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Full text of "Geschichte Kaiser Sigmund's"

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RoUGHT WITH 
THE INCUME FROM 
THE GIFT OF 
\ MRS. HARRIRT J. G. DENNY, 


OF BOSTON. 








N 


Geſchichte 
Kaiſer Sigmund's 


Dr. Joſeph Aſqchobach. 


— — 


Vierter Band. 











Geſchichte 


Kaiſer Sigmund's 


Dr. Joſeph Aſchbach, 


ordentlichem Profeſſor der Geſchichte an der Univerſitaͤt zu Bonn. 


VBierter Band, 


Sigmund's letzte Regierungsjahre zur Zeit des Basler 
Conciliums. 





F 
Hamburg, 
bei Friedrich Perthes. 


1845. 


Znhalt. 





Niertes Buch. 


Sigmund's letzte Regierungsjahre zur Zeit des Basler 
Conciliums. 


Erſtes Kapitel. 


Allgemeine europaͤiſche Zuſtaͤnde vor der Eröffnung des Basler 


Conciliums. 
Geite 


Frankreich, England und Burgund im Kriege mit einander — Die Jung⸗ 
frau von Orleans rettet Frankreich und wird von den Engländern vers 
brannt — Fortdauer des Kriegs — Zuftände in Schottland, auf der 
pyrenäifihen Halbinfel, in Neapel — Papft Martin V regiert nit ganz 
den Gonftanzer Concilienbeſchlüſſen gemäß — er weit dem allgemeinen 
Berlangen nad) einer Kirchenreform aus und beruft eine Kirchenverſamm⸗ 
lung nach Pavia, die bald nah Siena verlegt wird — Wirkſamkeit dies 
fes Eonciliums — Xbermalige Ausfegung der Kirchenreformation auf ein 
neues Concilium — Päpftlihe Gonftitution in Bezug auf den Lebens⸗ 
wandel der Gardinäle — Zujtände in Europa nah dem Schluß des Siene⸗ 
fer Conciliums — Martin beruft ein allgemeines Goncilium nah Bafel 
und ftirbt — Sein Nadfolger Eugen IV — deſſen Charatr . . 3 


Zweites Kapitel, 
Die Eröffnung des Basler Conciliums (1431). 


Eröffnung der Basler Kirchenverfammlung am 23, Zuli 1431 — Anſtalten 
zum Schug der in Bafel Berfammelten — Die Böhmen werden zum Be⸗ 
ſuch der Kirhenverfammlung eingeladen — Aufenthalt Sigmund’s zu Feld⸗ 
kirch — Friedrich von Öſtreich, feine Stellung zu Böhmen, zu dem Papft, 


. 


vI Inhalt, ' 
" ‘ Seite 
zu Burgund — Neuer Verſuch, die Böhmen zur Beſchickung des Gonci⸗ 
liums zu bewegen — Ausſicht auf eine zahlreihe Verſammlung in Bafel 

— Mißtrauen Eugen’5 gegen die Schritte der Berfammelten — Er nimmt 

von verſchiedenen Umftänden Beranlaffung, die Auflöfung des Conciliums 

zu Bafel auszuſprechen und ein neues nad) Bologna zu berufen — Wider⸗ 
legung der vom Papfte auögefprodenen Gründe — Unzufriedenheit des roͤ⸗ 
miſchen Königs mit der päpftliden Bulle — Sein Säreiben an Eugen IV 

— Die erfte Seffion des Gonciliums (14. Dec. 1431) — Hauptpuncte der 
Beratbung — Gejhäftsordnung — Bier Deputationen — Eindrud der 
päpftlihen Auflöfungsbulle auf die verfammelten Prälaten — Zulian’d 
Schreiben an den Papft — Man ift entiloffen, der Bulle Feine Folge 

zu leijten, und erhält den Schug des römifhen Königs und anderer Fürs 

jten zugefidert — Zweite Scffion (16. Febr. 1432), worin die Ver⸗ 
fammlung ſich als Goncilium ausſpricht, auch felbft gegen den Willen des 
Papites, und fi fomit in ſchroffe Oppofition gegen ihn fest . . 17 


Drittes Kapitel 


Die Lombardifche Koͤnigskroͤnung und der neue Venetianifche 
Krieg (1431). | 
Gründe der Neife Sigmund’5 über die Alpen — feine geringen Streitfräfte 
— Hoffnung, von dem Dayländer Herzog unterftügt zu werden — Bünd- 
niß mit demfelben gegen die Benetianer — Ankunft in Mayland und Em- 
'pfang der Lombardifdhen Krönung — Der Benetianifd = Lombardifhe Krieg 
feit den X, 1418 — 1431 — Überfiht der politiſchen Zuftände Italiens 
bei der Ankunft Sigmund’s — Erneuerung des Krieges von Mayland 
gegen Benedig und Zlorenz — Sigmund Bundesgenoffe des Mayländer 
Herzogs — von demfelben nicht gehörig unterftügt — Der römifhe Kö- 
nig begibt fih nah Pina > re .424353 


Biertes Kapitel. 


 Unterhandlungen mit dem Papft wegen des Conciliums und der 
Kaiferfrönung (1432 u. 1433). 


Sigmund unterhandelt von Piacenza aus mit dem römifhen Stuble und be- 
gibt fih dann, nah Parma, von wo er, mit dem Papfte und dem Gonci- 
lium in beftändigem Briefwechſel, die Unterhandlungen wegen ded Fort: 
beftehens des Gonciliums und wegen der SKaiferfrönung weiter betreibt — 
Audienz der Föniglihen Gefandten in Rom beim Papft — Eugen ſchickt 
Abgeorpnete nah Bafel — Größere Spannung zwifhen Eugen und Sig» 





Inhalt, vo 
j @eite 
mund — Der roͤmiſche König bricht von Parma auf und Fämpft fi 
durch das feindliche Heer der Florentiner nad Lucca und trifft Anftalten . 
zu einem längeren Aufenthalt in Statien — Seine Geldverlegenheit und . 
Kotd — Er Thlägt fih nad Siena duch, wo er zehn Monate lang in : 
Unterhandlumgen mit dem Papfte verweilt — Das Basler Goncilium fest 
feinen Wiverftand gegen Eugen fort — Dritte Seffion 29, April 1432: * 
Borladung des Papſtes — Bierte Seſſion 20. Juni 1432: Beftimmuns 
gen wegen der Papfkwahl — Zünfte Seffion 9, Aug. 1432: Appellatio⸗ 
nen vom Goncilium an den Papft unterfagt — Reue päpftlihe Vorſchlaͤge 
den verfammelten Bätern gemacht — zurüdgewiefen — Neue Unterhands 
lungen des Papftes mit Sigmund angefnüpft — Sechste Seffion 6. Sept. 
1432: der Papſt des Ungeborfams angeklagt — Sigmund's bebrängte 
Lage in Siena — fein Aufenthalt daſelbſt — Annäherung an den Papft, 
der Goneeffionen macht, während in der fiebenten Geffion 6. Nov. 1432 
die Beſchlüſſe über die Papſtwahl beftätigt und erweitert werden — Gig 
mund kommt in Verdacht, als wolle er das Basler Goncilium verratfen 
— Seine Reätfertigung in diefer Hinfiht — Abbrechen der Berhandlun- 
gen mit dem Papſt — Neues Zufammenhalten des Königs und der Kits 
‚Henverfammlung — Achte Seffion 18. Dee. 1432: Drohung mit der Er» 
offnung des Proceſſes gegen Eugen IV — deſſen Napgiebigkeit gegen das 
Concilium — Gerüdte über den Bann und die Abfehung, melde vom 
Papſte gegen Sigmund ausgeſprochen — Neunte Seffion 22. Tan. 1433: 
der König wird von dem Goncilium in befondern Schug genommen gegen 
ven Papft — Zehnte Seffion 19. Zebr. 1333: der Proceß gegen Eugen 
nimmt feinen Anfang 26. — des Papftes Nachgiebigkeit — er erkennt in 
einer Bulle (16. Febr.) das Basler Goneilium an, womit fidh dieſes noch 
nit zufrieden erftärt — Eifte Seffion 27, April 1433: Drohung mit 
Abfesung des Papftes — Unterdeflen hat Jacob von Sirck eine Überein» 
kunft zwifhen dem Papft und Sigmund zu Stande gebracht: Eugen vers 
mittelt zwiſchen den in Italien Kriegführenden den Zrieden von Ferrara, 
und verfpricht Sigmund unvermeilt zum Kaifer u onen . +. 57 


[7 


‚ Fünftes Kapitel. 


Sigmund 8 Kaiferfrönung und Ruͤckkehr nad Deutfchland zum . 
Eoncilium (1433 — 1434). 


Seftfegung der Puncte über die Kaiferfrönung und. den Kirchenfrieden — 
Schreiben Sigmund’5 darüber an dad Concilium — deffen Unzufriedenheit 
über die Verſtändigung des Königs mit dem Papfte — Sigmund zieht 
nad Rom und wird 31. May 1433 feierli zum Kaifer durch Eugen ge- 
krönt — Des Kaiferd veränderte Stellung zum Goncilium — Diefes 


vu | Inhalt, 
Seite 


ſchreitet in feiner Oppoſitien gegen den Papſt weiter fort — Zwölfte 
Seffion 13. Zuli 1433: der Papft fol nad einer neuen Zrift von 60 
Tagen, wenn er nit vollftändig den Forderungen des Gonciliums ge⸗ 
nügt, fuspendirt feyn — Neue Zerwärfniffe zwiſchen dem Papfte und den 
verfammelten Bätern — Weitere Nachgiebigkeit des Papffes — Der Kai⸗ 
fer verhindert die Abfegung Eugen's IV — Dreizehnte Seffion 11. Sept. 
1433: Berlängerung der dem Papfte gefesten Zrift — Schnelle Reife 
des Kaiferd Über die Alpen nah Bafel, um die Abfegung des Papftes zu 
verhindern — Bierzehnte Seffion 7. Nov. 1433: Anerkennungs⸗For⸗ 
mein, dem Payfte zur Annahme vorgelegt — Sigmund bewirft die An⸗ 
nahme derfelben — Sechszehnte Seffion 5. Febr. 1434: das Goncilium 
erklärt fi damit zufrieden — Siebzehnte Seffion 26. April 1434: Bes 
flimmungen über den Borfig der päpftlihen Legatın — Achtzehnte Seffion 
26. May 1434: über die Auctorität der allgemeinen Goncilien aud) ohne 
päpftlihe Legaten — Unruben im Kirdenftaate — Eugen's Flucht aus 
Rom nad Florenz — Umtriebe des Mayländer Herzogs gegen ten, Papft 
— defien Stüge der Kaiſer. . . ..4107 


‘ 


Sechstes Kapitel. 


Verhandlungen des Eonciliums mit den Huffiten bis zum 
Abfchluß der Compactaten (1431 — 1433). 


Kene Plünderzüge der Huffiten nah Ungarn, nad dem Voigt- und Oſter⸗ 
land, nach Schlefien und Brandenburg, nad Mähren und Dftreid — 
Neue Einladungsfhreiben des Conciliums an tie Boͤhmen — Gonferenz 
in Eger — Schreiben des Procopius an K. Sigmund — Antwort des⸗ 
felben — Zufiherungen von Seiten des Gonciliums-.für die Böhmen — 
Zwei Abgeordnete der Böhmen in Bafel — Ihre Ruͤckkehr — Landtag 
inPrag — Große boͤhmiſche Deputation nad Baſel gefendet — Ihr Em- 
pfang dafelbft — Reden für und gegen die vier Artifel — Sähwierigs 
feiten der Berftändigung — Das Goncilium ſchickt Deputirte nad Pra 

— Neue Unterredungen — Die Taboriten und Drphaniten wollen- feinen 
Bergleid — Neue Plünderzüge nad) Ungarn und Preußen — Belagerung 
der Fatholifhen Stadt Pilfen dur Procopius — Der Adel und die Städte 
Boͤhmens vergleichen ſich mit dem Goncilium, fie erhalten die vier Artikel 
zugejtanden — Spaltung der böhmijchen Parteien . .\‘. 2.189 











Inhalt. IX 


Siebentes Kapitel. | 


Confliete des Kaifers mit dem Basler Concilium (1433 — 1435). 
Seite 
Der Kaiſer unzufrieden mit den weitern Schritten und Maßregeln des Con⸗ 
ciliums gegen den Papſt — Vernachlaͤſſigung des Reformationsgeſchäftes 
— Wenige von den deutſchen Prälaten in Baſel anweſend — Einmiſchun⸗ 
gen der verſammelten Väter in deutſche Reichsangelegenheiten — in den 
ſächſiſchen Succeſſionsfall — Der Kaiſer weist entſchieden die Anmaßung 
des Conciliums zurüd — Erklärung auf dem Reichẽtag zu Ulm gegen das⸗ 
feibe und gegen Herzog Grid von Lauenburg — Deffenungeadhtet Fort: 
fegung des Proceſſes vor dem geiftlichen Gerichtshof — Andere ähnliche 
Übergriffe des Conciliums — Weitere Erklärungen ded Kaiferd in der 
Lauenburgiſchen Streitfahe — Halbe Nachgiebigkeit des Gonciliums — 
Weiterer Gang und Ende des Lauenburgifchen Procefies — Fehde wegen 
diefer Sache zwifchen Lauenburg und Brandenburg — Andere Einmiſchun⸗ 
gen des Gonciliums in deutsche Neihsangelegenbeten - - + .163 


Achtes Kapitel. 


Sigmund'e Beruͤhrungen mit Burgund, Frankreich und 
England (1431 — 1435). 


