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Full text of "Geschichte des tabaks und anderer ähnlicher genussmittel"

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Geſchichte des Cabaks 


und 


auderer ähnlicher Genußmittel. 


Von 


Friedrich Tiedemann. 


Mit Abbildungen. 





Frankfurt a. M. 
Drud und Verlag von Heinvih Ludwig DBrönner, 
1854, 


U 









WZ3APR1934 
A 
Vorne 


Vorwort. 


In mehrfacher Hinſicht darf der Tabak ein anziehender 
Gegenſtand genannt werden; denn er ſpielt in der Weltge⸗ 
fchichte eine Rolle ald Religions», Arznei, Lurus- und Modes 
Kraut, und feitdem er letzteres geworben, ald eine ber 
wichtigften Cultur-, Handels, Fabrik⸗ und Finanz» Pflanzen. 
Sein Gebrauch hat fi) in dem Beitraume von drei Jahr⸗ 
hunderten über die ganze Erbe verbreitet, und hat ſowohl 
bei den rohſten, wie bei den cultivirteften Völkern Eingang 
gefunden. Kein Gegenfland ferner hat die Federn fo vieler 
verfchiedenartiger Schriftiteller in Bewegung gefebt, ald eben 
ber Tabak. Mit ibm haben ſich Aerzte, Botaniker, Land⸗ 
wirthe, Chemiker, Fabrikanten, Handelsleute, Gefehgeber, 
Finanzmänner, Moraliften, Seiftlihe, Dichter, und felbft ein 
König, befchäftigt. 

Ohneradhtet der großen Anzahl von Schriften, welche 
über ben Tabak erfchienen und zu einer Beinen Bibliothel 
angewachſen find, ift feine Entdedung und die Urſache feiner 
erften Benugung in Dunkel gehuͤllt. Darüber hat bereits 
vor mehreren Sahren ein berühmter Hiſtoriker, Schloͤzer 
(Briefwechſel B. 3. ©, 153), fein Befremden in folgenden 
Worten ausgefprochen: „Eine aus den Quellen gefchöpfte 
„Sefchichte des Tabaks wird noch immer vermißt, und doch 
„iſt diefe für die Melthiflorie wenigſtens ein eben fo an⸗ 
„ziehender Gegenfland, als die Geſchichte des großen 
„Tamerlan's, oder die des alten Aßyrifhen Kaiferreiche. 
„Vorausgeſetzt nämlich, daß der Zufammenhang, den ein 
„hiſtoriſcher Gegenſtand mit großen Veraͤnderungen ale 


IV 


„Urfache und Wirkung hat, ber einzige Maaßſtab ift, der deſſen 
„biftorifche Würde beſtimmt.“ 

So wahr diefer Ausſpruch auch jetzt noch iſt, fo erweist 
fi) da8 Unternehmen, eine aus den Quellen gefchöpfte Ges 
fchichte des Tabaks zu fchreiben, als ein hoͤchſt mühfames und 
fchwierigeö; denn bie Quellen beftehen in einer fehr großen 
Menge von Schriften der verfchiedenflen Art, Unter biefen 
find die Berichte der ſpaniſchen Seefahrer, Conquiſtatsren 
und Mißionäre, über die Entdedung und Eroberung der 
Neuen Welt, und die in denfelben zerfireuten Nachrichten 
über die Lebensart, die Sitten, Gebräuche und focialen Zus 
ftände ihrer Bewohner, bei weitem die wichtigſten. Jene 
Werke find aber zum Theil fehr felten geworben, ober fie 
werben erſt feit Furzer Zeit aus der Verborgenheit ber 
fpanifhen Archive hervorgezogen. Ihre Benutzung muß 
jedoch mit großer Umficht gefchehen, indem fie meiſtens von 
Männern verfaßt find, welche Feine oder nur hoͤchſt ober- 
flächliche naturhiftorifhe Kenntniße befaßen, und dabei oft 
einen Hang zu wunderbaren und fabelhaften Erzählungen 
verrathen. Ä 

Weitere, fehr reichhaltige Quellen zur Gefchichte de 
Tabaks find in den unzähligen Beſchreibungen von Reifen 
enthalten, welche in- den letten drei Sahrhunderten nach den 
Ländern aller Welttheile unternommen worden find. Aus 
ihnen müßen die Nachrichten gefchöpft merden fiber die Zeit 
der erften Einführung des Tabaks in jene Länder, über die 
Wege, auf denen er dahin gelangte, und über den Einfluß, 
ben fein Gebrauch und fein Anbau auf die Sitten, bie 
Lebensweife, den Handel und die Gefehgebung gehabt hat. 

Eine fehr große Anzahl fchägbarer Unterfuchungen über 
den Tabak ift ferner in mebicinifchen, botanifchen, landwirth⸗ 
fchaftlichen, chemifchen, technologifchen und ftatiftifchen Schriften 
zerfireut. Manche wichtige Notizen endlich find in biftorifchen 


v 


und anderen Werken verborgen, in denen man ſie auch nicht 
entfernt vermuthet. 

Bei der großen Schwierigkeit, die in einigen tauſend 
Büchern enthaltenen Materialien zu einer Geſchichte des 
Tabaks zu fammeln, wird man .e8 begreiflidy finden, wie 
fi fo viele Irrthuͤmer und Unrichtigkeiten in die bereits 
über den Tabak erfchienenen Schriften eingefchlichen haben, 
welche aus einer Schrift in bie andere übergegangen find, 
Und das felbft in die Werke durch große Gelehrfamkeit aus- 
gezeichneteer Männer, wie in des berühmten Hallers 
Bibliotheca botanica und in bie Schriften fo mancher 
Aerzte. 

Was ich hier über den Zabaf, feine Entvedung und 
Benutzung bei den Völkern Amerikas, feine Einführung in 
Europa und feine Verbreitung in die Länder anderer Welt- 
theile, ſowie tiber feinen Einfluß auf die Sitten, Gebräuche 
und die. focialen Zuflände der Voͤlker mittheile, fügt fich 
zunädjft auf die aus obigen Quellen gefchöpften Nachrichten, 
Das Leſen jener Werke hat mir feit mehr als fünfzig 
Fahren in müßigen Stunden Unterhaltung, Belehrung und 
Erholung von ernfleren Arbeiten gewährt, Im Frühling des 
Jahrs 1848 hatte ich meinen Wohnſitz in Heidelberg verlaßen, 
um mich den Wirren und Stürmen einer unheilvollen Revolution 
zu entziehen, die ſich dem Lehramte und den Studien fo 
abhold erwies, und hatte meinen Aufenthalt bei lieben Ber- 
wandten in Bremen genommen. Hier gewährte mir das 
Durchleſen und Ordnen der feit vielen Jahren Über die Ges 
fhichte des Tabaks gefammelten Lefefrüchte Befchäftigung 
und lenkte zugleich meine Gedanken von den Beforgnißen für 
mein theured Vaterland ab. So ift diefe Schrift entflanden, 
und wo, frage ich, hätte die Arbeit fchidlicher unternommen 
werden Fönnen, ald in Bremen, dem großen Emporium des 
deutſchen Tabakhandels, an dem ich die beften und ficherfien 


vi 


Nachrichten über diefen Handel einziehen konnte. Wo zus 
gleih angenehmer, als eben bort, wo ſich die Gelegenheit 
darbot, eine Achte Havana-Gigarre zu rauchen. | 

Nach der Heimkehr aus Bremen habe ich nicht verabs 
faumt, eine Reihe von Verſuchen an lebenden Thieren über 
die Wirkung des Nicotins, als des wirkfamen Princips des 
Tabaks, anzuftellen. Zugleich habe ich Unterfuchungen über 
die Wirkungen des Tabaks auf den Menfchen und über den 
Einfluß feines Gebrauchs auf die Gefundheit beigefügt. 
Und endlich habe ich nicht unterlaßen den Einfluß zu fchildern, 
den der fo allgemein verbreitete Gebraud des Tabaks auf 
die Sitten, den Handel, den Landbau und die Gewerbe in 
Deutfchland ausübt. 

Wahrend meines jebigen Aufenthalts in Frankfurt wurde 
ih im Jahr 1851 von Freunden und Collegen aufgefordert, 
meine Unterfuchungen über den Tabak dem hiefigen geogra- 
phifchen Wereine mitzutheilen. Ihrem Wunſche entſprechend 
übergebe ich fie nun auch dem Drude, in der Hoffnung, 
daß fie nicht nur die von Schlözer gerlgte Lüde in ber 
MWeltgefchichte ausfüllen, fondern auch den Freunden der 
Sittengefchichte reichlichen Stoff zu Betrachtungen über einen 
der feltfamften Gebräuche und deßen Folgen darbieten werben. 

Wie fehr unter den Voͤlkern die Neigung herrfcht, ſich 
in ben Zuftand einer narkotifhen Aufregung zu verfeßen, 
erhellet ferner daraus, daß fie ſich hierzu noch anderer 
Subftanzen ald des Tabaks bedienen, welche gleich diefem, 
geraucht, gefchnupft und gefaut werden. Ich habe nicht 
unterlaßen, auch über dieſe Genußmittel Nachrichten mitzus 
theilen, die den Voͤlkern ebenfo zur Gewohnheit und zum 
Lebens-Bedürfniß geworden find, wie der Tabak. 


Frankfurt im Monat März 1858. 
Tiedemann, 


Snbaltsverzeichniß. 


I. 
Die Spanier werben auf den Weftindifchen Inſeln mit 
dem Tabak befannt . » 2 2 2 ee NH 


Chriſtoph Columbus fah die Indianer zuerft bei feiner 
Landung an ber Infel Guanahani Tabak rauden S. 1. — 
Die aus Zabakblättern gebildeten Rollen nannten fie Zabaco 
8.2. — Gleiches berichtet Bartolomeo de las Caſas von 
ben Indianern Hifpaniolas und Haiti 8.2. — Die erfte 
Nachricht von der Tabak: Pflanze gab Romano Pane S. 3. — 
Ausführlichere Nachrichten über den Tabak und feinen Ge: 

brauch theilte Gonzalo Hernandez de Oviedo mit S. 4. — 
Die auf Difpaniola und Cuba eingeführten Neger fanden 
am Tabakrauchen ſchnell Gefallen ©. 6. — Des Mailänbers 
Benzoni Bericht über die Tabakpflanze S. 8. — Robert 
Dubley’s, Walter Raleigh’s und Ifaac de Verne's Berichte 
über den Tabak auf den Antillen ©, 9. — Zabal- Sorten, 
welche nad) Du Zertre auf den Antillen gebaut wurden ©, 9. 
— Diftriete auf Cuba, in benen nad) von Humboldt ber befte 
Tabak gebaut wird ©. 10. — Neuere Nachrichten über die 
Zabat: Production auf Cuba, Portorico und St. Domingo 
811. — 


II 


Tabak in Merico und Central» Ameila . . » 12-25 


Zuan de Grijalva fah Rauchrohre bei den Eingebornen 
Yucatans ©. 12. — Zur Zeit der Eroberung Mericos durch 
Sortez war das Tabakrauchen allgemein üblih S. 12. — 
Nach Francisco Lopez de Gomara rauchte man zufammen= 
gerollte Tabakblaͤtter, oder man bediente fich ſchoͤn verzierter 
Schilfrohre S. 1%. — Bernarbino de Sahagun’d Beſchrei⸗ 
bung der Rauchrohre (Cannutos de humo) ©. 13. — Bernal 
Diaz de Gaftillos Nachrichten Über den Dof bes Kaifers 
Montezuma und das Tabakrauchen nach der Mahlzeit ©. 14. 
— Francisco Hernandez de Toledo berichtet über den Ges 
brauch des Tabaks und feine Benugung in der Heilkunde ©. 15. 
— Audgrabung alter Zabatpfeifen S. 17. — Die Azteken 


VIII 


Seite 

ſchnupften und kauten Tabak S. 18. — Gonzalo Hernandez 
de Oviedo ſah die Indianer in Panama und Nicaragua Ta⸗ 
bak rauchen ©. 19. — Wafers Nachrichten S. 20. — Er: 
richtung großer Cigarren-Fabriken ©. 21. — Allgemeiner 
Gebrauch der Cigarren bei Maͤnnern und Frauen aller 
Stände S. 21. — Die ſpaniſche Regierung führte die Tabak⸗ 
Regie ein S. 24. — Zunahme der Zabal: Sultur nach Auf: 
hebung des Monopols ©, 24. — 


IT. 
Tabak in Shvamerfa en er 6-4 


A) In den Ländern an ber DOftküfte. 1) Brafilien. Erfte 
Nachrichten von Andre Thevet S. 26. — Genauere Angaben 
über dad Petum von Jean de Lery S. 37. — Das Rauchen 
des Tabaks jest bei allen Indianer » Stämmen ber Guaranid 
üblich, und ebenfo das Schnupfen und Kauen S. 30. — Die 
Zauberer oder Aerzte benusen ben Tabak bei ihren Euren 
8.30. — Provinzen, in benen viel Tabak gebaut wird 8.31. — 
2) Guiana. Des Tabaks bei den Eariben bdafelbft gedachte 
zuerft Sir Walter Raleigh ©. 33. — Richard Schomburgks 
Nachrichten ©. 34. — Die Holländer brachten zuerft Tabak 
aus Guiana in den Handel S. 37. — 3) Länder am Rio be 
la Plata, Parana, Paraguay und Uruguay. Der Tabak zur 
Zeit der Entdedung jener Länder nicht bekannt. S. 38. — 
Sein Gebrauch durch die Spanier eingeführt &, 39. — Die 
Zefuiten bauten zuerft Tabak in den Mißionen S. 39, — 
Das Tabakrauchen längft ganz allgemein, felbft bei den In⸗ 
dianern Patagoniene ©, 40. — In Paraguay wird viel Ta: 
bat gebaut, befonders in Billa Rica und Corrientes S. 40. — 
B) In den Ländern an ber Weftküfte. Das Zabafrauchen 
zur 3eit der Eroberung in Quito, Peru und Chile nicht 
üblich, wohl aber das Tabakſchnupfen S. 41. — Viel Tabak 
wird jegt in Peru und Bolivia gebaut S. 44. — 


IV. 
Zabaf in Rordamerla Een % 45-133 


Der Gebrauch, Tabak aus Pfeifen zu rauchen fcheint ur⸗ 
fprünglich bei den Indianern Nordamerikas üblich gewefen zu 
fein S. 45. — Er ift fehr alt, wie die in alten Gräbern und 
Altarbügeln häufig aufgefundenen Pfeifen beweifen S. 45.— 
Verſchiedene Arten alter Pfeifen S. 47. — A) Xeltere Nach: 
richten Über ben Tabak und feinen Gebraud bei der Ent⸗ 
deckung der Länder Nordamerikas, 1) Floridas S. 50, — 
2) Qirginiens ©. 51. 3) Canadas ©. 54. — 4) Der inneren 
Länder Nordamerikas am Mißisfippi und Ohio ©. 62. — 


5) Der Länder an der Hudſonsbei und an der Rorboftlüfte 
©. 69, — 6) Der Länder an der Rorbweftküfte S. 74. — 
B) Reuefte Nachrichten über ben Tabak bei den Indianern 
Nordamerikas S. 81. — Alle Indianer find jest noch leidens 
ſchaftliche Raudyer S. 82. — Sie find ſtolz auf den Beſitz 
ſchoͤner Pfeifen, weiche fie felbft mit großer Geſchicklichkeit 
und nicht ohne Kunftfinn verfertigen S.85. — Die Indianer 
am oberen Mißisſippi und an den Canadifchen Seen bilden 
bie Pfeifenlöpfe aus dem rothen Pfeifenftein S. 85. — 
Das rothe Pfeifenfteins@ebirg S. 85. — Alte Sagen, welche 
darüber herrfchen 8.87. — Die an den Quellen des Mißouri 
in den Rocky Mountains fi) aufhaltenden Indianer formen 
die Pfeifenköpfe aus Tall oder Spedftein S. 89. — Pfeifen: 
Tomahaks S. 90, — Die Frauen verfertigen fehön vers 
zierte Zabakbeutel S. 91. — Den Tabak erhalten die Ins 
dianer von den Pelzhändlern S. 91. — Viele Indianers 
Stämme bauen aber auch Tabak ſeit den älteften Zeiten S.91. 
— Man findet auch wildwachfenden Zabal 8.92. — Vielfältig 
bedient man fich ferner der trocknen Blätter und Rinden 
anderer Gewaͤchſe S. 92%. — Das Tabakrauchen die Lieblings: 
Beihhäftigung der Indianer ©, 93. — Gäften wird als Wills 
kommen eine brennende Pfeife gereicht S. 93. — Die erften 
Züge des Dampfs werden gegen bie Sonne geblafen, um bem 
Großen Geifte Ehrfurcht zu bezeugen ©. 94, — Die Tabak⸗ 
pfeife und die Waffen begleiten den Indianer ins Grab 
©. 95. — Beim Abſchluß von Frieden, Bündnißen, Handels: 
und Gränzs Verträgen wird aus ber Friedenspfeife, dem 
Salumet, geraucht ©. 96. — Befchreibung der Friebenspfeife 
S. 97. — Das Calumet als ein heiliged Werkzeug wird von 
dem erften Häuptling einer Nation aufbewahrt ©. 98. — Ge: 
fandte, die ein Salumet tragen, werden als geheiligte und un: 
verlegliche Perfonen angefehen ©. 98. — Geremonien beim 
Rauchen aus der Friedenspfeife S. 99. — Nach dem Rauchen 
beginnen die Verhandlungen S. 101. — Kräftige Reden die 
dabei gehalten werden. Tacumſehs Rebe ald Beifpiel S. 101. — 
Die Verträge werben buch abermaliges Rauchen aus ber 
Briedenspfeife befräftigt S. 104. — Nach dem Abfchluß eines 
Friedens oder Vertrags beſchenken fich die Gefandten und 
Däuptlinge mit Wampum⸗Guͤrteln zur Erinnerung an bie feft: 
gefegten Zractate S. 105. — Aufführung des Calumet⸗Tanzes 
©. 108.— Kriegs:Zabatpfeife S. 109. — Das Tabakrauchen 
beim Wahrfagen und allen Zauberfeften üblih S. 109. — 
Tabakrauchen bei der Büffeljagd S. 110. — Tabak ald Arznei- 
mittel S. 111.— C) Sagen und Muthmaßungen über ben 
Urfprung des Tabakrauchens bei den Indianern, Der Tabak 
ein heiliged Kraut und das Rauchen ein religiöfer Gebrauch, 


IX 


ein ber Sonne unb dem Großen Geiſt gebrachtes Opfer 
8.11%. — Tabak, als etwas dem Großen Geifte, Manitto, 
Angenehmes, wird bei vielen Gelegenheiten von den In⸗ 
dianern geopfert S. 114. — Die Indianer bedienen fich des 
Tabaks als eines Amulets ©. 116. — Die Verehrung 
und Anbetung ber Sonne ift ber ältefte Cultus der ameritas 
nifchen Volker ©. 117, — Die Sonne wird als die Gott: 
heit oder ald der Wohnſitz bes Großen Geiftes, bes Schöpfers 
und Erhalters der Welt angefehen S. 117.— Die Indianer 
nennen ſich Kinder der Sonne S. 119. — D) Gebrauch 
und Gultur des Tabaks in den Staaten der Union und 
in Sanada ©. 129, — Die europäifhen Einwanderer 
haben fchnelU den Gebraud des Tabaks angenommen 
©. 127. — Das Tabakkauen fehr verbreitet &. 128. — 
Der engliſche Gouverneur Sir Thomas Dale führte die 
Sabak-Gultur in Virginien ein S. 129. — Sie madıte 
fhnell große Fortſchritte S. 130. — Nachrichten über 
den Tabakhandel der Union ©, 131. — 


V. 


Die Tabakpflanze gelangt nach Europa und wird 


als Arzneimittel gebrauuohh 
1) Einführung in Spanien und Portugal S. 134. — 
Monardes pries den Tabak zuerſt als Arzneikraut ©. 135, 
— Beſchreibung der Tabakpflanze von Rembert Dodonaeus, 
Matthias de Lobel und Carl Elufius S. 135. — Die 
Tabakpflanze wird in Frankreich bekannt durch Jean 
Nicot S. 137. — 3) Erſte Nachricht über die Tabakpflanze 
in Deutſchland von Adolph Deco und Conrad Gesner 
©, 141. — 4) Der Tabak gelangt nach Italien ©. 142, — 
Spanifche Beiftlihe führen das Zabalfchnupfen in Rom 
ein &, 143. — Schnupftabal:Fabriten ©, 144. — 


VI. 


Einführung des Tabakrauchens in Europa. .. 


1) In Spanien und Portugal. Aus der Neuen Welt 
heimtehrende Seeleute ſah man zuerft Tabak rauchen 
©. 146. — Alle Stände finden Gefallen baran S. 147. — 
Der Handel mit Zabat, und die Fabrikation der Sigarren 
und des Schnupftabals werden Monopol der Regierung 
&. 147. — Tabakfabriken in Sevilla, Valencia und Coruma 
©. 147. — 2) Einführung des Tabakrauchens in England. 
Durch den Admiral Francis Drake aus Virginien zurück⸗ 
gebradhte Goloniften fah man in Plymouth zuerft rauchen 
©, 149. — Sie fanden ſchnell Nachahmer S. 150. — Sir 
Walther Raleigh ein leidenfchaftlicher Raucher &. 150, — 


Seite 


134-145 


146-185 » 


- Der Tabak wird ein wichtiger Handelsartikel S. 150. — 
König Jakob I. über den neuen Gebrauch entrüftet, ſchrieb 
den Wifocapnus ©. 152. — Der Tabak wird mit einer 
Abgabe belegt ©. 153. — Streit der Aerzte über ben Ge⸗ 
brauch des Tabaks ©. 153. — Unter ber Regierung 
Karl I. wurde das Zabal:Monopol eingeführt S. 155. — 
Tabak wird in England gebaut ©, 155. — Unter Crom⸗ 
well bob das Parlament das Monopol auf und verbot 
bie Sultur des Tabaks zu Bunften der amerikanifchen 
Golonien S. 155. — Flor des Tabakhandels während ber 
Regierung der Königin Anna ©. 156. — Sinken desfelben 
im amerilanifchen Kreibeitstrieg S. 156. — Neufte Nach⸗ 
richten über den Tabakhandel in Großbritannien &. 157. — 
3) Das Tabakrauchen gelangt nad Holland. Englifche 
Studioſen jah man in Leiden zuerfl Tabak rauchen ©. 160. 
— Der Zabat wird fehnell ein wichtiger Handelsartikel 
S. 161. — Zu Ameröfort wurbe auf dem europäifchen 
Sontinent zuerft Tabak gebaut ©. 162. 4) Das Tabak⸗ 
rauhen in Frankreich eingeführt. Der Tabak mit einer 
Abgabe belegt S. 163, — Der Minifter Eolbert errichtet 
bie Zabakregie ©. 164. — Große Summe welche fie abs 
wirft S. 164. — 5) Das Tabakrauchen wird in Deutfch: 
land und der Schweiz befannt. In Deutichland ſchlich es 
fi während bes dreißigjährigen Kriegs ein S. 165. — 
Man fah zuerft Englifche Truppen rauchen, welche ber 
Graf Grey nad Böhmen führte ©. 165. — Es verbreitete 
fi ſchnell unter den Heeren, und unter allen Ständen, 
fetoft Srauen raudhten S. 166. — Nad dem weftphälifchen 
Frieden wurde e8 verboten ©, 166 — Es gelangt nach 
der Schweiz und wird mit Strafen belegt. S. 167 — Zu 
dem Umfichgreifen des Tabakrauchens oder Tabaktrinkens 
haben vorzüglich hollaͤndiſche und deutfche Aerzte vieles 
beigetragen, indem fie e8 als das beſte Mittel zur Erhal⸗ 
tung ber Gefundheit und zum Schuß gegen Krankheiten 
anpriefen &, 169, — Geiftliche eiferten von ber Kanzel 
aus vergeblich gegen das Tabakrauchen S, 171. — Kurs 
fürft Friedrich III. von Brandenburg ein Freund bes 
Tabaks ©, 172, — Tabak⸗Collegium des Königs Friebridh 
Wilhelm 1. & 173. — Tabak in Deutfchland gebaut 
6, 175. — &8 werben Rauch⸗ und Schnupf⸗Tabakfabriken 
angelegt S. 175. — Einfluß des Gebrauchs des Tabaks 
auf bie Gewerbe &. 176. — 6) Das Tabakrauchen gelangt 
nad) Norwegen und Schweden ©, 177. — Unter der Res 
gierung Guſtav Adolphs verboten. Die Lappen find eifrige 
Raucher ©. 177. — Linnés Nachrichten S. 178. — 7) Das 
Tabakrauchen kommt nad) Rußland ©. 178, — Es wurde 


0 


Xi 


Al 


duch englifhe Schiffer und Handelsleute eingeführt 
S. 178. — Bom Czar Michael Fedorowitſch mit fchweren 
Etrafen belegt ©. 179. — Peter der Große ertheilt eng⸗ 
lifchen Kaufleuten die Erlaubniß, Tabak in Rußland ein- 
zuführen ©. 180. — Das Zabalmonopol errichtet ©. 180. 
— Eultur des Tabaks in ben füdlichen Provinzen ©. 180, 
— 8) Einführung des Tabakrauchens im Osmanifchen 
Reiche durch englifche Seeleute S. 181. — Der Sultan 
Murad IV. wüthet gegen die Zabafrauder ©. 183. — 
Unter der Regierung Mohammed IV. wird das Verbot 
gegen das Tabakrauchen aufgehoben und feitbem allgemein 
uͤblich S. 184, — Zürlifche Pfeife, Tſchibuk und großer 
Luxus, den die Großen mit den Tabakpfeifen treiben 
©, 185. — Zabal:Eultur S. 185, — 


VII. 


Einfuͤhrung und Verbreitung des Tabaks in Afrika. 


Der Gebrauch des Tabaks war vor Entdeckung Amerikas 
unbekannt. Er wurde durch europäifche Seefahrer einge: 
führt, und Hat fih von den Küften aus in die inneren 
Länder verbreitet. A) Die Negervölker an der Weftküfte 
wurden mit dem Tabakrauchen bekannt durch fpanifche 
und portugiefifche Seeleute, welche Sklaven nad) Amerika 
führten S. 187. — Die erften Nachrichten über das 
Rauchen der Neger in Sierra Leone hat William Find) 
mitgetheilt ©. 188. — Und die über dad Rauchen der 
Neger in Guinea Robert Harcourt ©. 189. — Der dafelbft 
gebaute Tabak iſt Nicotiana rustica, weldyer in Suͤdamerika 
einheimifch ift ©. 189. — In allen Ländern Senegambiens 
wird Tabak geraudyt und gebaut S. 190. — Nachrichten 
über den Tabak am Senegal und an ber Gambia haben 
Sannequin, Andre de Bry und Richard Zobfon gegeben 
S. 190, — Die Karavanen der Mandingo-Neger brachten 
das Tabakrauchen in die benachbarten inneren Länder 
Afritas S. 192%. — Viele Neger fchnupfen auch Tabak 
©. 192%, — Der Tabak ift im Gebrauch bei allen an der 
Bai von Guinea lebenden Negervölkern ©. 193.— B) Tas 
bat in den Ländern an ber Südfpige Afrikas ©, 195. — 
Die Holländer führten den Gebrauch und die Eultur des 
Tabaks am Gap ber guten Hoffnung ein S. 195. — Die 
Hottentotten und alle füdafrikanifhe Wölker find bem 
Tabak leidenfhaftlich ergeben S. 196. — Sie raudyen 
auch Daka oder Hanf, und felbft den getrockneten Mift des 
Nashorns und Elephanten S. 197.—- Das Tabakſchnupfen 
üblich bei den Kaffern, Betjuanas, Matchappis und 


Seite 


186-206 


xım 


Seite 

Marougies S. 200. — Die Eultur des Tabaks ift fehr 
verbreitet &. 200. — C) Tabak in den Rändern an ber 
Oſtküſte S. 201. — Der Gebraud und bie Sultur des 
Tabaks ift in allen Ländern an der Oftkäfte, in Sofala, 
Mozambique, Zanguebar und Magadoro eingeführt, wahrs 
ſcheinlich durch die Portugiefen S. 201. — In AbyBinien 
ift nur die mahomebanifche Bevölkerung dem Rauchen 
und Schnupfen ergeben, während die Chriften den Tabak 
und den Kaffee verabfcheuen, deren Gebrauch die Abyßi⸗ 
nifche Kirche für ſüundhaft Hält &. 202%. — In Schoa wird 
Tabak gebaut ©. 20%. — Auch die Gallad raudyen und 
bauen Zabat ©. 202. — D) Tabak in den Ländern an 
der Nordküſte ©. 203. — Die Bewohner Aegyptens, 
Zripolis, Zunis, Algierd und Maroccos wurben durd) 
die hriftlichen Seefahrer und die Osmanen mit bem Ge⸗ 
brauch bes Tabaks befannt S. 203, — Die von Cairo 
ausgehenden Karavanen baben benfelben nach Nubien, 
Dongola, Genar, Kordofan, Darfur und in die Länder 
ded Sudan gebracht. In allen jenen Ländern wird Tabak 
geraudht, gefhnupft und gefaut &. 203. — Leibenfchaftlicdhe 
Raucher find die Nuda⸗Reger ©, 204. — Die von Tripolis, 
Zunis, Algier und Marocco abgehenden Karavanen führen 
Tabak nach Bilabulgerid, Fezzan, die Dafen der Wüfte 
Sahara, fowie in die im Sudan liegenden ſehr bevoͤlkerten 
Länder Zimbuctu, Sadatu, Kasbna, Bornu, Kanem und 
Borgu, wo er eine fehr gefuchte Waare ift, und theuer 
gegen Gold und Eifenbein eingetaufcht wird S. 205. — 


VII. 


Einführung und Verbreitung des Tabaks in Afien. 206-278 


1) Berauſchung durch den Rauch narkotifcher Gewaͤchſe 
ift bei aftatifchen Völkern ein fehr alter Gebrauch, deßen 
fhon Herodot, Pomponius Mela und Plutarch gedacht 
haben S. 206, — 2) Der Tabak vor Entdedung Amerikas 
in Afien nicht befannt S. 208, — Kein Reifender vor 
diefer Zeit erwähnt besfelben in Aften S. 210. — Das 
Tabakrauchen felbft im fechsgehnten Jahrhundert noch un⸗ 
befannt S. 211. — Es wurde durch Europäifche Seefahrer 
und Handelsleute auf verfchiedenen Wegen eingeführt, 
und verbreitete ſich fehr ſchnell S. 213. — 3) Einführung 
bes Tabaks in SKleinaften, Syrien und Mefopotamien ” 
S. 213. — Auögebreitete Eultur des Tabaks ©. 214. — 
4) Tabak in Arabien ©. 215. — Das Rauchen allgemein 
üblich ©. 215. — Die Armen rauhen Hanf S. 217. — 
Das Zabakrauchen bei den Sceten der Bejaſis, Wahabiten 


AV 


und 3eibije verboten S. 217. — Das Verbot wird nicht 
fireng gehalten ©. 218. — Tabak wirb in vielen Gegenden 
Arabiens, namentlid) in Yemen, gebaut ©. 218. — 5) Tas 
bat in Perfien S. 219. — Das Tabakrauchen wurbe zu 
Anfang bes fiebenzehnten Jahrhunderts befannt S. 219. — 
Zur Beit, da fih Chardin in Perfien aufbielt, wurbe be⸗ 
reits Tabak gebaut S. 221. — Beſchreibung der perfifchen 
Pfeife S. 222. — Großer Lurus, den die Perfer mit ben 
Rauchgerätben treiben ©. 222. — Männer unb Frauen 
rauchen leidenſchaftlich S. 223. — Es wird viel Tabat 
erzeugt, der befte wächft in ber Provinz Fars ©, 224. — 
6) Einführung des Tabaks in die benachbarten Länder 
Derfiens S. 225. — In Armenien und in den Ländern 
bes Kaukaſus ©. 226. — Guter Tabak wählt im Thale 
des Rion ©, 226 — Das Tabakrauchen gelangte nad) 
Oſt⸗ und Weftturkeftan, fowie nach Herat, Kelat und 
Kabul S. 227. — 7) Tabak in den Ländern Vorberinbiens 
©. 228. — Im fechözehnten Jahrhundert während ber 
Regierung des Sultans Babur war bad Tabakrauchen in 
Hindoſtan noch nicht bekannt ©, 228. — Es wurde zu 
Anfang des fiebenzehnten Jahrhunderts eingeführt S. 230. 
— Alle Völker Indiens find ihm ergeben, nur die Sikhs 
rauchen nicht, indem fie ben Tabak nad religiöfen Vor⸗ 
ftelungen als verunreinigenb anſehen &, 231. — Die 
Indiſchen Großen rauchen aus ber Hucka ober dem Burgorri 
S. 232. — In VBorberindien wird viel Tabak gebaut 
©. 232. — Das Tabakrauchen ift auch in Zübet uͤblich. 
S. 233. — 8) Tabak in Hinderindien S. 234. — In Siam, 
Birma, Ava, Cochinchina, Annam wird Tabak geraucht 
und gebaut S. 235. — 9) Tabak auf den Infeln des In- 
bifchen Archipels S. 237. — A) Ceylon. Das Tabakrauchen 
durch die Portugieſen und Holländer eingeführt S. 237. — 
B) Sunda Snfeln S. 238. — a) Java. Nah Stamford 
Rafftes ift das Tabakrauchen feit dem Jahre 1601 bekannt 
©. 238. — Auf Java wird viel Tabak gebaut und audges 
führt ©. 240. — b) Sumatra. Zu den leidenfchaftlichften 
Rauchern gehören bie durch ihren Cannibalismus berüdh: 


‚ tigten Battad ©, 24% — c) Borneo. Die Dayaks find 


eifrige Raucher ©. 246. — d) Gelebes. Die Malafaren 
und Bugis rauen S. 248. — Die Ehinefen führen Tabak 
zu, aud) wird er gebaut S. 248. — C) Motludifche Infeln. 
Durch die Holländer wurde das Rauchen auf allen Infeln 
verbreitet ©, 249. — D) Philippinifche Infeln. Der Ge⸗ 
brauch und die Cultar bes Tabaks wurde burch bie Spanier 
eingeführt, welche dahin Samen aus Mexiko brachten 
S. 250. — In der Stadt Manila befindet ſich eine große 


xv 


Seite 
Cigarren⸗Fabrik S. 250.—- 10) Tabak in China S. 251. — 
In keinem Lande herrſcht das Tabakrauchen ſo allgemein 
als im himmliſchen Reiche der Mitte. Beide Geſchlechter, 
jedes Alter und alle Staͤnde vom Bettler bis zum Kaiſer, 
find ihm zugethan ©. 251. — Auch das Tabakſchnupfen iſt 
im Gebrauch S. 254. — Der Tabak vor der Entdeckung 
Amerikas in China nicht bekannt ©. 255. — Der Tabak 
gelangte auf verfchiedenen Wegen nad China ©. 256. — 
Tabak wird in vielen Provinzen gebaut S. 256. — China 
verforgt bie Völker Hodafiens mit Tabak ©. 257. — 
Das Tabakrauchen auf ber Halbinfel Korea und auf allen 
der chineſiſchen Herrſchaft unterworfenen Infeln üblich. 
S. 258, — 11) Tabak in Japan ©. 260. — Die Japaner 
find dem Tabakrauchen ebenfo leidenfchaftlich ergeben, wie 
die Shinefen S. 260. — Es ift feit Anfang des fieben- 
zehnten Jahrhunderts bekannt und durch europäifche 
Seeleute eingeführt &. 262. — Tabak wird auf Niphon, 
Kiufiu und Sikokf gebaut S. 262. — Sein Gebraud hat 
fich auf den Kuritifchen Inſeln verbreitet. Selbft das arme 
Fiſchervolk der Ainos auf der Infel Zarakai raucht 
©. 263. — 12) Zabat in den Ländern Hoch⸗ und Nord: 
Aſiens ©. 264. — Alle Völker, welche die Länder Hochaſiens 
bewohnen, bie Khalkhas, Kalmuden, Buraten und armen 
Soyons find dem Tabak ergeben. Männer, Frauen und 
Kinder rauhen S. 265. — Zu den leidenfhhaftlichften 
Rauchern gehören die Kalmuden. Eine brennende Pfeife 
wird dem befuchenden Fremden zum Willlommen gereicht 
S. 265. — Auch alle Völker Sibiriend vom Ural bis zur 
Behrings: Straße find dem Tabak zugethan S. 268. — 
Selbft die Tſchuktſchen rauchen, ſchnupfen und kauen 
Tabak ©. 275. — Rach dem weſtlichen Sibirien wird 
Tabak aus den füblichen Provinzen Rußlands, aus Tſcher⸗ 
keßien und Perfien zugeführt ©. 277. — Am caspifchen 
Meer wird Tabak gebaut ©, 277, — Die öftlichen Länder 
Sibiriens werden vorzüglich aus China mit Tabak, Schar, 
verſorgt. 
IX. 
Tabak in Auftrddien. . » ee. 979-282 


Zur Beit, da Gapitän Cook die Inſeln der Suͤdſee be⸗ 
ſuchte, war der Gebrauch des Tabaks daſelbſt noch nicht 
bekannt. Jetzt gibt es wohl kaum eine Inſel, auf der er 
nicht durch europäifche Seefahrer eingeführt wäre ©. 279. 
— Die Eingebornen haben baran ebenfo großen Wohlgx 
fallen gefunden, als die Bewohner aller anderen Welttheile 
S. 279. — Engliſche Schiffe, welche ſich mit dem Pelzhandel 

7 





AVI 


an ber Nordweſtküſte Amerikas beichäftigten, führten das 
Rauchen auf den Sandwiches - Infeln ein, wo e8 jegt allges 
mein üblich ift S. 280. — Tabak wird dafelbft längft ges 


baut ©, 280, — Charles Wilkes fah die Bewohner Zaitis 


und anderer Societätd:Infeln eifrig Tabak rauhen ©. 280. 
— Auch wird Tabak gebaut. Die Neufeeländer find dem 
Rauchen fehr ergeben S. 250. — In Neu: Süd - Wales ifl 
das Rauchen fehr verbreitet S. 281. — Die Eultur des 
Tabaks ift um Sidney⸗Town eingeführt. 


X. 


Worin ift der Reiz und das Anziehende bed Tabaks 


begründet 


Der Gebrauch des Tabaks ift über die ganze Erde ver: 
breitet und alle Völker find ihm ergeben ©. 283, — Unter 
allen Ständen finden ſich Verehrer ©. 284. — Göthes 
Ausfprudy, ein wahrhaft genialer Mann werde nicht 
Tabak rauchen, wird durdy unzählige Beifpiele berühmter 
Männer aus allen Fächern der Wißenfchaften widerlegt 
©. 284. — Die Spaniſchen Eroberer und die erften An⸗ 
fiedler in den Ländern ber Neuen Welt haben das Tabak⸗ 
rauden fhnel von den Indianern angenommen. Hiezu 
wurden fie nicht durch angenehme Senfationen bewogen, 
welche das Zabatrauden etwa verurfadht, fondern durch 
den Zrieb des Nachahmens und den Wunfch, feine Wirs 
tungen kennen zu lernen, indem fie in demfelben ein Mittel 
zur Erhaltung der Gefundheit und einen Schug gegen Krank⸗ 
heiten zu finden hofften. So wurden fie mit der aufregens 
den Wirkung des narkotiſchen Rauchs bekannt, deßen 
Einziehen Unterhaltung gewährte und die mandherlei 
Entbehrungen, Beſchwerden und Mühfeligkeiten des neuen 
Aufenthalts vergeßen ließ ©. 286. — Die aus der Neuen 
Welt nah Europa heimkehrenden Seeleute und die von 
Francis Drake aus Virginien nach England zurüdgeführten 
Coloniſten behielten das ihnen zur Gewohnheit gewordene 
Tabakrauchen bei, weiches großes Auffehen machte ©. 287. 
— Es fanden fidy bald Leute, welche ed nachahmten, und 
Gefallen daran fanden, die Blidde durch den feltfamen Ge: 
brauch auf fih zu lenken. So wurde es eine Art Mode, 
welche Seefahrer, Handelsleute und Reifende in die Länder 
aller Welttheile verbreitet haben S. 788. — Zunge Leute 
aller Stände finden, wie Georg Korfter bemerkt hat, noch 
darin einen befonderen Antrieb zum Tabakrauchen, daß 
fie durch dasfelbe ein reiferes Ausfehen zu erlangen 
wähnen ©. 288. — Dad zur Gewohnheit gemorbene 


Seite 


283-292 


VII 


Seite 

Rauchen übt beſonders dadurch einen Reiz aus, daß es 
eine leichte Aufreizung bewirkt, und den Sinn des Ge⸗ 
ſchmacks und Geruchs angenehm afficirt. Es befchäftigt 
und unterhaͤlt, ohne mit Anſtrengung, Ermüdung und 
Abſpannung verbunden zu fein S. 289. — Im Allgemeinen 
find ihm vorzüglich gemüthliche, contemplative, in fliller 
Burüdgezogenheit lebende und geiftig befchäftigte Menfchen 
zugethan S. 290. — Arme, Zagelöhner und Sklaven fin: 
den im Rauchen ein Mittel, die Entbehrungen und Mübh: 
feligteiten des Lebens zu ertragen. Zägern, Soldaten und 
Seeleuten wird e8 zum Bebürfniß, indem fie beim Genuß 
bes Tabaks, Hunger und Durſt, ben Wechfel der Witterung 
und die größten Strapagen ertragen, und dabei in guter 
Stimmung bleiben S. 291. — Die zahlreichſte und verächt: 
tichfte Slaße der Tabakraucher find bie Müßiggänger und 
Zagediebe S. 291. — Kein Sinnesgenuß wirb fo fchnell 
zur Gewohnheit und übt über den Menſchen eine folche 
Macht aus, ald der Tabak 9, 291. — 


XI. 
Die Zabafpfloner > een + 293-302 


Kennzeichen der Sattung ©, 293. — Arten und Unters 
arten des Tabaks, welche im Gebraud find S. 294. — 
Virginifher Tabak S. 294. — Großblätteriger Tabak 
©. 296. — Bauern⸗Tabak S. 299. — PVierklappiger Tabak 
6, 300. Einige Bemerkungen über bie Eultur S. 301. — 


XII. 
Chemiſche Unterſuchung des Tabak.43035318 


Die früheren Unterſuchungen gaben keine Aufſchlüße 
S. 303. — Chemiſche Analyſe Vauquelin's, Hermbſtaͤdt's, 
Trommsdorff's S. 303. — Poſſelt und Reimann entdeckten 
barin eine flüchtige, ſtickſtoffhaltige und fauerftofffreie 
organifche Salzbafis, das Nicotin &, 305. — Elementare 
Analyfe des. Ricotins von Ortigofa S. 308. — 


XIII. 
Verſuche an Thieren über die Wirkungen des Tabaks 316-349 


Aeltere Verſuche von Conrad Gesner, Redi, Darbder, 
Lanzoni, Albinus und Kontana ©. 316. — Neuere Ver: 
ſuche von Brodie, Orfila und Macartney ©. 318. — 
Verfuche mit dem Nicotin von Stas S. 325 — von Ban 
den Gorput und Vleminks S. 326 — von Berutti und 
Vella &. 328. — Verſuche über die Wirkungen bes 
Nicotins, weldye der Verfaßer mit Profeßor Bifchoff 
angeftellt hat S. 330. — Ergebniße der Verſuche S. 344. — 


XVII 
Geite 


XV. 


Wirfungen des Tabaks auf den Menfhen. . . 350-362 


Erfcheinungen, welche beim Raudyen der erften Pfeife 
oder Gigarre eintreten S. 350. — Vergiftungs-Zufälle 
nach unmäßigem Rauchen und beim Rauchen eines fehr ſtar⸗ 
fen Tabaks S. 351. — Fälle, indenen es den Zod verurfachte 
©, 352%. — Folgen der Anwendung grüner oder trodner 
Tabakblaͤtter, eines Aufgußes, einer Abkochung, und des 
emppreumatifchen Oels auf die äußere Haut, auf Wunden 
und GefhwürsFlächen S. 352%. — Gepulverter Zabaf, ein 
Aufguß, eine Abkochung, fowie beftillirtes Waßer in den 
Magen eingeführt, bewirken Schwindel, heftiges Erbredjen 
und Durdfall ©. 355. — Beobadhtungen, in denen mit - 
Speifen oder Getränken in ben Magen gelangter Tabak 
Vergiftungs-Zufälle verurfachte S. 357. — Unvorfichtiger 
Gebrauch von Tabak Kiyftieren hat übele Folgen und kann 
den Zod hervorbringen ©. 359. — Die Benugung des Ta⸗ 
baks ale Arzneimittel ift fehr zu beſchränken S. 361. — 


XV. \ 
Iſt das Tabakrauchen der Gefundheit nachtheilig . 363-371 


Die Anfichten der Aerzte Über den Einfluß des Tabak 
auf die Sefundheit weichen fehr von einander ab ©. 363. 
— Das Tabakrauchen ift vor erreichtem reiferen Alter 
ſchaͤdlich; nachtheilige Wirfungen die es für junge Eeute 
bat ©. 364. — Sehr reizbaren und fenfibeln Perfonen, 
und allen, die eine zarte oder ſchwächliche Conftitution 
haben, ift es nicht zuträglich,. Auch ſolche müffen es unter: 
laßen, bie eine ſchwache Bruft haben, zu chroniſchen 
Gatarrhen und zu Bluthuften geneigt find S. 364, — 
Bor und gleich nach einer Mahlzeit ift es zu vermeiden 
S. 365. — Das Tabakrauchen verkürzt das Leben nicht. 
Beifpiele von Raudhern, die ein fehr hohes Alter erreicht 
haben ©. 366. — Das mäßige Rauchen der Geſundheit 
nicht nachtheilig S. 367. — Beim Rauchen zu beobadhtende 
Vorſchriften S. 367. — Schaͤdliche Folgen des unmäßigen 
Rauchens S. 369. — Krankheiten, die ed verurfadht 
&, 3710. — 

XVI. 


Wirkungen des Zabalfhnupfens - =. 372-376 
Erfcheinungen, die es verurſacht ©. 373. — Niefen, 
worin es begründet ift S. 373. — Das Schnupfen ift fehr 
reizbaren und fenfibeln Perfonen nicht zuträglic ©. 374, 
— Der unmäßige Gebraudy ſchadet. Folgen besfelben 


©. 274. — Die Srhalatlonen des Tabaks in ben Fabriken 
haben Eeine fo nacdhtheilige Wirkungen auf bie Arbeiter, 
wie manche Aerzte angegeben haben S. 375. — 


XVII. 


Einfluß des Tabaks auf die ſocialen Verhaͤltniße, die 


Sitten, den Handel, den Landbau und die Ge⸗ 
werbe in Deutſchladd. 


Das Tabakrauchen hat in neuſter Zeit, ſeit Einführung 
der Cigarren, ungemein zugenommen ©, 377. — Sein 
Einfluß auf das Familienleben. Es hat eine fhroffere Son: 
derung der Gefchledhter bewirkt. ©. 378. — Der Ber: 
braudy bes Tabaks ift fortwährend im Steigen. Nachrich⸗ 
ten über die wachfende Einfuhr von Zabaf in Bremen 
©. 379, — Gefammt:Einfuhr von Zabak in den Ländern 
des Zollpereind S. 380. — Große Sonfumtion von Tabak 
im ODeſterreichiſchen Staat ©. 381. — Der größte Theil des 
in Europa verbrauchten Tabaks wird jest in europäifchen 
Ländern gebaut ©. 382. Menge des Tabaks, welche in den 
Ländern des Zollvereind erzeugt wird ©. 283. Durch bie 
zunehmende Cultur ded Tabaks wird der Anbau von Ce⸗ 
realien befchräntt ©. 384. Dieß gefchieht ebenfalls durch 
die Anpflanzung von Runkelrüben zur Erzeugung von 
Zuder ©, 385. Auch durch die Anlegung von Eifenbahnen 
wurde fehr viel des beften unb fruchtbarfter Bodens der 
@ultur der Gerealien entzogen S. 386. Daher fortdaus 
ernde Steigerung der Brodpreife S. 387. — Die Folgen 
der Bertheurung ber Cerealien treffen vorzüglid die uns 
teren Volksklaſſen S. 387. Eingeriffener Getreide⸗Wucher 
S 387. — Der ſehr ausgebreitete Anbau der Kartoffeln 
ift bei der Zunahme der Bevölkerung unzureihend den 
Mangel an Serealien zu erfegen S. 388. — Die Kartof: 
fein, weldye das faft alleinige Nahrungsmittel der untes 
ren Volksklaſſen ausmachen, find wenig nahrhaft ©. 388, 
Dadurch wird eine zunehmende Schwächung und Entfräfs 
tung der unteren Volksklaſſen hervorgebracht S. 389, — 
Krankheiten, weldye daraus entipringen ©. 389. — Die 
neueren Ergebniffe der Conferiptionsliften beweifen un 
läugbar die Abnahme der Kraft des Volks S. 389. — Be: 
Magenswerthe Kolgen der Eonfeription S. 390. — Eins 
fluß des zunehmenden Verbrauchs von Tabak auf die Ges 
werbe ©. 395 — Vermehrung der Tabakfabriken ©. 395. 
Ertrag der Zabakgefälle in den verſchiedenen Staaten 
Europas S. 398, — 


Geite 


377-399 


Ann LED — —— — — ——2— 


ML — — — — —— 


xx 


Andere dem Tabak ähnliche Genußmittel . . . 400 


XVIII. 
Rauchen von Danf © 2 22 ee 8% 401-403 


In Perfien, Syrien, Aegypten und Arabien gebräudy: 
lich, und fo audy in Indien und Caſchmir. ©. 401. Das 
Rauchen bes Hanfs hat aͤhnliche Wirkungen wie das 
Opium. ©. 403, — Das Hanfrauchen in Aften ift vielleicht 
ältel, ald das Tabakrauchen. ©. 403, — 


XIX. 


Opium⸗Rauchen ...42404.418 


Es ſcheint in Perſien, dem Vaterlande des Mohns, ent⸗ 
ſtanden zu ſein, und gieng nach Indien uͤber S. 404. — 
Von da gelangte ed nad Ceylon, Java, Siam, Sodin: 
china, China, Corea und Japan. ©: 404. — Seit Ende 
des achtzehnten Jahrhunderts hat fich das Opiumrauchen 
in China ungemein verbreitet ©. 405. — Der Kaifer 
Kien:Long erließ ein Verbot gegen die Einfuhr von 
Opium und belegte die Raucher mit fehweren Strafen, 
was ohne Wirkung blieb. ©. 405. — Seit bem Umfichgreis 
fen des Opiumrauchens in China ift die Produktion von 
Dpium in den Provinzen Benares, Patna und Malwa 
fehr in Flor gelommen. ©. 406. — Im Jahr 1839 zerftörten 
die Shinefen bie Opium Niederlagen der Engländer in 
Kanton, was den Ausbrudy des Kriegs zur Folge hatte. 
©. 407. — Eingerißener Schleihhandel mit Opium. S. 408. 
— Zubereitung des Opiums zum Rauchen und babei ge- 
bräuchlicdye Geräthiihaften. S. 409. — Wirkungen des Opis 
umrauchens und daraus entfpringende traurige Folgen. 
©. 41%. — Das Opiumrauchen hat fidy in Java und auf den 
Sunda⸗Inſeln verbreitet. S. 416. Auch hat es ſich in 
Parts und London eingefchlichen. 


XX. 


Das Schnupfen verſchiedener narkotiſchen Kraͤuter bei 
vielen Voͤlkerſchaften Suͤdamerikas üblib . 419-421 


Die Otomacos ſchnupfen Yupa⸗Pulver. & 419. — Nach 
von Humboldts Bericht wird es aus den Hülfen der Acacia 
niopo bereitet ©. 420. — Nach Schomburgt bereiten die 
Makufis Indianer im britifchen Guiana ein ähnliches 
Yulver aus den Samen der Mimosa acacioldcs, Pariea 
genannt. S. 420. — Nah de la Condamine ſchnupfen 
die am oberen Marahnon lebenden Omoguas bad Pulver 


einer Pflanze, welche fie Curupa nennen ©, 421. — Spir 
und Martins Nachrichten über das Parica:Yulver in 
Brafilien &. 421. — 

IXI. 


Betelkauen .. . 


Das Betelkauen in Aſiatiſchen Ländern ein ſehr alter 
Gebrauch, deſſen ſchon Marco Polo gedacht hat ©. 422. — 
Der Betel befteht aus einer Pfefferart, der Ruß einer 
Palme und aus Muſchelkalk &. 422. — Bereitung bes 
Beteld S. 424. — Die Malaien fegen ihm Kaſchu oder 
Bambir zu ©, 424. — Wirkungen bes Betellauens 
S 421. — 

IXII. 


Kaad⸗ Chaat oder Khat⸗Kauen. ..V 


Es iſt in Arabien feit alter Zeit üblih &. 429 — Der 
Straudy, deßen junge Zweige gefaut werden, ift Celastrus 
edulis S. 429. — Wirkung des Kaad⸗Kauens ©. 430, 


XxXII. 


Kuuen von Guru⸗Gola oder Kola-Niffen .. 


Der Baum, von dem die Nüfle fommen, iſt Sterculia 
acuminata S. 432%. — Die Nüffe find ein wichtiger 
Artikel des Afrikanifchen Handel ©. 433. — Wirkung 
des Kauens der Guru⸗Nüſſe ©. 433. 


XXIV. 


Coca⸗Kauen . . . 0 . . » f) . 


Schon bei den alten Peruanern übli. S. 434. — Der 
Goca⸗Strauch, Erythroxylon peruvianum, ein wichtiges 
Sulturs und Handels⸗Gewaͤchs, gedeiht vorzüglich in den 
warmen, fehr feudhten und fchattigen Thälern an den oͤſtli⸗ 
chen Abhängen der Anden von Peru und Bolivia. ©. 435. 
— Ale Indianer Perus und Bolivias find dem Coca⸗Kauen 
ſehr ergeben, befonders die Arbeiter in den Minen, bie 
Laftträger und Maulthiertreider S. 436, — Art und Weife 
bed Soca: Kauend S. 437. — Wirkungen bes Gebrauchs 
ber Coca ©. 438. — Nachtheilige Folgen des übermäßigen 
Genußes der Coca. ©. 438. — Mit der Goca wird ein 
lebhafter einträglicher Handel getrieben ©. 439. — Der 
Eoca:Straud wird auch am oberen Amazonenftrom, am 
Rio Negro und Rio Teffe gebaut, wo er den Namen Ypadu 
führt. Viele dort lebende Indianer = Stämme kauen 
Mpadu ©, 439. 


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422-428 


429-431 


432-433 


434-440 


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Verzeichniß der Abbildungen. 


S. 17. Tafel J. 


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Ausgegrabene alte mericanifche Pfeifen. 

Eine Safufa aus der Provinz St. Paulo, 

Alte Tabakpfeifen aus nordamerikaniſchen Altar: 
und Grabhügeln. " 

Desgleichen. 

Pfeifenkoͤpfe der Schwarzfüße und Aſſiniboins. 

Verſchiedene Tabakpfeifen der Indianer. 

Ein Chef der Schwarzfuͤße mit ſeiner Pfeife. 

Friedenspfeife. 


. Ein Häuptling mit der Friedenspfeife. 
. Lobels Abbildung eines Tabakrauchers. 
.. Derfifche Tabakpfeife, Saljoun, Khaliaan, Rarghil. 


Ein aus der Hucka rauchender Sndier. 

Tabakpfeife ber Battas. 

Ein Häuptling aus Korea und ein Mandarin von 
Quelpart, 


. Ein Iapaner mit feiner Eleinen Pfeife. 


Ein Aino mit feiner Pfeife, 


. Zabakpfeifen der Tſchuktſchen. 


Savanifdye Opium:Pfeife. 


I. 


Die Spanier werden auf den Weſtindiſchen 
Anfeln mit dem Tabak bekannt. 


- Um zwölften October des Jahrs 1492 landete Chris 
ſtoph Columbus!) an der Infel Guanahani, einer ber 
öfllihen Lucaifchen oder Bahama-Eilande, welder er ben 
Namen San Salvador beigelegt hat, Hier bot- fi dem 
Admiral und feinen Gefährten zuerfi der Anblid der neuen 
Belt. mit ihren rothhäutigen Bewohnern dar. Zum großen 
Erftaunen fahen fie die am fer weilenden friedlichen In⸗ 
dianer Rauchwolken aus Mund und Naſe ausfloßen. Aus 
einem trodenen Kraut, in ein Maisblatt gewickelt, bildeten 
fie cylinderförmige Rollen, deren eines Ende fie in den Mund 
nahmen, während fie das andere Ende anzlindeten, den Rauch 


!) Historias del nuovo .mundo, escribate de Juan Baptista 
Munnoz. Madrid 1793. 4. Relations des quatre Voyages entre- 
pris par Christophe Colomb pour la decouverte du nouveau 
monde de 1492 a 1504, suivies de diverses lettres et pieces ine- 
dites, extraites des Archives de la Monarchie espagnole, et 
publiees par Don M. F. de Navarete, ouvrage traduit de l’es- 
pagnol par Chalumeau de Vermeuil et dela Roquette. 
Paris 1828. T. 2. p. 107. 

1 


2 


einziehend und ausblafend, Eine ſolche Nolle nannten die 
Eingebornen Zabaco. 

Gleiches berichtet von den Indianern Hifpanisla’s ober 
Haiti’d der Dominilaner-Mönh Bartolomeo de las Ga- 
ſas, der im Jahr 1502 den Gouverneur Don Nicolas de 
Dvando nad Hifpaniola begleitete, dann Rath des Don 
Diego Beladqued wurde, und im hohen Alter als Dir 
ſchef von Chiapa ftarb. 

Das Wort Tabak bezeichnet alfo urforänglid die bei den 
Indianern Weftindiend gebräuchlichen, aus trodenen Blättern 
gefertigten Rollen, deren fie fi zum Rauchen bedienten, und 
nicht das Gewaͤchs, von dem die Blätter genommen wurden. 
Faͤlſchlich haben einige Autoren das Wort Tabak von Tabago, 
einer ber ſuͤdlichſten Antilliſchen Inſeln, in der Nähe von 
Trinidad gelegen, abgeleitet. Diefe früher von Garaiben be 
wohnte Infel wurde aber erſt gegen das Jahr 1496 wen den 
Spaniern entdedt. Im Jahr 1632 legten die Holländer da- 
felbft eine Solonie an, die. fie Neu⸗Walchern nannten. Ebenfo 
irrig ift die Ableitung jenes Worts von Tabasco, ‚einer 
Provinz Mexico's, welhe Juan de Grijalva im Jahr 
1518 befuchte. Unlaugbar find die Gigarren, fowie bie bei 
den Spaniern und Portugiefen fo beliebten -Papelitos, aus 
einer mit fein gefchnittenem Tabak gefliliten Papier⸗Rolle 
beftehend, eine Nachahmung der bei den Indianern ber An⸗ 
tillen, Haiti's und Cuba's allgemein uͤblich geweſenen Zar 
baco's, wie auch Navarete !) gezeigt hat, 


1) a. a. O. Chap. 66. Telle est l’origine de nos cigarres, que les 
Indiens nommaient dans leurs langues tabacos. Qui aurait crut 
alors, que la consommation eu deviendrait si commune et si 
generale, et que sur ce vice nouveau et singulier s’&tablirait un 
des revenues les plus productifs de l’&tat. 


Die erſte Nachriht von der Zabaf- Pflanze hat der Ere⸗ 
mit Fray Romano Pane gegeben, den Columbus bei 
feiner zweiten Reife im Jahr. 1496 auf Hifpaniola zuruͤckließ, | 
um bie Indianer zum Ehriſtenthum zu belehren, Er lernte 
ihre Sprache, machte ſich mit ihren: Sitten und Gebraͤuchen 
bekannt, und erlangte bie Kunde der Pflanze, deren getrocknete 
Blätter fie rauchten. In einem Aufſatz uͤber die Eingebornen !) 
nannte. er es ein beraufchendes Kraut. (herba inebrians), wel- 
ched den Namen Gohsba, Cohobba und Gioia führe. Ferner 
gebenkt er eines gabelförmigen. Rohres, deflen Aeſte bie In⸗ 
dianer in die Nafenlöcher einflihrien, während fie das andere 
Ende über die auf Kohlen brennenden Tababblaͤtter hielten, 
und den Rauch in die Nafe einzogen. ‚Ein ſolches Rohr 
wurde ebenfalls Zabaco genannt. ‚Mit. dem Einziehen bed 
Rauchs beluftigten fi die Eingebornen bei ihren Feften, 
was fie beraufchte und fchläfrig machte. Die nach dem Ge⸗ 
brauche eintretenden Träume -hielten- fie fir Nachrichten aus 
einer andern Welt. Romano Pane hat endlicdy noch bei« 
gefügt, daß die grünen Blätter der Cohoba ein vortreffliches 
Wundkraut feien, deſſen ſich die Indianer vielfach bebienten. 


Der Auffag Romano Pane’s gelangte zur Kenntnif 
Peter Martyr's von Anghiera ?), einem Sreunde des Co- 
lumbus, ber in Spanien lebte, und vom Admiral viele muͤnd⸗ 


') Der in fpanifher Sprache gefchriebene Aufſatz befindet fi in 
der Lebensbefhreibung Chriſtoph's Columbus von feinem 
Sohne verfaßt, welche auch in Churchil Collection of Voyages 
and Travels London 1732. T. 2. p. 622 enthalten ift, 


") Pedro Martyr de Augleria De rehus pceanieis et de orbe novo 
Decades tres. Sevilla 1511, Basilaeae 1516. 1523. Parisiis 1532. 


Coloniae 1578. 
1 *5 





4 


Tide Nachrichten erhalten. hatte. Er war es, der die erfien 
Nachrichten über die Entdeckung der neuen Welt aus ben 
Berichten des großen Seemanns durch den Drud befannt 
gemacht hat, und ber in einem Briefe Romans Pane's 
fehr ruͤhmlich gedenkt.) 
Ausfuͤhrlicher hat vom Tabak und ſeinem Gebrauche bei 
den Indianern Gonzalo Hernandez be Oviedo y Val. 
des 2) gehandelt, der im Sahr 1513 als Gontroleur det 
Goldfchmelzen nad Terra Firma gefendet wurde, und im 
Fahr 1519 nad Epanien zuruͤckkehrte. Bald darauf - aber 
zum ‚Gouverneur von Darien, dann zum General- Gapitän 
der Provinz Carthagena und endlid zum Gouverneur von 
Hifpantola ernannt wurde, Während eines-vieljährigen Aufent- 
haltes in- der Neuen Welt hat er ein großes Werf 2) ver- 


’) Opus Epistolarum Petri Martyris' Anglerii Mediolanensis. 1530. 
p. 101. 

2) Historia general y natural de las Indas, Islas, y terra ferma, dal 
Mar Ocean. Das Werk beftand aus 50 Büchern. Die neunzehn 
erften Bücher wurden im Sabre 1526 zu Toledo, 1535 zu Sevilla 
und 1547 zu Salamanca in Folio gebrudt. Der Drud des 
zweiten Bandes wurbe begonnen, aber nur das zwanzigfte Bud) 
erfhien im Jahr 1557 zu Valladolid, wo der Verfafler flarb. 
Die dreißig legten Bücher find nie erfchienen. Das Original: 
Manufceript fol fi in der Bibliothek des Kloſters Monferrat 
befunden haben. 

Las Caſas fagt in feiner Histoire inedite des Indes Lib. 3. 
Ch. 23: „Le livre de l’Oviedo à &te &crit par un conquerant, un 
voleur, un assassin et un ennemi cruel des Indiens, dont il a fait 
perir une quantit& dans les mines. 

Obiges Werk gab Ramufio unter folgendem Zitel heraus: 
Sommario della generale e natarale Historia dell’ Indie occiden- 
taTi, composta da Gonzalo Ferdinando de Oviedo. Venetia 1656. 
fol. Jean Poleur beforgte eine franzöfifche Ueberſetzung. 


faßt, in dem er Nachrichten über die Sitten und Gebräuche ber 
Eingebornen gegeben bat, Leber den Tabak und. feine Bes 
nusung theilt er folgendes mit. Die Indianer der Inſel 
Hiſpaniola, fagt er, haben einen Gebraudy, der fehr ſchaͤdlich 
ifl. Er befleht im Einziehen eines gewiflen Rauchs burch die 
Rafe, den fie Zabaco nennen, und durch den fie fih berau- 
fhen. -Den Rauch erzeugen fie durch ein Kraut, das in feis 
nen Eigenfchaften dem Büfenfraut (Jiosquiamo) aͤhnlich if. 
Das Kraut ift vier bis fünf Epannen hoc, und hat breite, 
dide, weiche und haarige Blätter. Sein Gruͤn gleicht dem 
des Gewächfes ber Ochfenzunge (Buglossa). Den Rau 
dieſes Krauts ziehen die Kaziken und andere vornehme Per- 
fonen durch hohle Stäbchen ein, von der Länge einer Spanne, 
welche fo verfertigt find, daß fie in zwei gabelfoͤrmige Nöhr- 
hen auslaufen. Die gäbelförmigen Enden. führen fie in’ die 
Nafenlächer ein, und das andere Ende halten fie an die "auf 
glühenden Kohlen: brennenden Blätter. Eie ziehen dann den 
Rauch wiederholt in die Naſe ein, bis fie in’einen Zuſtand 
von Betäubung gerathen, niederfallen und in tiefen Schlaf 
verfinten. Manche Indianer ziehen ben Rauch aud in bie 
Nafe durch Schilfftiengel oder andere Meine Röhrchen, Diefe 
Inſtrumente, mit denen: die Indianer den Raud aufnehmen, 
nennen fie Zabaco !), nicht aber das Kraut ober den Zuſtand 


!) De los Tabacos o abumadas que los Indios acostumbran en esta 
ysla Espaniola; in Historia general de las Indas. Libro 5 Cap. 2 
edit 1535. In Ramufio’s Ueberfegung p. 113. Delli tabacchi, 
o suffumigii, che costumano gli Indiani. Eine Copie des Ori⸗ 
ginal » Manufcripts hat ferner Munnoz mitgetheüt. Sie findet 
fi) auch im Recucil des Documens et M&emoires originaux sur 
l’histoire des posessions espagnoles dans l’Amerique, publies par 
Ternaux Compans. Parls 1840. p. I4. 





von Betäubung, ben es verurfacht, wie einige falfchlich meinen. 
Die Indianer fihägen das Kraut fehr hoch und pflanzen- es 
in ihren Garten. Sie fehen die Wirkung, welche beffen Rauch 
bervorbringt, nicht nur für gefund, fondern auch flır: heilig an. 
Oviedo fügt noch bei: ich begreife nicht,. was fin ein 
Vergnügen mit: diefem Gebrauc verbunden ift, wenn. er an- 
derd nicht: dem gleicht, welcher durch vieles Weintrinken ver- 
urfacht wird. Ich kenne einige Spanier, welche ben Gebrauch 
bereit$ angenommen haben, befonders ſolche, welche am Mal 
de las Buvas (ber Luſtſeuche) leiden, Sie fagen, daß fie 
in der Betäubung: die Schmerzen der Krankheit nicht fuͤhlen. 
Aus Oviedo's Nachrichten erhellet alfo ebenfalls, dab das 
Wort Tabaco das Einziehen von Rauch bezeichnet, weichen 
Namen die Europaͤer erft fpäterhin dem Gewaͤchs beigelegt 
haben, Ferner ergiebt füch, daß der Rauch von ben Indianern 
Hifpaniolas ehemals nur in die Nafe eingezogen wurde, ‚Auf 
diefem Wege fcheinen feine -narkotifche Wirkungen viel ſtaͤrker 
zu fein, ald wenn er in die Mundhöhle aufgenommen wird. 
Nach. Oviedo waren auch bereits, viele Neger dem Tas 
bafrauchen fehr ergeben, und fie bauten das Kraut auf den 
Feldern ihrer Herrn, Sie raudıten,. wenn fie von der Arbeit 
ermübet waren. Neger wurden ald Sklaven fchon im Jahr 
1508 auf Hifpaniola und Cuba eingeführt; denn bie zahle 
reihen Eingebornen diefer Infel, welhe Columbus als ein 
fanftes, friedfertiges und glüdliches Volk gefchildert hat, wur- 
den nach ber Eroberung jener fchönen Eilande durch die gold» 
gierigen Spanier fchnell der Vertilgung preiögegeben. Eie 
erlagen theild den fchweren Arbeiten in den Bergwerken, theild 
wurden fie durch Hungersnoth, die Poden und das Schwert 
ihrer graufamen Unterdrüder mweggerafft. Die Zahl der In- 
dianer Hifpaniolas, welche der Bifchof Bartholomäus de 


T 


las Safas zur Zeit der Entdedung auf drei Millionen ge 
fchagt bat, war im Jahr 1529, da Federmann von den 
Welſern mit deuiſchen Bergleuten nad; Venezuela gefendet 
wurde und zu St: Domingo landete, bereits bis auf 20,000 
herabgefunten, welche: alle Sklaven waren. So fah man fic, 
daher genöthigt, Neger aus‘ Afrika einzuführen. König Fer- 
binand der Katholifche ließ zur Ausbeutung der Bergwerke 
im Jahr 1510 auf eigene Rechnung einige taufend Neger 
von ber afrikaniſchen Küfle nach Hifpaniola bringen. Der 
ſchaͤndliche Negerhandel, durch den ſich vorzuͤglich Genuefiiche 
Kaufleute befleckt haben, wurde zur Zeit des Miniſteriums des 
Karbinald Zimenes, unter Kaifer Karl V., gefeßlich er 
laubt, Selbft der Papfi Leo X. trug Fein Bedenken, biefen 
Menſchen⸗Handel förmlich zu fanktioniren, unter dem nichtigen 
Vorwand, daß die Neger, welche Berne Chriſten feien, bie 
Freiheit nicht in Anſpruch nehmen koͤnnten, und daß ihnen 
als Erſatz für die verlorne Freiheit, . die Behre des Evange- 
kums und die Wohlthat des Glaubens zu Theil werbe. In 
jener Zeit wurden ferner Schiffe auögeräftet, um Indianer auf 
den Infeln und auf ber Zerra Firma zu Oefangenen zu 
machen und nach den entvölferten Eilanden Hifpaniola und 
Cuba zu bringen. Die Spanier, welche mit ‚großem Gewinn 
ſolche Schiffe ausrüfteten, wurden Armabores genannt, Die 
bei dieſem Menfchenraub begangenen unerhörten Graufamfei« 
ten und Schandthaten hat der edele Bifhof de las Caſas 
mit gerechter Entrüftung gefchifdert. Neuere fpanifche Schrift. 
iteller, unter anderen Nuir !) haben vergeblich verfucht, das 
Verfahren der graufamen Conquiſtadores zu entfchuldigen und 
zu befchönigen. 


!) Humanidad de los Espanoles en las Indias, Madrid. 





Ueber den Tabak in Weftindien hat ferner der Mailänder 
Benzoni!) Nachrichten gegeben, der vom Jahr 1541 bis 
1555 Haiti, Cuba und Neufpanien, wie es fcheint, in Han⸗ 
delö-Gefchäften befuchte. Nach feiner Angabe erreicht die auf 
Hifpanisla und vielen Antillifchen Infeln wachſende Tabak⸗ 
Pflanze die Höhe des Schilfrohrs und hat Blätter, ‚welche 
größer als die der Wallnußbäume find. Die Indianer fehägten 
dad Kraut fehr hoch, und cultivirten ed mit großer Sorgfalt, 
Die Blätter wurden abgenommen, in Büfcheln zufammen- 
gebunden und in den Kamin gehängt,’ um fie zu trodnen. 
Wollten fie diefelben gebrauchen, fo widelten fie ein Blatt 
in Form einer Note zufammen, nahmen das eine Ende in 
den Mund, zindeten das andere Ende an, und zögen den 
Rauch ein, Durch diefen wurden fie, wie er fagte, ganz toll 
und voll, fo daß fie umfielen, und wie ſinnlos und todt lagen. 
Viele jedoch fogen nur fo lange Nauch ein, bis fie Schwin- 
del befamen. Bon dem Rauch äußerte Benzoni,.er. habe 
einen flinfenden und teuflifhen Geruch. Die Indianer .auf 
Hifpaniola und anderen Inſeln hatten auch den Gebrauch 
mit dem Rauch ded Tabaks Kranke zu curiren, indem fie bie 
Hütten mit Rauch anfüliten. 

Zur Zeit der Entdeckung Amerifa’d wurde die TCabak⸗ 
Pflanze bereits auf allen Antilliſchen Inſeln gebaut, wie 
Walther Raleigh ) angiebt, der im Jahr 1595 und 96 
Weſtindien bei feiner Reiſe nach Guiana beſuchte. Bor feiner 
Landung auf: der Inſel St. Lucia berichtet er: der Tabak 
tft bier vortrefflich. Die Einwohner, Garaiben, welches Cani⸗ 


1) Historia del Mondo nuovo. Venetia 1565. 4. lateiniſch 1581 
dbeutfh von Höninger, in be Bry Hiſtorie von der neucn 
Welt. Buch 12. ©, 116. 122, 

?) Twede Scheeps Togt nach Guiana. Amsterdam 1598. 8. 


balen find, verfprachen uns fo viel Tabak zu liefern, als wir 
begehren würden. Doch fie verfchoben es von einem Tag zum 
anderen; indem fie eine Gelegenheit fuchten, an und Berrath 
zu üben und uns zu verfpeifen, wie fie denn kurz zuvor die 
Mannfcaft eines franzoͤſiſchen Schiffs verzehrt hatten, Bei 
den Saraiben heißt der Tabak Youly ober Yoly, 


Des Tabaks auf der Inſel Trinidad hat zuerfi Robert 
Dudley gedacht, der diefe Infel fhon vor Walther Ra- 
leigh befucht hatte. Die Eingebornen brachten Tabak nebfl 
Schmeinen, Hühnern, Pataten, PM antains und Ananas an 
dad Schiff zum Umtauſch. Auch der Niederländer Ifaac 
de Verne, der im Jahr 1606 an der Infel Trinidad 
landete, rühmt die Güte bed dort wachſenden Tabaks, 
weicher damals bereitö in den Handel gebracht wurde. Des 
vorzüglichen Tabaks auf Saint Bincent hat ferner Walther 
Raleigh erwähnt, 


In der Mitte des fiebenzehnten Jahrhunderts, da die An- 
tillien in den Befig der Franzoſen gefommen waren, wurde 
auf denfelben viel Tabak gebaut. Du Tertre, ) welcher 
über diefe Infeln und ihre Erzeugniffe ausführliche Nachrich 
ten gegeben hat, führt folgende vier Eorten Tabak an: 

1) Großen grünen Tabak oder Petum, mit Blättern, 
welche gegen zwei Fuß lang und einen breit find. 

2) Zungen⸗Tabak, deſſen Blätter zungenförmig find, und 
der auf den Inſeln St. Ehriftoph, Los Santos, Barbados, 
Granada, Barbula, Antigua, Nevis, St. Lucia, Vincent und 
St. Croix häufig gebaut wurde. 

3) Amazonen-Zabaf, der vom Amazonen-Ötrom einges 


') Nistoire gönerale des Antilles. Paris 1667. 4. T.2.p 99. 


— — — — —— — 





10 


führt war, und deſſen Blaͤtter ſehr lang und am Ende ab- 
gerundet find, 

Und 4) Varinas-Tabak (Tabac de Verine, Petum mus- 
que), der aus der Provinz Varinas und von:den Ufern des 
Fluffes Apure ſtammte. Seine rauhen,’ ſchmalen und fehr 
Ipigen Blätter find nur gegen zehn Zoll lang. Er wird als 
der mildefte, feinfle und wohlriehendfle Tabak gepriefen, 

In Weflindien wird der beſte Tabak, welcher das feinfte 
Aroma hat, auf der Infel Cuba gebaut und zur Verferti⸗ 
gung von Cigarren verwendet. Die Diftricte, wo der vorzuͤg⸗ 
lichfle Tabak wächft, liegen nah von Humboldt 1) weils 
li von der Stadt Havana, in der Wuelta de Abajo. Es 
giebt jedoch auch Hftlih von der Hauptſtadt Pflanzungen, in 
benen ein audgezeichneter Tabak erzielt wird, fo namentlich 
in der Vuelta de XArriba, an den Ufern bes Mayari, in der 
Provinz Santjago de Cuba, in Himias, nahe bei Puerto 
Principe, in Hoyo de Manicaragua und bei Villa Clara. 
Im Sahre 1827 wurden auf Cuba 500,000 Aroben Tabak 
gebaut, die Aroba zu 25 Pfund, wovon 79,000 Aroben .aus- 
geführt wurden. Im Sahre 1828 wurden 70,031 Aroben in 
Blättern und 210,335 Pfund Cigarren erportirt, Der Werth 
der Blätter war zu 225,000 Piafter, und der der Gigarren 
zu 420,670 Piafter angefhlagen. Im Sahr 1829 betrug 
die Ausfuhr an Blättern 125,502 Aroben, im Werth von 
391,124 Piafter und 213,443 Pfund Gigarren, im Werth 
von 477,189 Piafter. 

Seitdem hat ſich die Erzeugung und Ausfuhr von Tabak 
fehr bedeutend vermehrt. Im Jahr 1848 wurde die Ausfuhr 


1) Reife in die Aequinoctial:Gegenden des neuen Continents. 2. 6. 
S. 175. 





12 


an Blättern zu 251,000 Aroben ober 6,275,630 Pfund und 
an Gigarren zu 406,000 Kiften oder 101,480,000 Stüd 
angefchlagen. Das Gefammt-Erzeugniß in neuefler Zeit ſchaͤtzt 
von Reden auf 10,764,000 Pfund. Bon der Inſel Por- 
torico follen durchſchnittlich in Jahr 4,299,972 Pfund Tabak 
außgeführt werden, und von Haity oder St. Domingo gegen 
2 Millionen Pfund, 








12 


II. 
Tabak in Mexico und Sentral: Amerika. 


Im Jahr 1518 beſuchte Juan de Grijalva zuerft die 
Küften von Yucatan, des alten Landes Maya, oder der 
Infel Antilia, die er fehr bevölkert fand, Hier fahen die 
Spanier zu ihrem Erftaunen Dörfer und Städte mit Haͤu⸗ 
fern und Tempeln aus Steinen aufgeführt, fo daß fie ſich 
nah Spanien verfeht glaubten, Die Eingebornen, weldye 
anftändig in baummollene Zeuge gekleidet waren, nahmen 
Grijalva und feine Gefährten fehr freundlih auf, und 
machten ihnen mancherlei Gefchenfe. Unter biefen befanden 
fi Spannen lange, mit trod'nen Kräutern und wohlriechenden 
Harzen gefüllte Echilfrohre, die beim Verbrennen einen ange- 
nehmen Geruch verbreiteten, Wahrfcheinlich waren es Raud)- 
rohre, welche Tabak und Harze enthielten, wie fie damals 
auch bei den Mericanern uͤblich waren. 

In Merico war das Tabafrauchen zur Zeit der Eroberung 
durch Gortez, im Jahr 1519, wie auf den weltindifchen 
Snfeln, allgemein im Gebrauch. Man bediente fich, wie 
Gortez’8 Gaplan, Francisco Lopez de Gomara), 
berichtet, entweder zuſammengerollter Blätter, oder man rauchte 


!) Historia general de las Indus. 1554. 


aus ſchoͤn verziertien Schilfrohren. Ueber diefe Hauchrohre 
(Cannutos de humo) hat der wadere Franziskaner⸗Moͤnch 
Bernadino de Sahagun, der im Jahr 1529 nadı Merico 
kam, dort einer der erflen Prediger war, und wo er auch im 
Jahre 1590 im hohen Alter flarb, in einem fehr fchägbaren 
Manuſcript ausführliche Nachricht gegeben. Lange Zeit war 
diefe, an Bemerkungen über die alte Geſchichte Mericos, 
feine Bewohner, deren Einrichtungen, Sitten und Gebräuche 
fo reiche Handfchrift in einem Kloſter zu Zolofa verborgen, 
wo fie der gelehrtie Munnoz vor mehreren Jahren auffand, 
und gleich vielen anderen wichtigen alten Manufcripten über 
bie Eroberung Amerikas, ans Licht zug. Im Jahr 1830 
hat Carlos Maria Buftamente jene Handſchrift durch 
den Drud veröffentlihbt ). Won den Cannutos de humo 
giebt Bernardino folgendes an: Diejenigen Indianer, welche 
Rohre zum Einfaugen des Tabak⸗Rauchs verkaufen, ſchneiden 
Schilf- Rohre und reinigen fie von den Blättern. Dann 
werden fie mit fein zerriebener, naßer Kohle überftrihen, und 
mit Blumen und Thieren, Adlern, Fiſchen und bergleichen 
bemalt. Man hat audy welche, deren Malereien erſt fidhtbar 
werden, wenn dad Rohr gebraudt und vom Feuer verzehrt 
wird. Manche find fchön vergoldet. Die Rohre werden mit dem 
trod'nen Kraute ded Tabaks und verfehiedenen aromatifchen 
Kräutern, Rofenblättern, wohlriehenden Gummi - Arten und 
Ambra gefüllt und angezuͤndet. So treiben die Mericaner 
alfo mit den Rauchrohren einen großen Zurus, Der Nadı- 


t) Historia general de las cosas de Nuova Espanna, que en doce 
'l:bros y dos Volamenes escribeo EIR. P. Bernardino de Sahagun, 
data a Inz con notas y suplementos Carlos Maria Bustamente. 
Mexico 1830. 4. 3 Vol. 


14 


riht Bernadino's hat Buflamente bie Bemerkung beir 
gefügt: jetzt werden ſolche Rohre nicht mehr zum Tabak⸗ 
rauchen gebraucht, fordern fie dienen zur Parfuͤmirung der 
Altäre in der Faftenzeit, indem man fie mit Kohlenpulver 
und Gewürzen füllt, Für die Feſte der Jungfrau Maria 
Dolores werben fie im Portal der Blumen verkauft. Der 
mit Tabak und Storax gefuͤllten Raucrohre hat auch der 
tapfere Degen Bernal Diaz del Caflille !), welcher 
unter- Sortez diente, gebacht, bei der Beſchreibung des großen 
Marliplages der Stadt Merico und der dafelbft feil gebotenen 
Waaren. 

Die Mericaner oder Azteken pflegten nad der Mitlags⸗ 
Mahlzeit Tabak zu rauchen, als Worbereitung zur Ciefla, 
der fie gleich dem Caſtillanern fehr ergeben waren. Ch das 
Rauchen damals auch ſchon bei den Frauen uͤblich war, wie 
in ben höheren Kreifen des neuen Merico, finde ich nirgends 
bemerkt. Der Kaifer Montezuma, über deßen Hof Bernal 
Diaz?) ausführlihe Nachrichten gegeben hat, rauchte ſtets 
nah der Mahlzeit. Sobald die Tafel aufgehonen war, 
brachten Maͤdchen von großer Schönheit und Anmuth Waßer 
in einem filbernen Beden- zum Reinigen des Munde und 
der Hände. Daun reichten fie ihm ſchoͤn bemalte und vers 
goldete Rauchrohre, die mit Liquidambar und einem betäu- 
benden Kraute gefült waren. Den Rauch bließ er bald 
durch den Mund, bald durch. die Nafe aus. Während des 
Rauchens beluftigte fi der Kaifer an den Vorftellungen 
gewandter Gaukler. Oft trieb er auch Scherz mit den 


ty Historia de la Conquista de la Xuova Espagna. Denktwürbig- 
Zeiten oder wahrhafte Geſchichte der Entdeckung und Eroberung 
von Neu Spanien, überfegt von Rehfues. Bonn 1838, 

2) a. a. O. Kapitel 91. 


18 


Hofnarren, oder er fah den Taͤnzen ber Frauen zu, und ergößte 
fih an ihrem Gefange. Unter folder Kurzmeil bereitete er 
fi) zur Mittagsruhe vor. Nah dem Erwachen gerubte ber 
Kaifer den Kazilen und Gefandten fremder Staaten Audienz 
zu ertheilen. 

Schaͤtzbare Nachrichten über den Tahak und feinen Ge 
braudy bei.den Mericanern hat ferner Sranzisco Hernan- 
dez de Toledo, !) der Leibarzt Könige Philipp IL, ge 
geben, welcher im Jahr 1560 nad; Merico gefendet wurde, 
um eine Naturgefchichte der neuen Welt zu fehreiben. Durch 
ausgezeichnete Maler ließ er viele hundert Abbildungen der 
merbvürdigften Pflanzen und Thiere verfertigen, worauf der 
König angeblich 60,000 Dukaten verwendet haben foll. Diefer 
Schatz ſchoͤner Abbildungen iſt leider im Jahr 1671 bei dem 


1) Hernandez hat feine Arbeit nicht durch den Drud befannt 
gemacht, was, wie es fcheint, das engherzige, um feine 
Sroberungen beforgte fpanifhe Gouvernement nicht erlaubte, 
Erft nach mehr als fünfzig Iahren erfchien zu Merico ein Aus⸗ 
zug aus bem Werke des Hernandez, weldher ben Titel führt: 
Quatro Libros de la natluraleza y virtutes de las plantas y 
animales, que estan recevidos en el uso de la Medicina en la 
Nueva Espanna, que el Doct. Francisco Hernandez escrivio 
en lengua latina; traduzido per Fra Francisco Ximenes. 
Nexico 1615. 4. 

Dieraus machte der Zefuit Nieremberg, Drofeffer zu Mas 
drid, im Jahr 1635 Mitteilungen in feiner Historia Naturae, 
mazime perigrinae. Antverpiae 1635. Fol. 

Später erfchienen die Schriften des Hernanbegzu Rom, unter 
dem Zitel: Rerum medicarum Novae Hispaniae Thesaurus, seu 
nova plantarum, animalium et mineralium Mexicanorum Historia 
a Franc. Hernandez in Indiis compllata, a Nardo Antonio Reccho 
in unum volumen digesta, a Joh. Terentio, J. Fabro et F. Columna 
notis illustrata. Aceedunt Tabnlae phytoscopicae Federici-Caesii. 
Romane 1648 fol. und 1661. 


16 


großen Brande des Eöcuriald ein Raub der Flammen ge 
worben. Die Tabal- Pflanze führt nah Hernandez in ber 
aztefifchen Sprache den Namen Pycietl oder Yetl. Es waren 
in Merico zwei Arten bekannt, von denen die eine aud 
Quayhyetl genannt wurde, Ueber den Gebraudy des Tabaks 
und feine Benutzung in der Heilfunde zog Hernandez Er- 
fundigungen ein, auch foll er Samen na Epanien gefendet 
haben, wo er feiner fchönen Blüthen wegen als Zierpflanze 
gebant wurde: Man rauchte damals in Merico die getrodne- 
ten Tabakblaͤtter, mit wohlriechenden Kräutern, Harzen und 
Gewürzen vermengt, aus Kohrftengeln, wie fie der Pater 
Bernardino de Sahagun befchrieben hat, 1) welche man 
Tabacos nannte. Ueber die Wirkung des Tabakrauchens fügt 
Hernandez folgendes bei: es verurfaht Schlaf, entfernt 
das Gefühl der Ermattung, befeitigt Schmerzen, befonders 
das Kopfweh, es bewirft Auswurf des Schleims, erleichtert 
aftymatifche Zufaͤlle und flärft den Magen. Im Uebermaß 
jedoch ift es nachtheilig, denn es bewirkt eine entzlndliche 





1) Bei Recchi Lib. 5. Cap. 51. p. 173. De Pyecietl seu Tabaco cum 
fgura. Lib. 8. Cap. 80. p. 312. De Tabacis Haytinorum, quos 
Mexicani vocant Pocyelt. Tabacos vocant Arundinum cava per- 
forataque Fragmenta; sesyui doderantem longe pulvere car- 
bonum extrinsieus illita, intrinsicus vero Yelt, Liquidambra, 
Xschicocgtit, ei Änterdum..aliis quibusdam calentibus plantis, 
atque odoribus referta. Horum incensorum, ea parte qua pleni 

- sunt, fumo ex altera tracto, devoratogue, velnt quodam suffi- 
mento, somnus inducitur, et omnis laboris et lassitudinis hebe- 
tatur sensus, Quin -etiam dolores omnes, ac praecipae capitis, 
sedantur, pituita fluens ad pectus expuitur, juvantur.asthmativi, 
et corroboratur ventriculus. Cavendus tamen est nimus corum 
nsus, alioqui jecur distemperiem calidam centrohlt, in cachexiam- 
que et alias affectiones inciditur incurabiles. 


17 


Affection der Leber und zieht Cacherie und andere unheilbare 
Krankheiten nad filh. 

In Zeiten lange vor der Entdeckung und Eroberung Mexico's 
durch die Spanier haben fich die Azteken, vielleicht felbit ſchon 
die Tolteken auch aus gebranntem Thon verfertigter Ta⸗ 
baßpfeifen bedient. Dies erhellet aus einer großen Anzahl 
folcher Pfeifen, welche mein verehrter Freund, Herr Uhde, 
während feines vieljährigen Aufenthalts in Merico, bei Ause 
grabungen in der Nähe der Stadt, gefammelt hat. In der 
großen, fehr fchäßbaren Sammlung mericanifcher Alterthuͤmer, 
die in feinem Landhaufe in dem Dorfe Handfchuchäheim bei 
Heidelberg aufgeftent ift, befinden ſich mehr als zwanzig ſchoͤn 
geformter alter Tabakpfeifen, welche menſchliche Figuren, 
Froͤſche, Schlangen, Fiſche u. d. gl. darftellen, Alle find im 
Innern mehr oder weniger gefchwärzt, zum Beweiſe, daß fie 
gebraucht worden find. Eine der merkwuͤrdigſten ſtellt einen 
Indianer dar mit einem Einfchnitt in der Unterlippe und mit 
durchbohrten verlängerten Ohren. In den Einfchnitten befinden 
fih Pfloͤcke, wie bei den Botocuden. Wahrſcheinlich ift es ein 
Indianer bed Stamms der Totonacos, die an der Oftküfte 
des mericaniihen Meerbufens lebten, und bei denen biefer 
Gebrauch ebenfalls üblich war. Die erfte Figur der Tafel I 
zeigt die Ruͤckſeite des Indianer mit der Deffnung zur Ein« 
füllung de Tabaks a. Im rechten Fuß bei b ift die Muͤn⸗ 
dung zum inziehen ded Rauchs. Die zweite Figur ſtellt die 
Pfeife von der Seite dar. Eine Tabakpfeife hat die Geftalt 
eines Froſches mit ausgeſtreckten Hinterfüßen. Figur 3 bei a 
ift die Höhle für den Tabak, und bei b die Deffnung bes 
Rohrs, welches durch beide Hinterfüße geht. Diefe in Merico 
ausgegrabenen alten Pfeifen haben, was fehr zu beachten ift, 
die größte Achnlichkeit mit den aus gebranntem Thon gebil- 

2 


18 


deten alten Pfeifen, welche man fo häufig in Grabhügeln 
am See Erie, am Ohio und Wabaſch, fo wie im Schale 
des Miffisfinpi aufgefunden hat, worauf ich zuruͤckkommen 
werde, Wir haben daher Grund zu vermuthen, daß bie 
friiheren Bewohner des alten Landes Anahuac, die Tolteken, 
Chichimeken, Aztefen u. a., über deren Abflammung fo man- 
cherlei Meinungen aufgeftellt worden find, aus einem Lande 
des nördlichen Amerika's eingewandert find, in dem ber Ge 
brauch, aus Pfeifen Tabak zu rauchen, uͤblich war. Jedenfalls 
beweifen die in Merico aufgefundenen Pfeifen, daß fchon in 
alter Zeit zwifchen den Aztefen und den Voͤlkern des noͤrd⸗ 
lichen Amerika's, namentlich, des Miflisfippitbales, ein Verkehr 
beſtand, wofür fi noch andere Thatfachen vorbringen ließen. 

Bei den Aztefen waren auch ſchon die gepulverten trock⸗ 
nen Blätter der Tabal-Pflanze als Schnupftabak in Gebrauch, 
wie aus den von Bernarbino de Sahagun, !) Hew 
nandez,?) Torquemada?) und Clavigero ?) gegebe- 
nen Nachrichten erhellet. Ferner bediente man fi, nach Ber- 
nardino und Hernandez 5) audy der Zabal- Blätter, mit 
etwas Kalk vermifcht, zum Kauen. 


1) a.a. O. Lib. 4. Cap. 37. 

2) Recchi a, a. DO, Quin et foliorum pulvis inspiratur naribus. 
Vires addit, auget animum, et ad labores tolerandos infractam 
vim. Morbo gallico egregie auxillatur. 

!) Monarchia Indiana. Lib. 13. Cap. 23. 

*) Storia del Mesrico. T. 2. p. 227. 

») BeiRecchia.a.D. Paratur ex ejus foliis arefactis atque con- 
tritis, decem partium mensura et una calcis, medicamentum 
ades ab Indis omnibus expeditum et venale, ut illo ferveant 
emporia. Venditur involutum foliis Maizii spicae, gestatumgue 
inter buccas et maxillas, suavern somnum, sensumque et mentis 


19 


Zur Zeit der Entdedung und Eroberung der Ränder Gen- 
tral-Amerila’8 war das Tabakrauchen bei allen Sndianern in 
Chiapa, Honduras, Guatemala und Nicaragua im Gebrauch, 
fowoht die Caziken ald die gemeinen Indianer waren ihm 
leidenfchaftlich ergeben. Gonzalo Hernandez de Oviedoi) 
erwähnt deffelben bei feiner im Jahre 1526 nach Cueba oder 
Panama und nad Nicaragua unteraommenen Reife. Man 
baute fehr forgfältig Tabak und vwerferligte aus den getrnd- 
neten Blättern ſechs Zoll lange und Finger dicke Rollen, die 
man in ber Landesſprache Ympaquete nannte, Sie wurden 
an dem einen Ende angezündet, während man durch das 
andere Ende den Rauch einfog, und durh den Mund und 
bie Nafe ausblies. Er beichreibt ein Feſt, welches ihm zu 
Ehren ein Cazike gab, bei dem bis tief in die Nacht, unter 
Gefang und Trommelſchall, große Gefäße mit einem gegoh- 
renen, aus Mais bereiteten Getränke, Chicha genannt, herum⸗ 
gereicht wurden. Auch wurde ein anderes aus Kakaobohnen 
gefertigtes Getränk ſerviert. Dabei rauchte man anhaltend 
Tabak. 


tranquillam quietem inducit, et Iaborum omnium hebetat sensum, 
redditque homines ad quaevis corporis exercitja promptos, atque 
agiles, et praecipue ad iter agendum. Dolorem etiam dentium, 
et ventriculi levat, praestatque alia. Nec desunt qui ejus folia 
singulis diebus mane jejunio mandi jubent, ut podagra Hberentur, 
quoniam multam pitultam in os adtrahat, et salivatione tradatur, 
et ita in artus,confluere prohibeatur. 


!) Moeurs et coutumes des habitans de la Province de Cueba on 
Panama ; Manuscrit edit&E par Ternaux Compans. Paris 1840. 
p. 138, 

Histoire de Nicaragua &dit& par Terneaux Compans. Paris 1840. 
p. 211. 
2% 


20 


Der englifhe Wundarzt Wafer i), der im Jahr 1651 
mit Freibeutern die Erdenge von Darien oder Panama über- 
fchritt und längere Zeit unter den dort lebenden Indianern zu- 
brachte, berichtet über den Gebrauch des Tabaks folgendes: 
Die Indianer bauen Zabaf, der aber nicht fo gut als der 
Virginiſche iſt. Wenn er getrocknet und gefäubert if, reißen 
fie die großen Stiele ab, nehmen dann mehrere Blätter und 
rollen fie zufammen, laflen jedoch in der Mitte eine Deffnung. 
Nachdem eine Hand die und zwei bis drei Fuß lange Rolle 
gebildet it, muß ein Knabe eine folhe Role an dem einen 
Ende anzinden, das andere Ende in den Mund nehmen, 
und den Rauch den Indianern in die Nafe blafen. Sie liegen 
dabei auf Banken und halten ihre Hände um die Nafe, um 
den koͤſtlichen Rauch aufzufangen. 

Die Spanier fanden an dem Tabakrauchen fehr bald 
großes Wohlgefallen und ahmten es nach. Bis auf den heu⸗ 
tigen Tag iſt es in Merico und in allen Laͤndern Mittel⸗ 
Amerika's bei Männern und Frauen fpanifcher und gemifchter 
Abkunft üblich geblieben. Dagegen ift es nah von Hum- 
boldt’82) Angaben bei den Indianern der Miffionen felten 
geworden, In der Zeit jedoch, da fich die Sefuiten Joſeph 
Ochs 2) und Mathias Stoffel,*)vom Jahr 1754 bis 1767, 
als Miffionare unter den Indianern in der gebirgigen Land⸗ 
(haft Tarahumara in der Provinz Neu-Biscaya (unter dem 


1) Reife und Beſchreibung der amerilanifchen Erdenge Darien; in 
Dampierre’s Reife. Th. 3, 

2) Reife in bie Xequinoctial= Gegenden. B. 4. &, 179. Essai politique 
sur la Nouvelle Espagne. T. I. p. 455. 

2) Murr’s Nachrichten von verfchiedenen Ländern Amerikas, Halle 
1809, 8, 1. 

*) Ebend. Tarahumanifches Wörterbudh. 


21 


29, Grad noͤrdl. Breite) aufhielten, vauchten biefelben noch 
leidenſchaftlich Tabak (Uipaca), und zwar aus Schilfrohren, 
wie zur Zeit ber fpanifchen Eroberung. In ihren Berfanms 
lungen ging ein mit gepulvertem Tabak gefüllte Rohr von 
Mund zu Mund, bis es mit feiner Fuͤllung in Rauch auf- 
gegangen war. 

Die alten mericanifhen Rauchrohre find indeß längft durch 
die Puros, und den in feined Papier gewidelten Zabaf, die 
Cigarros oder Papelitos, verdrängt, Ihre Einführung hat 
die Errichtung großer Fabriken zur Folge gehabt, Welchen 
Aufſchwung diefelben ſchon in der Mitte des vorigen Jahr⸗ 
hunderts in Merico erreicht hatten, erhellet aus folgender, von 
dem Pater Joſeph Ochs gegebenen Nachricht. In der Stadt 
Merico, fagt er, habe ich ein mir ganz unbefanntes Hand- 
were zu ſehen befommen. Es nahren fich hier allein über 
10,000 arme Mädchen und über 5000 junge Burfche vom Ber: 
fertigen von Finger langen papiernen Tabakpfeifen, Zigarros 
genannt. Die Papierchen find einen Querfinger breit, und 
in diefe wideln fie fein geriebenen Rauch⸗-Tabak. Der Ge- 
brauch dieſes Tabaks ift ganz allgemein, felbft bei Kindern 
und Weiböperfonen. Mandye rauhen an einem Tage wohl 
50 bis 100 ſolcher Pfeifhen. Niemand geht ohne eine fil- 
berne oder goldene Büchfe voll diefer Pfeifchen, die fie ein- 
ander präfentiren. 

So verhält es fich bis zur neueften Zeit in allen Städten 
Mericos und Central⸗Amerika's. Männer und Frauen rauchen. 
Gigarren oder Puros werden in Gefchäftszimmern gereicht, 
in den Speifefaal mitgenommen, ja felbft in Gefellfchaften 
und auf Bällen ebenfo regelmäßig präfentirt, wie Erfri⸗ 
Ihungen, Oft fieht man die Sennoritta mit dem brennenden 
Cigarrito im Munde im Zange dahinfliegen. Auch im Theater 


wird geraucht, und die Damen reichen nicht felten einem be= 
günftigten Liebhaber die brennende Cigarre aus ihrem Kofen- 
munde, um. einige Züge zu thun. Damit die Finger oder 
Handfchuhe nicht befhmugt werben, bedienen fi die Damen 
zum Dalten der Gigarren Feiner Zangen von Gold, Tena- 
zitas de oro. In den Gefellfchafts-Häufern, Tertulias, kom⸗ 
men Herren und Damen zufammen, um zu raucyen, zu plau- 
dern, zu fingen und zu tanzen. 

Ein neuerer Reifender ) fagt in feiner Schilderung der 
Sitten in Merico: Das Rauden ift unter beiden Gefchlech- 
tern auf eine unbegreifliche Weiſe verbreitet. Ruft man einen 
Freund auf der Straße an, fo reicht diefer fogleich die Ci⸗ 
garren-Bücfe hin. Macht man einen Befuh, fo folgt auf 
die Frage nach dem Befinden ein ähnliches Anerbieten. Auch 
die Damen fcheuen fich nicht im mindeften, eine niedliche Ei⸗ 
garren» Büchfe unter der Mantille herworzuziehen und eine 
Gigarre anzuzünden. Geht man in eine Zertulia, fo findet 
man ficherlid Gigarren, denn Jedermann raudt. Beſucht 
man das Theater oder einen Ball, fo muß man fidh mit 
Gigarren verforgen, denn die Höflichkeit erfordert, folche den 
Damen und feinen Bekannten anzubieten. Es gilt für un⸗ 
böflih eine angebotene Gigarre auszufhlagen, man muß fie 
annehmen, auch felbft wenn man feinen Gebrauch davon 
machen will. Münner und Frauen koͤnnen das Rauchen nicht 
miffen, und fie glauben gegen eine herkömmliche gute Eitte 
anzufloßen, wenn fie nicht rauchen wollten. Eine ächte meri- 
canifche Schönheit meint einen ihrer Reize zu verlieren, wenn 
fie nicht eine Cigarre im Munde hätte, Unter Rauchwoͤlkchen 
lifpelt fie ihrem Liebhaber freundliche Worte zu. Eine Meris 


!) United Service Magazin 1844 March. 





tanerin wüßte die Zeit nicht auszufuͤllen, die fie jegt mit 
Kauhen zubringt. Spricht man ihr: von der Unziemlichkeit 
des Rauchens für das ſchoͤne Gefchlecht, fo weiß fie es aus 
vielen Gründen zu rechtfertigen. Zur Ehre der Damen muß 
man indeß fagen, daß fie in neuefler Zeit den Vorſtellungen 
ber Fremden allmälig nachgeben, und daß es feltner wird, 
junge Damen Öffentlich rauchen zu ſehen. Auch verfchwindet es 
nach und nach im Theater und auf den Bällen der Hauptftadt. 

Ebenfo allgemein verbreitet, bei Männern und Frauen, 
ft das Rauchen in allen Ländern Gentral-Amerila’s, wie 
namentlih Stephen!) bei feinen Reifen in Yucatun und 
Guatemala wahrnahm. In Cumana herrfcht nah von Hum⸗ 
boldt 2) bei beiden Gefchlechtern die Gewohnheit, in ſchoͤnen 
mondhellen Nächten Stühle in den Fluß Manzanares fegen 
zu laffen, auf denen fie leicht gekleidet einige Stunden plaus 
dernd und Cigarren rauchend, verweilen, 


I) Incidents of Travel in Central- America, Chiapas and Yucatan 
London 1812. Vol. 1. p. 256. I am sorry to say that generally 
the Ladies of Central America, no excepting Guatimala, smoke, 
merried ladies pnros, or all tobacco, and unmarried cigars, or 
tobacco wrapped in paper or straw. Every gentleman carries in 
his pocket a silver case, with a long string of cotton, steal anıl 
fint, and one of the offices of gallantry is to strike a light; by 
doing it well, he may help to candle a flame in a lady’s heart; 
at all events, to do it bunglingiy would be ill bred. I will not 
express my sentiments on smoking as a custom fur the sex. 
I have recollections of beauteous lips profaned. Nevertheless, 
even in this I have seen a lady show her prettiness and refine- 
ment, barely louching the straw to her lips, as it were kissing 
it gentiy and taking it away. When a gentleman asks a lady 
for a light, she always removes the cigar from her lips. 

2) Reife in die Aequinocrials Gegenden des neuen Continents. 2, 1. 
©. 417, 


24 


Die fpanifche Negierung hat zu ihrer Zeit nicht verab- 
fäumt, von der großen Confumtion des Tabaks Vortheil zu 
ziehen, Im Jahr 1764 erklärte fie den Handel mit Tabak 
für ein Monopol der Regierung und führte die Tabak⸗Regie 
oder den Tabak-Pacht (Estanco real de Tabaco) ein. Zur 
Gultur des Tabaks bedurfte es einer befonderen Erlaubniß, 
und der erzielte Tabak wurde gegen einen feſtgeſetzten Preis 
an die Regie abgeliefert. Um den Ertrag der Ernten beffer 
zu beauffichtigen, wurde ber Tabak auf gewille Gegenden 
beſchraͤnkt. In Merico cultivirte man vorzüglih Tabak in 
den Bezirken von Orizaba und Cordova. Zur Zeit, da von 
Humboldt!) die Provinz Venezuela und Cumana bereifte, 
war die Sultur des Tabaks faft ausfchließlih auf das Thal 
von Aragua und Gumanacoa befchränkt, und die einzige 
Art, welche man hier, fowie in den angränzenden Bezirken 
von Aricagua und San Lorenzo. pflanzte, war der Tabak 
mit breiten aufligenden Blättern (Nicotiana tabacum). 

Das Tabak» Monopol warf der Negierung große Sum- 
men ab, In fhlechten Iahren fehagte man den Netto-Ertrag 
zu einer Milion Pefos, während diefer in guten Jahren zwei 
und eine halbe Million und darüber betrug. In der großen 
Cigarren-Fabrik zu Daraca wurden jährlich 5,000,000 Pas 
fete Papier-Cigarren, jedes zu 30 Stuͤck, und 60,000 Pa⸗ 
kete Puros, zu 7 Stud verfertigt, welche jährlich 316,000 
Peſos einbradhten. 

Das dem Volke verhaßte Tabal-Monopol wurde nach der 
Unabhängigfeits- Erklärung aufgehoben, und feitvem hat ſich 
bie Tabak» Cultur fehr verbreitet. Wortrefflicher Tabak wird 
jest in mehreren Provinzen Mexico's gebaut. Der befte Tabaf 


1) Essai politique sur la nouvelle Espagne. T. 2. p. 444. 


waͤchſt am oͤſtlichen Abhang des Pics Orizaba, in den frucht⸗ 
baren Tälern, welche fi) gegen die Städte Orizaba, Cor⸗ 
bova und Iongolica herabziehen. Große Fabriten von Cigar⸗ 
08 und Puros befinden fi in den Staͤdten Merico und 
Dueretaro. In der Fabrif der leßteren Stadt waren beim 
Befuhe von Humboldtd drei taufend Arbeiter befchäftigt. 
Audgezeichneter Tabak wird ferner in Yucatan, Chiapa, Hon⸗ 
duras, Guatemala und Nicaragua gebaut. Befonderd gerühmt 
wird der Tabak, der in dem fruchtbaren Thale des Fluſſes 
Sopan in Honduras waͤchſt, fowie der Simojovel, welcher im 
gleihnamigen Partido der Provinz Shiapa oder Ciudad real 
erzeugt wird, Als der beſte, feinfte und gewuͤrzhafteſte Tabak 
wird der Tabak von Varinas gefhägt, der am Fluffe Apure, 
in der Provinz Venezuela oder Caracas, am See Zacarigua, 
om Guanara, in Zulmero, fowie in der Provinz Cumana, 
befonder8 beim Dorfe Varine, und in der Provinz Maracaibo 
cultivirt wird. Diefer Tabak führt au den Namen Knaſter, 
nach dem fpanifchen Worte Canasta, welches Korb bedeutet, 
denn in Körben werden die Tabakrollen verfenbet. 

Bemerkenswerth if, daß die Zabal-Pflanze leicht wieber 
verwildert, wenn der Samen nur einige Feuchtigkeit findet. 
Bon Humboldt fah wilde Zabal= Pflanzen. im Gerro bel 
Cuchicano in der Nähe der Höhe von Garipa, und Mühlen- 
pfort !) bei Xehuantepec und Jamiltepec in der Provinz 
Daxaca. 


1) Schilderung der Republik Mejico. B. 2. ©. 149. 


III. 
Tabak in Sad Amerika. 


Die zahlreichen und in vielen Schriften zerftreuten Nach⸗ 
richten über das Vorkommen und die Benukung des Tabaks 
in Süd» Amerifa laßen wir am füglichften nach den verfchie- 
denen Ländern dieſes Welttheild folgen. 


A) Lander an der Oſtküſte. 
0 Braſilien. 


Die erſten Nachrichten uͤber den Tabak in Braſilien ver⸗ 
banken wir dem Karmeliter-Mönh Andre Thevet. Er 
befand fich bei der Ausrüflung, welche der Malthefer Ritter 
Nicolas Durant de Billegagnon im Jahr 1555 ver- 
anftaltete, um am Fluße Sanabra oder Santo Januario 
bem heutigen Rio de Janeiro, eine Niederlaffung zu gründen. 
Thevet verweilte nur wenige Monate in Brafilien unb 
fehrte nach Frankreich zurud, wo er feine während des kurzen 
Aufenthalts gemachten Beobachtungen durch den Drud befannt 
machte 1). Er gedenkt des Tabaks, den die Indianer Petun 


1) Les Singularit&s de la France antarctique, autrement nommee 
Amerique. Paris 1558. 4. Chap. 32. p. 59. 


27 


nannten. Sie fammelten die Blätter forgfam und trodneten 
diefelben in ihren Hütten, Aus den trodnen Blättern, von 
einem Palmblatt ummwidelt, bildeten fie eine Rolle, in ber 
Länge und Dicke einer Kerze, Diefe zlindeten fie an einem 
Ende an, und zogen den Rauch aus dem anderen Ende 
durch den Mund und die Nafe mit großem Vergnügen ein. 
Der Rauch flilt für einige Zeit den Hunger und Durfl. 
Die Frauen rauchten nicht, Die eingewanderten Franzoſen 
fanden an dem Tabak bald Gefallen, doch verurfachte ihnen 
das Rauchen Anfangs oft Schwindel, flarfen Schweiß unb 
felbfl eine Ohnmacht, wie Thevet an fich felbft wahrgenommen 
hat, In feiner im Jahr 1575 erfchienenen Cosmographie 
hat er eine Befchreibung der Tabakpflanze mit einer Abbil- 
dung in Holzfchnitt gegeben. Er hatte den fonderbaren 
Einfall dem Tabak, nad feinem Geburtsort Angousleme, 
den Namen Herbe Angoulmoifine beizulegen. 

Im Jahr 1557 rüflete Bois le Comte, auf den Rath 
des Admirald Goligny, mehrere Schiffe aus, um mißver- 
gnügte Hugenotten nach Brafilien zu führen, wo fie eine 
Colonie anzulegen die Abficht hatten, Unter ihnen befand 
fih der Galvinifche Geiftlihe Sean de Lery aus Genf, Die 
Schiffe liefen in den Fluß Ganabra ein, und auf einer Infel 
wurde fogleich ein Sort erbaut, bad man Goligny nannte, 
Lery !) wurde bald mit den an den benachbarten Küften 
lebenden Indianer» Stämmen des Volks der Guaranis befannt, 
deren Lebensart, Sitten und Gebräuche er ausführlich befchrieben 
hat. Alle Eingebornen gingen nadt und waren mit dem 





1) Histoire d’un voyage fait en la terre de Bresile, dite Amerique. 
Geneve 1578. 8. J. Lerii Historia navigationis in Brasillam, 
quae America dicitur. Genevae 1594. 4. 


Safte einer Frucht, Genipa genannt, bemalt. Die Dünner 
hatten dag Haar auf dem Echeitel in Form einer Moͤnchs⸗ 
krone gefchoren, während fie ed am Hinterhaupte lang wachſen 
ließen. Ihre Unterlippe war durchbohrt, und in der Oeffnung 
war ein großer, polierter, grüner Stein eingefegt. Manche 
hatten auch die Wangen durchbohrt. In den verlängerten 
Ohren trugen fie aus Mufchelfchalen oder Knochen verfertigte 
große Ohrgehaͤnge. Die rauen, deren Unterlippe nicht 
durchbohrt war, hatten fehr langes, über den Rüden herab- 
hangendes Haar, und ihre Ohrgehänge reichten bis zu den 
Schultern herab. 


Alle Indianer- Stämme bauten in der Nähe ihrer Hüt- 
ten ein Kraut, daß fie Petun nannten, welches fie rauchten 
und fehr hoch fchästen. Die grünen Blätter wurden in den 
Hütten aufgehängt und getrodnet. Wollten fie rauchen, fo 
nahmen fie einige Blätter, rollten fie in Form einer Hippe 
zufammen, zindeten das eine Ende an und nahmen dad 
andere Ende in den Mund, Den eingezogenen Rauch fließen 
fie aus der Nafe und ans den Loͤchern in den Baden und 
der Unterlippe aus, wobei fie wie trunfen wurden. Mit die 
ſem Rauch erhielten ſich die Indianer angeblid bei ihren 
Kriegszügen und beim Mangel an Nahrungsmitteln. Die 
Frauen jedoch rauchten nicht, 


Lery gebenkt ferner eines Tanzes der Indianer bei ihren 
Kriegszuͤgen, wobei die Anführer Raub aus einem Rohr 
gegen die Krieger ausblafend die Worte ſprachen: nehmet 
alle hin den Geift der Stärke, auf daß ihr eure Feinde uͤber⸗ 
winden möget, Lery hegte übrigens die Meinung, das achte. 
Petun fei weder der Tabak Weftindiens und Mericos, noch 
dad Herbe Angoulmoisine Thevet’s. 


In früherer Zeit ſcheint das Tabakrauchen jeboch wenigſtens 
nicht bei allen Indianer» Stämmen Braflliens uͤblich geweſen 
zu fein; denn der Heße Hans Staden !) aus Homberg, der 
fih vom Jahr 1548 bis 1555 in Brafilien aufhielt, viele 
Abenteuer erlebt hatte und lange Zeit in der Gefangenfcaft 
der Indianer am Fluße Paraiba gewefen war, erwähnt 
defielben nicht, obgleich er die Sitten und Gebräuche der 
Wilden ausführlich befchrieben hat. 

Zur Zeit der Entdedung und Eroberung Brafiliens waren 
die Zupinambas oder Tupinambazes der mächtigfte und 
tapferfie Stamm der. Guaranis, welche an den Kuͤſten von 
Rio Janeiro, Bahia und Pernambuco wohnten. Durch die 
Portugiefen wurden fie nad blutigen Kämpfen aufwärts nach 
Maranhao und Para getrieben, und drangen dann am Ama⸗ 
zonen= Strom ind Innere des Lands ein. Der Pater Acunna?) 
fand fchon zu Anfang des fiebenzehnten Jahrhunderts über 
achtzig Dörfer derfelben auf einer großen Infel jenes Stroms 
unterhalb der Einmindung des Flußes Cayari. Große Haufen 
derfelben ließen ſich ferner am Rio negro und Madeira nieder, 
wo fie Spir und Martius ) im Fleden Zupinambara, 
jest Villa nova, antrafen. Ueberall behielten fie das Tabak⸗ 
rauhen bei, und Acunna fah daflelbe ſowohl bei ihnen, 
ald bei allen an ben Ufern bed Amazonen-Stromd und 
feinen zahlreihen Nebenflüfien wohnenden Indianern im 
Gebrauch. Spir und Rartius 9 fahen felbft die oberhalb 
der Waſſerfaͤlle des Yupura, in völliger Unabhängigkeit, in 


1) Beſchreibung Brafiliens, Marburg 1557. 8. 

2) Relation de la Riviere des Amazones, traduite par Gomberville. 
Paris 1632. T. 1. p. 187. 

0) Reiſe in Brafilien. B. 1. S. 215. 

) Ebend. B. 3. ©, 1244. 


den Urwäldern lebenden Miranha« Indianer Tabak rauchen. 
Die Reifenden wohnten einer großen Berfammlung ber 
Miranha, Capapana und Tapuize⸗Indianer bei, in ber eine 
fehr große brennende Gigarre von Mund zu Mund wanderte, 

Jene Nationen pflanzen noch jest Tabak, nicht bloß 
zum Rauchen, fondern auch zum Schnupfen und Sauen, 
An der Zupi» Sprache finden ſich ferner alle Ausdrüde für 
den Tabak und feine Benutzung. Der Tabak heißt Mtuma, 
eine Tabaks⸗Pflanzung Pytuma⸗tyba, eine Cigarre Pytuma 
pita, und gepulverter Tabak Pytuma⸗cui. Das Wort Pytuma 
und wahrfcheinlih auch das Wort Petun flammen von bem 
Worte Piter her, welches in der Sprade der Zupinambag, 
Saugen ober Schlürfen bedeutet. 

Gegenwärtig find alle in Brafilien lebenden Indianer = 
Stämme, die Coroados am Rio Zipotho, die Puris, Corropos, 
Botocubos, und die Indianer am Rio grande, am Amazonen- 
Strom und feinen Nebenflüffen, dem Rio Zingu, Rio de 
Zopajod, Madeira, Negro, Branco u. a. leidenſchaftliche 
Raucher. Sie bedienen fi noch, wie zur Zeit der Entdeckung 
Brofiliend dur die Europäer, zufammengerollter trodner 
Blätter der Zabals Pflanze, welche fie bauen. Meiſtens aber 
ftehlen fie den Tabak in den Pflanzungen der Portugiefen. 
Vielfältig benugen ferner die Zauberer oder Aerzte, Pajés, 
den Tabak bei ihren Kuren, indem fie die Kranken aus großen 
Gigarren anrauchen, um Schweiß zu erregen. Auch blafen 
fie ihnen Rauch in die Nafe, die Ohren und den After, Bel 
den Samacan =» Indianern am Rio des Ilheos und Rio Pardo, 
fomwie bei den Gulinos- Indianern am Fluſſe Solimoes herrfcht 
außerdem noch der fonderbare Gebrauch, daß ein Paié die 
Wöchnerin und das meugeborne Kind eine Zeit lang mit 
Gigarren beräurhert, 


3 


Die reichen und wohlhabenden Bewohner der Städte und 
Pflanzungen Braſiliens rauhen jetzt nur Papier» Cigarren 
oder Papelitos. Die Leute der Armeren Glaßen hingegen, 
bie Fifcher, Tagelöhner und Neger, bedienen fi der Tabak 
Pfeifen, welhe aus einem kleinen Kopf von gebranntem 
Thon und einem langen bünnen Rohr von dem Stengel 
eined hochgewachſenen Farrenfrauts, Samambaya (Mertensia 
dichotoma) befiehen. Nah Spir und Martius find vor 
züglih die Einwohner der Provinz St. Paulo bem Tabak 
rauhen fehr ergeben, ganz befonderd die Frauen der Mame: 
Iucos oder Gafufod. Die Mamelucos flammen von einem 
Bater caucafifher und einer Mutter amerikaniſcher Race, 
bie Gafufos dagegen bilden eine Mittelrace zwiſchen den 
Negern und den Ameritanerinnen. Die Abbildung Tafel IL. 
flelt eine rauchende Cafuſa aus der Provinz St. Paulo 
dar, welche aus Spir und Martius Reiſe · eſchreibung ent⸗ 
nommen iſt. 

Biel allgemeiner als das 8 Rauden, ift das Tabak Schnupfen 
in Brafilien. Selbſt der aͤrmſte Sklave führt eine Schnupfs 
tabak⸗Doſe, gewöhnlih von Blech oder von Horn. Oft 
befteht fie nur aus einem bloßen Abfcehnitt eines Kuhhorns, 
welches durch einen Pfropf gefchloflen wird. 

In neuerer Zeit wird in Brafllien fehr viel Tabak ges 
baut, befonderd in den Provinzen Bahia und Pernambuco, 
fowie am Rio grande del Belmonte, namentlih im Quartel 
006 Arcos und in ben Ländern am Amazonen=« Strom bis 
nah Maynas. In Ießterer Provinz fand Pöppig !) einen 
fehr aromatifchen Tabak in dem Diftricte Jaen und Chacha- 


ı) Reife in Chile, Peru und auf dem Amazonen s Strom während der 
Jahre 1827 bis 1832, Leipzig 1835, 4, 





poyos, und felbfi noch an den Ufern des von ben Anden 
tommenden Gebirgs- Flußes Huallaga. Diefer Tabak wird 
in bie Gapitanie Para eingeführt, wo alle Stände an ihn 
gewohnt find, Der befle Amazonen⸗Tabak waͤchſt um Cocheira 
und in der Gegend von Silves am Saraca⸗See, fowie auf 
der Ilha dos Ramos. Diefer Tabak wurde ehemals, feines 
vortrefflihen Dufts wegen, in die Schnupftabal«-Fabrifen nad 
Portugal gefendet. Jetzt bereiten die Einwohner von Eſtado 
ihre Papier - Cigarren daraus, Unter ber portugiefifchen 
Regierung war der Tabak» Handel Monopol, Raynal hat 
den Werth des jährlich aus Brafilien nady Europa, und bes 
fonderd nad Afrika zum Ankauf von Neger- SPflaven, auß- 
geführten Tabaks zu 7,480,000 Livre® angegeben. Die 
Ausfuhr des Tabaks aus Braſilien, namentlih aus Rio 
Saneiro, Bahia und Pernambuco, ift in neurer Zeit fehr 
bedeutend und wird auf mehr ale 15 Millionen Pfund’ jähr- 
lich gefchägt. Außer dem nah Portugiefifchen Häfen gehen» 
den Tabak wird ferner viel Brafilianifcher Tabak in London, 
Bremen und Hamburg eingeführt, 

Die Tabal-Art, welche in Brafilien, namentlih am 
Amazonen-Strom gebaut wird, iſt vorzuͤglich Nicotiana rostica. 
Spir und Martius fahen fie jedoch nirgends wild wachſen. 
Der Brafllianifche Tabak kommt im Handel in Form fchwarzer 
Rollen, als Tabaco negro vor, und wird meiltend zum 
Schnupfen und Kauen benukt. 


2) Suiana, 
Des Tabals in Guiana hat zuerfl der Fühne Seefahrer 
Sir Walter Raleigh !) gedacht, bei feiner in den Jahren 


1) Discovery of the large, rich and beautiful Empire of Guiana. 
London 1596. 


