unb
jerfprang, ol^ne weiteren ©d^aben ju tl^un, auf bem 9Jlarfte. 2)as 3^euer
würbe mit geringen Unterbrei^ungen fortgefefet unb fteigerte fid^ am
7. unb 8. Dctober ju fold^er §eftigfeit, ba^ eö fdE)ien, ^almbad^ woKe
feine ffirol^ung, bie er nad^ älbweifung ber jweiten 2lufforberung jur
Uebergabe auägefprod^en l^atte, wal^rmad)en unb bie ©tabt in einen
2lf(^en]^aufen t)erwanbeln. 3ltterbing§ würbe mandier ©c^abe angerid^tet;
bod^ ftanb er in feinem SBerl^ältniffe ju bem entfefeUd^en S8ombenf)age(,
ber Ijeulenb mn ben ruffif($en Batterien I;ergeflogen fam. S)ie 9iuffen
fdioffen fel;r unfii^er, bie SJfeiiria^l ber Ungefjeuer jog iljre feurigen
Salinen über bie ©tabt fort, plafete unfdjäblid; in ber Suft ober auf
bem ©tra§enpf(after. SWur eine ©ranate ^ätte am 5. faft fd^wereö Un^
Ijeil angeridjtet; fie flog in bie SBol^nung beö ©tüdlieutenant, wo
t). ^epbe mit v. ©djmeling unb bem Äriegöratl^ Krüger eben eingetreten
war, prallte jebod; von ber SJlauer ab unb ful^r burd^ bie ©tubentl^ür
auf bie ©trajse l^inauö*). S)efto beffer fd^o^ bie, preujsifd^e 3lrtitterie
*) ^a6) einer UeBerliefcrung (bei §clb) nal^mcn t)ic genannten §errcn gerabe
ein Slbenbeffen ein, als bie ungebetene ©ranatc tarn, fie flog bid)t an bcs Ä^omman»
banten ^opf rorbei, fc^ob ©d^meling mit feinem ©tul)lc an ben Dfcn, warf ®bc(
unter ben ^ifc^ unb neranlogte 5lrüger 5U einem fd)nellen (Sprunge aus bem offenen
genfter; ber alte ^eijbc blieb gelaffcn ftjen unb trän! rul)ig fein ©las Söein aus,
mäl^renb bie SSerftörten ftd^ miebcr gufammenfanben, um bos unterbrod^enc SIbenb.
cffen fort^ufejen unb bie ^cberse bcs Sommonbanten über il^r fc^leuniges SluSein-
anberftieben an^upren. S^lac^ berfelben UeberUeferung na()m o. ^eijbc am folgenbcn
^age Sfleoanc^e; er mu^te aus hm gel^eimen SRittl^etlungcn ber SSorftäbter, in
mcld^em §aufc bie ruffifc^en Dfpsiere fpciflen, unb fanbte il^ncn, als fte fid^ eben
5ur SRal^Ijeit nieberlaffen mollten, eine kugel aus einem SSicrunbaroanaigpfünber 5u,
^ ber bie SBanb burd^brcc^enb ber Sänge nat^ über ben aJlittagStifd^ l^infu^r, unb bie
— 505 -^
unb balb üBerjeugte \i^ ^alnibac]^, bafe er bie wiber ©twarten gut t)er:j
tljeibigte g^cflung nidit mit einigen gelbbatterieen nel;men werbe. ®r
befdjiofe beöl^alb bie SCuf^ebung ber ^Belagerung, unb am 9. ©ctober
nad^ 2lufgang ber ©onne fal^ man von ben SBällen auö ben Syiad^trab
ber SHuffen fd^on jenfeit^ ©ellnott) in üoUem 3lbmarfd)e.
®ro§ war bie ^Jteube ber ©tabt über bie unerwartete ©rlöfung.
yioi) f(i)n)iegeu bie ©lotfen auf bem 3Warienfir(^t]^urme; aber anä) un^
gerufen ftrömte bie ©emeinbe an bie gerool^nte ©tätte, für weltä^e ber
feflgeroölbte unb no(^ hwxä) eine SDüngerlage gefiiä^erte 3?at]^öfeller*)
tüäl^renb ber Belagerung nur ein bürftiger 9?otl^be]^elf geraefen roax unb
laufd^te ben „enüedflidieu" SBorten beö ^aflorö SBaiä^fe über ^falm 72,
1 — 5, mit meldten biefer bem 2)anfgefü]^le SlEer gegen @ott atuöbrud
gab. SRur ber t)orfid^tige ßommanbant Ue^ fid^ nid^t von ber attge-
meinen g^reube fortreiten : von bem Slnmarf d^e be§ großen ruffifd^en
§eereö unter g^ermor untenid^tet, fürd)tete er §interl^alt unb Ueberfall,
unb mäl^renb bie aSürger fi(§ mit bel^aglid^er ©mpfinbung ber näd^t^
lid^en Siul^e überliefen, ju weld^er je^t lieber ber frieblid^e ©(^lag ber
Sfjurmul^ren, bereu ©c^lagmer! mä^renb ber ^Belagerung jum ©teilen
gebrad;t maren, bie SBürgergeit angab, an^ burd^ ben Siegen uid^t ge^^
ftört, ber in t)ielen Käufern buri^ bie jerbroi^enen 5Däd;er unb genfter-
fd^eiben l^ineinfi^lug, l^ielt jener bie SBälle forgfältig befe^t, alö wäre
ber geinb nodj vor ben Sporen. Unb feine SBorfid^t jeigte fic^ nur ju
begrünbet.
2lm 10. Dctober frül^ rief bie f leine ©lodfe bie ©emeinbe n)ieber
ju ber geTOöl^nlid^en SDienftagsprebigt. ®Un l^atte ber beliebte Slrd^ibia-
fonus §oppe ^falm 147, 1—3 alö Se^t rerlefen, ba ftodte er: ber
alte TOol^lbefannte, fd^reden§t)olle Son brö^nte wieber auö ben ruffifd^en
Kanonen von ber Slltftabt l^erüber, eine ^ugel fd^lug neben ber Äiri^e
nieber, unb mit bem Stufe „ber g^einb ift mieber ba" ftürjte bie er^^
fd^redte SBerfammlung in rairrem ©ebränge an^ ber ^ird^e.
^almbad^ war fd^on bei ©rojs'Seftin auf ben ©eneral S^cobleff
©pcifcn fo mit ^alt unb Stcßelpeinflüdcn bcbedtc, ha^ fie ungcnicSbat tourben, unb
ba^ ber ©encral SSerg ftd^ mit einem @tüd @ped! begnügen mu^te, n)eld)c5 er fic^
t)on bem©(löiff«J^ SBlan! mit benSSorten erbat: „@uer oltcr §epbe ift boc^ ein red)t
böfcr Tlann, er lä^t uns nid^t einmal ru|ig 2)flittag offen."
*) 2)ort fanb aud^ bie unglücflid^c 2)Tar!grafin o. S3ranbenburg*@rt)irJebt, bie
l^ier in ber SSerbannnung lebte, ©i^er^eit, f. Sl. o. SBi^Ieben: Seopolbinc Wiaxk
Sölarlgröfin ac.
— 506 —
geflogen, ber i^m mit einet SBerftärfuitg bis ju 15,000 aWann ben ge^
ttteffenen 33efel)l bradjte jur regelmäßigen Selogenmg ber ©tabt; benn
fjetmor l^ielt für eine rul^ige Ueberrointerung be§ ruffif($en §eeres in
^"ommern bie ©innal^me ßolbergö für notl^iDcnbig. 3)ie t)erlaffenen,
nod^ unbefi^äbigten Sößerfe n)urben foglei(^ wieber t)on ben SRuffen be^
fefet nnb jugleii^ bie ©tabt auä) t)on ©üboften l^er eingef(^toffen.
SDer jöl^e SBed^fel l^atte für ben Slugenblid eine ©ntmutl^igung
bei mandien bürgern erzeugt, unb ©orge um bie 3ufunft trieb einige
ber angefel^enften 3Wänner jum ©ommanbanten, um il^n ju bewegen,
baö Unl^eil einer ^Belagerung von ber g^efiung, beren g^aH bei ber Uebet^
jal^l ber geinbe unüermeiblid^ fi^ien, bwxä) eine Kapitulation abjuroem
ben. 3lber §et)be'S feft ausgefpro(^ener SBille, auf feinem ?Pofien auö^
jul^arren, t)erfel^lte ni(^t feine Siüdfroirfung auf bie ©tabt: ber äugen?
blidtid^e Äleinmutl^ f($n)anb vox bem mannfiaften ©ntfd^luffe, fid^ in
bem, maö ©l^re unb ^flidEit geboten, ni(^t von bem ©ommanbanten be=
fiä&ämen ju laffen; bie Sürgerfi^aft jeigte lieber bie gleid^e Sereitwit
ligfeit jur Uebernal^me ber Saften ber SBertl^eibigung, obmol^l biefe bei
ber imgel^euren SJKel^rjal^l ber ^Jeinbe il^re Äräfte jefet bpppclt unb breifadö
in 2lnfpru(ä^ nal^m. ©ine befonbere 3lbtl^eilung bilbeten bie SSattbrüber
(©(^üfeengitbe), fie lagen in regelmäßiger Stbwec^felung auf ben SBäHen
auf ber Sauer unb manijer geinb, au(^ ein ruffifd^er Dberftlieutenant*),
erl^iett auö ben gezogenen JRöl^ren ber geübten ©(^arff(3^ü|en bie tobt?
Ix6)t Äugel. S)ie 33urfenbrüber traten nii^t al§ befonbereö 6otpö auf;
bod^ vex\a^ eine größere 3al^l t)on il^nen ben ®ienft ate Offiji^re bei
bem SBürgerbataillon.
SDer g^einb vi^UU feinen Singriff junä(3^ft mieber gegen bie $Worb-
front, unb ani 12. Dctober mar bei ber SRicolaifiri^e, 400 ©(^ritt von
ber ©tabt entfernt, eine ©efd^üfe^ unb eine 3Körferbatterie fertig. S5aö
l^eftigfte geuer ber 3^eftung fonnte ba§ aSorrütfen be§ Saufgrabens ni(^t
l^inbern, meieren bie SRuffen t)om SBaumgarten au§ huxö) bie ^fann=
fd^mieben auf bie alten ©aljbrunnen jufü^rten, unb no(^ memger baö
SBorgel^en t)on ba an^ gegen ben bebedften 3®eg, ba bie Äugeln von
ber JU ^o^en Saftion §alberftabt unfd^äblid^ über baö ©laciö fortflogen,
©er ©türm auf bie ßontreefcarpe mar jefet jeben Slugenblid ju erwarten,
unb ba bie 33efafeung ju \^roa6) mar, um ben bebedEten SBeg mit blanfer
SSaffe l^alten ju fönnen, fo ließ ber ßommanbant biefe auf allen
^) ®r tourbe auf bem Sol^annidfird^^ofe begraben.
— 507 —
getonten räumen unb Bef^rSnfte [iS) auf bte SBefefeung beft ^auptwaHö,
bet l^ol^en ^oxn^ unb Äronenwerfe am SWünber^ unb ©elbertl^or unb
ber Stußcnwerfe im §auptgraben.
S)ie 3la6)t jum 14. October voax t)on ben ruffifd^en ^eerfül^rehi
auserfel^en, um au§ bem Saufgraben in ben bebedten SDBeg t)orjubre(3^en,
aber bas Untemel^men fd^eiterte üottftänbig.
S)ie SBorftäbtcr waren meiftenö in il^ren Käufern geblieben unb
üerfel^rten mit ben t)on SRatur gutartigen unb von ben ©enerälen no(^
baju in guter 3u(^t gel^altenen Siuffen in frieblii^er SBeife. S)abei
aber blieben fie gute Patrioten, unb oft fd)Iid^en ft(^ bie treuen 3J?änner
in ber 'tflaä)t unter Sebenögefal^r an bie ©tabtwälle, mn bem ßommam
bauten SRac^rid^ten über 2lbfid)ten unb Stellung ber g^einbe ju bringen.
©0 l^atte auiJEi ein alteö aWütterd^en, bie in einem §aufe ber 3Jlttnber^
t)orftabt, t)on ben ©enerälen nid^t beai^tet, franf l^inter bem ©fen tag,
aus bem in beutfd^er ©prad^e g^fül^rten ®efprd(^ baö 3Sorl^aben ber
Siuffen aufgefaßt unb il^ren ©ol^n in ber 9lad^t an ben SBatt gefd)idft,
um ben g^reunben in ber ©tabt bie fo wii^tige 3laä)xx^t mitjutl^eilen.
3lu§ bem uerroorrenen Serid^t erfannte §et)be ben ^lan ber geinbe.
©ogIei(^ ließ er in eine fd^nell tiefer eingefdtinittene ©d;arte ber Sruft-
mel^r ein ©efd^üfe fo einlegen, ba§ e§ bie ©effnungöfteße ber Sappe
befirid^, unb als nun bie geinbe in ber SRad^t um 1 Ul^r bie Sruftwetjr
burd^bra(^en unb in ben bebedEten 9Beg fprangen, ful^r eine Äartätfdjeiis
labung t)on fo furd^tbarer 3Bir!ung unter fie, ba^ 50 g^einbe getöbtet
ober oermunbet mürben. 3m SlugenblidE mar ber bebedte 2Beg mieber
rein, unb baö mütl^enbe ©d^iefeen ber SRuffen jeigte il^ren Slerger über
ben mißlungenen Singriff, Unter ben Sobten mar ber megen feiner
Seutfeligfeit beliebte SKajor d. Sauterbac^, unter ben SSermunbeten ber
SBrigabier v. 35erg.
Snjmifd^en mar auä) von ©üboften l^er bie ©efal^r näl^er gerüdt:
bei ber Sol^annisfirc^e, baim am g^uße bes l^ol^en Serges bei bem
Sigeunergalgen maren Satterieen errii^tet, unb um ben 18. jOctober fefete
fi(^ nad^ ©rbred^ung beö ^oljjingeltl^ores bei ©t. ®eorg eine ftarfe
aWannfd^aft in biefer meitläuftgen SBorftabt fefi, um and) bie Dftfront
förmli(^ anjugreifen.
3)er Singriff öpunct mar gut gemäl^lt, ba es auf Saftion SReumarl
an einer l^ol^en SSatterie jur mirffamen Seftreii^ung ber ©egenb fel^Ue,
unb balb waren bie Saufgräben oon ben ^^dtn unb ©arten neben ber
©aljmiefe aus bis auf 100 ©d^rilt t)om ©lacis l^etaxi<i>^Ml. %^Njy
— 508 —
pei ©eilen l^er mußte jefet bie Heine 33efafeun3 ben Btvxm erwarten.
'@§ war in ber SRad^t auf ben 22. £)ctober, wo biefe ©efal^r ber ©tabt
am näd^ften trat.
Stin 5Ra(ä^mittage bes 21. October fc^ofe ber g^einb ein nur mit
Brettern bebedfteö in bem bebedten SBege linfö ber ^erfante gelegenes
§eu5 unb ©trol;magajin in SBranb. SDer gerabc wel^enbe SSBeft^Süb^aBefi
trieb ber Sefafeung von Saftion §alberftabt, bie ^ier am meiften jur
3lbit)el;r tl^at, diau^ unb einen- Siegen von %nnUn in ba§ ©efid^t unb
l^inberte fie am fiiä^eren ©d^iefeen, wä^renb bie 93ürger in iebem Slugem
blid erwarteten, aus ben ©tällen unb §öfen ber ©tabt, auf welche
überall ba§ g^Iugfeuer l^inabfanf, bie g^lanunen auffd^lagen ju feigen.
3Kit Subelgefd^rei begrüjBte ber g^einb baö auffteigenbe g^euer; ftarfe
aJJaffen beffelben füllten mit einbre($enber 3laS)t bie Saufgräben an,
ober brangen in ©d^warmen von ber SCUftabt unb ber 3JJaifu]^Ie l^er
gegen bie g^eftung t)or, fie fdjienen fid^ überall jum ©türme formtreu
ju wollen, wäl;renb glei(3^jeitig il^re äCrtillerie auf ben im SBiberfc^eine
beö geuerö rotl^ erglänjenben aWarienfird^tl^urm unb bie Äird^e felbft
eine l^eftige Äanonabe rid^tete.
@ö war wie ein SBunber, ba^ plöfelid^ ber SBinb na(^ 9?orben
umfefcte unb bm S)ampf nun ben geinben ju in ba§ ©ieberlanb irieb
unb baß äuglei(^ ein ©prü^regen bie auf(obernben flammen nieberfd^lug,
fo baß bie 3)iaffe langfam in fid; jufammenbrannte. SDiefe unerwartete
§ülfe, bie faltblütige Haltung beö ßommanbanten, ber felbft juerft ein
©efd^üfe Dor ben beftürjten Äanonieren gelaben l^aben fott, befeitigte
' balb bie Slnwanblung von ©i^wad^e in ©olbaten unb Sürgerfd^aft.
S)aö geuer würbe jefet ben geinben oerberblid^er, als ber ©tabt: ber
weitljin leud)tenbe ©(|ein beffelben ließ iljre Bewegungen beutlid^ er^
fennen unb wol;lgejielte ßartätfc^enlagen jagten bie unuorfi(|tig ju nal^e
©efommenen unter fd^werem SBerluft in itjre alte ©tellung jurüd. ®in
SBraub in bem ©parrenwerf be§ Äird^enbobens (22. ßctober), ber gcc
fäl;rli(^er l;ätte werben fönnen, würbe red^tjeitig hmä) ben auffteigenben
"iRanä) t)errat§en unb aus ber gegen Söetterentjünbungen bereit gel^al-
tenen fupfernen SBanne gelöfd^t, el^e bas maffenl^afte §oljwerI weiter
baoon erfaßt würbe.
SBaren bie bluffen bis auf 100 ©(^ritt an bie ^eftung l^erange-
fommen, fo würbe iljnen bod^ jeber ©d^ritt weiter von ber wa(^famen
geftungsartillerie ftreitig gemad^t. Umfonft war il^re Hoffnung auf
eine bun!le, jum ©türm günftige 3laä)t, ber fiernflare §immel in ben
— 509 —
ftifd^eu groftnä(^ten gab fo ml £icf)t, ba^ man ber £eud)tfugcln nii^t
bcburfte, unb gerabe in ber bunfelften 9ta(3^t jünbete ber Fimmel ein
SJorblid^t an, n)el(^e§ bie ©egenb beutlii^er, alö ber l^eUfle ^Wonbfc^ein,
erfennen lie^.
3n ber ©tabt raar ber 9JJutl^ im 3nne|)nien. 3ln Sebenömitteln
roax fein SWangel: Jünb- imb ©(^affteifd^ lag immer auf ben©(^arren,
©todffifd^ nnb gering erfefeten bie frifd^en %i\ä)e. SDer ©(^effel 3fioggen
ftieg t)on 1 Sfialer nur auf 1 i Spater, ba§ 3l(^tcl SButter von 4 Sf^alern
auf 4 2l;aler 8 ggr., ba§ §olj l^olten bie Slned^te kd aM bem ©alj^
berge, in ben ©d;eunen ber ©elberüorflabt luurbe vul^ig gebrofd)en, bie
din^m aber, bie bort fouragiren n)olIten, würben bur^ abgefanbte ßom-
manbo'ö t)erjagt, unb in ben t)ornel;men §äufern ber SBraunfd^raeigö,
£)efterrei(^s unb §entfd) rüftete man \iä) auf beöorftel^enbe §od^}eiten,
o^m 5U befürd^ten, bafe man ruffif(^e Dffijiere ju ©afte bitten muffe.
Sßidjt wenig erl^öl^te ben 3Jlutl^ baö fd^led;te ©(Riegen ber 9?uffen: il^re
kugeln gingen puflg über bie ©tabt weg in i^re eigenen gegenüber^
liegenben Saufgräben, bis fie bur(^ einen Sufafe von ©alj bie Kraft
be§ ^ulüerä fd^wäi^en lernten, ©olc^e an bem bumpferen Son leii^t
erlennbaren ©(pfiffe waren bie gefäl^rlid^ften. ®a§ bie Siuffen ben 6ol-
bergern julefet ©tüde i^rer eigenen S3omben jurüdfanbten unb jur
Äartätf(^enftittung felbft bie Keinen l^öljernen Äugeln benufeten, bie man
in ben Dorftäbtifc^en Ärugwirtfifd^aften jum fjortunafpiel gebrau(^te,
t)errietl^ il^ren junel^menben 3J?angel an Munition. 3lo(li) mel^r mujgte
auffallen, wie wenig ©d^aben bie wirKi(^ einf(^lagenben Äugeln tl;aten:
eine SBombe f(^Iug, ol^ne ju fd^aben, auf ber ©tra^e in einen §aufen
von 9Kenfd;en, eine jweite burc^ bie jerfd^metterte ©tubentpr in eine
mit SWenfd^en angefüttte ©tube, rollte wieber l^inauö unb jerplafete auf
bem §auöflur, eine ad^tpfünbige Äanonenfugel ful^r in ein ©emad^, wo
fid^ t)ier ©rwai^fene unb ein Äinb befanben, feiner würbe beriefet, unb
bie Äugel lag l^^^rmloö auf bem Slrme be§ Äinbeö u. f. w., bis jum
14. Dctober war fein SDJenfc^ getobt et. SDie auffallenbe ©rfd^einung
erwedfte aud^ bie aSerwunberung ber SJuffen, boä) fud^ten fie ben ©runb
lieber in ber fd^warjen Äunft, ba§ g^euer befpred^en ju fönnen, bie §epbe
Don bem alten SDeffauer erlernt l^abe, als in ber Ungefd^idlid^feit i^rer
Slrtiaeriften.
eJrifi^e Sufupr i)on 9Hunition erlaubte bem 3^einbe, nod^ einen
lefeten SSerfud^ ju machen, unb unter einem 3?egen von SBomben, ©ra^
naten unb geuerfugeln, mit bem er bie ©tabt am 28. unb 29. Qcto^ex
V
— 510 —
überf(^üttete, errctd^tc er an betn Icfeteren Sage mit ber ©appe ben be^
bedten SEBeg am aKünbertl^ote. aber bort eine Srefd^batterie anjulegen,
war für il^n eine Unmöglii^f eit : jeber Äopf, ber fi(3^tbar würbe, erl^ielt
eine Äartätfd^enlabung ober bie fidlere Äugel eines ber faltblütigen
©(^üfeen ber 2BalI6mber; bie Ueberfi^reilung beä ®raben§ gar mar
nid^t o(;ne bie fd^merften SBerlufie 5U erreii^en. SDa mm aud^ baö ruf-
fifd^e §eer unter germor fid^ na(^ SDramburg jog unb ein preuj3if(§eö
3:Jetad)ement bie rujfifi^en SBorpoften auf ßolberg jurüömarf, fo befd^lofe
^almbad^, in ber irrigen 3Keinung, ba§ baö preu^ifd^e ßorpö unter
5Dof)na im ftarfen 3lnmarf(|e fei, bie 3lufl^ebung ber ^Belagerung» 2lm
29. Dctober 3lbenbö fieben U^r fiel ber lefete Q^n^ auä ben ruffifi^en
Satterieen, unb §epbe, bem ba§ SRoHen ber Kanonen auf ben ©tein^:
bämmen ben Stbmarfd^ beö geinbeö t)emetl^, liefe il^n nid^t jiel^en, ol^ne
ifim mit Äanonenfugeln ben aSaletgrufe nad^jufenben.
gaft l^ätte bie Unt)orfi(^tigfeit ßolberger ©inmol^ner nod^ Unl^eil
über bie ©tabt gebracht @ine grofee Sal^l oon biefen mar, alö gegen
8 U^r (31. ßctober) baS ©tabttl^or Dorfid^tig geöffnet mürbe, l^inauß«
gcjogen, um fid) bie feinblid^en ©c^anjen t)or il^rer 3erftörung nod^
anjufel^n. 3Ran(^e magten fi(^ ju meit unb fielen in bie §änbe ber im
9lonnenl^olj t)erftedEt jurüdfgebliebenen Äofadfen. ©ie mürben jum 2l^eil
ju bem nod^ in ©tedoro fte^enben ^almbai^ geführt. S)iefer Dernal^m
mit ©taunen t)on i^nen, bafe fein ©ntfafe gefommen fei, unb befi^lofe
beöl^alb, ben SBerfud^ ju mad^en, bie ©tabt hm6) Ueberrumpelung ju
geroiimen.
SDUt großer 33el^utfamfeit liefe §ei)be, fobalb cä bunfelte, bie
iJl^ore fdljliefeen unb bie SBerfe fo ftarf befefeen, luie in ber 3eit ber
^Belagerung. SDod^ mod)ten bie müben Slugen ber 2Bäd^ter nic^t fo
fd^arf, mie fonft, in bie 9lad^t l^inauögelugt l^aben; iebenfallö mar eä
if)nen entgangen, bafe fid^ 500 ruffifd^e ©renabire unb 200 §ufaren
l)inter bie lefete ©d^eune ber S8orftabt unb auf ben ®eorgenfir(^l^of ge^^
fdjli($en liatten, um bei ßepung beä Stores in bie ©tabt eingubre(^en;
2000 3Jlann ^aoaUerie lagen in ber Söiafee im §inter^alt. 2llö nun
am 3JJorgen 150 ©olbaten unter ben ßffljieren 0. Äleift unb v. ©(^me^
Ung auögerüdft maren, um bie 2lrbeit beä t)orl^ergel^enben 2ageö ju
üoEenben, unb einjelne ^Bürger mit §adfen unb ©paten gegen bie ©d^eune
fd)lugen, l)inter ber fie ein ©eräufdj bemerft l;atten, mit bem fd^erjenben
3tufe: „Sluffen Ijerauö!" ftürmteu biefe fofort a\x^ i^rem ä?erfted unb
brangen, fd^neU formirt, auf ber §auptftrafee gegen baö S^or vor.
— 511 —
9lber bie preu§if(ä^en JOffijiere beftanben bie -^robe gut, ''auf weld^c tljte '
Sefonnenl^eit gefiettt wiirbe. illeift warf \\6) ben getnben mit 50 aJianii
entgeflen, roäl^rcnb Sc^meling fie t)on einer $Rebengajfe auö in ber glanfe
iw faffen fud^te. 5Die 9Juffen, burd^ eine ©atoe, bie 40 ber S^tigen
tobt ober t)ern)unbet nieberftredte, ftufeig gemad^t, toid^en vox ben mit
gefaßtem ©eioel^r anbringenben ^reu^en biö jur ©eorgcnfird^e jurüdf,
Sroax mußten fid^ biefe bann t)or ben §ufaren unb ber aM ber 9Jfa^c
l^erantrabenben ÄaDallerie auf baö ©laciö ber geftung jurüdjiel^en; bod;
war injraifdien baß SBattgefd^üft jum 6(^ufe fertig gemad^t unb bie ®c=
fal^r fomit burd^ bie ©atfd^Ioffenl^eit ber 3JJänner abgcwanbt. !iDic
SRuffen fu(§ten fid^ burd; einige ©ranaten, bie fie non ber 3Wafee Ijer
in bie ©tabt fd)idften, für ben mijstungenen aSerfud^ ju räd^en, würben
aber burd^ me^irerc 33omben, bie i^nen Saftion SReumarf in i^ren SBSalbs
üerftedf warf, jum fd^teunigen JRüdEjuge beftimmt. 2lm I. SRot)ember
brad^ baö Hauptquartier nad^ ©öölin auf. 3?ur einige ÄofadEen burd^^
ftreiften nod^ längere Seit bie Umgegenb unb l^olten ^ferbe unb Äiil^e
felbfl unter ben Äanonen ber ^eftung fort.
5Der SBerluft ber Siuffen belief fid^ auf etwa 2000 3Wann; un^:
glaublid^ gering war berSBerluft an 3Jlenfd^enleben in ber g^eftung : üon
ber Sefafeung waren im ©anjen 6 SWann gefallen, t)on ber Sürgerfd^aft
waren jroei fogleid; getöbtet, brei ftarben an il^ren SEBunben, unb einem
jungen SBauer, ber feinen Siad^bar erfi^lagen l^atte unb ju 4 Sai^r
g^eftung begnabigt mar, rourbe ber bem genfer fi^on einmal verfallene
Äopf Don einer ruffifd^en Äugel abgeriffen; ebenfo t)iele mod^ten nod^
t)ertt)unbet fein.
2lu(^ bie ©ebäube l^atten nid^t bebeutenb gelitten. S)ie SDJarien-
fird^e mar ein ftarfer a)fagnet für bie feinblid^en Kugeln gemefen unb
l^atte mand^es Unl^eil von ben ftäbtifd^en §äufern auf fid^ gejogen; bod^
l^atte ben 100 SBomben (nad^ SBad^fe nur 40), t)on benen fie getroffen
mar, bie fiarfen SSBanbe Iräftigen SBiberftanb geleiftet, unb im Snnern
mar Drgel, Äanjel, 2l(tar unbefd)äbigl ; bie l^eilige ®eiftfir(^e t;atte
feinen Siegel t^ertoren, aud^ bie Klofterfird^e mar im Snnern unt)erle^t,
nur bie 9licolaiHrd^e, neben ber eine ruffifd^e SBatterie ftanb, mar von
g^eftungöartiHerie in einen ©d^uttl^aufen üermanbelt jum großen SBebaueni
ber SHuffen, bie i^ren ©d^ufe^eiligen, ben l^eiligen SRicolauö, burd^ ba§
— nid)t erfüllte — a?erfpre(^en ju üerföl^nen fud^ten, bie Äird^e mieber
aufbauen ju motten, unb bie jraei Söl&te t)or ber S3elagerung neugebaule
teformirte Äird^e mar fo mitgenommen, bafe bie ©emeinbe längere 3eit
— 512 —
in ber ^Iofter!it(^e t^ven ©otteöbtenft Italien mu^te. SDaö Siatl^l^aus
Iiatte 12, bas ©ouDet^iiementegebäube 30 SBombeu erl^alten, etwa 40
waren auf bem SWarfte geplafet
Sroette SSetagerung ßolbergö int 3cil;re 1760.
ßolberg war in ber erflen Belagerung ia^ recS^te Slbbitb be§
bamaligen preufeifi^en ©taats ; waö griebrid^ ber ©ro^e im großen bcm
i^alben ©uropa gegenüber burdifefete, ha^ l^alte §et)be im f (einen getl^an :
burd; um[i(^tige SSenufeung ftfiwad^er 2)]ittel unb burd^ jöl^eö Sluöl^alten
einen weit überlegenen g^einb abgewe^irt. ^nxä) bie Ueberfenbung beö
JOrbenö pour le merite erfannte griebrid^ ox\., ba§ er fein Urtl^eil über
§epbe berii^tigt l^abe. 2)er g^eftung würbe burc^ ben Sluöbau ber
SBaftion SReumarf größere SBiberftanböfraft gegeben, bie Sefafeung auf
2000 3Kann er^öl^t, unb Bürger unb ©olbaten fallen mit gefteigertem
©elbftgeffll^le einer neuen Belagerung entgegen. Snbefe ba§ Sal^r 1759
t)erlief rul^ig, unb aud^ baö folgenbe %^x war fd^on über feine §öl^e
l^inaus, als 5Wad^ri(^ten t)on SKüftungen in ruffif(%en unb fd^webifd^en
§äfen fatnen, bie gegen ßolberg gerid^tet fein foKten. SDer SKngriff ^u
£anbe foHte bieömal t)on ber ©ee m% burd; eine gro^e glotte unter-
ftüfct werben. S)a^ bieä überl^aupt möglid^ war, l;atte ßolberg ber
©leid^gültigfeit be§ preu^ifc^en Berbünbeten, ®nglanb§, ju t)erbanfen,
ber fid^ burd^ Äönig griebrid^ö Bitten nidjt beftimmen lie^, bie Dftfee
burd^ ein ©efd^waber t)on ßrieg§f(^iffen rein ju l;alten.
3lm 27. Suli erfd)ien eine ainjal;! großer ruffifc^er ©d^iffe auf
ber SW^ebe üon ßolberg; ba fie jeboi^ balb wieber t)erfd^wanben unb
ber größere JÜl^eil be§ 2luguft§ ungeftört Derflofe, fo war man in Golberg
feft überjeugt, ba^ man in ber fpäten S^lireöäeit feine Belagerung mel^r
ju erwarten l;abe. S)a)3 jebod^ etwaö geinbli(^e§ im SBerfe fei, jeigte
ba§ ©rfd^einen eines ruffifdjen ^aDalleriecorpö :)or ßolberg etwa am
23. 3lugu[t, unb jebe Ungewijgi^eit t)erf(^wanb, alö am 26. Segel auf
©egel am §orijonte auftaud^te unb fid^ eine glotte t)on 45 ruffifdjen
©dtjiffen, barunter 26 ßinienfd^iffe, unter bem 2lbmiral aJlifd^oufoff auf
ber 9i§ebe in weiter (Entfernung t)on bem Sanbe auffteHte. %\\ ßolberg
fal^ man anfänglid^ mel^r mit 3Jeugterbe, al§ mit ©orge, auf baö l^err*
lii^e ©d^aufpiel, baö biefe — balb nod^ burd^ 8 grofee fd^webifd^e ©d^iffe
— 613 —
t)Brflrö6ertc — fd^mimmenbc ©tabt mit il^ren bunten SEBtmpeln gewol^rte;
benn etfal^rene Sootfen l^atten Dctfid^ert, cö fei unmöglid^, bie ©tabt
von ber ©ee auö mit Somben ju befd^iefeen. 3u bcr %^at, nid^t bie
großen Äoloffe, f onbeni brei Keine, unanfel^nlid^e, fd^raerfällige Sombar^
bietpral^me, jeber mit 2 SWörfern f(5merften Miberö U^ti^tf benen il^t
geringer Siefgang uerftattete, \xä) nal^e an ba§ Ufer ju legen, waren
eö, bie ber ©tabt SSerberben brad^ten.