Brabantiſcher Erbfall — Philipp der Gute, Herzog von Burgund, beſetzt 
das Land, ohne die kaiſerliche Belehnung nachzuſuchen — Der Landgraf 
von Heſſen läßt ſeine Erbanſprüche an Brabant fallen — Lothringiſcher 
Erbſtreit zwiſchen Renatus von Anjou und Graf Anton von Vaudemont — 
Letzterer vom Herzog Philipp von Burgund unterſtützt — Krieg über den 
Beſitz des Herzogthums — Nenatus gefangen — Der roͤmiſche König bes 
ſcheidet die ſtreitenden Parteien vor ſeinen Richterſtuhl — Proteſtation 

dagegen von Seiten des Herzogs von Burgund — Ausſpruch desſelben in 
dem Erbſtreit — Unzufriedenheit des Renatus von Anjou damit — Sein 
wiederholtes Anrufen einer kaiſerlichen Entſcheidung — Ausſpruch Sig⸗ 

mund's und Proteſtation des Grafen Anton von Vaudemont — Herzog 
Philipp von Burgund nothigt Renatus in die Gefangenſchaft zurüdzufeh- 
ven — feine weiteren Eriverbungen von Holland und der dazu gehörigen 
Grafſchaften — meist feine-Gefandten an, ihren Play auf dem Basler 
Goncilium vor den Furfürftlihen zu nehmen — Günftige Entf&eidung der 
Kirchenverſammlung für Burgund — des Kaifers Äußerung darüber — 
Seine Berbindung mit: Zranfreih gegen den Herzog von Burgund — 
Sigmund ſchickt ihm eine Kriegserklärung zu — Aufforderung zum Reichs⸗ 
krieg ohne Erfolg — Der Herzog von Burgund bleibt im Befig der Länder 173 


- 


4 


x Inhalt. 


Neuntes Kapitel. 


Deutſche Reichdangelegenheiten während Sigmund's Anweſen⸗ 
heit in Italien bis zur Ruͤckkehr nach Deutſchland 
. (1431 — 1434). Zeite 


Innerer Kriegszuſtand Deutſchlands — Verſchiedene Urſachen und Veranlaſ⸗ 
ſungen zu den Fehden und Kämpfen — Im weſtlichen Deutſchland: die 
Trieriſche Fehde — Aufftände in Mainz — die Fehde des Erzbiſchofs von 
Göln wegen des Bisthums Paderborn — die Unruhen und Kriege in Lüts 
ti, Geldern, Berg, Aachen, Utreht — die Zehden am Oberrhein in 
Worms, Speyer, Straßburg, Pfalz und Baden — die Bauernſchaften 
in den mittleren Nheingegenden — Im mittlern Deutſchland: die Würz« 
burger und Bamberger Fehden — die Zuftände in Sadfen, Schleſien, 
der Laufig, Thüringen, Heffen — Im nördligen Deutſchland: die Mags 
deburgifhe und Braunſchweigiſche Fehde — Zuftände in Brandenburg — _ 
die Hanfeftädte — Pommern — Aufftand der Bürgerſchaft in Roſtock ge« 
gen ihren Magiftrat — der holftein = dänifhe Krieg — die Ditmarfen — 
Im füdlihen Deutſchland: bayriſche Streithändel, veranlaßt durch Herzog 
Ludwig von Ingolſtadt — Einmifhung des Gonciliums — Habsburgiſches 
Haus und Zuftände in den öftreihifhen imen. 0.0. +18 





Behntes Kapitel. 
Die Reichdtage zu Bafel, Ulm und Regensburg (1434). 


Berufung eines Reichſstags nad Bafel auf den 30. Nov, 1433 — kommt 
nicht zu Stande wegen des Ausbleibens der meiften Reichsſtände — Bers 
ſchiebung der Cröffnung des Reichſtags auf den Anfang des folgenden Jah⸗ 
res — Beiteuerung der Juden im Reiche nad der Kaiferfrönung — Be⸗ 
Iehnungen und Zeftlichkeiten in Bafel — Der vertagte Reichstag in Bafel 
kommt aud nit zu Stande — Adıtöerflärung gegen Arnold von Egmont 
und Herzog Ludwig von Ingolſtadt — Belehnung des Herzogs Wilhelm 
von Münden mit des Legtern Ländern — Schritte des Herzogs Ludwig 
von Bayern, die Acht unwirkſam zu machen — XAnftalten des Kai⸗ 
ferö zum Krieg gegen den geädhteten Herzog — begibt fid) über Baden 
und Schaffhauſen nad Um — Entſcheidung des bayrifhen Streites — 
Reichsangelegenheiten und Reichstag — Geldnoth ded Kaifers und fein 
wenig würdevolles Betragen — Er hält fih in Augsburg auf — reidt 
dann nad Regensburg, zum neuen Reichstag — Beendigung der bayris 
Then Streitfahe — Böhmiſche und Firhlicye Angelegenheiten — Griechen: 
Union — Bruno de la Scala mit der Statthalterfhaft von Verona und 
Bicenza belehnt — Andere Reichsgeſchäfte — Reichsabſchied und Propos 








Inhalt. XI 
Seite 

fitionen für den naͤchſten Neihötag — Neue Geldnoth des Kaiſers — 
Fahrt auf der Donau nad Ungarn . . Er) 71 





Eiftes Kapitel. 


Vorfälle in Böhmen bis zum Regensburger Reichstag 
(1434). 


Berbindung zwiſchen den Böhmen und Polen — Abfiht, den polniſchen 
Prinzen Wladislaus auf den böhmifhen Thron zu erheben — Parteien 
in Böhmen — Maindard von Neuhaus, Haupt der Galirtinifgen Partei 
— Alexius von Riefenberg Statthalter — Krieg zwiſchen der Alt- und 
Neuſtadt Prag — Die Iegtere durch Mainhard von Neuhaus erobert — 
Procopius eilt von der Belagerung von Pilfen gegen die Galirtiner — 
Schlacht unweit Böhmiſch-Brod bei Hrzib — Sieg der Galirtineer — Tod 
der beiden Procopiuffe — Die Taboriten und Orphaniten erleiden überall 
Kahtheile und Verlufte — Landtag zu Prag über die Pacificirung des 
Landes — Der Kaifer in Ulm von dem Siege der Galirtiner benachrich⸗ 
tigt — Seine Botfhaft zu den Böhmen — Sie erwiedern fie mit einer 
Geſandtſchaft nad Negensburg an ihn — Ihre Unterredungen dafelbft mit 
dem Kaifer, ohne Theilnahme der deutihen Zürften daran — Weiterer 
Landtag in Prag 16, Det AA On 9 


Zwölftes Kapitel 


Ungarifche Geſchichte in den letzten Regierungsjahren K. Gigs» 
| mund's. 

Reichsverwaltung in Abweſenheit des Königs — Muͤnzverſchlechterung — 
Türkenkriege — Der Walachiſche Woywode Wlad Drakul' ihr Berbüns 
deter — Der Fürſt von Serbien unter türkiſcher Herrſchaft — Reichstag 
zu Dfen (Juni 1432) zur beſſern Vertheidigung des Landes — Sigmund's 
Vorſchläge zu einer beſſern Kriegseinrichtung — Sie kommen nicht zur 
Ausführung — Interimiſtiſche Vertheidigungsanſtalten gegen die Huſſiten 
— Der Palatinus Nicolaus Gara ſtirbt — Aufbewahrung der ungari⸗ 
ſchen Krone — Neue Huſſitenſteuer — Nüdkehr Sigmund's nad Ungarn 
im Det. 1434 — Zuſtände von Ungarn — Annäherung an Polen — 

Reichstag zu Prepburg — Beihlüffe über die Handhabung des Landfrie⸗ 
dens und die Negulirung des Gerichtsweſens — Königliches Decret über 
die Einrihtung des Militärweſens — Reformation der kirchlichen Zuftände 
— Einführung der Dlivetaner in Ungarn — Der Minorit Jacobus Pi- 
cenus ein großer Eiferer — Verdächtigung des bosniſchen Zürjten Twartko 





XII Inhalt. 
Seite 
— Berfolgung der Huffiten und anderer Keßer in Ungarn und Siebenbür⸗ 
gen — Strenge Mafregeln gegen die Geiftlichfeit zur Wiederherftelung 
der Kirchenzucht — Mehrere Biſchöfe gegen Jacobus Picenus — er wird 
von Sigmund gefhüst — ebenfo der Biſchof von Siebenbürgen in der 
Erhebung des Zehnten gegen die Keger — Geldnoth Sigmund’: — Ber: 
pfändungen — Die Zipferftädte Fönnen nicht ausgelöst werden — Reuer 
Türkeneinbruch in Servien — Niederlage der Türken — Großer Bauern» 
aufftand in Siebenbürgen FE 2; 


Dreizehntes Kapitel. | 


Sigmund's Theilnahme an den polnifhen und Deutfchordenss 
Streitigkeiten, wie auch am nordifchen Krieg (1430 — 1437). 


Rach Witold's Tod in Litthauen Großfürft Swidrigal — Derfelbe nimmt 
feinen Bruder, den polniſchen König, gefangen — feine Gefandtſchaft an 
den roͤmiſchen König, und fein Bündniß mit dem deutfhen Orden — Big» 
mund’5 Freundfhaft mit Swidrigal und Bereitwilligfeit, fi mit ihm ge 
gen Polen zu verbinden — Umtriebe des polniſchen Königs gegen die 
Berbindung des deutfhen Ordens mit Swidrigal — Sigmund erflärt fi 
offen für die Berbünteten — Neuer Ausbruch des Krieges zwilhen dem 
Orden und Polen — Waffenftilftand mit Litthauen — Schreiben des 
polnifchen Königs an den römiſchen König und den Papft — Klagen über 
ten Orden — Sigmund ſucht durch den Orden den Frieden zwiſchen Erich, 
König von den Scandinavifhen Reihen, und den Grafen von Holftein zu 
vermitteln — Aufſtand in Litthauen gegen Swidrigal — Sigismund von 
Starodub von einer Partei zum, Sroßfürften erhoben — Der Polenfönig, 
im Bunde mit den Huffiten und den Herzogen von Pommern, erklärt dem 
Drden den Krieg — Klage deßhalb beim Eoncilium — Einbruch der Huf- 
fiten in’ Drdensgebiet — Ihr Plünderzug bis Danzig — Der zwölfjähs 
rige Waffenftiliftand von Brzefe — Der Kaifer wirft in Rom günftig 
für den Orden und auch in Bafel — er will den Waffenftilftand aufge: 
kündigt haben — Tod des polniſchen Königs Wladislaus 31, May 1434 
— Der Kaifer dem Drden abgeneigt — tritt mit dem jungen König Wla⸗ 
dislaus III in Unterhandlungen — Neue Berhandlungen über den defini⸗ 
tiven Zrieden zwiſchen Polen und dem Drden — Ungeadtet der Abmah⸗ 
nungen ded Kaifers fhließt der Hochmeifter 31. Dec. 1435 den ewigen 
Frieden von Brzeſc ab — Große Unzufriedenheit des Kaifers darüber — 
Gr erklärt fi nun ganz gegen den Orden — Berfuhe des Hochmeiſters, 
wieder die Faiferlihe Gunft zu erhalten — Der König Erich in Danzig 

beim Hodmeifter — Der Deutſchmeiſter gegen den Hochmeiſter Paul von 
Rußdorf — Man gedenft Zeptern abzufegen — Der Kaifer will den deut- 











Inhalt. xin 
@eite 

fen Orden von Preußen an die Donau, zum Krieg gegen die Türken, 
verfehen und mit den Johannitern verſchmelzen. . . . . 


[0 


Vierzehntes Kapitel, 


Weitere Unterhbandlungen mit den Böhmen bis zu Sigmund's 
Einzug in Prag (1435 u. 1436). 
Berzögerung der gaͤnzlichen Verſtaͤndigung mit den Böhmen — Boͤhmiſcher 
Landtag 14, Zebr, 1435 — 14 Artikel als Bedingungen der Aufnahme 
und Anerkennung Sigmund's — Neue Unruben in Böhmen — Synode 
der Huffiten in Beraun — Der Koifer in Brünn nimmt die 14 Artikel 
an — Reue Berwidlungen mit dem Goncilium — Landtag zu Prag 21. 
Sept. 1435 — Adhaͤſion der böhmifhen Stände zu den Gompactaten — 
Der Kaifer in Großwarbein am Grabe des hi. Ladislaus — fein Gewif- 
ſenrath der Minorit Jacobus Picenus — Botihaft der Böhmen an den 
Kaifer in Stuhlweißenburg — Endlihe Berftändigung mit den Böhmen 

— Kaiſerliche Privilegien. ihnen ertheilt — Gugen IV beitätigt die Stuhls 
weißenburger Übereintunft — Johannes Rokyczana Erzbifhof von Prag 

— Der Kaifer und der Herzog Albrecht von ſtreich in Iglau jtellen den 
Böhmen die Berfiherungsurfunden aus — Reue Zugeftändniffe des Kai⸗ 

ſers — Der päpftlihe Legat hebt den Kirchenbann, der gegen die Boͤh⸗ 
men erlaflen worden, auf — Friedenöftörung in Iglau — von Sigmund 
beigelegt — Sein feierlider Einzug in Prag 23. Aug. 1436 — Huldi⸗ 
gung der boͤhmiſchen Staͤnndde. 29893 


Funfzehntes Kapitel. 


Deutſche Reichsangelegenheiten waͤhrend der drei letzten Re⸗ 
gierungsjahre Sigmund's (1435 — 1437). 


Berfud des Kaiſers, die Reihöverfaffung zu verbeffern, auf den beiden 
Reichſstagen zu Frankfurt — Urſachen des Mißlingens der Beſſerungsvor⸗ 
füläge — Der Kaifer in Wien im Zebr. 1435 und Rückkehr nad) Ungarn 
— Das Münzwefen in Deutſchland — Anordnungen über das Policeis 
wefen — Berfügungen zur Berbefferung der Behmgerihte — Reformas 
tions = und Neactiondgeift der Zeit im Adel, im Glerus, in den Städten 
und bei den Landftänden — Das Furfürftlicde Collegium — Der Erzbis 
ſchof Diether von Mainz belehnt — feine Berhältniffe zum Kaifer, Neid, 
der Stadt Mainz und dem Soncilium — Fehde mit dem Landgrafen von 
Heflen, mit dem Grafen Michael von Wertheim — Der Erzbiſchof Ra⸗ 
ban von Trier endlid Sieger gegen Ulrich von Manderſcheid ⸗— Der Erz⸗ 


XIV Inhalt. 