1595 und 96 unternommenen Fahrten auf dem Orenoco, 
um das fabelhafte Land EI Dorado und die Stadt Manoa 
aufzuſuchen. Er berichtet darüber folgendes: die Einwohner 
Guianad, Cariben genannt, bradten und in ihren Kandes 
viele Lebensmittel und guten Tabak. Eie zeigten ſich fanft 
und rechtlich, und blieben bei uns bis ihr Häuptling Titimo 
anfam, den wir mit feinem Gefolge bewirtheten., Der folgende 
Tag verging mit dem Austauſch der Waaren, welche großen 
Theil in Tabak beftanden. Auh Robert Harcourt, 
welcher im Jahr 1608 Guiana befuchte, gedenft des Tabak. 
baus dafelbft. Damals fchon wurde Tabak von hier nad 
England geführt. Won den Indianern Guianad am Orenoco, 
namentlich den Saraiben, gibt Gily !) an, daß fie dem 
Zabafrauchen fehr ergeben feien, doc, fei es den Frauen ver⸗ 
boten. Auch Barrere 2) fagt: alle Männer rauchen, nament- 
lich die Häuptlinge bei ihren Zuſammenkuͤnften. Ihre Pfei- 
fen beftehen aus getrodneten Zabakblättern, welche fie in 
Stuͤcke Baumtinde wideln. Den Baum, von bem fie die 
Rinde nehmen, nennen fie Ulemany, Er ift von außen mit 
einer braunen, ziemlid glatten, anderthalb Linien diden 
Rinde umgeben. Diefe hat innen verfchiedene dünne Häute, 
oder gelbliche Lamellen, auf die man wie auf Papier fehreiben 
kann. Sie werden von der Außeren Rinde abgetrennt, um 
daraus Pfeifen zu machen, welche fehr bequem find, denn 
man raucht fie zugleich mit dem Tabak auf, Wenn bie 
Pfeifen fertig find, zündet der Häuptling zwei davon an, 
eine für fi und die andere für den vornehmften unter den 
Gäften, 


1) Storia del Orinoco. T. 3. p. 406. 
2) Reife nach Guiana. ©, 139. 


84 


Der aͤchte Frautartige Tabak wird, wie von Humboldt i) 
berichtet, feit undenBlicher Zeit bei allen eingebornen Völkern 
am Orenoco gebaut, auch ward zur Beit der Eroberung 
der an biefem Strom gelegenen Fänder die Sitte des Kaudyens® 
tberall angetroffen. Die Zamanafen und die Maypuren 
von Guiana wideln den Tabak in Mais-Blätter. Aus Nach⸗ 
ahmung bedienten fi die Epanier ftatt der Maid- Blätter 
des Papierd. Die Indianer oder Wilden am Orenoco 
wußten fo gut wie Montezuma und feine Sofleute, daß 
das Tabakrauchen ein vortreffliches Narcoticum if, Sie 
gebrauchten ihn nicht nur vor der Siefla, fondern auch um 
fih in einen Zuftand von Gefuͤhls⸗Toͤdtung zu verfegen, den 
fie fehr naio mit offnen Augen träumen nennen. 

Richard SchomburgE 2) fah bei feinen in den Jahren 
1840 bis 44 unternommenen Reiſen im britifhen Guiana 
ale am Drenoco, Demarara, Eſſequibo, Parima, Gorentin, 
Mazaruni, Rupunuri und Cuyuni wohnenden, fowie auf dem 
Gebirge Roraima lebenden Indianer-Stämmen, die Warraus 
oder Guaranos, Wapifanad, Macufis, Arecunas, Paraunas, 
Arawaaks, Tarumas, Caribis, Waikas oder Accamaid u. a. 
leidenſchaftlich Tabak rauchen. Die meiſten bauen auch 
Tabak auf ihren Feldern. Sind die Blaͤtter ausgewachſen, 
ſo ſammeln ſie dieſelben, haͤngen ſie zum Trocknen in den 
Hütten auf und bewahren fie alsdann feſt mit Baſt um⸗ 
widell. Es gehört zu den größten Vergnuͤgungen ber 
Männer, in der Hängematte zu liegen und Tabak zu rauchen. 
Bei ihren Reifen führen fie fletd getrodnete Tabakblaͤtter 


1) Reife in die Xequinoctial: Gegenden. B. 4. S. 579, 
2) Reife im Britifch- Guiana, Leipzig 1847. B. 1. S. 171. B. 2%. 
S. 4. 239. 


mit ſich. Wollen fie rauhen, fo rollen fie ein Blatt zu- 
fammen und wideln es in ben Papier ähnlihen inneren 
Baſt des Karakalli oder Topf-Baumd (Lecythis ollaria). 
Den Rauch blafen fie meiftens durch, die Nafe aus. Die 
im Roraima Gebirge ſich aufhaltenden Arecunas kauen auch 
Tabak. Sie zerhaden grüne Zabakdlätter ganz fein, ver 
mifhen diefelben: mit einer fchwarzen falpeterartigen Erde, 
weiche fie in den Savannen fammeln umd formen aus dem 
Zeig Beine Kugeln, die gelaut werben. 

Quandt !) berichtet, daß in Guiana bei den Bogaiern 
oder Eemmelis, fowie bei den Arowalen und anderen In⸗ 
bianern zugleich der Gebrauch herrfcht, fi des Tabak⸗Rauchs 
gegen Krankheiten zu bedienen, indem fie die Kranken mit 
großen Gigarren beraͤuchern. Auch Schomburgf fah bei 
den Warraus Zauberer oder Aerzte, Piais, welche ihren 
Kranken Stunden lang Tabak⸗-Rauch ins Antlik bliefen. 

Daß der Zabaf bei den Voͤlkerſchaften Guianas ſchon feit 
langer Zeit. befannt ift, dürfte fi) daraus ergeben, daß er 
noch Schomburgk in den fehr verfchiedenen Sprachen ber 
Indianer⸗ Stämme eigene Namen führt, Bei den Macufis 
und Arecunas heißt er Kawai, bei den Arawakks Yaari, 
bei den Warraus Aka, bei den Gariben Tamoh, bei den Ac⸗ 
cawais Tamai und bei ben Atorais Schama. 

Zur Verbreitung ded Tabaks und feines Gebrauchs in 
Guiana und Brafilien ſcheint das immer noch räthfelhafte 
Volk der Gariben oder Galipis vieles beigetragen zu haben. 
Die fpanifhen Seefahrer haben diefem tapferen, kuͤhnen und 
unternehmenden Volke zuerft den Namen der Gariben beige- 
legt, der fi bis auf den heutigen Zag im ehemaligen fpa- 


N) Nachrichten von Surinam. S. 61. 
3% 


36 


nifhen Amerika erhalten hat. Die Franzoſen haben den Nas 
men, man weiß nicht warum, in Garaiben verwandelt, Cie 
felbft nennen fih, wie von Humboldt!) berichtet, Sarina, 
Galina oder Callinago. Ueber den urfprünglichen Wohnfig 
des Volks find aber die Meinungen getheilt. Rochefort?) 
läßt die Gariben aus den Apalachifchen Gebirgen vertrieben 
nach Florida gelangen, und nad den Lucaifchen Infeln über: 
fegen, von wo fie fich als ein eroberndes Wolf über die An- 
tillen auöbreiteten. Nach einigen Sahrhunderten, da fie diefe 
Inſeln erobert, follen fie auf das nahe Feſtland Suͤdamerika's 
‚Übergegangen fein, wo fie in den Zändern am Drenoco mit 
den dort wohnenden Yaod, Sappayos, Paragotis und Arua- 
ca8 blutige Kriege führten. Sie follen dann als Eroberer in 
den Amazonen=- Strom, den Gaffiquiare und den Nio Negro 
eingedrungen, und an die Küften Brafiliend gelangt fein. 
Andere Autoren laflen die Cariben aus den Wäldern Guia- 
na's flammen, wofuͤr angeführt wird, daß ſchon auf einer 
alten Karte von Athanafius Kircher ein Land unter dem 
Namen Guiana Calibana aufgezeichnet fei. Nach diefer An⸗ 
ficht ſollen die Gariben ald kuͤhne Seefahrer fchon vor der 
Entdeckung Amerita’s durch die Europaer nad den weftlichen 
Infeln gefchifft fein und viele derfelben erobert haben. 

Wie es fich auch mit der Abflammung der Gariben ver- 
halten mag, fo viel ift gewiß, daß fie unter allen Voͤlkern 
Amerika's die erfahrenfien und Eühnften Seefahrer waren, 
und daß fie felbft Flotten hatten, Ihre Becaffe war ein gegen 
vierfig Fuß langes, aus Cedernholz, mit fleinernen Aerten 


') Reife in die Aequinoctiale Gegenden. 8. 2. ©, 243. B. 5. ©. 10. 
*) Histoire naturelle et morale des lles Antilles. Lyon 1667. T. 2. 
p. 158. 


8 


gezimmertes Fahrzeug, mit drei Maftlen, Steuerruder unh 
Segeln. Ihre Piroque war ein Fleinered zweimaftiges Schiff. 
Sie unternahmen Reifen in den weftindifchen Gemäffern, an 
den Küften Guiana's und Brafiliens, und liefen in den 
Orenoco und Amazonen-Strom ein,-mit den Eingebornen in 
Handelsverkehr ſtehend. Es ift daher anzunehmen, daß die 
Cariben auf ſolche Weife zur Verbreitung des Tabaks -in 
jenen Laͤndern Suͤdamerika's viele beigetragen haben. Biel 
leicht haben fie bier felbft den auf den weſtindiſchen Infeln 
üblihen Gebraudy des Gigarren-Rauchens eingeführt. Die 
Cariben, als ein mäctiges und tapferes Volk, machten ‚den 
Spaniern viel zu fchaffen, und fie waren ein Schreden für 
alle Bemohner der weſtindiſchen Eilande. Bei der Eroberung 
von Martinique und Guadeloupe wurden fie von den Fran» 
zofen auf eine unmenſchliche Art verfolgt, und auf den An- 
tillen ausgerottet. Seht find die Gariben mit ihren vielen 
Niederlaffungen längfi in Neu-Granada, Venezuela, Guiana 
und Braſilien zerftreut, Viele unabhängige Gariben-Stämme 
leben jenfeitd der Gataracten bed Orenoco, fowie in den wenig 
befannten Ländern zwifchen den Quellen diefes Stroms und 
den Flüffen Effequibo, Garony und Parima, wo fie eine Art 
politischer Bundesgenoflenfchaft bilden. Schom burgk befudhte 
Nieberlaffungen . derfelben im britifchen Guiana, im Strom⸗ 
Gebiete des Mazaruni, Sayani und Pomeroon. Bon Hum- 
boldt fah foldhe am unteren Orenoco, in den Llanos von 
Sumana, im Dorfe Sara im Pirita von Venezuela und an 
den Ufern bes Cara, 

Aus Suiana haben die Holländer zuerft Tabak in den 
Handel gebracht, und jetzt wird er ſowohl auf den holländi- 
fchen, als auf den englifchen und franzöfifchen Niederlaffungen 
gebaut. Shomburgf fand ferner, daß beim Fleinen portu- 





gieſiſchen Fort Santo Soaquim, welches am öftlichen Ufer 
des Takutu, an deffen Mündung in den Rio Branco unter 
dem 3, Grad füdlicher Breite liegt, viel Tabak gebaut wir, 
welcher theils in den Handel kommt, theild als Papier-Cigar- 
ren von Männer und Frauen geraucht wird, Es wird als 
ein Beichen von großer Hochachtung ober von einem noch 
zarteren Gefühl angefehen, wenn eine Senhora mit eigenen 
Händen eine Gigarre verfertigt, fie anzündet, einige Büge 
daraus thut und fie emem Senhor überreicht. 

Die in - Suiana am häufigften gebaute Tabaksart ifl 


‘ Nicotiana rustica. Won Humboldt und Bonpland !) 


fahen diefelbe doch nirgends wild wachfen, dagegen fanden fie 


"häufig Nicotiana paniculata und glutinosa, und, entdedten 


zwei neue Arten, Nicotiana loxensis und andicola, welche 
fie auf dem Rüden der Anden bis zu einer Höhe von 1500 
Toiſen über der Meeresfläche antrafen, 


3) Länder am Rio de la Plata, Parana, Paraguay 
und Uruguany, 


In den ſuͤdlich von Brafllien am Rio de Ja Plata und 
in dem ÖStromgebiete des Parana und Paraguay gelegenen 
Ländern fcheint der Tabak zur Zeit ihrer Entvedung durch 
Suan Diaz de Solis im Jahr 1515 und Sebafltian 
Sabot im Jahr 1526 ganz unbekannt gewefen zu fein, 
Hierfür fprechen die Nachrichten eines bayrifchen Abenteurers, 
Hulderih Schmiedels 2) aus Straubing, der feit dem Jahr 


ı) Nova Genera et species plantarum. T. 3. p. 4. 
2) Vera historia admirandae navigationis, quam Huldericus Schmie- 
del ab anno 1534 usque ad annum 1554 in Americam juxta Bra- 


1534 unter Pedro de Mendoce diente, und jene Länder 
in allen Richtungen bis zu den Graͤnzen Brafiliend und Pe 
ru's durchzogen hat, Während feines zwanzigjährigen Aufents 
halts kam er mit vielen IndianerStaͤmmen in Verkehr, Er 
hatte ihre Sprachen erlernt, und befchreibt ihre Lebensweiſe, 
Sitten und Gebraͤuche. Mit Feiner Sylbe aber hat er des 
Rauchens oder Kauens des Tabaks bei einem Wolke jener 
Länder gedacht. Der Gebraudy des Tabaks fcheint erſt fpäter 
durch die Spanier eingeführt worden zu fein. Wahrſcheinlich 
waren e8 die Iefuiten, welche zuerft Zabaf bauten. Im fies 
benzehnten Jahrhundert drangen fie, wie befannt, in die 
Wälder jener Länder ein und befehrten bie Indianer mit 
großen Aufopferungen und Entbehrungen zum Ehriftenthume., 
In dem Lande Entre Rios, zwiſchen dem Paraguay und 
Parana, fomwie in Shiquitos und Moros, errichteten fie zahl: 
reihe Miffionen und Niederlaffungen, in denen der Landbau 
und die Biehzucht ſchnell in Aufnahme kamen. Hier führten 
fie auch die Kultur des Tabaks ein, wie der Pater Charle⸗ 
voir 2) berichtet. Im Bahr 1692, als der Pater Sepp aus 
Zyrol nad Paraguay Fam, und ſich als Miffiondr unter den 
Japayu⸗Indianern nieberließ, fand er das Tabakrauchen be- 
reitö unter den Indianern fehr verbreitet, Jetzt find in Buenos 
Ayres, Corrientes, Paraguay, Tukiman und im Gran Chaco 
alle Einwohner, Spanier und Creolen, Männer und Frauen, 
dem Tabak fehr ergeben. Alle Stände, die Reichen, fowie 
die Gauchos und Soldaten, pflegen beim Trinken de8 Mate 
oder Paraguay⸗Thees Fleine Papier-Cigarren zu rauchen. Auch 


sillam et Rio del la Plata confecit. Norimbergae 1599. 4. Neuer: 
ühft Hat Zernaur Gompans eine franzöfifcye Weberfegung 
beforgt. 

1) Geſchichte von Paraguay. Bd. 2. ©. 216. 


40 


die Neger und Indianer find leidenfchaftlihe Raucher. Dr. 
Kengger!) fließ jedoch bei feiner Reife im Gebirge Ma⸗ 
racayu, in den Wäldern bei St. Joaquim auf eine wilde 
Horde. Caaygua-Indianer vom Stamme der Guarani's, bei 
denen der Gebrauch des Tabaks noch nicht üblich war. Auch 
die Payagua Indianer rauchen wenig, dafür aber Fauen fie 
Tabak, zumal die Frauen, wobei fie den Tabak zwifchen bie 
Unterlippe und bie Zähne nehmen. Das Tabakrauchen hat 
fih felbft in die unwirthbaren Steppen Patagoniend ver⸗ 
breitet, wo ihm die herumfchweifenden armen Horden ber 
Aucas, Puelches und Araucanas fehr zugethan find, wie 
d'Orbigny berichtet. | 

In Paraguay wird viel Tabak gebaut, man pflanzt ihn 
vorzüglich in nen umgebrochenes, fettes Erdreich, Rofado ge 
nannt, Um Billa Rica wählt ein fehr guter, fein fchmeden- 
der und duftender Tabak, der von Samen flammt, welcher 
aus der Havana eingeführt wurde und der dem Cuba⸗Tabak 
wenig. nadhfleht. Auch in Corrientes am linken Ufer des Pa⸗ 
rana wird nah d’Orbigny?) fehr viel Tabak cultiviert, 
der einen Hauptgegenftand des. Aderbaues ausmacht. Der 
meifte und befle Zabaf wird im Lande verbraucht. 

In früherer Zeit wurden nah Azara 3) bis zur Einfühs 
rung der Eöniglichen Tabak⸗Regie im Jahr 1765, jährlich 
gegen 15,000 Gentner Tabak auf dem La Plata ausgeführt, 
welcher dem Gouvernement eine reine Einnahme von 60,000 
Piaftern einbrachten. Nah Einführung der Regie nahm die 


1) Reife nad) Paraguay in ben Jahren 1818 bis 1826. Aarau 1835. 
©. 128. 

2) Voyage dans l’Amerique meridionale. Paris 1839. 4. T. I. p. 211. 

2) Voyage dans l’Amerique meridionale. Paris 1809. 8. T. 1. 


4 


Sultur und die Erporiation des Tabaks ſehr ab. Bald nach 
der Revolution hoben ſie ſich wieder. Es iſt vorauszuſehen, 
daß der Tabak fuͤr Paraguay und Corrientes einen der ein⸗ 
traͤglichſten Handels⸗Artikel abgeben wird, ſobald Ruhe und 
Ordnung in den Staaten am La Plata eingetreten find. 


B) Länder an der Wefküfte. 


Zur Zeit der Entdedung der wefllihen Küftenländer 
Suͤdamerikas, Quitos, Peru’s und Chile's durch die Europäer, 
alfo in den Jahren von 1524 bis 1534, da Francisco 
Pizarro und Diego be Almagro !) Peru und Quito er- 
oberten, war dad Tabakrauchen in jenen Rändern noch unbe 
kannt. Keiner der früheren Schrififteller, Francisco de 
Zerez, der Geheimfchreiber Pizarro’s, Auguftino 
Zarate 32), Piedro de Cieza de Leon), Alphonfo 
Ulloa 4) und Apollonius Livinus) haben jenes Ges 
brauchs gedacht. Selbſt Garcilaffo de la Vega) der 


!) La Conquista del Peru. Sevilla 1534. Fol. Salamanca 1547. Die 
Schrift ift ferner enthalten in A. G. Barcia Historladores primi- 
tivos de las Indias. Madrid 1749. Fol. T. 3. 

*) Historia del descobrimento y conquista de la Provincia del Peru. 
Antwerp. 1555. 1693. 8. Sevilla 1677. Madrid 1709. Fol. Histoire 
de la decouverte et de la conquete du Perou. Amsterd. 1700. 12. 

®) Chronica del Peru. Sevilla 1553. Fol. Venetia 1560. 

*) Historia dell scoprimento e conquesta del Peru, tradotta della 
lingua castigliana in italiana. Venet. 1563. 4. 

®) De Peruvianae regionis inventione et rebus in ea gostis. Ant- 
werpiae 1567. 8. - 

°) Historia general del Peru. Cordova 1606. Fol. Commentarios 
reales del origin de los Incas. Reyes del Peru. Lisboa 1609. 1619. 
Madrid 1723. Fol. 1800. 12. Histoire des Incas, rois du Perou. 
Paris 1623. 1658. 8. Amsterd. 1737. 4. T. 1. Ch. 25. 





42 


zuverläßigfle und ausführlichfie Schriftftellee uͤber das alte 
Peru, beffen Gefchichte und alle darin herrſchend gewefenen 
Sitten und Gebräuche, erwähnt desfelben nicht. Wir dürfen 
darauf ein um fo größeres Gewicht legen, als Garcilaffo 
im Jahr 1540, alfo "acht Jahre nad; der Ermordung des 
unglüdlichen Inta Atahualpa, zu Guzco, der Hauptfladt 
Perus geboren mar. Seine Mutter Coya, eine Nichte des 
Infa Huayna Capac, ſtammte aus der koͤniglichen Familie 
und war an einen Spaniſchen Edelmann vermaͤhlt, der 
Gouverneur in Cuzco war. Der Tabakpflanze jedoch hat 
Garcilaſſo unter dem Namen Sayri !) gedacht. Sie 
wurde aber nicht geraucht, ſondern getrocknet und zu Pulver 
gerieben nur geſchnupft, um, wie er ſagt, das Hirn zu 
reinigen. 

Gegen den Gebrauch des Tabakrauchens bei den aͤlteren 
Bewohnern Perus laͤßt ſich ferner anfuͤhren, daß man meines 
Wiſſens niemals weder bei Ausgrabungen, noch in den ſo 
haͤufig vorkommenden und ſehr wohl erhaltenen alten Grab- 
gewoͤlben, Guacas, Huacas oder Chulpas genannt, Pfeifen⸗ 
koͤpfe aus gebranntem Thon oder Stein gefunden hat, wie 
ſolche ſo haͤufig in den Laͤndern Nordamerikas und in Mexico 
entdeckt worden ſind. Es iſt daher anzunehmen, daß die 
alten Peruaner mit den Voͤlkern Nordamerikas und den 
Bewohner des Landes Anahuac oder Mexico, den Tolteken, 


1) Comment. Real. T. 1. Livr. 2. Chr. 25. La plante que nous appel- 

lons da Tabac, et que les Indiens nomment Sayri, leur servalt a 
divers usages; ils en prenoient par le nes pour se decharger le 
cervean, et on peut dire qu’elle est tres bonne pour cela. L'éx- 
perience a fait connaitre aux Espagnols qu’elle avoit plusieurs 
autres vertas, et ce n’est pas sans raison, qu’ils ’ont nommee 
Y’Herbe Sainte. 


43 


Chichemeken, Nahualteken und Azteken, Beinen Verkehr hatten, 
wie faͤlſchlich einige Geſchichtſchreiber angenommen haben. 
Der Gebrauch des Tabakrauchens iſt in Quito, Peru, 
Bolivia und Chile erſt durch die Spanier eingefuͤhrt worden, 
wo er jetzt bei Männern und Frauen ſpaniſcher Abkunft 
ganz aflgemein uͤbtich iſt. Man raucht nur Cigarres und 
Papelitos. In der Witte des vorigen Jahrhunderts, da 
Antonio de Ulloa die Hochlande Perus befuchte, rauchten 
die Indianer noch nicht, fie fauten nur Coca, - gegenwärtig 
aber find viele dem Tabak ebenfalls ergeben. In ben 
Ländern Bolivias iſt das Tabakrauchen überall verbreitet. 
D’Orbigny !) erzählt von einem Feſte, zu dem er in der 
Stadt Santa Cruz in der Provinz Valle grande eingeladen 
war, daß die Frau des Haufes gleich nach feinem Eintritt 
eine Cigarre ergriff, fie anzündete, und brennend aus ihrem 
Munde dem Gaſte überreichte. Kaum war fie verflommen, 
fo wurde eine zweite und .britte präfentirt. Beim Abſchied 
erhielt ew noch ein Paͤckchen Gigarren zum Geſchenk, das in 
ein Rofa-Band eingewideli war, In Chile herrſcht nad 
Poͤppig der Gebrauch, daß der in eine Hütte tretende 
Reifende nad) der Begrüßung ſogleich jedem liebe der 
Familie, vom Vater bis zum jüngften Kinde herab, die Frauen 
nicht ausgenommen, eine Sigarre zum Geſchenk macht, fo- 
wie er ebenfalld zum freundlichen Willfommen eine Gigarre 
empfängt. Das Tabakrauchen ift felbft zu den armen Be⸗ 
wohnern der an ber Küfte liegenden felfigen Chiloe-Infeln 
und in den Archipel de los Choros gelangt, Auf Gaylen, 
einer der füdlichften Infeln, welche das Ende der Chriftenheit, 
el fin del Christiandad, genannt wird, war Tabak ein fo 


i) a. a. O. T. 2. p. 512. 


4 


gefuchter Artifel, daß Charles Darwin!) für ein Stuͤck 
Tabak, welches nicht anderthalb Pence werth war, ein Huhn 
und eine Ente erhielt. 

Zur Zeit, da fih Don Antonio de Ulloa in Lima 
aufhielt, herrfchte dufelbfi der fonderbare Gebrauch, daß bie 
Damen eine Feine Role Tabak, mit den weißen Haben der 
Pitta ummunden, im Munde führten, womit fie bie Zähne 
rieben, um fie weiß zu erhalten. Eine foldhe Rolle nannte 
man Limpion oder Reiniger. Der Tabak war ehemals in 
Quito, Peru, und Chile ein fehr Eoftbarer Handels«-Artikel, 
welcher aus Guayaquil und der Havana eingeflihrt wurbe. 
Bald aber verbreitete fich feine Cultur in die Statthalterfchaften 
Saen de Bracamoros, Sanja, Mayobamba, Llulla, Chillaos 
und in andere Gegenden... Jetzt wird in Peru viel Tabak 
gebaut zu Gaflapi, Chinchao, Carabaya und im Thale von 
Huanuco, und im Staate Bolivia in den Provinzen Cau⸗ 
yolican, Sochabamba und Moros, 


1) Naturwiffenfhaftliche Reifen nad Südamerika. B. 2. ©. 33, 


IV. 
Tabak in Nordamerika. 


Der Gebrauch, aus Pfeifen Tabak zu rauden, fcheint 
urfprünglicy bei den Indianern Nordamerifas uͤblich gewefen 
zu fein. Er ift unläugbar fehr alt, und hat in Zeiten lange 
vor der Entdbedung der Neuen Welt dur die Europäer 
ftatt gehabt, Dies beweifen die fo häufig in alten Gräbern 
und Altarhügeln aufgefundenen Pfeifen, melde theild ben 
Todten, nebft ihren Waffen, Geräthfchaften und Schmuck⸗ 
ſachen mitgegeben, theils aber auf Altären dem Großen Geifte 
zum Opfer gebracht wurden. Xodten= und Altar» Hligel 
werden, wie Barden !), Saleb Atwater?) und andere 
Altertbumsforfcher berichtet haben, in großer Anzahl vom 
46 Grad nördlicher Breite in den Ländern um die Kanadiſchen 
Seen, an der DOfllüfte und am Mericanifchen Meerbufen 
angetroffen, befonders in den Stromgebieten des Ohio, Scioto, 
Wabash, Miami und Miffisfippi, fowie in den Staaten 
Teneſſee, Alabama und Florida, Die neuften und ausführ- 
lihften Nachrichten hierüber haben wir den fchägbaren Unter 


1) Account of the United States. 
2) Archaeologia Americana, or Transactions of (he American Anti- 
quarlian Society. 1820. 


D 
— — 





46 


fuchungen Equire’s und Davis!) über die alten Denf- 
mäler des Miſſisſippi-Thals, fowie den Forfhungen School⸗ 
craft’8 2) über die Indianer der Vereinigten Staaten zu 
verdanken. Das hohe Alter der Grab- und Altar- Hügel, 
in denen Tabakpfeifen (Op-wa-gun) gefunden wurden, 
erhellet daraus, daß auf denfelben oft coloßale Bäume ge⸗ 
wachen waren,: die nad, ihrem Umfange und nach der Zahl 
der Iahresringe zu fchließen, ein Alter von mehreren Jahr- 
hunderten erreicht haben mochten. 

Die alten Zabalpfeifen beflehen entweder aus gebranntem 
Thon, oder fie find aus verfhiedenen Steinarten, Talk, 
Serpentin, Grünftein, Steatit, einem porphyrartigen Geftein, 
ober aus dem rothen Pfeifenftein (red pipestone) gebildet, 
welcher noch, jeßt von. den Sindianern in ber Coteau des Prairies 
in der Gegend des oberen Miffisfippi und im Gebiete der Sioux 
gebrochen wird. Die Pfeifen find meiftens mit großer Gefchid- 
lichkeit, fehr fauber und fchön gebildet, und verrathen vielen 
Kunftfinn der Berfertiger, Sie bieten in den Formen eine 
große Mannigfaltigkeit dar. Einige ftellen menfchliche Köpfe 
ober Figuren. dar. Andere haben bie Geſtalt von Thieren, 
wie ſie noch jetzt in Nordamerika einheimiſch ſind, bald von 
Saͤugethieren, Katzenarten, Baͤren, Biebern, Fiſchottern, bald 
von Voͤgeln, Falken, Eulen, Schwalben, Reihern, Gaͤnſen, 
und noch andere gleichen Froͤſchen, Kroͤten und Eidechſen. 
Die Thiere ſind ſo treu nachgebildet, daß man ſie auf den 


!) Ancient Monuments of the Mississippi Valley; in the Smithsoni- 
an Contributions to knowledge. Washington 1848. 4. Vol. I. 

2) Historical and Statistical Information respecting the History, 
‚Condition and Prospects of the Indian Tribes of the United States. 
Philadelphia. 4. - 


47 


erſten Blick erkennt. Schr zu beachten ift, daß die Geſichts⸗ 
zuge der an ben Pfeifen bargeftellten Menfchenköpfe auch 
nicht entfernt benen Mongolifcher Völker gleihen, was 
beiläufig gefagt, einen Beweis gegen die Annahme mancher 
Ethnographen liefert, daß Amerifa von dem öftlichen Afien 
aus bevölkert worden ſei. Die in allen Norbamerilanifchen 
Srabhügeln gefundenen Pfeifen haben eine große Aehnlichkeit 
mit denen, welche in Merico ausgegraben wurben. Es ift 
daher wahrfcheinlih, daß der Gebrauch des Tabakrauchens 
aus Pfeifen durh Indianer» Etämme eingeführt worden iſt, 
welche aus Nordamerika in das alte Land Anahuac einge 
wandert waren. 

Squire, Davis und Schoolcraft !) haben in den 
oben genannten Werken «ine fehr große Anzahl in alten 
Gräbern und Altarhügeln gefundener Pfeifen abgebildet. 
Bon einigen bderfelben füge ich verkleinerte Gopien bei. Es 
giebt mehrere Arten alter Pfeifen, Bei der einen Art, 
welche die altefte zu fein fcheint und die meiflend aus ge⸗ 
branntem Thon beſteht, ſtellt der Fegelförmige Kopf, oder 
ber Behälter, in den der Tabak eingefüllt wurbe, mit dem 
kurzen, bald geraden, bald gebogenem Rohr, durch das ber 
Rauch eingezogen wurde, nur ein Stud dar. Pfeifen der 
Art find abgebildet auf Tafel MI. Fig, 1. 2. 3. Eine zweite 
Art alter Pfeifen gleicht einer fchmalen, oben converen 
unten concaven Platte (Tafel II. Fig. 4). Auf der converen 
Fläche befindet fich der Kopf a. mit der Deffnung zum: Ein- 
fuͤllen des Tabaks. An dem vorderen Ende der Platte, 
welches in den Mund genommen wurde, erblidt man bie 


1) a. a, O. Vol. 1. p. 77. Antique Pipe. Pl. 8. 9. 10. 13. Vol. 2. p. 512. 
P. 69. 70. 





48 


Mündung eines Kanals b., durch welche der Rauch einge 
fogen wurde. Das andere Ende ber Platte e. bildet den 
Griff zum Halten der Pfeife. Der Kopf oder der Behälter 
flır den brennenden Tabak hat eine fehr verſchiedene Geſtalt, 
bald ftellt er einen Menfchen-Kopf dar, bald ein Thier. 
Tafel IN. Fig. 5. Zeigt eine Pfeife mit einem Menfchenkopf, 
deffen Ohren verlängert find. 
— — Fig. 6. Eine Pfeife aus rothem Porphyr- gebildet 
mit einer Kabenart. 
— — Fig. 7. Eine Pfeife mit einem Bieber. 
— — Fig. 8. Eine Pfeife mit einem Manati, welches Thier 
noch jett an den Küften Floridas vorfommt. 
— — Fig. 9. Das Thier diefer aus gebrannten Thon 
befiehenden Pfeife gleicht einem Raubvogel. 
— — Fig. 10, Das Thier der aus Porphyr gebildeten 
Pfeife flelt eine Reiherart dar. 
— — fig. 11. Auf diefer Pfeife erblidt man eine Kröte. 
Hieher gehört auch eine aus gebranntem Thon beftehende 
Pfeife, ‚welche dem Kopfe eines Sägetauchers gleicht (Tafel 
IL Figur 12). An ber Spike des Schnabeld befindet ſich 
bei a. die Mündung zum Einziehen des Rauchs, der Theil 
b. bildet den kurzen Griff, und unter c. ift die Höhle, in 
welcher der Tabak eingefült wurde. Diefe Pfeife fand mein 
Sohn Heinrich, der eine Beit lang Arzt im Städtchen Diron 
am Rock⸗River im Staate Illinois war, wo früher bie 
Winnepagoo Indianer ihr Jagd⸗Revier hatten, beim Oeffnen 
eines alten Grabhügels. Dasfelbe enthielt ein männliches 
und weibliche Gerippe und eine Fupferne Streitart, 
Eine dritte Art alter Pfeifen befteht aus einem Pfeifen- 
fopf mit einer Oeffnung, in melde ein hölzerne Rohr ein- 
gefegt wurde, 


49 


Zafel IV. Fig. 1. Zeigt einen Pfeifentopf in Geſtalt des 
Kopfs eines Weibs, deſſen Ohren verlaͤngert und durch⸗ 
bohrt ſind. Er iſt aus einem gelblichen Stein gebildet. 
Bei a. befindet ſich die Hoͤhle zur Einfuͤllung des Tabaks 
und bei b. die Oeffnung zum Einſetzen des Rohrs. 

— — Pig. 2. Dieſer ſehr roh aus grauem Sandſtein ge⸗ 
bildete Pfeifenkopf, eine knieende Figur darſtellend, wurde 
in einem alten Grabe gefunden. Er befindet ſich im 
naturhiſtoriſchen Muſeum zu New⸗York. 

— — Fig. 3. Auch dieſer Pfeifenkopf, eine reich verzierte 

knieende Figur darſtellend, beſteht aus Sandſtein. Er iſt 
6 Zoll lang und faſt eben ſo hoch. Er wurde in einem 
Grabhuͤgel am weſtlichen Ufer des Miami⸗River beim 
Dorfe Zippacanne im Staate Ohio entdedt. 

— — Fig. 4. Diefer Pfeifenkopf, aus gebranntem Thon 
gebildet, wurde in Virginien in der Nähe der Mündung 
bes Hocking⸗River gefunden. Er flellt den Kopf eines 
Weibs dar, mit einem Kopfpuß, welcher dem ähnelt 
den man oft an Mericanifchen Idolen und Skulpturen 
wahrnimmt. | 

— — Fig. 5. Ein Pfeifenkopf in Geftalt eines Mannskopfs. 

Daß dad Tabakrauchen in Norbamerifa ein febr alter 
unb weit verbreiteter Gebrauch ift, erhellet ferner daraus, daß 
es bei der Entdeckung der verfchiedenen Zander bei allen In⸗ 
dianer-Stämmen vorgefunden wurde. 


A) Aeltere Nachrichten der erſten Reifenden. 


1) Ueber den Zabaf und feinen Gebraud in Florida. 


Im Jahr 1512 entdedite der Portugiefe Juan Ponce 
de Leon !), der Columbus auf feiner zweiten Reiſe be» 
gleitet hatte, da8 Land Florida. Die dort wohnenden India⸗ 
ner waren dem Tabakrauchen fehr ergeben. Sie bedienten 
fi) aus gebranntem Thon verfertigter Gefäße, in die fle ein 
Rohr aus Schilf einfegten. Die Gefäße wurden mit den 
trodnen Blättern eines Krauts gefüllt, welches die Einge- 
bornen Upawoc nannten, Den Rauch der angezünbeten Blät- 
ter fogen fie mit großem Wohlgefallen ein, Man benupte 
den Tabaksrauch zugleich als Arzneimittel, indem man bie 
Kranken auf ein niederes Geftell legte, und unter das Antlitz 
ein Gefäß mit brennenden Tabakblättern ſetzte. Der einge 
athmete Rauch errege Schweiß und verurfache zuweilen Er- 
brechen. Der Euren der an der Oſtkuͤſte Amerika's fih aufs 
haltenden Indianer mittelfi des Feuers und des Rauchs hat 
auh Giovanni de Verazzano 2) in einem Brief an Koͤ⸗ 
nig Franz I. von Frankreich über feine im Jahr 1523 un» 
ternommene Reiſe gedacht. 

Sm Jahr 1564 beſuchte John Hawfins?) Florida, 


1) Florida in Herrera Dec. i. Lib. 9. Cap. 10. Auch in Ramusio 
T.3.p. 146. 

2) Prima Relazione de Giovanni: de Verazzano della Terra da lui 
scoperda, al Christianissimo Re di Francia Francesco Primo; in 
Ramusio Vioggi. Venetia 1606, unb in Haklayt Collection T. 3. 
p. 357. 

2) Voyage. Ebend. T. 3. p. 615. The Floridans when they travell, 
have a kind of herbe dried, who with a cane and an earthen cup 


61 


der gleichfalls berichtet, daß die Floridaner bei ihren Reifen 
ein Rohr mit einem irdenen Gefäß und ein trocknes Kraut 
bei fich führen, das ſie eifrig rauchen. Zugleich bemerkt er, 
daß ber eingezogene Rauch ben Hunger flille, fo daß bie 
Indianer mehrere Tage ohne Speife und Trank ausbauern 
könnten, In diefer Abſicht hätten denn auch die Sranzofen 
den Gebraud angenommen. Aehnliche Nachrichten hat Ken, 
de Laudonniere mitgeteilt, 


2) Ueber den Tabak in Pirginien. 


Nachdem die erfte englifhe Ausruͤſtung zur Gruͤndung 
einer Colonie in Norbamerifa, unter dem Befehl Sie Hum- 
phry Gilbert's, mißglüdt war, erhielt Sir Walter 
Raleigh von der Königin Elifabeth, bei der er hoch in 
Gunſt fland, die Erlaubniß Schiffe auszurüften, um Länder 
in der neuen Welt zu eutdeden.) Im Jahr 1584 rüflete 
er auf feine Koflen zwei Schiffe aus, welde er unter die 
Befehle von Philipp Amadas und Arthur Barlow ®) 
ſtellte. Diefe liefen in den Albemarle- und Pamtito⸗Sund 
ein, und gingen an der Infel Roanoak (unter bem 36. Sr. 
nördl, Br.) vor Anker, Sie entbedten das Land Wingan⸗ 
dacoa, wo fie mit der zahlreichen friedlichen und gaflfreien 
Bevölkerung vielfachen Verkehr hatten, Diefem Lande, welches 


in tke end, with fire, and the dried herhs put together, doe sncke 
thorow the cane the smoke there of, which smoke satisfeith their 
hunger, and therewich they live four or üve deys without meat 
or drink, and this all the Frenchmen used for this purpose. 

!) Hakluyt Collection. London 1810. 4. T. 3. p. 248. 

2) Voyage to the coast of Virginia in 1684; in Haklayt Collection. 
T. 3. p- 301. 

4* 


fie in Befig nahmen, ertheilten fie den Namen Virginien, 
zum bleibenden Andenfen des jungfraulichen Standes 1) der 
Königin Elifabeth, Im folgenden Jahre fendete Raleigh 
abermals fünf Schiffe unter dem Commando Sir Richard 
Granville’8 9) nad dem neu entdeckten Lande. Diefer legte 
auf_der Inſel Roanvak eine Colonie an, welche er unter 
den Befehl des Hauptmanns Nalph-Lane ftellte, den er 
mit Hundert fieben Mann zurüdließ. Unter diefen befand 
fih Raleighs ehemaliger Lehrer in der Mathematik, I ho- 
mas Hariot, ein wohl unterrichteter Mann, der feine Beo- 
bachtungen über das Land und deffen Bewohner dur ben 
Drud bekannt gemadt hat. 3) Er berichtet, daß daſelbſt ein 
Kraut wild wachfe, welches die Indianer Yppowoc nannten, 
und dem die Epanier in Weſtindien den Namen Tabaco bei⸗ 
gelegt hätten. Die Eingebornen fammelten und trodneten 
das Kraut, rieben es zu Pulver, und füllten damit aus ge- 
branntem Schon gefertigte Gefäße. Den Rauch des angezuͤn⸗ 
deten Krauts zogen fie in den Mund ein, Der Rauch reinige 
das Haupt von Überflüffigen Feuchtigkeiten, eröffne die Schweiß- 
(öcher und andere Gänge des Leibs. Deßhalb hätten die, welche 
den Rauch dieſes Krauts gebrauchten, Feine Verſtopfung zu 
beforgen, und die, welche daran leiden, wuͤrden in Eurzer Zeit 
davon befreit. Die Indianer hätten fidy daher einer fehr guten 


1) Oldy’s Life of Raleigh p. 58. 

2) Voyage to Virginia in 1685; in Hakluyt Collection. T. 3. p. 307. 

2) A brief and true report of the new found Virginia; in Haklayt 
Collection. .T. 3. p. 324. Wunberbarliche, doch wahrhaftige Er- 
Eärung von ber Gelegenheit und ben Sitten der Wilden in Vir⸗ 
ginien. Frankfurt am Mayn 1590 in Verlag von Dietrich Bry. 
Hol. ©. 15. Hariöt Admiranda narratio de commod. et incolis, 
ritibus. Virgin. lat. a. 1.1. A. Francofurti ad Moen. 1590. 8. 


Geſundheit zu erfreuen, und fie feien nicht folchen ſchweren 
Krankheiten unterworfen, wie die Bewahner Englands. Zus 
glei giebt er an, daß fie den Tabak als ein Geſchenk des 
Großen Geifted anfehen, welches ihnen zur Freude und zum 
Trofte gegeben ſei, und daß fie ihn für. das würdigfle Opfer 
halten, welches man dem Großen Geifle und dem Herrn des 
Lebens darbringen koͤnne. Ja, fie fanden in der Meinung, 
daß fich der Große Geiſt felbfi, fowie alle guten Geiſter mit 
Tabakrauchen belufligen. Zuweilen zündeten die Indianer 
auch Feuer an, und warfen Tabak als Opfer darauf, Be⸗ 
fanden fie fi) auf dem Meer und ed erhob fich ein Unge- 
gewitter, fo freuten fie Zabat- Pulver in die Luft und auf 
das Wafler, um den Großen Geift zu befänftigen. Diefen 
Gebrauch beobachteten fie auch, wenn fie einer großen Gefahr 
entgangen waren. Mit wunberlihen Geberden warfen fie 
das Pulver in die Luft, flampften die Erde mit den Füßen, 
fhlugen die Hände zufammen und erhoben fie zum Himmel, 
feltfame und fromme Worte redend, 

Hariot fügt ferner noch bei: Da wir im Lande waren, 
haben wir das Kraut felbit nach Art der Indianer geraudt, 
fo auch bei unferer Ruͤckkunft nach England, und haben da- 
von mancherlei gute Wirkungen verfpürt, 

Im Sahr 1607 lief der Gapitän John Smith!) mit 
Schiffen, welche eine Handeld-Gefellfchaft in London ausge⸗ 
rüftet hatte, in die Sheafapeal-Bai und den James-Fluß ein. 
Bei allen an den Küften wohnenden Indianers-Stämmen war 
das Zabafrauchen üblich. Die Powhatan- und Susquehannah- 
Indianer empfingen den Gapitän und feine Mannfchaft fehr 


ı) Hillard Life of Smith; in Spark’s American Biography. Vol: 2. 
p. 209. 


54 


gaftfreundlih, und ſetzten ihnen auf .außgebreiteten Matten 
Maisbrod und andere Epeifen vor, Nach ver Mahlzeit wurde 
aus fchön verzierten Pfeifen geraucht. Auch erhielt er von 
ben Indianern Pelzwerk, verfchiedene Waffen und Tabak 
pfeifen zum Gefchent, Da Smith fpäter in die Gefangen- 
fchäft eines feindlichen Indianer- Stammes gerathen war und 
zum Tode verurtheilt wurde, war es Pocahonta, bie ſchoͤne 
Tochter des Caziken der Powhatans, die ihn durch ihren 
Edelmuth vom Tode rettete, umd mit der er fich fpäter ver- 
mählte. Ä 

Des Tabakrauchens in Virginien hat auch der Gapitän 
Newport gedacht, welcher im Jahr 1607 die neugegrimdete 
Stadt Jacobus befuchte. Im Jahr 1608 entdeckte der Capi⸗ 
tan Hudſon !) den großen Strom, der nad ihm benannt 
worben ifl, Alle Indianer, mit denen er verkehrte, fah er 
Zabaf rauchen. 


3) Erfte Nachrichten über den Tabaf in Canada 
und in den Ländern an den Sanadifhen Seen. 


Sm Jahr 1535 lief der franzöfifche Capitaͤn Jacques 
Gartier ?2), nachdem er das von Caboto entdedte Neus 
fundland befucht hatte, in den St, Lorenz Fluß ein. Bon 
den Indianern Canadas wurde er fehr freundlich aufgenommen 
und mit fchönem Pelzwerk befchentt. Der Gapitän berichtet, 


1) Purchas. P. 3. p. 561. 

2) Brief recit et succincte narration de la navigation faite dans les 
yles de Canada, Hochalaga et Saguenay et autres. Faris 1545. 8. 
‘ Discours d’un Voyage fait aux Terres neuves de Canada ou 
nouvelle France. Rouen 1598. Chap. 10. 


es wachſe in diefem Lande ein Kraut, welches die Bewohner 
fehr hochichätten, und von dem fie während des Sommers 
große Vorräthe einfammelten. &ie trodneten es in ber Sonne 
und bemahrien ed in Beuteln von Xhierfellen. Das zu 
Yulver geriebene Kraut werde in Gefäße von Stein oder 
Holz gefuͤllt und angezuͤndet. Den Rauch zögen die Indianer 
durch em Rohr in den Mund ein, und bliefen ihn bann 
durch die Nafe und den Mund, wie aus einem Schornfteine 
aus, Der Rauch, behaupteten fie, erhalte fie warm und 
gefund. Das Nauchen war jedoch nur bei den Männern 
gebräuchlich, den Frauen aber fireng verboten. Cartier fügt 
noch bei, wir haben das Rauchen felbft verfucht, es verur⸗ 
facht im Munde ein brennendes Gefühl und fehmedt wie 
Dfeffer. 

Der Gapitan vergalt den friedlichen Indianern bie erwieſene 
GSaflfreundfchaft durch ein großes Bubenftüd, indem er fi 
des erſten Haͤuptlings Donhaconna und einiger Indianer 
bemächtigte, und fie mit fih nad Frankreich nahm, um fie 
dem König und dem Hof als eine große Merkwürdigfeit 
vorzuftellen. Alle diefe Unglüdlichen flarben zu Paris am 
Heimweh. 

Das in Canada gefundene fchöne Pelzwerk erweckte bei 
der franzöfifchen Regierung den Plan, in diefem Rande Nieder 
laßungen zur Betreibung des Pelzhandels zu gründen. Die 
erften unter Franz I. und Heinrich IN. gemachten Vers 
ſuche mißgluͤckten. Heinrich IV richtete darauf wieder bie 
Aufmerffamfeit, als die Ruhe in Frankreich nach langjährigen 
Bürgerkriegen hergeftelt war. Im Bahr 1598 ließ der 
König mehrere Schiffe ausrüften, die er unter das Commando 
de la Roch e's, melden er zum Lieutenant general von Canada 
oder Neu- Frankreich, Neufundland und Labrador ernannt 





— — — 





hatte. Diefer Erpebition fchloffen fi viele Handelsleute 
und Abenteurer an, um reiche Länder zu entdeden, neue 
Handelsquellen zu eröffnen und in der neuen Welt ihr Glüd 
zu fuchen. Chauvin aus Rouen und Pontgrave aus St. 
Malo gründeten die erfle Niederlaßung zur Betreibung des 
Pelzhandels in Tadousſack an der Einmündung des Saguenay 
in den St. Lorenz Strom, die aber feinen guten Fortgang 
hatte, Glüclicher in. feinen Unternehmungen war ber thätige 
Shamplain D, der im Jahr 1608 den Grund zur Stadt 
Quebek legte, welche bald der Hauptſitz des fo gemwinnreichen 
Pelzhandels wurde. Er unternahm ferner Reiſen in das 
Innere bed Lands, und entdeckte den Landſee, der noch jetzt 
ſeinen Namen fuͤhrt. Bei ſeiner Fahrt auf dem Lorenz⸗ 
Strom gelangte er zum See Ontario, entdeckte den maje⸗ 
ſtaͤtiſchen Fall des Niagara und beſuchte zuerſt den See Erie. 

Canada war damals ſehr bevoͤlkert, und von zahlreichen 
und tapferen Indianer = Stämmen bewohnt, die vorzuͤglich 
von der Jagd und dem Filchfang lebten. Champlain hatte 
vielfachen Verkehr mit der Nation der Algonquind, Huronen 
und Irokeſen, von benen er. fchöned Pelzwerf gegen Glad- 
perlen, eiferne Geräthfchaften und Europäifche Waaren ein- 
taufchte. Die Algonquins, das mächtigfte, tapferfte und cul⸗ 
tiviertefte jener Wölfen, bewohnte das große Gebiet an dem 
nördlichen Ufer des S. Lorenz⸗Stroms oberhalb der Trois 
Rivieres. Die Rohnfige ber Huronen erfirediten ſich von 
ber Algonquin= Gränze längft den Ufern des großen Ottawa 
Flußes bis zum See Huron, Die Irokeſen endlich hatten 
ihre Jagd-Reviere an dem üblichen Ufer des St, Lorenz 


) Voyages en la nouvelle France occidentale, dite Canada, dans 
les anndes depuis Yan 1603, jusqu’a la fin 1618. Paris 1627. 8. 


87 


Fluffes und am See Champlain bi8 zum weftlihen Ende 
ded Sees Ontario. Sie führten aud den Namen der fünf 
Nationen, der Mohawks, Oneidas, Onondagoas, Cayagas 
und Senekas, zwifchen denen ein Bündniß befland, Alle 
jene Indianer waren dem Tabakrauchen fehr ergeben. Eie 
führten Tabak» Pfeifen, welche aus irbenen ober fleinernen 
Köpfen und langen hölzernen, ſchoͤn verzierien Rohren bes 
flanden, Tabak wurde auch viel gebaut, namentlich auf der 
großen, im Lorenz Fluß liegenden, fruchtbaren Infel Orleans, 
und er war für alle aus den nörblihen Gegenden Canadas 
kommenden Indianer einer der gefuchteflen Handelsartikel. 

Im Sahr 1645, da der Gouverneur von Canada, ber 
Dealthefer Ritter Montmagny, mit ben Indianer Stämmen 
der Algonquind, Montagnez, Huronen und Srofefen einen 
Friedens- und Handeld-Zractat abfchloß, wurde er zuerfi 
mit der Friedens Pfeife oder dem Galumet befannt !). In 
der Mitte der großen Verſammlung hatten die Indianer eine 
reich verzierte große Tabak» Pfeife aufgepflanzt, um welche 
die Häuptlinge im Kreife auf Matten faßen. Nach der 
Abfchließung des Vertrags rauchten fie aus ihr mit dem 
Gouverneur, zum Zeichen der Belräftigung des Zractatd und 
ihrer frieblihen Gefinnungen. 

Der Pelzhandel in Canada erlangte mit jedem Jahr 
eine größere Ausdehnung, und ed bildete fih im Jahr 
1660 zu Rouen, unter der Leitung des Marquis de la 
Shatte, die erfte große Handels » Gefellfchaft zur Betrei⸗ 
bung diefes fehr vortheilhaften Handels, Die Zahl der auß- 
gerüfteten Schiffe und der in Canada ihr Gluͤck fuchenden 


Y) Charlevoix Histoire et Description generale de la Nouvelle 
France. Paris 1744. T. 1. p. 410. 





58 


Handelsleute und Abenteurer, großentheild Menſchen der 
verworfenften Art, nahm immer mehr zu. Es entfiand 
eine eigene Klaße roher, und verwegener bemwaffneter Leute, 
welche als Jäger und Handlungsdiener im Dienfte der Pelz- 
Compagnie die nördlihen Lander Amerikas durchflreiften, 
und von⸗den Indianern gegen Tabak, Branntwein, Flinten 
und Scießbedarf, fowie gegen Europäifche Waaren und allerlei 
unnuͤtzen Zand, Pelzwerk eintaufchten. Diefe Fühnen Aben- 
teurer unter dem Namen, Coureurs des bois befannt, führen 
noch jest ein fehr zlıgellofes Leben. Während ihres Aufenthalts 
unter den Indianern leben fie mit Indianer» Mädchen in 
wilder Ehe, maßen fih das Recht an, überall zu jagen 
und zu fiſchen, und fuchen auf alle Weife die Eingebornen 
im Handel zu übervortheilen und zu betrügen, indem fie die- 
felben beraufchen und unerhörte Grauſamkeiten und Schand⸗ 
thaten begehen. 

Bei der Gründung jener Handels» Gefenfchaft Famen 
fromme Leute auf den fonderbaren Einfall, mit dem Pelz 
handel die Einführung des Chriſtenthums unter den Wilden 
Nordamerikas zu verbinden. Es entftanden mehrere Miffiond« 
Sefenfchaften, und eifrige Franziskaner Mönche und Jeſuiten 
fchloßen fich den Ausrüftungen der Handeldleute an, um Mif- 
fionen zu gründen und die Indianer zu befehren, Die Bemü- 
hungen der Pelzhändler und Bufchläufer waren indeß, wie 
begreiflih, von einem glüdlicheren Erfolg gekrönt, ald bie 
jener Slaubendeiferer; denn die rohen finnlihen Indianer 
fanden an dem eingeführten Branntwein, ober Feuerwaßer, 
wie fie ihn nannten, größeres Wohlgefallen, als an der chrifl« 
lihen Lehre, die fie nicht zu faßen im Stande waren. 

Durch den Umgang mit den Auswürflingen Frankreichs 
und manchen rohen Ordensbruͤdern, die durch ihren Lebens⸗ 


wandel nicht immer ein guted Beifpiel gaben, wurbe ber 
erfte Grund zu dem phyſiſchen und moralifhen Verderben 
der Bewohner Canadas und der übrigen Indianer Voͤlker 
Nordamerikas gelegt. 

Viele einft fehr volkreiche Stämme der Indianer Canadas 
find längft untergegangen, und faum noch dem Namen nad) 
befannt, Cie wurden das Opfer des unmäßigen Genußes 
bes Branntweins, der von den Europäern eingefchleppten 
Poden und der eingeführten Feuergewehre. Den nachtheiligen 
Einfluß des Branntweins hat der wadere Pater Char 
levoir I) bereits vor mehr als hundert Jahren gefchildert. 
Er meint, daß fhon damals kaum noch der zwanzigfie Zheil 
der früheren Bevoͤlkerung Canadas übrig war. 

Naͤchſt dem Branntwein haben die Poden große Ver⸗ 
heerungen unter den Indianern angerichtet, welche für bie 
Voͤlker mit rother Haut eine viel gefährlichere Krankheit jind, 
als für die Voͤlker mit weißer Haut, Nah Zoribio de 
Benevente wurden fie zuerfi im Jahr 1520 durch einen 
Neger- Sklaven des Narvaez in Merico eingefchleppt, wo 
fie in mandyen Provinzen die Hälfte der Bevdlferung weg- 
rafften. Aehnliche Verheerungen haben fie wiederholt in allen 
Ländern Nord» und Suͤd⸗Amerikas angerichtet, und jeder 


Y) Journal historique d’un Voyage dans l’Amerique en 1721. Paris 
1744.T.6.p.3. L’eau de vie, que les Europeens leur ont porte, pour 
laquelle les Sauvages de Canada ont une fureur, qui passe tout 
ce qu’on peut dire, et qu’ils ne boivent que pour s’enyvrer, a 
acheve de les perdre, et n’a pas peu contribud au deperisse- 
ment de toutes ces Nations, qui se trouvent aujourd’hui reduites 
ä moins:que la vingtieme partie de ce qu’elles etoient ily a cent 
cingquante ans. Si cela continue, on les verra disparoitre entie- 
rement. 


Indianer Stamm, der mit Europäern in Berührung gelommen, 
ift von der fürchterlichen Krankheit heimgefucht worden. Bon 
den Werwüflungen, welche die Poden unter den Indianern 
bis zur neueften Zeit angerichtet haben, kann man fich in 
der civilifirten Welt kaum eine Vorſtellung machen, Im 
Sahr 1780 brach eine Poden= Epidemie unter den Indianern 
in den nördlichen andern aus, welche ganze Familien und 
zahlreiche Stämme mit großer Schnelligkeit wegraffte. Viele 
Indianer gaben fich felbfi den Tod, um den Leiden ber 
Krankheit zu entgehen. Die Hütten und Zelte waren mit 
Leichnamen angefüllt, welche Wölfe und Raubthiere mit 
großer Gefräßigkeit verzehrten, und die Hunde flillten ihren 
Hunger mit den Körpern ihrer eignen Herrn. In den Sahren 
1829 bis 1836 herrfchten verheerende Blätter-Eypidemien unter 
den Indianern in den Rody Mountains und am Columbia- 
Fluß, wodurch fieben Achtel der Bevoͤlkerung getödtet wurden. 
Im Jahr 1838 wurden,die Poden, wie der Maler Catlin 
berichtet, durch ein von St, Louis kommendes Dampfboot 
der Amerikanifhen Pelz» Compagnie, bei einem Stamme der 
Mandan Indianer am oberen Miſſouri eingefchleppt. Binnen 
" zwei Monaten wurde die ganze Bevölkerung, mit Ausnahme 
von 30 bis 40 Perfonen, aufgerieben. 

Zur Verminderung der Bevölkerung Nordamerikas haben 
auch die beftändigen Kämpfe der Indianer» Stämme unter 
fich fehr vieles beigetragen, fo wie die Kriege zwifchen Eng— 
land und Franfreich, in denen fie Dienftle nahmen. And fo 
fol die Zahl der Urbewohner Nordamerikas, welche zur Zeit 
der erften Anfieblungen der Europäer anf mehr ald 14 Mil- 
lionen gefhäagt wurde, jeßt Faum noch 4 — 500,000 betragen. 

Durch den Umgang mit den eingewanderten Europäern 
haben die Indianer, diefe einfachen Naturkinder, unläugbar 


61 


auch viele ihrer urfprünglichen guten und rühmlichen Eigen» 
ſchaften verloren, und die Summe ihrer Unfittlichfeiten und 
Lafter iſt dadurch gar fehr vermehrt worden, Solches ver- 
fihert der wadere Hedewelder !), der dreißig Jahre als 
Svangelifher Mißionaͤr unter den Indianern lebte, und ihre 
Gemüthsart, Sitten und Gebräuche treu gefchildert hat, 
wie fie waren, ehe fie durch den Verkehr mit den weißen 
Eindringlingen und durdy deren Lafler verborben wurden, 
Zugleich fügt er, gleich Charlevoir, die traurige Voraus 
fagung bei, daß bie Urvoͤlker Nord⸗Amerikas wahrfcheinlic 
bald von der Erde verſchwunden fein werben, und daß man 
von ihnen wohl nichts mehr audfagen werde, als daß fie 
Wilde und Barbaren waren, Wahrhaft beflagensmertl) ift 
der bereits erfolgte Untergang und die ganzlihe Vertilgung 
fo vieler Wölkerfchaften eines großen Welttheild, deren Namen 
man kaum noch zu nennen weiß, noch ehe die Materialien 
zu ihrer Geſchichte gefammelt find. Nur der von jenen 
Bölfern angenommene Gebrauh ded Tabakrauchens wird 
einigermaßen ihr Andenken bei der Nachwelt erhalten. 

Für die in Amerika eingewanderten civilifirten Europäer, 
die fich Chriften nannten, wird es ſtets ein gerechter Vor⸗ 
wurf bleiben, daß fie vorzüglich nur auf die Intereſſen des 
Handeld und der Anfiedelung bedacht waren, und fich fo 
wenig bemüht haben, bei den ingebornen eine fociale 
Orbnung einzuführen, und unter ihnen Einrichtungen und 
Künfte zu verbreiten, melde zum Gluͤck und zur Wohlfahrt 


1) Nachricht von ber Gefchichte, den Sitten und Gebräuden ber 
Sndianifchen Voͤlkerſchaften, welche damals Penfplvanien und die 
benachbarten Staaten bewohnten; aus dem Englifchen uberſett. 
Goͤttingen 1821. ©. 8. 


derer beigetragen haben würden, denen fie dur Lift und 
mit Gewalt der Waffen den eigenen Grund und Boden, 
und die Freiheit geraubt haben. Die fo oft von den Unter⸗ 
druͤckern ausgefprochene Behauptung, die Indianer Nord⸗ 
amerifas feien aller Gultur und jedes Fortfchrittö in ber 
Civiliſation unfähig, hat fi längft als irrig erwiefen, unb 
iſt durch die Ergebniffe der Bemühungen verfiändiger und 
waderes Mißionäre, eines Loskiel's, Hedemwelder’s u.a. 
fattfam widerlegt worden, welchen es geglüdt if, Indianer- 
Stämme zum Chriſtenthum, zur Gefittung und zum Land⸗ 
bau gebraht zu haben, 


4) Aeltere Nachrihten über den Tabak bei den 
Indianern im Inneren Nordamerikas. 


Dem merkantilifchen Eifer der Franzoſen, und den erften 
Gründern von Niederlaffungen in Ganada, hat die Erb- und 
Voͤlkerkunde doch auch große Fortfchritte und wichtige Ents 
dedungen auf dem neuen Gontinente zu verdanken, welde 
die den Eingebornen zugeflgten ſchweren Unbilde einiger 
maßen vergeffen laſſen. Handelsleute in Quebek erhielten 
von Indianern, die aus entfernten Ländern Pelzmerf brachten, 
die erfie Nachricht, daß fi im Inneren des Landes, jenfeits 
der Canadiſchen Seen, ein großer Strom befinde, ber nad 
Süden fließe, Einige nannten ihn Namaeji Sipu, oder 
ben großen Fifch-Fluß, andere Mechesfippi oder Miffisfippi. 

Diefe Nachricht bewog den damaligen Gouverneur de 
Frontenac, eine Erpedition auszurüften, um jenen Strom 
aufzufuchen, Sie beftand aus Joliet, einem unternehmenden 


Kaufmann von Quebek, und dem Pater Marauette ?), 
der bereitd als Mißionar große Reifen gemacht hatte, und 
der Sprachen der an den Ganadifchen- Seen wohnenden 
Indianer Fundig war, Im Jahr 1672 fuhren fie mit 
mehreren Indianern den Et. Lorenz- Strom herauf, und 
überfchritten die Seen Ontario, Erie, Huron und Michigan, 
Im folgenden Jahr begaben fie ſich von letzterem Eee zu 
dem Fluße Dutagami oder dem Riviere des Renards und 
gelangten auf dem Fluße Luisconfin in den Wiffisfippi. Dem 
Laufe dieſes mächtigen Stroms folgend, enidedten fie den 
Ohio, und Famen bis zur Einmündung des Arkanſas. Hierauf 
fuhren fie dem Miffisfippi wieder hinauf, und Fehrten auf 
dem Fluße Illinois und über die Seen nach Canada zuruͤck. 
Auf diefer langen und gefahrvollen Reiſe kamen fie in viel« 
fahen Verkehr mit den zahlreihen, an jenen Seen und 
Flüßen fi auflaltenden Indianer» Stämmen, den Winnes 
bagos, Otchagras, Pottowatomied, Illinois, Miamis, Outtaua⸗ 
gamies, Siour, Foxres, Salis, Tſchippewaͤhs u. a. Bei 
allen diefen Voͤlkern war das Zabafrauchen allgemein im 
Gebrauh. Die Höuptlinge kamen den Meifenden mit der 
Friebenspfeife oder dem Calumet entgegen, welches aus einem 
großen polierten Pfeifenkopf von rothem Stein, und langen, 
mit fchönen Federn verziertem Rohr beftand. Stets erhoben 
fie dad Galumet bei feinem Gebrauch zuerfi mit beiden Hän« 
den gegen die Sonne, bließen dann die erflen Büge bes 
Rauchs gegen biefelbe, und hierauf überreichten fie es den 
Fremden zum Rauchen. Marquette gedenkt auch des 


1) Decouverte de quelques Pays et Nations de PAmérique septen- 
trionnle; in Thevenot Recueil des Voyager. Paris 1687. 4. 








64 


Calumet⸗Tanzes, der bei feierlihen und wichtigen Gelegen- 
heiten, ‘bei der Ankunft einer Gefandtfchaft, nach Friedens⸗ 
fhlüffen und vor Anfang eined Kriegs aufgeführt wurde, 
Dieß geichah im Sommer unter freiem Himmel, im Winter 
in einer großen Hütte Bei der Aufführung des Tanzes 
trat der oberſte Häuptling, die Friedens» Pfeife tragend, in 
die Mitte des verfammelten Volks, und reichte fie unter dem 
Gefange der Männer und Frauen der Sonne dar, dann 
bewegte er fie gegen die Erde nach den verfchiedenen Himmeld- 
Gegenden, und gegen die verfammelten Chefs, Nachdem 
das Calumet angezündet war, wurde ſtets der Rauch zuerft 
gegen die Sonne und bie vier Weltgegenden geblafen, Dem 
Pater Marquette fiel zuerfi die Aehnlichkeit der Friedens⸗ 
pfeife mit dem Merkurflab der Griechen auf, der gleichfalls 
ein geheiligtes Symbol der Gefandtichaften und des Friedens 
war, Er erinnerte ferner, daß die Träger deffelben Priefter 
und Wahrfager waren, die ben Namen der Seuerträger 
(rvoopooos) hatten, weil fie einen Altar mit heiligem Feuer 
mit fich führten. Außerdem fügte er noch die Bemerkung 
bei, daß das Tabakrauchen als ein der Sonne gebrachtes 
Opfer angefehen werden müfle, und daß der Pfeifenkopf 
einem Opferaltar zu vergleichen fei. Auch gab er an, daß 
die Indianer ber Eonne ein Calumet darreichten, wenn fie 
diefelbe um gutes Wetter oder Regen baten. Endlich 
erzählt er, daß die Illinois Indianer den Keifenden 
eine Sriedenspfeife zum Geſchenk machten, um fich berfelben 
zum Schub und zum ficheren Geleite auf der Reife zu 
bedienen. 

Im Jahr 1679 wurde eine abermalige Reife über bie 
Ganadifhen Seen und auf dem Fluße Illinois nad) dem 
Mifiisfippi von dem Chevalier de la Salle und dem 


Franziskaner Mönh Hennepin!) unternommen. Sener 
gelangte, dem Laufe des Miffiefippi folgend, bis zum Golf 
von Merico, und nahm das Land an demfelben unter dem 
Namen Louifiana für Frankreich in Beſitz. Lebterer dagegen 
fuhr den Strom aufwärts, und entdedte unter dem 46ten 
Grad nördlicher Breite die Fälle des oberen Miffisfippi, denen 
er, dem heiligen Antonius von Padua zu Ehren, den Namen 
der St. AntondsFälle beilegte, welchen fie noch jest führen, Er 
feßte feine Reife bis zum Fluß Sand Franciscus fort, und 
gerieth in die Gefangenfchaft der dort lebenden Indianer⸗ 
Stämme der Ifjatid und Nadoueſſioux, der heutigen Siour 
oder Dacotad, Nach längerem Aufenthalt glüdte es ihm 
zu entfliehen, und er Eehrte nach einer hoͤchſt befchwerlichen 
Keife im Jahr 1683 nach Canada zurüd. | 
Hennepin hatte während feiner Tangen und gefahrvollen 
Reife und Sefangenfchaft vielfady Gelegenheit, ſich mit ber 
Lebensweife, den Sitten und Gebräuden der an den cana⸗ 
difhen Seen und dem oberen Miffisfippi wohnenden Indianer 
Stämmen befannt zu machen. Alle waren dem Tabakrauchen 
leidenfchaftlih ergeben und bei allen war die Friedend-Pfeife 
im Gebrauch, von der er eine genaue Beichreibung und Ab- 
bildung gegeben hat. 2) Der aus einem geglätteten rothen; 
weißen oder fchwarzen Stein gefertigte Pfeifentopf hatte die 
Form eined Hammerd und das lange platte Rohr war mit 
fhönen Federn und den Geflechten von Frauenhaar verziert. 
An ihm waren meiftend zwei Flügel befefligt, fo baß es einige 
Achnlichkeit mit dem Merkur-Stabe der Griechen hatte. Won 


1) Nouvelle Decouverte d’un tr&s grand pays situ& dans I’Amerique. 
Utrec 1697. 
2) a, a. DO. p. 149. Chap. 24. Description du Calumet avec figure. 
5 


Hennepin d) erfahren wir ebenfalls, daß die Indianer die 
Sonne verehrten, In der nach ihrer Meinung der Große Geift, 
der Herr des Lebens wohnt, und daß das Tabakrauchen un⸗ 
laͤugbar ein der Eonne und dem großen Geifte gebrachtes 
Opfer ſei. Mit diefer Vorftellung fleht im Zufammenhange, 
daß ſich alle Indianer des Calumets als eines heiligen Werk⸗ 
zeugs und als eines Symbols des Friedens bei Gefandtfchaften 
bedienten, und daß der Glaube allgemein berrfchend war, 
die Beleidigung oder Verletzung eines Botfchafters, melcher 
ein Calumet trägt, werde einer Nation großes Unglüd zu- 
ziehen. Ferner fügt Hennepin bei, daß dad ragen eines 
Salumets die größte Sicherheit gemähre, er felbft habe auf 
feinen Reifen mehrmals Gefahr gelaufen ermordet zu werben, 
wenn er nit eine von den am See Michigan wohnenden 
Pottamatomied zum Geſchenk erhaltene Friedens» Pfeife vor- 
gezeigt hätte. Das Galumet fpielte ferner als ein heiliges 
Werkzeug bei allen Unternehmungen im Frieden und Krieg 
eine wichtige Rolle. Beim Abfchließen eined Friedend oder 
Vertrags rauchten die Häuptlinge ausgefuchten Tabak aus 
dem Galumet, und fie riefeh den Großen Beift zum Zeugen 
der Aufrichtigfeit ihrer Gefinnungen auf, Stets wurde das 
angezüundete Galumet zuerft gegen die Sonne erhoben, wohin 
dann Alle ihre Blicke richteten. Gegen die Eonne wurden 
auch die erften Zuͤge des Rauchs geblafen. Als ein Beweis, 
daß die Indianer die Sonne verehrten, führt Hennepin 
nody an, daß die Häuptlinge nach einer Jagd ſtets die beften 
Stüde des erlegten Wild der Sonne zum Opfer brachten, 
Ausführliche Nachrichten Uber den Tabak und feinen Ge- 
brauch bei den Indianern Nordamerika's hat ferner der Je⸗ 


) a. a. O. p. 302. 


67 


fuiten-Pater Charlevoir !) mitgetheilt, der zu Anfang des 
vorigen Jahrhunderts Miffionäar in Canada war und große 
Reifen unternommen hat. Alle IndianerStamme Canada's 
waren dem Tabakrauchen fehr ergeben und fie benußen, wie 
er fagt, eine Art Petum, welches häufig im Lande wuchs. 
Er wiberlegte zuerſt die von früheren Reifenden, Brebeuf,?) 
Biard ?) u, a. gegebene Nachricht, daß fich die Canadier 
vom Tabakrauche nähren. Diefe irrige Meinung ftlige ſich 
darauf, baß fie beim Rauchen. lange Zeit der Speifen ent« 
behren koͤnnten. Der Tabak wurde offenbar von den India- 
nern als ein heiliged Kraut angefehen, deffen Rauch dem in 
der Sonne wohnenden Großen Geifle, oder dem Heren des 
Lebens, dem Manito, zum Opfer gebracht werde, Auch 
opfere man ihn anderen guten oder böfen Geiftern, indem 
man Tabak in Flüffe und Seee werfe, an Wafferfälle und 
große Felſen nieberlege, mo fich folche Geiſter aufhalten ſollen. 
Die Friedens⸗Pfeife fand Charlevoir 9) bei allen Indianern 
der füdlichen und oͤſtlichen Känder, weniger allgemein bei benen 
der nördlichen und wefllihen Ränder, Es fei eine große Ta⸗ 
bak-Pfeife, deren Kopf aus einer Art rothen Marmord ver- 
fertigt werde, der ſich am oberen Miffisfippi im Lande der 
Siour finde, und fich leicht bearbeiten lafle. Das lange Rohr 
beſtehe aus einem leichten Holze, dad mit verfchiedenen Far⸗ 
ben bemalt und mit den Federn und Schnäbeln fchöner Vögel 
reich verziert fe. Das Calumet fei ein heilige Werkzeug, 
deffen man fich ſtets beim Abfchluß eines Friedens und aller 


1) Journal historique d’un Voyage en Amerique. Paris 1721. T.6.p. 48. 
3) Relation de Canada de l’an 1686. P. 2. Ch. 5. 
2) Relation de la nouvelle France. Chap. 7. 
) a0. O. T.5.p. 310. 
5* 





fonftigen Verträge bediene, die dadurch erſt fanctionirt wuͤrden. 
Indem man den Rauch gegen die Sonne blafe, würde der 
Große Geift als Zeuge für die Aufrichtigfeit und Gültigkeit 
der abgefihlofienen Werträge angerufen. Allgemein fei unter 
den Indianern der Glaube verbreitet, daß der Große Geift 
den Bruch eines Vertrags nicht unbeftraft laſſe. Charlevoir 
bemerkt noch gegen Lafiteau, !) daß dad Calumet zwar 
einige Achnlichfeit mit dem Merkurftab der Griechen habe, 
daß aber deffen Meinung, als hätten es die Indianer von. 
den Griechen entlehnt, ganz irrig fei, indem er in den Sagen 
der Indianer auch nichts gefunden habe, was nur entfernt 
auf eine Bekanntſchaft derfelben mit der griechifhen Mytho⸗ 
logie hinweife, 

Charlevoir 2) befchreibt endlid den Calumet⸗Tanz, den 
er am See Michigan von der Nation der Sakis und Otcha⸗ 
gras aufführen fah. Er fei ein Eriegerifches Feſt, wobei die 
Indianer vor dem Auszug in einen Kampf um ein auf einem 
erhöhten Ort aufgepflanztes Galumet, mit den Waffen in 
Haͤnden tanzen, Ahr Antlig fei dann mit verfchiedenen Farben 
bemalt, und ihr Kopf mit Federn verziert. Beim Schall der 
Trommeln und dem Geraffel mit Kiefeln gefüllter Kürbiffe, 
Chichifoues, flimmten fie den Kriegs⸗Geſang an. Ein ahn« 
licher Tanz habe ftatt beim Schließen eines Bundes gegen 
einen gemeinfamen Feind und beim Abfchluß eines Friedens, 
dabei fei das Rohr des Calumets mit der Figur einer Schlange 
geziert. Die Häuptlinge befchenkten ſich alsdann mechfelfeitig 
mit Galumets, Gürteln von Wimpum, und Häuten von 


!) Moeurs des Sauvages Ameriquins compares aux moeurs des 
premiers tems. Paris 1723, 
2) a. a. O. T.5.p. 437. 


Hirfchen und Elennthieren, welche mit allerlei Figuren und 
Hieroginphen bemalt waren. 


5) Nachrichten über den Gebrauch des Tabaks bei 
den Indianern an der Hubfondbai und an der 
Nordoftfüfte Amerikas, 


Im Jahr 1668 drang der englifhe Gapitin Gillam in 
die Hudfond- und James-Bai ein, und nahm das Land für 
England in Beſitz. An den Ufern des Fluſſes Miftifinni 
gründete er eine Niederlaffung und errichtete das Fort Charles, 
Schon im folgenden Jahr bildeten mehrere Kaufleute in 
London, durd den Gewinn bed franzöfifhen Pelzhandels in 
Sanada angefpornt, eine Handels⸗Geſellſchaft, welche vom 
König Carl dem Zweiten bas Privilegium erhielt, in allen 
an ber Hudfons⸗Bai gelegenen Ländern Handel zu treiben 
und Saftoreien anzulegen. So entftanden bald mehrere Forts 
und Nieberlaffungen, am Churdill- Fluß das Fort Prinz 
Wales, am Nelfon- Fluß das Fort York, am Albany» Fluß 
Henley Hauß, und an der Küfte von Labrador, in dem fo- 
genannten Eaſt Main, die Forts Ruppert und Richmond, 
Die Kaufleute hatten bie menfchenfreunblicyhe Abficht, gleich 
der Handeld-Gefellihaft zu Rouen, unter den Indianern 
jener unwirthbaren Länder das Chriftenthum einzuführen. 
Bei dem herumirrenden Leben der von der Jagd und dem 
Fiſchfang ſich nährenden Einwohner, die Feine fellen Wohn» 
pläge hatten, waren diefe Bemühungen, wie begreiflich, ganz 
fruchtlos, Der Umgang mit den meilt fehr rohen, aus Aben- 
teureren beftehenden Pelzhändlern, Fallenſtellern (trappers), 
auch Rangers of the wood und Freemen genannt, welche 


70 


ein fehr zuͤgelloſes Leben führten, gereichte den armen In⸗ 
dianern auch hier, wie in Canada, zum großen Werberben. 
Bei allen an der Hudfonsbai, in Neu Nord» und Neu 
Suͤd⸗Wales ſich aufhaltenden Indianer-Stämmen, welche bie 
Algonquin⸗Sprache reden, den Metaflind, Monfonis und Gni- 
ftenaur, fand man das Tabakrauchen im Gebrauch. Charle- 
voir, ber fid) zu Anfang des verfloffenen Sahrhunberts eine 
Zeit Iang an den Flüffen Bourbon und Sainte Therefe auf- 
hielt, fand, daß die dort lebenden Indianer auch gleich den 
Huronen die Eonne verehrten.) Bei der Berathung eines 
wichtigen Gegenftandes verfammelten fidh die Anführer in der 
Hütte des erſten Häuptlings- beim Rathsfeuer. Diefer ergriff 
ein Galumet, fühlte ed mit Tabak, den er anzuͤndete, und er- 
hob es dreimal gegen die Sonne. Dann bewegte er es mit 
beiden Händen nach den verfchiedenen Weltgegenden, und 
flehte die Sonne an, der Nation gewogen zu fein. Nachdem 
dies gefchehen, ging die Friedend-Pfeife von Mund zu Mund 
im Kreiſe herum, und jedes Mitglied der Raths⸗Verſamm⸗ 
lung that einige Züge daraus, Bei diefen Indianern herrſchte 
auch der Gebrauch, die Waffen und Geraͤthſchaften mit etwas 
Tabak auf das Grab eines Verftorbenen zu legen, Aehn- 
liches hat Bacqueville de Ta Potherie 2) von den In⸗ 
dianern am Fort Nelfon (unter dem 57, Grad nörblicher 
Breite) berichtet, deren Sitten und Gebräuche er ausführlich 
befchrieben hat, Beim Anbruch des Tags verfammelten fich 
alle Familten-Väter bei ihrem Häuptling, um ber aufgehen- 
den Sonne ein Galumet darzureihen. Diefer zuͤndete die 
Zriedenspfeife an, erhob fie mit beiden Händen dreimal gegen 


1) a. a. O. T. 6. pP: 266. 
3) Histoire de ’Amerique septentr’onale. Paris 1753. T. 1. p. 321. 


71 


die Sonne, und bewegte ſie nach ihrem Lauf von Oſten 
nach Weſten, unter dem Ausdruck der tiefſten Ehrfurcht. Zu⸗ 
gleich bat er die Sonne, der Nation in ihren Unterneh⸗ 
mungen guͤnſtig zu ſein, und empfahl alle Familien ihrem 
Schutze. Hierauf that er die erſten Zuͤge gegen die Sonne 
und uͤberreichte das Calumet den verſammelten Männern, 
welche es im Kreiſe herumgehen ließen, den Dampf gegen 
die Sonne blaſend, bis der Tabak verzehrt war. 

Nach der Eroberung Canada's durch die Englaͤnder im 
ſiebenjaͤhrigen Kriege und bei dem im Jahr 1763 geſchloſſe⸗ 
nen Frieden wurde es an Großbritannien abgetreten. Dadurch 
kam der Pelzhandel der Franzoſen in Verfall, welche bei der 
Abnahme des Wilds in Canada bereits in die Laͤnder jenfeits 
der großen Canadiſchen Seen Über Michillimakinak bis zum 
Winnipeg- See vorgedrungen waren, wo fie mehrere Faktor 
reien gegründet hatten. Um fo mehr hob ſich jeßt der Handel 
der Hudfonsbai-Sompagnie, der fi) immer weiter nad; Nord⸗ 
weften ausbreitete. Im Jahr 1766 drang der unternehmende 
und Eühne Shomas Curry bis zum franzöfifhen Fort 
Bourbon, einem Poften am wefllihen Ende des Gedern- 
Sees. James Finlay Fam bis zur lehten franzöfifchen 
Niederlaffung am Saskatchiwine⸗Fluß (unter-dem 4314 I nördl. 
Br. und 103 I weſtl. Länge). Frobisher drang in die noͤrd⸗ 
lich und wefllic gelegenen, noch unerforfchten Länder ein, 
und gelangte unter großen Mühfeligkeiten bis zum See La 
Groffe (unter dem 55° noͤrdl. Br, und 1089 weft. Länge). 
Deter Pond erreihte den Elenn⸗Fluß. 

Da der unmäßige Genuß des Branntweind und bie 
Pocken bald große Verheerungen unter den Bewohnern der 
Länder an der Hudfonsbai angerichtet und ganze Indianer⸗ 
Stämme vertilgt hatten, fo machte der kuͤhne Samuel 


72 


Hearne!) der Compagnie den Borfchlag, dem Pelzhandel 
eine noch größere Ausdehnung in den Ländern gegen Nord⸗ 
weften zu geben. Nachdem er Hudſons⸗ und Mancheſter⸗ 
Houfe gegründet hatte, unternahm er im Jahr 1770 feine 
hoͤchſt muͤhe⸗ und gefahruolle Reife in die Länder nördlich 
vom Churchill⸗Fluß bis zum SKupferminen- Fluß und beffen 
Ausfluß in das Eismeer. Alle in jenen unwirthbaren Laͤn⸗ 
dern in großer Dürftigkeit und im Elend lebenden Indianer, 
die Eniftenaur oder Chepewyand u. a, waren große Freunde 
des Tabaks, und Tabak war einer der gefuchteften Handels- 
Artikel. Bieberfelle vertraten bei ihnen die Stelle des Gelds, 
und für ein Pfund Tabak gaben fie ein Bieberfel, An dem 
unter dem 65 Grad nördl, Breite gelegenen Cogead⸗See 
fließ Hearne auf Kupfer- Indianer, mit deren Häuptlingen 
er die Friedens-Pfeife rauchte. 

Im Jahr 1784 bildete ſich in Canada zu Montreal, vor- 
mals Ville Marie, wohin ſchon in früherer Zeit die Indianer 
aus weit entlegenen nördlichen Ländern Pelzwerk gebracht 
hatten, noch eine andere englifche Gefelfchaft für den Pelz 
handel, unter dem Namen der Nordwell-Compagnie. Ueber 
dreizehn Hundert Perfonen find mit diefem einträglichen Han⸗ 
del befchäftigt, welche unter den größten Strapatzen und 
Entbehrungen den in den nörblichfien Ländern Amerika's 
wohnenden Indianern Feuergewehre, Pulver, Blei, eiferne 
Geräthichaften, Eupferne Keffel, wollene Deden, Kleivungs- 
ſtuͤckke, Putzſachen, namentlich Glasperlen, und vor allem 
Rum und Tabak, zuführen, wogegen fie Pelzwerk eintaufchen. 
Die Reiſezuͤge gehen in Birkenfähnen über den Lac Superior 
zu dem Winnipeg-See, und von da auf den Sasfatshewine- 


Reife von dem Hubfonsbufen bis zum nördlichen Polarmeer. 





78 


Fluß in den Cedern⸗See, dann uͤber den Bieber-See durch 
den Fluß Meffinnippi in den Bären-, GEroffe- und Klarwaſſer⸗ 
See, und durd den Pelikan⸗ und Elenn-Fluß in den Berg- 
oder Meinen Athapasco⸗See. An diefem See liegt die Chepe- 
wyan Burg, eine der nörblichften Niederlaffungen, unter dem 
58, Gr. 40 Minuten nördlicher Breite und unter bem 110. 
Srad 30 Minuten weſtlicher Länge. Bon diefem Fort aus 
unternahm Alerander Madenzie?) in den Iahren 1789 
bis 1793 feine befchwerlihe Entdedungsreife jenfeits des 
Sklaven⸗Sees bis zum Eismeer. In jenen rauhen Ländern 
leben in großer Dürftigkeit die von der Jagd und dem Fifd;- 
fang ſich nährenden mwandernden Indianer-Stämme der Cni⸗ 
fleneaur, der Chepewyans und Affiniboins. Und dort halten 
fi ferner viele Eleine elende Indianer⸗Voͤlker auf, die Bieber- 
Indianer (unter dem 55. und 56. Grab nördlicher Breite), 
die Athapasfo-Indianer (unter dem 60. Grad), die Dogribbd- 
oder Hundsrippen-Indianer zwilchen dem Edland⸗ und Cogead⸗ 
See (unter dem 64. Grad), die Kupfer-Ändianer am Kupfer- 
minen= Fluß (unter dem 67. und 78, Grad), die Redknife⸗ 
Indianer, fo genannt weil fie Eupferne Mefler führen, und 
die Kanchos oder Hafen- Indianer weſtlich am Madenzie- 
Fluß (unter dem 68, Grad) u. a, Bei allen Indianern, mit 
denen Madenzie Verkehr hatte, fand er das Tabakrauchen 
üblih, und mit vielen rauchte er aus der Friedens - Pfeife. 
Ihr vorzüglichftes Begehren war Tabak. Er fließ nur auf 
einen Eleinen Zrupp von armen Sflaven- und Hundsrippen⸗ 
Andianern, denen der Gebrauch des Tabaks noch nicht be- 
kannt war, 

1) Reifen von Montreal dur Norbweft: Amerika nad dem Eismeer 


und der Südfee in den Jahren 1789 und 1793. Aus dem Kings 
liſchen. Hamburg 1802. 8. 














74 


Die in den großen Eindden der nördlichen Länder Amerikas 
herumftreifenden rohen Zäger, Trappers und Handeld- Sommis 
der Hudſons⸗ und Nordwefl- Compagnie leben in befländiger 
Feindfchaft, und oft gerathen fie beim Zuſammentreffen in 
blutige Kämpfe, wobei Mordthaten und große Sraufamkeiten 
verübt werden. Hierdurch geben fie den Indianern ein fchlechtes 
Beilpiel und tragen viel zu deren moralifcher Verborbenheit bei. 

Der Gebraudy des Tabaks ift felbft dem Polar- Wolke der 
Eskimos nicht unbelannt geblieben, Der Miffionar Crank!) 
gedenft ſchon des Schnupftabafs bei den Grönländern, Sie 
dörren die Tabakblaͤtter auf einer heißen Platte und zerfloßen 
fie in einem hölzernen Mörfer zu Pulver. Ber ihren Jagden 
kauen und rauchen fie auch Tabak, welchen fie von Dänifchen 
Schiffen erhalten, Den Eskimos in der Repufſe⸗Bai jedoch, 
mit denen der Capitaͤn Roß Verkehr hatte, war dad Rauchen 
und Schnupfen des Tabaks noch nicht bekannt. Dagegen 
aber find die Bewohner von Labrador, welches Mifchlinge 
von Eskimos und Europaͤern find, nah Mac Lean?) dem 
Rauchen und Kauen des Tabaks fehr ergeben. | 


6) Nahrichten uberden Gebraud des Tabaks beiden 
Bewohnern an der Nord» Weftfüfte Amerikas, 


Im Jahr 1579 ließ die Königin Elifabeth von England 
eine Erpedition zur Erforfchung der Nordweſtkuͤſte Amerikas aus- 
rüften, welche fie unter den Befehl des Fühnen Ritters Francis 
Drafe ſtellte. Der Admiral umfchiffte das. Cap Horn, 
paflierte da8 Cap Menbocino und dad Gap Drforb und ges 


1) Reife nach Grönland, B. I. ©. 293. 
2) Notes of Service in the Hudsonbay Territory. 


70 


langte bis zum 48ten Grad noͤrdlicher Breite. Dem Lande, 
welches er fuͤr die Engliſche Krone in Beſitz nahm, legte er 
den Namen Neu Albion bei. Die friedlichen Bewohner waren 
dem Tabakrauchen ſehr ergeben, und reichten Drake nebſt 
anderen Geſchenken auch einen Beutel mit Tabak). 

In der erften Hälfte des vorigen Jahrhunderts richtete 
dad Rußiſche Gouvernement feine Aufmerkfamfeit auf die 
Länder an der Norbmefllüfte des neuen Continents, und ließ 
im Hafen zu Okhotsk mehrere Schiffe zu einer Entdeckungs⸗ 
reife ausrüften. Im Jahr 1728 trat Capitaͤn Behring?), 
mit Spangenberg und Tſchirikow, feine erſte Reife an. 
Er durdfchiffte die nach ihm. benannte Meerenge, und ent- 
deckte die Aleutifchen Inſeln. Die Bewohner der Inſeln 
Kadjaf und Schumagin empfiengen die Rußen mit Friedens 
pfeifen in den Händen, an denen die Flügel von Falken be- 
feftigt waren. Bei der im Iahr 1741 unternommenen zweiten 
Reife entdedte Behring die Halbinfel Alaska an der Norb- 
weftfüfte Amerikas, und landete an mehreren Punkten, Die 
Eingebornen, mit denen er Berfehr hatte, befaßen viel Pelzwerk 
und bedienten fich ebenfalls des Calumets. In der Mitte 
des vorigen Jahrhunderts gründeten Gregor Jwanowitſch 
Schellahoff, Dawydoff und EChwoſtoff die Rußiſch⸗ 
ameritanifche Handels⸗Compagnie zur Betreibung bes Pelz 
handels. Sie legten Niederlaßungen an auf der Inſel 
Kajak, Unalaſchka, den Schumagin Inſeln, fowie zu Alaska 
und am Prinz Wilhelmd-Sund, 

Im Jahr 1776, da Capitaͤn Cook?) die Nordweſtkuͤſte 


) Hariot Voyages T. 1. p. 21. 

3) Müller, Voyages et Decouvertes faites par les Russes p. 268. 
Sammlung für bie ruffifhe Gefchichte. Petersburg 1772. Bd. I. 

2) Letzte Reife. B. 3. S. 439. 


76 


Amerikas befuchte, fah er die Bewohner der Infel Unalaſchka 
Tabak rauchen, kauen und fchnupfen. Am liebften vertaufchten 
fie gegen biefen KZurus= Artikel ihre getrockneten Zifche, fo 
daß der Gapitän äußerte, es fei zu beforgen, daß fie bei dieſer 
Schwelgerei wohl immer arm bleiben würden. Dagegen war 
ber Tabak den Bewohnern am Gap Newenham, unter dem 
58 Grad nördlicher Breite, nicht bekannt. 

Des Gebrauchs des Tabaks zum Rauchen, Schnupfen 
und Kauen bei den Bewohnern der Aleutifchen Infeln und 
der Halbinfel Alaska, fomohl bei Männern als Frauen, haben 
auch andere Seefahrer gedacht. John.Henry Eor !) erzählt 
von feinem Aufenthalt in der Bucht von Alaska im Sahre 
1789, daß die Frauen dafelbft fi gegen die Matrofen außerft 
dankbar bewiefen, als fie ihnen Bißen Tabak aus ihrem 
Munde reichten, die fie von Mund zu Mund gehen ließen und 
mit dem hoͤchſten Wohlbehagen kauten. Capitaͤn Portiod 2) 
fand den Gebrauch ebenfalls herrfchend bei den Bewohnern 
an der Mündung des Cook⸗Flußes unter dem 60 Grad nörd- 
licher Breite, Als ſich Gapitan Billiam Douglas?) im 
Jahr 1788 in der Nähe des Lande am Cook⸗Fluß ‚befand, 
fließ er auf ein Boot mit Eingebaornen, die ihm willig ihre 
Fifche Hiberließen, dagegen aber um Schnupftabaf baten, und 
ihre Dofen zum Füllen hinreichten, Auch der Capitaͤn Mears 
fah die Einwohner der Fuchs-Inſeln dem Schnupf⸗Tabak fehr 
ergeben, den fie von den Rußen erhielten, 

Auf den zahlreichen an der Norbwefllüfte gelegenen Infeln, 
welche fih vom Cooks Fluß und Prinz Wilhelms Sund bis 


1) Reife nach Nordweft : Amerika im Jahr 1789, ©. 64. 

2) Reife an bie Norbweftkäfte von Amerika in den Jahren 1785 — 88. 
S. 215. 

2) Reifen nach ber Nordweſtküſte von Amerika in den Jahren 1786—89. 


71 


zum König Georgs oder Noutla- Eund, oder den 50 Grad 
nördlicher Breite erftreden, namentlid auf den Charlotten- 
Inſeln, die nur fehr dünn von rohen Völkerfchaften bewohnt 
find, fcheint der Gebrauch des Tabaks unbekannt gewefen zu 
fein, zur Zeit da Cook, Diron, Portlode, Mears, 
Douglas u. a, diefe Infeln befuchten ?). Seiner diefer Sees 
fahrer erwähnt des Tabakrauchens bei den Eingebornen, mit 
denen fie des Pelzhandeld wegen im Verkehr flanden. Wahr- 
fheinlich wurde das Zabafrauchen dort erſt durdy die Außen 
eingeführt, die fich feit Anfang diefes Jahrhunderts des Pelz 
handeld wegen immer weiter ausgebreitet haben, 

Im Sahr 1804 haben bie Rußen zur Betreibung des 
einträglihen Pelzhandels an der Amerikanifchen Küfte auf 
der Infel Sitfha oder Baranow im König Georgs Archipel, 
Neu-Archangeld, gegründet. Seit dem hat ſich diefer Handel 
bereitö ſuͤdlich bis zur Dixons Straße ausgebreitet, und auf 
der Galifornien gegenüber liegenden Forlonen Infel haben 
fie daB Fort Bodago errichtet. Admiral Lutfe ?), der vor 
einigen Jahren Sitkha befuchte, um Lebensmittel und Euro- 
paͤiſche Waaren zuzuführen, berichtet, daß der Tabak und der 
Branntwein nicht nur den Promuſchleniken oder Pelzjägern, 
die ein fehr mühevolled und elendes Leben führen, das größte 
Vergnügen gemähre, fondern daß auch die in der Nähe der 
rußifchen Niederlafjungen wohnenden Kaluſchen oder Kalujes 
dem Tabak leidenschaftlich ergeben find. Bei den nad reli» 


”) Im Jahre 1785 hatte fe Richard Cadmann Etches mit einigen 
Kaufleuten Londons verbunden , und eine Hanbelögefellfchaft ge: 
gründet unter der Firma Compagnie des König Georg's Sund, in 
der Abfiht, Handel mit Pelzwerk zwifhen ber Nordweſtküſte 
Amerikas und China zu treiben. 

2) Voyage antour du Monde. Paris 1835. T. 1. p. 188. 


78 


giöfen Feierlichkeiten veranftalteten Schmaußereien wird fehr 
eifrig Tabak geraudt. Die Bewohner der Aleuten, denen 
der Tabak ganz unentbehrlid geworben ift, fowie die Einge- 
bornen der unter dem Rußiſchen Scepter fiehenden Länder 
des norbweftlichen Amerikas verfertigen, wie Dr. Blafchfe!) 
‚angiebt, ihre Pfeifenköpfe aus einer Art Zhonfchiefer, den 
fie fchön poliren. 


Der Gebraud des Tabaks ift felbft bis zu ben Eskimos 
an der Nordweſtkuͤſte, in den Kogebue-Sund und in bie 
HarrifoneBai gedrungen, wie Capitaͤn Beerhey 2) berichtet. 
Auf der Halbinfel Choris fah er Männer, Frauen und Kin⸗ 
der Zabaf rauhen. Sie bedienten fi fehr Eleiner Pfeifen, 
die bei ihren Zuſammenkuͤnften in den Iurten von Mund zu 
Mund gingen. Den Raudy blafen fie durd die Nafe aus. 
Tabak, um den einem Eskimo alles feil ift, taufchen fie von 
den rußifchen Pelzhändlern ein, und da er ein fehr theurer 
Artikel ift, fo mengen fie ihm feine Holzfpäne bei, 


Ueber den Gebrauch des Tabaks bei den an der Mün- 
dung des Columbia= Fluffes im Oregon» Gebiet wohnenden 
Indianern hat Bancouver ?) die erften Nachrichten gege- 
ben, Bei der im Jahr 1792 vorgenommenen Landung fand 
er bie Chinooks dem Rauchen fehr ergeben, fie benugen ein 
einheimifches, fehr mildes Kraut, doc kannten fie auch den 
gemöhnlihen Tabak, den ihnen die Mlzhaͤndler zuführten, 


1) Schriften ber kaiſerlich rußifchen Gefeltfchaft für Mineralogie in 
Petersburg 1842. B. 1. Abth. 1. ©. 108. 


2) Voyage of Discovery towards the Nord Pole. Reife nach dem 
flilen Ocean und ber Beringsftraße. B. 1. S. 467. 


®) Reife nad) bem nördlichen Theile der Suͤdſee. B. 1. ©, 310, 


79 


Gleiches berichten Lewis und Clarke, i) und die Pelz- 
handler der amerikaniſchen Gefelfchaft Aftorca, 2) fowohl von 
jenen Indianern, al8 von den an den Fällen der Solumbia 
wohnenden Wallawallas. Auch die an der weſtlichen Ab⸗ 
dachung und in den Thaͤlern des Felfen-Gebirgd lebenden 
Flachfopf-Indianer, die Clatſops, Klikatas, Klatſtonies, Ka⸗ 
thlamats u. a. rauchen Tabak, den ſie ſehr lieben. Nach 
Satlin 2) verfertigen fie ihre Pfeifenkoͤpfe aus einer Art 
Ihwarzen Scyiefers, in die fie allerlei Figuren eingraben. 
Aus den mitgetheilten Älteren Nachrichten über die Ent⸗ 
deckung der verfchiebenen Länder Norbamerifa’d und bie 
bei den Bewohnern beobadteten Sitten und Gebräuche er- 
hellet, daß das Tabakrauchen bei allen Indianer» Stämmen 
vom Atlantifchen Ocean bis zur Sübdfee und vom nörblichen 
Polarmeer bis zum Mericanifchen Meerbufen im Gebraud) 
war, da Europder zuerft mit jenen Laͤndern und ihren Bes 
wohnern bekannt wurden, Hiervon machten nur einige Beine 
Indianer-Horden eine Ausnahme, welche man an den noͤrd⸗ 
lihften Küften antraf. Daraus müffen wir folgern, daß jene 
Völker bereits lange vor der Entdeckung Amerika’8 unter 
einander im Verkehr flanden. Ohne diefe Annahme bleibt ed 
ganz unbegreiflih, wie fi jener Gebrauch über fo ausge⸗ 
behnte und weit entlegene Länder hat verbreiten koͤnnen. Die 
iegigen Indianer, falfchlih Wilde genannt, find wahrſcheinlich 
nur die Nachkommen und elenden Ueberrefte großer Nationen, 


1) Travels to the Source of Missouri River and across the American 
Continent to the Pacific Ocean in the year 1804—6. London 1814. 

2) Washington Irwing Astorea oder Geſchichte einer Handels = Erpe- 
dition jenfeits der Rocky Mountains. 

®) Lettres Vol. 2. p. 113. Plate 210%, Two very curiously carved 
pipes, made of black slate and highly polished. 


die in früherer Zeit auf einer höheren Stufe der Eultur 
flanden, und unter Verhältniffen, die nicht erforfcht find, wies 
der in Barbarei verfanten. Zu Gunften dieſer vielleicht ge« 
wagt fcheinenden Meinung laffen ſich die großartigen Ueber⸗ 
refte von alten Erbwällen und ausgedehnten Verfchanzungen, 
von in Zerraflen gebildeten Pyramiden, Altar- und Grab 
hügeln anführen, melde in Menge an den Ganadifchen Seen, 
am Ohio, Scioto, Wabaſch, Miami und im ganzen Strom⸗ 
Gebiete des Miffisfippi bis zum Mericanifchen Meerbufen herab 
aufgefunden worden find, und von denen neuerlihfi Squire 
und? Davis!) ſehr ſchaͤtzbare ausführliche Beſchreibungen 
und Abbildungen gegeben haben. Die Ausführung folcher 
Werke kann nur durch die vereinten Kräfte einer zahlreichen 
Bevoͤlkerung zu Stande gekommen fein, die einen gewiſſen 
Grab der Civilifation erreicht und Aderbau getrieben hatte. 
Kleine herumfchweifende, von der Jagd ſich nährende, und 
oft in großer Dürftigkeit Iebende, elende und rohe Indianer- 
Horden, wie die heutigen Indianer, können Werke der Art 
unmöglich zu Stande gebracht haben, Daß in den Ländern 
Gentral-Amerifa’s, in Merico, Chiapas, Yucatan, Guatemala, 
Honduras und Nicaragua, lange vor der Entdedung ber 
neuen Welt durch die Epanier, Völker gelebt haben, die in 
der Cultur und den Künften große Fortfchritte gemacht hats 
ten, das beweifen unläugbar ebenfalls die Ueberreſte pracht⸗ 
voller alter Bauwerke, Zempel-Pyramiden, Palläfte und große 
Monolithen mit menfchlichen Figuren und Hieroglyphen, weldye 
zu Mitla, Popantla, Tufapan, Zochicalco, Palenque, Copan, 
Urmal, Chichen Ita und an anderen Orten, von Del Rio, 


1) Ancient Monuments of the Missisippi Valley; in Smithsonian 
Contributions to Knowledge. Washington 1828. Vol. 1. 


81 


Dupair, Stephens, Norman u. a. aufgefunden worden 
find, Im Umfang, in der Großartigfeit der Ausführung und 
in der Schönheit der ornamentalen Sculpturen können fie 
fügli den alten Aegyptiſchen, Syrifhen, Perfifchen, Indi⸗ 
(hen und Javaniſchen Monumenten an die Seite gefekt 
erben, 


B) Neueſte Nachrichten über den Tabak bei den 
Indianern Nordamerikas. 


Auf die aus den Berichten der älteren Reifenden entlehn- 
ten Nachrichten laſſe ich die Angaben der neueren und 
neueften Neifenden über den Gebrauch des Tabaks bei den 
Indianern Nordamerika’s folgen. Sie find aus den Schriften 
glaubhafter und wohlunterrichteter Männer gefchöpft, welche 
während ber legten dreißig Dahre jenes anziehende Land in 
allen Richtungen durchwandert haben. Beſonders ſchaͤtzbar 
find die Mittheilungen ded genialen Malerd George Cats 
lin), der acht Jahre lang, von 1832 bis 1839, unter ben 
Indianern an den Ganadifchen Seen, am Miffisfippi und am 
Miffouri bis zu deffen Quellen aus dem Felfen-Gebirge, fo- 
wie am Arkanſas, am Rio Colorado, und in Texas, Alas 
bama, Zouifiana und Florida gelebt hat. Ausführlich fchildert 
er ihre Lebensart, Sitten und Gebräuche, und führt den 
Leſer durch feine anziehenden Befchreibungen und trefflichen 


I) Letters and Notes on the Manners, Customs and Condition of the 
North American indians, written during eight years travel amongst 
the wildes tribes of Indians of North America. Two Volu- 
mes with four hundred Illustrations, carefully engraved from 
his original Paintings. London 1811. 8. 

6 


Abbildungen fo recht in das Leben und Zreiben jener Natur- 
finder ein. Die Indianer, die ihn für einen europäifchen 
Häuptling und einen großen Medecine man, oder einen Arzt 
und Zauberer hielten, befchenktten ben liebevollen Reiſenden, 
zum Zeichen ihrer Achtung und Sreundfhaft, mit Zabak- 
pfeifen, Waffen, Hausgeräthen, Kleidungen und Schmudfacen. 

Sehr werthvon find ferner die Nachrichten, welche Prinz 
Marimilian von Wied 1) bei feiner im Sahr 1833 un⸗ 
ternommenen Reife über die am oberen Mifiouri und feinen 
Quellen am Felfen» Gebirge mwohnenden zahlreichen Voͤlker⸗ 
fchaften, die Rikares, Mandans, Dacotas, Afliniboins, Kni⸗ 
fienaur, Bladfeets, Crows, Fored u. a. gegeben hat. 

Alle Indianer-Stämme Norbamerika’s, fowohl die, melde 
fi in den noͤrdlichſten Ländern, am Eismeer, an dem Mad: 
enzie-River, am SKupferminen-Fluß, an ber Hudſonsbai und 
an den Ganadifchen Seen aufhalten, als die, weldhe im den 
Strom⸗Gebieten des Miffisfippi und Miffouri leben, find noch 
jest ebenfo Teidenfchaftlich dem Tabakrauchen ergeben, mie 
zur Beit der Entdedung jener Länder durch die Europäer, 
Der Gebrauch herrfcht ferner bei allen Indianern des milden 
Felfen-Gebirgs und des Oregond«Gebietes bis zu den Hüften 
der Suͤdſee. Major Long ?), der bei feiner Neife in den 
füdlihen Theil der Rocky Mountains, Arkanfas, La Platte, 
Red River und Sonza vielfachen Verkehr mit den dafelbft 
herumziehenden Ofagen, Omawhaws, Kaskaias, Arapahog, 
Jetans, Camanchees u, a, hatte, fand, daß fie alle bem Ta⸗ 


1) Reife durch Nordamerika. Koblenz 1838, 4. 2 Bände, 

2) Account of an Expedition from Pittsburgh to ihe Rocky 
Mountains performed in the years 1819 and 20. Philadelphia 
1823. 2 Vol. 


bafrauchen fehr ergeben find. Cie rauchen faft befländig, 
und blafen den Dampf dur die Nafe aus. Nah Farn⸗ 
ham i) find auch die Soshonied oder Schlangen-nbianer, 
die im mittäglichen Theil des Felſen⸗Gebirgs herumſtreifen, 
aus dem der Grand⸗ und Green-River entfpringen, weldye 
fih in den Rio Colorado ergießen, große Freunde des Tabaks. 
Gleiches ift der Fall mit den an den Abdachungen ber Anas 
huacsBerge, an den Quellen ded Rio Colorado lebenden 
Utaws. Selbſt die aͤrmſten und elendften aller Indianer- 
Stämme der Rocky Mountains, die von wilden Wurzeln, 
Eidehfen und Schlangen fich nährenden, und in Erbhöhlen 
wohnenden Piuts und Land Pishes, rauchen fehr gern Tabak. 

Aehnliches berichtet der Miffiondr de Smet, 2) welcher 
den nördlichen Xheil des Felfen-Gebirgs bereift hat, in dem 
der Miſſouri und die Columbia ihre Quellen haben. Auf der 
öftlichen Abdachung des Gebirge und an den 10,000 Fuß 
hohen, mit ewigem Schnee bedeckten Gebirgsrüden, welde 
den Namen ber Troidtetond erhalten haben, fo wie am Lac 
de Maringouin, aus dem der Fluß Sefferfon entfpringt, 
weicher fi in den Miffouri ergießt, fah er herumziehende 
IndianersBorden vom Stamm der Kraͤhen (Crows), Aſſi⸗ 
niboind, Mönnitaries und Schwarsfüße (Black feets), melde 
Tabak⸗Pfeifen führten, und denen dad Rauchen den größten 
Genuß gewährte. An dem weftlihen Abhang der Gebirgs- 
fette, am Lac Henri, aus dem der Columbia-River Zufluß 
erhält, fowie am Ealmen= und Clark-Fluß, und .an ben 


1) Travels in the Great Western Prairies, the Anahuac and Rocky 
Mountains and in the Oregon Territory. New-York 1813. 

2) Voyages aux montagnes rocheuses et une annde de sejour chez 
les tribus Indiennes du vaste torritoire de l’Oregon. Malines 1844, 


6* 





— — — — — — 


84 


Fluͤſſen Roche-Jaune und Mac Gillevray ſtieß der Pater auf 
Indianer-Haufen der Okanagas und Kotonayg, die alle dem 
Rauchen fehr zugeihan waren. Auch die an den Faͤllkn der 
Columbia in Dörfern mohnenden Flachkopf⸗Indianer, bie 
Tſchinuks und Walla⸗wallas, find leidenfchaftliche Raucher. 
Sie zwangen Farnham ihnen Tabak zu reichen für bie 
Srlaubniß durch ihr Gebiet zu reifen, ‘ 

Die Indianer im Felfen-Gebirge und Oregon⸗Gebiet er- 
halten den Zabaf von Handelöreifenden und Trappers, theils 
der Hubfons-Compagnie, theild der Pelz. Compagnie der: Vers 
einigten Staaten, weldye den Handel von St, Louis aus 
auf dem Miffouri und feinen Zuflüffen betreibt, und am 
oberen Miffouri die Forts Madenzie, Union, Clarke, Et. 
Pierre u. a, angelegt hat. Sie taufcken ihn gegen Bieber⸗ 
und Otter Felle ein. Mangelt ed ihnen an Tabak, fo be= 
dienen fie fich der getrodineten Blätter bed Sumachs, des Bafts 
der rothen Weide, oder anderer Straͤuche ). Long fah aber 
auch die Indianer des füdlichen Theils der Rocky Mountains, 
die Kiawas, Kaskaias und Arapahos, welche mit Handeld- 
leuten aus Neu-Merico in Verkehr ſtehen, Papier» Sigarren 
rauchen. Und Gleiches erzählt er von einem Häuptling der 
Shienned-Indianer, welcher dad Gelübde gethan hatte, nicht 
mehr aus einer Pfeife zu rauchen ?). 


1) Major Long a, a. O. T. 2. p. 375. When the Indians in the Rocky 
Mountains can not obtain tabacco, they use as a substitue (he 
dried leaves of the sumac, the inner bark of the red willow 
äried, and the leaves and bark of a few other shrubs, the fumes 
of which are less stimulating, but equally as palatable as those 
of tabacco. 

2) a. a. O. T. 2. p. 188. The Shienne Chief, in consequence of a 
vow he had made against Ihe using ihe pipe, abstained from 


85 


Alle Indianer find ſtolz auf den Beſitz fchöner Pfeifen, 
und verwenden daher auf die Werfertigung berfelben viele 
Zeit und Mühe, Dabei zeigen fie oft eine bewunderungs- 
würbige Gefchidlichfeit und felbft wahren Kunftfinn. Die am 
oberen Miffisfippi und an den Banabifchen Seen ſich auf: 
haltenden Indianer bilden ihre Pfeifenföpfe aus einem kirſch⸗ 
rothen Stein, dem rothen Pfeifenftein (red pipe stone). 
Das Gebirg, in dem biefer Stein gebrochen wird, heißt Co⸗ 
teau des Prairies. Nah Gatlin!) und Schoolcraft?) 
liegt e8 im Gebiete der Siour oder Dahcotas, unter dem 
45. Grad nördlicher Breite, am rothen Marmor- Fluß, wels-- 
cher fi in den Sanct Peters-Fluß ergießt, gegen 60 eng- 
liſche Meilen in weftliher Richtung oberhalb der Sanct An- 
tond=- Falle des Miffisfippi, des Forts Snelling und der be 
Fannten Prairie des Chiens. Das Gebirg hat fenfrecht ab» 
fallende Felswaͤnde, und befteht aus abwechfelnden Lagen von 
einem rothen, weißen, gelben, bläulichen und ſchwarzen Ge⸗ 
flein. Aus dem rothen Geſtein verfertigen die Indianer feit 
den alteften Zeiten ihre Pfeifenköpfe und Kopfbrecher (war- 
clubs). Aus dem fchwarzen Stein bilden die Siour Schliffeln 
und Näpfe, und des bläulichen Steins bedienen fie fich zum 


smoking while at our council, until he had the good fortune to 
find a small piece of paper which some of our part had rejected, 
with tbis he rolled up a small quantity of tabacco fragmens into 
the form of a segar, after (he manner of the Spaniards, and thus 
contended himself with infrinuging the spirit of his vow, whilst 
he obeyed it to the letter. 

)a.00. Vol. 1.p. 234. Pl. 98. Vol. 2. p. 160, Pl. 270. Red pipe- 
stone Quary, Coteau des Prairies. 

2) Narrative Journal of Travels from Detroit northwest through 
the great chain of American Lakes to the Sources of the Missis- 
sippi River, in (he year 1820. Albany 1822. p. 299. 


Bemalen des Körpers. Rother Pfeifenftein findet fi aber 
auch am Red⸗cedar⸗fork des Chippewaͤ⸗River. 

Ueber die Natur des rothen Pfeifenfleins find die Mei- 
nungen ber Reifenden getheilt. Catlin)) ſchreibt ihm fälfch- 
lich einen vulfanifchen Urfprung zu und hält ihn für eine Art 
Lava, welche er rothen Steatit nennt. Dr. Jadfon ?) in 
Bofton, der von Catlin Stüde des Geſteins erhielt, welche 
er genauer unterſuchte und chemiſch analyſirte, verwarf jene 


1) a. a O. Vol. 1. p. 31. This curious stone has many peculiar 
qualities, and has undoubtediy but one origine in this country, 
and perbaps in the world. It is found but in tbe hands of the 
savage, and every tribe, and nearly every individual in the 
tribe has his pipe made of it. I consider this stone a subject of 
great interest and curiosity. 

Vol. 2. p. 205. I suppose, that this wall has once formed the 
sides of a crater, and that the Pipe Stone, laying in horizontal 
strata, is formed of the lava which has issued from it. Iam 
strongly inclined to believe, however, that the former supposi- 
tion is the correct one, and that Pipe Stone, which differs from 
all knowu specimens of lava, is a new variety of steatite, and 
will be found to be a subject of great interest and one worthy 
of a carefull analysis. 

?) Chemical Analysis of the Red Pipe Stone, brought by George 
Catlin, from the Cöteau des Prairies, in 1836: in Silliman’s 
American Journal of Science Vol. 37. p. 394. It is anew mineral, 
not steatite, harder than gypsum, and softer than carkonate 


of lime, 
He is compound vy Water . . 20020. 84 
Siica. . 2.0.0. 48% 
Alumria . . 20.388 


Magnesa . .  ....60 
Carbonate of lime ee . 36 
Peroxide ofiron . . . 5,0 
Oxide of mangausse . . 0,6 
Loss (probably magnesia) 1,0 

100,0 


87 


Meinung und gab ihn für ein neues Mineral aus, das er 
Satlinit genannt hat, Ich befige einen folchen Pfeifenkopf, 
ber von ber Nation der Winnebagos am See Michigan 
ftammt, weldhen mir mein Sohn Heinrich zum Geſchenk 
gemacht hat. Diefer hat eine große Eigenfchwere, ift aber 
nicht fo hart wie Marmor, Nach den bei Mineralogen ein- 
gezogenen Erfundigungen foll er eine Art Serpentinftein fein. 
Mit diefem kommt er auch darin überein, daß er fich leicht 
bearbeiten läßt und eine fehöne Politur annimmt, 

Ueber das Pfeifenflein-Gebirg herrſchen unter den in jener 
Gegend ſich aufhaltenden Stämmen der Siour oder Dahcota= 
Sndianer viele alte Sagen, welde Catlin mitgetheilt 
bat. Nah einer Sage kamen bdafelbit in fehr alter 
Beit bei einer großen Waſſerfluth alle Stämme der rothen 
Menfchen um, und fie wurden in den rothen Pfeifenftein 
verwandelt. Nad einer andern Sage machte der Große 
Geift, der Herr des Lebens, die Indianer, welche in blutige 
Kriege verwickelt waren, an diefem Orte mit dem Zabal- 
rauchen und der Friedens» Pfeife bekannt. Alle Indianer- 
Nationen waren vom Großen Geift hierher zufammen ges 
rufen. Er felbft fland auf der höchften Spige des Gebirge, 
brah ein Stuͤck von dem rothen Felfen ab und bildete 
daraus eine große Pfeife, aus der er rauchte. Den Raud 
blies er Über die ganze Verſammlung nad allen Weltgegen- 
den bin. Dann ſprach er zu ihnen: dieſer Stein ift roth und 
ift euer Fleifch, und gehört euch allen an, Verfertigt aus 
ihm Pfeifen des Friedens und rauchet daraus, wenn ihr mich 
befänftigen und meinen Willen thun wollt. Auf diefem Bo» 
den darf von nun an nicht mehr die Kriegsfeule, der To⸗ 
mahak und das Skalpiermeffer erhoben werben, Bei dem 
legten Zuge aus der Pfeife verwandelte ſich der Große Geiſt 


88 


in eine Wolke, die Tange tiber den verfammelten Nationen 
ſchwebte. 

Das Pfeifenſtein⸗Gebirge wird ſeit alten Zeiten als ein 
heiliger und frieblicher Ort angefehen, zu dem ehemald ale 
an den Ganadifhen Seen, am Miffisfippi, am Ohio, und in 
anderen entfernten Gegenden wohnenden Indianer wander⸗ 
ten, um fi) den Stein zur Verfertigung ihrer Tabak⸗Pfeifen 
zu holen, Zaufende von rohen Bildern, Snfchriften und Hie- 
roglyphen, welche die Totems oder Schußgeifter der India⸗ 
ner darſtellen, find in die Felfen eingegraben, Auch nod 
jest wird das Gebirg mit einer abergläubifchen Ehrfurdt an« 
gefehen und als ein Gefchen? des Großen Geiftes betrachtet, 
welches unter deſſen Echuß ſteht. Es heißt das Land bes 
Friedens, weil die Indianer hier nach dem Gebote des Großen 
Geiftes alle Feindfeligkeiten ruhen laffen. Diefer alte Gebrauch 
wird noch jeßt fowohl hier als auf der in der Nähe des Forts 
Snelling liegenden Prairie des Chiens, dem großen Handels⸗ 
Platz der nördlichen Indianer-Stamme, fireng beobashtet. 
Ihre Feindfeligfeiten und blutigen Kämpfe beginnen erſt wie. 
der, wenn fie fich aus jener Gegend entfernt haben. 

Ehemals waren es die W'Jaſſone oder Oneidas, ein 
Stamm der Mengwe vder Srofefen, welde bie fchönften 
Pfeifen» Köpfe verfertigten, und ihr Name bedeutet eigentlich 
Steinpfeifen-Verfertiger. Seht zeichnen fich in diefer Kunſt 
vorzüglich die Siour aus, die mit dem rothen SPfeifenftein 
und ben daraus verfertigten hammerförmigen Pfeifenköpfen 
einen fehr ausgebreiteten Handel treiben. Sie haben ſich da- 
her als eine mächtige Nation in den Beſitz des Gebirge gefebt. 

Die Indianer willen die Pfeifenföpfe auf fehr mannigfal« 
tige Weife zu formen und mit Figuren in erhabener Arbeit 
gefhmadvoll zu verzieren. Die Berfertigung derfelben ift nächft 


dem Rauchen eine ihrer Lieblings-Beichäftigungen, wenn fie 
nah den Strapatzen ber Jagd und ben Kriegözügen und 
Kämpfen in ihren Wigwams oder Hütten und Zelten aus 
ruhen. Die Kunft, welche fie dabei üben, iſt beim Mangel 
an guten Werkzeugen wahrhaft zu bewundern, Die ſchwie⸗ 
rigſte Arbeit ift dad Aushöhlen der Pfeifenköpfe, mobei fie 
alfo verfahren. Iſt der Kopf mittelft Feuerfleinen und Mefler 
gefchnitten und geformt und durch Reiben an harten Steinen 
polirt, fo machen fie in denfelben ein kleines Loch, fegen in 
diefes die Spitze eines Stäbchens von fehr hartem Holz und 
gießen Waſſer mit fcharfem Sand hinein. Durch lang fortges 
ſetztes ſchnelles Umdrehen des Holzes wird die Höhle gebildet, 
was eine lange und fehr mühfame Arbeit ift, | 

Die weit vom Pfeifenftein- Gebirge an den Quellen des 
Miſſouri in den Rody Mountains fi aufhaltenden Schwarz⸗ 
füße und die am oberen Miffouri, am Milk-River und um 
dad Hort Union lebenden Afliniboins verfertigen ihre Pfeifen- 
koͤpfe (Tchanu Hupa) aus Talf oder Spedflein, oder aus 
einem fchwärzlichen Stein, der in jenem Gebirge vorkommt, 
Diefe haben aber nicht eine hammerförmige Geftalt, wie die 
der Siour, fondern fie find kugel⸗ oder birnförmig, und ruhen 
auf einer cubifchen Unterlage, Solche Pfeifenköpfe hat Prinz 
Marimilian von Wied!) abgebildet. Auf der Tafel V, 
Figur 1 und 2 find Pfeifenküpfe der Schmarzfüße, und Figur 
3 und 4 Pfeifenköpfe der Affiniboins dargeftellt. Vielfaͤltig 
taufchen fie aber auch Pfeifenköpfe von den Siour ein. Jene 
Indianer haben ferner Pfeifen, deren Kopf in gerader Rich» 
tung mit dem kurzen Rohr fortläuft (Fig. 5), deren fie fich 


) Q. a. O. B. 1. 8. 444. 570. 





4 


auf Kriegszligen bedienen, damit das Zeuer der brennenden 
Pfeife nicht von den Feinden gefehen werden kann. Solche 
Mfeifen findet man auch bei den zwifchen dem oberen Miffouri, 
dem Affinibboin- und Saskatshawin River lebenden Krihs oder 
Kniftenaur. 

Mehrere Indianer» Stämme ferner führen Streitärte oder 
Tomahaks, mit denen eine Tabak⸗Pfeife verbunden "if. 
Der Stiel namlich ift hohl, und der Schneide ber Art gegen- 
über befindet fich der metallene Pfeifenkopf. (Zig. 6). Solche 
Pfeifen⸗Tomahawks führen die Pelzhändler den Indianern 
zu. Einige Indianer rauchen ferner aus fehr fauber gefchnisten 
hölzernen Pfeifenköpfen. Prinz Marimilian von Wied 
fah bei den Zfcherofefen bergleichen, welche die Geflalt eines 
Bären hatten. 