9lm 28. Sluguft nahmen biefe ©tellung neben ber SBranbung unb
eröffneten il^r Steuer auf bie ©tabt. SBalb traf jeber ©d^ug mit ^nxS)U
barer ©idfierl^eit. 3um %f)dl gegen 200 ^funb fd^raer unb aM erftaun«
lid^er S3ogenpl^e faHenb, f($lugen bie SBomben burd^ alle ©todfroerfe ber
§äufer, unb gegen fie filterte fein ÄeHergeroölbe. ©eroöl^nlid^ fielen pei
llintereinanber an biefelbe ©teile, befonberö wenn bie erfte gejünbet l^atte.
,ßlai) iebem Änatt l^atte man eine l^albe 3Jiinute 3eit ju feufjen, mit
jeber ©ecunbe würbe ba§ §eulen ftärfer, l^o(^ in ber ßuft \ä)xm fi($
bie S3ombe no6) einen 3lugeiib(idf ju befinnen, wo fie fi(^ l^erabflürjen
foUe, unb bann war es 3eit für bie ©efä^rbeten, mit 3Äofe am rotl^en
SUieere ju f^i^reien." 2)aä SSombarbement bauerte mit geringen Unter=:
bred^ungen Sag unb.Jjtac^t an, unb wen bie S8ürgerpfli($t nid^t in ber
©tabt l^ielt, ber flüchtete in bie weniger l^eimgefud^te 3Jlü]^lent)orftabt.
©egen 3000 33omben etwa waren fc^on in bie ©tabt gefd^leubert, als
enblid^ am äbenb be§ 1. ©eptember bie alten g^reunbe ber ©tabt, SBinb
unb 5Weer, fid^ ber gequälten SSllrgerfc^aft erbarmten unb bie ^ral^me
jwangen, auf bie l^ol;e ©ee ju gelten.
2lm 3lbenb be§ 4. ©eptember legte fid^ ber 9Binb, unb am 5. frül^
begann ba§ Sombarbement von neuem, bo(^ eine SBombe von 200 ^funb,
bie einen ber ^ral^me traf, beftimmte ben geinb, biefe aus ber gefä^r-
fä^rlic^en M^e in eine entferntere ©tettung ju bringen, von wo i^r
geuer unwirffamer würbe.
Snjwifd^en l^atte ber geinb bis jum 6. ©eptember bie Sluöfd^if^
fung ber Snfanterie unb Artillerie in ber 9iä^e beö ©tabtwalbes ju
©tanbe gebrad)t. §ier commanbirle ber ®enerat3)iaj[or S)emiboff. 35ie
SDimen bienten i^m ate erfler ßaufgraben, nodC) in berfelben 3?ad^t legte
er auf bem Söolföberge eine Batterie an, unb in ber 3?a(^t Dom 8. auf
itn 9. ©eptember brad^te er bie burd^ bm Sieutenant v. §attmann mit
feinen 30 aJlann aufs tapferfie iettl^eibigte ^afenfd^anje in feine ©ewalt.
SRod^'l^atte §er)bc bieSßotfiabt gefd^ont; aber als fid^ ber Angriff
immer ent[d&iebener gegen bie Slorbfront erllärte, tjerbot il^im bie 5Ril<JS^<äbj.
* *
— 514 —
auf bte ^rl^altung ber g^eflung, langer feinen nicnf(^enfreunbltd^en
©mpfinbungen ju gel^ori^en, unb von 200 ©olbaten mit S^eertonnen
nnb ^ei^fränjen angejünbet, brannten bie ^fannfd^mieben bis auf
wenige §äufer nieber. 3n ber 3lai)t jum 12. Seplentber warf ber
g^einb ben jnjeiten Saufgraben im 93auingarten auf unb befefetc i[;n ntit
einer aWörfer= unb einer §aubiten:= Batterie. 2(uf einen furd^tbarcn
Sombem unb ©ranatenregen, mit bem t)on l^ier auö bie ©tabt über-
fi^üttet mürbe, folgte eine furje Unterbreiä^ung unb bie 3lufforberung
jur Uebergabe an §et)be mit ber SKal^nung, er möge an ba§ ©d^icffal
ber ©tabt benfen. S5ie enlfi^loffene Slntwort beffelben, „er werbe na^
preu^ifi^er ^flid^t unb @l^re bie g^eftung t)ertl^cibigen, unb ba es fid^
um bie ©rl^altung ber ganjen ^rot)inj l^anble, fönne er auf bie Gim
mol^ner feine SRüdfid^t nel^men", trieb ben SJuffen ju üerftärften anfiren^
gungen, ber ©tabt nä^er ju fommen. äfm 15. ©eptember mar ber
britte Saufgraben quer bur($ bie ^fannfd^mieben bis an bie ?J>erfante
auf ba§ ©rabirl^auö ju gejogen, unb bie. beiben neuen Äanonen- unb
ajlörfer::5öatterien barin mürben am folgenben Sage, bem 9Zamenötage
ber ruffif(^en Äaiferin, in barbarif($er SBeife mit etma 5000 ©(ä^üffen
gegen bie ©tabt eingeweiht. 3)as g^euer mürbe mit fleigenber 2But^
bie ganje 3la$t unb ben näc^ftfolgenben Sag (17. ©eptember) fortge^
fefet, in ber 3la6)t jum 18. ©eptember mieten jmar bie ®e[(äE)üfee, aber
nid^t bie Setagerungsarbeiten. S)er 3)lörgen jeigte, ba^ bie Saufgräben
bis jur ©t. 5Rlfolaifird6e üorgerudt maren, unb um 5 U^r begann an^
bie l;ier errid^tete Batterie il^re ^^xeäliä)e Sttrbeit. 2)a§ g^euer rid^tete
fid^ bieömal mel^r als fonft gegen bie e5eflung§merfe. Offenbar bereit
tete ba§ 33re[d^e[(^ie&en ben ©türm t)or, unb unter bem betäubenbeu
SDonner ber ©efd^ü^e, bem §agel ber in §äufer unb SBerfe mit \nxä)U
barer 3erprung einfi^lagenben SBomben, ©ranaten unb g^euerfugeln
mai^te man \i^ in ber ©tabt in Begebung auf ba§ äu&erfte gefaxt.
S)a mifd^te \iä) plöfeUd^ um 1 IU)X SUlittagS in ba§ gleid^mägige
bumpfe 33rüllen ber ruffifd^en 3Jlörfer von ber entgegengefefeten ©cite
ilanonenbonner von l^eUerem Stange, bajmifdjen ertönte ba§ Änattern
be§ 3Kuöfetenfeuer§, imb t)om St;urme unb von ben SBäffen flog bie
faiun geglaubte freubige ^unbe burd^ bie ©tabt, baß bie ®rlö|ung l^eran-
nal^e. £)l;ne auf bie feinbti($en Äugeln ju ad^ten, eilten bie S3en)ol;ner
ber ©tabt auf bie SSßäUe, fie fallen Äof xien über ba§ g^elb flieljen unb
preujsifd^e SReiterei über ©ettnom in fd&neHem Slnmarfd^e, bal^inter einen
langen in ©taub gel^üUten 3ug, anfd^eincnb eine große §eere8folonnc«
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SDie ©(ä^lad;t Bei Sieflnife (15. Slußuft) l^atte griebrii]^ etwas Suft
Qtmaä)t, fo baj3 er an fein treues ßolberg benfen lonnte. 35er fül^ne
SReitergeneral SBerner erl^ielt ben 33efel^I, bie g^eftung ju entfefeen. 2Kit
ben 7 ©(ä^wabronen feines §ufarenregimentö nnb 3 SataiHonen Snfan^
terie brai^ er am 5. ©eptember t)on ©logau auf unb jog, unterwegs
t)erftärft burd^ 2 SataiHone aus Stettin unb eine ©(^wabron SlnfpacS-
SBaireutl^er 2)ragoner, in ©ewaltmärfi^en über Äroffen, Sanbsberg
unb ©(^ieoelbein gegen ßolberg. g^riebri(^ l^atte il^m für bie 48 SUleilen
16 Sage Seit gegeben, il^m genügten 13 S^age. 3lm 18. ©eptember
frü5 erf(^ien er an ber Seftiner Srüde.
äer geinb l^atte nid^it im entfernteften an bie aWögliiä^feit eines
©ntfafees gebadet; nur 200 3Wann Snfanterie mit einer Äanone unb
einem Äofadentrupp ftanben vox bem S3ru(j^e bei ©ettnon) unb einige
Äofaden in weiterer (Entfernung bei Seftin. S)iefe lefeteren ftoben vox ben
SBemer'fi^en §ufaren auseinanber, unb ber ?Poften auf bem Äaujenberge
fam eben flüd^tig in ©ettnöw an, als au($ bie ^reujgen fd^on ba waren,
burc^ bie Sffiiefen unb ©räben watenb bie fefie ©teHung bei ©eHnow
umgingen unb bie SRuffen abjufd^neiben brol^ten. ©iefe wollten ben ?ßaj3
räumen; aber bie 3Berner'f(^en §ufaren liefen il^nen baju feine Seit, fie
ftürjten fid& auf fie, nal^men fie gefangen, ober |iieben fie' nieber. S)er
Äampf l^atte ben aJJarfd^ faum aufgefialten: um 12 Ul^r erf(^ien SEBemer am
Äaujenberge, um 2J Ul^r fd^on empfing ber ßommanbant bie SBefreier
am ©elbertl^or. SDie beiben §elben l^atten nur Seit ju einem warmen
§änbebru(I; benn bas S^agewerf war nodj nid^t t)oIlbra(^t. Dl^ne SRafl
ging es burd^ ©olberg unb jum ©teintl^or wieber i^inaus, bem 33ullen=
winfel gegenüber auf ben §ö^en t)or ber Slltftabt formirte SBemer feine
unermüblid^en ©dE)wabronen jum SKngriff auf bie ruffifd^e Äat)allerie,
unb bie „grimmigen ©d^naujbärte" ritten in bm MäuUm geinb l^inein,
fd^tugen il^n unb jagten i^n in wilber SSerwirrung in fein Sager am
©tabtwalbe*). SDer folgenbe 3Jlorgen ftellte bie t)oIle SBirfung bes
füljnen Ueberf alles ans Sid^t: oon panif(^em ©d^reden erfajst, l^atten
bie geinbe in ber 9todjt bie Satterieen geräumt, ein S^^eil berfelben ging
eiligft am ©tranbe, ober lanbeinwöris jurüdf, ber anbere bewerfflelligte,
Don bem ©tabtwalbe gebedft, im Saufe bes SSormittags feine ©infi^iffung
auf Sooten jur glotle, unb als SPerner am Jlad^mittage von Slltftabt aus
*) <Bo BxxMx nad^ bem SScrid^te SS^cmcr'«; bo(i^ BletBt auffoHenb, \>ai bie
(Eolbcrgcr 2)iarlen biefcr öett, fo tüic ber rufpfd^c S3ert(^t in ber SÜtonaer Ee,ifc»M|fc
nid^td ]3on biefem Angriffe auf bie ruffifd^e Sat)o]QL^^ xs^^
516
jum Singriff auf ba§ ruffif(i^e Sager t)orgin8, fonnte er nur no(ä^ einige
Snfantertften, bie fi(^ tjerfpätet l^atten, gefangen nel^nten. SBon bem
übereilten SRädjuge gab ber ©tranb einen fpred^enben Seweiö: 'neben
ber großen anberen SBente waren 22 metallene ©efd^fl^e jurüdgelaffeit,
4 Ißierunbjwanjigs^fünber würben erfl 1763 an^ bem Söaffer gel^olt
unb tl^aten no(3^ 1807 guteSienfte. S)aß S3ombarbement t)on berSce^:
feite l^ielt nod^ bis jum 19. ©eptember an. 2lm 23. ©eptember maren
bie lefeten Sd^iffe Derfd^wunben.
SDie mit nur 2 Sobten unb 8 SBerwunbeten erfaufte Befreiung
6oIberg§ imä) SEBerner wirb mit SRei^t als eine ber glänjenbften ST^aten
be§ fiebenjäl^rigen Äriegeä bcjeid^net. ©rleid^tert mürbe ba§ ©elingen
bur(ä^ bie ©orglofigfeit SDemiboffö, ber in bem ©lauben, ba§ ein ©rfafe
ju Sanbe unmögtid^ fei, feine Äofadfen auf ÄunbJ(^aft auögefi^idt l^atte,
unb bmä) ben SBal^n ber SRuffen, bafe fie eö mit einem §cere von
20^000 5öfann ju t^un l^ätten. S)ie ruffifd^en §eerfül^rer gingen nad^
Petersburg, um bort il^ren fopffofen Stüdfjug vot einem Jlriegsgerid^tc
5u/ re($tfertigen. griebrid^ geftattete jur SBerl^errlii^ung ber frtr;nen
^at bie Prägung t)on jmei ©enfmünjen auf bie beiben Reiben. Stuf
ber SRüdtfeite beiber mar eine buri^ ba§ ^olberger SBappen in il^rer
§anb leidet ju beutenbe 2lnbromeba bargeftellt, von meld^er ^^erfeus
(0. §epbe ebenfo tt)o|)I, wie SBerber) mit feinem (mit bem preußifd^en
3lbler gejierten) Sdjilbe ein aus ber ©ee fteigenbes Ungel^euer ab^
meiert. 2)ie 3iüdfeite beiber aWünjen fül^rt bie Ueberfi^rift: res similis
fidae. 2)ie Sbee ift einem ®ebi($te „Sieb ber SWpmp^e ^perfante" ent«
nommen, meld^eö blamier (am 24* September) auf bie lü^ne STIjat
junäi^ft ol^ne Sejie^ung auf eine S)enfmünje gemad^t l;atte. SDie aSor=
berfeite ber einen S)en!münje mar mit bem SBruftbilbe SBerner'ö, bie
anbere mit bem §et)be*ä tjerfel^en. 35er Äönig foll jebem ein golbeneö
unb 20 filberne ©femplare gefi^enft l^aben.
S)er aSerluft a\\ SKenfd^enleben in ber ©tabt entfprai^ aud^ biesnml
nid^t ber ©tärfe bes 33ombarbementö: t)om aWilitär, g^rauen unb Äinbcr
berfelben mitgered;net, waren 50 tobt, 29 t)etwunbet, t)on ber 33ürgerfdt)aft
20 tobt, 53 rerwunbet. SDefto mel;r l^atten §äufer unb öffentlid^e ©ebätibe
gelitten. (£§ war faft fein ^m^ "t^a, welches riid^t wenigftenö einen
©d^u§ befommen l^älte, mand^e waren jufammengeftürjt ober brol^ten
ben ßinfturj. 3Mit ben Srümmem ber jerfl orten ©ebäube befferte man
bie nod^ bewol^nbaren SRäume aus. g^aft feine genfterfd^eibe war ganj
geblieben^ \xx[\> nod& lange Seit be^alf vxm fid^ mit ^kpierfenftern; ber ,
— 517 —
£)efen mußten mand^c Käufer ben SBinter l^inburd^ ganj entbel^ten, aud^
bie perfd&iebenen ©d^iffslabungen t)on Siai^jiegcln aus fremben £)rteit
tcid^tcn ni(^t au§, um bie jerftörten ®ä(^er roiebcr l^erjufiellen. SBon ben
öffentlichen ©ebäuben l^atten bie ^ird^en am meiften gelitten: in ber
aRarienfird^e mar ba§ ®ad^ be§ ^Prätatend^orö fc^roer befiä&äbigt, ba^ ®xah
geroölbe ber Sraunfd&weig'ö jerfd^mettert unb baö Äupferbai^ ber ^aupt^
fird^ean mel^reren ©teilen burd^f djlagen ; ©t ©piritus^ unb Älofierfird^e
waren arg mitgenommen, in ber reformirten Äir(%e würben felbft bie Siobten
burd^ eine 33ombe in il^rer SRul^e gefiört unb verbrannten mit ben
©argen, geuer brac^ l^äuflger. aus, gewann aber niemals einen gefäl^r^
li(^en Gl^arafter, ba bie SBürger, mit ben ©prifeen Aber bie ©äffen tjer*
tl^eilt, fo wie eine S3'ombe gejünbet fiatte, jur §anb waren unb jeben
Sranb im ©ntfiel^en bämpften.
\3la(i) einem t)om SSürgermeifier SJlüHer aufgenommenen ^jjrotofoll
betrug ber aScrlufl ber einwol;ner an fal^renber ^aie, SUiöbeln, Setten,
Äom, §eu, aSiel^ in ©elbwertl^, in ber ©tabt: 12,489 S^aler, auf ber
2Rünbe 19,346 S^aler, in ben ^fannfd^mieben 5794 Später, im etni^^
benl;agen 1045 2:^aler, in ber Sauenburger SBorflabt 7136 S^aler, tTor
bem ©elbert^or 473 Später, an ©emeinbeoermögen 1970 S^aler. SDaju
fam ber SBerluft Don 7 von ben Sluffen als SBeute mit fortgefül^rten
©d&iffen, bie ju 15,770 Sl^alern Deranf dalagt wuri)cn, fo ba§ ber ©efammt^
fd^abe ber ©tabt unb ber SBorftäbte, mit 2lusfdE)lu6 ber jerftörten ©ebdube,
worüber fein ^rotofoH m.el^r tjorl^anben ift, über 64,000 Sl^aler betrug.
SBunberbare Sebensrettungen, wie S3omben unter jal^lreii^e ©e^
fellf(^aften ful^ren, ol^ne ©d^aben ju tl^un, wie fie SDlenfd^en t)om obern
©toÄ bnxä) bie jerfd&lagtnen ©todfwerfe unverlefet mit fid^ in ben Äeller
l^inabriff en , wie anbere aus \>m jufammengeftürjten Srümmern ber
§äufer lebenbig unb unbefd^äbigt l^ertjorgejogen würben, bietet ber gute
SRector Äneifel*) mit erbaulid^en SBetrad^tungen unb SRufeanwenbungen
in 3Wenge. ©r fetbfl l^at mel ausfielen müf[en. @r lag im SWectorat
auf feinem 33ette, als eine SBombe in bie SRebenftube ful^r unb il^m
eine ganje SBanb von SBadEfteinen mit ben ^jJfoften ber ^ammertl^ür,
ol^ne i^n ju t)erlefeen/ auf btn Seib warf. 6r 50g in ben BtaU, fofort
flog eine ^ombe l^inein unb eine geuerf ugel jünbete il^m bie neud SBol^s
nung an. @r fanb bann äufnal^me in bem §aufe eines SBefannten.
Äaum war er l^ier eingetreten, als aud^ bies bur(^ eine Sombe jerftört
*) @. ^nmerfung N. 1 $u blcfem Capttcl.
— 518 —
würbe. S)a nal^m er fein 33ett auf ben Wxden unb wanberte im 9lo(fe*
lol^r unb ©d^lafrod, no^ wieberl^olt von Somben^ unb ©ranatfplittem
gefäl^rbet, in bie @elbert)orftabt, wo er mit tiielen 2lnberen leiblid^e
©id^erl^eit fanb. ^
Sie Shiffeu-'^igten \xä) barbarifd^er, alö bei ber erften S3elaöe=
rung. Sluf ber 3Künbe mürben 2 3)iatrofcn mit Sajonetten erftod^en,
unb bie fSmmtlid^en 3)Jänner bafelbft mie baö Sßiel^ in bie ©(]^anie
gejagt', um bort erfc^offen ju werben. aSor bem Sammergefiä^rei ber
Älnber uermoi^te ber commanbirenbe Dffijier ben SBlutbefel^l nid)t ju
t)ottäie]^en. ^an fd^Ieppte fie enblid^ nad^ SDeep, mo fie, in einer fleinen
©tube eingefi^loffen, fümmerlid^ ernäl^rt, biß jur Sluf^ebung ber SBela-
gerung eingepferi^t fafeen. —
33elagerung r>on 176h
©d^on im SEBinter mufete man in ßolberg, bafe im näd^flen Saljre
eine neue Belagerung ju erwarten fei. ©§ f(^ien, alö ob fid; bur(^ bie
glänjenbe SBertl^eibigung ber SBertl^ ber geftung in hm 3lugen beiber
Parteien fteigere. ®ie 3iuf[en mofften ben ^ian von 1760 bieömal in
auögebel^nter SBeife t)ern)irHid^en, ben Singriff ju Sanbe burd^ ein ftar=
leres felbfiftänbigeö ßotpä untemcl^men unb von ber ©ee mieber burd^
eine g^lotte unterftüfeen, mä^renb griebrid^ ber ©rofee, bem ©olberg
burd^ feine Sreue unb ©tanbl^aftigfeit mel^r unb mel^r an baö ^erj
mud^s, ben ©enerallieutenant ^rinj ©ugen von SBürtemberg beorberte,
jur ©edfung ber g^efiung ein in ber SRäl^e berfelben aufsufd^lagenbeö
üerfd^anjteö Sager ju bejie^en. SDiefer fanb, als er am 4. Suni in
ßolberg eintraf, baffelbe von SBemer f(^on abgeftedft. @ö lag auf bem
redeten ^erf anteuf er, gebedft burd^ ein SWetrand^ement: eine t)erfd^an}te
Sinie mit 11 bur(^ SBolfsgruben gefiederten l^eroortretenben Siebouten,
meldte fid^ von ber ^erfante au^ oberhalb Slltftabt über ben l^ol^en
33erg nad^ bem SBuHenminfel bis an bie ©umpfmiefen bafelbft jog.
S)en 2Beg am ©tranbe fperrte bie ©ternfd)anje, burd^ einen SDamm mit
bem JWetrand^ement t)erbunben, oor il^r, noi^ im ©tabtraalbe, lag bie
3Serl^adf(^anje. SSor bem redeten glügel, 1000 ©d^ritt Don bem 3?etran=
(^ement, eben fo meit t)on SRednin entfernt, lag bie fo berül;mt geroor^:
bene grüne ©d^auje, ein felbftftänbiges SSerl mit ojfener Äel^le, Sluf
— 519 —
her bur(^ eine SBtüdfe bei SKtjiabt mit bem reiä^ten Ufer t)erbunbenen
linlen ©ei(e ber ^erfante gaben bie ©umpfwtefen unb bie ^Jieberungen
am ©pieba(^ 2)e(Iun9, nur ber SJammweg bei ©effnow war burd^ eine
Sd^anje gefperrt, unb auf bem ^aujenberge ein ftat! befeftigteö ^orn^
wert errid^tet. SBatterieen auf bem SBoIföberge, in ber ^afenföianje
unb in ber aWaiful^Ie fid^erten m^ ber ©eefeite. SDaö Sager glid^ einer
auö ber @rbe l^ert)orgemad^fencn ©tabt. ®ie ©emeinen wol^nten in
SRafenlifltten mit ©(^ornfleinen unb gef(o$tenen Si^üren, bie Sffijiere
in §aufern von 1—2 ©todtoerfen, benen felbft ein Äaßbemurf nid^t
fcl^lte; ber in ben Belagerungen aud^ burc^ bie Siuffen arg mitgenom-
mene ©tabtmalb l^atte baö §olj l^ergeben muffen. 3m Sager ftanben
10,000 3Wann 2lrtitterie unb Infanterie, biefe in 16 Bataillonen, unb
2771 ?(Jferbe in 20 ©d^toabronen. Sie e?eftung l^atte bie alte 33e-
fafeung. S)ie Snfanterie mar nur jum geringeren Sl^eile juüerläffig,
unb eö war ber 2ü(|tigMt ber gül^rer unb ber Sßirfung von g^riebri($ö
©eifte jujufd^reiben, bafe biefe Gruppen fi(§ bod^ fo tüd^tig gel^alten
Iiaben. Bon jenen commanbirte Sßerner auf bem litifen ^erfanteufer,
ber ^rinj im Zentrum, ©eneral v. JÜ^abben, ber Erbauer beä 9ietran-
(^emcntö, am BuHenminfel, v. ^epbe in ber geftung unb am ©tranbe.
3n g^riebri(^ö §eere mar eö Braud^, bafe ein ©eneral felbft einen
überlegenen geinb angriff unb fd^lug, unb ©eneral Slomanjoff, ber ruf::
fifd^e gelbl^err, l^atte jmar Äemtruppen, aber bo(^ nur 8—10,000 aWatui
unter feinem Gommanbo. ®ine Jlieberlage warf i^n in bie fi^roierigen
§ol^lmege be§ ©oHenbergö, ber in feinem diüäen lag, mäl^renb bie
^reu^en im 3^alle einer ©d^lappe fic^ auf ba§ 3ietrand^ement jurüds
jiel^en lonnten. ©in ©ieg ©ugens l^ätte ßolberg n)a]^rf(^einlid^ vox ber
Belagerung bemal^rt, unb ber ^rinj war beöl^alb lebl^aft für bcn 3ln=
griff, aber unfelbftftänbig in feinen ©ntfd^lieBungen, fragte er bei bem
Äönige an, imb biefer rietl^ mit 3tüdffi(^t auf bie Unjuoerläffigfeit ber
Sruppen bes ^Prinjen t)on jebem SBagnife ab. S5amit waren biefem bie
§änbe gebunben, benn bie Berantwortlid^feit rul^te jefet auf feiner
©d^ulter. Bon griebri(^ö fpäterer ajJeinungöoeränberung ^^t er wal^r-
fd&einlid^ feine ßunbe mel^r bekommen.
©ed^ö SBo(^en lag er fo ben SRuffen gegenüber, bis bie günftigfte
Seit t)erfirid^en war unb Slomanjoff fein §eer auf 24,000 3Jlann t)er^
fiärft l^atte.
S)er ruffifd^e Singriff begann von ber ©eefeite am. ß\n 24. 3luguft
Slbenbö um 6 Ufir lag bie gefammte fd^webifd^-niffifd^e glotte in einer
— 5.20 —
©tärfe t)on 50 ©egeln, banmter 19 grofee Äriegöfd^iffc, auf ber 6ot
berger SRI^ebe. SDie ßolberger l^atten gehofft, bie ©Iranbfd^aiijen würben
il^nen bieömal bie alten ^einißer, bie ^ral^me, in refpecboHer @ntfer,
nung Italien ; aber noä) an bemf etben 2lbenb würben [ie aus i^rer pU::
f(^ung geriifen. SDie ©inrool^ner faßen an bein fdjöneu 2luguftabenb
rul^ig vox V^xen §äufern, aU bie erfle Sonibe über bie ©tabt l^inl^eulle
unb ein §anö in ber Sanbeöbanbftrafee faft jufammenfcä^hig. Unb nun
folgte eine ©(ä^redenönai^t, wie fie faum wä^renb ber jweiten 33elage^
rung in ßolberg erlebt war. ®rfl mit 2lnbru(3& beä Sageö gelang ed
ben ©tranbbatterieen, einen ber nä(^tlid^en Duälgeifier burd^ einen n)ol^l=
gejielten ©^u§ fo jUjurid)ten, baß er „wie ein Setrunfener taumelte"
unb Don ben anberen ^ral^men fortgefd^leppt werben mufete. 2)aö Steuer
mürbe in einigen Sagen mieber aufgenommen ; boc^ mar e§, menn aud)
jeitmeife fd^limm genug, im ©anjen nid^t fo Derberblid^, mie in ber
jmeiten Belagerung. SSieberl^olte 83ef(^äbigungen ber ^ral^me bürc^
bie ©tranbbatterien, eintretenbe ©türme bemirften längere Unterbre(3^un:=
gen beö 35ombarbement§. 2lm 24* ©eptember mürbe bie geftung 5um
lefeten 3Hale in fd&redtid;er SBeife mit Äugeln überf($üttet, feitbem fiel
lein ©d^ufe mel^r. S)aö frül^ mit ©türm unb biegen eiutreteube ^erbft^
metter jwang bie fdjlimmen ®äfie, balb itjre ©lelluug auf ber 5Wljebe
aufjugeben. 3lm 9. ©eptember waren nur no(^ einjelne ©d)iffe in
l^ol^er ©ee fid)tbar, bie ben §afen beobachteten, unb bie gifd;er fonnten
wieber frifd^en SDorfd^ auf ben SWarft bringen. Sluf ben gortgang ber
Belagerung war baö SBombarbement ol^ne ieben ©influ^ geblieben.
3njwif(^en war anä) fd^on längft ber 2lngriff von ber Sanbfeite
aus eingeleitet, ©eit bem 4. ©eptember fiatte -Womaujoff fein §aupts
quartier in 3ernin auf gef dalagen unb am 5. fielen aus ber bei Sramm
(im fogenannten SBufein) enii^teten Batterie bie erften ©(^üffe gegen
bie ©d^anjen am BuHenwinfel. §ier war ber ©d^lüffel ber preu^ifdjen
©teHung; waren biefe ©(^anjen genommen, fo !onnte ber $rinj, in
ber glanfe gefaxt, \iä) ni(|t mel^r in bem SRetrand^emeut bel^aupten.
SDemnäd^ft war bie grüne ©d^anje ber wid^tigfte ^unct, ba fie bie §ötie
beö Sagerö überragte unb i^r Befife erft einen 3lngriff auf baffelbe in
ber gront möglid; machte.
®egen biefe unb gegen bie Ber^acEfd^auje, beren Befife ju einem
2lngriff auf bie ©ternfd^anje notl^wenbig war, würbe in ber 3?adjt t)om
17. auf ben 18. ©eptember gleid^jeitig eine Ueberrumpelung t)erfud)t.
©ie gelang be^i Brigabier SRewiabomöfi bei ber ©ternfd^anje, unb nur
— 521 —
bie eine §älfte her forglofeit SBefafeung mit tl^rem ßornmatibatiten, bem
Oberften bü aWouIin, entfam, bagegen pgerte ber Dbetfilieutenant
©(^ulj, ber bie grüne ©(^ange nehmen foDte, ju lange am guge bes
„grünen 33ergeö", unb ber anbrec^enbe SWorgen jmang i^n jurüdfjugeljen.
S3effer gelang ein jraeiter SSerfui^ in ber nädiflen 3laä)t Unter:
ftüfet burd^ ben SBerratl^ eines Sl^eilö ber SBefafeung brangen bie SJuffen
lei^t in bie ©c^anje ein unb nal^men bie treugebliebene S^älfte nai^
tapferer ©egenroel^r gefangen ; boä) m6)t lange blieb jene in i^rem SBefife.
2luö bem plöfeli^en illeingeroel^rfeuer l^atte man im preu^ifdCjen Sager
baö gefc^el^ene Unl^eil geal^nt, unb ßberft Äleifi erl^ielt ben Sefel^l, bie
©dränge um jeben ^reiö lieber ju geroinnen. Slber el^e er mit feinen
3 Bataillonen l^eranfam, ^latte fd^on ber Hauptmann v. Selon) burd^ eine
entfc^loffene S^at ben widjligen ^unct toieber in preufeifc^e §anb gebrad^t.
3Wit feiner Sompagnie eben jur Slblöfung be§ ^^oftenö in ber grünen
©djanje an^ bem Sager rüdfenb, prte er baö ©(3^ieJ3en üon bortl^er,
unb ein entnommener geuenoerfer braij^te il^m ©eroigi^eit über baö ®e-
fd^eljene, (Sr fd^lid^ \\ä), bie weisen Seinfteiber buri^ ein t)orgebunbeneö
blaueö ©d^nupftud; t)erbe(fenb, in bie 3?äl;e ber ©(^anje, unb alö er
bie Siuffen Ijier forgloö bei ber ©c^anjarbeit begriffen fai^i, l^olte er in
größter ©titte feine ©renabiere l^eran, warf fid^ mit lautem ®ef(^rei
auf bie überrafd)ten Slrbeiter unb brang jugleic^ mit il^nen in bie
©d^anje. 3Baö üou ber ruffifd^en Sefafeung nid^t über bie Sruftioeljr
fprang, mürbe mit Bajonetten niebergeftofeen. Belom'ö Bataillone be^
festen bann baä fo mut^ig miebergemonnene SBerf.