Seite 
biſchof Theodorich von Coͤln — Der blinde Kurfürft Ludwig von der Pfalz 
wird durch feine Gemahlin von der Regierung entfernt: es folgt nach feis 
nem Tode fein Sohn Ludwig, unter Vormundſchaft des Pfalzgrafen Dtto 
von Mosbach — Der Sponheimifche Erbfal — Borfälle im Lande Sad: 
fen — Landestheilungen — Der Herzog Sigmund tritt in den geiſtlichen 
Stand: der KHurfürft Zriedrid TI und fein Bruder Wilhelm befegen den 
Landesantheil von jenem — In Brandenburg der Markgraf Zrievrid I 

mit den Herzogen von Medienburg im Streit wegen des Befiges des wen- 
difgen Landes — Theilung der brandenburgiſchen und fränfifden Zänder 
durch Zriedri I unter feine vier Eöhne. — Das Haus Habsburg in Dft« 
rei), Steyermark und Tyrol — Friedrich der Ältere noch immer gegen 
den Kaifer — Friedrich der Tüngere in Zwift mit ihm — Albrecht, ihr 
Better, vermittelt — Das gräflih Cilly'ſche Haus zur Reichſsunmittelbar⸗ 
feit erhoben — Proteftationen der Habsburger dagegen — Der Erzbi- 
ſchof von Salzburg im Streit mit Habsburg — Der Biſchof von Bamberg 
erhält die kaiſerliche Erlaubniß, feine Güter in Kärnthen zu verkaufen — 
Die bayrifhen Wittelsbacher: neue Streitigfeiten zwifhen Herzog Ludwig 
von Ingolftadt und Herzog Heinrih von Landshut — Waffenftiliftand 
durch das Goncilium vermittelt — Die Münchner Herzoge: Herzog Wil⸗ 
beim ftirbt — fein Bruder Herzog Ernft und fein Neffe Albrecht — deſ⸗ 
fen Liebe zu der Agnes Bernauerin — Herzog Ernft läßt fie in der Donau 
ertränten — Des Ingolfadter Herzogs Ludwig Ende — Der Reichstag 
zu Egge...43066 


Sechzehntes Kapitel. 
K. Sigmund's Beziehungen zu den Schweizer Eidgenoſſen. 


Im Walliſer Krieg mit dem Freiherrn Wiſchard von Naron — Mayländi« 
ſcher Krieg wegen Bellinzona und dem Livinerthale — Beruͤhrungen Sig⸗ 
mund's mit den Eidgenoſſen vom J. 1418 bis 1431 — Sie begleiten 
ihn bei feinem Römerzug mit 800 Mann über die Alpen — empfangen 

ibn feierlich bei feiner Rückkehr von der Kaiferfrönung — Neue Paiferliche 
Hrivilegien für die Schweigerfantone — Der Toggenburgiſche Erbfall — 
Der Kaifer belehnt mit den Toggenburgifhen Reichslehen feinen Kanzler, 
den Kafpar Schlick — Krieg der Erbanfpreder gegen einamer . + 343 - 








Inhalt. XV 


Siebzehntes Kapitel. 


8. Sigmund in feiner Beziehung zum Eoncilium und Papft 
Eugen IV (1435 — 1437). ete 


Beſchluß des Conciliums wegen Abſchaffung der Annaten ꝛt. — Keuer Aud⸗ 
brud des Streites deßhalb mit dem Papft — Der Legat Tulian wendet 
fihd vom Goncilium ab — Unterhandlungen der Kirdyenverfammlung und 
des Papftes mit dem griehifhen Kaifer in Bezug auf die Kirchenvereini⸗ 
gung — Gonflicte audy in dieſem PYungte zwifhen Eugen und den verfams 
melten Vätern — Kaifer Sigmund wendet fi vom Goncilium ab dem 

‚Papfte zu — Paͤpſtliche Geſandtſchaften an den Kaifer — Er verſpricht 
Eugen Hülfe und Beiſtand — Seine Unzufriedenheit mit dem Goncilium, 
das feinen Wuͤnſchen Feine Folge leiftet — Neue Schritte von Seiten des 
Conciliums gegen den Papſt — Beſchlüſſe in der 23, u. 24. Sigung zur 
weitern Beſchraͤnkung der päpftlihen Auctorität — Proteftationsfäreiben 
Eugen’5 dagegen — Burgund und Tyrol für den Papſt — Stürmiſche 
24. Eigung des Conciliums — Die Majorität beſchließt gegen den päpft- 
lichen Antrag, Bafel oder Avignon ald Drt der Kirdhenverfammlung für 
die Griechen inion zu beftimmen — Die Minorität vernichtet in der 
Nacht den Beſchluß der Majorität und deponirt dafür den ihrigen — Der 
Kaifer und der Papft mißbilligen den Vorfall — Der Papſt ſchickt eine 
Geſandtſchaft nad) Sonftantinopel und verſpricht alles Nöthige zur Über⸗ 
fahrt der Griechen nach Italien durch die Benetianer beforgen zu laffen — 
Berufung des Gonciliumd nah Zerrara — Auflöfung des Basler Gonci- 
liums — Beziehungen des Kaifırd zum Papft — Proceß zur Abfegung 
Eugen’: durch die Vorladung dedfelben in der 26. Sigung begonnen — 
Antwort Sigmund’5 an das Goncilium — Raſch auf einander folgende 
Bullen des Papftes und Decrete des Gonciliums — Bolftändiger Bruch 
zwiſchen beiden kirchlichen Auctoritaͤen — Indem Sigmund verfucht, eine 
Bermittlung herbeizuführen, ftirbt er . . . . . 365 


Achtzehntes Kapitel. 


K. Sigmund's Regierung in Boͤhmen bis zu ſeinem Tode 
(1436 u. 1437). 


Sigmund's Einzug in Prag — Es huldigen ihm die böhmifhen Stände — 
Er gewinnt aud die Taboriten dur mancherley Zugeftändniffe — Über 
einkunft der taboritifhen Priefter mit den Galirtinern vom Kaiſer beftä- 
tigt — Im Widerftand gegen Sigmund’5 Regierung bebharren der Edel⸗ 
mann ˖ Rohatecz auf Sion und die Stadt Königingräz — Sie werden 

Beide unterworfen: ber Grftere mit feinen Genoffen hingerichtet — Der 


XVI Inhalt. 
- Seite 
Kaifer hält feine Verſprechungen nit und ſucht den huſſitiſchen Glauben 
immer mehr zu verdrängen — Er empfängt für feinen Eifer im Fatholis 
ſchen Glauben vom Papft die goldene Roſe — Mipftimmung und Aufre⸗ 
gung der Huffiten gegen den Kaifer und feine Einrihtungen — Die buf- 
fitiſchen Priefter und der Erzbifhof Rokyczana fpredden laut und aufregend 
gegen Sigmund’ Beranftaltungen: fie werden verfolgt — Rokyczana 
entflicht aud Prag — Weltlihe Anordnungen Sigmund’s in Böhmen — 

Er läßt feine Gemahlin in Prag Erönen — Des Kaiferd Zugeftändnifle 

zur Beſchwichtigung der Aufregüng ugter den Huffiten — Reichstag zu 
Eger — Die von den Galirtinern nach Bafel geſchickte Geſandtſchaft rich⸗ 

tet nichts aus — Uhruben in Mähren und Böhmen — Berfhwörung in 
Böhmen — darin verflodten die Gillyer Grafen und die Kaiferin — Ab⸗ 
fiht ein großes flaviih=magyarifhes Neih mit einer huſſitiſchen Kirche 

zu biden — Rückkehr Sigmund’d nad Prag — Vorſchlag der polniſchen 
Geſandtſchaft zur Adoption des polnifhen Königs durch Sigmund wird 
obgelchnt — die Berfhmwörung entdedt — Der Kaiſer beſchließt Prag 

zu verlaffen und begibt fih nah Mähren, wo er in Znaym am 9. Dee 
cember 1437 ftirbt, nachdem er feinen Schwiegerfohn Albrecht zu feinem 
Nachfolger den Böhmen und Ungarn empfohlen — Sigmund’5 Character 
— Shiufbetrahtungen ee 2 53h 


eben . 

Beilage I. Über Pippo Spano, Grafen von Dzore..4411 

⸗ II. ‚Über die angebliche Reformatio ecclesiastica X. Sigmund's 
und deffen NRefornatfon ded weltlichen und Policey-Weſens 419 

s IM. Über den Kanzler Kafpar Shlid und des Ancas Sylvius 
biftorifchen Roman Lucretia und Euryau . .  . 428 
= IV. .Die Kanzler und Protonotarien unter Sigmund’s Regie⸗ 
rung . . . . + N . . . . 
s V. Eberhard Windel, der Biograp K. Siemmd’5 . . 448 
= VI Über die Reichsſiegel unter K. Sigmund’5 Regierung und den 
von ibm zuerft darin aufgenommenen zweiföpfigen Reichs⸗ 
adlierr.. V 
VII. Üüber die von K. Sigmund der Stadt Nürnberg zur Ber- 
wahrung übergebenen Reigökleinodin +» +. + 478 

VIII. Zortfegung des Itinerard und der Negeften K. Sigmund’s 
vom 1. Rov. 1431 bis 9, Dec, 137°. 2:0 ...4 

s IX. Nachträge zu dem Itinerar und den Regeſten K. Sigmund’s 
v. 1413 — 1431 . 2» 0. + . + + 517. 


465 . 




















Viertes Buch. 


— — — — 


Sigmund's legte Regierungsjahre 
u zur Seit 


des Basler Conciliums. 


Aſchbach KH. Sigmund, IV. 





* 


* 


x 











Erftes fapitel. 


Allgemeine europäifche Zuſtaͤnde vor ber Eröffnung des Basler 
Conciliums. 


Im dritten Bande dieſer Geſchichte iſt dargeſtellt worden, in 
welcher Lage das deutſche Reich und die Laͤnder, die der roͤmiſche 
Koͤnig Sigmund unmittelbar beherrſchte, waͤhrend der Zeit der Huſ⸗ 
ſitenkriege bis zum Anfange des Basler Conciliums ſich befanden. 
Zugleich iſt dort auch von dem Oſten und Norden Europa's gefpro: 
hen worden, fo weit Sigmund damit in Berührung fam. Es bleibt 
noch übrig einen Bli auf dad weftliche und füdliche Europa zu wer: 
fen und von Papſt Martin V und feiner Thaͤtigkeit zu fprechen, ehe 
zur. Gefchichte des Basler Gonciliumd übergegangen wird, 

Mährend Deutfchland die unrühmlichen Züge gegen die Huffi- 
ten unternahm, führten England, Burgund und Franfreid 
die blutigften Kriege gegeneinander, Frankreich, von einem wahn: 
finnigen Könige Karl VI beherrfcht, von den Parteien der Armagnacs 
und Burgunder zerriffen, von ben fiegreichen Engländern vielfach 
angegriffen, fchien wie ein fleuerlofes, entmaftetes Schiff im Sturm 
zu Grund zu gehen. Vergeblich fuchte Papft Martin V ben Frie- 
ben zu vermitteln: feine Berföhnungsvorfchläge hatten fo wenig Er: 
folg, als die, welche früher von dem römifchen Könige gemacht 
worden waren. | 

Im Kampf der Parteien und Leidenſchaften wurben die empoͤ⸗ 
rendften Verbrechen verübt. Keine Schandthat wurde verſchmaͤht, 
wenn fie einen augenblidlichen Vortheil verhieß. Der Dauphin 
Karl, der feine Stüge an den Armagnacs fand, wollte um jeben 

4 * . 





4 Viertes Buch. Erſtes Kapitel, 

Preis feined Hauptgegners, des Herzogs Johann von Burgund, ber 
die Stabt Paris beſetzt hielt, fich entledigen. Ex lud ihn zu einer 
Unterredung auf der Brüde zu Montereau und ließ ihn dort 
(Sept. 1419) meucdjelmörderifcher Weife umbringen. Diefe Mord: 
"that vegte erſt recht den Krieg zu hellen Slammen an. Der Sohn 
des Ermordeten, der Herzog Philipp, der Gute beigenannt, fchloß 
mit dem englifchen Könige Heinrich V ein Bündnig ab, ihn auf 
den franzöfifchen Thron zu fegen. Die Anfprüche daran erhielt er 
durch feine Gemahlin, Karl’ VI Zochter, Katharina. Der Dau: 
phin wurde aller Thronfolgerechte für verluflig erflärt. Dem Bunde 
gaben Kraft die Siege der Engländer und Burgunder. Schon ftand 
Heinrich V im Herzen von Frankreich, als ihn in jugendlichen Al: 
ter ein unerwarteter Zod bahinvaffte: wenige Monate fpäter ſtarb 
auch der wahnfinnige franzöfifche König Karl VI (1422). 

Der Dauphin, der nun ald Karl VII den Königätitel annahm, 
ſchien feine critifche Lage nicht einzufehen. Indem fein Gegner, ber 
‚Herzog von Burgund, im-Befige der Hauptflabt, ben einjährigen 
Sohn des englifchen Königs Heinrich V und der Katharina, den 
Heinrich VI zum König von Frankreich proclamirte, und für ihn 
fein Oheim, der Herzog Johann von Bedford, in den beiden Koͤ⸗ 
nigreichen die Regierung führte, verlor Karl die Zeit mit Liebeshaͤn⸗ 
dein, Spielen, Zeftlichkeiten und widmete fi) Faum den ernften 
Sefchäften. Daher Fein Wunder, daß feine Feinde in ihren Erobe⸗ 
sungen Fortſchritte auf Fortfchritte machten und „der kleine König 
von Bourges,“ vote er fpöttifch genannt wurde, bald. ganz Krone 
und Scepter verfpielt zu haben ſchien. Schon war Orleans belagert 
und mit dem Falle diefer Stadt, konnte Karl nicht mehr an der Loire 
fi halten. Da erfchien ihm ald wunderbare .Retterin, wie vom 
Himmel gefendet, die Sungfrau Johanna d'Arc. An der Spite 
‚einer Kriegöfchaar entfeßt fie die ausgehungerte Stadt (May 1429) 
und fchlägt die Engländer in die Flucht. Nicht fieben Wochen fpd= 
ter führt fie den König Karl durch das noch von. den Feinden befegte 
Land nach Rheims zur Krönung und Salbung. So ficht fich 
Karl VII auf dem Thron befefligt: er will, daß die Jungfrau das 
Merk der Befreiung Frankreichs von den Engländern vollende.und- 
:weiter bie Kriegäfchaaren zum Siege führe, Sie gehorcht ‚wider 





Europäifche Zuflände vor d, Eröffnung bes Basler Conciliums. 5 
Willen: bald gerath fie in Gefangenfchaft ihrer Feinde, welche fie 
für eine Here erflären, ihr den Proceß machen und fie in Rouen, 
zwei Sahre nach ihrem erften Auftreten, verbrennen. Der noch fehr 
jugendliche König Heinrich VI, der um diefe Zeit aus England nach 
der Normandie fam, und zur neuen Aufrichtung feiner Partei in Pa- 
ris die Krönung empfing, ſchickte zur Rechtfertigung feines Verfah—⸗ 
rend gegen die Jungfrau von Drleans einen ausführlichen Bericht 
an ben römifchen König Sigmund !), wie Johanna d'Arc, von ei— 
nem böfen Geifte getrieben, ihre Werfe ausgeführt und daher nach 
öffentlicher Gerechtigkeit Durch den Feuertod zur Strafe gezogen wor: 
den ſey. 