Die Pfeifenrohre verfertigen die Indianer aus Zweigen 
junger Efchen, deren Mark fie durch das Einbringen eines 
binnen Stuͤckchen harten Holzes oder eined gluͤhenden Draths 
zerſtoͤren. Sie find drei bis vier Fuß lang, meiften® breit und 
- platt, zuweilen abgerundet, nicht felten fpiralförmig gedreht. 
Vielfältig werden fie mit verfchieden gefärbten Stachelſchwein⸗ 
Stacheln befeßt, und am oberen Theile mit Buͤſcheln und 
Schnüren roth, gelb oder grün gefärbter Haare bes Schwanzed 
von weißen Pferden oder Buffeln verziert, Oft find fie auch 
mit Schnäbeln und Federbüfchen von Spechten und anderer 
bunten Vögel geſchmuͤckt. Auf der Tafel VI befinden fich Abbil« 
dungen verfchieben geformter Tabakpfeifen, wie fie,die Indianer 
nach ihrer Phantafie verfertigen, welche aus Catlin's 2) Werk 
entlehnt iſt. Ferner füge ich das Bild eines Chefs der Schwarz 


2) a. a. O. Vol. 1. p. 234. PI. 98. 


gi 


füße mit feiner Pfeife bei. (Zafel VII) welcher den Namen 
Stu⸗Mick⸗O⸗Sacks oder Büffel» Rüdenfett führte 1). 

Tabak und Feuerzeug führen die Indianrr flets in einem 
Beutel bei fich, den fie am linfen Arm tragen, Die Frauen 
verfertigen die Beutel aus Zellen von Biebern, Ottern und 
anderen Xhieren, und verzieren fie mit fauber aufgenähten 
verfchieden gefärbten Etachelfchwein-Stadheln, fowie mit metal 
Ionen Knöpfen und Ringen 2). Zum Ausräumen der Afche 
aus den Pfeifenköpfen bedienen ſich die meiften Indianer eines 
mit buntgefärbten Federkielen beſetzten zugeſpitzten Staͤbchens 
von hartem Holz, das am oberen Ende ein zierliches Quaͤſtchen 
hat, und das fie im Kopfhaar tragen ?). 

Den Tabak erhalten die Indianer großentheild von den 
Pelzhändlern, als einen der wichtigſten Tauſchartikel. Viele 
Indianer bauen aber auch Tabak feit den aͤlteſten Zeiten, 
nebft Mais, Erbfen, Bohnen und Kürbifen. Dieß ift nament= 
lich bei allen Stämmen der Fall, welche an feften Wohnplägen 
oder in Dörfern leben. Carver) erwähnt der Tabaks⸗Cultur 
bei den an den kanadiſchen Eeen mohnenden Winnebages. 
Auch die Oſagen, Mahas, Poncas, Pawnees, und alle am 
Miffouri wohnenden Indianer- Stammme, die Arikares, Mans 
dans u. a. bauen Tabak. Nady Say 5) pflanzen felbft bie am 
oberen Miffouri und feinen Zuflüffen fich aufhaltenden Indianer, 
die Mönnitarris, die Schwarzfüße, und die am Yellowflone 
River lebenden Crows Tabak. 


i) Catlin Vol. 1. p. 29. Pl. 11. 

3) Zabakbeutel haben Catlin und Prinz Marimilian abgebildet. 
2) In Prinz Darimilan Atlas, Taf. 48. Fig. 11. 

9) Reife in den Jahren 1766 — 68. ©, 12. 

ID. Vol. 2. p. 58. 





Vielfälfig findet man ferner wildwachſenden Tabak. John 
Dunn Hunter ſah ſolchen im Felſen⸗Gebirge. Die von den 
Indianern am Miſſouri gebaute Tabakart iſt nach Prinz 
Maximilians zu Wied !) Angabe Nicotiana quadrivalvis 
Pursh. (Flor. Americana Septentr. T. 1 p. 141), welde 
bei ihnen den Namen Mänafhä oder Manafıha führt. Sie 
laffen die Pflanzen ohne alle Sorgfalt aus Samen aufwachſen. 
Die reifen Stengel werben mit den Blättern abgefchnitten, 
getrocknet und in den Hütten aufbewahrt. Die Blätter werden 
dann zu Pulver gerieben. Im Geruch und Geſchmack gleicht 
diefer Tabak mehr Chamillen ald wahrem Zabaf, und iſt daher 
den Europäern nicht angenehm. 


Die Indianer bedienen ſich außer dem felbft gebauten 
oder von ben Pelzhändlern eingetaufchten Tabak noch ber ges 
trodneten Blätter und Minden verfchiedener Gemwächfe, welche 
fie dem Tabak beimengen oder für fi rauchen, Am meiften 
gefhäßt find die Blätter des Sumachs (Rhus glabrum), 
welche von den Winnebagos, den Dttomaern, Tſchipewaͤern, 
den Fores am See Michigan, den Siour u. a,, fowie von 
den Indianern im Felfen=- Gebirge emfig gefammelt werden 
fobald die Blätter gegen Michaelistag anfangen roth zu wer- 
den. Geraucht wird ferner die innere Rinde oder der Baſt 
bes Ned Willow oder Ned Wood, des bois rouge ber Franzo⸗ 
fen (Cornus fericea und sanguinea), und des Arrow⸗Wood, 
einer Art Viburnum, Diefe Tabal-Surrogate find unter dem 
Namen Kinnecanid oder Knickkneck bekannt. Die Winnebagos, 
Foxes und Omawhaws nennen diefelbe Dochuschuschera, Zonina, 
Nosni-a oder Ninnegahe, Die Indianer der nördlichften Laͤn⸗ 


1) a. a. O. B. 1.5. 399. 569. 


S 
9 


der und der Rody- Mountains, die Affiniboins, Crows, Blade 
feet u. a. rauchen endlich auch, wie f[hon inne!) bekannt 
war, die getrod'neten rundlichen Blätter des Sakakomi⸗Strauchs 
(Arbutus uva ursi), welcher nah Roß Cor?) und School 
craft ?) fowohl im Norden an den Seen, ald auf den hohen 
Bergen der weltlichen Länder fehr haufig wäcft, und Kock⸗ 
finn genannt wird. 

Das Tabakrauchen ift die Lieblings» Befchäftigung aller 
Indianer, und die Zabakpfeife ift ihre befländige Begleiterin, 
Kein Gebrauch herrfcht allgemeiner und feiner ift höher ges 
(hast. Da fie gewöhnlich außer der Jagd, dem Filchfang, und 
ber Zeit, welche fie auf die Werfertigung ihrer Waffen ver 
wenden, ein müßiges Leben führen, fo gewährt ihnen das 
Rauchen Unterhaltung und Zeitvertreib, Kehrt ein Indianer 
ermübet von der Jagd, einer Reiſe oder einem Kriegözug in 
feine Hütte oder in fein aus Büffelhäuten verfertigted Zelt 
zuruͤck, fo zeigt er ſich Anfangs wortlarg und theilnahmlos. 
Zunaͤchſt laͤßt er ſich am Feuer nieder und zundet feine Pfeife 
an, Erft beim Dampfen derfelben erfundigt er fich nad Frau 
und Kinder, und erzählt was ihm begegnet iſt. Erhalt ein 
Indianer Beſuch von einem Zreunde oder Fremden, fo wird 
er nach der Begrüßung zum Eigen eingeladen, und fogleich 
wird zur Tabak-Pfeife gegriffen. Der Wirth flopft und zuͤn⸗ 
det feine Pfeife an, bläft die erften Züge des Dampfes gegen 


1) Bemerkungen über das Kraut Inkashapack aus Nordamerika, 
welches man unter den Rauchtabak menget und nichts anderes als 
ber Mehlbeerenſtrauch Arbutus ift, in den Abhandlungen ber 
Schwed. Akademie. B. 5. 

2) a. a. O. p. 294. 

®) Governor Cass Expedition p. 161. 





9 


die Eonne, um dem Großen Geift oder dem Herrn des Les 
bens feine Ehrfurcht zu bezeugen, dann gegen die Himmels⸗ 
gegenben !), und nun erft überreicht er fie dem Gaſte. Sind 
mehrere Gäfte zugegen, fo geht die Pfeife im Kreife herum. 
Es wird als eine Höflichkeit angefehen, die Pfeife beim Ueber⸗ 
reihen fo lange zu halten, bis der Gaft einige Züge gethan 
hat. Das Wandern der Pfeife von Mund zu Mund hat nad) 
Major Long?) diefelbe Bedeutung, wie bad Zutrinfen auf 
Freundfchaft in der civilifirten Gefenfchaft, und es gilt als 
ein ficheres Zeichen der Aufrichtigkeit, des Vertrauens unb der 
Herzlichkeit, und als ein Pfand der Treue des Wirths. Manche 
Indianer-Stämme, wie die Kiawas, Kaskaias und Arrapahos, 
halten das Tabakrauchen für eine fo anftandige, ernfte und 
heilige Befchäftigung, daß die Frauen fogleich die Huͤtte oder 
das Zelt verlafien müffen, in dem die Männer fic, diefem 
Vergnügen überlafien, wie Major Long ?) von einem Chef 
der Miffouri-Indianer erfuhr, Hat ein Häuptling einen Gaſt 
zur Mahlzeit eingeladen, fo beginnt biefe ſtets mit Tabak⸗ 


1). Major Long fagt: In smoking they generally direct the first 
puff upward and the second downward to the earth, or the first 
to the rising and the second to the sitting sun. After which 
they inhale the smoke into their langs, and puff it out through 
the nostrils, for their own refreshment. 

2) 0.0.8. T. 2. p. 238. The ceremony of smoking arround sigui- 
fies just as much, amongst these people, as the drinking to 
friendship and good fellowship amongst the lower classes in 
civilized society. 

3) a. a. ©. T. 2 p. 188. The Chief Bijeau informed us that the 
smoking of tabacco is regarded as a pleasure so sacred and 
important, that the femals were accustomed to depart from the 
interior of a lodge when Ihe men indulged themselves with 
the pipe. 


95 


rauhen, wie Catlin) erzählt, da er bei einem Chef der 
Mandan- Indianer zu Gaft war. Nachdem fie fih am Feuer: 
heerd auf fchön verzierten Matten niedergelafien hatten, führte 
ihm biefer ſogleich das Rohr einer brennenden Pfeife in den 
Mund, aud der er zuvor einige Züge gethan hatte. Da biefe 
ausgeraucht war, legte fie der Häuptling bei Seite, und lud 
feinen Gaft ein, von den vorgefeßten Gerichten zu effen, wo⸗ 
bei er ihn mit aller Aufmerkſamkeit bediente. Kaum war bie 
Mahlzeit beendigt, fo füllte der Häuptling die Pfeife von 
Neuem, miſchte dem Tabak etwas Biebergeil bei, um ihn 
wohlriechend zu machen, und überreichte fie ihm wieder. 


So begleitet die Tabakpfeife den Indianer als eine treue 
Sefenfhafterin und eine Quelle ftiller Freuden durch das Le= 
ben, zugleich als ein Bote des Friedens, welcher Freunde 
erwirbt und Freundfchafts-Bündniffe befiegelt. Iſt das Leben 
erlofchen und hört ihr Sorgen brechenber Rauch auf zu fließen, 
fo folgt fie dem Indianer mit feinen Waffen in einem ein- 
famen Iagdrevier ind Grab, um in den fihönen Sagdgefilden 
einer andern Welt glei zyr Hand zu fein. 


Der Gebrauch, bei dem Abſchließen von Frieden, Binde 
niffen, Handel» und Granz- Verträgen aus der Friedens- 
Pfeife zu rauchen, ift bei den unabhängigen Indianer⸗Staͤm⸗ 
men Nordamerika's bis auf den heutigen Tag allgemein üblich 
geblieben, ganz wie zur Zeit der Entdeckung jenes Welttheils 
durch die Europäer, In der Sprache der Srofefen hat fie 
den Namen Ganondace, bei andern Indianern heißt fie Paogan. 
Die Franzofen, welche fie zuerft in Canada fahen, haben ihr, 





) a. a. O. Vol. 1. p. 115. Plate 62. 


wie Sharlevoir 1), de la Hontan ?) und Baqueville 
de la Potherie 2) berichten, den Namen Galumet beigelegt, 
indem fie diefelbe mit einer Schalmei verglichen. Nach einer 
alten Sage erhielten die an den Ufern des Miffouri wohnen- 
den Pahnis zuerft eine Friedenspfeife von der Sonne zum 
Geſchenk.“) Noch jet findet man fie bei allen in den noͤrd⸗ 
lichen Ländern wohnenden Indianern. Pike rauchte die Frie- 
denöpfeife bei feiner im Jahr 1805 an die Quellen des Mif- 
fisftppi unternommenen Reife, mit den Ghippewäern, Simern 
und Menomenen, Prinz Marimilian von Wied) er- 
wähnt des Gebrauchs bei feierlichen Gelegenheiten mit an⸗ 
fommenden Gefandten und ausgezeichneten Fremden die Frie⸗ 
denspfeife zu rauchen, bei allen am oberen Miffouri und feis 
nen Zufluͤſſen fi aufhaltenden Nationen, den Mönnitaris, 
Dahcotas, Affiniboins, Bladfeets, Creaks u. a. Sie haben 
befondere Medecine- Pfeifen oder Medecine- Stemd, wie fie 
bie FriedensPfeife nennen. Nach Major Long 5) herrfcht der 
Gebrauch gleichfals bei den in ben ſuͤdweſtlichen Ländern 
wohnenden Indianer» Etümmen, und vielfältig hatte er auf 
feiner Reife Gelegenheit in den Verſammlungen mit den 
Häuptlingen der Omahaws, Pahnis, Otoes, Miffouris, So: 
ways, Kiawas, Arrapaloes u. a, aus dem Calumet zu rau« 


1) a. a. O. T. 5. p. 311. Calumet est un mot normand, que vent 
dire Chalumeau. 

) Voyages dans l’Amerique septentriole. Amsterdam 1728. p. 401. 

8) 0.0, O. T. 2. p. 14. | 

4) Charlevoix. T. 5. p. 310. C’est aux Panis, Nation etablie sur les 
bords du Missouri, et qui s’etend beaucoups vers le Nouveau 
Mexique, qu’on prötend que le Calumet à été donne par le soleil. 

4.0.0826. 167. 

) a. a. O. T. 1. p. 119. 200, 343. 


9 


hen. Bei oden Zuſammenkuͤnften war died eine Freund⸗ 
fchaftö» Bezeugung und eine unerläßliche Geremonie. Der 
Maler Catlin gedenkt ferner einer großen Zuſammenkunft 
der Häuptlinge der Dfagen, Camanchees, Weioos, Caddoes 
u. a., welche Gommiffäre der Vereinigten Staaten im Fort 
Gibſon am Arkanfas veranlaßt hatten, um mit diefen Natio- 
nen Friedens» und Freundfchafts-Verträge zu fchließen. Die 
Verhandlungen endigten mit dem Rauchen aus der Friedens 
pfeife, welche im Sreife herumging. Des Calumeis endlich 
hat neuerlihft auch der Pater de Smet!) bei feiner Reife 
in dad Zelfengebirge und das Oregon⸗Gebiet gedacht, wo «6 
ihm am Fluſſe La Platte die Chefs der Pahnis, am Fluſſe 
Konfa die Chefs der Kants, fowie die Häuptlinge der Sheyen- 
ned und Soöhonied oder Schlangen⸗Indianer darreichten. 
Die Friedenspfeife iſt eine viel größere, reicher und ſchoͤ⸗ 
ner verzierte Tabakpfeife, ald die, deren fich die Indianer ger 
wöhnlich bedienen. Der große hammerförmige Pfeifenkopf 
it meiftend aus dem rothen Pfeifenflein gebildet, doch gibt 
es auch weiße oder fehwarze. Iſt der Kopf roth, fo wird er 
bei Sriedens-Unterhandlungen mit Kreide oder weißem Thon 
angeftrichen, weil die rothe Farbe als ein Blutzeichen dabei 
nicht paffen würde, Das vier bis fünf Fuß lange, aus leich⸗ 
tem Holz verfertigte Rohr ift mit den fchwarzen Schwung» 
und Schwanzfebern einer Adlerart geſchmuͤckt, welche der Ca⸗ 
lumet⸗ oder KriegösAbler genannt wird. Außerdem iſt ed mit 
Bändern, Flechten von Frauenhaar, weißen Corallen⸗Schnuͤ⸗ 
sen, verſchieden gefärbten Kielen von Stachelfchweinen, bun⸗ 
ten Federn und Vogelfchnäbeln verziert. Die Frauen find 


!) Voyage aux Montagnes rocheuses. p. 1. 6. 94. 277. 
7 





eifrig bemüht an dem Galumet ihre Kunftfertigkeit zu zeigen 
und bewundern zu laſſen. Jeder Indianer- Stamm ſchmuͤckt 
Übrigens die Friedenspfeife auf feine Weife, die Indianer 
können daher beim erften Blick beflimmen, welcher Nation 
ein Galumet angehört. 

Tafel VII. ſtellt eine Friedens-Pfeife dar, nad einer Ab⸗ 
bildung des Prinzen Marimilian zu Wied 1), und Tafel IX. 
einen Häuptling der Mandanen mit der Friedend-Pfeife, nach 
Catlin 2). Ä 

Das Salumet einer Nation wird als ein heilige Werke 
zeug ſtets fehr forgfältig von dem erfien Häuptling einer 
Natiom aufbewahrt, und aus ihm wird nur bei feierlichen 
Gelegenheiten in den Raths-Verſammlungen und beim Raths⸗ 
Feuer geraucht. 

Die. von einem Volke an ein anderes abgeſchickten Ge⸗ 
fandten und Friedensboten werden als geheiligte und une 
verlegliche Perfonen angefehen, die unter dem Schutze de 
Sroßen Geiftes fichen, Ihnen übel zu begegnen wird für 
ein großed Verbrechen gehalten, welches der Große Geiſt 
durch unglüdliche Erfolge im Krieg oder durch große Nieder- 
Tagen beftrafen werde, Stets führen die Gefandten ein Galu- 
met bei ſich, welches die Stelle einer meißen Flagge vertritt, 
und welches. ebenfalls für heilig gehalten wird, Wer eine 
Srievenspfeife verlegt oder befhimpft, wird mit dem Tode 
beftraft, Dem Chef einer Nation, welcher ein Friedendpfeife 
trägt, wird bei allen, felbft den rohften Völkern, die größte 
Ehre erwiefen, und «8 foll nie vorgefommen fein, daß einem 
Gefandten, der ein Salumet trug, eine Beleidigung wider 


1) a. a. O. Taf, 48. Fig. 13. 
2) a. a. D. Vol. 1. p. 92. Pl. 49. 


fahren wäre. Die Gefandten werden feierlih und mit großem 
Jubel empfangen, und die Häuptlinge bemühen ſich ihnen 
alle Aufmerkſamkeit zu erweifen. Es werben ihnen befondere 
Hütten oder Zelte eingeräumt, in denen fie gaftlid, bewir⸗ 
thet werden. Die Chefs unterlaffen auch nicht, den Geſandten 
eine ihrer Frauen zur Gefellfchaft zuzuführen. 

Die bei Friedens - Unterhandlungen und beim Abfchließen 
von Buͤndniſſen, Gränz« und Hanbelds Verträgen üblichen 
Geremonien haben Carver), Kosfiel2), Hedewels 
der ?), Bradenridge, Long, be Smet u.a. befthrieben, 
Die Verfammiangen und Berathungen werden in ber.großen 
Rathshuͤtte, meiftens um Mittag gehalten, Der hoͤchſte Stand 
ber Eonne gilt als Sinnbild der berrichenden Freundicaft, 
und die Wärme der Eonnenftrahlen bezeichnet die Verſoͤhn⸗ 
lichleit der Gemüther. Die Gefandten werden in die Raths⸗ 
oder Gemeindehütte eingeführt, in deren Mitte ein großeß 
Zeuer brennt, und hier erhalten fie die Ehrenpläge, im Kreiſe 
auf fehönen Matten, Büffel» oder Bärenfellen fich nieder 
lajjend. Der erfte Häuptling einer Nation tritt feierlichſt, die 
Zriedens-Pfeife tragend, in ben Kreis der Berfammlung, um 
die Verhandlungen mit dem Rauchen aus berfelben zu eröffs 
nen. Er reicht fie einem alten vertrauten Krieger, um fie mit 
auögefuchtem Tabak zu füllen, wobei ſich dieſer forgfaltig 
hütet, mit derfelben die Erde zu berühren. Iſt fie gefuͤllt, fo 
nimmt er eine glühende Kohle aus dem Nathöfeuer und legt 
fie auf den Tabak. Sobald dieſer gehörig brennt, halt er 


1) 0.0.0.6. 303. 
2) Geſchichte der Miffton der evangeliſchen Brüder unter den Indianern 
in Nordamerika. Burley 1789, B. 1. &, 20%. 
2) a. a. O. S. 132, 
7* 





100 


zuerſt die Epige des Pfeifenrohrd ehrerbietig gegen den Him⸗ 
mel, um fie dem in der Sonne wohnenden Großen Geiſte, 
dem Herrn des Lebens, darzureichen, und deſſen Beifland 
bei den Berhandlungen- zu erbitten. Dann neigt er dad Rohr 
gegen die Erbe und dreht ed wagerecht im Kreiſe herum, 
um den Schuß der in der Luft, auf der Erde und. im Waſſer 
fih aufhaltenden Geifter zu erflehen. Nachdem man fich fo 
der Gunft der unfihtbaren Wefen verfichert zu haben glaubt, 
welche die Verhandlungen flören Eönnten, wird bie Friedend- 
Pfeife dem erſten Häuptling eingehändigt. Diefer bIAfl die 
erften Züge des Rauchs gegen den Himmel und bie Sonne, 
Bann nad den vier Üeltgegenden, und hierauf rund um 
gegen die Erde. Nun reicht er das Calumet den Gefandten, 
welche diefelbe Seremonie beobachten, unb hierauf wandert 
es bei allen Häuptlingen und Mitgliedern der Verſammlung 
im Kreiſe herum, welche einige Züge daraus thun. 1) 


1) De Smet (a. a. O. p. 21.) rauchte bie Friebenspfeife mit den 
Soshonies oder Schlangen s Indianer im mittäglichen Theil bed 
Oregon: Gebiets, und gibt von der Kermonie folgende Nachricht. 
Les principaux chefs, au nombre d’environ trente m’inviterent 
a un conseil. Comme parmi les Sheyennes, it fallut aussi passer 
par toutes les cer&monies du calumet. Le Chef ft d’abord un 
petit cercle sur la terre, y placa un petit morceau brulant de 
fiente seche de vache, et y allama son calumet. Il offrit ensuite 
la pipe au Grand Esprit, au soleil, à la terre et aux quatre 
points cardinaux. Les autres observaient tous le plus profond 
silence et restaient assis immubiles comme des statues. Le 
calumet passa de main en main, et je remarquai que chacun 
avaitune maniere differente de s’en saisir. L’untournaitle calumet 
avant de imetire le manche dans la bouche, le suivaut falsait un 
demi-cercle en l’acceptant, un autre tenait la coupe en l’air, un 
quatrieme la baissait jusqu’& la terre, et ainsi de suite. 


101 


Jetzt erfi tragen die Gefandten den Gegenfland ihrer Sen⸗ 
bung .in Eräftiger freier Rede vor, burd welche fich viele 
Indianer fo rühmlichft auszeichnen. Als ein Beiſpiel ihrer 
Beredtſamkeit theile ich die Rede Zacumfeh’s, des großen 
Häuptlings der Schawano» Indianer, mit, welche er in einer 
Verfammlung an die Ofagen hielt, um fie zu einem Bunde 
und Kampf gegen ihre gemeinfamen Unterbräder, die Weißen, 
aufzufordern. Die Rede findet fi in den Denkwuͤrdigkeiten 
Sohn Dun Hunter’8 1), welcher als Kind einer Anfledler- 
Familie von Indianern geraubt wurbe, und viele Jahre unter 
den Kanſas und Dfagen gelebt hat. Aus ihr wird man zu⸗ 
gleich die Urfachen des Hafles entnehmen, den die Indianer 
gegen die Weißen hegen, und ber nie erlöfchen wird, fo lange 
es noch freie Indianer geben wird, 

„Brüder!“ ſprach Tacumſeh, „wir gehören alle zu einem 
„Sefchlechte, wir find alle Kinder des großen Geiſtes, wir 
„wandeln auf demfelben Wege, Idfchen unferen Durſt aus 
„derſelben Quelle, und jest haben und Angelegenheiten von 
„der größten Wichtigkeit bewogen, die Pfeife um das Feuer 
„im Rathe zu rauchen. Brüder, wir find Freande, und muͤſſen 
„uns einander beiftehen, unfere Buͤrde zu tragen. Das Blut 
„vieler unſerer Vaͤter und Bruͤder iſt wie Waſſer auf den 
„Boden gefloſſen, um die Habſucht der weißen Menſchen zu 
„befriedigen. Wir ſelber werden mit einem großen Ungluͤck 
„bedroht, und nichts wird ſie befriedigen, als die Vernichtung 
„aller rothen Menſchen. Bruͤder, als die weißen Menſchen zuerſt 
„den Fuß auf unſeren Boden ſetzten, waren ſie hungrig, ſie 


1) Memoirs of a Captivity among the Indians of North America from 
Childhood to the age of nineteen, with anecdotes descriptive 
of iheir manners and eustoms. London 1823. 8. p. 60. 











102 


‚halten einen Platz, wo fie ihre Deden ausbreiten oder ihre 
„Feuer anzuͤnden konnten. Sie waren ſchwach, fie vermochten 
„nichts für fich allein. Unfere Väter erbarmten fich ihrer Noth, 
‚and theilten freigebig mit ihnen, was der große Geift feinen 
„rothen Kindern gegeben hatte. Sie gaben ihnen Nahrung, 
„wenn fie hungerten, Arzenei den Kranken, breiteten ihnen 
„Haute zum Nachtlager aus, und gaben ihnen Land, damit 
„se jagen und Korn bauen konnten. Brüber,. bie weißen 
„Menfchen gleichen giftigen Schlangen; erflarrt, find fie nur 
„ſchwach und unſchaͤdlich, aber fie werben flarf, wenn man 
„sie erwärmt, und geben ihren Wohlthätern tödtliche Biſſe. 
„Die weißen Menfhen waren ſchwach, als fie zu und famen, 
„und jetzt haben wir fie ſtark gemadt. Sie wollen und tödten 
„oder zurüdtreiben, wie fie Wölfe und Panther zurlidtreiben 
„wuͤrden. Brüder, die weißen Menfchen find nicht Freunde 
„bee Indianer, Sie forderten anfaͤnglich nur- fo viel Land, 
als genug wäre, eine Hütte zu bauen, jetzt aber wirb nichts 
‚Ale befriedigen, als unfer ganzes Jagdgebiet vom -Aufgang, 
nbis zum Untergang der Sonne. Brüder, die weißen Men 
„ſchen brauchen noch mehr als unfer Jagdgebiet; fie wollen 
„au unfere Krieger tüdten, felbft unfere Greife möchten ſie 
„Aöbten, unfere Weiber, unfere Kinder. Bruͤder, vor vielen 
„intern: gab es Fein Land, die Sonne ging nidht auf und 
„nicht unter, und alles war Finſterniß. Der Große Geift 
nwachte alle Dinge, Er gab ben weißen Menfchen eine-Dei: 
math - jenfeit- der großen Waſſer. Er verſah unfer Gebiet mit 
nBild,- und gab es feinen rothen Kindern, und gab- ihnen 
„Kraft und Muth, es zu vertheidigen. Brüder, mein Volk 
„wwünfcht Frieden, alle rothe Menſchen wuͤnſchen Frieden; 
„aber mo die weißen Menfchen find, da iff nicht Frieden für 
„lie, old an dem Buſen unferer Mutter Erde, Brüder, die 


108 


„serien Menfchen verachten und. betrugen die Indianer; fie 
„beleidigen und befchimpfen. fie, und halten bie rothen Men- 
„ſchen des Beben nicht recht wärbig, Die rothen Menfchen 
„haben viele unb große Unbilden erlitten, und follten fie nicht 
„tanger mehr ertragen, Mein Volk will «& nichts zur Race 
nit es entichloffen, es hat das Tomahawk ergriffen, will es 
„in Blut tauchen, will dad Blut der weißen Menfchen trinken. 
„Brüder, mein Bol ift tapfer und zahlreich, die weißen Men⸗ 
„Ichen find ihm aber zu ſtark, wenn es allein fieht. Sch wünfche, 
„Daß ihe dad Tomahawk mit ihm ergreift, Wenn alle fi 
„vereinigen, werden die Fluͤſſe das große Waller mit ihrem 
„Blute farben. Brüder, wenn ihre euch nicht mit uns ver 
„bindet, werben fie zuerfi und zerflören, und dann werdet 
ihr eine Jeichte Beute für fie fein. Sie haben ſchon viele 
„Bölkerfchaften der rothen Menſchen vernichtet, die nicht freund« 
lid) gegen einander waren. Brüder, die mweifien Menſchen 
„ſchicken Boten zu und; fie wollen uns unter einander ent⸗ 
ärseien damit fie unfer Jagdgebiet uͤberſchwemmen und ver» 
„wuͤſten, wie verheerende Winde-und raufshende Waſſer. Bruͤ⸗ 
„ber, unfer Großer Vater iſt unwillig gegen das weiße Bell, 
„unfere Zeinde, Er wird feine tapferen Krieger gegen fie 
„enden, er wird und Waffen geben, und wad wir fonft 
„bedürfen; er ift unfer Freund und wir find feine Kinder. 
„Brüder, wer find: die weißen Menfchen, daß wis fie fuͤrchten 
„follten? Sie koͤnnen nicht ſchnell laufen, und Teiht kann der 
„Schuß fie treffen; Te find nur Menfchen und unfere Väter 
„haben viele von ihnen getöbtet, Wir find nicht Weiber und 
„wollen bie Erde mit ihrem Blute färben. Brüder, der Große 
„Geiſt ift erzuͤrnt gegen unfere Feinde, Er fpricht im Donner, 
„und die Erde verfchlingt Dörfer und trinkt den Miffisfippi auf, 
„Das große Wafler wird ihr Flachland bebeden; ihr Korn 


— — —— — — — 





104 


„kann nicht wachſen, und der Große Geiſt wird diejenigen, 
„die ins Gebirg enifliehen, mit ſeinem furchtbaren Odem von 
„der Erde fegen. Bruͤder, wir muͤſſen verbunden ſein; wir 
„muͤſſen aus einer Pfeife rauchen; wir muͤſſen fuͤr einander 
„ſtreiten, und was mehr denn alles iſt, wir muͤſſen den Großen 
„Geiſt lieben; er iſt fuͤr uns, er wird unſere Feinde vernichten 
„und alle ſeine rothen Kinder gluͤcklich machen.“ 

Kommt ed nach den Verhandlungen und gehaltenen Reden 
zum Abfchluffe eines Friedens, eines Buͤndniſſes oder Vertrags, 
ſo wird die Friedenspfeife abermals angezündet und fie wan⸗ 
dert nochmals unter den angegebenen Geremonien im Sreife 
der. Mitglieder der Verſammlung herum, Hiedurch werben erft 
die Beſchluͤſſe und Verträge bekräftigt und gleichfam befiegelt, 
indem der Große Geiſt ald Zeuge der Aufrichtigkeit der freund⸗ 
fhaftlihen Gefinnungen und der Gültigkeit der Beſchluͤſſe 
angerufen wird, Die abgefchlofienen Verträge werben von den 
Indianern fehr gewiffenhaft gehalten und wer fie verletzt, wird 
für chrlos ‚gehalten 1). Bei dem im Zelfengebirge ſich auf 
haltenden Shofchoneed - Indianern herrfcht noch der Gebrauch, 
wie William Moore?) berichtet, daß die Häuptlinge beim 


1) De Smet (a. a. D. p. 227) fagt: Fumer le calumet ensemble, 
c’est prendre V’engagement solemnel de se traiter en amis; oelui 
qui y est infidele perd tout estime et conflance, est considered 
comme infame, et s’expose à la vengeance divine. — Le Calu- - 
met entre dans toutes les c&remonies religieuses, c’est l’instrument 
par le quel ils pröiudent & toutes leurs invocations. Fumer est 
leur preparation prochaine, lorsqu’ils s’adressent au Grand Esprit, 
au Soleil, ala Lune, à la Terre et à l’Eau, et qu’ils prennent pour 
temoins de leur sincerite et pour garanis de leurs engagements. 

2) Indian Wars of the United States from the discovery to the 
present time. Philadelphia. 1840. p. 46. 


Abfchließen von Verträgen ihre Moccaffins ablegen, ehe fie 
aus der Friebenöpfeife rauchen. Hierdurch deuten fie an, daß 
fie ſtets barfuß gehen wollen, wenn fie Lie Wort nicht hal« 
ten würden. 

Iſt ein Friebe gefchloffen, fo graben die . verfammelten 
Anführer. ver Nationen eine Streitart ein, zum Zeichen, daß 
die Feindfeligkeiten ruhen follen. Ferner ift es üblich, daß ſich 
die Geſandten und Häuptlinge nach dem Abfchließen von Friedens⸗ 
Unterhandlungen und anderen Verträgen mit Bampum-Gürteln 
befchenfen, zum Zeichen ihrer Freundfchaft und zur Erinnerung 
an die feflgefeßten Tractate. Wampum iſt nad) Heckewel⸗ 
der !) ein irokeſiſches Wort, welches Mufchelfchale bedeutet: 
Seit den älteflen Zeiten verfertigen die Indianer aus ben 
verfchieben gefärbten Schalen von Mies, Wenub- und anderen 
Mufcheln, die fie an den Ufern der Flüffe und Seen auf- 
fuchen, Heine polierte Gylinder, oder perlenförmige Stuͤcke, 
von weißer, feywarzer oder violetter Farbe.  Diefe Stüde wer« 
den auf Sehnenfaden ober dinne Riemchen gereikt und zu 
Schnüren verbunden.. Mehrere folher Schnüre, durch Faden 
verfnüpft, bilden breite Bänder oder Stränge, welche Wampume« 
Gürtel oder Belts genannt werben, bie einen fehr gefüchten 
Schmuck abgeben, deflen ſich die Indianer zu Ohrgehängen, 
Stirnbinden, Halsbändern und Gürteln bedienen. Das Wam⸗ 
pum vertritt zugleich die Stelle des Geldes, und die Perlen 
und Schnüre haben einen gewiflen Werth, nach dem der Preis 
eines Thierfells, eines Kleidungsſtuͤcks, einer Waffe, - einer 
Seräthfchaft, eines Pferds u. f. w. beflimmt wird, In früs 
herer 3eit war bad Wampum, wie Hennepin ?), Charles 


1) aa. D. Brief 19. 
2) a. a. O. p. 307, 


1o6 


voir 1), Bacqueville de la Pothene?) u. a.. berichten, 
bei allen nördlichen und äftlichen, an ben Küflen des atlan⸗ 
tifchen Oceans, am St, LorenzFluß, an den kanadiſchen Seen, 
am Hubfon, Delaware, Ohio, Mifjisfippi und am unteren 
Miffouri wohnenden . Bölferfchaften im Gebrauch. Dagegen 
fand man es nicht bei den am oberen Miſſouri und im Felfen- 
Gebirge lebenden Indianern. Die Engländer und Franzofen 
fingen bald nad; ihrer Niederlaffung in Amerifa an, Wampum 
fer fauber und in großer Menge zu verfertigen, welches die 
Pelzbandler mit großem Gewinn an die Indianer abſetzten. 
Hiedurch verlor das Wampum zwar fehr an Werth und Be- 
beutung, dennoch ift ed beiden Indianern bis. zur neueften Zeit 
fehr geſchaͤtzt geblieben, und «8 fpielt in ihrem Verkehr noch 
immer eine wichtige Rolle. 

In den Wampum⸗Guͤrteln, welche fi die Haͤuptlinge 
beim Abſchluſſe von Verträgen zum Geſchenke machen, find 
verſchiedene Zeichen und hieroglyphiſche Figuren angebracht; 
weldye fih auf die eingegangenen Verträge beziehen 2). Mit« 
teift diefer- behalten die Indianer biefelben im Gedaͤchtniß und 
berufen ſich auf-fle, wie untere Diplomaten auf die bei Zrichens« 
ſchluͤſſen, Allianz⸗ Graͤnz⸗ und Handels-Werträgen. nieder⸗ 
geſchriebenen Urkunden. Ein Friedendobelt beſteht aus weißem 
Wampum, in dem zwei verſchlungene Haͤnde aus ſchwarzem 
Wampum gebildet, enthalten ſind. Wenn in einem ſchwarzen 
Wampum⸗Guͤrtel in der Mitte eine oder zwei Reihen von 
weißen Wampum von vinem Ende bit zum anderen fort⸗ 
laufen, fo bezeichnet dies, baß zwei Nationen in gutem Ver⸗ 


) a. a. O. T. 5. p. 360. 
2) 0.0.0.8. 1. p. 333. avec fig. 
2) Loskiel. a, % D. B. 1. S. 2. 34. 


167 


nehmen und im Handelsverkehr bleiben wollen. Ein ſchwarzes 
Belt, in dem die rothe Figur einer Streitart angebracht ift, heißt 
ein Kriegsbeit. Ein ſolches fendet ein Volk nebſt Tabak an ein 
andered ald Aufforderung zu einem gemeinfamen Kriegszug. 
Nimmt ed der erſte Häuptling an, raucht er von dem Tabak, 
und fagt er, ber Tabak raudıt fich gut, fo gibt er daburd, zu 
erkennen, daß die Nation an dem Kriegszug Theil nehmen 
will, Weigert ſich der Chef aber, das Belt anzunehmen und 
vom überfendeten Tabak zu rauchen, fo iſt damit eine abſchlaͤ⸗ 
gige Antwort ertheilt. Es ereignet fich zumellen, daß eine 
Gefandtichaft den Verſuch macht, ein Volk zu einen Kriegs⸗ 
zug zu Überreden, indem fie das Belt dem Chef auf die Schultern 
oder Schenkel legt. Beharrt er auf feinem Entſchluß, fo 
ſchuͤttelt er es unwillig ab, ohne es mit den- Händen zu berühs 
ren, und wirft ed mit einem Stabe dem Gefandten entgegen, 
ald wenn er eine-giftige Echlange aus dem Wege-fchleuderte 1). 

-Die beim Abfchluffe von Verträgen zum :Gefchen? erhals 
tenen Bampum- Gürtel werden von den Häuptlingen fehr 
forgfältig aufbewahrt, und fle machen einen wichtigen Theil 
des Öffentlichen Schaßes und des Archivs einer Nation aus. 

Die Wampum - Gürtel der Indianer Nordamerika's haben 
offenbar eine große Aehnlichkeit mit den Quippos oder Quippus⸗ 
Schnuͤren der alten Peruaner, welche aus verſchiedenfarbigen 
Faͤden und Knoten beſtanden. Die Farben und Knoten bezeic- 
neten gewiffe Gegenflände, z.B. Weiß, Silber, Gelb, Gold, 
Weiß ferner Zrieden, Noth Krieg. . Die Quippos oder Cor- 
boencillod-Eon-Nudos, wie fie Caulin nennt, enthielten bie 
Annalen der alten Peruaner, wie Lord Kingsborsugh 2) 


1) Heckewelder. a. a. O. S. 135. 
2) Antiquities of Mexico. Vol. 6. 


108 


Phaer!), Rivero ?) u. a. bewiefen haben. Ihrer bebienten 
ſich ehemald auch andere Amerikaniſche Voͤlker, die Indianer 
Louifianas 2), die araiben.und die Tamanaken am Orenoco ®). 
Sie waren ferner, was fehr beachtenswerth ift, bei Voͤlkern 
des öftlichen Aliens in Gebrauch, fo nah P. Amiot 5) bei den 
Sifans, einem Gebirgsvolfe am Khu⸗khu⸗nor. Die antike 
ofiatifche Knotenſchrift fcheint nah Ab. Remuſat's ©) Unter 
ſuchungen felbft bei den Chinefen der älteften Zeit, da fie noch 
ihre Wohnfige in Honan und Schenfi hatten, üblich geweſen 
zu fein, und fie führte den Namen Sicicheng. 

Nach dem Abfchluffe von Frieden und Verträgen wirb 
noch zu Ehren ber abreifenden Gefandten ein nach der Friedend- 
pfeife benannter Tanz, der Calumet⸗Tanz, aufgeführt, defien 


ſchon Marquette, Champlain, Charlevoir, be la 


Hontan?!) und andere ältere Reifende gedacht haben, Er 
ift unter allen Zänzen der tanzlufligen Indianer der vorzüg« 
lichfie, feierlihfte und für die Zuſchauer der gefälligfte, Diefen 
mit vielen Pomp und mancherlei Ceremonien verbundenen 
Zanz haben Major Kong®) und Gatlin ?) ausführlid 





1) De la Quipola o explication de los Quipos. London 1827. 

2) In Memorial de las Ciencias naturales. T. 3. p. 110. 

8) John Felson Histoire de Kentucky p. 102. Le Page de Pratz 

' Bist. de la Louisiane T. 2. p. 196. 

%) Gili a. a, D. T. 2. p. 54. 

5) Traduction d’un Memoire Chinois sur les Lieux appelles Si Fan; 
in M&m. concernant l’histoire des Chinois. Paris 1789 T. 14.p. 127. 

©) Recherches sur les langues Tartares. Paris 1820. p. 66. 

2) q. a. O. T. 2..p 100. La danse principale est celle du Calumet, 
et la plus belle et Ja plus gracieuse. On la danse lorsque les 
etrangers passent daus leur pais, ou que leurs ennemis envoient 
des Ambassadeurs pour faire des propositions de Paix. 

e) a. a. D. Vol. 1. p. 332. 

») a. a. D. Vol. 1. p. 56. A. 32. The Pipe Dance. 





109 


befchrieben. Er wird auch oft bei der Anweſenheit eined aus⸗ 
gezeichneten Häuptling einer andern Nation oder eined ange 
fehenen Fremden aufgeführt. Die Perfonen, zu deren Ehren 
der Tanz ftatt hat, pflegen die Tänzer reichlich zu beſchenken. 

Bei dem Calumet muß ich endlich erwähnen, daß die 
Indianer auch eine Kriegspfeife haben, deren Verzierungen 
blutroth find. If ein Krieg in der Verſammlung ber Häupt- 
linge durch Stimmenmehrheit befchloffen, fo fendet der erfte 
Chef durch Boten eine roth bemalte Pfeife in dem Stamme 
herum und laßt zur Xheilnahme am Kriegszug einladen, 
Jeder, der fi) dem Zug anfchließen will, raucht aus ber Pfeife. 
Hat diefe die Runde dur den ganzen Stamm gemadıt, fo 
erfcheinen die Krieger am beftimmten Zage in voller Ruͤſtung. 
Der erſte Anführer pflanzt die Kriegspfeife auf einem freien 
Platz an einem roth bemalten Pfahl auf, von Bogen, Pfeilen, 
ganzen, Keulen und Streitärten umgeben, und vor benfelben 
ſtellen ſich die Krieger auf. Der Häuptling erzählt nun die 
Heldenthaten der Nation und ermuntert fie zur Tapferkeit. 
Dann ergreift. er die. Pfeife mit beiden. Händen und erhebt 
fie tanzend zur Eonne, neigt fie zur Erde und richtet fie gegen 
die Krieger. Hierauf zündet er fie an, bläst die erſten Züge 
gegen bie Sonne und die vier Weltgegenden, und dann gegen 
bie Krieger, worauf fie zum Zeichen der Eintracht im Kreife 
herumgeht. Jeder einzelne Krieger tanzt nun mit den Waffen 
in den Händen. Die Kriegspfeife wird auch in die Schlacht 
mitgenommen. Reicht fie ein Feind mitten im Kampfe, fo ift 
es erlaubt fie nicht anzunehmen. Wird fie aber angenommen, 
fo muͤſſen die Waffen fogleich niedergelegt werden, 

Das Tabafrauchen ift auch beim Wahrfagen, und bei allen 
Zauber» oder Mebdicin-Seften der Indianer im Gebrauch. Bor 
einem Kriegszug wird flets in einer Verſammlung der Haͤupt⸗ 


110 


linge der Rath der Wahrfager und Zauberer eingeholt, den 
diefe unter Zabafrauchen ertheilen. Selbſt vor Anjtelung einer 
Büffeljagd verfammeln fi) die Indianer, um rauchend den 
Großen Geift um feinen Beiſtand und Segen zu bitten, Prinz 
Marimilian von Wied !) war in tinem Dorfe der Moͤn⸗ 
.nitaris Indianer am oberen Miffouri zu cinem Bauberfeft am 
Abend vor einer großen Büffeljagb eingeladen. Alle Indianer 
hatten fich in der Rathshuͤtte verfammelt. Junge Leute zuͤn⸗ 
beien eine Tabakpfeife an, die fie zuerſt den alten SKriegern 
und den Fremden übevreichten. Jeder that einige Zuͤge und 
flehte den Großen Geift um feinen Beiſtand bei der Jagd 
an. Nah Major Long 2) bedienen fich die Omawhaws felbft 
einer Zabakpfeife bei der Jagd, und das Nauchen wird ale 
nothwendig für den gluͤcklichen Erfolg der Jagd erachtet, Hat 
man ſich vorfichtig einer Büffel-Heerde genähert, fo zündet 
ein Indianer ſchnell eine Pfeife an, und bläst den Dampf 
zuerft gegen den Himmel und dann gegen bie Heerde. Hier: 
auf erſt wirb daß Zeichen zum allgemeinen Angriff gegeben, 
Eind Büffel‘erlegt, fo zünden die Indianer fogleich ihre Pfeifen 
an, zum Danke gegen den Großen Seift, während die Frauen 
befchaftigt find, die Büffel zu zerlegen und fortzufchaffen. 





1) a. a. O. B. 2. S. 265. 

2) a. a. O. T. 1. p. 208. The party having approached as near 
to the herd of bisons, as they suppose the animals will permit, 
without taking alarm, they halt, to give the pipe-bearer an 
opportunity to performe the ceremony of smoking, which is 

. : sonsidered necessary te their success. He lights his pipe and 
remains a short time with his head inclined and Ihe stem of (he 
pipe extended towards the herd. He then smokes and puffs the 
smoke towards the bisons, towards (he heavens and the earth, 
and finally to the cardinal points successively. The ceremony 
of smoking being performed, the word for starting is given, 


111 


Der Tabak, dem die Indianer große Eigenſchaften zu⸗ 
ſchreiben, wird noch jetzt, wie ehemals, vielfaͤltig als Arzenei⸗ 
mittel gebraucht gegen Wunden, Geſchwuͤre und innere Krank⸗ 
heiten. Rah John Dun Hunter!) und Bigelow ?) 
bedienen fie ſich der Tabakblaͤtter, mit Spahnen ber Waſſer⸗ 
eihe vermengt, ald eines zeriheilenden Mitteld bei Geſchwuͤl⸗ 
fien und Abſceßen. Erwärmte Blätter legen fie auf ſchmerz⸗ 
hafte Theile und auf veraltete Gefchwüre. Ferner kocht man 
die Blätter mit Bären- Fett vermifht, und macht Auffchläge 
bauen auf Gefchwälfte und Haut-Ausfchläge. Außerdem wen⸗ 
den die Indianer einen Abguß des Tabaks gegen die Waſſer⸗ 
fuht. ans Auch benugen fie ihn als Wurmmittel, indem, fie 
frifche Blätter auf den Unterleib der Kinder legen. Lescan 
bot 2) endlich führt von den Indianern Arkadiens oder Neu 
ſchottlands, den Souriquois und Micknaks, an, daß fie ſich 
zur Wiederbelebung Ertrunfener des Tabakrauchs bedienten. 
Sie füllten mit demfelben eine Blaſe oder ein Stud Darm 
eined Thiers an, in die fie ein Rohr: befefligten, durch welches 
fie den Rauch in den After des Ertrunkenen einführten, 


y a. a. O. 
2) American Medical Botany. Boston 1817. 
®) Histoire de la nouvelle France. Puris 1609. 


118 


C) Sagen und Aluthmaßungen über den Urfprung des 
Tabakrauchens bei den Indianern. Der Tabak ein 
heiliges Araut und das Rauchen ein religiöfer 
Gebrauch, ein der Sonne und dem Großen Geiſt 
gebradjtes Opfer. 


Ueber die Frage, was bie Indianer Amerikas urfpränglich 
wohl bewogen haben mag, bie trodenen Blätter der Tabak 
pflanze anzuzünden, deren Rauch einzuziehen, und durch ben 
Mund und die Nafe auszublafen, hat Feiner der älteren und 
neueren Neifenden genügende Auskunft gegeben, Darin nur 
flimmen fie überein, das Tabakrauchen fei ein fehr alter Ge 
brauch und es herrfche unter den Indianer-Stämmen allgemein 
die Sage, den Tabak und die Kabakpfeife hätten fie von ber 
Sonne, ober von dem darin wohnenden Großen Geifte zum 
Gefchen? erhalten, und der Tabak und das Tabakrauchen wür 
den als heilig angefehen. Zur Beantwortung obiger Frage 
find wir daher gendthigt zu Muthmaßungen unfere Zuflucht 
zu nehmen. 

Wahrfcheinlich wurden die Indianer bei ihren Wanderungen 
und Streifzligen fhon in fehr früher Zeit mit dem Tabak 
und feinen ertegenden Eigenfchaften befannt. Bei dem Anzlın« 
den von Feuer zur Bereitung von Speifen und zur. Erwärs 
mung in Falter Jahreszeit boten ihnen die großen trodenen 
Blätter und Stengel abgeflorbener wildwachfender Tabak⸗ 
pflanzen ein reichliche® und leicht entzundbares Brennmaterial 
dar. Vielleicht bedienten fich die Indianer auch der angezündes 
ten Blätter, um durch den fcharfen Rauch die läftigen Schwärme 
der Musquitos abzuwehren, welche in den waflerreichen Laͤn⸗ 


113 


dern Amerikas zu den größten Plagen gehören. Auf folche 
Weiſe wurden die Indianer mit dem ihnen angenehmen Duft 
und ber ertegenden Wirkung des Tabakrauchs bekannt. Das 
Wohlgefallen an demfelben beflimmte fie auch wohl felbft 
trodene Blätter zufammenzurollen, in den Mund zu neh 
men, anzuzuͤnden und ben Rauch einzuziehen, was ihnen einen 
angenehmen Kiel in der Zunge verurfachte, Unterhaltung 
gewährte und zugleich ein Mittel zur Vertreibung von Lange 
weile wurbe. Außerdem mußten die Indianer, denen es oft 
an Nahrungsmitteln gebriht, bald die Erfahrung gemacht 
haben, daß der Rauch des Tabaks das Gefühl des Hungers 
abflumpft, und fo wurde dad Rauchen auch gegen diefe Plage 
in Anwendung gebraht. Das trodene Kraut des Tabaks 
wurde nad und nach nicht nur gefammelt, fondern fie pflanz« 
ten auch Tabak in der Nähe ihrer Wigwams, ihrer Zelte 
und Hütten, und fie erfanden Geräthfchaften, aus denen fie 
Tabak rauhten, um fih nah Belieben feiner Wirkungen 
erfreuen zu koͤnnen. 

Die aufregende und berauſchende Wirkung des Tabak—⸗ 
rauchs, fowie vielleicht auch die in Erfahrung gebrachte gute 
Eigenfchaft der grünen Tabakblaͤtter, als Wundkraut zu die⸗ 
nen, gaben wohl die Weranlaffung, daß die Indianer dem 
Tabak übernatürliche Kräfte zufchrieben, und ihn daher als 
ein Gefchent der Gottheit, der Sonne, oder des in ihr woh⸗ 
nenden Großen Geiles, des Wanitto, anfahen, und daher 
für ein heiltges Kraut hielten. Darin flimmen ale Nachrich 
ten der älteren Neifenden überein, daß die Bewohner Haytis, 
Cubas, der Antillen, Floridas und aller Länder Nordamerikas 
den Tabak ein heiliges Kraut nannten, und dies ift bei allen 
nordamerißanifchen Indianern bis auf den heutigen Tag noch 
der Fall, Sie fehen den Rauch des Tabaks zugleich als etwas 

8 





114 


dem Großen Geiſte, Manitto, Angenehmes und Wohlgefaͤlliges 
an, das ihm zum Opfer dargebracht wird. Daher herrfcht 
allgemein der Gebrauch, bie erften Züge einer angezündeten 
Pfeife gegen die Sonne, als dem Wohnfige des großen Geiftes 
und bed Herrn des Lebens, zu blafen. In den Raths⸗Ver⸗ 
fammlungen und beim Abfchluß von Friedens⸗, Graͤnz⸗ und 
Handeld> Verträgen beginnen die Verhandlungen ſtets mit 
Tabakrauchen. Der Große Geiſt wird als Beifland und Zeuge 
angerufen, und bied gefchieht immer unter dem feierlichen 
Rauchen von Tabak aus der Friebenspfeife. Bei vielen Gele⸗ 
genheiten ferner bringen die Indianer außerdem ber Gottheit 
Tabak und Tabakpfeifen zum Opfer dar, wie aus folgenden 
Nachrichten erhellet. 

An der Bereinigung bes Sees Huron mit dem ar Euperior 
nördlich von Miſchillimakinak, liegt ein großer Felſen, der einige 
Achnlichkeit mit der Geftalt eines Menſchen hat, und ben bie 
Tſchippewaͤh⸗ Indianer für den Kitche Manitto, ober ben 
Großen Geift halten. So oft fie in ihren Kanots an biefem 
Felfen vorüberfahren, werfen fie Cabak und verfchiedene 
Schmuckſachen ald Opfer in den See!), Achnliches berichtet 
GSatlin ?) von den Indianern am oberen Miſſouri. Laͤngs 





1) Reife eines amerikanifchen Dollmetfchers, herausgegeben von John 
Long. ©, 126: Voyages and Travels describing the manners 
and custons of the North American Indians, London 1791. p. 43. 

2) a. a. O. T. 1. P. 31. On the northern bank of the lower part of 
the Missouri there is a singular range of rocks, rising almost 
perpendicularly about 200 or 300 feet about the level of the 
river. These rocks ihe Indians call Manitos, and enornear them 
the neighbouring nations deposit most af their eflerings to the 
Great Spirit or Father of Life; because they imagine, he either 
inhabits or frequently visits ihese rocks, and offerings presented 
there will sooner attract his notice and gain his favour, than 


115 


des Stroms zieht fid, eine hohe Felfenwand hin, von ber bie 
Indianer glauben, daß der Große Geift in derfelben oft ver 
weile. Stets marken fie an diefem Felfen Halt und legen 
auf demfelben. etwas Tabak und Adlerfedern ald Opfer nieder, 
Carver erzählt, daß er mit einem jungen Chef der Winnebagor 
Indianer die St. Antond-Falle des Miffisfippi befuchte, welche 
die Sndianer fir einen heiligen Ort halten, an dem fich der 
Große Geiſt gern aufhalte. Eowie der Chef den Waflerfall 
erblickte, betete er mit lauter Stimme und unter fonderbaren 
Seberden zum Großen Geiſte. Dann warf er als Opfer 
feine Zabafpfeife und Tabakbeutel in den Strom, und hier 
auf auch feine Armbänder, fein Halsband und feine Ohrringe, 
Nun forderte er Carver auf, feine Pfeife anzuzünden, um 
mit ihm zu Ehren des Großen Geiſtes zu rauchen. 

Der Miffionäar Heckewelder H, der wahrend eines dreißig⸗ 
jährigen Aufenthalts unter den Indianern Gelegenheit hatte, 
fih mit ihren Sitten und Gebräuchen befannt zu machen, 
gibt an, daß fie an einen Großen Geiſt, Manitto, glauben, 
fowie an diefem untergeordnete Geifter, denen jener bie Macht 
und Herrfchaft über die Elemente gegeben habe, Sehr oft, 
fagt er, bin ich Zeuge geweſen, baß die Indianer bei ber 
Annäherung eined Sturms oder Ungewitterd ſich bittend an 
den Geift, Manitto, der Luft -wenbeten, um bie Gefahr abzu« 
wenden. Ich habe auch gefehen, fügt er bei, daß die Tſchip⸗ 
pewaͤer an den Seen Sanadas zum dem Manitto der Gewäfler 


any where also. Those oflerings consist Of various articles, 
among which -tabaco and eagles feathers are held in higltest 
estimation; and they are presented in order to obtain succession 
in war or hunting. 
1) a. a. O. ©, 357, 
8* 


116 


beteten, daß er dem zu hohen Anfchwellen der Wogen fleuern 
möge. In beiden Fällen gaben fie ihre Dankbarkeit dadurch 
fund, daß fie Tabak in die Luft ober auf das Waſſer warfen, 

Es gibt ferner Thiere, von denen die Indianer glauben, 
daß fie zu Schusgeiftern ihres Lebens beſtellt feien, welche fie 
Totems nennen, und die folglich ebenfalls Anfprüce auf einige 
Aufmerkfomkeit und auf Beweife ihrer Dankbarkeit hätten, 
Wenn fid in der Nacht das Geheul einer Eule hören laßt, 
fo pflegt ein Indianer vom Lager aufzuftehen und etwas 
Tabak aufs Feuer zu werfen, in der Meinung, daß der aufs 
fteigende Rauch den Vogel erreihen und es ihm bemerkbar 
machen werde, daß man feinen Schuk und feine Güte gegen 
die Nation nicht vergeffen habe. 

Des Tabaks bebienen ſich ferner viele Indianer als eines 
Amulets. So wideln die Crows eine Portion Tabak in Lein⸗ 
wand ein und hängen fie den Kindern als Amulet um ben 
Hals, wie Prinz Marimilian von Wied 1) berichtet, 

Die Indianer pflegen nah Major Long ?), dem Großen 
Geiſte noch andere Opfer ald Tabak darzubringen. Nach einer 
Jagd beflimmen fie ihm-einen Theil des zuerft erlegten Wilde, 
ferner einen Theil der Erzeugnifle des Felds, und oft ſelbſt 
eine Feine Portion ihrer eignen Mahlzeit. 

Das Tabakrauchen ift bei den Indianern unläugbar ur» 
fprünglidy ein: religiöfer Gebrauch, und ſtellt ein der Gottheit, 
dem Großen Geifte, dargebrachtes wohlgefaͤlliges Opfer dar, 


1) a. a. O. B. 1. G. 399, 

2) a. a. O. The American Indians are generally in the habit of 
offering in sacrifice to the Master of Life, or Good Spirit, a por- 
tion of the game first taken in a hunting expedition,. and often 
a small portion of the food provided for their refresbment. 





117 


wie ſchon Hariot, Marquette, Hennepin, Charlevoir 
u. a. richtig bemerkt haben. Das Blafen ber erfien Züge 
bed Raus einer angezundeten Pfeife oder eines Calumets 
gegen die Sonne in den Rathö-Berfammlungen, bei Friedens» 
Unterhandlungen und beim Abfchließen von Verträgen, ift in 
ben religiöfen Worftellungen der Indianer von der Gottheit, 
oder dem hoͤchſten Weſen, und deffen Wohnſitz begrändet. 
Die Verehrung und Anbetung der Sonne ift ber: ältefte 
Cultus aller ameritanifchen Wölkerfchaften, foweit die gefchichte 
liyen Nachrichten reichen, Sie fahen ehemals und fehen noch 
jest die Sonne entweder felbit als die Gottheit an, oder 
fie halten die Sonne doch für. den Wohnfig der Gottheit, 
ded Großen Geiſtes, des Urhebers, des Schoͤpfers und Em 
halter aller Dinge, und des Herrn und Water des Lebens, 
Dafür laſſen fich viele Beweife beibringen. De la Salle 
führt fehon in der Befchreibung feiner Reife auf dem Mif- 
fiöfippi an, daß bie an den Ufern dieſes Fluſſes wohnenden 
Indianer, namentlich die Taarfas und Gadoches die Sonne 
anbeteten. In ihe fuchten fie den Schöpfer und Erhalter der 
Welt. Die Indianer Canada's, die Irokeſen und Huronen, 
verehrten, wie Charlevoir, La Hontan u. a, berichten, 
einen großen Geift, ald Schöpfer und Herrn des Lebens, 
den fie in der Sonne wohnend annahmen.. Sie nannten ihn 
den guten Geift, Kitche Danitou, zum Unterſchied von einem 
böfen Geiſt, Mathi Manitou. Bei den Irokeſen hieß die in 
der ‚Sonne wohnende Gottheit auch Agrisfove, bei den Huro⸗ 
nen Areskovi ober Okki. Im Sommer zogen an einem fchönen 
Tage alle Indianer eines Stammes, unter Führung ihres 
Kaziken aus, welcher der Sonne ein Calumet barreichte und 
gegen fie den Rauch ausblied, unter dem Anrufe: Großer 
Geift, Here des Lebens, Here aller fihtbaren und unficht⸗ 


118 


baren Dinge, Meifter aller andern Geifter, fei uns gnädig. 
Die. Irofofen braten der Eonne auch Maiskolben, Wild 
und Wampum zum Opfer, welche fie auf bie Dächer ihrer 


Hütten legten. Die Stämme ber Algonquin Indianer: vers - 


ehrten ebenfalls. die Eonne, und bie nad, ihrer Vorftellang 
in derfelben wohnenden Gottheit hatte den Namen Manitou 
ober Manitto, Der Indianer-Stamm der Ottawas betet noch 
jegt die Eonne an, welde ihre höchfte Gottheit iſt. Alljaͤhrig 
werben ihr Opfer gebracht, wobei fi alles Volk verſammelt. 
Einer der Anführer. redet die Sonne an, und wirft ald Dank 
opfer Zabaf in eim großes Teuer, wie La Potherie, Adair, 
Long u. a, berichtet haben. Nah John Dun Hunter 
verehrten auch die Dfagen, Pawnees u, a, ben in der Eonne 
fih aufhaltenden Großen Geift. 

- Batlin und Prinz; Marimilian von Wied er geben 
von ben Mandanen an, einem Indianer-Stamme, ber. am 
oberen Miffouri wohnte, vor einigen Iahren aber durch eine 
Poden-Epidemie vertilgt wurde, daß fie die Sonne (Mahap« 
Michnanggi) anbeteten, welche fie für den Wohnfig des 
Großen Geifles, und des Herm des Lebens (Ohmahan⸗ 
Numahſchi) hielten, und der fie daher Opfer brachten. Wenn 
einem Kinde der Namen beigelegt wurde, fo warb es gegen 
die Sonne gehoben, mobei man feinen Namen ausrief ?). 

Auch die Schwarzfüße, die Crows und die an den Quel- 
len des Miffisfippi wohnenden Monfonis, Cniftenaur und 
Affiniboins beten die Sonne an, und. bringen ihr Tabak und 
andere Gegenflände zum Opfer, Der. Miffionär de Smet 
berichtet gleichfalls, daß die im Dregon-Gebiet lebenden In⸗ 


2.0.9.8 2.6, 149. 
2) Ehend. B. 1. S. 179, 





119 


bianer ben Slauben hegen, der Große Geift oder die Gott⸗ 
beit halte fi in der Sonne auf. Bei einem feierlichen. Ver⸗ 
fprechen rufen fie ftetd die Sonne zum Zeugen auf. So 
ebenfalls die im Felfen« Gebirge an ben Quellen ded Rio 
Solorado ſich aufhaltenden Spoganes. Ferdinand de Alar- 
hon, der im ferhzehnten- Jahrhundert aus dem Golf von 
Californien in den Rio Colorado einlief, erzahlt ſchon, daß 
die Indianer, mit denen er Verkehr hatte, die Sonne an⸗ 
beteten. 


Die meiſten Indianer⸗Staͤmme Nordamerika's leiteten 
ehemals, und leiten noch jet ihren Urfprung von der Eonne 
ab und nenden ſich daher Kinder der Sonne. Dieß erhellet 
namentlich aus den ſchaͤtzbaren Nachrichten, welche Charles 
voir Y) bei feiner im Jahr 1721 auf dem Mifjisfippi un- 
ternommenen Ruͤckreiſe nach Europa über den Sonnendienft 
des Indianer-Stamms ber Natchez oder Yazoos in Louiſiana 
mitgetheilt hat. Dies einft mächtige Volk, deſſen auch Gar- 
cilaffo de la Vega 2) gedacht hat, wohnte unter dem 31. 
Grad nördlicher Breite, am linken Ufer des Miffisfippi, an 
den Flüffen Natchez und Blanche. Nachrichten tiber daſſelbe 
bat auch Lemoine d’Iberville 2) gegeben, ber zuerft im 
Sahr 1699 vom Mericanifchen Meerbufen aus in den Mif- 
fisfippi einlief, in der Bai Bilori eine Niederlaffung gruͤn⸗ 
dete, und bei den Natchez das Fort Roſalia errichtete, Nach 


1) a. a. O. T. 6. p. 172. Description du Grand Village et du Temple 
des Natchez. 


?) Histoire de la Conqu£te de Floride. Amsterdam 1727. 


3) Nouveaux Voyages aux Indes occidentales. Paris 1768. Vol. 1. 
p- 23. 


120 


den Mittheilungen von Boffu !), Le Petit?) und Du 
Pratz herrfchte unter diefem Wolke ein höherer Grab von 
Sultur und eine Staats-Einrihtung, wie man fie bei feinem 
anderen Inbianer- Stamme Nordamerika’ angeiroffen ‚hat. 
Das zahlreiche Wolf Iebte in mehr als fechzig Städten und 
Dörfern, welche unter eigenen Chefs oder Fürften flanben, 
die den Namen der Eonnen führten. Alle diefe Fürften waren 
Vaſallen eines Oberhaupte, der großen Sonne, welcher auf 
der Bruft das goldene Bild der Sonne trug, von der er 
wie die Inkas in Peru abzuflammen behauptete. Er führte 
den Namen Ouachil, welcher großes oder hoͤchſtes Feuer be 
deutet. Diefer oberfle Chef wurde als ein höheres Wefen, 
als der Bruder der Eonne verehrt, er. herrfchte als Reprä- 
fentant der Gottheit unumfchrankt, und fein Wille war Gefeb. 
Nach feinem Tode wurden feine Frauen getödtet, um ihm 
in einer andern Welt zu dienen. In den Städten und Doͤr⸗ 
fern der Natchez waren Tempel aufgeführt, in denen wie in 
Peru die Sonne angebetet und durch Priefter ein ewiges 
Feuer unterhalten wurde. In den Tempeln wurden auch, 
wie ehemals im großen Sonnen⸗Tempel zu Cuzco, die Ge⸗ 
beine der verſtorbenen Haͤuptlinge aufbewahrt. 

Daß das Tabakrauchen bei den Natchez ein ber Sonne 
gebrachted Opfer war, erhellet unläugbar aus den von Char- 
levoir und Boffu mitgetheilten Nachrichten. Jeden Morgen 
ging der Häuptling eines Stamms, mit der Friebenöpfeife 
in der Hand, an der Spitze des verfammelten Volks, mit 
langfamen Schritten der aufgehenden Sonne entgegen, um 
fie feierlichit zu begrüßen. Sowie fie erfchien, warf er ſich 


N) Lettres edificantes. 
3) The History of Louisiana. London. 1774. p. 291. 





121 


dreimal auf die Erde nieber, und bad Volk flimmte, die 
Hände gegen die Sonne ausfiredend, ein Jubelgefchrei an, 
Die Frauen, ihre Kinder führend, erhoben diefe mit Andacht 
gegen die Sonne, Dann zuͤndete der Häuptling das Calumet 
an, und bließ ben Rauch zuerfi gegen die Sonne und dann 
nach den vier Welt-Gegenden. Der Friedenspfeife bedienten 
ſich auch die Natchez mit großem Pomp und vielen Ceremo⸗ 
nien beim Abfchließen von Verträgen mit anderen Nationen. 
Charlevoir wohnte der Ankunft einer Gefandtichaft bei 
und. hat die dabei vorkommenden Feierlichkeiten beſchrieben. 


Die Natchez ſind als Volk laͤngſt untergegangen. Im 
Jahre 1779 empoͤrten ſie ſich gegen ihre Unterdruͤcker, die 
Franzoſen, aufgereizt durch die Chickeſaws, die Freunde und 
Verbuͤndete der Englaͤnder, und griffen das Fort Roſalia an. 
Die Franzoſen brachten ihnen eine Niederlage bei und rich 
teten ein großes Blutbad an. Die Ueberrefte der Natchez 
flohen über den Miffisfippi und zerftreuten fich unter ben 
Creeks und Chickeſaws. 


Auf die Annahme der Abſtammung der Indianer von 
der Sonne bezieht ſich, daß die Chefs vieler Indianer⸗Natio⸗ 
nen noch jetzt auf ihren aus Büffelhäuten gefertigten Cere⸗ 
monien-Mänteln das Bild der Sonne tragen. De la Salle 
erwähnt folches fchon bei den am. Miffisfippi wohnenden 
Cadodochas, und Prinz Marimiilian von Wied bei den 
am oberen Miffeuri ſich aufhaltenden Moͤnnitaris, Sioux, 
Mandanen u. a. Es iſt das Zeichen ihres Urfprungs und 
ihree Würde. Mit: dem fchon in früherer Zeit in Nordamerika 
herrfchenden Sonnendienft müflen auch in Verbindung ge- 
bracht werden bie häufig beim Aufgraben alter Grabhügel 
aufgefundenen Fupfernen Platten mit dem Bilde der firah- 


133 


lenden Sonne, und ähnliche aus gebranntem Thon verfertigte 
Tafeln, | 
Die Berehrung und Anbetung der Sonne hatte auch bei 
den Apalachiten in Florida flat. Sie hielten die. Sonne für 
die Erhalterin des Lebens und fchrieben ihren Strahlen vie 
Kraft zu, allen Geſchoͤpfen Leben zu geben, die unfruchtbar⸗ 
fen Länder fruchtbar zu machen und Krankheiten zu heilen, 
Die. Welt ließen fie nur vermittelft des Einfluffes diefes Ges 
ftirnes beftehen. Die Verehrung und der Dienft, ben die 
Apalachiten der Sonne erwiefen, beftand wie bei den Natchez 
darin, daß fie diefelbe feierlich beim Aufgange begrüßten und 
Lobgeſaͤnge anſtimmten. Dieß geſchah auch beim Untergange 
der Sonne, wobei ſie zugleich baten, daß ſie wiederkehren 
moͤge, um das Volk mit ihrem Lichte zu erfreuen. Außer 
dieſer taͤglichen Verehrung, welche die Indianer vor ihren 
Huͤtten erwieſen, gab es noch große oͤffentliche Dankfeſte, 
woran die ganze Nation Theil nahm. Opferprieſter, Jauas 
genannt, brachten der Sonne Rauchopfer und ſtimmten Lob⸗ 
und Dank⸗-Geſaͤnge an, Solche Feſte wurden viermal im 
Jahr mit großer Pracht auf dem. Berge Dlaimy gefeiert, 
Zu Talomeco in Florida befand füh, wie Garciaffo de la 
Bega !) berichtet, ein großer Sonnen⸗Tempel, in dem bie 
einbalfamirten Leichname der Fuͤrſten, deren koſtbare Kleider 
und aus Rohr geflochtene Körbe mit fchönen Perlen: aufbe- 
wahrt wurden, welche ein Ranb der Spanier: wurden. 
Bei den im alten Lande Anahuac, dem jebigen Mexico 
lebenden‘ Zoltelen war die Sonne ebenfalld der Hauptgegen- 
ftand der Anbetung und Verehrung, wie ber aus ber Familie 


1) a.a.D, Chap. 13, Temple ou Ton enterre les principaux habitans 
de Cofasique. 0 


123 


der Könige von Tezeuco ftammende Fernando de Alva Irt- 
lilxochit ), Elavigero 2), Veytia?) u, a. berichten, 
Die Sonnen Tempel oder Teocallis beflanden aus großen, 
in mehrerer Auflägen oder Terraſſen aufgeführten fleinernen 
Pyramiden, weldhe an Umfang und Höhe den Pyramiden 
Aegyptens wenig nachſtanden. Auf ber abgeplatteten Spitze 
begrüßten Priefter jeden Morgen die aufgehende Sonne mit 
Sefang und Muſik, und mit dem Rauch, der auf Altären 
brennenden mwohlriehenden Harze und Gewürze, Hier wurde 
auch zu Ehren der Sonne ein befländiges Feuer unterhalten. 
Zu den älteflen Teocallis auß den früheften Zeiten der Tol⸗ 
teten gehört der Tempel von Teotihuacan, ohngefähr fieben 
Leguas von der Haupiſtadt Merico entfernt, von dem noch 
Ueberrefte vorhanden find. Die größte Pyramide war der 
Sonne geweiht und hieß das Haus der Sonne, Tonatiuh 
Itzacual. Eine Heinere Pyramide war dem Monde geweiht 
und wurde das Haus ded Munde, Mesli Itzacual genannt. 
Auf den abgeflumpften Episen der Pyramiden fanden zur 
Zeit der Eroberung durd die Spanier die mit Goldblech bes 
deckten coloffalen Bilder der Sonne und des Monde, welde 
eine willkommene Beute der fpanifchen Eroberer wurden. 
Die Ruinen anderer berhhmten großen Zempel- Pyramiden 
befinden fi zu Chollula, Papantla, Zlascallan und Köche 
calco. Die rohen Azteken, welche erſt fpäter von Norden in 
Anahuac eindrangen, verbanden mit dem Sonnenbienfl ben. 
graufamen Gultus des Huitzilopochtli und anderer Goͤtzen. 


ı) Histoire des Chichimegnes ou anciens reis de Tezouco, pahHd 
par Ternaux Compans. Paris 1840. p. 26. - 

2) a. a. O. T. 2. p. 282. 

) Historia antiqua del Mexico. T. 1. Cap. 25. 


124 


Jetzt erſt rauchten auf den Teocallis Menſchenopfer, meiftend 
ungluͤckliche Kriegsgefangene. Der Oberprieſter oͤffnete die 
Bruſt des auf einem Altar ausgeſtreckten Schlachtopfers mit 
einem Meſſer von Obſidian, ſchnitt das Herz aus, reichte es 
der Sonne dar und ſpritzte das Blut gegen dieſelbe. Dann 
wurden die Goͤtzen mit dem Blute der Geopferten beſtrichen. 

Der Sonnendienſt war ebenfalls die herrſchende Religion 
unter dem Indianer⸗Volke der Muyscas in Bogota oder 
Neugranada, wie Piedrahita !) und Herrera?) berichten, 
und fo auch in Quito nad den von Nizza?) und Juan 
de Velasco *) gegebenen Nachrichten, welche lebtere bie 
Ruinen ded großen Eonnen-Tempeld in ber Nähe von 
Cayambe befchrieben haben. Am meiflen auögebildet jedoch 
war jener Gultus bei ben alten Peruanern, dem cultivirteflen 
und mädhtigften Volke Amerika's. Sie hielten die Sonne 
nicht nur für die fichtbare Gottheit, fondern fie verehrten 
diefelbe zugleich al8 den Stammpater der Föniglihen Dynaflie 
und als den Stifter ihres Reichs. Manco Capac, der erfie 
Inka, war ber Sage nad mit einem Volksſtamme am großen 
Alpenfee Ziticaca erfchienen, Vielleicht Fam er aus dem alten 
Tiaguanaco am Chucuito⸗See, oder er war mit Sariben aus 
einem Thale des Amazonenfiroms eingewandert. Er gab ſich 
bei dem rohen Volke Peru’s für einen Sohn und Abge- 
fandten ber Sonne aus und führte den Eultus der Sonne 
ein. Auf diefen gründete er feine Macht und Herrfchaft, und 


!) Historia general del Nuevo Reyno de Grenada. 

2) Dec. VH. Lib. 5. Cap. 6. 

») Ritos y Ceremonias de los Indios. 

°) Histoire du royaume de Quito, publi& per Ternaux Compans. 
Paris 1840. 


feine Befehle und Einrihtungen wurben ald Gebote ber 
Sottheit angenommen und befolgt. 

Die Peruaner erweifen der Sonne, ald der Quelle des 
Lichts und der Wärme, und als der Erhalterin alles Leben⸗ 
den die höchfte Verehrung. Den Mond fahen fie als die 
Sattin der Eonne, und die Sterne als ihre Diener an. 
Ueberall im großen Peruanifchen Reihe waren ber Sonne 
prächtige Tempel erbaut, in benen Jungfrauen aus den erflen 
Familien ein heilige Feuer unterhielten, wo bei veligiöfen 
Feften wohlriechende Specereien auf Altären brannten und 
Blumen, Früchte und Thiere zum Opfer gebracht wurden. 
Das jährlich gefeierte große Sonnenfeft hieß Raymi, Der 
ältefte Sonnen⸗Tempel befand fidy auf einer Infel des Sees 
Ziticaca, der größte, prächtigfte und reichfle aber, von dem 
Garcilaſſo eine Beichreibung gegeben hat, war zu Cuzco, 
ber Hauptfladt des mächtigen Reichs aufgeführt. In ihm war 
ein coloflaled Bild der Sonne in maffivem Gold aufgeſtellt. 
Bu beiden Seiten deſſelben wurden die mumienartig einge⸗ 
trod'neten Körper der Inkas, in koſtbaren Kleidern und mit 
Edelſteinen geſchmuͤckt, auf goldenen Stühlen figend, aufbe- 
wahrt. Beizufügen ifl noch, daß die Amautas oder Philo- 
fophen, und die gebildete Claſſe des Pernanifchen Volks, nach 
dem Berichte Sarcilaffo’8 1) ſchon mehr geläuterte Reli⸗ 
gions» Begriffe und die Vorſtellung von einer unfichtbaren 
Gottheit hatten. Diefe nannten fie Pachacamac, hoͤchſtes We⸗ 
fen oder Weltgeift, und Viracoha, Schöpfer und Erhalter 
ber Welt, welche nur im Geiſte verehrt wurden. Ihre Ehr- 
furcht war fo groß, daß fie es nicht wagten, diefelbe in einem 
Bilde darzuflellen und in einem Tempel anzubeien. 





1) 0.0. O. Livr. 2. Chap, 11. 


2936 


Ob ber fehe alte und durch ganz Amerika verbreitete Sonnen» 
Cultus in diefem Lande felbft feinen Uriprung genommen, 
oder ob er fihon in fehr früher Zeit aus Aſien, wo er ſich 
in Indien, Perfien, Syrien, Phönicien und Aegypten fand, 
vielleicht dur Phoͤnicier oder Carthager in Amerifa einge 
führt. wurde, darüber liegen Feine zuverläffigen. geichichtlichen 
Nachrichten vor. Zu diefer Annahme brauchen wir übrigens 
auch nicht unfere Zuflucht zu nehmen. Die Sonne wirb unter 
alten finnlichen Gegenfiänden ald der erhabenfte und einfluß- 
reichſte erlannt, von dem der Wechfel ber. Tages⸗ und Jahres 
Zeiten, dad Dufein und die Erhaltung aller lebenden Weſen, 
der Pflanzen und Thiere und des Menfhen abhängig if. 
Es kann daher nicht befremden, wenn bie. Erkenntniß diefer 
Wahrheit Voͤlker in verſchiedenen Welttheilen,. und fo auch bie 
Urbewohner der neuen Welt, ganz unabhängig von einander, 
fehe früh zur Verehrung und Anbetung. der Sonne geführt 
bat, Hieraus ergibt ſich ferner, wie. die .Priefler der Amerikas 
nifchen Voͤlker bereits in alter Zeit ihre Aufmerkſamkeit auf 
die Sonne und ihre Stelung zur Erde gerichtet haben, und 
wie die Tolteken, Azteken und die Bewohner des alten Landes 
Maya fo früh zu einem genaueren Kalender gelangt find, als 
die meiften Voͤlker der alten Welt, Einen Beweis hiefuͤr liefert 
der aus den Zeiten Monteguma’s flammende, im Bahr 1798 

in ber Stadt Merico aufgefundene in Bafalt gegrabene alte 
Mericanifche Kalender; welchen von » Humboldt 1) beſchriehen 
und abgebildet hat, 

‚Unläugbar ift der Gebraud des Tabakrauchens bei ben 
Indianern Nordamerika's, der fich bei allen Nakonen biefed 





— —— 


1) Monumens de l’Amerique p. 225. Pl. 23. Relief en basalie repre- 
sentant le Calendrier mexicain. 


127 


Weltthels bi zur neueften Zeit erhalten hat, ein Ueberreſt 
bes alten Sonnen-Eultus. Gedankenlos haben die gebildetfien 
und rohſten Völker der Erde jenen Gebrauch angenommen, 
Unter den vielen Millionen Menſchen, die täglich Tabak raus 
chen, gedenken dabei aber wohl nur wenige bed Großen Geiftes 
und des Herrn des Lebens, gleich den für Wilde gehaltenen 
Naturkindern Amerika's. 


D) Gebrauch und Cultur des Tabaks in den Staaten 
der Union und in Canada. 


Die Europaͤiſchen Einwanderer, welche ſich mit dem Ende 
des ſechszehnten Jahrhunderts in den Laͤndern Nordamerika's 
niederließen, haben von den Indianern ſehr ſchnell den Ge⸗ 
brauch des Tabakrauchens angenommen, der bald allgemein 
herefchend wurde, Im Sahr 1749, da Kalm!) Ganaba 
befuchte, ſah er überall die Landleute und die Bewohner der 
Städte Tabak rauchen, felbft Knaben von zehn bis zwölf 
Jahren führten die Pfeife im Munde, Die Pfeifenköpfe ver 
fertigte man aus einem weichen Stein (Pierre 'Calumet), 
der fich leicht mit einem Meffer fihneiden und polieren: ließ: 
Jeder Kandmann baute Tabak in feinem Garten, Die Indianer 
und die Bewohner um Montreal mengten dem Tabak bie 
Blätter. des Mehlbeerftrauhs (Arbutus uvae ursi) und deß 
Sornelfirfhenbaums (Cornus sanguinea) bei, Auch Schnupf⸗ 
tabat wurde von vornehmen und gemeinen Leuten beiderlei 
Geſchlechts ſtark gebraucht. 


Beſchreibung der Reife nach dem nördlichen Amerika, Göttingen 
1764, B. 3, &, 360, 


128 


In Neu⸗England, wo ſich der Gebrauch bed Tabakrauchens 
ebenfalls ſchnell verbreitet hatte, fuchte man denfelben Anfangs 
durch Geſetze zu befchränten. So verorbneten bie Blue laws, 
oder die. Solonial-Gefege vom Jahr 1650, daß vor Erreichung 
des einundzwanzigften Jahres nicht erlaubt fei Tabak zu rau⸗ 
chen. Die Erlaubniß wurde von den Gerichten ertheift, nad 
Borlegung eines ärztlichen Zeugniffes, daß das Rauchen der 
Gefundheit einer Perfon nicht nachtheilig fei. Ferner war es 
bei einer Strafe von six pence verboten, an öffentlichen 
Orten zu rauchen. Diefe Verordnungen wurden aber bald 
übertreten und find längfi in Vergeffenheit gerathen. Jetzt 
hat das Zabafrauchen in allen Ständen der Gefeffchaft uͤber⸗ 
band genommen, und es ift nichts Ungewöhnliches, Menfchen, 
feibft Knaben, den ganzen Tag über mit ber Gigarre im 
Munde zu fehen. Das Rauchen aus Pfeifen ift jedoch: felten 
geworden. Nur auf dem Lande fieht man hin und wieder 
noch ein altes Miütterchen, das in Geſellſchaft ihres old man 
ihr Dfeifchen fchmaucht, Die deutfchen Einwanderer mit ihren 
Pfeifen find für die Amgrikaner eine auffalende und Abnei⸗ 
gung erregende Erfcheinung. Allgemein find die Cigarren in 
Gebrauch und mit ihrer Fabrication find viele taufend Menfchen 
heſchaͤftigt. Die beften Gigarren jedoch werben aus der Ha» 
vanna eingeführt. Die fuͤr eingeführte Cigarren bezahlte 
Summe beitrug im Jahr 1846 1,707,900 Dollars, Die 
geringeren Sorten werben aus den feinſten einheimiſchen Blaͤt⸗ 
tern verfertigt. 

Zu dem Rauchen iſt in den Staaten der Union noch die 
widerliche Gewohnheit des Tabak⸗Kauens hinzugekommen, 
dem nicht bloß die niederen Claſſen, Tageloͤhner, Handwerker 
und Matroſen ſehr ergeben ſind, ſondern ſelbſt viele Gentlemen, 

beſonders in den ſuͤdlichen und weſtlichen Staaten, Der lei⸗ 


139 


denfchaftliche Tabak» Kayer führt immer und überall feinen 
Daid im Munde, er mag ſich befinden wo er will, im Ger 
fchäftszimmer, in Gefellſchaften, in der Kirche oder im Gerichts⸗ 
ſaal. Selbſt im Staatenhaus fieht man die Mitglieder während 
einer Debatte oder Rede den Quid von einer Seite des 
Mundes auf die andere rollen und braun gefärbten - Speichel 
ausfpuden, auch bedäctig ein neues Stud abbeißen, ohne 
den Faden der Rebe zu verlieren, ander fi * im mindeſten zu 
geniren. 

Man hat zweierlei Arten Kaur Tabaks, fein. geföhnittenen. 
und in flache Stuͤcke gepreßten. Der letztere, welcher der 
beliebteſte iſt, wird auf folgende Weiſe zubereitet. Man loͤst 
die Rippen -aud den Blättern und dreht ſolche mit der Hand 
oder wit einem Nabe in. Stränge, welde daun mit Waſſer 
befeuchtet, in Kaſten gelegt und durch Prefien fo flarf ein» 
gedruͤckt werben, daß fie flache Kuchen darflellen, Die ſo gefüigtten. 
Kaflen merden in tradenen Räumen längere Zeit aufbewahrt, 
damit der Tabak erſt die gehörige Reife zum Kauen erlangt 
Das Tabakſchnupfen iſt in der Union nicht häufig. Die Con⸗ 
fumtion des Tabaks in den Vereinigten Staaten iſt fehr groß. 
Es wird -verfichert )), daß in ben legten Jahren der. Geld« 
werth hes in Newyork verbrauchten Tabaks viel mehr beirug, 
als der des confumirten Brods. 

Seit dem Anfang des ſiebenzehnten Jahrhunderie, in dem 
der Tabak in Großbritannien und Holland anfing ein geſuchter 
Handels⸗Artikel zu werden, iſt er für die Colonien Nordame⸗ 
rika's das wichtigfie Cultur⸗ und Handels⸗Gewaͤchs geworden. 
Sir Thomas Dale, im Jahr 1611 Gouverneur von Vir⸗ 





I) American Almanac 1838 p. 120. 1812 p. 108. Hart Magazine 
Nr. 17. p. 4Bl. 
9 


180 


I 


ginien, hat zuerſt fein -Augenmer? auf‘ die Einfhdrung und 
Verbefferung der Tabak⸗Cultur gerichtet, und iſt daburch fuͤr 
Virginien der Schöpfer großen Wohlſtands geworden. Der 
Tabak diefes Landes, obgleich nicht fo fein und aromatifch 
wie der Tabak Weftindiens, fand -fehnell in England und 
Holland einen guten Markt. - Das Pfund’ wurde in London 
mit drei Schillingen bezahlt, während jener einen Preis von- 
achtzehn Schillingen hatte. In den Jahren 1615 bis 1622 
überftieg die jährliche Ausfuhr des Tabaks nah England 
bereits 142,000 Pfund, Der befte Tabak wurde am York 
Fluß gebaut, Die Tabak⸗-Cultur breitete ſich bald auch im 
anderen Gegenden Norbamerifa’s aus, Sm Jahr 1670 wurde 
fhon viel Tabak in Maryland gebaut. Jetzt findet man Die 
felbe fäft in allen Staaten der Union, felbft in Eonnesticut. 
Am ausgebreitetflen ift die Tabak⸗Eultur in den zwiſchen dem 
33 und 40 9. noͤrdl. Breite gelegenen Ländern, in Birginien, 
Maryland, Ohio, Kentudy, Zenneffer, Nord: und Suͤdcarolina. 
Sie ift auch in die weltlichen Staaten von Indiana,‘ Illinois 
und Miffouri eingedrungen. Im Staate Beuifiana waͤchſt 
vortreffliher Tabak am Fluffe Rouge und Natchitodges, - Fer⸗ 
ner wird Tabak mit gutem Erfolge in Florida und Teras 
gebaut. Nac Norden erfiredt ſich der Tabakbau bis in meh⸗ 
rere Diftricte Obercanada’s. Der bier wachſende Tabak ift 
jedoch von viel geringerer Qualität als der der .‚Mereinigten 
Staaten, on ze | 

Die Erzeugung des Tabaks fowohl als feine - Ausfahr 
nad Europa: ift feit Anfang des vorigen Jahrhuneers fort 
dauernd in eimer Zunahme begeiffen, die Staunen erregtr 
Nach den von Hugh Murray!) gegebenen Nachrichten 


1) The United States of America. Edinburgh 1844. Vol: 2. p 382. 


181 
Betrug bie jährlidre Ausführ vom Jahr 1700 bis 1709 im 
Durchfſchnitk gegen 29,060;,000: Pfund, vom Jahr 17:44 bis 
1766 40,000,000 Pfb.; vom Jahr 1768 bis 1770 67,000,000 
Pfund, und vom Jahr 1728 bi 1775 99,374,000 Pfund, 
Während des Amerifanifchen Befreiungskriegs trat eine Stok⸗ 
fung in der Cultur und der Ausfuhr ein und fie verminderte 
fi) bis auf 12,000,000 Pfund. Nach den ausführfichen Be⸗ 
richten von Hagard F) über den Tabak⸗Handel ber Union 
betrug die Tabakausfuht vom Jahre 1821 bis: 1840 1,792,000 
Faͤßer, von dem Schatzamte auf 131,446,514 Dolkar gefchäkt, 
fo daß burchfchniktlih im Jahr 89,600 Fäßer, im Werth von 
6,567,325 Dollar, audgeführt wurden. Die Menge des aus- 
geführten Tabaks ift feit dem Jahre 4821 fortwährend im 
Steigen, denn von diefem Jahr bis 1830 führte men 834,245 
Säffer aus, im Werthe von 58,889,291 Dollar, während 
dagegen in den folgenden zehn Iahren, von: 1830 bis 1840 
967,753 Faͤſſer, in Werthe von 74,457,223 Dollar erpor- 


tirt wurden. Die Mehraudfuhr in den leßteren zehn Jahren’ 


betrug alfe 143,340 Faͤffer im Werthe von 17,567,932 Dollar. 
Die durchſchnittliche jährliche Ausfuhr in dem erflern zehn Jah⸗ 
ren belief ſich auf 82,424: Zäffer, im Werthe von 5,688,929 
Dollar, in’ den letzteren zehn Iahren aber auf 96,775 Faͤfſer, 
im HBerthe von 7,448,72% Dollar. Außerbem wurben in jenen 
zwanzig Jahren nody 78,477 Pfund Schnupf⸗Tabak und 
57,196;254 Pfund zubereiteter Tabak aus den Vereinigten 
Staaten exportirk, bie zuſammen ’einen Werth von 5,656,381, 
Dollar hatten, Der Durchfchnittspreis fiir das Faß Tabak⸗ 
Btätier in jenem zwanzig Jahren war 73 Dollar 31 Cent; 
fhe die erften zehn Jahren 69 Dollar und 11 Gent, und für 


ı) Commercial and statislical Register. 


9* 


— — — — — — — — — — 





138 

die zweiten zehn Jahre 76 Dollar 83 Gent. Aus diefen Ar 
gaben erhellet, daß die Production des Tabaks in den Ver 
einigten. Staaten noch ‚immer in Zunahme begriffen iſt. Ueber 
die Tabak⸗ Production in der Unien im Jahr 1847 füge ich 
noch folgende officielle Angaben bei. Der Gefammt«Erirag 
in aden Staaten betrug 220,164,000 Pfund. Davon fommen 

auf den Staat Kentady : 65.Milionen Pfund 


nn .:n  Pirginien DD .„ ”. 
„ir nn NTenefiee 3 m ” 
nm nn Maryland 25 n m. 
won. m Miſſouri 14. "m 
vn. nn . Nordebarolina 1 O u : m. 
nu „ Do - Im .” 
nn nm Sabiana - 3.800,00 ; „ 
vn... Illinois 1,288,000 . 
”. Connecticut ‚ 806,000 „ 


Son. diefen. wurden Aber 100 Millionen Pfund in der Union 
verbraucht. 

Virginien und Maryland hahen ſeit den eiſſen Anfiede⸗ 
lungen. den meiſten Tabak producitt; der Boden iſt aber 
durch bie unausgeſetzte Auspflanzung allmaͤhlig erſchoͤpft und 
nicht mehr. im Stande Tabak in ber Menge und ‚von dev 
Güte wie früher. zu erzeugen. Daher ifi der Tabakbau in. 
diefen . Staaten im- Sinten, währen ex in ben weſtlichen 
Staaten im Zunehmen begriffen if. Im Iahre 1848 wurden 
in ben. Vereinigten Staaten. 219. Millionen Pfund Tabak 
producirt, und war in Birginien.. um 15 Millionen. Pfund 
weniger ald.im vorhergehenden Jahr, und in. Maryland um 
2. Milionen Pfund. weniger, - Dagegen wurden. im Staate: 
Miffouri um 11 Millionen Pfund mehr ald im vorhergehen- 
ben Jahr erzielt, und fo ift auch die Zabak- Gultur in ben 


135 


Staaten Ohio, Indiana und Illinois im Wachfen begriffen. 
Der Ertrag des Tabaks, das Pfund durchſchnittlich zu 4 Gent 
gerechnet, betrug in den Jahren 1846 u. 47 8,756,360 Dollar, 
Nah dem Durchſchnitt von zehn Jahren, von 1836 bis 
1846, betrug die jährliche Ausfuhr von Tabak aus den Ver- 
einigten Staaten nach Europaͤiſchen Ländern.  _. 


u, m rohem Tabak an fabricirtem FR 
für England 831,168 Fäffer (hogsheads) 306,409 Pf. 
„ die Hanfeflädte 30,733 , 221,750 „ 
„ Holland 24,089 46,000 „ 
„Frankreich  :14,264 „ . 47,509 „ 
„ Italien 1636 " | 0 
pn andere Binder 21,428 ..r4,553,000 „ 


Demnach beziehen bie Hanfeftähte, Bremen und Hamburg, 
mehr Tabak ald Holland, und zweimal mehr ald Frankreich. 

Aus Birginien' und Maryland wird. Tabak aus den. Hafen 
von Rihmond und Baltimore ausgeführt. Dagegen geht die 
Ausfuhr des in Florida, Eouifiana, Teneſſee, Ohio und ande 
zen wefllihen. Staaten euglen Tabaks über Roꝛorieone 
und Rewyork. 


184 


V. 


Die Tabakpflanze gelangt nach Europa und 
wird als Arzneimittel gebraucht. 


x 


) Einfuͤhrung in Spanien und Portugal, 


Die Tabakpflanze, von her Gonzalo Hernandez he 
Oviedo Samen aus Amerdi nad‘ Spanien gebracht haben 
fol, wurde Anfangs ihrer ſchoͤnen Bluͤthen wegen hur nis 
Zierpflanze gebaut. Nicole Monardes !),. Zchrer ber Heil⸗ 


1) Historia medicinal de las cosas, que se traen de las Indias 
occidentales, que sirven al use de Medicine. 1866. 18. Sevilla 
1569. 8. 1571. con ig. Carl Elufius überfeste Rice. Hheift ins 
Lateinifche unter dem Zitel: Historia simplicium medicamentorum 
ex novo orbe delatorum, quorum in medicina usus est. Antver- 
piae 1574. Sie wurde auch in die franzöfifche, englifche und italie: 
nifche Sprache übertragen. J. Gohorry Instruction sur l’herbe 
Petum, dite en France l'herbe de la Reine Medicde, prömiere 
partie; et sur la racine de Mechoacan, traduit de l’Espagnol de 
Monardes. Paris 1572. 8. Engl. London 1577. 4. Monardes 
Herba Tabaco d’India. Genua 1578, 8. 

3 Acofta, ber von dem Jahr 1584 ald Mißionär fünfzchn 
Jahre in Peru und zwei Jahre in Merico und auf ben Antillen 
zubrachte, bezieht fich in feiner Schrift: Historia moral y natural 
de las Indas, y elementos, metales, plautas, y animales. Sala- 
mantia 1589. 8. bei den Nachrichten über den Tabak, vorzüglich auf 
Hernandez de Ovideo und Monardes. 


185 


Sunde an: ber Univerfität zu Sevilla, pries den Tabak zuerfl 
als ein: vorzligliches Arzneikraut, fih flügend auf die Nache 
richten, welde ihm aus der Neuen Welt zuruͤckgekehrte Spa⸗ 
nier über deſſen vortrefflihe Eigenſchaften mitgetheilt hatten. 
Er fchrieb ihm folgende Wirfungen zu. Die warm aufgelegr 
ten grünen Blätter feien ein gutes Mittel gegen Kopfſchmerz, 
Magentrampf, Coliken, Gichtſchmerzen und Mutter⸗Beſchwer⸗ 
den. Der aus friſchen Blaͤttern gepreßte Saft in den Mund 
genommen, befeitige das Zahnweh. Eine Abkochung bed Far 
baks leiſte bei langwierigem Huften, Aſthma und anderen aus 
einem kalten Humor entipringenden Krankheiten fehr ‚gute 
Dienſte. Tabaksſaft in Heinen Gaben, treibe die Eingeweide⸗ 
mürmer ab. Dies bewirfe ebenfalld ein auf den Nabel ger 
legte zerquetfchtes frifches Blatt. Außerbem empfahl Mo 
nardes ein Abſud des Tabakes ald Kiyftier bei hartnädiger 
Verſtopfung. Die frifchen Blätter feien ferner ein vortreffe 
liches Wundfraut, welches die Blutung flille und die Hein 
lung beſchleunige. In Salben endlich fei ber Tabak ein ſehr 
wisffames Mittel gegen alle bösartigen Geſchwuͤre Monar 
des erwähnt ebenfalls beiläufig der mericanifchen -Rauchrohre, 
und der aus Tabak und Mufchelfchalene- Pulver bereiteten Pil⸗ 
len, bei beren Gebrauch die Mericaner drei bis vier Tage 
lang Hunger und Durſt ertragen Eönnten, 

Rembert Dodonaud !) führte die Tabakspflanze zuerff 
unter bein Namen Hyoscyamus peruvianus auf, und ‚gab 
eine Abbildung derfelben, . Der gleichzeitig lebende Botaniker 
Matthias.de Lobel ) fagt von der Tabakpflanze: fie fei 


1) Cruydebock. Antwerpen 1563. fol. 
3) Plantarum sen Stirpium Historia. Antverpiae 1576. fol. p- 316. 
und Nova stirpium Advezsaria, p. 251. 





186 


vor einigen Jahren aus Amerika nach Europa gebracht wor⸗ 
den, und werde bereits in Eyanien, Brabant und England 
in den Gaͤrten gezogen. Er befchrieb und bildete zwei Arten 
ab, unter dem Namen Herba sancta sive Tabasum majus, 
und Sana sancta sive Tabacum minus. 

Der berühmte Pflanzenfundige Carl SIufius!), wel⸗ 
iher den Samen des Tabaks oder Petums aus Brafilien 
nad; Portugal gelangen läßt, hat vier Arten von Tabak bes 
fihrieben, -und gibt von zwei Arten Abbildungen. Sein Fetam 
latifolium iſt augenſcheinlich Nicotiana tabacum, die Spiel 
art. mit ungeftielten breiten Blättern. Sein Petum angusti- 
folium ift die Epielart mit geftielten Blättern, und das Petum 
tertium ift die Spielart mit ungeſtielten fchmalen Blättern. 
Das Petum quartum endlich iſt unverkennbar Nicotiana 
rustica Lin. ferner fügt er bei, der Tabak werde bereitß 
feit einiger Zeit, wegen feiner vorzuͤglichen Arznieikräfte, in 
den Gärten Brabants von Edelfrauen gebaut. Man gebrandhe 
die grünen und getrodineten Blätter, und bereite baraus. ein 
deſtillirtes Waſſer. Auch bediene man ſich des Tabaks mit 
Vortheil gegen alte Geſchwuͤre, Brand, Kraͤtze, Fechten und 
Augenleiden. Außerdem gibt er an, Skephanus, der Leib⸗ 
arzt Kälferd Carl des Fünften, habe ſich von dem Nugen 
der frifchen Tabak» Blätter gegen ben Kropf überzeugt. Eku⸗ 
ſius fchließt feine Nachrichten mit den Worten: In-Summa, 
Petum Panacea quaedam est ad'omnis generis rmorbos. 

Von dem Arzneigebrauch des Tabaks haben noch andere 
Paniſche Aerzte gehandelt, namentlich Barthoͤlomeo Mar⸗ 


Amplicium medicamentorum ex novo orbé delatoram, roram 
in medicina usus est, historia. Antverpiad: 1574. 


13% 


don!) Joſeph de Saflro ?) und Francesco be Leyra 
y Aguilar 3), 


2) Die Tabafpflanze wird in Frankreich befannt. 


Jean Nicot, der fih im Jahr 1560 als Franzöfifcher 
Gefandter am Hofe zu Liffabon befand, erhielt von einem 
aus Amerika zuruͤckkehrenden Edelmann Tabal-Samen, den 
er ald Freund feltener Gewächfe in feinem Garten fäen ließ. 
Mit den Blättern, die ihm als ein gutes Wundkraut gerühmt 
worben waren, fiellte er Berfuche an. Einem jungen Mann, 
der ein bösartiges Geſchwuͤr an der Nafe hatte, rieth er, 
zer quetſchte grüne Zabakblätter aufzulegen, worauf das Ge⸗ 
ſchwuͤr bald heilte. inige Zeit darauf hatte fi der Koch 
Nicot’s mit einem Meſſer flar an der Hand verlekt, und 
auch hier bewirkten die frifhen Tabakblaͤtter fchnelle Heilung. 
Außerdem gebrauchte ein Edelmann dad Tabakkraut mit 
Nugen gegen ein Geſchwuͤr am Fuß und eine Frau gegen 
eine große Zlechte im Antlitz. Das Geruͤcht dieſer Curen 
verbreitete ſich ſchnell in Liſſabon, und man holte häufig Tor 
bafblätter in dem Garten des Gefandten. Das Bolt nannte 
daher den Tabak das Kraut des Ambafjadors, 

Da Nicot die Nachricht aus Paris erhalten hatte, daß 
eine Dame feiner Belanntfchaft am Bruſtkrebs geſtorben ſei, 
und eine andere Dame an einer Flechte im Antlitz leide, wo⸗ 


) Dialogo del uso del Tabago. Sevilla 1618. 8. 

®) Historia de las Virtutes, y proprietades del Tabaco, y de los 

modos de tomarle para les partes intrinsicas, y de applicarle a 
las estrinsecas. Corduba 1620. 8. 

®) Defengaäno contra el mal uso del Tabaco. Corduba 1633. 4. 


146 


- und des Taboks nur als eines Heilkrauts gedenkt. Doch 
wurde das Tabak⸗Schnupfen bald aͤblich. Koͤnig Franz fi. 
litt oft an fehr heftigen‘ Kopfſchmerzen, wogegen alle ange 
wendeten Mittel nichts gefruchtet. hatten. Auf den Vorſchlag 
feiner Mutter,‘ Catharina, wurden die Lelbärzte bewogen, 
‘einen Verfuch mit geplilverten Tabak-Blaͤttern zu machen, 
die fie den König fehnupfen ließen. Die Sofleute ahmten 
Toldyed nach und fo fam das Tabal- Schnupfen am Parifer 
Hof im Gebrauch, wie Baillard I) und De Probe 2) be⸗ 
richten. Diefes blieb auch während der Negierung Ludwig 
des Vierzehnten fehr tm Schwung. Die Damien 'bebienten 
ih des Schnupf.Tabaks in Paſtenform, befannt unter dem 
Samen bonbons de tabac. Die beruͤchtigte Marquife de 
Pompadour erfand ſelbſt eine befondere Tabak-Eſſenz, Es- 
sence ‘du tabac de Pompadour pour corriger la memoire, 
die ſehr geihägt war. In jener Zeit entfland die Schnupf- 
tabak⸗Fabrik in Sevilla, in der man die Tabaf-Blätter aufs 
feinfte pülverte , melde unter dem Namen Epaniol einen fo 
großen Kuf erlangt haben. Dem Schnupf-Tabaf waren bes 
fonderd die Geiſtlichen aus einem gewiften: Borurtheil fehr 
ergeben. ) | 


4 


1) Discours du Tabac, particulierement du Tabac en poudre. 
Paris 1668. 121693. 

3).Histoire du Tabac, oüı il est traite particulitement du Tabac en 
poudre. Paris 1677..12 avec fig. 1680, 1716, Deutſch: Tabaks⸗ 
Hiſtorie, in Sonderheit vom Sanupftahah Brantfurt 1684. 
Schneeberg 1747. . 

°) Chiazzari (Sull Uso ed Abuso del Tabset p. i. erzählt: der 
Arzt Antonio Bitaglioni habe einſt den Pater'3ofeph de 
Sopertino gefragt, warum er fo diel ſchnupfe, und habe zur 
Antwort erhalten: Experientia’' dich tabäcl usum Venerem a 
suo munere retrahere. ' 


ME 


3) Ertte, Nachticht von der Zabal- Bılanıs iR 
Sreutfhland, 


Die Kunde von dem Wunderfraut der neuen Welt ges 
langte ſchon im Sahre 1565 nach Deutfchland. Adolph 
Dcco, Stadtphyfl cus in Augsburg, der bekannte. Verfaſſer 
der Pharmacopoea Augustana,_ derfelbe, welcher die Rha⸗ 
barber zuerft in Ruf gebracht hat, erhielt von einem Sreunde 
in Frankreich getrocknete Tabakblaͤtter. Da er ſie nicht 
kannte, ſendete er ſie an Johann Funk, Arzt in Mem⸗ 
mingen, dem ſie aber ebenfalls neu waren, und dieſer ſchicie 
fie daher an’ den beruͤhmten Botaniker Conrad Geßner 
in Zürich. Auch diefem waren fie unbefannt, doch vermu- 
thete er, es möchte Tabak fein , und er ftellte mit denſelben 
einige Verſuche an, Bei weiteren Erfundigungen erhielt er 
von Benebiet Aretius in Bern eine Abbildung der Zar: 
bakpflanze, die diefer bereits, in feinem Garten gezogen hatte; 
und fo überzeugte er fich, daß jened Kraut Tabak ſei H. 


1) Epistolarum medicinallum ConradiGesneri, Philgaophi et 
- Medici Tigurini Libri Il, nunc primum ‚ner: Casparum 
Wolphium in lucem dati, Turici 1577, 4 p. 96. 6. Hounni 
‚Fuackio Medice, 1565. Novembr. die 5. 
Follum e Gallis Angustam- transmissum , plane »0vum mihi 
fait, quamebrem gustari ‚volui. IIieo cutem mMagnam acri- 
moniam senfi terlii gradus, quae plurimum salivge Rqmopsae 
. elicit, ut ea fere, quae sumpta purgant aqnas, Laurenla, Thyme- 
laea, et.hujug modi. Paula post vertiginem sensi, cui.alloquin 
non sum valde obnoxius; et postridie cum rursus manderem, 
singultam et vertiginem rursus:;.quare os. ablui, et cochikare 
aceti sorpsi, ita discussa est vertigo. Quidquid est, veneno aarere 
non puto: in cane experier, si plusculum naharam;. fed fallum 
integrum invitus disoerpo, 


27, 

Bald darauf haben Zabaernomontanus, Baumann, 
Bverart, Neander u. %., die: Tabakpflanze befchrieben, 
unter dem Namen Nicoflankraut,‘ Indifches Bilfenfaut und 
heilfames Wunderkraut. Auch bediente man ſich des Tabaks 
vielfältig. als Arzneimittel. Seine Heilfräfte haben mit vieler 
Uebertreibung gepriefen: I. Nic. Baumann 1), Aegidius 
Everart?) Arzt in Antwerpen, und Johann Pofth ?) 
Profeffor der Mebicin in Heidelberg. Viele Aerzte, Jakob 
Ziegler 9), Johann Neander ®), 3. Franken ©), Fri— 
derici ?), Dogitenius ®), P. Albinus ) u. A., haben 
in befonderen Schriften von den Eigenſchaften des Tabaks 
und ſeiner Benutzung in Krankheiten gehandelt. 


4) Die Tabak» Pflanze gelangt nach Italien. 


Bu Ende des ſechszehnten Jahrhunderts wurde der Tabak 
in Stolten befannt. Der Büchof Nicolao' Tornaboni, 
Paͤpſtlicher Legat und Toskaniſcher Gefandter am Franzöfi- 





1) Diss. de Tabaci virtutibus, usu et abusu. Basil. 1579. 4. 

- 2) De herba panacesa, quam alii Tabacum, alli Petam aut Nicotianam 
vocant Commentariolas, quo Admirandae ac prorstis divinae 
hujas Peruanae stirpis facultätes et usus expllcantur. Äntverpiae 
1683. 16. 1587. 13. Uitrajecti 1644. 8. 

°) Bom Tabak fagt er: Nulla snintifero se corhparat herda Tabaco. 
'Viribus omnes exsüperät rellquhs. 

6) Zabat oder von bem‘ ‚ger heiffanten Wundbkraute Nicotiana. Zuͤrich 
1616. 4. 

%) Tabacologia, hoc est Tabaci s. Nicotianae descriptio medico- 
chirurgice - phrmaceutica. Kogaunt Batav. 1022. eum tab. aen. 
1626. 

€) Diss. de virtutibus Nicotiauat, Upsafae 1633. 4. 

9) Biss. Tabacologla. Jenae 1667. 
.9) Diss. de Tabaco Marburgi 168%. 
?) Diss. de Tabaco. Francofurti ed Viadr. 169%. 


143 


ſchen Hof, ſendete zuerſt Samen Bes neuen Heilkrauts an 
ven Biſchof Alphonſo nach Florenz. Dieſer ließ es in fei⸗ 
nem Garten bauen; um Kuren damit zu verrichten. So 
mieldet Gaefalpinns:), der’ berühmte Botaniker in Pifa, 
weicher dem Tabak, dem Bächof Tornaboni zu Ehren, ben‘ 
Namen Herba Tornabona beigelegt bat. Nach Rom’ ges 
langte der Zabaf durch den Gardinal Profper de Santa 
Grace, der-Päpflicher Runtius am Portugieſtiſchen Hofe war. 
Nach dieſem erhielt er den Namen Erba Santa Croce Der 
Roͤmiſche Arzt Caſtor Durante 2) beeilte ſich die Heilkraͤfte 
des neuen Krautes in einem lateinifchen Gedichte zu preifen; 
Bald. darauf führten Spaniſche Seiflliche das Tabakſchnupfen 
in Rom ein, wo ed ſich ſchnell verbreitete. Papſt Urban YHL, 
der mif großer Entrüflung wahrgenommen hatte, daß nicht 
nur Baien, ſondern felbſt Geiſtliche während‘ des Gottesdien⸗ 
fies eine Prife nahmen, erließ "dagegen im Jahre 1624 eine 
Bulle, in der alle mit dem Kirchenbann bedroht: wurden, 
welche in den Kirchen Tabak fÄnupfen würden. Diefe Bulle 
fol aber audy durch eine Beſchwerde des Domkapitels im 





.1) De plantis: Florentiae 1883. Lib; VIN. Cap. 43. p. 344. 
?) Herbario nuovo. Venet. 1636. 4. 

Nomine, quae Sanctae Crucis Herba vocatur, ocellis 
Subvenit et sanat plagas, et vulnera jungit, 
Discatit et atrumas, SAancrUm, cancrosague amat 
Ulcera, et ambustis prodest, scabiemque repellit, En 
Discutit et morbum, cui cessit ab impete nomen. 
Calfacit et siccät, stringit; mundatque, resolvit. 
Et dentiwm et ventris mulcet, capitisque dolores. 
Subvenit antiquae Tussi, stomachöque rigenit!, 
Renibus et Spleni confent, uteroque, veniea 
Dira sagittarum domat, ictibus aunnibus piris - 
Haec eadem prodest, gingivis proficit, atque 
Conciliat spmnum; nuda ossaque carne reyestit, 
Thoracis 'vitlis prodest, pulmonis itemque 
Quae duo’ sic praestät, non ulla potentlör herba. 





144 


Sevilla veranlaßt ‘worden fein, daß Geiſtliche felbft vor ben 
Altären fihnupften, und daß durch ‚das oͤftere Nieſen im hen 
Kirchen die Andacht ‚geflört werde. In San Jago ſollen 
in Jahr 1692 feibft fünf Mönche eingemauert worden fein, 
weil fie zur Nachtzeit während. des Gottesdienſteg auf dem 
Chor Kigarren geraucht hatten. Im Jahre 1698 ermeu- 
erte Popſt Innocenz XI. die Bulle gegen dad Tabal⸗ 
fhnupfen in den Kirchen. Papſt Benedikt XI. aber, der, 
wie fein Privatfecrstär Alberto de Monte Albano berich 
tet, ein Teidenfehaftliher Schnupfer war, bob jene Bulle im 
Sahre 1724 wieder auf. 

Ohnerachtet mehrere Aerzte, Gufferi y. in Pelermo, 
Magneni?) in Turin, Vitaglioni?), Campugnaro9) 
und Stella 5) in Rom, fowie della Fabre °) und Nic» 
colichia 7) gegen das Tabakſchnupfen geeifert und deſſen 
ſchaͤdliche Wirkungen gefhildert hatten, machte «6 dennoch in 
Stalien reißende Fortfchritte Es entflanden bald viele 
Schnupftabak⸗Fabriken, deren Erzeugniffe durch vwerfchiebene 
Zufäge, Beizen und Saucen, nad). dem Namen ber Fabri⸗ 
Banten einen Europäifchen Ruf erlangten. Ich erwähne nur 
ded Poggibonzi, Srangipane, Neroli, Tabaco di Roma, 





1) U blasimo del Tabaco, 0 ver6 l’aso pernicioso di esso. Palermo 
1645. 

2) Exercitationes de Tabaco, in quibus praeter ejus historiam et 
virtates, usus et abusus ostenditur. Ticini 1648. 4. 

2) De abusu Tabaci. Romae. 1650. 12. 

®) Levis punctura Tabaeci 1650. 

®) 11 Tabaco istoria nelle qaale si tratta dell’ origine etc. Roma 
1669. 8. 

6) Diss. deanimi affectibus: acced. de Tabaci usu. Ferrariae 1702. 4. 

’) Del Uso ed abuso de Tabacco. Palermo 1712. 12. 





148 


Dort wurde auch die Bereitung des Rappd erfunden, Und 
aus jenem Bande ſtammte der bekannte Bolongaro, der zu⸗ 
erft eine große Schnupftabal-Fabrif in Hoͤchſt anlegte. 

Die fchlaue Republik Venedig wußte zuerfi von dem ein- 
reißenden Gebraudy des Tabakſchnupfens Vortheil zu ziehen, 
und ihn zur Verbeſſerung der zerrütteten Finanzen zu bes 
nugen. Im Iahre 1657 gab fie die Fabrikation. und-. den 
Verfchleiß des Tabaks in Pacht, wodurd fie fchon in den 
erſten fünf Iahren 46,000 Dufaten gewann. Diefem lofs 
enden Beifpiel folgte bald die Päpftliche Regierung, welche 
den Handel mit Tabak und deſſen Fabrikation für ein Re⸗ 
gale erflärte, was fie bis auf den heutigen Zag in ben Sta 
lieniſchen Staaten geblieben find, Tabak wurde zuerft in 
dem Benetianifchen Gebiete in den Sette Communi und an 
der Brenta gebaut. | 


146 


V. 
Einführung des Tabakrauchens in Europa. 


1) In Spanien und Portugal. 


Gegen die Mitte des ſechszehnten Jahrhunderis ſah man 
zuerft auß der Neuen Welt heimfehrende Seeleute zufammen- 
gewidelte und zerfchnittene trodene Tabakhlaͤtter aus Meinen 
trichterförmigen Röhren rauchen, welche aus Palmblättern 
oder Schilf verfertigt waren, Eo berichtet der Botaniker 
Matthias de Lobel!) und fügt bie Abbildung eines Rau⸗ 
chers bei, die Tafel X. Figur 1 copirt ift. Zugleich fchildert 
er die Wirkungen, die er am fich felbft wahrnahm. 


1) Nova Stirpiam Adversaria. Antverpiae 1576. p. 252. Videas 
naucleros plerosque omnes qui ex America rediunt, gestare pu- 
silla infundibula ex folio Palmae aut storea confecta, quorum 
lateri extremo inserta sunt convoluta folia et comminuta siccata 
hujus plantae; istud illi accendunt igne atque hianti ore quantum 
plurimum possunt, inspirando fumum sugunt, unde sibi famam 
sitimque sedari, vires instaurari, spiritus exhilari asserunt: 
sopitique jucunda ebrietate cerebrum dictitant: incredibilem 
pituitae copiam plerumque educi. Quod ipsi, dum hauriremus, 
experti sumus: non tamen cito inebriat, nec frigore dementat, 
ut Hyoscyamus, sed quadam aromacitate vapida ventriculos 
cerebri imbauit. 


147 


Der feltfame Gebrauh fand in Spanien und Portugal 
Nachahmer und verbreitete ſich unter allen Ständen. Längft 
führt in diefen Kändern der Edelmann, wie der Bauer und 
Maulthiertreiber, ſtets Cigarren und ein Feuerzeug bei ſich. 
Kein Gefchen? ift einem Spanier angenehmer, als eine gute 
Cigarre. So ift denn bad Tabakrauchen bei den Epaniern 
und Portugiefen zw jeder Tageszeit und Überall üblich, im 
Haufe und bei Gefchäften, auf den Straßen und dem Prabo. 
Sogar im Theater hat fi das Cigarren⸗Rauchen hin und 
wieder eingefchlihen. Der Bauer und der Maulthiertreiber 
zuͤndet ohne Bedenken feine Gigarre an ber des Edelmanns 
an, und ſpricht feinen Dank mit den Worten aus: Hagame 
el favor de sa candela. Die Bettler auf den Straßen fieht 
man emfig befchäftigt, die weggeworfenen Gigarren » Enden 
zu fammeln und zerfhhnitten mit einem Stüd Papier zu rau 
hen. Selbſt viele Frauen, befonders der höheren Etände, 
finden Bergnügen am Rauchen Heiner Cigarren, Pagitas, 
bie einen feinen Duft: verbreiten. 

Der einträgliche Handel mit Tabak, fowie die Fabrication 
der Eigarren und des Schnupftabals find in Spanien und 
Portugal Monopol der Krone, welches zuweilen in Pacht 
gegeben wird, Es gehört zu den Etaatd-Einkünften, Rentas 
generales, und wirft jährlich gegen zwölf Millionen Gulden 
ab. Auf Staatskoften betriebene Fabriten befinden fich zu 
Sevilla, Valencia und Corunna. Die zu Sevilla iſt eine der 
größten der Welt. Das fehr geräumige und prachtvoll im 
Dorifhen Bauſtyl aufgeführte Gebäude wurde auf Befehl 
Philipp des Fünften errichtet. Zur Zeit Könige Kart 
bes Vierten maren bier 12,000 und im Sahr 1827 noch 
7060 Perfonen befchäftigt, Seit dem Abfall der Eyanifchen 
Beligungen auf dem Amerikaniſchen Gontinent hat fich der 

10* 


148 


Betrieb der Fabrik fehr vermindert, und bie Zahl der dabei 
angeftellten und befchäftigten Perfonen betrug im Jahr 1849 
nur 4500, Mädchen verfertigen bafelbfi Sigarren aus Cuba, 
Philippinifchen und Virginiſchen Tabak. Im Jahr 1847 wur- 
den 2,730,446 Pfund Zabaf verarbeitet. Die feinfte Eorte 
der Cigarren hat nach dem König Ferdinand VII., der ein 
leidenfchaftlihher Raucher war, den Namen Regalia erhalten. 

Bu Sevilla befindet fich auch die einzige Fabrik, in weicher 
der befannte Epanifche. Echnupftabat, Epaniol, verfertigt 
wird. Auf mehr als achtzig Mühlen, die durch Maulthiere 
in Bewegung gefeßt werben, verwandelt man getrodnete 
Blätter von Cuba⸗Tabak in ein fehr feines Pulver, dem man 
eine feine Ochererde beimengt, die im Bezirke Mazzeron in 
Murcia gewonnen wird, Die Menge des jährlich verfertigten 
Epaniols fol über 16,000 Gentner betragen. 

Eine große Tabak-Fabrik (Fabrica nacional de Tabacos) 
befindet fich ferner in der Etadt Valencia, in der über 3000 
Frauen und Mädchen mit Gigarrenmarhen befchäftigt find, 
Monatlich. werden über 80,000. Pfund Cigarren, und da ein 
Pfund 204 Stüd hält, gegen 16,320,000 Gigarren geliefert. 
Eine ‚dritte Eönigliche Tabak-Fabrik ift in Corunna errichtet, 
welche jährlich gegen 900,000 Pfund Tabak verarbeitet, und 
in der 2460 Perfonen befchäftigt find. 


2) Einführung des Tabakrauchens in England, 


Sm Sahr 1586, da der Admiral Francis Drafe mit 
feiner Flotte, bei der Ruͤckfahrt aus den Weſtindiſchen Gewäfe 
fern, wo er Epanifche Gallionen genommen hatte, die von 
Ralph Lane in Virginien gegründete Niederlaffung befuchte, 
fand er fie im klaͤglichſten Zuftande, Viele Eoloniften waren 


148 


burch Hunger und Krankheiten aufgerieben, andere waren 
von den Indianern getöbtet worben, welche Zune durch fein 
unbefonnened und graufames Betragen zur gerechten Nache 
gereizt hatte. Die noch Übrigen baten den Admiral flehent- 
lich, fie aufzunehmen und nad England zuruͤckzufuͤhren, was 
er auch that I. Diefe Leute hatten im Umgange mit den, 
Indianern dad Tabakrauchen angenommen, an.dem fie großes 
Mohlgefallen gefunden. Sie waren ed, welche bei der am, 
27. Suli 1586 in Plymouth erfolgten Landung: ihren Lands⸗ 
leuten das feltfame Schauſpiel des Tabakrauchens aus Pfeifen 
darboten, welches allgemein Auffehen machte und Staunen 
erregte. So berichtet ein Zeitgenoffe, Camden 2), der be 
kannte Hiftoriograph der Königin Elifabeth, der fih gar 
ſehr über die Luft und die unerfättliche Begierde der Ankoͤmm⸗ 


> 


1) Hakluyt. T. 3, p. 255. 