SWomanjoff erful^r ©roberung unb SBerluft ber ©c^anje faft ju
gleid^er 3eit ©ofort ertl^eilte er ben Befel^l, bie ©(^anje, eä fofle,
mas eö motte, mieberjunel^men. Smei Snfanterie^SRegimenter [türmten
bei STagesanbrud^ bie §ölje l^inauf, breimal erftiegen pe bie Bruftmelir,
breimal mürben fie mieber l^erabgeroorfen. 6ö mar einer ber blutigflen
Äämpfe beö ganjen Äriegeö, unb feiten ift mol^l ruffifdt)eö unb preujsi-
fc^eä SBefen in fo fd^arfem ®egenfafee ju Sage getreten. 35ort milber,
rafenber 2lngriff in fo blinber SButl^, ba§ fid^ bie Äämpfer mit il^ren
eigenen Bajonetten fpiefeten, l^ier befonnene, ftanbl^afte ©egenroel^r in
preufeifd^er 3ud^t, and) feinen SlugenblidE burd^ einen im SWüdfen auf=
fliegenben ^uberfaften geftört; in bic^t gefd^loffener SRei^e gaben bie
Bertlieibiger ©aloe auf ©abe auf ben fialben 3Rann, mä^renb bie Ra-
nonen unauf^örlidd Äartätfd^enlagen l^inabfanbten, fein ©d^ug fel^lte;
ma§ bod^ bis jur Bruftmel^r fam, mürbe mit Bajpuett ut^h SäI^^xs»
— 522 —
l^ctuntergcflogcti ; bcr ©renabicr SWeuter ftürjte allein an einer offenen
S(3^ie6f(3^atte 1 5 geinbe nad^einanber mit bem Sajonet l^inab. SRur beutfti^e
unb ruffif(^e ßommanboroörter ließen fid^ Ijören unb ba§ ©efd^rei unb
fRöä)dn ber ©terbenben, feiten ein SButl^fd^rei, ein glud^, feine Sitte
um ?ßttrbon: in flnmmer 2Bulfj morbeten [\^ bie SKänner, unb als
l^ätte \i^ bie Äriegöfurie ber beiben §eere bemäd^tigt, fo gaben aud^
bie preufeifd^en unb ruffifd^en SBatterieen unb bie ganje glotte am fämmt^
lid^en geuerfd^lünben Sage auf Sage ab unb fpielten eine entfefelid)e
©^lac^lmufif ju bem ftummen SKorben. ©§ war ein infernales Srütten
um bas enifefete Golberg l^erum, „ein SSorfpiel von bem Ärai^en bes
jüngften ©eric^ts"; bidjter ^ulDerbatnpf legte fid^ über ©tabt, Sager,
Sanb unb 3Weer.
Slomanjoff l^atte nad^ unb nad^ feine gefammte Snfanterie jum
©türme reriDaubt; gegen 8 U^r 3Korgenö mußte er feine ^Regimenter
üom üergeblic^en Kampfe jurüdfrufen, 2)ie blutrot^ aufgel^enbe September^
fonne fal^ auf ein gräßlid^eö ©d^lad^tf elb : auf Keinem Flaume von ber
©d^anje an bie §ö^e l^inab lagen 1000 tobte unb 1500 jum SS^eil
nod& im Sf obeöfampfe fidt) loinbenbe SRuffen ; 350 waren gefangen. 2lud^
bie Preußen l^atten 15 ©ffijiere unb 524 SWaiui an STobten unb aSer^
tüunbeten. 2)er burd; feine SWieberlage erbitterte 3iomanjoff wies ben
oon ben Preußen jur Seerbigung ber Sobten unb jur Slufnal^me ber
SSermunbeten angebotenen SBaffenftiUftanb ab, bod^ ftörte er fie nii^t,
aU biefe, menfd[)lid^er empflnbenb, bie oerwunbeten ©egner t)om ©d^lad^t«
felbe l;olten. Gin preußifd[)er Sajaretl^-Sergeant allein trug 98 oenoun^
bete 3iuffen jufanunen unb forgte für il^re SBebedfung imb SeHeibung,
benn ber ßolberger ^öbel l^atte fid^ gleich nad^ 33eenbigung beö Kampfes
auf baö ©d^lad^tfelb geftürjt unb ben Sobten unb SSerwunbeten neben
U^ren, klingen, SBörfen u. f. vo. aud^ bie illeibungöftüdte abgenommen.
SDie Sürger ber ©tabt bagegen fud^ten bem eienbe buri^ eine ©amm=
hing für bie aSerrounbeten beiber Aktionen nad^ 3Köglid^feit abjul^elfen.
3iaä) jwei cbenfo erfolglofen ©tünneii auf bie ©ternfd^auje unb
ben SuHenioinfel am 22. ©eptember gab SWomanjoff ba§f „abgelürjte
ä5erfal^ren" auf, ber weitere Äampf würbe ||ier meift mit 3lrtillerie unb
balb überl^aupt mit geringerem -Jiad^brudfe gefül^rt, als fid^ mel^r unb
mcl^r l^erauäftellte, baß bie ent|dt)eibung auf einem anberen ?Puncte er*
folgen werbe.
©0 bebeutenb bie im Sager aufgel;äuften SSorrätl^e aud^ waren,
fo reid)ten fie bod^ für bie große aWenge ber SSerjel^rer nid^t aus: fobalb
— 523 ~
es ben SRuffen gctanö, bcn SEBcg m^ ©tetlin ju t)erleöen unb bie aSer^^
proüidntirunfl t)on bort l^er ju üerl^inbern, rnufete balb ber gcfäl^rlid^fic
geinb in ber ??eftung erfiä^einen, ber junger, ben ber fd^arffel)enbe
V. §et)be von Slnfang an mt^x gefüri^tet l^atte, als bie Sluffen.
3luf bie SBid^tiflfeit ber SSerbinbung mit ©tettin roax man im
preufeifd^en Sager aufmerffamer geworben, als ber geinb am 6. Sep-
tember ben erften no(ä^ blutig abgeroiefenen SBerfud^ machte, fi(3^ auf bem
linfen ^erfanteufer fefijufefeen. SDer ^rinj gemattete jefel (11. ©ept)
bem Steitergeneral SBerner, bem bie l^albe ©efangenfiä^aft im Sager
immer unerträglid^er würbe, mit 2000 ^Weitem im freien gelbe im
SRüden ber 3?uffen ju operiren unb Transporte von ©tettin l^er ju beden.
3lber SBemer, ber eine f ofortige SSerfolgung burd^ bie SRuffen für unmöglid^
l^ielt unb besl^alb feine Sruppen nic^t jufammengel^alten liatte, würbe
am folgenben Sage von jenen bei Sreptom überfallen unb gefangen ge-
nommen; räd^ten anö) feine ßffijiere mit fc^neff gefammelten 7 ©c^roa*
bronen auf frifd^er Sl^at il^ren ©eneral burd^ bas Sufammenl^auen ber
fedfen ruffifd^en SReiterei, fo blieb bod^ ber \6)on in ©id^erl^eit gebradjte
SBerner ein ©efangener bes g^einbes, unb mit il;m I;atte bas Unter-
ne|imen feine ©eele t)erloren.
Dienen 3Kutlj erwectte im preujsifd^en Sager bie 3ln!unft bes ®e-
nerals v. ^laten, ber mit einem 6orps von 8000 9Kann bie 3Waga-
jine im Stüdten bes großen ruffi[d^en §eeres jerftört unb im S3egriff,
bas 9tomanjoff*f(^e Corps von l;inten anzugreifen, burdj) überlegene ruf-
fifdde Golonnen gebrangt, fid^ nad^ ßolberg burc^gefi^lagen l^atte. SDie
Sagerbefafeung wud^s baburd^ atterbings von 10,000 auf 17,000 3Rann,
fp bafe bie ©teHung burd^ bie S3efefeung t)on ©pie unb ^retmin t)er-
ftärft werben fonnte; aber um fijfd^neHer gingen bie aSorrätl^e im Sager
ju ®nbe.
aSergebens brängte §et)be, ber fein SBort jum ^fanbe gefefet l^atte,
er werbe bie g^efiung, wenn er genügenbe Sebensmittel l^abe, mit feinen
aSeteranen t)ertl^eibigen, unb ber besl^alb von Slnfang an mit ber bewe-
gungslofen §altung bes ^rinjen im Sager xmjufrieben gewefen war,
biefen ium Slbjuge, S^abben wies hen ^epbe's SUleinung [xä) juneigenben
?Prin}en immer wieber auf ben maggebenben diat^ bes Äönigs l^in.
®S war eine l^albe SDiaferegel, bafe ?piaten tnit 5500 aWann jur
S)edfung ber Siransporte aus bem Säger entfanbt würbe, ©in ftarfes
ruffifd^es GorpS brängte fid) bei ©reifenberg jwifd&en il^n unb bie ge-
ftung unb mad^te nid^t blofe bie SDurd^bringung eines neuen großen
— 524 —
SEranßportö jum jmciten 3Wate unmöglid^, fonbern f(]^mtt i^ni felbft ben
aiüdfmcg na($ ©olberg ab.
Snjroifd^en war baö Sager bei ßolberg a\\^ auf ber Hnfen ©eite
bcr ?ßcrfante angegriffen, unb bie SBert^eibiger beffelben, beren 3al^l
burc^ beu 2lbjug ^latenö utib ben aSerluft von 2000 aUann, bie unter
©eneral ßnoblaud^ bei Sreptou), von voo fie ©etreibeoorrätl^e Idolen
foHten, üor 9000 SJuffen naiä^ Ijelbenmfitl^iger ©egenroe^r bie SBaffen
geflredft Ijatten, auf 7000 9Wann l^erabgefunfen war, l^atten bie ©tet
ung bei ^retmin unb ©pie nidjt inel^r beljaupten !önnen unb fld^
auf ben ©umpfabfi^nitt jwifd^en bem Camper ©ee unb ©ettnon) befd^ränfen
muffen. Suimer enger rourbe ber eiserne SRing um bie geftung; bie
Stationen mürben fleiner, unb bie Hoffnung ber SRuffen mu$§, nid^t
bloB bie eJ^ftung ju erobern, fonbern aud^ baö ganje S)e(Iungöcorp5 ge*
fangen ju nel^men. ©d^on am 1. SRoüember mürbe bcr *$rinj jur
Uebergabe aufgeforbert; „T)om SBirbel biö jur 3el^e ein §elb", mieö er
ben ©egner auf bie Slntmort l^in, bie er bei bem ©türm auf bie grüne
©(^anje empfangen I;abe, unb bie Slntmort auf bie groeite 3lufforberung
am 9. Slooember mieö auf bie erfte jurüd Smmer no(^ fd&roanfte ber
^rinj, erft alö §ei)be fid^ weigerte, baö ßorpö beffelben nod^ länger auö
ben älagajinen ju er(;alten, bie für bie Sefafeung nur nod& auf 4 SBod^en
auöreii^ten, mar ber 2lugenblidE gefommen, ber jeber Unfd^lüffigfeit ein
Cnbe mad;en mugte.
SDer einjige 2Beg, ber no(^ offen ftanb, mar ber an ber Äüfte
l^in über S)eep, baö breite S^at ber alten Siega tmb ben fc^malen S)amm
burd^ fumpfige SBiefen nad^ 9lome unb t)on ba nai^ Sreptom. Slber, mürbe
ber geinb gemarnt ober mar er mac^fam, fo fonnte er ben SBeg oon 9iome
au§ leidjt cerfperren unb ben Untergang be§ ßorpö l;erbeifül^ren. 2)odj
mar feine aSal^l. 2lm 14. SWooember 3lbenb§ ©d[)lag fieben Ul^r begann
ber 3lbmarfd^, ftärfereö SRaufdien ber bemegten ©ee übertönte baö unoer^
meiblid^e ©eräufi^, mel($e§ einen grojsen ^eereöjug begleitet, um SDMtter-
im(^t überfd;ritt bie ©pifce bie auö von ßolberg bal^in gefanbten
33ootcn errid^tete ©d^iffbrüde, unb alö um 5 Ul^r Sölorgenö bie legten
^^Joften üom Äaujenberg unb von ©eHnom, bie ben geinb bie SRac^t
llinburd^ burd; baö geraöl^nlid^e „2Ber ba" getäufd^t l^atten, abjogen,
maren bie ruffifd^en SBad^en in 9loroe bereits geworfen, unb baö Gorpö
erreid^te mit aSerluft von 2 Kanonen, bie im ©(^lamm fteden geblieben
maren, in freubigfter ©timmung bie neue Sicga. (Sä mar ein glüd-
lid^eö 3ufammentreffen, ba§ ?ßlaten gerabe auf ©reifenberg marfd^irt
— 525 —
roax, «m betn ?Ptinjen in ßolbcrg jur §ülfc ju fotitmen; bie SRuffcn,
Tücld^c tüufetcn, waö ^latcn iiic^t mi^tc, bajg ber ^riiij bercilö baö
fd^roierigc S)efilec l^inter fid^ l^abe, räumten ©reifcnbcrg, rote fie fd^on
Sreptoro geräumt l^atten, unb ber Sßereinigung ber beiben 6orp§ fianb
ni(^ts me^r im SBege.
S)a§ ßorpö war gerettet, aber ßolberg ,,feiner eigenen SBertJ^eibi^
gung unb ber göttlid^en ©rbannung" überlaffen. S(^on am SRorgen
be§'15. mar ber 3lb}ug t)on ben SRuffen bmerft, unb ©olgorudi — SRo-
manjoff commanbirte im gelbe — Iie§ fogleic^ auf allen Seiten Satte^
ricen erriditen, auf. bem 333oIf§berge, ber SWeeper Sal^n, ber Sanbbeu^:
gung (3lbl^ang beö l^ol^en Sergeß), in ber aJlaiful^le unb l^inter ber
ajlünber Äird^e. 2lm 6. Sejember errei(ä^ten oon ^ier aM bie Sauf^
graben ba§ ®Iaci§, unb am 9. S^egember begann au§ ber bort erridi^
teten Satlerie baö nur von roieberl^olten Slufforberungen (am 13. jum
jeljnten aWale) unterbrocFiene 33ombarbement ber Stabt. 3Im 10. mar
man fid; fd;on fo nal^e gefommen, bafe man fid) mit §anbgranaten be-
warf. SDer ©türm mar jeben Sag ju erwarten. Sa plöfeHA, am
11. S)ejember, mä^renb bie SRuffen gerabe auf ba§ l^eftigfte bombar-
birten, erfi^oH t)on ber Seite l^er, t)on ber 1760 ©ntfafe ge!ommen
war, Äanonen^ unb Äteingewel^rfeuer; eö tönte ben ßolbergern wie ein
®ru§ ber Siettung: bie greunbe famen, mn bie ©tabt ju entfefeen. —
SKm 23. 3?ot)ember l^atte ber ?prinj x>on griebrid^ Sefel^t erl^alten,
„ßolberg aholtmeiit mit Sebenömitteln ju üerfel^en, ba id^ biefe ©tabt
nid^t miffen fann, bie mir ju important ift." 6r bejeidjnet ben SBerluft
ber tapfern unb treuen gefte „als fein größtes Unglüdf." ®as SBort
„unmöglid^" burfte ein ©eneral nid^t fennen, wenn ber große Äönig
befalil; mit 9000 aJiaiui rüdte er gegen Solberg t)or, um burd^ bie
20,000 SRuffen auf ben §ö^en mn ^retmin einem Sranöporte von
1000 3Bagen ben äßeg ju bal^nen. £)^ne ©c^ul^e unb SJfäntel in grim«
miger SBintcrfälte [türmten feine SBrauen am 1 1. ©ecembef bie SReboute auf
bem grünen §ügel*) ; aber gegen bie fefte ©tellung beö überlegenen §eere§
auf ben §ö^en war audö ba§ tapferfte Jungen rergeblidE). Sllö fi(^ am 12.
ber Äanonenbonner üon ber ©tabt entfernte, wußte jeber in ber geftung,
. bafe ßolberg verloren fei, unb eö beburfte nid^t mel^r beä SJrofebower
Säuern, ben ber ?|Jrinj in ber 3iad)t ju §cpbe fd^idte, um i^m mitju^
t^eifen, ba§ er auf feine §ülfe me^r ju red^nen l^abe.
0 9lic^t .mit ber örünen ©cftanie %\x rcrwec^feln.
— 526 ^
©d^on feit einiger Seit l^ertfc^te bie äu^erfic 9lotl^ in ber g^eflunö,
bie ?ßreife fteigerten fid^ auf eine imerf(^tt)ingli(ä^e §ö^e: ein ©(^weine^
fd^infen foftete 5 S^aler, ein §u]^n 1 S^ialer, ein ?ßfunb SButter 1—
li 2:^aler, 3WiId^ gab es faum nod^; benn bießül^e waren gefd^Iacä^tet
unb bie Siegen ntcift x)on einer ©enc^e fortgerafft worben, S5o(^ geigte
fi$ fein Äleinmutl^ in ber SBürgerfd^aft 3JHt gerool^nler Drbnung be^
forgte fie ben geuerlöfc^bienft; fo oft au(3^, mitunter inmitten be§ bid^-
teften ©d^neegeftöberd, bie geuerfugeln jünbeten, il^r entjd^loffenes ©n?
greifen erftidte jeben SBranb im ©ntftel^n. 3Jod^ an bem JTage, mo baö ©nt-
fafecorps jurücf geworfen würbe unb jebe2lu§fid^t auf ®ntfafe fd^wanb, l^atten
fie für bie l^ungernbe SBefafcung 3200 ?ßfunb S3rob jufammengebrai^t.
3lber l^ier fonnte fein £)pfer me^r Reifen: am 14. fel^Iten fd^on 1600 ^fiinb
S3rob o\\ ben ^Rationen, am 15. mar baß lefete ©tüd S3rob ausgegeben,
unb babei waren bie auf ^epbe^ö Sefel^l mit SBaffer übergoffenen,
iibereiften SBälle für bie bluffen baö einjige örtUd^e §inberni6 beim
©türme. SDie ®^re §epbe'S unb ber g^eftung litt nid^t, wenn bie feinb?
Iid;en Stufforberungen jefet wiberfirebenbe Slufnal^me fanben. 3n ber
SRad^t t)om 15. auf ben 16. Sejember gaben bie SBallgefd^üfee bie lefete
Sage auf ben ^Jeinb ab; am Slbenb bes 16. unter jeid^nete §et)be bie
Kapitulation. SRomanjoff eierte aud^ am ©egner bie Sapf erfeit: er ge?
währte ber ©arnifon bie SSergünftigung, nur bis Dftpreu^en abgefül^rt
ju werben; ben SBürgern würbe ©(^ufe gegen ^lünberung jugefid^ert.
2lts am 17. bie preujsifc^e Sefafeung friegsgefangen ab^^ unb Jiomanjoff
einbog, fonnte ^epbe es nit^t über fid^ gewinnen, bas tl^euer bewal^rte
Äleinob bem ©egner felbft ju überliefern, ingrimmig fafe er in biefer
Seit in feinem §aufe red^ts com ©c^wibbogen. S)od^ als SRomanjoff
t)or biefem l^ielt unb einen ßffijier jur 33egrügung %\\ il^m fi^idfte, er*
fddien er in ©d^lafrodf unb SRad^tmüfee unb fragte imfreunblid^, was ju
SDienften ftel^e.^ Unwidfürlid^ jog 9tomanjoff feinen §ut t)or ber t)er'
wetterten ©eftalt bes alten §elben; \iQi na^m aud^ ^epbe feine ©dE)laf=
müfee ab unb bebauerte, inbem er auf bas t)on S3omben jerfdjmetterte
%^^) feines §aufes l^inwies, baj3 er il^n nid)t als ©aft bei fi(^ auf^
nel^men fönne. §ei;be ging als Kriegsgefangener nac^ ilönigsberg, unb
3iomanjoff nal^m £iuartier in bem §aufe auf ber linfen ©eite bes
©d^wibbogens. ©in fd^weres Sunb alter ©d^lüffel würbe, bie ©d;lüffel
t)on ßolberg t)orftellenb, ber Äaiferin in ^Petersburg auf einem carmoifin-
rotl^en Äiffen überreid^t. SDie SSürgerfd^aft mu^te i^r fiulbigen, ^aftor
— 527 —
§oppe l^ielt bie ^ulbigungSprebigt ; er bet^etiert — unb man tarn es
t^m glauben — feine ^rebigt fei il^m fd^roerer gerootben, al§ biefe.
SRomanjoff, luie bie meiften ber l^öl^eten rujfifc^en £)f fixiere, bie,
jum Sl^eil beutfd^er §erfunft, ungern gegen ben t)on il^nen l^oc^üerel^rten
^reugenfönig geförnpft Iiatten, l^aben in ßolberg ben 9Juf ebler unb
menfd^Ui^ gefinnter geinbe l^interlaffen. S)er ©berbefel^fel^aber liefe an
bie rerl^ungerten ©inmol^ner unentgeltli($ 400 Sd^effel 3Rel^l, ©raupen
II. f. TO. Dertl^eifen, bie firengfte 3!f^anr\^nä)t l^alten unb felbft einem
ruffifdien Sieutenant, einem vornel^men ßnöö, auf einem 33unbe ©trol^
„^obogge" geben imb fortjagen, weit er ben SWagajinrenbanten gemife^
l^anbelt l^atte. ©ine fpietenbe Stufeul^r, roeli^e bie Söürgerfdjaft 3?o=
manjoff, unb ein filberneö Äaffeeferüice, loeldieö fie bem Äommanbanten
SBrigabier v. ©erbel als 3lu^brudE i^res S)anfes für i^r menfd^enfreunbs
lid^eö SBerl^alten barbrad^ten, mixbe von ben 3Wännern nur auf brim
genbeö Sitten als 3lnbenfen an Eolberg angenommen.
2)ie Safl ber ©inquartierung dou 2 JRegimentent Snfanterie imb
300 3JJann ÄaoaHerie fonntcn fie freilii^ ben ßinrool^nern nid^t ah^
ncl^men, in ben Käufern lagen bis ju 24 SJJann, unb bie ©ffijiere
mußten ftillfd^roeigenb julaffen, bafe bie ©olbaten an^ SUJangel an ^mc^
rung bie jerftörten unb unben)oI;nten §äufer ganj abriffen unb baö
§olj.jum Äod^en unb §eijen t)erbrau(^ten. §atten an^ bie §anbn)erfer,
unter anbern bie S3ött(ä^er, bie 1000 Sonnen liefern mußten, einigen
aSerbienft, fo raar ho^ aud^ bie Steuerung nid^t t)iel geringer als jur
3eit ber SBelagening. 3loä) im 2lpril 1762 fofiete ber©dt|effel (Srbfen
5 S^aler 8 ggr., 5 ^funb SButter 2 Sl^aler 12 g7\, 1 Si^effel 9toggen
3 Später 8 gr. bis 3 STI^aler 12 gr., am 4. Suli fogar 4 Slialer
6 gr., 1 ?Pfunb ©d^weineffeifd^ 5 gr., ©d^öpfenfleifdf) 4 gr. ®arten=
früd^te maren nid^t ju Ijaben, ba in ben ©arten faum ber SBud^sbaum
um bie Seete [teilen geblieben roar, baju famen ©pibemieen, tt)eld)e ^
ber SSerool^ner fortrafften. Äird^e nad) griei^ifd^em 9titus würbe juerft
in einem ^riüatl^aufe am 3Kar!t, bann in ber 2lrd^it)ftube bes 9iat^-
l;aufes gel;alten.
6s befferten fid& bie Suftänbe, als nad; bem JTobe ber ©lifabetl;
Äaifer ^eter mit ??riebrid; gerieben unb Sünbnife fc^lofe. 2)ie dingen
bejogen ein am ©tranbe für fie abgeftedtes Sager. Golberg foHte ber
äugsgangspunct einer ruffifd^en Unternel^mung gegen S)änemarf werben,
unb fd^on waren bie Seibpferbe Meters angefommen, als am 16. Swli
ein Courier bie SRa^rid^t brad^te, bafe ber neue Äai^er e\rfi^x<V5Xl ^v
— 528 —
Sftomanjoff, eirt %x^\^r\h Meters, mufetc einige Süge Später betn ©eneraX
Sieutenant p. ?Panin, einem ©todruffen ol^ne beutfd^e SBilbung, ?piafc
ntad^en. ^06) bie gefürd^tete ©rneuerunfl be§ Äriegeö erfolgte nid^t,
Äatl^arina liefe es beim ^rieben. 3nt 2lnfange beö 3luguftä begann bcr
2lbmarf(ä^ ber mffifc^en Gruppen, unb am 9. üerliejg ber ©eneral Sranb
mit bem 3Jefte bie ©tabt ©leid^ barauf rüdte ber Dberft v, Sangcnau
mit 120 9Kann ?Preufeen bur($ baö ©elbertl^or ein: er mufete bie ©tabt-
fiä^lüffel aus ber Offijierftube ber §auptn)a(5e Idolen laffen, ba bie
SRuffen, wie ber ©eneral 35ranb erklärte, feinen SBefel^l l^atten, jid^ ah
löfen ju laffen. 2)er 9. 2lngufl, als ber Sfag, wo dolberg roieber an
^reufeen fam, würbe von ba an jäl^rlid^ feierlid^ begangen.
35ie ©tabt erl&ielt am 27. Slugnft von griebrid^ eine fel^r gütige
älntroort anf bie über btn 2lbmarfd^ ber Sluffen ergangene 9Helbung,
unb alö ber 3Konard^ 1763 na(§ einer 3iet)üe bei ©targarb nad^ 6ofc
berg fam, wieberl^olte er münblid^ bem 3Kagiftrat unb ben Äaufleuten
in gnäbiger 2luölaffung bie Selobigung wegen il^rer bewiefenen Sreue.
Unb bie SBürgerfdjaft l^atte bie töniglid()e SlnerJfennung wol^l t)erbient
burd^ i^re patriotifd^e ©efinnung unb ftanb^afte 3luöbauer, mit ber Jie
alle fiaflen beö Krieges ertragen l^atte bis ^um gänjlid^en diixin il^res
2Bo^Iftanbe§.
S)ie ©d^äben ber jweiten Selagenmg waren nod^ nid^t wieber
auögebeffert, alö biebritte eintrat; bie ©tabt bot beö^alb einen ruinen«
l^aften 2lnblid bar: mandje §äufer waren ganj jufammengeftürjt, anbere
lagen jnr §älfte jerftört, feinö war iJoUftänbig bewol;nbar. Sn ber
aWarienfird^e war bas ©ewölbe ber §auptfird^e jum S^eit, baä beä
^^rälatend^orö ganj eingefd^offen nv.b l^atte beim ©infturj bem fieben^
armigen Seud^ter 3 2lrme abgefd^lagen, bie reformirte unb bie Jlicolai-
fird^e lagen no(^ oon ber jweiten Belagerung l^er in 2!rümntern, im
SRatl^^auö war ^a6) unb ©ewölbe f(^wer befd^äbigt, ber ©c^ul^of fo
Derwüftet, bafe fein ©emad^ barin bewol^nbar war, bie ©d^uljugenb l;alte
fid; 5erftreut. Sie 9Jlünbe unb bie ^fannfi^mieben waren ©(^uttl^aufen,
anä) bie anberen Sßorftäbte Ratten ftarf gelitten. 2lel;nlic^ fal^ eö in
ber nä(^ften Umgebung 6olberg§ au§: fämmtlic^e @igentl^nm§s unb
ßapitelöbörfer waren rerwüftet, jur g^euerung abgebrod)en ober abge^
brannt. 9Jur ©rofe-Seftin war burd^ einen fingen (Einfall beö ^aftorä
3tamler, eines aSruberö beö befannten SDid^terö, oor ^lünbernng bewahrt
worben: er l^atte bm beutegierigen Äofadenbanben, bie il^n befud^ten,
— 52^ —
feine SBefiallung mit bem bebeutun9§t)oIIen SOSorte „Uta^" entgegen ge^
galten, unb fie l^atten fid^ immer el^rerbietig jurüdgejogen,
3erftörte Käufer laffen fi(^* roieberl^erfietten, wenn ßapital vox^
l^anben ifi; aber ßolbergö SBol^lflanb war burd^ bie SBelagerungen töbtU(^
getroffen. 3n bem ©tabtfedet mar tiefe ®)U, fo bafe bie ^Beamten no(^
1763 fein ©el^alt befamen, ber ©tabtmalb mar arg perroüftet, 15 ©d^iffe,
mit ben SBaaren ßolberger Äaufleute belaben, waren bei ber britten
Setagerung, aU bie Siuffen bie 50Jünbe befefeten, t)on biefen als gute
Seute mit mä) Petersburg geführt, nur einö l^iatte bie fd^öne Sod^ter
beö ßanbratl^ö 3Keper, bem felbft ein S^eil ber Sabung gehörte, von
bem l^öflid^en SWomanjoff freigebelen. 3m ©anjen l^atte ßolberg im
Saufe ber Äriegöial^re 40 Sd^iffe, fo jiemlid& feine ganje §anbel§==
marine, eingebüjst. Um bie SBol^nungen mieber aufjubauen, 3nt)entar
unb §auÄgerätl^ anjufd^affen, mußten bie Sefifeer §äufer unb ©runb^
fiüdfe mit ©d^utben belaftem S)er fiönig, ber fd^on 1762 eine ©d^iffö^
labung mit Äorn für bie Slrmen gefanbt l^atte, fpornte unb l^alf mit
reid^Ud;en ©ummen jum SBieberaufbau ber §äufer unb ©töffe. ©(%on
1753 mar auf feinen 33efel^I am ©tabtmalbe baö neue S)orf 83oben-
l^agen*) für 20 auöldnbifd^e gamilien, von benen jebe SO aWorgen Sanb
befam, auf neu gerobelem ©oben angelegt morben. Um SWanufacturen
ins 2ü)m ju rufen, peranlafete er naö) 1770 ben SWagiftrat, 12 Kolo-
niften gegen ein ©runbgelb an bie ©tabt auf ben ftäbtif($en aSeibe*
grünben im ©ieberlanbe jum Setriebe ber SBoIIfpinnerei anjufiebeln.
S)od^ gebiel^ biefe in SReu « SBetber ober in bem „©pinnborf", mie es
lange Seit l^ieg, ebenfo menig, mie bei ben 24 Äoloniften in 9Zeus
borf, bie 1775 auf Wniglid^en SBefe^l angefefet mürben, 3n beiben
©örfern ^aben fid^ bie 2ßottfpiuner in ädferbepfeer mit fleinen ©runbs
ftüdten permanbett.
SRur nad^ unb nad^ mürben bie t)ermüfteten gelber mieber beftettt,
nod& Sa^re l^inburd^ lagen Käufer aud^ in belebten ©trafen in Srüm^
mern. SSor bem Kriege l^atte ßolberg über 5000 ©inmol^ner, im
3a^re 1762 nur nod^ 4000, 1784 4090, 1786 3940, 1791 4259,
unb im 3a^re 1806 mar ber ©tanb vox bem Kriege nod^ nic^t mieber
erreid^t. —
*) ffiadi einer 9lotia in Coiiecl. civ. Colb. ©. 322 l|l blc Slnlaöe beö %ox\^
fc^on 1749 oom SKaQiprat »für bequem gcfunben* unb bcö^alb ber ©tobtroalb
oermejfen n^orben.
Sie Selagerung goIBertiS im 3aljre 1807.
3u allen Seiten werben bie Saaten ber beutfi^en §eere in bem jüngft
vergangenen Srtege bie l^ödifle Sewunberung erregen : einen gleid^ f unfi^
t)olIen, t)on gleid^er ®infi(^t geleiteten §eereßorgani§mu§ l;at bie aSelt
no(^ nid^t gefe^en. ©in fold^er Drganiöninö erfüllt iebes feiner ©Heber
mit feinem Seben, er bänbigt in Sud^t unb ^flic^t Sleinmutl^ unb
gurc^t bei ben ©c^wac^en, unb maä ber ©injelne fcarin leifiet, baä ifi
jum großen Sl^eil bie Äraft beö ©anjen, bie in i^m lebenbig ift.
2lber ^oä) ftel^t au$ bie ftarfe aWännerlraft, bie, rotnn baö ©pnje
ju^ammenftürät, nod^ aus fid^ l^erauö ben 3Kutl^ jum SBiberftanbe finbet,
bie, wenn bie furi^tbare Ueberjeugung, bafe Sllleö verloren ift, auä) bie
Äraft fonft tü($tiger SJlanner läl^mt, no(^ ben ©tauben an ben Btadt
feftl^ält unb felbft auf feinen Krümmern ben Äampf für il^n forlfefet.
2lu^ t)or bem ©iegeörul^me beö legten Äriegeö wirb S)eutf(i)tanb
unb ^reufeen eö Golberg nidjt vergeffen, tafe eö in bem 3ufammen=
fturje beö ©taateö tro^ig baö ?Preugenbanner auf feine SBäHe gepflanjt
unb eö nid^t vor ben fieggewol^nten ©d^aaren bes ©robererö gefenft l^at,
unb auä) ber Slul^mesfJ^ein von SBörtl^, 3Jlefe unb ©6ban wirb bie
©lorie ni(^t verbunfein, bie über bem fleincn ©anbl;ügel fdjivebt, mit
bem feit jener Seit ber 3?ame ©neifenau'ö unauflöölidj verbunben ift.