Doc die Hinrichtung der ſchuldloſen Jungfrau half England 
nicht viel. Die nächiten Verwandten des Königs Heinrich VI, bie 
Herzöge von Wincheſter und Gloucefter, lähmten durch ihre Strei- 
tigfeiten untereinander die Kraft der Regierung: der Friede mit 
Frankreich wäre unftreitig damals ſchon zu Stande gefommen, hätte 
nicht der Herzog von Burgund, der durch neue Rändererwerbungen in 
Holland, Brabant, Limburg fehr mächtig geworden, ben Frieden 
gehindert. Nur von der Kirche, von einem allgemeinen Goncilium 
erwartete man die Möglichkeit der Wiederherftellung bes Friedens 
zwiſchen England und Frankreich, 

Mas aber die übrigen Fürften im Weften und Süden Europa’s 
betrifft, die alle zu ben Mächten zweiten Ranges gerechnet werden 
müffen, fo möge hier in der Kürze bemerkt werden, baß ber ſchot⸗ 
tifhe König Jacob Stuart, der achtzehn Jahre lang in eng: 
liſcher Gefangenfchaft gehalten worden war, endlich feine Freiheit 


erlangte und trog des Waffenftillftandes, den er mit England hatte 


eingehen müffen, ſich Frankreich, feinem alten Verbündeten, wieder 


zuwandte. Auf der pyrenäifchen Halbinfel frebten die Kö: 


nige auf verfchiedenerley Weife nach Vergrößerung ihrer Macht und 


1) Joannes Nyder in Formicario lib. V. c. 8, wornad das Chronic, 
Magn. Belgic. p. 400 erzählt, (Joanna) fassa fuit, habere se familiarem 
Dei angelum, qui judicio literatorum virorum judicatus est malignus spiri- 
tus — per quem velut Magam eflectam ignibus per publicam justiciam con- 
sumi permiserunt, prout de hac historia rex Angliae nostro Imperatori 
Sigismundo satis late in scripto historiam explicanit. 





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6 Viertes Buch. Erſtes Kapitel. 
Befitungen. Die Portugiefen unter der langen und glüdfichen Re⸗ 
gterung des guten Königd Johann I richteten ihre Blicke vorzuglich 
auf Eroberungen im norbweftlichen Africa und auf Entdedungen ums 
bekannter Infeln im atlantifchen Ocean. Johann II von Gaflilien, - 
‚ ein feawacher, willenlofer Zürft, wurde von feinen Miniftern und 
Lieblingen beherrfcht, wodurch er in mandhfache Streitigkeiten mit 
feinen chriftlichen Nachbaren kam: doch erfocht ex mit deren Hülfe 
(1431) einen großen Sieg Uber die Mauren im Reiche Granada, 
worauf er von neuem die Gaftilianifche Oberlehenöherrlichkeit uͤber 
biefelben befeftigte. Das Königreich Navarra kam nad) dem Tode 
des Königs Karl ILL, legten männlichen Sproffen aus der Familie 
Evreur, an dad Haus Aragonien (1425): denn ein Aragonefifcher 
Infant, Zohann, hatte Karl's III Erbtochter Blanca geheirathet. 
Das bedeutendfle Reich auf der Halbinfel war damals Aragonien, 
- weil auch Sicilien und Sardinien damit verbunden waren. Seit 
bem Sahre 1416 regierte der Eriegerifche und weife Alfonfo V. Mit 
großer Bereitwilligkeit nahm er die ihm von der Neapolitanifchen 
Königin Johanna II angebotene Adoption an, wodurch er in ben 
Beſitz des Königreiches Neapel Fam. | 
Diefe Sohanna II aus dem Haufe Anjou war ihrem Bruder 
Ladislaus im 3.1414 in der Regierung von Neapel gefolgt. Nach⸗ 
dem fie ſich von einem tyrannifchen Gemahle, dem Sacob von Bour: 
bon, frei gemacht, regierte fie mit ihren Günftlingen launenhaft und 
willkuͤrlich. Ludwig III von Anjou trat als Kronprätendent aufs 
den zurüdigefegten Gonnetable Sforza nahm er in feine Dienfte; 
Provengalen und Genuefer wie auch der Papft unterftühten feine 
Anſpruͤche. Die von mehreren Seiten bedrohte Königin Johanna 
fucht bei dem Aragonefifchen Könige Alfonfo V Hülfe und findet fie, 
um den Preis der Adoption und der Übertragung der Nachfolge auf 
dem Neapolitanifchen Thron, Als aber Alfonfo (1421) felbft nach 
Neapel kam, wußte der Günftling der Königin Carracioli dem Könige 
fo gefchieft entgegen zu arbeiten, daß Johanna die Adoption zu Gun⸗ 
flen Ludwig's III von Anjou widerrief, Diefe Streitigkeiten aber 
verwicelten Papft Martin V in die Neapolitanifchen Verhältniffe. 
Martin V, der in Conftanz auf den päpftlichen Stuhl erho⸗ 
ben worden, war bald nach feiner Ankunft in Stalien fo glüdlich 


“ 


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Europäifche Zuftänbe vor b, Eröffnmg des Basler Conciliums, 7 


gewefen, mit Hülfe einiger Kriegöführer fich in den Befig des Kir⸗ 
chenſtaats zu fegen. Es ift nicht zu läugnen, daß biefer Papſt fich 
allzufehr von der Begierbe, Reichthümer und Schäte zu fanımeln, 
wie auch feine Verwandten die Golorma’s zu erheben, beherrfchen 
ließ?). Er riß daher von neuem ben Pfründenverfauf und bie 

Bergebung mandyer Bisthuͤmer an fi), was ganz ben Beſchluͤſſen 
des Conſtanzer Conciliums zuwider lief, Er betrieb zwar durch feine 
Legaten, baß in allen Reichen des Abendlandes Provincialfyunoben 
gehalten 3), die Diäciplinarvorfehriften in Bezug auf einen fittlichen 
Lebenswandel ber Geiftlichen mit Strenge gehanbhabt, die gefunkene 
Kloſterzucht und Moͤnchsregeln gebeffert wurden *), allein einen 
hoͤchſt nachtheiligen Eindruck machte es auf die Fuͤrſten des Abend⸗ 
lands, daß der roͤmiſche Stuhl ſovieles von neuem in Anſpruch 
nahm, was nur auf Vermehrung feiner Einfünfte hindeutete *) 
Man bezweifelte daher, ob ed wohl dem Papfte ernſtlich angelegen 
fen, bie kirchlichen Mißbräuche zu befeitigen. In Deutſchland bes 
klagte man ſich mehrfach, daß Martin V in bie Freiheit der Kapis 
telöwahlen eingreife. Zwar zeigte er bei ber flreitigen Biſchofswahl 
in Paffau eine weife Mäßigung gegen Herzog Albrecht von ft: 
reich ©), ben eifrigen Befämpfer der Huffiten, aber bei Befekung _ 
ber Bisthuͤmer von Bafel”) und Augsburg ®) erlaubte fih Martin 
2) Eberhard Windel c. 55. Bol. Joh. Voigt in Raumer's hiſt. Taſchenb. 

1833, &. 92 fl. Raynald annal. eccl. ad ann. 1431. n. 2. fucht Martin V 
dadurch zu entihulbigen, daß er bad Geld zur Berwendung gegen die Huffiten 
und Zürfen aefammelt habe, 

3) Bon den in Deutfchland gehaltenen Synoden handelt Hartzheim Concil. 
Germ. V. p. 163 sqq. Raynald ann. ecel. ad ann. 1423. n.1.2. Cf. Len- 
fant hist, de la guerre des Hussites I. 225. 

4) Trithem. Chronic, Hirsaug,. II. p. 359. 364. 367. 

5) Über das Ginzelne Raynald ann, ecel. an mehreren Stellen, unter an- 
bern ad ann, 1427. on. 17. ad ann. 1429, n. 13. Bgl. Weffenberg, die gro= 
hen Kirhenverfammlungen des 15. u. 16. Jahrh. I, S. 273, 

6) Kurz Dfterreih unter Kt. Albrecht II. S. 71 fl. Lenz Geſch. von 
Paſſau S, 171 fl. 

7) Das Kapitel hatte. Hartmann Mönd von Möndhenftein gewählt. "Der 
Papft ernannte wegen des hohen Alters des Ernannten einen Andern, ber. fi mit 
Geld abfinden lief, worauf Hartmann vom Papfte beftätigt wurde, Vergl. Ochs 
Geſch. von Baſel III. S. 129 u, 144 fl. Wirz helv. Kirchengeſch. III. S. 67. 

8) Anfelm, der vom Kapitel einftimmig zum Biſchof von Augsburg gewählt 





Eingriffe, welche keineswegs geeignet waren, die Stimmen wach 
einer Kirchen Reformation zu erfliden. In gleicher Weife Schritt: er 
auch beiber flreitigen Erzbifchofswahl in Trier ein). Ebenfo wurde 
in England, Frankreich und Spanien verfahren. 

Bei ber allgemeinen Stimmung nach einer Bischemefomm, 
Sonnte Martin V-nicht anderd, als der Verordnung bes Conſtanzer 
Conciliums nachkommen, welche beftimmte, daß nach Ablauf von 
künf. Fahrem eine neue Kirchenverſammlung besufen werbe. Der 
Mäpft berief diefes Concil (1423) nad) Pavia. Daß diefes ‚nicht 
in:Deutfchland, fonderh in Italien gehalten wurde, erregte die Uns 
zufriedenheit des roͤmiſchen Koͤnigs und vieler deutfchen Praͤlaten, 
die wegen der Entfernung des Ortes und der Beſchwerlichkeit der 
Reiſe ausblieben. Die päpftlichen Legaten legten der wenig zahlrei⸗ 
chen Verſammlung zur Berathung vorzuͤglich die Angelegenheit we⸗ 
gen der: Vereinigung der griechiſchen Kirche mit der roͤmiſchen vor. 
Bald aber brach eine peſtartige Krankheit in Pavia aus: daher 
nahm Martin V Betanlaffung, das Concilium noch naͤher an Rom 
"a Siena zu verlegen 10). 

. Daß Sonsilium zu Siena 1 war nur boͤcht ſchwach beſucht: 





und auch von Marin V beftätigt worden war, Wurde wegen loß weltlichet An⸗ 
gelegenheiten vom Papſte (1423) abgeſetzt und der Mainzer Propſt Heinrich von 
Ehrenfels zu ſeinem Nachfolger ernannt. Heinrich lehnte die Würde ab, worauf 
eine zwieſpältige Wahl des Kapitels erfolgte. Der Papſt beſtätigte keine von 
beiden Wahlen und ernannte zum Biſchofe Peter von Schaumburg, mit welchem 
Berfahren Sigmund, durch Geld von den Augsburger Rathsherrn beſtochen, zu⸗ 
frieden war. Gassari Annal. Augstburg. bei Mencken scriptt, rer. Ger. I. 
p. 1564. Braun Bilhöfe v. Augsb. II. 528 fi, III. 2. 

9) Davon unten im Kap. 9 das Nähere, 

10) Raynald ad ann. 1423. n. 1.2.3. Trithem. Chron. Hirsaug. II. 
367. Expectabantur nationes, cum ecce Papiam pestis subito invasit; unde 
praesidentes Concilü et locum et tempus mutare coacti sunt. Placuit ergo 
cunctis ex sententia Pontificis Senas migrare. 