2) Annales rerum Anglicarum et Hibernicarum regnante Elisabetha. 
Londini 1615. History of Queen Elizabeth. 1675. p. 348 und in 
andern Ausgaben. In ber lateinifchen Ausgabe pag. 408 fagt er; 
Hinc Lanus et dedactitii iii penuria conflictati et omni spe 
commealus ex Anglia defecti, numerogue valde accisi, una 
voce a Draco effliigitarunt, ut in patriam reveheret, quod Iubens 
fecit. " 

Et hi reduces Indicam illam plantam, qnam Tabaccum vocant 
et Nicotiam, qua contra cruditates, ab Indiis edoctj, usi erant, 
in Angliam primi, quod sciam intulerant. Ex illo sane tempore 
usu coepit esse creberrimo, et magno pretio, dum quam plurimi 
grave olentem illius fumum, alii laseivientes, alii valetudini 
consulentes, per tubuium testaceum inexplebili aviditate passim 
hauriunt, et mox e naribus efflant; adeo ut tabernae Tabaccanae 
non minus quam cervisiariae et vinariae passim per oppida 
habeantur. Ut Anglorum corpora, qui hac planta tantopere 
delectantur, in Barbarerum naturam degenerasse videantur; cum 
iisdem quibus Barbari delectentur, et sanari se passe credant. 





130 


linge wunderte, mit der einige deö bloßen Vergnuͤgens wegen, 
andere aus Eorgfalt für die Erhaltung ihrer Gefundheit, den 
übelriechenden Dampf aus thönernen Gefäßen einfogen und 
durch Mund und Naſe ausbließen. 


Der fonderbare Gebraudy reizte zur Nachahmung, wie es 
mit Dingen zu geſchehen pflegt, die neu find und großes 
Auffehen machen. Es fanden fi bald Seeleute, Dfficiere 
und Hofleute, die an ihm großes Wohlgefalfen fanden. Manche 
ließen fi auch durch den Glauben an feine wohlthätigen 
Wirkungen für die Gefundheit dazu verleiten. Zur Verbrei⸗ 
tung des Tabakrauchens trug befonderd Sir Walther Ra— 
leigh bei, der ihm leibenfchaftlic ergeben war !). Ban 
erzählt, daß ihn einer feiner Diener, der ihn fehmauchend fand, 
mit einer Kanne Ale begof, in der Meinung, fein Herr fei 
in Brand gerathen. Selbſt am Zage feiner Hinrichtung im 
Sahre 1618, vauchte der alte Seemann im Tower Morgens 
. gemüthlich feine Pfeife, ehe er das Blutgeruͤſt beftieg. 

Das Rauchen machte in London reißende Fortfchritte. 
Die Raucher verfammelten fi in Wein: und Bierhäufern 
und es entitanden bald Zabagien. Der Tabak, der anfäng- 
lich fehr felten und theuer war, wurde fchnell ein wichtiger 
Handels⸗Artikel, den man von Cuba und Trinidad, fowie von 
anderen Spanifchen Niederlaffungen Weſtindiens bezog. Das 
Wahrzeichen der Tabak-Laden wurde die hölzerne Figur eines 
rauchenden Negers mit einer Nole Tabak an der Geite, 
welches man fchon zu den Zeiten der Königin Elifabeth 
in London fah und das bald vor allen Tabak⸗Buden Europa’s 


I) Life of Sir Walther Raleigh by Patrik Fraser Tyttler. Edin- 
burgh 1833. 


151 


erfchien. Die Töpfer verfäumten auch nicht, wie Glufius }) 
berichtet, thönerne Pfeifenkoͤpfe, nach dem Mufter der aus 
Virginien mitgebradyten, zu verfertigen. 


Gegen das Ende des ſechszehnten Jahrhunderts hatte ſich 
das Tabakrauchen bereits durch ganz Großbritannien unter 
allen Staͤnden verbreitet. Die Raucher ließen ſich mit bren⸗ 
nender Pfeife nicht nur auf den Straßen und an allen Öffent- 
lichen Orten, fondern felbft im Theater fehen, wie Hentzner 
über feinen Aufenthalt in London im Sahr 1598 berichtet hat. 


BVielfältig erhoben ſich Stimmen gegen den von den Wile 
den Amerifa’d angenommenen Gebrauh. Der witige, Ben 
Sonfon ?), der Freund Shalfpeare’s, ſuchte ihn zuerft in 
einem Luſtſpiel, Every Man in his humor, lächerlich - zu 
machen, welches im Jahr 1598 in London aufgeführt wurde, 
Joshua Spivefter ®) erließ ein Strafgebicht gegen den 
Zabaf. Geiftlide und Moraliften fprachen laut ihre Entruͤſtung 
und ihre Beforgniß aus wegen ber Werberbniß der. Sitten 
in Alt-England, Selbft König Sacob I. wurde in dem Grade 


1) Exatica. 1605, p. 310. Tabaci usus per universam Angliam adeo 
. Invaluit, praesertim apud aulicos, ut multos similes tubulos fieri 
curarint ad Tabaci fumum sorbendum, 


?) Den Eapitän Bobadil läßt er fagen: Sir, believe me upon my 
relation, for what I tell you the world shall not reprove. I have 
been inthe Indies where the Tabaco grows, where neither myself, 
nor a dozen gentlemen more of myself, have received the taste 
of any other nutriment in the world, for the space of onę and 
iwenty weeks, but (he fume of this simple only. Therefore, it 
cannot be but it is most divine. 


2) Tabacce battered and the Pipes shattered By a voller of Holy 
Shot thundered from Mount Helicon. 


152 


über das Tabakrauchen entrüftel, daß er im Jahr 1603 eine 
lateinifche Echrift, unter dem Namen Misocapnus I) (Raudy 
haffer) herausgab, worin er feinen Zorn uͤber dasſelbe aus⸗ 
ſprach und zu bemweifen fuchte, daß das Tabakrauchen das 
wahrhafte Bild der Hölle darfielle und zur Hoͤlle führe, Merk⸗ 
wuͤrdig iſt die Art, wie der Koͤnig gegen dasſelbe argumen⸗ 
tirt. Erſtlich „, fagt er, iſt es ein Rauch, und das find alle 
Eitelfeiten der Welt, Zweitens ergößt es die, welche es trei« 
ben, gleich andern Lüften, welche den Menfchen unfähig machen, 
ihnen zu entfagen. Drittend madt «6 trunfen und toll im 
Kopfe, fo thun es auch die Eitelkeiten der Welt. Wiertens, 
wer raucht, der fagt, er koͤnne es nicht laſſen, er fei wie behert, 
gerade fo ift es mit allen weltlichen Lüften. Fünftens, das 
Tabakrauchen ift der Hölle gleich in feinem Wefen, denn es 
ift ein ſtinkendes efelhaftes Ding. Der König ſchließt mil 
folgender Ermahnung an das Englifcdye Volt: „Wenri endlich, 
„o Bürger, noh Scham in euch if, fo gebt jenen heiflofen 
„Gebrauch auf, der in Schande entfprungen, aus Irrthum 
„aufgenommen, durch Thorheit verbreitet ift, durch den Gottes 
„Zorn gereist, des Körpers Gefundheit zerftört, das Haus⸗ 
„weſen zerrüttet, das Volk im Vaterland herabgemürdigt und 
„auswärts verächtlich gemadjt wird; einen Gebraud, der unan⸗ 
„genehm der Nafe, dem Gehirn nadjtheilig, den Lungen ver- 


1) Misocapnus seu de abusu Tabaci Lusus reglus. Londini 1603. 
Counter blast to Tobacco. Auch in feinen Oper. Londini 1619. fol. 
p. 189. Ultrejecti 1644. Londint 1672. 4 enthalten. In der 
Vorrede fagt der König: Et cum meo judicio nihil ullibi gentiam 
sit corruptius cerebro hic Tabacci usus, qui apud nos invaluit, 
absurdam morem seriptlancala hac perstringere non putavi ab 
otio meo alienum. 








168 


„derblich, und, wenn ich es recht fagen ſoll, durch die ſchwarzen 
„Rauchwolken, dem HöllenDampfe volllommen gleicht“ ?). 

Der König erließ ferner eirte Verorbnung gegen das Tabak⸗ 
rauchen, worin es heißt: Chemals fei der Tabak nur ale 
Arzneimittel gebraucht worden, jeßt aber bebienten ſich deöfelben 
auch unmäßig viele unordentliche und Tieberliche Leute. Das 
durch werde die Gefundheit der Unterthanen zu Grunde gerichtet, 
das Gelb gehe aus dem Lande, und der Boden werde von 
folchem Unfraute gemißbraucht, Um jenen Uebeln zu feuern, 
ermädhtige er den Lordb-Schagmeifter vom 26. October 1604 
an, von jedem Gentner Zabaf eine Abgabe von 6 Schilling 
und 10 Pence erheben zu laffen. 

Bei einem im Jahr 1605 in Orford gemachten Befuche: 
des Königs glaubte die Univerfität ſich nicht befier empfehlen 
zu koͤnnen, ald durch eine gegen das Tabakrauchen veranflal« 
tete öffentliche Disputation, welcher der König mit großer 
Befriedigung beimohnte. 

Des Königs Unwillen und Abmahnungen, welche bie 
Sefuiten in Polen in einem Antimisocapnus verfpotfeten, 
fowie die auf den Tabak gelegte Abgabe fruchteten gar nichts 
gegen den eingeriffenen Gebrauch. Er wurde vielmehr mit 
jedem Zage allgemeiner. Dies erhellet aus einer Stelle, bie 
in des berühmten Lord» Kanzlerd und Groß-Siegelbewahrers 
Baro von Verulam Schrift, Historia vitae et mortis 


N) „O cives, si quis pudor, rem insanam abjicite, ortam ex ignominia, 
„receptam errore, frequentatam stultitia; unde et ira numinis 
„accenditar, corporis sanitas alteritur, res familiaris arroditur, 
„dignitas gentis senescit demi, vilescit foris; rem usu turpem, 
„olfactn insuavem, cerebro noxiam, pulmonibus daninosam, et 
„si dicere liceat atri fumi nebulis tartareos vapores proxime 
„repraesentantem! m. 





184 


(p. 226) enthalten ift, welche im Jahr 1623 zu London 
erfehien. Die Stelle lautet alfo: „Incepit nostro seculo in 
„immensum crescere usus Tabaci, atque afficit homines 
„occulta quadam dilectatione, ut qui illi semel assueti 
„sint, difſicile postea abstineant.“ 

Unter den Aerzten entipann fich, wie begreiflich, bald ein 
heftiger Streit Uber den Nugen und Schaden des. Zabals 
vauchens für die Gefundheit. Es traten heftige Gegner !) und 
eifrige Vertheidiger auf. Bu letzteren gehörten Gardiner?) 
Billiam Vaughan?) und vor allen Raphael Thoriust), 
ber den Tabak in einem Lobgebicht befang. 

König Karl 1.9) war weniger darauf bedacht, den Ge 
brauch bed Tabaks zu beſchraͤnken oder zu verhindern, als 
vielmehr von ihm Nuten fuͤr die zerruͤtteten Finanzen zu ziehen. 
Bald nach feiner Thronbefleigung wurbe ein Collegium errichtet, 
welches gegen eine hohe Abgabe Erlaubniß- Scheine zum 


1) C. F. Against the pernicious use of Tabacco. Londen 1602. 4. 

Anonymus Letter concerning preservation of health, with the 
- authors opinion of Tobacco. London 1606. 8. 

2) Gentleman tryal of Tobaco, expressing its use in physic. London 
1610. 8. 

®) Directions for Health. London 1613. Darin heißt ed: A pipe taken 
fasting in a raw or rainy morning is a singular and sodäine 
zemedy against the megrin, the tooth-ache, Ihe fts of the mother, 
the falling sickness, the dropsie, the gout, and against all such 
diseases as are caused of windy, cold or watrish humours. 

*%) Hymnus Tabaci Lugduni Batav, 1622. 12. Darin fommt folgende 
‚Stelle vor: Planta beata! decus,terrarum, munus Olympi! Vix 
sanior herba existit, et meritos jam nunc gratantur honores 
Africa gens, Asiaque ingens, Europaque nostra. 

6) Th Rymer et Rob. Sanderson Foedera, conventiones, 
literae et cujuscunque generis Acta publica inter reges Angliae 
et allos. etc. ed 3. 10 Tomi Hagae Comit. 1745. fol. 


_ 


408 


Verkauf des Tabaks ertheilte., Im Jahr 1625 wurde ſelbſt 
das Tabak-Monopol eingeführt. Die Pflanzer der Amerikas 
nifchen Colonien mußten ihren erzielten Tabak an koͤnigliche 
Beamte gegen einen beflimmten Preis abliefern, was große 
Unzufriedenheit erregte. Bei dem zunehmenden Verbrauche 
und den fleigenden Preifen wurde felbfl in den weltlichen 
Sraffchaften Englands der erſte Verſuch gemacht, Tabak zu 
bauen, welcher vollfommen gelang. Während des Bürgen 
frieges hob das Parlament das. Tabak» Monopol auf, und 
legte im Jahr 1643 nur eine geringe Abgabe auf den Tabak. 
Dagegen verbot e8 im Jahre 1652 die Cultur des Tabaks 
in England, um den Amerifanifhen Solonien aufzuhelfen.  : 

Waͤhrend der Regierung. Carls II. nahm der Gebrauch 
des Tabaks fehr zu; er wurde gerautht, geſchnupft und gefaut, 
Das Echnupfen hatten die Hofleute und Officiere eingeführt, 
welche dem König auf feiner Flucht nach Frankreich gefolgt 
waren, wo ed damals fehr im Schwunge war. Dem Kauen 
dagegen: waren die Seeleute und Soldaten fehr zugethan, 
worin ihnen der Admiral Monk, der nachherige Herzog von 
Albemarle, vorleuchtete. Man hielt e8 damals für ein gutes 
Praͤſervativ gegen den Skorbut. Zur Vermehrung ded Tabal- 
rauchens trug ferner die im Jahre 1665 in London ‚herrfchende 
Seuche vieled bei, denn die Aerzte empfahlen ed als ein vom 
treffliches Schugmittel gegen die. Anfledung Miſſon, ein 
Franzoͤſiſcher Geiftlicyer, der fich im Jahre 1697 in England 
aufhielt, berichtet, daB das Zabafrauchen damals bei allen 
Ständen Ublih mar. In Devonshire und Gornwallis.fah er 
felbft Frauen rauhen. Niemand. aber rauchte eifriger und mit 
geößerer Behaglichkeit als die Geiſtlichen. 

Mit der Zunahme der Gonfumtion des Tabaks hob ſich 
der Englifche Handel mit Tabak immer mehr, wozu bie Ein« 


führung der Navigationd=Acte vieleß beitrug, nad welder 
die Erzeugniffe der britifhen Colonien und fremder Länder, 
nur auf Englifchen Schiffen. eingefihrt werden burften. 
Unter des Regierumg der Königin Anna beirug nah De⸗ 
venant, die Menge des in England und Wales, nad einem 
fiebenjährigen Durchſchnitt vom Jahr 1702 bis 1709, jähr- 
lich eingeführten Tabaks 11,260,659 Pfund. Im Jahr 1723 
wurden über 30,000 Faͤſſer Tabak eingeführt, welche an- Zoll 
gegen 40,000 Pfund Sterling abwarfen. Im Iahr 1734 
betrug die Einfuhr 21,570000 Pfund, und in den Jahren 
1744 und 1745. gegen 40 Millionen, von benen aber nur 
fieben Mifionen in England verbraucht, die uͤbrigen aber 
nach dem feften Lande ausgeführt wurden. An Zoll wurde 
gegen eine Million Pfund Sterling erhoben. 

Während der Regierung Könige Georg IIL nahm ber 
Verbrauch des Tabaks in Großbritannien ab, indem die di⸗ 
recte Zufuhr von Tabak aus Birginien und Maryland waͤh⸗ 
rend des Amerikaniſchen Freiheitskriegs fehr erfchwert war, 
und biefe Länder für England verloren gingen, wodurch ſich 
der Preis deſſelben fehr fleigerte. In den lebten dreißig 
Jahren bat die Confumtion aber wieber fehr zugenommen, und 
befonderd hat fi) das Rauchen von Gigarren verbreitet. 
Hiezu haben die Feldzüge der britifchen Truppen in Portu- 
gal, Spanien und Frankreich vieles beigetragen, und ebenfo 
bie Rückkehr vieler taufend Reiſenden aus Ländern, in denen 
hart geraucht wird, Die Zunahme des Verbrauchs erhellet 
ans den oͤffentlichen Berichten des Handels⸗Amis über die 
Ein- und Ausfuhr von Tabak in Blättern, und von fabri⸗ 
cirtem Tabak, einfchließlid von Cigarren und Schnupftabal, 


187 


Einfuhr: Ausfuhr: 
An rohem an fabrieirtem An rohem an fabricirtem 

Tabak, Tabak. Tabak, Tabak. 

Pfund. Pfund. Pfund. Pfund. 
1847 30,320,816 1,411,232 11,519,140 1,147,595 
1848 35,603,074 1,504,674 10,075,121 1,072,015 
1849 42,098,126 1,913,474 14,992,277 1,462,539 
1850 33,891,506 1,532,829 7,245,763 1,264,154 
Von den im Jahr 1848 eingeführten 35,603,074 Pfund 
lamen zur Niederlage: Tabak in Blaͤttern. Cigarren. —— 
Pfund Pfund Pfand 
Aus den Vereinigten Staaten 30,989,137 1,109,087 3113 
„Cuba 2222023714863 229,787 4 
» Porter . 2 20. 60,148 A 0 
„ dem britiſchen Weſtindien 109,478 2175 6 

„Venezuela, Neugranada 

und Ecuador. . 1,761,921 967 0 
„ Brfliein . 20. 96,985 60,476 13 
„n. Shile und-Peru . . . 47,684 - 245 2 
„britiſch Oſtindien. . 54,375 11,225: 20 
on Bali.. 0. 41,338 0 
von den Philippinifhen Snfen 212,382 14,097 0 
aus China . > 2 20. 513 5565 0 
von der Weftküfte Afrika's 63 ° 36 3 
ous der Türkei, Syrien unb F 
Egypten. 10,497 1511 5 
aus Sranliih , ı 2... 87,223 ‚174 70 
„ Hola 0. 254,647 10,315 30 
n. Belgien . 2... 7626 638 22 
„ ‚den Hanſeſtaͤdten. . . 8236 3170 9 
„ anderen Ländern. . . 17,232 11,522 38 


34,090,360 1,509,079 3625 
— au un. U — 


85,603,074 





168 


Im Jahr 1837 wurden zum einheimiſchen Verbrauch 
verzollt: 


an rohem Tabak, an fabricirtem Tabak. 
in England 15,318,390 Pfund, 138,098 Pfund. 
in Schottland?  2,106,009 „, 373 m 
in Irland 5,079,945 „ .. 3336 n 


Zufammen 22,004,344 Pfund, 144,608 Pfund. 

Die gefammte Zoll-Einnahme betrug von rohem Tabak 
8,375,125 Pfund Sterling und flr fabricirten Tabak 65,077 
Pfund, zufammen 2,440,202, 

Im Sahe 1847 wurden in Großbritannien verbrauct 
26,753,9383 Pfund, welhe an Zoll abwarfen 4,278,922 
Pfund Sterling. 

Im Jahr 1848 wurden confamirt 27,305,134 Pfund 
mit einem Zol-Ertrag von 4,365,283 Pfund Sterling. 

Im Sahr 1849 wurden verbraudht 27,685,767 Pfund 
Zabaf, 

Im Jahr 1850 wurden verbraucht 27, 134, 780 Pfund 
Tabak. 

Außerdem kommt viel Tabak nach Großbritannien durch 
den Schleichhandel. 

Im Jahr 1847 wurden aus den Vereinigten Staaten 
‚nach amtlichen Berichten nah England, Schottland und Ir⸗ 
land verſchickt 26,557,000 Pfund Tabak, ald eingeführt wurs 
den aber nur angegeben 23,000,000 Pfund, folglich wurden 
3,357,000 Pfund heimlich eingebracht. Zum Schleihhandel 
ermuntert die Nichtentrichtung des fehr hohen Zolls auf Ta⸗ 
baf, Der Eingangszol auf Tabak betrug im Jahr 1801 
1 Schilling 7 Penc. fürs Pfund, Im Jahr 1811 2 Schil⸗ 
fing 2 P., im Jahr 1821 4 Schilling, im Jahr 1831 
3 Schilling und im Jahr 1848 3 Schilling vom rohen Tabaf 





159 


und 9 Schilling 6 P. von Gigarren und 6 Schilling 4 P. 
vom Schnupftabal, - 

Die Zunahme des Tabak⸗Verbrauchs in Großbritannien 
erhellet ferner aus der Vermehrung der Tabak⸗Fabriken. Im 
Jahr 1837 befanden ſich in Englend 282 Fabriken, in Schotte 
land 136 und in Irland 230. Im Jahr 1846 dagegen 
gab es deren in England 344, in Echottland 142 und in 
Irland 194, Die Zahl der privilegirten Tabak-Verkaͤufer ber 
trug im Jahr 1837 in England 156,271, in Scottland 
13,128 und in Irland 13,097. Im Jahr 1846 war fie 
gefliegen in England auf. 172,349, in Schottland auf 15,642 
und in Irland auf 16,254. 

Den Britiſchen Tabakrauchern muß man zum Ruhm 
nachfagen, daß fie beim Zröhnen des Amerikanischen Ges 
brauche mehr Anfland und Riikfichten als die Holländer und 
Deutfchen beobachten. Während diefe an öffentlihen Orten 
und felbft in Gaſthoͤfen, Speifefälen und Geſellſchaftslokalen 
ruͤckſichtslos Dampfwolken verbreiten und das fchöne Geſchlecht 
verſcheuchen, erlaubt fich folches ein Gentleman in Altengland 
niemals. Hier findet fich in ben Gafthöfen ein befonderes 
Gemach, in welches bie Raucher wie billig verwieſen find, 

In neuerer Zeit haben .Englifhe Schrififteller Zweifel 
gegen die Abflammung ded Tabakrauchens aus Amerika ers 
hoben. Sie ftellten die kuͤhne Behauptung auf, ed ſei ſchon 
vor der Entdedung Amerika's in Afien und Europa tblid 
gewefen. So wollte man im Jahr 1784 in Irland. eine 
gebrauchte kurze thönerne Pfeife, ein Dhudeen, zwifchen den 
Zähnen eined Menfchen- Schädeld gefunden haben, der bei 
Bannocks⸗Town in Kildare ausgegraben wurde. Co wird 
ferner angegeben 1), man habe ähnliche Pfeifen unter vielen 


—— 





I) Archaeologia Hibernica. Vol. 1. p. 352. 


160 


Menfchen-Gebeinen an den Ufern bed Liffey gefunden. Da⸗ 
her, ſprach man bie Vermuthung aus, jene Schädel, Knochen 
und Zabakpfeifen flammten von Normännern. her, welche 
dort bei einer Landung erfchlagen worden fein. Ja, ein 
anderer Srifcher Alterthums⸗Forſcher meinte fogar, dad Tabal« 
rauchen fei Mitefiihen Urſprungs. Crofton Croker?) hat 
aber dargethan,. daß Feine hinlänglihen. Gründe vorhanden 
feien anzunehmen, jene thönernen Pfeifen für alter zu halten, 
als aus der Zeit der Königin Elifabeth, in der das Tabak: 
rauchen von England nad Irland Tom. 


In allen Ländern gibt ed Leute, welche leichtglaͤubige 
Sammler von XAlterthümern hintergehen. Ber mehreren 
Jahren befuchte ich einen foldhen in Trier, ber mir einen 
Pfeifenkopf von gebranntem Thon zeigte, der angeblih in 
dem Grabe eines Roͤmiſchen Soldaten gefunden worden fei. 
Der gute Alterthiimler trug daher Fein Bedenken die Be 
hauptung auszufprechen, daß die Römer bereit Tabak ges 
raucht hätten, 


3) Das Tabak⸗Rauchen gelangt nah Holland 
und. Belgien. 


Won England ging das Tabakrauchen ſchnell nah Hol 
land über, Seeleute, befonders aber Engliſche Stubiofen wa⸗ 
ren es, bie auf der damals fehr befuchten ‚Univerfität Leiden 
ihre Studien machten, melche es einführten, Wilhelm van 
ber Meer, Arzt in Deift, berichtet in einem Briefe an 


‘) The Dublin Penny Journal. July 1835. Nr, 160, 


161 


Neander , daß er im Jahre 1590, da er in Leihen fi 
dirte, zuerft Engländer und Franzofen Tabak rauchen fal. 
Er felbft habe den Verſuch gemacht, die Wirkungen dieſes 
feltfamen Gebrauchs an fich zu prüfen, was ihm aber. fchlecht 
befommen fei, denn er fei von flarfem Schwindel befallen 
worden und habe eine große Unruhe im Unterleib verfpürt. 
Seine Landsleute ließen fich indeß durch Ahnliche Erfahrungen 
nicht abfchredlen und gewannen den neuen Gebraud; bald lich, 

Es gibt jetzt wohl kaum ein Land, in dem fich das Tabak⸗ 
rauchen bei allen Etänden fo verbreitet hätte, als in Holland, 
felbft Frauen ſieht man hin und wieder rauchen. Der Tabak 
buft ift allerdings ein vortreffliches Mittel die aus den Ka— 
nälen und Krachten auffteigenden uͤbeln Auscänflungen we⸗ 
niger bemerkbar zu machen. 

Die induſtrioͤſen Handelsleute Hollende oußten ſchnell 
von dem einreißenden Gebrauch großen Vortheil zu ziehen. 
Im Jahr 1610 war der Tabak ſchon ein wichtiger Handels⸗ 
artikel für Holland, Man führte ihn aus Venezuela, Guiana, 
Weſtindien und Birginien ein. Holändifche Schiffer brachten ferner 
zuerfi Neger⸗Sklaven von den Küften Guinea’s in den James⸗ 
Fluß nah PBirginien, die fie fehr vortheilhaft gegen Tabak 
abfegten. Neander nennt in feiner im Jahr 1622 erfchies 


.I) Tabacologia p. 112. Apad nostrates herba din cognita fuit, mo- 
dum tamen hauriendi fumum per infundibula, vel contorta folia 
nunquam videram ante annum circiter 1590, cum Lugduni 
Batavorum medicinae operam darem, tam primum animadverti 
studiosos Anglos et Gallos fumam sugentes, quos cum imitari 
vellem, ut ejus herbae vires experirem, excitavit mihi magnam 
commotionem alvi et ventriculi, tantamque temulentiam, sive 
verliginem, ut proximum fulcum arripere Coactus fuerim, non 
din tamen duravit, 


11 


162 


nenen Tabacologia die damals gebraͤuchlichen ZababEorten. 
Varinas führt er ald den am meiften gefchäßten an, ferner 
nennt er Brafilianifhen, Amazonen, Orenoko, Zrinidad, 
Saint Domingo und Birginifhen Tabak. 

Die Holländer find, mit Purzen Unterbrechungen während 
des Amerilanifchen Freiheitöfriegs und feiner Vereinigung mit 
Frankreich, bedeutende Großhändler im Tabak⸗-Geſchaͤft ges 
blieben, Binnen den zwanzig Jahren von 1821 bis 1840 
haben fie aus den Vereinigten Staaten allein 423,407 Faͤſſer 
Tabak bezogen, wahrend den letzten zehn Jahren durchfchnitt- 
lih 24,000 Fäffer Nah M'Culloch betrug die Einfuhr 
in Amfterdam im Jahr 1829 bis 1831 durfchnittlid 11,013 
Zafles Amerikanifhen Tabak, und in Rotterdam im Jahr 1832 
bis 33 9452 Faͤſſer. Dazu kommt noch viel Tabak, den fie 
aus Cuba, Eurinam, und in neuefter Zeit aus den Philip- 
pinifchen Inſeln und befonderd aus Java erhalten. Won 
Java allein wurden im Jahr 1851 4995 Paden Tabak in 
Amfterdam und 3520 Paden in Rotterdam eingeführt, deren 
Gewicht gegen 5. Millionen Pfund beirug. Non dem 
eingeführtem Quantum Tabaks wird gegen ein Drittel im 
Lande verbrauht, und die andern zwei Drittheile werben 
nach den Ofifeehäfen und auf dem Rheine ausgeführt. 

In Holland machte man im Jahr 1615 zu Amersfort 
den erften Verſuch auf dem Europätfchen Gontinente Tabak 
zu bauen, der volliommen gelang. Jetzt wird viel Tabak 
um Utrecht, im Gelderlande, befonders in der Gegend von 
Rhenen, Wageningen, Doesburg, Nieuwkerk gebaut. In 
Amfterdam, Rotterdam und in mehreren andern Städten bes 
finden fich große Tabak⸗Fabriken. 

In Belgien ift der Verbrauch des Tabaks . ebenfalls fehr 
bedeutend, Auch die Cultur des Tabaks ift in Zunahme be⸗ 


168 


griffen, und die jährliche Production wirb auf 1,200,000 
Kilogramm gefrhägt 1). Die Einfuhr von überfeeifchem Tabak, 
befonderd in Antwerpen, fol gegen 5 Milionen Kilogramm 
betragen. 


4) Das Tabakrauchen in Frankreich eingeführt. 


Zu Anfang des fiebenzehnten Sahrhunderts, während ber 
Kegierung Ludwigs XI. wurde das Tabakrauchen in Paris 
befannt. Den Tabak bezog man nad der Eroberung der 
Antillen durh Duval de Mambuc, im Sahr 1626, von 
diefen Inſeln, doch war er fehr theuer, denn man zahlte 
10 Livres für dad Pfund, Im Jahr 1629 legte die Negie- 
rung eine Abgabe von 30 Eous auf das Pfund, und im 
Sahr 1635 wurde der öffentliche Verkauf ganz verboten, 
Nur in den Apotheken war Tabak zu haben, wenn er von 
einem Arzte verordnet wurde. Unter ber Regierung Ludwigs 
des Vierzehnten wurde das Verbot wieder aufgehoben, wo⸗ 
rauf fein Berbraud fehr zunahm, befonder8 unter den Eol« 
baten und Geeleuten. Der berühmte Seeman Sean Bart, 
der in Weſtindien lange gedient hatte, und beim König fehr 
in Gunft ſtand, erfchien nicht felten im Theater, und felbff 
bei Hof, mit langer Zabafpfeife. Bei den Heeren wurde 
Tabak vertheilt, um die Eoldaten in guter Stimmung zu 
erhalten. Dem Miniſter Louvois wurde im Jahr 1665, 
während bed Feldzugs in Holland, der Vorwurf gemacht, 
er habe das Heer beffer mit Tabak ald mit Brod verforgt, 
indem er wohl die Wirkung des Tabaks, den Hunger zu 
befchwichtigen, von ben Indianern Canada’ erfahren habe. 


1) Annuaire agricole de Belgique pour 1851. Bellefroid Journal 
d’agriculture 1851. p. 513. 
11* 


104 


Bei der einreißenden großen Finanznoth führte Colbert 
im Sahr 1674 die Tabak⸗Regie ein, welhe große Eummen 
abwarf. Schon in den erflen Iahren betrug der Neinertrag 
ber Verpachtung gegen 500,000 Livres. Bei dem zuneh- 
menden Verbrauch des Tabaks erwies fie ſich mit jedem Jahre 
ergiebiger, Nach Peuchet 1) betrug im Jahr 1787 die Menge 
des in Franfreih eingeführten Tabaks gegen 14,142,000 
Pfund, melde dem Schatz 29 Millionen Livres einbradhten. 

Sm Sahr 1789 murbe das Zabal-Regal aufgehoben, im 
Jahr 1811 aber wieder eingeführt. Die Fabrifation des Ta⸗ 
baks wurde in zehn Fabrifen betrieben, und die Gultur auf 
ſechs Departements befchränft, namlich auf das Departement 
du Nord, Pas de Calais, Haut et Bas Rhin, d’Isle et 
Vilaine, Lot und Lot et.Garonne. Der befte Tabak 
wiüchft in der Gegend von Tonneins, | 

Während der Kriege der Franzöfiihen Republik und des 
Kaiferreichd nahm der Verbrauch des Tabaks unter allın 
Ständen immer mehr zu, befonders feit der Einführung ber 
Gigarren. Died ergibt fi) aus dem vom Director der Tabak⸗ 
Verwaltung, Vicomte Simeon, im Jahr 1843 erftatteten 
Bericht. Die Progreffion der Einnahme aus der Tabakregie 
ift vom Jahr 1811 folgende: vom Jahr 1811 bis 1815 bes 
trug fie 93 Millionen Francd; von 1815 bis 1830 609 Mile 
lionen; und von 1830 bis 1843.768 Millionen. Im Jahr 
1841 wurden in zehn Eöniglihen Tabak-Fabriken 23 Millio— 
nen Kilogramm Tabak verarbeitet, von denen 10 Millionen 
Kilogramm auf franzöfiihem Boden gewachfen und die übrigen 
von der Verwaltung auf auswärtigen Märkten, in den Ver 
einigten Staaten und Weftindien angelauft waren, Der Regie 


ı) Statistique de la France. p. 45, 409, 


168 


foftete das Kilogramm rohen Tabaks durchſchnittlich 1 Aranc 
und 43 Gentimes, während das Fabrikat um 5 Franc und 
93 Gentimes verkauft wurde. Auf ſolche Weife hat der Staaf 
im Jahr 1841 gegen 72 Millionen Francs, und im Jahr 
1842 74 Mifionen vom Tabak bezogen. Der Tabak hat ſich 
alfo für die Finanzen Fronkreichs als eine wahre Herba divina 
erwiefen. 

Nach den neueften öfficiellen Berichten uͤber den Berbraud 
bed Tabaks in Frankreich betrug die Confumtion im Jahre 1850 
537 Sramme auf den Kopf. Am ſtaͤrkſten war fie in den 
Departements du Nord, Pas du Calais, der Seine und Rhone- 
Mündung, wo fie 1 bi8 2 Kilogramm auf den Kopf betrug, 
am geringfien im Departement Aveyron: hier nämlid nur 
187 Gramme. Im Jahr 1851 fabricirte der Etaat etwa 20 
Millionen Kilogramm. Das zum Verkauf ausgebotene Kilos 
gramm koſtete ihm bdurchfchnittlich 1 Franc 46 Centimes. 
Der Rettoertrag des Monopols ift von 32 Millionen im 
Jahr 1815 auf 80 Millionen im Jahr 1850 gefliegen. Tabak 
läden gibt es jetzt in Frankreich 31,206. 


5) Das Tabakrauchen wird in Deutfhlandb und 
der Schweiz befannt. 


An Deutfchland fchlich fi das Tabakrauchen während des 
verheerenden dreißigiährigen Kriegs ein. Englifche Hülfee 
Truppen, welche der Graf Grey im Jahr 1620 dem König 
Friedrich von Böhmen zuführte, waren ed, die man bei 
ihrem Marfch durch Sacfen nah Prag zuerft rauchen ſah. 
Eo berichtet ein glaubwürbiger Zeuge, Zeißnig, in feiner 
Chronik der Stadt Zittau !). Im Jahr 1622, da der Spa 


1) Seite 228 und 442. 





166 


nfhe General Spindla die Rhein-Pfalz hart bedrängte, 
waren es ebenfalls zu Hülfe gefendete Englifche und Hollaͤn⸗ 
difche Zruppen, welche den feltfamen Gebraud an den Rhein 
und? Main brachten U. Officiere und Soldaten der SHeere 
Tilly's und Wallenflein’s fanden -fchnell großen Wohl 
gefallen daran. Auch im Schwediſchen Heere verbreitete es 
fih bald. Zu Meißen fah man Schwerifhe Soldaten im 
Jahre 1830 zuerft rauhen. Zu Frankfurt: wurde es in. dem⸗ 
felben Jahr durch eine Schwediſche Beſatzung eingeführt, doch 
wurde ed erfi allgemeiner nach ber Errichtung ber Kaffee 
haͤuſer. Das erſte Kaffeehaus entſtand im Jahr 1694. Die 
Schwediſchen Soldaten waren dem Rauchen und Kauen bed 
Tabaks fo fehr ergeben, daß fie bei Ermangelung.der damals 
noch feltenen und foflbaren Waare getrodnete Baumblätter 
rauchten und kauten. 

Veberall in Dentfchland fand das Tabakrauchen Nach- 
ahmer. Im Jahr 1642 hatte der hoͤlliſche Rauch, wie ein 
damals lebender Schriftfieller, I. M. Mofherofd?),. klagt, 
fhon am Rhein und in Baden, ſowohl bei den: höheren als 
niederen Ständen Eingang gefunden, ſelbſt Frauen rauchten. 
Auf dem Schwarzwald fah er bereits an den Sanerbrunnen 
am SKniebis, zu Griesbach und Rippoldsau, Buden, in denen 
Tabak feilgeboten wurde. | 

Nach dem Weftphälifchen Frieden eiferten weltliche und 
geiftliche Regierungen eine Zeit lang gegen das Tabakrauchen 
und belegten es ſelbſt mit Strafen. So verbot der Praͤlat 
der Abtei Schwarzach im Jahr 1659, gleichzeitig mit dem 


1) Zur Geſchichte des Tabakrauchens im Großherzogthum Baden; in 
der Zeitfchrift Badenia Jahrgang 2. ©. 305. 
2) Wunderbare Gefhhichten Philanders von Sittewald. 


167 


Rathe zu-Bafel den Gebrauh und Verkauf des Tabaks bei 
einer Strafe von drei Pfund Heller, Das Gonfifiorium der 
Morkgraffchaft Baden befahl felbft den Worfländen ber Dioͤ⸗ 
cefen, in den Kirchen-Bifitations-Berichten diejenigen Glieder 
der Gemeinden anzuzeigen, welche Tabak rauchten 1). 

Bon Deutfchland aus wurde das Tabakrauchen in die 
Schmeiz eingeführt. Der Appenzeller Gefchichtfehreiber Wels 
fer ?) berichtet: im Jahr 1653 hat man im Lande Appenzell 
zuerft angefangen, Tabak zu rauchen. Dieß Fam den Ein⸗ 
mwohnern Anfangs fo feltfam vor, daß nicht nur die Kinder 
den Leuten fo Tabak geraucht auf der. Gaffe nachgelaufen, 
und man aller Orten mit Fingern auf ſie gezeigt, ſondern 
es wurden auch alle diejenigen, welche Tabak geraucht, vor 
den Kath eitirt und beftraft. Zugleich wurde den Gaftwirthen 
befohlen, folchen Unfug nicht in ihren Häufern zu dulden. 


1) Solches erhellet unter anderen aus ben Berichten Johann Fecht's, 
Pfarrers von Sulzburg und Vorſtand der Diöcefe Hochberg, an das 
Baden = Durladhifhe Konfiftorium, welche im Landes- Archiv in 
Sartsruhe aufbewahrt werben. Im Bericht vom Sahre 1662 heißt 
28: „Sheifte Ledermann zu Bahlingen ift ein Säufer und Ber: 
„ſchwender, baneben bem Tabaktrinken ergeben, Da er am heiligen 
„Dftertag zum Zifche des Herrn gegangen, hat er den Pfarrer 
„dermaßen angeftunten, daß er fchier nit bleiben köͤnnen. Hans 
„Kopp in Braggingen hält unordentlich Haus, fauft Thapak, fängt 
„Haͤndel an und ſchlaͤgt feine Frau. — Fünf Jahr fpäter fand Fecht 
das Tabaktrinken in Dttofchwanden allgemein verbreitet, und er 
fagt: „Wenn die Bauren in der kleinen Kirche vor dem Pfarrer 
„sigen und athmen, geht ihm ein folcher Geſtank entgegen, daß er 
„meint, ee ntüffe davon gehen. Im Bericht vom Jahr 1669 bemerkt 
er: „ber Serrmäller in Emmendingen lebt übel mit feiner Frau, 
„trinkt auch fletig Thabak, und wenn er in ber Kirche fist, alfo 
„Leinen trinken darf, fo hat er denfelben doch im Maule. 

2) Neue Appenzeller Chronik. Sanct Gallen, 1740. ©. 624. 


108 


An Bern erließ der Rath im Jahr 1661 ein firenges Verbot 
gegen das Tabakrauchen, welches bei ber Cintheilung ber 
Verbrechen nad) den zehn Geboten, fonderbarer Weiſe mit 
dem Ehebruce in eine Claſſe gebracht worben war. Dieß 
wohl aus dem Grunde, weil man früher im Wahn fland, 
der Tabak ſchwaͤche das Zeugungs-Wermögen, Die dagegen 
feltgefegte Strafe befand im Ausitellen am Pranger, in Ge⸗ 
fängniß und einer Geldbuße. Es warb ferner in Bern ein 
eigenes Zabaf» Gericht (Chambre_ du tahac) eingeführt, 
welhes nah Sinner!) bis zur Mitte des vorigen Jahr⸗ 
hunderts befland, Im Ganton Glarus wurden die Tabak 
raucher im Sahr 1670 um eine Krone Geld gefiraft. . 

Das Rauchen, Schnupfen und Kauen ded Tabaks hat ſich 
längft mit großer Schnelligkeit durch alle Länder und Gauen 
Deutfchlands und der Schweiz verbreitet und ift ſelbſt bis in die 
entlegenften und einfanften Thaler Voralberge, Tyrols und 
Steiermarks gedrungen, für deren Bewohner der Tabak jegt 
ein unentbehrliches Bedürfniß geworden if. Man wird in 
jenen Gebirgsländern kaum einen Landmann oder auf ein- 
famer Alpe einen Birten finden, der nicht feine kleine kurze 
Tabakbpfeife führte, Selbſt Frauen und Knaben ſieht man 
hin und wieder rauchen. Auch dem Kauen des Tabaks iſt 
man ſehr ergeben. Der Kautabak iſt in Tirol unter dem 
Namen Kaͤutel bekannt, und es iſt widrig, die ſo friſchen 
und ausdrucksvollen Geſichter der Maͤnner ſo oft durch einen 
Kaͤutel in der Wange verunſtaltet zu ſehen, durch welchen 
hindurch ſie nicht ſelten eſſen und trinken. 

Von Oeſterreich aus iſt das Tabakrauchen nach Ungarn 


1) Voyage historique et litteraire dans la Suisse occidentale T. 2. 
p- 276, 


169 


gelangt, wiewohl es hier feit bem Jahr 1670 eine Zeit lang 
verboten war, dem Bauer bei einer Strafe von 6 Gulden, 
bem Edelmann bei einer Strafe von 50 Gulden. Das -im 
Jahr 1683, 1686 und 1688 erneuerte Verbot gerieth jedoch 
allmahlig außer Kraft, und längft find die Ungarn, felbft oft 
Frauen, dem Tabakrauchen ſehr ergeben. 

Zu dem Umſichgreifen des Tabakrauchens oder Tabaktrinkens, 
wie man es ehemals nannte, haben vorzuͤglich Hollaͤndiſche und 
Deutſche Aerzte vieles beigetragen, wie es denn zu allen Zeiten 
Charlatans gegeben hat. In zahlreichen Schriften haben ſie 
mit großer Uebertreibung nicht nur das mit dem Rauchen ver⸗ 
bundene Vergnuͤgen geſchildert, ſondern fie haben es auch als 
das befle Mittel zur Erhaltung der Gefundheit und zum 
Schub gegen Krankheiten angepriefen. Die eifrigften Verthei⸗ 
biger und Lobredner ded Tabaks waren Adcan de Dliva I), 
H. Barnftein?) un I. W. Beintema von Palma ®) 
Letzterer fagt: „Einer ber fudiert, muß. nothwendig viel Tabak 
„rauchen, damit bie Geifler nicht verloren gehen, oder da. fie 
„atfangen zu langſam umzulaufen, weshalb der Berftand, 
„ſonderlich ſchwere Sachen nicht wohl faßt, wieder ‚mögen 
„erweckt werben, worauf. altes klar und beutlich dem Geiſte 
„überliefert wird, und er es wohl überlegen und beurtheilen 
„kann. Zwanzig Pfeifen an einem Tag zu rauden, iſt nicht 
„zu viel.“ 


1) Buflige Hiftorien vom Tabak⸗Trinken. Hamburg 1636. 8. 

2) Bon des Tabaks Erzielungen und Zugenden, Erfurt 1644. Bes 
fhreibung des Tabaks. Erfurt 1648. mit Abbildungen 1651. 1664, 
Hegensburg 1673. Miracnlam Tabaci ober Tabaks-Wunderkunſt. 
Erfurt 1673. 1677, 

) Tabacologia,, oste karte Verhandelingen over de Toback. 
Grevenhage. 1690. 8. Panacea. Leipzig 1691. 8, 


130 


An einer befonderen Sceift: „Vernuͤnftige Unterfuchung 
ber Frage, ob galanten und anderen Frauenzimmern nicht 
ebenfowohl als denen. Mannsperfonen Tabak zu rauchen erlaubt 
und. ihrer Gefundheit nuͤtzlich ſei I), welche Frage er aus vielen 
Gründen bejahte, empfahl er das Rauchen auch angelegentlich 
dem fchönen Geſchlecht. Cornelius Bonteloe, eine Zeit 
lang Leibarzt am Brandenburger Hofe, trat in mehreren Schrif⸗ 
ten 2), als ein großer Lobrebner des Tabaks auf, In feinem 
Buche „Bon dem Leben, der Gefimbheit, der Krankheit und 
bem Tode bed Menſchen“ (S. 276) erhebt und lobt er den 
Tabak ungemein und äußert: „Nichts ift dem Leben und ber 
„Geſundheit fo nöthig und dienlich, als der Rauch des Koͤnig⸗ 
„lichen Sewächfes, des Tabaks, der das Leben und die Geſund⸗ 
„heit fo fehr erhält. und hundert Dienfte thut, womit man ſich 
„in der Einfamkeit vergnügen, und allem Ungemach, das eine 
„fitzende Lebensart mit fi zu bringen pflegt, vorfommen und 
„abwehren kann. Kurz ber nie genug gelobte Rauch ifl guf 
„und angenehm, von dem frühen Morgen bis zum Abend, 
„wenn man auffteht und nüchtern ift, wenn man gegeffen 
„bat und ehe man eflen will, mit einem Worte, Allezeit.” 

Und fo traten noch viele andere Aerzte als Lobredner des 
Tabaks auf 2), und es kann nicht befremden, wenn ber von 


N) Aufs neue herausgegeben, nebſt einer Vorrede von ber Vortrefflich⸗ 
lichkeit des Thee und Caffée von J. F. Rauchmann. Frankfurt 1743. 
Wittenberg 1753. 8. 

2) Korte Verhandeling van’s Menschen Leven. Gravenhage 1685. 8. 
— Bom unausſprechlichen Nugen bed Tabaks. 1700. 4. — Die aus⸗ 
bünbigen fhönen Gigenfchaften der amerikanifchen Tabaks⸗Pflanze. 
Hamburg 171%. — Auserleſene Ergöslichleiten vom Tabak. Eripzig 
1715, 

°) J. J. Appel. Tabacibibulas medicinae tumulus. Coloniae 1703. 8. 
— 8. D. The beſius. Ausführliche Nachrichten vom Raudys und 








1 


ben Indianern Amerika’ angenommene Gebraudy in Deutfch- 
land immer allgemeiner wurde. Indeß erhoben fich unter den 
Aerzten, und dieß fei zu ihrem Nuhme gefagt, doch auch Gegner 
des Tabaks. Zu diefen gehören I, Schrover !), Jacob 
Zappe?), Profeffor in Helmftädt, und Simon Pauli?), 
Leibarzt des Könige Chriſtian des Vierten von Dane» 
marf, der auf Befehl des Königs gegen dad Tabakrauchen 
fchrieb. Der bekannte Bayrifhe Dichter Balde*) und 
3. 3. Meier) fuchten die Raucher in Spottgedichten lächer 
lih zu machen. 

Am heftigften ließen die Geifllihen ihre mißbilligende und 
zlienende Stimme gegen das Tabakrauchen von der Kanzel 
herab ertönen. Casper Hoffmann, Paſtor in Quedlinburg, 
erflärte den Tabak für ein Seelen verberbendes Weſen und 
für ein unmittelbares Werk des höfifchen Satans, Ein Pfarr« 
herr in Bafel ſprach fi alfo aus: „Wenn ich Maͤuler Sehe, 
„die Tabak rauhen, fo ift mir, als fähe ich lauter Kamine 


Schnupftabad. Halle. 1713. 4. — Anonymus. Auserlefene Ergoͤtz⸗ 
lichkeiten vom Taback, nebſt H. E. Keftners Recht des Tabacks. 
Leipzig 1715. 8. — 3. G. H. Das beliebte und gelobte Kräutlein 
Zabaf. Chemnig 1719. — Phito de Conversationibus, Venus 
rebatia, oder Ruhm des Tabaks, nebft einem Discours vom Tabaks⸗ 
Decoro. Kin 1722. 8. — &.8. Bed. Diss. Quaestiones de suc- 
tione fumi Tabaci. Altdorf. 1745. 4. 

t) De abuku Tabaci. Rostoch. 1644. 

®) Oratio de tabaco, ejusque hodierno abusu. Helmstadii. 1653. 
1660. 1673. 1689. 4. 

°) Commentarius de abusu tabaci Americanorum veteri, et kerbae 
Thee Asiaticorum in Europa novo. Rostochli 1661. Hafniae 1663. 
Argentorati 1678. 4. 

*) Satyra contra abusum tabaci. Monachil 1657. 12. 

s) Tabacomanla, sen de abasu herbae Nicotianae Carmen. Nord- 
husae. 1720. 12. 





173 

„der Höfe.” Der Pfarrer Chriſtian Sfriver !) äußert 
in feiner Schrift „Seelenheil”: „Menſchenkind, fiehe den Gräuel 
„der Verwuͤſtung, welcher ſich in der Menfchen Herz geſetzt, 
„und ſich ald einen Gott anbeten läßt, durch das vielfältige, 
„laut zu vermaledeiende Tabakrauchen und Schnupfen, daran 
„ſich bald alle Menſchen durch den Betrug und bie Liſt des 
„Teufels gewöhnt haben, und biefen flinfenden Tabaksgott 
„ohne Unterlaß anbeten und verehren, gleich den Heiden, bie 
„8 zum Wahrfagen begeifterte. Merkt es doc, liebwerthe 
„Menſchen, und nehmt zu Herzen, daß ihr als Tabaksbruͤder 
„und Schweſtern Alle vom Teufel betrogen feyd,; und zu 
„einem Zeichen der Feuer-Effenz des Unkrauts, fo Ihr in Euch 
„bineinzieht, als Zeichen Euer Verdammniß wieder zum Munde 
„berausblafet.” Noch im Sahre 1723 erließ ein Sonfiftorial« 
rath in Braunſchweig an alle Geiftliche feiner Didces eine 
Warnung gegen dad Tabakrauchen. 

Alles dieß wirkte dem Tabakrauchen nicht entgegen,- es 
verbreitete fich vielmehr mit großer Schnelligkeit unter allen 
Etänden, und drang fowohl in die Hütten der Armen als in 
die Palläfte der Großen ein. Won ber Gunſt, die es an 
Höfen erlangt hat, gibt der Brandenburger Hof ein merk- 
würdiged Beifpiel. Kurfürft Friedrich der Dritte, der ben 
Tabak fehr lieb gewonnen hatte, führte feibft bei Hof Tabak⸗ 
Gefelifchaften ein, bei denen das Hof⸗Ceremoniel fireng beobach⸗ 
tet wurde. Der Maler Paul Karl Egede hat eine folche 
Geſellſchaft auf einem großen Gemälde dargeſtellt, dad noch 
vorhanden ift 2) Auf demfelben erblidt man bie. Gemahlin 





1) Leuchs vollftändige Tabakskunde. Nürnberg 1830. " 
2) Eine Gopie findet fich im Berliner hiſtoriſchen Galender des Jahrs 
1822. 








113 


des Kurfürften mit. flattlichem Kopfpuß, im Schleppkleid und 
Hermelin-Mantel, wie fie dem mit Orden geſchmuͤckten Ge⸗ 
mahl höchfleigenhändig die lange holländifche Pfeife mit einem 
Fidibus anzlındet. Zu beiden Eeiten bed fuͤrſtlichen Paar 
figen die Generäle und Minifter mit Alonge- Perüden, nad 
abgemeffener Rang-Ordnung, in Tabakdampf gehuͤllt. 

Viel ungezwungener und natürlicher dagegen ging es in 
den Abend» Gefellfchaften des Königs Friedrich Wilhelm 
des Erſten zu, die unter dem Namen des Tabak⸗Collegiums 
hiftorifchen Ruf erlangt haben, Jeden Abend verfanmelte der 
König, wo er fih aud aufhalten mochte, Generäle und Mi⸗ 
nifier, die fein. beſonderes Vertrauen genoflen, um ſich. Zu 
ben Gefellfchaften wurden auch beredte und witzige Officiere, 
Sefandte und ausgezeichnete Fremde eingeladen, Auf hölzen 
nen Schemeln an einem großen Tiſche von Eichenholz -figend, 
ein Bierfrüglein vor fi) und eine dampfende Eleine hollaͤna. 
bifche Pfeife im Munde führend, unterhielt man fi auf die 
ungezwungenfte Weife Über die Tages⸗Neuigkeiten. Die Gäfte, 
denen das Rauchen nicht zufagte, wie der alte Fürft von Deflau, 
nahmen, um das Enfemble nicht zu flören, eine nicht brens 
nende Pfeife in den Mund. Ep hielt e8 auch der Defterreis 
hifche Gefandte, der Graf Seckendorf. Der befannte Hiſto⸗ 
riegraph und erfle Präfident der koͤniglichen Akademie der 
Wiſſenſchaften, Gundling, las die Zeitungen vor, commen⸗ 
tirte fie, und hatte zugleich die Rolle eines Hofnarren übers 
nommen, Ausführlihe Nachrichten über dad Tabak-Collegium 
hat Preuß!) gegeben. Vor mehreren Jahren wurde auch 
noch ein Gemälde, welches eine Sigung desſelben barftellte, 
Im Schloß zu Charlottenburg aufbewahrt, An den Genüffen 


1) Eebensgefchichte Königs Friedrich Bilheim des Erſten. Berlin 1832, 





173 


jener Abend⸗Geſellſchaften haben ferner viele hohe Gäfte Theil 
genommen, melche ben Hof zu Berlin beſuchten. So im Jahr 
1732 der Herzog Franz von Lothringen als Bewerber 
ber deutfchen Kaiferfeone, der Herzog Ferdinand Albredt 
von Braunſchweig, der Herzog Ludwig Eberhard und 
der Prinz Alerander von Würtemberg. Im Zahr 1735 
vermeilte der König Stanislaus von Polen während feines 
Beſuchs jeden Abend im Tabak Colleg ium mit feiner Majeftät 
dem König Friedrih Wilhelm um die Wette rauchend. 
Das Tabat- Schnupfen gelangte zu Ende des fiebenzehnten 
Jahrhunderts nach Deutichland, aus Frankreich eingemanberte 
Hugenotten brachten es in die Mode. In alten Ständen fand 
es fchnell große Werehrer, namentlich waren ihm Prinz Eugen 
von Savoyen und Friedrich der Große fehr zugethan, 
Geiſtliche eiferten Anfangs gleichfalls gegen dieſe Neuerung, 
befonders gegen das Tabakſchnupfen in der Kirche. Solches 
erhellt aus einem Vorfall, der in ber Biographie des origi« 
nellen Jakob Sadmann !) erzählt iſt, welcher einft Paftor 


1) Sie erfchlen im Jahr 1840 zu Selle. — Ein Advokat aus Hannover 
ber dem Schnupftabal fehr zugethan war, hatte ſich in der Kirche 
bed Dorfö eingefunden und nahm während der Prebigt öfters eine 
Priſe. Als dieß Sackmann bemerkte, hielt er inne, und rief dem 
Advocaten plattdeutfch zu: „Schnüffler geff Gottes Wort die Ehre 
und hebe Di!“ 

Da ber Abvocat figen blieb und fortfuhr zu fchnupfen, hielt Sack⸗ 
mann wieber inne und rief mit flärkerer Stimme: „Schnüffier id 
„Tage di nochmals, giff Gottes Wort die Ehre und hebe Di!“ 

Da der Advokat auch gegen diefe Aufforderung taub blieb, und 
im Schnupfen fortfuhr, rief dee erzürnte Paftor ben Kirchenbienern 
zu: „Dans und Kuns kümmt dog und hebt mi ben Schnüffler da 
„vom Plage, bamit he wet, det he in der Kerke is!” 

Der Advokat fand nicht für gut, die Ankunft ber handfeften 
Männer abzuwarten und verließ eilig bie Kirche, 








178 


im Dorfe Zimmer bei Hannover war, beffen Predigten ſehr 
beſucht wurden, und der eimen Tabak fehnupfenden Advokaten 
aus ber Kirche vertrieb. 

Bei dem ſchnell in Deutfchland ſich verbreitenden Gebrauch 
des Tabaks wurde er ein wichtiger Handelsartikel, mit deſſen 
Einfuhr ſich anfänglich die Engländer und Holländer beichäfr - 
tigten, auf den fich aber bald die Aufmerkfamkeit der Kauf 
leute Bremens und Hamburgs richtete. In der erfien Hälfte 
des fiebenzehnten Sabrhunderts fing man. felbft an in. Deutſch⸗ 
land Tabak zu bauen. Im Jahre 1620 hatte bereitd ein 
Kaufmann Namens Robert Königsmann Tabal-Samen 
aus Holland nah Straßburg gebracht und Verſuche mit dem 
Anbau des Tabaks gemaht, Der Rath wiberfeste fi aber 
längere Beit der Einführung der Tabakcultur, aus Beforgniß, 
der Anbau des Getreide möge dadurch beeinträchtigt werden, 
Um daß Jahr 1660 wurde indeß Zabaf im .Elfaß, in der 
oberen Grafſchaft Hanau, im Bisthum Speier, in der Marks 
grafſchaft Baden, im Breisgau und im Canton Bafel gebauf. 

Um das Jahr 1681 und in den folgenden Jahren. wurde 
die Eultur des Tabaks auch in der Gegend von Magdeburg, 
Halle, in der Mark Brandenburg, in Thüringen und Schle⸗ 
fien eingeführt, und zwar durch Pfälzer, welche ihr durch bie 
Heerg Ludwig XIV. verwüfletes Vaterland verlafien ‚hatten, 
Der große Churfürft beguͤnſtigte den Anbau, befonders aber 
Friedrich der Große, welcher im Jahr 1765 das Labats 
Monopol einführte und Prämien ausſetzte. 

Zu Anfang des verfloffenen Jahrhunderts wurden in 
Deutfchland die erfien Rauch⸗ und Schnupftabak⸗ Fabriken 
angelegt, in denen man ausländifche und inlaͤndiſche Blätter 
verarbeitete, Im Iahr 1718 errichtete der Markgraf Karl 
Wilhelm von Baden Durlach eine große Zabrif in Pforze 





176 


heim . und empfahl die Anpflanzung von Tabak in feinem 
Bande, die er auf alle Weiſe befoͤrderte. Im Jahr 1738 
gründete ein Bafeler, Samuel Scheof, eine Rauch» und 
SchnupftabalsFabril in Berlin, welche gute Gefchäfte machte. 

Der fchnell in Deutfchland fich verbreitende Schrauch des 
Tabaks gab vielen Gewerben Belchäftigung, theils durch 
Berbefferung, theild durh Erfindung beim Rauchen und 
Schnupfen benugter Geräthfchaften. Die bei ben Indianern 
Nordamerifa’d üblichen, aus gebranntem Thon verfertigten 
Nfeifen, weldhe in England und dann in Holland in ber 
Stadt Gouda nachgeahmt waren, wurden zu Almerode in 
Helen, in Köln und vielen anderen Orten fabrieirt, und 
‚fanden großen Abſatz. Pfeifenköpfe wurden ferner aus Holz, 
Metall, Glas und Porzellan gebildet. Ein großer Luxus⸗ 
artifel waren im vorigen Jahrhundert die aus -Meerfhaum 
gefchnittenen Pfeifenkoͤpfe. Den Meerihaum bezog man An« 
fangs als eine koſtbare Waare aus Griechenland, wo er bei 
Stives, dem. alten Theben gegraben wurbe, ferner aus Klein« 
Alien von der Stadt Konie, dem ehemaligen Iconium, unb 
aus Kaffa in der Krimm, daher von den Tuͤrken Kaffakil 
genannt. . Er findet fich aber auch in Steiermark, Italien, 
Spanien und in Canada. | 

Pfeifenrohre, die anfanglid aus geflochtenen Palmblättern 
oder aus Eifendeaht und Keder beflanden, wurden aus Hern, 
Holz, Glas, Metall und aus Bernftein gefertigt. 

Zur Aufbewahrung des Schnupftabaks bediente man ſich 
ehemals Heiner gtäferner Gefäße, welche Heinen Pulverhör- 
nern glichen, aus denen man den Tabak auf den Rüden 
der Hand. fchüttete und zur Naſe führte, wie fie noch jeßt 
bin und wieder in Böhmen, in der oberen Pfalz und in 
Tyrol gebräuchlich find, Dofen mit Dedeln aus verſchiede⸗ 








177 


nen Metallen, aus Achat, Marmor, Holz, ‚gepreßtem Leber, 
Eifenbein, Schildpatt, Seemuſcheln u. ſ. w., verſertigt, kamen 
erſt ſpaͤter zum Vorſchein. Goldene mit Jauwelen beſetzte 
und mit Miniatur⸗Gemaͤlden verzierte Doſen, ein Luxus⸗ 
artifel der Großen, gaben Goldarbeitern, Sumelieren - und 
Malern Gelegenheit ihre. Kunſt zu üben. Solche Dofen, 
lange Zeit die Zeichen fürfiticher Huld® und Grabe, werden 
jedoch mit jedem Tage feltener und. find durch die häufigere 
Ertheilung der. t wenigen Foftbaren Brunei ereht, 
6) Das. Tabakrauchen gelangt. nadı Rormegen 
und Schweden. 


In Norwegen und, Schweden war der Gebrauch des 
Tabaks hin und wieder ſchon zu Anfang des ſiebenzehnten 
Jahrhunderts durch Engliſche Seeleute eingefuͤhrt worden. 
Eine Elle Rollen-Tabak wurde im Jahr 1616 mit einer 
Mark bezahlt. Unter der Regierung Guſtav Adolph's 
wurde das Tabakrauchen verboten. Ein Bauer, der vor dem 
Genuß des heiligen Abendmahls eine Pfeife geraucht hatte, 
wurde zu einer Kirchenbuße verurtheilt. | 

Gegen das Ende jenes Jahrhunderts aber war bas aba 
rauchen bereits bis nach Lappland gedrungen. Schaeffer 1), 
ber im Jahre 1673 Lappland befuchte, - gibt an, daß bie 
Lappen an dem Tabak großes Mohlgefallen hatten und be» 
fonderd an Fefltagen, ſowie bei Gaftereien und Hochzeiten, 
rauchten. Auch Regnard 2), der im Jahr 1680 Schmeben 
bi6 in die Lappmark ducchreifte, fah die Lappen Tabak 


1) Befchreibung Lapplands. 
2) Voyage en Flandre, en Hollande, en Dänemark et en Suede 1681, 


12 


178 


rauchen und. Bauen, felbft Frauen rauchten. Jeder Lappe trägt 
noch jest am Guͤrtel eine Taſche, in der eine Beine eiſerne 
Pfeife, Tabak, Feuerzeug, ein Loͤffel und ein hoͤlzernes 
Trinfgefchter aufbewahrt werben, Tabak raucht Sedermann, 
Herr und Knecht, Mann und Frau, Vater und: Kind. Be 
fuchende Fremde werden zunaͤchſt mit Tabak bewirthet. 

Linnsé !), der im Bahr 1748 auf feiner Reiſe nach 
Deland und Gothland die Stadt Norkidping beſuchte, fab 
dafelbfi eine große Tabakſpinnerei und m’ dem Garten murbe 
Tabak gepflanzt. Auch erzahlt er, daß hin und wieder in 
Emolanb bei ben Bauern der Gebrauch: herrfihte, den Todten 
dasjenige in den Sarg zu. geben, maß. ihnen im Leben fehr 
lieb gewefen fei, wozu eine Zabakpfeife, ein Tabakbeutel und 
Keuerzeug gehöre. Die jährlihe Einfuhr von Tabak in 
Schweden und Norwegen fol dirchſchnitilich gegen 4,852,000 
Pfund betragen. 


| 7) Das Tabakrauchen kommt nah Rußland. 


Auch bier waren ed Engliſche Schiffer und Handelskeute, 
welche das Tabakrauchen einfuͤhrten. Unter ber Regierung 
des Königs Eduard VI. hatte ſich bereits zu London im 
Jahr 1553 eine Geſellſchaft zus Entdeckung unbekannter 
kaͤnder und zur Erweiterung des Handels gebildet, welche 
den Ramen der Eompagnie unternehmender Kauflente fuͤhrte. 
Sie ruͤſtete zwei Schiffe nach dem Weißen Meer aus, welche 
unter die Befehle Sir Hugh Willougby und Richard 
Chancelour geftelt wurden. Jener litt. Sthiffbruch und 
Fam mit feiner Mannfchaft im unwirthbaren Lappland um, 


) Reife durch Deland und Gothland, ‚Halle 1784, 





2129 


Diefer dagegen erreichte Aschangel, wo er überwinterte. Bon 
bier begab er fich nad- Moskau zum Czar Iwan HI. Waſſil⸗ 
jewitfch, der ihn freumdlih aufnahm. Bei der Abreife er- 
hielt er einen Brief an die Königin Eliſabeth, worm 
er den Wunſch ausfprah, mit England in Handelsverbin⸗ 
dungen zu treten, und den Engliſchen Kaufleuten Schutz 
und Begimfligungen zuſicherte 1). Jene Gefenihhaft ſchickte 
bald darauf Agenten nach Moskau, und Ehanceluur. wurde 
von ber Königir beauftragt mit der ARuffiiden Regierung 
einen: Handels⸗Tractat abzuſchließen. Die Kaufleute‘ der 
Sompagnie erhielten. das ausſchließliche Recht nach Rußland 
Handel zu treiben 2), Eu wurde fchon damals ein ſehr ge 
winnreicher Handel: mit diefem Reiche getrieben. Im Saht 
1567 begaben ſich ſelbſt Agenten der Gempagnie mit Ruf 
fen Karavanen Uber Aſtrachan nach Perfien ®). Durch 
Eugliſche Kaufleute wurde daB: Tabakrauchen zu Ende des 
ſechszehnten Jahrhunderis im Huffifchen Reiche eingeführt: 
Adam Dlearins 9), ver ſich im Jahr 1634, bei. feiner 
nach Perſien anternommenen Gefandtfchafts-Neife, eine Zeit 
lang. in Moskau aufhielt, berichtet, Haß die Ruſſen damals 
ſchon den Tabak fehr. lieb gewonnen hatten, Da aber- in 
ber Stadt, weiche in: jener Zeit nur hölzerne Häufer hatte, 
öfters große Feuersbruͤnſte ausbradsen, welche man bes Un⸗ 
vorſichtigkeit der Tabakraucher zuſchrieb, fo verbot der Czar 
Mihael Fedoro witſch, auf den Rath des Patriarchen, 


) Hakluyt Collection. T. 1. p. 226. N 
2) — T.1.9.28. 
) —  T.1.p 344. 


*) Beſchreibung der Moskowitiſchen und Perfifchen Reife, Schlefwig 
1664, 
12* 


2180 - 


den Verkauf und Gebrauch bed Tabals. Dazu Fam noch, 
daß die Geiftlihen bei. der Verrichtung des Gottesdienſtes 
vor den Bildern, welche mit Weihrauch und wohlriechenden 
ESpecereien verehrt merben, ſich fiber den Übelen Geruch der 
Tabakraucher befchwert hatten. Das Rauchen warde ferner 
fuͤr eine Suͤnde gehalten, nach dem Ausſpruche ber Bibel: 
was aus dem Munde ausgeht, ift Suͤnde. Die anf das 
Tabakrauchen gefeßten Strafen beilanden in ber Knute, im 
Auffchligen der Nafe und in der Verweifung nad Sibirien. 
Obiges Verbot befiand bis zur Zeit Der Regierung Per 
ter’6 des Großen, der ed aufhob. Im Jahr 1697, wäh» 
rend feines Beſuchs in London, ertheilte er den Kauflenien 
der City die Erlaubniß Tabak in Rußland -einzuflihken, wo⸗ 
für fie dem Czar ein Geſchenk ven 15,000 Pfund Sterling 
machten, welches durch den Gewinn im Tabak⸗Handel bald 
reichlich erfeht war. Es wurde hierauf das Tabak⸗-Menopol 
errichtet, deſſen einträgliche Padt Fuͤrſt Menfhilow, der 
Sinflling Peter’s, erhielt. Seit. jenen Zeit hat. fi) das 
Tabakrauchen mit großer Schnelligkeit in allen Provinzen 
bes Ruſſiſchen Reichs verbreitet, und der Ebelmann wie ber 
Bayer find: ihm gleich eifrig zugethan. Ein leidenfchaftlicher 
Raucher war der Prinz Garl Peter. Ulrich von Hol« 
flein-Östtorp, der. nachmalige Czar Peter UL Seine 
Zrinkgelage im Tabakqualm mit Süunfllingen und. auslaͤndi⸗ 
[hen Offizieren auf dem Schloß Oronienbaum gaben. die 
erſte Veranlaffung zu Mißhelligfeiten und Zerwürfniffen mit 
feiner Gemahlin Catharina, die ihm Thron und Leben 
Fofteten. Die bekannte Sekte der Roßkolniki verſchmaͤhte 
ben Tabak, fowie den Kaffee und den Thee. 
. Die Eultur des Tabaks wurde im vorigen Jahrhundert 
in den ſuͤdlichen Provinzen des Ruſſiſchen Reichs, beſonders 








in Podolien, in ber Ukraine und Krimm, durch Deuiſche 
Soloniften eingeführt, methe die Kaiſerin Katharina Ih 
im Jahr 1763 nach Rußland Fommen ließ. Reiche Ernten 
liefert ber Tabak am Dujeper und Den, im Gouvernement 
Zichernigew bei Neéhin, Cherſſon, fowie im Gouvernement 
Esaratow, in den Colonien Katharinenfladt, Reſenanowkä, 
Zug und Solothurn. In diefen Colonien gewinnt man im 
guten Jahren meht als 250,000 Pfund Tabak. Im Jahr 
1835 erlöfte man für Tabak 310,000 und im Jahr 1898 
320,000 Rubel. Tabak wird jegt auch in den Gouverne⸗ 
ments 6 Epartow, Drel und Smolensk gebaut. 


8) Einführung des Tabakrauchens im Demani⸗ 
ſchen Reiche. | 


Das Tabakrauchen wurde in der Zürfei zu Anfang des 
fiebenzehnten Jahrhunderts während’ der Regierung des Sul 
tans Achmet J. eingeführt, Nach von Hammer Burg 
kals!) gibt ner Dömanifche Gefchichtfchreiber Naima Rauf⸗ 
fiulebrar das Jahr 1605 an, in dem der Tabak in Sons 
flantinopel bekannt wurde. Damit fiimmt die Nachricht 
Sandy’8?), eines Engliſchen Reiſenden, überein, der ſich 
in Jahr 1610 in. der Hauptfladt des Osmanischen Reichs 
aufhielt, Nach ihm hatten die Türken das Tabakrauchen erfk 
feit kurzer ‚Zeit von Engliihen Seeleuten gelernt und der 
Tabak wurbe aus England zugeführt, Im Jahr 1614, da 
Della Valle?) dafelbft verweille, war das Tabalrauchen 
und Kaffeetrinken ſchon ſehr im Schwung. 


1) Geſchichte des Ösmanifihen Reiche, 8 4.6, 330, 
2) Travels into Turky. London. 1621. 
8) Reife in bie Orientaliſchen Länder. B. 1. ©. 12. 





Das Erſcheinen des Amerikanischen Gebrauchs im Reich« 
ber Osmanen iſt merbwärbig ſowohl durch die. Leidenſchaft, 
mit dem fich die Tuͤrkan dieſem ‚neuen Genuß hingaben, ala 
durch die Sirenge, wlit der gar bald gegen benfelben ge 
wäthet wurde. Der Tabak und der Kaffee, kaum in das 
Osmaniſche Reich eingewandert, wurden ſchnell fo einheimiſch, 
daß fie Lebensbeduͤrfnifſfe des Tuͤrken wurden, deſſen Bild 
dann, ba er ſich nicht wohl ohne Kaffee und Zabal- 
pfeift denken läßt, bald im übrigen Europa zum Aushänge- 
Schild der Kaffee Hänfer und Tabak⸗Buden erkoren wurde. 
Kaffee und Tabak wurden für den Osmanen die Pole, um 
die fich der Genuß erfünftelter Erregung dreht. Sehr wahr 
fagt von Hammer, Kaffee, Tabak und Opium find bie 
brei Räder ded Wagens feiner Begeiflerung, denn Bas vierte 
Rad, der Wein, eben weil er gefchlidy verboten ift, als heim- 
licher Genuß, einen um fo größeren Umſchwung gibt. Kaffee, 
Tabak ,Opium und Wein find von Osmaniſchen Dichtern 
haͤufig als die vier Elemente des Vergnuͤgens und als die 
Polſter des Sopha's des Genuſſes gepriefen worden. Eben 
fo häufig werden: fie aber auch von ben Geſetz⸗Gelehrten als 
die. Säulen bed Zelis der Ueppigkeit geſchildert und als die 
vier Minifter des Teufels verdammt. 

Gegen das Zabafrauchen erhoben fich zuerft die Geiſt⸗ 
lichen oder Mufti’s, welche es flr nicht verträglich mit den 
Vorfchriften des Koran erklärten, und baher ein Verbot gegen 
daſſelbe erwirkten, unter Androhung ſchwerer Strafen. Wer 
Tabak rauchend ergriffen wurde, bem wurbe die Naſe durch⸗ 
bohrt, und in die Deffnung das Pfeifenrahr geſteckt. So 
wurde er auf einem Efel durch die Straßen Conſtantinopels 
gefuͤhrt und dem Spott des Poͤbels Preis gegeben. 

Im Jahr 1633 war in Gonflantinopel eine ‚große Feuers 














103 


brunft. ausgebrochen, welche unter: dem Volle allgemeines 
Mißvergnügen und "große Aufregung verurſacht hatte, bie 
ſich beſonders in den Kafferbäufern laut aͤußerte. Dep Euk 
tan Murad. der Vierte erließ den Befehl, die Kafferl;äu- 
fer, als die Verſammlungsorte der Unzufriebenen, zu fchließen 
und nieberzureißen, welcher Befehl fireng vollzogen wurde. 
Auf die Berflörung der Kaffeehäufer folgte unmittelbar das 
Verbot des Tabakrauchens bei Todesſtrafe. Den Vorwand 
gab die Fenersgefahr, welche aus dem Rauchen entſpringe, 
in der That aber war es eine Maßregel der höheren Polizei, 
um durch die Verhinderung des Beſuchs der Kaffechäufer 
und dad Verbot des Tabakrauchens die Aufammenfünfte der 
Unzufriedenen und Zabler ber Regierung zu-befeitigen. Dia 
Hebertreter jenes Verbots wurden mit dem Schwerte verfolgt. 
Der grauſame Eultan- felbit machte in der Nacht die Runde, 
und wer ‚bei Kaffee und Pfeife gefunden ‚wurde, war om 
Kind des Todes. Die am Morgen auf den Straßen liegen, 
den Leichname der Hingerichteten bezeugten die in der Macht 
geübte Tyrannei. Ey büßten viele Freunde des Kaffees und 
des Tabaks ihre Liebhaberei. mit dem Leben, wie von vor 
mer!) nachgewieſen hat. 

Mei- den im Sahr 1638 unternommenen gelbzug —* 
rad's gegen die Perſer gingen die Hinrichiungen bay Kabakr 
raucher ihren blutigen Gang fort. Soldaten, die im Geheim 
rauchend mit der Pfeife ergriffen wurden, waren dem Tode 
verfallen, Sie wurden gekoͤpft, gehenkt, geviertheilt, oder wit 
zerſchmetterten Händen und Fuͤßen vor die Zelte gewarfen ?). 

Die vom Sultan Murad gegen dad Tabafrauchen ver⸗ 


1) a. a. O. B. 5. S. 160. 
2) von Hammer a. a. O. B. 5. ©. 240. 





184 


haͤngten fchweren Strafen wurden unter der Regierung bed 
Sultan Ibrahim nicht aufgehoben. Die Freunde des Ta⸗ 
dafs nahmen daher ihre Zuflucht zum Schnupftabal, Die 
Yahrbitcher des Osmaniſchen Reichs melden, daß man in 
Sonftantinopel im Jahr 1643 zuerft Tabak ſchnupfen ſah 2}; 

Während der Regierung des Sultans Mohammed IV, 
wurden wieder Kaffeehaͤuſer errichtet, und das Werbot gegen 
dad Tabakrauchen wurde zuruͤckgenommen. Seit bem ver 
breitete es ſich ſchnell unter allen Ständen, und es ift ber 
gewöhnliche Zeitvertreib der indolenten Osmanen in den Kaffee 
häufern, auf den Bazar und im Harem geworden. Selbſt 
die Frauen find ihm fehr ergeben. Beim Abftatten von Be 
fuchen herrſcht allgemein die Eitte, den Antommenden, wenn 
8. deffen Rang erlaubt, zum Sitzen auf den Divan einzu. 
laden, und ihm Kaffee und eine angezuͤndete Pfeife zu reichen, 
Unter den Pfeifenkopf wird eine Heine meflingene Schals 
(Tapſi) gelegt, um das Anbrennen der Zeppiche zu ver- 
hüten. = 6 

Der Tabäak heißt Tutun oder Tuton, ein Wort, das nicht 
Arabiſchen Urſprungs iſt, und Rauch bedeutet. In der Ara⸗ 
biſchen Sprache wird er Dakhan genannt, welches Wort aber 
von den Osmanen ſelten gebraucht wird, und eine Ueber⸗ 
fegung von Zutun iſt. Man bedient fich allgemein ſehr langer 
Pfeifen, Tſchibuk genannt. Dad mehrere Kuß lange Rohe 
befteht aus Weichſelholz, Maßholder oder Jasmin. Der Pfei⸗ 
feakopf, Luloch, iſt aus fein. geſchlemmter rother Erde gebil⸗ 
det, mit eingedruͤckten Verzierungen verſehen und oft ver⸗ 
goldet. Das große, knopffoͤrmige, aus Bernſtein gefertigte 
Mundſtuͤck wird nicht in den Mund genommen, ſondern nur 


1) von Hammer. B. 3. S. 309. 











188 


an die Lippen gelegt. Die Vornehmen treiben mit den 
Dfeifen großen Lurus. Die Rohre find mit Seide, Atlas ober 
Sammet überzogen, und mit Gold, Perlen und Edelſteinen 
verziert. 

Tabak wird feit geraumer Zeit in der Europaͤiſchen Tuͤrkei 
gebaut, vorzüglih in Macebonien und Bosnien, Der befte 
Tabak wählt in der Gegend von Salonihi und Lariſſa. 
Geſchaͤtzt iſt auch der Patrich, der Tzenidſche und der Kara⸗ 
daph. Die Tabak⸗Cultur ſcheint ſich von der Türkei aus nach 
Servien, Sklavonien, Kroatien und der Wallachei verbreitet 
zu haben, zur Zeit, wo jene Laͤnder unter der Herrſchaft des 
Osmanen flanden. In allen dieſen Rändern wird jetzt viel 
Tabak gebaut und geraucht. 


VI. 


Einführung und Verbreitung bes Tabats 
in Afrika. 


Ueber den Urſprung des Gebrauchs des Tabaks in den 
Ländern Afrikas find die Meinungen getheilt. Die meiften 
Keifenden, melche die Weftküfte diefes Welttheils befucht haben, 
nehmen an, daß die Bewohner derfelben erft durch Europäifche 
Seefahrer mit dem Tabak befannt wurden, und daß bie 
Tabakpflanze in Afrika nicht einheimifch, fondern aus Amerika 
eingeführt worden fei. Golberry 1) dagegen, welcher daß 
Tabafrauhen und die Gultur des Tahaks in allen Kuͤſten⸗ 
landern vom Senegal bis zum Gap Palmas wahrgenommen 
hatte, und felbfi die mit den Caravanen aus den innern Laͤn⸗ 
dern fommenden Neger Tabak rauchen fah, ftellte die Behaup- 
tung auf, die Tabakpflanze fei in Afrika einheimifch gewefen 
und nicht aus Amerika verpflanzt. Dagegen läßt ſich der 
Einwurf machen, daß Fein Seefahrer, welcher die Weſtkuͤſte 
Afrita’8 vor der Entdedung Amerifa’s durch Columbus 
befucht hat, auch nur entfernt des Tabaks und feines Gebrauchs 
gedacht hat. Im Jahr 1455 befuhr der Venetianer Ca da 


— — 





1) Fragmens d'un Voyage en Afrique fait pendant les anndes 
1785-87. Paris 1802. T. 2. p. 388. 


187 


Mofto !) auf den Rath des Infanten Don. Henrico von 
Portugal die Afrilanifche Weſtkuͤſte. Längere Zeit verweilte 
er am Senegal bei den Jalofen, über deren Sitten un 
Gehräuche er ausführliche Nachrichten gegeben hat. Nirgends 
aber erwähnt er: bed Tabakrauchens. Eben fo wenig that 
bieß der Poringiefiihe Gopitan Piedro de Aintra, der 
ſich in Jahr 1462 in Sierra Leone aufhielt. Selbft Reiſende, 
die im fechögehnten Jahrhundert die Weſtkuͤſte befucht haben, 
wie Battle?), Odoardo Zopez?), John Lor, Towr⸗ 
fon u. a. gedenken desfelben nicht. Der Gebrauch des Tas 
baks und die Tabakpflanze haben fi unläugbar. von den 
verfchiedenen Küften aus in die Länder Afrika's verbreitet, 
und wurden durch Europäifche Seefahrer eingeführt, wie fich 
aus vielen Nachrichten ergibt. 


A) fänder an der Weſtküſte. 


Die Negervoͤlker an der Weſtkuͤſte fcheinen zuerft durch 
Portugiefifche und Spanifche Seeleute, welche Sklaven nah 
Amerifa führten, mit dem Tabakrauchen befannt worden zu 
fein. Im fünfzehnten Jahrhundert bereits hatten die Portugiefen 
mit Erlaubniß des Infanten Don Henrico Neger aus ber 
Bai Arguin nach den Ganarifhen Inſeln und felbfi nad 


) Placido Zurla Dei Visggi e delle Scoperte Africane di Aloisa 
Ca da Mosto. Venetia 1815. 

2) The strange Adventures of Andrea Battle of Leigh; iu Purchas 
Collection T. 2. Liv. 7. u 

®) Relatione del Reome di Congo e delle circonvicine contrade 
par Filippo Pigafetta. Roman 1578. . 





188 


Sicilien gebracht, um das Rand zu bauen, Im Ichr 1481 
errichteten fie zur Betreibung des Sklaven⸗ und Gold⸗Handels 
das Fort Santt Georg del Mina en der Goldkuͤſte und bald 
baranf das: Fort Loango an der Küfte von Angela. Der 
enfehrende Handel: mit SHaven kam nah der Entbedung 
Amerika's fchnel in Schwung, indem der größte Theil der 
ungtüdlichen Bevölkerung Weſtindiens durch die Goldgier der 
Spanier bei den ſchweren Arbeiten in den Bergwerken aufs 
gerieben war. Alonzo Gonzales war einer ber erften, 
die einen geregelten Handel mit Negern nah Weftindien 
trieben. . Die Neger an den Küften, welche die Portugiefifchen 
und Spanifhen Sklavenhaͤndler Tabak rauchen ſahen, ſcheinen 
bald Wohlgefallen daran gefunden zu haben und ahmten 78 
nad. Und fo verbreitete es fi nicht nur bei den Neger 
Bölfern an der Weftküfte, fondern es drang auch mit den 
Garavanen, welche Goldſtaub, Elfenbein und Sklaven brad- 
ten, und bagegen Salz und Europaͤiſche Waaren holten, in 
die inneren Länder Afrika's ein, 

Die erfien Nachrichten über das Tabakrauchen bei den 
Negern hat meines Wiffens der Englifche Handelemann Wik 
liam Sind !) mitgetheilt, der im Jahr 1607 bei feiner. Reife 
nad) Oſtindien Sierra Leone befuchte. Er fah die. dort lebens 
ben FullahNeger Tabak aus großen Pfeifenköpfen von gebrann- 
tem, Then rauchen, in die fie Furze, anderthalb Fuß lange 
Schilfrohre einfesten. Auch die Frauen raudten. In der 
Nähe ihrer Hütten bauten fie bereits Tabaf, Um den Tabak 
milder zu machen, pflegten bie Neger den Saft aus den grir 
nen Blättern zu preffen, dann erft zerſchnitten ſie dieſelben, 
und trockneten ſie am Feuer. Die Maͤnner trugen die Pfeifen 


1) Reife nach Oſtindien; in Purchas Gollection T. 1. 


uu0 


in einem Sacke bei ſich und den Tabak in einem "Heinen 
Beutel, Zaffio genannt. . Achnliches berichtet Robert Har⸗ 
court von den Negern Guineas, wo er ſich im Jahre 1608 
aufbielt. . 
"Daß der: Tabak aus Amerika in bie weſllichen Länder 
Afrika's eingeführt worden if, ergibt fich ferner daran, daß bie 
Zabat- Pflanze, welche Golberry in ben verfchiebenen Laͤn⸗ 
dern Afrika's bauen fah, und.die er Nicotiana minor nennt, 
Beine befondere Art ift, fondern nad) feiner Beſchreibung ganz 
mit der in Brafilien, am Amazonen-Strom und in Guiana 
einheimifchen Art, nämlidy Nicatiana rustica, Üübereinfommt, 
Sie erreiht wie diefe.mur bie Höhe von einigen Zußen, hat 
ſtark behaarte und fehe kleberige, laͤnglichrunde, anſehnlich breite 
und nicht zugefpigte Blätter von braungrüner Farbe, und 
weiße Blüthen. Wahrfcheinli wurden Samen: von biefer 
zuerſt durch die MPortugieſen nach Afrifa gebracht. Viele andere 
Amerikaniſche Gewaͤchſe, der Mais, die Caßave, die Ananas 
das Capfleum u. a., welche laͤngſt von ben: Negern gebaut 
werden, ſind nach den Nachrichten des Miſſionaͤr Antonio 
Zuchellit) aus Brafilien nach den Afrikaniſchen Laͤndern 
verpflanzt worden. Daß die Neger⸗Nationen an ber Weſtkuͤſte 
durch Europuͤiſche Seefahrer und Handelsleute mit dem Tabaf 
bekannt wurden, "dürfte ſich endlich daraus ergeben‘, daß die 
Tabakpfeifen, wie Iſert?) berichtet, bei den Negern Congot 
den Namen Tabacini fuͤhren. | 
Das Tabafrauchen if. ſeit geraumer Zeit i in allen’ Ländern 
Senegambiens, vom Gap blanc bis zum Cap Sierra Leone, 





1) Relazione del Viaggio e Mission di Congo nell’Etiopia inferiore 
occidentale. Venezia 1712. 4. 
2) Reifen nad) Guinea. Kopenhagen’ 1790, 


im Gebrauch, und alle in jenem Ländern wohnende Neger 
Voͤlker bauen Tabak. Jannequin, ein Reifenber der Fran⸗ 
zoͤſiſchen Afrikaniſchen Handels» Sefellfchaft, gebenkt- fchon im 
Sahre 1637 des Tabakrauchens bei den Negern am Gap blanc 
und am Senegal. Ausführliche Nachrichten darüber hat der 
viele Jahre am Senegal lebende Franzöfifdhe Gouverneur 
Andre de Bry!) gegeben. Im Jahr 1697 unternahm er 
eine Reiſe auf dem Senegal vom Fort Saint Louis bis zu 
ben Gataracten von Felu. Alle an den Ufern. bed Stroms 
wohnenden Regerfiämme, die Jalofen, Fulhas, Bambarras 
und Mandingos fah er leidenfhaftlih Tabak rauchen, Männer 
fowohl ald Frauen. Ebenſo die Fellups am den Fläffen Caſa⸗ 
manca und Vintam. Töpfer verfertigten die irbenen Pfeifen« 
köpfe. ..Die langen Rohre beftanden aus Schilf. . In der 
Andienz beim Könige ber Fulhas zu Gumel. geruhte diefer 
dem Gouverneur feine eigene brennende. Pfeife als . Zeichen 
des Freundſchaft zu überreichen. Die bei der Audienz gegen 
wärtigen Sofleute, felbft die Prinzgeffinnen unb.. Hoſdamen, 
rauchten. Bei einer wach ben Biſſao⸗Inſeln unternommenen 
Reife fah be Bry dieſen Gebraudy dafelbſt ebenfalls allgemein 
bei den dort lebenden Negern, den Papels. Der Koͤnig der 
Inſel Cazegut, bei dem er zur Tafel geladen war, fing gleich 
nach der Mahlzeit an zu rauchen, aus einer Pfeife, deren 
Kopf wohl ein Wiertel Pfund Tabak faßte und deſſen fünf 
Fuß langes Rohre mit metallenen Singen und Zierzathen 
geihmüdt war, Im Jahr 1715 beſuchte de Bry aud bie 
in den Gummi- Wäldern an ber Gränze der Wuͤſte Sahara 
ſich aufhaltenden Mauren, bei denen dad Tabakrauchen allges 
mein üblih war, Die erfte Gemahlin oder Soltana eines 


!) Labat Nouvelle Relation do l’Afrigue Occidentale. 1728, 








491 


rabifchen Zürften beehrtt den General mit -einem-Befuh, bei 
dem fie mit den Frauen ihre& Gefolge aus goldenen und 
filbernen Pfeifenkoͤpfen, Caſodos, rauchte, deren kurze Rohre 
mit goldenen Ringen, Corallen und Ambra verziert waren. 
Sie noͤthigte den General ihr im Rauchen Geſellſchaft zu 
leiſten und uͤberreichte ihm eine ſchoͤne Pfeife. 

An den Ufern und auf den Inſeln des Senegals ſah de 
Bry Überall große -Zabaf- Pflanzungen, "Die, Jrauen der 
Neger müfien nicht nur den Tabak pflangen, rinernten, trodinen 
und ſchneiden, fondern den Männern au bie geflopften 
Pfeifen reichen. Gin: Hauptzeitvertreib der jum Mäffiggang 
und zur Geſelligkeit geneigten Neger beſteht in: ihren Palla⸗ 
wars ober Verſammlungen zu rauchen und zu plaudern, Dieſt 
haben während der trocknen Zahreszeit im Schatten großer 
Bäume flatt, während ber Regenzeit abet in den Bentabas 
oder Gefelichafts- Häufern, wo ſie den geößten Theil des 
Tags und einen Theil der Nacht bei Geſang und Tanz raus 
chend zubringen. Bei den Heiraths⸗Ceremonien und bei allen 
Seften wird Palmmwein getrunken und Tabak geraucht, 

In den Jahren 1620 und 21 unternahm Richard Job⸗ 
fon !) des. Golbhandeld wegen vom Fort James eine Neife 
auf dem Fluſſe Sambra oder Sambia ind Innere des Landes, 
Er fand die Mandingo« Neger, Männer -und Frauen, dem 
Tabakrauchen fehe ergeben. Den Tabak erhietten fie von den 
Portugtefifchen Sklaven⸗Haͤndlern aus Brafilien. -Von den 
Negern zu Tenda taufchte er gegen Glasperlen Pfeifen und 
Tabak ein. Im Jahr 1624, da Stubbs auf der Gambia 
teifte, bauten die Neger bereits Tabak bei ihren Wohnungen, 
doch fah er keinen Tabak oberhalb der Cataracten wachen, 





’) Der Goldhandel ober Entbedung bed Fluſſes Gambra. 





Francis Moore, ber im Jahr 1730 Factor ber. Englifch 
Afrikaniſchen Compagnie zu Sierra Leona war, berichtet, daß 
die dort wohnenden Neger-Völker, die Dandingos, Boullams, 
Timmanies und Bagots befländig Tabak raychten, Die netten 
Pfeifen verferligten fie aus gebranntem rothen Thon. Das 
Rohr befand aus einem langen dünnen Etab, den fie mit 
einem giühenden Draht aushöhlten. Tabak bauten fie in der 
Nähe ihrer Hütten. - 

Bon Senegambien aus bat fi der. Gebrauch die Tabal⸗ 
rauchens auch in die benachbarten inneren: Länder Afrika's 
verbreitet durch die Caravanen ber Mandingo- Neger, welche 
Goldſtaub, . Elfenbein und Sklaven in die Handelsplaͤtze an 
ben Kuͤſten bringen und mit ben - Europdern in Kandel 
Verkehr fichen. So iſt es namentlich üblih im Goldlande 
Bambouk. Mungo Park !). fah die Neger in der Stadt 
Joag im Königreiche Kajaaga Tahak rauhen, und in ber 
Mähe befanden fi viele. Tabak⸗Pflanzungen. Auch in- ber 
Stadt Sanfanding am SIoliba ‚fah er in ben Häufern am 
großen Markte Buben, in denen Tabak verkauft wurde. Hin 
und wieder rauchten die Neger aber auch, wenn ihnen Tabak 
mangelte, die getrockneten Kelche des Baohab ober Affenbrob, 
baums (Adansenia digitate) ?). 

Viele Neger, namentlich die einen auögebreiteten Handel 
treibenden Mandingos, fowie die Fulahs, die. Neger von 
Weſſalo u. a. find au Freunde des Schnupftabaks. Gie 
dörren die Tahakblätter am Feuer und zerfloßen fie in hoͤl⸗ 
zernen Mörfern zu feinem Pulver Rah GaillE 3) nehmen 


1) The Journal of a Mission to the Interior of Africa. London 1805. 
2) Travels in the Interior of Africa performed in the years 1795—97. 
®) Voyages en.Afrique T. 1. p. 307. T. 2. p. 92. 








193 


die Mandingos aber den Schnupftabaf nicht mit den Fingern, 
fondern fie führen ihn mit einem Pleinen Pinfel oder mit 
einem ohrlöffelförmigen Eifen zur Nafe. 

Das Tabakrauchen ift ferner in -allen an ber Bat von 
Guinea vom Gap Mefurado und Palmas bid zum Gap 
Lopez⸗Gonzalvo gelegenen Ländern in Gebrauch, wie fihon die 
früheren Reifenden, Billault de Bellefond I), Barbot, 
Dtto Friedrih von der Gruben 2), Bosman?) u. a, 
bie in der zweiten Hälfte des fiebenzehnten Jahrhunderts und 
in der erflen Hälfte des achizehnten Sahrhunderts jene Laͤn⸗ 
der befucht haben, als auch neuere Reifende, Ifert, Robert: 
fon, Zudey), Bowdich 5), Adams 7) u; a, berichtet 
haben. Die Neger von Cavally in der Nähe des Caps Pal- 
mas, die Fantis, die Ashantis, die Neger der. Gold- und 
Schavenküfte von Dahomey, Benin, des KönigreichE Juida 
oder Fida find alle leidenfdjaftlich dem Tabakrauchen ergeben. 

Bosman fagt: Die Neger in Guinea, beiderlei Ge- 
ſchlechts, find "große Liebhaber des Tabaks, fo daß fie dafür 
ben leuten Heller ausgeben und viel lieber hungern, ald das 
Rauchen aufgeben. Sie haben fehr lange Pfeifen von mehr 
als ſechs Fuß. Die Pfeifenföpfe beftehen aus gebranntem 


1) Relation des Cötes d’Afrique appeledes Guinde, dans le voyage 
1666 et 1667. 

2) Sheeps- Togt von Jonkher Otto Friedrich van der Gruben na 
Guinea 1682. p. 17. 

”) Voyage en Guinde. Utrecht 1705. 

*) Narrative of au Expedition to explore the river Zaire usually 
called (he Congo. London. 1818. 

s) Mission to Ashantee. 

) Remarks on the Country from cape Palmas to the river Congo. 
London 1823. 

13 


194 


Thon oder Stein, in die fie zwei bis drei Handvoll Tabak 
ftopfen und ohne abzufeken ausraudhen. Das Rohr iſt aus 
einem Schilfhalm gebildet. Die Neger, welche bei den Eur 
ropaͤern leben, rauchen Brafilianifihen Tabak, doch wird 
andy Tabak gebaut, der aber fehr ſtark und tbelriechend 
it. An den Berfammlungsorten, Kaldes. genannt, wirb bes 
ftändig geraucht. Im Lande der Ashantis führen die Vor⸗ 
nehmen nah Bowdich goldene Pfeifen, während die Armen 
thönerne haben, wie auch der Capitän Winniett, der Vice 
Gouverneur von Gap Coaſt⸗Caſtle, bei feinem im Jahr 1848 
in Kumaſi, der Haupifladbt des Königs von Adhanti, ges 
machten Befuche wahrnahm. Tabak mwirb im Lande der As- 
hanti, in Inta und Dagoumba gebaut und führt den Namen 
Toah. Man trodnet die Blätter in der Eonne und zerreibt 
fie zwifchen den Händen. Die Ashanti fchnupfen auch ſtark, 
und ſetzen dem Schnupftabak Salmiak zu. 

In den Laͤndern an der Weſtkuͤſte endlich, vom Cap Lopez 
Gonzalvo bis zum Cap Negro, in Loango, Congo, Bamba, 
Angola oder Dongo und Benguela, die auch als Unterguinea 
aufgeführt werden, ift daB Tabakrauchen ebenfalls üblich, 
. und zwar feit geraumer Seit. Braun !), der im Jahr 1611 
Congo befuchte, fah ſchon damals die dortigen Neger, Mofis 
congos, Männer und Frauen, nad der Arbeit, in ihren Huͤt⸗ 
ten Tabak rauchen, den fie Macay nannten. Zucchelli, 
der fih im Sahr 1696 als Miffionar in Congo‘ aufhielt, 
führt an, daß der König vorzliglic darin fein Vergnügen 
finde, mit feinen Hofleuten Tabak zu rauchen und fi durd 
Palmmein zu beraufhen. Tuckey fah bei feiner. Fahrt auf 
dem Baire, daß die an den Ufern wohnenden Neger, welce 


1) Navigationes quinque. 


195 


dem Tabakrauchen fehr zugethan find, das mittlere Paar ber 
oberen Schneidezähne audfeilen, um das Pfeifenrohr beſſer 
einführen zu koͤnnen. In alle jene Ränder wurde Tabak aus 
Brofilien durch die Sklavenhaͤndler eingeführt. 

Nach Adams, welcher ausführliche Nachrichten über den 
Handel an der Weftküfte vom Cap Palmas bis zum Congo» 
Strom gegeben hat, ift Tabak einer der gefuchteften Handels- 
artitel, welchen bie Portugiefen von Bahia in großer Menge 
in die Küftenländer bringen. Auf allen Märkten in Ashanti,- 
Dahomey, im Lande der Hios, in Houfa, Jabon, Lagos und 
Benin ift der Brafilianifhe Tabak fehr begehrt. Seit der 
Abolition des Sklavenhandels fügt Adams bei, werde Tabak 
an ben Kuͤſten von Elmina bis Benin am vortheilhafteften 
gegen Gold und Elfenbein umgefegt werben können. Tabak 
wird übrigens au in Bonny, Calabar und im Königreich 
Angola gebaut, der aber fchlecht und übelriechend iſt, und 
dem aus Brafilien eingeführten Tabak nachfteht. 


B) Tabak in den Ländern an der Südſpitze Afrika’s. 


An dad Cap der guten Hoffnung und in die an baffelbe 
gränzende Länder gelangte der Tabak und fein Gebrauch 
durch Holländifche Seeleute, welche hier fchon feit dem Jahr 
1695 bei ihren Reifen nach Oſtindien oft vor Anker gingen, 
Johann van Riebed gründete dafelbfi im Jahr 1652 die 
erſte Niederlaffung, und die Holländer führten die Cultur des 
Tabaks ein. Die Hottentotten fanden an dem Tabakrauchen 
fehe bald großes Wohlgefallen, Wilhelm Zen Rhyne), 


1) De promontorio bonae spei. Scaphhusae. 1686. Cap. 16. p. 49. 
Account of the. Cape of Good Hope; in Churchill’s Collection. 
T. 4. p. 768, 

13* 


106 


welcher im Sahr 1673 das Gaplanb bereifle, ſah bereits 
Männer und Frauen, Kinder und Greife, Tabak rauchen, 
Der Engliſche Capitaͤn Cowley I) fand die Hottentoiten, 
ba er im Jahr 1684 das Cap befuchte, dem Rauchen fo fehr 
ergeben, daß fie ihre Weiber den Matrofen um ein Etüd 
Rollentabak anboten und preißgaben. Auch Dampier?), 
welcher fih im Sahr 1694 am Gap aufhielt, gedenkt der 
Leidenfchaftlichkeit der Hottentotten für den Tabak. Der 
Preis einer Kuh oder eines Schafs beftand damals in einem 
Stuͤck Rollentabak, welches von den Hörnern bi8 zum Schwan; 
eines Thiers reichte. Kolbe:?), der vom Jahr 1705 bis 13 
im Sapland lebte, berichtet ebenfalls, daß die Hottentotten, 
Männer fowohl ald Frauen, dem Tabakrauchen fehr ergeben 
find. Er fagt: außer der. großen Zrägheit beftehen ihre Lafter 
in ber Zrunfenbeit und in der Sucht Tabak zu rauchen. 
Reicht man ihnen Branntwein und Tabak, um bie fie ſtets 
betteln, fo trinten und rauchen fie, bis fie umfallen, zugleich 
fhreien fie, biß fie die Stimme verlieren. Kolbe fah felbft 
Tabak rauchende Mütter, welche dem an der Bruft faugen- 
den Kinde die brennende Pfeife reichten. Die im Dienfte 
der Goloniften fiehenden Hottentotten erhielten vorzüglich Tabak 
als Lohn, Ihre Fleinen, fehr einfachen Pfeifen, welche fie felbft 
verfertigen, beftehen aus gebranntem Thon oder Holz und 
einem Furzen Rohr. Jeder Hottentotte führt einen Fleinen 
om Halfe hängenden Sad, in dem fich die Pfeife und Tabak 
befindet, Die Frauen tragen einen lebernen Beutel mit den 


N) Reife um bie Welt, abgebruckt in Dampier's Reiſen B. 4. S. 383, 

2) Ebend. B. 1. Kap. 20. 

2) Reiſe in das Afrikaniſche Borgebirge ber guten Hoffnung. Rürns 
berg. 1719. 8.1. ©, 240, 


197 


Rauchgeräthichaften am Gürtel. Fehlt es ihnen an Tabak, 
fo rauchen fie die getrodneten Blüthen und Blätter von. 
Hanf, Dacha oder Daka. Auch vermengen fie den Tabak 
mit Hanf, welches Gemengfel Bufpadı heißt. Sie bedienen 
fi) ferner der Canna oder Channa, welches nah Patter- 
fon !) die Hetrodinete Wurzel einer Art von Meſembryan⸗ 
themum iſt. 

Die Leidenſchaft fuͤr den Tabak hat ſich nach den Nach⸗ 
richten neuerer Neifenden, Sparrmann’8 2), Thunberg’s?), 
Le Vaillant's ?), Barrow's 5), Peroival’sd), Lichten⸗ 
ſteins )), Campbell's ®), Latrobe's 9), Burchell's 10) 
u. a. bei allen Staͤmmen der Hottentotien, den Namaquas, 
Griquas, Gonaguas am Groote Viſch-Rivier, den Coran⸗ 
nas am Groote oder Orange Rivier, bei Maͤnnern und 
Frauen, bis auf den heutigen Tag erhalten. Sie rauchen 
Tabak oder Daka, welche ſie von den Coloniſten theuer 
gegen Ochſen eintauſchen. Thunberg ſtieß auf eine Horbe 
Hottentotten, welche beim Mangel an Tabak und Hanf den 
getrockneten Miſt des Rhinoceros und Elephanten rauchten. 
Selbſt die im groͤßten Elende in der oͤden Gegend zwiſchen 


1) Reife ind Land der Hottentotten und Kafern, überſetzt von Forſter. 
Berlin 1790, S. 21. 

2) Reife nad) dem Vorgebir ge der guten voffnuns im Jahre 1776. 
Berlin 1784. 

2) Reiſebeſchreibung. Leipzig. 1702. 

) Voyage dans Y’interieur de l’Afrique dans les années 1780—85. 

®) An Account of travels in the Interior of southern Africa in the 
year 1797—98. London 1801. 

°) Beihreibung des Vorgebirgs der guten Hoffnung. Leipzig 1806, 

°) Reifen im füblichen Afrika, Berlin 1811. 

) Reife in Südafrika, Nuͤrnberg 1816. - 

°) Journal of a-Visit to South Africa. London 1818. 

10) Travels in the Interior of Southern Africa. London 1822. 


198 


ben RoggeveldsBergen und dem Orange⸗Fluß lebenden Saabs 
oder Bofchimans, welche in Erbhöhlen wohnen, und ſich von 
wilden Kräutern und Wurzeln, ſowie von Eidechſen, Echlangen, 
Heuſchrecken und Zermiten nähren, find leidenfchaftliche Raucher. 
Ihre Pfeifen find entweder ausgehöhlte Roͤhrenknochen, oder fie 
beftehen aus dem Horn einer Elenn-Antilope (Antilope orcas) 
oder eines Ochſen, in das fie den aus gebranntem Thon ge- 
bildeten. Pfeifendopf einfegen, wie fie Sparrmann H abgebil- 
det hat. In die weite Muͤndung des Hornd bringen ſie den 
ganzen Mund ein, um ben Rauch einzuziehen. Tabak und 
Hanf betteln die Boſchimans von Reiſenden, oder fie flehlen 
diefelben von den Feldern der Goloniften, Haben fie Feinen 
Tabak, fo gießen fie etwas brenzeliged Del aus ihren Pfeifen 
auf trodne Kräuter, welche fie dann rauchen. 

Der Gebraud des Tabaks hat ſich feit geraumer Zeit 
auch bei den jenfeitd bes großen Viſch⸗Rivier an der Oſtkuͤſte 
Afrika's biß zur Bai Lagoa wohnenden Kaffern oder Ama⸗ 
koſa eingefchlichen, wie Barrom, White 2), Alberti®). 
und Cowper Rofe *) berihten. Männer und Frauen 
rauhen. Da Barrow im Jahr 1797 das Kafferlandb bes 
fuchte, fließ er an den Ufern des großen Fifchfluffes auf einen 
Haufen Frauen, welche ihn tanzend und fcherzend empfingen 
und fogleih dringend um Zabaf und kupferne Knöpfe. zum 
Schmud baten, Die Kaffern verfammeln fih in den Hütten 
ber Haäuptlinge, wo fie um das Feuer fißend plaudern und 
Tabak oder Dafa rauchen. Iſt nur eine Pfeife vorhanden, 


1) a. a. O. Tafel 3. Figur 3 

2) Journal of a Voyage performed in the Lion. 1800. 

®) Description physique et historique des Cafres. Amsterdam 1811. 
*) Four years in southern Africa. London 1829. 








100 


fo freiöt fie von Mund zu Mund und jeder thut einige Züge 
daraus, Sie haben Heine hölzerne oder eiferne Pfeifen, 
weldye fie felbit verfertigen. Hin und wieder bedienen fie 
fi) auch des Horns einer Antilope, welches mit Waſſer ge 
füllt wird, und durch das fie den Rauch gehen laſſen. Eie 
rauchen Tabak und Hanf, den fie von den Goloniften gegen 
Ochſen eintaufchen, oder in der Nähe ihrer Hütten, nebft 
Hirfe, Bohnen und Wafler- Melonen bauen. Der Kaffern- 
Stamm der Zambouffi ift nach dem Miflionär Hallbeck!) 
gleichfalls dem Tabak⸗ und Hanfrauchen fehr ergeben, Sie 
rauchen aus mit Waſſer gefüllten Ochfenhörnern, in bie ein 
thönerner Pfeifenkopf und ein Rohr angebracht find. 

Sener Gebrauch hat fi endlih zu ben nördlich vom 
Sapland, jenfeitd des Oranje⸗Rivier wohnenden Hirtenvölkern 
den Betjuanas, Bachapins, Matchapis und Maroutzied ver» 
breitet. Nah Truter und Eomerpille find die Bewoh⸗ 
ner der Stadt Litaku, welche unter dem 27. Grad fühlicher 
Breite und dem 24, Grad der Länge ded Meridian von 
Greenwich liegt, große Freunde bed Tabaks. Unter allen 
Genüffen feßen fie den Tabak oben an. Sie ziehen ben 
Rauch ein, welcher durch Waſſer gegangen ift, das in das 
Horn eines Ochſen oder einer Gazelle gefült wird, und in 
da8 der Pfeifenfopf und ein Rohr eingefekt find. Die Bas 
hapind verfertigen ihre Pfeifenföpfe aus einer Art Serpen« 
tinftein. Aehnliches berichtet Lichtenftein, der im Jahr 
1805 das Land der Betjuanad befuchte. Männer und Frauen 
waren fehr begierig nach Tabak, und fie reichten Waffen, 
Sephantenzähne, Ohrgehänge, Hals⸗ und Armbänder willig 
bin, um Tabak einzutaufhen. Auch der Miffionar Camp- 


1) M&moires sur la communaute des freres Moraves 1828. 





beil, der fih im Jahr 1814 in Litaku aufhielt, gibt an, 
daß das Tabakrauchen dort allgemein im Gebrauch iſt. Män« 
ner, Frauen und felbft Kinder verlangten Tabak von ihm, 
und waren fer erfreut, wenn er fie nur einige Züge aus 
feiner Pfeife thun ließ. Burchell endlich gedenkt bed gro⸗ 
fen Mohlgefallens der Bewohner Litalus am Tabak, den fie 
Mouchouko nennen. Obgleich Tabak nit von den Betjuas 
no8 gebaut wird, fo ift er ihnen fchon feit geraumer Zeit 
ein großes Bebürfniß geworden. Burchell vermuthet, daß 
er ihnen zuerft durch Tauſch von Nord⸗Oſten her, aus ben Be⸗ 
figungen der Portugiefen zugeführt worden fei. Die Ma- 
routzies aber bauen nach Campbell bereits "außer Getreide, 
auh Tabak und Hanf. 

Selbſt das Zabalfchnupfen ift unter jenen rohen und 
armen Hirtenvölßern, den Kaffern, Tamboukkis, Betiuanas, 
Matchappis und Maroutzies üblich und der Schnupftabak ift 
wehl ihr theuerfler Luxusartikel. Die Kaffern führen einen 
gelbbraunen, feinkörnigen Schnupftabak, den fie in Fleinen, 
Fugelförmigen Sürbiffen aufbewahren, deren Oeffnung mit 
einem Stoͤpſel gefchloffen if. Won dem Miſſionaͤr Hall: 
bed verlangten bie Frauen der Tamboukkies ſtuͤrmiſch Schnupfs 
tabak, den fie mittelft eines kleinen hölzernen Loͤffels zur 
Nafe brachten. Bachapins, welche Burchell auf der Reife 
traf, begehrten fogleich Liſchuena oder Schnupftabal, den fie 
in die flache Hand fchütteten und fchnupften. Die Betjua 
nas röften den Zabaf und zerreiben ihn zu einem feinen 
Pulver, das fie mit etwas Holzaſche vermifchen. Das Puls 
ver ziehen fie durch einen Federkiel oder ein Stuͤck Schilfe 
rohr ein. Sowohl das Schnupfen ald Rauchen nennen fie 
Chocha⸗Saugen. 

Die Cultur des Tabaks iſt in den Caplaͤndern unleugbar 





201 


durch die Holländer eingeführt worden, und ift bei dem gros 
Ben Verbrauch deffelben durch die Coloniften, und bie ſowohl 
in denfelben als in den benachbarten Ländern mohnenden 
Bölkerfchaften fortbauernd in Zunahme begriffen. Im Ges 
biet der Cap⸗Colonie beitrug nah Barrom 1) der Ertrag 
des Tabaks, während ber vier erften Jahre ber Englifchen 
Herrfchaft, durchfchnittlich 300,920 Thaler oder 60,185 Pfund 
Sterling. Der dort wachſende Tabak ift von fehr guter 
Sualität, ſowohl im Geruch als im Geſchmack. 


C) Tabak in den Ländern an der Oſtküſte. 


Der Gebrauch und die Cultur des Tabaks iſt in allen 
Laͤndern an der Oſtkuͤſte Afrika's, in Sofala, Mozambique, 
Zanguebar, Magadoro und auf der Inſel Madagascar eins 
gefuͤhrt, wahrſcheinlich durch die Portugieſen. Ueber die Zeit 
der Einführung - find jedoch Feine Nachrichten vorhanden. 
Des Tabaks in der Bai von Lagoa hat fchon Franfe ?) 
gedacht, der diefelbe im Jahr 1751 befuchte. Die an dem 
Küftenfaum des rothen Meers in der Amhara nomabifiren- 
den Danafild, fowie die Bajehs und Agazis fah Salt?) 
leidenfchaftlih Tabak rauhen, Auch Harris ?) fand bei 
feiner befchwerlihen Reife von der Bai Zabjura durd bie 
Wuͤſte Adel nach dem Königreiche Schoa, daß die dort herum⸗ 
ziehenden voilden Horden der Danfali, Eomauli und Debeni 


— — — — — 


I) Travels. T. 2. 

2) Reiſe Leipzig. 1778. 

2) Travels in Abyssinia. p. 276. 

*) Gefandtichaftsreife nach Schoa in den Jahren 1841— 43, Stuttgart 
1845. 





alle nach Tabak fehr lüftern waren. Sie rauchten, kauten 
und fihnupften Tabak. Die Bewohner im Thale Auffa am 
Fluſſe Hawaſch bauen felbft Tabak. In Abyffinien ift nur 
die Mahomebanifche Bevölkerung dem Rauchen und Schnu- 
pfen ergeben. Die Chriſten dagegen verabfcheuen den Tabak 
und den Kaffee, deren Gebrauch die Abyffinifche Kirche, wie 
die Mifftonare Ifenberg 1) und Krapf berichten, für 
fündhaft hal. Harris erzählt, daß er während feines 
Aufenthalte in Ankobar, der Hauptflabt ded Königreichs 
Schoa, die dortige Sanct Marien-Kirche zu befuchen wuͤnſchte 
und den Bifchof defhalb um Erlaubniß bat. Er erhielt aber 
die Antwort, daß die Engländer, da fie die Gewohnheit hät- 
ten Kaffee. zu trinken und Zabaf zu rauchen, welhe Maho— 
medanifche Gräuel aus religiöfen Gründen in Schva ver 
boten feien, nit in den Bereich des heiligen Gebaͤudes zu- 
gelaffen werden Fönnten, indem es durch den Fuß eines 
Gypzi (Ausländers) verunreinigt werde. Tabak, eine uner- 
läßliche Waare für die Moslemitifche Bevölkerung Schoa’s, 
ift ein Gegenfland fleißigen Anbaues im unteren Rande, In 
das Königreih Tigre aber wird Perfifcher Tabak, ſowohl 
zum Rauchen ald zur Verfertigung von Schnupftabal, von 
Bashra und der im rothen Meer liegenden Inſel Maflaua 
eingeführt, 

Nah) Harris?) rauen auch die Gallas Tabak und es 
macht bei ihren Gelagen ein Hauptvergnuͤgen aus, wobei ſie 
Bier trinken und Stuͤcke rohen Fleiſches verzehren. Mehrere 
Stämme, namentlich die Itu⸗Gallas bauen auch Tabak. Im 
Lande Suſa hingegen, das an Schoa graͤnzt und deſſen 


1) Abyſſinien und die evangeliſche Miffton. Bonn 1844. 
2) a. a O. B. 2. S. 149. 








208 
Einwohner Chriſten find, wird nur Tabak geſchnupft, nicht 
aber geraucht ?), | 


D) Tabak in den Landern an der Nordküfte, 


Der Gebrauh des Tabaks hat fi auch von der Nord« 
kuͤſte aus, in bie Länder Afrika's verbreitet, nach Aegypten, 
Tripolis, Tunis, Algier und Marocco, wohin er durch die 
Osmanen und chriftlichen Seefahrer gelangt if. In allen 
jenen 2ändern herrfcht bei den Großen und den Frauen de 
Harems berfelbe Luxus mit prächtigen Pfeifen und Tabak 
geräthichaften, wie in der Tuͤrkei, in Eyrien und Perfien. 
Auch iſt es Sitte, daß gleih nah eingenommenem Mittags« 
mahle Kaffee und Xabakpfeifen gereicht werben, und biefe 
werben auch befuchenden Fremden dargeboten. 

Die jährlih von Cairo ausgehenden Karavanen haben 
ben Gebraudy des Tabaks nah Nubien, Dongola, Senar, 
Kordofan, Darfur und in die Länder des Sudans gebracht. 
Nah Burkhardt?) maht Tabak den vorzüglichften Lurus- 
artifel der Volksklaſſen Nubiens und aller Nuba-Bölker in 
jenen Zändern aus, ſowie am Bahrsel-Abiad oder am weißen 
Nit, felbft bei den Shangallas und Barabras, Er wird ges 
raucht, ober mit Salpeter vermifcht gefaut und audgefaugt, 
indem man ihn zwifchen den Lippen, Baden und Zähnen 
preßt. Auch der Schnupftabaf ift fehr im Gebrauch. Man 
verfertigt ihn aus fein gepulvertem Tabak, dem Nätron zuge 
feßt wird. In allen jenen Rändern wird laͤngſt Tabak ge 


1) a. a. O. B. 2. S. 162% 
2) Reiſe in Nubien. S. 202. 


20 
baut. W. A. Bromne !) fah große Tabak⸗Pflanzungen 
in Fertit und Darfungero, fowie Burdhardt in Damer. 

Ein neuerer Reifender, Ignaz Pallma ?) fand, baf 
alle Stämme der Nuba-Neger, fünöftlih von Kordofan bis 
zum 10ten Grad füdlicher Breite, dem Zabafrauchen leiden» 
fchaftlich zugethan find, Man fieht fie den ganzen Tag über 
nie anders ald mit der Pfeife im Munde. Bei fchwarzem 
Kaffee Tabak zu rauchen, ift für fie einer der größten Ge- 
nüffe. Auch die alten Frauen legen die Pfeife feinen Augen» 
blick zur Seite. Junge Frauen und Mädchen jedoch rauchen 
felten. Den Tabak» Pfeifen, welhe aus gebranntem Thon 
oder Holz beftehen, wiſſen die Neger eine gefällige Form zu 
geben. Das fehr Furze Rohr ift von Holz und in baffelbe 
wird ein drei Zoll langes, duͤnnes, eifernes Roͤhrchen einge 
fegt, welches *ald Mundflül dient, Den Tabak, der für 
viele Neger einen größeren Werth ald Nahrungsmittel hat, 
pflanzen fie felbft auf ihren Feldern, Hat er feine Reife er⸗ 
langt, fo werden die Blätter abgenommen, getrodnet, und 
fobann nad) vorausgegangener Anfeuhtung in Form von 
Kuchen zufammengepreßt. Wollen fie rauchen, fo brechen fie 
ein Stü ab und zerreiben es zwifchen den Haͤnden zu 
Pulver. Der Tabak ift aber fo ſtark, daß ein Europäer, 
ehe er denfelben in Wafler gelegt und audgepreßt hat, nicht 
zu rauhen im, Stande ifl, 

Tabak endlich, der in allen an der Nordkuͤſte Afrika's 
gelegenen Laͤndern ein Lebens⸗Beduͤrfniß geworden iſt und 
in Menge gebaut wird, führen die von Tripolis, Tunis, 


1) Nouveau Voyage dans la haute et basse Egypte, la Syrie, le 
Darfour. Paris 1800. T. 2. p. 45. 
2) Befchreibung von Korbofan. Stuttgart 1843, ©. 96. 


Algier und Marocco audgehenden Karavanen nad Biladulgerid 
und Fezzan, fowie in die Dafen der Wüfle Sahara. Auf, 
den durch die Wüfte gehenden Karavanen» Straßen gelangt 
er in die in Eudan liegenden fehr bevoͤlkerten Länder Tim⸗ 
buctu, Sackatu, Kashna, Bornu, Kanem und Borgu, wo 
er eine fehr geſuchte Waare ift und theuer gegen Golb und 
Eifenbein eingefauft wird, 

Die an dem Oſtrande bes norbafrifanifchen Sand⸗Oceans 
zwilchen Fezzan und den BerbersDafen lebenden Zibbos, fo 
wie die an der Weflfeite nomadifirenden Touariks, welche den 
Karavanen- Handel zwiſchen den Küftenländern am mittel- 
landifchen Meer und den Ländern und Reichen im Inneren 
Afrita’8 vermitteln, find dem Tabakrauchen ebenfalls fehr er- 
geben. Zabaf erhalten fie von den Handelsleuten der Ka⸗ 
ravanen. Die Weiber der Tibbos kauen faft befländig Tas 
baf, Die Neger- Völker jener inneren Länder Afrika’s find 
alle leidenſchaftliche Raucher und, da der Zabaf eine koſtbare 
Baare tft, fo haben fie bereits angefangen Tabak zu bauen, 
namentlich in Timbuctu. 

Ein wichtiger Stapel» Plag für den Handel im Sudan 
it noch der an ber Weſtkuͤſte Marocco's gelegene Hafen 
von Magador, wo die Engländer und Amerikaner Zabal, 
Zuder,. Gewürze und andere Waaren abfeßen, welche von 
Karavanen durh die Wüfte Sahara nad Timbuctu ge⸗ 
führt werden 1). 


)) Loss of tie American. Brig Commerce wraoked on the - Western 
Coast of Africa in the month August 1815, with an account of 
Timbuctoo by J. Riley. London 1817. p. 114. 





vi. 


Einfabrung und Verbreitung des Tabaks 
in Afien. 


1) Berauſchung durch den Rauch narkotiſcher Ge 
waͤchſe bei Aſiatiſchen Volkern, ein ſehr alter 
Gebrauch. 