9)Jit betäubenber ©eioalt mar ba§ SBerb erben über ben preujsifd^en
©taat l;ereingebro(^en: bie krümmer ber gef(^lagenen 2lrmee waren in
furi^tbarer §efeiagb vernidE)tet, bie geftungen von fopflofen SBefcl^tß=
l^abern meift wiberftanböloö übergeben; ftatt l^inter ber Ober tonnte fid;
ber unglüdlic^e Äönig erfl liinter ber SBeidjfel ju weiterem SBiberftanbe
ruften, ©old^e ©rfolge Ratten im franjöfifd&en Uebermutl^ auf baö
l^öiä^fte gefteigert §atte baß ftarfe ©{cttin feine Zljoxe einigen 3?eiter«
— 531 —
Siegtmentem geöffnet, fo ntugtc für ßolberg bie einfalle Stuffotbetung
jur Uebergabe genügen, bie ber ßolonel 3Weftram am 8. SRop. 1806,
oljne Sruppen leintet pd^ ju l^aben, übetbrad^te. Slber inod^te ber gatt
ber Oberfefiungen von einem f(^einbar jroedlofen SBiberftanbc abmal^nen,
tjernel^mlid^er rebete l^ier bie mit Siuffenblut getränfte ©bene unb ber
I;ol^e S3erg mit ber grünen ©(ä^anje; ongefid^tö folcä^er ©l^renbenfmäler
preufeifd^en 3iul^meö mujgte jeber ßommanbant eine abroeifenbe 2lntn)ort
ertl^eilen. 3nbe§ biefe mürbe t)om geinbe nid^t ernftUci^ genommen,
ad^t Sage fpäter erfolgte im SRamen beö franjöfifi^en Äaiferfi eine Slufs
forberung t)on bem aWitgliebe ber pommerfd^en Äriegßs unb Somänem
fammer, bem Äriegöcommiffarius STiölbec^en, an ben ©olberger aWagi^^
[trat, für ein franjöfifd^eö Sajaretl^ in Stettin eine Slnjal^l von 9Wäm
teln, SBetten u. f. m. einjufenben, aU märe ßolberg bereits eine von
ben granjofen befefete ©tabt. SJer ßommanbant erliefe l^ierauf folgenbe
oon bem bamaligen Slubiteur §änifd^ abgefaßte Slntmort:
„SEBeil Stettin mit feinblid^en Gruppen befefet ift, fo l^aben mir
es für nötl^ig befunben, baö von borli^er per Estafette an ben aWagifirat
gefd^idfte ©d^reiben brevi manu von ber ^ßoft abjuforbern» 3u unferm
größten ©rftaunen fanben mir, bafe ein gemiffer Jlölbed^en afe Gommif-
fariuö ber pommerfd^en Kammer bie i^iefige ©tabt unb ©igentl^um auf^
forbert, mel^rere Sajaretl^utenfilien in natura nad^ ©tettin ju liefern,
meil bort für bie granjofen, ben geinb beö SBaterlanbeö, ein ßajaretl^
errid^tet merben foH. — 3ft ber p. p. SRölbed^en ju biefem ©d^reiben
gejmungen morben, fo folgt barauö, menn mau nid^t annel^men mill,
baj5 eö il^m mörtlid^ bictirt mürbe, nur fo Diel, bafe er eö fi^led^t oer-
fte^t, feine ©ebanfen ju Rapier ju bringen, inbem fid^ nid^t bie ge^
rinnfte ©pur von einem erlittenen ober befür(^teteit Swange barauö
abnel^men lägt. §at man il^n aber nid^t gejmungen, fo mufe er ent^^
meber in ber 3Jieinung fielen, bafe ßolberg bem fd^änblid^en SSeifpiele
©tettinö gefolgt (mit Se^iel^ung auf eine Semerfung in ber Drbre beö
Äönigö vom 7. JJooember ,,id^ bin oerfid^ert, bafe ßolberg nid^t bem
fd^änblid^en Seifpiele oon ©tettin unb Äüftrin folgen roirb") unb bem
geinbe übergeben fei; ober, menn "oo^^ nid^t ber gaU ifi, fo bleibt unö
meiter nid^tö übrig, afe i^n nad^ § 106 ///. 20 p. 2 beö ßanbred^tö,
meil er Untemel^mungen, bie jur SSegünftigung ber geinbe abjioedfen,
förbert, für einen ßanbeäoerrätl^er ju l^alten, ber nad^ § 107 bie ©träfe
beö ©trangeö oerbient l^at."
Gö mar eine ßolberger Slntrcorl auf bie entmürbigenbe 3umut^utt(i
— 532 —
unb fie eutfpra^ bem ©tnne ber ©olberger 33üraetf(3^aft. Swar ^atte
au(^ Ijier bie ©orge um bie eigene ©rfiallung man(3^e§ Ileinmütl^ige
§erj erötiffen, unb namentlid^ au§ ben begüterten Älaffen l^atten fid^
inandEie bur(^ S^"^* ^^^^ Sornl^olm ober ^reugen ber beDorftel^enben
SSelagerung entjogen; aber in ber SDIelirjal)! ber Sürgerfd^aft lebte ein
(Seift l^oljer Sreue unb Eingebung für Äönig unb SBaterlanb; bo§ eö
l^ier ni($t fotnme, wie in ©tettin, baß ber burd^ preugifd^e diutyne^^
tl^aten geroeil^te 33oben nid^t hnxä) fd^nöbe Uebergabe gefd;änbet werbe,
. baö war bie einmütl^ige ©efinnung be§ Äernö ber Sürgerfd^aft. Unb
haiu Ijatte fie ba§ Siecht unb bie ^füii^t. ajJod^te in 93erlin nad^ ber
3la^xii)t von ber SRieberlage üon Sena 9?ul^e al§ erfle Sürgerpflid^t
prociamirt werben, in ßolberg beftanb bie alte SSerpflid^tung berSürgcr^
fd^aft, bie geftung mit ®nt unb SBIut ju rert^eibigen, in roHer Äraft;
anä) nadE) bem fiebenjäljrigen Kriege foDten il^re fünf ßompagnieen,
wenn bie ©arnifon jur dtevü anörüdfte, unter i^rem Söürgennajor bie
Sl^ore unb Soften befefeen. Unb wenn auc^ in ber langen griebenö^eil bei
tl^r ba§ Sewußtfein il^rer 3Iufgabe matter geworben war unb fie bie
SBäHe, wie §elb ^) fagt, „hnxä) eine §orbe von SJJietl^lingen unb Ärfips
peln befefeen liefe" — jefet erwa($te bie§ Sgewufetfein wieber mit tJoHer
Kraft, unb baüon legte fie in berfelben Seit, alö jene Sluprberung
fam, ein f(^öne§ Seugnife ab.
SRadi) b.er Uebergabe ©tettinö war ßolbergs Haltung dou entfd^ei^
benber Sebeutung geworben: uon l^ier aus liefe \\ä) bie ä?erbinbung ber
nad) £)ften üorrüdfenben franjöfifd^en 2lrmee mit ©tettin ftören, möglid^er
SBeife burd) ein f)ier gelanbeteö ßorpö im SRüdfen beö geinbes ein Stnfftanb
erregen, ber i^m t)erberbtic^ werben fonnte. SDer König fanbte beö^alb
von ber 9?eife nad^ ©raubenj auö bcn g^lügelabjutanten ©rafen v. ®öfe
naä) ßolberg, um bie ©timmung ber S3ürgerf(^aft ju erforfd;en. 3luf
SBeranlaffung be§ 3)tagiftratö von hzn bamaligen 93ürgerrepräfentanten :
Simmermann, §enlf($, SDrefow, §öpner, 3;eltelbedf, SDardfow, Siemefe,
6. 31. ©ibfon, ©c^lieff, ©dfeulfe, jur 58erfammlung berufen, er!lärten
bie Bürger burdE) biefe einl;ellig: „fie würben mit aller Kraft beftrebt
fein, i[;ren rüf)mli($en 3Sorfal;ren, bie bei bin brei 33ombarbementö im
fiebenjä^rigen Kriege fic^ fo t^ätig erwiefen, nad^jual^men, unb nid^t ju-
geben, bafe bie ©tabt unb geftung anf eine entel^renbe 3lrt bem geinbc
übergeben werbe; fie feien feft entfd^loffen, ®ut unb S3lut aufzuopfern
unb fid^ lieber unter hzn Krümmern i^rer §äufer begraben ju laffen, alö
bafe fie bem S^einbe bes aSaterlanbes In bie §clnbe fallen wollten/'
— 533 —
Sd^on t)om 15^ SRoüCtttbct antwortete ber StönxQ: „TOenngletd^ aKajeftät
von ber Sreue i^rer guten 33ür9erfd)aft ju ßolberg immer überjeugt
geroefen fei imb mit 3uüerfi($t erwartet l^abe, bag fie aiiä) jefet barin
nid^t Toanfen, fonbern ft(^ Beftreben werbe, eö barin ben Sßorfa^ren gleid^
ju t^un, bie fid^ burd^ i^re 2In]^änglid)feit an Äönig unb SBaterlanb im
fiebenjä^rigen Äriege fo rul^müoH auögejeid^net l^ätten, fo l^abe boc^
3lllerp^ft biefetbe bie Seftätigung baoon mit bem lebl^afteften SSer^
gnügen gelefen.' Se. SKajefiät erfenne mit vielem SDanfe bie guten ©e^
finnungen, weld^e bie ©tabtäfteften im 5Ramen ber Särgerfd)aft ju Sage
gelegt I;ätten, unb ücrfid^ere, bag ©ie e§ il^r gewiß nie t)ergeffen
werbe, wie bereit fie gewefen fei, ®nt unb 33lut baran ju
fefeen, um ©tabt unb 3^eftung ju erl;alten" ^X
Xk Sage ber ©tabt war nid^t glönjenb. 3m Saläre 1807 wol^nten
in 815 Käufern in ber ©tabt unb in ben Sßorftäbten 4445 9JJenfd^en, ber
3Siel^ftanb betrug um ben beginn ber Belagerung 276 ^ferbe, 10 g^ol^len,
1 Dd^fen, 612 Rü^e, 131 Mber, 374 §ämmel, 49 ©dEiafe — nod^
1794 fel^Ite bie ©d^afju^t ganj — 19 Sämmer unb 279 ©d^weine,
Siegen gab eö nid^t. S)er SSBol^lftanb war ni(^t bebeutenb, nur wenige
5lauf[eute fonnten reid^ genannt werben. S)er §afen blieb t)ernad[)Iäffigt,
bie ©anbbant vox ber ßinfal^rt lag nur 5—6 g^uß tief unb war ber
©(^ifffal^rt l^inberlid^. ©eit bem Saläre 1791 war ber §anbel nod^
mel^r in 3lbnal;me gefommen: um 1806 liefen nur nod^ 20—30 ©d^iffc
iä^rlid^ am. 3m 3a^re 1808 befaß bie ©tabt 22 ©eefdE)iffe unb 17
Äüftenfal^rjeuge. — S)odE) l^atten bie ßolberger Bürger f(^on am 20. 3lo^
t)ember 1806 790 S^aler an freiwilligen patriotifc^en Beiträgen aufge^
brad^t unb babei Beiträge ©injelner im Betrage von 6 bis 8 ggr.
abgewiefen, weit fie bem Bermögen ber ©eber nid&t entfpred^enb wären.
3n feinem aber äußerte \xä) bie pattiotifdfie ©efinnung energifc^er, als
in bem alten SRettelbedf.
3oad)im SRettelbedf, ©ol^n beö Brauerö unb Branntweinbrennern
3o]^. 5Dat)ib SRettelbedf, 1738 ben 20. ©eptember ju ßolberg geboren,
l^atte \\ä) naä) einem bewegten an Slbenteuern rei(^en ©eemannöleben
gegen ©nbe ber ad^tjiger 3al)re in feinem räterlid^en §aufe am 3Rarfte
jur Stulpe gefefet, um fid^ l^ier oon bem ©efd^äfte feines Baterö ju
näl^ren. ©ein raftlofer ©eift fanb l^ier balb ein anbereö ^elb ber
Sptigleit. 2)ie unter ber 3?egierung beö großen ^urfürften gefd^affene
beffere gorm ber Bürgeroertretung l;atte baö ftäbtifd;e SBefen bo(^ nid)t
auf bi^ SDauer gegen Berfumpfunj fd^fl^en f^nnen, baö Kollegium ber
— 534 —
fjunfjel^nmänner fettfi war ju einer JJUque geworben, bte ba« fiäbtlfd^e
aSemtögen in fo felbfifüiä^tiger SBeife aMitiikU, wie nur je in frül^eren
Seiten ber SRatl^ ber ©tabt. Siettelbed war feine Hebenöroürbige, anberen
bequeme SRatur, er war reijbar unb ju Seiten flarrföpftg, bei" bem
TOagiflrate galt er balb für einen unrul^igen Äopf, bem eö unter bem
SKequator unter ber SKüfee ju l^eife geiporben fei ; aber es war ioä) nur
fein tiefes ©efül^l für SRed^t unb fein ben 3?agel auf ben Äopf treffenber
gefunber SKenf d^enoerfianb , bie fic^ in berber, fd^onungslofer Äritif
äußerten, wo il^m Unt)erpanb unb S(3^led&tigfeit in ben SBeg trat; fein
aSerl^altnife ju ©neifeuau jeigt, weld^er Eingebung er fällig war, wenn
ein SWann oon Äopf unb §erj feine §ülfe Derlangte. S)ie SWifeoerwaltung '
feiner Sßaterftabt erfüllte il^n mit ©nlrüfiung unb brad^te il^n jum &iU
f d^luff e, l^ier auf juräumen. ©o betrat er ben SBeg Siauf d&enborf ö ; in ®e^
meinfd^aft mit jwei entfi^loffenenaWännern, bcm3immermeifter©tcffen unb
bem ©aftwirtl^e @mmeri(ä^, bie von ber 33ürgerf(3&aft mit il^m ju ll^ren
SBortl^altern erwäl^lt waren, begann er offenen Äampf gegen bie g^unf^
jel^ner unb becfte bie 3Ri6bräu(^e unb 3Seruntreuungen t)or ©erid^t auf.
Sßad^ langem ^rojeffiren erreidEite er fein §auptjiel: bas alte ßottegium
würbe aufgelöfl, unb ein neues von Sel^nmännern „mit gleid^en 93efug-
niffen, aber geringerer 3Ka(^t, Unred^t ju ll)un" errid^tet ©r felbfl
würbe einer ber neuen SBürgerrepräfentanten unb l^at biefen ^^^often bis
jum Saläre 1809 oerfel^en, wo bie neue ©tabtoerfaffung in bas 2eben
trat. Silu(^ fonft l&at er fid^ mani^es Sßerbienft um feine SJaterftabt er-
worben: er fc^üfete bie ©tabt vor f(5werem Unglüdf, als er 1777 mit
eigener SebenSgefal^r ben 93ranb löfdEite, ben ein Slife in bem rerfi^lun^
genen, f(^wer jugänglid^en, il^m aber aus jungen Sauren wol^Ibe?annten
§oljwerfe ber ©pifee bes SWarientl^urms entjünbet l^atte, unb als ©eg^
lerl^aus^aSerwanbter unb 2leltefter fefete er, um ber Unwiffenl^eit ber
©teuerleute ein ®nbe ju mad^en, im ©eglerl;aufe ben Sefd^lujs burd^,
baJ3 in Golberg fein ©d^iffer unb ©teuermann me^r angenommen werben
folie, ber fid^ nid^t burd^ ein ©jamen als tüd^tig ausgewiefen l^ätte.
es fonnte bei feinem felbftlofen, auf bas ©anje gerid^teten ©inu nid^t
ausbleiben, baß feine ©orge {iä) an^ über bie SJlauem feiner SSaterftabt
fort auf bas SBol^lergel^u bes ganjen aSaterlanbeS richtete. Saläre lang
l^at er gearbeitet, bie ^Regierung für bie 3lnlegung einer preufeifd^eu
Kolonie am Äormantin ju gewinnen, unb fd^on als Süngling l^atte er
1758 neben feinem Sßater bei v. §epbe Slbjutantenbienfte rerrid^tet.
^ies patriotifd^e altpreußifd^e §erj mußte in ©d^merj unb 3orn ent=
— 535 —
Brennen t)or bet ^ö)an\>e, bie 1806 auf ben preufeifd^en Sftamen ge^^
lommen war.
Snbefe bie bamalige Sage ber gefiung entfprad^ mä)t ber ftol^en
Slntoort unb ber Haltung ber SBürgerfd^aft.
3n)ar l^atte 3^rtebrt($ ber ®ro§e na(3^ bem fiebenjäl^rigen Äricge
bebeutenbe ©ummen auf bie aSerftärfung ber ^JePung uerroenbet: ein
neuer ©raben mit SRaoelins unb Sünetten war um ben alteren gelegt,
bas fe^r t)erftar!te aWünber gort mit einem biden, runben Sturme ol^ne
©pifee, auf bef[en ^Plattform bie ben §afen be^errfd^enben ®ef(3^äfie
lagen, bie neuerbauten Sffierfe: bie §epbef(^anje*), ju ber g^riebrii^ bei
feiner 2lntt)efenl&eit in ©olberg (2luguft 1763) felbfl ben (Sntrourf ge^
ma^i l^atte, auf ber SEBeftfeite unb bie aWoraftfiä^anje auf bem ©aljberge
an bem ©influffe be§ §oljgrabenö in bie ^erfante fid^erten bie jefet
mel^r bead^tete SBerbinbung mit ber ©ee; bo(^ maren bie SBerfe in bem
langen grieben nid^t t)or SSerfall gef(^üfet, burd^ bie ©inflüffe ber SBittes
rung, burd) l^eftige ©türme, namentlid^ in ben Saljren 1801 imb 1802,
mar bie Stafenbelleibung ber l^o^en unb fleilen SBätte jum Sl^eil ah
gelöft unb jerftört, bie ©räben maren trofe ber altl^ergebrad^ten SSerpflid^-
tung ber SKünber, pe im SBinter aufjueifen unb t)on Sol^anniö biä
aWid^aeliö täglid^ Iß aWann jur ^Reinigung ju [teilen, t)erfumpft unb
mit dioi)x unb ©d^lingpflanjcn burd^mad^fen, eä fel^lte an ^aHifaben
unb §olj baju. S)er befte ©(^ufe blieb immer bie umliegenbe Sßiebe^
rung, bie mittelft ©d^leufen unb 3)ämme burd^ ba§ SBaffer ber ^er^
fante unb Ileinerer SBafferläufe jum Si^eil in einer §ö]^e von 4 gu§
bi§ auf 3000 ©(^ritt von ber ©tabt überfd^memmt werben fonnte unb
bem geinbe nur auf bem ©eHnomer unb ßööliner S)amm, vom ©tabt«
felbe aM über baö Sinnenfelb unb auf ber JDfl^ unb Sßeftfeite ber ^er^^
fante am ©tranbe eine 3lnnäl^erung bur($ Saufgräben gefiattete,
3lel^nlid^ waren bie SSert^eibigungömittel befd^affen. §elb fprid^t ^)
t)on nal^eju 200 Kanonen imb 3Körfern, bie 1802 „im fürd^terlii^en
fireife il^re f^marjen SRad^en auöfiredften, nm bie Kül^nl^eit ju betrafen,
bie \xä) unterftänbe, in ben Sereid^ ber tobtbringenben Satten ju fommen",
inbeB bie 3Kel^rjal^l befianb aM auörangirten SRöl^ren, braud^bar waren
nur 72 ©tüdfe, barunter nur 8 bronjene unb nur brei, bie ju Särm==
fd^üffen gebrandet würben, lagen auf Safetten, bie übrigen rofteten im
l^ol^en ©rafe ber SBätte, 86 alte Seute unter bem fonft waderen," aber
*) @elt 1817 fo genannt
— 536 ~
f(]^n)äd;U(ä^cn Slrtiaerientaior v. 3Wattfe bilbeten bie Sebtenung- SDaju
fehlte eö an Simmerleutcn unb ^anbrocrfSieug, Torfen, ©(^^aufeln unb
©(^icbfarrcn, ^ulüer unb Stof)lm, unb nur ein Sci&micb in ber ©tabt
fonntc Safctten bcf(ä^laflen. S)te übrige ©arnifon beftanb aus ben
britten Bataillonen ber SRegintenter v. Droftin unb t). SSordf unter ben
3Waioren v. §aaen unb v. SBri^fe, im ©anjen 1 500 aWann, unter i^neu
»iel unjuüerläffige ^olen, unb ber 2lnbli(J ber rauften aWaffe mutl^^
lofer glüd^tlinge, bie feit ©nbe ßctoberß bie Strafen ber ©tabt fußten
unb \iä) Sranntroein trinfenb, raud)enb unb ffud^enb in ben §äufem
unb in ber 3Karienfir$e lagerten, bi§ fie weiter m^ Dften gefd^afft
würben, war nidjt geeignet, ben SKut^ ber an \\^ ni($t fel^r Wegeri^
f(^en Sefafeung — benn bie britten Bataillone waren bie am roenigpen
juüerläffigen — ju erpl^en.
S)aju fel^lte e§ an ber aujsergewöl^nlidjen Äraft eines ^epbe an
ber ©pifee ber eJeftung. 2)er fünf unb fei^öjigiäl^rige Sucabou, 1803
rom aSicecommanbanten jum ©ommanbanten t)orgerüdt, aus bem bai^
rif($en ©rbfolgefriege, wo er mit @rfofg ein Blodl^aus oertl^eibigt l^atte,
als braper ©fftjier befannt, ptte gewife in einem wol^lgefügten ©anjen
feine ©(ä^ulbigfeit getl^an, für bie ungewöl^nlid^en Berpltniffe reid^te,
wie bie golge leiert, feine Kraft nid^t aus. ©in Unglüd war es aud^,
bafe er nid^t bas redete Berl^ältnig jur Bürgerfd^aft fanb, in weld^er
fid^ i^m bod^ eine fo gute §ülfe für bie SSertl^eibigung ber 3^eflung
barbot.
SDie Sürgerfd^aft l^atte fid^ il^rer SBerpflid^tung unb il^rem ®e=
löbnijs gemäj3 in ein t)oIIftänbig ausgerüftetes Bataillon formirt unb
burd^ il^ren ©pred)er SWettelbedE bem ©ommanbanten erflärt, fie wäre
mit ©Ott enlfdfiloffen, mit bem 3WiHtär gleid^e Saft unb ©efal^r ju be^
ftel^en, er möge fie muftern unb il^r i^ren Soften anweifen. 5Der fonft
gutmüt{)ige, aber von SBiberwiHen gegen SWettelbedEs jubringlic^es SlBefen
imb von folbatif(^er 3lbneigung gegen bie friegerif^e 3JJitwirfung ber
Bürgerfd^aft, bie er für eins mit ber militärifd^en S^ätigteit ber „3Kietl^-
linge unb Krüppel" l^alten mo($te, erfüllte Sucabou beobad^tete bem patrio^
tifd^en 3lnerbieten gegenüber eine gleid^gültige unb fpöttifd^e §altung:
er rietl^ ben Bürgern, in ©ottes Flamen nad^ §aufe ju gelten, unb er^
Härte i^nen enblid^, als fie aufs neue ilire §ülfe jur Snftanbfefeung
ber 3^eflung, ber SluffteHung ber ©efd^ü^e unb ^^aHifaben anboten, runb
l^eraus, bafe er bie §ülfe ber Bürgerfd^aft ni(^t brau(^e. ©agegen
wurb^ am 30, 3Jiärj befannt ^emad^t: ,,es mifd^ten fid^ t)erfd[|iebene
— 537 —
EiDilifieu bei ättofen unter boö SWilttar, eö foHten i^neti bie ©ewel^re ah
genommen nnb fie mä)hxMliS) beftroft werben"; au^ miirbe ba§ „bei
ben friegerifii^en Umftänben boppelt fd^äblid^ie Uebel beö STobadfrand^enö"
bei ben l^ärteflen ©trafen unterfagt.
@ö mar befonberö ©(^ittö SBerbienfl, boß ber eJefiung mä) eine
g^rifl t)erfd&afft mürbe, meldte fie unter biefen Umftänben für bie SBer::
fiärfung il^rer SSertl^eibigungßmittel bringenb beburfte.
S5er Unterlieutenant g^erbinanb v. S(^iII, bei Stuerftäbt t)ermunbet
unb nad^ ßolberg entfommen, l^alte, alö er von bem l^eftigen SBunb*
fieber bnxä) forgfame Pflege in bem §aufe beö Senators SBefipl^al ba^^
felbft jiemlid^ mieberl^ergefieHt mar, fdjon nac^ 7 STagen bem ßomman^
bauten feine SDienfic angeboten. 3mar ift biefem barau§ fein SBormurf
ju machen, baß er bei ber ©(^mä($e ber Sefafeimg ben ungefttimen
Sitten beö blaffen, il^m unbefannten jungen 3Ranneö, ber il^m als l^albcr
Slbenteurer erfci^einen mochte, um STruppen für feine ©treifjüge anfänglid;
nid^t immer na(3^gab unb Sebenfen trug,' il^m größere S)eta(^ementö
anjuoertrauen, bod^ moHte er anä) fpäter, als berfelbe fi(^ bereits be^^
mäl^rt l^atte, bie tüii&tige Äraft nid^t anerfennen unb mußte t)om Äönige
(11. Sanuar 1807) angemiefen werben, „bem Sieutenant ©(3^itt freie
§anb au laffen, bamit er für bie ^rooinj tl^ue, mas nötl^ig fei, imb
il^m l^ülfreid^e §anb ju leiften jur SBerfiärfung feines ©ommanbos" ^).
es gehört nid^t in ben Äreis biefer SarfteHung, feine Saaten in ber
?Prot)inj ju fd^ilbem, bie er, gum 9?ittmeifter ernannt, an ber Spifee
eines ßorps leidster Gruppen, beren 2lusrüftung unb Slnfül^rung il^m
auf Setrieb ber pommerfd^en ©täube gegen 6nbe Sanuars übertragen
mar, ausgefül^rt l^at, fo mid^tig fie anä) für bie geftuiig gemefen finb.
©elang es i^m aud^ nid^t, in bem jefct von größeren feinblid^en Srup^
penmaffen entblößten Sommern einen 2lufftanb ju erregen, ober bem
geinbe bie fd^madlj befefeten Oberfeftungen mieber abjunel^men, fo l^ob
er bod^ burd^ feine fedfen Ueberfälle feiiiblid^er 25etad;ements unb burd&
§erbeifü]^ning oon 3?anjionirlen unb 9iefrutcn ien tief gefunfenen aWutl^
unb Idielt ben geinb, ber es mit einem ©orps von 7000 3Rann ju tl^un
gu ^aben glaubte, längere Seit von ber eJ^ftung fem. ©rft als bas
unter Seulie ju ©targarb formirte Selagerungscorps, bas er üergeblid^
burd^ lül^nen Ueberfatt ju fprengen »erfud^t l^atte, mit Uebermad^t gegen
ßolberg norrüdte, jog pd^ fein 6orpS nad^ l^elbenmütl^igem, uerluft-
ooKem Äampfe bei SWaugarb unb nad^ oergeblid^em Serfu(^e, bie leidfit
— 538 —
ju umgel^enbe ©teffung bei SReubtüdf ju bel^oupten, auf bie J^fiung
jurüdf, tüo es in ©effnow, 33ort unb ©olbcrger S)eep Stuf jieHung nal^m*
Unter ber aWitroirfung be§ neuen energifi^en aSicecommanbanten
Hauptmanns v, SBalbenfete, an ben [x^ bie fräftiöeren etemente an«
fd^toffen, war in biefergrift bie SGBiberftanbsf raft ber geftung bebeutenb
t>erftärft : bie SSerpaHifabirung wax mä) 3Ka6gabe beö SWateriate weiter ge^
f ü^rt, baö burd^ ] 2, jur §ätfte bronjene 3n)ölfpfiinber t)enne§rte ©efd&üfe
auf bie SBäHe gebrad^t unb bei bein SMangel an Safetten auf 33Io(!fd^Ktten
aufgefteHt, unb ba aud^ bie 72 auörangirten Slö^re ate ©tatiften bienten,
fo geroäl^rten 176 geuerf^tünbe raenigftenä ben ©(^ein einer anfc^n?
Hd^en ^eflungöartiHerie. 2)aö fflr golberg beftintmte, auö Serlin fd^on
abgegangene J^ftungögefd^üfe war bei ber Sangfamfeit beä Sranöporteö
bem geinbe in bie §änbe gefallen unb würbe fpäter gegen ßolberg bc*
nufet. aiud^ bie ©arnifon war t)erftärft. S)urd^ eingetretene Sürger^
föl^ne xuib SRanjionirte war bie Sebienungömannfi^aft ber ®ef($üfec auf
400 gewad^fen, fo bajs fogar eine l^albe reitenbe Batterie unter Sieute*
nant t>. ©d^üler errid^tet werben fonnte, unb ju ben jwei ©arnifon«
bataiHonen waren baö neuerrid^tete güfilierbataiHon SffiöHer unb ©renos
bierbataiHon SBalbenfels l^inju gefommen. 9Kit ©infd^Iu^ von jwei
Sägercompagnieen unb bem Äüraffier-Sepot v. SSaiHobj (120 ?Pferbe)
betrug bie S3efafeung jefet, bas aus 1 33ataiIlon unb 4 ©d^wabronen
beftel^enbe ©d^itt'fd^e 6orp§ ungered^net, gegen 4000 3Slann, unb bie
frül^er aufgegebenen 2lufeenwerfe fonnten wieber befefet werben.
Sucabou i^atte einfeitig auf bie SSertl^eibigung beö §auptwatteö
fein 3lugenmerf gerid^tet, bod^ l^atte er nid^tö bagegen, ba^ aud^ brausen
unter SBalbenfels Seituug unb ber SBürgerfi^aft eifriger 3Kitwirfung
ältere SBertl^eibigungöwerfe, wie bie ©drangen auf bem l^ol^en 33erge
imb bei ©eUnow, üerftärft unb eine neue am Görliner S)amme errid^tet
würbe. 2)a& bie wichtige 9Jfaiful^le junäd^ft wenigftenö burd^ einige
©d&anjen S)ecEung erl^ielt, war SWettelbedä SBerf, ber jur 33eja(|lung ber
2lrbeiter 400 JTI^aler au§ feinem SSermögen Vergab, ©ellnow erl^ielt in
ber Äürje ber 3eit nur eine nad^ ber ©tabt ju offene UmwaHung, unb
bie alte ©d^anje auf bem Äaujenberge würbe erft angefid^tö beö g^einbeä
nollibürftig wieber l^ergeflellt. Sie Snunbation würbe, fo weit eö ber
Suftanb ber ©d^leufen unb ber ©goiömuö mand^er 2Siefenbefifeer er*
laubte, vorbereitet, fo ba§ glei(^ bei bem ©rfd^einen be§ g^einbeö bie
3?ieberung jwif(^en bem ©örliner unb ©eHnower S)amm unter SBaffer
gefegt werben fonnt?,
— 539 —
%üt bte SBetptooiantirung l^atte ber watf ere ÄriegÄtatl^ SBiffelind
geforgt, ber mit anbcren SKügliebern ber potnmerf^en Äammer von
©teltiu nad^ ©olberg gegangen war, um nid^t ben g^einben ats SBerfc
jeug bienen ju muffen. 33on Slettelbedf unb burcä^ eigene 3lnfd^auimg
von ber Sage ber SDinge unterrichtet, l^afte er fid^ auö Äönigöberg bie
nötl^ige SSottmad^t gel^olt unb feit bem 20. Sanuar bie f(ä^teunige (£r-
gänjung ber mangelhaften 33orrätl^e burd^ SRequifitionen gegen Siefe^
rungsfd^eine in ba§ 2Berf gefegt, beerben von ®(ät)Ia(^tr)iel^, Sleil^en
von ©etreiberoagen waren jefet in bie ©tabt gejogen, unb au(^ bie
Särger, bie \x6) fonft meiflenS T)on einem S8Bo($enmar!te jum anbem
unterhielten, fonnten fi(3& jefet burd^ Sd^lad^ten unb ©infaljen auf eine
längere Setagerung einrid^len, unb ba überbiefe faft bis ju @nbe ber
^Belagerung ber SBerfel^r jur ©ee ungel[)inbert blieb, fo fanb überl^aupt
roäl^renb ber Belagerung feine ©teigenmg ber e^leifd^« unb koxn^
preife ftatt.
©omit war bie g^eftung in jiemlid^em SBert^eibigungSjuftanb, als
in ben erften Sagen beö aJtärj ber geinb vor bem Äaujenberge erfd^ien.
SDie bortige ©dtianje lüurbe gegen ben erften 2lngriff (6. 5Dfärj) glüdlii^
bel^auptet, aber gleid^ barauf freimißig geräumt, ba eö unmöglid^ fd^i^n,
fie bei bem eingetretenen g^roftwetter gegen eine Umgel^ung über bie
gefrorene 9Ueberung ju fid^ent. S)er a?erfu(^ bes g^inbeö (7. 3Wärj)
auf JieusSor! l;atte nur für ben Slugcnblid ®rfolg, er brängte ben
^remier^Sieutenant v. ©ruben, ber bie Bä)W\ö)e Snfanterie commam
birte, mit überlegener aWai^t an^ bem 35orfe, ergriff aber, als bie
©df^ill'fdje ÄaüaBerie l^erantrabte, bie glu(^t unb überlief bie ©teßung
lieber ben ^reufeen.