11) Die Acta Concil. Senens. bei Harduin Concil. VIIT, 1013 sqg. oder 
bei Mansi Concilior. coll. XXVIII. p. 1058— 1082. über das Goncilium 
felbft Raynald 1. c. ad ann. 1423. n. 3 u. 4, u. n. 10. ad ann. 1424. n. I 
—6. Vita Martini bei Muratori scriptt. rer. Ital. III. 2. p. 865. u, Tho- 
masii contin. hist. Senens. Bandini de Bartholomaeis bei Muratori XX. p. 23. 
Trithem. Chronic. Hirs. 1. c. Propter subdolas in Pontificem. machinationes 











Europdifche Zuftände vor d. Eröffnung bes Basler Conciliums, 9 


es fanden fich faſt nur italienifche Prälaten ein: von ber deutfchen 


Nation erfchienen fünf, von der franzöfifchen ſechs Biſchoͤfe. Die 
Kirchenverfammlung begann ihre Wirkſamkeit damit, die Gonftanzer 
Berurtheilungen gegen die Wiklefitifchen und Huffitifchen Lehren zu 
erneuern. Es wurde benen, bie zur Vertilgung ber böhmifchen 
Keber beifteuern würden, ein gleicher Ablaß zugefichert wie den am 


Kriege gegen fie felbft Theilnehmenden. Sodann berieth man fich, 


wie man ben Griechen, bie die Abficht zeigten mit der römifchen 
Kirche ſich zu vereinigen, gegen bie Zürken Hülfe bringen koͤnnte. 
Leider tauchte auch wieder die Frage über die Gültigkeit des Ponti 
ficat3 Benedict's XIII auf. Diefer durch das Conftanzer Goncilium 
abgefegte Papft — Peter von Luna — lebte bamald noch auf der 
im Königreich Balencia gelegenen Bergvefte Peniscola und fuhr fort, 
ſich als das alleingültige Oberhaupt ber-abendländifchen Kirche zu 
betrachten und alle, die ihm nicht anerkannten, zu verfluchen. Diefe 
Hartnaͤckigkeit des abgefegten Kirchenfürften wäre mehr Iächerlich 
als bebenklich gewefen, hätten ihm nicht die politifchen Verhaͤltniſſe 
in Unteritalien und Spanien eine Bedeutung gegeben, die er an und 
für fich durchaus nicht hatte. Der König Alfonſo V von Aragonien 
und Sicilien war nämlich wegen feiner Anfprüche auf Neapel als 
Adoptiv» Sohn der Königin Johanna II mit Martin V in Streit 
gerathen. Denn diefer Papft war Oberlehensherr von dem König: 
reiche Neapel: er erkannte Ludwig III von Anjou als rechtmaͤßigen 
Kronprätendenten diefed Reichs an und weigerte fich daher den Ara: 
gonifchen König zu befehnen. Darüber aufgebracht, ergriff leßterer 
jede Gelegenheit Martin V Verlegenheiten zu bereiten. Er lief 
burch feine Sefandten auf dem Goncilium zu Siena die Sache Be: 
nedict's XIII von neuem betreiben, obſchon in Gonftanz auch ber 
Hof von Aragonien deffen Abfegung beigetreten war. 

Martin V fehte eö ohne große Mühe durd), Daß Benedict's XIII 
Abfegung von neuem durch die Kirchenverfammlung beftätigt und 
über feine Schüger und Anhänger nochmals die Verdbammung aus: 
gefprochen wurde: ed warb auch über die, welche ſich anmaßen 
wirben, als feine Nachfolger aufzutreten, derBann verhängt. Def: 
Alphonsi regis Aragoniae dissolutum est Goncilium. &o auch Naucleri Chro- 
nicon generat, 48. Vol. II. p. 448. ed. Colon. 1564, 


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10 Dieetes Buch. Erſtes Kapitel. 
fenungeachtet verharrte ber Aragonifee König in feinem feinbfeligen 
Eimne gegen Martin V. Dem ald grabe bamald (1424) ber 
Segenpapft Benedict XIII hochbejahrt auf feiner Felſenburg Peñis⸗ 
cola geflorben war, fo veranftaltete ed vorzüglich Alfonfo V, daß 
deſſen beide Cardinaͤle den Barceltonefifchen Domherrn ÄAgidius Min 
nor als Clemens VIII zum Papſt wählten und kroͤnten, welcher 
ſodann eine Anzahl neuer Cardinaͤle reiste. Solange ber Aragonis 
ſche König mit Martin V in Streitigkeit lebte, umterſtuͤtzte ex Gles 
mens VIII. Derfelbe aber mußte fallen, fobald fich Alfonfo mit 
Martin V verföhnt hatte. Diefes gefchah aber erft im J. 1429, 
wo Clemens VIII auf Verlangen des Aragonifchen Königs feine 
angemaßte Würde niederlegte und feine Cardinaͤle aufforderte, eine 
neue Wahl vorzunehmen, wodurch das lange Schiöma in ber Wur⸗ 
zei getilgt fey. Sie wählten daher Dtto von Eoloma, der ſchon 
als Papft Martin V auf dem Stuhl Set. Petri faß. Dann unter 
warf fich auch der Graf von Armagnac, ber fich bis dahin noch ges 
gen Martin V erflärt hatte, So waren endlich die legten Spuren 
der langwierigen ungluͤcklichen Kirchenſpaltung getilgt 2). 
Rahdem die Kirchenverfammlung zu. Siena auch einen Ber 
ſchluß über die Vereinigung ber Griechen mit ber Iateinifchen Kirche 
gefaßt hatte, wollte man auf die in Conflanz ausgeſetzte Frage in 
Betreff der Kirchenreformation übergehen. Don vielen Seiten wurde 
bie Nothwendigkeit ihrer Vornahme anerkannt. Andere meinten, 
man müfle diefe Frage noch zuruͤckſetzen. Indem ſich darlıber und 
über manches andere Streitigkeiten und Zwiftigkeiten im Schooße 
der Berfammlung entfpannen, und ein Theil der Väter der Anficht 
war. bie Conftanzer Decrete über die Superiorität der allgemeinen 
Concilien wiederholt zu proclamiren, nahm Martin V, der fich nicht 
dazu hatte entfchließen können, felbft auf die Kirchenverfanmmlung 
nach Siena zu fommen, von ber geringen Zahl ber anmefenden 
. Prälaten und ihrer Uneinigkeit Beranlaflung, das Concilium aufzu- 


12) Bzov. ann. eccl. ad ann. 1424. n. 3. ad ann, 1429, n. 32? —47, 
Spondan. ad ann. 1424, n. 3. ad ann. 1429. n. 1. . Raynald ag ann. 1423. 
D. 7—-9. n. 12. ad ann. 1424. n. 2. ad ann. 1425. n.1 sqq. ad ann. 1427. 
n. 22. ad ann. 1429. n. 1 sqq. Mariana de reb. Hispan. lib. XX. c. 14. 
Naucleri Chronic. 1. c. 


1 


Europäifche Zuftände vor d. Eröffnung bes Basler Conciliums. 11 
Iöfen (26, Febr. 1424) und bie Kirchenreformation unmittelbar zur 
Entfcheidung des päpftlichen Stuhles zu ziehen Er ernannte durch 
eine befondere Bulle (vom 12. März 1424) drei Gardinäle, die den 
dahin zielenden Entwurf ausarbeiten follten. Die ganze Kirchenre: 
formation Martin’ V befchränfte ſich aber auf eine Gonftitution, 
die. er in Bezug der Zebensorbnung der Carbindle gab 13), 

Kurz ehe die verfammelten Väter von Siena ſchieden, war 
noch von ihnen der Befchluß gefaßt worden und Martin beftätigte 
ihn in einer Bulle vom 12, März 1424 1*), daß man fich nach fies 
ben Sahren zu Bafel in einem neuen allgemeinen Conci— 
lium verfammele, um dort die umerledigt gebliebenen Sachen zu 
Ende zu führen, Zugleich (10, April deffelben Jahres) fehrieb der 
Papfi an den Magiftrat von Bafel, ihn auffordernd, alles Nöthige 
zur Haltung des Conciliums zeitig in Bereitfchaft zu ſetzen 1°), 

So war die Erwartung ber abendbländifchen Chriftenheit auf 
eine Berbefferung der manchfachen kirchlichen Gebrechen und Miß: 
brauche abermals getäufcht. Die Fürften und Wölker ließen darüber 
ihren Unmuth laut werden‘), Mas nicht auf allgemeinen Goneis 
lien zu Stande gebracht wurde, das hoffte man in einzelnen Ländern 
durch National» und Provincialfynoden zu erlangen. Erſtere aber 
wurden nicht zu Stande gebracht, ja felbft vom Papfte verboten; 
lestere hatten zu wenig Bedeutung. 

Innerhalb der fieben Jahre vom Schluffe des Conciliums zu 
Siena bis zur Berufung der Basler Kirchenverfammlung häuften 
ſich auf eine erfchrediende Weife die Gründe zu gebieterifcher Noth— 


" wenbdigfeit einer Kirchenreform und eined allgemeinen Conciliums. 


Die furchtbaren Huffitenkriege verwuͤſteten bas mittlere Europa 
und die Kirche lief Gefahr, bei ber weitern Verbreitung der huffitis 


13) Raynald ad ann. 1424. n. 4 nad) Contelorius in vita Martini V. 

14) Harduin Conc. VIII. 1025. Labbei Conc, XII. 463. Mansi l. e. 
p-. 1074. Raynald ad ann. 1424. no. 5. Trithem. Chronic, Hirsaug. IT. 367. 
Ne conventum Christianorum Martious Pontifex subterfugere pütaretur, 
concilium aliud — apud Basileam celebrandum indixit. 

15) Harduin 1. c. 1028. 

16) Ortwin, Gratü fasciculus-rer, expetendar. et fugiend. (Lond. 1690) 
p- 10 qq. 





12 VBiertes Bud. Erſtes Kapitel. 


fchen Lehre durch das fiegreiche Schwert der Böhmen in ihren Grund» 
feften erfchüttert zu werben. 
Die mancherley kirchlichen Mißbräuche, auf deren Abſchaffung 

man fchon lange vergeblich, gemartet hatte, erzeugten endlich unter 
ben Laien einen ganz feindliden Sinn gegen die Geiftlichen: fchon 
war ganz Deutchland, Ungarn, Polen, Preußen von diefem Geift 
der Oppofition gegen den Glerus inficirt. Offenbar wirkten dahin 
auch. die Auftritte in Böhmen: und grade diefer Umfland, daß die 
Mafle des Volkes die Verfolgung der Geiftlichkeit Durch die Huffiten 
als eine Strafe des Himmeld betrachtete für deren Verweltlichung 
und Sittenlofigkeit, macht erFlärlich, wie fein rechter Ernſt in die 
Kriegszuͤge gegen die Böhmen gebracht werben konnte. Eine Kits 
chenreformation an Haupt und Gliedern war dad allgemeine-Ber: 
langen durch alle Fatholifchen Länder Europa’s. | 
Zu dem innern Verfalle und der drohenden Auflöfung des Firch- 

lichen Gemeinwefend Fam noch eine äußere Gefahr. Die Griechen, 
von ben Tuͤrken auf's äußerfte bedrängt, flehten um Hülfe und Rets 
tung dad Abendland an, gelobend fich auch mit demfelben im Glaus 
ben zu vereinigen und eine. gemeinfame Kirche zu bilden. - Half 
man das griechifche Kaiferreich fehügen und befefligen gegen die O8: 
manen, fo errichtete man fich gegen diefe eine Vormauer. Es ers 
heifchte daher das Intereſſe der abendländifchen Chriftenheit, den 
Sturz des griechifchen Reiches nicht gleichgültig zuzufehen. 

Solange aber Frankreich, England und Burgund in blutigen 
Kriegen gegeneinander wütheten, folange ganz Deutfchland. eine 
Kette von Fehden und Kämpfen bildete, folange Polen, Litthauen 
und Preußen in Krieg und Hader lagen, ſolange Scandinavien, 
Dänemark, die Hanfeftädte fich befämpften und die Staaten auf der 
pyrendifchen und apenninifchen Halbinfel einander zu verdrängen und 
zu befriegen ihre ganze Kraft aufboten — kurz folange diefer all 
gemeine innere Kriegszufland in Europa dauerte, da Eonnte an einen 
großen Zürkenzug nicht gedacht, an die Verbefferung der innern Zu⸗ 
flände nicht Eräftig Hand angelegt, die Bezwingung der Huffiten 
mit Waffengewalt nicht erwartet werben. | 
Einzige Hülfe in allen dieſen verfchiedenen Nöthen hoffte man 

von einem allgemeinen Concilium, dem Gongreffe aller geiftlichen 








Europäifche Zuſtaͤnde vor d. Eröffnung bes Basler Conciliums. 13 
und. weltlichen Mächte des Fatholifchen Abenblandes. Won biefer 
Berfammlung hoffte man, daß fie durch Güte oder allgemeine Ge: 
waltmaßregeln die Böhmen zur Unterwerfung unter die Kirche und 
ihren rechtmäßigen König zurüdführe, von ihr erwartete man die 
Pacifirung der abendländifchen Reiche und die Abwehr der Türken: 
gefahr, von ihr endlich meinte man, könnte nur allein eine gruͤnd⸗ 
liche Kirchenreformation in Haupt und Gliedern ausgehen. 

Dem allgemeinen Verlangen entfprad) Papft Martin V. Wie 
früher beftimmt worden, nach Ablauf des fiebenten Jahres der Auf: 
löfung ber Kirchenverfammlung zu Siena, wurde von Martin durch 
eine Bulle vom 1. Februar 1451 ein allgemeines Goncilium. nach 
Bafel berufen 17) und zur unverweilten Eröffnung deſſelben und 
Bertretung feiner Perfon darauf bevollmächtigte er ben in jeder 
Hinficht höchft geeigneten Garbinallegaten Julian Gefarini !3), 
Wenige Wochen fpäter (am 20. Febr. 1451) flarb Martin V. 

Diefer unerwartete, plögliche Tod des Papftes war ein Unglüd 
für Italien, für Europa, für die ganze Kirche. Martin V hielt 
mit fefter, ficherer Hand die Zügel der Regierung im Kirchenftaate; 
er Fannte genau die Berhältniffe Italiens und befolgte bei allen feinen 
Schritten die Grundfäge einer gefunden und einfichtsvollen Staats- 
klugheit; er wußte, daß die politifchen und Firchlichen Zuftände nicht 
bleiben Fonnten und durften wie fie waren: er hatte in einer drei: 
zehnjährigen Regierung die Einfiht volftändig gewonnen, daß fie 
gebefjert, geregelt, umgeändert werden mußten. Sein Tod brachte 
Alles in's Stoden und vermehrte die Verwirrung. 

Als die Cardinaͤle in's Gonclave gingen, mißkfannten fie nicht 
bie Lage ber Dinge, Die Papſtwahl war in den fo critifchen Zeit _ 
umftänden von der höchften Bedeutung. Man glaubte allgemein, 
die Gardinäle würden einen Mann von ausgezeichneten Geiftesanla: 
gen wählen, der die Weltverhältniffe genau fenne und verftünde, fie 
zu leiten. Da fügte es fi 1°), daß wider Aller Erwarten der Car: 


17) Harduin L c. IV. 

18) Hartzheim Conc. Germ. V. 775. Lünig. Spic. eccles, I. p. #47. 