Herodot ) gedenkt dieſes Gebrauchs ſchon bei den Maſ⸗ 
ſageten, einem Scythiſchen Volke, das auf den Inſeln des 
Araxes lebte. Er ſagt, es komme auf dieſen Inſeln ein Baum 
vor, deſſen Fruͤchte die Bewohner bei ihren Zuſammenkuͤnf⸗ 
ten in's Feuer wuͤrfen, und deren Rauch ſie berauſche, wie 
die Griechen der Wein. Dabei ſaͤngen und tanzten ſie. Aehn⸗ 
liches berichtet er 2) von den Seythen am Boryſthenes, den 
ehemaligen Bewohnern des füblihen Rußlands am Dnieper. 
Dort wachſe Hanf, der dem Flachſe gleiche und aus dem 
in Thracien Kleider verfertigt würden. Den Samen fireuten 
die Scythen in ihren Zelten auf glühende Steine, und fo 
entftche ein Dampf wie in einem Schwigbade, Dabei brüfl- 
ten fie aus Wohlbehagen. Auh Pomponius Mela 2) hat 


1) Histor. Lib. I. Cap. 202. 
8) Lib. II. Cap. 74. 75. 
®) De situ orbis. Lib. 2. Cap. 2. ©. 4. 





bei der Befchreibung Thraciens bed Gebrauchs feiner Bes 
wohner gedacht, fih durch Nauch zu beraufchen. Maschen 
Völkern, fagt er, fei der Gebrauch des Weins unbekannt, 
dagegen aber werfe man, wenn man beim Schmauße um 
ein Teuer gelagert fei, Samenkoͤrner in daffelbe, durch deren 
Rauch und Duft eine angenehme Trunkenheit hervorgebracht 
merde, ' 


Mit obigen Nachrichten flimmen die Angaben von Mari 
mus Tyrius und Dio Chryſoſtomus 2) überein, welche 
wahrfcheinlih aus Herodots Schriften entlehnt find. Ferner 
findet fich bei Plutarh 3) noch folgende Stelle: in Thra⸗ 
cin am Fluffe Hebrus (jet Marika genannt) waͤchſt ein 
Kraut, dem Origanum ähnlich, deflen Spigen die Bewoh⸗ 
ner abpflüden und in’8 Feuer legen, nachdem fie fi mit 
Gerealien gefättigt haben. Den auffteigenden Rauch atmen 
fie ein, worauf fie beraufcht werden und dann in tiefen Schlaf 
finfen, 


Bielfältig wurde die Frage aufgeworfen, welche Früchte 
und Samen eine foldhe beraufchende Wirkung hervorbringen 
koͤnnten. Einige Autoren haben fie dem Eppich zugefchrieben, 
andere meinten mit Bezug ‘auf die Angaben Herobot’s, es 
müßten Danffamen fein, Wahrfcheinliher iſt, daß es bie 
Samen einer Art Stechapfels, der Datura stramonium' oder 
metel, waren, bie eine beraufchende Wirkung haben, 





1) Dissertatio XXVII. Sermo 11. 
2) Oratio XXX11. p. 680. 
®) De flavils p: 1149. ed. Reisk. p. 718, 


2) Der Zabaf vor Entdedung Amerika’ in Afien 
nicht befannt. 


Obgleich nicht in Zweifel gezogen werben kann, daß 
bad Berauſchen durch den Rauch narkotifcher Kräuter bei 
mehreren Voͤlkern des nörblichen Aſiens ein fehr alter 
Gebraudy war, fo berechtigt dies doch nicht zu ber An- 
nahme, daß das Tabakrauchen fhon vor Entdeckung Amerika’s 
in jenem Welttheile üblih war, wie einige Schriftfteller 
irrig behauptet haben. So fagt Savary I): die Perfer 
haben lange vor Entdeckung ded neuen Gontinents Tabak 
geraucht und biefer Gebrauch ift ihnen aus Aegypten zuge- 
fommen. Auch Don Antonio de Ullva 2) meinte, es fei 
nicht ausgemacht, daß das Tabakrauchen in Europa erft feit 
der Entdeckung Amerika's eingefuͤhrt worden ſei, denn daſſelbe 
ſei im Orient ſehr alt, Selbſt der gelehrte Murray?) 


1) Dictionnaire universel de Commerce. Genève 1723. 

3) Noticias Americanas. Madrid 1772. M&moires philosophiques, 
historigoes et physiques, concernant la d&couverte de l’Amerique. 
Paris 1787. T. 1. p. 59. Il n’est pas certain que l’usage du tabac 
ait été introduit en Europe par la decouverte de l’Amerique; 
car il etoit tres ancien en Orient, avant qu’on mit le pied dans le 
nouveau Monde. Il etoit presque impossible, qu’il ne se repandit 
de P’Orient en Europe par le commerce.de la Mediterranee avec 
le continent de l’Asie, commerce, ‚que faissoient les Venetiens 
avant que les Portugais eussent double le Cap de Bonne Esperance 
en 5487. On peut seulement assurer que, depuis la decouverte 
de l’Amerique l’usage du tabac est devenu general. 

2) Apparatus Medicaminum. Gottisgae 1%93. Vol. I. p. 682. In ea 
non Omnes Opinione versantur, quod ars famum Tabaci hauriendi, 
Americae originem suam debeat. Ast inde Sinensem et Mongo- 
lensem gentem jam longo tempore ante Americam detectam 
invaluisse, multa argumenta suadent. Unde et probabile est, 





bat Zweifel dagegen erhoben, und ebenfo Bed: 
mann). ' 

Jene Einwendungen und Zweifel werben aber dadurch 
befeitigt, daß Fein älterer Schriftfteller, welcher ber erobern« 
den und verheerenden Kriegszuͤge der Hunnen und Tartari⸗ 
fhen Horden Dihingis Khan’s und Tamerlan's in die 
civilifieten Länder Europa's und Afiens gedacht hat, des Tabak—⸗ 
rauchens erwähnt. Gewiß würde dies eben fo viel Auffehen 
und Erflaunen erregt haben, als der Anblid der abſchreckenden 
Gefichtszüge und der rohen Sitten und Gebräuche jener Mon⸗ 
golifchen Wölfer. Auch Feiner der früheren Europäifchen Neis 
fenden, welche während de dreizehnten Jahrhunderts in diplo⸗ 
matifhen Sendungen an die Mongoliihen Hoflager Afien 
durchwandert baben, gedenft auch nur entfernt jened Ges 
brauchs, wiewohl fie viele ſchaͤtzbare Nachrichten Über Die 
Lebensweife und Eitten der. Tartaren mitgetheilt haben. Won 
jenen Geſandten nenne ich die Dominikaner⸗Moͤnche Nico- 
laus Ascelin, Alerander und Albert, die im Jahr 1245 
vom Papft Innocenz IV. an den Hof Bajoth-noy 
khans gefchidt wurden; ferner den Franzisfaner- Mönch 
Plano Sarpini, der unter großen Gefahren und Entbehs 
rungen bie lange Reife bis zum Hauptfig der Mongolifchen 
Herrſchaft machte, und die erfte Beichreibung der durchreiſten 


Europaeos eandem per commercia cum orientalibus gentibus 
primum didicisse. Accedit, quod in America, nec lis regionibus, 
ubi stirps haec sponte crescit, valde frequens sit, fumum istum 
Sugere, nec in communem usum transierit. Fatendum tamen, 
'vestigia ejusdem in Asia obscura esse; cum 6 contrario certiora, 
magisque Conspicua sint ea, per quae Tabacum ex America 

Europaeis tränsvenit, et in familiarem usum tractum est. 
1) Technologie, Kusgabe 3. S. 221. 
14 


210 


Länder und des Hofs des Großfhans Kajuf, des zweiten 
Nachfolger Dſchingiskhans, gab. Dahin gehört auch der 
Dater Andre de Lonjumel, und der im Jahr 1253 vom 
König Ludwig dem Heiligen an Mangu Khan nad 
Karakorum gefendete Minoriten-Mönd; Guillaume de Ru— 
bruqui (Ruysbroed) 9), 


Daß der Gebrauch des Tabaks in Afien vor Entdedung 
Amerika's nicht befannt war, wird ferner durch die Nach—⸗ 
richten vieler andern Reiſenden beftätigt. Im Jahr 1269 
reifte der Venetianer Marco Polo 2) in Handelögefchäften 
durch Armenien, Georgien, Perfien und Chorafan, und ge 
langte durch das Alpengebirgd- Land von Weft- China und 
die Thaler des Fan⸗ho, Hoang=ho und Weisho, durch das 
Land Tanduch in die Haupt: und Nefidenz.Stadt Karakorum. 
Mehrere Jahre verweilte er am Hofe des mächtigen Mon- 
golen Kaifers Kublai Khan, bei dem er in großem Anfehen 
und hohen Würden fland, Der gut beobachtende Reiſende 
hat viele fchägbare Nachrichten über die Sitten und Gebräuche 
der Bewohner der von ihm befuchten Länder gegeben, Eo 
ift er ber erfte Abendländifche Reiſende, welcher des Milch⸗ 
branntmweind bei den Tartaren, ded Betelfauens in Indien, 
des Palmweins, des Araks und des Sago's in den Ländern 
der Malaien gedacht hat. Gewiß wuͤrde auch der feltfame 


1) Hakluyt Collection. Vol. 1. p. 53. — A. Remusat. Möm. sur les 
Relations politiques des Prinuces Chretiens avec les Mongoles. . 
Paris 1821, 

3) The Travels of Marco Polo, translated from the Itallan by 
William Marsden London. 1818. 4. — Giov. Balt. Baldelli 
N Milione di Marco Polo. Firenze 1827. — Aug. Bürd, Die 
Reifen des Venetianers Marco Polo. Leipzig 1845, 


211 


Gebrauch des Tabaks feiner . Beobachtung nicht entgangen 
fein, wenn er damals ſchon in Afiatifchen Ländern uͤblich ges 
weien wäre. Eben fo wenig gedenken befielden Portenau, 
der vom Sahr .1320 bi8 30 in Indien und China reifte, 
PDegoletti, der ſich des Handels wegen eine Zeit fang in 
Peking aufhielt, und Clavijo, der im Jahr 1403 vom 
Spanifhen Hof ala Gefandter nah Samarkand gefchiet 
wurbe, Ferner hat auch der Englifhe Ritter John Mauns 
bevilla I) auf feiner Reife durch Armenien, Perfien, Syrien, 
die Zartarei, Arabien, Aegypten, Indien, Ceylon, Eumatra 
und China befielben nicht erwähnt. Und endlich haben bie 
Portugiefen, welche Indien zuerft auf dem Wege zur Eee 
befuchten, Vasco de Gama im Jahr 1498, Alvarez Ca 
bral, Juan be Nueva, Albuquerque, Pacheco, Als 
meida u a, feiner nicht gebacht, obgleich fie das Betel⸗ 
kauen befdyreiben, 


Daß das Tabakrauchen felbft im fechözehnten Jahrhun⸗ 
dert noch nicht in Aſien befannt war, erhellet daraus, daß 
Fein Reifender, welcher in biefer Zeit ein Aftatifches Land bes 
fucht hat, deffelben Erwähnung gethan hat. In den Sahren 
1540 bis 1563 unternahmen Wilhelm Poftel, Peter 
Belon und Busbed Reifen in die Länder des Osma⸗ 
nifchen Reichs, fowie nach Perfien und Arabien. Ausführlic 
haben fie die in jenen ändern herrfchenden Sitten und Ge⸗ 
brauche gefchilbert, Feiner jedoch erwähnt des Tabakrauchens. 
Auh Caſper Balby, ein Venetianifher Kaufmann, det 
im Jahr 1579 dur Syrien nady Arabien reifte, gebenkt 


1) Bon der Erfahrung des firengen Ritters von Montavilla auf feinen 
Reifen. Straßburg 1507. 
14* 


212 


nicht des Tabaks. Im Jahr 1580 unternahm John New 
berry I) eine Reife über Aleypo nad) Ormus, durchſtreifte 
dann Perfien und Armenien, und kehrte über Gonftantinopel 
nah England zurüd, Eeine Mittheilungen über Handel 
Begenftände fcheinen fehr genau zu fein und es find viele 
Bemerkungen über die Lebensart, bie Sitten und die Kiei- 
dung der Bewohner jener Länder eingeftreut, vom Gebrauch 
des Tabaks aber ift nirgends die Rede. Ebenfowenig bat 
deffelben Sohn Saunderfon, ein fehr unterrichteter und gut 
beobachtender Neifender gedacht, der fih vom Jahr 1584 bis 
1602 im Drient aufbielt, Syrien, Palaͤſtina und Aegypten’ 
befuchte, und fech8 Jahre in Gonftantinopel lebte. Non noch 
größerem Gewichte ift, daß auch ein in jener Zeit in ben 
weftlichen Ländern Aſiens reifender Arzt, Leonhard Rau 
wolf ?), der ein guter Botaniker war, des Tabaks mit kei⸗ 
ner Sylbe erwähnt hat, wiewohl er des Kaffeetranks, Chaube 
genannt, gedenkt. Daß das Tabakrauchen felbft im Schr 
1603 in Aleppo noch unbekannt war, febt dad Zeugniß 
William Bideluphs außer allen Zweifel, der bei ber 
Englifchen. Factorei dafelbft Geiftliher war, und ein über 
feinen dortigen Aufenthalt geführtes Tagebuch herausgegeben 
hat. Sehr ausführlich befchreibt er die Lebensart der dortigen 
Bewohner, und fügt Bemerkungen über das Kaffeetrinken 
und die damals ſchon eingeführten Kaffechäufer bei. Wäre 
das Tabakrauchen damals fhon üblich gewefen, fo hätte 
Bideluph, da er vom Trinken bed Kaffees und Scherbetsé, 


1) Hakluyt Collection. T. 1. p. 217. 
3) Beichreibung ber Reiß, fo er in die Morgenländer vollbradt. 
£auingen 1582. 


, 


213 


und vom Gebrauch des Opiums redet, gewiß baffelbe nicht 
unerwähnt gelaffen. 

Unläugbar war alfo das Tabakrauchen in Aflen vor Ents 
deckung Amerika's nicht befannt. Es gelangte dahin. zuerft 
auf verfchiedenen Wegen durch Curopäifche Seefahrer und 
Handeldleute,. und verbreitete fih mit großer Schnelligkeit. 
In den ſuͤdweſtlichen Laͤndern iſt es überall dem Kaffeetrank 
gefolgt, im hohen Central-Aſien und in den nordoͤſtlichen 
Drongolifch » kirgiſiſchen und kalmuͤckiſchen Ländern bagegen 
hat ed den Thee begleitet. Unterfuchen wir nun, in welcher 
Zeit und auf welchen Wegen das Tabakrauchen und Schnupfen 
in den verfchiedenen Ländern Afiens eingeführt worden iſt. 
Hierbei werden wir die Nachrichten glaubwürdiger Neifenden 
old Quellen benußen. 


3) Einführung des Tabaks in Kleinafien, Eyrien 
und Mefopotamien,. 


Seit dem Anfang des fiebenzehnten Sahrhunderts hat ſich 
dad Zabafrauchen von Gonftantinopel aus mit großer Schnel- 
ligkeit in alle der Osmaniſchen Herrfchaft unterwmorfene Laͤn⸗ 
ber. Afiens verbreitet. Es gemährt allen Ständen, und felbft 
den Frauen- in den SHarems,. einen unentbehrlihen Genuß 
und ift faft der alleinige Beitvertreib in den Kaffeehaͤuſern 
und auf den Bazars. Alte Reiſende, weldye die Städte jener 
Länder befucht haben, gedenken ver vom frühen Morgen bis 
in die Nacht mit Gäften gefüllten Kaffeehaͤuſer. Schweigfam, 
aber mit dem Ausbrud großer Behaglichkeit, figen bie Orien⸗ 
talen mit unterfhlagenen Beinen auf Divand, aus langen 


tuͤrkiſchen Pfeifen, Tschibuks, Rauch einziehend und auß« 


blofend. Dabei fchlürfen fie den ſchwarzen Arabifhen Trank 








212 


ohne Milch und Zucker. Das Haupivergnügen Abends bis 
tief im die Nacht befteht im Beſuch der Kaffeehäufer, um bei 
einer brennenden Pfeife Hiftorien » Erzähler, Muſikanten und 
Sänger anzuhören, wo fie Stunden lang verweilen, ohne mit 
ihren Nachbaren auch nur ein Wort zu wechfeln. 

Die Großen und Reichen jener Länder treiben einen außer⸗ 
ordentlichen Aufwand mit Tabakpfeifen, wie man in ben 
Pfeifenbuden der Baßare wahrzunehmen Gelegenheit hat. 
M'd'Oſon)) fah dafelbft filberne und goldene, reich email- 
lirte und mit Edelſteinen befeßte Pfeifenkoͤpfe. Auch befiken 
fie große Sammlungen Eoftbarer Pfeifen. Addifon?) gedenkt 
einer ſolchen bei dem Emir Biſchir auf deffen Landhaus bei 
Beirut, Lie mit großer Oftentation gezeigt wurde, - 

Tabak, welcher den Tuͤrkiſchen Namen Tutun führt, wird 
feit geraumer Zeit in allen jenen Ländern gebaut, und zwar 
die Art Nicotiana tabacum, Nach d’Harvieur wurde bie 
Tabaks-Cultur in Syrien im Jahre 1680 eingeführt. Der 
befte Tabak waͤchſt um Lodakieh, dem alten Laodicea, im 
Sjalet von Zripoli, mo ein lebhafter Handel mit bemfelben 
beftebt. Auch an der ganzen nördlichen Küfte Kleinafiens  ift 
die Cultur des Tabaks im Flor und if der Gegenſtand einer 
auögebreiteten Induſtrie. Sehr geſchaͤtzt iſt der Tabak von 
Samfum. Die Provinz Djanek bringt jährlich gegen 57,000 
Dfa Tabak hervor, die Ofa zu 214 Pfund. Biel Tabak 
wird aud in dem Paſchalik Zrapezunt, Karahiffar, Guneh, 
Kafltimuni, Angora, Karaman, Abana u, a, gebaut, fo auch 
auf dem Libanon und um Bagdad, Das Tabak⸗Schnupfen 


') Briefe über bie Zuftände und Begebenheiten in ber Türkei in den 
Jahren 1835—39. Berlin 1841. ©, 148, 
3) Travels. Vol. 2. p. 22. 





315 


it in Syrien erit im Jahre 1753 in Schwung gekommen. 
Sm Jahr 1760 legte die Pforte eine Abgabe auf den Rappee 
Tabaf, und führte in Aleppo für die Bereitung und den 
Verkauf des Schnupf⸗Tabaks das Monopol ein. 


4) Tabak in Arabien. 


Der Gebraud des Tabakrauchens fcheint nach Arabien 
theild auf dem Landweg durch die Karavanın aus Syrien 
und Aegypten, theild zur See durd die Engländer eingeführt 
worden zu fein, doch erſt zu Anfang des fiebenzehnten Jahr⸗ 
hunderis. John Eldred, ein Gefährte Newberry’s bei 
der im Sahr 1580 nach Ormus unternommenen Reiſe, der 
außerdem noch dreimal von Aleppo aus nach Bagdad und 
Baßora reifte, und Nachrichten über die Sitten der Araber 
gegeben hat, erwähnt jenes Gebrauchs noch nicht. Ebenfo- 
wenig Ralph Fitch, der gleichfalls Newberry begleitete. 
Der erfte Reifende, welcher meines Wiſſens deſſelben gebenft, 
iſt Keeling !), der Befehlshaber der britten Landreife, welche 
die Englifch» oftindifche Compagnie nad) Indien unternehmen 
ließ, Er führt an, daß die Araber auf der Infel Sokotora 
nach Tabak fehr luͤſtern waren, und bei den Engländern gern 
fhmarosten. Jetzt find alle Araber, mit Ausnahme einiger 
Secten, große Freunde bed Xabald, In Omam und im 
benachbarten Lande der Bebuinen find der Kaffeetrant und 
der Tabak ganz allgemein uͤblich. Die armften und reichten 
Bebuinen am äußerfien Nordrande der Arabiſchen Halbinfel, 
im Gebirge Sinai, fowie am Oft» und Weſt Rande, find dem 
Tabak gleich Teidenfchaftlich ergeben, und finden an dieſem 


ı) Harris Travel. T. 1. p. 80. 








216 


nach jeder großen Anftrengung bie erfle Erquidung. Jeder 
Beduine führt nach Wellfted 1) auf Reifen fein Kaffee 
Gefchirr, feine Pfeife und Tabak bei ſich. Sowie Abends 
nach einer Tage⸗-Reiſe die Belfen aufgefthlagen find, wird 
fogleich Kaffee bereitet und eine Pfeife angezlindet, wobei bie 
Bebuinen oft einen großen Theil der. Nacht im Geſpraͤch 
zubringen, oder im Erzählen der Mährhen der Tauſend 
und einen Nacht. Die Pfeifen der armen Bebuinen find fehr 
einfach, fie beftehen aus einem Kopfe von fchmarzem Thon 
und einem langen Scilfrohr. 

In Yemen findet man, wie Niebuhr 2) berichtet, überall 
Kaffeehtitten, Mokeije, in denen man Kaffee oder Kifcher 
erhält, und in denen geraucht wird. Arme und Soldaten 
trinfen beim Rauchen nur Kifcher, oder ein aus den Schalen 
der Kaffeebohnen bereitetes Getränke. Es ift allgemein Sitte 
in Arabien, daß einem Fremden beim Befuch, fobalb er zum 
Sigen aufgefordert ift, eine Zabakpfeife, eine Taſſe Kaffee 
und Gonfituren gereicht werden. Solches berichtet Wellſted 
auch von feiner Audienz beim Sultan von Aden. Das ge 
wöhnliche Vergnügen der vornehmen Araber befteht in Be 
fuchen in den Abenpflunden, wobei in einem Fühlen Zimmer 
geplaudert, Tabak geraucht, und Kaffee oder Zimmtwaſſer 
getrunfen wird, wie Burdhardt 3) von den Bewohnern 
Mekkas, Tamifier und Rüppel*) von denen Djettas im 
Hedjas erzählen. Die Frauen und Töchter der Scheikhs 


I!) Travels in Arabia. Vol. 2. p. 64. 

2)-Reifebefchreibung nach Arabien und anderen umliegenden Ländern. 
Kopenhagen 1774.38, 1. ©, 173; Befchreibung von Arabien ©. 106, 

8) Reife in Arabien. B. 1. S, 49. 65. 

%) Reife nach Abyflinien. 8. 1. S. 171. 


317 


ober Emird pflegen in ihren Geſellſchaften ebenfalls Tabak 
zu rauchen, wobei Kaffee geirunfen und Mährchen erzählt 
werben. 

Die Araber rauhen fowohl aus der langen Türlifchen 
Pfeife ald aus der fogenannten Perfifchen, welche den Namen 
Kiddra, Buri, Nardfchil oder Ankira führt, Der gemeine 
Mann macht letztere aus einer Kokosnuß, während fie die 
Bornehmen in verfehiedener Form aus Glas, Silber ober 
gar aus Gold verfertigen laſſen. Auf,Reifen haben die Ara 
ber ihre Kiddra in einem ledernen Beutel vorn am Satiel 
hängen. Und fo führte auch Niebuhr die feinige bei den 
Reiſen dur die Wüfte mit fih. Die Araber pflegen bie 
Zabafblätter nicht zu fehneiden, fondern nur mit den Fingern 
zu zerreißen und ſtark anzufeuchten. Die gemeinen Araber 
rauchen meift Haſchiſch oder Hanf, Die Vornehmen führen 
bisweilen eine Beine Dofe mit wohlriechendem Aloeholz .bei 
fih, und fteden Gäften, denen fie eine befondere Aufmerk⸗ 
ſamkeit erweifen wollen, ein kleines Stud davon in die Pfeife, 
welches dem Tabak einen angenehmeren Geruch und Gefchmad 
ertheilt. 

Das Tabakrauchen, ſowie das Trinken des Kaffees und 
der geiſtigen Getraͤnke iſt einigen Secten, den. Bejaſis, Wa⸗ 
habiten und Zeidije, nach der vom Scheikh Mohamed 
aufgeſtellten Lehre verboten, wie Niebuhr !) Rouſſeau?) 
und Whitelock?) berichten, Das Verbot wird indeß nicht 


1) Reife nad Arabien. S. 21. 

2) Notice sur la sacte des Wahabis, &ddit. par Silv. de Sacy. Paris 
1809. p. 147. 

3) Account of Arabs, who inhabit the Coast between Ras el Khei- 
mah and Abothubee in the Golf of Persia; in Transact. of the 
Bombay Geographical Soeiety from 1836. 


218 


fehe flreng gehalten. Die Abu-Ali-Bebninen in Omam, ob- 
wohl zur Secte der Wahabi Uübergetreten, hatten, wie Rouſ⸗ 
feau erzählt, in ihrem Lager doch ſtets einen Sklaven, ber 
mit dem Stoßen von Kaffee in einem Mörfer befchäftigt 
war, und fie rauchten heimlich Tabak. Auch die Altubi, ein 
Stamm der Wahabis, rauchen nah Whitelock fomohl zu 
Haufe als auf Reifen. Die Zeibije find im Halten jenes 
Verbots auch nicht gewiffenhaft. - Cruttenden erzählt vom 
Imam Manſur in Sanaa, bei feinem Aufenthalt dafelbft 
im Jahr 1836, daß derfelbe zwar als Zeidije nicht Tabak 
‚rauchen und geiffige Getränke genießen durfte, doch fchon 
Morgens beim Lever beraufcht zu fein pflegte, und ben Zag 
mit Tabakrauchen und Branntwein⸗Trinken in der Gefell 
fehaft gemeiner Dirnen zubrachte. 

Tabak wird in mehreren Gegenden Xrabiend gebaut, 
namentlich in Yemen und in den Bergthälern um den Hafen 
von Malaflah, fowie zu Fuwa. Nach Wellſted werben jähr- 
lich gegen 5000 Ballen im Werth. von 50,000 Piafter, nad 
der Sowakill⸗Kuͤſte ausgeführt, Die Somauli aus Berbera 
in Abel holen Tabak von der Halbinfel Aden und aus ber 
Stadt gleichen Namens, Aus Cheibar führen Tuͤrkiſche Kaufe 
leute Tabak aus, deffen Farbe grün, aber von feinem Ge 
ſchmack fein fol, den fie gegen verfchiedene Waaren, Meſſer, 
Scheeren, Glaskorallen eintaufhen, und mit gutem Geminn 
an die PilgersKaravanen abſetzen. Auch auf ber am Geſtade 
des Perfifchen Golfs liegenden Infel Krifh, Kuͤs oder Kenn 
wird Tabak gebaut. Biel Tabak wird aus Aegypten und in 
Sanaa aus Perfien eingeführt. Nah Zamifier 1) herrfcht 
bei den Beduinen in Abou-Arifh noch der fonderbare Gebrauch, 


1) Voyage en Arabie. Paris 1840. T. 1. p. 377. 


219 


fein gepulverten Tabak, den fie Bortugal nennen, auf bie 
Zunge und Zähne zu fireuen und mit einem Pinfel einzu- 
reiben, ber bei ihnen: fo allgemein ift, wie anderwärtd das 
Rauchen, und dem fowohl Männer ald Frauen huldigen, 


5) Tabak in Perfien. 


Zu Ende des fechözehnten Iahrhundertd war der Zabaf 
und fein Gebraud im Perfiichen Reiche noch nicht bekannt, 
wie aus mehreren Nachrichten erhellet. Im Jahr 1562 wurde 
Anton Ienfifon, der Agent der Englifhen Handelsgefell- 
Ihaft in Moskau, nad. Perfien gefendet, um dem Schach 
einen Brief der Königin Elifabeth zu überbringen. In feinem 
Neife- Bericht fchildert er die Sitten und Gebräuche der Perfer, 
gedenft aber des Tabakrauchens nicht. Auch mehrere andere 
in den folgenden Jahren durch Perfien reifende Englifche 
Handelö-Agenten, von denen Eduards und Burrough !) 
zu nennen find, erwähnen besfelben nicht, und ebenfomenig 
Anton Shierley bei feiner im Jahre 1599 nad Perfien 
unternommenen Reife, fowie Sartwright, der ſich zu der⸗ 
felben Zeit in Iſpahan aufhielt. Der erfte Europäifche Rei⸗ 
fende, der des Tabaks in Perfien gedenkt, if Thomas 
Herbert?) bei feiner im Jahr 1626 nach Indien gemachten 
Landreife. Dlearius®), der Secretär bei ber bekannten 
Holfteinifhen Gefandtfchaft, welche fih im Jahr 1633 unter 
der Leitung ded Hamburger Kaufmanns Brudmann über 
Moskau nah Iſpahan begab, berichtet folgendes über ben 


1) Hakluyt Collection p. 359. 454. 
3) Travels. London 1660 ed 3. 
2) Perfianifche Reifebefchreibung. S. 597. 


Tabak: „Den Tabak lieben die Perfer fehr. Dan ſieht jegliche 
„Standed=Perfon fchmauhen, hin und wieder felbft in ben 
„Mofcheen. Den Tabak erhalten fie von Bagdad und Kurs 
„deſtan, wofelbft er haufig wachfen fol. Sie wiffen aber den⸗ 
„ſelben nicht zuzurichten, und laffen ihn nur wie anbere 
„Kraͤuter doͤrren. Sie haben in Ifpahan ganze Kramladen 
‚vol, darin er in großen Säden fieht, und die Blätter in 
„Stüden zerbrochen, gleich Sennesblättern, Den Europäifchen 
„Tabak lieben fie fehr, und nennen ihn Inglis Tambaku, 
„weil ihn die Engländer meift einführen. Wenn ich meinen 
„Lehrmeiſtern ein Stüdlein fingerslang verehrte, hatte ich fie 
„zu allem fehr willig. Die allgemeine Art den Tabak zu 
„trinken ift diefe: Sie nehmen eine gläferne Flafche, Krug, 
„Indianiſche Nuß, oder Kabab, die harte Schale von einer 
„beſondern Art Kürbis, und gießen felbige über die Hälfte 
„won Waſſer, fo bisweilen mit wohlriechendem Waſſer ver« 
„miſcht, und laffen von oben eine Röhre hinein gehen. Oben 
„auf der Röhre ift eine Krone, in welche fie den Tabak und 
„eine glühende Kohle legen. Dann ift ein hölgernes Rohr, 
„eine oder zwei Ellen lang, fo in das Gefäß über das MWaffer 
„geht; durch diefe ziehen fie die Luft an fich, fo muß alddann 
„ver Tabaksrauch, weil das Gefäß neben der Röhre feft 
„zugemacht ift, durch das Waller folgen, und die fchwäarze 
„oder feitige Materie bleibt im Waſſer. Einige ziehen den 
„Rauch aus Mangel an folden Gefäßen- nach unferer Art 
„durch lange hölzerne Pfeifen. Bei dem Tabaktrinken haben 
„die Perier das heiße fchwarze Wafler Cahwae alsbald zur 
„Hand.“ 
Olearius )) fügt noch bei, die Perfer feien zuerft wäh 


1) a. a. O. S. 645. 








221 


rend ber Negierung des Schachs Abbas des Großen bei 
einem Feldzug gegen die Zürken mit dem Tabakrauchen be 
kannt geworben. Der Schach fei daruͤber aber fo erzürnt 
gewefen, daß er ed den Soldaten unter Androhung des Ab» 
fhneidens der Nafe und Lippen verboten habe, welde Strafe 
auch an mehreren Rauchern vollzogen worben fei. Ferner 
habe er einen Handelsmann, der Tabak ind Lager gebracht 
hatte, mit fammt feiner Waare verbrennen laffen. 

In diefelbe Zeit mit jener Gefandtfchaft fällt der erſte 
Aufenthalt 3. B. Zavernier’s!) in Iſpahan, der ebenfalls 
ded Tabakrauchens gedacht hat. In den Kaffeehäufern am 
großen Meydan oder Marktplag fanden fich täglich die Han⸗ 
delöleute des Bazard ein, um Tabak zu rauchen. In ben 
Jahren 1665 bis 1677, da fih Chardin 2) in Perfien auf 
hielt, war das Rauchen bereit unter allen Etänden verbreitet, 
und es fol durch Englifche Handelsleute eingeführt worden 
fein. Man baute damals bereit Tabak in Perfien, beſonders 
zu Hamadan, dem alten Sufa in ber Provinz Suflana, ſo⸗ 
wie in Garamanien und in ber Umgegend von Coureſtan 
am Perfifchen Meerbufen, wo der beſte Tabak wachfe, der 
milder und aromatifcher fei, al& der Tabak Brafiliend. Ueber 
die Frage, ob die Tabaks⸗Pflanze in Perfien einheimifch fei 
oder aus Amerifa eingeführt wurde, Eonnte Chardin 2) 


L 7 — 





1) Voyage en Perse. . 
2) Voyage en Perse, nouvelle edition par Langles. Paris 1811. 10, 
Vol. in 8. 

.®) Vol. 3. p. 101. Je me souviens d’avoir vu debatire parmi les 
gens scavans en Europe, si le tabac et le sucre etaient origi- 
naires da nouveau Monde, ou s’il en avoit toujours cru en 
Orient. J’en ai recherche la verit& sur les lieux; mais on ne 
saurait croire le peu de curlosite, que l’on a en Orient pour ces 
sortes d’observations. Pour le tabac, je n’al pu savoir en Perse, 
si c’est là originairement un fruit du pays, ou s’ily a été apporte 
des pays &trangers, et je m’en suis informe inutilement. 


nichts Gewiſſes erfahren. Er, fowie Kämpfer 1) haben die 
von den Perfern erfundene ſinnreiche Geräthfchaft zum Raus 
hen, welhe Galyoun, Kalioun, Khaliaan, Narghil oder 
Nardfchili heißt, genauer befhrieben und abgebildet. Sie be 
fieht aus einem Gefäß von Glas, Morcellan oder Metall 
(Taf, 11 a.), welches über die Hälfte mit Wafler gefüllt 
wird. In bdiefelbe wird der aus Metall ober: gebranntem 
Thon gefertigte Pfeifenkopf (b). eingefeht, von dem eine 
Röhre ausgeht, die bi ind Waffer reiht. Das lange Pfeifen- 
rohr (ec) befleht aus Holz oder aus Drahtfpiralen, die mit 
Leder überzogen find und führt in den freien Raum ber 
Flaſche oberhalb des Waflerd (d). Auf diefe Weiſe gelangt 
der Rauch beim Saugen durch das Rohr zuerſt ind Waſſer, 
wird bier abgekühlt und verliert fein brenzliches Def, wo⸗ 
durd die Schärfe des Rauchs gemildert wird. Der Rauch 
Apparat fleht auf dem Boden vor dem auf dem Divan 
figenden Raucher. 

Auf die Rauchgeräthe verwenden die vornehmen Derfer 
große Summen und biefelben find Gegenflände des Prunks. 
Das Gefäß, welches das Waſſer enthält, iſt nicht felten aus 
Silber oder Gold und mit Edelſteinen befett, oder es beſteht 
aus fchönem Kryftal. Das lange biegfame Rohr ift mit 
Seide, Sammt, Silber oder Gold-Stoff überzogen, und mit 
Perlen verziert. Das Mundftüd ift aus Bernftein oder Ambra 
gefertigt. Der mit Roſenwaſſer befeuchtete Tabak wirb mit 
aromatifchen Kräutern und mit wohlriechenden Specereien 
vermengt. Sehr einfach dagegen iſt das Kalivun der nie 


1) Amoenitatum exoticarum politico-physico-miedicarum Faseiculi. 
Lemgoviae 1712. p. 640. Machina fumifera apud Persas et 
Indos. 


deren Volksklaſſen, das aus Meffing gebildet ift, oder aus 
einem Flaſchen⸗Kuͤrbiß befteht. Die Schiffer auf dem Perfi- 
hen Meer höhlen eine Cocosnuß aus, in bie ein Pfeifenkopf 
aus gebranntem Thon eingefeßt wird, Das kaum ein Fuß 
lange Rohr ift bunt bemalt, Die Perfifche Pfeife, fowohl 
als Prunfgeräth als in ihrer einfachen Form, ift aud bei 
den Türken, Syriern, Aegyptern, Arcabern, Indiern, Malaien 
und Chinefen gebraudlic. 

Die Perfer find, wie ſchon Chardin !) berichtet, fehr 
leidenfchaftliche Raucher, fo fehr auch der Schach Abas der 
Große bemüht war, dem einreifienden Gebrauch des Tabaks 
zu fleuern und ihn laͤcherlich zu machen, wie aus einer von 
Chardin?) erzählten pikanten Anekdote erhellet. Die Männer 


!) a. a. O. p. 306. La manie du tabac est une maniere de manvaise 
habitude, qui a enchante presque tout le monde. — Les peuples 
d’Orient ne le prennent qu’en fumee, mais avec la möme insa- 
tiabilite, la plupart, et surtout les Persans, ayant toujours la 
pipe à la bouche. Les gens de qunlitö se font porter lenr pipe 
ou callioun par un homme à cheval, et souvent ils arrötent en 
chemin pour fumer, Qu fument & cheval même. TIls ne sortemt 
jamais autrement, et la ou ils font visite, on met devant enx 
leur boutellle de tabuc, des qu’ils sont assis. — Allez dans les 
colleges, vous ironverez le regent et le disciple, au plus fond 
de leurs &tudes, tous deux la pipe à la bonche. En un mot, ils 
se passent de manger, plutöt que de fumer. Lea Persans disent, 
il n’y a de joie au coeur que par le tabac. 

32) T.3. p. 307. Abas le Grand, ayänt tous les grands en festin 
avee lui, commande que les beouteilles de tabac, qu'on leur 
serviroit, eussent le godet plein de crotte de cheval sechee et 
broy6e, au lieu de tabac. Le roi demandoit de temps en temps 
aux grands: Comment trauvez vous ce tabac? C’est un present 
de mon visir d’Ham’adam, qui, pour m’en faire prendre, mande 
que c’est Je plus excellent tabac du monde. Chacen lui röpondit: 
Bire, cest un tabac merveillenx, il ne s’en peus trouver de plus 





221 


rauchen faft befländig, felbft auf dem Pferde ſitzend, wobei 
ein nebenher gehenber Diener dad mit einem langen Rohr 
verfehene Galyoun tragt. Gleich nad der Mahlzeit wird 
geraucht und Kaffee präfentirt. Die gewöhnliche Abend- 
Unterhaltung in den Sefellfchaften befteht in Rauchen, Kaffees, 
Thee⸗ oder Sorbet⸗Trinken, wobei eine flrenge Etikette beob- 
achtet wird, Kein Niederer greift zum Galysun, bevor nicht 
die Höheren das ihrige angezundet haben. Am SPerfifchen 
‚Hof ift ein angefehener Beamter angeftellt, welcher dem Schach 
die Pfeife überreicht. Selbft in den Schulen trifft man die 
Lehrer und Schüler rauchend an. Auch den Frauen in den 
Haremd gewährt dad Tabakrauchen den gewöhnlichen Zeit- 
vertreib I). Während des Ramadan, an dem die Perfer, fo- 
wohl die Sunniten ald Schüten, von Sonnen-Aufgang bis 
Sonnen-Untergang ein firenges Zaften beobachten, pflegen 
fie nur in der Nacht Tabak zu rauchen. 

Tabak, Tumbaki und Tombaki genannt, wird vielfältig 
in Perfien gebaut. Der befte, ein fehr feines Aroma ver⸗ 
breitende Tabak, mit gruͤnlich⸗weißer Bluͤthe, waͤchſt in Bes 
naru und Sergan in der Provinz Far, fünf Meilen von 


exquis. Enfin le roi s’adressant au general de Courtches, qui 
sont Yancienne milice de Perse, le quel passoit pour seigneur 
ferme et droit par dessus les autres: Il lui dit: Seigneur je te 
prie, dis moi librement et au vrai comment tu troave ce tabac? 
Sire repondit-1l, je jare par votre t&te sacree, qu’il sent comme 
millefleurs. Le roi se mettant à les regarder teus avec indig- 
nation. Maudite soit la drogue, dit il, qui ne se peut discerner 
d’avec la fiente de cheval. 

1) Chardin a. a. O. Les femmes passent leur vie dans la noncha- 
lance, l’olsivete et la mullesse, ou à fumer le tabac du pays, 
qui est si doux, que l’on peut prendre du matin au soir sans s’en- 
weter, ni s’en sentir. 





Schiras. Lindley I) hat ihn als eine beſondere Art unter 
dem Namen Nicotiana persica aufgeführt. Mir feheint er 
nur eine Abart von Nicotiana rustica zu fein. Diefer Zabaf 
wird vorzüglich aus der Perfiichen Pfeife geraucht, das Bat⸗ 
man (6 Pfund) koſtet im Lande felbit 6 bis 10 Piafler. 
Er wird auch nach Indien ‚ausgeführt. Nach ihm ift der 
Tabak gefchägt, welcher um Iſpahan, Kaſchin und Teheran, 
fowie in Choraffan und Damaghan in Taberiſtan gebaut 
wird. Der flärffie Tabak wählt in ber Provinz Aferbaid« 
[han an den Ufern ded Urmia⸗Sees. Won dem gemeinen 
Tabak wird das Batman nur mit einen Piafter bezahlt. 
Ueber die Cultur des Tabaks in Perſien hat Dr. Rich 9 
ausführliche Narhrichten mitgetheilt. Das Zabaf- Schnupfen 
ift bei den Perfern nicht im Gebrauch. 

Es ift endlich noch beizufügen, daß auch die Kurden nad 
den Nachrichten von Rich ?) dem Tabakrauchen fehr ergeben 
find, namentlich bei ihren näctlichen Zufammenlünften und 
Plaudereien. Ebenfo nah Forbes *) die Geziden oder Daſin. 
Tabak wird im gebirgigen füdlichen Kurdiſtan zu Sulima« 
niych und Sanna gebaut, 


6) Einführung des Tabaks in die benachbarten Laͤn⸗ 
der von Perfien auß. 


Bon Perfien und Kleinafien aus fcheint das Tabakrauchen 
nach Armenien und in die Binder des Kaufafus übergegangen 


!) Edwards Botanical Register, new Series. Vol. 6. Tab 1592. 

2) Horticultural Society’s Register, new Series. Vol. 1. p. 205. 

®) Narrative of Koordistan. 

%) Visit (0 the Venjar Hills; im Journal of (he geograpkical Society 
of London, 1839. Vol. 9, P. 3. p. 409, 

15 


2328 


au fein. Nach den von vielen Reifenden mitgetheilten Nach—⸗ 
richten find alle jene Länder bewohnenden Wölferfchaften, die 
Armenier, Georgier, Grufier, Zfcherkeffen, Abaffen, Beten, 
Tſcheiſchenzen, Zruchmenen, Immerier und Leöghier dem 
Tabakrauchen fehr ergeben. Koh) fah felbft in den abge 
legenften und einfamften Winkeln der Kaufafifhen Berg- 
ſchluchten Tabakraucher. Gebricht es ihnen an Tabak, fo 
tauchen fie getrod'nete Baumblaͤtter und andere Kräuter. 
Stets führen fie ihre kleinen, felbft verfertigten Tabakpfeifen 
bei fih. In Armenien ift auch die Perfifhe Pfeife im’ Ge- 
brauch, Tabak pflanzen die Einwohner in ihren Gärten. 
An vielen Orten wächft ein guter Tabak, namentlidy in Im⸗ 
merien.im Thale ded Rion, und zwar Nicotiana rustica. 
Aus Perfien gelangte das Tabakrauchen wahrfcheinlich 
durch die Karavanenzlige der Usbeken nah Ofl-Zurkeftam oder 
in die Eleine Bucharei, fowie nach Weſt⸗Turkeſtan oder bie 
große Bucharei, in die Länder Kokand, Badakhſchan und 
Buchara. Das Gefet verbietet hier zwar dad Zabafrauchen 
und Weintrinken, und dieſes Gefeß wirb in jenen Ländern 
firenger gehalten, als in irgend einem anderen Sande bed 
Selam; dennoch wird es vielfach übertreten, und faft Seder- 
mann raucht im Geheim. Nach Wathen 2) geht in Kokand 
ein Mohtafib in den Städten umher und ertheilt jedem die 
Baftonade, den er beim Tabakrauchen und Weintrinken an- 
trifft, deshalb wird nur im Verborgenen geraucht und getrunfen. 
Nah Burnes?) ift dad Rauchen in der Stadt Buchara 


1) Reife nad) dem kaukaſiſchen Iſthmus. Stuttgart. 1842. B. 2. ©. 110. 

2) Mem on the Usbek State of Kokan in Central Asta; in Journal 
of the Asiat. Society of-Bengal. Vol. 3. p. 369, 

®) Reife nach Indien und Bukhara. B. 1.8, 241. 


auf den. Straßen und oͤffentlichen Plägen ebenfalls ſtreng 
verbsten, obgleih Tabak und die zum Rauchen nöthigen Ge⸗ 
räthfchaften an. vielen Orten feilgeboten werden. Jedermann, 
den man auf der Straße rauen ſieht, wird vor den Kabi 
gefordert, der ihn. entweder peitfchen, ober mit geſchwaͤrztem 
Antlig auf einem Efel durch die Straßen führen läßt. In 
die Zurfländer Turans wird Tabak theild aus Perfien durch 
die Karavanen der Usbeken eingeführt, theils bringen auch 
Shinefifche Handeldleute Tabak, Echar, auf der Karavanen⸗ 
Straße über Kafıhgar und Yarkand, den die Kaufleute von 
Kokand in die Zurkeflanifhen Länder abfegen. Tabak wird 
ferner hin und wieder gebaut, der überall den Namen Tamak 
führt. Burnes!) fand in Buchara den zu Kanſchi gewach— 
fenen Tabak fehr gut. Die Turkomannen-Horden am unteren 
Gurgan und Karafu, die Yamud, taufhen nah Gonoliy 
Tabak und Luxus⸗Artikel von umherziehenden Kraͤmern gegen 
Filze und Teppiche ein. Die Bucharen pflegen dem Tabak 
getrocknete weibliche Hanfbluͤthen zuzuſetzen, was ihn aufs 
regenber macht. | 

Große Liebhaber des Tabaks find ferner alle Bewohner 
der füdöftlih an Perfien grenzenden Länder, Herat, Kelat 
oder Belutfchiftan und Kabul oder Afghaniftan, Burnes?) 
fah beim Uebergang über den Hindu⸗-Kuſch felbft die in gro=. 
Ber Dürftigkeit Icbenden Hazaras oder Huzaras Tabak raus 
chen, und in einem elenden Hauſe bderfelben fand er Bewir- 
thung gegen Tabak, Pfeffer und Zuder. Das Tabakrauchen 
gelangte. muthmaßlich aus Perfien in jene Länder auf der 





 — — 
“ 


1) a. a. O. B. 2. S. 143, 
2) Travels into Bokhara. London 1833, 
15* 





alten Könige» und Karavanen-Straße, welche aus Iran durch 
Herat fiber Candahar und Kabul nach Indien führt. Tabak 
wird jeßt in vielen Gegenden Herats, Kelats, Mekrans und 
Afghaniftand gebaut. Won vworzüglicher Güte iſt ber in ben 
warmen füdlichen Thaͤlern Peſchawers am Kabul Strome 
wachfende Tabak, der felbft einen Ausfuhr» Artifel nad) In- 
dien abgibt. 


7) Tabak in den Ländern Vorderindiens. 


Sm fechözehnten Jahrhundert, während der Negierung 
des Sultans Babur oder Baber, waren nach Ersfine?) 
das Tabafrauchen und der Kaffeeiranf in Hindoſtan noch 
gänzlich unbefannt. Hiefür fpricht auch, daß Ferishta oder 
Abdul Fazl, der gelehrte Vezier des Großmoguls Akbar, 
in feiner gegen das Ende diefes Jahrhunderts verfüßten Ge: 
ſchichte des Hindoſtaniſchen Reiche ?) des Tabaks und ſeines 
Gebrauchs nicht gedacht hat, obgleich er von den Natur⸗ und 
Gewerb⸗Erzeugniſſen, den Cultur-Gewaͤchſen, den Getreide⸗ 
und Obſtarten Indiens ausfuͤhrlich gehandelt hat. Ferner 
wird dies durch die Nachrichten der fruͤheren Europaͤiſchen 
Reiſenden beſtaͤtigt, welche des Tabaks gar nicht erwaͤhnen. 
Der Venetianiſche Kaufmann Caͤſar Federigo)) reiſte im 
Jahre 1561 über Aleppo und Bagdad nad Indien. Wir 


1) Memoirsof Zabireädin Baber, Emperor ofHindostan. London 1826. 

2) Akbar namah. 

2) Hakluyt Collection, new editlon London 1810. Vol. 2. p. 389. 
The Voyages and Travels of M. Caesar Fredericke, Merchant of 
Venice, translated of the Italian by Th. Hinecke; in Asiatic 
Miscellany Vol. 1. p. 159. 


verdanken ihm viele fchäßbare Mittheilungen über die damals 
herrfchenden Sitten und Gebräuche feiner Bewohner. Er 
führt das Betellauen an, gedenkt aber mit Feiner Silbe des 
Tabakrauchens. John Eldred ferner, der bei feiner Reife 
durch Perfien nach Indien über Candahar nah Dehli und 
Agrah in den Karavanen mit vielen Leuten ber verſchie⸗ 
benften Länder Aſiens in Berührung Fam, hat des Tabak 
rauchens gleichfalls nicht erwähnt, Ebenſowenig gefchieht deffen: 
Erwähnung in den Reife» Berichten der Portugiefen. Auch 
Linfchotten, der im Jahr 1584, und Pirard be la Val, 
der im Jahr 1601 Oſtindien und die Portugiefifhen Befiy 
zungen befuchte, gedenken beöfelben nicht. Sicherlich würden 
fie des feltfamen Gebrauchs nicht unerwähnt gelaffen haben, 
wenn er damals fchon üblich geweſen wäre. 

Zufolge einer von Profeffor Meyer ) in Königsberg 
gegebenen Nachricht, weldhe in Dr. Seligmann’s Ueber- 
fegung ber Fragmente aus den Werben eined Hindoſtaniſchen 
Arztes. und Pflanzenkundigen enthalten if, wurde der Tabak in 
Hindoſtan zuerfl.gegen dad Ende der Regierung des Padiſchah 
Abdul Feta, Dihellad Edin Mohammed, genannt 
Albar, und zu Anfang der Thronbeſteigung Dſchehan⸗ 
Gir-Patſcha bekannt, im Bahr der Flucht 1014, oder nad 
riftlicher Zeitrechnung im Jahr 1605. Er war von Europäern 
eingeführt werden, Hiemit flimmt auch der Bericht Edwards 
Terry 2) überein, der fich im Gefolge ded im Jahr 1615 an 
den Hof des Groß⸗Moguls zu Dehli gefchidten Englifhen 
Geſandten Sir Thomas Rhoe befand. In Surate fah er 


1) Ueber Acclimatifirung der Pflanzen; in ben Preuffifchen Provinzial⸗ 
blättern. Dec. 1835. ©. 531. 
2) Bei Harris. Vol. I. p. 169. 


zuerft Indier Tabak rauchen. Zugleich meldet er, man -habe 
bereitdö angefangen an einigen Orten Tabaf zu bauen, ber 
aber nicht fo gut als der Weſtindiſche Tabak fei. 

Sm Jahr 1626, da Thomas Herbert!) einen großen 
Theil Vorderindiens durdyreifte, waren die Eingebornen dem 
Tabak bereits fehr ergeben. Sie raudten aus einem irbenen 
Kopf und einem langen Rohr. Nah 3. A. von Man- 
delsto?), der fih im Jahr 1635 in Indien aufhielt, waren 
die Banjanen leidenfchafttihe Raucher, die er felbft in den 
Tempeln rauchen fah. Bei einem Befuche, den er dem Chan 
in der Stadt Amadabad adftattete, fand er denfelben aus 
einer Perfiichen Pfeife rauchend, neben welcher ein Diener 
fand, der mit der einen Hand gilhende Kohlen auf den 
Pfeifenfopf legte und mit der andern dem Chan das Rohr 
in den. Mund führte. 

Nach obigen Nachrichten wurde das Tabafrauden in Hin- 
boflan erfi zu Anfang des fiebenzehnten Jahrhunderte befannt, 
und es gelangte bahin theils durch Europaͤiſche Seefahrer, 
Portugiefen, Holländer und Engländer, theild aber durch die 
aus Syrien und. Perfien auf der alten Koͤnigsſtraße ber 
Candahar und Kabul fommenden Karavanen. Für diefe Ein- 
führung fpricht ferner der Name Tumbacco und Tamaku, den 
er in den Indifchen ändern führt. - 

Das Tabakrauchen hat fich fehr ſchnell in allen Ländern 
Indiens verbreitet, und alle Bewohner, mit Ausnahme der 
Seiks oder Sikhs in Lahore und im Peng’ab, find ihm fehr 
ergeben. Die Hinbus, alle Kaften, bie Braminen, Chatziges, 
Veiliyas, Sudras und Pariahs, fowie die Mohamebaner, Mon» 


1) Ebendaſ. S. 408. 436. 454. 
2) Morgenlaͤndiſche Reiſe-Beſchreibung. Schuͤßwig! 1668. 


an 


golen, Araber, Afghanen, Parfi, Beludfhen und, Armenier, 
die in Hinboftan leben, fröhnen diefem Genuß. 

Nach den Nachrichten aller neuern Reifenden macht das 
Rauchen nicht nur in den Städten einen Gegenftand des taͤg⸗ 
lichen Zeitvertreib an Öffentlichen Orten, in den Kaffechäus 
fern und Bazard aus, fondern es ift.auch in den ärmfien- 
Dörfern berrfchend. Burnes fah die in großer Dürftigfeit 
lebenden, am Chinab wandernden Kattad oder Jun eifrig 
sauchen. Selbft die Tubas, bie armen Hirten im Nilgherny 
‚Tonnen ſich nach Harkneß diefen Genuß nicht verfagen. Auch 
die rohen, in großer Armuth lebenden Bhils oder Bhillas, 
in den Gebirgs⸗Wildniſſen wohnend, weldye das hohe Malwa⸗ 
Plateau und das Newauer Thal von Guzerates Ebenen ſchei⸗ 
den, rauchen Tabak, wie Malcolm 7) berichtet. Sie handeln 
denfelben von. den mehr cultivirten Bhils ein, welche in. den 
Thaͤlern lebend Aderbau treiben. Der Gebrauch hat ſich ferner 
auch langft in das Himalaya⸗Gebirg verbreitet. Im Lande 
Bhuten, an der Oftfeite des Gebirge, wird überal Tabak 
geraucht, ‚der aus dem Zarigani von Goch eingeführt wird. 
Die Doms und bie Rawats oder Rajes und. die Kamayas 
im, Gebirgsland Kamaun vauchen gleichfalls, Die höhere 
Kaſte der Brahmanen jedoch kaut nur Zabaf-Blätter mit 
Kalk vermifcht, raucht aber blos Ghir=ras oder ben berau- 
ſchenden verdidten. Saft des Hanfs. Die Siehe allein, eine 
religtöfe Sekte in Lahore, welche ein Dindupriefter Namens 
Nanif, oder Guru. Nanak, am Ende des fünfzehnten Jahr⸗ 
hunderts gründete, verachten den Tabak als verunreinigend: 


.Y) Memoir of Central Asia Vol. 1. p. 516. Essay on the Bhills; in 
Transactions of the Asiatic Society. London 1824. Vol. 1. 
P. 1. p. 65. 


Den Vorfchriften diefer Sebte, fi den Bart wachfen zu Taflen, 
kein Rindfleifh zu effen und dem Tabak zu entfagen, mußten 
fih auch die Franzöfiihen Officiere, Allard, Court und 
Ventura fügen, welche in die Dienfte des mächtigen Ma 
haraga Rundgit Sing traten. Das Verbot des Tabakrauchens 
wurde indeſſen bald umgangen. 

So einfach die Tabak⸗Geraͤthſchaften der armen Slaffen 
der Hindu⸗Bevoͤlkerung find, um fo größer ifl der Luxus, den 
die Reichen mit denfelben treiben. Man raucht aus einer der 
Perſiſchen Waſſerpfeife ähnlichen Geräthfchaft, welche Huda, 
Gurgorri oder Gurguru heißt. Sie befteht aus einem großen, 
ſchoͤn gearbeiteten urnenförmigen Gefäß, welches aus Metall 
gefertigt if. Der durch das Waller dieſes Gefäßes gehende 
Rauch wird durch ein fehr langes, reich verziertes, ledernes 
Rohr aus einem koſtbaren Mundſtuͤck eingefogen, Auf Tafel 
XIE erblidt man einen aus der Huda rauchenden Großen. 
Die Reichen halten ein eigenen Pfeifendiener, Huckabedar, 
welcher das Reinigen und Füllen der Pfeifen beforgt. Diefer 
feßt dem Tabak, um ihn wohlriehend und aufregend zu madjen, 
Roſenwaſſer, verfehiedene Gewürze und Kuͤgelchen aus dem 
ausgepreßten und eingedidten Saft der grünen Blätter und 
Spitzen des Hanfs zu. 

"In Vorderindien wird viel Tabak gebaut. Zavernier, 
der in der Mitte des flebenzehnten Jahrhunderts in Hindoftan 
reifte, gedenft fihon der Tabak⸗Cultur in Brampour. Bur 
nes"), Sonvliy®), Hügel u. a. fahen große Zabal- 
Pflanzungen in der Nähe der Städte Sihkarpur, Bukhur und 





!) Narrative of a Voyage by the River Indus from the Sea (o the 
Court of Lahore in the Penjab. London 1831. 
2) Journey to the North of India. London. 1834. 


Khyrpur, befonderd um Schwan, fowie im Lande Daudpotra, 
in der Umgebung der Stadt Ooch. Auch in Multan am 
Chinab und Ravi ift die Tabaf-Eultur fehr im Flor, und 
der hier wachfende Tabak foll dem Perfifhen Faum nachftehen. 
Am meiften blüht der Tabaf-Bau in Guzarate, im Dekkan, 
auf dem Darwur-Plateau, am Scherampur und Dahder-Strom. 
Auch in Nepaul wacht ein guter Tabak. Vielfaͤltig wird ferner 
Tabak in Sabathu auf der Vorkette ded Himalaya, fowie 
in den warmen Thaͤlern desfelben gepflanzt. Im Giris Thale 
unterhalb Raigerh und in Sirmore am weſtlichen Abhang 
des Himalaya finden fich große Tabak-Pflanzungen, und der 
Tabak ift von fehr feiner Qualität. Er wird in Menge zu 
den Bhuteas auf dem Plateau-Land ausgeführt. Im Gebirgs⸗ 
land Kamaun, wird ebenfalls Tabak gebaut, Dr. Hofmeis 
fter ?), der Arzt und Neifegefährte des Prinzen Waldemar 
von Preußen, fah ſelbſt Tabak⸗Pflanzungen in einem Thale 
am Paß ded Kedarakhal. 

Das Tabakrauchen ift endlich laͤngſt über die Kette der 
HimalayarBerge in Tibet eingedrungen. Hofmeifter fand 
es bei den Verehrern ded Dalai Lama auf diefem Gebirge 
eben fo allgemein im Gebrauch wie in Indien. Ein ven 
Prinzen Waldemar begleitender Simindar oder Reifebeamter 
pflegte felbft beim Ueberfleigen der hohen Berge aus einer 
Huda zu rauhen, ‚bie ein Diener: tragen mußte. Machten 
die Kulied ober Träger der Reiſe⸗Geſellſchaft an einer Quelle 
Halt, und bereiteten fie fi) zur Erquickung einen Zeig aus 
grobem Mehl und Quellwafler, den fie roh verzehrten, fo 
durfte das Tabakrauchen nicht fehlen. Das Rohr einer Huda 
ging dann von Mund zu Mund, Die ärmeren Bergbewohner, 


!) Briefe aus Indien ©, 275, 


welche fich Feine Huda, felbft nicht in ber -einfachfien Form, 
aus einer ausgehöhlten Kokosnuß und einem darauf befefligten 
thönernen Pfeifenfopf befiehend, anfchaffen Fönnen, helfen ſich 
damit, daß fie in feuchten Lehmboden ein Loch graben, wel⸗ 
ches als Pfeifenkopf dient, und zu dem unter dem Boden 
eine Nöhre geht, in die ein Nohrfiengel eingebracht , wird, 
durch den man den Rauch einzieht. 

In Indien iſt auch an vielen Orten das Zabal-Schnupfen 
üblich, Die Bewohner Nepauls bedienen fih nah Hof- 
meifter zum Schnupfen der gepulverten Rinbe eines Dunkel 
roth blühenden Rhododendrums. 


8) Tabak in den Laͤndern Hinderindiens. 


Der Gebrauch des Tabaks hat ſich ſeit dem Anfang des 
ſiebenzehnten Jahrhunderts ſchnell uͤber alle Laͤnder Hinter⸗ 
indiens, Aſam, Siam, Birma, die Halbinſel Malacca, Anam, 
Cambodia, Cochinchina und Tonking verbreitet. William 
Methold I), der Praͤſident der Oſtindiſchen Compagnie, der 
im Jahr 1619 Aracan und Pegu befuchte, gibt an, daß bie 
Einwohner feit einigen Jahren angefangen hätten Tabak 
zu rauchen, auch werbe ‚bereits in einigen Gegenden Tabak 
gebaut, der, aber ‚nicht fo gut ſei als der in England ge⸗ 
brauchliche, weil man ihn nicht zu behandeln verftche, 

In Siam iſt jener Gebrauch ebenfalls laͤngſt herrſchend, 
wie fihon De la. Loubére 2) anführt, ‚der fih dafelbſt im 
Jahr 1687 als Franzoͤſiſcher Gefandter aufhielt. Sogar die 
Srauen der: höheren Stände fanben baran ebenfe - großen 


1) Travels p. 27. 
2) Du Royaume de Siam, Amsterdam 1691. 8. T. 2.-p. 95. 


Gefallen als die Männer. Man rauchte aus einer befonderen 
Seräthfchaft, von der er eine Abbildung gegeben hat, Tabak 
erhielten die Siamefen damals aus Manilla und China, 
Schnupfiabak aber wurde noch wenig gebraucht. Im Jahr 
1828, da Sramwmfurd 2) Siam befuchte, war das Tabak⸗ 
rauchen allgemein üblich. Selten, fagt er, jieht ntan hie Sia⸗ 
mefen ohne igarren im Munde oder hinter dem Ohre. 
Außer dem Kauen von Betel herricht au dad Kauen von 
Tabak. Sie haben ihm den Namen von Mebecin beigelegt: 
Während früher viel Tabak vorzuͤglich aus Java eingeführt 
wurbe, wird er jest in ganz Siam in Menge gebaut und 
zwar von guter Qualität, Der beſte waͤchſt in den Diſtricten 
Shanta-bun und Bampasci. Gegenwärtig wird felbft ein, be 
deutendes Quantum nach Cochinchina und in’ die Malaien- 
länder ausgefuͤhrt. j 

Dem Tabakrauchen fehr ergeben‘ find ebenfalls die Be⸗ 
wohner Birmas, und zwar beide Geſchlechter, -felbft Kinder 
rauchen. Oft, fagt Gramfurd, fieht man Männer und Wein 
ber, welche eine halb gerauchte Cigarre in einem großen 
Loche der durchbohrten Ohrlappen aufbewahren. - In Xva, 
fowie faſt in jeder Stadt Birma’s, gibt e8 Mädchen, die 
einen bedeutenden Gewinn burch den Werfauf von Cigarren 
machen und bei dieſem Handel ſich ſicher Liebhaber und zu⸗ 
weilen Ehemaͤnner erwerben 7). Sie beginnen ihr Geſchaͤft 
mit zwoͤlf oder dreizehn Jahren. Den Tag uͤber verfertigen 
fie ihre Waare, die aus Banianen-Blaͤttern beſteht, in bie 
fein gefchnittener Tabak gewickelt wird.“ Abends, fobald die 


1) Journal of an Embassy to the court of Ava in the year 1827. 
London 1829. 
3) Asiatic Journal 1844. Jan. 





Sonne untergegangen ift, macht das Cigarren⸗Maͤdchen feine 
Zoilette, befchmiert das Antlig und jeden bloßen Theil des 
Körperd mit dem bduftenden Thanaka, hängt ihr Halsband 
um und legt ihren feibenen Oberrod und ihren fammtenen 
Kopfpug an. So angezogen geht fie mit einer Schüffel voll 
Eigarren auf einen öffentlichen Plag und zündet eine Fadel 
an, die bei weitem mehr fie ald die Gigarren beleuchtet, auf 
was es auch abgefehen ifl. Sie will hier ihre Liebhaber und 
Freunde fehen, welche ihr die Cigarren um gutes Gelb ab- 
kaufen und zugleich Liebesworte in's Ohr raunen. Das Ge- 
werbe ift nicht gerade auf Preisgeben ihrer Perfon abge- 
fehen, und die öffentliche Meinung verbindet auch durchaus 
feinen fchlimmen Begriff mit demſelben. 

Tabak wird im Reiche der Birmanen in Menge gebaut. 
Wallich fand felbft bei feinem Ausflug auf die Gebirge im 
Oſten von Ava, auf die Zongstaong Kette gegen Laos, noch 
Tabak⸗Pflanzungen. Tabak wird aber auch noch aus Ben⸗ 
galen, Chittagong und Malacca eingefuͤhrt. 

Leidenſchaftliche Tabakraucher ſind ferner die Bewohner 
Cochinchina's, Tonkings, Annams, Cambodias und der Halb⸗ 
inſel Malacca. Georg Staunton !) berichtet von dem Auf⸗ 
enthalt der Geſandiſchaft Macartneys zu Turon in Cochin⸗ 
china im Jahr 1793: alle Staͤnde beiderlei Geſchlechts kauen 
Areka mit Betel und rauchen Tabak. Ein ſeidner, am Gurt 
haͤngender Beutel, in deſſen verſchiedenen Abtheilungen dieſe 
Dinge ſich befinden, iſt ein: Hauptſtuͤck ihres Anzugs. Wer 
einen Diener halten kann, laͤßt ſich beſtaͤndig von ihm alles 
nachtragen, was zum Tabakrauchen erforderlich iſt. Das 


1) Reife der engliſchen Geſandtſchaft an den Kaiſer von China. 8. 1. 
S. 374. 


Rauchen, welches die Männer mehr in Gewohnheit haben 
als die Weiber, gewährt eine Art Beichäftigung, wodurch 
die Langeweile einer gänzlichen Unthaͤtigkeit verfcheucht wird, 
ohne Mühe zu machen oder zu ermüben. Tabak wirb überall 
gebaut, Crawfurd fah in obigen Ländern Männer, Frauch 
und felbft Kinder im zweiten und dritten Lebensjahr Cigar⸗ 
ren rauchen. Auch 3. White !), der ſich dort aufbielt, fagt: 
jeder Mann hat die Cigarre im Munde und jeder Haufen 
Volks ift in Tabakdampf gehuͤllt. Die Tabak⸗Cultur ift an 
allen Orten eingeführt. Tabak von fehr guter Qualitdt 
waͤchſt auf der Halbinfel Malacca in der Provinz Zavoy 
und im Geftadeland Zanaffarim am Meerbufen Martaban. 


9) Tabak auf den Infeln des Indifhen Archipels. 


A) Seylon 


Auf Geylon ift das Tabakrauchen ganz allgemein im Ger 
brauh, und ed wurde hier durch die Portugiefen und Hol⸗ 
länder, welche die erflen Niederlaffungen gründeten, zu An- 
fang des flebenzehnten Sahrhunderts eingeflihrt. In den 
Jahren 1660 bis 80, da fich der Englifhe Sciffscapitän 
Robert Knox?) dafelbft in Gefangenfchaft befand, rauch⸗ 
ten und kauten die Eingebornen bereits Tabak. In vielen 
Gegenden der Infel wird ein fehr guter, dur ein feines 
Aroma ausgezeichneter Tabak gebaut. Won feiner Eultur 
hängt vorzüglich der Wohlſtand des nörblichen Geylons, der 
Halbinfel Saffnapatam, ab, wo er zugleich verarbeitet und 


I) Voynge to Cochin China. London 1824. p. 260. 
2) Geylaniſche Reifebefchreibung. 1680. Buch 3. Kap. 9. ©. 210, 





zum Rauchen und Kauen zubereitet wird. Die Malabaren 
in Travancore kauen leidenſchaftlich Tabak. Der. Raja 
dieſes Landes, der ſich das Monopol des Tabakhandels vor⸗ 
behalten hat, zieht davon einen großen Gewinn. Viel Tabak 
wird nach Coromandel und Sumatra ausgefuͤhrt, und man 
ſchaͤtzt den Werth des jaͤhrlich ausgefuͤhrten Tabakls auf Hun⸗ 
dert fuͤnf und zwanzig bis vierzig Tauſend Goldpagoden. Die 
Cultur des Tabaks auf Ceylon haben die Holländer vorzuͤg⸗ 
lich in Aufnahme gebracht. Im Jahr 1831 waren nach Ber⸗ 
tolocci !) mehr als 10,000 Acres mit Tabak bepflanzt. 


BSunda⸗Inſeln. 
a) Iavae. 


Das Rauchen und Kauen des Tabaks fcheint auf Sava 
und den Eunda-Infeln im fechözehnten Sahrhundert noch 
nicht in Gebrauch gemefen zu fein; denn feiner der früheren 
Reiſenden, welche den Indiſchen Archipel beſucht haben, 
Pigafetta, Drake und Cavendiſh, gedenken deſſelben. 
Wahrſcheinlich wurden die Indianer erſt zu Anfang des ſie— 
benzehnten Jahrhunderts durch die Hollaͤnder mit demſelben 
bekannt. Nach einer von Stamford Raffles2) aus ben 
Annalen Java's geſchoͤpften Nachricht wurde das Tabakrau⸗ 
hen auf Java im Jahr 1601 eingeführt, während der Re 
gierung des ledten Kaiferd von Mataram, Panambahan 
Sedo Krapyak. Nach der im Jahr 1602 erfolgten Grün- 
dung der Hollandifcheoftindifchen Compagnie befuchten die von 
diefer ausgerufteten, unter den Befehlen von Cornelius 


1) View of Ceylon. Londen 1819. p. 168. 
2) Description af Java p. 85. 


Houtmann, Warwick u. a. flehenden Schiffe öfters Java. 
Im Jahr 1611 errichteten die Holländer bei der Stadt Ja⸗ 
catra ein Fort, welches den Namen Batavia erhielt, und der 
Hauptfig des Holländifhen Handels mit den Sunda⸗Inſeln 
wurde. Won hier aus fcheint ſich der Gebrauch bed Tabaks 
fhnel über Iava und alle jene Inſeln verbreitet zu haben. 
Der Botanifer Rumph I) will von alten Javanern erfüh« 
ren haben, baß bie Tabakpflanze ſchon vor Ankunft der Eu⸗ 
ropaͤer als Arzneikraut benutzt worden ſei. Dem aber ſteht 
entgegen, daß der Tabak weder in der Malaiſchen noch in 
anderen dortigen Sprachen einen beſonderen Namen hat, 
ſondern nur als Tabaco, Tamaku oder Tambacu bekannt iſt. 

Alle Bewohner Java's, ſowohl die Malaien und Hollaͤn⸗ 
ber, als die dort lebenden Chinefen,. Hindu und Neger find 
icht dem Tabak leidenfhaftlich ergeben. Er wird geraucht 
und -gefaut, felten jedoch gefchnupft. Die Malaien verfertigen 
fi) fogenannte StrohsCigarten, indem fie Blätter der. Nipa- 
Palme in Etüde ſchneiden und in biefelben Feingefchnittenen 
Zabat wideln. Auch bedienen fie fich hierzu der trodnen Blät 
ter, melche bie Kolben des Mais einhüllen. Jeder Malate 
trägt einen Beinen Vorrath folder Cigarren bei fi, hinter 
den Ohren oder im Haar unter dem Kopftuche. Der Suf- 
hunan oder der Kaifer von Eolo raucht ˖ſehr große Cigarren, 
deren feiner Tabak mit wohlriechenden aromatifchen Sub⸗ 
ſtanzen vermifcht ift. Niemals rauchen die Malaien aus Pfei- 


") Herbariam Amboinense T. 5. p. 225: A senioribus intellexi 
Javanis, qui illud a parentibus iterum audiverant, tabaci plantam 
in Java fulsse notam, anteguam ibi fuerunt Portugalli, h. e. 
ante annum Christi 1496, neutiquam vero ad suctionem, sed 
tantıum modo ad usum medicum, unanimo enim consensu Indi 
adscentiant sese tabaci-suctionem ab Europaeis didicisse, 


fen, deren fi aber die Chinefen, Araber, Hindu und Neger 
bedienen, bei denen auch die Huda in Gebrauch iſt. Die 
Gingebornen beginnen in früher Jugend zu rauchen, ſelbſt 
Kinder und Frauen find ihm zugethan. Noch allgemeiner ift 
das Kauen von Tabak, bem fowohl Männer ald Frauen er- 
geben find. Man Faut ihn für fich oder. mit Betel vermengt. 
Die Malaten bedienen fich des Tabaks auch als Heilmittel, 
namentlich des ausgepreßten Safts, theils innerlih, theile 
äußerlich gegen bie Kräge, 

In Java wird fehr viel Tabak gebaut und felbft auf den 
Bergen bis zu einer Höhe von 4000 Fuß über dem Meere, 
namentlich zu Bator und auf dem Dieng. Der Javaniſche 
Tabak hat ein rundliches, dunkelgruͤnes und dides Blatt und 
weißlihe Bluͤthen. Er erreicht eine Höhe von 6— 8 Fuß. 
Nah den von Tramfurd 1) gegebenen Nachrichten wird 
der Samen auf Beeten in gebirgigen Gegenden gefäet, und 
die jungen Pflanzen werden in das frudtbare Land der 
Ebenen und Thaͤler verpflanzt, meift auf Aeder, worauf Reis 
gebaut war, Sobald die Blätter ganz ausgewachſen find, 
werben fie vor ber Kegenzeit abgenommen, die unteren gro« 
Ben Blätter zuerft und dann die oberen kleineren Blätter, 
welche den feinflen Tabak geben.. Die zufammengelegten 
Blätter werben zerfehnitten und getrodnet. Hierauf werben 
fie in duͤrre Pifangblätter gebunden. In Allgemeinen ift ber 
Javaniſche Tabak fehr far, fo daß er wenigen Europäern 
mundet. Der feinfte Tabak für den inländifhen Markt ift 
der gelbe Tuban⸗Tabak. Biel Tabak wird im Inneren der 
Inſel, in, den fruchtbaren Tchälern Kadu, Cadok und Ban⸗ 
jamas gebayt, Der Hauptflapelort für den Tabak⸗Handel, 


') History of the Indian Archipelago Vol. 4. p. 406. 


241 
mit dem -fich vorzüglich die Chinefen befchäftigen, ift nach 
Dr. Epp !) Pelalongan. Das Kabje (114 Pfund) Tabak 
foftet 25 bis 30° Cents eines holländifhen Gulden. 

An neueiter Zeit hat die Holländifhe Regierung die 
Cultur des Tabaks fehr befördert, und fie hat Samen aus 
der Havana und Manila kommen laſſen. Aud wurden 
Beamte nah Manila gefendet, um die dortige Gigarren« 
Fabrikation kennen zu lernen. Die Menge des jährlich aus 
Java ausgeführten Tabaks fol gegen fünf Millionen Pfund 
betragen, der vorzüglich nach Borneo, Sumatra, Gelebes 
und den Boluden geht. Im Jahr 1847 befanden ſich felbft 
auf dem Markte in Bremen 146,567 Pfund. 

Durd die Chinefen ift auf Java auch das verführerifche 
und hoͤchſt verderblihe Opium⸗Rauchen eingeführt, dem viele 
Malayen, befonders die Fuͤrſten, fehr ergeben find, 


b) Sumatra. 


Die Bewohner der Kuͤſten diefer Inſel find nach Mars 
den ?) außer dem Betellauen aud dem Tabakrauchen fehr 
ergeben, In Badang, Benkulen und Palambang wird 
Tabak gebaut, und man fieht in den Feldern überall An 
pflanzungen. Die noch grünen Blätter werden fehr fein 
zerfchnitten und an der Eonne getrodnet. Man rollt fie 
alödann in die Blätter der Neepal-Palme in Form von Ci⸗ 
garren, welche Rocko heißen. Die Eingebornen fuͤhren ſie 


’) Description de la Residence de Pekalongan dans File de Java; 
im Moniteur des Indes orientales et occidentales à la Haye 1847. 
T. 2. p. 48. 

) History of Sumatra. London 1783. Histoire de Sumatra. Paris 
1388, T. 1. p. 146. T. 2. p. 89, 

16 











242 


in ihren Betelbüchfen -bei fick, oder was noch häufiger if, 
in dem Daytar, einem Tuche, welches fie in Form eines 
Turbans um den Kopf winden, Tabak wirb auch durch die 
Chineſen importirt, der aber ftärker ift ald der im Lande ges 
baute. Dos Tabakrauchen ift ferner fehr im Gebrauch auf 
der benachbarten Infel Banka, befonderd bei den in den 
Binngruben arbeitenden Chinefen, und ebenſo auf den Anfeln 
Nias, Batu, Naffau u. a. 

Zu den Teidenfchaftlichften Tabakrauchern gehoͤren die 
im Inneren Sumatra's auf den hohen Gebirgsketten, for 
wie an ber Weſtkuͤſte nördlich von Achin wohnenden, dur 
ihren Gannibalismus berüchtigten Battas. Die Batta-Ränder 
begreifen mehrere Diſtricte in fi), Padambola, Mandeeling, 
Zobah, Selindong und Singell, Auf den falten Berghöhen, 
4 bis 6000 Fuß über dem Meere gedeihen der Betelpfeffer 
unb die Arefa-Palme nicht mehr, weßhalb das Betelkauen 
felten ifl. Hier vertritt das Tabakrauchen feine Stelle, wie 
aus den Nachrichten des Dr. Junghuhn)) erheflet, welcher 
neuerlichft die Batta-Fänder bereift hat. Um die Kampogns 
oder Dörfer findet man uͤberall zwiſchen den Reis- und 
Welſchkorn⸗Feldern auch kleine Pflanzungen von Tabak. Die 
Blaͤtter werden an der Sonne getrocknet und dann grob 
zerſchnitten. Solches gruͤne Heu, ſagt Junghuhn, denn 
viel beſſer ſchmeckt es nicht, ſchmaucht Jung und Alt, Nadja 
und Gemeiner, in bem mittleren und nörblihen Theil der 
Batta-Länder, namentlih in Tobah und Selindong, von 
früh bis in die Nacht. Dagegen ift das Tabakrauchen in 
den Geflade-Ländern und den füdlichen Gentral» Provinzen, 


‘ 


ı) Die Battaländer auf Sumatra, Berlin 1847. 8, 


248 


in Stepierof und Ancola’ felten, und hier hat das Betelfauen 
mehr Cingang gefunden, 

- Eins der erften Geſchaͤfte eined Battas in Tobah iſt, 
wenn er fih Morgens vom Lager erhebt, Tabak zu rauchen. 
Während. die Frauen die Feldarbeit verrichten, bleiben die 
Männer daheim, beauffichtigen die Kinder und rauchen Tas 
baf, Auch in den Berfammlungshäufern oder Soppo's führen 
fie beftändig die Pfeife. bei ſich. Sie bedienen fich Eurzer, 
aus Mefling verfertigter Pfeifen. Auf Zafel XIL erblickt 
man die Abbildung einer folden, um die Hälfte verfleinerten 
Pfeife, welche ich nad dem Original im Beſitz ded Dr. Epp 
habe zeichnen laſſen. Der becherfoͤrmige Kopf a ift mit ver- 
fchiedenen erhabenen Linien verziert. Bei b befindet ſich ein 
Meines Stud Horn, Das Rohr c befteht ganz aus Meffing. 
Die Battas verfertigen diefe Pfeifen felbft, und zwar in den 
Landichaften am Eik-Daho⸗See, von wo fie dur; den Han⸗ 
del in den Diftricten Tobah, Selindong und Oberbieda 
verbreitet werden. Das Metall zu den Pfeifen erhalten die 
Battas theild aus den Häfen der Weftküfte von Europäern, 
von denen es hauptfächlich ald Kupferbraht gegen Benzoe 
eingetaufcht wird; theils durch den Kandel mit Malayen 
aus den Häfen der Oſtkuͤſte von Malacca und Singapore, 
Die Battas wilfen aber aud das Metall durch Werfchmel- 
zung von geprägten Kupfermünzen (Deuten) mit Bin? zu 
verfegen,. welchen le&teren fie von Malaien erhandeln, und 
der bekanntlich von faft allen Küftenplägen ber. Malaifchen 
Halbinfel ausgeführt wird, Diefe meflingenen Pfeifen und 
die Art, den ‘ganzen. Tag uͤber ihren grünen, ungebeizten 
Tabak daraus zu fehmauchen, find flr die Bewohner ber 
fühlen Hochebenen Tobah's ebenfo charakteriſtiſch und unzer⸗ 


trennlich von ihrer Perfon, ald von den Savanern der Kriß, 
16* 











214 


und von den Mongolen das Roß. Nur- die ‚allerärmften 
Battas begnügen fih mit einem Röhrchen aus Bambus 
und einem Pfeifenkopfe von Holz. Gin Radja aber würde 
befürchten, nicht für vol angefehen zu werben, ober glauben, 
daß ihm eine fehr mwefentliche Bedingung zu feinem Lebens 
glüde abginge, wenn er fi nicht bed Beſitzes von wenig. 
ſtens einer anfehnlich langen und einige Pfunde fchiweren, 
maffiven Mefling» Pfeife rühmen Eönnte, die er auf allen 
Reiſen mit ſich fehleppt, und die felbft des Nachts neben 
feinem Lager ruht. Das 3 bis 4 Zuß lange Rohr diefer 
Pfeife befteht meiltend aus mehreren Stüden, die ausein⸗ 
andergenommen werben Binnen, Der Kopf ift eben fo breit 
als hoch, halbEugelig oder trichterförmig, mit einer umgekehrt 
trichterförmigen Baſis. Sowohl auf die Ausarbeitung der 
Oberflaͤche des Rohre als des Kopfs ift alle Battaifche Kunſt 
verfchwendet, der man eine gewiſſe Zierlichkeit nicht abfpre 
chen kann, Diefe Pfeifen find fo ſchwer, daß fie nicht lange 
ausgefiredt gehalten werden Eönnen, fie werben daher beim 
Rauchen mit dem Kopf auf die Erbe gelegt. Aus folchen 
langen Nadja-Pfeifen darf aber Fein gemeiner Batta rauchen. 

Aus diefen Pfeifen rauchen die Radja's bei ihren Zuſam⸗ 
menkünften, namentlich bei den fiheußlichen Opfern des Can⸗ 
nibaliemus, Wird ein unglüdlicher Kriegögefangener oder 
ein Verbrecher verurtheilt, lebendig verzehrt zu werben, fo 
figen die Radja's auf einem freien Plage, ihre braͤunlich⸗ 
rothen Mäntel, mit Corallen geftidten Scumen, um bie 
Schultern geworfen, die Beine auf Orientalenart unterges 
fhlagen, in einem Kreiſe, in der Nähe des Pfahle, an dem 
das Echlachtopfer gebunden if. Ihre gewaltigen Pfeifen 
halten fle gravitätifch ausgeflredt, deren Koͤpfe in der Mitte 
des Kreiſes wie Meine Krater dampfen. Hunderte von Lans 


245 


zen der Krieger find in bie Erde geftedt, und umgeben ben 
Kreis der Häuptlinge gleich einem Walde. Muſikanten er 
heben einen wilden Lärm mit Fupfernen Keffeln und Trom⸗ 
mein, den die Töne einiger Glarinetten und Geigen greil 
durchdringen. Zur Seite der Verfammlung find Feuer ans 
gezimbet, um das Fleifch des Gefangenen ober Werbrecers 
zu röften. Dit ein Mal nimmt ein Nadja feine Pfeife aus 
bem Munde und legt fie feierlich quer vor feine Füße, wo⸗ 
rauf bie Muſik verfiummt. Dann erhebt er fich mit aus 
drudsvollen wilden Geberben und unter heftigen Bewegun- 
gen feiner Arme haͤlt er eine Rede, und veröffentlicht das 
Zodes-Urtheil. Nun zieht der Nadja fein Meffer (Raut) 
und fchneidet vom Peibe des Verurtheilten das erſte Stud 
ab, gemöhnlich von der inneren Seite eines Vorderarms oder 
aus einer Wange, wenn fie fett. iſt. Jubelnd hält er. es 
empor und faugt mit von Wolluft funkelnden Augen etwas 
von dem audfließenden Blut. Darauf tritt er zu einem ber 
Teuer, um das Stud Zleifh ein wenig zu röften, und ver- 
fhlingt «8 gierig. Jetzt fallen alle Anmefenden über das 
blutende Echlachtopfer- ber, dem fie das Fleifh von ben 
Knochen löfen, am Feuer röften, und mit etwas Salz und 
Pfeffer verzehren, wobei fie das Iammergefchrei des Ungluͤck⸗ 
lihen, der mit noch nicht gebrochenen Augen Stüde feines 
Körpers braten und effen fieht, nicht zu rühren fcheint. Das 
Serippe, von dem der leute Neft des Fleifches abgefchabt 
und verzehrt ift, wird außerhalb des Kampongs eingeſcharrt. 
Die fcheußliche Anthropophagie und der Sannibalidmus, deren 
fhon Nic. Conti, Odoardo Barbofa, Mendez Pinto, 
be Barros u. A., bei ihren Reifen im Inbifchen Archipel 
gedacht haben, herrfcht nach den Nachrichten von Junghuhn 
unleugbar noch jekt bei den Battas, und die Motive bazu 


316 


find Haß und Rachgier gegen ihre Feinde, wie [hen Mars⸗ 
den bemerkt hat. Außerdem wird fie an Werbrechern geübt, 
namentlich an gemeinen Battas, die des Ehebruchs mit der 
Frau eines Radja tıberwiefen find, fowie an Landesverraͤthern 
und anderen Uebelthaͤtern. 


ce) Sorneo⸗ 


Das Betelkauen iſt bei den auf Borneo lebenden Malaien 
und Chineſen ganz allgemein im Gebrauch. Dem Kauen 
und Rauchen des Tabaks hingegen iſt vorzuͤglich das hoͤchſt 
rohe und wilde Volk der Dayaks ſehr ergeben. Ueber dieſes 
Volk haben wir erſt neuerlichſt von einem Anonymus !), 
E. A. Francis?), dem Capitaͤn Belcher?) und Frank 
S. Marryat , welche beide letzteren fich bei der Engli⸗ 
ſchen Erpedition gegen die Seeraͤuber im Indiſchen Archipel 
befanden, ausfuͤhrliche Nachrichten erhalten. Es beſteht aus 
vielen Staͤmmen, den Loondos und Serebis an der Nord» 
weftfüfte, den Lingas und Dufums an ber Nordoflfüfte, und 
den Saghai⸗Dayaks an der Suͤdoſtkuͤſte. Sie wohnen theils 
im Inneren des Landes auf den Gebirgen, theilö an den 
Fluͤſſen und Küften, in Meinen Dörfern oder Kamponss. 
Die letzteren ſind ſehr verwegene Seeraͤuber. 

Die Dayaks gehoͤren zu den ſchoͤnſten Menſchen des Indi⸗ 
ſchen Archipels, und find von ber Malaien-Rage ganz ver- 


1) Reizen in de Binnenlande von Borneo. 1824; in Tydschrift voor 
Neerlands Indie. B. 1. Nro. 8. 

2) De Westkust von Borneo, Ebend. 1832. B. 4, Nro: 7. 

”) Narrative of the Voyage of H. M. S. Samarang during the Years 
1813 — 46, empinyed surveying the Islands of the Eastern 
Archipelago. London 1848. 2% Vol. 8. 

*) Borneo and the Indian Archipelago. London 1848. 


247 


ſchieden. Sie find ſtark und ſchoͤn gebaut, von mittlerer Größe, 
haben fehr regelmäßige Geſichtszuͤge wnd lang herabhängendes 
weiches Haar. Meiſtens gehen fie nadt und haben nur ein 
Lendentuch von Zeug, aus Baumrinde oder Baumwolle ver« 
fertigt, zwifchen den Schenkeln durchgezogen. In den unge 
woͤhnlich großen ;Ohrlappen tragen fie viele große metallene 
Ringe. Um den Hals hängen Schnüre won Bähnen erſchla⸗ 
gener Feinde. Und die Arme, Hand⸗ und Fußgelenke find 
mit vielen Ringen von Kupfer» oder Meffing« Draht, oder 
Zinn verziert, Ueber bie linke Schulter tragen fie meiſtens 
einen Sad mit Lebensmitteln, Betel und Tabak, Ihre Waffen 
beftehen aus einem langen Blasrohr (Sum-pi-tan), aus dem 
fie Eleine mit dem Saft des Upas vergiftete Pfeile ausfenden, 
ferner einem langen feharfen, etwas gegen die Schneide gebo- 
genen Mefler (parang) zum Abhauen der Köpfe, einer Lanze 
und einem Schilde. Die Dayaks find berlichtigt wegen des 
Gebrauchs, ſowohl den Feinden im. offenen Kampfe, als Reis 
fenden aus einem SHinterhalte, den Kopf abzufchneiden und 
als Trophäe getrocknet aufzubewahren, Wer einen abgefchnit« 
tenen Kopf in den Kampong bringt, wird wie ein Held 
empfangen und erhält als Ehrenzeichen einen Hut mit Argus« 
Federn (Tjipian) geziert, Der Kopf wird auf eine Erhöhung 
gefeßt, und unter den Schlägen der Gongs und bem Gefange 
von Zänzerinnen (Biliangs), fpringt Alt und Jung um ben 
Kopf herum. Der Mann, welcher die meiften Köpfe abge 
fhlagen hat, ift am meiften geehrt. Die Köpfe werden ges 
trocknet und in einem hefondern Gebäude, dem Kopfhaus, 
welches zugleich dad Gemeindehaus ‘ift, aufgehängt. Gapitän 
Belcher uhd Kran? Marryat befuchten eim ſolches Haus 
zu Sarambo, einem Dorfe der Londoo⸗Dayaks, welches auf 


219 


einem hohen Berge, nicht weit von ber Stabt Kuchin am 
Fluſſe Sarawack gelegen iſt. 

Nach Francis kann kein Dayak heirathen, weil er von 
allen Mädchen verſchmaͤht wird, fo lange er noch keinen Kopf 
abgefchlagen hat, Dagegen hat er bie freie Mahl unter allen 
Mädchen, und ift ein hochgeehrter Held, wenn er abgehauene 
Köpfe vorzeigen Bann. 

Die Dayaks leben fehr einfach und maßig. Sie nähren 
fich vorzüglich von Reis, Früchten und Fiſchen. Ihr Lieblings- 
Getränk ift Palmwein. Nah Fran? ©, Marryat !) beſteht 
ihr größter Luxus im unmaßigen Gebrauch des Betels und 
im Kauen und Rauchen von Tabak. Zwiſchen der Oberlipye 
und ben Zähnen haben fie befländig eine Fleine Rolle Tabak. 
Aus zufammengeroliten trodenen Blättern von Zabaf bilden 
fie Cigarren und blafen den Rauch durch die Nafe and, 
Einige Stämme der Dayaks, fowie die auf Borneo lebenden 
Papuas und Bugid rauchen gleich den Battas aus meflin- 
genen Pfeifen. Den Tabak erhalten die im Inneren Bor⸗ 
neos, im Lande Succadana lebenden Dayaks von den Chir 
nefen und von dem Eultan von Pontianak, und zwar gegen 
Geld und rohe Diamanten, | 


d) Celebes oder Makaffar. 


Die Eingebornen diefer Inſel, ſowohl die in der Weſt⸗ 
hälfte wohnenden eigentlihen Makaffaren, ald die in der Oſt⸗ 
hälfte lebenden Bugis, obgleic, leidenſchaftlich dem Betelkauen 
ergeben, verſchmaͤhen dennoch den Tabak nicht, welchen ſie 
rauchen und kauen. Chineſen vorzuͤglich fuͤhren Tabak zu, 
doch wird er in vielen Gegenden auch gebaut, namentlich in 


er .. 





— 


) a a. O. p. 77. 


dem Diftrict von Bantif. Der Gebrauch des Tabaks ift neben 
dem des Betels auch bei Bewohnern der Heinen Sunda⸗ 
Snfeln, Bali, Lombof, Eumbava, Eamba, Flores, Omba, 
Luballa, Zimor u. a, eingeführt. Auf aflen diefen Infeln, 
befonders auf Zimor wird Tabak gebaut. Wahrſcheinlich 
wurden das Tabakrauchen und die Eultur des Tabaks durch 
die Hollaͤnder eingeführt, welche im Jahr 1613 die Portus 
giefen vertrieben, 


C) Moludifde Infeln 


Das Tabakrauchen ift auf den Gewürze Infeln, Ternate, 
Tidor, Yulla, Makian, Bakian, Gilolo, Ceram, Amboina, 
Buro, Banda u. a. laͤngſt durch die Hollaͤnder verbreitet 
worden. Tabak wird auch uͤberall fuͤr den Bedarf gebaut. 


D) Philippiniſche Inſeln. 


Auf allen Inſeln dieſer Gruppe, auf Luzon, Mindoro, 
Palawan, Pana, Negros, Samar, Mindanao u. a. iſt das 
Tabakrauchen ſeit langer Zeit uͤblich Belcher !) ſah auch 
die Bewohner der nördlich von Luzon liegenden einen Bafdi 
Infeln, Batan und Sabtan, dem Tabakrauchen leidenſchaft⸗ 
liher ergeben, ald dem Betellauen. Eogar die in den Ges 
birgen Luzons lebenden hödft rohen, graufamen und verraͤ⸗ 
therifhen Samangs, die Aetas oder Negritod bei monte ber 
Spanier, find große Liebhaber des Tabaks, wie Grozet?) 
berichtet. Sie verhandeln nicht felten ihre Kinder gegen Ta⸗ 
bak, den fie nicht zu bauen verfiehen. In der Stadt Manila 


@ 
1) a. a. O. Vol. 1.p. 71. 


2) Voyage autour du monde. 


rauchen ſowohl bie Spanier und Meftigen, als die Gingebornen, 
bie Tagelos und Pampongos, Gigarren, und zwar "Männer 
und Frauen aller Stände, 

Otto von Koßebue!) aͤußert von feinem Aufenthalte 
auf Luzon: Erft gegen Abend fängt die vornehme Claſſe der 
Einwohner in der Stadt Manila an fich zu bewegen; bis 
dahin wird gefchlafen, gegeffen und Zabaf geraucht, was gewiß 
nirgends fo haufig gefchieht, al& auf der Inſel Luzon; denn 
Kinder, welche noch nicht gehen können, fchmauchen bereits 
ihre Cigarre. Die Weiber treiben es in biefer Liebhaberei 
noch weiter als die Männer; fie begnügen ſich nicht mit den 
gewöhnlichen kleinen Cigarros, fondern beſtellen fich welche, 
bie einen Fuß lang und verhältnißmäßig did find, und Weiber⸗ 
Gigarros genannt werden. Auch der Capitaͤn Marryat ?) 
fagt „Nothing can be done at Manila without the cigar; 
„they smoke for an appetite, they smeke for digestion, 
„they smoke when they are too hot, they smoke when 
„it is chilly.“ 

Der Gebraudh und die Gultur des Tabaks wurde auf den 
von Magelhan im Jahr 1521 entdedten Philippinen durch 
die Spanier eingeführt, welche dafelbft im Jahr 1560 die 
erfte Niederlaffung gründeten, Sie brachten Zabal- Samen 
aus Merico dahin, und um das Jahr 1670 Iegten fie auch 


Kakao-Pflanzungen an. Der dort wachlende Tabak iſt von 


vorzuͤglicher Güte, Nah Marryat waͤchſt der beſte auf 
Batan in der San Domingo-Bai, 

In der Stadt Manila befindet fich eine große Cigarren- 
Fabrik, in der gegen bdreitaufend Frauen befchäftigt find. Die 


1) Entdedungs Reife. B. 2. ©. 139. . 
3) Borneo and the Indian Archipelago p. 125. 


aA 


großen Tabakblaͤtter werden ohne Füllung in lange Eylinder 
gerollt und dann in Stüde zerfehnitten. Die befte Qualität, 
welche den Namen Finas führt, wird nad Madrid an den 
Hof gefendet. Die, Ausfuhr der geringern Sorten ift fehr 
bedeutend. Im Jahr 1831 follen 106,900 Pfund Gigarren 
von Manila erportirt worden fein. Im Jahr 1847 kamen 
an den Markt zu Bremen 526 Kiften, jede zu taufend Stud. 
Auch auf den anderen Infeln, namentlih auf Mindanao 
oder Magindanao ift der Tabakbau feit langer Zeit in for. 
Der Hollaͤndiſche Admiral Georg Spilbergen, der im Jahr 
1617 die Inſel befuchte, taufchte fchon von den Einwohnern 
Lebensmittel und Tabak ein. Im Jahr 1686 hielt fidh der 
Capitaͤn Dampier!) auf Mindanao auf. Er gedenkt des 
vielen vortrefflihen Tabaks, der dafelbft gebaut und von 
den Bewohnern unaufhörlich geraucht wurde. Die Hollaͤn⸗ 
der führten damals auf ihren Barken Tabak nach Ternade 
und Tidor aus. Belcher und Marryat, die neuerlichft 
bie-Städte Selangang, Ealderas und Samboangan befuchten, 
fahen alle Einwohner Gigarren rauhen. Selbſt die wilden 
Haraforas oder Alfourons find Teidenfchaftliche Naucher. Und 
fo ebenfalls die Bewohner der benachbarten Suluh-Infeln. 


10) Zabaf in China. 


In feinem Lande ift, nach den Nachrichten aller Reifen» 
ben, das Tabakrauchen fo allgemein im Gebrauh als im 
himmliſchen Reiche der Mitte, wo ihm beide Gefchlechter, 
jedes Alter und alle Etände, vom Bettler bis zum Kaifer, 


) Voyage autour du monde. T. 1. Chap. 12. 





352 


leidenſchafilich zugethan find. Hievon hatte die Engliſche Ge⸗ 
ſandtſchaft, welche unter dem Lord Macartney in den 
Jahren 1792 und 93 China durchreiſte, Gelegenheit ſich zu 
uͤberzeugen. Der Berichterſtatter Sir George Staunton!) 
aͤußert: die Gewohnheit Tabak zu rauchen herrſcht in China 
wohl mehr als in irgend einem Lande der Welt, indem ſie 
ſich auf beide Geſchlechter bis auf das zarieſte Alter erſtreckt. 
Wir ſahen zehnjaͤhrige und vielleicht noch juͤngere Maͤdchen, 
welche aus den Haͤuſern der Straße neugierig nach dem An⸗ 
blicke der Fremden liefen, nie anders als mit langer Tabak⸗ 
pfeife im Munde. | 
Pallas?) fagt von feinem Befuche in Kiachta: „ben hier 
Handel treibenden Chinefen ift der Rauchtabak noch viel uns 
entbehrlidher als der Thee. Sie können Feine müßige Viertel» 
ftunde zubringen, ohne bie Pfeife in die Hand zu nehmen, 
und man fieht fie damit audy ſtets in den Straßen laufen. 
Da ihre Pfeifen nicht viel mehr als einen Singerhut halten, 
“fo haben fie das Vergnügen, diefelben öfterer zu fühlen und 
anzuzunden.“ Auch Adolph Erman!), der fih im Jahr 
1829 in Maitmatfchien aufhielt, fah an allen Kreuzwegen 
der fich durchfehneidenden Straßen große gußeiferne Kohl⸗ 
beden, von Bänken umgeben, um welche Chinefen gelagert 
waren, weldye Thee bereiteten und Tabak raudıten. 
Jeder Chinefe trägt einen, an der rechten Seite des Guͤr⸗ 
teld hängenden geflidten Beutel mit Tabak, einer Eleinen 


1) Authentic Account of an Embassy from the King of Great 
Britain to the Emperor of China. London 1797. 

2) Reife durch verfchiedene Provinzen bes Ruffifchen Reiche. B. 3. ©. 131. 

2) Berghaus Annalen der Erd⸗ Bölker s und Staatenktunde 1830. 
B. 1.8.65, . 


Pfeife, und oft auch mit einem Brennglas, um den Tabak 
anzuzuͤnden. Die in die Wohnungen gebannten Frauen ber 
höheren Stände find dem Tabak gleichfans fehr zugethan 
und dad Rauchen gewährt ihnen einen fehr beliebten Zeit- 
vertreib. Zur Kleidung einer vornehmen Chinefin gehört, wie 
Barrow berichtet, eine fchön verzierte feidene Taſche zur 
Aufbewahrung des. Nauchgeräths. Selbft im Faiferlihen Pal 
laft in Peking ift das Tabakrauchen eingeführt, wie fchon 
der im Jahr 1692 an den GChinefifhen Hof gefchidte Ruſ⸗ 
fiiche ‚Gefandte ISbrand Ides ) erzählt. Drei Zage nach 
feiner Ankunft in ber Reſidenz wurde er von mehreren vor⸗ 
nchmen Mandarinen in den Pallaft geführt, wo er von 
Eungut Doriamba, dem Unterfönig, einem Wetter des 
Kaiſers, und vier der vornehmſten Minifter empfangen und 
bewillfommt wurde. Auf einer befonderen Tafel wurde ihm 
ein reichlihes Mahl vorgefegt. Während er allein fpeifte, er- 
gösten fih Doriambana und die Herren Minifter mit einer 
Dfeife Tabak. 

Allgemein iſt e8 Sitte in China, einem befuchenden Freunde 
ober Fremden fogleich eine Pfeife und Thee zu reichen. Bei 
großen Saftmahlern, die oft mehrere Stunden dauern, were 
den zwifhen den Sauptabtheilungen des Schmaußes ſteis 
Paufen gemacht, in denen Thee fervirt und Tabak geraudjt 
wird, wie Dr. Meyen .erzählt, der einem großen Fefteffen 
beiwohnte, weldyes die Hong- Kaufleute in Kanton den Mite 
gliedern der Englifhen Faftorei gaben. 

Die Zabafpfeifen, deren man ſich in China bedient, find 
verfchieden. Meiftens find es Eleine, kurze metallene Köpfe, 
Ganſa, Ganga oder Kangfa genannt, welche aus Eiſenblech, 





1) Dreijährige Neife nach China. ©, 154. 


253 


weißen Kupfer oder Meffing, und bei den Vornehmen aus 
Silber verfertigt find, und die nur wenig Tabak faffen. In 
biefe wirb ein Furzes Rohr, aus Bambus oder aus verfchieben 
gefärbtem Holz eingefegt. Die Rohre der Frauen - Pfeifen 
aber find lang, und fie bebienen ſich berfelben häufig zu- 
gleih als eines Stabs, um fich darauf bei bem ſchwanken⸗ 
den Gang auf den Heinen Füßen zu fiügen. Bei den Vor⸗ 
nehmen und Mandarinen find auch wie in Perfien und In⸗ 
dien Rauch Apparate im Gebrauch, in denen der Rauch durch 
Waſſer geleitet wird, Der Tabak wirb ganz fein gefchnitten, 
gehobelt oder zerrieben, und oft werden ihm wohlriechende 
Subftanzen beigemengt. 

In China wird auch zu Pulver zerriebener Tabak gefchnupft. 
Staunton fagt, ein. Mandarin ift felten ohne ein buntes 
Schnupftabals$läfchchen, woraus er, wenn er Tabak nehmen 
will, eine Prife auf die Nücdfeite der linken Hand, zwifchen 
dem Daumen und Zeigefinger, ſchuͤttet und fie zur Naſe 
führt. Erman fah in Maimatfchin ebenfalls Eleine linſen⸗ 
foͤrmige gläferne Flafchen, in deren cylindrifhem Hals ein Dedel 
eingefchraubt war, an deſſen unterer Seite ein Heiner Löffel 
befeftigt war, zum Schöpfen des Tabaks. Bei den Chinefen, 
Mandſchus und Mongolen ift es ferner wie in Europa eine 
Höftichfeite Bezeugung, die Zabal-Dofe zu präfentiren. 

Aus dem durch das ganze Chinefifche Reich, bis in bie 
entlegenften Provinzen im Norden an der Wuͤſte Thian⸗ 
Schan⸗Nanlu oder Gobi, in der Mongolei und Manpfchurei 
ganz allgemein verbreiteten Gebrauch des Tabaks hat man 
gefolgert, daß derfelbe ſchon vor Entdeckung des neuen Con⸗ 
tinents befannt war. Dagegen laffen ſich erhebliche Gründe 
vorbringen. Abgefehen, daß bie früheflen Europäifchen Reis 
fenden, welche China befuchten, Marco Polo und Iohn 


Maundeville, ded Tabaks nicht gebacht haben, fo erwaͤh⸗ 
nen feiner auch fpätere Neifende aus der erflen Hälfte des 
fiebenzehnten Jahrhunderts noch nicht, Dies iſt namentlich 
der Zall mit dem Portugiefifhen Jeſuiten B. Goës !), der 
ſich im Anfang dieſes Jahrhunderts in China aufhielt. Auch 
zur Beit, da Peter. be Sojern, Jakob Keifer und Jo⸗ 
hann Neuhof, welche ſich bei der Niederländifchen Gefandt« 
fhaft befanden, ‚die yon der Oſtindiſchen Compagnie an ben 
Kaifer von China gefhidt wurden, und während des Jahres 
1655 bis 1657 im himmlifchen Reich der Mitte vermeilten, 
muß das. Fabafrauchen im eigentlichen China noch fehr felten 
gewefen fein. Nur von den Zataren fagt Neuhof?): um 
die Lenden haben fie einen breiten Gürtel, daran zwei baum 
wollene Schnupftuͤcher, ein Meffer und zwei Heine Beutel 
hängen, deren einer mit Tabak gefüllt ift, Säfte, melde fie 
befuchen,. werden mit einer Pfeife Tabak bewirthet. 

Daß der Tabak vor Entdedung Amerika's in China nicht 
befannt war, dürfte fich mit großer Wahrfcheinlichkeit befon- 
ders daraus ergeben, daß die Chineſen für den Tabak, wie 
fhon Jakob Bontius-?) bemerkt hat, Fein antikes Schriftr 
zeichen haben. Die Benennung für den Tabak it Yen, Rauch. 
Ferner ift in einem um das Jahr 46500 erſchienenen Chine 
fiichen Werke, welches den Zitel Bun Tſau Penczao oder 


!) Nic. Trigantius de Christiana Expeditione apud Sinas suscepta 
e Societate Jesu. Ang. Vindelic. 1615. 4. 

3) Bericht über die Befandtfchaft der oftindifchen Gefellfchaft in ben 
vereinigten Niederlanden an den Zartarifchen Shan und nunmehr 
auch Sinifhen Kaifer in dem Sahr 1655 bis 1657. Amflerdam 
1669. fol. p. 373. 

2) Historia naturalis et medica Indiae orientalis. Amstelod. 1648. 
De plantis et nromatibus. Lib. 6. p. 89. 


256 


Kraͤuterbuch führt, und eine allgemeine Naturgefchichte, mit 
Ruͤckſicht auf den Medicinal-Gebraucd, der Naturprodußte ent- 
halt, der Tabak voch gar nicht genannt. Beachtungswerth 
ift endlich, daß Klemm !) auf feinem der Chinefifchen Bafen- 
bilder der Föniglichen Porzelan-Sammlung zu Dredven, deren 
Zahl fi auf einige Tauſend beläuft, und die vor dem Jahr 
1700 verfertigt find, noch Fein Bild eines Tabakrauchers be⸗ 
merkte, während. diefe auf fpäteren Vaſen faft nie fehlen. 
Muthmaßlid wurden die Chineſen auf verfchiedenen We⸗ 
gen mit dem Tabak und feinem Gebrauche befannt. Eines 
Theild durch die Portugiefen und Holländer, Jene kamen 
fhon um das Sahr 1567 unter Ferdinand und Simon 
Perez mit Kanton in Berührung, und gründeten in Macao 
eine Niederlaffung, von ber aus der Handel mit Kanton 
getrieben wurde, Die Holländer befuchten nad) der Vertrei⸗ 
bung ber Portugiefen aus Sapan im Jahr 1633 nicht felten 
die Küften Chinas. Anderen Theils Bann der Tabak auch zu 
Land durch die Karavanen der Usbefifchen Tataren aus Perfien 
in China eingeführt worden fein, Seit mehr als britthalb- 
hundert Jahren bringen fie Thee und Shinefifhe Waaren 
auf der Nordftraße über Kaſchgar nach Perfien, namentlich 
nach Iſpahan, und führen Perfifche Erzeugniffe zuruͤck, dabei 
mochten fie das Zabafrauchen von den Perfern angenommen 
und in der Mongolei verbreitet haben, von wo es erſt nad 
China gelangte. , 
Tabak wirb feit geraumer Zeit in vielen Provinzen China’s 
gebaut. Der Ruflifche Gefandte I. Ides 1), der im Jahr 
1692 über Nartſchinsk in das Chineſiſche Neich gelangte, fah 


1) Allgemeine Eultur-Gefchichte der Menfchheit. B. 7. ©. 47. 
2) a. a. O. S. 122. 


257 


fchon in dem Grenzfleden Ziriga Tabak⸗-Pflanzungen, und 
die am Fluffe Nauna Galle wohnenden Tataren, Männer 
und Frauen, rauchten aus Eleinen Pfeifen und tranfen Thee. 
Auh Zange!) gedenkt bei feiner im Jahr 1736 unternom- 
menen vierten Karavanen-Reife nach Peking, auf dem Wege 
von dem Grenzgebirge durch den Paß Hi-Foung- Keyu, der 
ausgebreiteten Tabak⸗Cultur, befonderd bei Tſun⸗hoa. Pou⸗ 
timstew 2) ferner erblidte nad) dem MUebergang am 
nordweftlihen Worfprung des. hehen Bogda⸗Oola und beim 
Herabfteigen an den TalfisBergen in die Ebene von Ili viele 
Zabaf- Pflanzungen. Macartney, der im Sahr 1793 die 
im Thale Lan=ho, außerhalb der Ehinefifhen Mauer liegende 
Eaiferliche Sommer-Refidenz Dfeheschol befuchte, erwähnt der 
Tabak⸗Cultur in den zwifchen den Bergen befindlichen Nie 
derungen, In den Provinzen Duang=tong und Lo⸗cho wird 
viel Tabak gebaut, der leicht ift und angenehm riecht, Auch 
in der Provinz Fukian gibt es große Tabak» Pflanzungen, 
deren Erzeugniß nach der Stadt Tu⸗tſchu⸗fu gebracht wird. 
Macartney fah ferner in der Provinz Schan-tung und an 
den Abhängen der Berge am Fluffe Pe⸗king oberhalb Kan⸗ 
ton viele Tabak⸗Pflanzungen. Ein fehr lebhafter Tabakhandel 
wird in der innerhalb der Chinefifchen Mauer gelegenen Stabt 
Siuan-houa getrieben. Timkovsky fah faſt in jedem Haufe 
Tabakladen. Man fest dem Rauchtabak Hanf und Wachholder⸗ 
Blätter zu, deren Geruch die Mongolen fehr lieben. 

China verforgt auch die Bewohner der meiften Länder 


ı) Reife nad) Peking. S. 198, 

2) Voyage de Boukhatarminsk à Gouldja ou Tl Capitale de la 
Szoungarie chinoise en 181 " im Magasin Asiatique. Paris 1826; 
T.1.p. 114 

17 


358 


Hochaſiens mit Tabak. Die außerhalb der Chineſiſchen Mauer, 
im Lande Honan mohnenden Ordos, ein Mongolen- Stamm 
der Tſakkar, fowie bie Scharaigol⸗Mongolen taufchen Tabak 
und Thee in den Staͤdten Fu⸗ko⸗hien, Tſchien⸗kogng⸗fu, 
Yu⸗lin⸗wei, und an den Thoren der großen Mauer, gegen 
Dferde, Rinder, cafe und Häute sin. Sehr viel Tabak 
wird ferner durch Chineſiſche Handelsleute aus den Provinzen 
Schanfi, Schenſi, Dſchakliang und Kiangfi mit Thee und 
anderen Chineſiſchen Waaren über Yarkand und Kafıhgar, 
fowie über den Terek⸗Paß zum großen Syr und nad Kokand 
und Bochara, fowie über den Belur Tagh und Pamer-Paß 
in bie Oxus⸗Thaͤler nad Badakſchan, Balkh und Tübet aus 
geführt. 

J. de Loureiro !) führt den in China und Cochinchina 
wachfenden Zabaf als eine befondere Art, al6 Nicotiana fru- 
ticosa, auf, Sie habe bort ben Namen Cay⸗thuoc⸗ in und 
Yensye, Er hält fie für einheimiſch und nicht ans Amerika 
ſtammend. Es iſt diefelbe aber nur eine Ahart von Nieotians 
tabaeum, 

Das Tabakrauchen iſt ferner auf ber noch fo wenig be 
kannten Halbinfel Korea, ſowie auf der an der Suͤdſpitze lie 
genden Infel Quelpart allgemein öblich, wie aus den meueflen 
Nachrihten von Edward Welder 2) und Fran! Mar 
ryat®) erheilet. Man raucht aus fehr Heinen Pfeifenkoͤpfen 
mit langen Rohren. Auf Zafel XIV. Figur 1 ift ein Zabel 
rauchender Häuptling ven Korea, und Figur 3 ein Mandarin 


!) Flora Cochinchinensis. ed. C. J. Wildenow. Berolin. 1793, 

2) Narrative of his Majesty, Ship Samarang during the years 
1843—46. Londen 1848. Vol. 1. p. 353. - 

®) Borneo and the Indian Archipelago. London 1848. p. 183. 


v 


von der Infel Quelpart abgebildet. Dort wird auch Tabak 
gebaut. Im Jahre 1653 bereits, da Henri Hamel!) Korea 
befuchte, rauchten dafelbft Männer, Frauen und Kinder. Der 
Tabak foll dahin von Japanern gebracht worden fein, und 
diefe foflen den Koreanern bie Gultur desſelben gelehrt haben. 
Da man von ben Japanern vernommen hatte, daß der Sa⸗ 
men des Tabaks aus Hollanb (Nampankouk) in ihr Vater 
land eingeführt worden fei, fo nannte man ihn Holländer 
(Nampankoy). 

Das Tabakrauchen hat ſich endlich auf allen unter ber 
Shinefifhen Herrihaft flehenden Infeln, auf Hainan und 
Thaiwan oder Zormofa verbreitet, ſelbſt auf den fehr zahle 
reichen kleinen Infeln, welche im Süd» und Ofl-Meer, fowie im 
gelben Meer zerftreut find. Auf allen wird auch Tabak gebaut. 
Capitaͤn Marwell, der im Jahr 1810, und Gapitän Bel- 
cher, der nenerlih die im Oſtmeer liegenden Lieu⸗Khieu 
oder Lutſchu⸗Inſeln beſuchte, welche unter dem vom Japa⸗ 
nifchen Reiche abhängigen Erblönig von Loo⸗Choo ftehen, 
fahen die Einwohner dem Tabak und dem Thee fehr zuge- 
than, gleih den Chinefen und Sapaneın. Die Manbarinen 
empfingen Belcher und feine Begleiter auf das Hoͤflichſte 
mit tiefen Buͤcklingen, luden fie ein, ſich auf Matten nieber- 
zulaſſen und überreichten gaflfreundlich ihre Pfeifen. Gleich 
den Iapanern tragen alle Einwohner Fächer, Zabaföpfeife 
und Beutel im Gürtel, Bei einem großen Gaſtmahle, wel⸗ 
ches das Oberhaupt dem Capitan Marmwell in einem Tempel 
des 30 gab, gingen Thee, Pfeifen und Tabak zwiſchen den 
Gerichten herum. 





1) Reife nach Korca, 1668. u⸗ 


11) Tabak in Japan. 


Die Japaner find dem Tabakrauchen ebenfo ergeben wie 
die Chineſen. Schon zu Anfang bed fiebenzehnten Jahr⸗ 
hunderts war ed in Japan bekannt. A. Montanus 1), 
der fih Ddafelbft im Jahr 1611 aufhielt, gedenkt deſſelben 
bereits. Auch Kaempfer?), der in den Jahren 1690 bis 
1692 ald Arzt der Holländifhen Refidentfchaft in Nangafali 
die übliche jährliche Gefandtfchaft an den Faiferlihen Hof 
nach Jedo begleitete, hatte Gelegenheit bei ber weiten Reife 
fih zu überzeugen, daß das Tabakrauchen fchon- damals an 
allen Orten und bei allen Ständen üblich war. Er beric« 
tet 3), daß fobald das Geſandiſchafts⸗Perſonal in einem Gaſt⸗ 
haufe abgetreten war, der Wirth fogleich in feinem Ehren- 
kleide mit der männlichen Dienerfchaft erfchien, und unter 
tiefen Verbeugungen Thee präfentirte. Dann brachte er auf 
einer metallenen oder hölzernen Platte Tabakgeraͤth, Tabak⸗ 
pfeifen mit Pleinen mefjingenen Köpfen, eine Echachtel mit 
fein gefchnittenem Tabak, ein Beden mit glühenden Kohlen 
und einen Epudtopf nah Holländifcher Eitte. Auch bei 
allen Statthaltern, denen die Gefandtfchaft auf der Reiſe 
ihre Aufwartung machte, wurden ſtets Tabak, Thee und 
Gonfitüren ſervirt. Selbſt im Faiferlihen Palaft in Jedo 
wurde die Gefandtichaft vor der Audienz auf foldhe Weife 
bewirthet, und fo ebenfalls bei allen Miniftern und Staats⸗ 
Näthen. 


1) Denkwürdige Gefandfchaft an den Kaifer zu Sapan. S. 344. 
2) Geſchichte und Befchreibung von Japan. Lemgo 1777. 2 Bände in 4, 
3.2.8. 19%. 


261 


Das Tabakrauchen hat fi in Iapan bis zur neueflen 
Zeit bei allen Ständen erhalten, wie Thunberg !), Krus 
fenftern 2), Morrifon, Golownin, von Siebold, 
Belher, Marryat u, A., bei ihrem Aufenthalt in Nan« 
gafaki wahrzunehmen Gelegenheit hatten. Die Japaner, fo 
wohl Männer ald Frauen, rauchen faft den ganzen Tag 
über, wobei fie Thee trinken. Die Zabakpfeifen find Mein 
und das etwas über einen Fuß lange Rohr beftcht aus 
ladirtem Bambus. Der Kopf und das Mundſtuͤck find von 
Kupfer, Der Kopf ift fo Klein, daß er nicht einen Finger 
hut voll Tabak faßt. Der fehr fein geſchnittene Tabak wird 
mit den Fingern zufammengedreht eingeftopft. Cine foldye 
Pfeife wird fchnell ausgeraucht, dann ausgeklopft und von 
Neuem gefüllt. Der Rauch wird fowohl dur den Mund 
als die Nafe ausgeblafen. Bei Beſuchen der Vornehmen 
wird vor jeden Saft fogleich eine ladirte Dofe mit Pfeifen 
und Tabak geſetzt. Geringe Leute führen ſtets Pfeife und 
Tabak bei fih. Die in einem Futteral befindliche Pfeife 
wird auf der rechten Seite in den Gürtel geftedt. Der 
Beine aus Seidenzeug mit eingewebten Blumen von Silber 
oder Gold verfertigte Tabakbeutel hängt mittelft einer ſeidnen 
Schnur am Gürtel. Auf Tafel XV, erblidt man die aus 
Marryat’s Reife entnommene Abbildung eines Iapanifchen 
Soldaten mit feiner Fleinen Pfeife, | 


Das Tabakrauhen wurde in Japan unleugbar durch 


1) Ueber die Iapanifche Nation, aus dem Schwebifchen überfegt von 
Groͤning. Leipzig 1795. 

2) Reife um die Welt in ben Jahren 1803—6, Zafel 53. Anficht eines 
Sapanifhen Wachthaus mit rauchenden Soldaten. Figur a eine 
Japaniſche Pfeife 


262 


Europäifhe Seefahrer eingeführt. Hiefuͤr ſpricht, daß ber 
Tabak dafelbft nah Thunberg !) allgemein den Namen 
Tabaco führt. Zugleih hält er es flr wahrfceinlich, daß 
ihn die Portugiefen zuerft dahin gebracht haben. Bekannt⸗ 
lich war es Fernando Mentez Pinto, der im Jahr 1542 
das fchon von Marco Polo genannte reiche Zipangu wie 
der auffand, Die Portugiefen traten bald in eimen fehr 
lebhaften Handeld-Verkehr mit Japan. Erſt im Jahr 1608 
gründeten die Holländer eine Nieberlaffung zu Zirando, und 
blieben nach der Vertreibung der Portugiefen im Iahr 1639 
in fortbauernden Handeld-Berbindungen mit Japan. 

Tabak wird feit langer Zeit auf Niphon, Kiuflu und 
Sikokf gebaut und zwar die Art Nicotiana tabacum. 
Welfch befchrieb fhon im Iahr 1670 einen fein gefchnitte 
nen in Iapan gewachſenen Tabak, den er in einer mit Ja⸗ 
paniſcher Schrift bezeichneten Schachtel von einem Hollaͤndi⸗ 
fhen Eciffer erhalten hatte Auch Rumph ) und Bur- 
mann?) führen den Tabak als eine in Japan cultivirte 
Pflanze auf, Der Tabakbau wird in vielen Sapanifchen 
Provinzen mit großem Eifer betrieben, namentlih in ben 
Landfchaften Gokunay, Toſando, Sanindo u. a. Der beite 
Tabak wahft nah Kaempfer *) auf Niphon in der Nähe 
der Stadt Miaco. Metallene Tabakpfeifen werben vorzüg- 
lich in den Provinzen Umi und Figi verfertigt. 

Das Tabakrauchen hat fi laͤngſt auch auf Jeſo, fowie 


1) Flora Japonica. Lipsiae 1784. p. 91. Nomen, ut ipsa planta et 
usus a Lusitanis sine dubio primum introduetum fuit. 

3) Herbarium Amboinense. Amstelod. 1750. fol. Lib. 8. Cap. 40. 

®) Flora Indica. Lugduni Batav. 1768. 

) a. a. O. B. 2. ©, 239. 


auf allen unter Japaniſcher Herrfhaft fiehenden Kurilifchen 
Infeln, auf Kunasziri, Jodorofu, Urup u. a. verbreitet, wo 
ed ganz allgemein im Gebraud ifl. Die Bewohner von 
Matsmai auf Jeſo tauſchen von den Sapanern auf Niphon 
gegen Fiſche, Tabak und Tabakpfeifen ein, welche fie gegen 
Pelzwerk an die Eingebornen der Kuriliſchen Inſeln abfegen. 