2)o(^ ber §auptangriff foHte t)on anberer ©eite l^er erfolgen.
SDer g^einb war mit ber §auptmad^t bei 6örlin über bie ^ßerfante ge^
gangen unb am 10, 3Wärj bis 3ernin oorgerüdEt. ®r fud^te fid^ junäd^ft in
ben Sefife ber Sergfd^anje ju fefeen, weld^e burd^ i^r geuer ben SDammbau
bur($ bie Sßieberung t)om ©tabtroalbe an^ erf^raeren fonnte. ©ein
erfter 3lngriff würbe abgeioel^rt, aber von ber ©d^ioäd^e ber 83efafeung —
fie beftanb in ber 3laä)t an^ nur 12 SJfann, weil man, wie bei bem
Äaujenberge, eine Umgefiung befürd^tete unb nid^t ju t)iel Seute opfern
woBte — burd^ Ueberläufer in Äenntnig gefefet, brad^te er bie ©d^anje
burd^ näd^tlid^eu Ueberfaff (14. aWärj) in feine ©emalt unb gab i^r
ben 5Ramen Fort Napoleon. SDann brannte er SRedEnin unb SuHen^
winfel nieber unb befefete bie Slltftabt SDurd^ eine bei Sto^eutiu of^
<
— 540 —
fiä^Iagene SSttirfe (bie alte foftbare gäl;rbtü(fe bei älltftabt war f(]^on im
9?ooember 18C6 abgebrannt) cerbanb er bie bciben ^erfanteufer mit
einanber.
Seit bem 14. ajfärj war nnn bie g^eflnng ju Sanbe faft eincjes
fd^loffen, bod^ fonnte biefe ©infd^Ue^ung bem SBetagerungöcorpö jelbft,
ba§ bamals nod^ faum ftätfer war, alö bie SSefafeung, t)erberblid; werben,
©in mit ganjer 2Bn(^t anf einen ^nnct ber au§gebel^nten Sinie untere
nommener Stngriff fonnte bem g^einbe roenigftenö fdjwere SSerlufte brin^
gen. 3lber Sucabon wies jeben SIntrag ju einem Unternel^men, baS
nii^t unmittelbar mit ber SSertl^eibignng be§ §anptwalleö jufammenpng,
jnrücf, er fal^ nntl^ätig ju, baji [id^ ber g^einb auf ben gewonnenen
$uncten feftfefete, baß feine SSorpoften fid^ an ber 3Wafee geigten unb
©treiffd^aaren ba§ ©tabtfelb unfid^er mai^ten ; bagegen lieg er, wäl^renb
er tjerfäumt l^atle, bie ben franjöfifd^en 33atterieen SDedung gebenben
fteinernen ©ebäube auf ber 3lltftabt ju jerftören, ol^ne bringenbe 5?ot^
bie burd^ bie ßörliner ©ammfdjanje nod^ j^inlänglid^ gefid^erte Sauen^
burger 33orftabt nieberbrennen.
S)er Slnblid ber §unberte oon £)bba(^lofen, bie jefet ber ©tabt
5ur Saft fielen, fteigerte ben aKigmutlj ber Sürgerf(^aft, man t)ergafe,
bafe bie ^^orfläbter fd^on am 24. Sanuar ^) oon ber beabfidE)tigten Slb-
bred^ung i^rer ^äu^ex in 5lenntnig gefefet unb aufgeforbert waren, il)re
§abfeligfeiten bei 3eiten in ©id;erl;eit ju bringen, ©d^limmer war,
baß ba§ ajJißtrauen gegen bie ß^renl^aftigfeit beö ©ommanbanten, .baö
in einer Seit, wo ber ©laube an bie ©l^renl^aftigfeit ber preußifd^en
geftung§commanbanten überl;aupt fo tief erfd^üttert war, an unb für
fid^ fd;on leid;t rege würbe, burd) baö 33erl;alten beffelben neue SRal^^
rung erl^ielt. S3ürgerf(^aft unb SJepräfentanten l^atten fid; fd^on beun^
ruljigt gefül^lt, baß ein gefangener franjöfifd^er Offijier unge|)inbert mit
Derbäd^tigen ^erfonen oerfel^ren unb burd^ einen ätrbeitömann görfter
einen ©riefioedjfel nad^ Stettin l;atte fül^ren fönnen, unb ber ajiagiftrat
l^atte (am 10. 3J?ärj) feiner „©enfation" barüber in fräftigen Sffiorten
SluöbrudE gegeben, „fie l^ätten bem Könige bie Sufid^erung ertl^eilt, ®ut
unb 93lut jur SSertlieibigung opfern ju wollen, unb fie i^ätten beöl^alb
ein SHed^t, nad&tl;eiligen Sßerbadjt ju entfernen" ^). SDaß nun Sucabou
einen franjöfifd^en Parlamentär, ber (17. aJJärj) bie 3lufforberung $Eeuli6ä
jnr Uebergabe brachte, in übergroßer §öflid;teit gegen ben g^einb freunb-
fddaftlidj begrüßte unb fid) mit il|m allein l^inter oerfd^loffener S^üre
beriet)^, ^wäl;renb bie angeblid;en 2;rpmpeter unb Äutfd&er ungeftört felbft
— 541 —
Bei ben SÖäffen ^erumf^Ienbcnt fonnten, ba§ enblii^ am 3lbenb biefe§
Sagcö in bcr ßomiuanbantur ein geuer aufging, bieö 9lffeö fteigerte
ba§ SWifelraucn bi§ ju bcm SBerbad^te einer Derrätl^erifd^en 58erbinbung
mit bem geinbe, unb biefer t)erminbcrte [id^ nid)t, atö SJlettelbed bei
einer SRunbe, bie er fog(eid) mit 13 ^Bürgern um bie g^eflung mad^te,
auf aüen SBäHen nur 7 aJlann unter ©ewefir fanb. 9J?an bebac^te
nid^t, baJ3 eine ftarfe SSorpoftenfelte um bie e^eftung ftanb unb eine
Ueberrumpelung faum möglich mar. S)er ajJagiftrat verlangte jwei
Sage nac^l^er, „ba bem SBerlauten nad^ furj barauf mieber g^euer in
ber ßommonbantur gemcfen", eine Unterfud^ung über bie ©ntfte^ung
beffelben, unb bie in Eolberg anmefenben 3JfitgIieber ber Äriegöfammer,
offenbar ebenfalls t)on bem a3erbadE)te erfüllt, bafe baä ebener ein t)er=
rätfierifd^e§ 3eic^en für ben geinb fein foHte, eine protofoDarifd^e SBer^
nel;mung ber §auögenoffen be§ ßommanbanten. S)er SBerbad^t mar
unbegrünbet, unb ba§ g^euer, mie fid) in fpäterer 3eit ergab, von rud^-
lofer §anb angelegt, um in ber 8>ermirrung bie geftungöfaffc beftel;lcn
JU fönnen; aber a\\6) ber S3efcl;l Sucabouö, in 3u?unft feinen ^parla^
mentär roieber ju iljm ju führen, f onnte ba§ aJIifetrauen nid;t befeitigen :
CS f el^lte ber ® laube an feinen aJJutI; unb feine Sreue ; ©timmung imb
SKuöfii^ten mürben trüber.
Um fo fü^ner mürbe ber geinb. 2lm 19. 3Wärj in ber g^rül^e
umging er mit ftarfer a)Zadt)t über im froftgel^ärteten ©umpf bie aSer^:
fd()anjung von ©eHnom, gmang bie ICO 9Wann ftarfe Sefafeung, nad^
tapferer ©egenmel^r fi(^ auf bie geftung jurüdjujiel^en unb brängte fo
träftig nad^, bafe er bie ©tridersidjanje luib bie 2Raifuf)Ie bebrol;te luib
baö ©rabirroerf in feine ©emalt brad^te. 3n)ar mid^ er t)or bem I)ef=
tigen Eingriffe beö ©d)itt'fd^en Gorpö unb ber SBaIbenfelfifd)en @rena-
biere nad^ l^artnädigem ©efec^t unter nidjt unbebeutenbem SPerlufte na^
Settnom jurüdE, l^ier aber befjauptete er fid^ ungeftört, filterte feine
Stellung burd^ eine SSerfd^anjung unb fd^lug jU bequemerer aSerbinbung
eine gtofebrüde jur Stltfiabt l^inüber*).
S)urd) bie ©roberung ©eHnom'ö mar audj ba§ Sdjidfal ber fd^on
*) 3*lad) bcr XaiflcHung üon o. ©d^öning, S^la^r. gur ©cfd^. ber branbenb.=
prcu^. Sfrtißcric %l). 3, 111, ^altc (SdjtH, alö iE)m iiucabou feine flc!)rntlid)e SSitte
fofort bie ^aupu unb ©elbcril^onüac^c gegen ben Seinb führen 5U bürfen, abgc«
fcftlagen lätte, auf eigene §)anb uub gegen ben auebrüdflic^en S3efel^l beffelben Särm
tc^lagen laffen, unb ujaö er üon 2)ruppen aufammenbringen fonnte, gegen ben geinb
Qciporfen. £)tc (^olberger Sagebüc^er ern^ä^nen biefe S^atfad^e md\t.
— ^42 --
von ber 3lltfiabt aw^ mit Äugeln überfiä^ülteten ©(^attje auf bem ©trit
fersberge unb ber ©elberüorftabt entfd^teben. 2)a^ ©($ill jene gegen
ben Sefel^l no(^ 48 ©tunben burd^ g^reiwillige l^alten Iie&, um ben
Serool^nem ber aSorftabt Seit ju geben, il^re ^dbe ju retten, unb bafe
er bem ©ommanbanten melben liejs, eö fei unnötl^ig, bie SSorfiabt aU
jubrennen, fo lange er unb bie ©einen bie ©dränge bel^aupteten, mürbe
Don biefem alö eine Snfuborbination mit ©tubenarreft beftraft ©o
rul^ig ©(^ifl \xä) ber ©träfe imterjog, fo wenig maren Bürger uttb
©olbaten bamit jufrieben: aufgeregte aWaffen rotteten fi(^ auf bem
SWarfte jufammen, ber 5Ruf liefe \iä) l^ören, man muffe ©d^ill mit ®e^
malt befreien, unb nur bnxä) baö aSorgeben beffelben, bafe nur Rranfe
l^eit i^n an baß §auö binbe, liefe fid^ bie SUlenge jum Sluäeinanber*
gelten bewegen. aSon ©c^iffö SCrreft mar nid^t meiter bie SRebe, ba er
in ber SRaiful^Ie ju imentbel^rliiä^ mar*).
S)ie aSebrol^ung ber 3J?aiful^le burd^ ben geinb l^atte bie aBii^tig-
feit berfelben für bie ©tabt erft red^t an ben Sag gelegt; nur fo lange fie
in preufeifd^er §anb blieb, mar bie ©ee für ßolberg offen unb SKusfid^t
auf ein glüdEtid;eö aSeftel^en ber aSelagerung. ©ie mürbe besl^alb fiärfer
befeftigt. S)ie neue aSertl^eibigungölinie reid^te, ba§ ©el^ölj umjiel^enb,
ron ber ^^erfante bi§ jur ©ee, bie „grüne ©dränge" tl^eilte fie in jmei
§älften, Don benen bie füblid^e, hmä) eine Slufftauung bcö au§ bem
fd^marjen ©ee von aBerber l^erfommenben fd^ioarjen aSafferö an unb
für fid^ fd()on bie ftärfere, nod) burd) baö in ber 3)Jitte beö ©rabirmerfö
gelegene, ftarf befeftigte unb im peiten ©todfroerf mit 2 ©edjöpfünbeni
befefete SDampfmaf^inenl^auö in ber linfen glanfe gebedt mürbe. 2)ie
aSruftroel^r ber nörblid^en §älfte mar nur an% beweglid^em SDünenfanbe
aufgef(^üttet, unb bie gefäl^rbetfte ©teUe, ber ©tranb smifd^en ben 2)ünen
unb bem 3)Jeere, fonnte nur burd^ fpanifd^e ^Weiter gefd^ü^t merben, bie
no(^ in bie ©ee l;ineinreid^ten. ©in aSerl^au mit ^allifaben in ber
SJJaiful^le felbft bilbete eine fd^mäd^ere jraeite a3ertl;eibigungöUuie. ©ine
a3rüde an§> aSooteu unb glofel^olj unterl^ielt bie aSerbinbung mit bem
redeten Ufer. S)em faum nod) 700 3Slann flarfen ©djitt'fd^en ßorpö
mürbe bie fdjroierige Slufgabe ju S^eil, biefe 1600 gufe lange SJefefti«
gung mit 1 1 fd^led^ten ©efd^üfeen leidsten Äaliberö unter bem trefflid^en
*) SRac^ einer Drbre oon SWemel qu3 (in bem ScftungSarci^iü) l^at fic^ Schill
bei bem Äönigc über feinen Slrrefl beüagt unb ßucabou S5efe|l erijialten, ^a fein
SSergelien mit bem Slrreft abget^an fei, il^n lieber in greil^eit ju fegen. S)0(^) ift
fte etfl vom 3. Slprtl batirt«
— 543 —
Slttifferieüeutenant g^abe ju beden, unb eö bejog beöl^alb ein Sager tti
ber aWaiful^le.
3tu(ä^ auf anbeten Runden würbe bie e^eftung nod^ oerftärft : bie
Ätrd^l^off(5anje würbe erroeitert, bie bort ftel^eube SRicolaiÜrd^e nieber:;
geriffen unb in bem bamal§ ganj abgel^auenen SBauntgarten jroifd^en
©tabt unb SWünbe eine neue ©d^anje errietet. ®er gid^tfamp auf ber
SBeftfcite würbe t)om 5. Slprit an ben ©inwol^nern jum Slb^oljen preis-
gegeben, unb auf ber ßftfronte bie Ueberf(^n)emmung burd^ Stufftauung
ber t)om Suttenroinfel l^erfommenben ©eroöffer fo erweitert, ba|3 ber
burdö bie ©(^anjen ber SBorftabt an unb für fid^ f(3&on gebedfte ßör-
liner 35amm eine längere ©tredfe burd^ überfd^wemmteö Sanb führte*
S)ie Sd^wierigfeit, bie an Sluöbel^nung ber gefiung aWagbeburg
gleid^fommenbe Sßertl^eibigungölinie aud^ mit ber Derftärften 33efa^ung ge-
nügenb auf allen ^uncten ju befefcen, l^atte ben ©onnnanbanten injwifd^en
längft vexn\od)t, feine 2lbneigung gegen bie friegerifd&e SRitwirfung berSür-
gerf^aft ju öberwinben; feit bem 15. 9Jiärj belogen tägli(^ 60 3Wann von
i^r, jeber mit ©ewel^r, Säbel unb 60 Patronen auögerüftet, bie §auptwad^e
unb befefeten, jum S^^eit in SSerbinbung mit bem 9Jlilitär, bie S^ore, ^Sla-
gajine unb Seugl^äufer, fo wie einige 33atterieen auf ben SBäHen, bei STuß-
fäDen ber Sefafeung an^ ben ganjen ^auptroaU. ßommanbeur be§ Sa-
taillonö war ber 33flrgermajor aJtäfler geilfe. S)ie flärfere 33efd^ie§ung
ber Stabt mad^te fpäter eine tljeilweife 2)i§penfation bes Sataillonö üom
SBad)bienfte jur Sefämpfung ber g^euerögefal^r noll^wenbig. S)ie g^euer-
löfd}orbnung berul^te auf ber alten ©lieberung ber SBürgerfd^aft in ®e=
werfe, unter weldE)e bie Seitung ber einjelnen ©prifeen t)ertl;eilt war.
Sie Siuä^tigfeit unb Itmfid^t, mit wel(i^er an^ in biefer Belagerung biefe
Slufgabe üon ber Siirgerfd^aft felbft unter bem l^eftigften geuer beö g^eiubeö
gel^anb(iabt würbe, jeigt am SSefien bie geringe 3al^l größerer 33ränbe in
ber ©tabt wäl^renb ber 33elagerung. Swei be§ Serrainö funbige S5ürger
bitbeten einen fiänbigen 33eobad^tung§poflen auf ber ßunftpfeiferftube
beö 3Marientl^urmö, iJ^re 33eobad^tungen gingen in einem an ©d^nüren
befeftigten Ääftdjen ju ber SBürgerfd^ilbwad^e am %n^e beö S^unneö
unb üon ba jum Gommanbanten.
S!)er g^einb begnügte fid^ junäd^ft mit feinen (Srfolgen unb wartete
auf fein Selagerungögefd^üfe. Äleine Sßorpoftengefed^tc fielen meift ju
feinen Ungunften aus, unb fedfe Unternel^mungen ©(^ill*|($er SReiter
brad^ten ifim wieberl^olt nid^t unerl&eblid^e SSerlufte bei. ©o überftet
— '544 -—
ber ©d^itt^fd^e Sieutenant grife v. SBIaufenburg*), um ben 3 ©^wa*
bronen unter Sieutenant v. SBrünuon) bie ju frül^ er wartete SHücttel^r
von einem ©treif juge gegen ©tolp ju erleichtern, mit 30 aMann bie
100 ^ferbe ftarfen SiJorpoften am öftUd^en Sorfmoor; bie fleine ©(^aar
jagte bie überrafd^ten SMobelgarbiften in ben ©umpf, ober l^ieb fie t)on
ben ^ferben unb fe^rte in bie prdd^tigen Uniformen ber ©etöbteten
ge!(eibet, unter bem Subel ber aSeoölferung, bie ju biefer aBaöferabe
auf bem 3Jlar!te ju|ammenftrömte, mit 14 ©efangenen in bie ©tabt
jurftcf. Srünnon) bahnte fid^ fpäter (25. SKärj) felbft jeinen SEBeg burd^
bie Überfallenen feinbtid^en aSorpoften in bie eJ^ftung, unb eine feiner
©d^roabronen mad^te fid^ bem geinbe fofort roieber bemerkbar, ate fie
eine Slbt^eilung beffelben, raeld^e ein preu&ifd^eö Sägerbetad^ement ge«
fangen genommen l^atte, auf bem SRüdfjuge ereilte, in bie ©ee jagte,
bie gefangenen Äameraben befreite unb mit ©efangenen unb Seute^
pferben jurüdEfe|irte.
®in ftärfereä aSorgel^en be§ g^einbeä loar ju erwarten, als am
5. 2lprit 3)iar[c^all aJiortier mit f rifc^en Sruppen unb ftarfer SCrtittecie
oor ©olberg erfd^ien unb ben Oberbefehl über baö 33elagerungdcorpS
übernahm, unb am 7. unb 9. 3lpril Ratten in ber S^at ©d^lll'd Seute
ftärtere Slngriffe auf bie 3Jlai£u^le abiuroe^ren. S)od^ baö §erüorbred^en
•ber ©i^roeben auö ©tralfunb rief bm 3Jiarfd^all roleber über bie Ober
jurüdf, unb ba er me^r Gruppen mitnahm, al§ er herbeigeführt l^atte,
fo fanf baä jefet unter bem einarmigen ßoi[on fte^enbe ÖelagerungS-
Corps unter bie ©tärfe ber geftungsbe[a^ung. auf bie iRunbe baoon,
moju nod^ baö ©erüd^t fam, bie ©darneben feien fd^on oon ßammin '
l^er im 2lnmarfd^, l^atte ©d^ill ein ©onunanbo nad^ S5eep jur Slecog,
noäcirung auögef ehielt, alä eine feinblic^e Kolonne gegen bie Küfte oor::
brac^, um bieö abjufd^neiben (12. Slpril). ©ofort führte er fein ganjeö
©orpö auö ber SDlaifu^le, unb ba gleid;jeitig bie 3)löller'fd^en güfiliere
auö bem ©elbect^ore ausfielen, fonnte ber aud^ in ber 3^lan!e bebro^te
geinb beul ftürmifd^en 2lufalle ni^t raibecfte^en; er raurbe au§ feinen
©c^anjen bei 9ieu^3Berber, aus biefem SDorfe felbft unb ben beiben Sorf,
bie er feit ber ©coberung oon ©eHnoio befeßt ^atle, herausgeworfen
unb flo^ auf ©ednow jurüd. 3<Jfet fd^ien ber 2lugenblicl gefommen,
©ednom ju nehmen, bie ^erfantebrücfe ju jerftören unb ben geinb um
*) 3n fpätcrcr 3cit jourbc er, a\ü ©cnctal im S3abe in (Solbcrg aniuefenb,
r>on bcc (Stabt mit bem (g^renbörgcrted^te bcfc^cnft.
— 545 —
2öo(i^en in feinen SeloöerungSarkiten jurticfjuraerfen. ßö n)at; eine
fd^Iimme Unterlaffungöfünbe Sucabouö, baj3 er ©d^itt baö jut 6rrei(3^ung
biefeö ©rfolgeö nöt^ige Sataiffon t)ernjei(jerte unb beroegungöloö in ber
gefhing blieb in ber nnbegrünbeten gnrd^t, bie von Snippen ju fel^r ent^
blökte Stabt fönne üon Often I;er überrumpelt werben. 3)ie ©elegenl^eit
fam nid^t lieber, SIKorlier feierte r\a^ bent SBaffenftiHftanbe Don Q6)la\ilan
am 18. Slpril jurndf, \im mit 9000 9)}ann ju einer nac^brüc!li(ä^eren
SSelagemng ju fd^reiten nnb bie geftung von allen Seiten enger ju
umfd^lie^en; bod^ blieb bie SBerbinbung über 5Deep bis in ben 3uni offen:
bie madferen Semol^ner ber Äüftenbörfer l^atten fid^ aud^ burdt) bie
©rol^ungen beö g^einbeö nidjt bewegen laffen, il^m bie gurtl^ bnrd^ ben
Äamper ©ee 511 jeigen. SDa§ Hauptquartier 3)iortier§ war in Stramm.
©d^iH mar nad^ biefen 3?orfälIen nai^ aSoUin gegangen, um bort
menigftens burd^ Sruppenwerbimg für bie ^eftung ju wirfen; al§ er
am 8. aWai jurüdEte^rte, fanb er einen föniglid^en 33efel^l t)or, ber i^n
feinen peinlid^en S8erl^ä(tniffen entjog unb it;n jiir Serftärfung S5(ü($erö
nad^ ©tralfunb beorberte. ©§ mar mol^l fein ju felbflftänbigeö , bie
©inl^eit ber Seitung beeinträd^tigenbeö 2luftreten, meld^es audf) SBalben::
felö ju feinem ©egner gemad^t l^atte. ©eine Äaoallerie folgte il^m biß
auf eine ©d^mabron imter Sieutenont v. SBebeD, feine Snfanterie blieb
in ber aWaltul^le. 2)ie S3ürgerfd)aft, bie grojse ©tüdte auf i^n l;ielt,
bebauerte feinen Slbgang, unb bie Sürgerrepräfentanten erliefen am
9. 3J?ai eine ©rflärung, worin fie bejeugten, ba§ baö ßorpö trofe ber
©Eceffe ©injelner fid^ im Stllgemcinen gut betragen unb burd^ bie SSer^
tl^eibigung ber aWaiful^le fid^ wol^l um bie g^eftung t)erbient gemad^t
l^abe. SDaS J^erjlid^e Sßerpitnife jirifi^en ©d^iH unb ber Sürgerfd^aft
bauerte aud^ naä) feinem 2lbgange fort. 3?od^ am 11. gebruar 1809,
in bem Saläre feine« ^elbenmütl;igen Untergangs, empfal^l er fid^ bei ®e=
legen^eit eines Sriefwed^fels „bem 3lnbenfen bes SWagifiratö unb ber
gaujen wadercn Sittrgerfd(iafl ber Dcrel^rungswürbigen ©tabt, befonberß
bem Sanbratl) Talefe unb bem paUiotif(^en 5Reltelbedf, nie werbe er bie
SJeweife oon Zutrauen unb greunbfd;aft rergeffen, bie fie i^m fafl täglid^
gegeben, weber Seit, nodj ®ntfermmg fotle bas Slnbenfen an biefe
fd)önfte 3eit feines Sebens fd^wäd^en, fo wenig als feine S)anf barfeit",
er unterfd^reibt fid^ in „unbegrenjter, inniger unb wal^rer §0(^ad^tung."
35ie mifemut^ige ©timmung, in ber ©d)itt gefd[)ieben war, war
in ber ganjen geftung im bcbenflidten SEBad^fen. SDie Sürger flagten,
ba& iljnen bie Äaualleriepferbe in bie ©peid^er gebrad^t, bie ©efpanne
— 546 —
^beöpotif(^" aufgegriffen warben, wo ntan fie fänbe, unb ba§ il^nen
bafür webet SRation, t\oä) gutter geleiflet würbe, unb über baß tl^atem
lofe ©ifeen l^tnter ben SBätten murrten f(^on bie ©olbaten, wie bie
Sürger. 35ie S)töciplin erfd^laffte, Äleinmutl^ wad^te fid^ geltenb, unb
f(^on tttufeten bie SBürgerrepräfentanten erHären, „bafe ber, weld^er, fo
lange S3rob Dorl^anben fei, an Uebergabe benfe, mit allgemeiner SSerac^-
tung gebranbmarft unb an% il^rer aWitte gefto^en werben foHte." SSon
neuem fiel ber ©d^atten fd^weren aSerbad^teS auf ben ©ommanbanten,
unb SRettelbedE äußerte feinen Sweifel an beffen 2;reue unb SWutl^ in fo
üerlefeenber SSBeife, bafe berfclbe \\ä) nur mül^fam t)on bem ©ntfc^Iufe ab^^
bringen liejs, über ben Slufrül^rer Äriegögerid^t ju Italien unb i^u auf
bem ©laciö ber g^eftung erfd^iejsen ju laffen. 6ö war Seit, bafe baö
©d^idEfal ber g^efiung in anbere §änbe gelegt würbe.
S)a& ber 2luögang batjon abhänge, war von 2lnfang an ber ©taube
ber Patrioten unter bem ajlilitär uub namentlid^ unter ber Sttrgerfd^aft ge^
wefen*) unb ein 33eri($t SBif[elindfö über bie Sage ber geftung \)aüe
bie ©rünbe bafür an l^öd^fter ©teile bargelegt. SSielleid^t no(^ einbring-
lid^er gemai^t burd^ ein ©d^reiben 3?ettelbedtö, weld^eö biefer burc^ ben
Kaufmann SSBai^fe in aJlemel, einen gebornen ßolberger, bem Äönige
l^atte überreid^en laffen, l^atte er bie SBirfung gel;abt, ba^ ber SUIajor
t). ©neifenau, „ber mit Äenntnife unb ßinfid^t Sraft unb S^ötigfeit
uerbänbe, an Sucabouö ©teile, beffen l^o^eö Sllter ben Slnftrengungen
nid^t mel^r gewac^fen fei", mit ber Seitung ber g^eftung betraut würbe.
2lm i9. Stpril fam ber neue ßommanbant auf ber SRI^ebe t)on ßolbcrg an.
©erabe an biefem Sage l^atte ber geinb am a)Jafefer Seid^e auf
bem l^alben SBege von bem l^ol^en S3erge jur ©tabt eine ©d)anse auf=
geworfen, 3n fo gefäl^rli(^er 3lixf)e butfte er nid^t gebulbet werben, unb
SlettelbedE war eben auf bem SBege nad^ ber SKünbe, um bort ben ^m-
commanbanten aufjufud^en unb von il^m SJJaferegeln ju erwirfen, bie er
von Sucabou ni(^t erwartete, als berfelbe il^m auf ber 9)Jünbert^orbrüdfe
in Segleitung eineö jungen rüftigen SJfani.eö von ebler Haltung ent-
gegen!am. 2Balbenfel§ läd^elte ju ber 23orfid^t ?tettelbedf§, ber i^n ju
leifem ©efpräd^e an bie ©eite jiel^en wollte, er forberte il^n auf, fie
beibe in feine 2Bo^nung ju begleiten, uub l)ier [teilte er i^m ben neuen
ßommanbanten unb biefem ben alten 3lziUlUd vor.
*) ^Unglüdflic^e geftung, unfcr Wlnt^ fdjwintct, w\v feigen unfcr ^c^idfal,
wenn ber Äöntg feinen anberen (Kommanbantm f^tdt*; fc^rei&t Slettelbed @nbe
Kprild in feinem S^agcbudj|.
547
Sn tjerjcrgreifcnber SEeife l^at SReltelbcd fein crfteö 3ufammetts
treffen mit ©neifenan gefd^ilbert: ein freubiges ©rfi^teden fä^rt il^m
burd^ bie ©lieber, Sl^ränen flürjen aüß feinen alten 3lngen, er fällt vor
i[;m auf bie Äniee nnb ruft : „^6) bitte ©ie um ©otteömißen, »erlaffen
©ie uns nid^t, wir raolten ©ie anö) ni(^t t)erlaffen, fo lange wir noä)
einen Blutstropfen l^aben; foDten auä) alle unfere §äufer ju ©d^utt^
l;aufen werben; in unö allen lebt ein ©inn: „bie ©tabt foH unb barf
bem geinbe nid^t übergeben merben." S)er ©ommanbant l^ob il^n freunblid^
auf unb tröflete il^n: „SRein, ^inber, id^ werbe 6uc^ nid^t üerlaffen,
©Ott wirb uns l^elfen." Unb aus ben erflen fragen beffelben erfennt
SRettelbedE freubigen §erjen§, bafe ber ilönig bem teilten SWann ben
lefeten gefäl^rbeten ©l^renpofien feines wanfenben SReid^ö ant)ertraut ^at.
Unb wie bei bem alten SWettelbedf, fo jünben feine SBorte in ben
^erjen ber ©arnifon unb ber SBürgerfd^aft: bie alten bärtigen Ärieger
weinen wie bie Äinber t)or SRül^rung bei ber l^erjlid^en Slnfprad^e, bie
er am folgenben Sage auf Saftion ^reu^en an fie l^ält, fie fd^wören,
für Äönig unb aSaterlanb mit il^m fterben ju wollen, unb SRagifttat
unb SBürgerrepräfentanten, bie er fi(^ t)orftellen läfet, erflären begeiftert
mit §anbfd^lag, ba§ fie il^r Seben unb i|r 3Sermögen willig in feine
§anb legen. @§ war ein SEeweis feiner menfd^enfreunblid^en ©efim
nung, bafe er fogleid^ bie Äirc^en, bie als SWagajine gebient I;atten,
räumen unb ben unterbroi^enen ©ottesbienft wieber aufnel^men ließ:
„in SUotl^ unb ©efat;r bürfe ber Sroft ber SKeligion ben 3Renfdjen am
wenigften genommen werben."