19) Sismondi hist. des rep. Ital. faßt dieſes Furz zuſammen, IX. 19: 
Les cardinaux cherchoient perdre leurs suffrages dans le scrutin, qu'ils 





14 Diertes Buch. Erſtes Kapitel, 
Dinal von Sima, Gabriel Conbolmieri, ein Venetianer, ber 
fich nur durch moͤnchiſche Tugenden bis dahin ausgezeichnet hatte *°), 
auf den Stuhl Set. Petri erhoben wurde. Er namte fil) Euge⸗ 
nius IV. Er war ein Mann von Eräftigem Lebensalter (erft AB Jahre 
alt), von ſtrengem, fittlichem Lebenswandel: einfach, nüchtern, 
wortkarg und ernſt. Seine große Geſtalt war würbevoll, der Aus⸗ 
druck feines Geficht& zeigte Wohlwollen und Milde. Er bewahrte in 
allen Lagen des Lebens einen ruhigen, nicht von Leidenfchaft geleis 
teten Sinn 21). Bon ben politifchen Verhaͤltniſſen verſtand er wes 
nig ober nicht, nur von Wenigen feiner Umgebung ließ er fich leiten, 
die aber fehr großen Einfluß auf ihn ausübten. Was er für recht 
und gut erkannte, fuchte er mit großer Hartnädigkeit Durchzufegen, 
ohne darauf zu fehen, ob es für feine perfönliche Lage mit Vortheil 
oder Unannehmlichkeiten verknüpft war. Bon den hohen Rechten 
der päpfitichen Macht war er ganz Durchbrungen und ex hielt ed für 
eine große Berfündigung, Davon etwas zu vergeben, was zu erhalten 
and zu bewahren ihm anvertraut worden. Diefer fo ungefchmeidige 
.Character, der ſich nicht nach den Verhältnifien fügte, fondern vers 


etoient obliges de faire chaque jour, c. a. d. les disseminer sur les per- 
sonnages insignifians. 

20) Werner Rolewinck fascicchas temp. bei Pistorius II. p. 571: Qui 
favebant sibi, multa laude digna de eo dixerant, e contra, qui ei adver- 
sabantur, plura enormia sibi imposuerant, ut moris est. Tamen quicquid 
est, ante susceptam dignitatem fuit vir abstractae vitae puta fratricella et 
bonae famae. Quod postea fertur fecisse divino judicio relinquo. über die 
Erhebung Eugen’5 IV auf den päpftliden Stuhl handelt auch ein ungedrnetes 
Kap. von Windeck. MS. Ebner. c. 277. 

21) Aen. Sylv. Europa c. 59 gibt eine vortheilhafte Schilderung dieſe 
fonft vielfach geſchmähten Papſtes: Contemsit pecunias, virtutem apprime di- 
lexit, neque secundis rebus intumuit, neque succubuit adversis neque spes 
ei gaudium, neque metus tristitiam auxit, sedatus animus eundem semper 
ejus vultum ostendit, sermone brevi, eoque gravissimo usas est. Durus 
ot asper in hostes, promptior in fidem receptos. Ad haec proceritas cor- 
poris, oris decor, et veneranda in sene majestas. Chronic. CGornel. Zant- 
fliet bei Martene coll. ampl. V. p. 424 ftimmt ganz damit überein: Vir pro- 
cerus statara, sobrius, castus, pudicus et patiens in adversis et egens pe- 
cuniis. Über feine Perſoͤnlichkeit ſprechen viele Quellen, ziemlich abweichend, | 
Bergl. Platina Vita Eugenii IV. u, Vita Eugen IV. bei Muratori III. 2. 
p- 868. Raynald ad ann. 1431. n.3 u, 4 





Europäifche Zuftände vor d. Eröffnung des Basler Conciliums. 15 


langte, daß Alles fich nach feiner Anficht bequemte, war nun berufen, 
taufenderley Fragen ber ſchwierigſten Art, welche überall Schonung, 
Ruͤckſicht, Vermittlung verlangten, zu löfen, zu entwirren, zu ent 
ſcheiden. Wie Fonnten da bie Kämpfe, wie Fonnten die Mißgriffe 
ausbleiben! | 

Eugen's IV Erhebung brachte fchon eine gänzliche Umaͤnde⸗ 
rung in die Stellung des römifchen Hofs zu ben italienifchen Staa- 
ten. Martin V, aus dem römifchen Haufe Golonna, war ein Feind 
ber mächtigen römifchen Familie der Urfini, ein Gegner ber italienis 
fhen Republifen, ein Freund ded Herzogs von Mayland geweſen; 
ganz entgegengefeßt war Eugen IV gefinnt. Er begünftigte bie 
Urfini und verfolgte die Colonna's, was die größten Zerwürfniffe 
in Rom und im Kirchenftaat hervorrief. Als Wenetianer war er ein 
Freund nicht nur feiner Landsleute, fondern auch der Republik Flo: 
renz, dagegen ein heftiger Gegner des Mayländer Herzogs Philipp 
Maria. Durch diefe veränderte Politik des römifchen Stuhl Fam 
berfelbe fchon in Widerfpruch mit dem römifchen Könige, da grade 
Venedig und Florenz deffen Feinde waren, Mayland aber mit ihm 
in engem Buͤndniß fland. 

Die Cardindle waren ſchon vor der Erhebung Eugen’3 IV im 
Gonclave übereingefommen, daß ber neue Papft ihnen ihre Rechte 
zu erhalten 22) verpflichtet werben müffe. Auch mußte er ihnen die 
Hälfte aller Einnahmen der römifchen Kirche zufichern. Dadurch 
war bie Reformation bes römifchen Stuhls erſchwert: und doch lie 
Ben eben diefe Cardinaͤle Eugen IV befchwören, daß er auf ber von 
Martin V eingefchlagenen Bahn in Bezug auf die Berufung ber 
Basler Kirchenverfammlung fortwandle und das Werk der Kirchen: 
reformation weiter betreibe, indem fie zugleich verlangten, baß er 
Feine Goncefjionen made, die dem päpftlichen Anfehen und ber roͤ— 
mifchen Curie nachtheilig feyn Fönnten 2°), Es war offenbar, daß 
das Garbinald= Eollegium in bem Puncte der Kirchenreformation fich 
in zwei faft gleich flarfe Parteien theilte, wovon bie eine am Alten 


22) Martin V hatte die Cardinäle vielfach in ihren Rechten und Anfprüs 
chen beſchränkt. Raynald ad ann. 1424. n. 4. Bol, Boigt in Raumers hiſt. 
Taſchenb. 1833, ©. 73, 

23) Raynald , c. n. 5—8. Pagi brev. Pontiff. Rom. II. 2. p. 298. 

















16 ° Blertes Buch. Erſtes Kapitel. on 

fefihielt, die andere aber Verbefferungen wuͤnſchte und für nothwen⸗ 
dig erachtete. Eugen IV aber erneuerte die Berufung des Basler 
Gonciliumd und beftätigte feined Vorgängers Anorbnumgen in Bezug 
anf daflelbe2*). Der römifche König wurde fogleich von Eugen's 
Erhebung in Kenntniß gefegt: er befand fich damals in. Nuͤrnberg 
auf dem Reichötag, wo er durch eine folenne Kirchenfeyer die Be: 
fleigung des Stuhls St. Petri durch Eugenius IV celebriren ließ 2°% 


4 





| 5) Raynald 1. c. n. 17. 
7.3) Windel c. 173. 











Zweites Kapitel, 
Die Eröffnung des Basler Conciliums 1431. 


Eugen IV gelangte unter den fchwierigften Verhältniffen auf 
den päpftlichen Stuhl, grade in dem Augenblide, als die fo lange 
binausgefchobene Frage wegen der Kirchenreformation an Haupt und 
Gliedern zur Entfcheidung fommen und die Huffitifche Irrlehre, bie 
täglich drohender um ſich griff, und nicht mehr durch Waffengewalt 
unterbrücdt werben Eonnte, durch Nachgiebigkeit und mancherley 
Gonceffionen unfchädlich gemacht werben ſollte. Es muß von vorn⸗ 
herein ein befangenes und parteiifches Urtheil genannt werben, wenn 
man behauptet, Eugen IV habe alle Reformationspläne nicht nur 
gefürchtet, fondern auch in der Weife gehaßt, daß er Alles aufgebo: 
ten, fie zu hintertreiben und zu befeitigen. Er und feine verfraute: 
fen Freunde, deren Rath er in allen fchwierigen Ragen einzuholen 
pflegte, waren von der Nothwendigkeit ber Kirchenreform durchdrun⸗ 
gen. Da faft der ganze Klerus von der alten Strenge und Sitten- 
reinheit abgewichen und in große Zügellofigfeit und Schwelgerei ver: 
funfen war, erkannte ber Papft lebhaftfeine Pflicht, die befondern 
‚und allgemeinen Krankheiten und Gebrechen, die fich in die Kirche 
eingefchlichen hatten, zu heilen. Trotz dem, daß fich große Schwie- 
rigkeiten, felbft von Seiten mehrerer Cardinaͤle und feiner Umgebung 
gegen die Reformationspläne erhoben, war er entfchloffen Hand an’s 
Merk zu legen und mit dem Goncilium die Kirchenverbefferung zu 
betreiben. Er traf daher ungefäumt Anftalten zur baldigen Eröff: 
nung bes Basler Conciliums, das ſchon fein Vorgänger angeordnet 


hatte. Daß er aber erwartete, daß bie Kirchenverfammlung nicht 
Aſchbach K. Sigmund. IV. 2 





18 Viertes Buch. Zweites Kapitel. 

mit feindfeligem Sinne gegen ihn fich verfammele, ſondern mit 
feyuldiger Achtung gegen das Oberhaupt der Kirche dad Reforma⸗ 
tionswerk vornehme, darf nicht befremden: es war feine Pflicht, wo 
es ſich um die Rechte des Papfted handelte, diefe nicht leichtfinnig 
Preiß zu geben: auch konnte rechtmäßig darüber nicht ohne feine Zus 
flimmung und ohne feinen Beirath ein Beſchluß gefaßt werden, 
wenn anders dieſer geſetzmaͤßige Kraft und Firchliche Gültigkeit haben 
follte. Wo ein in jeder Hinficht mafellofer Papft Oberhaupt der 
Kirche war, durfte eine von ihm berufene Verfammlung nit von 
ihm abgefondert, fonden mit ihm gemeinfchaftlich das 
Reformationswerk betreiben, wenn ed Wahrheit und Kraft ha⸗ 
ben follte. 

| Da man von allen Seiten drängte, das Concilium in Bafel zu 
- eröffnen, traf der Papft die nöthigen Anftalten, daß es zu ber be= 
flimmten Zeit im Sommer des 3. 1431 den Anfang nahm. Mitten 
unter dem Geräufche der Waffen und der Kriegsrüftungen gegen die 
Huffiten, welche der römifche König vergeblich auf dem Tag zu Eger 
zur Unterwerfung in Güte aufgefordert hatte, wurden auf dem 
Reichstag zu Nürnberg’die Anftalten zur Eröffnung des Conciliums 
getroffen. Es drängten dazu ganz befonders die Abgeordneten der 
Pariſer Univerfität, welche nad) Nürnberg gefommen waren, Sig⸗ 
mund zusbeflimmen, daß er Alles’ aufbiete „daß das Concilium feis 
nen Anfang nehme). 





1) Bulaei histor. Univers. Paris, V. 408, wo die Epistola Evrardi d.d. 
Basileae 22. Jul. 1431: Ad requisitionem regis (Romanor.) et nostram (der 
Pariſer Univerfitätd = Abgeordneten) subdelegavit (auf dem Nürnberger Reichs⸗ 
tag) Apostolicus legatus duös egregios dactores, qui vice sua concilium 
aperirent. Die Parifer Univerfität war es befonderd, welde auf Eröffnung des 
Gonciliumd drang, und deßhalb in Schreiben an den Papft, an die Könige, an 
die Bifhöfe, an die Univerfitäten fi wandte, Hist. Univers. Paris. 1. c. 393. 
An den König Sigmund und die Kurfürften wurde ſchon in diefer Sache 20. Nov. 
1430 geſchrieben. Als die Briefe ohne Erfolg waren, ſchickte die Parifer Uni= 
verfität im Anfang ded Sommers 1431 zwei Abgeordnete, den Dionyfius Sem⸗ 
brenois und Thomas Fienne, auf den Nürnberger Reihdtag, um dafelbjt den 
Römiſchen König und den Gartinallegaten perfönli zur fehleunigen Eröffnung 
des Conciliums zu veranlaffen, Epistola Evrardi 1. c. Finaliter intelleximus 
omnino necessariam aliquos nostrum ad domiuum nostrum et regem Ro- 








Die Eröffnung des Basler Gonciliums. 19 


Da der Gardinallegat Julian Gefarini, welcher an ber 
Stelle des Papftes in Bafel dad Concilium präfidiren follte, mit in 
ben Krieg gegen bie Huffiten gezogen war 2), fo eröffneten beffen 
beide Subdelegirte Sohann von Polemar und Johann von 
Ragufa?) die Kirchenverfammlung am 23, Juli 1451 *), obwohl 
nur fehr wenige Prälaten eingetroffen waren. Daher konnten auch 
noch nicht eigentliche Sigungen ftattfinden. Man wartete von Tag 
zu Zag auf eine größere Anzahl von Bifhöfen. Der eine von ben 
Subdelegirten des Carbinallegaten, Sohann von Ragufa, begab 
fi fogar von Bafel wieber weg zu dem römifchen König (27. Juli) 
nach Nürnberg 5), um über manches auf das Goncilium Bezuͤgliche 
mit ihm Ruͤckſprache zu nehmen, Übrigens hatte Sigmund es an 


manorum destinare, qui viva voce eisdem necessitatem instantis concilii 
demonstrarent et eorum adyentum totis viribus procurarent. 

2) Bol. Gef, K. Sigmunds II. S. 375. 
8) XXV. die mensis Juni (1431) — Julianus Cardinalis magistrum 
Joannem Polmar Palatii Apostolici causarım auditorem et Joannem de Ra- 
gusio in Theologia magistram et ordinis FF. Praedicatorum Procuratorem 
ad civitatem Basil. pro ibidem inchoando coneilium generale destinavit. 
Mansi Concil. XXIX, 2. 