Krufenftern ) fah felbft das in großer Dürftigkeit 
lebende Fifhervolf der Ainos auf der Inſel Zarrafai, in der 
Aniva und RomanzoweBai dem Tabakrauchen leidenfchaftlich 
ergeben. Kleine Pfeifen und Tabak taufchen fie gegen ge 
trodnete Fifche von den fie befuchenden Japaniſchen Handeld- 
leuten ein. (Zafel XVI. fielt einen Aino mit feiner Pfeife 
dar). Auch die Zataren in der Bai Nadeshda auf Sa⸗ 
halin, mit denen Krufenftern ?) Verkehr hatte, lieben 
den Tabak fehr und er hat für fie fo hohen Werth, daß fie 
bereit waren, für denfelben Alles wegzugeben, was fie hatten. 
Er fügt noch bei, die Ruderer der Schaluppen, welche Ta⸗ 
bad zu ihrem Gebraucd bei ſich hatten, machten daher man« 
hen vortheilhaften Handel. So hatte einer von unferer 
Geſellſchaft ein feidenes Tuch für einen Strohhut gegeben, 
der freilich Feinen anderen Werth hatte, als eine Sadalini« 
Ihe Seltenheit zu fein. Diefes Tuch, das wohl zwei Rubel 
werth war, verhandelte der Sachaliner fogleih für einige 
Blätter Tabal, Die Bewohner Sachalins taufhen Tabal- 
pfeifen und Tabak von den benachbarten Mandſhus ein. 





74.0.9826, 73. 
2) a. a. O. B. 2. S. 179. 


26: 


12) Tabak in den Ländern Hoch⸗ und Nord⸗Aſiens. 


Seit geraumer Zeit hat fih das Tabakrauchen bei den 
zahlreichen Voͤlkerſchaften verfchiedener Abkunft eingefchlichen, 
welche die Länder Hochafiens, die Mongolei, fowie das ganze 
Nordafien bis zum Arktifhen Polarmeer bewohnen, und «6 
ft für fie ein unentbehrliches Lebens-Beduͤrfniß geworben. 
Alle Mongolen-Stämme, fowohl die, welche ſuͤdlich von ber 
Wuͤſte Gobi und den Kufhunor, an den Quellen ded Hoang⸗ 
ho, im Thian⸗Shan⸗Nan-Lu und an den Gränzen Fübets 
nomabifiren, als die, welche Öftlih von der großen Wuͤſte 
im Daurifhen Alpenlande am Inon und oberen Amur, und 
ndrdlid um den Baikal⸗See, und im Altaifhen und Saja 
nifhen Gebirge leben, find nad Pallas)) leidenſchaftlich 
dem Tabak ergeben. Stets führen fie eine Beine Shinefifche 
ZTabakpfeife und einen am Gürtel hängenden Beutel mit 
Tabak und Feuerzeug bei fih, und biefe gehören zu ben 
nothwendigſten Geräthfchaften, fowohl auf der Reiſe ale 
daheim in der Jurte. Männer, Frauen und Kinder rauchen, 

Sm Jahr 1698, da der Pater Gerbillon ?) mit Groß 
Mandarinen von Peking aus durch die Wuͤſte Gobi in das 
Land der Khalklja- Mongolen am Khan Dla reife, wo bie 
Mongolen» Fürften dem Kaifer Kangh⸗hi, als ihrem Ober 
haupte, huldigten, fah er fowohl die Zürften als die gemei- 
nen Khalkhas Tabak ſchmauchen. Gegen Pferde, Kameele, 
Rinder und Schafe taufchten fie von den Chinefen Pfeifen, 
Tabak, Thee und Seidenzeuge ein, Im Jahr 1820 erhielt 


1) Die Mongolifchen Völkerfchaften. B. 1. S. 172. 
2) Voyage bei Du Halde. T. 4. p. 500. 





Timkowski) bei feiner durch die Steppen des Lands ber 
Khalkas unternommenen Reife nach Peling jeden Abend in 
feiner Zurte zahlreichen Beſuch von Häuptlingen und Geiſt⸗ 
lihen des Dalai Lama, die mit ihm am Zeuerheerd ſitzend 
Tabak rauchten, Thee tranken und plauderten. 

Zu den größten Freunden des Tabaks gehört nach den 
Nachrichten vieler Reifenden der Mongolen⸗Stamm der Oelot, 
Derot oder Kalmüden, fowohl die in ihrem Stammlande an 
der Nordgränge Tuͤbets nomabifirenden Horden, als die, welche 
in Sibirien über den Irtifch, den Uralfluß und felbft bis. an 
die Wolga vorgebrungen find. Pallas 2), der in den Jahren 
1768 bis 1772 die Afiatifchen Provinzen des Rufftichen Reichs 
bereifte, macht darüber folgende Mittheilungen. Befuht man 
die Jurte eines Kalmüden, fo kommt der gaftliche Befiker 
dem Fremden mit brennender Tabakpfeife entgegen und über 
reicht fie als Zeichen des Willkommens. Iſt in einer Geſell⸗ 
fhaft nur eine Pfeife vorhanden, fo wandert fie im Kreife 
von Mund zu Mund, Dabei trinken fie Ziegelthee (Kirpit- 
schnoi Tschai). Audy die Frauen rauchen. Viele Kalmüden 
find ferner dem Tabakſchnupfen ergeben. Die unter dem 
Schuge Rußlands fichenden Kalmuͤcken rauchen Ruffifchen 
Tabak; die aber welche China zinspflichtig find, erhalten Tas 
bat von den Chinefifhen Srenzpoften. Das angenehmſte Ge 
fhenf, welches man einem Kalmuͤcken machen kann, ift Tabak. 

Bunge?) kam im Jahr 1826 auf feiner Reiſe zu den 
Quellen der Katunja Öfters mit Kalmüden zufammen, und 
ſchreibt darüber in einem Briefe an Ledebur alfo: Auf dem 


") Voyage à Peking. Paris 1827. T. 1. p. 29. 
2) Reife durch mehrere Provinzen des Ruſſiſchen Reiche. 8. 1. &. 310. 
8) Ledebur Reife durch das Altais@ebirg. Berlin. 1830. 8. 2. ©, 519. 


Mtai traf ih in dem Dorfe Tſchatſchalicha den erflen Kal 
müden an, der am Guͤrtel feines Schafpelzes rechts ein 
Meſſer und links an einem langen Riemen ein ledernes 
Saͤckchen mit Feuerzeug trug. Statt des Zunders bebiente er 
fih der filzigen MWBlätter von Archium lappa und einer Art 
Artemisia. Die Pfeife und den Tabaksbeutel trug er im weis 
ten Stiefel. Die Heine Pfeife, Baum einen Fuß lang, war 
aus Eifen gefchmiedet, Kopf und Rohr aus einem Stüde. 
Die Kalmüden fchmieben die Pfeifen ſelbſt. An der Talicza 
beſuchte ich eine aͤrmliche Jurte, in die mich der Eigenthuͤmer 
freundlich einlud. Auf dem Heerd, in der Mitte der Jurte, 
fand ein großer Keſſel mit Fleiſch, und daran faß die Fran 
mit einem nadten Säugling auf dem Schooße. Dem Cin- 
gange gegenüber, wo der Ehrenplag ift, hingen Göhenbilder, 
und hier breitete er flıe den Gaſt eine Filzdecke aus. Die 
Goͤtzen waren aus Holz gefegnigte Figuren, mit Leder, Mefs 
fing und Corallen verziert. Die abgezogene Haut eines Adlers 
mit den Klauen belegte der Kalmüd auf Befragen, was fie 
bebeste, mit dem ruffifhen Namen Bog (Gott), Der Mund 
eines anderen Eleinen hölzernen Goͤtzen war mit Sped bes 
fieichen. Nachdem id; Plat genommen hatte, z0g mein Wirth 
aus dem Stiefel den. Tabakbeutel und die Pfeife hervor, 
ftopfte fie und uͤberreichte fie mir angezündet ald en Ehren 
zeichen. Dagegen gab Ich ihm meine Pfeife, die er bewun: 
verte, zu feinem Kopfe emporhob, einige Züge darams that, 
and zurudgab. 

Am folgenden Tage hatte Bunge eine Zuſammenkunft 
mit dem Kalmüden Saifan oder Fürften Mitrai, der am 
ſchwarzen Arni nomabifirte und der Jagd wegen hierher ge 
kommen war, Er hatte wie alle Ruffiihen Saiſans der Kal- 
muͤcken Majordrang mit Erbadel, und trug zwei goldene 





207 
Medaillen, ald Belohnung für geleiftete Dienſte. In feinem 
Anzuge unterfchiedb er ſich übrigens nicht von einem gemei» 
nen Kalmlıden,. Bunge wurde mit Thee und Tuͤrkiſchem 
Tabak bewirthet, und mit Ohilansbafch oder Schlaugenköpfen 
(Cypraea moneta) beſchenkt, die zum eleganten Anzuge 
einer Kalmuͤckin gehoͤren. 

Ledebur i) machte bei feinem Verweilen am Tſcharvſch 
Kalmuͤckſchen Saiſans einen Beſuch, die er in großem Putze 
antraf. Sie waren in bunte Chineſiſche Seidenſtoffe gekleidet, 
welche mit Pelzwerk von Fuͤchſen gefüttert und mit Bobel 
befebt waren. Den langen weiten Kaftan hielt em ſchoͤn 
verzierter Gürtel zufammen, an dem eme mit Bronze 
und Silber reich verzierte lederne Taſche hing, morin fi 
dad Feuerzeug, Schwamm, Stein und Stahl befand, In 
weiten fchwarzen Halbſtiefeln trugen fie ben Zabakbeutel und 
die Pfeife. Nach der Begruͤßung wurden die Pfeifen gefuͤlli 
und angezündet, welche von Mund zu Mund im Kreife 
herumgingen. Hierauf wurde Thee und Iwiebad fesvirt, und 
dann begann das Branırtweintrinken. - 

Im Jahr 1841 Fam Sfhihatfiheff ?) auf feiner Reife 
in den Altai mit Ruſſiſchen Kalmuͤcken und wit Doedantzi's 
der mit doppeltzinspflichtigen Kalmüden zufammen, fo ge 
nannt, weil fie an Rußland und China Zribut entrichten. 
Sie nomadiſiren am Alpengebirge an der Katouna. Er rauchte 
mit ihnen Chineſiſchen Tabak, Schar, aus Heinen kupfernen 
Pfeifen. Im Thale Mach und Kemtchik, aus bem ein Im 
fluß des Jeniſei entforingt, welcher den Ramen Oulon⸗Kem 





1) a. a. O. B. 1. ©, 170, 
°) Voyage scientifique dans PAltat᷑ orientale et les parties adfe- 
centes de la frontiöre de Chine. Paris 1845. 4. p. 139. 





führt, machte er die Bekanniſchaft der höcft rohen und in 
großer Armuth lebenden Soyons, Sojots oder Sojanis. 
Sie bewohnen die Gegenden ded Sajanifchen Gebirge, welches 
die Graͤnze zwifchen dem Ghinefiihen Reihe und Eibirien 
bildet, fowie die Gebirge Ehangai und Altai, Diefes unter 
Chinefifher Botmäßigkeit ſtehende Volk gehört nach einigen 
zu den Mongolen, nad andern foll ed ein Samojebifcher 
Stamm fein. Auch diefes hoͤchſt elende Wolf, das oft große 
Hungersnoth leidet, raucht Tabak aus Chinefiichen Pfeifen. 
Ein dem Tabak gleichfalls fehr zugethanes Mongolifches 
Bolt find die Buraͤten oder Oeloth Buraͤt, die Urſaſſen bes 
Baikal⸗Landes, welhe am Bailal-Gebirg und an den Ufern 
des Baikal Sees nomabifiren, und fih von der Chinefifchen 
Sränze bis ins Gouvernement Irkuisf ausbreiten, wo fie an 
den Fluͤſſen Angara, Tunguska und der oberen Lena, und 
oͤſtlich in Daurien an der Salanga, dem Argun und feinen 
Zufläffen fi aufhalten. Männer, Frauen und Kinder rauchen 
faft beflandig, wie Smelin !), Georgi?) und Erman ?) 
berichten. Das Tabak⸗Geraͤth tragen fie am Gürtel. Da ber 
Tabak, ben fie Tamaki nennen, aus Irkutzk und China 
kommt und ein koſtbarer Artikel ift, fo vermengen fie ben- 
felben mit gefchabter Fichten- Rinde. Sie bedienen ſich der 
kleinen Chinefifchen Pfeife, Ganza. Niemals verabfäumen fie, 
einen Gaft mit Tabak, Ziegelthee (Zai) und Araki oder 
Miih-Branniweln zu bewirthen. Oft befleht ihre Nahrung 
nur aus Biegeltbee, zu dem fie Tabak rauchen. - 
Alle Voͤlker Sibiriens, in feiner großen Ausdehnung vom 


1) Sibirifche Reife. B. 2, S. 136. 
2) Reifen in Rußland. B. 1. &. 298. 309, 
2) Berghaus Annalen. B. 1. S. 76, 


Üralgebirge, längft des Eismeers bis zum Meer von Ochozk und 
zur Behringe-Straße, find große Freunde des Tabaks und er 
macht einen ihrer vorzüglichfien Lebensgenüffe aus. Eo be 
rihten alle Reifende, welche die verfchiedenen Provinzen des 
Afiatiſchen Rußland befuht haben, von deren Nachrichten 
ich die wichtigften mittheilen werde, der Richtung der Länder 
von Welten nach Often folgend. 

Die im unwirthbaren Norden in großer Därftigkeit Ichen 
den Samojeden, fowohl bie, welhe in Europa am weißen 
Meer vom Fluſſe Mefen bis zur weftlihen Abdahung des 
Ural wohnen, als die, welche fi) an den Küften bes Obi⸗ 
fhen Meerbufen und an den Ufern des Obi und Senifei aufs 
halten, find nah Erman große Liebhaber des Tabakrauchens, 
und der Zabaf, den fie von Archangel erhalten, ift für das 
arme Fifchervol® ein theurer Luxusartikel. Auch die am Ob 
und Irtiſch und deren Nebenflüffen lebenden Oſtiaken waren 
ſchon im Jahr 1692, da fie Jsbrand Ades!) bei feiner 
auf Befehl Peter des Großen nah Peling unternomme- 
nen Geſandtſchafts⸗Reiſe befuchte, eifrige Tabakraucher. Er 
fah Männer, rauen und Kinder rauchen. Sie hatten aus 
gebranntem Thon, Etein oder Mammouthknochen verfertigte 
vierfantige Pfeifenköpfe mit kurzem Rohr. Der Tabak hatte 
für fie einen fo großen Werth, daß fie fuͤr ein Feines Städ 
Rollen⸗Tabak zwanzig große Störe gaben. Zur Zeit, da fich 
Georgi?), Pallas 2) und neuerlihft Erman unter den 
Oſtiaken aufhielten, war auch das Tabakſchnupfen üblich, 
Die Männer führen ſtets Schnupftabak in einem Gefäß bei 





) Dreijährige Reife nad; China. Amfterdam 1704, Kap. 5, 
*) Die Bölkerfchaften Rußlands. B. 1. S. 78, 
) a.a. O. Th. 1.8, 310.23. 8.1, G. 49, 


2% 


fih, das einem Pulverhorn gleiht und in der Brufltafche 
des Oberkleides getragen wird. Aus ber engen Oeffnung bes 
Horns ſchuͤtten fie ſehr werfichtig etwas Tabak auf den Nagel 
eines Daumens, hen fie fegleich zur Nafe bringen. Eie lieben 
den Schnupftabak fehr ſcharf und vermifchen ihn daher mit 
ber alkalifchen Aſche won Birken» und Eichen Schwimmen 
(Tschaga Ostiak, Jacham). Haben fie die Nafe mit dem 
Pulver gefüut, fo ꝓerſtopfen fie die Nafenlöcher mit gefchab- 
tem Weidenbaſt. Durch den fcharfen Tabak wird bad ganze 
Antlig heftig gezeigt und in Entzuͤndung verſetzt, was gegen 
die große Kälte ſchuͤtzt, ſo daß ihnen felten ein Theil des 
Antliges erfriert. Es herrfcht bei ihnen ein fonberbarer 
Aberglauben über das Nieſen. Wil em Oſtiak auf bie 
Jagd gehen, fo mwünfcht er am Abend zuvor zu niefen, was 
er für eine gute Vorbebeutung hält. Kommt ihm aber an 
bemfelben Morgen, an dem er fi zur Jagd begibt, daB 
Niefen an, fo bemüht er ſich es zu unterbrüden, meil ex es 
für die Borbebeutung einer ſchlechten Jagd halt, Muß er 
wirklich niefen, fo geht nichts uͤber feinen Verdruß und er 
ſteht gleih von feinem Worhaben ab. Nah Erman I) 
haben bie Dfliafen auch den Gebrauch, den Todten eine 
Pfeife und Tabak mit ind Grab zu geben, gleich vielen 
Voͤlkerſchaften Nordamerika's. 

Die weiter ſuͤdlich zwiſchen dem Ob und Irtiſch, und noͤrd⸗ 
lich nom Altaiſchen Gebirge im Omskiſchen und Taraiſchen 
Kreiſe, in der nach ihnen benannten Steppe nomadiſirenden 
Barabinzen, ein Turkſtamm, find, wie Georgi?) berichtet, 
ohne Ausnahme des Gefchlehts und Alters, eifrige Tabak⸗ 


1) a. a. O. B. l. ©. 677. 
2) Die Völker Rußlande. B. 1. ©, 195. 





ert 


raucher. Sie bedienen ſich ſowohl des Chineſiſchen, als des 
gemeinen oder ſogenannten Tſcherkeſſiſchen Tabaks, den fie 
mit fein geſchabtem Birkenholz vermengen. Sie rauchen aus 
Heinen metallenen Chinefifchen Pfeifen, Der Tabak ift ferner 
allgemein im Gebrauch bei den zwifchen dem oberen Ob und 
Senifei am Tſchulym lebenden Tſchulymſchen Kataren, und 
dem Turkſtamm der Katfchinzen, die am Fluſſe Katfcha woh⸗ 
nen, welcher am Fuße bed Scheidegebirgs zwifchen dem Tſchu⸗ 
Iym und Senifei fließt und fich in legteren ergießt. Männer 
fowohl als Frauen fah Pallas !) während eines Tags wohl 
zwanzigmal zu ber Sanza greifen; alle, fogar Kinder, rauchen, 
und zwar meiftens Ghinefiihen Tabak. Die an ben Flüffen 
Tura, Tawda und Ifet ſich aufhaltenden Zuralinzen rauchen 
und kauen fall beflandig Tabak. 

Auch die Karakaſſen, welche an der Taſſewa, einem Neben 
Ruß der oberen Tunguska, nomadifiren, find große Freunde 
des Tabakrauchens. Sie haben nah Ritter, glei vielen 
Indianern Nordamerika's den Gebrauch, an Bergen und Fluͤſſen 
etwas Tabak, unter tiefen Werbeugungen, aus Ehrfurcht für 
ein höheres Weſen und als ein Opfer niederzulegen. Dieß 
beutet unläughbar auf ähnliche religiöfe Vorſtellungen bei hey 
Karakaffen hin; doch wäre es gewiß irrig, mit einigen Ethno⸗ 
graphen anzunehmen, daß das Tabakrauchen aus Alien nach 
Amerika durch eingemanderte Völker eingeführt worden fei. 
Eas ſpricht vielmehr daflır, daß, der Gebrauch vieleicht durch 
Nordamerikaniſche Voͤlker nach Aſien gelangt iſt, welche 
ſchon in fruͤher Zeit dieſen Welttheil beſucht haben. 

Zu den leidenſchaftlichſten Tabakrauchern gehoͤren die Kir⸗ 
giſen, ein Tuͤrkiſcher Volksſtamm, ſowohl die Kara oder ſchwar⸗ 


i) Reifen Th. 2. B. 2. ©. 680, 


272 

zen Kirgifen, die Buruts im Chineſiſchen Zurkeflan, als bie 
Kirgis⸗Kaiſaken mit ihren drei Horden. Georgi, Smelin, 
Dallas, Ledebur, ©. A. Meyer!), Siewers?) und 
andere Reiſende, welde die wandernden Berg» Kirgifen von 
der großen Horde auf dem Tarbagatai am Norbrande des 
Atai, fowie in ihrem Sommer-Aufenthalte auf den Hochebenen 
an den Quellen des Ulan, in der Dfongarifchen Steppe, in 
den Steppen am linken Ufer der Irtifh und um den Aral⸗ 
See in ihren Jurten befucht haben, erwähnen ihrer Unerfätt« 
lichkeit im Genuffe des Tabaks. Allen Kirgifen gewährt es 
das größte Vergnügen und die angenehmfte Unterhaltung, auf 
Filzdecken audgeftredt zu liegen, Tabak zu rauden, Kumiß 
oder Milch⸗Branntwein zu trinken unb babei zu plaudern. 
Siewers, der am oberen Bugaß-Fluffe einem Hefte bei einer 
Brautwerbung beiwohnte, fah die Gäfte felbft beim Schmauße 
gebratener Hämmel und Fohlen, und beim übermäßigen Trin⸗ 
fen von Kumiß, Tabak rauchen, 

Die Sirgifen bedienen ſich meiſtens der Chineſiſchen Pfeifen, 
doch haben fie auch gefchnigte hölzerne Pfeifenköpfe von fchöner 
Maſer. Da fie beide nur von ihren Nachbarn, den Chinefen 
und Ruſſen erhalten, fo beheifen fidy die Armen, wie Georgi?) 
angibt, auch mil ausgehöhlten Knochen von Schafen. Sie 
fehneiden von einem Schienbein an einem Ende den Knorpel 
ab, nehmen das Mark heraus, und bohren in der Nähe des 
anderen Endes ein Meines Loch. Die Röhre füllen fie mit 
Tabak und ziehen den Rauch des angezüindeten Tabaks durch 


) Reiſe durch die Songarifche Kirgifen Steppe; in Lebeburs Reiſe 
durd) dad Altais@ebirge. B. 2. ©, 474. 

2) Sibiriſche Briefe, ©. 168, 

8) a. a. O. B. I. GSG. 215. 





273 


das Loch ein. Ferner haben fie noch eine eigenthuͤmliche Weife 
erfunden, in Gefellfhaft zu rauchen, wenn nur wenige Pfeifen 
oder Rauchknochen vorhanden find, An einem zum Liegen 
bequemen Ort machen fie ein Loch in die feuchte Erde und 
füllen es mit Tabak an. Jeder, der an dem Vergnügen des 
gemeinfchaftlichen Rauchens Theil nehmen will, führt durch 
die Erde einen Rohrftengel in das Loc ein, und fo ziehen 
fie auf dem Bauche liegend, den Rauch ein. Viele Kirgifen, 
Männer und Frauen, find auch dem Schnupftabaf fehr ergeben, 
den fie in Fleinen, am Gurt hängenden Hörnchen bei fich 
führen. 

Tabak erhalten die Kirgifen von ben SKaravanen ber 
Handelsleute aus ber Bucharei, China und Rußland, und 
zwar im Zaufche gegen Pferde, Schafe, Häute und Pelzwerk. 
Dr. Meyer, der im Altai am Irtiſch Chinefifche Grenzpoften 
befuchte, gibt an, daß die Mandfchuren Garnifonen ihren Sold 
meift in Chineflfhen Waaren, Zabaf, Ziegelthee, Porcellan 
und Geidenzeugen beziehen, die fie großen Theils an bie 
Kirgifen gegen Schafe abfegen. Sehr viel Tabak wird aus 
dem Ruffifchen Reich in das Land der Kirgifen eingeführt. 
Die FKirgis-Raifaden, ſowie die der kleinen Horde am linken 
Ufer des Urals, erhalten den Zabaf von Aſtrachan und Oren⸗ 
burg. Die Kirgifen der mittleren und großen Horde, fowie 
die, welche in den Steppen am Iſchim und Irtiſch nomadi⸗ 
firen, merden von ben Dandeldleuten in Petropawlosk, Omsk, 
Semijarsk und anderen Städten mit Tabak verforgt. Hin 
und wieder wird an ber Shinefifhen Grenze auch Tabak 
gebaut, der reiche Ernten gibt, wie Putimstew fand, ber 
im Jahr 1811 eine Karavane durch die Dfongarifche Steppe 
nach der Stadt Yarbagalai führte. 


Auch in den oͤſtlichen Ländern Sibiriens hat ſich dad Tabak⸗ 
13 


274 


rauchen verbreitet. Sehr zugethban ift ihm der Volksſtamm 
der Zungufen, welcher im norbofllichen Afien jenfeits des 
Senifei an den Ufern der Zungusfa, Angara und der oberen 
Lena und ihren Zuflüffen, bi8 zum Meer von Ochozk noma- 
diſirt. Viele Zungufen-Horden leben ferner in der Mandſchu⸗ 
rei an der Nerza, Schilka und am Amur. Männer und 
Frauen rauchen, wobei fie Ziegelthee, mit Milh und Butter 
vermifcht, trinfen. Um den Pelz tragen fie einen (Gürtel, 
woran das Feuerzeug, der Zabakbeutel und die fehr. Eleine 
metallene Pfeife mit dem Furzen Rohr hängen. Zabaf erhalten 
fie vorzüglicy von den Mandfchus, dem fie, da er ein koſt⸗ 
barer Artikel ift, die Blätter von einer Art Politrichium oder 
fein gefchnittene Späne von Tannenholz beimengen. Bei 
ihnen herrfcht auch der Gebrauch, wie bei Norbamerifanifchen 
Bölferfchaften, die Todten mit ihren beften Kleidern, Gerät 
(haften, Waffen und etwas Tabak auf Bäume oder Stangen⸗ 
Gerüfte zu legen. Eifrige Tabakraucher find nah X. Er⸗ 
mann !) auch die im rauhen Lande an dem Dlanef und 
der unteren Lena haufenden Jakuten, der nordöftlichfie Turks 
flamm, Männer und Frauen, Alt und Jung, rauchen. Ebenfo 
die an der Indigirfa und Kolima herumziehenden Iufagiren 
und die Kamtfchadalen, Ihr Tabak befteht aus Holzſpaͤnen, 
denen etwas Tabak beigemengt if. Daß der Zabaf in jenen 
Ländern ein fehr Eoftbarer Lurus-Artifel if, ergibt fich Daraus, 
daß im Jahr 1793 ein Pfund Tabak, weldes in Kafan finf 
Kopeken Foflete, in Petropawlowski mit drei Kubeln bezahlt 
wurde. 

Zu den leidenſchaftlichſten Verehrern des Tabaks muͤſſen 
endlich die in der aͤußerſten Spitze des nordoͤſtlichen Aſiens, 


1) Berghaus Annalen der Erd: und Völker Runde, B.l. . 





275 


jenſeits des Omolon und der Kolyma, an ben Küften des 
Eismeers von ber Tſchawan-Bucht bis zum Tſchuktſchiſchen 
und Schelagifhen Borgebirge (Tſchukskoi oder Echelaskoi 
Noß) und an ben Ufern bes Anadyr wohnenden Tſchuktſchen 
gezählt werben. Sie zerfallen in nomabdifirende und feßhafte 
Zfchuftfchen. Jene nennen ſich Tſchaoukthous, fie führen 
auh den Namen der Rennthier-Zfchuftfchen, und fcheinen ein 
Zweig der an ber Eübfeite des Anadyr lebenden Koriäfen zu 
fein, mit denen fie in der Sprache und den Sitten uͤberein⸗ 
fommen. Die an ben Küften des Meers fefte Wohnfige 
habenden Zfchuktfchen, die audy Namollos genannt - werben, 
über welche der Lieutenant Kofchelem ausführlihe Nach⸗ 
rihten gegeben hat, find viel Feiner von Statur und gleichen 
in vieler Hinfiht den gegenüber in Nordamerika lebenden 
Eskimo's, wie auh Cohrane und Wrangel angegeben 
haben. Sie reden einen Dialekt des Karalit oder der Eskimo⸗ 
Sprade. Ihre Kähne, Hütten, Kleidungen und Geräth- 
ſchaften find denen der Eskimo's ähnlich, und ihre Lebens⸗ 
weife und Gitten find dieſelben. Man hat daher allen 
Grund zu vermuthen, baß fie aus Amerika über bie kaum 
zehn Meilen breite Behringöftraße und über die in berfelben 
liegenden Inſeln Inalim, Imaglim und Okivaki in Aſien 
eingewanbert find. 


Sowohl die mit ihren RennthierHeerden nomadifirenden, 
als die vom Fifchfang lebenden feßhaften Tſchuktſchen rauchen, 
fhnupfen und kauen Tabak. Kapitän Cook ?), der im Jahr 
1776 ihre Belanntfhaft machte, fah fie eifrig rauchen, und 
fie taufchten von ihm gegen Fifhe am liebften Tabak ein. 





1) Lette Reife Th. 4. ©. 2, 33. 
“ 18* 


276 


Am Jahr 1791 hatte der Commodore Billings !) vielfachen 
Verkehr mit den ZIfchuktfchen in der Bai Anadyrsk und am 
Oſtkap, die afle ſtuͤrmiſch Tabak verlangten und dagegen an 
die Schiffsmannſchaft Pelzwerk, Wallroßzaͤhne, Wallfiſchbarten 
und ſelbſt ihre Kleider verhandelten. Die Weiber ertheilten 
ſehr bereitwillig gegen Tabak, Knoͤpfe und Glaskorallen ihre 
Gunſtbezeugungen, fogar in Gegenwart der Männer, bie 
auch Fein Bedenken trugen, wenn fie Feine Hanbdelsartikel 
mehr hatten, die Matrofen bei den Weibern einzuführen. 
Die Weiber waren indeß nit ihre Frauen, fondern Gefan- 
gene, die fie Amerifanifchen Nationen abgenommen hatten, 
mit denen fie häufig Krieg führen. 

Die neueflen Nachrichten über die Tſchuktſchen verbanfen 
wir dem Ruſſiſchen Admiral Lutke ?), der im Jahr 1833 
auf der Inſel Et. Lorenz landete und mit Rennthier⸗Tſchuk—⸗ 
tfchen zufammen Fam, die ihn fehr freundlich. begrüßten und 
um Tabak baten, Nachdem er ihnen Rauchtabak gereicht 
hatte, verlangten fie auch Proci ober Schnupftabak, den fie 
mit großer Luft fchnupften. Im Dorfe Puauugoun waren 
Tabak und eiferne Gegenflände für. Männer und Frauen die 
angenehmften Gegenflände des Zaufches. Alle Tſchuktſchen, 
mit denen Lutke Verkehr hatte, liebten den Tabak leiden⸗ 
fhaftlih und fie fhägten ihn höher als irgend ein anderes 
Lebensbedürfniß. Jeder Zfchuktfche befigt eine Pfeife, mit 
weißen Blech oder Blei verziert, die er mit einem Ueberzug 
verfehen in den Stiefeln trägt. Das hölzerne Rohr befteht aus 
zwei ausgehöhlten Hälften, welche dur Riemen zufammen- 


1) Reife nach den nördlichen Gegenden des Ruſſiſchen Aften und 
Amerifa. Weimar 1803. S. 233. 
2) Voyage autour du monde. Paris 1835. T. 2. p. 277. 








277 


gebunden find. Der Kopf iſt von Metall (Taf. XVI. Fig. 1). 
Man. hat auch Pfeifen von gebranntem Thon, die einer 
Lampe ähnlich find (Fig. 2). 

Den Tabak taufhen die Tſchuktſchen auf den Jahrmaͤrk⸗ 
ten zu Kolyma, Ijighensk und Anadyrskoy von Kuffifchen 
Handeldleuten ein, gegen Rennthierhäute, -Pelzwerf, Wals 
roßzähne und eiferne Geräthfchaften. Für einen Paden Ta⸗ 
baf von 40 Pfund geben fie gemöhnlid, 30 Paar Walroß- 
zaͤhne, und die Zelle von 20 rothen und einigen Polar-Füch- 
fen, die zufammen einen Werth von 500 Kubeln haben. 
Der Tabak ift alfo für die armen Tſchuktſchen ein fehr 
theurer Luxusartikel. 

Der Verbraud des Tabaks iſt in den ausgedehnten Laͤn⸗ 
dern Sibiriend, ohneradhtet der geringen Bevölkerung, bei 
der allgemein verbreiteten Sitte zu rauchen, fehr groß und 
der Tabal- Handel if fehr bedeutend. Nach dem weltlichen 
Sibirien wird Tabak aus den füdlihen Provinzen Rußlands 
und aus Tſcherkeſſien über Aftrahan und Orenburg einges 
führt und außerdem aus Perfien, Buchara und Chokand. 
Eeit vielen Jahren wird ferner Tabak am Caſpiſchen Meer 
und von den Dretinziihen Kalmüden gebaut, In der Zeit, 
da Dallas !) Sibirien bereifte, war die Tabak⸗Cultur bes 
reit8 um Krasnojarsk am Jeniſei eingeführt und der dafelbft 
erzeugte Tabak heißt feiner grünen Farbe wegen Salentſchak. 
Jetzt bauen ferner die Koſacken⸗Poſten überall, wo es daß 
Klima erlaubt, Tabak zu eigenem Gebrauh. Die öftlichen 
Länder Sibiriend werden vorzüglih aus China mit Tabak 
verforgt, der den Namen Schar führt. Die wichtigfien 
Handelsplaͤtze für den Ruſſiſch⸗Chineſiſchen Handel finden fich 


1) Sibiriſche Reife Tb. 3. S. 8. 





278 


wie bekannt, an der Gränze am rechten Ufer der Selenga, 
zwifchen dem AltaisOola und dem Daurifchen Gebirge. Auf 
dem Ruffifchen Gebiete liegt Kiachta und auf dem Chinefifchen 
Maimaitfchin. Die aus den nördlihen Provinzen Petſcheli 
und Chanſi fommenden Ehinefifchen Handelsleute pflegen in 
ihren Wohnungen die Ruffen mit Tabak, The, Obſt und 
Gonfituren zu bewirthen, 

Das Tabakrauchen fcheint ſich auf verfchiedenen Wegen 
in die Sibirifchen Länder eingefchlihen zu haben, Nach dem 
Fühnen Eroberungszug des Hetmanns der Kofaden, Ser: 
mat Zimofeew, in ber zweiten Hälfte bes ſechszehnten 
Sahrhunderts, wurbe es nach und nad) durch die immer meiter 
gegen Oſten vorbringenden Ruffen eingeführt. Zu feiner 
Verbreitung mögen ferner beſonders die nad Sibirien Ver⸗ 
bannten und die von Peter dem Großen dahin gefendeten 
Saͤchſiſchen Bergleute Vieles beigetragen haben. Außerdem 
wurden die Bewohner Sibiriens mit diefem Gebrauh auch 
durch die Chinefifchen Graͤnzpoſten, ſowie durch die Karava⸗ 
nenzuͤge aus China und der Bucharei bekannt. Ferner iſt 
es wahrſcheinlich, daß die aus dem nordweſtlichen Amerika 
uͤber die Behrings⸗Straße eingedrungenen Tſchuktſchen den 
Gebrauch mitgebracht haben. 


279 


IX. 
Tabak in Auftralien. 


Am fpäteften ift der Tabak und feine Benutzung zu ben 
Bewohnern Auſtraliens gelangt. Zur Zeit, da Gapitän Cook 
die Sandwichs⸗, Societaͤts⸗ und Freundſchafts⸗Inſeln, Neu- 
Seeland, Neu⸗Caledonien, Neu⸗Holland und Vandiemens land 
beſuchte, war den Eingebornen der Tabak noch ganz unbe⸗ 
kannt. Erſt in neuerer Zeit, nachdem viele Entdeckungsreiſen 
in jener Inſelwelt veranſtaltet wurden, und ſeitdem Engliſche, 
Nordamerikaniſche, Hollaͤndiſche, Fran zoͤſiſche und Hanſeatiſche 
Schiffe den gewinnreichen Walfiſchfang in dem Suͤdmeer 
betreiben, und oft laͤngere Zeit an den verſchiedenen Inſeln 
verweilen, hat ſich das Rauchen und Kauen des Tabaks, und 
felbft die Cultur deöfelben auch dorthin verbreitet. Die Eins 
gebornen haben daran ebenfo großen Wohlgefallen gefunden 
wie die Bewohner aller andern Welttheile. Jetzt gibt es wohl 
faum noc eine Infel der Südfee, auf der der Tabak unbe 
kannt wäre, 

Die von Cook entdedten- Sandwichs⸗Inſelu wurden öfters 
von Englifhen Schiffen befucht, welche fih mit dem Pelz 
handel an der Nordweftlüfte Amerika's befchäftigten. Die 
Mannſchaft der Gapitäne Mears, Douglas, Diron, 


28) 


Portlod, Sore u. a. hat hier das Tabakrauchen einges 
führt, welches die Eingebornen bald nachahmten. Otto von 
Kogebue!) fagt von feinem Aufenthalte auf ben Sant» 
wich-Infeln: Die Hauptbefchäftigung der Frauen des Königs 
befteht im Zabafrauchen, im Ausfämmen des Haare, im Ver: 
jagen der Fliegen mit einem Zächer und im Eſſen. Nur bie 
Königin Tammeamea raucht nicht; fonft aber hat diefer Ge 
brauch auf den Sandwichs⸗Inſeln feit einigen Sahren fo uͤber⸗ 
band genommen, daß kleine Kinder früher rauchen als gehen 
lernen, und die Erwachſenen das Rauchen fo übertreiben, daß 
fie davon finnlos niederfallen. Tabak wird längfi auf jenen 
Snfeln gebaut. 

Der Lieutenant Charles Wilkes, der Befehlshaber der 
in den Jahren 1838 bis 1842 von den Vereinigten Staaten 
ausgerüfteten Entdefungs- Erpebition, befuchte viele Infeln 
der Südfee, und fand die Eingebornen dem Zabafrauchen 
fehr ergeben. Die Bewohner Zaitid und anderer Societaͤts⸗ 
Inſeln befchäftigten fich viel mit Rauchen und bauten bereits 
Tabak. Da das Schiff an der Infel Manua vor Anker ging, 
ward es fogleich von Eingebornen umringt, welche handeln 
wollten und laut-Bacco, oder Tabak verlangten. Sie waren 
geneigt, alles was fie befaßen, Körbe, Matten, Speere, Keu⸗ 
len u. ſ. w. gegen diefe gewünfchte Waare zu vertaufchen. 
Auf den Infeln der Samoa-Bruppe wurde Tabak, wiewohl 
in geringer Menge, gebaut, Eo ebenfalls auf den Eleinen 
Korallen-Infeln Metia und Aurora. 

Die NeusSeeländer rauchen ebenfalls Tabak. Im Jahr 
1840, da ber Engliſche Capitaͤn Hobfon mit den Haͤupt⸗ 
lingen einen Vertrag wegen Abtretung von Land abfchloß, 


1) Entdeckungsreiſe in der Sübdfee. B. 2. ©, 17. 








verfäumte er nicht unter fie Pfeifen und Tabak auszutheilen, 
um fie günftig zu flimmen, Nah Dieffenbach !) bringen 
die Neu» Seeländer jebt einen grofien Theil des Lebens mit 
Rauchen zu, und fie tragen bie Pfeife meiſt in einem Sant 
des Ohrs bei fich. 


In Neu- Süd Wales auf Neu⸗Holland ift dad Tabakrau⸗ 
chen feit der Einführung der Golonifation längft fehr verbreitet 
und viel Zabak wird um Sidney⸗Town gebaut. Selbft die 
rohen Eingebornen, fowohl Männer ald Frauen, welche mit 
den Coloniſten im Verkehr ftehen, lieben den Tabak fehr, 
und laſſen ſich willig gegen ein Stud Tabak einen oder meh⸗ 
rere ihrer fchönen Zähne ausziehen. 


Der Ruffiihe Capitaͤn Lutke 2), welcher im Jahr 1829 
die Eleine Inſel Fais, eine der Garolinifchen Inſeln (unter 
dem 11. Gr. noͤrdl. Breite und dem 144. Gr. oͤſtl. Ränge 
von Greenwich) befuchte, berichtet, daß faft alle Einwohner 
fogleich Tabak verlangten, den fie mit großen Wohlgefallen 
tauchten. Auch auf der Infel-Gruppe Mogmog, wo ein Jahr⸗ 
hundert vorher der Pater Cantooa -eine Miffion gegründet 
hatte, und im Jahr 1731 ald Märtyrer geftorben war, bes 
gehrten die Bewohner mit Ungeftim Tamakho. 


Die Einwohner Neu- Seelands bedienen fich ferner nad) 
George Bennet?) auch einiger Eubflanzen als Kaumittel. 
Die eine Subftanz, welche Mimiha genannt wird, ift bitumi- 
nöfer Art. Sie ift ſchwarz, hart und fpröde, wird aber durch 


1) Travels in New- Zealand. London 1843. Vol. 2. p. 20. 
2) Voyage autour du monde. T. 2. p. 309. 
®) The London Medical Gazette 30. June 1831. 


die Wärme des Munde volllommen weich. Die andere Subr 
flanz ft das Gummiharz einer Art Danimara, welches bie 
Eingebornen Kauri nennen. Dan verfhafft fi dasfelbe, 
indem man Einſchnitte in den Stamm des Baums mad, 
aus dem ein Saft auslauft, der an der Luft erhärtet. 


X. 


Worin ift der Heiz und dad Anziehende des 
Tabaks begründet? 


— — — — 


Der Gebrauch des Tabaks hat ſich von Amerika aus, 
in dem Zeitraum von brei Jahrhunderten, über die ganze 
Erde bis in die emtlegenften und unmwirthbarflen Zander vers 
breitet. Die Voͤlker aller Welttheile, die rohſten wie die ges 
bifdetften, fo große Berfchiebenheiten fie auch in ihrer Lebens⸗ 
weife, in ihren Sitten, Gebräuden und focialen Einrichtun⸗ 
gen darbieten, kommen darin überein, daß fie an dem Tabak 
großes Wohlgefallen gefunden haben, der ihnen zum wahren 
Lebens⸗Beduͤrfniß geworben ift. Auffallend iſt es gewiß, daß 
das verführerifhe Lurusfraut ſelbſt bei Nationen fdanellen 
Eingang gefunden hat, die wie die D6manen, Indier, Chr 
nefen und Iapaner in ihren Sitten und Gebräucen fo flabit 
und abgefchloßen find, und bie fi fo wenig geneigt zeigen, 
Gebräuche von anderen Voͤlkern anzunehmen. Ueberrafchend 
ift es ferner, daß die Anhänger aller Religionen, die Chri- 
ften, Juden, Mohamedaner, Parfen, die Berehrer ded Brahma, 
Buddha, Kongsfustfe, ded Tao und Dalaiskama dem Tabak 
eben fo eifrig zugethan find, wie die rohften Heiden und bie 
Anbeter der Fetiſche. Das Tabakrauden iſt ein wahrer Usus 


281 


calbolicus geworden. Der Gebrauch des Tabaks endlich hat 
fih in allen Etänden, Schichten und Glaffen der Geſellſchaft 
eingefchlihen. Freunde deifelben finden fidy unter den Rei⸗ 
hen und Armen, unter den Bettlern und Fürften. Gleich 
leidenfchaftlich ergeben find ihm Zaglöhner, Landbauer, Hand» 
werker, Eoldaten, Seefahrer, Kaufleute, Beamte, Geiflliche, 
Künftler, Gelehrte und Dichter. 

Goethe, der dem Tabak abhold war, ſprach einfl die 
Behauptung aus, ein wahrhaft genialer Mann werde ficherlich 
nicht Tabak rauen, und fügte die Vermuthung bei, daß Leſ⸗ 
fing wohl nicht geraucht habe. Ebert, der ehemalige Biblio- 
thefar zu Wolfenbüttel, der bei dem Gefpräch gegenwärtig ges 
wefen mar, verfäumte nicht fich über Goͤthe's Vermuthung 
Auskunft zu verfchaffen. Er wendete fich an eine alte in Wolfen- 
buͤttel lebende Frau, die mehrere Jahre lang Leffings Auf 
wärterin gewefen war, Auf die Frage, ob Leffing Zabel 
geraucht habe, antwortete fie ganz treuherzig: „Ja ſchmauchen 
und fchreiben fonnte der Herr Leffing wohl, fonft aber war 
er zu nichts zu gebrauchen.“ 

Gegen Goethe's Ausfſpruch laßen ſich aber auch unzaͤh⸗ 
lige Beiſpiele von Maͤnnern aus allen Faͤchern der Wiſſen⸗ 
ſchaften anfuͤhren, die dem Tabak ſehr ergeben waren und 
deren Genialitaͤt wohl Niemand in Zweifel ziehen duͤrfte. Von 
Dichtern, die Tabak rauchten, nenne ich Milton, Fielding, 
Addiſon, Steele, Matthew Prior, Klopſtock, Voß, 
Walter Scott und Lord Byron. Dryden, Pope, 
Swift; Schiller und C. A. Schlegel ſchnupften. Von 
großen Philoſophen, die dem Tabak zugethan waren, ſind 
anzufuͤhren der Lord Kanzler Bacon, Locke, Kant und 
Herder; von Geſchichtsforſchern Schloͤzer und Mannert; 
von berühmten Mathematikern und Aſtronomen Newton, 


Iſaak Barlow und Olbers; von ausgezeichneten Aerzien 
Zhomas Wharton, Sriedbrih Hoffman, Boerhoave, 
Haller, Hufeland, Blumenbach, Zreviranus, Stiegs 
litz, unzähliger anderer nicht zu gebenfen. Auch unter den 
großen Feldherrn befinden fich viele, welche ben Tabak lieh 
gewonnen hatten. Der tapfere Johann Sobiesky gewann 
am 12. September 1683 die Echlacht bei Wien gegen bie 
Türken mit brennender Pfeife im Munde, und fchenkte dies _ 
felbe dem Magiſtrate zum Andenken, welcher ihn bei dem 
Einzuge in die Stabt mit Jubel empfangen hatte. Napo⸗ 
leon pflegte im Bivonac Cigarren zu rauchen. 

Zu den unermuͤdlichſten Rauchern gehoͤrte ferner der Feld⸗ 
marſchall Bluͤcher und der General Oudinot, welcher letz⸗ 
tere eine der größten und beruͤhmteſten Pfeifen⸗Sammlungen 
befaß. Der Prinz Eugen von Savoyen und Friedrid 
der Große waren dem Schnupf⸗Tabak fehr zugethan. Sicher⸗ 
lih würde man auch unter den Heiligen Verehrer des Tabaks 
aufzählen können, wenn fie feit ber Einführung des Tabaks 
nicht fo felten geworben wären. 

Nicht nur das männliche Gefchlecht ift bei allen Voͤlkern 
dem Tabak ergeben, auch das zarte weibliche Geſchlecht hat 
in vielen Laͤndern an demſelben großen Wohlgefallen gefun⸗ 
den. Abgeſehen, daß die Frauen der Neger, Hottentotten, 
Kaffern, Kalmuͤken u. a. Tabak rauchen, find ihm ebenfalls 
die Frauen ber höheren Etande in den. Ländern Gentrals 
und Suͤd⸗Amerikas, in der Tuͤrkei und Eyrien, Aegypten 
und Perfien, fomie in China und Japan fehr zugethan. In 
Europa huldigen die Epanierinnen und Portugießinnen dem 
Tabake. In neuefter Zeit ift das Cigarren⸗Rauchen aber 
auch bei vielen jungen rauen in Paris Mode geworden, 
die dadurch ihre Emancipation Fund geben wollen. Zur Ehre 


4 


ber beutfehen Frauen fei es gefagt, daß biefe Mode bei ihnen 
noch feinen Eingang gefunden hat, und hoffentlid audy nie 
mals finden wird. Din und wieder nur fieht man in Holſtein, 
im Herzogthum Bremen, in der Luͤneburger Haide und in 
Weftphalen ein altes, lebensſattes Muͤtterchen am Feuerherd 
ein Pfeifchen zur Bertreibung der Langeweile fchmauchen. 
Wohl aber wendet fich das fchöne Geſchlecht vielfältig, wenn 


ed. aufgehört ‚hat, ich will nicht fagen liebenswürdig, doch 


reizend zu fein, und den Anfprüchen auf die Hulbdigungen 
der Männer entfagt hat, zur Schnupftabaks⸗Doſe, der es im 
Geheim, oder ‚über Vorurtheile fich wegſetzend, auch .Öffent- 
lich zufpricht. " 

Sehr wahr fagt Hufeland i): Der Rauchgenuß iſt 
einer der unbgreiflichfien. Etwas unkörperliches, ſchmutziges, 
beißendes, Übelriechendes, fann ein folcher Lebensgenuß, ja 
ein ſolches Lebens⸗Beduͤrfniß werden, daß es .Menfchen gibt, 
bie nicht eher munter, vergnügt und lebensfroh werben, ja, 
die nicht eher denken und arbeiten können, als bi& fie Rauch 
durh Mund und Nafe ziehen. . 

Unterfuchen wir nun, worin ber Rein und das ohige⸗ 
fallen an dem Einziehen des Rauchs eines Krauts begrün- 
det fein mag, weiches anfänglich einen fo höcft unangeneh⸗ 
men und wibrigen Eindrud auf den Sinn ded Geruch und 
Geſchmacks macht, zugleich zum‘ Huften reizt, das Athmen 
erfchwert, ‚dad Mervenſyſtem aufregt, den Kopf einnimmt, 
und meiftens Schwindel, Betäubung, Edel, Uebelkeit, ja oft 
Erbrechen und Durchfall verurfaht., Mit dem Rauchen vers 
bundene angenehme Senfationen waren es baher gewiß nicht, 


welche die Spanifchen Eroberer und die erſten Anfiebler in 


.Y) Makrobiotik, Sena 1798 &, 192. 


287 


den Ländern ber neuen Welt bewogen haben, das Tabak⸗ 
rauchen von den Indianern anzunehmen. Zunaͤchſt wurden 
fie hiezu wohl durch den dem Menfchen inwohnenden Trieb 
beilimmt, Neues, Ungewöhnliches und Seltſames nachzuahmen, 
zu verfuchen und beßen Wirkungen zu prüfen. Zugleich moch« 
ten Manche dem Gebrauche geheimnißvolle wohlthätige Wir⸗ 
fungen zufchreiben, da fie die Indianer demfelben fü ſehr 
ergeben fahen. Das Emziehen ded narkotifhen Rauchs ver⸗ 
fegte in eine gewifie Aufregung, und gewährte bald. Befchäfs 
tigung und Unterhaltung in müßigen Stunden. Co. diente 
es zum Zeitvertreib und ließ die Raucher die mandyerlei Ent⸗ 
behrungen, Beichwerden und Mühfeligkeiten: vergehen, bie 
mit dem neuen Aufenthalte verbunden waren. Viele hielten 
dad Rauchen zugleich für ein gutes Mittel die Gefundheit 
zu erhalten und fich gegen Krankheiten zu fchligen. Ce 
wurde dad Tabakrauchen jenen Europäern zur Gewohnheit 
und, ließ fie die erfien unangenehmen Wirkungen fchnell ver⸗ 
geßen. 

Die an das Rauchen gemohnten und demſelben fehr er- 
gebenen Anfiedler, welche Srancis Drafe aus Birginien 
ind Baterland zuruͤckfuͤhrte, behielten die angenommene Ges 
wohnheit bei, wodurch fie großes Auffehen machten und afls 
gemeine. Erflaunen. erregten. Es Fonnte nicht fehlen, daß 
fi bald Leute fanden, welche den feltfamen Gebrauch nad 
ahmten und in demfelben. ein Mittel fuchten, die Blide und 
die Bewunderung ber Menfhen auf fih zu ziehen. So 
wurde das Tabakrauchen zu einer Art Mode, wie ja alle 
Moden in Kleidungen, im Schnitt und in der Dreßur ber 
Kopfe und Barthaare, fowie im Gebrauch mancherlei Ges 
räthfchaften zunaͤchſt aus dem Gelüfte und dem Streben der 
Menfhen entfpringen, durch etwas Neues und Ungewöhne 


liches Auffehen zu erregen, und ſich bemerkbar zu machen 
Die fonderbare Mode fand ſchnell viele Nachahmer und ver 
breitete fi im ganzen britifhen Reiche. Junge Engländer, 
die in Leiden ihre Etudien machten, brachten die Mode nad) 
Holland. Englifhe und Holändifhe Truppen führten fie 
während des dreißigjährigen Kriegs in Deutfchland ein. Und 
fo ift das Tabakrauchen nach und nach durdy Seefahrer und 
Handeldleute in die Länder aller Welttheile verbreitet wor⸗ 
den. Die naͤchſte Urſache feiner rafchen Verbreitung ift kei⸗ 
neswegs in angenehmen Empfindungen und in einem mwah- 
ren Sinnes⸗Genuß begründet, fondern vielmehr in dem Hange 
der Menfchen, Neues, Ungewoͤhnliches und Seltfames nach⸗ 
zuahmen, was Aufiehen macht und Staunen erregt. Der 
Trieb des Nachahmens iſt es, der felbft zuweilen Affen 
verleitet, Tabak zu rauhen. So fah ich vor einigen Jah— 
ven in der Menagerie van Akens einen männlihen Pavian, 
der aus einer ihm gereichten brennenden Pfeife mit großem 
Eifer, und wie es fchien, nicht ohne Wohlgefallen rauchte. 
In dem Geluͤſte des Rachahmens und Aufſehenmachens, 
im Streben die Blicke anderer auf ſich zu lenken, iſt ohn⸗ 
ſtreitig der Hauptbeweggrund zu ſuchen, welcher junge Leute, 
angehende Studenten, Lehrlinge, Rekruten und Schiffsjungen 
zunaͤchſt antreibt das Tabakrauchen zu lernen, wodurd fie 
zugleich auch ein reiferes Ausfehen zu erlangen mwähnen, und 
was fie die mit demfelben verbundenen erften, höchft unan- 
genehmen Wirkungen überwinden laßt. Sehr wahr fagt 
Georg Forfter H: der allgemeine Gebrauch des widerlichen 
und gifligen Tabaks, den wir wegen feiner vermeinten Heil⸗ 


1) Ueber Leckereien, in den Eleinen Schriften. Th. 1. Leipzig 1789 
©, 382. 


und Verwahrungskraͤfte zuerft von den Amerikanifchen Wil» 
den entiehnten, beruht zum Theil auf der Eitelkeit unferer 
Knaben, die gern für Männer gelten möchten. 

Die Zabakgeräthfchaften felbft geben ferner ein Mittel 
ab, Gefallen zu erweden und Auffehen zu machen. Wie 
Viele ergößen ſich nicht an ſchoͤnen aus Meerſchaum geform⸗ 
ten, aus Holz gefchnittenen, oder aus Porzellan gefertigten 
mit Gemälden verzierten Pfeifenkoͤpfen; an filbernen Bes 
Ihlägen; an Pfeifenrohren, an Tabakbeuteln und Gigärren- 
Behältern der verfchiebenften Art; und freuen fich dadurch 
die Blicke auf fih zu ziehen. 

Das einmal angenommene Zabarauden wird fehr bald 
zur Gewohnheit und übt einen großen Reiz und mächtigen 
Zauber aus. Diefer ift eines Theils in der erregenden Wir- 
fung des Raus auf den Sinn des Geſchmacks und Geruch 
begründet. Der in den Mund eingezogene Rauch eined guten 
Tabaks verurſacht eine leichte, pridelnde und flechende Ems 
pfindung in der Zunge. Zugleich afficiert der Dampf das 
Geruchorgan angenehm, wenn er einen feinen aromatifchen 
Duft verbreitet, wie der Rauch des Varinas und der Ha⸗ 
vana= Gigarren, welcher dem Duft der Refeda ähnlich if. 
Anderen Theils verfegt der narkotifhe Rauch das Nerven- 
foflem in einen Zuftand von Erregung und Aufreizung, die 
einem leichten Raufch gleicht, und dem vorzüglich diefenigen 
unterworfen find, welche den Tabak noch nicht gewöhnt find, 
Wenig bemerkbar ift er bei alten gelibten Rauchern, bei denen 
er fich nur einftellt, wenn fie einen’ fehr flarfen, an Nicotin 
reichen Tabak rauchen. Manche Raucher finden auch darin 
Unterhaltung, den Dampf in Geflalt von Ringen auszubla« 
fen, und ſich an dem Zuge der Rauchwoͤlkchen zu ergößen. 


Das Tabakrauchen übt ferner noch dadurch eine große 
19 


290 


Anziehung aus, daß es Beichäftigung und linterhaltung ge 
währt, in eine gewiße Thaͤtigkeit, Spannung und in einen 
Zuftand von angenehmer Aufregung verfeßt, ohne mit eigent- 
licher Anftrengung verbunden zu fein, und Ermübung und 
Abfpannung zur Folge zu haben. Das Beftreben, fich in 
einen Zuftand von ‚angenehmer Aufregung und heiteren Stim- 
mung zu verfegen,: außert fich bei allen Voͤlkern der Erde, 
und zu biefem Zwede haben fowohl die cultivirteften mie die 
sohften Nationen mancherlei Beraufhungsmittel erfunden. 
Außer den ſehr zahlreichen und. hoͤchſt mannigfaltigen geiſti⸗ 
gen Getränken gehört dahin das bei den Aſiaten übliche 
Dpium, und der Kaufchpfeffer bei den Bewohnern der Süd» 
ſee. Zu, den aufregenden Getränken ift ferner der Kaffee 
und der Thee zu zahlen. Das Tabakrauchen hat aber vor 
allen jenen Sinned-Genüßen und. Aufregungungsmitteln das 
voraus, daß es nicht gleich diefen eine baldige Ueberreizung, 
eine Abnahme und Abftumpfung der Empfaͤnglichkeit nad 
fich zieht und Abneigung zur Folge hat, Niemand Fann 
lange Zeit berauſchende Getränfe ‚oder Opium zu ſich neh⸗ 
men, eine große Menge: Kaffee oder Thee trinken, ‚ohne ſich 
hberfättigt und unmwohl zu fühlen,. Dagegen gibt «8 Men—⸗ 
Shen, welche im Tabakrauchen ganz unermüdlich, find, das . 
ihnen zu jeder: Tageszeit, vom Morgen bis zum-Abend an 
genehm ift, und ſelbſt im höchften Alter noch ein Genußmittel 
abgibt, wenn die Neigung zu Speifen und Getränken abgenom- 
men hat. Unter. allen kuͤnſtlichen Reizmitteln endlich, welche 
der Menfch in feinem Hange zum Genuße erfunden ‚hat, wirkt 
dad Tabakrauchen am wenigften nachtheilig auf die Gefundheit, 

Im Allgemeinen find dem Tabakrauchen vorzüglich 
gemüthliche, contemplative, in ſtiller Zuruͤckgezogenheit und 
Einfamfeit lebende und geiftig. befchäftigte Menſchen zuge 


% 


291 


than, denen es in muͤßigen Stunden eine angenehme Befchäfe 
tigung, Unterhaltung und Erholung gewährt, ohne den Ge 
dankenflug zu flören oder zu unterbrechen. Arme, Sklaven 
und Zagelühner finden in ihm ein Mittel, die Entbehrungen 
and Mühfeligbeiten des Lebens zu ertragen, und große An⸗ 
firengungen und beren Folgen zu: vergeßen. Jaͤgern, Solda- 
ten und Seeleuten wirb es zum Bedärfniß, indem fie beim 
Genuß des Tabaks, gleich den Indianern Amerikas, Hunger 
und Durft, den Wechfel der Witterung und die größten Stra⸗ 
yagen ertragen, und babei im guter Stimmung ‚bleiben. Ein 
fehr günfliges Beugniß fuͤr die wohlthätigen Wirkungen des 
Tabakrauches in der Einſamkeit und beim Mangel gewohn⸗ 
ter Lebens⸗Beduͤrfniße hat neuerlich ver Amerifanifche Neis 
fende Stephens 1) wälrend feines Aufenthalts in den oͤden 
Ruinen von Palenque abgelegt. 

Die zahlreichfte und veraͤchtlichſte Claße der Tabakraucher find 
die Müßiggänger und Tagebiebe, die in ihrer geiftigen Lethar⸗ 
gie-im Rauchen ein Mittel gegen Langeweile fucken, und daher 
unter allen Rauchern die unermüdlichften und läfligften find, 

Kein Sinnes⸗Genuß wird fo fhnell zur Gewohnheit und 
it uͤber den Menfchen eine ſolche Macht aus als der Tabak. 
Bei Menfchen, die an ihn. gewöhnt find, ſtellt fi Verſtim⸗ 
mung und ein Gefühl großer Unbehaglichkeit ein, wenn fie 
den Tabak entbehren muͤßen. Es gibt Laute, die fi fo fehr 


1) Incidenis of Travel in Central America, Chiapas and Yucatan. 
London 1842. Vol. 2 p. 303. We went through our beans, eggs 
amd chocolate without any substitute for bread, and, as often 
before in time of trouble, composed ourselves with a cigar, 
Blessed be the man who invented smoking, the soother and 
composer of a troubled spirit, allayer of angry passions, a 
comfort under the loss of breakfast, and to (he roamer in de- 
solate places, the solitary wayfarer through life, serving for 
wife, children and friends. 19* 


an das Tabakrauchen gewöhnt haben, daß fie zu Feiner Bes 
fhäftigung aufgelegt find, wenn ihnen der Tabak mangelt. 
Gebricht e8 ihnen daran, fo nehmen fie gleich den Indianern 
Amerikas zu anderen Kräutern ihre Zufluht. Der Pater 
Dobrizhofer !) erzahlt von einem fpaniichen Capitän, der 
in Paraguay viele Wochen fein Reifegefährte war, daß er 
Paraguay⸗Thee ſchmauchte, wenn ihm ber Tabak ausging. 
Bei der Frage um bie Urſache und Abficht diefer Sonderbar⸗ 
keit, antwortete er: ich thue ed meiner Gewohnheit wegen. 
Sch Tann nicht leben, wenn ich nicht einen Rauch, von- was 
ee auc immer herfommen mag, unter meiner Naſe fehe. 
So geht «6 vielen Rauchern, und nur fo iſt es begreiflich, 
wie fie in Ländern, in denen die Tabal-Regie eingeführt if, 
wie in Frankreich und Stalien, wo man meiftend nur einen 
fchlechten Tabak findet, und das Rauchen felbfl zur Qual 
wird, der Gewohnheit dennoch nicht entfagen können, Im 
Ungarn hat man feit der Einführung des verhaßten Zabak- 
Monopold ein neues Surrogat angenommen, man raudt 
vielfältig Klee, den. fogenannten Steinflee (melilotus cae- 
rulea), welcher im getrodneten Zufland ein angenehmes 
Aroma verbreitet, Tabaks⸗Fabrikanten am Rhein haben auch 
angefangen, den Tabak durd den Zufak von getrodineten 
Runfelrüben-Blättern zu verfälfchen. 

Möchten uͤbrigens alle, welche die Gewohnheit des Tabak 
rauchens angenommen haben, welches Glaubens fie auch fein 
mögen, bei dem Anzlınden einer Pfeife oder Cigarre, gleich 
ben Indianern Nordamerikas mit Ehrfurcht ded Großen Gei⸗ 
ſtes, des Schöpfer und Herrn des Lebens, und feiner ewigen 
Geſetze eingeben? fein! 


2) Gefchichte der Abiponer. Wien 1783 Th. 1. ©, 143, 


XI. 
Die Tabafpflanze. 





Die Gewaͤchs⸗Gattung Tabak (Nicotiana) gehört in bie 
erſte Ordnung der fünften Klaße Linnes, und in die na 
türlihe Familie, welche er die verbächtige genannt hat. Juſ⸗ 
fieu und bie neweren Botaniker zählen fie zur Familie der 
Nachtfchatten-Pflanzen (Solaneae), in der fich mehrere ber 
flärften narkotifchen Giftgewächfe, das Bilfenkraut, der Stech⸗ 
apfel und die Bellabonna befinden. Ihre Kennzeichen find 
folgende: Die Blüthen haben einen röhrigen, glodigen, 
fünffpaltigen bleibenden Kelch; die einblätterige Blumenkrone 
ift trichterförmig, mit faltigem, fünffpaltigem Saum; die flnf 
Staubträger find dem Grunde der Blumenkrone eingefügt, 
und ihre Kölbchen liegen auf den Enden der fpigen Staub» 
faden; der Griffel ifl fadenförmig und die Narbe einfady und 
kopfförmig; die zwei bis vierfächerige Samenkapſel enthält 
viele Meine runde Samenkörner; die großen faftigen Blätter 
find ungetheilt. 

Die zahlreihen Arten, welhe Agardh D, Lehmann ?), 
Ruiz und Pavon 2), fowie Edwards) u. a, befchrieben 
und abgebildet haben, find mit wenigen Ausnahmen einjäh« 


1) Conspectus specierum Nicotianae. Hafniae. 1810. 8. 
2) Generis Nicotianarum historia. Hamb. 1818. 4. 

®) Flora Peruviana. 

*) Botanical Register. 





20% _ 

rige Pflanzen. Die zum Rauchen, Schnupfen und Kauen be« 
nutten Arten flammen alle aus den warmen und gemäßig- 
ten Laͤndern Amerikas, von wo fie in andere Welttheile ein» 
geführt worden find. Durch den Einfluß des Climas, des 
Bodens und der Cultur find viele Unter- oder Spielarten 
entflanden, welche irrthuͤmlich von Botanikern als befondere 
Arten aufgezaͤhlt wurden. Wir geben nur diejenigen Arten 
an, welche jetzt benutzt werden, mit ihren Unterarten, wie ſie 
von Zeller I) und Metz ger 2). aufgeführt worden find. 


Erſte Abtheilung. 
Tabakarten mit rothen oder röthlichen Btüthen. 
1) Virginifher Tabak. Nicotiana tabacum L. 

Die an dem Stengel fehr dicht fiehenden, herabhängen- 
den, dick anzufühlenden Blätter find laͤnglich, lanzettförmig 
und zugefpigt. Die Geitenrippen der Blätter gehen von ber 
Haupts oder Mittelrippe unter fpigen Winkeln ab. Die 
Bluͤthen bilden weit auögebreitete Rispen. Die rothen 
Blüthenröhren find. verlängert, gerade, walzenförmig, oben 
glodenförmig erweitert, und haben lange, zugeſpitzte, umge⸗ 
bogene Saumzipfel. 

Dieſe Art ſcheint urſpruͤnglich i in Virginien und Weſtindien 
einheimiſch geweſen zu ſein. Sie iſt in Holland und Deutſch⸗ 
land ſehr verbreitet, und von ihr ſtammen die Hollaͤndiſchen 
und Pfälzer Tabake, ſowie die des Elſaß, Frankens, Thuͤ—⸗ 
ringens und Pommerns ab. Es gibt viele Spielarten, die 
von einigen Botanikern als beſondere Arten angefuͤhrt worden 
find. Metzger hat folgende Unterarten befchrieben: - 


% 


1) Anleitung zum Tabaksbau. Garlsrube 1837, 
7) Landwirthfhaftliche Pflanzentunde. Heidelberg 1841. ©, [CA 


295 
Erfte Unterart. Ungeftielter Birginifher Tabak. 


Mit auffigenden, am Grunde mehr oder weniger geöhr- 
ten und am Stengel herablaufenden Blättern. 


a) Schmalblätteriger Virginifder Tabak. Bängetabat 
in ber. Pfalz. 


Die an dem Stengel Dicht beifammen ſtehenden Blaͤtter 
haͤngen von der Mitte an herab, und find ſechsmal ſo lang 
als breit. 

Dieſer Tabak wurde ehemals altgemein in der Pfalz und 
dem Elſaß gebaut, doch iſt ſein Anbau in neuerer Zeit fafl 
ganz verſchwunden. 


b) Gemeiner Birginifher Tabak. 
Die dicken Blätter find breiter. al8 bei jenem. 
Die Spielart wird jebt in der Pfalz wenig gebaut. 


c) Lanzettblätteriger Virginiſcher Tabak. Weißrippiger 
Tabak. 


Die aufrecht ſtehenden Blaͤtter haben weiße Rippen. 


d) Dickrippiger Virginiſcher Tabak, 

Der Stengel iſt kurz, die dicht beiſammen ſtehenden und 
herabhaͤngenden Blaͤtter ſind duͤnn und blaſig, und haben 
eine dicke Hauptrippe. 

Dieſe ſehr ergiebige Spielart wird ſeit einiger Zeit in der 
Rheinpfalz häufig gebaut. Den Samen erhielt der land⸗ 
wirtbfchaftliche Werein in Heidelberg aus der Moldau. 


e) Breitblätteriger Birginifher Tabak; 
- Mit breiten, länglichen, glatten, fehr fetten und hingen 
den Blättern, und dicem Stengel. 


Die im Handel vorlommenden Ameröforter, fowie bie 
fetten Virginifchen Carotten Blätter fcheinen von biefer Spiel- 
art zu kommen, 


Zweite Unterart. Geftielter Birginifher Tabak. 


Mit geftielten Blättern, deren Stiele bisweilen geflügelt 
und an der Grundfläche geöhrt find. 


a) Baumkanaſter⸗Tabak. 

Diefe Spielart, welhe Linnd als Nicotiana fruticosa 
aufführt, hat geftielte lanzettfoͤrmige und zugefpiste Blätter. 
Der Stengel wird 5 bis 7 Fuß hoch und die Blüthen-Rispe 
ift fehr ausgebreitet, 


b) Herzblätteriger Birginifher Tabak, 
Die zugefpisten geflielten Blätter find herzförmig-eirund« 
lich, überhängend, glänzend und fett. 
Hin und wieder kommt er im Handel als Oſtindiſcher 
Tabak vor. Lehmann nennt ihn Nicotiana petiolata. 


2) Sroßblätteriger Zabaf, Maryland⸗-Tabak. Nice- 
tiana macrophylla Sprengel und Wildenow. Nic. 
latissima De Candolle. 


Bahrfcheinlich gehören hieher auch mehrere als befondere 
Arten aufgeführte Tabake, namentlih Nicotiana lancifolia 
Agardh, N. chinensis Fischer, und N. gigantea Ledebour. 

Er zeichnet fich durch folgendes aus: Der Stengel ver 
zweigt ſich in der oberen Hälfte; die aufrecht oder horizontal, 
unb weit von einander ſtehenden Blätter find breit, eirund, 
abgeflumpft und dünnrippig. Die Seitenrippen gehen von 
der Mittelrippe faft unter rechten Winkeln ab, Die rothen 


207 


Bläthen fichen beifammen und find trugdoltig⸗rispig. Die 
Blumenröhre ift verlängert, gerabe, walzig, oben aufgeblafen 
oder gledig. Die Zipfel des Saums zugefpikt. 

Diefe Art fol urfprünglih in Maryland einheimiſch ge 
weſen fein, wo fie noch jeht gebaut wird. Sie wird häufig 
in Ungarn und Griechenland cultiviert, und von da iſt fie 
feit einigen Jahren in die Rheinpfalz gelangt, Metzger 
hat folgende Unter» und Spielarten aufgezählt: 


Erſte Unterart, Ungeftielter Maryland» Tabak, 


Blätter jtiellos, am Grunde geöhrt und am Stengel 
bherablaufend. 


a) Kurgblätteriger Maryland: Zabat, 

Stengel ſechs bis fieben Fuß hoch. Die weit von ein- 
ander flehenden Blätter find eirund, ein und ein halb mal 
fo lang als breit. 

Diefe Spielart wird in der Havana gebaut, von wo ber 
landwirtbfchaftlihe Werein in Heidelberg mehrmals Samen 
erhielt. Sie wird auch in Griechenland und Ungarn culti⸗ 
viert. In der Pfalz fcheint fie nicht zu gebeihen. 


b) Langblätteriger Maryland⸗Tabak. 

Stengel fuͤnf bis ſechs Fuß hoch. Blaͤtter laͤnglich eirund, 
und aufrecht ſtehend, zwei bis dreimal ſo lang als breit. 

Bon dieſer Spielart, welche zu den feinſten Tabaken ge⸗ 
hört, ſcheinen faſt alle im Handel vorkommenden Maryland», 
Portorico-, Cuba⸗ und Varinas⸗Tabake abzuflammen, welde 
fih von den Virginiſchen Tabaken durch dünne, hellgelbe 
oder hefibraune Blätter, und durch feine, in rechten Winkeln 
von der Hauptrippe abgehenden Nebenrippen leicht unter 


fcheiden Taßen. Der unter dem Namen Strups im. Handel 
vorfommende Tabak befteht aus den Boden⸗ oder Sand» 
blättern diefer Spielart. Sie wird im Elſaß ald Schaufel⸗ 
Tabak und in der Rheinpfalz als Dutten⸗Tabak gebaut. Auch 
wird ſie in der Laufitz und Wallachei cultiviert. 


c) Breitblätteriger Maryland: Tabak 

Der Stengel ſehr hoch. Die weit von einander und 
aufrecht ſtehenden Blaͤtter ſind groß, zweimal ſo lang als 
breit, dick, glatt und fettig anzufuͤhlen. Die blaßroͤthlichen 
großen Bluͤthen haben ſehr kurze Zipfel. a 

Die Spielart wird in Holland bei Amersfort, ſowie bei 
Magdeburg und Nuͤrnberg gebaut. Der Verſuch ſie in der 
Pfalz einzufuͤhren mißlang. 


d) Großblätteriger Maryland⸗-Tabakb. 
Mit ſehr großen rundlichen und etwas haͤngenden Blaͤttern. 


Zweite Unterart, Geſtielter Maryland⸗-Tabak. 
Blätter herzfoͤrmig und geftielt. 


a) Seflügeltftieliger Maryland⸗Tabak. 
Die Blattftiele haben zu beiden Seiten flügelförmige 
Anhänge. Die Heinen Blätter find eirund. 
"Die Spielart verändert ſich faft alljaͤhrlich und if für 
die Eultur nicht beachtungdwerth. 


5) Nadtflieliger Maryland: Tabal. 

‚Der Stengel dünn und hoch. Die weit von einander 
entfernten Blätter find Elein, eirund und haben einen kurzen, 
zumeilen geflügelten Stiel. Diefe Spielart wird auch unter 
dem Namen Chinefiicher, Podolifcher und Tuͤrkiſcher Tabak 


aufgeführt. Der Tandwirthfchaftliche Werein in Heidelberg 
erhielt Samen dieſes Tabaks aus Podolien und der Walla- 
hei. Bon ihm ſcheint ber feine tuͤrkiſche Tabak zu fommen. 


Zweite Abtheilung. 
Tabakarten mit weißlichen oder grünlich-gelben Blüthen. 


3) Bauern⸗-Tabak, Veilchen⸗Tabak. Nicotiana rustica, 


Der Beine Stengel verzweigt fi) vom Boben aus; bie 
Blätter find geftielt, eirund und oben ftumpf, Die Hauptrippe 
did, die Nebenrippen unterm rechten Winkel mit diefer ver 
bunden. Die Blatt-Subftanz did, blafig und glatt. Die 
Kelch-Einſchnitte ſtumpf. Die weißlichgelbe Furze Blumen« 
röhre ift faft vom Grunde aufgeblafen und am Schlunde 
eingefehnürt. Die Lappen des Saumes kurz und abgerunbet. 

Diefe Art ift urfprünglich in Brafilien und Guiana ein 
heimifch gewefen, wo fie den Namen Petum führte, Auch) 
ift fie unter dem Namen Amazonen-Tabaf bekannt, Wahr: 
ſcheinlich gelangte diefelbe als Zierpflanze zuerft in’ die Gar⸗ 
ten Ziffabon’s, und von da als Herbe de l’Ambassadeur, 
Herbe Nicotiane, Herbe de la Reine, Herbe sainte nad) 
Frankreich und alien. Zu den Zeiten Du Tertre’s wurde 
diefer Tabak ſchon auf den Antillen gebaut, Auch wurde er 
in die Länder an der Weſtkuͤſte Afrifas und nach Allen ge 
bracht. Als bloße Spielarten müßen wohl folgende von Bo⸗ 
tanikern aufgeführte Arten angefehen werben: 

Nicotiana Sellewii Linok und Otto. 
—  susveolens. Lehmann. 

— peorsica Lindley (Edwards Botanical Register. 
New Series Vol. 6. p. 1592), als Tabak von Schiraz 
befamnt. j 


Metzger führt zwei Unterarten an: 


a) Großblätteriger BeilhensTabat. 

Mit eirundlichen, am Grunde ſchwach herzförmigen, blafigen 
und glänzenden lederartigen Blättern, und Eurzer, gebrängter 
Riſpe. Der fehr verzweigte Stengel ift nur 3 bis 4 Fuß hoch. 
Die Blaͤtter verbreiten beim Rauchen einen Veilchen⸗Duft. 

In Deutfchland wird diefer Tabak bei hannoͤveriſch Min⸗ 
den, Duderflabt und bei Nürnberg gebaut. 


b) Kleinblätteriger Veilchen⸗-Tabak. 
Mit eirunden, am Grunde zugerundeten oder verſchmaͤ⸗ 
lerten, glatten Blättern, und verlängerter, lockerer Riſpe. 
Er liefert einen geringen Ertrag, aber fehr feine, wohl 
riechende Blätter, 


4) Vierklappiger Tabak. (Nicotiana quadrivalvis 
Pursh. Lehmann p. 45 Tab. IV.) 


Die geflielten Blätter find laͤnglich, eiförmig und zuge 
ſpitzt. Die trichterförmige Blumenkrone ift noch einmal fo 
long als der Kelch, und die fünf Lappen des Rands find 
abgeftumpft. Die Blüthe if im Inneren weiß und aͤußerlich 
fhmusig weiß. Die Samenfapfeln find vierflappig und 
balbEugelig. 

Diefe Art wird nah Prinz Marimilien von Wied von 
den Indianern am oberen Miffouri gebaut und geraucht, 

Außer obigen Arten, welche die befannteften find, werben 
noch einige andere angeführt, die zum Rauchen benugt wer 
den, aber noch nicht genau unterfucht worden find, Dahin 
gehören Nicotiana multivalvis, der von den Indianern am 
Columbia River gebaut wird; ferner Nicotiana nana im 


Selfengebirge; und Nicotiana repanda in Cuba, aus der 
kleine Gigarren verfertigt werden. 

Was die Cultur und die Behandlung des Tabaks an- ' 
langt, fo find die Schriften von Hermbftädt ), Beller, 
Mepger und FZleifhmann?), und vor allem bie von 
Babo und Hoffader®) zu empfehlen. Da ich hierüber 
keine Erfahrungen gemacht habe, fo befchränte ich mich da⸗ 
rauf aus bdenfelben nur einige Bemerkungen mitzutheilen, 
Die Beichaffenheit des Bodens und bie mehr ober minder 
trod'ne Sahreszeit haben einen großen Einfluß auf die Güte 
und den Werth des Tabaks. Iſt der Boden fehr humus⸗ 
reich und der Jahrgang fehr naß, fo werden bie Blätter 
groß, fett und grob geabert. Am zuträglichften für das Ges 
beihen des Tabaks ifl ein leichter, fandiger, fruchtbarer, mil⸗ 
der und warmer Lehmboden, in fonniger, und vor Falten 
Winden gefhüster Lage, Auf Cuba und in den Ländern 
der Vereinigten Staaten liefert friſch aufgebrochenes Wald⸗ 
oder Wiefenland von fandiger Belchaffenheit, welches zuvor 
gebrannt ift, einen guten, milden, aromatifchen und zum Raus 
hen vorzüglichen Tabak. Im ſchweren Thonboden, im trock⸗ 
nen Sand und im feuchten moorigen und Falten Boden ge 
deiht der Tabak nicht. Näcft dem Boden hat die Art des 
Düngers einen mächtigen Einfluß auf die Befchaffenheit des 
Tabaks. In Amerika erzielt man ben beften Tabak im un- 
gebüngten abgebrannten Rodeland, welches oft zehn bis zwoͤlf⸗ 
mal nah einander mit Tabak bepflanzt wird, Auch bei 


ı) Gründlihe Anweifung zur Gultur ber Tabakspflanzen und bie 
Fabrikation bes Rauch⸗ und Schnupf⸗Tabaks, nach agronomifchen, 
technifchen und chemifchen Grundfägen, Berlin 1822, 

2) Der Rorbameriktanifche Landwirth. Frankfurt 1848, ©, 168. 

2) Der Tabak und fein Anbau, Karlsruhe 1852, 8. 





Ameröfort und Magdeburg, fowie in der Rheinpfalz hat man 
die Erfahrung gemacht, daß der Tabak milder und wohlrie 
chender wird, wenn er mehrere Jahre nach einander auf 
einem, und bemfelben gut gebüngten Boden gebaut wird, 
Die Größe und Farbe der Blätter, fowie ihre Qualität hängen 
gar fehr vom Dünger ab. 8 ift eine hinlaͤnglich beſtaͤtigte 
Erfahrung, daß thierifcher Dünger, in dem viele ſtickſloff⸗ 
haltigen Subflanzen vorkommen, einen fehr flarfen. und 
beißenden Tabak liefert. Ein folher if fehr: reich an Nico 
iin und an kleberhaltigen Beflandtheilen, und von biefen 
legtern rührt der unangenehme Geruch des fogenannten 
Knellerns her, welcher dem beim Verbrennen ſtickſtoffhal⸗ 
tiger Subſtanzen ſich entbindenden widrigen Horngeruch aͤhn⸗ 
lich iſt. Felder dagegen, die mit vermoderten Pflanzen oder 
Pflanzenerde geduͤngt ſind, liefern einen hellgefaͤrbten, milden 
und wohlziehenden Tabak. Auf Feldern, die mit Schafe 
oder Pferdemift geduͤngt find, wächft. ein mehr dunkel gefärb- 
ter und ftürferer Tabak ald auf folchen, die mit Kuhmiſt ge 
düngt find. Auch mit zerflampften Knochen, Hufen, Klauen, 
Hornfpänen und Haaren gebüngte, Felder, erzeugen einen 
fehr, dunklen, ftarfen und Inellernden Rauchtabak. Der aus 
verweſten Pflanzen gewonnene Dünger eignet ſich vorzüglich 
zur Dervorbringung eines feinen Rauchtabaks, während die 
thieriſchen Düngerarten paßender zur Erzeugung von Schnupf 
tabak find. | 

. In ben Ländern der Wereinigten. Stanten gibt ed einen 
großen Feind der Xabakpflanzungen, der Europa bis jegt 
verſchont hat. Es ill der fogenannte Tabacco Worm, die 
Raupe eines fchönen Nachifchmetterlings, gewöhnlich Horn- 
blower genannt, welcher feine Eier auf die jungen Pflanzen 
legt und die Blätter verzehrt. 


XI. | 
Cbhemiſche Unterfachung des Tabaks. 


Unterfuchungen zur Erforfhung der wirffamen Beſtand⸗ 
theile des Tabaks wurden bereits im -verfloffenen Jahrhundert 
von Eetfch?), Büchner?) und Lemery2) angeſtellt, die 
aber bei den früheren unzulaͤnglichen Methoden der Analyfe 
organifcher Körper, wie begreiflich, Feine Auffchlüße gegeben 
haben. Darin nur flimmten fie überein, daß jene Beſtand⸗ 
theile in einem fllichtigen, riechenden und in einem Mächtigen 
dligſalzigen Princip zu fuchen feien.’ 

NWauquelin ?) unterwarf im Bahr 1808 frifhe und 
trodene Blätter der Nicotiana macrophylia -einer chemiſchen 
Analyfe und führte folgende Beftandtheile auf: 1) viel Pflan« 
zen-Eiweiß und gruͤnes Salzmehl; 2) freie Effigfäure; 
3) apfelfausen, oralfauren und phosphorfauren Kalk; 4) fal« 
peterfaured und falzfaures Kali; 5) eine rothe, im Waßer 


1) Dissertatio de Tabaco. Francofurti ad Viadrum. 1716. 4. 
2) Dissertätio respondente Frauenknecht. De genninis viribus ta- 
baci ex principiis ejus constitutivis demonstratis. Halae 1746. 4. 
®) Cours de Chymie. Paris 1756. p. 776. 
2) Annales du Museum d’histoire naturelle 1809. T. 13 et 14. Ana- 
les de Chimie T. 71: p. 139. 


° 








und Alkohel lösliche Materie, die ſich im Feuer fehr aufblähe 
und deren Natur nicht näher befannt ſei; 6) Salmiak; und 
7) ein flüchtiges, farblofes, fcharfes, im Waßer und Alkohol 
loͤsliches Princip, welches von allen befannten organifchen 
Subflanzen verfhieden zu fein fcheine In der Afche der 
verbrannten Blätter wurde Kiefelerde und etwas Eifen ge 
funden. Obgleih Vauquelin eine flüchtige Materie für 
das wirffame Princip des Tabaks hielt, ſo gelang es ihm 
body nicht deren Natur und Eigenſchaften näher zu bezeichnen. 

Hermbftädt 1), der im Waſſer digerirte, zerfchnittene, 
frifche und getrocknete Tabakblätter der Deftilation, ausſetzte, 
erhielt eine truͤbe milchige Flüßigkeit, die im Geruch und Ge- 
ſchmack dem Tabak glich. Ließ er fie langfam verbunften, 
fo verbreitete ſich Tabaks⸗Duft, und auf der Oberfläche der 
Flüßigkeit zeigten fich weiße blätterige Cryſtalle, welche bren- 
nend fcharf fehmedten, wie Tabakrauch rochen, und Ekel und 
Schwindel verurfachten. Der Wärme ausgeſetzt fchmolzen 
fie, und mwurben während des Erkaltens wieder fell, In der 
Luft verflüchtigten fie ſich ſchnell. Im Waßer und Alkohol 
waren fie loͤslich. Diefer Materie legte Hermbflädt den 
Namen Nicotianin bei. Er hielt fie für das eigenthuͤmliche 
wirffame Princip des Tabaks. 

Trommsdorff?) ſtellte jene weiße cryſtalliniſche Materie 
auf diefelbe Weife dar, fah fie jedoch nicht al& ‚denjenigen 
Beflandtheil des Tabaks an, von dem feine narkotifchen Eigen- 
fchaften abhängen. Er hielt fie vielmehr für eine campher- 


1) Bemerkungen über das Nicotianin und feine Eigenfhaften; in 
Schweigger und Meinide Neuem Journal für Chemie und Phyſik. 
1821.38. 1. ©, 442. 

2) Neues Journal der Pharmacie. Leipzig 1829. 8. 19. S. 129. Bei⸗ 
träge zur chemifchen Kenntniß des Tabaks. 


artige Materie, und fo warb fie von den Chemifern unter 
dem Namen des Zabal-Camplers aufgeführt. 

Poffelt und Reimann!) fanden in dem mildigen 
Deftillat von frifchen und getrodneten Blättern verſchiedener 
Tabakarten gleichfalls die weißliche, eryſtalliniſche, fettige 
Materie, welche Hermbſtaͤdt als Nicotianin aufgefuͤhrt hatte. 
Sie hielten dieſelbe jedoch fuͤr ein feſtes fluͤchtiges Oel, ein 
Stearopten, welches zwar wie Tabaksrauch roch, aber durch⸗ 
aus nicht ſcharf war, in offenen Gefaͤßen allmaͤlig verdun⸗ 
ſtete, im Waſſer unloͤslich, im Alkohol und Aether loͤslich 
war, und von Saͤuren nicht, wohl aber von kauſtiſchem Kali 
aufgeloͤſt wurde. Bei Thieren, in einer Gabe von zwei Gran 
gereicht, brachte es keine narkotiſche Wirkungen hervor. Da 
ſie Bleießig dem deſtillirten Waſſer zuſetzten, woraus das 
Stearopten erhalten war, bildete ſich ein Niederſchlag, der 
aus kohlenſaurem Blei beſtand. Die abfiltrirte Loͤſung zeigte 
nun einen eigenen ſcharfen Geſchmack. Bei der Unterſuchung 
dieſer Fluͤßigkeit auf Ammoniak fand man, daß dieſelbe außer 
etwas Ammoniak, noch eine fluͤchtige, ſcharf riechende und 
ſchmeckende Salzbaſis enthielt, welche ſich an der Stelle des 
Bleioxyds mit der Eſſigſaͤure verbunden hatte. Sie nannten 
dieſelbe Nicotin. 
| Zur Gewinnung diefer Salzbaſis wendeten Poffelt und 

Reimann folgendes Berfahren an: zwölf Pfund trodne 
Tabakblaͤtter wurden mit Waßer ausgekocht, welches etwas 
Schwefelfäure enthielt. Die Loͤſung wurde bei gelinder Wärme 
abgebampft und der Rüdftand mit Altohol von 90 Procent 


3) Chemiſche Unterfuchung des Tabaks und Darftellung bes eigenthüms 

lichen wirkſamen Princips biefer Pflanze, eine von der Mebizinis 

ſchen Katultät in Heidelberg im Jahr 1828 gekrönte Preisfchrift; 

"in Geigerd Magazin für Pharmacie. B. 24. ë. 138. 8. 35. ©, 657. 
20 


behandelt, melcher das fchwefelfaure Salz der neuen Bafis 
auflöfle. Nach Vermiſchung mit etwas Wafler und Abbeftil- 
liren ded Alkohole, wurde dasfelbe durch Deftillation mit 
Kalkhydrat zerfeht. Die übergegangene Flüfligkeit, welche 
. nun die neue Baſis enthielt, wurde mit Aether gefchüttelt, 
welcher fie auszog, worauf dad Waſſer in die Retorte zurlid- 
gebracht und von Neuem deflillirt wurde. Aus dem Deflillat 
wurde die Bafld abermals mit Aether ausgezogen, daſſelbe 
dann wieder zurüdgegoßen und umbeftillirt, und dies fo oft 
wiederholt, biß der Rüdftand in der Retorte allen fcharfen 
Gefhmad verloren hatte, und nur noch rein herbe ſchmeckte. 
Der Aether ließ ſtets noch etwas Nicotin im Waſſer zuruͤck, 
und dies fonnte durdy Sättigung mit einer Säure und Ab⸗ 
dampfen ald Salz noch gewonnen werden, Die Aetherlö- 
fung enthielt Nicotin, Ammoniaf und Waffer. Zur Entfer- 
nung des lehteren wurde die Zöfung mit gepulvertem Chlor⸗ 
calium gefchüttelt, davon abgegoßen und im Marienbad ab- 
deftilirt, wobei zuerft der Aether und darauf dad Ammoniak 
verflüchtigt wurde, und in der Retorte wafferfreies, rothbraun 
gefärbtes Nicotin zuruͤckblieb. In einem Bade aus Chlor 
calcium = Loͤſung fonnte ed alsdann deftilirt und farblos er- 
halten werben, mwiewohl es dabei etwas zerfegt wurde. 

Nach Poffelt und Reimann hat das Nicotin im rei⸗ 
‚nen Zuflande folgende Eigenfcaften: es ift waßerhell und 
verbreitet einen unangenehmen, fcharfen und ftechenden Ger 
uch, dem des Tabak. Rauchs ähnlich, welcher ſich bei der Er 
wärmung noch vermehrt. Sein Gefchmad ift brennend fcharf 
und lange anhaltend, Es erflarrt nicht bei 6% Kälte; im 
Waſſer ſinkt e8 unter; es reagirt alkalifch, felbft auf Gur 
cuma und Rhabarber. Im Papier madt es Fett-Flecken. 
In eine Netorte gebracht fängt es bei einer Erhigung von 


807 


140 0 an abzubunften und geht farblos über. Bei einer 
Wärme von 246 9 gerät das Nicotin ind Kochen, verharzt 
fih dabei theilweife und laßt in der Netorte eine harzige, 
nicht mehr fcharfe Maffe zurid, Das dabei Ueberdeſtillirte 
ift etwas gefärbt. In freier Luft verbunftet das Nicotin ; 
theild indem ed ſcharfe Dämpfe ausftößt, welche auf feuchtem 
Reactiond-Papier alkaliſch reagiren; theils verharzt es fich. 
Es brennt nur mit Hülfe eines Dochts, und dann mit ru- 
Bender, leuchtender Flamme. Im Wafler ift das Nicotin in 
allen Verhaͤltniſſen loͤslich. Die Löfung laͤßt ſich nicht ber 
trachtlih concentriren, indem beide zufammen “abdunften. 
Waſſer, welches nur einen Theil Nicotin auf 1000 Theile 
enthätt, fehmedt noch fcharf. In Alkohol, Aether und fetten 
Delen ift das Nicotin leicht 1öslich, weniger leicht in Ter⸗ 
pentindl. Die Aetherlöfung läßt, wenn fie mit ein wenig 
einer coneentrirten Säure verfeht wird, Nicotinfalz fallen und 
behält nur die uͤberſchuͤßige Saure aufgelöfl. Won concen« 
trieter Salpeterfäure und Schwefelfäure wird das Nicotin 
zerſtoͤrt. Mit den verbünnten Säuren vereinigt es fich zu 
Salzen, die, gleich den Salzen aller organifchen Bafen, nur 
fehr wenig Säure enthalten. Die Nicotin-Salze fchmeden 
fehr fcharf und brennend, find aber geruchles, 

Das Nicotin befikt unverkennbar die narcotifchen Eigen⸗ 
fchaften des Tabaks. Poffelt und Reimann fahen ein 
Kaninchen, dem fie nur einen Vierteld Tropfen Nicotin beis 
gebracht hatten, fchnell fterben. Hunde wurden durch einen 
halben, bis zwei Tropfen getödtet, Das Nicotin ift in allen 
Arten von Tabak enthalten, und kann fowohl aus der frifchen 
Pflanze, wie aus den trodinen Blättern dargeftellt werben, 
Bon Nicotiana tabacum erhielten fie nicht völlig Yon vom 


Gewicht der frifchen Pflanze, was etwas weniger als 34 Pros 
20* 


cent vom Gewicht der trodinen ausmacht. Nicotiana rustica 
und glutinosa fcheinen mehr Nicotin zu enthalten. 

Durh Poffelt’3 und Reimann's Unterfuhungen er- 
halten die von einander abweichenden Angaben Vauquelin's 
und Hermbſtaͤdt's Aufhellung. Vauquelin hatte offen« 
bar die flüchtige Salzbafid des Tabaks erhalten, aber das 
Stearopten uͤberſehen. Hermbftädt dagegen hatte das 
Stearopten erfannt und die Salzbafis war ihm entgangen. 
Das Nicotin, dad wirkſame Princip des Tabaks, flelt eine 
eigenthümliche fllichtige Pflanzenbafiß dar, welche in die Claße 
der ftiftoffhaltigen organifchen Verbindungen gehört. Diefe 
zeichnen fih im Allgemeinen durch heftige eigenthimliche 
Wirkungen aus, welche fie in den lebenden thierifhen Orga⸗ 
niömen hervorbringen. Obige von Poffelt und Reimann 
erkannten Eigenfchaften des Nicotins find durdy die Unterfu- 
hungen Buchner's1), Geil's), D. Henry’s und Bow 
tron Charlard’s 3), Zeife’s 9) u, a, beflätigt worden. 
| Eine elementare Analyfe des Nicotind hat zuerft Orti- 

gofa 5) unter der Leitung Liebig’s veranflaltet. Er 309 
es aus Labakblättern mit Schwefelfäure haltigem Waßer 
aus, ließ den Auszug zur Syrupsdide verbunften, und 
feßte dann dem braunen Rüdftand ein Sechötheil feines Vo⸗ 
lums ftarfer Kalilauge zu, worauf deſtillirt wurde. Das 
erhaltene Deftilat befland aus einer Zöfung von Nicotin und 
Ammoniak im Wafler, auf dem Nicotin in braunen, dlähn- 


2) Repertorium, 8. 32. ©. 879. 

2) Annalen ber Pharmacie. B. 18. ©. 665. 

2) Sur la Nicotine, principe actif du Tabac; in Journal de Pharma- 
cie. Dec. 1836, p. 689. 

*) Annalen der Chemie und Pharmacie. B. 48. ©, 212. 

®) Annalen ber Chemie und Pharmacie. B, 41. ©. 114, 


lihen Tropfen fhwamm. Dieſes wurde mit Schwefelfäure 
gefättigt, und zur Trockne verbunfte. Dem Ruͤckſtand fehte 
man woafferfreien Alkohol zu, der das Nicotinfalz auflöfte und 
das Ammonial-Salz zuruͤckließ. Die Löfung ließ man bis 
zur Syrupdide verbunften, vermengte fie dann in einer Flafche 
mit Bauflifchem Kali und fügte Aether hinzu, worin fich das 
Nicotin auflöfte. Die Behandlung der Maſſe mit Aether 
wurbe mehrmald wiederholt, fo lange ſich noch etwas darin 
löfte, und dann wurde der Aether abdeſtillirt. Bei der Des 
flilation ging zuerft reiner "Aether über, darauf folgte ein 
Gemenge von Aether mit Wafler, und zuletzt erfcien ein 
farblofes Del, welches am Ende der Deftillation gelblich 
wurde. Diefes farblofe Del war Nicotin, welches noch rüde 
fländigen Aether enthielt, den man durch Mectification mit 
Kali nicht entfernen konnte, ohne daß das Nicotin wefentlich 
verändert wurde. Das auf diefe Weife erhaltene Nicotin 
war farblos, gli ganz einem Dele, roch ſtark nach Tabak, 
und ließ fich bei einer Temperatur von 100 Grad abbeflilliren, 
wobei ein braunes, in Alkohol lösliches Harz zuruͤckblieb. 

Um bie elementare Zufammenfegung des Nicotind zu bes 
flimmen, wurde es mit Salzfäure vereinigt, die Löfung mit 
Platin-Chlorid gefällt, der Nieberfchlag wohl ausgemwafchen, 
getrodnet und analyſirt. Die Analyfe gab 21,012 Kohlen- 
ftoff, 3,140 Wafferfioff und 4,740 Stidfloff. Im waſſer⸗ 
freien Zuſtand beflehe das Nicotin aus 10 Atomen SKohlen- 
ftoff, 16 Atomen Wafferfloff und 2 Atomen Stickſtoff. Es 
gehöre alfo zu den fauerflofffreien Bafen, oder zu berfelben 
Claße von flüchtigen Salzbafen wie das Anilin, Chinolin u. a. 
Obige Analyfe des Nicotins ift von Barral!) beflätigt 
worden. 


1) Journal für praktiſche Chemie. B. 26, ©. 46, 


310 


Melfens!) hat das Nicotin auch im Rauch des Tabaks 
nachgemwiefen, indem er 41, Kilogramm Virginiſchen Tabak 
verbrannte und den Rauch durch eine Flafche leitete, die ſaures 
Waſſer enthielt. Die gefammelten Probufte behandelte er 
mit Schwefelfäure, concentrirte die Löfung, ſetzte dann Kali⸗ 
hydrat hinzu, ließ Ammoniak davon abdunften und löfte die 
abgefchiedene, Ölähnliche, braune Baſis in Aether auf. Hier- 
auf reinigte er fie durch Rectification über Kalihybrat, durch 
Behandlung mit Kalium und dur eine neue Deftillation. 
Auf folche Weife erhielt ee von obiger Quantität Tabak 30 
Grammen Nicotin. Diefe fand er zufammengefebt aus 74,3 
Kohlenftoff, 8,8 Wafferfioff und 17,3 Stidfloff, wornad er 
im Nicotin 10 Aequivalent Kohlenfloff, 7 Aequivalent Waf 
ferftoff und 1 Aequivalent Stidfloff annimmt, mithin 1 Aequi- 
valent Waſſerſtoff weniger ald nah Drtigofa’s und Bar 
ral's Analyfen im Nicotin enthalten fein follen. 

Aus obigen Unterfuchungen erhellet, daß der Tabak eine 
eigenthümliche, flüchtige, ſtickſtoffhaltige und fauerftofffreie orga- 
nifche Salzbafis, das Nicotin, enthält. Die einfachfte und 
befte Verfahrungs⸗Weiſe feiner Darſtellung ifl, daß man 
Tabakdampf in mit Schwefelfäure ausgefäuertes Waſſer 
leitet, das gebildete fchmwefelfaure Nicotin mit einem ftarfen 
Alkali zerfeßt und das freigewordene Nicotin abbeftillirt. Das 
reine Nicotin zeigt folgende Eigenfchaften: Es ift eine durch⸗ 
fihtige, farblofe, Slartige, fluͤßige Subſtanz, die mit der Zeit 
eine gelblihe Farbe annimmt, und durch Abforption von 
Sauerftoff braun und didflüßig wird. Der Geruch ift ſcharf, 
tabalartig, der Geſchmack beißend und brennend, Es ver 
flüchtigt fich bei 250 Grad Wärme und hinterläßt einen Foh- 


I) Annales de Chimie et de Physique, Troisieme Serie T. 9. p. 465. 


311 


ligen Ruͤckſtand. Die hierbei fich verbreitenden Dämpfe ha⸗ 
ben einen fehr flarfen Tabak⸗Geruch. An einer Kerze ver 
brennt ed mit rußender Flamme, Es bläut geröthetes Lad 
mus-Papier fehr ſtark, Iäft fich im Waffer, Alfohol und Aether, 
fowie in fetten Delen leicht auf und unterfcheibet fich eben 
durch feine gleihmaßige Tösbarkeit in Waffer und Aether von 
den meiften Pflanzenalkaloiden. 

Wichtig war es ferner zu unterfuchen, ob bie verſchiede— 
nen Arten und Sorten von Tabak eine verſchiedene Menge 
Nicotins enthalten, und ob die am meiſten geſchaͤtzten Tabake 
die reichſten an Nicotin ſind. Mit ſolchen Unterſuchungen 
haben ſich O. Henri und Boutron!) befchäftigt, welche 
die. getrockneten Blätter Amerilanifcher Tabake mit denen in 
Sranfreich gewachfenen verglihen haben, Tauſend Gramme 
folgender Tabak⸗Sorten enthielten an Nicotin: 


Maryland Tabak 5,28 Gramme 
Tabak aus dem Departement Lot 6,48 — 
— aus dem Departement Lot und Garonne 8,20 — 
— von Cuba 8,664 — 
— aus Virginien | 10,00 — 
— aus bem Departement Ile und Bilain 11,20 — 
— aus dem Departement du Nord 11,238 — 


Andere Ergebnifie erhielt Schlöffing ?), der feine Unter- 
fuhungen in ber großen Tabak⸗Fabrik zu . Paris anftellte, 
und dabei folgende Methode ald die befte zur Darſtellung 
bes Nicotins anwendete. Man bereitet aus Tabak ein Waſ⸗ 
ferertract, "zieht dieſes mit Alkohol aus und deſtillirt letzteren 
von der Löfung wieder ab, bis ein dünnes Ertract zuruͤckge⸗ 


\ 


).0.D. 
2) Annales de Chimie et de Physique troisiöme Serie T. 20. p. 345. 





312 


blieben iſt. Diefes Eriract wird mit Kalihydrat vermifcht 
und darauf mit Aether gefchüttelt, welcher das Nicotin und 
einige andere Stoffe aufnimmt. Aus dieſer Loͤſung wird 
dad Nicotin durch ypulverifirte Oralfäure gefällt und das 
oralfaure Salz durch Schütteln mit Aether gemafchen, worauf 
man «ed mit SKalihydrat zerfegt und das Nicotin aus der 
Maffe mit Aether auszieht. Die Aetherlöfung läßt dann beim 
Deſtilliren gefärbtes, dur Wafler, Aether und Ammoniaf 
verunreinigted Nicotin zurüd. Man fegt es nun in einem 
paßenden Deftillationd- Apparate bei 4 1409 einem Strom 
von trodnem Waſſerſtoffgas aus, welches hineingeleitet wird, 
und nah 12 Stunden hat ed bie fremden Stoffe daraus 
weggeführt, worauf man die Temperatur auf + 180° erhöht, 
wo dann das Nicotin rein und farblos überbeftillirt. Zwei 
Pfund guten im Departement Lot gewachfenen Tabaks geben 
50 bis 60 Srammen reinen Nicotins. Schlöffing fand 
ferner diefelbe Zufammenfegung des Nicotins wie fie Mels 
ſens angegeben hat, naͤmlich 10 Aequivalent Kohlenfloff, 
7 Xequivalent Waflerftoff und 1 Aequivalent Stickſtoff. Die- 
ſes Ergebniß wurde durch Baerosky'61) und Bödeler’s2) 
- Unterfuchungen beflätigt. 

Nah Schlöffing enthielten hundert Theile entrippter 
Blätter von Tabak folgende Procente Nicoting: 


Havanna Tabak weniger ald 2 Procent. 
Maryland Tabak 2,2930 — 
Am Elſaß gewachfener Tabak 3,21 — 
Tabak aus dem Departement Bas du Galais 4,94 — 
Kentudy Tabaf 6,09 — 


1) Annales de Chimie et de Physique. Troisieme Serie T. 25. p. 332, 
2) Annalen ber Shemie und Pharmacie. B. 73. ©. 372, 


313 


Tabak aus dem Departement Ile und Bilaine 6,29 Procent. 


Zabaf aus dem Departement bu Nord 6,585 — 
Virginien Tabak 687 — 
Tabak aus dem Departement Lot und Garonne 7,34 — 
Tabak aus dem Departement Lot 716 — 


Abgefehen, daß die Menge des Nicotind in obigen Unter: 
fuhungen zu groß angegeben ift, kann ale gewiß angenom= 
men werden, daß die Qualität des Tabaks nicht ausfchließlich 
von der darin enthaltenen Menge des Nicotins abhängig 
if. Es verhält fi) damit wie mit dem Gehalte der Weine 
an Alkohol; die beften und lieblichſten Weine find nicht im⸗ 
mer die, welche am meiften Alkohol enthalten. Welchen 
Antheil die in geringer Menge bei der Deftillation von Ta⸗ 
baf- Blättern im Waffer fich abfcheidende Subſtanz, der 
Zabaf- Campher oder das Nicotianin, an der Qualität des 
Tabaks hat, ift nicht erforfcht. 

Nah Poffelt’s und Reimann's Unterfuhungen hat 
der Boden, auf welhem ber Tabak gewachſen iſt, einen 
großen Einfluß auf den Gehalt an Nicotin. Auf fetten 
Boden gebauter Tabak enthält mehr Nicotin als folcher, der 
auf magerm Boden gebaut if. Bekannt ift es ferner, daß 
der befle Tabak von Cuba und Neugranada auf nicht ger 
büngtem Boden erzeugt wird, Die Stärke des Tabaks 
hängt unleugbar von dem Gehalte an Nicotin ab. Die für 
den Geruch und Geſchmack angenehmften und mildeſten Ta⸗ 
baf =» Sorten find aber die, welche wenig Nicotin ent» 
halten, Ob aber die guten und feinen Amerilanifchen Ta⸗ 
bake eine größere Menge Tabak» Campher, Stearopten oder 
Nicotianin enthalten, wie ed wahrfcheinlich if, muß durch 
weitere forgfame chemifhe Analyfen ermittelt werben. 

Mas endlich die übrigen Beltandtheile des Tabaks an« 





314 


langt, fo ergeben ſich diefelben aus den von Poffelt und 
Reimann angeflellten Analyfen der frifhen Blätter von 
Nicotiana tabacum. Behntaufend Gran Blätter enthielten: 
1) Nicotin, obngefähr 6 Gran 
2) Zabafs Sampher oder Nicotianin Hihftien I — 
3) ſchwach bitteren Extractivſtoff mit etwas Ni⸗ 


cotin und einigen Salzen 287 — 
4) Gummi mit apfelfaurem Kalf und einigen 
Salzen 114 — 
5) grünes Harz 26,7 — 
6) vegetabilifcher Eimeißfloff mit Spuren von 
Kalkſalzen 26 — 
7) Kleberaͤhnliche Subſtanz mit etwas Staͤrk⸗ 
mehl, Wachs und Kalkſalzen 1048 — 
8) Apfelſaͤure, etwas extractivſtoffhaltig 51 — 
9) apfelſaures Ammoniak 1! — 
10) ſchwefelſaures Kali 48 — 
11) Chlor⸗Kalium 6,3 — 
12) Kali, welches an Aepfelſaͤure und Salpe⸗ 
terſaͤure gebunden iſt 95 — 
13) phosphorſauren Kalk 16,6 — 
14) apfelſaurer Kalk 24,2 — 
15) Kieſelerde 883 — 
16) Pflanzenfafer mit wlwas phoopherſaurem Kalk 496,0 — 
17) Waſſer 8828 — 


18) Spuren von Eiſenoxyd 

Nach Schloͤſſing iſt das Nicotin in Form eines Salzes 
in den Tabakblaͤttern enthalten, denn ihre waͤſſerigen Auszüge 
reagiren fauer und reiner Aether entzieht ihnen nur fehr 
wenig von ber Baſis. Auh Vauquelin hatte gefunden, 
daß der Saft grüner Tabakblaͤtter fauer reagirt, und hielt 


315 


die Säure für Aepfelſaͤure. Barral!) will darin eine neue 
Säure entdedt haben, die er Zabakfaure nennt. Wird Tas 
baf mit Waſſer zerfloßen, ber Saft ausgepreßt, und bis zur 
Spyrupsdide verdunftet, fo kryſtalliſire allmählig die Säure 
heraus, Sie gebe mit Kali und Ammonium-Oryd kryſtal⸗ 
Iifirende und mit Blei und Silber Orxyd unlösliche Salze. 
Zeife entvedte bei feinen Unterfuhungen über die Stoffe, 
welche ſich bei der Abdeftilation des Tabaks entwickeln, auch 
Butterfüure. Nah Will und Frefenius?) betrug ber 
Afchen- Rüdftand bei zehn Ungarifhen Tabaf-Eorten zwi- 
fchen i9 und 27 Procent. 


1) L’Institut Nr. 625. p. 254. 
2) Analyfe der Tabaks-⸗Aſche; in Woͤhlers und Liebig’d Annalen ber 
Chemie und Pharmacie. 8, 50. ©. 363. 





316 


XII. 


Verfuche an Thieren über die Wirkungen des 
Tabaks. 


Um die Wirkungen des Tabaks zu erforſchen, ſind viel⸗ 
fältig Verſuche an Thieren angeſtellt worden. Conrad 
Gesner) beobachtete zuerſt, daß ſich Hunde erbrachen, 
denen er eine kleine Menge zerriebener trockner Tabakblaͤtter 
beigebracht hatte. Redi?) ſah Huͤhner, denen er einen mit 
empyreumatiſchem Tabakoͤl getränften Faden durch die Haut 
gezogen hatte, nach einigen Minuten flerben. Eine Viper, 
der Tabakoͤl in eine Wunde eingeführt war, befam Convul- 
fionen und ftarb nad, fieben Minuten. So ebenfalls eine 
andere Viper, der einige Tropfen des Deld in die Munb- 
höhle gebracht waren. Auch Aale wurden auf folche Weife 
getöbtet. Werfuche mit Tabakoͤl hat ferner I. J. Harder?) 
angeftellt. Ein Storch, dem ein mit diefem Del befeuchteter 
Faden durch die Muskeln eines Flügeld gezogen war, befam 

1) Epistolae medicinales p. 79. 
2) Experimenta circa res diversas naturales speciatim illas, quae 
ex Jndiis adferuntur. Amstelodami 1675. 12. Observationes de 

Viperis. 


2) Aplarium observationibus medicis centum ac physicis experi- 
mentis plurimis refertum. Basileae 1687. n. p. i. 


817 


Zittern, fiel nieder und erbrach eine gelbliche Flüßigkeit. 
Nach einer halben Viertelftunde brachte man ihm gegen einen 
Skrupel des Oels in die Rachenhoͤhle ein, worauf er Con⸗ 
vulfionen befam. Der Kopf und bie Füße waren ruͤckwaͤrts 
gezogen, und das Thier ftarb fehnell, Bei der Section fand 
man bie Höhle des Herzens mit dünnflüßigem ſchwarzen 
Blute gefüllt. Unter denfelben Erfcheinungen flarb ein junger 
Storch, der einen halben Skrupel des Dels erhalten hatte. 
Fröfche, denen einige Tropfen des Deld in die Haut de 
Ruͤckens eingerieben waren, wurden ebenfalld von Zittern 
und heftigen Gonvulfionen befallen, Sole traten auch bei 
Schlangen nah Kinreibung des Bald ein. ine Eidedjfe, 
der etwas Del in eine Wunde gebracht worden war, ftarb 
gleichfalls unter Sonvulfionen. Harder goß ferner einem 
großen Hunde gegen einen Skrupel Tabakoͤl in den Mund, 
worauf viel Speichel abfloß. Das Thier heulte, das Athmen 
war fehr befchleunigt, und es ſtellten fich heftiges Erbrechen 
und Etuhlaudleerungen ein. Dann fiel ed ermattet zu Bo⸗ 
den. Abends zog man einen mit Zabaf« Del befeuchteten 
Faden durch die Muskeln eines Schenkels, worauf Speichel⸗ 
fluß, Erbrechen und Convulfionen eintraten. Am andern 
Morgen brachte Harder in die aufgefchligte Bene eines Vor⸗ 
berfußes eine mit Tabakoͤl getränkte Wieke ein. Es fiellte 
fich lebhafte Herzklopfen ein und das Thier ftarb plöglich 
unter heftigen Gonvulfionen. 

Zanzoni!) fah Hunde ſchnell fterben, denen er Tabakoͤl 
in eine Bene gefprigt hatte. Courten 2) fprigte eine Unze 
einer gefättigten Tabak⸗Abkochung in die Schenkel⸗Vene von 


!) Miscellan. Academiae Naturae Curiosorum Decuria 3 Annus 9. 10. 
Obs. 21. p. 36. 
2) Philosophical Transactions Year 1712. Kr. 335. 





818 


Hunden, worauf fich fogleih Gonvulfionen einflellten und 
der Tod fehr bald eintrat. 

Grew!) und Xemery?) haben ebenfalls beobadytet, daß 
Thiere, denen fie Tabakoͤl durch den Mund beigebracht hatten, 
von Gonvulfionen befallen wurden und farben. 

Albinus?) und Fontona?) fiellten einige Verſuche 
über die Wirkung des Tabakoͤls an, welches fie Tchieren in 
Wunden einführten. Jener 309 einer Henne und Taube 
einen mit bdiefem Del befeuchteten Haben durch die Haut, 
worauf zwar Convulfionen eintraten, die Thiere aber am 
Leben blieben. Auch ein großer Hund ſtarb nicht, dem er 
ſolches Oel in eine Weide des Schenkels getraͤufelt hatte, 
doch erbrach er fich heftig. Fontana ſah nach der Ein⸗ 
fuͤhrung des Oels in Wunden ſtets Erbrechen eintreten, die 
Thiere ſtarben aber nicht. 

Carminati) brachte Froͤſche in Recipienten, die mit 
Tabak-Rauch gefuͤllt waren, worauf fie beſchwerlich athmeten, 
erſtarrten und in einer Biertel- Stunde todt waren. Ein 
Sperling zeigte diefelben Exfcheinungen. 

In neuerer Zeit hat ſich Brodie®) zuerfi wieber mit 
Verfuchen über die Wirkung des Tabaks auf lebende Thiere 
befchäftigt. Hunde und Katzen, denen er eine bis vier Unzen 
eines flarfen Zabal-Aufgußes in den Maſtdarm geiprikt-hatte, 


1) Museum Societatis scientiarum Londinensis. p. 352. 

2) Cours de Chimie. 

2) Diss. de Tabaco. Francofurti ad Viadr. 1695. p. 11. 

4) Abhandlung über das Viperngift und einige andere Gifte, Berlin 
1787. 4. ©, 339, 

%) De animalium ex mephitibus interitu. p. 167. 

%) Experiments and Observations on the different modes, in which 
Death is produced by certain vegetable Poisons; in Philosophical 
Transactions. Vol. 101. p. 182. 


819 


wurden ber Empfindlichkeit und Beweglichkeit beraubt und 
ftarben binnen zehn Minuten, Zuweilen traten vor dem 
Tode Eonvulfionen ein. Eine Minute vor dem Eintritte des 
Todes waren die Schläge des Herzens nicht mehr zu fühlen. 
Ein Thier nur erbrach fih, Bei dem Eröffnen der Leich⸗ 
name zeigte ſich das Herz fehr ausgedehnt, und es contra= 
bierte ficy nicht mehr. Nur bei einem Thiere follen die Be⸗ 
wegungen des Herzens nach einer mechanifchen Reizung wie- 
der begonnen haben, und der Blutumlauf konnte beim Ein» 
blofen von Luft in die Lungen eine halbe Stunde unter- 
halten werden, Einem großen Hunde wurden act Unzen 
einer Tabak⸗Abkochung ald Cinftier beigebracht, welches aus 
einer Unze Zabakblättern und neun Unzen Waſſer bereitet 
worden war. Das Thier gab die Flüßigkeit nach drei Mi— 
nuten wieder von ſich. Es ftellte ſich nur Erbrechen ein, 
und der Hund war am folgenden Zag wieder munter. Es 
kann nicht bezweifelt werben, daß die Erhaltung des Lebens 
eine Folge ber fchnellen Ausleerung ded Clyſtiers war, 

Brodie befeuchtete die Zunge einer jungen Katze mit 
einem Tropfen Tabakoͤl, welches durch die trodnne Deftillation 
von Zabal-Blättern bereitet worden war, Gleich darauf ftelle 
ten fich heftige Sonvulfionen ein, und das Athmen war bes 
fhleunigt. Nach fünf Minuten war das Thier der Empfind- 
lichkeit beraubt, es legte fih auf die Seite und befam leichte 
Sonvulfionen. Nah Verfluß einer Biertelflunde war es wie 
ber hergeſtellt. Da man den Verſuch wiederholte, trat der 
Tod unter Sonvulfionen nach zwei Minuten ein. Bei der 
Deffnung der Bruft 309 fi das Herz noch zufammen. Das 
Blut zeigte eine dunfele Farbung. An der Zunge und dem 
Hirn war nichts ungewöhnliches zu bemerken. 

Da Brodie einen Tropfen Tabakoͤl mit anderthalb Un- 


zen Waſſer in den Maſtdarm eines Hundes eingeführt hatte, 
erfolgten nad zwei Minuten Beflrebungen zum Erbredyen, 
flnf und zwanzig Minuten darauf war er aber wieber munter, 
Bei einer nochmaligen Einfprigsung traten Gonvulfionen ein, 
und nach zwei und einer halben Minute war das Zhier tobt, 

Mehrere Verſuche über die Wirkungen des Tabaks auf 
Thiere hat ferner DOrfila!) angeſtellt. 


Erfier Verſuch. 

Einem Eräftigen Hunde von mittlerer Größe brachte er 
Morgens um 8 Uhr fünf und eine halbe Drachme zerrie- 
bener Zabakblätter bei, und unterband darauf die Speife 
röhre. Einige Minuten nachher traten Beftrebungen zum 
Erbrechen ein, und es zeigte ſich ein auffallendes Zittern ber 
hinteren Gliedmaßen, Die Verrihtungen der Sinne fchienen 
nicht gefiört zu fein. Das Athmen war etwas befchleunigt. 
Nach acht Stunden vermochte fich das Thier nicht mehr auf 
den Küßen zu halten und fiel auf eine Seite nieder. Zu⸗ 
weilen machte e8 den vergeblichen Verſuch wieder aufzuftehen. 
Sein Kopf zitterte beftändig, die Glieder waren fchlaff, und 
die Sinne fhienen für äußere Eindrüde wenig empfänglid 
zu fein. Das Athmen war fehnell, tief und beſchwerlich. Das 
Herz Elopfte häufig und ſtark. Um 5 Uhr ftarb das Thier. 

Bei der am folgenden Tag vorgenommenen Section zeigten 
fih die ungen blaufchwarz, ihe Gewebe ſchien dichter zu 
fein und fie ſanken im Wafler unter. Das Herz enthielt 
einige Stuͤcke geronnenen ſchwarzen Blutes, Der Magen, 
der noch viel Tabak enthielt, hatte auf feiner inneren Fläche 
röthlihe Punkte. 


1) Allgemeine Zoricologie oder Gtfitunde, Berlin 1818, B. 3. S. 278. 





821 


Ein abermaliger Verſuch der Art kieferte ein gleiches Er⸗ 
gebniß. 


Zweiter Verſuch. 


Einem Hunde von mittlerer Größe wurde ein Einfchnitt 
an der inneren Seite eines Schenkel gemacht. In bie 
Bunde brachte man zwei Dracdhmen mit Waſſer befeuchtete 
zerriebene Tabakblaͤtter. Nah zehn Minuten ftellten ſich 
Anftrengungen zum Erbrechen ein, das Thier fchien von 
Schwindel befallen zu fein, und bie hinteren Gliedmaßen 
zitterten, Nach 30 Minuten war der Gang ſchwankend und 
der ganze Körper wurde von Zittern ergriffen. Bald darauf 
fiel daß Thier auf den Bauch nieder, und es bemuͤhte ſich 
vergebens wieder auf die Fuͤße zu kommen. Das Zittern 
dauerte fort. Nach einigen Augenblicken legte es ſich auf eine 
Seite und blieb im erſchlafften Zuſtande liegen, Nah Ver⸗ 
fluß von 35 Minuten traten heftige Convulfionen ein, Die 
Sinne ſchienen noch für äußere Eindruͤcke empfänglic zu fein. 
Das Athmen war nicht gehindert. Zwanzig Minuten darauf 
erfolgte der Tod, | | 


Dritter Berfud. 

Orfila führte einem Hunde in die Wunde eines Schen- 
kels 16 Gran zerriebenen Tabaks mit 2 Drachmen Waflers 
ein. Nah 10 Minuten erbrach fih das Thier zweimal, Es 
wurde von Schwindel und Zittern. der hinteren Gliedmaßen 
befallen, und flarb einige Stunden darauf. Bei ber Sec» 
tion erfchienen die Zungen dunfelroth, fie hatten hie und 
da blaue Fleden, und ihr Gewebe war dichter ald gewöhnlich. 
Das Glied, an dem man die Wunde gemacht hatte, war ent⸗ 


zundet, 
21 








* 


Vierter Verſuch. 


Man ließ eine Unze trockner Tabakblaͤtter mit 6 Unzen 
Waſſer eine Stunde lang kochen. Die abfiltrirte Fluͤßigkeit 
wurde bis zu 3 Unzen abgedampft. Dieſe wurden durch ein 
Rohr in den Magen eines ſtarken, mittelmaͤßig großen Hundes 
eingefuͤhrt, und darauf wurde um die Speiſeroͤhre ein Band 
gelegt. Nach 3 Minuten zeigte das Thier Beſtrebungen zum 
Erbrechen, die ſich mehrmals wiederholten. Hierauf traten 
Zittern und Convulſionen ein, und 3 Stunden nach dem 
Beibringen der Fluͤſſigkeit erfolgte der Tod. Bei. der Eec- 
tion fand man den Magen, leicht entzuͤndet. Die Lungen 
waren mit vielen blauen Flecken bedeckt, und ihr Gewebe 
war dicht und mit Blut uͤberfuͤllt. 