2Bie l;atte fid^ plöfelid; bie ]Page ber Singe geänbert! 3Bie mit
einem 3auberfd)lage war ein neues Seben l^erDorgerufen, jebe fd^wäd^-
li($e ©mpfinbung in ben §inlergrunb gebrängt, bie 3)iSciplin gefeftigt,
ber friegerifdfie SJlutl; neu befeelt. SlHe fül^lten, es war ber Senfer ge^
funben, ber bie aus einanb^rirrenben Kräfte jufammenl^ielt, ber jebem
feinen SffiirfungSfreis aujuweifen tjerftanb. ^ie g^eftung bot üon jeftt
ab baS l^errlidje S3itb eines in 3ud^t unb Segeifterung jufammenge^at
tenen unb jufammenwirfenben ©anjen.
i^einer empfanb es fo, wie ber alte Stettelbedf. Smmer fd^on
l;atte er gel^olfen, wo erfonnte: er begleitete bie Gruppen bei Ausfällen
äu 3^uß unb JU SBagen, um bie Rcmpfcr ju erquidfen luib bie Sßerwun=:
beten jurüdE jU bringen, unb fang il^nen babei mit feiner „Siabenfel^le"
„l^alt euc^ brat), il^r preufefd^en Srüber" ju, er ging als ^Parlamentär
äu ben geinben, führte als erfal^rener ©teuermann ©d^iffe mit SWunition
35*
— '548 —
üttb ?Prot)iant in ben §afen; feiten fam in feiner Stü^e ein S^onnen^
leffel mit Kartoffeln unb ©emüfe t)om geuer, bie Säder^ unb ©d^lä^ter=
fd^arren faufte er auö^ §«"§ bei ^axi§t bettelte er für feine lieben
©d^itt'fd^en Äinber;. bie il^n wol^l mit friegerifd^er 3JJufif entpfingen,
wenn er il^rem Säger nal^te. SBar er bem frül^eren ßommanbanten
bur(ä^ ©igenfinn nnb jubringli(3^e @inmif(^ung awö) in S5inge, bie il^n
weniger angingen, läftig geworben, jefet orbnete er fic^ mit greuben
bem überlegenen ©eifte unter, t)on bem er mit 3ut)erfic^t SRettung
erwartete. Unb biefer oerftanb e§, il^n in fein red^teö galjrmaffer ju
bringen: er übertrug i^m fogleid^ bie ätuffid^t über ba§ von Cucabou
nid^t genug geroürbigte Ueberfi^raemmungsroefen unb bewilligte il;m ju
beffen SSerooHftänbigung 1670 S^aler. @(^on nad^ wenigen ©tunben
l^atte 5RetlelbedE einen SBerid^t an ben aJJagiftrat über bie Urfad^en auf*
gefefet, meöl^alb baö SBaffer oberl;alb ber g^eftung fid^ t)erminbere, unb
fofort tourbe bem Uebelftanbe burd^ bie SBerbefferung bcr §aupt^,
3)lül^lem unb ©d^neibemü^len^©cl)leufen abgel^olfen. SBalb mürbe bie
Ueberfd^memmung aud^ über bie SZieberung auf ber SBeftfeite bi§ jum
Slöl^renbamm l^in außgebel^nt. SDaneben gab er ©neifenau in Uä)nU
f(^en Singen manchen bea($tenön)erll;en dtatf), er fal; barauf, i>a^
SBafferbel^älter auf ben Söben ber Käufer ftanben unb fpürte bort naä)
feuergefä^rli(^en Singen uml^er. ^an^ unb §of l^atte ber 9lUe vex^
geffen, er forgte unb grämte fid^ nur nod^ um baä ©anje, unb alö il^m
fpäter eine Sombe in ba§ §auö ful^r unb im Keller aud^ feine ©piritu§--
f äff er zertrümmerte, ba bebauerte er nur, bafe ber Sabetranf für
fo mand^e ©otbatente^le nufeloö in hen ©anb gelaufen fei. ©neifenau
erfannte ben i)olIen 3Bertl^ in ber raul)en ©d^ale unb fteHte il^n in
einer für bie Deffentlid^teit beftimmten ©d^ilberung ben SDeutfd^en alö
ben erften ©taatöbürger l^in. 3n jebem ßolberger aber wirb bie ©r-
innerung an ben ülten SRettelbecE ju aßen Seiten bie erljebenbe (gmpfin-
bung waä) rufen, baß biefer juglei(^ ber SSertreter beö ©eifteö ber gc^:
fammten Sürgerfd^aft mar unb baß in feinen 3?amen eingefd^loffen finb
ade bie nid^t genannten, ober weniger bekannten ß^renmänner, bie in
gleid^em ©inne gewirft l^aben. 33efd)eiben l^at S^ettelbed felbft, alö il^m
ber König fpäter bie golbene SSerbienft^lReboiHe tjerlielj, bieö mit ben
fd^önen SBorten anerfannt: „id^ Ipabe folc^e 2Iu§jeidf)nung nidjt t)erbient
Dor anberen ^Bürgern, bie mit mir aud^ i^re ?Pflid^t erfüllt l)aben. Sd^
muß böiger annel[imen, baß biefe !öniglic|)e Slusjeid^nung in mir eigentlid^
— 549 —
bie gefamntte ©olberger SBfltgerfd^aft l^abc eieren imb il^ten ^fltd^teifet
anerfennen wollen."
es wax ein glücflid^cs 3ufammeiitreffen>' baß gcrobe in biefer
Seit liä) aii^ bic äußeren Wdtkl ber 3^eflung t)erfiärften. ®inige Sage
vor ©neifenaus Slnfunft war baö jroeite pomnierf(^e 3Jefen)ebätaitton
unter Hauptmann v. ©teinmefe, „ber allein ein S3ataiffon aufwog", unb
am 9. 2lpril ba§ britte neumärfifd^e eingetroffen, unb mit Heineren %h
tl^eilungen üon Stanjionirten raar bie Sefafeung auf 6000 SWann, bic
l^ö($[fte ©tärfe, bie fie überl^aupt in ber Belagerung erreid^t l^at, ge^
warfen. SDaju fam am 18. 9J?ai eine ©enbung von 40 Äanonen unb
10,000 ©emel^ren an^ ©nglanb, bie ber fd^on frül^er nad^ ßonbon ge^
fanbte ©d^iH'fd^e, Sieutenant v. ^eteröborf burd^ feine Unterl^anblungen
enoirft l^atte, unb eine fd^mebifd^e g^regatte von 46 Äanonen legte fid^
auf bie Sli^ebe, beren etwas trager unb mitunter be§ ©pornö inm §an^
beln bebürfenber Äapitän öfter bie Operationen ber Belagerten nid^t
unwirf fam unterftüfcte. ©ine jtoeite, von ©neifenau erroirfte ©enbung
mit ®e[d^üfe unb SDlunition aus (gnglanb fam noc^ red^tjeitig am
14. Suni an, ate nur nod^ auf 14 Sage ©d^ießbebarf t)orl^anben war
uub ©neifenau fd^on mit bem ©ebanfen umging, fid^ mit ber ©qrnifon
burd^jufd^lagen.
greilid^ mit ben §ütfömitteln ber Belagerer uetglid^en, waren bie
ber g^eflung immer no^ fel;r bflrftig. S)cn beiben Sugenieurofficieren
gegenüber, von benejt ber eine fränflid^, ber anbere ein junger 3Kann
ofine ®rfa|irung war, l^atte ber g^einb ein §eer biefer £)ffijiere, 1 6oms
pagnie ©appeure unb 1 ßompagnie 3Rineure, eö fel^lte an 9Kunition,
©efd^üfe — aui$ in ben lefeten Sagen ber Belagerung waren nur
20 metallene ©tüdfe tjorl^anben, unb ber §auptwatt war nur lüdEen^aft mit
®ef dE)üfe bef efet, faft jwei S)rittel ber SBaHgefd^üfee ftanben in fernliegenben
©d^anjen — befonber§ aber an baarem ©elbe, weld^eö für Bebürfniffe vtx^
fc^iebener 3lrt ins 2luslanb gegangen war. ©neifenau mußte aud^
l^ierin bie §ülfe ber Bürgerfd^aft in Stnfprud^ nel^men. 2lm 20. 3uni
würben auf eine anleite von 50,000 S^alem 18,000 jufammengebrad^t,
man(^e Bürger l^atten fd^on frül^er bebeutenbe ©ummen l^ergeliel^en,
(bie aSittwe ©ölfel gleich bei Beginn 1000 Sl^aler an ©d^itt), bie
©efammtfumme l^at fid^ (nad^ ^erfe) auf 60,000 S^aler unb aWitte
3uii nad^ Beenbigung ber Belagerung auf 95,000 Sl^aler belaufen.
Biele ber !leinen Bürger hxaii)tm freiwillig il^re ®rfparniffe, Slettelbedf,
ber ©alineninfpectpr SDittmann unb anbere fammelten immer von neuere
— 550 —
©elbbetträgc für baö fiaiaret^. 3ur görbeninö bes ftetnen SBetfel^r«
in ber ©tobt, ber hxixä) bcn SWangel an Heiner SJJünje fel^r gcftört
toar, ba bie Äaufleutc oft m6)t im ©tanbe waren, für eine Äleinigfeit
auf einen Jfreforfd^ein t)on 5 S^alern l^erauääugeben, ranrbe auf SBorfc^Iag
bes Äaufmannä S)refoit)*) (nad^ beut 23. Suni) ^^appcouponö angeferitgt,
wl4ie bie Keine 3)?ünje t)ertreten foUten. ®ö waren bie§ fleine oblonge
^appftüde, mit ©(^reibpapier bettebt, t)on einigen ©difilern be§ Spceumö,
barunter aud^ ber fpätere ©uperintenbent ^laa^, jur befferen Untere
fd^eibung, je nai^bem fie 8, 4 ober 2 ggr. barftellen foHten, in rotl^er,
l^eHblauer unb fc^roarjer Sinte mit bem entfpred^enben Sßertl^oermerf
rerfel^en, oon aWitgliebern beö 9Kagiftrat§, ber S3ürgerrepräfentanten
unb ©eglerl^ausälteften imterfd^rieben unb bur(3^ bas ©ouoernementsfiegel
beglaubigt, ©ie erl^ielten 3n)ang§courö unb würben am 2. ©ep=
tember 1808 aujser ©ours gefefct. gür 5200 S^aler waren im Um^
laufe gewefen, es fel^lten baoon am lefeten STennine ber ©inlöfung
(1. Suni 1808) no(| 89 ^l^ater 10 gr. SDie größere SWaffe würbe
von einer ©ommiffion Derbrannt, bod^ finbet fid; nod^ auf bem dlat^-
,]^au[e eine jiemlii^e 3al;l; mand^e werben al§ 9lubenfen aufbewal;rt.
©(3&on in ber Siad^t nac^ ©neifenauö Slnfunft erl^ielten bie Be-
lagerer einen unerfreulidien 33eweiö oon ber neuen (Snergie, bie in bie
^Belagerten gekommen war. Unter bem ©d^ufce ber SDunfetlieit erftiegen
60 Säg^t unb ©renabiere, oline einen ©($uß ju t^un, bie neue ©c^auje
jenfeitö beä Eörliner S)amme§, fprengten ben überraf d)teu g^einb auö=
einanber unb machten bie bort errid^teten SBerfe bem 33oben gleid^.
S)er fül^ne Ueberfall t)eranla§te ben g^einb, feine ju weit oorgefdjobeneu
Soften juriidEjunel^men, fo baß nun wieber ©ellnoio unb 3lltftabt feine
näd^fien ^ofitionen an ber ©tabt waren.
©d^on biefer 2luöfaII geigte, baß ©neifenau feine 2lufgabe anberö
faßte, als fiucabou. 2lrbeitete er aud^ unabläffig an ber SSerftärfung
ber eigentlid^en geftung, fo war bod^ fein §auptaugemnerf barauf ge^
rid^tet, bem geinbe burd^ fräftige 2luöfälle bie 2lnnäl^erung ju erfc^weren
unb ben 2lngriff auf bie §auptwätle fo möglid^ft ]^inau§juf(^ieben.
S)ie ©arnifon würbe beöl^alb in §üttenlagern außerl^alb ber 3^eftung
untergebrad^t.
*) e« lüirb baburc^ mc^t audgcfc^loffen, ha^ 9lcttelbccf — loie er in feinet
SebcndgeftJ&id^tc eraä^U — in erinncrung an ein ä^nlic^c« sßopicrgclb im ^oüänbi-
f4ien Slmerifa; ujclc^ed ben ??flan5crn für ben fleinen S3er!e^r al« Sluä^ülfSmittel
gebient l^atte^ ba^u^bie erftc ?lnreöung o^??'^^" "^^t,
— 551 ---
3u feinen erften ©orgen gel^örte bte Sßerfd^anjung bes SBolffi*
bergeö.
SDtefer imbebeutenbe, ben SIReeresfpiegel um 30, bie umliegenbe
QUm nur um U— 15 g^ug überragenbe, von ber ©tabt 1500, t)om
aJleere 500 ©(abritt entfernte ©anbl^ügel fonnte an fid^ fd^on in ber
ebenen roalbfreien %lä^e be§ Sinnenfelbes, weld^eö gegen ©üben unb
Dflen an bie fumpflgen ©rünbe ber 3Jlafes unb 3iaben)iefen unb ber
©d^Iaderie fiöfet, t)on trefflid&er Slrtillerierairfung fein; er würbe t)on ents
f d^eibenber SBebeutung, feit man auö ber SWic^tung ber S)ämme, bie ber
geinb burd^ jene ©rünbe führte, unb auö eitiem aufgefangenen feinb^
lid^en Serid^te erfel^en i)atte, bag ber §auptangriff ber Saftion SReu^
mar! gelte, ber bmä) einen SRebenangriff gegen bie Sauenburger SSor?
ftabt unterftüfet werben follte. S)er SBolföberg üerfd^Iojg nx^t blo^ ben
3ugang jum §afen, er fonnte aud^ bie Dffenfiüe beö geinbeö fi^raäd^en,
inbem er beffen erften 3lngriff auf fid^ jog. ©d^on unter ßucabou war
bie Sefeftigung befc^loffen (29. 3Jlärj), auö unbefannten ©rünben aber
nid^t au§gefül^rt, bie unfertige ©d^anje mar jwifd^en bem 13. unb
21. 2lpril mit einer Äanone befefet
Unter Seitung beö ebm t)on ber 2ltabemie gefommenen Sngenieurä
t). g^el^rent^eil begann am 5. 3Jlai ber S3au ber ©d^anje, unb am 7.
mürbe bergeinb auf bie Arbeit aufmerffam; aber feine jmei Bataillone
unb jmei ©d^mabronen, bie er t)om SBalbe gegen ben SBolföberg fd^idfte,
mürben t)on ben f(^anjenben ©olbaten, meldte bie ©(^aufel fogleid^ mit
ber 3Ku§!ete »ertaufd^ten, fo berb empfangen, ba& fie eiligfi über bie
fumpflgen SBiefengrünbe jurüdfmid^en.
^ierburd^ üorfid^tiger gemad^t, fud^te fid& ber g^einb junäd^ft auf
bem S3innenfelbe fefljufefeen. SDieö erreid^te er in ber 3la^t jum 9. SWai
auf einem injwifd^en fertig geworbenen SDamm, unb trofe ber Slnflrem
gungen ber Belagerten bel^auptete er fid^ auf beffen äugerftem 9lanbe,
wo er fid^ burd^ jwei Siebouten fid^erle. ®ö gelang i^m von l^ier aus
am ^pngftfonntage 2lbenbä lOJ U^r — er wählte gern ©onn^^ unb
gefttage jum Singriffe — bie SBorpoften ju überrafd^en unb an bie no(5
immer unfertige Sefeftigung bes SQBolföbergeö ju !ommen. 3war fd^lugen
fid^ bie 160 jungen ^Pommern unter ?ßremier::Sieutenant v. di^ehen wie
alte t)erfud^te ©olbaten gegen bie 2700 SDiann flarfen geinbe, unb bie
anftürmenben ?Polen fonnten erft über bie Seid^en beö g^äl^nrid^s 2)om=
browöfi unb feiner 20 SBrat)en, weld^e ben nod^ unbefeftigten Eingang
mit il^ren geibem bedften, in baö innere einbringen, aber bie ©d^anje
— 552 —
war genommen, bie SWel^rjal^t ber Sefafeung würbe getöbtet ober ge^
fangen, nur ein fleiner %f)zH rettete \iä).
S)a§ roid^tige SBerf burfte ber geinb nidEit bel^alten. S)a§ Bataillon
SBalbenfefe erl^ielt fo9lei($ 93efel^l, fic^ um 1 U^r an ber Siegelfd^eune
iu fammeln uub ^unct 2 U^r jum 2lngriff ju fdjreiten, „ba§ grül^ftttd",
fo I;atte ©neifenau angeorbuet, „folle i^neu in bie Sd;anje nachgetragen
werben"; baä neumärfifd^e SataiHoii bilbele bie Sleferoe, baö SSürger^
bataitton befefete injmifd^en ben §auptn)all. 3^ur eine Saloe üermod^te
ber geinb auf bie unter §urra]^ anftürmenben ©renabiere abzugeben,
eine 3Jlinute fpäter fal^ er \iäi in beui eben ju einer SnfanteriefteHung
eingerichteten Äel^Igraben mit i^nen im wilbeften §anbgemenge. 2Ba§
nidit fofort niebergemadjt würbe — uub bie burd^ bie SHiebermefeelung
i^rer Äameraben erbitterten ©renabiere übten fein 3Witteib — flol^ in
bie ©d)anje unb oon bort oor ben jugleidj einbringenben unb über bie
SBruftwe^r fletternben ©egnern in ba§ freie g^elb ben ^Bajonetten unb
Äugeln ber ©renabiere entgegen, bie bereits bie'Sd^anje auf beiben
Seiten umgangen l^atten. S^er SSolföberg war wiebererobert. ^loäf
ma6)ie ber geinb einige fd^wad&e 3Ser[ud^e, i^n wieber ju gewinnen; gegen
5 U^r jog er \iö) in feine ©c^aujen auf bem Sinnenfelbe jurüd.
©ein llngeflüm war gewaltig gebämpft, unb beut aKarfd;all
blieb nid^tö übrig, alö ber f leinen ©rbfd^anje bie ®l^re einer fönn-
lid^en Belagerung anjut^un. ©ie bilbet oon jefct ab ben ^^unct, um
ben fic^ alle Gräfte jur 2lbwel^r unb jum 2lngriff concentriren. 3Rxi
äu^erfter Slnftrengung würbe fie in ben näd^ften Sagen oollenbet, ent-
fpracJ^ iebo(^ in il^rer 2luöfüf)rung nic^t bem ©ebanfen ©neifenauö.
3^r §auptfel^ler war, bafe bie an unb für fid) fd)on an§> bem fd^led^-
teften SKaterial, ben l^alboerbrannten Salfenreften au^ ber Sauenburger
SBorftabt, erbauten Slod^äufer in ben brei gegen ben geinb geridjteten
SBaftionen nid^t tief genug eingefenft waren unb ba^ fomit bie S3atte=
rieen no(^ über 5 g^u& über bie SSrufttoel^r t;eroorragten. Gin breiter,
na($ ben 900 ©d^ritt l)inter bem . 3Bolf§berge erbauten Siebouten l^in
fül^renber Saufgraben fidjerte bie SSerbinbung mit ber ©tabt. ©ie er^
Ijielt 9 ©efd^üfee, unb bie aSert^eibigung berfelben würbe ben ©rena^
bieren oon SBalbenfelö anvertraut, unb fie Ijaben ben „©renabierberg"/
wie er i^nen ju (S^ren genannt würbe, oert^eibigt, al§ wäre er iljre
§eimat unb baö le^te unb einjige SoUwerf ber geftung.
syon ben 23rüden!öpfen ber beiben burd^ ba§ SDJoor gefül;rten SDännne
aus begann nun bie förmlid^e 33elagerung bes äßolföberges. 3lm 19, 3)iai
— 553 —
I
]^o6 her g^einb in einer ©ntfemung von 1600 bis 1700 B^nit bie
etfie ^Parallele aM unb fett bem 55. übetf($xUtete er bie ©c^anje täglicä^
mit l^unberten t)on ilugeln unb ©ranaten. SBermocä^te er aw^ nid^t
bie 5 i^m jugefel^rlen ®ef(^üfee beö Sffierfö jum ©d^weigen ju bringen,
nm§te er fogar gegen bie füblid^ t)om Sßolföberge gelegenen 33lotfpufer
einen befonberen Saufgraben eröffnen, ber fpäter mit bem gegen ben
erfteren gefül^rten rereinigt würbe, fo fonnte bo$ ber J^artnädigfte
SBiberftanb ber S3efafeimg, il^re näd^tlid^en'3lu§fälle, baö mitimter wirt
fame g^euer ber fi^roebifd^en gregatte baö ftetige SBorrüden be§ t)orfi(]^tig
gemad^ten, jeben g^ortfd^ritt burd^ 9?ebouten inib ©d^anjen bedfenben,
^eit ber Uebergabe t)on SDanjig (26. 9Kai) bmö) bort entbel^rlid^e £rup=:
penmaffen exS)eblx^ üerftärften geinbeö nid^t rerl^inbern. 3lm 3(benb beö
10. 3uni war berfelbe mit ber ©pifee einer neuen parallele auf
40 ©d^ritt*) bem SBolföberge nal^e gefommen, unb um 3 U^x in ber
f^rül^e be§ 11. begann er auä ben. 30 Kanonen xmb 3J?örfern ber bort
errichteten SBrefd^batterie ein furchtbares g^euer gegen biefen. ©ud^ten
auä) bie Kanonen ber fd^roebifc^en g^regatte unb ber nal^e gelegenen
geftungöroerfe nad^ SUlöglid^feit ju l^elfen unb ba§ g^euer t)om SBolfös
berge abjujiel^en, biefer mußte bod^ bie ganje SBuc^t be§ feinblid^en
3lngriffs tragen. Sängere Seit gab er auö feinen fünf ©efd^ü^en trofeig
Stntmort, aber von ©tunbe jU ©tunbe mürbe bie Sage bebenflid^er: bie
feinbUd^en Äugeln unb 33omben jerfefeten baö fd^mad^e SBerf unb riffen
überall Süden in bie ^aQifaben unb in bie Sruftmel^r, balb mar fein
9Jaum mel^r ba, ber ©id^erfieit gemalerte, baö nur leidet mit @rbe be=
bedfte ^utoermagajin mar faft bloß gemül^It unb bie SBefafeung, bie in
einem Soc^e in ber aJlitte, bem 3lnfange eines unroHenbeten 33Iodfl^aufe§,
©eroefir im Strm, ftanb, ben feinblid;en Äugeln fc^ufeloö preisgegeben,
bie ©djanje balb mit Sobten unb ©terbenben erfüllt, eine einjige Sombe
ftrccfte 12 3Wann nieber. 2lber für biefe 9Jfänner l^atte berSob feinen
©d^redfen t)erloren. 2Bäl^renb bie ©tänber ber SlodE^äufer vov ben
©dalägen ber Äugeln roanften unb bie 35edbalten J^erabjuftürjen brol^ten,
fpielten bie ©renabiere brinnen SDreifart, imb es fam t)or, ba^ eine
Äanonenfugel einem ber ©pielenben ben Äopf abriß unb, mie beffen
©cnoffe gleid^mütl^ig fagte, „33eet machte." ©leid^mütl^ig bebienten bie
Äanoniere i^re ©efd^üfee, bis ber Sob fie ablöfte, ben brauen Äanonier
SBifefefi, ber mit feinem 3mölfpfünber fo fidler fd^oß, mie mit feiner
*) ©0 in bem Schreiben ©ncifenauö an ben ^bmq, bei ^eti^.
^ 554 —
S3fl(^fe, riB eine Äanonenfugel bud^fläbli^ auöeinanber, fein au$ \^o\x
t)ern)unbeter Unteroffiäier ^oft, bem bcr ©terbenbe noä) frantpf^aft bie
§anb gebrüdt ^atte, fefete bie 2lrbeit fort, gegen SUHttag waren nur
no(^ 4 2lrtilleriften nnt)ertt)unbet. Svoax traten ©renabiere für fie ein,
aber fd^roäd^er unb \ö)mä)tx würbe baö g^euer, mä) 3Kiltag war baö
lefete ®ef(^üfe bemontirt, unb fd^roeigenb liejs \iä) ber ©renabierberg je|t
t)on ben feinblid^en Äugeln überfd^ütten.
S)a fi^raieg plö^lid^, um brei Ul^r 9lad^mittag§, an^ ba^ feinb^
lid^e g^euer. 3)ie 5!Jfänner, bie no(^ Mmpfen fonnten, maiä^ten fid^ unter
il^rem lielbenmfltl^igen Kapitän gr. v. Sülott) fertig jum legten ©räuel;
aber ftatt ber feinbli($en Snfanteriecolonnen, bie fie in iebem 2lugenbli(I
a\\^ ben ©räben, wo \xä) biefe fd^on am 3)lorgen in ftarfen aWaffen
gefammelt l^atten, l^erDorbrec^en ju feigen erwarteten, erfd^ien ber fram
jöfifd^e ©eneral Souüenot unb bot ber 93efa6ung freien Stbjug mit
allen ©efd)üfeen an. S)ie ©orge, bafe ber ©türm felbft nod^ mele
Dper foyten würbe, l^atte neben ber Sld^tung vor ber S^apf erfeit beö
©egnerö ben fraujöfifd^en ßberbefel^Uötiber ju biefem 3lnerbieten be*
ftinnnt. ©neifenau, ber felbft f(^on beabfid^tigt l^qtte, in ber 3la^t bie
©d^anje räumen ju laffen, befallt um 5 U^r ben Slbjug. Unter bem
©df)u^e eineö 9BaffenftilIftanbeö, ber bi§ jum näd)ften aJZorgen um
{10 Ul^r bauern follte, aber fdöon in ber 9iad^t t)om g^einbe gebrod^en
würbe, gruben bie ©renabiere i^re tl;euer bewal;rten, faft »erfd^ütteten
©efdiüfce am ber @rbe unb uerlie^en um 9 U^r mit allem aWaterial
bie ©d^anje. 3iur 400 Bä)xxtt l^inter ber ©renabierfd)anje, jefet von
ben granjofen g^ort Soifon genannt, fteHten fie i^re Sorpoften an% vox
ber nod^ nic^t ganj üollenbeten Siegelf d^an je, bem §auptwerfe einer
^weiten, fc^on fett längerer Seit in Eingriff genommenen SSertl^eibis
gung§liuie.
SDie ^Belagerung ber ©renabierfdianje l^atte 25 Sage gewäl^rt,
18 Jage lang Ijatte fie faft unau§gefefet ba§ feinblid^e ^euer auöge=
fialten, bieö baburd; wenigftenö getl^eilt unb ber ©tabt mand^en (B6)n^
erfpart, unb ben 3lngriff auf bie g^eftung um ebenfo lange Seit t)er=
jögert. 35ie fteine jerfd^offene ©rbfd^anje mit i^ren auö l^alboerbranntem
§otje erbauten Slod^äufern l^atte met;r geleiftet, alö bie ftarfen SfiBäHe
von ©tettin unb a)lagbeburg, fie l^atte gemad)t, ba§ ber preu^ifdie
9?ame, ber bem g^einbe ju ©pott unb §of)n geworben war, wieber mit
©(^eu unb Sichtung genannt würbe.
SBäl^renb ber g^einb mit ^ro^er Slnftrengun^ bie eroberte ^d^anje
— 555 —
jur Slufnal^me von SBaltericcn fertig ma^k, begann er gleld^jeittg
(12. 3uni), um ©neifenau über baö wal^re 3iel beö Stngriffs ju täiu
fd^en, bie 3lu§]^ebung einer erften parallele t)om l^ol^en Serge quo. S^oi^
biefer l;ötte aud) o|ne baö aufgefangene Sd^reibeu bcö franjöfifd^en
Sngenieurö ßl^amberlf)iaf nid^t geglaubt, ba§ ber gelnb ben SBolfsberg
fo t^ieuer erfauft l^abe, um nun btn §auptangriff t)on einer anberen
©eite l^er ju beginnen. ®r rerftärfte beöl^alb bie 3iegelf(^anje, liefe
am ©tranbe ju i^rer SDedung jroei Slod^äufer erri(i)ten unb von 9?et'
telbedE hmö) bie 2lufftauung ber ©räben am g^rauenmarfle eine neue
Ueberfi^roemmung l^erfteHen, rodä)e bie 3?orboftfeite ber g^eftung bedfte
unb bis jur ^erfante reid)te. SDurdj ^erfantenwaffer, raeldjeö mit
©t^öpfeimern, bie man an bem SRabe einer 3J?ii^Ie am ©elbertljore
angebracht, in einen Sel^älter unb von ba bur(^ i^ötjerne SRinnen über
aBall unb ©raben fort nad^ berfelben ©eite geleitet würbe, erl^ö^te
JJeltelbecE ben SBafferftanb ber[elben. S)ag barin angelegte Snfelblod-
Ijauö fi(^erte jugleid) bie a?erbinbung jtüifdien ber 3iegelfd;an}e unb ber
Sauenburger Sl>orftabt. ®ie 2lbfid^t SWettelbedö, ben 6tanb be§ SBafferö
fo 3U fteigern, bafe e§ bie feinblid)en Saufgräben erfüllte, f($eiterte an
ber B6)mää)^ ber §auptfd)leufe, beren STuttelfelb t)or ber Saft beö 2öaf-
fers (18. Sunt) jerbrai^. Svoax gelang eö ber Umfid^t 3?ettelbed§ unb
feiner §elfer, beö SRöl^renmeifterö ©erife imb be§ Sauinfpectorö ©d^effer,
l^inter fd^nell errid)tetem gangbamm ben ©d^aben auöjubeffern, fo bafe
in einigen Sagen bie alte 2Bafferl)ö^e miebererreid^t würbe; hoä) wagte
man ni(^t wieber bem fc^wad^en SBerfe 'fo oiel jujumutl^en in ber ^urd^t,
ber 33ru(^ fönne \iä) wieberljolen unb baö unentbel^rli($e SBertl^eibigungS:^
mittel babei ganj fortgefd^wemmt werben.
SBötjrenb ©neifenau unabläffig arbeitete, bie g^eftnng an ien be-
brol^ten ^^unften ju Derftärfen, war er burc^auö nid^t gewillt, fi($ um
tptig in bie g^eftung einjufd^liefeen. Kleinere 3lbt^eilungen ber ©d^it
lianer wagten burd^ bie gwrtl^ beö Camper ©eeö füljne ©treifjüge in
ben SRüdfen beö geinbeö, l^oben einzelne Sruppö unb 3uful^r auf, l^olten
gufejäger auö ber 3lixf)^ t)on Serlin unb mad)ten bie ©egenb fo un^
fid)er, bafe bie franjöftf(^en ©ffijiere faum wagten, oljne Sebedung baö
Sager 5u t)erlaf[en; baö §auptjiel blieb, buri^ Sluöfälle bem geinbe baö
gewonnene Serrain ftreitig 5U mad&en unb feine 3lrbeiten wieber ju jer=:
ftören. SDie näd^fle Unternel^mimg galt bem SBolföberge. SDie 3la6)t
vom 14. auf ben 15. Suni würbe baju erwäl^lt. ©en tapferen ©rena=
bieren pon SBJalbenfels war ber §auptantl^eil, bie ©roberun^ ber @d^au\e^
— 556 —
jugeba^t, bie WöUtt^^m %ü[xlkxt f oUtcn bic ^puberfd^uppen am Stranbe
Ildamen. Segünftigt imä) bic un(}en)ö^nU(ä&c ginfternife, ba§ %oUn bes
©hinne§ unb ber SBranbung bei ftrömcnbcm SWegeu famen bie güfiliere,
an ber Äüfle rorrüdenb, unbemerft üom g^einbe, ber ebenfalls einen
Ueberfatt plante unb beffen ^^often 93efef)l l^atten, bie \iä) in Keinen
Sruppö fammelnbe SJlannfdjaft nidjt anjurufen, an ben ©(puppen vorbei,
überrumpelten fie mn ber SWüdfeite unb ma(^ten bie Sefafeung nad^
furjem ®efe($te nieber, S5er Särm unb baö ©diiefeen l^atte aud^ bic
Sefa^ung beö SBoIfsbergeö alarmirt, aber ju fpat. 3n)ei ßompagnicen
ber ©renabiere l^atten, bie Ueberfd^roemmung buri^watenb, bic ©(ä^anje
umgangen, fie brangen burc^ ben x)on ben g^einbcn angelegten Eingang
Don leinten in fie ein unb griffen bie an ber nod^ unfertigen Sruflmcl^r
na^ ber ©tabt ju ben ©egner erroartenbe Sefafeung im diüäen an,
n)ä^renb bic brei anberen ßompagnieen von ber 3fJorbfeite bic SSruflmc^r
erftürmten. S)er Äampf war furj, ein S^eil würbe niebergel;auen, etma
200 ©emeinc, 10 Dfpjicrc unb ber feinbli(§e Dberft §ennig, ben ber
Sieutenant ©tarf bei ber Sel^lc faßte unb entwaffnete, würben gefangen.
S)er fü^ne §anbftrei(i| war gelungen; fd^wieger war es, bie
©d^anje ju bel^aupten. SBar eö anä) \\xä)i bie 2lbfi(3^t ©neifenauö, fie
auf bie SDauer ju fialten, fo mußte fie hoö) rertl^eibigt werben, biö
bie Slrbeiten be§ geinbeö jerftört waren, unb biefen fpornten ®l^rc unb
3Sort^eil, fie wieber ju gewinnen. ®ie ©effnung nad^ ßften auöju=
füllen, fel^lte bic Seit: jwei ©ectionen t)erfd[)loffen fie mit i^ren Seibern
bem g^einbe, ber fogleid^ mit ftarfen SKaffen aus ben näd^fien Sauf^
graben ^crcorbrad^. ©in Äugelregen ftredtc bie erfte ©ection nieber,
aber bie jweite wanfte nid^t, fie bedte fi(^ mit ben Seibern ber gefallenen
5lameraben, unb baö wol^lgcjiclte g^cuer t)on ber 33ruftwel;r trieb bic
©türmenben unter blutigem aSerlufte jurüdf. $ßod^ breimal unb immer
ebenfo erfolglos erneuerte ber g^einb feinen 3lngriff, bann, gegen SUlorgen,
begnügte er fid^, ein jerftörenbeö 2lrtilleriefeuer gegen bie ©dränge ju
ri($ten. Seö ßommanbanten 2lbfi(^t war erreid^t. Sllö bie feinbli(^en
Slrbeiten nad^ 3J}öglid)!eit jerftört waren, gingen bic ©renabiere um
7 l\i)x auf bie 3iegelf(^anje jurüd. 2)em g^einbc l^atte ber Äampf
1000 aJlann getoftet, aber au($ pon ben Preußen war mand^er gefallen,
unb e§ war ein bitterer ©(^merj für ©neifenau, ha^ bie ©renabiere
bie Seid&e il)reö Hauptmanns 2Balbenfels jurüdfbrad^ten, ben eine g^linten*
fugel (ober ein Sajonetftid^) tuebergeftrecft l^atte. 3Bic bic meiften
feiner SSaffengeföl^rten, würbe er aus 3Kangel an §ol} o^ne ©arg in
_ 557 —
bie ©tbe gefenft, unb feine Sretterroanb trennt xf)n von beut S)oben,
für ben er Jänipfenb gefallen ift. 3?etterbeö Ijat feine ©rabftätte fpäter
burd^ einen S)enfftein bejeidjnet unb \i6) baneben fein eigenes S3egräbni§
geftiftet*). Sroeiter Somnianbant würbe ©teinmefe, t). 3ülon) erl^ielt
baö ©renabierbataißon. ßö gefd^af) in ber beni l;ei^en Kampfe folgen^
ben Siad^t mä) bem 33ru(i)e beö SBoffenftiUftanbes burd; bie g^ranjofen,
iDeld^e no(J^ wäl^renb beffelben t)erirag§tt3ibrig bie Slrbeiten am 3Bolf§=
berge angefangen I;alten, ha^ ber bei ^reunb unb ^einb Ijod^gead;tete
^^iüifionögeneral 2'euUe auf biefer Scfianje eine töbtli(^e 2Bunbe erl;ielt,
an ber er fec^ö Sage barauf in Sramin ftarb**).