4) Die Eröffnung des Basler Gonciliums follte nach der Bulle Martin’s V 
v. 12, März 1424 fieben Jahre fpäter, alfo am 12, März 1431 eröffnet wer« 
den. Der Abt Wlerander von Bezelai bielt fih an biefe Beftimmung und Yer« 
anftaltete ſchon wor der eigentlichen Eröffnung des Conciliums am 4. März 1431 
eine Berfammlung bed in Bafel anwefenden Glerus. Hartzheim Concil. German. 
V. 775: quarto nonas Martii ejusdem anni (1451) heit eb. Wir wiffen 
daher nit, dutch weldye Angabe Weffenberg die groß, Kirchenv. des 15, u. 
16, Jahrh. IL. 300 bewogen worben ift, für Diefe Borverfammlung den 10, Zuli 
zu beftimmen, — Weffenberg gibt an, das Goncilium ſey am 27, Auguft 
eröffnet worden, und citirt dazu als Beleg Mansi XXIX. p. 49, 50. wo aber 
nit von der Gröffnung des Gonciliums die Rede ift, fondern die Beſchlüſſe der 
zehnten Seffion angegeben werden. Die officiellen Actenſtücke über die Eröff- 
nung des Basler Gonciliumd, welche ausdrücklich den 23, Zuli 1431 angeben, 
finden fi) vollſtändiger als bei Mansi Concil, XXIX, 1.14 2. (me aud ber 
23, Xuli genannt wird) bei Martene et Durand veter. scriptt: et Monumentt; 
- ampliss. collectio T. VIII. p. 1— 11. Paris: 1733. SDbmohl diefe wichtige 
Sammlung von Xetenftüden und Documenten für das Basler Eoncilium fon vor 
hundert Fahren erfehienen ift, fo findet fie ſich doch nur felten von ben Deutſchen 
bei der Darftellung diefes Gonciliums benust, 

5) Martene coll. ampl. VIII. praef. III: 

2 * 





0 Viertes Buch. Zweites Kapitel. 


Nichts fehlen laſſen, um einen zahlreichen Beſuch des Conciliums 
zu veranlaſſen. Schon im Anfange Juli hatte er dad Concilium 
ala unter feinem und des Reiches Schuß ftehend erklärt und Allen, 
Fürften und Unterthanen, dringend und ernftlich befohlen, den nach 
Bafel zur Kirchenverfammlung Reifenden Schirm und Schuß zu 
gewähren 6): in der Stadt Bafel felbft wurde für die Sicherheit der 
verfammelten Väter geforgt ”): auch ward veranlaßt, daß die benach: 
barten Zürften, namentlich) die Herzoge von Burgund und Öftreich, 
ihre Seindfeligkeiten gegeneinander einftellten, die Straßen nad) 
Bafel bewachten und darauf für ſicheres Geleit forgten ®). 


6) Schreiben d. d. Nurembergae II. Jul. 1431. bei Martene l. c. p. 12. 
In diefem Briefe werden genannt die Boletarii passuum i. e. magistri boleta- 
rum, qui literas passus scribunt. ' 

7) Schreiben Sigmund’5 d. d. Nuremb. 6. Jul. 1431. bei Martene l. c. 
p. 13. Merfwürdig ift darin die Stelle, nachdem der König der Stadt Baſel 
unter Androhung der Strafe von 1000 Mark Goldes die Aufrehthaltung der 
Ruhe und Sicherheit am Gige des Gonciliums empfohlen hatte: Ordinamus ad 
majorem dicti concilii securitatem et libertatem, quod omnes et singuli, j 
qui ibidem accedent, recedent, vel permanebunt causa concilii, sint solum 
et dumtaxat ‚sub potestate et jurisdictione domini nostri papae, si ibi fue- 
rit, vel praesidentis loco sui et sacri concilii. — Dicti Basilienses cives, 
incolae et habitatores ejusdem dent super praemissis ipsorum salvum con- 
ductum, et literas magnae suae communitatis sigillatas et roboratas. Man- 
dantes iterum habitatoribus sapradictis, quatenus in dicta Basil. civitate 
pradfatis in concilio existentibus de victualibus, domibus et aliis necessa- 
riis quibuscumque, pro rationabilibus et competentibus pretiis provideant. 

8) Der roͤm. König ſchreibt Ffaltkreth (d. i. Feldkirch) 30. Det. 1431 an 
den Herz. v. Burgund, Martene Il. c. p. 41: Percepimus, qualiter guerra 
inter tuam dilectionem et ill. Fridericum ducem Austriae suborta, ipsi Con- 
cilio permaxima incommoda inferat, ita quod tam accedentes quam redeun- 
tes vias in dispendioso perlustrent discrimine: immo plerique venire vo- 
lentes, propter hujusmodi pericula se retrahant, jacturae se submittere 
formidantes. Impediuntur etiam mercationes et victualium ad idem ducto- 
res et ut mala quae exinde proveniunt summatim perstringamus, ex ipsa 
guerra imminet quasi totalis dissolutio — concilii. — Ob quam rem äpud 
praefatum ducem Fridericum institimus una cum oratoribus concilii memo- 
rati, quod ipse — se applicabit ad ea quae sunt honestatis et debiti in 
hoc facto, prout ex oratoribus ipsius concilü, qui in re ipsa illico ad te 
aceedent, enucleatius conceperit dilectio tua. — Fidelitati tuae auctori- 
tate Rom, regia omnino mandamus, quatenus ita solerter provideas dis- 





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Die Eröffnung des Basler Conciliums. 21 


.Da die Zurüdführung der Böhmen unter den Gehorfam ber 
Kirche einer von den Haupfzweden der Berufung bed Conciliums 
war, und bie in biefer Beziehung zu Eger gepflogenen Unterhands 
lungen zu feinem Ziele führten: fo war alle Hoffnung auf den gluͤck⸗ 
lichen Zug der großen Unternehmung gefeßt, die unter der unmittel> 
baren Leitung des Cardinallegaten Iulian von neuem gegen die Hufs 
fiten gemacht wurde. Die furchtbare Niederlage aber, welche das 

- beutfche Heer bei Zauß erlitt, wo die Huffiten allein durch den 
Schreden ihres Namend dad fogenannte Kreuz: und Glaubensheer 
in die ordnungsloſeſte Flucht jagten (im Aug.) 9), vernichtete alle 
Erwartungen, alle Hoffnungen, bie man auf die gewaltigen Kriegs: 
ruͤſtungen gefegt hatte. Es war nun klar geworben, daß man einen 

andern Weg betreten müffe, wenn man bie Böhmen zum Gehorfam 
unter die Kirche und zur Unterwerfung unter das Iuremburgifche 
Haus zurücdführen wollte. 

Die Böhmen hatten fich in einem Manifeft an die ganze Chris 
fienheit (20. Suli 1431) Eur; vor ber Entfcheidung bei Tauß bitter 
befchwert, daß ihnen Gehör im Basler Concilium verfagt werde. 
Sie hätten Alles aufgeboten, auf friedlihem Wege den langen und 
blutigen Streit auözugleichen: fie hätten die Vermittlung bed Kur: 
fürften von Brandenburg nachgefucht: fie hätten den König von Po: 
len. gebeten, ben Frieden wieder herzuftellen: fie wären in Preßburg, 
in Eger mit dem römifchen König in Unterhandlung getreten. Alles 
fey vergeblich gewefen 120). Zur VBerfpottung des Basler Conciliums 
‚und des Papftes fehrieb der Huffitengeneral Procopius mit feinen Un⸗ 
terfeldheren eine Verſammlung aus, wo über die Wahrheiten der 
‚Religion nach den Zeugniffen der heiligen Schrift disputirt werden 
follte: man forderte alle Könige und Fürften der Chriftenheit auf, 

‚ihre Bifchöfe und Gelehrten zu diefer Verfammlung zu fhiden tt). 
ponasque, ut per te aut gentes subditosque tuos, dicto concilio et ejus 
membris adeuntibus et recedentibus etc. nulla laesio rerum ac corporum 
aliqualiter inferatur. Einen gleidhlautenden Befehl ſchrieb Sigmund an den 
Herzog Zriedri von Oſtreich. 

9, Bgl. Geſch. K. Sigmund’ III. ©. 378. 

10) Martene 1. c. p. 15. Windel c. 176. Bal. Lenfant hist. de la 
guerre des Hussites I. p. 369 sqg. 

11) Martene 1. c. p. 19— 7. 


22 Viertes Buch, Zweites Kapitel, 


Der Inhalt der huffitifchen Schreiben gelangte am 10. Auguft 
zur Kenntniß bed Conciliums. Man war fehr erflaunt zu hören, 
daß die Böhmen behaupteten, baß ihnen Gehör anf dem Concilium 
verweigert werde, um das fie noch gar nicht angefucht hatten. 

Um den Böhmen allen Vorwand zu den Beſchwerden, als 
werde ihnen Gehör verfagt, zu benehmen, hauptfächlich aber auch, 
um einen Bermittlungsweg durch das Concilium felbft anzubahnen, 
ſchrieb Sigmund von Nürnberg aus (26. Auguft) 1%) an die Böh- 
men und forderte fie auf, Abgeordnete auf Dad Goncilium nad) Baſel 
zu ſchicken. Wenn er wegen deö Nömerzugs, den er im Begriffe 
ſey anzutreten, auch anfangs nicht felbft dort zugegen ſeyn koͤnne, 
fo würben fie doch dort feinen Stellvertreter den Kurfürften Friedrich 
von Brandenburg finden, dem er Vollmacht gegeben, ben Frieden 
mit ihnen einzuleiten und zu fördern, wie auch zu beflätigen. 

Obwohl den böhmifchen Abgeordneten beim Concilium vollkom⸗ 
mene perfönliche Sicherheit verfprochen wurde und ihnen Die Geleitös 
briefe in befter Form zugeftellt werden follten, fo trauten die Huſ⸗ 
fiten doch nicht. Sie meinten, man wolle fie nur bintergehen und 
durch Unterhandlungen einfchläfern, um fie dann deſto ficherer zu 
verderben. Und man konnte ihnen lange diefen Argwohn nicht be: 
nehmen, fo aufrichtig und ohne Hinterlift man auch mit ihnen unter: 
handeln wollte. Freilich war diefes Mißtrauen der Böhmen durch 
fruͤhere Ereigniffe herbeigeführt: man hatte es dadurch veranlaßt, 
daß man fie bei frühern Unterhandlungen hatte zu bintergehen und 
zu täufchen gefucht, So fchlägt Arglift faſt immer ihren eigenen 
Herm! Mit den beftigften Ausbrüden, mit Schmähmgen und 
barten Bormürfen gegen den römifchen König verwarfen fie (1. Oct.) 
deſſen Einladung, das Goncilium zu befchiden 12). Diefes hielt die 
verfammelten Väter nicht ab, auch von ihrer Seite einen Verſuch 
zu machen, und an die Böhmen ein Einlabungsfchreiben zu erlaffen. 

Mittlerweile war ber Garbinallegat Sultan 1%) von ber ſchmaͤhli⸗ 

12) Theobald Huffitentrieg c. 77. S. 395, Das Schreiben Sigmund’& 
(d. d. Nürnberg 28. Xug. 1431) an Ulrid von Nofenberg, CA. bei Palacky 
Arch. Cesk. I. n. 39, p. 34, 

13) Theohald a, a. O. 


14) Seing herrlichen Eigenfhaften und fein Lob gibt an Johannes Ryder 
im Formicaria I. c. 7, 





Die Eröffnung bes Basler Conciliums. 23 


den Flucht aus Böhmen nach Bafel gekommen (den 9. September) 
und hatte dort ber päpftlichen Vollmacht gemäß ben Vorfig des Con⸗ 
ciliums angetreten. Freilich war damals, ald Julian in Bafel ans 
kam, die Anzahl der verfammelten Prälaten noch fo gering, daß 
man faum von einem Concilium, gefchweige von einer allgemeinen 
Kirchenverfammlung fprechen konnte. Es waren drei Bifchöfe, fie: 
ben Äbte und eine Anzahl geiftlicher Doctoren gegenwärtig 1°). 
Der Cardinal klagte daruͤber in einem Schreiben an den Papft und 
die Abgeorbneten der Pariſer Univerfität wandten ſich ſchriftlich an 
ben römifchen König und am die deutfchen Fürften, baß fie dafür 


. Sorge tragen möchten, baß die Prälaten da8 Concilium beſuch⸗ 


ten 10), 

Unter denen, welche fich frühzeitig in Baſel einfanden, ift der 
berühmte Nicolaus Cufanus zu nennen, welcyer zugleich mit Julian 
dahin gekommen war 17), Er gehörte zu den audgezeichnetften, 
gelehrteften und frömmften Männern feiner Zeit: er war auch vor 
vielen andern von der Nothwendigkeit der Kirchenreformation durch⸗ 
drungen 18): er wollte baher auch fogleich vom Anfange an bei dem 
Concilium nicht fehlen. 

Da Zulian auf dem legten ganz mißgluͤckten Kriegszug gegen 
die Böhmen fich felbft überzeugt hatte, wie wenig mit Waffengewalt 
gegen die furchtbaren Feinde der Kirche audgerichtet werden konnte, 
fo flimmte ex mit dem römifchen Könige ganz darin überein, fie 
durch verföhnende Mittel, durch Conceſſionen in die Gemeinfchaft 





15) Martene coll. ampl. VIII. praef. II. 

16) Et infra mensem venerunt ambassiatores universitatis Parisiensis 
et incoeperunt tractare de his, quae ad concilium pertinebant, scribendo 
etiam domino imperatori et aliis dominis Alemanniae, ut mitterent ad 
conailium. 

17) Hardain Concil, VIII. act. Basil. sess. I. Hartzheim vita Nicolai 
de Cusa Cardinalis et episc. Brixin, (Trevir. 1730.) P. I. c. 9. Scharpff 
(der Sardinal und Bifhof Nicolaus v. Gufa, Mainz 1843.) Bd. J. S. 25 be» 
ftreitet die Angabe Hartzheim's, weil Nicolaus Cuſanus am Weihnachtöfefte 1431 
zu Goblenz gepredigt babe, Konnte er aber nit, wie aud andere Geiftlihe 
diefes thaten, auf einige Zeit fih von Baſel entfernen und dann wieder dahin 
fommen ? 