Orfila hat endlich noch folgende von Macartney ge 
machte Verfuche mitgetheilt. 


Erſter Verfud. 

Einem Kaninchen, dem der obere Theil des Schaͤdels 
weggenommen und die Hirnhäute eingefchnitten waren, wur⸗ 
den auf das entblößte Hirn einige Tropfen empyreumatifchen 
Tabak⸗Oels gebracht, worauf binnen einer halben Stunde 
keine befondere Erfcheinungen eintraten, Da man die Zunge 
mit zwei Tropfen bed Oels befeuchtete, flarb das Thier 
fhnet. 


Zweiter Berfud. 

Den bioßgelegten Hüftnerven eines Kaninchen befeuchtete 
Macartney wiederholt mit Tabakoͤl, ohne daß ſich Zufaͤlle 
von Vergiftung einftellten. Bei einem anderen Verſuch durch⸗ 
durchſchnitt er einen ifolirten Hüftnerven und tauchte bie 
beiden Enden in ein Gefäß mit folhem Del. Auch jet 


traten während einer Stunde Beine Vergiftungserſcheinungen 
ein. Tabakoͤl auf die Zunge gabracht töbtete dad Thier 
ſchnell. 


Dritter Verſuch. 

In eine Wunde, die an der inneren Seite des Schenkels 
eines kleinen Hundes gemacht war, wurde eine Drachme 
waͤſſeriges Tabak⸗Extraet gebracht. 6 Minuten darauf heulte 
das Thier, es erbrach ſich, und das Erbrechen wiederholte 
ſich mehrmals. Das Herz klopfte eben ſo ſchnell wie vor 
dem Verſuch. Erſt am folgenden Tag ſtellte ſich heftiges 
Zittern der Muskeln ein und das Thier ſtarb. Der Verſuch 
an einem anderen Hunde wiederholt, lieferte ein gleiches Er⸗ 
gebniß,. | oo 
Aus obigen Verſuchen erhellet, daß der Tabak in allen 
Formen, ald Pulver, Aufguß und. Ablohung, und ebenfo 
dad empyreumatifche Tabakoͤl, in die Munbhöhle, den Magen 
oder Maſtdarm eingeführt, in Wunden gebracht, in das Blut⸗ 
gefaͤßſyſtem gefprüßt, bei warm- und kaltbluͤtigen Wirbelthie- 
ren, Säugethieren, Voͤgeln und Amphibien den Tod .vezurfackt. 
Der Zeitraum, in dem der Tod eintritt, ift jedoch nach ber 
Größe und Stärke der Thiere, fowie nach der Menge und 
Form bed angewendeten Tabaks verfhieden. Werden gepuͤl⸗ 
verte Zabakblätter, ein Aufguß oder eine Abkochung berfelben 
in den Magen gebracht, fo fließt der Speichel reichlich, es 
ftellen fich heftige Erbrechen und häufige Darmausleerungen 
ein. Die Athem- Bewegungen find fehr befchleunigt, ungleich 
und erſchwert. Das Herz pulſirt ſchneller und heftiger, die 
Glieder ‚zittern, die Thiere fallen zu Boden und bekommen 
heftige Gonvulfionen, unter denen der Tod eintritt, Diefelben 


Erfcheinungen werden bei der Einbringung des Tabaks in 
21* 


524 


Wunden beobachtet. Schneller und heftiger erfolgen die Wir 
ungen bei der Anwendung bed empyreumatiſchen Tabakoͤls. 
Bei manchen Thieren ftellte ſich ſchon der Zod ein bei bloßer 
Befeuchtung der Zunge mit diefem Del. Am ſchnellſten wer- 
den die Wirkungen wahrgenommen, wenn ein Aufguß, eine 
Abkochung des Tabaks, oder das empyreumatifche Del in das 
Blutgefaͤßfyſtem eingefprügt werden. In denen gleich nad 
dem Tode unterfuchten Thieren fahen Harder, Brodie 
und Orfila dad Herz mit ſchwarzrothem Blute gefüllt. 
Lesterer fand ferner, daß bie Zungen der Hunde bunlelroth 
und mit blaufchwarzen Flecken bebedt waren. Zugleich zeigte 
fih das Gewebe der Zungen fefler und fie ſanken im Waſſer 
zu Boden. Der Magen von Hunden, denen gepulvcrter 
Tabak beigebracht worden war, erfchien im Inneren geröthet 
und leicht entzündet. 

Seitdem Poffelt und Reimann in dem Tobak eine 
eigenthuͤmliche, fluͤchtige, ſtickſtoffhaltige und ſauerſtofffreie 
organiſche Salzbaſis, das Nicotin entdeckt haben, kann als 
erwieſen angeſehen werden, daß dies das wirkſame Princip 
iſt, von dem die giftigen Wirkungen des Tabaks abhaͤngen. 
Sie fanden bei ihren Verſuchen bereits, daß ein halber bis 
zwei Tropfen Nicotin einen Hund ſchnell toͤdten. Auch Henry 
und Boutron nahmen wahr, daß die Wirkung des Nicotins 
auf Thiere ſo ſchnell und maͤchtig iſt, daß man dieſen Stoff 
als eins der ſtaͤrkſten Pflanzen⸗Gifte anſehen muß. Bei 
Hunden und Voͤgeln angewendet, verurſachte es ſtets den 
Tod ſehr ſchnell. Eine kraͤftige Taube, der ein Tropfen 
Nicotin in den Schnabel gebracht war, ſtarb blitzſchnell. 
Kleine Voͤgel ſtarben ſchon, wenn man ihnen eine mit 
Nicotin impraͤgnierte Roͤhre nahe brachte. Vier oder fuͤnf 
Tropfen toͤdteten ſtarke Hunde immer ſicher. 


329 


Der im Jahr 1850 bei den Belgifhen Gerichten verhan⸗ 
delte, bekannte Vergiftungs⸗Proceß Bocarme’s, ber fo 
großes Auffehen erregte, hat die Weranlaffung zu vielen 
Berfuchen gegeben, welche mit dem Nicotin an lebenden 
Thieren angeflellt worden find. Der ausgezeichnete Chemi⸗ 
fr 3. &. Stas in Brüßel war in jenem Proceß mit ben 
legalen chemifchen Unterfuchungen beauftragt, und war fo 
glüdfich das Nicotin in dem Leichnam des vergifteten Fou⸗ 
gnie’s nachzuweiſen. Das dabei beobachtete Verfahren hat 
er ausführlich befchrieben I. Zugleich hat er nicht verab« 
faumt, einige Verſuche an Hunden anzuftellen, um die Wir 
tungen jenes fürdhterlichen Gifts zu erforfchen. 

Auf die Zunge zweier Hunde brachte er mittelſt einer 
Pipette einige Tropfen Nicotind. Kaum hatte das Gift die 
Zunge berührt, fo nahm fie eine violette Färbung an. Die 
Thiere bewegten fich lebhaft, bemühten fick das Nicotin 
auszuftoßen und fielen dann ploͤtzlich auf die rechte Seite 
nieber, worauf heftige tetanifche Convulfionen eintraten. Der 
Kopf und der Hals wurden ſtark gegen den Rüden gekruͤmmt, 
die Gliedmaßen und ber Schwan; waren abwechfelnd bald 
geftredit, bald gebogen, Harn und Erfremente wurben un⸗ 
wiltührlih ausgeleert. Die Pupillen waren fehr erweitert, 
fo daß bie Iris nur ald ein ganz fehmaler Ring erfchien. 
Die Convulfionen wurden immer heftiger, Ploͤtzlich ftredten 
die Thiere die Gliedmaßen ftarf aus und farben. Aus dem 
Munde floß viel heller fadenziehender Speichel aus, Zwi⸗ 


I) Recherches mödico - lögales sur la Nicotine, suivies de quelques 
considerations sur la maniere generale de deceler les alcalis 
organiques dans le cas d’empoisonnement.; im Bulletin de l’Aca- 
demie royale de Medicine de Belgique Annee 1851 —52. Tome II. 
Nr. 2. p. 202. 


326 

fhen der Anwendung bed Gifts und bem Eimtritt des Todes 
verfloßen faum dreißig Sekunden. In den Leihnamen fand 
man die Gefäße der Lungen mit ſchwarzem Blute überfüllt. 
Die rechte Herzhälfte enthielt viel ſchwarzes, aber wenig con⸗ 
fiftentes und krumiges Blut. Die Gefäßhaut des verlänger- 
ten Marks war geröthet und in der Subſtanz des Marks 
zeigten fich viele rothe Punkte. 

Einige Verſuche mit dem Nicotin hat auch Orfila!) ges 
macht. War das Nicotin, deßen er ſich bediente, waflerfrei, fo 
reichten ein biß zroei Tropfen bin, einen Hunb von mittler 
Größe in ein bis drei Minuten zu tödten. In das Auge eines 
Hunds brachte et nur einen Zropfen ein, worauf diefer un⸗ 
ruhig im Zimmer uniherlief, dann ylöglich- niederfiel, von 
den heftigflen tetaniſchen Gonvulfionen befallen wurde und 
nad zwei Minuten tobt tar, 

Eine Reihe von Berfuchen über die Wirkungen des Ni- 
cotins wurden ferner von den Doctoren Van den Cor- 
put und Vleminks?) an &äugethieren und Bögeln 
angeftellt. Diefelber find kurz folgende: 

1) Ein Präftiger Hund, dem vier Tropfen Nicotins auf 
die Zunge gebracht waren, machte einige ſchwankende Schritte, 
fiel nieder, wurde von heftigen Convulſionen ‚befallen, und 
war in fürzerer Zeit als einer Minute tobt, | 

2) Ein einziger Tropfen Nicotins, in das rechte Auge 
einer Taube eingeführt, verurfachte den Tod binnen einigen 
Augenbliden, Die Hornhaut des dur das Alkaloid berühr- 
ten Auges zeigte eine Truͤbung. 

3) Einer anderen Taube wurde ein halber Zropfen 


!) Journal de Chimie medicale. 1851. Nr. 7. Annales d’hygiöne 
publique et de medecine legale. T. 46. 
?) Presse mödicale 1851. Nr. 20. 27. 


337 


Nicotins auf bie Zunge gebradt, worauf ſich fogleidy beide 
Pupillen erweiterten und das Thier tobt niederfiel. 

4) Ein Sperling, dem ein Tropfen Nicotins in den 
Schnabel eingeführt war, flarb in 25 Secunden; ein ande 
rer, der nur einen halben Zropfen erhalten hatte, war nad 
40 Secunden tobt. 

5) Ein fiarker Hahn, dem zwei Zropfen Nicotins in die 
Mundhöhle beigebradyt waren, fiel fogleidy tobt nieder. 

6) Ein junges Kaninchen, welches 2 Tropfen Nicotins 
bekommen hatte, lief unter Schreien einige Schritte weit und 
fiel auf die linke Seite. Es traten alsbald die heftigfien 
Gonvulufionen ein und nach einer Minute war es tobt. 

7) Man goß einem jungen Hunde zwei Tropfen Nico- 
tind mit zehn Tropfen Schroefel- Aether auf die Zunge, 
worauf das Thier eine kurze Strecke weit lief und nieder 
fiel. Das Athmen war fehr befchleunigt und beſchwerlich. 
Das Herz ſchlug heftig. Es floß viel Speichel aus. Nun 
traten Conpulfionen ein und nah 2 Minuten 32 Secunden 
erfolgte ber Tod. 

8) Einer kräftigen Katze wurben vier Tropfen Nicotind mit 
Schwefel» Aether beigebracht, worauf fie durch den Saal 
rannte, auf ein Fenflerbreit und von da in den Hof. fprang, 
wo fie niederfiel und in noch nicht drei Minuten tobt war. 

9) Einem Hunde von mitiler Größe wurde ein Tropfen 
Nicetins in dad linke Auge eingeführt. Dad Thier wurde 
von Schwindel befallen und ſuchte fih an einer Mater zu 
fiügen. Nach VBerfluß einer Minute fiel es auf die Seite 
nieber und es flellten ſich convulfivifche Bewegungen ein. 
Diefer Zuftand dauerte ſechs Minuten, worauf ed dem Hunde 
gelang ſich wieder aufzurichten, doch war er fehr ſchwach 
und wie trunken. 


Bei der Section der durdy das Nicotin getödteten Thiere 
nahm man bei der Oeffnung der Bauch und Bruft-Höhle 
oft den Duft des Nicotins wahr. In allen Xhieren 
fand fi) ferner eine mehr oder weniger audgebreitete Con⸗ 
geflion in den Haͤuten bed Gehirns und Ruͤckenmarks. Auch 
waren bie Lungen fehr geröthet oder livid, 

Verfuche mit dem Nicotin wurden endlih zu Turin von 
dem Profeffor Berutti und Doctor Bella!) gemacht. Hunde 
und Kaninhen, denen man einige Tropfen Nicotind in die 
Mundhöhle gebracht und dann frei gelaßen hatte, zeigten 
eine große Unruhe; fie wurben von heftigem Zittern befallen, 
und leerten viel Speichel aus, Nach einigen ſchwankenden 
Schritten fielen die Thiere nieder, meiftend auf die rechte 
Seite. Dad Athmen war fehr befchleunigt, erfchmert, pfeifend 
und: röchelnd. Das Herz bewegte fih fo fehnell, daß man 
die Pulfationen nicht zählen konnte. Dann traten leichte 
Sonvulfionen ein, bie fihnell in Zetanus und Opiſtothonus 
übergingen, wobei die glänzenden Augen aus ihren Höhlen 
heroorgetrieben wurden. Nach einem Schrei und nad Aus 
leerung von Harn und Koth trat der Tod ploͤtzlich ein. 
Gleich nach dem Zod waren alle Glieder erfchlafft, die Zunge 
hieng aus dem Munde und war mit einer dicken Lage zähen 
Schleims bedeckt. | 
Obige Erfheinungen wurden ebenfalls wahrgenommen, 
wenn das Gift auf andere Theile als die Zunge angebracht 
wurde. Die Zeit ihres Eintritis hieng ab von der Stärke 
der Thiere, der Menge ded angemwendeten Gifts und den 





1) Experiences sur la Nicotine faites au Laborateire physiologique 
de l’Universit6 de Turin; traduits du Gironale della Reale Acca- 
demia medico - chirurgica di Torino. Extrait du Journal publie 
par la Societe des Sciences medic. et naturelles de Bruxelles. 


Organen, mit denen es in Berührung Fam, Wurde das 
Nicotin in eine Hals⸗Vene eingefpräst, fo farben die Thiere 
durdfchnittlich nah 1 Minute und -20 Sekunden. Bei Ein- 
bringung in die Luftröhre nach 1 Minute und 50 Secunben; 
bei Einführung in die Mundhöhle nach 2 Minuten; bei Ein 
forögung in den Maflvarm nah 3 Minuten 40 Sekunden, 
in die Harnröhre nach 3 Minuten 55 Sekunden, Brachte 
man das Gift in den inneren Augenwinfel, fo wurden bie 
Thiere nah 5 Minuten getödtet. Am fpäteften erfolgte ber 
Tod, wenn dad Nicotin in das Zellgewebe unter der Haut 
eingeführt wurde, dann trat er durchfchnittlich erſt in 11 Mi⸗ 
nuten ein. | | 

Bei der Deffnung der durch Nicotin getödteten Thiere 
nahm man den Duft von Tabak wahr. Der rechte Vorhof 
war fletö durch geronnenes ſchwarzes Blut ausgebehnt und 
Blutgerinnfel erfirediten ſich biß in die Hohlvenen, Die rechte 
Herzkammer enthielt gleichfalls ſolches Blut, doch in geringer 
Menge Die linke Herzhälfte war blutleer. Die Gefäße 
bee Birnhäute, der Rinden- und Marf- Subflanz des Ges 
hirns, die geftreiften Körper und die Varolsbruͤcke waren mit 
Blut gefült. Auf der Baſis der Schäbelhöhle und. in dem 
oberen Theil des Kanals der Wirbelfäule fand man ‚öfters 
ergoßeneö geronnened Blut. 

Obige -an verfchiedenen Xhierarten angeftellte Verſuche 
beweifen allerdings, daß das Nicotin eins der flärkften Gifte 
ift, welches in der Schnelligkeit ‚feiner Wirkungen mit ber 
Blaufäure uͤbereinkommt und- diefe felbft oft übertrifft, Sie 
geben aber keineswegs einen genligenden Auffchluß über die 
Veränderungen und Störungen, welche es in den. Organen 
und Functionen des lebenden Thier- Körpers hervorbringt, 
und wodurch e& eigentlich die tödtlihen Wirkungen verurfacht, 


Zur Aufijellung der Wirkungsart des Nicotind beburfte es 
daher der Anflelung neuer Verſuche, und diefe habe ich mit 
meinem im Erperimentiren erfahrenen Schwiegerfohn, Pro⸗ 
feßor Bifhoff in Gießen, auf dem dortigen mit allen 
Hülfsmitteln verfehenen anatomifchen Theater angeflellt. Das 
Ricotin, deffen wir und bei den Verſuchen bevienten, hatte 
der ausgezeichnete Chemiker, Herr Medicinalraty Dr. Merl 
ia Darmfladt bereitet, dem ich fi die erwiefene Freundlich 
Jeit meinen wärmfien Dank abflatte, 


I. Derfuche_ an Sröfchen. 


Verſuch 1. 


Einem Präftigen Frofch wurde Morgens um 11 Uhr 
30 Minuten ein Tropfen Nicotins in die Mundhöhle gebracht, 
worauf er einige rafche Sprünge machte, und nadı 25 Se 
Eunden von tetanifhen Kraͤmpfen befallen wurde. Kaum 
war eine Minute verfloßen, fo lag er leblos auf dem Bauch 
mit ausgeſtreckten hinteren Gliedmaßen. Es war aud nidt 
die geringfle Spur von efler- Erfcheinungen zu bemerken. 
Um 11 Uhr 48 Minuten zeigten die Nerven der hinteren 
Gliedmaßen Feine Reizbarkeit mehr, während fih die Mus» 
Bein bei unmittelbar an fie angebrachten Reizen noch lebhaft 
contrahirten, Bei der Deffnung ber Brufthöhle fah man 
die Bewegungen des Herzens regelmäßig fortdauern, und 
zwar bi8 um 1 Uhr, nach und mach ermattend. Ein anderer 
Froſch bot bei der Wiederholung des Verſuchs diefelben Er 
fheinungen dar. Dad audgefchnittene Herz in einen Tropfen 
Nicotind gelegt, fuhr fort lebhaft zu pulſiren. 


Verſuch 2. 

An einem Froſch wurbe die linfe Arteria und Vena 
ischiadica neben dem Nervus ischiadicus, hoch oben zmis 
fhen dem Steißbeine und Darmbeine unterbunden. Dann 
bradyte man ibm um 11 Uhr 47 Minuten 30 Sekunden 
zwei Tropfen Nicotind in die Mundhöhle. Nach 30 Sekun- 
den traten ſtarke Zudungen ein und nad) PVerfluß einer Mi⸗ 
nute war er todt. Won 12 Uhr an wurde wiederholt der 
eledtrifche Reiz auf beide Schenkel angewendet, und ed zeigten 
fih an beiden Zudungen, die aber an dem Schenkel mit 
unterbundenen Blutgefäßen viel lebhafter und ſtaͤrker waren 
ald am anderen Schenkel, Um 2 Uhr 45 Minuten, als bie 
Zudungen in beiden Schenkeln ſchwach geworben waren, 
wurben die beiden Hliftnerven bloß gelegt. Anmendung bed 
eleftrifchen Reizes auf den rechten Hüftnerven blieb ohne 
Erfolg, während die Muskeln des linken Schenkels noch leb- 
haft zudten, in den ber Zutritt des mit dem Nicotin ver 
mifhten Bluts durch die Unterbindung der Arterie verhin- 
dert war, 


Verfuh 3, 

Einem Frofd wurde etwas Nicotin in die Bauchhoͤhle 
gefprüßt, worauf er ſogleich einige Sprünge machte und nach 
15 Sekunden unter Zuckungen nieberfil, Mit gefenktem 
Kopfe und angezogenen Gliedmaßen blieb er liegen und es 
zeigten ſich nur noch einige leichte Zudungen in den Mus— 
Beln, befonders der hinteren Gliedmaßen. Nah 3 Minuten 
waͤlzte er fich noch, einmal auf den Rüden, und da man die 
Züuße ſtreckte, zog er fie wieder an. Leichte Zuckungen in 
den Muskeln der hinteren Gliedmaßen dauerten bi! 30 Mi 
nuten nach der Anwenburig ded Gifts fort. Rad 31 Minus 








ten hörten fie auf und konnten durch Reizung der Nerven 
nicht mehr erregt werben, 

Diefelben Erfheinungen wurden an einem anderen Froſch 
nach einer gleichen Einfprügung wahrgenommen, und er war 
nah 30 Sekunden todt. 


Verfud 4. 

Einem Froſch wurde das Ruͤckenmark durch eine zwifchen 
den Schädel und erften Halswirbel eingeführte flarfe Nabel 
zerfiört, und dann ein Tropfen Nicotins in die Mundhöhle 
gebracht, worauf fogleich der Tod eintrat, ohne daß Zuckun⸗ 
gen .entflanden. Gleiches erfolgte bei einem anderen Froſch, 
dem das Rüdenmarf zuvor zerfiört war. Nach Zerftörung 
des Ruͤckenmarks verurfacht alfo das Nicotin den Tod, ohne 
daß fi zuvor Sonvulfionen einftellen. 


Verſuch 5. 

An einem Froſch wurde ein Waden- Muskel mit feinem 
Nerven blos gelegt, und der Nerve mit einem Tropfen Nis 
cotind befeuchtet, worauf in dem Muskel ſchwache Zuckungen 
eintraten. Als diefe nach einer Minute und 17 Sekunden 
aufgehört hatten, war der Nero mortificiert und hatte feine 
Reizbarkeit ganz verloren. - Elektrifche Reizung deffelben ver 
urfachte Feine Zudungen im Muskel mehr, Da diefer aber 
ſelbſt directe eledtrifch gereizt wurde, fo traten Gontractionen 
ein. Derfelbe Verſuch wurde mehremale mit gleihem Erfolge 
wiederholt. | 

Hierauf wurde an einem andern Froſch ein Musculus 
gastrocnemius mit feinem Nerven präparirt und ausge 
fhnitten. Der Muskel wurde in ein mit Nicotin gefuͤlltes 
Bläschen getaucht, während der Nerv von dem -Gifte nicht 


berührt wurde. Um das Eintrödinen bed Nerven zu ver 
hüten, wurde er auf ein angefeuchtetes Stuͤckchen Fließ-Papier 
gelegt und mit demfelben bebedit. Elektriſche Reizung des 
Nerven verurfachte Zudungen im Mudlel. Nah 81, Minute 
aber ließ fich der Muskel nicht mehr durch Reizung bed New 
ven zur Zufammenziehung bringen. 

Nicotin auf bloßgelegte Muskeln angewendet, bewirkt 
beine: Sontractionen. Muskeln in Nicotin gelegt. fchrumpfen 
etwas zufammen und werben durchſcheinend. Wendet man 
den eleftrifchen Reiz auf bdiefelben an, fo zuden fie nod. 
Nah 7 Minuten aber ift ihre Reizberkeit und Contractilitaͤt 
erloſchen. 

Mit Nicotin befeuchtete Nerven werden offenbar ſehr ſchnell 
ihrer Reizbarkeit beraubt, und bei Anwendung des elektriſchen 
Reizes entſtehen in Muskeln keine Zuckungen mehr. 


II. verſuche an Meerſchweinchen. 


Verſuch 6. 


Um 10 Uhr 15 Minuten 13 Sekunden wurden einem 
Meerſchweinchen 2 Tropfen. Nicotins in die Mundhöhle ge⸗ 
tropft: Sogleich wurde dad Thier fehr unruhig und fehrie, 
Dann fiel ed auf die Seite und befam die heftigfien Com 
vulfionen, wobei es fich fogleich fchnell um feine Laͤngen⸗Achſe 
wälzte und mit den Füßen krazte. Es ſtellte ſich hierauf 
Opisthotonus ein. Um 10 Uhr 16 Minuten 45 Sekunden 
ließen die Krämpfe etwas nad und fie traten nur ſtoßweiſe 
ein, bei denen das Thier fchmerzhaft ſchrie. Um 10 Uhr 
17 Minuten 20 Sekunden ftelten ſich wieder heftige Som 
vulfionen ein, unter denen um 10 Uhr 18 Minuten der Tod 





eintrat, alfo 2 Minuten 47 Sehunden nach Anwendung bet 
Gifts. 

AS Die Bruſt geöffnet wurde, ſtand dad Herz fill. Nach 
einigen Sefunden aber fing erſt die rechte und dann bie 
linke Vorkammer an ſich zufammenzuziehen, und um 10 ‚Uhr 
25 Minuten 26 Sekunden contrahirten Sc beide gleichzeitig, 
während die Kammern noch ruhten. Reizung der beiden 
durchſchnittenen Nervi vagi hatte Beinen Einfluß auf bie 
Gontractionen der Vorkammern. Da bie Kammern um 
10 Uhr 33 Minuten 40 Sekunden eleltrifä, gereizt wurben, 
zogen fie fih im gleicher Beit zufammen, und fuhren bie 
10 Uhr 39 Minuten 15 Sekunden fort fih von Zeit zu 
Zeit zu contrahiren, ohngefähr alle 15 biß 16 Sehanben. 
Um diefe Zeit wurden hie Contractionen ber Vorhoͤfe lange 
famer. Es wurde jetzt etwas Nicatin mit Waſſer verfegt im 
die linke Vena jugularis eingefprüßgt. Gleich darauf traten 
einige Eräftige Eontractionen des Herzens ein und dann fland 
e8 in der Gontraction ſtill. 

Die Lungen des Thiers erfchienen livid, 


Berfuh 7 

Um 9 Uhr 55 Minuten wurde einem männlihen Meer⸗ 
ſchweinchen ein Eleiner Tropfen Nicotind aus. einer Kauf 
ſchouk⸗Pipette in das linke Auge gebracht. Sogleich ſtieß das 
Thier einen lebhaften und anhaltenden Schrei aus, drehte 
den Kopf nach der linken Seite und fing an heftig und 
ſtoßweiſe zu athmen. Dreißig Sekunden nach dem Eintröpfeln 
ſtreckte es ploͤtzlich die Fuͤße aus und wurde von ben heftig 
sten Convulſionen befallen, bei denen es in dem Kaͤſtchen, 
werin es fich befand, herumgefchleudert und um feine Längen» 
Achſe gedreht wurde, Dann trat Opisthotonus ein, Nach 


2 Minuten hörten die Krämpfe auf, Das Thier lag wie 
leblos, fing aber nad und nad wieder an regelmäßig zu 
athmen. Anfangs langfam, dann etwaß fchneller. Um 10 Uhr 
richtete ed den Kopf auf, zog die Gliedmaßen an, unb zeigte 
Rüdkehr des Empfindungs-Wermögend. Der Kopf und bie 
Glieder zitterten flarf, Um 10 Uhr 114 Minute verfuchte das 
Thier, da man es berührte, davon zu fpringen. Die Reſpi⸗ 
sation war jegt ganz regelmäßig, 107 Athemzüge in ber 
Minute, Die Zahl der Herzfchläge betrug 160. Das Zittern 
verſchwand allmählig. Das linke Auge, auf welches dad Ni 
cotin eingewirkt ‚hatte, erfchien matt, trübe und mit Epithe⸗ 
lium bedeckt. Auch nad. ben Wegwifchen des Epitheliums 
mit einem Schwamme blieb das Auge trüb, und es fchien 
nüht, daß das Thier mit dbemfelben fah. Die Pupillen waren 
in beiden Augen fehr erweitert. Die Iris des linken Auges 
war..faum zu erfennen. Um 11 Uhr hatte fich dad Thier 
immer mehr erholt, es ließ ziemlich viel Harn, und das linke 
Auge thraͤute ſtark. Nachmittags fraß das Thier wieder, und 
blieb lebend, 


Berfuh 8 

Einem männlidien Meerfchweinchen wurde um 10 Uhr 
20 Minuten ein Tropfen Nicotind in eine Hautwunde an 
der inneren Seite bed rechten Oberſchenkels gebracht. Gleich 
darauf gerieth es in.große Unruhe, fchrie und athmete ſchneller. 
Um 10 Uhr 21 M. 30 ©, fiel das Thier auf die rechte 
Seite und befam Zudungen, die um 10 Uhr 22 Minuten in 
tetanifche Krämpfe übergingen. Nach 45 Sekunden ließen 
die Krämpfe nach, es athmete noch einigemal mit aufgefpere- 
tem Bunde und um 10 Uhr 23 M. 58 S. war es tobt. 

As um 10 Uhr 27 Minuten 36 Sekunden die Bruft 


geöffnet wurde, ‚zogen. ſich die beiden Vorhoͤfe des Herzens 
noch lebhaft zufammen. Die rechte Kammer aber felten und 
bie linke gar nicht. Beide durdhfchnittene Nervi vagi wurden 
15 Sekunden lang magneto=electrifch gereizt ohne Wirkung 
auf die Eontractionen der Vorhoͤfe. 

Um 10 Uhr 41 Minuten wurbe durch die linke Vena 
jugularıs etwas mit Waſſer vermifchted Nicotin in das Herz 
gefprügt. Darauf ließen die Gontractionen der Vorhoͤfe nad, 
allein merkwuͤrdiger Weife fingen nun die beiden Kammern 
an fich regelmäßig, aber langfam zu contrahiren. Um 10 Uhr 
653 Minuten zogen fie fi noch 22mal in der Minute zw 
fammen, die Vorhoͤfe aber feltner. Um 11 Uhr 20 Minuten 
25 Erkunden hörten die Kammern auf zu fchlagen., Der 
rechte Vorhof 309 fi) nod von Zeit zu Zeit mſammen, der 
linke aber nicht. 

Der Nervus phrenicus war um 10 uhr 29 Binuten 
30 Sekunden nody reizbar, um 10 Uhr 48 Binuten 30 So 
kunden nur noch fhwah und um 11 Uhr 41 Minuten gar 
nicht mehr. Die Lungen waren livid, 


Berfud 9. 

An die ‚rechte Brufihöhle eines Meerſchweinchens wurden 
einige Tropfen Nicotins eingeſpruͤtzt. Nach 15 Sekunden ſtellten 
fih fhon leichte Zudungen ein, denen bald die heftigiten Com 
vulfionen folgten, und nad) 30 Sekunden war dad Thier tobt. 


Verſuch 10. 

Einem Meerſchweinchen wurden gegen 8 Tropfen Nico 
tind durd einen Fleinen Einfchnitt in der Linea alba in bie 
Bauchhoͤhle eingeführt, Sogleih wurde das Thier fehr un 
ruhig und fuchte zu entlaufen. Nach Verfluß von 30 Sefun- 


"387 


den zeigten fi, ſchon Budungen und das Athmen wurde fehr 
befchleunigt und erſchwert. Nah 35 Sekunden fiel das Thier 
auf die Seite und bekam heftige Convulſionen, die anbert- 
halb Minuten in abwechfelnder Form fortdauerten, Dann 
traten noch einzelne Stöße ein, und nach 2%, Minuten war 
es todt, 

Verfud 11. 

Einem männlihen Meerſchweinchen fprüßte man Mache 
mittagg 2 Uhr 44 Minuten 8 Tropfen Nicotind in ben 
Maſtdarm. Nach 30 Sekunden war das Athmen fehr bes 
ſchleunigt, tief und flürmifh. Das Thier wurde fehr unruhig 
und bemühte ſich zu entfpringen. Nah 2% Minuten ftellten 
fi) heftige Krämpfe ein, die fi bald als Tetanus, bald 
als kloniſche Kraͤmpfe, bald als heftiges Herumwaͤlzen, 
und endlich als Opithotonus aͤußerten. Nah 414 Minuten 
war das Thier todt, nachdem es noch einige Athemzuͤge ge⸗ 
than hatte. | 


IN. Derfuche an Kaninchen. 


Verſuch 12. 

um zu unterſuchen, welche Wirkung das Nicotin auf bloß⸗ 
gelegte Nerven habe, wurde an einem Kaninchen um 10 Uhr 
35. Minuten ein Nervus: cruralis entbloͤßt, ein feines Glas 
plättchen untergefchoben, und dann mit einem in Nieotin ges 
tauchten Pinfel To befteihen, daß nichts in-die Wunde Fam, 
Das. Thier fahien bei der Befeuchtung des Nerven, nach den 
untnhigen Bewegungen mit dem Kopfe zu urtheilen, Schmerz 
zu empfinden, Nach einer Minute war die befeuchtete Stelle 
des Nerven, bie ihr Anfehen verändert und etwas durchſchei⸗ 
nend geworben war, mortificirt. Reizung berfelben brachte 

22 


feine Zuckungen in den Muskeln bes Unterfchenkeld und Fußes 
hervor, wohl aber Reizung unterhalb ber befeuchteten Stelle, 
Bei der Reizung des Nerven oberhalb ber befeuchteten Stelle 
fchien das Thier Schmerz zu empfinden. 

Um 10 Uhr 43 Minuten wurde ber Nervus medianus 
des linfen Vorderfußes entblößt, und um 10 Uhr 51 Minuten 
Nicotin applicirt. Der Nero, der dider als der benegte Schen- 
Pel-Nerv war, widerfiand dem Einfluffe des Giftes länger. 
Erft um 10 Uhr 59 Minuten war er getödbtet, Auch hier 
fhien es, als ob das Xhier bei der Application des Gifte 
Schmerz; empfand. Zweifelhaft war es jedoch, ob dabei nidt 
auch einige leichte Contractionen in den Beugern der Zehen 
eintraten. 

Um 11 Uhr 4 Minuten wurde dem Thier etwas Nicotin 
mit einem Pinſel auf die aͤußere Naſe geſtrichen, worauf es 
heftig ſchrie. Es legte den Kopf auf die Seite, ſchien etwas 
betaͤubt, athmete aber regelmäßig, 32mal in der Minute. 

Um 11 Uhr 12 Minuten wurden dem Kaninchen drei 
Feine Tropfen Nicotins in die Nafenlöcher geträufelt, worauf 
ed den Kopf fenkte, die Augen fchloß und nach 45 Sekunden 
in heftige Sonvulfionen- verfiel, Als diefe aufgehört hatten, 
erregte Beruͤhrung des Thiers Feine Mefler- Erfcheinungen, 
der Kopf blieb gefenkt, und die Augen waren halb gefchioffen. 
Am 11 Uhr 15 Minuten traten nocdmals Sonvulfionen ein. 
Nach deren Aufhören befand ſich das Thier in einem apa 
thifchen foporöfen Zuſtande. Das Athmen war befdyleunigt. 
76 Athemzuͤge in der Minute. Der Herzichlag war fchwer 
zu. fühlen und zu hören, Man zahine gegen 100 Pulſe in 
der Minute. 

Um 11 Uhr 34 Minuten wurden dem betaͤubten Thier 
noch 4 Tropfen Nicotins ind Maul. gebracht, worauf ſich 


u‘. 


9 . 


+ 


ſogleich oßweife fehr heftige Gonvuifionen einfteten, das 


Athmen aufhörte und der Tod nach, 4 Minuten eintrat. 

Als um 11 Uhr 41 Minuten bie, Bruſt geoͤffnet „Dat, 
ſchlug das Herz noch regelmäßig in allen, feinen Apiheilungen, 
66mal in der Minute, Die Nerv; ‚phrenici waren nicht 
mehr reizbar, wohl aber der Zwerch⸗ Muskel ſelbſt, ſowie alſe 
uͤbrigen Muskeln. Um 11 Uhr 46 Pinyten zahlte man norh 
32 Herzfchläge in der Minute. Die periftaltifche Bewegung 
des Darms dauerte noch fort. Reizung , ber Nervi vagi 
und sympathici am Halfe war ohne Einfluß ‚auf, den Magen, 
wiewohl diefer felbft noch reizbar und contractil war. Die 
Lungen waren blauroth, 


Verſuch 13. 

Um ausdzumitteln, ob daß in eine Wunde eingebrachte 
Nicotin durd die Saugadern oder die Venen in die Blut 
maſſe eingefuͤhrt werde, wurde einem Kaninchen um 19 Uhr 
5 Dinuten’ die Aorta abdominalis unterhalb des agange 
der Mieren » Pulsadern unterbunden. Dann wurde 
11 Uhr 9 "Minuten ein Einſchnitt in einen Schenkel —* 
und einige Tropfen Nicotins mit Waſſer verduͤnnt in die 
Wunde eingefuͤhrt. Dabei zeigte das Thier einige unruhe 
wie von Schmerz. Das Athmen und die Herzbewegungen 
waren bald darauf etwas beſchleunigt, aber es traten keine 
Erſcheinungen von Vergiftung ein. In der Nacht um 1 Uhr 
aber wurde das Thier todt gefunden. 


IV. Verfuche an Hunden. ° 
Verſuch. 14. 
um zu ermitteln, ob das Nicotin eine Veränderung im 


Blute hervorbringt, wurde einem Hunde von mittler Größe 
22* 


. 


die linke Schenkel⸗Pulsaber blodgelegt und im diefelbe eine 
Peine metallene Röhre mit einem ‚Hahn eingefeßt. Dann ließ 
man auß berfelben in zwei Schalen 10 Eubif- Gentimeter Blut 
ausfließen. Der einen Portion wurden fogleich vor dem 
Gerinnen 5 Tropfen Nicotins zugefeßt, morauf ed eine dun⸗ 
tele Färbung annahm, die jedoch beim Umrühren des Bluts 
wieder verfhwand. Beide Blut-Portionen gerannen nun 
in faft gleicher Zeit, die mit Nicotin jedoch etwas fruͤher 
aber unvollkommener. Nach einiger Zeit zeigte ſich auffallend 
ein Farben» Unterſchied in den Blut-Portionen, indem dad 
Blut, dem Nicotin zugefeßt war, viel dunfeler war ald dad 
andere Blut. Zugleich, hatte erfiered Blut ein ganz andered 
Ausfehen, e8 war durchſcheinend und gallertarfig, und es fchied 
fih felbft nah 24 Etunden kein Serum aus. Man fah 
ihm ſogleich an, daß der Blut⸗Farbſtoff und fomit audy bie 
Blutkörperchen in ber ganzen Maſſe aufgelöft waren, wäh. 
rend ſich die andere Portion mie gewöhnlich verhielt. 

Dies Ausfehen für das unbewaffnete Auge wurbe burd 
die mifrofcopifhe Unterfuhung beftätigt. In dem mit Nicotin 
verfegten Blute fanden fi ſchon nah 2 Etunden kaum 
noch einige Blutkörperchen, und auch biefe waren nicht mehr 
normal und wohlerhalten. Nach einiger Zeit waren alle 
Blutkoͤrperchen verſchwunden und die Blut⸗ « Flüffigkeit erſchien 
gleichmäßig roth gefärbt, das Coagulum war ſchwach faferig 
und feinförnig ohne Blutkörperchen und gleichfalls gefärbt, 
Eine zweite Portion arterielles Blut, dem etwas mehr 
Nicotin zugefeht war, zeigte genau diefelben Erfcheinungen, 
nur war die Auflöfung der Blutkoͤrperchen und die dunkle 
Faͤrbung, fowie die gallertartige Befchaffenheit noch früher 
und flärfer bemerkbar. Unverkennbar bringt das Nicotin 
eine auffallende Veränderung im Blute hervor. Es glich 


sa 
W 
am meiſten dem Blute aus einer typhoͤſen Leiche, nur war 


es nicht ſo truͤbe wie dies meiſtens iſt, ſondern durchſchei⸗ 
nender. 


Verſuch 15. 

Demſelben Hunde wurden nach der Entziehung von etwas 
arteriellem Blute, in die linke Schenkel-Vene drei Heine. 
Tropfen Nicotins, mit 2 Cubik⸗-Centimeter Waſſer verduͤnnt, 
eingeſpruͤtzt. Vor der Injection zählte man 84 bis 85 Herz⸗ 
fchläge in der Minute, und 60 bis 64 ſtoßweiſe mit Geheul 
verbundene Athemzüge. Unmittelbar nach der Injection wur: , 
den die Athemzüge langfamer, aber tiefer; gegen 28 in der 
Minute, und die ausgeathmete Luft roch ſtark nach Nicotin. 
Die Zahl der Herzſchlaͤge war vermehrt. Ploͤtzlich ſtreckte 
das Thier die Gliedmaßen ſtark aus und es traten heftige 
Convulſionen und Tetanus ein. Die Pupillen waren ſehr 
erweitert. Zwei Minuten nach der Einſpruͤtzung des Sin. 
war das Thier tobt, 

Gleich nach dem Tode wurde die Bruſt geoͤffnet und 
zunaͤchſt, um 10 Uhr 35 Minuten, der nervus phrenicus . 
mechanifh und magneto=eleftrifch gereizt, ohne baß Contrac- 
tionen im Zwerchmuskel eintraten. Directe Reizung diefes 
aber verurfachte Zudungen. Das Herz fland ſtill; nach der 
eleftrifchen Reizung aber zogen ſich der rechte Vorhof und 
die rechte Kammer zufammen und fuhren eine Zeit lang fort 
undulatorifch zu zuden. Der linke Vorhof contrahirte fih 
ebenfalls noch etwas, wiewohl ſchwach. Die linke Kammer 
jedoch gar nicht. 

Um 10 Uhr 54 Minuten zogen fih nad Reizung eines 
Aftes des Nervi cruralis der linken Seite, wo die Puldader 
unterbunden worden war, bie Muskeln des Unterfchenfels 


und Fußes noch zufammen. Ebenfo der Zwerch⸗Muskel 
bei birecter Reizung. An den Gebärmen zeigten ſich noch 
periftaltifche Bewegungen, am Magen aber nicht. 

A8 um 11 Uhr der Nervus vagus am Halſe mecha⸗ 
niſch und eleftrifch gereizt wurde, traten am Magen feine 
Gontractionen ein, wohl aber bei directer Reizung des Mas 
gend ſelbſt. Ebenfo an der Harnblafe, Die Uretheren con 
trahirten ſich nicht von —ſelbſt, wohl aber bei der Anwendung 
des eleftrifchen Reizes. Reizung bes linken Nervi cruralis 
bewirkte noch immer Zuckungen in den Sqhenkel⸗ Muskeln. 

Um 11 Uhr 6 Minuten war die rechte Herzkammer 
nicht mehr reizbar, der rechte Vorhof aber zog fi dh bei Reis 
zung zufammen. Um 11 Uhr 8 Minuten bewirkte bie elek⸗ 
triſche Reizung des Plexus brachialis, fowie eines’ Altes 
des Nervi cruralis ber rechlen Seite keine Zucküngen mehr; 
wohl aber nach Reizung des Nervi Cruralis der Tinten Seite, 
Auch directe Reizung ber Muskeln bewirkte auf beiben Seiten 
noch Contractionen. 

Um 11 Uhr 15 Minuten zeigten die Gebarme | noch 
ſchwache periſtaltiſche Bewegungen. Die Reizbarkeit des 
Herzens war jetzt gang erloſchen. Der Zwerch· Muskel aber 
zog ſich noch bei Reizung zuſammen. Um 11 Uhr 31 Minuten 
war die Reizbarkeit aller Nerven und Muskeln ganz erioſchen. 

Das Blut des mit 3 Heinen Tropfen” Nicotins vergifie⸗ 
ten Hundes, welcher 12 Pfund 10%, eh wög, "blieb in 
der Leiche ziemlich lange ungeronnen, doch gerann es nach⸗ 
her innerhalb und außerhalb bes Körpers. Auberhard ohne 
bemerfbare Verfchiedenheit, innerhalb aber in Zörm ſchwarzer, 
ſtarker und langer Coagula in beiden „Herzbätften ſowohl, als 
in den Venen und Arterien. Die Biuttdiwerchen in dem 
Blute aus der Leiche waren nicht aufgelöft, allein mit denen. 


315 


des abgezogenen arteriellen Bluts verglichen, waren fie doch 
nicht ganz unverändert, fondern viel mehr eingefhrumpft. 

Die Lungen waren blaufhwar; und hatten ein feftes 
Gewebe. 


Verſuch 16. 

Ein Eräftiger, 16 Pfund fchwerer Hund wurde Morgens 
10 Uhr auf dem Tinten Scheitelbeine trepanirt und die harte 
Hirnhaut behutſam eingefihnitten. Genau um 11 Uhr bradte 
man nur eineh-einzigen Zropfen Nicotins auf die Gefäßhaut 
des entblößten großen Hirns. Schon nady 23 Sekunden ath- 
mete das hier ſchnell und. tief, und fchrie heftig. Es trat 
ihm Schaum vor den Mund und die Augen waren aus den 
Augenhöhlen ſtark hervorgetrieben. Die Pupillen erfchienen : 
erweitert. Um Li Uhr 2 Minuten ftellten fich Kraͤmpfe in den 
Kopfmuskeln ein und der Kopf wurde nach der rechten Seite 
gedreht. Um 14 Uhr 3° Minuten traten floßweife heftige 
Convulfionen im ganzen Körper ein mit erhobenem Köpfe, 
Um 11 Uhr 4 Minuten ließen. die Krämpfe nach. Der Hund 
athmete 13 mal in der Minute, Die Pupillen waren - fehr 
weit und .umbeweglih. Um 14 Uhr 8 Minuten wurde das 
Thier ploͤtzlich wieder von dem heftigften Tetanus befallen 
und dann von DOpisthotonus, wobei der Kopf auf die linke 
Seite gedreht war. Der, Maſtdarm entleerte fich von feinem - 
Inhalte, Nach. Verfluß von 30 Sekunden hörten die Krämpfe 
wieder auf. Das Athmen war tief und ſchnaufend, und bie 
ausgeathmete Luft roch flard nah Nicotin. Der Herzfchlag 
war fehr ſchwach und Mein, 118 Pulfe in der Minute. Um’ 
11 Uhr 15 Minuten 30 Sekunden fing ber Hund wieber an 
fehr beſchwerlich zu athmen, und mwurbe abermals von den 
beftigßen. tetanifchen Kraͤmpfen befallen, bie um 11 Uhr 


14 


16 Minuten 55 Sekunden wieder aufhörten. Das Athmen 
war fihnel und blafend, ber Puls ſehr Flein, und bie Pu- 
pillen erfchienen fehr weit und unbeweglih.. Um 11 Uhr 
24 Minuten traten nochmald Krämpfe ein, erſt tetanifche 
und dann Flonifche, die um 11 Uhr 25 Minuten 45 Sekun⸗ 
den wieder verfchiwanden. Das Atmen wurde ruhiger. Die 
Pupillen verengten ſich wieder, und zwar bie des linken 
Auges mehr ald die bes rechten. 

Von nun an fiellten fich Feine Krämpfe mehr e ein: Der 
Hund erholte ſich nah und nad, er war jedoch fehr matt. 
Die Wunde wurbe zugenäht. Der losgebundene Hund 
fonnte gehen, legte ſich aber. bald nieder und blieb ruhig 
liegen. Vorgeſetztes Waffer mit Milch berührte er wicht. Nach⸗ 
mittags aber zwiſchen 3 und 5 Uhr hatte ex es gefoffen. 
Am andern Zag lief er Öfter& im immer umher und ver 
fhmähte die Nahrungsmittel nicht. Und fo ift das Thier am 
Leben geblieben und hat feine frühere Munterkeit wieder er 
halten. 

Die Refultate der angefteitten Berfuche find folgende: 

1) Das Nicotin, der wirkfame Beſtandtheil des Tabaks, 
ift unläugbar eins der ftärfften und fchnell wirkendſten Gifte. 
Ein oder einige Tropfen Nicotins in die Mundhöhle, auf 
die Zunge, die Schleimhaut der Naſe oder auf die Bindehaut 
des Auges gebracht, in den Maſtdarm, bie Bruſt- und Bauch⸗ 
höhle gefprügt, in Wunden geträufelt, ober. unmittelbar in 
das Blutgefäßfuflem eingeführt, . find hinreichend ein Thier 
binnen fehr kurzer Zeit, in einigen Sekunden oder Minuten, 
zu: toͤdten. Selten nur blieb ein Thier dm Leben, und dad 
nur, wenn eine ſehr Eleine Menge bed Gifts angewendet 
wurde. Eo namentlich ein Meerfchweinchen, dem ein Heiner 
Tropfen Nicotind in ein Auge geträufelt war, und ein Hund, 


345° 


dem nur ein Zropfen des Gifts auf das entblößte Pim Ans 
gebracht war. ' 

2) Wird Nicotin auf Organe angewenbet, melde fenfi- 
tive Nerven haben, oder wird es auf folche Nerven felbft 
angebracht, fo verurfacht es fehr fehmerzhafte Empfindungen. 
Diefe geben ſich Fund durch Gefchrei, welches die Thiere 
ausſtoßen, oder durch große Unruhe und lebhafte Bewegungen, 
um ſich der ſchmerzhaften Beruͤhrung zu entziehen. Auch bei 
Menſchen bewirkt Nicotin, ſelſt wenn es mit Waſſer verduͤnnt 
iſt, an allen empfindlichen Theilen, an den Lippen, auf der 
Zunge und an der Bindehaut des Auges einen brennenden 
oder ſtechenden Schmerz, wie wir an uns ſelbſt wahrgenom⸗ 
men haben. 

3) Das Nicotin geht ſehr ſchnell in's Blut uͤber, und 
mittelſt dieſes bringt es ſeine giftigen Wirkungen hervor, 
was beſonders daraus erhellet, daß es am ſchnellſten toͤdtet, 
wenn es auch nur in ſehr geringer Menge direkt in das 
Blutgefaͤßſyſtem eingefuͤhrt wird. 

4) Bei der großen Schnelligkeit, mit der das Nicotin 
wirkt, müflen wir annehmen, daß es zunächft durch die Venen 
und nicht durch die Saugadern, oder durch diefe nur lang⸗ 
fam, aufgenommen und in's Blut geleitet wird. u 

5) Blut, dem Nicotin zugefegt ifl, wird fchmarzroth und 
gerinnt zu einer gallertartigen Maffe, in der die Blutkoͤr⸗ 
perchen fchwer zu erkennen find. Hamburger!) hat fchon 
wahrgenommen, daß Blut, dem eine Ablochung von Tabak 
beigemifcht wird, ein braunfchwarzes Soagulum bildet, 

6) Das in’d Blut gelangte Nicotin verurfacht eine fehr 


!) Dissert. inauguralis, Experimentorum circa sanguinis coagula- 
tionem Specimen primum. Berlin 1839. 





heftige Reizung ober Erregung im Nervenfyflem, befonders 
im verlängerten Markt und Rüdenmark, Diefe gibt fih zu- 
naͤchſt kund durch eine große Beichleunigung ber Athembe- 
wegungen, die zugleich tief, ſtuͤrmiſch und ungleich werden, 
Sehr deutlic, verräth ferner bie ausgeathmete Luft den Duft 
des Nicotind, wie ed auch mit anderen ind Blut gelangten 
flüchtigen Materien, dem Weingeiſt, den Aetherarten, dem 
Campher, dem Mofchus, den ätherifhen und. flüchtig fcharfen 
Oelen vieler Gewürze, des Merrettigs und den Zwiebeln der 
Fall it). 

7) In Folge der heftigen Reizung oder Erregung bed 
verlängerten Marks und Ruͤckenmarks und feiner motorifhen 
Nerven durch das ind Blut gelangte Nicotin ſtellt ſich hef- 
tiges, Zittern ‚des Körpers und ber Glieder ein. Die Thiere 
vermögen fich. nicht mehr aufrecht zu erhalten, fie fallen 
plöglich nieder auf den Bauch oder eine Seite, keineswegs 
aber immer auf die rechte Seite, wie Stas, Berutti und 
Bella irriger Weife behauptet haben. Nun. treten plöglic, 
meiftens. unter ſchmerzhaftem Geſchrei, die heftigfien Zuckungen 
ber, Muskeln ein, kloniſche Krämpfe, Convulfionen, Tetanus 
und Opisthotonus. Dieſe erfolgen ebenfalls, wenn nur ein 
einziger Tropfen Nicotins unmittelbar auf das entbloͤßte 
große Hirn angebracht wird. Unter den fuͤrchterlichſten Con⸗ 
vulfjonen, die. oft mehrmals wiederfehren, und wobei ſich bie 
Thiere zuweilen um ihre Laͤngeachſe drehen, werden die Darm⸗ 
Exrcremente und der Urin gewaltſam ausgeleert. 

8) Während der Convulſionen find bie Yupillen ſtets ſehr 
erweitert, und die Iris iſt oft kaum ſichtbar. 


i) Die Ausbünftung in den Lungen, durch Verſuche erläutert von 
Ziedbemann ; in ber Zeitfchrift für Phyfiologie. B. 5. S. 203, . 


sm 


9) Das Herz pulfirt fehr lebhaft und ſchnell, ſo daß ſeine 
Pulſationen kaum gezaͤhlt werden koͤnnen. 

10) Unter ‚obigen Erſcheinungen wird die Aeigbarket, d die 
Empfi ndlichkeit und Thaͤtigkeit des Nervenſofiems durch. ‚das, 
Nicotin binnen fehr kurzer Zeit getilgt, die refhisatorifchen 
Bewegungen hören auf und der Tod tritt ploͤtzlich ein. 

11) Bei Fröfchen, denen vor Anwendung bes Nicotins 
bad Ruͤckenmark zerſtoͤrt wurde, erfolgt der Tod ohne vorher: 
gehende Convulſi ionen. 

12) Iſt die Menge des angewendeten Nicotind. für die, 
Größe und Kraft eines Thiers zu gering, um feingn ob. zu 
verurfachen, fo fielen fi zwar mehrmals Convulfionen ein, . 
fie werden aber nah und nad) ſchwaͤcher, treten ſetener ‚an. 
und, das Thier bleibt am Leben. Das ins Blut g gelangte. . 
Nikotin fcheint bier durch die Lungen. zu entrgeichen, 

13) Sn ben durch, Nicotin getöbteten Thieren dauern bie 
Bewegungen bed Herzens meiſtens lange Zeit fort, ober fi ig. 
laffen fi ich, doch, wenn fie aufgehört haben, durch unmitttitar 
an das "Her angebrachte Reize leicht wieder hexvorrufen, 
Ausgeſchnittene Froſchherzen mit Nicotin befeuchtet. und ſelhſt 
in Ricotin gelegt, hören nicht auf zu pulfi ren, ſondern cetzen 
oft Tange ihre Bewegungen fort, 

14). Die Reizbarkeit der Nerven iſt in den durch Nieotin 
gebildeten Thieren entweder ganz getilgt oder doch ſo herab⸗ 
geflimmt, daß ſich Muskein bei der Anwendung von Reigen 
verfchiedener, Art auf ihre Nerven gar nicht, oder nur ſchwach 
und fuͤr ſehr kurze Zeit zur Contraction bringen laſſen. 

15) Daß das Nicotin feine toͤdtliche Wirkung in Folge, 
der Tilgung der Nerventhätigkeit äußert, erhelet ferner barauß, , 
daß ‚Dloßgelegte Nerven bei ber Befeuchtung mit Nicotin 
ſchnel aufhoͤren reizbar zu ſein. Wendet man mechaniſche 





318 


Reize oder daß eleftrifche Fluidum auf ſolche Nerven an, fo 
laffen fih Muskeln daburdy nicht mehr zur Sontraction brin- 
gen, während die Muskeln felbft zuden, wenn jene Reize 
unmittelbar auf fie angebracht werben, 

16) Für die Behauptung, daß das Nicotin die Thaͤtig⸗ 
Beit des Nervenſyſtems aufhebt, 1Aßt fi ferner anführen, 
daß bei den durch Nicotin getödteten Thieren keine Reflex⸗ 
Erfcheinungen wahrgenommen werben, felbft bei Froͤſchen nicht, 
was für die Tilgung der Thoaͤtigkeit b des Ruͤckenmarks und 
feiner Nerven fpricht. 

17) Zu Gunften der Angabe, daß das Nicotin vermittelf 
des Bluts, in das es gelangt, die Thätigkeit des Nerven- 
fuftem8 aufhebt, Fann angeführt werden, daß bei Thieren, 
benen die Pulsader einer Gliedmaße vor Anmendung bed 
Nicotind unterbunden war, die Nerven in biefer reizbar bleis 
ben, und die Muskeln bei der Anbringung von Reizen auf 
die Nerven in Gontraction gerathen; während die Nerven 
in den Gliedmaßen, zu denen dad mit Nicotin vermifchte 
Blut freien Zutritt hatte, ihre Reizbarfeit verloren haben, 
und gereizt Feine Zudungen in den Muskeln erregen. 

18) Die an das Gerippe gelagerten Muskeln behalten 
in den durch Nicotin getödteten Thieren, gleich dem Herzen 
und der Muskelhaut des Magens und Darmkanals, fehr 
lange ihre Reizbarkeit und Sontractilität, obgleich die Nerven- 
thätigkeit getilgt iſt. Sie contrahiren ſich bei Reizen der ver- 
fchiedenften Art, welche unmittelbar auf fie angewendet wer 
den, nicht aber bei Reizen, welhe nur ihre Nerven treffen. 
Die lange Dauer der Reizbarkeit und Gontractilität der Mus- 
keln nad) Aufhebung der Nerventhätigkeit geben einen Be 
weis für die Lehre Haller’s ab, daß die Reizbarkeit und 
Gontractilität der Muskeln und des Herzens eine für ſich be 


flehende, von den Nerven unabhängige, den erwähnten Mus 
keln inhärirende vitale Eigenfchaft ift, welche im Leben nur 
vielfältig durch Nervenwirkungen in Thaͤtigkeit verfegt wird. 

19) Bei der Section der dur Nicotin getöbteten Thiere 
nimmt man ben Duft des Nicotins wahr, Die rechte Herz« 
hälfte, die Lungenpuldader und die Hohlvenen enthalten Ges 
rinnfel eines fehwarzrethen Bluts. Die linke Herzhaͤlfte ift 
meiftens blutleer. Die Lungen find ſtets dunkel oder blau⸗ 
roth, livid, zeigen ein fefles Gewebe und finfen im Waffer 
zu Boden, 


XIV. 
Wirkungen des Tabaks auf ben Menſchen. 


— — — — 


Aehnliche Wirkungen wie bei Thieren hat der Tabak auf 
den Menſchen. Dies haben in geringem Grade diejenigen ſchon 
an ſich ſelbſt wahrzunehmen Gelegenheit, welche beginnen Ta⸗ 
bak zu rauchen, obgleich dabei nur eine ſehr Heine Menge Ni 
cotins mit dem Rauch in den Mund eingeführt wird. Beim 
Rauchen der erſten Pfeife oder Cigarre ftellt fich ein flechen- 
des und brennendes Gefühl in der Zunge und im Munde 
ein, wobei reihlid Speichel fließt, und die Abfonberung bed 
Schleim in den Dandeln und in den Drüfen der Zunge 
und des Gaumens vermehrt wird, was Räufpern, öfteres 
Ausfpuden und Reiz zum Huſten verurfaht. Zugleich em- 
pfindet der Raucher eine ungewohnte Aufregung, einen leich⸗ 
ten Raufh, mit Eingenommenheit des Kopfs und Schwinbel 
verbunden, wie fhon Conrad Gesner) an fid felbft be 
obadhtet hat. Das Athmen ferner ift befchleunigt, das Antlig 
erbleicht und es bricht Falter Schweiß aus. Nun ftellen ſich 
meiflens Echluchzen, Aufitoßen, Uebelfeit, Erbrechen und oft 
auch Darm=Ausleerungen ein. Dabei ift der Puls fchnell, 


aa O. p. 113 in einem Briefe an Theodor Zwinger ſagt er: 
Folii particula famum haurientem subito inebriat, ut ipse non 
semel expertus sum. 


1 
Mein, ſchwach und zitternd. Dieſer hoͤchſt unbehagliche Zu⸗ 
fand noͤthigt den Raucher die Pfeife oder Cigarre wegzu- 
legen, worauf jene Zufälle bald vorübergehen. Bei manchen 
Menfhen, befonders bei fehr fenfibeln, treten fie bei jedem 
Verfuh zum rauchen von Neuem ein, und diefe ftehen mei- 
ſtens von dem Gelüfte des Nauchens ganz ab. Bei änberen 
werden fie nad) und nad; ſihwaͤcher und finden ſich nicht mehr 
in. Cie ſtellen fich aber oft bei foldyen wieder ein, welche 
ihehrere Pfeifen oder Gigarren nad) einander rauchen, ober bie 
fi eines ſehr ftarfen, an Nicotin reihen Tabaks bedienen. 
Das erfle Tabakrauchen, fowie fein unmäßiger Gebraud 
und das Rauchen eines fehr flarfen Zabafs ift nicht felten mit 
wahren Vergiftungs-Zufälen verbunden, wie aus mehreren 
hinlänglich beglaubigten Beobachtungen erhellet. Marſchall 
Hatı!y gedenkt eines Juͤnglings, der nach dem erften 
Rauchen zweier Pfeifen von Uebelkeit, Erbrechen, Betäubung 
und einer Ohnmacht befallen wurde, verbunden mit ſchnar⸗ 
chendem Athem, heftigen Convulſionen und großer Erweite⸗ 
tung der Pupillen. Am folgenden Tag ſtellten ſich noch mehr⸗ 
mals Anwandlungen von Ohnmachten ein, und Abends aber 
malige Betäubung mit erfchwertem Athmen und Krämpfen, 
Schr langſam erhohlte ſich der Kranke wieder. 
Marrigues2) erzählt, daß ein gegen 42 Jahre alter 
Weinbauer eine Wette eingegangen hatte, daß er hintereins 
ander fünf und zwanzig Pfeifen rauchen könne, während er 
deren gewöhnlih nur drei bis vier des Tags zu. rauchen 
‚legte. Er gewann die Wette, aber das lange fortgefegte 
Rauchen hatte ſehr nachtheilige Folgen, denn nach einigen 
!) The Edingburgh Medical and Surgical Journal. Vol. 12. p. 11. 


2) Vandermonde Recueil periodique d’Observations de Medecine, 
Juillet 1757 p. 67. 








352 


Stunden wurde er von Betäubung befallen, befam eine Ohn⸗ 
macht und es flellte fich fehr heftiges anhaltendes Erbrechen 
ein, das man endlich durch Molken ſtillte. Laͤngere Zeit litt 
der Mann noch an Kopfweh und Schwindel. Seitdem hatte 
er eine folche Abneigung gegen den Tabak, daß ihm ſchon 
bei dem Anblid einer Pfeife weh ward. 

Helwig?) führt an, daß zwei junge Leute einen Ber 
fuh machten, welder von ihnen bie größte Anzahl Pfeifen 
nad) einander rauchen koͤnne. Der eine rauchte fiebenzehn, 
der andere achtzehn Pfeifen. Beide wurden ohnmädtig, ver 
fielen in einen Zuſtand von Stupor und flarben, Nach einer 
in Englifhen Zeitungen enthaltenen Nachricht, verſchied im 
Jahr 1850 zu Cheltenham ein dreigehnjähriger Knabe in 
Folge unmäßigen Tabakrauchens. 

Vielfältig find ferner die nachtheiligen und giftigen Wir- 
Fungen des Zabafs auf den Menfchen wahrgenommen mors 
den, da man fich deffelben in früherer Zeit häufig als eines 
Außeren und inneren Arzneimitteld bediente. Die Eigenfchaft 
bed Tabaks beim Kauen Schwindel zu erregen, war bereits 
Conrad Geöner!) bekannt. Die Anwendung grüner oder 
gepülverter trodiner Zabakblätter, eines Aufguffes, einer Abs 
kochung, des empyreumatiſchen Oels auf die aͤußere Haut, 
auf Wunden und Geſchwuͤr⸗Flaͤchen hat nicht ſelten ſehr uͤble 
Folgen und verurſacht ſelbſt Vergiftungs⸗Zufaͤlle, wie aus 
folgenden Beobachtungen erhellet. | 


: 3) Observatiönes physico-medicae p. 45. 

2) Folium ihud, qyuod a Te acceptum D. Funkius nuper misit 
(e Gallia missum ad Te pnto), nulla noninis aus facultatis ejus 
mentione, cum gustarem, mandendo tantum, non deglutiendo, 
exiguam ejus partem: illico mirifice me afecit, ut plane ebriuns 
mihi viderer, et tanguam in navi per Auvium descendere, oborta 
vertigine. 


Krüger!) gedenkt der fchädlichen Wirfungen des ge⸗ 
pulverten Zabals gegen Kopfgrind (Favus). Dreien Kin« 
dern, die daran litten, hatte die Mutter auf den Rath eines 
alten Weibs Tabak⸗Pulver auf den Kopf geftreut. Bald 
darauf ſtellte fich große Mattigbeit und erfchwertes Athmen 
ein. Da Krüger binzugerufen wurde, fand er ein Sind be 
reits todt. Die beiden anderen jeboch erholten ſich allmälig, 
nachdem flarfer Echweiß eingetreten war. Ferner erzählt er 
einen Fall, in dem Kinder, denen gegen haffelbe Uebel eine 
Salbe, aus Zabal-Pulver und Butter beftehend, eingerieben 
war, von Schwindel und heftigem Erbrechen befallen worben 
waren, welche vierundzwanzig Stunden andauerten, 

Kebenwald 2) gedenkt eines jungen Mannes, der einen 
complicirten Bruch des Oberfchenkeld hatte, wobei die Mus⸗ 
keln in einer großen Strede entblöft waren, und dem ein: 
Wundarzt gepulverten Tabak auf die Wunde geflreut hatte, 
worauf fehr heftiges Erbrechen eintrat, Auh A. Steven 
fon 3) erwähnt eines Falls, in dem ein Tabakblatt auf ein 
Gefchwür des Arms gelegt, Erbrechen verurfachte, 
—Marigues!) gebentt der nachtheiligen Anwendung: 
einer Abkochung ded Tabaks gegen die Kraͤtze. Einem Maͤd⸗ 
chen, 23 Jahr alt, das von der Kraͤze befallen war, rieth: 
ein Charlatan, drei Unzen Tabak mit Waller zu Fochen, ſich 
mit der Ablohung zu wafchen, und im Bette Zücher mit 
derfelben befeuchtet, auf die Haut zu legen. Drei Stunden 
nach dem Beginnen bdiefer Eur, fühlte das Mädchen Schauber 

1) Miscellanea Academiae Naturae Curiosorum. Decur Il. Ann. 4. 

1685. p 46." 

2) Ebend Dec. 2 Ann. 2 Obs. 108. p. 263. 
3) Alston Materia medica T. 2. p. 190. 
%) Observation sur la vertu emetique du tabacz in Vandermonde 


Recueil periodique d’Observations de Medecine. Juillet 1757.p. 67. 
23 


354 


im ganzen Körper, dann trat Uebelkeit und heftiges Er⸗ 
bredhen ein, und «8 erfolgten Sonvulfionen. Diefe Zufälle 
hatten bereit8 3 Stunden gedauert, da Marigues zu ber 
Kranken gerufen wurde, die er mit blaffem Antlitz, fehr 
Meinem aber hoͤchſt befchleunigtem Pulſe antraf, Sie erbrach 
Blut und hatte mehrere Ausleerungen durch den After ge 
habt, Eogleicy entfernte er die mit der Tabak - Abfochung 
befeuchteten Tuͤcher, ließ die Haut abwaſchen, und verordnete 
einen Trank mit füßem Mandelöl und einigen krampfſtillenden 
Mitteln, Das Mädchen erbrah fid noch einigemal, und 
erholte ſich allmaͤlig; doch hatte es längere Zeit feine Eßluſt 
und litt an geflörter Verdauung. Auh Grant!) erzählt, 
daß fih ein von der Kräge befallener Mann mit einer fehr 
ftarfen Tabak⸗Abkochung gewafchen hatte, worauf fi) ſchon 
nad) einer Stunde Kopffchmerz und ein Gefühl von Be 
vaufchung einftellte, dem heftiges Erbrechen folgte. 

Aehnliche Wirkungen hat der Tabak, wenn er auf flech- 
tenartige Ausfchläge angewendet wird. A. L. H. Weftrum b?) 
hat folgende Beobachtung mitgetheilt : ein fünfzigjähriger Mann 
von kraͤftiger Gonftitution litt feit einiger Zeit an einem, mit 
leichter Entzimdung verbundenen Haut=-Ausfchlag des Ruͤckens 
und der enden. Um fich davon zu befreien, ließ er ſich aus 
eigenem Antriebe in die wunde Stelle den in Tabaköpfeifen 
fih fammelnden Saft einreiben. Bald nad ber Einreibung 
wurde er von Unmohlfein, Bellemmung in den Präcordien, 
Eingenommenheit des Kopfes, Schwindel, Mattigkeit, Zittern, 
Uebelkeit, heftigem Erbrechen und Leibgrimmen befallen. Auch 


I) Duncan Medical Commentaries. Dec. 2. T. I. p. 327. 

2) Beobachtung ber narkotifchen Wirkungen des fogenannten Zabaköls 
nad) feiner Anwendung auf die äußere Haut; in Ruft’s Magazin 
für die gefammte Heilkunde B. 42 ©. 464. 


855 


in Lerour Sournal ift ein Fall erzählt, in dem ein mit 
Croutes dartreuses behafteter Menih unter Vergiftungs- 
Erfcheinungen flarb, nachdem er diefelben mit einer Abkochung 
von Tabak gewaſchen hatte. R 

Man bedient fich des Tabaks ferner nicht felten als eines 
Außeren Arzneimitteld unter verfchiedenen Werhältniffen. So 
legt man grüne Zabakblätter, oder mit Wein befeuchteten 
Tabak auf:dem Hals, um ben Kropf zu vertreiben. Frauen 
legen fie bei der Abgewoͤhnung der Kinder auf die Bruͤſte, 
um bie Abfonderung der Mil aufzuheben. Man wendet 
fie auf den Unterleib an gegen bufterifche Zufaͤlle und zur 
Vertreibung von Eingeweidewuͤrmer. Diefer Gebtauch ift 
nicht ohne Gefahr. Ch. 3. Lange?) fah 'bei der Auflegung 
von Tabak auf die Nabelgegend gegen Eingeweidewitrmer 
Uebelkeit und Erbrechen eintreten. Auch in der Edinburgh 
Medical Essays?) ift eine Beobahtung mitgetheilt, in ber 
mit Weineffig befeuchteter Tabak auf den Unterleib gelegt, 
Erbrechen verurfachte. Durande?) ferner gibt an, daß ein 
junger Menſch gegen Pediculi inguinales eine Abkochung 
von 2 Unzen Tabak mit Waſſer gebraudhte ‚und davon 
Meberfchläge auf die Schamgegend machte, worauf er Schwin- 
del, Uebelkeit, Erbrechen und Durchfall bekam, 

Da der Tabak ehemals öfters als ein Harn treibendes 
Arzneimittel gebraudt wurde, fo hat man auch Gelegenheit 
gehabt, die fehädlihen Wirfungen des in den Magen einge- 
führten Tabaks wahrzunehmen, Gepuͤlverter Tabak, ein 
Aufguß, eine Abkochung, fowie deſtillirtes Tabak» Waffer 


%) Oper. Medic. P. 1. p. 488. 
2) Vol. 2 p. 41. 
®) Observation sur. !’effet du tabac appliqué exterieurement; in 
Histoire de la societe royale de Medecine. T. 2299 
23* 


verurfachen Schwindel, heftige Erbrechen und Durchfall, Die- 
merbroed!) erwähnt eines Falls, in dem Bier, das mit 
Zabakblättern gekocht war, flarked Erbrechen und Durchfalle 
mit großer Beängfligung bewirkte, denen betäubenber Schlaf 
und reichlihe Schmweiße folgten. Saillard 2) theilt folgende 
im Hotel Dieu gemachte Beobachtung mit. Ein Mann von 
athletiſcher Gonftitution hatte viel Tabak gekaut und ver- 
fchludt, worauf er von beftigem Erbrechen befallen wurde. 
Der Puls war fehr Tangfam, doc ziemlich voll, die Pupillen 
zeigten fich fehr erweitert, und die Haut war mit Faltem 
Schweiß bededt. Man verordnete Limonade und einen Trunk 
mit einem Gran Brechweinſtein. Am folgenden Zag befand 
fi) der Mann noch in demfelben Zuftande. Erſt am britten 
Tage wurde der Puls häufiger, die Pupillen wurden Bleiner, 
und die Wirkungen des Tabaks verfchwanden. Orfila erzahlt, 
daß ber berühmte Santeuil nad dem Genuffe eines Glafes 
Mein, in das man fpanifhen Schnupftabak gethan hatte, 
unter heftigem Erbrechen ftarb. 

Wie nachtheilig das in den Magen eingebradte empy⸗ 
seumatifche Del des Tabaks wirft, erhellet aus folgender von 
Deutfc 3) mitgetheilten Wahrnehmung. Ein Eräftiger Mann 
in mittlerem Lebensalter, der lange Zeit am Bandwurm ge 
Kitten, und dagegen bereits viele Mittel vergebend gebraucht 
hatte, nahm auf Anrathen von Freunden auf einmal gegen 
eine Unze des flüffigen Tabaks⸗Extracts, welches ſich in dem 
Abguffe einer Pfeife vorfand. Er. fiel hierauf um, befam 
heftige Schmerzen im Unterleibe, ſtarkes Mürgen und wurde 


I) Tractatus de peste p. 294. 
2) Journal de Chimie médicale 1839. sec. Serie. T. 5. p. 3%6. 
’) Vergiftung Jurd Tabak; in der Preuß, Vereins⸗Zeitung 1851, 


857 


ohnmaͤchtig. Der hinzugerufene Arzt fand ihn mit bleichem, 
entſtelltem Antlis, und tief in ihre Höhlen eingefunkenen matten 
Augen, Der Unterkiefer hing herab, und es floß befländig 
ein duͤnner, wäfleriger Speichel aus, Die Zunge war in 
fortwährender zitternder Beweguug. Es zeigte fich ferner Nei⸗ 
gung zum Erbrechen, doch erbrach fi der Kranke nicht, Der 
Unterleib war fehr aufgetrieben, hart und gefpannt. Häufig 
und unbewußt hatte er wäflerige, mit Blut vermifchte Darm- 
Ausleerungen. Der Urin war waflerhell, die Haut Falt und 
mit Schweiß bebedt, Die Gliedmaßen zitterten befländig, 
Der Puls war faum zu fühlen, langfam und ausfegend. 
Das Athmen erfolgte bald fehr fchnell und Furz, bald felten, 
kief und ausfegend. Es ſtellte fidy eine Ohnmacht ein, Nach 
einem gereicdyten Brechmittel wurde eine braune, nach Zabaf 
riechende Ziäffigkeit ausgeleert. Der Kranke trank viel lau« 
warme Milh. Bei fortbauerndem Schmerz im Unterleibe 
wurben Blutegel angelegt und Klyſtiere von Keinfamen-Schleim 
angewendet. Binnen 12 Stunden befferte fi der Zuftand 
fo weit, daß das Antlig feinen natürlichen Ausdrud wieder 
annahnı, die Kälte der Haut und bie Balten Schweiße ver 
fchwanden, die biutigen Durchfälle aufhörten und der Puls 
und das Athmen wieder normal wurden. Die Muskelſchwaͤche 
aber dauerte noch «ine Zeit lang fort. 

Es find ferner Beobachtungen vorhanden, in denen zu- 
fällig mit Speifen oder Getränken in den Magen gelangter 
Tabak Vergiftungs-Iufälle verurfacht hat. Einen merkwuͤr⸗ 
digen Fall’ der Art hat Dr. Barkhauſen ?) mitgetheilt. In 
einer armen Familie in Bremen zeigten fich, nad) dem Genuße 


1) Medicin. Zeitung bes Vereins für Heilkunde in Preußen 1836, 
Nr. 7.8, 33, 


nuße eines flatt der Mittags Mahlzeit eingenommenen Kaffees, 
die Zeichen einer narkotifhen Vergiftung, Schwindel, Uebel 
keit, Erbrechen und Gonvulfionen, Bei genauerer Nachfor⸗ 
fhung erhielt man über die Anfangs ganz dunkele Urfache 
der Vergiftung folgenden Auffhluß. Zu bem Kaffee waren 
Bohnen genommen worden, welche aus dem Kehricht eines 
Packhauſes aufgelefen waren. Der Kehricht befland größten- 
theils aus abgefrümmelten Tabakblaͤttern, unter welche Kaffee 
bohnen gemengt waren, und der bei anhaltendem warmen 
Regenwetter feit einigen Tagen und Nächten auf ber Straße 
gelegen hatte. Durch die Regenguͤße waren bie Tabalblaͤtter 
aufgeweicht und außgezogen worden, und hatten auf biefe 
Weiſe den unter fie gemengten und gleichfalls aufgeweichten 
Koffeebohnen ihr narcotifches Princip mitgetheilt. 

Von einer andern durch Tabak bewirkten Vergiftung hat 
Dr. Müller’) Nachricht gegeben. Er war eilig in das 
Haus eines Tabakfabrikanten gerufen, wofelbft fieben Per» 
fonen nady der Mahlzeit plöglich erkrankt waren, Diefelben 
waren leihenblaß und hatten heftiges Zittern der Glieder. 
Sie klagten über Betäubung, Schwindel und Dunkelheit vor 
den Augen. Die Ertremitäten waren alt und die Pupillen 
fehr erweitert. Zugleich litten fie an Webelkeit und Neigung 
zu Ohnmadıten. Zwei Perfonen warm ganz befinnungslos, 
Keiner der Kranken Bagte über Schmerz im Magen oder 
im Unterleibe, auch Eonnte Feiner Auskunft über die Urfache 
des Unmwohlfeins geben. Müller erfuhr nur, daß fie frifch 
eingemarhtes Sauerkraut zu Mittag gegeflen hatten. Die 
Veberrefte des Sauerkrauts wurden unterfucht und in einem 
reinen Gefchirre gut zubereitet gefunden. Auch die Kufe, 


1) Babifche Annalen für die gefammte Heilkunde 1831. Heft 1. S. 92, 


worin baffelbe aufbewahrt war, fand man rein. Dagegen 
hatte der Dedel der Kufe, wonrit dad Kraut beim Einma 
chen befchwert worden war, einen. flarfen Tabakgeruch, und 
bei weitexer Unterfuchung ergab ſich, daß berfelbe früher ber 
Boden eines Schnupftabak⸗Fafſes gewefen war, und in ber 
Folge obige Beflimmung erhalten hatte, Den Kranken wurde 
ein’ Brechmittel verordnet, wodurch fle fich erleichtert fühlten. 
Sie erhielten dann ſchwarzen Kaffee mit Eitronenfafl. Am 
naͤchſten Morgen befanden fie ſich wieder ziemlich wohl; doch 
fahen fie noch blaß aus, hatten erweiterte Pupillen, fühlten 
Mattigfeit in den Gliedern und Drud in der Magengegend, 

Die fchädlichen Wirkungen ded Tabaks hat. man ferner 
bei der Einbringung deflelben in Form eines Klyſtiers zu 
beobachten Gelegenheit gehabt. Man bedient ſich hierzu ent⸗ 
weder eines Aufgußes oder einer Abkochung getrockneter Tas 
bakblaͤtter, oder des Rauchs, zu deſſen Einfuͤhrung mancherlei 
Inſtrumente erfonnen worden ſind. Solche Klyſtiere werden 
angewendet bei hartnaͤckiger Leibes⸗Verſtopfung, bei Koliken, 
eingeklemmten Bruͤchen und zur Wiedererweckung Ertrunkener, 
und ed find Beobachtungen vorhanden, in denen fie mit. gi 
tem Erfolg gebraucht wurden. Nach Beibringung. eines fol 
chen Klyſtiers wird die wurmförmige Bewegung des Darm⸗ 
kanals befdhleunigt, und e6 werben Darmgaſe und Erkremente 
auögekeert. Der Gebrauch von Tabak⸗Klyſtieren erfordert je 
doc, große Borficht, und man darf zu einem Kilyſtier nicht 
mehr ald ein biß zwei Sfrupel Tabak nehmen. Wird diefe 
Dofis überfchritten, fo treten. leicht Vergiftangs⸗Zufaͤlle ein, 
Kopfweh, Schwindel, Uebelkeit, heftiges Erbrechen, "Zittern 
der Glieder, Bleiner ſchwacher Puls, kalte Schweiße, große 
Schwäche, Gonvuljionen, Ohnmachten und felbft der Tod, 
wie fich aus vielen Beobachtungen ergeben hat. 


In dem Actis Helveticis 1) iſt folgender Fall mitge⸗ 
theilt: Eine vierzigiährige,* feit langer Zeit an Hyſterie lei 
dende Frau war von einer hartnädigen Verflopfung befallen, 
gegen die Purgirmittel und Klyſtiere vergebens angewendet 
worden waren. Man verfprad ſich gute Wirkung von einem 
ſtark reizenden Klyſtier, dem man eine Drachme gepulverten 
Tabaks zugelegt hatte. Nach der Beibringung beffelben ſtellten 
ſich heftiges Leibgrimmen, Beingfligungen und Ohnmachten 
ein, denen nad) wenigen Stunden der Tod folgte. 

Richard 2) erzählt, daß eine öfters an hartnädiger Ver⸗ 
flopfung leidende Frau eine Tabak⸗Klyſtier befommen hatte, 
worauf heftige Kolil-Schmerzen eintraten, fowie Obrenklingen, 
Schwindel, Kopfidymerz, Uebelleit und heftige Anſtrengungen 
zum Erbrechen. Fünf Minuten darauf erfolgte eine Ohn⸗ 
macht. Dad Athmen war befehwerlih, der Puls langfam, 
die Pupillen zeigten fidy erweitert, die Haut war Falt und 
feucht, und der Unterleib aufgetrieben. Es wurden nun Kly⸗ 
fliere von Dlivendl mit Opium angewendet, und erweichende 
Umfchläge gemacht, worauf jene Zufaͤlle allmälig verſchwan⸗ 
den, body. litt fie noch- mehrere Tage an Kopfſchmerz und 
die Pupillen blieben erweitert, Anfiaur 3) hat Folgende 
Beobachtung bekannt gemacht: Eine an Eingeweibewürmern 
leidende Fran hatte auf den Math eined Charlatand «in 
Kiyftier bekommen, welches. aus einer Ablochung von zwei 
Unzen Tabak mit acht Unzen Wafler befland, Bald nad} der 


1) Nicotiana in etystere mulleri hystericae perniciosa; in Act. Helv. 
Basil. 1762. Vol. 5. p. 330. 

2) Nouvel Exemple des effets toxiques de l’infusion des feuilles du 
Tabac donnee en lavement; in Journal de Chimie médicale. 1839. 
8 Serie T. 5. p. 163. 

®») Journal de Chimie medicale 1827. Juin p. 23.  - 


su 


Sinbringung fchrie fie laut auf, wurde von Echwindel bes 
fallen und verfchied Furze Zeit darauf. Dr. Grahl!) hat einen 
ähnlichen Fall beobachtet. Ein 24 Fahr altes Mädchen hatte 
fi} gegen Unterleibs-Beſchwerden von einer Frau ein Klyſtker 
von 2 bis 3 Roth Zabakblättern ſetzen laffen, worauf. na 
zwei Minuten heftige Gonvulfionen mit ſtarkem Roͤcheln ein 
traten und die Kranke ſchon nad drei Viertelſtunden flarb. 
Und fo find ähnliche Beobachtungen noch von Bertini 2) 
und Anderen 3) mitgetheilt. 

Daß das Nicotin für den Menſchen eins ber peftigfien 
Sifte iſt, das hat in neueſter Zeit die vom Grafen Bocarme 
veruͤbte Schandthat bewiefen. 

Nach den: über die Wirkungen bed Tabaks mitgetheilten 
Beobachtungen ift feine Benutzung in der Heilkunde unläug 
bar mit großer Gefahr verbunden, daher fehr zu befchränken, 
und jeden Falls mit aller WVorfiht anzumenden, Bald nad) 
feiner Einführung in Europa wurde er, wie befannt, von 
vielen Aerzten ald eine Panacee gepriefen und in mancherlei 
Formen ber Zubereitung, ald Pulver, Aufguß, Abkochung, 
Ertract, Pillen, Tinctur, Syrup, Del und Salz in mancher 
lei Krankheiten verordnet. Am häufigfien wurden feine ver 
fhiedene Praparate als harntreibende Mittel in Wafferfuchten 
und bei Harn-Berhaltung benußt. Vorzüglich war e8 Fo w⸗ 
ler ?), der feine Wirkungen fehr rühmte. 


1) Hufeland’s Journal B. 71. St. 4. ©. 100. 1826. 

2) Kroriep. Neue Notizen 1846, Juni. S. 240. 

2) The Edinburgh Medical and Surgical Journal T. 9. p. 159. Journal 
de Chimie medicale T. 3. p. 23. 1827. Dec. p. 592. 

#) Medical Reports of the effects of Tabacco principally with 
regard to its diuretic quality in the Cure of Dropsies and Dy- 
suries. London 1785. 8. Sammlung auserlefener Abhandlungen 
für praßtifche Aerzte. B. 11. ©. 335. 











Da fein Gebrauch aber oft Eingenommenheit deö Kopfs, 
Schwindel, Etupor, Sonvutfionen, Uebelfeit und Erbrechen, 
und felbfi den Tod verurfadhte, fo hat Sullen !) die innere 
Benusung des Zabals verworfen. Dagegen zeigt ſich nad 
KRiverius?), I, Heurnius?), Cttmüller*) und an 
berer Beobachtungen ein in die Mundhoͤhle anfgenommener 
Aufguß ober eine Abkochung des Tabals oft fehr wirkſam 
gegen Zahnweh, befonder& bei hohlen Zähnen. Gleihe Wir- 
fung hat das Tabakrauchen. Das Nicotin flampft bie 
Empfindlichfeit der Zahnnerven ab, und bewirkt durch die 
vermehrte Abfonderung des Epeicheld eine Ableitung bes 
Bluts von dem entzündeten oder gereizten Zahnkeim. Auch 
als ein wirkſames Klyſtier kann in mandyen Fällen ein Auf- 
guß des Tabaks in geringer Menge benukt werben. 


) Treatise of Ihe materia medica. Vol. 2. pag. 229. 
2) Observat. medic. Cap. 4. Obs 31. 

8) Methodus ad Praxin Lib. 4. 

) Opera medica p. 118. 


XV. 


Iſt dad Tabakrauchen der Gefundbeit 
nachtheilig ? 


— — — — 


Die Meinungen der Aerzte uͤber den Einfluß des Tabak⸗ 
rauchens auf die Geſundheit weichen gar ſehr von einander 
ab. Waͤhrend es viele mit Lob uͤberhaͤuften, ihm die wohl⸗ 
thaͤtigften Wirkungen zuſchrieben, und als ein Mittel zur 
Erhaltung der Geſundheit, ja zur Erreichung eines hohen 
Alters anprieſen; wurde es von anderen auf das lebhafteſte 
getadelt, als ein die Geſundheit untergrabendes Laſter ge⸗ 
ſchildert, und ſelbſt als ein das Leben verkuͤrzendes Gift ver⸗ 
dammt. Obgleich wir gern einraͤumen, daß das Tabakrauchen 
ein ganz entbehrlicher, eingebildeter Genuß iſt, fo iſt es für 
Millionen doch ſo ſehr zur Gewohnheit geworden, als daß 
ſich nur entfernt hoffen ließe, es durch den gegruͤndetſten Tadel 
zu unterdruͤcken. Wir enthalten uns daher des Tadels, und 
beſchraͤnken und darauf, nur zu unterfuchen, unter welchen 
Berhältniffen und Bedingungen fein mäßiger Genuß für die 
Geſundheit unfchädlich ift, fein Mißbrauch aber nachtheilig wird 
und Krankheiten verurſacht. 

Der Tabak enthält unläugbar, wenn aud nur in fehr ge 
ringer Menge, ein narkotifches Gift, das Nicotin. Um deffen 
Wirkungen leichter ertragen zu können, folkte daher Niemand 





ſich dem Gelüfte des Tabakrauchens vor erreihtem reiferen 
Alter überlaffen. Sehr zu tadeln ift, daß junge Leute, und 
oft fchon Knaben, die kaum das zehnte oder zwölfte Jahr 
erreicht haben, Zabaf rauhen, Das frühe und öftere Rau- 
hen hat den nadtheiligften Einfluß auf die organifche Ent- 
widlung und Ausbildung des Körpers, indem der narkotifche 
Tabakrauch die Energie bed Nervenfyftemd herabflimmt und 
ſchwaͤcht, und eben dadurch ſtoͤrend auf die Ausuͤbung aller 
Verrichtungen einwirkt. Da mit dem Rauchen vermehrte 
Abſonderung und oͤfters Ausſpucken des Speichels verbunden 
iſt, ſo hat es durch Verluſt dieſes fuͤr die Aufloͤſung und 
Veraͤhnlichung der Nahrungsmittel ſo wichtigen Safts, einen 
ſchaͤdlichen Einfluß. auf dad Verdauungs⸗Geſchaͤft. Bei ge⸗ 
ſtoͤrter Verdauung leidet die Zubereitung des Milchſafts und 
des Bluts, und die Ernaͤhrung wird ˖ geſchwaͤcht. Damit wird 
die Entwidlung und Ausbildung des Körpers -gehindert, 
Tabak rauchende Knaben find bleich, mager, in allen Körper 
bewegungen fraftlos, fehr reizbar und nervenſchwach, und fie 
weiten ſchnell dahin. Fuͤr Eltern, Erzieher und Lehrer ifl 
ed deßhalb eine ernfle Pflicht, junge Leute auf die großen 
Sefahren des voreiligen Gebrauchs des narkfotifhen Tabaks 
aufmerkfam. zu machen, durch weldyen deren koͤrperliches und 
geiſtiges Wohl zerſtoͤrt wird, und Schwaͤchlinge entſtehen, die 
zu jedem ernſten Lebensberuf untauglich ſind. Wir warnen 
daher junge Leute ernſilich vor dem verfuͤhreriſchen, wider⸗ 
lichen und ſchmutzigen Genuß des Tabakrauchens, der zugleich 
mit einem nicht geringen Koſten⸗Aufwand verbunden iſt. 
Das Tabakrauchen iſt ferner ſehr reizbaren und ſenſibeln 
Perſonen, ſowie allen, die eine zarte oder ſchwaͤchliche Con⸗ 
ſtitution haben, nicht zutraͤglich, indem es fuͤr dieſe mit einer 
zu heftigen Aufregung verbunden iſt. Auch ſolchen iſt es 


203 
fehädlich, welche an Berbauungs=Befchwerden leiden, eine 
ſchwache Bruft haben, zu Catarrhen und Bluthuften geneigt 
find, oder Tuberkeln in den Lungen haben. 

Kurz vor einer Mahlzeit ift das Kauchen zu unterlaffen, 
weil ed die Eßluſt vermindert, die Empfindlichkeit der Zunge 
abftumpft, und die Energie der Nerven ber Verdauungs-Or⸗ 
gane fchanäcdt. Auch gleich nach einer Mahlzeit iſt es nach⸗ 
thbeilig, befonderd wenn viel Speichel auägefpudt wird, Es 
flört die Werdauung und verurfacht leicht Schluchzen, Auf⸗ 
fioßen und Magendruͤcken, wie fhon H. Ludolf!), 3. Her 
ment?) u. a. dargethan haben. Man hat ferner das Ta⸗ 
bakrauchen befchuldigt, daß es die Zähne angreife, verderbe 
und zerflöre. Dieß ift jedoch: ungegründet, Das empyreu⸗ 
matifehe Del des Tabaks braunt und ſchwaͤrzt wohl den Zahn⸗ 
ſchmelz aber ed greift die. Zahnfubflang nicht an, Bekannt 
it, daß die Indianer Nord⸗Amerikas, weiche: flarfe Raucher 
find, bis in das. höchfte Alter ſchoͤne und geſunde Zähne be⸗ 
halten. Gleiches berichtet Bergmann?) von den Kalmuͤ⸗ 
den, welche felten die Tabakpfeife aus dem Munde bringen. 

Die Gegner des Tabaks, Ban Helmont?), Eotungi’), 
Grescent FSagon®), de laSone?), Ferrein®), Ziffot?} 


€ 


1) De Tabaci noxa post pastum. Erfordiae 1723. 

2) Diss. an post eibum fumus tabaci nocet? Parisiis 1749. * - 

*) Romabifche Streifereien unter den Ralmuden, Riga 1804, B. 2 ©. 50. 

*) De mortis occasione. p. 473. 

®) Nocetne cerebro tabaci usus? Parisiis 1690. 

©) Diss. an ex tabacl usu freguenti vita brevior. Parislis 1699. 

?) Diss. resp: Bariolle an tabacum homini sit lentum venenum.' 
Parisiis 1751. . 

8) Diss. resp. Missa an ex tabaci usu frequenti vitae summa bre- 
vior? Parisiis 1753. 

®) Epistolae practicae:p. 337. 


u. a. haben die Behauptung aufgefleit, daß der Tabak ein 
langfam wirkendes, das Leben verkürzendes Gift fi. So 
äußert Ziffot, er babe keinen Tabakraucher gekannt, der 
ein hohes Alter erreicht habe. Dagegen laſſen fich aber viele 
binlänglich beglaubigte Beifpiele von Tabakrauchern anführen, 
bie fehr alt geworden find, und denen aus dem Rauchen 
fein Nachtheil für ihre Gefundheit erwachſen if. Der 
berühmte Newton, ber täglich mehrere Pfeifen rauchte, er 
reichte ein Alter von 84 Jahren; Ifac Walton wurde 
90 Jahre alt, Thomas Hobbes in Malmesbury 92, 
William Lloyd, Bilhof von Afoph, 99 Jahre Im 
Hofpital der invaliden Seeleute in Greenwich wurde mir ver 
fiehert, daß die älteften Invaliden meiſtens Tabakraucher find. 
Es laͤßt ſich felbft eine Reihe von Rauchern anführen, die 
ein Alter von hundert Sahren und barüber erreicht haben, 
Im Jahr 1792 ftarb im Holfteinifhen ein arbeitfamer Lande 
mann, Namens Stender, im 103. Iahre, ber fehr gern 
Tabak geraucht hatte). Im Jahr 1841 lebte zu Rabinitz, 
einem Dorfe ded Bunzlauer Kreifes ein Mann Namens 
Mathias Sluka, der im Jahr 1737 zu Swilowitz geboren 
war, und feit feinem neunzehnten Jahr, da er Soldat ge 
worden, leidenſchaftlich Tabak gerauht hatte. Der Greis 
hatte fich noch des volftändigen Gebrauchs feiner Sinne zu 
erfreuen. Im Jahr 1847 flarb zu Zrieft der Invalide Luca 
Briffiac, in einem Alter von 116 Sahren, der bi zu feis 
nem legten Lebensjahr ein Freund der Tabakspfeife geblieben 
war. In Dildhaufen in Schlefien erreichte Heinrih Harp, 
ber von feiner Jugend an Tabak geraucht ‚hatte, ein Alter 
von 142 Jahren, Ein im Jahre 1849 in Heidelberg leben» 


1) Schleswig⸗Hoiſteiniſche Provinzial: VBlätter. 179% 


207 


der Invalide, der im Jahr 1737 geboren war, hatte feit fei- 
nem achzehnten Iahr eifrig Tabak geraudt, Nah 60 Jahe 
ven unterließ er es, fchnupfte ſeitdem aber fehr ſtark. 

Aus obigen. Beifpielen erhellet, daß fich ber menfdhliche 
Organismus an den Gebraud) des Tabaks, obgleich er, wiewohl 
in geringer Menge, eines der ſtaͤrkſten Gifte, dad Nicotin enthält, 
gleihmwie an andere Gifte gewöhnen fann, ohne Gefahr zu 
laufen, daß dadurch das Leben verkürzt werde. Das mäßige 
Tabakrauchen ift daher der Gefundheit nicht nadhtheilig. Das 
Rauchen einer Pfeife oder Cigarre nach dem Fruͤhſtuͤck ges 
währt Menſchen, die eine figende Lebensart führen, den 
‚ Nugen, daß es meiſtens eine Stuhlausleerung bewirkt, indem 
es die wurmfürmige Bewegung ded Darmkanals lebhafter 
macht. Das Tabakrauchen befördert ferner den Auswurf ‚von 
Schleim. . Daher wurbe es fchon von Riverius i), Fries 
dbrih Hoffmann?) u. a, bei Verfchleimung in den Bron- 
dien und beim Asthma humidum empfohlen. Das Tabak 
rauchen fol ferner die übermäßige Fett- Erzeugung befchrän« 
ten, wie Borelli, Gregor Horft, Theodor Eraanen 
u, a, beobakhiet haben. Wir tragen daher Fein Bedenken 
dem Ausſpruche Friedrih Hoffmann’s?) beizutreten: 

Herbae Nicotiande usus moderatus literatis in aere 
erassiori degentibus bonum medieamentum. 

Beim Rauchen find folgende Vorfchriften zu beachten, 
Tor Allem muß der Tabak, defien man ſich bedient, abgele- 
gen und troden fein, indem fich das Nicotin beim Verbrennen 
des Tabaks um fo fehneller verflüchtigt, je trodener er ifl, 
Hellfarbiger, gelblicher Tabak ferner verdient den Vorzug vor 


) Praxis medica. Lib. 7. Cap. 1. 
2) Methodus medendi. Lib. 1. Cap. 19. 
®) De studlis per regulns dineteticas facllitandis. Cap. 4. p. 40, 


S08 
dunkelbraunem ober fehwärzlihem Tabak, der fehr viel Ni 
cotin enthalt und aufregender wirkt. 

Das Rauchen von Cigarren, was in neuefler Zeit fo af 
gemein geworben ift, und die Zabakpfeifen faſt verdraͤngt 
bat, verurfadht heftigere Wirkungen als das Rauchen aus Pfei 
fen; denn ber heiße Dampf und das beim Verbrennen des 
Tabaks erzeugte Waffer und empyreumatifche Del, melde 
Nicotin enthalten, gelangen hier unmittelbar in die Mund⸗ 
hoͤhle. Mit dem Speichel vermifcht werben fie eingefaugt 
und gehen in das Blut über. Dos Rauchen von Eigarren 
bewirkt daher leicht Schwindel, Webelfeit, Auffloßen, Schluch⸗ 
zen und felbft zumeilen Erbrehen. Der feharfe Rauch der 
Eigarren greift auch die Augen an, reizt die Bindehaut, ver 
urfacht vermehrte Abfonderung der Thraͤnen und fchwächt 
das Schvermögen. Beim Lefen und Schreiben iſt das Ei- 
gamen-Raudyen ganz zu vermeiden. In jeder Hinficht ver⸗ 
dient das Hauchen aus. Pfeifen ben Verzug, wenn dabei fol⸗ 
gende Vorfchriften beobachtet werden, 

1) ‚Die Pfeifentöpfe müflen aus Meerfchaum oder Holz 
befiehen, welche fich beim Berbrennen des Tabaks nicht fehr 
erwärmen, und den Rauch nicht zu warm in die Mundhöhle 
gelangen laffen. Aus Porcellan oder Metall verfertigte Pfei⸗ 
fenkoͤpfe find fchädlich, weil fie fich fehr erhigen, und der 
heiße Rauch eine heftigere Reizung in der Bunge und ber 
Schleimhaut des Munde verurfacht. Die Pfeifenköpfe müffen 
ferner mäßig groß fein. Biel Tabak faffende Pfeifen unter 
halten eine zu lange andauernde Reizung. 

2) Man bediene ſich Tanger, hölzernen Pfeifenrohre, in 
denen fich der Rauch gehörig abfühlt, und das empyreuma- 
tifche Del abgefeßt und eingefaugt wird, Die Rohre muͤſſen 
oͤfters gexeinigt oder erneuert werben, 


369 


3) Unter allen Pfeifen verdient bie Perfifche Pfeife den Vor- 
zug, in welcher der Rauch durch Waffer geht, wobei er nicht nur 
abgekühlt, fondern auch fein empyreumatifches Del abgeſetzt wird, 

Unmäßiges Zabafrauhen ift unläugbar der Gefundheit 
nachtheilig. In Folge der Öfteren Aufregung des Ner⸗ 
venſyſtems wird deſſen Energie durch Ueberreizung vermin⸗ 
dert und herabgeſtimmt. Starke‘ Tabakraucher find meiſt 
indolent, gleihgültig, theilnahmios und yphlegmatifch. Das 
öftere Rauchen, befonders eines an Nicotin reichen Tabaks, 
wirft zugleich flörend auf das Verdauungs⸗Geſchaͤft. Der in 
die Mundhöhle eingezogene warme Dampf verurfacht eine 
heftige Reizung ber fenfitiven Nerven ber Zunge und ber 
Echleimhaut des Mundes, welche fich durch ein fehmerzhaftes 
Gefühl von Prideln, Stehen und Brennen fund gibt, Die 
Empfindlichkeit der Zunge für Schmedftoffe wird herabge- 
flimmt, ‘die Raucher lieben daher nur fehr pilante Speifen. 
In Folge der. flarken Reizung der Schleimhaut des Mundes 
wird die Abfonderung des Speichel und des Schleims der 
Mundhöhle, des weichen Gaumens, der Mandeln, des Ra« 
hend und bes Kehlkopfs fehr vermehrt. Der reichlich abges 
fonderte confiftente Schleim, welcher von den rußigen Theilen 
des Tabakrauchs gräulich oder blauſchwarz ift, reizt zu Öfterem 
Räufpern und-felbft zum Huften. Wird der in Menge flie- 
Bende Speichel außgefpudt, wie es meiſtens gefchieht, fo geht 
ein für das Schmeden, Kauen, Schlingen und Verdauen 
wichtiger Saft verloren. Das Öftere Ausfpuden des Speicheld 
wirft auch dadurch nachtheilig, daß es die Abfonderung 
anderer für die Verdauung wichtiger Säfte, des Magen» 
und Darmfaftes, des panfreatifchen Safts und ber Galle ver⸗ 
mindert. Wirb aber der mit dem empyreumatifdhen Del bed 


Tabakdampfs vermifchte und mit NMicotin gefchwängerte 
24 


370 


Speichel verfhludt, fo Aört er das Verdauungs⸗Geſchaͤft 
dadurch, daß er die Xhätigkeit der Nerven des Magens 
herabſtimmt. Unmaͤßiges Rauchen vermindert die Eßluſt 
und ſchwaͤcht die Energie des Verdauungs⸗Geſchaͤfts. Starke 
Raucher fuͤhlen ſeltener das Beduͤrfniß Nahrungsmittel zu 
fi) zu nehmen, und ſie find keine großen Eſſer und Zein- 
fhmeder. Dagegen erregt das Tabakrauchen Öfteren Durft, 
theild in Folge der heftigen Reizung ber Nerven der Zunge 
und der Schleimhaut des Mundes, durd den flechenden 
Dampf, theild in Folge der vermehrten Abfonderung bed 
Speichels und Schleims, die meiſtens audgefpudt werden, 
und daher führt e& häufig zur Trunkſucht. Und fo ift es nos 
torifch, daß fi mit dem Umfichgreifen des Zabafrauchens in 
neuerer Zeit auch die Zahl der VBierbrauereien und Bierhau- 
fer ungemein vermehrt hat. 

Führen wir ferner noch die Krankheiten an, welche durch 
die Unmäßigkeit im Tabakrauchen verurfacht werden. Am 
häufigfien erregt der ſcharfe Randy acute oder chronifche Ent⸗ 
zundung der Schleimhaut des Mundes, des Rachens, des 
Kehlkopfs und der Luftroͤhre. Starke Raucher werden daher 
in den Wintermonaten bei ſchnellem Temperatur-Wechſel 
und bei kalter feuchter Luft leicht von Entzündung und Ans 
Ihwellung des Gaumenſegels und der Mandeln befallen. Es 
ift mir ein Sal befannt, in dem ein Mann, der leidenfchafts 
li rauchte, Öfterd an einer Entzündung ber hinteren Wand 
des Schlundkopfs litt, die chronifch wurde, und in Eiterung 
überging. Zugleich bildete fich ein großer Absceß zwiſchen 
dem Schlundfopf und den Muskeln des Halfes, wodurch die 
Halswirbel carids wurden. Unter großen Leiden flarb ber 
Kranke an Behrfieber, Ein mir befreundeter Arzt, der un 
mäßig Gigarren rauchte, wurde öfters von Huſten und chro⸗ 


31 
nifcher Heiferfeit befallen. Da er demohngeachtet dad Rau⸗ 
chen fortfegte, flellten fich Athembefchwerden ein, er warf 
Eiter aus, und bekam hektifches Fieber, woran er flarb. Bei 
der Leichenöffnung zeigte fid) die Schleimhaut des Kehlkopfs 
und ber Luftröhre lebhaft geröthet, fehr verdidt, und zum. 
Theil vereitert, und die Stimmrige war in hohem Grade 
verengt, Dieß wohl in Folge der durch das häufige Gigarren- 
Rauchen verurfachten chronifchen Entzündung. Es find mir 
endlich zwei Falle bekannt, in denen leidenfchaftliche Raucher 
von Zungenkrebs befallen wurden, der ihrem Leben ein Ende 
machte. 

Das unmäfßige Rauchen flarfer Cigarren wirft befonders 
dadurch nachtheilig, daß es ‚die Nerventhätigkeit fehr herab- 
flimmt, und eine Anlage zu mancherlei Nervenleiden 
und zu Störungen der Geiftesverrichtungen erzeugt, Nach 
den Erfahrungen Guislain's follen Ligarren - Raucher 
Öfterd an Irrſein mit allgemeiner Lähmung leiden. Auch ein 
beutfcher Irrenarzt, Hagen, behauptet, daß das unmäßige 
Tabakrauchen oft eine Mitfchuld an geiftiger Erkrankung trage, 
Da das Nicotin vorzüglich auf das Ruͤckenmark und Gehirn 
wirkt, fo hat das Rauchen vielleicht auch einigen Einfluß auf 
bie jet fo häufig vorfommende Erweichung des Hirnd und 
Ruͤckenmarks. 

Es iſt endlich noch die Bemerkung beizufuͤgen, daß das 
ploͤtzliche Abgewoͤhnen des Tabakrauchens fuͤr Menſchen, die 
demſelben ſeit langer Zeit ergeben waren, nicht ohne Gefahr iſt. 
Es find Beobachtungen vorhanden, in denen dadurch Krank⸗ 
heiten verurſacht wurden. Mir iſt ein Fall von einem vier⸗ 
zigjaͤhrigen Mann bekannt, der ſehr ſtark geraucht hatte, und 
ed ploͤtzlich aufgab, einige Wochen darauf, ohne bekannte 


Veranlaſſung, von einem nervoͤſen Fieber befallen wurde. 
— —— 24* 


372 


XVI. 


Wirkungen des Tabakſchnupfens. 


Der Schnupf⸗-Tabak und fen Gebrauch iſt vielfältig ein 
Gegenftand arztlicher Unterfuchungen und Streitigkeiten ) ge» 
wefen; bald wurde er ald der Gefundheit zuträglich gepriefen, 
bald als fchädlich verworfen. Unläugbar ift das mäßige 
Schnupfen der Gefundheit weniger nachtheilig als das Rau⸗ 
chen. Ueber. feine Wirkungen ift kurz folgendes zu bemerken. 
Zunähft verurfacht der Echnupftabal, wie bekannt, ein kitzeln⸗ 
des, prickelndes und ſtechendes Gefühl in dem Geruchäorgan, mit 


I!) L. Ferrant Traite du tabac en sternutatoire. Bourges 1645 4. 
€. von Mander Poema de pulvere tabaci. Hafniae 1661. 
DePrade Histoire du Tabac, ou il est trait& particulierement 
du Tabac en poudre. Paris 1697. 

F. Brunet Le bon usage du Tabac en poudre. Paris 1700. 12. 
J. HB. Cohausen. Raptus extaticus in Parnassum, seu Satyri- 
con novum in Tabaci sternutatorli abusum, Amstel. 1726. 8. 
Plaz. Diss. de tabaco sternutarlvo. Lipsiae 1727. 4. 

G. A. Langguth. De modestia sternutantium medica. Witten- 
bergae 1761. 4. 

Cadet. Du tabac et des sternntatoires en general; In Bulletin 
de Pharmacle. T. 1. p. 263. 


373 


dem eine leichte Aufregung, und zuweilen eine fchnell voruͤber⸗ 
gehende Anmwandlung von Schwindel und Bellemmung ver 
bunden ifl. Die durch das Nicotin gereizte Niechhaut fondert 
reichlih duͤnnfluͤßigen Schleim ab, Meiftens bewirkt der 
Schnupftabak aud bei Menfchen, die nicht an benfelben ges 
wöhnt find, Niefen, das fih um fo heftiger und öfter ein- 
ſtellt, je flärker der Tabak if. 

Das Niefen wird nicht durch die Heizung ber eigentlichen 
Niechnerven, oder des erflen Hirnnerven-Paars, und durch 
die Erregung bed Hirns bebingt, fondern es ift eine Nefler- 
Erfcheinung des verlängerten Ruͤckenmarks, welche durch die 
Hülfsnerven der Nafe vom erften und zweiten Aft des fünf 
ten Nervenpaard hervorgerufen wird, die der Riechhaut auch 
für andere Reize ald Riechſtoffe Gemeingefühl ertheilen. Bei 
ber Reizung dieſer Nerven durch in die Nafe eingeführten 
Schnupftabad wird das verlängerte Mark erregt, und bies 
bewirkt mittelft Reflex durch die refpiratorifchen Nerven auf 
die Muskeln des Ein» und Ausathmens die fchnellen Ver⸗ 
änderungen in den Athems Bewegungen, melde das Niefen 
ausmachen. Solches erhellet aus mehreren Beobachtungen 
an Menfchen, denen die Riechnerven von Geburt an fehlten, 
oder zerriffen, oder durch Krankheiten zerftört waren, welche 
daher nicht rohen, dennod aber dem Niefen unterworfen 
waren. So fah Preffot!) beide Riechnerven in dem Leich- 
nam eined Mannes mangeln, der während feines Lebens nie 
Geruhd-Empfindungen gehabt hatte, demohngeachtet aber bie 
Berührung von in die Nafe eingeführten fremden Körpern, 
Strohhalmen und Febern, empfunden, und dem ber Schnupfe 


1) Observation sur un cas d’absence da nerf olfactiv. These. 
Paris 1837. ® 


373 


tabak heftige Niefen verurfacht hatte, ohne daß er denfelben 
gerochen. 

Das Tabakfſchnupfen wird vielen Menfhen durch Ges 
wohnheit fo fehr zum Bedürfniß, daß fie zu keinem Gefchäft 
aufgelegt find, wenn ihnen bie Schnupftabaf» Dofe fehlt. 
Schwaͤchlichen, fehr reizbaren und nervöfen Perfonen ifl das 
‚Schnupfen nicht zuträglich, indem es eine heftige Aufregung 
des Nervenſyſtems verurfaht. Lorry !) gedenkt einer Frau, 
die hyſteriſche Anfälle befam, wenn fie Schnupftabat nahm. 
Der unmäßige Gebrauch deſſelben if, wie Sohaufen?), 
Malvet?) u, a, gezeigt haben, fehr. fchäblich ; er flumpft den 
Geruchſinn ab, bewirkt ftarken Andrang des Bluts zum Kopf 
und zum Gehirn, und verurſacht Kopffchmerz, Schwindel und 
Anlage zur Apopleriee Chomel erzählt, daß einer feiner 
Freunde, der viel Spaniol gefchnupft hatte, bewußtlos nieder 
fiel und mit kaltem Schweiß bedeckt wurde. Es ift ferner 
ein Fall mitgetheilt, *) in dem ein Mann, in Folge ded un- 
mäßigen Schnupfend in einen Zufland von Lethargie verfiel, 
in dem er am fiebenten Zage flarb. Starke Schnupfer leiden 
ferner nicht felten, wie fhon Zriller®) bemerft bat, an 
Verminderung der Eßluſt, an Uebelkeit, Efel und Dispepſie, 
verbunden mit Schmerz im Magen und Unterleib. Dies 
rührt daher, daß Schnupftabal durch die hinteren Naſenoͤff⸗ 





—— (nm 


1) De Melancholia. T. i. p. 123. 

2) De pica nasi seu de Tabaci sternutatoril abusu et noxa. Amste- 
lodami 1716. 

2) A tabaco naribus assumto peculiaris quaedam cephalagiae spe- 
cies, aliique affectus. Parisiis 1733. 

) Ephemer. Academiae Naturae curiosorum. Dec. 2. Ann. 10. p. 222. 

®) De Tabaci ptarmici abusu, affectus ventriculi causa. Witten- 
bergae 1761. Opuscula medica Vol. 1. p. 220. ' 


375 


nungen in den Schlund und Wagen gelangt. Zabakfchnupfer 
raufpern auch meiſtens Schnupftabad mit dem Echleim auß, 
Bemerkenswerth ift es ferner, daB Wahnfinnige, nad den 
Beobachtungen von Eorry!), Ifenflamm?), Grebing?) 
u. a, oft eine große Neigung zum Zabalfchnupfen haben, 
und nicht felten ſelbſt Schnupftabak verfhluden. Grebing 
nahm wahr, baß ihnen die häufig Anfälle von Wuth und 
Spitepfie zuzog. 

Die Erhalationen bes aba, wie fie in Tabak⸗Fabriken 
vortommen, haben auf die in denfelben befchäftigten Arbeiter 
Beine folche fchädlichen Wirkungen, wie fie von Ramazzini, 
Fourcroy, Cadet-Gaßiicourt, Patiffier u, a. ge 
fchildert worden find, Dies hat fih ſchon aus den Unter« 
ſuchungen Parent» Dudhatelet’8 und Darcet's 9) erge- 
ben, welche fie über den Geſundheits⸗Zuſtand der Arbeiter in 
den Tabak⸗Fabriken Frankreichs angeftellt haben. Und damit 
flimmen ferner die neueften ausführlichen Berichte überein, 
welche Melierd) nnd Simeon®) in Parid, Pointe?) in 
Lyon, Ruef?) in Straßburg und Dieudbonne?) in XAnt- 
werpen veröffentlicht haben. Nur Anfangs bieten die Arbeis- 
ter diefelben Erfcheinungen dar, wie fie bei Menfchen vor- 
fommen, welche Tabak zu rauchen beginnen. Sie leiden an 


1) De Melancholla p. 374. 

2) Therapia maniae. 

2) Commentation. Lipsiens. Vol. 14. p. 650. 

2) Annales d’Hygiene publique et de Medecine legale 1829. T. i. p. 169. 

s) Jbid. 1845. 

) — 1845 Oct. 

?) Observations sur les maladies auxquelles sont sujets les ouvriers 
employes à la manufacture royale des Tabacs à Lyon. 

8) De l’influence du tabac sur la sante des ouvriers; in Gazette me- 
dicale de Strasbourg 1845. p. 5. 55. 


.876 


Kopfſchmerz, Schwindel und Webelkeit, verlieren die Eßluſt, 
find ſchlaflos und zuweilen ſtellt fich Erbrechen und Durchfall 
ein. Nach wenigen Tagen verfchwinden -biefe Zufälle aber 
und die Arbeiter find an die Ausduͤnſtung des Tabaks ge- 
woͤhnt. Es ift Fein Zall befannt, daß ein Arbeiter am Nars 
cotismus geftorben fei. Die Arbeiter find ferner keinen be 
fonderen Krankheiten unterworfen, erkranken nicht öfter als 
andere Menfchen, und erreichen im Allgemeinen ein eben fo 
hohes Alter. u 


XVII. 


Einfluß des Tabaks auf die ſoeialen Verbält: 
niſſe, die Sitten, den Saudel, den Landbau 
und die Gewerbe in Deutichland, 


‚Der unter allen Ständen eingeriffene Gebrauch des Ta- 
baks hat einen mächtigen Einfluß auf die Sitten, den Handel, 
den Landbau und die Gewerbe, der ſich mit jedem Jahre bemerk⸗ 
barer madıt, je mehr jener noch immer im Zunehmen begriffen 
iſt. Das Tabakrauchen namentlich ift in Deutfchland, wie in 
allen‘ andern Enropas, viel häufiger geworben, feit dem bie 
Eigarren allgemein Eingang gefunden haben, Da fie. leichter 
als die Zabakpfeife mitgeführt werden können, fo erblidt 
man jest an allen Öffentlihen Orten, auf den Straßen, 
Plägen und Spaziergängen, in den Safthöfen und Schenken, 
auf den Dampfbooten und Eifenbahnen, viel mehr Raucher 
als in früherer Zeit, da das Rauchen an öffentlichen Orten 
noch fir unanftändig gehalten wurbe und felbft polizeilich 
verboten war, Die Benugung der Cigarren iſt zugleih mit 
größeren Ausgaben verbunden als das Rauchen aus Pfeifen, 
und mancher leidenfchaftlihe Raucher gibt täglich mehr Geld 
für Gigarren als flr Nahramgsmittel aus. Auf ſolche Weife 
iſt der Lebens» Unterhalt Toflfpieliger geworden, was für 

wenig Bemittelte ſehr drüdend fein muß. 


Das Tabakrauchen hat unverkfennbar Veränderungen im 
Bamilienleben nach ſich gezogen. In früherer Zeit pflegte mei- 
flend die ganze Familie, der Hausvater, die Hausmutter und bie 
Kinder, nur ein gemeinfames Gemach zu bewohnen, in dem oft 
auch das Gefinde verweilte, ‚Seit dem Einbringen des wider» 
lichen, fharfen und narkotifchen Tabakdampfs, der den Frauen 
und Kindern nicht zufagte, mußte ber Tabak rauchende Familien» 
vater das gemeinfome Wohnzimmer verlaffen, und ein befon- 
deres Gemach einnehmen, in das er mit feinen Tabak⸗Ge⸗ 
räthfchaften und Büchern verwiefen wurde. So löste ſich der 
engere häusliche Familienkreis auf, was in oͤkonomiſcher Hin» 
fiht mit größeren Ausgaben für eine geräumigere Wohnung, 
fo wie für Heizung und Beleuchtung verbunden war. 

Das immer allgemeiner geworbene Tabakrauchen Außert 
ferner einen nachtheiligen Einfluß auf das gefellige Leben, 
und hat eine fhroffere Sonderung der Geſchlechter als in 
früherer Zeit nad fich gezogen. Die dem Rauchen ergebenen 
Männer fliehen den Umgang der dem Tabak abholden Frauen, 
und haben die Gewohnheit angenommen, um ſich ungeftört 
dem Rauchgenuß zu überlaffen, den Abend in einem Kaffee» 
baus, einer Bier» oder Weinſchenke, oder an fogenannten 
Erholungsorten zuzubringen, welde den Namen Mufeum, 
Harmonie, Union, Gafino oder Club führen. Diefe Orte, im 
denen ein erſtickender Tabakqualm verbreitet ifl, in dem oft die 
Lichter kaum brennen, üben wie befannt auf die  meiften 
Männer aller Stände eine unwiberfiehlihe Anziehung aus, 
wo fie jeden Abend verweilen. Hier werben bie Zeitungen 
gelefen, die Tages⸗ und Stabtneuigfeiten befprochen, und 
bier wird die Politit verhandelt, Da vernimmt man bie 
lärmenden Streitigkeiten der durch das narkotifche Kraut des 
Tabaks und den Genuß fpirituöfer Getränke erhitzten Par 


teien über die Staats: Einrichtungen, die Vorzüge und Nach⸗ 
theile der abfoluten und conflitutionellen Monardien, der 
Republiken, der Volfs- Souveränität, ded Socialismus und 
Gommunismus. Hier werden die Verfügungen der Negierungen 
und die Verhandlungen der Kammern einer fcharfen Kritik 
unterworfen. An biefen Orten endlich werden die Wahlen der 
Mitglieder für die Stände und Magiftrate befprochen, und 
beren politifche Färbung beleuchtet. 

Befremden fann es nicht, wenn bie von den Männern 
verlaffenen, dem Tabak und der Politif grollenden Frauen 
in ihren Vergnügungen und Erholungen ebenfalls ihre eige- 
nen Wege gehen, und in Kaffee- und Thee⸗Cirkeln, in Spiels 
partien, im Befuche des Theaters, der Concerte und Bälle 
fich zu entfchädigen fuchen, Die Kinder daheim indeß bleiben 
fih felber oder der Aufficht des Gefindes überlaffen, und 
darin ift eine Haupturfache der vernachläßigten Erzielung und 
deren Folgen begründet, worüber fo vielfältig Klagen ges 
führt werden. Welcher auffallende Gontraft zeigt fich hierin 
zwifchen jeßt und ehemals, da unfere Vorfahren mit ihren 
obfolet gewordenen Sitten und Gebräuchen noch yflegten 
die Abende den Studien, der Lectüre, dem Unterrichte der 
Kinder, und der gemüthlichen Unterhaltung und Erholung 
in traulihen Feinen Familien = Kreifen zu widmen. 

Unter den angegebenen BVerhaltniffen hat der Verbrauch 
des Tabaks in neuefter Zeit auf eine Weiſe zugenommen, 
welche Staunen erregt und an das Unglaublidhe granzt. Mit 
iebem Sahre ift derſelbe noch immer in Zunahme begriffen, wie 
auß den Hanbeldberichten erhellet. Des bebeutendfte Stapel 
pla& Deutfchlands für den Handel mit überfeeifchen Tabak ift 
Bremen, und hier beträgt die Einfuhr im Jahr durchfchnitte 
lid dreißig biß fechs und dreißig Millionen Pfund. Nach amt« 


lichen Berichten wurden bafelbfi in ben Jahren 1843 bis 1852 
folgende Quantitäten verfchiedener Sorten Tabak eingeführt: 


I. Nordamerikaniſche Tabake in Blättern und Stengeln. 
Bäffer Maryland Bäffer Birsiny Bäffer Kentucky Yäfler Stengel 
3969 


Im Jahr 1843 18483 5541 7485 
— 1844 16978 5092 9736 4753 
— 1845 24251 1588 11439 5273 
— 1846 26785 1386 5028 - 6092 
— 1847 21743 _ 911 3816 6788 
— 1848 12084 847 4448 4912 
— 1849 19288 1173 4620 4188 
— 1850 : 17977 1549 82381 6810 
— 1851 13005 448 6539 7581 
— 1852 21971 2244 16161 1504 


Das Faß (hogshead) Maryland Tabak wiegt brutto 
500 bis 1000 Pfund, das Faß Virginy und Kentudy Tabak 
wiegt brutto 1—2000 Pfund, 

II. Weftindifche und Südamerikanifche Tabake in den 

Jahren 1849 bi 1852, 


Im Jahre 1849. 1850. 1851. 1852. 
1) Havana 2770 Seronen 13369 &. 5675. 3310 ©. 
2) Suba - 10370 ⸗ 14690 - 11250 - 19330 = 
3) Domingo 20740 = 19624 = 20256 = 34000 > 
4) Seedleaf 750 Kiften 6428. 2096 = 2660 K. 