SDer geinb blieb im S3efi|e beö 93olf§berge§; aber er war in
feinen Selagerungöarbeiten an biefem ^^Umcte unt 8 Sage juriidgemorfen
unb burd) bie f^weren SSerlufte fo fopffd;eu gemacl)t, baJ3 er nur mit
größter SBel^utfamfeit tjorging. S)o(^ aße SSorfid^t fd)üfete i{)n nid^t gegen bie
immer wieber unternommenen 3lu§fä(Ie ber 33elagerten. Sd^on in ber näd^-
fien 3Jad^t erl^ielt er einen SSeweiö von if;rem ungefdfiwäi^ten Slngriffömutl^.
®er g^einb I;atte in ben legten Sagen bie preu§ifdE)en 3]orpoften
bi§ an bie Sauenburger Sßorftabt jurüdgebrängt unb mu^te erwarten,
baf5 ©neifenau rerfudien werbe, i(;n äu§ ber bebenflic^en SRäl^e ju t)er-
treiben, er mugte be§^alb jeben Singriff auf entferntere ^uncte für
©d^einangriffe l^alten, bie nur hcn 3lngriff auf bie ßörliner ©d;anje
masfiren follten. SDarauf grünbele ©neifenau feinen ^(an. 3lur jum
©(^ein würbe ein 2luöfaII gegen bie (entere gemadE)t, ber wirflid^e Singriff
galt ©eßnow unb ber SKafefdfianje (/V. 16). SDen erften führten 600 a^ann
vom ©c^iff f($en Sorpö unter Sieutenant v. ©ruben au§, fie überrafd^ten
bie an^ 1600 Stalienern beftel^enbe 33efafeung t)olIftänbig, l^ieben fie
nieber, ober jagten fie in bie g(u(^t, unb ber ©eneral 33onfanti rettete
fic^ mit ^oÜ) burcö ba^ ^^enfter beö Ärugeö ror ber ©efangenfd;aft.
Seiber war bie t)ierte ßompagnie nid^t jur ©teile, um bie ^erfantebrüde
5U jerftören. ©o fonnte ber geinb balb SSerftärfung fc^iden unb gegen
3)iorgen mußten bie SluöfaHtruppen nid)t ol^ne erl^eblid^en SJerluft auf
bie 3^eftung jurüdge^en.
SBeffer nod; gelang ber Singriff ber 4 ßompagnieen gegen bie
SJlafcfd^anje, weld;e ©neifenau felbft begleitete. 2)a§ Äartätfd^enfeuer,
*) 3)ic ©röbcr bcpnbcn fid) an ber rocftlid^cn äJiauer beö 3Künber Süvi^^o^^^,
Fenntlid^ burd) jroei mit @pl)eu umronHe abgcpumpfte ©vanitp^ramiben. Stettelbed
ftarb 1823.
**) @?ine (inbalfamirte 2eic^e lourbe 1836 pon Stramm mü^ SOtailonb gebrod^t.
558
wel(^e§ bie fid; bnxä) ifjr ^nxxdf) ju frül^ SSerratl^cnbcn empfing, fcfete
einen S^eil be§ Sataittonö Sorf in eine augenblidlid^e SBerroirrung,
aber ©neifenauö fräftige SDkl^nnng brad)te fogteid^ bie ©(ä^roanfenben
tüieber jnr 33eftnnung, ben Cffijieren nad^, weld^e burd) 2lu§rei§en ber
^PaHifaben i^ren Senten ben 2Beg gebal^nt l^atten, erftürmten fie bie
Sruftrael^r unb l^ieben bie 300 9J?ann ftarfe Sefa^ung bi§ auf 60 nieber.
2)ie 4 gewonnenen ®efd)ü^e mußten fielen bleiben, ba bie beftellten
^ferbe ausblieben unb bie feinblicJ^en SRefercen fd&nell Ijeranrüdten. —
äu($ ber falfd^e Eingriff über ben ßörliner S5amm, ben Sieutenant
V, Sord mit 30 3Wann ausfiil^rle, l^atte glüdlii^en ®rfoIg, er brang in
bie Saufgräben vox ber Sauenburger g^ront ein, ftie§ nieber, waö il^m
in ben Sffieg fam, unb feierte, wenn a\\6) mit jerfdimettertem Slrm, mit
23 ©efangnen in bie g^eftung jurüd.
§atte ©neifenau fogar auf SeHnora einen S?erfu(]^ gemad^t, fo fonnte
er eö nod^ weniger über fid^ gerainnen, bem g^einbe ben 3Bolföberg unge-
ftört JU überlaffen. ^oä) waren bie axi§f ©tod^olm unb 9iiga erwar
teten ä?orrälf)e nid)t jur ©teBe, unb fobalb ber geinb ©efc^ü^e fd^weren
Äaliberö auf bie ©(^anje bra($te,. war bie ©eeoerbinbung emftlid^ ge=
fäl^rbet Um bie in ber SDunfell^eit unt)ermeibli($e SSerwirrung }u t)er=
meiben, würbe ber Slngtiff auf 5 U^r 3^a($mittag§ (19. Sinü) feftge=
fefet. Sie Offijiere ber beiben 93ataitIone, bie f(^on einmal jufammen
ben SBolföberg gewonnen, l^atten naä) einem gemeinsamen SUJittageffen
fi($ bie @^re beö Sturmes oont ßommanbanten erbeten, ©in l^eftigeö
^euer ber g^eftung unb ber fd^webifc^en g^regatte (bie gleid) barauf bie
9?l;ebe t)erlie^), leitete iljn ein, bann ftünnte ba5 ©renabierbataiHon in
entwidelter gront gegen ben SBoIföberg, am Stranbe etwaö jurüd ging
baö güfilierbataitton t)or. SDie erfte 3lrtif(eriefaloe ging über bie @tür=
menben fort, aber furd)tbar wirfte £artätfd)en= imb ©ewel^rfeuer in ber
Mlje: ein drittel fanf f(^on vox ber ©djanjc. ©ennod; arbeiteten fi^
bie tapferen burd) bie ^aHifaben liinburdE) unb erftiegen bie 93ruftwel;r.
§ier, mitten jwi[d^en ben feinbUdien Kanonen, begann ein Äampf 9}?ann
gegen 3)iann, ein furcf)tbareö SRorben, ein preu^ifd^er ©renabier fa&,
mit bem ©ewel^r um fid^ fd^tagenb unb unauff)örlid; rufenb: „einen
3?agel l^er!" auf einer Äanone, fd)on warfen bie g^einbe bie 2Baffen weg
unb baten um ^krbon; ba fiel ber Äapitän, dou ber Äugel eineö vox
i^m losgebrannten ©efi^üfeeö jerriffen, bie f(^webif(§e g^regatte l;attc
felbft ber erfal^rene ©teuermann Jlettelbed ni(^t fo nalje an ba§ Ufer
iringen tonnen, baj3 fie im ©tanbe war, burd; i^r ^euer baö ^elb
nr
559 —
l^inter ber ©c^aiije rein ju l^alfen, ungel^inbert eilten bie feinbUd^en
Sieferoen auö ben Saufgräben l^erbei, bie güfiliere n)urben von über?
legener 3Jiad^t jurüdf gebrängt, bie ©renobiere ini SRüden angegriffen
unb i^nen ber Siürfraeg abgefdjnitten. 2)ie tneiften fielen, faum ber
britte S^eil fel;rte jurücf; 3 JDffijiere waren tobt, 4 fd;n)er Derraunbet
gefangen genommen.
©ö war ein 2lu§gang, ber auf 33efafeung unb 33ürgerf($aft eine
entmutl^igeube äßirfung l;ätte ausüben !önnen. Slber in ber ©tabt fal)
man nur no(^ mit falbem SBlide auf bie ©efallenen, man empfanb nur,
ba^ ein neuer ©Ijrentag ben alten angerei()t fei; benn in mäcä^tiger
©mpfmbung waren bie ^erjen ber ©olbaten unb öürger über bie aß«
töglidje ©tinmiung l^inauögel^oben. SDaö brüte SBataitton Sord be=
fd^werte fid^ \6)on früher, bafe eö l^inter ben Äameraben jurüdftel^en
müffe^^ DoH ungebulbigen ©iferö brängten \iä) bie Seute jum ilampfe,
fie fd^lidjen fidj i()cimUd) aM ber g^eftung, um an SluöfäHen Si^eil ju
nel;men, bie feiten fic^ finbenben Feiglinge waren in ©efaljr, ber 33e=
ftrafung burd^ bie eigenen ^ameraben anl;eimjufallen. Unglaublidjeö
leiftete Dor 3lllem bie 2lrtitlerie trofe ber f($led^ten Äanonen, üon benen
täglich eine fprang, ober wol;l gar jerfdjmolj, imb fo gewaltig wirfte
ber ®eift biefer Sruppe auf jebeö i^rer ©lieber, ba§ felbft bie in ber
legten 3eit ber 33elagerung a\\^ ber ©tabljugenb auögel^obenen Siecruten
eö in wenig Sagen an Äaltblütigfeit ben älteren ärtitteriften gleic^^
tl^aten. 3^ie Sürger Ijatten an bem näc^ften Sage nad^ bem üerunglüdten
©türme 170St)aler für bie 3?erwunbeten gefammelt, unb fo traurig bie
Sage^ ber ärmeren 93ürger, namentlid) ber 2Sorftäb*er war, bereu §äufer
niebergebrannt, bereu ©rwerböqueHen »erfiegt waren, — feiner Ijätte
t)on ©rgebung gefprodjen. ßö war in jebem §erjen ein 2Bieberl^alI ber
©tinnnung, bie ein 3eitgenoffe mit ben SBortcn auöfpri(^t: „eö ift
SBonne, es ift ©eligfeit, mit folc^en Äameraben für Äönig unb SUater-
lanb ju ftreitcn, mit Reiben, bie bem Sobe fo frei unb offen inö 3lntlife
feigen." ©elbft bie grauen befeette biefe Segeifterung unb 2obe§oer-
ad^tung: fie brad^ten Sebensmittel in bie entfernteften ©drangen, mit
Äinbern jufammen trugen fie ben Äämpfenben in bie ©d^la^tlinie Win^
nition ju, pflegten bie SBerwimbeten unb bereiteten nod^ wä^renb be§
furd;tbaren SBombarbementö ber lefeten Sage ©peifen für fie.
es beburfte aber aud^ bes gefteigerten 3Jlutl;eö. SBebeulenbe SSer^^
ftärfungen waren bem geinbe in ben lefeten Sagen jugefommen, faft
24^000 3Hann jogen enger imb enger bas SRefe au(§ dou ber SSeftfeite
— 560 —
5et gegen bie SRaiful^te um ßolberg jufamnten. 3)te 3tußfätte uutet-
blieben, um bie fd^on fel^r gefd^moljene Slnjal^l — 700 SBerwunbete
lagen in ben Sajaret^en — für bie SSert^eibigung ber geftimg felbft
aufjufparen.
a3iö jum 26. Suni maren bie Saufgräben beö SBoIföberge§ inib
bie t)om ©tabtraalbe lier ju einer ^>aratlele tjerbunben, unb am 30. aud^
Don ber 3lUftabt l;er bie britte ^araßele beenbet unb, wie bie übrigen,
mit 93atterieen befefct. Sefet würben von ©neifenau au(^ bie füblid^
t)om SEBolfsberge belegenen, no(i) immer bel^aupteten Slod^äufer geräumt,
unb gteii^jeitig t)on allen ©eiten fonnte bie ©tabt jeftt angegriffen werben.
33is bal^in mar ba§ feinbli(^e g^euer mel^r gegen bie SBerfe, alö
gegen bie ©tabt gerii^tet morben, wenn aud^ biefe nid^t bat)on »erfd^ont
geblieben mar. ©d^on am 7. SJJai l^atten bie Söfd^anftalten i^re erfte
^^Jrobe beftanben, alö ba§ ©üfflom'fd^e §auö an ber ^erfante, auf beffen
§ofe eine jum ©d)ufe ber ©d^leufen ben glufe befftei(^enbe ^Batterie
panb, in 33ranb gcfd^offen mar, luib eine SBerbreitung be§ geuer§ auf
bie SRebenpufer mar trofe beö feinbli(^en ®ranatenl^agel§, ben er auf
biefe ©teile rid)tete, »erl^ütet morben. ©pätere 33räube, mie am 1 1. Suni/
mo breimal ©ranaten jünbeten, unb am 1 4. Suni, mo 28 S3omben bie
©tabt trafen, mürben im Keime erftidft. 3loä) war bie Sal^l ber ©e-
töbteten imb Sßerwunbeten fel^r gering, aber eö war nur baö leidste
aSorfpiel gewefen ju bem ©dt)redtlid^en, waö bie erften Sage beö Suli
bringen fottten.
©eitbem nad^ ber 9Ueberlage von grieblanb SBaffenftillftanböDer'
l^anblungen im SBerfe waren, liatte SJtapoleon an £oi[on — ber feit
bem 18. Suni, wo 3Kortier abberufen würbe, Dberbefel^lö^aber vox ©ol-
berg war — gcfdl)ärfte Sefel^le gelangen laffen, bie 3=eftung um jeben ^reiö
ju nel^men imb fid^ junädtift ber SUJünbe ju bemädjtigen. Sßottte 5Wapoleon
eine ber legten S3urgen altpreufeifd^en ©eifte§ nid^t imbejwungen laffen,
bamit er baä ganje ^JireuBen gebrod^en ju feinen gü^en fel^e, fo fpornte
ben franjöfifd;en S3efel|löl)aber no(^ ber elirgeijige SBunfd^ na(^ bem
2itel „§erjog von Golberg." ©d;on am 28. Suni tiatte er 9tad)rid)t
von bem am 21. Suni mit au§brücElid;em ©iufdjluffe Golbergö gejd^lof^
fenen SBaffenftiUftanbe; aber bem granjofen ftanb 9iul)m unb Sßort^eit
^ö^er, alä e^re unb Sßölferred;t. S)urd; eine 2tnfpannung aller Kräfte,
burd^ einen lefeten allgemeinen Singriff fonnte er t)ielleid^t nod) erreidjen,
bafe bie weifee gal^ne in ber 3^eftung aufgewogen würbe, el^e bie SWad^«
rid^t t)om SBaffenftittfianbe bort anfam. Unb fo na||te bie ©ntfdjeibung.
^_ 561 _
^ttt 1. Sult aWorgenö gegen 3 Ul^r bonnerten alle fetnbllc^rt
SBatterieen ble 33en)ol^ner ber ©tabt bur($ ein entfefelid^es g^euer aus
bem ©d^lafe unb überfd^ütteten fie mit einem Siegen t>on ©ranaten^
SBomben unb aSolIfugeln. ©neifenau, ber in brei 3J{onaten ni(3^l aus
ben Äleibem gefommen war unb bie furje SRul^e, bie er [xä) gönnte,
auf einer ^ritfd^e in ber ©efangenfiube über bem Sauenburger Sl^ore
nal^m*), ftanb auf bem l^öd^ften ^unct ber g^efiung, bem Äat)alier beö
gortö ?PreuJ3en, wo er geftung unb Umgegenb am beften überfeinen
fontite, er überliefe es bem ju i|im getretenen SRettelbed, auf baö @e^
tümmel unb ben rauften Särm liinabjubliden, ber a\x§> ber ©tabt ju
il^nen l^intönte, fein Sluge flog über bie 2BäIle l^inauö ju ben geinben,
er tt)uj3te, bafe ba§ Sombarbement nur bie 2lufmerlfamfeit t)on ben rer^
bedften älbfid^ten beö g^einbeö ablenfen foHte, unb er l^atte feine 3KaJ5^
regeln gegen ben allgemeinen ©tutm getroffen.
Unerfreulid^eö fal^ fein 2luge in ber aJlaiful^le, mo ber Singriff
faft ju gleicher- 3eit mit bem Sombarbement begann. 6ö roax gewiß
eine f($n)ierige SBtufgabe für baö bnxö) Singriffe an ben oorl^ergel^enben
Sagen ermübete ©d^itt^fd^e ©orpö, bie lange, jum Si^eil fo fd^road^e SSer^
tl)eibigung§linie ber SMaiful^te gegen einen überlegenen geinb ju be^
l^aupten. ©od^ war ber SBiberftanb nid^t bem 9iufe beö ©orpö unb ber
eigenen juoerfid^tli^eu ©rfldrung entfpred^enb, bafe eö ftd& bort lieber
begraben laffen wollte, al§ wei(^en. ©ine Ueberrafd^ung fanb nid^t
ftatt. SDie Sefafeung erwartete ben Singriff mit gefpanntem ^al^n an
ber SSruftwel^r. Slber ber gü^rer, ber ^Premierlieutenant v. ©ruben I.,
I^atte trofe ber SBarnung ©neifenauö bie ©d^wädie ber ©teffung am
3Heere nid^t genügenb gefid^ert, unb ba überbiefe bie brei Kanonenboote^
bie man oorjugöroeife jur 2)edEung ber ajJaiful^le armirt unb mit je
einem SDreipfünber befefet l^atte, x\\ä)t jur ©teile waren, fo umging bie
feinblic^e Snfanterie, bem ©efd^ü^feuer auöwei(^enb, begünftigt burc^
baö ftitle SBetter bie fpanifd)en 9ieuter in ber ©ee unb erfd^ien im
9iüdfen ber 33efafeung. ©in panif^ier ©(^redfen bemä(^tigte \iä) biefer,
©ruben felbft oerlor bie 33efinnung unb gab, obwol^l bie 3iefen)en fd^on
l^eraneilten, ben S3efe^l jum Slüctjuge, ber trofe ber SBemüljungen ber
braoen Dffijiere in fo übereilter SKeife gefd^al^, bafe bie jweite SSer^
fdianjung o^ne Kampf aufgegeben würbe unb bie 15 ©efd^üfee bem
*) SBo fpäter 21. 9lu3c feine gefiimö^l^aft abfafe, aber ntc^t S. 3a^n, ber in
ßolbecg in einem ^rloatftaufe wohnte nur untev vott^ell^^x ^llcviSSÄN ^^w^.
- 562 —
^ctnbe m bie §änbe ftcten. (£§ war bcr ttüb|ie S'ag ber Setage^
timg unb ein fd^roarjcr g^leden an ber Gl^te beö fonft fo voaäexn 6otp§,
beffen frül^eren gül^ter ber ^remierlteutenant t). ©ruben nic^t ju er^
fefeen rerftanb. ®Iet($jeitig roax baö Salinenroerf genommen unb baö
©rabirl^auö in SBranb geftedft.
@ö gelang bem g^einbe menigflenö ni($t, ben glüd^tigen über btc
fd^on l^alb jerftörte SBrüde auf ba§ redete ^erfanteufer ju folgen unb
eß mar überflüffig, bafe bie 3Wünbe unb ^fannfi^mieben fofort in Sranb
gefteöt mürben*). S)a§ g^euer ber hem(l)baxkn Sc^anjen unb ber
miebergefel^rten fd^mebifd^en Fregatte, bie Äartätfd^enlagen ber 4 reiten^:
ben ©efd^üfee beö Sieutenant v. ©c^üter, ba§ ©emel^rfeuer ber aKöOer-
fd^en güfiliere unb ber 50 SUlann ftarfen, am Slbenb bis auf 6 jufamnieus
gefdimoljenen SSefafeung be§ Sicent^aufeö jmangen i^n, fid^ mit ber
3Jlaifu]^te ju begnügen, ©ie l^atte il^m einen l^ol^en ^^rciö gefoftet,
gegen 1 000 SWann maren gefallen ober von ben ^lerabgeriffenen Smeigeu
unb Säumen erf($lagen, aber ber SSerluft für bie Sctagerten mar no($
gröjser: ber §afen mar fo gut mie in ber gcinbe ©emalt, unb mit ge-
nauer 9Zotl^ entfam baö fd^mebifd^e £d)iff, baö feine Sabung 33omben=
feffel nod) nic^t ganj gelö)(^t l^atte, mit SSerluft von 2 9Kann in bie
offene ©ee.
®ö mar ein geringer Sroft für ©neifenau, ba§ auf hm anbeten
©eiten ber ©turnt abgefd)lagen mürbe. g^einbli(^e ilolonnen brangeu
mä[;renb beä i?ampfe§ jur Unterftüfeung be§ 3lngriffe§ gegen bie Siegel*
f($anje oor. 3lt)er ber 9ieft beö SataiHonö SBalbenfels [tritt l^ier feines
alten Siul^meö mürbig, er rüdfte i^ncn entgegen, fein ©emetjrfeuer unb
bie mo^lgejielten Äartätfc^enlagen ber reitenben Slrtillerie brachten fie
in 3Sermirrung, bie ilüraffiere unb bie anfangs jögernben ©d;ill')d^eu
§ufaren ritten bann in bie manfenbe 3Jlaffe ein, fprengten fie auöein^
anber, unb maö ni(^t fiel ober gefangen mürbe, ftol^ in milber Sluftö^
fung jurüdf.
©leid^e Äaltblütigfeit fefete bie SSefafeung ber Sauenburger 33ör=
ftabt ben oon jmei Seiten anbringenben SUJaffen entgegen» 6rft am
2lbenb räumte baö SataiHon Omftin, meldjes bie erfd^öpften Jteumärfer
abgelöft l^atte, auf ©neifenauö SBefel^l bie ganj jerfd^offenen, l^albfer*
tigen SJlod^äufer in ber Sauenburger SBorftabt, unb ba§ pommerfd^e
*) 9Iad^ ber ö^^^oöl^nlici^en Slngabe clgcnmä(lj)tlö vcn bem @(i^i(I'f(i^en ®ovp0,
nad) ©mifennus Singabc üon i^m felbfl angcorbnct,
— 563 --
^icferücbataiHon unter Hauptmann v. ÜWber bel^auptcte ]em fetcllunö
auf bcm ßörlincr SDamm uuüeränbett, obwohl es bem geinbe fd^on am
SDJorgeu gelungen war, bie ?Pufoetfammer in ber t^m fo läftigen
©t, ®eorg§fird^f(^anje buvd^ eine SBombe ju entjünben unb baö SBerf
mit feinen 6 SDknn in bie Suft ju fprengen*). ©benfo glüdliiJ^ fd^lug
baö SBataiHon v. Sotd h^n Singriff auf ben roeifeen Ärug unb bie
®elbert)orftabt ab. SDer SBerluft ber 3Jlaifu]^le fonnte burd) biefe 6r-
folge nid^t aufgeraogen werben.
®egen 3lbenb |iörte ber erbitterte Äampf auf, unb ber geinb rul^te in
feinen ©(^anjen von ber Slutarbeit; aber ber armen ©tabt war feine
SWu^e vergönnt 3l\xx eine furje grift l^atte ba§ Sombarbement gefd^wie^
gen in ber Seit, al§ Soifon um SKittag in ber ©rmartung, ber 3Wut^ ber
SBefafeung fei hm6) bie Eroberung ber ajJaiful^le erf(^üttert, mit Stnerfen*
nung ber Sapferfeit ber Sefafeung unb ber Haltung ber SSürgerfd^aft eine
Kapitulation unter el^renooUeu äJebingungen anbot; ©neifenaus abroci^
fenbe Slntroort l^atte i^n in ben J^eftigften 3orn rerfefet, er fd^mur, ber Äa^
üaUerie unb ben ©d^itl'fd^en feinen ^arbon mel^r geben ju wollen, in
4 Sagen folle ber aifd^en^aufen i^m gel^ören, unb eö fd^ien in ber
Si^at, alö muffe ßolberg in furjer Seit ju einem 2lfd^enl^aufen werben:
fo fteigerte fi^ bie §eftigfeit ber Sefd^iefeung. SDaö ^raffeln ber
83omben, baö Ärad^en einftürjenben ©emäuerö, baä angftooHe SRennen
in bie §äufer unb wieber auf bie ©trajse jurüdf, baö wirre SDrängen
na(^ einem fid;ern Suflm^töort, nai^ ben Äafematten ober in gewölbte
ÄeHer, babei ba§ 3anunergef($rei ber SBeiber, Äinber unb ber SSerwun-
beten, bie auf ber %l\iä)t von ben tobtbringenben ®ef(^offen ereilt würben,
oerbunben mit bem SBirbeln ber frömmeln, bem Staffeln ber ©pri^en
Hn\> wilbem geuerruf — baö gab eine ©djredenöfcene, weld^e bie ftärfften
5)iert)en er[d^üttern fonnte. SBo^l würbe aud^ bei ben SDiännern mand^eö
SBort beö ©d^merjeä unb ber ^^erjweiflung laut, aber nirgenbä ber 3iuf
na^ Ergebung: bie Bürger waren, wie bie ©olbaten, entf($loffen, mit
i^rem unbeugfamen ©ommanbanten bis jum lefeten 2lugenblidEe i^re
^flid^t ju tl^un; fie ftanben unter SBaffen auf ben SBäHen ober rid^teten
*) @tn Sal^nrtd^ o. Sangen marb mit in bie ^öl^e gefd^Ieubect unb ftär5te
t)etbrannt unb fc^weroerrounbet in einen benad^bartcn ^eidp; boc^ bUeb et am
£ebcn. @r fc^idte etma 30 Salute fpäler ald Steuer «Svenbant aud ©tieften eine
mufifalifc^e dompofttion an h^n a^iagiprot, in n)el(^cr ein Sauf ron bem Sontre /-'
6 SDftaoen in btc §ö^c unb umgeleött, bie Suftceife nad^ oben unb ben ©tur^ ^inab
malen foUtc. S)ev W^agiflrat fc^idfte x1^n\ bafür eine ^Ibbilbung ber (^eorgenfirc^c.
36*
— 564 —
in i)en <StraBen bte ©prifeen gegen bie überall auflobernben ^lamntin»
„Rein ©olbat unb fein Bürger, l^atte SRettelbed gefagt, batf an Sapi«
tulation ben!en, fo lange nod^ ein §unb unb eine Äafee in ber g^efiung
übrig ift." 33i§ in bie SRac^t l^inein l^dtten jie glüd li(3^ jebeö g^euer im
©ntfiel^en gebämpft SÄber aHmäl^Ui^ forberte ©nnübung unb Ueber^s
anftrengung i^r Slei^t, nid^t ber ajJutl^, aber bie Äraft »erfagte, auf ben
2;ob erfdiöpft fud^ten bie 3Wänner einen ^^lafe, um auöjurul^n, felbfi ?fleU
telbed, ben bie Serftönuig feineö' eigenen ^aufeö weniger befümmert
l^atte, als ber SSertuft ber aJlaitul^Ie, l^aite in einem t)on ber S3ombe nid^t
berfll^rten 3immer beffelben einen ^la^ jur Stu^e gefudit. S)a§ ®im
fd&Iagen einer Sombe in ber SRai^barfd^aft wedte i^n auö bem' futjen
©d^lafe, er \a^ ba§ äufleud^ten ber glammen an^ bem Siatl^l^aufe; hoä) t)er-
gebenö eilte er von SRad;bar ju SRad^bar, er tjermoci^te bie ©(^(aftruns^
fenen nid)t jtt ermuntern unb wirhmgsloö blieb fein angftooller 9Iuf
„Sürger l^erauö", ben er burd^ bie ©trafen ber ©tabt erfd^aDen Ue§.
®ö mar ein glüdli^er 3ufall, baj3 er ©neifenau in einem 3Bad^l^atife
auf bem SBalle traf; bie Särmtrommel eines i^m von biefem mitge^
gebenen Sambourö brad^te einige Söfd^mannfi^aft jufammen, imb wenig:;
ftenö jraei ©eiten bes umfangrei($en ©ebäubeS würben erlialten. ®ie
wadere Snüalibenwiltwe ©d;äfer, SBärterin ber Sleffirten, l^atte bie
SBerwunbeten aus bem jweiten ©tod beö SJatl^l^aufeö auf i[;rem diMm
in bie 3)larieufir(^e gefd^lcppt unb fo vox bem geuertobe gerettet.
9Kit bem 2lnbru^ beö 2!ageö fc^ien bieö furd^tbare SBombarbement
fi(^ felbft überbieten ju woHen, nod^ wilber ergog [id^ ber üernid^tenbe
§agel über bie ©tabt: 20 Somben trafen bie SUlarienfird^e, auö ber
bie SSermunbeten in il^reu SDeden l^ert)ortrod;en, um ni^t von ben l^erab*
fiürjcnben ©teinen erfd^lagen ju werben, 11 l^atten bie ßommanbantur
getroffen, um 9 Ul^r ftanb ber ©tabtl^of mit ben SBol^nungen ber 9iatl;ös
biener, baö ^an§i beö ©djmiebemeifterö ^^Jauder, bie §intergebäube be§
©aftwirtljö ®mmid^, bie SBo^nung be§ Sieutenant u. SßiHid^ in geuer,
3?a($mittag§ um 2 U^r bie ©peid^er be§ Siid^pnbler 5Dardow unb beö
Äaufmannö 9)lengbel)l; man liejs bie glammen lobern, bie ©iebel ftürjen,
weiteres Söfd^cn f(%ien nufelos.
©neifenau wußte, bajs bas üerftärfte ©d^iegeu neue 2lngriffe üor^
bereite, er lie^ bie Äanoneu be§ §auptmalleö für bie ©tunbe ber @nt-
fd^eibung rul^n, bie übrigen SBerfe fegten mutl^ig bas 3^euer fort. 2lm
9la(|mittage brad^ ber g^einb abermals gegen bie 3iegelfd&anje lieroor,
er fanb bie Äird^^offd^anje unb bas SKünbcrfort ju feinem ©mpfangc
^ 565 —
Berett, bie ©reitobiere htaä)tm i^n hmS) x^t faltblütigeö f^eucr In SSet«
lottrung, re(3^tjcitig I;ieben bie Sieiter in bic crfd^fitterten Sleil^en ein
unb jagten il^n in Unorbnnng auf ben SQBolföberg jiitüdf. ®r tfifiete
fogleii^ ju nenem ©türm, aud^ auf bem ßörliner ®amm waren ftarfe
Kolonnen in Slmnarfd^. Sn ber ©tabt aber war alle SWenfi^enfraft in
pd^fter ©pannung auf bie SSertl^eibiguug gerid^tet, ju mäd^tiger SSegeifte*
rung war bie mutl^ige ©timmung angef^wollen, Sürger unb ©olbafen
l^atten fid^ in ben Sffieltern beö Äawpfeö unter ber Jül^rung be§ bürger*
freunblid&en ßommanbanten als ©lieber eines Seibeö erfannt, unb eö
war ber SDJorgenfd^ein be§ wiebererftel^enben ^reu§en§, ber burd^ ben
^ulDerbampf unb ben Qualm ber brennenben §aufer in bie ©eelen fiel,
als bie ©olbaten, von ben bürgern bis jum Sl^ore begleitet, 2lrm in
Slrm mit biefen bem g^einbe unter bem ©efange entgegenjogen;
SQSir ade {leiten bann
SWutl^ig für einen SWonn,
kämpfen unb bluten gern
Sür S^l^ron unb Sfletd^.
®a f(^wieg plöfilid^ baä g^euer auf allen feinblid^en SBatterieen —
eine ber legten feinbli($en ©d^üffe l^atte ben Hauptmann t)om 5Reumärfi^
f(^en SataiHon v. SRöber*) getöbtet — bem betäubenben Ärad^en folgte
lautlofe ©tiHe, auf ben franjöfifd&en ©d^anjen welkte bie weifte fjal^ne,
©ollte ©neifenau bod^ capitulirt l^aben? ©leid^ würbe allen Sweifeln
ein ®nbe gemad^t: ein ^Parlamentär mit weiter ga|ine nal^te ber gefiung,
neben il^m ein 3Kann, balb alö preuftifd^er Offizier, unb al§ er nä^er
!am, alö ber Sieutenant v. §olleben t)om 3. 3?eumärfifd;en SBataillon
erfannt, ber t)or einigen SBod^en Kriegsgefangene nad^ ^reuften ge^
fü|rt l^atte. SBon bem fönigli($en Hauptquartier mit ber SKelbung beß
SffiaffenftiUftanbes abgefanbt, unterwegs wieberl^olt unb julefet nod^ in
Sramm 2 ©tunben wiberred^tlid^ aufgel^alten, fonnte er erft jefet bie
SRai^rid^t bringen, bie Soifon fc^on mel^rere JTage frül^er erl^alten l^atte.