5) Portorico in Blättern 10699 Paden 18161 P. 260309. 17660 P. 
6) Varinas in Rollen 5900 Körbe 2098ER, - 53508. 6310 8. 


7) Barinas in Blättern 3440 = 3765 = 6670 = 8230 = 
8) Eolumbia in Rollen 3440 Paden 84639. 92509. 21750 P. 
9) Brafil in Blättern 12240 = 14649 = 34950 s 37670 s 


10) Florida in Blättern 500 Kiften 14038. 1700 K. 1420 8. 
11) Upatau. Sumanacca 1370 Paden 22249. 31209. 3828 9. 


Im Jahr 1852 betrug die Tabak» Einfuhr an Paden, 
Koͤrben und Kiften 161,000. 

Daß der Verbrauh ded Tabaks in Deutfchland fort« 
während in Zunahme begriffen ift, erhellet ferner aus den 
amtlichen Berichten des Zollvereins. So betrug bie Gefammi- 


881 


Einfuhr von rohem Tabak in Blaͤttern und Stengeln im 
Jahr 1841 245,901 Zollcentner, im Jahr 1850 aber 
300,519 Centner. An Tabak⸗Fabrikaten, vorzüglich Cigarren, 
wurden im Jahr 1841 nur 3118 Centner eingefuͤhrt, im 
Jahr 1850 dagegen 41,201 Centner. 

Ebenſo verhaͤlt es ſich mit der Zunahme des Verbrauchs 
von Tabak in Oeſterreich, wie ſich auf eine überzeugende 
Weiſe aus den amtlichen Berichten der Direction der Kaifer- 
lich Defterreichifchen Zabak- Fabriken ergibt !). In den beutfch- 
flavifchen Provinzen betrug im Jahre 1842 der Verſchleiß an 
Rauchtabak im Ganzen 239,991 Str. 
(Darunter 1660 Gentner Cigarren, in der Zahl 
von 29,479,429 Stüd,) 
und an Schnupftabaf 33,318 Ctr. 

Zufammen 273,309 Etr. 

Sm Bahr 1845 erreichte der Verſchleiß an Rauchtabak 
fhon die Höhe von 265,755 Ctr. 
morunter 4,486 Gentner Gigarren mit einer 
Stüdzahl von 72,675,145 begriffen waren, Der 
Berfhleiß an Schnupftabak betrug 33,820 Str. 
Es erhöhte fi, fomit der Sefammt-Berfchleiß auf 299,575 Gir, 
und der Gelderlös auf 15,553,963 fl. 

Nach der Ueberficht des Tabak⸗Verſchleißes in Defterreich 
im Verwaltungs= Jahre 1852 betrug derfelbe in den deutfch- 
flavifchen Kronländern 4,229,163 Pfund Schnupftabaf, 
31,245,882 Pfund Rauchtabak in Padeten, und 362,487,85% 
Stüd inländifher und 6,949,716 Stud Havana = Cigarren, 
In den italtenifchen Kronländern wurden verbraudt: 1,678,351 
Pfund Schnupftabak, 1,911,808 Pfund Rauchtabak in Packe⸗ 


1) Ueber das Zabal: Monopol in Defterreich. Wien 1852. 4. Haupt 
überficht des Zabal:Verfchleißes, Wien am 1. Februar 1853, 


ten, und 94,925,825 inländifcher und 165,075 Havana - Ei- 
garren. In den ungarifchen Kronländern wurden confumirt: 
563,681 Pfund Schnupftabaf, 17,285,97% Pfund Rauchta- 
bat in Padeten, und 178,370,571 inlänbifhe Gigarren und 
1,945,214 HavanasCigarren. Der Geſammt⸗Verſchleiß an 
Tabak in allen Kronländern wird alfo angegeben: 6,471,195 
Pfund Schnupftabak, 50,443,662 Pfund Rauctabaf in 
Padeten, und 635,788,648 Stud Cigarren. 

Aus obigen Angaben ergibt fi, daß wohl niemals ein 
Genuß - Artikel in Deutfchland eine fo große und ſchnelle Ver⸗ 
brauchs⸗Zunahme erreicht hat ald der Tabak. 

Der größte Theil ded gegenwärtig in Europa verbrauch⸗ 
ten Tabaks wird in europäifchen Ländern felbft - erzeugt. 
England ausgenommen, ift die Gultur des Tabaks in allen 
Ländern Europas eingeführt, foweit es nur immer die Elima= 
tifchen Berhältniffe geflatten. In Deutfchland bob ſich der 
Anbau des Tabaks bereits zur Zeit des amerikaniſchen Frei 
heitö= Kriege, da die Zufuhr erfchwert war. Sehr in Zw 
nahme begriffen war berfelbe beſonders während der franzoͤ⸗ 
fifchen Sontinentals Sperre, welche die Zufuhr des amerika 
niſchen Tabaks ganz verhinderte ober doch fehr erſchwerte, 
und den Preis bedeutend ſteigerte. Won diefer Zeit an 
wurde in. der Rheinpfalg der Gentner Tabak, welcher am 
Ende des verfloffenen Jahrhunderts nur vier bis fünf Gul« 
ben galt, mit zwanzig bis dreißig Gulden bezahlt. 

Die Menge des in Mannheim ausgeführten Tabaks 
wurde zu Anfang dieſes Jahrhunderts nur zu 40,000 Gent« 
ner angefchlagen.- Bald darauf aber wurden im Badenſchen 
Unterrheinfreis allein mehr ald 86,000 Sentner Tabak erzielt, 
deren Werth zu 1,339,000 Gulden angefchlagen wurde. Seit 
dem Anſchluß Badens an den Zoll⸗Verein iſt die Cultur 


und Ausfuhr ded Tabaks fortdauernd in Zunahme begriffen. 
Nach amtlihen Berichten wurden im Jahr 1850 in ben 
Tabak pflanzenden Gemeinden bed Unterrhein»Kreiled auf 
11,753 Morgen 135,496 Gentner erzeugt, im Werthe von 
1,816,584 Gulden. Pfälzer Tabak, der ein vorzuͤgliches 
Dedblatt für Cigarren abgibt, ift nicht nur in Deutfchtand 
gefucht, fondern er wird feit einiger Zeit felbft nach England, 
Spanien und Amerika ausgeführt. Der Gefammt - Ertrag 
des im Großherzogthum Baden jährlich erzielten Tabaks 
wird zu 150,000 Gentner angefchlagen, im Werthe von 
2,000,000 Gulden. Die Gultur des Tabaks hat in ben 
legten Jahren auch in anderen deutfchen Ländern, im Großs 
herzogthum Heffen, in Rheinbayern, Franken, im Stönigreiche 
Würtemberg, in Thüringen, befonderd um Waſungen und 
Salzungen, im Stifte Magdeburg, in der Mark Brandenburg, 
in Schleſien u. f. mw. fehr zugenommen, 

Nah Dieterici’8 Angaben follen in den Ländern des 
beutfchen Zollvereins durchichnittlih im Jahr folgende Quan⸗ 
titäten Tabaks erzeugt werden: 
in Preußen 225,091 Gent, auf 33,404 Preuß, Morgen 


« Bayern 111,17 — - 19456 — — 
⸗Sachſen 1200 — ⸗ 205 — — 
⸗VWuͤrtemberg 60,000 — = 1000 — — 
⸗Baden 110,000 — =» 1347 — —. 
s Kurheflen 3955 — — 791 — — 
⸗Großh. Heſſen 13,608 — = 2268 — _ 
⸗Thuͤringen 3721 — ⸗ 8s822 — — 
⸗Braunſchweig 2358 — > 48 — — 


518,732 Cent. 850441 Preuß. Morgen 


1) Statiftifche Ueberficht der wichtiäften Gegenftände des Verkehrs und 
Verbrauchs im deutſchen Zollvereine, Berlin 1851. &, 255, 


a84 
Der Flaͤchenraum bed mit Tabak bebauten Landes würde 
etwa 3,74 geographiſche Quadratmeilen betragen. 
Nach der neuften, im Jahr 1848 von einer Commiſſion 
der Regierung6» Abgeordneten bed deutfchen Zoflvereind an⸗ 
geflelten Unterfuhung über die Zabak = Production in 
Deutſchland follen in ben Vereins» Staaten jährlich. 65,822 
Preußiſche Morgen mit Tabak bepflanzt werden, deren Er⸗ 
zeugniß zu 386,477 Zollcentnern angeſchlagen wird. In 
den Laͤndern des Hannoͤveriſchen Steuer⸗Vereins, in Schles⸗ 
wig⸗ Holſtein, Meklenburg und Lauenburg wird die Geſammt⸗ 
Production von Tabak zu 50,000 Centnern getchaͤtzt. Dem⸗ 
nach wuͤrde die Menge des jaͤhrlich in Deutſchland erzielten 
Tabaks, die Laͤnder des Oeſterreichiſchen Staats nicht mit 
gerechnet, gegen 436,477 Zollcentner, ober 43,647,000 Pfund 
betragen. Zu bemerken ift aber, daß die Tabak⸗Cultur feit 
dem Jahr 1848 noch bedeutend zugenommen hat. Nicht 
geringer iſt die Zabaf- Production in den Ländern der Oeſter⸗ 
reichifchen Monarchie. Ungarn foll jährlid gegen 25 Millionen 
Pfund Tabak hervorbringen, welche auf 44,000 Morgen 
Landes erzielt werben. Biel Tabak wird bei Tolna, Fuͤnf—⸗ 
firchen, Kospellag, Szegebin, Arad und Debrezin gebaut. 
Der befte Tabak waͤchſt bei Gjarmath, Palanka, St. Gott 
hardt und Debrö, Die Menge bed in Gallicien erzeugten 
Tabaks wird zu zwei und einer halben Mifion Pfund 
geſchaͤtzt, und die Siebenbürgens auf anderthalb Million 
Pfund. = | u 
. Obgleih nicht in Abrede geftellt werden kann, daß der 
zunehmende Anbau von Tabak für die Bewohner vieler 
Gegenden‘ Deutfchlands eine fehr ergiebige Quelle des Er» 
werbe, und felbft des Wohlſtandes und Reichthumes gewor« 
den ifl; fo erweiſt fidh die wachfende Gultur des Tabaks, bei 


genauer Erwägung doch für die Wohlfahrt der Gefammt- 
Bevölkerung als nachtheilig. 

Der Tabak verlangt zu feinem Gedeihen einen fehr guten, 
fruchtbaren Boden, welcher dem Anbau der Brob gebenden 
Serealien und der fehr nahrhaften Hülfenfrüchte entzogen 
wird. Seit der fi immer mehr ausbreitenden Cultur bes 
Tabaks ift diefer Preis der beften und Fräftigften Nahrungs 
mittel fortbauernd im Steigen, und ihr Genuß wird daher 
bei den unteren Bolföflaffen immer feltener, was für deren 
Wohl und Kraft die nachtheiligſten Folgen hat. 

Dazu kommt, daß die Gultur des Getreides noch von 
anderen Seiten fehr beeinträchtigt wird, namentlich durch die 
in neuerer Zeit ebenfalls ungemein in Zunahme begriffene 
Anpflanzung von Runkelruben, zur Erzeugung eines anderen 
Luxusartikels, des Zuders, den man fonft glei dem Tabak 
nur aud den Kolonien bezog. Viele taufend Morgen des 
fruchtbarften Aderlands werben jest mit Runkelruͤben bepflanzt, 
und ihre Cultur macht mit jedem Jahr größere Fortfchritte, 
wodurch der Anbau der Gerealien ebenfalls fehr beeinträchtigt 
wird, Runkelruͤben⸗Zuckerfabriken find in Deutfchland und 
Srankreich faſt überall angelegt. Im den Ländern des Zoll« 
vereind follen nach den neuften Angaben jährli gegen 
18,000,000 Gentner Rüben durdy:190 Fabriken verarbeitet 
werben. Im Böhmen befichen gegenwärtig 61 Kunkelruͤben⸗ 
Zuderfabriten und in Mähren 30, Im der ganzen Oeſter⸗ 
reihifhen Monarchie wurden im Jahre 1851 5,283,202 
Gentner Rüben -zu Zuder verarbeitet, gegen zwei und eine 
halbe Million mehr ald im Jahr 1847. Der Erlös aus 
der Rüben- Zuder- Fabrication betrug im Jahr 1851 in ber 
Deflerreichifchen Monarchie die Summe von 449,267 Gulden. 


Ebenſo verbreitet ift die Runkelruͤben⸗Zucker⸗ Fabrication in 
25 


Frankreich Im Jahr 1852 waren dafelbft 329 Rüben- Zuder 
Fabriken thätig, 25 mehr ald im Jahr 1851, welche 
86,265,470 Kilogramme Zucker producirten. Auf ſolche 
Weiſe werden viele Zaufend Morgen des beften und frucht⸗ 
barften Boden dem Anbau der Gerealien und Hülfenfrlüchte 
entzogen, wodurch deren Preis ebenfalls fehr vertheuert und 
fomit deren Genuß den unteren Volksklaſſen erfchwert wird. 
Außerdem ift noch in Anfchlag zu bringen, was bei der 
Zunahme der Bevoͤlkerung alle Beachtung verdient, daß bie 
in neuerer Zeit durch die Handels⸗Verhaͤltniſſe nothwendig ge⸗ 
wordene Anlegung von Eifenbahnen gleichfall& fehr viele Tau⸗ 
fend Morgen bes beften Landes dem Aderbau entzogen hat, 
und täglich noch entzicht. Da die Schienenwege vorzüglid 
nur in Ebenen oder in Flußthalern, alfo in dem frucdtbarften 
Boden, angelegt werden koͤnnen, der ſich vorzugsweife ‚zur 
Gultur der Brod gebenden Gerealien eignet; fo muß noth« 
wendig auch dadurch ein großer Audfall in deren Production 
entfiehen, weldyer ihren Preis ſehr fleigert, und fomit deren 
Genuß den unteren Volksklaſſen immer mehr entzieht. Nie⸗ 
mand wirb dies in Abrede ftellen, wenn.er erwägt, daß in 
Deutfhland nach den neueſten Angaben bereitd mehr als 
1431 Meilen Schienenwege vorhanden find, 1136 Meilen 
im Betrieb, und gegen 300 Meilen in Ausführung begriffen, 
und daß faft mit jedem Tage Projecte zu neuen Eifenbahnen 
auftauchen. Zur Anlegung einer Strede Eifenbahn von der 
Länge einer Meile wird durchſchnittlich ein Areal von wer 
nigftend 70 Morgen Landes erfordert, mobei das Land für 
die Bahnhöfe, Werkftätten und Magazine nicht in Anfchlag 
gebracht if, Folglich wurden durch Anlegung von 1431 
Meilen Cifenbabnen bereits mehr als 100,170 Morgen des 
beflen und fruchtbarfien Bodens dem Aderbau entzogen. 


887 


4 


Bei der fortbauernden Entziehung bed fruchtbarften Bo⸗ 
dens zur Erzielung von. Serealien und Hülfenfrüchten, theils 
durch die immer mehr fi vwerbreitende Gultur von Tabak 
und Runkelruͤben, zur Production von Lurus= Artikeln, welche 
Deutfhland ehemals aus anderen Weltiheilen bezog, theils 
durch die Anlegung neuer Eifenbahnen zur Beförderung 
des Verkehrs und Handels, lauft Deutfchland Gefahr, fich 
ber für die zunehmende Bevoͤlkerung nöthigen Subfiſtenz⸗ 
mittel immer mehr zu berauben. Notorifch iſt ed, daß wäh- 
rend der legten zwanzig Jahre mit der größeren Ausbreitung 
des Anbaus des Tabaks und der Runkelruͤben, und der An⸗ 
legung von Eifenbahnen, die Preife des Getreides fortdauernd 
im Steigen begriffen find. 

Die nachtheiligen Folgen der Vertheuerung guter Nahe 
rungsmittel treffen vorzüglich die unteren: Volksklaſſen, die 
Zagelöhner und Handwerker. An der dadurch hervorgebrach⸗ 
ten und immer mehr wachfenden Verarmung und ber 
zunehmenden Noth der unteren Volksklaſſen, die wohl nicht 
in Bmeifel gezogen werben Eönnen, hat mittelbar auch bie 
Ablöfung der Zehnten einen großen Antheil. Im Beſitz der 
Behnten waren, wie bekannt, vorzüglich die Regierungen, 
Kirchen, Schulen und milden Stiftungen, fowie der höhere 
Adel und bie großen Capitaliſten. Diefe haben das Zehnts 
ablöfungs» Capital meiſtens zum Anlauf von Grund und 
- Boden verwendet, und viele verfchuldete Zandleute fanden 
ſich bereit ihre Ländereien zu verkaufen. In den Beſitz jener 
gelangen auch vorzüglich die Ländereien derer, welche jaͤhr⸗ 
lich in der Zahl von vielen Taufenden, und mit jedem Jahr 
zahlreicher, Deutfchland verlaffen, um in einem anderen 
Welttheil eine neue Heimath zu fuhen. Auf folhe Weife 
ift ein fehr großer Theil des Grund und Bodens in ben 

25* 


388 


Befis von Stiftungen und großen Gapitalifien gekommen. 
Viele Landleute find Pächter geworden, die aber bei ber 
großen Goncurrenz den hohen Pacht nicht lange entrichten 
koͤnnen, verarmen, Zaglöhner und Proletarier werden. Seit⸗ 
dem fo viele Lündereien in den Beſitz jener gelangt- find, 
fleigen die Preife des immer feltener werdenden Getreides 
ebenfalls fortdauernd, und der Getreidehandel ift ein fehr 
einträgliches Gefhäft geworden. Die Regierungen, denen 
feit der Ablöfung der Zehnten Eeine Getreide Borräthe auf 
den Rent⸗ und Kammer- Boden zur Verfügung ftehen, be⸗ 
finden fidy nicht mehr wie ehemals im Stande, dem Wucher 
ber Getreidehändler durch Verkauf von größeren Maſſen 
Getreides um einen niederen Preis entgegen zu treten, Auch 
vermögen fie nicht mehr in Zeiten des Mißwachſes arme 
Landleute durch Getreide » Vorfchüffe zu unterflügen. Im 
obigen Verhaͤltniſſen find vorzuͤglich die Urfachen der in Deutſch⸗ 
land immer mehr einreißenden Noth und des wachfenden 
Elends der unteren Volksklaſſen zu fuchen. 

Den bei fortdauernder Zunahme der Bevoͤlkerung ſchon 
feit ‚geraumer Zeit fehr fühlbar gewordenen Mangel an guten 
Nahrungsmitteln hat man längft durd die eingeführte Cultur 
der Kartoffeln zu befeitigen gefucht, die jetzt uͤberall in ganz 
Deutfchland verbreitet if. Kartoffeln machen das -vorzüge 
lichfte, ja faft aheinige Nahrungsmittel, der unteren Volks⸗ 
Faflen aus, fowie der Bewohner in den unfrudtbaren Ge⸗ 
birg6» Gegenden des Schwarzwaldes, Weſterwaldes, der Rhön, 
des Wogelöberged, des Thuͤringerwaldes, des Harzes, bes 
Fichtel- und Rieſen⸗Gebirges. Sie find aber, wie fattfam 
erwiefen if, in Vergleich mit den Fleberhaltigen Serealien und 
Hiufenfrüchten ein fehr fchlechtes und unzureichendes Nahe 


rungsmittel, weil fle fehr wenige flidfloffhaltige Beftandtheile 
und folgli auch wenige nährende Materien enthalten. 

Wahrhaft beflagenswerth und für die Zukunft große Be- 
forgnifie erregend ift ed, daß mit der unter obigen Verhaͤlt⸗ 
niffen immer feltener. werdenden Benutzung der nahrhaften 
Getreidearten und Hülfenfrüchte und dem häufigen Genuß 
der fchlecht nährenden Kartoffeln, eine zunehmende Schwaͤchung 
und Entkräftung der unteren Wolköklaffen verbunden ift. 
Died ergibt ſich auf -eine überzeugende Weile daraus, daß 
unter denfelben jetzt viel häufiger als ehemals Krankheiten 
vorlommen, bie in gefchwächter, geftörter und mangelhafter 
Ernährung begründet find, wie Skropheln, Nhadhitis, tuber- 
Eulöfe Lungenſucht, Auszehrungen und Wafferfuchten. Unter 
den niederen Volksklaſſen und in ben armen Gegenden, wo 
die Bevölkerung vorzüglich auf den Genuß von Kartoffeln 
befchräntt if, deren Ernten noch bei der verbreiteten Kar⸗ 
toffele Krankheit fehr wenig ergiebig ausfielen, nimmt mit 
jedem Jahr die Zahl der Siechen, Verwachſenen, Kruͤppel 
und Blödfinnigen zu. 

Bei dem Mangel an kraftigen Nahrungsmitteln und 
dem daraus entfpringenden Öfteren Gefühl von Schwäche 
und Kraftlofigkeit ſtellt ſich unter den aͤrmeren Volksklaſſen 
eine größere Neigung und ein Öfteres Beduͤrfniß ein, Brannt- 
wein zu genießen. Auch das Rauchen und Kauen des narko⸗ 
tifchen Tabaks ift viel allgemeiner geworden, felbft bei Kna⸗ 
ben, als ehemals. 

Daß unter obigen Verhaͤltniſſen das phyſiſche Wohl und 
die Kraft des Volks wirklich in Abnahme begriffen iſt, das 
beweiſen unlaͤugbar und auf eine betruͤbende Weiſe die Con⸗ 
feriptions » Liſten. Mit jedem Jahr mehrt ſich, wie notoriſch 
iſt, die Zahl der zum Kriegsdienſt Untauglichen. Laͤngſt 


war man daher gendthigt, das Körpermaß der Gonfcriptiond« 
pflihtigen herabzufegen. Demohngeachtet befinden fich viele 
Gegenden, in denen große Armuth herifcht, und in denen 
die Bevölkerung vorzüglih auf den Genuß von Kartoffeln 
angewiefen ift, nicht mehr im Stande, die ihnen auferlegte 
Zahl von Rekruten zu fielen. Und auffallend ift ed gegen 
ehemals fo viele Beine unanfehnliche, faſt zmergartige Leute zu 
erbliden, weldye die Waffen tragen. Bald wird man felbfl 
gendthigt fein, leichtere Waffen einzuflhren. 

An der immer mehr einreißenden phyſiſchen Schwähung 
und Kraftlofigkeit der Bevölkerung Europas hat aber aud 
die in der franzöfifchen Revolution eingeführte Conſcription einen 
wefentlihen Antheil gehabt, welche ſchnell in allen europaͤi⸗ 
fhen Staaten, Großbritanien ausgenommen, Eingang ge 
funden hat. Die Eräftigfien jungen Männer, ohne körperliche 
Fehler und Gebrechen, wurden gendthigt Kriegsdienſte zu 
thun. In den blutigen Sriegen feit dem Jahr 1792, beſon⸗ 
ders in ben Eroberungsfriegen des in der Zerſtoͤrung von 
Menicyenleben Großen, ja Einzigen Napoleons, haben 
einige Millionen bluͤhender und Eräftiger Männer den Tod auf 
den Schlachtfeldern und in den Hofpitälern gefunden. Ueber 
die Sonfcription hat ſich ein freimuͤthiger Franzoſe, der Vi⸗ 
comte Saine, bereitd im Jahr 1813, da Napoleon nah 
der Schlacht bei Leipzig eine abermalige Aushebung von 
300,000 Mann anbefohlen hatte, in ber gefehgebenden Ver⸗ 
fammlung alfo außgefprohen: „Die Confeription if für 
Frankreich eine verhaßte Landplage geworden; feit zwei Jah⸗ 
ven mäht man jährlich dreimal Menſchen; ein barbarifher 
und zwedlöfer Krieg verfchlingt regelmäßig bie ber Erziehung, 
dem Aderbau, dem Handel und den Gewerben entrifiene 
Augend. 


801 


Bei einer ſolchen verderblichen Einrichtung in den Laͤn⸗ 
dern Europas blieben die ſchwaͤchlichen, mit mancherlei Ge⸗ 
brechen behafteten und zum Kriegsdienſt untauglichen Maͤnner 
in der Heimath zuruͤck, und ihnen war es uͤberlaſſen das 
Geſchlecht fortzupflanzen. Daß ſie keine kraͤftige Nachkom⸗ 
menſchaft erzeugt haben, beweist die Zunahme fo vieler ſich 
vererbender Krankheiten und die große Anzahl jebt lebender 
ſchwacher, fiecher, Praft» und charakterlofer Menfchen. Ein 
Beleg für obige Behauptung findet ſich in folgender Nach⸗ 
richt der preußifchen Wehr» Zeitung: Bei der lebten Erſatz⸗ 
aushebung hat fich bei den von der Hauptflabt Berlin ge 
ſtellten Mannfchaften ein fehr ungünftiges Verhaͤltniß hin⸗ 
fihtlich der Dienſt⸗Brauchbarkeit herausgeftellt. Unter 100 
geftellten jungen Leuten wurden kaum 20 vollkommen gefund, 
Eräftig und dienftfähig befunden. 

Sp fehr Naturforfher und. Landwirthe in neuerer Zeit 
darauf bedacht waren, die Raſſen der Hausthiere, der Pferde, 
Schafe und Rinder, zu veredeln, fo wenig haben die Staats⸗ 
männer verflanden die dabei gewonnenen Grundfüge zur _ 
Kräftigung und Veredelung der Völker in Anwendung zu 
bringen. Das Wohl und die Kraft der Voͤlker wurde ber 
Politii zum Opfer gebracht! 

Roc von einer anderen Seite hat bie Conſcription einen 
hoͤchſt verderblichen Einfluß auf die Wohlfahrt der europäifchen 
Staaten ausgeübt, den wir nicht umbeachtet laſſen wollen, 
Sie. hat nämlich die Regierungen genöthigt, um dad vermeint« 
liche politifche Gleichgewicht der Staaten aufrecht zu erhalten, 
fo große Heereömaffen aufzuftellen, wie fie in feinem früheren 
Zeitalter gefehen wurden, und fie hat die Regierungen zugleich 
in ben Stand gefeßt, dies mit Leichtigkeit auszuführen, Dabei 
haben aber die Stantöfchulden eine nie zuvor gefannte Höhe 


erreicht und drüdende Abgaben der verfciedenften Art find. 
eingeführt worden. Die Entrihtung hoher Abgaben wird 
jevoch für die mit dem Landbau fick befchäftigenden Unter 
thanen um fo fehwerer und drüdender, je mehr bei der Zur 
nahme der Bevölkerung feit der Einführung der Schugpoden- 
Impfung, dad Grund» Eigenthum immer mehr parcellirt und 
der Grundbefig der Einzelnen daher immer Heiner wird. 
Außer den in den angeführten Verhaͤltniſſen begründeten 
Urfachen, welche zur Verarmung und zur wachlenden Noth 
der unteren Volksklaſſen beitragen, gibt es freilich noch andere, 
die ich nur andeuten will. Dahin gehört die immer mehr 
fi) verbreitende Einführung von Mafchinen zur Bearbeitung 
von Baumwolle, Flachs, Hanf und Wolle, wodurd viele 
Zaufend fleißige Menfchen, beiderlei Geſchlechts, namentlich 
in Schleſien, Sachſen, Hefien und Weftphalen broblos ge 
worden find, und in großem Elend kaum ihre Leben zu 
friften im Stande find. Die- Anlegung von Eifenbahnen 
ferner, die fafl die alleinigen. Wege zum Transport von 
Derfonen und Waaren geworden find, haben vorläufig un⸗ 
laͤugbar einen nachtheiligen Einfluß auf den Wohlfiand der 
an ben ehemaligen großen deutfchen Handelöflraßen liegenden 
Meineren Ortfchaften gehabt, welche jet verlaffen und verödet 
find, und in denen immer mehr Vergantungen eintreten, Auch bie 
hohen GemeindesAbgaben, weldhe aus ber Foftipieligen Ver⸗ 
waltung der Gemeinden enifpringen, zerrütten den Wohlftand 
der Bewohner, Endlich ift noch die zunehmende Verbreitung 
der Juden in den Dörfern ein großes Verderben für die 
Landleute. In ihren Händen nämlich befindet fi faft allein 
der Vieh⸗ und Getreide» Handel, und fie find die gewoͤhn⸗ 
liche Bufluht der in Calamität gerathenden Dorfbewohner, 
welche fie durch unerhörten Wucher zu Grund richten, wie 


in .neuefter Zeit die vielen großen Wucher-Procefie in Rhein⸗ 
bayern bewiefen haben. Auch das Befitzthum derer, melde 
aus Deuifchland auswandern, geht meiflens durch bie ‚Hände 
ber Juben. 

Wie jene nicht zu verkennend große Webelflände, welche 
die Wohlfahrt der niederen Volksklaſſen Deutfchlands gefähr- 
den, und an denen ber zunehmende Gebrauch des Tabaks 
feinen geringen Antheil hat, zu befeitigen find, das wird für 
die Staatsoͤkonomen und Geſetzgeber eine ſchwer zu loͤſende 
Aufgabe fen. Mit jedem Jahr werben jene Webelflände 
bemerfbarer werben, jemehr der Anbau bed Tabaks und der 
Runkelrüben noh in Zunahme begriffen ift, und je mehr 
fruhibarer Boden. zur Anlegung neuer Scienenwege ver 
wendet wird, weldye ein Monopol der Regierungen und ber 
großen Kapitaliften find, Der Mangel guter, Fräftiger Nahs 
rungsmittel wird immer fühlbarer werden, und die Noth und 
das Elend der unteren Volksklaſſen wird bei der Erhöhung 
der Getreide» Preife noch mehr wachſen. Man überlaffe ſich 
dem Wahne nicht, als könne der nöthige Bedarf an Ges 
ireide leicht durch) bie Zufuhr aus weit entlegenen Ländern, 
aus ben Provinzen Rußlands, aus. den vereinigten Staaten 
Amerikas, aus Aegypten und Syrien beftritten werben. Eine 
folhe Zufuhr Tann durch eintretende Kriege unterbrochen 
und: unmöglich gemacht werden. Wie wenig aber auch eine 
folde Zufuhr in Zeiten des Friedens für bie armen unb 
unfruchtbaren gebirgigen Länder Deutfchlanbs ‚ in denen 
Gerealien nicht in hinlänglidyer Menge gebaut werden, unb 
die Zufuhr auf Koften ber Regierungen gefchehen muß, zus 
reichend iſt; das hat zur Genüge bie in jenen Ländern durch 
den Mißwachs der Kartoffeln öfters verurfachte Hungersnoth 
bewiefen. In Schlefien, auf dem Thüringer Wald, auf dem 


Fichtelgebirge, auf der Rhön und in andern unfructbaren 
Berggegenden wurben in ben lebten Jahren, wie fattfam 
befannt ift, viele Zaufend der wadern armen Bewohner 
durch den Hungertuphus weggerafft. Und der Unterhalt un- 
zaͤhliger ungluͤcklicher Waiſen fält den Regierungen und Ge 
meinden noch jetzt zur Laſt. 

Vielleicht möchten Staatsoͤlonomen auf den Gedanken 
Iommen, ben wachſenden Verbrauch des Tabaks durch hohe 
Befleuerung befchränten zu innen. Dadurch würde man 
nad unferem Beduͤnken wohl eine reihe Quelle von Ab 
gaben eröffnen, aber der Gebrauch des Tabaks, ber für fo 
viele Menſchen eine Art Lebens » Bebürfniß geworden ifl, 
würde dadurch wohl nicht vermindert werden. Ja es wäre 
felbft hart, vielen Armen einen Genuß zu rauben, bei dem’ 
fie fo viele Entbehrungen und Mühfeligleiten bes Lebens 
vesgeffen. Und es wäre ferner unflug, in jetziger Zeit eine 
neue Urfache zur Unzufriedenheit zu erweden. 

Der einzige Weg, jene Uebelftände zu mindern und zu bes 
feitigen, ift die Landwirihſchaft möglichft zu heben, zu verbefe 
fern, zu befördern und in größeren Aufſchwung zu bringen, 
um baburd) den, durch die zunehmende Cultur des Tabaks 
und der Runkeleüben, und die Anlegung von Eifenbahnen 
verurfachten Ausfall an Gerealien zu erfegen, In Deutfc« 
land befindet fi noch fehr viel uncultivirtes Land, .. Heiden, 
Moore und Moräfte, die urbar gemacht werden binnen. Man 
muß darauf bebadıt fein, Gewächfe anzubanen, welche ergie 
bige Ernten liefern und gute Präftige Nahrungsmittel abgeben. 
Auch die Viehzucht iſt no vieler Werbefferung fähig. He⸗ 
bung und Verbeſſerung der Landwirthſchaft fellten fi die 
Landflände vorzüglich zur Aufgabe machen. Ohne dies er 
veicht zu haben, wird die Noth und das Elend ber unteren 


Volksklaſſen noch immer mehr wacfen, und die Neigung 
und ber. Trieb fo vieler fleißigen Bewohner Deutfchlande zur 
Auswanderung in Zander anderer Welttheile wird fortbeftehen 
und noch mit jedem Jahre zunehmen, Arbeitfamen. Aus« 
wanderern eröffnen jene Länder wenigſtens die Ausficht, ſich 
die nothmwendigften Nahrungsmittel und Lebens Bedürfniffe 
leichter zu verfchaffen, als unter den gegenwartgen Verhaͤlt⸗ 
niſſen in Deutfchland. 

‚Die in den lebten breißig Jahren immer mehr zuneh⸗ 
mende Gonfumtion des Tabaks hat jedoch auch, was wir 
nicht verfehweigen wellen, einen günftigen Einfluß auf die 
Indufirie und mandye Gewerbe gehabt, Mit jedem Jahre 
bat fih die Zahl der Rauchtabak⸗ Cigarren⸗ und Schnupf 
tabab«Fabriten vermehrt. Viele Taufend Menfchen finden in 
ihnen Beſchaͤftigung und Unterhalt. In der ehemaligen 
Rheinpfalz beftanden im Jahr 1824 nur gegen 16 Tabak 
Fabriken, die kuͤmmerlich ihr Dafein frifleten, und geringe 
Sorten Rauch⸗ und Schnupftabak fabricirten, deren Abſatz 
anf die Pfalz befchränkt war. Im Jahr 1844 dagegen war 
ihre Zahl bereitd auf 26 gefliegen, und im Jahr 1852 bes 
teug die -Bahl der Tabak⸗ und Gigarren« Fabriken über 30, 
in Mannheim allein gegen 20, in denen mehrere Hundert 
Menſchen beſchaͤftigt find, Gegenwärtig befinden ſich ſolche 
Fabriken in allen deutſchen Laͤndern, faſt in jeder Stadt, welche 
ſehr gute Geſchaͤfte machen. Im Großherzogthum Heſſen 
zählte man im Jahr 1850. nicht weniger als 51 größere und 
Heinere Tabakfabriken, namentlih in Offenbach, Gießen, Als⸗ 
feld, Bingen und Worms. In Berlin allein follen fih im 
Jahr 1852 494 ZTabak-Fabriten und Tabakhandlungen bes 
funden haben. In Frankfurt, welches nach der letzten Züh- 
lung eine Bevölferung von 62,511 Einwohnern und eine 





‘ 


Sarnifen von 5000 Mann hat, beträgt nach eingezogenen 
Erkundigungen die Zahl der Raudj und Echnupftabal-Fa- 
briten 17. In 65 Laden werden nur Gigarren verkauft, 
und in 278 Kaufladen Schnupftabal, Cigarren und anderer 
Rauchtabak, alfo zufammen 360. 

Wahrhaft an das Unglaubliche gränzt die Cigarren Fa⸗ 
brifation in Bremen. Nach den neueften Nachrichten !) be 
fanden fi dafelbft im Jahr 1851, bei einer Einwohnerzahl 
von 70,000, nidyt weniger als 1708 Gigarren-Fabrifen mit 
5371 Arbeitern, 4106 männlichen und 1264 weiblichen Ges 
ſchlechts. An feinen Tabaken wurden zu Gigarren verarbeitet 
5,301,000 Pfund, im ohngefähren Werthe von 1,000,000 
Thalern Gold. Werfertigt wurden 327,624,000 Stüd 
Cigarren, im Werthe von 2,376,742 Thalern. Won- diefen 
wurden feewärts ausgeführt 76,455 Mile im Werthe 
von 253,776 Thalern, und land⸗ und flußwärts 251,169 
Mile im Werthe von 1,882,056 Thalern. Die Cigarren- 
Zufubt aus Havana und anderen. überfeeifhen Plaͤtzen 
betrug im Jahr 1851 5890 Mile, im Werthe von 
102,950 Thalern. Darunter befanden fih auch Columbia 
Gigarren von vortrefflicker Qualität. Die Zotal- Ausfuhr 
von Eigarren aus Bremen im Jahr 1851 betrug 285,921 
Mitte in Bremen fabricitter und 4711 Mille Havana-Gigarren. 
Der durcfchnittliche Preis Bremer Gigarren war im Jahr 
1851 714 Thaler für das Mille, und der Havana-Gigarren 
23%, Thaler. Im Iahr 1850 dagegen betrug der Preis 
der Bremer Gigarren nur 6%, Thaler für das Mille und 


) Ueber Bremens Gigarren- :Gefhäft im Jahr 1851 vom Mater £, 
Schäfer; in der Bellage zu Nr, 49 des Bremer dandelsblatts 
vom 11. Sept. 185%. 


297 


der Davana-Gigarren 2124 Thaler, Der Preis der Cigarren 
if alfo im Steigen. - 

An den Staaten des Zollvereind wurden in den legten 
Jahren durhfchnittlich ‚gegen 22,000 Gentner. Gigarren ein 
geführt, von denen für den Zoll⸗Centner früher 15, jet 
20 Thaler Steuer bezahlt werden muͤſſen. Wie fehr ber 
Cigarren⸗Verbrauch auch in den Oeſterreichiſchen Staaten iu 
Zunahme begriffen ift, beweifen folgende ftatiftifche Angaben, 
Im Sahr 1845 wurden in der Monarkhie, mit Ausſchluß 
von Ungarn und den Nebenländern, 76 Millionen Stud 
Gigarren verkauft. Im Jahr 1850 wurden aber in Wien 
allein 87 Millionen - verbraucht, während der. Sefammt-Bers 
kauf fich auf 360 Mitiionen belief, Durch die Ausdehnung 
des Tabak⸗Monopols auf Ungarn fchägte man den Geſammt⸗ 
Abſatz für das Jahr 1851 auf 600 Millionen Gigarren, 
Der Verbrauch von Raud) und Schnupftabaf hat dabei nicht 
abgenommen, eben fo wenig die Menge der auf Rechnung 
des Staats eingeführten Cigarren. 

Der Tabak ift ferner in allen Rändern Europas als eine 
ſehr ergiebige Quelle zur Verbefierung des Staats⸗Einkom⸗ 
mens benugt worben, indem man ihn mit Steuern belegte, 
oder bie Fabrikation und den Verfchluß für ein Regal der 
Regierungen erklärte, und diefelbe in Pacht gab oder in Regie 
nahm. In den bdeutfrhen: Ländern des Öfterreichifchen Kaiſer⸗ 
ſtaats wurde das Tabak⸗Monopol zuerft im Jahr 1670 dem 
Grafen von Khevenhüller in Pacht gegeben. Wald das 
rauf wurde bie Tabak⸗Regie eingeführt und diefe iſt in neu⸗ 
ſter Zeit auch auf Ungarn und Siebenbürgen ausgedehnt 
worden. Man verfpricht ſich davon eine jährliche Einnahme 
von 20 Millionen Gulden C. M. In Preußen führte Fries 
drich der Große im Jahr 1765 das Tabad-Monopol ein, 


welches Anfangs in Pacht gegeben und dann in Abminiflra- 
tion genommen wurde, Im Etatsjahr 178586 warf die 
TabaksRegie eine Einnahme von 1,286,289 Thalern ab !). 
Späterhin fand man «8 raͤthlich das Monopol aufzuheben. 

Nah den neuſten Angaben wird im Jahr 1851 der 
Reinertrag der Tabak⸗Gefaͤlle in den verſchiedenen Staaten 
Europas alfo angefchlagen : 


in Frankreich zu. 88,640,406 France. 

‚= Öroßbritanien .» 89,60000 — 
» Spanien =»  23,638,8898 — 
. Portugal « 7,161,00 — 
« - Sardinien . 7206,11 — 
-Kirchenſtaat -  8,07750 — 
.« Toscana :»  2,30000 — 
» Neapel | s : 4,681,600 — 
s Rußland (ohne Polen) » 7,605,8356 — 
Daͤnemark 288,000 — 
⸗Schweden ⸗ 401,260 — 

⸗Norwegen :» 631,750 — 
⸗ den Niederlanden ⸗ 168,750 — 
⸗Belgien ⸗ 761,250 — 
. Oeſterreich »  22,902,502 — 


Im Zollverein betrug der Eingangszoll für Tabak im Jahr 
1851 2,317,090 Thlr., und im Jahr 185% 2,382,420 Thlr. 
In mehreren Ländern des Zollvereins, in Preußen, Sach 
fen, Kurhefien, Thüringen und Braunfchweig unterliegt der 
im Lande gebaute Tabak ebenfalls einer Steuer. Die Steuer, 
welche nach der Größe der jährlich bepflanzten Fläche, in vier 


1) Preuß, Lebens: Gefchichte des großen Königs. Berlin 1834. B. 2. 
©. 12, —— 


Abftufungen. entrichtet wird, beträgt von je 6 Preußlfchen 
Quadratruthen mit Tabak bepflanzten Bodens: 
- in der erſten Claſſe 6 Eilbergrofchen 


— jmeiten — 5 — 
— dritten — 4 — 


In Belgien, Wuͤrtemberg, Baden, im Großherzogthum 
Heſſen, in Naſſau und Frankfurt unterliegt der inlaͤndiſche 
Tabak keiner Beſteuerung, ebenſo nicht in den Laͤndern des 
Steuervereins. 

So uͤbt alſo der von den Indianern Amerikas ſtammende 
Gebrauch des Tabaks einen maͤchtigen Einfluß aus auf die 
Sitten, den Handel, den Landbau, die Gewerbe und die Fi 
nanzen,. Das narkotifche Kraut ift für Millionen Menſchen 
des Ir und Auslandes eine ergiebige Quelle des Erwerbs 
und für viele eine Quelle des Reichthums geworben. Xen 
der anderen Seite laffen fi aber auch feine großen nach⸗ 
theiligen Wirkungen auf die focialen WBerhältniffe nicht - in 
Abrede flellen. Wie diefe zu befeitigen oder nur zu befhrän- 
ten find, das dürfte ein ſchwer zu. löfendes Problem fein, 


N 








Bei allen Völkern der Erde wird eine Neigung wahrge 
nommen, fih in den Zufland einer Aufregung zu verfehen, 
den man Rauſch nennt, und ber fo viele Abflufungen zeigt, 
von der bloßen Eraltation und leichten Ummnebelung der 
Pſyche bis zum gänzlichen Erlöfchen bewußter Seelenthätig- 
keit. In dieſer Abſicht haben bie Voͤlker eine fehr große 
Anzahl höchft verfchiedenartiger, mehr oder weniger kuͤnſtlich 
bereiteter Mittel erfunden. Außer den vielen und fo mannig- 
foltigen geifligen Getränken gehört dahin der bei afiatifchen 
Völkern eingeführte Genuß des Opiums, der bei ben Be⸗ 
wohnern der Suͤdſee⸗Inſeln üblihe Trank des Raufchpfeffers 
(Piper inebrians 8. methysticum), als Ava- oder Kava⸗ 
Trank befannt, und der beiden Kamtfchadalen, SKoriaken, 
Zakuten, Zungufen und Buraten fo beliebte Genuß bes 
Fliegenſchwamms (Agaricus muscarius s. Amanite mus- 
earia). Außerdem werden aber noch verfchiebene vegetabi- 
liſche Subſtanzen gleich dem Tabak, ald erregende und be 
saufchende Mittel, geraucht, geichnupft oder gekaut. Dahin 
find zu zählen das in Aſien uͤbliche Rauchen von Hanf und 
Opium: das Schnupfen von Vupa⸗, Niopo⸗ und Parica⸗Pulver 
‚bei vielen Indianer⸗Voͤlkern Suͤdamerikas; und das Kauen 
bes Betels in Alten, des Kaads in Arabien, der Guru⸗Nuͤße 
in Afrika, und das Kauen der Coca in Südamerila. Die 
Wirkungen diefer Genußmittel, weldye in vieler Hinficht denen 
des Tabaks ähnlich find, wollen wir hier noch näher betrach⸗ 
ten, indem ihr Gebrauch für viele Völker ebenfo ein Lebens 
Beduͤrfniß geworben ift wie der Tabak. 


401 


XVII. 
NHauchen von Sanf. 


In vielen Ländern Aſiens bedient man fi zum Rauchen. 
ſtatt des Tabaks des gemeinen Hanfs (Cannabis sativa), 
eines Gewaͤchſes aus der Familie der Urticeen, welches nar⸗ 
kotiſche Eigenſchaften hat, und in Perſien, ſowie in den ge 
maͤßigten Ländern Aſiens einheimiſch iſt. Nah Kämpfer) 
iſt dieſer Gebrauch in Perſien ſehr verbreitet, wo der Hanf 
Hachychah over Haſchiſch heißt. Auch die gemeinen Tuͤrken 
und Aegypter rauchen Hanf, welcher den Namen Maslac oder 
Malady führt. Nah Niebuhr?) pflegen ferner die Araber 
der niederen Claſſen getrodnete Hanfblätter zu rauchen, oder 
diefelben dem Tabak beizumengen, während fi nur die Vor⸗ 
nehmen des unvermengten Tabaks bebienen. In Arabien 
wird ber Hanf Bang, Bueng ober Bandje genannt, 

In Perfien und Syrien herrfcht ferner der Gebrauch, aus 
den Blüthen der weiblichen Hanfpflanze, die man klein flößt 
und in heißer Aſche erwärmt, einen Zeig zu bereiten, aus bem 


1) Amoenitates exoticae. p. 645. Dorvault Zur Naturgefchichte, 
Chemie und Pharmakologie des Haſchiſch, in Bulletin de Therapie. 
Det. 1848, 

2) Beichreibung von Arabien ©. 75. 

26 


man Meine Kugeln formt. Diefe fest man dem Tabak zu, 
um ihn Eräftiger und erregender zu machen. Ein halbes 
Quentchen diefes Hanfs in einer Pfeife Tabak ift hinreichend, 
einen Menfchen trunfen zu machen, 

Auch in Indien ift das Rauchen von Hanf hin und wie 
der gebräuhlih. Man bebient fi der Indiſchen Hanfart 
(Cannabis indica), weldye Charas, Chirras oder Bang heißt, 
Die Bewohner Kaſchmirs, ſowohl das gemeine Volk, als die 
Brahminen, rauchen nah von Hügel!) vorzüglich die ges 
trodneten Blüthen des Hanfs, weldher an unbebauten Ge⸗ 
genden, befonderd am Himalaya, in großer Menge wild 
wählt, Die Vornehmen gebrauden dabei das Perſiſche Ga- 
lyoun, das oft mit Silber und Gold verziert iſt. Schr ein 
fach dagegen ift der Rauch⸗Apparat des gemeinen Manned, 
welcher aus einer ausgehöhlten Kokosnuß befteht, die zur 
Hälfte mit Waßer gefünt wird. In eine Oeffnung der Nuß 
wird der irdene Pfeifenfopf und in eine andere das Rohr 
eingefegt. Die GoherBrahminen jedoch enthalten ſich des 
Bang⸗Rauchens und der geiftigen Getränke ganz. 

Dem Hanfrauchen fehr ergeben find ferner, wie Ham il 
ton?) und Frafer?) berichten, die Bhotyas oder Bhuteas, 
welche dad Land Bhot oder Bhotan m der Alpen⸗Region, 
an den hohen Schnee-Pils der Himalaya » Gebirgskette vom 
Indus bis zum Brahmaputra bewohnen. Auf dem Markte 
zu Kathmandu ift der Charas ein wichtiger Handekd-Artikel. 
Das Hanfrauchen kommt auch bei den Usbeken, Zataren 
und Chinefen vor, Erftere feßen dem Hanf oft noch Opium 


ı) Kaſchmir und das Reich der Siek. Stuttgart 1840. B; 2. &, 265. 
‚mit einer Abbildung. . 

2) Account of Nepal p. 212. 

®) Journal of a Tour through Himalaya p. 212. 





zu. Dem Rauchen des Hanfs find endlich die Hottentotten 
und Saffern fehr ergeben. 

Dad Rauchen des Hanfs hat nah Charbin!), von 
Hügel u. A. ähnliche Wirfungen wie das Opium, es ver- 
urfaht Aufregung, Heiterkeit, ein angenehmes Delirium, 
Beraufhung und wollüftige Träume Doch wirft es nicht 
fo einfchläfernd und .petäubend, und hat nicht die nachtheili- 
gen, die Gefundheit zerrüttenden Zolgen, wie das Opium. 

Der Gebrauch, Hanf aus Geräthfchaften zu rauchen, welche 
den Tabakpfeifen ähnlich find, feheint in Perfien, Indien und 
Ehina ſehr alt zu fein; woruͤber fich aber nichts Gewißes aus—⸗ 
fügen läßt. Vielleicht iſt ex hier felbft älter ald das. Tabak⸗ 
tauchen, und dieß hat-die Weranlaffung zu der Meinung 
einiger Schriftfelken..gegeben,. daß biefes fchon vor der Ent 
dung Amerikas in Aften uͤblich geweſen ſei. Jedenfalls 
aber war das Kraut, weiches man ſchon früh m Aſien rauchte, 
nicht Tabak, ſondern Hanf, und jener. wurde erſt nach ber 
Entdeckung des neuen Continents in Aſien bekannt. 


) Voyage en Perse T. 4. p. 208. _ 


26* 


Das Opium-Raucden iſt feit geraumer Zeit in Alien ge 
bräuchlich, und fcheint in Perfien, dem Baterlanbe des Mohns, 
feinen Urfprung genommen zu haben. Won da gelangte «6 
nach Indien, wo es an den üppigen, unb von jeher allen 
Sinnes⸗Genuͤſſen und Wollüften .ergebenen Höfen bald Ein- 
gang fand, Nah Ferifhta!), dem Geſchichtſchreiber der 
Mahomedanifchen Herrfchaft in Indien, follen ihm die Groß 
moguls oder Kaifer von Hindoſtan aus der Familie ber 
Baburiden, namentli Akbar, fchon fehr ergeben geweſen 
fein, Jetzt ift e8 vorzüglich bei den Raiputen im Schwunge. 
Bon Indien verbreitete fich der Gebrauch nah Ceylon, Java 
und den Sunda⸗Inſeln, fowie nah Siam, Sohindina, China, 
Korea und Japan. In China wurde bereit zu Anfang des 
fechszehnten Jahrhunderts Opium aus Indien eingeführt. 
Der Portugiefiihe Seefahrer Odoardo Barbofa?) meldet 
in feinem Berichte über die im Jahr 1519 unternommene 
Indifhe Reife, daß die Chinefen in ihren Dſchonken Waaren 
nach Indien führten und Opium als Rüdfraht nahmen. 


ı) History of the Mahomedanian Power in India; translated by 
Briggs. T. 2. p. 83. 253. 
2) Ramusio delle Navigazione. Venezia 1563. T. 1. 


406 


Laͤngere Zeit fcheinen auch die Portugiefen Opium von Macao 
nach Kanton gebracht zu haben. Des Opiums bediente man 
fih in China jedoch in früherer Zeit nur als Heilmittel. In 
dem chinefifchen Werbe, welches ums Jahr 1600 unter dem 
Titel Penczao erfchien und eine allgemeine Naturgefchichte 
enthält, wird der Mohnfaft unter dem Namen Osfusjung oder 
D-pien nur ald ein wirffames Mittel gegen die Ruhr und bie 
Melancholie. aufgeführt. ' 

Der Verbraud des Opium, welches: jeßt Ja⸗pien oder 
Rauſchtrank genannt wird, fcheint in der letzten Hälfte des 
vorigen Jarhunderts noch fehr gering geweſen zu fein. Die 
engliſch⸗oſtindiſche Sompagnie, welche feit dem Jahre 1773 
im Beſitze ded Monopols des indifchen Opium- Handels ift, 
fenbete im Jahr 1794 nur gegen 200 Kiſten Opium aus 
indifgen Hafen nach Kanton I). Seit diefer Zeit aber hat 
fih: das Opium- Rauchen, welches Anfangs nur im Geheim 
geſchah, ungemein verbreitet. Die chinefifhe Regierung ers 
kannte fehr bald die fchädlihen Wirkungen diefes Gebrauchs. 
Der Kaiſer Kien Long erließ daher im Jahr 1796 ein 
Verbot gegen bie Kinfuhr des Opiums. Da diefes das 
Opium⸗Rauchen nicht unterdrüdte, fo wurde ed unter An- 
drohung von Stodfihlägen und der öffentlichen Ausſtellung 
mit dem hölzernen- Haldfragen verboten, Auch diefe Strafen 
blieben ohne Wirkung und die Zahl der Opiumraucer nahm 
immer mehr zu, ja das Rauchen wutde bald fo allgemein 
wie in Europa das Tabakrauchen. Im Jahr 1801 wurde 
daher die Einfuhr, der Verkauf und das Rauchen des Opiums 
bei Strafe der Einferferung, der Verbannung, ja felbft bei 
Todesſtrafe unterfagt. Die Regierung hat ferner nicht unters 
Iaffen, in ihren Berfügungen den nachtheiligen Einfluß des 


!) Opium Trade; im Asiatique Journal 1826. Vol. 20. p. 30. 





> 


406 


Opiumrauchens auf die Gefundheit und die Sätlichleit bes 
chinefifchen Volks zu ſchildern. Sie bezeichnete «8 als «in 
Gift und bot alles auf, die moraliſchen Gefuͤhle ber Chinefſen 
dagegen rege zu machen, fowie das Ehrgefuͤhl ver fremden 
Kaufleute gegen einen Handel in Anfpruch zu nehmen, wei- 
her das Wohl des Wolks zu zerflören drohe. Alles Dies blieb 
ohne den gewimfchten Erfolg; denn der Weiz des Senufles 
übte eine folhe Macht aus, daß fi das Opiumrauchen über 
ganz China und unter allen Ständen verbreitete, und Telbft 
in den Faiferlihen Pallaft zu Peling eindrang. " 
Seit dem Umfihgreifen des Opiumrauchens in China hob 
fich die Production ded Opium in Indien ungemein, namentlich 
in den Provinzen Benares, Patna und Malwa; tind ver reiche 
Ertrag der Ernten wiutde zu hohen Preiſen verkauft. Die oflin- 
bifche Compagnie zahlt den -Yröducenten fr die Kiſte Mpium 


durchſchnittlich 35 Pfund und verkauft fie in tm Autionen 


richt felten um 150 Pfund. Wie :fehr der Mekbrauch de 


-Dpiums in China zunahm, erhellet aus den vlitiſchen : Gare 
dels⸗Berichten ). Im Yahr 1810 bettug die Zahl der aus 


Indien in Kanton eingeführten Opium⸗ Kiflen bereits 2300, 


Mita ° ODeollars nn,” 

Im Jahr 1816 wurden. 3,310 im Werthe.von - 3,657,000 eingefüprt. 
— 190 — 470 — — 5,0080 — 
— 1828 — 9,621 — "7608205 ° — 
— 1830 — 18560 — —: 1300,01 — 
— 1832 — 258,7166 — — hl, 
— 1836 UM WO, — 


Im Jahr 1837 wurden 34 ‚000 und im Jahr 1838 ſogar 
48,000 Kiſten eingefuͤhrt, nachdem der Preis fuͤr die Kiſte 
von 1139 auf 600 Dollars herabgeſunken war. 


1) Singapore Chronicle p. 826. Aslatique Journal Vol.'23. p. 40. 


Dictionary of,Commerce p. 563. aeg 


ur r?' 


- . Auf ſolche Weife deckten die Engländer durch die Opium⸗ 
Einfuhr nit nur den Saldo des aus China ausgeführten 
Thees und anderer Waaren, fondern fie zogen felbit oft große 
Summen aus dem Bande, indem ber Preis einer Kifte Opium 
zumeilen bis auf 3000 Dollar flieg. 

Opium wird ‚außerdem in China aus den Hafen ‚ber Les 
vante durch Schiffe der Vereinigten Staaten eingeführt. 
Diefes ift jedoch bei feinem größeren Gehalte an Morphium 
als das Indiſche Opium, und feiner Bitterkeit wegen, von 
den Ehinefen weniger gefrkäßt. 

Im Sahr. 1838 fand fich die chinefifche Regierung be⸗ 
wogen, ben Großmandarin Lin von Peking mit ausgebehn- 
ten Vollmachten nach Kanten zu fenden, um den verhqßten 
Opium Handel mit ‚einem Schlage zu zesflören, Durch kraͤf⸗ 
tige Maßregeln zwang er bie englifchen Kaufleute in Kanton, 
das in den Schiffen und Magazinen befindlihe Opium: an 
die chineſiſchen Behörden auszuliefern. Mehr als ‚20,000 
Kiften, angeblich im Werth von 4 Millionen Pfund Sterling, 
wurden: den Chinefen übergeben und von ihnen zerflört. Dieß 
gab hie Veranlaſſung zu.dem im Sahr 1840 zwiſchen Groß- 
‚britanien und China quögebrodenen Krieg, deſſen ungluͤck⸗ 
Hier Ausgang. für das himmlifche Reich der Mitte bekannt 
ih Durch den am, 26, Auguft 1842 abgefchlofienen Frie⸗ 
dens⸗Vertrag hat bie britifhe Regierung die Verpflichtung 
‚Abernommen, den Handel: ihrer Unterthanen mit Opium nach 
‚China nicht zu geflatten. Das Werlangen ber Chinefen 
nach dieſem ihnen zum Beduͤrfniß gewordenen Genufle iſt 
aher fo unwiderſtehlich, daß fie den Schleichhandel mit 
diefem Erzeugniß des britiihen Indiend nad wie vor be» 
günftigen. Und diefer wurde noch durch die Abtretung 
der Infel Hong⸗kong an die Briten, fowie dur bie Eroͤff⸗ 





nung der Hafen von Emoy, Fu⸗ſcheu⸗fu, Ning-po unb 
Schan⸗hai für englifche Schiffe fehr befördert. 

Einige zwanzig englifche Schiffe, jedes von 4 bis 500 
Tonnen Gehalt, find no immer mit dem Schmuggel-Dandel 
des Opiums in Kanton befchäftigt, der auf folgende Weile, 
wie vor Ausbruch ded Kriegs, betrieben wird. Das Opium 
wird ald eine verbotene Haare in Kanton niht in Mage 
zine gebracht, fondern es wird in befonderen Magazin Cchif- 
fen (Store-Ships) aufbewahrt, Diefe Tagen vor dem letzten 
Kriege an der Beinen Zelfeninfel Linting von der Bocca 
Tigris; oder in den zahlreichen Durchfahrten zwiſchen den 
Inſeln an der Küfle vor Anker. - Nach dem Ausbruch der 
Seindfeligkeiten hatten fie ihren Standort in der Bai von 
Zeipa bei Macao oder auf der Rhede von Hong-fong. Der 
Schmuggelhandel wird auf zweierlei Weiſe betrieben 2). Eat 
weder werben die Opium SKiften auf Beine engliſche Fahr 
zeuge gebracht, die längft den Küften hinfahren und in be 
flimmten Buchten anhalten, um die Waare an befannte ver 
traute Ehinefen abzufeken. Ober aber wohl bewaffnete Ehine 
fifche Schmuggler- Schiffe, Tſcheong⸗long⸗ tien genannt, he 
len das Opium von den Englifhen Magazin- Schiffen ab, 
und übergeben es ben in den zahlreichen Armen des Kanton 
flufies harrenden Chinefifchen Handelsleuten. Das Opium 
wird fletd nur gegen Silber abgefeßt, feien es nun ſpaniſche 
Diafter, oder Silberbarren (Seisi). Das Geld wird von 
ben am Bord ber Magazin-Sciffe befindlichen Wechslern 
gewogen, und erfi wenn das Silber als rein erfanht und 


bie Zahluug volftändig iſt, geſchieht die Auslieferung des 
Opiums. — 


1) Revue de l'Orient. Nov. 1844. 


@ . 


> 408 


Einige hundert ſtets in der Bocca Tigris kreuzende Ehi⸗ 
nefifthe Krieg Schiffe, und die ſchweren über die Opium 
Händler verhängten Strafen vermochten bisher ben Schleich⸗ 
handel nicht zu verhindern. . Die dem Opiumraudyen meiſt 
leidenfchaftlich ergebenen Beamten, fowohl die niederen als 
höheren Mandarinen, find im Dienfle nadläffig oder beſtech⸗ 
lich. Ihre Nachſicht wird durch anfehnlihe Geſchenke oder 
burch gewiſſe Procente son der Summe des verkauften Opiums 
erfouft, und fo Iaffen fie den Handel ungeflört. Uebrigens 
wiſſen fie, daß die wohl ‚bewaffneten Schmuggler » Schiffe 
noͤthigenfals den Behörden kraͤftigen Widerfland leiften und 
ſich gegenfeitig helfen. Können diefelben den Kriegsfchiffen 
nicht entkommen, fo knuͤpfen fie-mit den Befehlshabern Unter 
hbandlungen an, ober fie reichen große Geſchenke. Nur in 
der äußerftien Noth, wenn bie Horderungen ‚der Mandarinen 
zu hoch, ober diefe unbeflehlich find, was felten der Falk ifl, 
laſſen ſich die Echleichhändler in ein Gefecht ein, das ſiets 
fehr hitzig ift. Unterliegen fie, fo fuchen. fie da6 Land ſchwim⸗ 
mend zu erreichen, Schiff. und Ladung den Giegern über 
laſſend. Die ergriffenen Scruuggler werden mit dem Tode 
beſtraft. 

Ueber: daB Rauchen von Sriun, deſſen Auhereilung 
Die dabei gebräuchlichen ‚Geräthfchaften und. feine Wirkungen 
auf die Raucher haben - mehrere Engliihe Aerzte, die. China 
beſuchten, ausführliche Nachrichten gegeben. Zu dieſen ge 
hören Sigmond)), G. H. Smith 2), der ſich sine :Beit 
lang auf Pulo Penang in der Straße Malacca aufhielt, 


en 
I) Transactions of the medico-botanical Society in London. 


2) The Lancet 19. Febr. 1842. Frorieps. Reue Rotizen. su 1842. 
Nr. 487. &. 39. , 


ferner W. Pherfom H, welcher zwei Iahre in China lebte, 
und Hill 2), der Arzt der Fregatte Sunda, die an der Infel 
Heinan fcheiteste und deren Mannſchaft unter dem Schutze 
der Chinefifchen Regierung nach Kanton geführt wurde, 
Das Opium wird nicht in rohem Bufland geraucht, fon- 
dern es wird zuvor gereinigt. : Das gereinigte Opium führt 
ben Namen Tſchandu, und wird zu hohen Preifen verkauft. 
Zu feiner Bereitung verwendet man om haͤufigſten das Opium 
von Benares, bas am wohlfeilten if. Die reihen Chinelen 
geben dem Opium von Patna den Vorzug, weil ed einen 
feineren Duft verbreitet, und ſtaͤrker und nadjhaltiger wirkt. 
Das Iſchandu wirb auf folgende Weife bereitet: Das fein 
zerichnitiene Opium wird mit Waſſer ‚gekocht, wobei man die 
auf die Oberfläche ſteigenden Unteinigkeiten abſchäͤumt. Die 
durch Kattun gefeihte Fluͤſſigkeit Aaßt man dann in einem 
Rachen Gefaͤß bis zur Comfiſtenz eines Teigs eindicken. Diefen 
breitet man in Form duͤnner Kuchen aus, welche nach den 
Grkalten in ſchmale Streifen gefchnitten, nochmals im Waſſer 
geloͤſt, durch Abdampfen kingedickt, und enblich zu Kugeln 
geformt. werden, welche das Ausſehen und hie Conſiſtenz ˖von 
Pech haben. In diefem gereinigten Zuflande wird das Opium 
‚yan ıNuuchen-benabt,.meikties wenigſtens bie doppelte Kraft 
des rohen Opiums hat Die GChineſen fuͤhren vu Dſchandu 
in einer Nkleinen! hoͤlgernen oder metallenen Maſe bet ſich, 
welchee die u Groͤße eines Fingerhuts hat. Das. einmal ge 
:brauhie Tſchandu ‚hat ſeine Kraft noch nicht ganz verloren, 
‚8 wird ms. den Pfeifenkoͤpfen geſammelt, und heißt Kal 
Tſchandu oder Opium⸗Dreck. Dieſes bedienen ſich die aͤrmeren 
Leute zum Rauchen. 


ne ..‘ I zn & ; 


Two Years in China on et 
2) The Times, er nd BE 





211 


Der zum: Opium Raurhen nötige Apparat beftcht aus 
einer kleinen Lampe, einer ſtaͤhlernen Nadel und der Opium⸗ 
felfe. Dieſe iſt aus eimem etwa 18 Zoll langen Rohr von 
Bambus ‚oder 'Ebenhotz ‚und einem meßingenen Bfeifenkopf 
zufammengefegt, welcher die. Beftalt einer Birne hat. An 
dem oberen abgeſtutzten breiten Ende befindet ſich in ber 
Mitte eine Peine Deffnung, die groß genug ifl, um bie 
Spitze ber Model: mit: eimem Stuckchen brennenden Opiums 
eimzuflihven. Die ärmeren Klaffen uͤberlaſſen ſich dem Raw 
en in. eigens eingerichteten oͤffentlichen Buben, in denen an 
sen Wänden mehrere Bänfe von Bambusrohr, mit Matten 
oder Rattund aufgeftellt find, auf welchen fich die. Raucher 
 nieberlegen. Die Vornehmen haben in: ihrer Wohnung ein 
:tlegant moͤblirtes Gemach, in dem fie bie Preunde mit 
Eſchandu und Thee ‚bewirthen. Nachdem fich die Raucher 
auf die Lager ausgeftredt-haben, :nehmen fie aus ihrer. Opium⸗ 
Buͤchſe eine Meine Quantität Tſchandu von der Größe .einer 
Erbfe, und befefligen fie an der Spitze einer ſechs Zoll langen 
Nadel, Diefe ſetzen fle einige Sekunden lang der Flamme 
wir: Bampe ans, bis ſich das Opium -aufbläht, und ein dicker, 
‚ürömatlfch riechenvber Dampf auffleigt. Die Spige der Nabel 
‚mit dem breuuenden Oßium wird dann in die Deffnuhg bed 
MPfeifenkopfs eingeführt, ‚und ‚der "Dampf wird eingezogen, 
den vie’ Romcher "einige Zeit bei ſich behalten, und "bar 
duch die Mafe ausblaſen. Diefe Operation wird mehremale 
wieberholt und "fo fange -fortgefekt, bis: 8d8 Opium feine 
"Wirkung ‚äußert, was verfchieden iſt, -je nachdem ſich der 
Raucher mehr oder weniger an v8 Opium gemöhnt hat, 
Der Rauch ſoll angenehm ſchmecken, und fein: Geſchmack dem 
"868 feinen Dels des Mohnſamens ähnlich. fein.  : 
Anfangs fir die Raucher jahr :heiter"aufgemeckt: und ge⸗ 





48 


fprächig, und brechen oft über die geringfügigfien Dinge in 
lautes Lachen aus. anche aber werben jähzornig und flreit- 
füchtig. Ihr Antlitz ift lebhaft geröthet und zeigt den Aus 
druck großer Aufregung. Die Augen funteln, bie Athmen⸗ 
Bewegungen find beſchleunigt und ber Kreislauf des Bluts 
it raſcher. Das Herz Plopft oft und heftig, und ber Puls 
wird häufig, fihnell, voll und hart. In diefen Zeitraum ber 
Aufreizung iſt die Nerventhätigkeit erhöht, und über den 
ganzen Körper verbreitet fi ein: Gefühl von Wärme und 
großem Wohlbehagen. Alle Empfindungen find -Iebhafter. 
Die Einbildungsékraft iſt thätiger und ihre Bilder find glän 
gender. . Aus: dem früheren Leben tauchen oft angenehme 
Erinnerungen auf, und längfi aus dem Gedaͤchtniß verſchwun⸗ 
bene Ereigniffe und Umflände treten wieder hervor. Die Zu⸗ 
Zunft ſtellt fich im heiterften Lichte dar, und alle Lebensplaͤne 
erfcheinen gelungen und mit Erfolg getönt, Dieß find bie 
„Erſcheinungen, wie fie Englifche Aerzte beim. Opiumrauchen, 
a. an fich felbfl, wahrgenommen haben. 

Wird das Rauchen nun noch längere Zeit fortgefeßt, fo 
heut fi der Zeitraum ber Ueberreigung, ber Abfpannung 
und Betäubung ein. Die Raucher hören auf zu ſprechen. 
Ihr Antlig erblaßt und die Züge: werden höngend ‚und ein 
‚gefallen: . Die Haut ift: Falt- und mit Schweiß bedeckt. Cie 
ſtrecken die Glieder aus, Das Bewußtſein schwindet, und fie 
liegen regungslos wie tobt da. „Sie verfinden in tiefen-Schlaf, 
der nach der Menge deb verbtaudten Opiums rine halbe 
bis mehrere Stunden” dauert. . Das Erwachen erfolgt. mit 
‚bem Gefaͤhl großer Mattigkeit und Erſchoͤpfung. Das Antlik 
iſt todienbleich, die aufgetriebenen gerötheten Augen find 
glanzlos und trüb, und die ganze Phyſiognomie verrath große 
Abfpaunung und, Abftumpfing: Das Athmen verfolgt Tang- 


413 


fam, beſchwerlich und feufzend, Der Puls ift felten, weich, 
Hein und Iongfam, und man zählt nicht fechzig Schläge in 
der Minute. Ein angehenber Opium⸗Raucher ift nicht im 
Stande täglich mehr als 5 bis 6 Gran Tſchandu zu ver 
brauchen, während daran gewöhnte Raucher 2 bis 300 Gran 
eonſumiren koͤnnen. 

Das Opiumrauchen muß ein ſehr verfuͤhreriſcher wol⸗ 
luͤſtiger Genuß fein. Ein engliſcher Arzt, der die Neugierde 
hatte, die Wirkung des Rauchens an fi felbfl zu verſuchen, 
äußert fih darüber alfo: ich muß geftehen, daß ich keines⸗ 
wegs Über die Gier der Ehinefen erflaunt bin, womit die an 
den Gebrauh Gewoͤhnten fi nad diefem Genuß fehnen, 
Nur ſo iſt es begreiflich, wie fich dieſer verderbliche Gebrauch 
durch das ganze Chineſiſche Reich, ſowohl bei den hoͤheren 
als niederen Staͤnden verbreitet hat. Selbſt liederliche Weibs⸗ 
perſonen rauchen Opium. Die Mandarinen und Vornehmen 
uͤberlaſſen ſich demſelben nur insgeheim in ihren Wohnun⸗ 
gen, waͤhrend ihm die aͤrmeren Klaſſen in den zu dieſem 
Zwecke errichteten ſchmutzigen Buden froͤhnen. Der Gebrauch 
iſt ſogar in die innerſten Gemaͤcher des kaiſerlichen Pallaſtes 
zu Peking eingedrungen. Selbſt der letzte Kaiſer von China, 
Tao⸗Keang, (da Licht der Vernunft), war eine Zeit lang 
dem Opiumrauchen fehr ergeben, bis er ſich von beflen nach 
theiligen Folgen überzeugte, und es ihm burd die Kraft 
des Willens gelang, dem Laſter zu entfagen. Seitdem ver 
folgte ex es mit großer Strenge, und verhängte ſchwere Stra 
fen Über die Raucher, Einführer, Verkäufer und alle bieje 
nigen, weldye fi mit dem Opium⸗Handel befaßten. Was 
man auch immer zu Gunſten biefes Handels, und gegen bie 
Politik und die Geſetzgebung der Chinefifchen Regierung vor 
bringen mag, es kann nicht in Zweifel gezogen werden, daß 


4 


ffe ſtets nur die Wohlfahrt der Unierthanen vor Augen hat, 
und ein Laſter auszurotten bebadyt if, welches dad Leben, 
den Geift und die fittliche Würde. des. Chinefiihen Volks zu 
zerflören droht, Die nichtswuͤrdigen und Feilen Chineſiſches 
Beamten dagegen handeln nad, sigenmüsigen- und gelbgierigen 
Motiven. Es ift eine notorifche Thatfache, Haß viele, ja bie 
meißten der zur. Verhütung ;der Einfuhr und des Einſchmugg⸗ 
lens des Opiums beſtellten Beamten leidenfchaftlidse Dpium⸗ 
raucher find, den Haͤndlern und Contrebandiers durch die 
Finger ſehen, und ſich von ihnen durch Opium und blingendt 
Münze beftechen laſſen. And fo-wirb ahnerachtet der ver 
haͤngten ſchweren Strafen fortdauernd Opium geraucht. 

- Doctor Hill erzählt, daß die. chineſiſchen Soldaten, welche 
bie Wannfchaft der. an den Küften gefcheiterten englifchen 
Fregatte Sunda nach Kanton zu eskortiren hatten, am Zage 
Tabak rauchten, und Abends fih durch die Opium» Pfeife 
berauſchten. Auch fah ‘er in allen Städten und Dörfern, 
welche ex paßizte,. Buben, in benen Opium: geraucht wurde. 
Und fo iſt m China der Hang zum Opiumrauchen fo als 
gemein und :unwiberfiehlid geworden, baß ihn hie. Geſet— 
gebung bis jetzt nicht zu unterdruͤcken im Stande war. 

Die Urfachen der Verbreitung des Opiumraudens unter 
den Chinefen. find vorzuͤglich ihr großer Hang zur Gefelkigfeit, 
Veppigkeit und Wolluft, indem ed das Gefuͤhl des hehag⸗ 
lichſten Wohlſeins, der Unbeklimmertheit. und Serglofigkeit 
erweckt, und einen Sinnenrauſch nerurfacht, Viele rauchen 
Spium bei fihmerzhaften und unheilbares Krandheiten, bei 
geifligen Leiden, großem Kummer und Ungluͤcksfaͤllen, befonders 
bei fehlgefehlagenen Handelö » Spekulationen, und bei anders 
Calamitaͤten. Man bedient firh ded Opiums zuweilen auch 
zum Selbfimorbe, Durch das Rauchen jedoch, felbfi in ſtarken 





815 


Dofen, ſchaint nie der Tod ploͤtzlich henbeigefahrt zu werben, 
Wird in dieſer Form eine ungswöhnliih große Menge. vor 
Tſchandu verbraucht, fo, treten "Kopfweh, Schwindel nnd 
Ekel ein,, He fh nach eingetretenem Erbrechen allmaͤlig 
yarlioren, Hat fih jemand daa Opiumrauchen angewoͤhnt, 
fo haͤlt es aͤußerſt ſchwer demſelben wieber zu entfagen, ja 
es iſt ſelbſt gefaͤhrlich, dasſelbe plöhlich aufzugeben. 

Das taͤglich miederholte und unmaͤßige Rauchen des 
Opiums wird: mit ‚der Zeit für die. menſchliche Conftitution 
ſehr verderblich, es untergrabt die. Gefundheit,, ſchwaͤcht und 
zerflört die Geiſteskraͤfte, und vernichtet. alle Moralität, Die 
ſchaͤdlichen Wirdungen geben ſich Fund, ‚wie ſchon Ainsli!) 
bemerkt hat, durch große Abmagerung, SHinfälligfeit und 
Kraftloſigkeit des Koͤrpers, einen. unflheren und manlenden 
Gang, durch Schwächung alten geifligen Vermögen, Verluſt 
des Gedäcktnißed .und burch eintretenden ..Blöofinn, Dias 
Anilitz ift eingefallen und afıhgrau, die Lippen und Augenr 
lider hahen eine bläuliche Todtenfarbe, und die tiefliegenden 
Augen find geräthet, trüb, glanzlos und matt wie abgeflorben. 
Die Hauser verlieren die Eßluſt, und ‚haben nur no 
Neigung zu füßen Nahrungsmitteln, Zuderfaft und Eonfert: 
Zuweilen ftelten fi) Zudungen ber Muskeln und. temporärer 
Wahnſinn ein Beſonders Morgens fehen die Opiumrauder 
- wahrhaft erbärmlich aus, denn der Schlaf ‚hat fie nicht ges 
flördt, Im: Munde haben fie das Gefhhl einer großen 
Trockenheit and. eines Brennend, welches fie zum abermaligen 
Ergreifen der Opikimpfeife antreibt. Unterlaffen fie es, ſo 
hellen. ſich große Schwaͤche, Hinfaͤlligkeit, Schwindel. und 





1) Materia Jndica, on Opium Vol. I. p. 271. 


416 


Stumpffinn ein. Bei manden erfolgt Saamenfluß. Ent- 
halten fie fi) des Rauchens gaͤnzlich, fo treten fehr bebenk 
liche Erfcheinungen ein. Im ganzen Körper verbreitet ſich 
das Gefühl einer eifigen Kälte, in allen Theilen äußern ſich 
heftige Schmerzen, es flelien ſich Durchfaͤlle und kalte Schweiße 
ein, die Kräfte ſinken ſchnell, und der Tod erfolgt, Kein 
Opiumraucher erreicht ein hohes Alter. Man hat ferner allge 
mein bemerkt, daß die von Dpiumraudjern erzeugten Kinder 
fehr fchwächlich find, und wie abgelebt erfcheinen. 

Die in Ehina fo allgemein verbreitete und fo unwiderſtehlich 
gewordene Neigung zum Opiumrauchen, welde bie Geſetz⸗ 
gebung bisher nicht zu unterbruͤken vermochte, bebroht das himm- 
liiche Reich der Mitte mit dem Untergange. Die Eraftlofen 
und flumpffinnigen Opiumraucher find für allen gefelligen 
Umgang mit ihren Familien und Freunden abgeftotben, und 
find zur Führung von Gelhäften ganz untauglich. Ein 
großer Theil des Militärs ift in Zolge des Opiumrauchens 
zum Kriegsdienſt unbraudhbar geworben, Bei einem Armee 
korps, welches auf dem Bari nach Kanton begriffen war, 
zählte man fchon am erfien Tage einige taufend Dann 
Maroder, welde -Opiumraudher waren. Nah Smith 
ſollen die Hofpitäler und Armenhäufer in China großentheils 
mit Perfonen gefuͤllt fein, welche fi unheilbare Krankheiten 
durch das- Cpiumrauchen zugezogen haben. Dr. Sigmond 
äußert: ich glaube nicht zu irren, wenn ich die Meinung 
ausfpreche, daß, wenn das Opiumrauchen den 'Chinefen noch 
eine Generation hindurch geflattet wird, ihre Macht als 
Nation vernichtet ifl, und fie für die civilifiete Welt nur ein 
Gegenftand des Bedauerns und der Verachtung fein werben. 

Der fchädlihe Gebrauch des Opiumrauchens hat fi 
längft von Indien und China aus, audy auf Java, Sumatra 





417 
und den anderen Sunda-Ünfeln eingefchlichen, beſonders bei 
den Fuͤrſten und höheren Ständen, Die Malaien in Agam 
ober in den Bovenlanden von Pabang find ihm leidenſchaft⸗ 
lich ergeben. In Batavia und in anderen Städten gibt 
es Öffentliche Buben, worin Bambusbänke befindlich find, 
auf denen Savaner, mehrentheild jedoch Chinefen, mit der 
Opiumpfeife im Munde audgeftredt liegen, und fi dem 
Opiumraufche uͤberlaſſen. Das vor dem Rauchen gereinigte 
Dpium heißt Maadat 1), Im Jahre 1828 wurden in Batavia 
560 Gentner Opium eingeführt. Man bedient fich dafelbft 
einer Pfeife, welche aus einem Kopf von gebranntem Thon 
und einem kurzen Bambusrohr befteht, wie die beigefügte 
verkleinerte Abbildung zeigt (Zafel XVIID. 

Das in China und in anderen Afiatifhen Ländern ein- 
gerißene Opiumrauchen mit feinen verberblichen Folgen liefert 
einen neuen Beweis von der Macht, welche Gelüfte, Be 
gierden und Leidenfchaften auf die Schidfale der Völker und 
Staaten ausüben. Sie find meiſtens, fowohl für einzelne 
Menfchen wie für ganze- Nationen, mächtigere Hebel und 
Zriebfedern, ald die Eingebungen und Vorfchriften der Ver⸗ 
nunft. 

In neueſter Zeit hat ſich das verfuͤhreriſche Opiumrauchen, 
was ſehr betruͤbend iſt, ſelbſt in Europa eingeſchlichen. In 
Paris hat ſich eine Geſellſchaft gebildet, deren Mitglieder ſich 
Opiophiles nennen, und die ein Buch fuͤhren, in dem die 
Opiumraucher, die waͤhrend eines Rauſches gehabten Gefuͤhle 
und Phantafien niederſchreiben. Auch in Großbritanien, na⸗ 
mentlich in London, hat man angefangen Opium zu rauchen, 


!) Marsden Sumatra p. 277. 
27 


418 


und bie Einführung bed Opiums hat fich fehr vermehrt. Im 
Jahr 1850 wurden nur 103,718 Pfund eingeführt, im Jahr 
1851 aber 118,915 und im Jahr 1852 fogar 250,790 Pfunb, 
was die Verbreitung jenes tarblihen Gebrauchs fehr wahr 
fheinlih macht. 


418 


XX. 


Das Schnupfen verſchiedener narkotiſchen 
ELräuter bei vielen Bölkerſchaften 
Südamerikas üblich. 


Der Gebrauch, ſich durch in die Nafe eingezogene gepul⸗ 
verte narkotiſche Kräuter aufzuregen und zu beraufchen, fcheint 
bei dan im Strom-Gebiete ded Orenoco und Amazonenfluffes 
lebenden Voͤlkerſchaften fehr alt zu fen. Gumilla!) be 
richtet fhon von dem am Orenoco wohnenden Indianer 
Stamme .der Diomacod, daß fie ſich durch ein in bie Nafe 
geflihrtes Pulver, welches fie Yuypa nennen, in dem Grabe 
beraufchen, daß fie ganz withend werben. Sie bereiten das 
Pulver aus den Samenkörnern einer Pflanze, welche faft wie 
Tabak riecht, denen fie den Kalk gebrannter Schneden- Ge 
hänfe zufegen. Es verurfacht fehr heftiges Nieſen. Auch die 
Salivas und andere am Drenoco fi aufhaltende Imdianer 
fhnupfen dieſes Pulver, um fi vor bem Beginnen eined 
Kampfs in einen Zuſtand von Wuth zu verfegen. Diefer 
Gebrauch herrſchte noch bei den Otomaken, da fie von Hum⸗ 
boldt?) beſuchte. Er fagt von denfelben, fie ſind ein un. 


1) Histoire de l’Orenoque. T. 1. p. 286. 
2) Reife in die Aequinoctial= Gegenden des neuen Gontinente. B. 4, 
S. 575, 
27* 








ruhiges, von wilden Leidenſchaften beherrſchtes Vol, Sie 
fröhnen nicht nur dem übermäßigen Genuße gegohrener, aus 
Maniok und Mais bereiteter Getraͤnke, fowie des Palmweins, 
fondern fie verfegen fi aud durch den Gebrauch des Niopo⸗ 
Yulvers, in der Maypure Spradhe napa genannt, in einen 
eigenthuͤmlichen Zuftand von Trunkenheit, man koͤnnte fagen 
von Wahnfinn. Sie pftuͤcken die langen Hinſen eines Baums 
aus der Familie der Mimoſen, den wir unter dem Namen 
Acacia niopo befcrieben haben. Sie zerhaden diefelben und 
laffen fie angefeuchtet gähren. Wenn bie ermeichten Hülfen 
anfangen ſchwarz zu werden, kneten fie folche zu einem Zeig, 
und nachdem fie diefen mit Maniok⸗Mehl und dem aus einer 
- Ampullarien-Mufchel gezogenen Kalk vermengt haben, feßen 
fie die Maſſe über ein lebhaftes Feuer auf einen Roft aus 
fehr hartem Holz. Der verhärtete Teig nimmt bie Geſtalt 
Meiner Kuchen an. Bill man biefelben gebrauchen, fo wer⸗ 
ben fie zu fehr feinem Pulver zerrieben und auf einen klei⸗ 
nen Teller geftreut. Der Otomake hält den mit einer Hand 
habe verfehenen Teller in der rechten Hand, während er dad 
Niopo duch in die Nafenlücher eingeführte Bogel- Knochen 
einzieht. Das Pulver ift fo ſtark reizend, daß es, auch in 
ber Fleinflen Portion, Perfonen, die nicht daran gewohnt find, 
fehr heftiges Niefen verurfacht. 

Nah Schomburgk )) pflegen die Makuſi-Indianer im 
Britiſchen Guiana ebenfalld die Samen einer Art Mimofe 
(Mimosa aoacioides Benth.), Parica oder Paricrama genannt, 
zu. bemfelben Zweck zu benußen, wie die Otomacos und 
Guajibas am .Orenoco die Bohnen der Acacia niopo. Sie 
floßen die Bohnen zu einem feinen Pulver, brennen dieſes 


1) Reife nad) dem britifchen Guiana. 8, 2. ©. 103, 


421 


an und athmen den Rauch ein, ober fie reiben fich dasfelbe 
in die Augen und Ohren. Beides fest fie bald in einen 
teunfenen und erftatifchen Zufland, der mehrere Stunden ans 
hält und in feinem hoͤchſten Stadio an Verruͤcktheit grenzt, 
worauf eine flarfe Ermattung und Erfchlaffung eintritt. 

Der Gebrauch, fi durch das Schnupfen gepülverter nar⸗ 
kotiſcher Kräuter zu beraufchen, herrfcht ferner bei vielen am 
Amazonen » Strom wohnenden Indianern, De la Conda- 
mine!) bat besfelben bei den am oberen Marahnon fid 
aufhaltenden Omaguas gedacht. Sie ziehen das Pulver 
einer Pflanze, die in ihrer Sprache Curupa heißt, durch 
Schilf⸗Rohre in die Nafe ein. Auch. Spir und Martius?) 
erwähnen eines von den Muras, Maukas, Tecunas und ans 
deren Indianern benußten feinen Pulvers, Parica genannt, 
welches fie aus den gebörrten Samen ber Parica uva, einer 
Art Inga, bereiten, und durdy Vogel» Knochen in die Nafe 
einziehen. Seine Wirkung ift Anfangs fehr aufregend und 
dann narkotiſch. Jede Horde gebraucht einmal im Jahr das 
Parica at Tage lang bei einem Felle, wobei fie fingen, 
tanzen und beraufchende Getränke genießen. Nach Ribeiro 
wird. dieſes Feſt zu Ehren der mannbar gewordenen Juͤng⸗ 
linge gefeiert. Martius?) fah den Gebraud bed Paricas 
Pulvers gleichfalls bei den am Rio Madeira wohnenden 
Mauhes und Mandrucud, Jeder Indianer hat eine fehr ge⸗ 
ſchmackvoll geſchnitzte Neibichale von Rothholz zur Bereitung 
bed Pulverd, und eine von Holz oder gebranntem Thon ges 
fertigte Platte, von der ed durch Roͤhrenknochen in die Nafe 
gezogen wirb, 

1) Reife auf dem Amazonen⸗Strom. 1745, ©, 242, 


2) Reife. 8.3 ©. 1074. 
*) Reife nach Braſilien. B. 3. ©. 1074, 


422 


XXI. 
Betel ⸗ Bauen. 


In den, Tropenländer Afiens, in Border» und Hinter 
indien, auf den Infeln des Indiſchen Archipels und im fuͤdlichen 
China herrſcht flatt des in vielen Ländern uͤblichen Tabafs 
Bauens fehr allgemein der Gebrauch Betel zu kauen, worüber 
Marco Polo!) Pigafetta?) Clufius, Linfhotten 
Dampierd) Kämpfer!) Peron’) Kitter9) u a. 
Nachrichten gegeben haben, Der Betel befleht aus der 
Blättern einer Pfefferart, der Nuß einer Palme und aus 
äbendem Muſchelkalk, denen oft Gewuͤrze, Cardamomen und 
Nelken, ſowie Katechu oder Sambir zugefeßt werden. Die 
Pfefferart (Piper betel), deren grüne Blätter in Indien 
allgemein benugt werden, heißt in der Telinga Sprache 
Betid, bei ven Malaien Siri, auf Amboina Amo, in Hindoflan 
Pan oder Pawon, und bei den Malabaren Wassilei. Nach 


1) a.a.D. Lib. 3. Cap. 22 und 24. 

2) Reife um die Welt im Jahr 1517. 

®) Voyage autour du monde, Tome 2. p. 43. 100. 

4) Amoenitat. exoticar. Fasc. 3. p. 648. 

s) Journal de Medecine, Chirurgie et Pharmaeie T. 9. 
©) Asien B. 3. 


438 


Rumph gibt ed mehrere Varietäten, Betel- Pfeffer wirb 
in allen tropiſchen Ländern Afiens gebaut, Er gedeiht am 
beften auf fchattigem, feuchtem und fchmerem Boden in der 
Nähe deB Aequators. Die Blätter, welche denen ber Weide 
ober der Lorbeere gleichen, fchmeden fcharf aromatifh. Die 
Bewohner der Aomiralitäts» und anderer Südfee-Infeln bes 
bienen fich zum Kauen auch der Blätter des Siriboa oder 
Malimiri Pfefferd (Piper siriboa, malimiri). 

Die Betelnuß ift die Frucht der Areka ober Betelnuß- 
Palme (Areca catechu Lin.), die im Malaifhen Penang, 
im Savanifchen Jambi, im Sansfrit und Hindu Supari, in 
der Zelinga Sprache Areck, und im Xrabifchen Fufel oder 
Faufel genannt wird. Diefe fchöne Palme, die eine Höhe 
von 30 bis 40 Fuß erreicht, waͤchſt wild auf den Philippinen, 
Molukken und Sunda-Infeln, welche ihre eigentliche Heimath 
find. Im großer Menge findet fie fi auf der Weſtkuͤſte 
Sumatras, wo die Nüße einen wichtigen Handelsartikel aus- 
madhen, und nah Bengalen, China und felbft nah Japan 
ausgeführt werden. Sehr reich an ſolchen Palmen ift ferner 
Geylon, wo es dreierlei Arten geben. fol, Die dort wachſen⸗ 
den Nüße übertreffen nad Bertolacci !) an Feinheit des 
Aroma die aller andern Länder, Zur Zeit, da die Holländer 
die Inſel befaßen, war der Handel mit Arekanuͤßen ein fehr 
einträgliches Monopol und die Einwohner mußten dieſelben 
gegen fehr geringe Preife in bie Holländifhen Waarenhaͤuſer 
obliefern. Gegen Norden bin findet fich die Palme nicht 
weit über den Wendekreis hinaus. Nur in der Nähe ber 
Meeresküfte kommt fie noch in Kanton und in Zulian, und 
auf den Infeln Formofa, Pulo Penang und Pulo Condor 


1) View p. 158. 


414 


ffe fletS ner die Wohlfahrt der Unierthanen vor Augen hat; 
und ein after auszurotten bebadyt if, meldyes: dad Lehen, 
den Geiſt und die fittlihe Würde des Chineſiſchen Volks zu 
zerſtoͤren droht. Die nichtswuͤrdigen und feilen Chineſiſchen 
Beamten dagegen handehn nad, sigenmägigen - und, gelbgienigen 
Motiven. Es ift eine notorifche Thatfache, daß viele, ja’ die 
meihten der zur Verhuͤtung ‚der Einfuhr und des Einfsmugg- 
lens des Opiums beſtellten Beamten leidenidhafilidse Opium: 
raucher ſind, den Haͤndlern und Contrebandiers durch die 
Finger ſehen, und ſich von ihnen duch Opium und blingende 
Münze beſtechen lafſen. Und fo-wird ohnerachtet der ver 
haͤngten ſchweren Strafen fortdauernd Opium geraucht. 
Doctor Hal erzählt, daß die chineſiſchen Soldaten, welche 
bie Mannſchaft der an den Kuͤſten geſcheiterten englifchen 
Fregatte Sunda nah Kanton zu esbortiren haften, am Tage 
Tabak rauchten, und Abends fih durch die Opium «Pfeife 
berauſchten. Auch fah er in allen Städten und Dörfern, 
melde ex paßirte, Buben, in denen Opium: geraucht wurde. 
Und fo ift im China der Hang zum Opiumrauchen fo als 
gemein und unwiderſtehlich geworden, daß ihu hie. Gefehr 
gebung bis jetzt nicht Zu unterbrüden im Stande war. 

Die Urſachen der. Verbreitung .ded Opiumrauchens unter: 
den Chinefen. find vorzüglic; ihr großer Hang zur Gefelligfeit, 
Ueppigkeit und. Wolluft, indem es das Gefuͤhl des. hehag⸗ 
lichften Wohlfeins, der Unbellimmertheit. und Sorgloſigkei 
erweckt, und einen Sinnenrauſch verurfacht. Viele rauen 
Opium bei ſchmerzhaften und unheilbaren Krankheiten, bei 
geifligen Leiden, großem Kummer und Ungluͤcksfaͤllen, beignders 
bei fehlgefehlagenen Handelö» Spekulationen, und bei andern 
Colamitaͤten. Man bedient ſith des Opiums zumeilen auch 
zum Selbſtmorde. Durch das Rauchen jedoch, ſelbſt in ſtarken 


15 


Dofen, ſchaint nie der. Tod ploͤtzlich herbeigefüͤhrt zu werben. 
Wird in dieſer Form eine ungewoͤhnlich große Menge von 
Tſchandu verbraucht, fo. treten Kopfweh, Schwindel nnd 
Ekel. ein,. Be fh nach eingetretenem Erbrechen allmaͤlig 
verliere, Hat ſich jemand daB Opiumrauchen angewoͤhnt, 
fo haͤlt es aͤußerſt ſchwer demſelben wieder zu entſagen, ja 
es iſt ſelbſt gefaͤhalich, dasſelbe ploͤtzlich aufzugeben. 

Das täglich. wiederholte und unmäßige Rauchen des 
Opiums wird mit. der Beit für die menſchliche Conſtitution 
fehr verderblich, es untergräbt die Gefundheit, ſchwaͤcht und 
zerſtoͤrt die Geiſteskraͤfte, und vernichtet alle Moralität. Die 
ſchaͤdlichen Wirkungen ‚geben ſich Fund, ‚wie ſchon Ainsli) 
bemerkt hat, durch große Abmagerung, Hinfaͤlligkeit und 
Kraftloſigkeit des Koͤrpers, einen unſicheren und wankenden 
Bang, durch Schwaͤchung altes geiſtigen Vermoͤgen, Verluſt 
des Gedaͤchtnißes und durch eintretenden Bloͤdſinn. Das 
Anilitz iſt eingefallen und aſchgrau, die Lippen und Augen⸗ 
lider hahen «ine blaͤuliche Todtenfarbe, und die tiefliegenden 
Augen find geroͤthet, truͤb, glanzlos und matt wie abgeſtorben. 
Die Raucher verlieren bie Eßluſt, und haben nur noch 
Neigung zu füßen Nahrungsmitteln, Zucderfaft und Conſect: 
Zuweilen flellen fi) Budungen der Muskeln und. temporärer 
Wahnſinn ein, Beſonders Morgens fehen die Opiumrauder 
wahrhaft erbärmlich aus, denn der Schlaf hat fie nicht ges 
ſtaͤrkt. Im Munde haben fie das Gefuͤhl einer großen 
Trockenheit and eines Brennens, weldes fie zum abermaligen 
Srgreifen der Opilimpfeife antreibt. Unterlaſſen fte es, fo 
Bellen. ſich große Schwähe, Hinfälligkeit, Schwindel und 





t) Materia Indica, on Opium vol. 1. p. 271. 


426 


Hinterindien, nah China und Japan verbreitet hat. Zur 
Zeit da Marco Polo Indien befuchte, war es bereits all⸗ 
gemein üblih. Er fagt: alle Bewohner der Stadt Kael, 
fowie die Eingeborenen Indiens überhaupt, haben die Ge 
wohnheit in ihrem Munde befländig das Blatt Zambul ge 
nannt, zu führen, woburd die Abfonderung des Speichels 
vermehrt wird. Tambul ift der Perfiihe Name des Betels, 
welcher ſchon bei Avicenna vorlommt. 

Im Bahr 1498, da Basco de Gama am Hof des 
Zamorin Samadrija Raja in Kalcutta zur Audienz ge 
laffen wurbe, reichte dieſem ein Hofbeamter Öfterd einen Betel- 
bißen aus einer prächtigen goldenen Dofe. Daneben fand 
ein goldene Gefaͤß zum Audfpuden und ein Becken mit 
Waffer zum Ausfpülen des Munde, wenn ber Zamorin 
Betel gekaut hatte Pigafetta ferner, der Begleiter 
Magelhan's auf ber Reife um die Welt berichtet von 
dem Aufenthalt auf Meffana, einer der Philippinifhen Infeln 
folgendes: Die Eingeborenen kauen beinahe unaufhoͤrlich 
eine Frucht, die fie Area nennen, und bie einer Birne 
ähnlich if. Sie fchneiden fie in vier Stüde and wideln 
dann jebes in ein Blatt von einem Baume, Betel genannt, 
deſſen Blätter denen des Lorbeerbaums ähnlich find. Sie 
ſtecken es alsdann in den Mund, und fpuden ed wieder 
aus, wenn fie ed lange genug gelaut haben, wovon ihnen 
dee Mund fehr voth wird. Jedermann bedient ſich biefer 
Frucht zur Erfrifhung, und man fagt, fie Eönnten fidy der 
felben nicht ohne große Gefahr -für ihre Geſundheit ent 
halten, . 

Obiger Gebraudy hat fi bis auf den heutigen Tag bei 
den Malaien, Cingalefen, Hindus, Birmanen, Siamefen und 
Cochin⸗Chineſen erhalten, und iſt auch nach China und Ja⸗ 


427 


pan gebrungen. Selbft die wilden Aifuren find große Freunde 
des Betels. Männer und Krauen jebed Alters und Stan⸗ 
des, ja fogar Kinder, Fauen faſt beftändig Betel, und jeber« 
mann führt eine Dofe, Schachtel ober einen Beutel mitt Bes 
telbißen bei fi. Es ift allgemein Sitte, und eine. berrfchende 
Höflichkeits- Bezeugung, Bekannten, denen man. begegnet, 
ober befuchenden Freunden, nach der Begrüßung auch fogleich 
Betel zu reihen. Keine Unterhaltung und Fein Gefchäft 
wird ohne Betelkauen geführt. Die Tagaliſchen Mädchen 
auf Luzon fehen es ferner ald einen Beweis der Aufrichtig- 
feit der Gefinnungen und der Heftigkeit der Leidenfchaft 
ihre& Geliebten an, wenn er einen Bugo oder Betelbißen 
aus ihrem Munde nimmt. 

. Die Zürften und Großen in jenen ändern treiben mit 
den Betel-Geräthfchaften einen großen Luxus. Die Betel- 
bofen find aus Silber oder Gold gearbeitet und oft mit fehr 
werthvollen Ebelfleinen geziert. Sie halten eigene Diener, 
welche die Dofen tragen, und ihnen von Zeit zu Zeit einen 
Bißen mit einer goldenen Zange reichen. In Sava hat 
jede Vornehme eine goldene Beteldofe (Zamparat-Siri) und 
ein Epudnäpfchen. Der Kaifer von China trägt an feinem 
Gürtel einen Pleinen Beutel mit Betel, der aus gelber 
Seide gefertigt ifl, worauf ein fünfflauiger Drache und einige 
tatarifhe Schriftzeichen geſtickt find. 

Das Kauen des Betels verurfacht einen aromatifchen, 
bitterlich herben Gefhmad, und vermehrt die Abfonderung 
bes Speicheld, der eine braunrothe Farbe annimmt. Die 
Lippen und das Zahnfleiſch werden dadurch dunfelroth ge= 
färbt. Der Athem verbreitet einen angenehmen Duft. Die 
Zähne werden gefhmwärzt. Sein Gebrauch fo erregend auf 
die Verbauungs-Werkzeuge wirken, die Eßluſt vermehren und 


Hängematte auögeftredt, fo nimmt er von Zeit zu Zeit eine 
Pleine Menge Ypadu- Pulver und behält fie lange zwiſchen 
dem aufgeblähten Baden, um den träumerifhen Zuſtand zu 
befördern, für den feine Indolenz fo empfaͤnglich iſt. Der 
Gebrauch des Ypadu- Kauens ift zu den Indianern am 
Amazonenftrom mwahrfcheinlih aus Peru gelangt. 


Do  — 1. 


XXII. 
Saab: Chaat⸗ oder Khat⸗Kauen. 


—— —— 


In Arabien herrſcht, wie ſchon Niebuhr?!) berichtet, 
der Gebrauch, die jungen Zweige eines Strauchd zu kauen, 
welhen man Kad oder Kaad nennt. In den Monaten 
Mai, Juni und Juli fand er bei den Wornehmen in ber 
bergigen Gegend von Jemen ſtets einen Vorrath von frifchen 
Zweigen, welche auf den Märkten zu Saraa und in andern 
Städten feil geboten wurden. Der Strauch wählt häufig 
auf dem Gebirge Dſchabbel Sabber bei Taͤas, wo er forge 
fältig gebaut wird, Forskael?) hat ihn unter dem Namen 
Catho edulis befhrieben. Nach den neuen Pflanzenkundigen 
gehört er zu einer Unterfamilie ber Rhamneen, ober zu 
Bromwn’s natürlicher Familie der Gelaflrineen und wirb 
Celastrus edulis genannt, 

Seetzen?) fah im Thale Hadic die Wände der Berge 
mit dem wohlriechenden Strauch bededt. Der Lord Balen- 
tiat) gedenkt des Kaads bei feinem Aufenthalt in Mochha 


1) Reife nach Arabien, S. 376, Befchreibung von Arabien. &, 68, 
2) Flora Aegypto Arabica. Cent. 3. Nr. 4. p. 64. 

») Monatliche Gorrefpondenz. B. 27. ©. 176. 

*) Travels Vol. 2. p. 41l. 


als eines Lurudartifels, der in Arabien üblich ift, wie in 
Europa das Tabaffauen und der Echnupftabal, und in 
Indien das Betellauen. Cruttenden?!) fah den Gebraud 
des Kaad⸗Kauens ganz allgemein bei den reichen Handels⸗ 
leuten in Sanaa. P. E Botta?) machte feine Belannt- 
Schaft beim Scheike Haffar zu Maamera, der ihm jeden 
Abend ein Bündel frifcher Zweige zufchidte. Au den Imam 
von Taͤas fand er bei der Audienz von Bezieren und Secre⸗ 
tären umgeben, die fortwährend Kaad kauten. Bei 
Dihenad lernte er ferner deffen Anbau kennen. Er wird 
in ganz Jemen durch Abſenker fortgepflanzt, die erſt nad 
brei bis vier Iahren ihrer Zweige beraubt werden. Man 
umterfcheidet mehrere Sorten. Die befle, melde auf dem 
Berge Sabber waͤchſt, beißt Kaad methani, eine zweite Sorte 
Kaad maberah, und die geringfie oder die wilde Corte 
Kaad beladi. 

Der Gebrauch des Kaads iſt ganz allgemein in Jemen 
und die erſte Handlung der Gaſtfreundſchaft beſteht im An⸗ 
bieten von Kaad. Das Kauen der jungen Zweige und 
Blätter hat eine wohthuende aufregende Wirkung, ed beſei⸗ 
tigt die Ermuͤdung nad einer Körper » Anftrengung, ftimmt 
zur Unterhaltung im Gefpräh und verurſacht einen fehr 
leichten, ſchnell vorübergehenden Raufch, wie Botta an fih 
felbft wahrgenommen hat, zugleih verfdreuht ed ben 
Schlaf. Die Araber in Yemen fiten, Kaad kauend und 
plaudernd, bis in die tiefe Nacht hinein, fi angenehmen 
Traͤumereien ' überlaffend, ‚Sein Gebrauch foll Feine nad 
theiligen Folgen haben, nur ganz frifch genoffen, foll er 
beraufchen, 


1) Narrative T. 1. p. 285. 
2) Relation d’un Voyage dans l’Yemen, entrepris en 1837. Paris 1841. 


l. 


Zu Seite 


Tafel I. 





Eme Cafusa aus der Provinz S! Paulo. 


XXIII. 
Bauen von Guru: Gola oder KRola : Nüffen. 


Ju vielen Ländern Afrikas, fowohl an der. Weftküfte als 
im Inneren, herrfcht der Gebrauch, Guru⸗Gora, Sola oder Kola- 
Nüffe zu kanen, deſſen fchon die Alteren Reifenden, Lopez), 
Sind, Iobfon, Bosman u. X. gebaht haben. In 
Guinea und im Rande der Adhanti werben fie nah Bowdik 
Boufi, und am Zaire nah Tuckey Macaßo genannt. Der 
Baum, welcher die fehr geſchaͤtzten und einen wichtigen 
afrifanifhen Handelsartikel ausmachenden Nüffe hervor- 
bringt, wächft vorzüglich in den inneren ändern Afrikas, in 
Hauſſa, Kaſhna, Bornu und Gondſcha. Bon da werden 
die Früchte nah) Lucas?) und Wirey?) theils in die ſuͤd⸗ 
lih vom Joliba oder Niger gelegenen Länder, nach Guinea, 
Benin, Dahomey, Ashanti, Congo und Angola, theils in 
die nördlichen Länder, nah Fezzan, Bilebulgerid, Tunis, 
Tripoli und Algier ausgeführt. Auf den Märkten in Zunis 
und Algier wird eine Nuß um 20 bi 30 Gentimed ver 


ı) Pigafetta Relazione di Congo 1591 p. 41. 

2) Proceedings of the association for promoving the discovery of 
the Interior of Africa. London 1810. T. I. p. 173, 

°) Journal de Pharmacie et des sciences accessoires. Dec, 1832. 


433 


fauft). Der Baum, der auch unter dem Namen Frogola 
befannt ift, findet fi nah Sarli und Zucchelli ebenfalls 
in Congo und Angola, nah Find; an den Ufern der oberen 
Gambia, und nah Barbot und Matthews in den Wäls 
dern zu Sierra Leona. Paliffot de Beauvais?) hat 
ihn zuerft unter dem Namen Steroulia acuminata genau bes 
fchrieben und abgebildet. 

Mehrere Nüffe, vier bis zehn, von der Größe der Kafla: 
nien, find in einer harten, fchotenartigen Samenkapſel ent« 
halten. Aeußerlich find fie grünlih, im Inneren röthlich. 
Sie fchmeden angenehm bitter, etwas aromatifh und ad⸗ 
firingirend. Beim Kauen werden die Zähne und der Epeis 
el gelb gefärbt, Die Neger kauen fie meiftend kurz vor 
einer Mahlzeit, woburd die Abfonderung des Epeichels 
vermehrt und die Eßluſt gereizt wird, Die Epeifen und 
felbft fchlechtes Wafler erhalten dadurd einen angenehmen 
Sefhmad, ferner mundet der Palmmein und der Tabak 
beſſer. Das Kauen der Nüffe trägt zur Erhaltung der 
Zähne und des Bahnfleifches bei, und foll die Abfonderung 
des Urins befördern. Kaut man fie Abends, fo wird der 
Schlaf geftdrt. Die vornehmen Neger Fauen faft beftändig 
Guru « Nüffe und fchreiben ihnen eine große Wirkfamteit 
gegen Impotenz zu. Auch bei den Europäern, befonders 
den Portugiefen ift der Gebrauch üblich. 

Die Neger in Congo Fauen nah Cavazzi und Labat 
ferner die Blätter einer Pflanze, Ncaßa genannt, auf ähn- 
liche Weife wie die Indier und Malaien den Betel. 


1) Revue de l’Orient 1849 Juli. 
2) Flore d’Oware et Benin T. I p. 41. Planche 24. 


28 





XXIV. 


Coea⸗Kauen. 


Nach den Berichten von Piedro Cieza de Xeon, Gar—⸗ 
cilaffo de la Bega!), Blas Valerau. %. fand fich bereits 
im alten Peru der Gebrauch, die getrockneten Blätter eines 
Strauchs, Coca, oder in der Guichua⸗Sprache, Cuca genannt, 
mit einer weißlihen Erde, Mambi, vermengt, zu Fauen. 
Diefes, das Nervenſyſtem aufregende Reizmittel war ein fehr 
gefchägter und foftbarer Rurusartikel, der in den Hochlanden 
Derus mwachfend, von dem um den See wohnenden Indianer- 
Stamme der Cadmus nah der Stadt Cuzco, der Refidenz 
der Inkas, gebracht wurde. Der Goca bedienten ſich jebod 
nur die Inkas und ihre Familien, fowie der hohe Abel. 
Ferner wurde Goca als eine der werthuollflen Gaben bei den 
der Sonne "gebrachten Opfern auf den Altären verbrannt, 
Späterhin wurde der Strauh auh um Cuzco und im Be 
zirfe Timara gebaut. 

Der Gebrauch des Coca⸗Kauens hat fih in Peru bi6 
auf den heutigen Tag erhalten, und ift jet bei allen In⸗ 


1) Histoire des Yncas rois de Perou, Livre 1. Chap. 15. De la pre- 
cieusefeuille apell&e Cuca. 


435 


dianern, welche die hohen Plateaus der Anden in Peru, Bo⸗ 
Iivia und den benachbarten Ländern bewohnen, allgemein 
uͤblich. Da die Coca ein unentbehrliches Lebens - Bevürfniß 
ift, fo ift fie ein wichtiges Culturgewaͤchs und ein fehr ein- 
träglicher Handelsartikel geworden. 

Nah Don Antonio de Ulloal), der in der Mitte 
bed vorigen Jahrhunderts Peru bereifte, ift die Coca in den 
Hochlanden ein fehr gemeiner Strauch, der eine Höhe von 
ſechs bis act Fuß erreiht. Ausführliche Nachrichten über 
denfelben haben neuerlihft Cadet, Poͤppig?) und d'Or— 
bigny?) mitgetheilt. Die Coca, unter dem foflematifchen 
Namen Erythroxylon peruvianum s. coca Linn. bekannt, 
gehört in die Familie der Malpighiaceen. Sie hat Eleine, 
glatte, fchmale, Iänglid ovale Blätter, und fchöne, weiße 
Blüthen, melde im Monat Mai erfcheinen. Diefe haben 
Aehnlichkeit mit denen der WeichfelsKirihe., Die Frucht ifl 
eine Drupa von der Größe eines Pfefferkorns. Der Strauch 
gedeiht vorzüglich in den warmen, fehr feuchten und ſchatti⸗ 
gen Thälern an ben oͤſtlichen Abhängen der Anden von 
Peru und Bolivia, in einer Höhe von 25000 Fuß über 
dem Meer. Hier baut man den Strauch mit großer Sorg- 
falt auf übereinanderliegenden, mit Steinen aufgeflihrten 
Terraſſen. Sehr viele und große Pflanzungen fah DP’Orbigny 
in Bolivia, in den Provinzen Yungas, Larecaja, Apolobamba 
Cohabamba und Caupolican. Poͤppig fand folhe auch 
in den Provinzen Huanuco und Quamalies, befonders im 
Thale ded Rio Huanuco, Rio Hualaga und Monzon, 


1) Reife nad) Peru. Leipzig 1751. 8. 2 S. 138, 274, 437. 

2) Reife in Chile und Peru. Leipzig 1835. B. 2 ©. 209, 

) Voyage dans l’Amerique meridionale. Paris 1839. T. 1 p. 436. 
28* 


386 


Coca wird ebenfalls um Guzco, im Thale Santa Anna, for 
wie in Saravailhad und Garabaya gebaut. Pöppig fah den 
Strauch nirgends wild wachfen, doch vermuthet er, daß der⸗ 
felbe in der Umgegend von Cuchero, namentlih am Cerro 
de San Chriftobal vorkommen möge. 

Der Soca-Straud wird in den Pflanzungen aus Samen 
gezogen, und die anderthalb Fuß hohen Pflanzen werden 
während der Regenzeit in Reihen geſetzt. Im zweiten Jahr 
pflüct man zuerſt Blätter, und dies wirb zweis bid dreimal 
im Jahre wiederholt. Die Blätter werden in ber Sonne 
getrod'net und in Magazinen aufbewahrt. Aus dieſen wer- 
den fie in Päden (Siſtos) verfendet. 

Für alle Indianer Peru’s und Bolivia’d hat das Kauen 
der Coca = Blätter einen fehr großen Reiz und es ift ihnen 
zum wahren Bebürfniß geworden. Kein Indianer beginnt 
eine Arbeit, bevor er nicht eine Portion Goca gefaut hat. 
Sind fie müßig, fo liegen fie im Schatten eines Baumes 
ausgeſtreckt, um diefem Genuffe zu fröhnen. Vorzuͤglich find 
ihm die Arbeiter in den Bergwerken, ſowie die Botengänger, 
Chasquis oder Chasqueros, die Laftträger und die Maul- 
thiertreiber ergeben. Während des Tages genießen fie 
meiftens Feine andere Speife, als geröftete Maiskörner, da- 
gegen machen fie oft eine Paufe, um Coca zu fauen (coquear). 
Bei diefem Genuß innen fie alle Anftrengungen, Entbeh- 
rungen und Strapatzen ertragen, große. Streden laufend 
zurüdlegen, und ſchwere Laften an den fteilen BergsAbhängen 
tragen, ohne zu ermüden. Die Coca hat auch bei vielen 
Indianern Quito’s, Pafto’s, Popayan's und Cauca's Eingang 
gefunden. Die Bewohner Chile's und der La Plata Staa 
ten jedoch haben den Gebrauch nicht angenommen. 

Jeder Indianer Peru’s und Bolivia's führt einen Fleinen 


437 


ledernen Beutel ( Chuspa) mit gepülverten Coca-Blättern, 
der an feiner linken Seite hängt. Ferner haben fie eine 
Calabaße mit Kalk oder einer Erde, Toccra oder Llipta ge⸗ 
nannt, oder Afche aus verbrannten, abgeförnten Maiskolben, 
Quinoa oder Mole (Schinns molle L.) bereitet. Daraus 
bilden fie Pleine Maſſen oder Kugeln, die fie von Zeit zu 
Zeit mit einer Portion gepülverter Coca-Blätter zum Munde 
führen und forgfältig kauen. Der Goquero verfchludt den 
reichlich abgefonderten Speichel, fpudt die gefauten Blätter 
aus, und erfegt fie durch neue. 

Die Indianer find dem Coca- Kauen fo leidenfchaftlich 
ergeben, daß fie fich deſſelben nicht wieder entwöhnen koͤnnen. 
Die Neigung zu ihm nimmt mit dem Alter zu, Die India= 
ner der falten und trod'nen Sierra, Finnen ohne Coca gar 
nicht beftehen; weniger herricht der Gebrauch in den Gegen- 
ben der heißen Montana. Der große Hang und die Vor—⸗ 
liebe der Peruaner für die Coca, fette die Spanier bei der 
Eroberung in Grflaunen, und Antonio de Herrera, der 
Pater Acoftad), Blas Valera, Rechi, Don Diego 
Davalos Figurva?), Ullva u. a. haben über ihre Eigen- 
fhaften und Wirkungen mancherlei Wermuthungen ausge» 
fprohen. So viel fann ald ausgemacht angefehen werben, 
daß die Blätter der Coca ein flüchtiged Princip enthalten, 
welches gleih dem Opium erregend auf dad Nervenfyitem 
wirt. Zrifh verbreiten die Blätter einen angenehmen, 
etwas aromatifchen Duft, welcher dem des Heu’s Ahnlich ift, 
in dem fich viel Melilotus befindet. Der Duft großer Haufen 
von Socablättern verurfacht nah Poͤppig heftiges Kopfweh. 


1) a. a. O. Lib. 4. Cap. 22 p. 146. 
2) Miscellanea curiosa. p. 152. 


438 


Daher geflatten die Eingebornen Reifenden nicht, in deren 
Nähe zu fchlafen. Haben die Blätter nah Verfluß mehrerer 
Monate ihren Duft verloren, fo ift die Coca unbrauchbar, 
Außerdem fcheint die Coca ein aromatifches, bittered und 
adſtringirendes Princip zu enthalten, Im Munde verurfachen 
die Blätter einen ſchwach aromatifchen, bitterlich füßen, etwas 
zufammenziehenden Gefhmad, und der Speichel nimmt eine 
grünliche Farbe an. Der verfhludte Saft erzeugt im Magen 
ein angenehmes Gefühl von Wärme, und befördert die Ver⸗ 
dauung, wie ſchon der Jeſuit Beyer bemerkt hat. Die Coca 
hat unleugbar eine erregende Wirkung auf bad Nervenſyſtem; 
fie ſtimmt zur Froͤhlichkeit und Thatkraft, macht alle Sorgen 
und Muͤhen vergeffen, verfcheucht den Schlaf und vermindert 
da8 Gefühl des Hungers. Sie ift zugleich naͤhrend und 
ftärkend, und erhöht die Lebensactionen, Wird fie aber in 
zu großer Menge genommen, fo verurfacht fie gleih dem 
Opium eine Art Rauſch, dem Abfpannung folgt. 

Der übermäßige Genuß der Coca ift der Gefunbheit 
fehr nachtheilig, weniger in den Falten und trodnen Gegenden 
der Anden, ald in dem warmen, feuchten und erfchlaffenden 
Glima der heißen Wälder. Leidenfchaftliche Coqueros verfallen 
gleih Säufern in einen Zufland von großer Apathie und 
Schwäche und werden für alle ernſte Befchäftigungen ganz 
unbraudhbar. Sie fliehen den Umgang und ſuchen die Ein- 
famfeit, um ſich ungeflört dem gewohnten Genuffe des Coca- 
Kauend zu uͤberlaſſen. Es ftellt fih allmälig eine große 
Schwähe der VBerdauungs- Werkzeuge ein, Mangel der Eß— 
fuft, Unverbaulichkeit, Magendrüden, geflörte Gallenabfon- 
derung und Verſtopfung. Dann folgen heftige Kopfichmerzen, 
Schlaflofigfeit, Gelbfuht, Abmagerung, und endlidy öde 


430 


matöfe Anfchwellungen und Waflerfuht, weldhe den Tod 
nad ſich ziehen, 

Bei dem unter den Indianern Perus und Bolivias fo 
allgemein und ausfchweifend herrfhenden Gebraud, der Coca 
ift es begreiflich, daß fie der Gegenfland eines fehr lebhaften 
und einträglihen Handels geworden iſt. Nach der Schrift 
eines anonymen Berfaffers, 1) die im Jahr 1832 zu La Paz 
erichienen ift, werden in Bolivia burdfchnittlih im Jahr 
400,000 Siftos Coca, das Sifto zu 25 fpanifchen Pfunden, 
gebaut, davon allein in der Provinz Yungas 300,000, Der 
mittlere Preis eines Sifto beträgt in La Paz, der Haupt⸗ 
nieberlage der Coca, ſechs Piaſter. Die ganze Summe des 
Ertrags fol ſich auf 2,400,000 Piafter belaufen. 

Der Coca» Straub wird auch in Brafilien am oberen 
Amazonen- Strom, am Rio Negro und Rio Teffé gebaut, 
wo er aber den Namen Ypadu führt, wie Spir und Mars 
tius 2) berichtet haben. Viele Indianer» Stämme, die Te⸗ 
cunad, Urinumas, Goretus, Mirambas, Cauixanas, Juris, 
Paflis, fo wie die in den Ortſchaften am Solimoes wohnen» 
den Indianer kauen leidenfchaftlih Ypadu. Sie zerftoßen die 
getrodneten Blätter in einem hölzernen Mörfer, entweder 
allein oder mit ber Aſche von den Blättern der Cecropia 
palmata, und bewahren fie in einem hohlen Rohrftengel, 
Taboca genannt, Eie gebrauchen das feine, grünlich- graue 
Yulver ebenfo wie die Drientalen das Opium, oder die 
Tabakkauer den Tabak, ald ein Erregungsmittel, vorzüglich 
um dad Bebuͤrfniß der Speife oder des Sclafs für eine 
Beit lang zu befchwichtigen, Liegt der Indianer in feiner 


1) Descripcion dell aspecto, cultivo, trafico y vertudes de la Coca. 
1) a. a. O. B. 3 S. 1169. 1180. 





Zu Seite.98. Tafel VII. 





u 


Friedenspfeife. 


Zu Seite 98. Talel IX. 


kin Häuptling’ mit der Friedenspfeife. 








Zu Seite 49. 


\ltar- und (irabhugeln, verkleinert. 





Zu Seite 222. Tafel X. 





Galyoun. Khaliaan, Narghil. 


I Seite 232. Tafel XII. 


Kin aus der IIucka rauchender Jndier. 


Tafel VII. 


Zu Seite.98. 





] 


Friedenspfeife. 


Zu Seite 98. Talel IX. 


Ein Häuptling’ mit der Friedenspfeife. 


Zu Seite 146. Tafel X. 





Lobels Abbildung eines Tabakrauchers. 


Zu Seite 222. Tafel X. 





Galvoun. Khaliaan, Narghil. 


Lu Seite 232. Tafel XI. 


Kin aus der IIucka rauchender I-ndier. 


Tafel AL. Zu Seite 243. 


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Tabakpfeife der Battas. 





Tafel XV. Zu Seite 361. 





Japaner mit seiner kleinen Tabakpfeife. 








= a — — — — nizäinm — 


Tafel XV. 


Zu Seite 269. 


Ein Aino mit seiner Pfeife. 








— — — — — — — 


Tafel XVIL. Zu Seite IT7. 





Tabakpfeifen der 'Tschukischen. 


—— 


Tafel XVII. . Zu Seite 417. 


j 


Javanische Opium-Pfeife, verkleinert. 





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