Ueberwältigt von SRül^rung fitirjte er mit bem 3iufe unter bie greunbe:
„ßolberg ift gerettet/' 2luf ber Saftion dknmaxt empfing il^n ©neifenau,
nod^ war bie geftung in gutem Suftanbe, nod^ oert^eibigten 4000 33e^
waffnete bie SBälle, unb ber e?einb war noc^ überall wenigftens 1000
©d^ritt oon bem §auptwalle entfernt; mit ©leii^mutl^ nal^m er bie
©epefd^en in Empfang, er formte in SBal^rl^eit fagen: „meine Äanonen
*) ©ein ®vab ifi nic^t weit oon ber SSafUon ^alberfiabt auf bem ßiHet^'
berge, wo il^m »on feinem S3?uber ein $en!mal errld&tet i%
— 566 — -»^
tüütben no^ lange ntiä^t gcfiä^roiegcn ^abcn" ; aber bet anö SBunberbare
grenjenbe Umfd^tDung in ber äußeren Sage unb ber Stuöbrud f)evi^
U(i&er &Ummä)U\t, bie ifim ber ^lönig für bie Siettuiig ber g^eftuno
auä) burd^ bie ©rnennimg jinn Dberft-Sieutenatit auäfprai^, übertoäU
ttgte gleid^) barauf ben ftarfen 3)lan\\ fo, bafj if)ni 2(;ränen au§ ben
Singen ftürjten.
Unter Sromntelfc^lag wnrbe bie 9Jac^rid^t bnrd) bie ©tabt befannt
gemacht. SDie ronnberbare ©rtöfnng an§ bem l^opnngölofen ©tenbe
ber legten 36 ©tnnben, in weld^eu 6000 ©efcä^offe in bie ©tabt ge^
fd^Ieubert waren, brad^te eine unbef(^reibli(i)e SBirfung l^eroor: alte
geinbe umarmten fid& auf ben ©trafen unter S^ränen ber JRül^rung,
t)iele eilten in bie Rxx6)e, um an l;ei(iger ©tätte inmitten ber Sobten
unb 33ern)unbeten ©Ott il^renSDan! bar jubringen ; e§ beburfte faum ber
3lufforberung beö ßommanbanten an bie mit neuem SWutl^e erfüHteu
^Bürger, jefet alle Gräfte bem Söfiä^en ber überall auflobernben glammen
jUjUTOenben, unb mit §ülfe ber baju freigelaffenen SBaugefangenen gelang
eö biö jum nä(^ften 3lbenb, beä g^euerä überall §err ju werben.
@ö fal^ f(^limm genug in ber ©tabt a\\§>: roUftänbig niebergebrannt
waren nur 2 Käufer, aber t)iele t)albt)erbratnit, jertrümmert unb Der==
fd^üttet, faft !ein§ ganj üerf(^ont. (Sincn nod^ traurigeren Stnblid bot
bie nä(^fte Umgebung ber ©tabt: 2 SBorftäbte, bie Sauenburger unb
(Selberuorftabt, waren ganj, bie übrigen l^alb jerftört, 350 SBol^nungen
lagen in 2lf(^e, ber geri(^tli(^ feftgefteHte Sßertl^ belief \id) auf
155,106 Sljlr. 6 gr. 6 ^Ifg., bie ©arten waren oerwüftet, bie £)bft^
bäume niebergel^auen, bie SBinterfaat jertreten, bie ©ommerfaat nid)t
befteHt. S)ajU war ber nid^t reid^e §anbelöftanb gef($äftöloö, baareö
©elb war für 9JJunition unb Sebenöbebürfniffe in bie grembe gegangen.
S)er menfd^enfreunblid^e Kommanbant fud^te na(^ 9}iöglid|feit ber
9Jotl^ abju^elfen. ©r bewirf te, bag Soifon ben £)bbad)lofen, beren eö
2000 in ber ©tabt gab, freien 9lbjug auf baö Sanb geftattete, er felbft
erlaubte itjnen, auö ben §otätrümmeru in ber ©tabt teid)te 3Jotl;l^äufer
in ben ©arten ju erbauen, unb l^atte fogleid^ burd^ wiebert;olteu 33efel)l
jur 2lnnal;me beö fteinen ^^apiergelbe§ ©orgc getragen, ba^ ©olbaten,
^anbwerfer unb 2agelöl;ner, bie vorläufig noci^ barin bejaljlt würben,
il;re Sebürfniffe einlaufen fonnten.
SDer ^^erluft ber ßolberger ©arnifon betrug — m6) ©neifenauö 33eri
jeid^niß — 53 ßffijiere unb 1600 3JJann, nad^ anberen 2lngaben 55 Dffi^
jicre xuii) 2806 Unter offijiere unb ©emeine; gegen 1000 3J?ann genafen
— 567 —
t)Ott il^tcu SBunben. a?on ber SBütgerfd&aft waren über 30 gctöbtet
ober an ben aBiuiben ßeftorbcn, weit über 42, benn Dtete fmb nid&t
angemelbet, tjerroiuibet unb wieberl^ergeflellt*). Sßac]^ fiotfons eigener
Süngabe waren 25,940 Söoniben, ©ranaten nnb SPoHhigeln gegen bie
©tabt gefd^Ieubert. S)er franjöfifd^e SBerluft war bebeutenb gröger: an
©efangenen 1632, an STobten, SBerwunbeten unb Äranfen 8000, baju
206 SDeferteure, tneiftenß t)on ben beutfd^en Sruppen. ©eit bem 5. Snli
jogen bie g^einbe i^re Oefcä^üfce auö ben Salterieen, unb alö @nbe beö
SKonatä ba§ S8(üd;er')(3öe Gorpö an^ SBorponiuieni einrfidte, t)erlie^en
bie lefeten feinblid^en Bataillone bie Umgegenb oon ßolberg.
2)er fiönig bejeugte burd^ SBort unb Sl^at feine Snfriebenl^eit
mit ben tapferen 3?ertl^eibigem ber ^eftung. Slufeerorbentlid&eö 3tt)ance=
ment, jal^treid^e SSerleil^ungen beö Drbenö ponr le rnerite unb ber
3Serbienfttnebaille, bie 33ilbung oon jwei neuen ^Regimentern, beö Seib-
Snfanterie^aiegimentö, beffen leid^teö S3ataillon ben JJamen feines %\\^^
rerö ©d&iH weiter tragen foHte, unb beö ßolberger 3nfanterie-'9legiment§
aus ben 7 Snfanterie^Sataillonen ber ©arnifon waren bie SBelol^nungen
für bie ©olbaten. 3)er ©tabt erlief ber Äönig in ber l^ulbooHen ßabinetS::
orbre Dom 2J» ßctober il^ren Slntl^eil an ber Äriegöcontribution t)on
180,216 2I;lr. 23 ^•. 10 ^fg., ju welcä^er bie pommerfd^e ilriegö^- unb
S)omänenfammer fie l^eranjiel^en wollte, unb bie Bürger würben bei
bem aSieberaufbau il^rer SBol^nungen reid^lid^ burd^ Baul^olj aus ben
löniglid^en g^orften unterftüfet. SJettelbed erl^ielt bie golbene a?erbienft=:
mebaiHe imb eine ^enfion (f. ©. 548), anbere Bürger äl^nlid^e 2luö=
jeid^nungen. S)er ©onnnanbant aber, beffen entfd^loffene unb umfld^tige
§altung bie g^eftimg Ijauptfäd^üd^ erl^alten l^atte, würbe oom Äönige
ju einer l^öfjeren 2lufgabe in bie neugebilbele 5DJilitärreorganifationös
ßommiffion abberufen, wenn er anS) bem $Ramen na^ no(ä^ 6omman=
baut t)on ßolberg blieb, ©eine ©efd^äfte beforgte l^ier ber Bicecom^
manbant o. ©teinmefe. 2lm Sage t)or feiner 2lbreife (9. 2luguft) nal^m
er fd^riftlid^ äbfd^ieb t)on ber Bürgerfd^aft, er banfte il^r für baö Ber-
trauen, baö fie trofe mand^er Ijarten Berfügung il^m immer bewiefen
I;ätte; er fd;eibe mit gerül^rtem ©erjen t)on il^nen; bie fd^önen ©rinne::
rungen t)on ßolberger 3Kutl^, ^Patriotismus unb Srufopferung werbe il^n
ewig begleiten, immer würben feine Bemül^ungen rege fein für bie
*) Unter ben ®etöbtetcn war ber 5?aufmann SWomm, (Sopitön im SSürgcr-
S3ataiIIon, bem im ftebenjöbrigen jtriege eine ber erficn rufftfc^en S3omben, bie in
bie <5tabt pclcn, ben Seiflcpnöcr ber rechten §anb abjerijfeu j)attc.
-.- 568 —
Stabt, wo no^ Sugenben wol^nten, bte anbcröwo feltener würber/',
unb bte SBürgerfiä^aft ücrciiügte fid^ ju ber öffentli^cn ©rftärung bur(ä^
bte Sürgerrcpräfentanten: „SBir ^abeu tue einen Swang empfunben,
uns l^ttben feine J^arten aSerorbnungen gebrüdt, unb baö, waö wir
tl^aten, gef(ä^al^ auö reiner aSaterIanb§tiebe. SDaö l^öd^fte SBefen ttel^me
©ie bafür in feine befonbere ßbl^ut, laffe ©ie m6) Syrern tJ^atenpoHeu
Seben an^ balb bie g^rüd^te beö griebenö int ©d^ooge ber ll^ettrett
Sangen genießen, unb wenn un§ neue ©türme unb ©efal^ren brol^en,
fo feieren ©ie in unfere nid^t fiberwunbenen aWauern, uitter ben 3lufpt5
ckn jurüd, in unö noi^ baö 3SöIMjen anjutreffen, von beut ©ie
fo HebeooII fdiieben!" SDie Königin fiuife würbe ju S^ränen gerül^rt,
als fie biefe Sejeugungen gegenfeitiger 2lnerfennung unb ^od^ad^tung im
Hamburger ßorrefponbeitten laö.
SBie ©neifenau feiner Sufid^erung gemäß and^ auö ber gerne
tto($ um ba§ Sßol^I ber il^m fo anö §erj gewad^fenen ©tabt forgte,
jeigte feine fräftige aSefürroortung be§ (Solberger ©efud^ö utn SBefreiutig
von ber ßontribution, wenn biefe aud^ erft }u §änben beö Königs !am,
alö bie betreffenbe ßabinetöorbre \ä)on ausgefertigt war, unb feine Se^
mül^ungen, jwifd^en Sefafeung unb SSürgerfd^aft ein gutes ©invernel^meu
i)X ersten. 2)ie in ©efal^r unb 9fotl^ begrünbete SBrüberi'(^aft fiatte
]\ä^ nad^ feinem Slbgange wieber gelodfert; bie Sürger verlangten jefet
größere 33ead^tung ber ftäbtif(^en 9?ed^te unb bas 3lufl^ören ber ®iu=
quartierung, 2lu§fd^reitungen einjelner ßffijiere fteigertcn bie ©rbitte^
rung. SDaS 3Kilitär anbererfeitö befd^werte fid^ über bie 3^ad^läffig!eit
beä 5IWagifirats unb fül^tte \iä) cerlefet inxä) f(^arfen, jum Si^eil unge^
rechtfertigten Sabel beö aSerl^altens einjelner Dffijiere wäl^renb ber SSe-
lagerung, ber aud^ in öffentlid^e Slätter gebrungen war. SRettelbedE
würbe barüber von ©teinmefe jum SSerl^öre gejogen, unb eine eigens
jur Unterfu(^ung gefd^idte ©ommiffion entf($ieb im wefentlic^en gegen
bie a3ürgerfd^aft. ©neifenau ermal^nte tu wieberl;olten ©(^reiben art
feinen alten g^reunb jur SBerträgtid^fett, man foHte ben geinben unb
SWeibem nid^t bas empörenbe ©(^aufpiel geben, baß man, nadibem man
©efal^r unb Ungemad^ jufammen getragen I)ätte, in ber 5Rul|e bes §alb'
friebens einanber ni(^t ertragen fönnte; bod^ würbe woljl ber Sa^restag
bes 2. Suli mirfird^Ud^ gefeiert fein, wenn ni(^t ber patriotifd^ gefinnle
Kaufmann ©(gröber — ber wäl^renb ber Belagerung beut 6omman=
bauten wefentlid^e SDienfte geleiftet, fpäter aud^ htn perfönlid^en ©elb^:
perlegenl^eiten beffelben abgel^olfen unb ben gel^eimen a3riefwe(^fel jwifd[)en
— 569 —
beiT ^attioten in unb an^tt bem Sanbe t)a:mittelt l^atte — 60 Sürget
wnb ßfftjiere in feinem §aufe ju einem ©aftmal^Ie vereinigt l^ätte.
S)ort näl^erten [id^ bie verbitterten ©emütl^er lieber, unb in ©amm-
lungen von erl^eblid^em Setrage, bie l^ier bei 2ifd& unb axiä) in ber
©tabt für bie am L 3uU 1807 abgebrannten SDlünber unb für bie
franfen Derwunbeten ©olbaten üeranftaltet würben — ber bei bem %t^
mal^le anwefenbe ©($ill jei(3^nete 100 Später — jeigte fici^ eine uerföl^n^
lid^ere ©timmung. S!)aö balb barauf erfd^einenbe Urtl^eil ber Unter^^
fu^ung§commiffion, aus welchem hwx^ ©neifenauö aSermittelung ber
Slntrag auf ein geri(3&tli(§eö SBerfal^ren gegen Sßettelbed weggefallen war,
and) bie ebenfalls burd^ jenen bewirfte ©riaubnife für biefen, bie ©ee=
uniform tragen ju bürfen, [teilte bie eintratet t)öllig wieber l^er, unb
©neifenau fonnte im Dctober 1808 „feinem alten SRettelbed" brieflid^
bie greube auöfpred^en, ba^ bie ©timmung jwifd^en SJlilitär unb S3ürger=
fd^aft fid^ fo gebeffert l^abe.
3njwif($en, wä^renb man in (Solberg bie gro^e Seit fafl t)ergeffen
JU l^aben fdEiien, ging bie erftaunli(^e Äunbe von ber l^elbenmütl^igen
a3ertl;eibigung ©olbergö burd^ bie preufeifd^en unb beutf(^en Sanbe/
©neifenau, ©d^iU unb SKettelbedE würben in Sieb unb ©d^rift gefeiert,
bie lefeteren in faft fagenl^after Uebertreibung, unb i^re SRamen unb
Sl^aten würben ber tröftenbe §alt, an bem fid^, als einer S3ürgfd^aft
für eine beffere Sufunft, ba§ tief gefuntene ©elbftgefül^l beö jertretenen
aSolfeö wieber aufrid^tete.
Unb bie beffere Sufunft fam. 2lm 15. gebruar 1813 betrat
©neifenau nad^ feiner diMte^x aus ©nglanb in ßolberg wieber ben
beutfd^en SBoben, um mitjuwirfen bei ber SSefreiung beö SSaterlanbeö.
3ln ben greubenbejeugungen, mit benen er liier von ber S3ürgerfd^aft
empfangen würbe, bie il^m ju @^ren bie ©tabt erleud^tete, mit SRufif
t)or feine SBol^nung jog unb i^m ein §od^ brad^te, erfannte er, baß
l^ier nod^ biefelben §erjen f dringen, wie 1807; aber im Sanbe fal^ er
eine gewaltige Umwanblung: ber §erjf(^lag ber ßolberger SBürgerfd^aft
von 1807 war jum ©erjfc^lage be§ gangen SBoHeö geworben.
3)a§ 3^ort ©neifenau pftangt feinen 9iamen fort in ber g^eftung,
bie t)orjug§weife inx6) xf)n bem ©taate erl^alten würbe, wie g^ort 2Balben=
fefe, bie ©(^illöl^öl^e in ber aJlaiful^le unb bie ©d^iUftrafee (freili(^ no(^
feine 5RettelbeÄftrage!) bie feiner ruI^mooHen 3Kitftreiter, unb feit bem
2. Suli 1859, ber funfjigjäl^rigen Snbelfeier ber Befreiung ber ©tabt,
ftel^t vox bem 3iatl^l^aufe bie aus ®rj gebilbete, vom ?profeffor 5Drafe
— 570 —
in SBettitt mobellirte ©eftalt g^riebri^ aßtll^elmd III. auf poUrtem
©odfel aus fd^leftfd&cm ©ranit, von bcffcn geßcnübcrflcl^cnbeit ©citen
bic JBilbnijfe ©neifcnauö unb 3?ettclbc(fö l^crabfel^en, ein fd^öncr SfuS^
brud eiueö in Siebe unb Sreue jum Äöuige jufammeuroirfenben Ärieger^
unb S3ürgertl^umö. 3lber für baö gorlieben ©neifenauö unb ßolbcrgö
in bem ©ebäd^tniffe unfereö ganjen aSolfeö l^at [x6) baö SBort griebrid^
SBill^elinö III. erfüllt, n)el(^es er eigenl^änbig ber ßabinetöorbre pom
31. Suli 1807 an ©neifenau Ijinjufügte: „^i}x IraftDoUeö unb ftugeö
SBirfen, fo roie ba§ el^rent)olIe Senel^men ber ßolberger ©arnifon unb
ber treuen Sürgerfd^aft wirb S^nen gemeinfc^afllid^ in ben Stnnalen
ber t)aterlänbif(3^en ©efdjid^te ein eroigeö, unüergefeUd&eö SDenfmal ftiften."
9luf biefer §öl^e ftral^lenben irbifdjen SRul^nteö, bis ju ber wir
bie ©tabt von U)xm bunHen 2lnfängen an in i^rer ©ntroidetung be^
gleitet l^aben, nel^tnen wir 2lbfd^ieb t)on il^r unb f(^lie6en bie jufammen«
l^ängenbe ©arftellung i^rer ©efd^id^te.
©4ilu6.
3)ie SBebeutung, vt)dä)e ßolberg in ben 3al;ren ber gremb^err^:
f(^aft für ben preufeifd^en ©laat gewann, alö feiner einzigen ©eefeftung,
weld^e üorjugöroeife ben gel^eimen SSerfel^r burc^ ©riefe unb S3oten
jwifi^en ben Patrioten in ber §eimatf| unb in ber grenibe t)ermittelte
unb im Saläre 1811 burift baö unter Slü(^erö 3lugen bort errid;tete
Derfd^anjte Sager ber militärif(^e SDiittelpunct werben foHte in bem, wie
eö fd^ien, unabwenbbaren Sßerjweiflungöfriege für bie ®rl^altung beä
©taates, l^atte jur J^olge, ba^ bie Sewofinerjal^l oon ben 4027 ©eelen,
auf bie e§ im Saläre 1808 gefunfen war, in brei Salären auf 5597
ftieg. 3n ber Seit ]^ö(^fter Slbfpannung unb erf(^öpfung aller Äräfte
beö ©taatö nal^m an^ feine 33ewol^nerjal^l wieber ab. ©ie belief fid^
1816 .auf nur 5210 ©eelen, barunter 40 Suben. S3on 1820 an be^
ginnt eine ftetige 3unal^me bi§ auf unfere Seit;. 1831 jäl^lt bie ©tabt:
6621; 1843: 7528; 1852: 8658; 1861: 10,082 unb 1872: 13,130.
2)afe bie Sal^l ber SBol^nungen ni(^t in glei($er SBeife geftiegen ift,
1806: 815; 1862: 96-?, 1872: 1081, liegt jum größeren Steile baran,
bafe bie §äufer jefet me^r jum SSermietl^en eingerid^tet finb, alö früher.
%n ber ©teile bes in ber öela^erung größten 2:^eife jerftiirten
— 671 —
alten Siatl^l^aufcö fielet feit ben jwanjtger Sagten ein ftatttiii^er, auf
©taatsfoften errid^teter SWeubau, ba§ 2Berf 3n)irner§, ber fpäter ben
iy ortbau bc§ 6öluer S)onieö leitete, mit SRäumlid^feiten für ben ajfagiftrat
unb baö föniglid^e ^reiögeridjt. STcn SUJittelbau fd^mndt ein üierediger
Sl^urm, an beffen fübli(^er Seite fid^ bie 9?atl)l^augnl^r befinbet, bie cinjige
öffentlid^e Ul^r ber ©tabt mit einem Sifferblattte. ®ie glaggenflange
jeigt bie garben ber ©tabt. 9hir bie bem ®r)mna[ium jugefel^rte ©rfe
beö §aufe§ gel^ört nod^ bem älteren S3au an, bort ift aud^ bie ©teile,
100 angebU(^ 3lbebar entljauptet ift, unb ber bort angebradjte, in ©tcin
auögel^auene, t)ern)itterte 9Jlenf(^enfopf foH beö §ingerid^teten Äopf bar^
[teilen, f^rül^er galt biefer bei ben §anbn)er!sgefellen atö ba§ Sal^r*
5ei(^en ber ©tabt.
SDeö neuen ©pmnafialgebäubeä ift j(^on ©. 493 ©rroäl^nung ge^
fc^el^en, nnerroäl^nt geblieben ift, bafe feit bem 11. gebruar 1865 bie
9iealf(^ute ber erften Drbnung awgel^ört.
S)er §afen ift feit 1836 Don ber ©tabt bem ©taate abgetreten
unb ftel^t unter 2luffi(^t be§ föniglid^en SBafferbauinfpectorö, ber „SBinter-
Iiafen" in ber 3iäl^e ber 9JJaifuI;Ie ift feit längeren Saljren fünftlid^ er^
meiterl, unb ein S3agger l^ält i^n in ber Siefe Don 10— 1 4 gufe. S)ie
beiben SWolen fiitb im 2lufange ber fec^jiger Saläre faft um baö 3)0^-
pelte verlängert.
SDie größte SBerönberung l^at bie ©tabt in ben lefclen Sal^rjel^nten
alö Sabeort nad^ ber ©eefeite ju erfal^ren.
2)as ©eebab fanb §elb f(^on um 1800 in \ä)xoaä)cn Slnfängen
t)or. damals wofinten bie wenigen @äfte, wenn fie aud^ fd^on auf ber
9Künbe ober ber Sleeper Sal)n £}uartier fanben, lieber in ber ©tabt,
weil e§ nur l)ier (bei ben ®aftit)irt^en (£mmid^ unb 5lupfal)t), unb
jmar jum greife oon 6 Sl^lr., einen äKittagötifdj gab. aWan miet^ete
von einem Sädfer, §öfer, ober von bem 3Karftmeifter eine S3ube für
3 S^lr. unb liefe fie redjtö von ber 9Künbe in wenig befudS)ter ©egenb
an ben SDünen aufftellen. 3luf 5IBunfd^ ber Sabegäfte wies ber SlrtiHerie»
major 3Rattfe bie benad^barte ©d^ilbn)a(^e an, ein mad^fameä 3luge
barauf ju l^aben. S)ie ßolberger felbft, wie nod^ jefet oft bie ©tranb^
bewol^ner, babeten ni(^t in ber ©ee; bie beiben, von §elb naml^aft ge^
mad^ten 2)amen, bie eö wagten, bem attgemeinen SBorurtl^eil ju trogen,
würben burd& ©(^önl^eit unb ©efunbl^eit für il^re Äül^nl^eit belo^int.
3n ben vierziger Sahiren belief fi(^ bie 3al^l ber Sabegäfie fd^on
auf 500, unb feitbem bie 1859 ben 31, 3J?ai eingeweil^te Golberg^
_ 572 —
ßööIin-Statgarber ®tfenba|n bte ©tabl mit ber großen SQBelt in engere
aSerbinbung gefefet l^at, ifl ßolbcrg eins ber befu(^teften Oftfeebäber
geworben. 3laä) Saufenben jäl^Ien bie fjremben, bie jäl^rUd^ bortl^in
ftrömen — im S^l^re 1872 über 4000 — um baS ©eebab mit feinem
fiarfen unb bei bem freien ©tranbe, ber ben £)\U unb SBefiroinben,
ebenfo wie ben 3lorbn)inben, offen pel^t, feiten fel^lenben SÖBeHenfi^Iage,
baß fräftige ©oolbab ober beibeö jufammen ju genießen. Sie ^fanm
fd&mieben, bie SUlünbe unb ein neuer ©tabttl^eil, ber an bie Plantagen
ber S)ünen grenjt, laben mit i|ren bequemen unb freimbliiä^en öuar^
tieren jum SEBol^nen ein, unb bie 3Waiful^le mit il^ren ©d^attengängen,
baö anmutl^ig auf ber 2)üne gelegene ©tranbf(^loB, meld^es l^ier an
©teile ber in ftürmif(^er SBinternad^t vom SWeere fortgeriffenen Sretter^
bube beffelben 3?amen§ txbant ifi, SSergnügungölocale ^)erf(3&iebener 3lrt^
ßoncerte unb in neuefter 3eit auä) ein, befonbers burd^ bie energifd^en
33emül^ungen beö jefeigen SSürgermeifterö errid^teteö Sl^eater, für n)el(^e§
in ber Sabejeit au(^ tüd^tige Äräfte von größeren Sül^nen gewonnen
werben, forgen für bie Unterl^altung ber ®äfte. Unter biefen finb jal^U
rei(3& bie ^olen t)ertreten, fo ba§ eö fd^eint, als ob ßolberg fein altes
§anbelsl^interlanb jefet in anberer SBeife roieber gewinnen woHe.
©0 SBel^errf^erin bes ©aljwaffers in t)erf(^iebener ©eftalt l^at
bie ©tabt bo(^ bas reine ßuettwaffer nod^ nx^t unter il^re SBotmäfeigs
feit bringen Jönnen, unb anä) in bem neuen SBaffin vor ber §aupt-
wad^e, „ber aWarftqueHe", bem 2luSgange eines 400 g^u§ tiefen artefi-
f($en Srunnens, ben man vox mel;reren Sahiren jur 2luffinbung guten
Srinfwaffers bofirte, fprubelt bie überall verborgene ©oole l^eroor.
SJJöge bas neue 9leid& ber ©tabt bauemben gerieben erl^alten, baß
fie il^ren SBol^lftanb in fräftiger SRül^rigfeit fteigem fann; foHte aber
wicber ein g^riebensflörer bie beutf($e SBel^rfraft erproben wollen, unb
il^r bann gegen i§ren SBunf(^ ber eifcrne geftungsgürtel, ber il^r SBad^fen
unb il^re ©ntwitfelung l^cmmt, nod^ nxä)t abgenommen fein, — mögen
il^r bann bie feinblid^en ©d^iffe von ber SR^ebe l^er nid^t mel^r aSer-
berben bringen, als bie franjöfifd^en ^anjetfregatten im Söfire 1870,
unb möge fie bie feinblid^en Sanbl^eere in feiner anberen ©eftalt in
il^rer 3laf)t feigen, als fie biefe 1866 unb 1870 l^inter il^ren guten
SäHen gefeiten l^at.
(Äraf unb 5l(empin: ^omm. ©tobte 81.)
Slcltereö SBappen : eine Surg mit btei Jl^ünnen unb einer Sifdjof ö^
müfee in ber S^oröffnung, unten ein ©d^roibbogen, unter roeld^em
SBaffer mit jwei gifci^en, Umf(3^rift beö ©iegelö: sigilhim hurgemixm
colberglie. ©eit ©nbe beö 1 4. 3al^rl^unbert§ i[i baö ©iegel ber ©tabt
um einige Sinien größer, als in ber früheren 3eit. %\\ bem ©ecret^
fiegel ift eine Sifd^ofömüfee über jroei gefreujten Sifd^oföfläben, Um-
fi^rift: secretum colbergensium. — ^aö ©iegel ber Sld^tunbüierjig
t)om Saläre 1524 (f. ©. '^73), mS) fpäter no(3^ l^armloö t)om Siatl^e
gebrauiä^t: ein ©d^ilb mit ben m^ beiben ©eiten gefd^weiften ^fanm
Isafen, barüber bie SSifd^oföftäbe mit ber Sifd^ofömüfee, unten bie aBetten
ol^ne gifd^e, red^tö bie aJlutter ©otteö t)on ©tral^Ien umgeben, Iin!ö
3ol^anne§ ber Säufer, Umfd^rift: sigühm XLVIII. oppudi colber-
gensis. — 9leuereö SSBappen, quo ber 3ufammenftellung ber beiben
älteren mit einigen SBeränberungen entftanben: rcd^tö bie SBifd^oföftäbe
mit ber 3Jlüfee, unten eine 8=ifd^reufe, linfö ein breimal getl^eilter ©d^ilb,
baö obere 3^clb gefpalten, red^tö ein SBalfen, linfö bie gefreujten ^fanm
fiafen, im mittleren gelbe bie brei Stürme, im unteren jwei f^wimmenbe
©d^mäne: baju bie preufeif4)en wilben aJJänner als ©d^ilbl&alter unb
ber pommerfd^e §elm mit bem ^fauenfd^roeif.
S)ie garben ber ©tabt mögen, wie bei anberen §anfefiäbten bed
wenbif(^en Sluartierö, fd^on in alter Seit rotl^ unb weiß gewefen fein:
menigflenö l^at bie ©iegelfeibe, an weld^er baö ©tabtftegel ber älteften
Urfunben ^ängt (j. 95. im Sa^re 1302, N. 19b)) biefe garben. 3Rit
©id^erl^eit lägt \i6) aber in biefer an unb für fid^ nod^ nid^t genügenb
aufgehellten grage über bie färben ber ©täbte unb bereu Slnroenbung
in älterer Seit in 33ejug auf ßolberg nid^tß fagen. — S)ie ©iegel ber
älteren bifd^öflid&en Urfunben in bem ©olberger ard^iüe pngen meiftenö
an TOt^-grünen, mitunter aud^ au blau uwb x^t^w, x^^^^xstS^^x ^^^bj^qs^
©etbenf(]^nürcn. @rfl ^ie SJlxtgticber beö i^erjoglxi^en §au|c§, luelile
83if(^öfc von ßammin waren (Sol^ann griebrid^, ßafimir u. f. w.),
braud^en — eutfpred^cnb bcm n)ci|cn Ärcuj im rotl^cn g^elbe bc§ bif(3^öf=
lid^en 2Bappeitö — rotl^ ober rotl^ unb weife alö bif(^öfli(^ 6animinfd^e
§offarben. (3u üergL 33alt. ©tub. 20, 2: Ärafe, ^omm* garben.)
3ttr Crieiitirung in lier Sered^itiing iier norfomttteuku SKüttjeu*
SWarfen unb in älterer 3eit axi(ii ©d^illinge waren nur Sbeat-
ober SRed^nungßmünjen, S)ie erflen n)irfli($en, feit ßnbe beö 12. Sal^r^
l^unbertö gefd^Iagenen SWünjen l^iefeen ^ßfennige. (Sin ©(ä^. =12 ^fg.,
16 ©(ä^. = 1 3Kf. SReben ber t)otten SKarf gein oon 16 £ot^ ent^
ftanb balb bie 3Warf Pfennige, bie nid^t ba^ ®mxä)t von 16 Sot^,
fonbern 192 ©tüd ber wirHid^ ausgeprägten Pfennige bejeid^nete.
Siefe waren nad^ ben ^rägeftätten oerf^ieben unb würben im Saufe
ber Seit in immer größerer 2lbweid6ung oon ber 3Karf g^ein ausgeprägt
3n §interpommern war bie gewöl^nU(|Pe ated^nung nad^ ginfenaugem
Pfennigen, unb unter 3J?arf fd^led^tweg ift in biefem SSud^e immer bie
aWarf ginfenaugen ju tjerftel^en.
SRai^ unferem ©elbe:
von 1200—1350.
1 SDJf. lübfd^. 4 S^lr. 20 ©gr. — ^fg.
bo. ginf. 1 ,, 22 „ 6 „
1350—1375.
1 m. lübfd^. 3 S^lr. — ©gr. 3 ^fg.
bo. ginf. 1 „ 5 „ — „
— 1400.
1 m. lübfd^. 2 S^lr. 21 ©gr. 3i ^fg.
bo. ginf. 1 „ 1 „ 6 „
— 1435.
1 mi ginf. — ^lx. 20 ©gr. — ^fg.
— 1465.
1 mi lübfd^. 1 ^lx. 12 ©gr. — ^fg.
t, bo. ^xnl — „ 15 „ 9 „
— 1500.
1 m. lübfd). 1 Z^lx. 2 ©gr. — ^fg.
bo. ginf. — ,, 12 „ 3 „
1 SBicrfen = 4 Pfennige gin!.
2)te ©ttalfunber Pfennige würben ttüntälig um ein S)rtttl^etl, im
15. Sal^rl^unbert um bie §älfte fd^led^ter auöfleprögt, fo ba& 1 W.
lüb. = 2 SWf. funb. war.
S)er rl^ein. unb pomm. ff. = 2 Z^lx. 11 ©gr.
gSon 1622 an, bas 17. Sal^rl^unbert l^inburcä^ galt ber Sleid^«*
Dealer 1 Sl^lr. 13 ©gr. 3 ^fg. nad) l^euligem SBertl^e, er war =
2 pomm. ©ulben = 48 lübfd^. ©d;i«, ^ 96 junb. ©^itt. —
£iBif bir e. g. $>|)'f4(n Sui^brudttcl (C. Snitift} in ffcl^ng.
^«*Pi<
3 9015 02670
DO NOT REMOVE
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MUTIUTE aRD