18) Nicol. Cusani exercitt. IX. Opp. IH, 651. . 


— 


24 Viertes Buch. Zweites Kapitel, 


mit der Kirche und zum Gehorfam unter Sigmund's Herrfchaft zus 
rüdzuführen. Auch die wenigen verſammelten Vaͤter waren dieſer 
Anſicht. 

Auf des Cardinallegaten Betreiben und Gutheißung erließ das 
Goncilium (15. October) ein Schreiben an die Böhmen, worin biefe 
mit ben verfühnlichften und begütigendflen Worten aufgefordert 
wurden, Abgeordnete nach Baſel zu fenden. Dad, worüber fie 
früher geflagt hatten, daß man ihnen Feinen Weg, Feine Mittel an- 
gegeben, für ihre Worte, ihre Vorſtellungen, ihre Beſchwerden 
Gehör zu finden, werbe ihnen jetzt geboten. Sie mörhten diefe Ge: 
legenheit nicht zurüdweifen, fondern ihre Abgeordneten an. die vers 
fammelten Väter ſchicken. Man werde dann in aller Ruhe und mit 
aller Überlegung Alles in Betracht ziehen und der Geift ber Wahr: 
heit werde Jeden zum Rechten und Guten leiten 19). 

Um wegen ber Geleitöbriefe und überhaupt über bie Grundlage 
der Unterhandlungen mit den Böhmen die nöthige Ruͤckſprache mit 
dem römifchen Könige zu nehmen, wurde an diefen von bem Cons 
cilium eine Gefandtfchaft geſchickt, beftehend aus dem Maulbronner 
Moͤnch Johannes Gelhus und dem Bürgermeifter von Bafel Hem⸗ 
‚man Offenburg. Sigmund hatte bereits feinen Weg nach Stalien 
angetreten und verweilte damals noch in Feldfirch in der Churer 
Didced 20). Zugleich hatten fich diefe Abgeordneten des Conciliums 
zum Herzog Friedrich von Öftveich zu begeben, um den Frieden zwis 
fchen ihm und dem Herzog Philipp von Burgund zu vermitteln und 
dadurch der Stadt Bafel die ungeftörte und wohlfeile Zufuhr von Les 
bensmitteln zu verfchaffen und die dahin Neifenden wegen der Si: 
cherheit der Straßen zu beruhigen. Es war befonders wichtig für 
dad Concilium wie für den roͤmiſchen König, daß ber öftreichifche 


19) Raynaldi ann. eccl. ad ann. 1431. n. 24. Mans Concil, XXI. 
p. 233. 

20) Hartzheim Concil. Germ, V. p. 760: in der compendiosa enarra- 
- tio, quomodo Bohemi vocati producti sint ad, Basil. Synodum Oec. etc. ex 
rer. expetendar. fasciculo Ortwini Gratü. Es heißt dort; Is (Julianus) sta- 
tim Jahannem Gelhusium et Hammanum Offenburgium, Consulem Basileen- 
sem, primum ad Sigismundum Caesarem, Feldkirchii tum agentem (alſo 


im October 1431) misit. 














Die Eröffnung des Basler Gonciliums, 25 


Herzog Friedrich fich ruhig verhielt. Derfelbe fchien mit Papft Eu: 
gen IV in gutem Einvernehmen zu ftehen: auch warfen die Böh: 
men auf ihm ihr Auge. Bereits hatte Ulrich von Rofenberg im 
Namen des böhmifchen Adels zwei Verträge vom 5. u. 21. Sept. 1431 
mit dem Herzog abgefchloffen, wornach ihm die böhmifche Krone 
verfchafft werben follte 2"), 

Die Abgeordneten der Kirchenverfammlung legten auch dem 
römifchen König das von biefer an bie Böhmen abgefaßte Einla- 
bungöfchreiben, das Concilium zu befhiden, vor, damit es nicht 
nur feine Beftätigung erhalte, fondern daß auch von feiner Seite 
die darin gegebenen Verſprechungen erfüllt würden. Sigmund ließ 
das Schreiben, mwahrfcheinlid mit einem eigenen begleitet, ben 
Böhmen überbringen 22). Defenungeachtet gelang ed damals nod) 
nicht, den Böhmen das Mißtrauen zu benehmen. 

Bereits hatte das Goncilium Schreiben an alle europäifchen 
Könige, Bifchöfe und Fürften, an alle größeren geiftlichen und 
weltlichen Gorporationen erlaffen, fie auffordernd, das Concilium zu 
beſchicken 2°); bexeitö hatte der römifche König, noch ehe er über bie 
Alpen zog, als feinen Stellvertreter und Beſchuͤtzer des Conciliums 
ben Herzog Wilhelm von Bayern ernannt 2%); bereitö war eine 


21) Hartzheim Concil. Germ. 1. c. Martene 1. c. p. 40 6q. fur, 
Oſterreich unter K. Albrecht I. Br. 2, S. 181, 260, Urk. XXVI u, XXVIII. 
&. 3öl, 

22) Hartzheim 1. c. Hanc legationem obeuntes, literas acceperunt a 
sct. Synodo, -Sigismundo Caesari reddendas, quibus Bohemi (et) Moravi 
ad Concilium vocabantur: has ille mox in Bohemium perferendas curavit. 

23) Berfhiedene Schreiben des Gonciliumd im Sept. und Det, 1431 bei 
Martene coll. ampl. VIII. 32— 40: an ven König von Frankreich, an den 
Herzog von Burgund, an bie deutichen Bilhöfe, an ben Elerus der Basler 
Diöcefe, an den König von Polen, an ben deutſchen Orden, an den Herzog 
Frievrih non Dftreih at. Auch der römische König hatte ſolche Einladungs— 
fhreiben, das Eoncilium zu beſuchen, erlaffen. Martene coll. ampl. VII. 530. 
Begia majestas misit iteratis vicibus universis regibus, principibus et etiam 
praelatis, ut ad concilium properarent. 

24) Hartzheim 1. c. (noch von Feldfirh aus), Protectorem velut Vica- 
rium sacro Concilio dedit Wilhelmum Bavariae ducem, In der Aufzäh: 
lung der Dinge, die Sigmund für das Eoncilium ausführte, heißt es bei Mar- 
tene coll. ampl. VIII. 530: Primo quando dominus cardinalis legatus et 








26 Wierted Buch. Zweites Kapitel. 


zweite Geſandtſchaft, beftchend aus dem Dominicaner⸗Moͤnch Johan⸗ 
ned Nider und dem Maulbronner Giftercienfer-Wönd Johannes 
Gelhufius, an die böhmifche Grenze geſchickt worden, theil® um bie 
bayerifchen und fränkifchen NReichöftände, welche wegen neuer Huſſi⸗ 
tenzlige fehr beforgt waren, zu beruhigen, und von voreiligen Par: 
ticular⸗Friedensſchluͤſſen mit den Huffiten abzuhalten, theild den 
Herzog Wilhelm in München zur unverwellten Reife nach Bafel zur 
Übernahme des übertragenen Protectorats zu veranlafen 25); bereits 
waren allmälig von allen Ländern Prälaten eingetroffen und das 
Concilium verfprach zahlreich befucht zu werden: ald ganz unerwars 
tet die Wirkſamkeit der Kirchenverfammlung, welche grade erfl im 
Entfichen begriffen war, durch eine päpftliche Bulle, die Eugen IV 
am 12. November erlaſſen hatte, gehemmt zu werben ſchien. 

Die Nachgiebigkeit der in Baſel verfammelten Wäter gegen bie 
Huffiten mißbilligte der Papſt. Er befürchtete, daß eine Lehre, die 
bereits ald eine Fegexifche von den Paͤpſten und Goncilien verdammt 
worben war, durch eine abermalige Prüfung von neuem Bedeutung 
und Anfehen gewinnen Fönnte und daß den frühern Befchläffen gegen 
diefelbe nicht nur ihre Kraft entzogen, ſondern auch den kirchlichen 
Auctoritäten nicht geringer Schaden und Nachtheil zugefügt werben 
möchte. Dazu Famen noch manche Befuͤrchtungen anderer Art, 


illi patres miserunt ad regiam majestatem in Pfelkneh (l. Feldkirch) etc... 
quod ex tunc regia majestas incontinenti deputavit locum tenentem. Mile 
- beim kam 27, Ian. 1432 in Baſel ans die Stadt beſchenkte ihn ſogleich mit ei⸗ 
nem Zuder Wein und 20 Biertel Haberz auch 3 Salmen, die man abi nicht 
auftreiben Tonnte, follte er empfangen, Während des Gonciliumd vermählt fid 
Wilhelm 1433 mit Margaretha von Gleve: zwei Zahre fpäter ftarb er (13, Sept. 
1435), Erft 1439 wurde Konrad von Weinsberg Protector, Bergl. Db5 
Gef. von Bafel IH. 242. | | 
25) Hartzheim L c. Hi III. Kal. Nov. Basilea discedentes, Mona- 
chium versus iter instituerunt, Ubi cum primum Wilhelmum ducem et hu- 
jus fratrem Ernestum, atque Ernesti filium Albertum salutassent, et man- 
data legationis suse exposuissent, ipsumque Wilhelmum monuissent, ut 
quam primum Basileam veniret, quod ei tutela concilii commissa esset a 
Caesare; mox Fridericum Marchionem Brandeburgii, Johannem ducem Ba- 
variao, et'senatum Nuremberg. ac alios principes et dominos, partim lite- 
ris Synodalibus, partim etiam ore suo sunt adhortati, ut nullo pacto foe- 


dus cum Bohemis inirent etc. 





Die Eröffnung des Basler Concitkiums. 27 


welche ihm theils Durch feine nähere Umgebung, theils durch Schrei 
ben ängftlicher und fürdas päpftliche Anfehen beforgter Männer vom 
Ort des Conciliums aus eingeflößt worden waren 26). Befonberb 
mußte ihm die Gefhäftsordnung und die Art der Abſtimmung, wie 

gleich im Anfang bed Conciliums fefigefegt wurde, mißfallen, da 

der päpftliche Einfluß dadurch, wie auch der Cardinaͤle und anderer 
geiftlicher Würdeträger ganz aufgehoben wurde. Es Eonnte dem 
Scharfſinne Eugen’d nicht entgangen feyn, daß ein neuer Geiſt in 
den Goncilien fi) regte; am freieften zeigte er fich an den von Ita⸗ 
liend Boden entfernten Orten, wo man nicht unmittelbar unter dem 
Einfluffe des Papftes fland. Eugen hielt es für rathſam, diefem 
Geift der Neuerung und raſchen Kirchenverbeſſerung, ber ruͤckſichts⸗ 
108 einveißen wollte, entfchieden entgegen zu treten und ihn fogleich 
zu erſticken, ehe dem Oberhaupte der Kirche die Zuͤgel der hoͤchſten 
Gewalt entriſſen ſeyen. In aͤhnlicher Weiſe wie in neueſter Zeit die 
Volksrepraͤſentationen in den ſtaͤndiſchen Verſammlungen die monar⸗ 
chiſche Gewalt einſchraͤnkten und ihr Reformen vorſchrieben, ſo be⸗ 
drohten damals die allgemeinen Concilien, die in den fruͤhern Jahr⸗ 
hunderten meiſtens in groͤßter Eintracht mit dem Kirchenoberhaupte 
ihre Beſchluͤſſe abfaßten, die oberſte Auctoritaͤt des Papſtes, indem 
ſie ſich die Superioritaͤt zuſchrieben. Eugen glaubte den heranna⸗ 
henden Sturm noch beſchwoͤren zu koͤnnen: um einem Bruche zwi⸗ 
ſchen ihm und dem Concilium, wodurch das paͤpſtliche Anſehen 
geſaͤhrdet werden konnte, zuvor zu kommen und die aͤußerſten Mittel 
nicht anwenden zu muͤſſen, hielt er eine Aufloͤſung der Kirchenver⸗ 
ſammlung fuͤr die am wenigſten gewaltſame Maßregel, indem er 
fich ganz in den Schranken der ihm zukommenden Befugniſſe hielt. 


26) Eugenius IV. in der Litera Revocationis concilii v. 18, Dec, 1431, 
fagt feibft bei Mansi Concil, XXIX. 565. Qui (Joannes Pulcripatris in theolo- 
gia magister Canonicus Bisuntinus) nobis inter cetera facunde et prudenter 
explicavit, significavitque deformationem cleri in partibus illis et nefandam 
ipsius haeresis pestem pullutare in dies et jam usque ad partes Basileae 
proximas advenisse, secutis inde scandalis et cladibus abominandis: nam 
-  haeresis praedictae imitatores clerum insequentes aliquos furpiter expule- 
runt, et nonnullos inhumaniter trucidarunt. CF. das Schreiben Eugen’s an 
den Gardinal Julian. Mansi 1. c. 562. Raynald ad ann. 1431. n. 21. Es 
waren dieſes keinesweges ganz wahre Berichte, | 


2 Viertes Buch. Zweites Kapitel, 


Der Papſt hob daher das Concilium zu Baſel auf und befimunke, 


- 


daß ed nach achtzehn Monaten in Bologna ſich verfammelte, wo 

er glaubte e& befier überwachen und in den Schranken des Gehor⸗ 
fams und der Unterwürfigkeit halten zu koͤnnen 27). Aber erft fünf 
Wochen fpäter (18. Dec.) ward die Auflöfung publicirt 28): Circu⸗ 
Iorfchreiben wurden an die Erzbifchöfe und andere Prälaten uͤber 


dieſe Aufhebung bed Basler Conciliums abgeſchickt und ihnen die 


Auflöfungsbulle zugefendet 2°). 

Als Gründe ber Auflöfung gab der Papft folgende Puncte an: 
erftlich hätten fi) in Baſel nur eine Außerft geringe Zahl, nur zehn 
Drälaten, eingefunden, von welchen Wenigen der ganzen Kirche 
Feine Geſetze vorgefchrieben werden dürften. Da die rauhe Winterzeit 
bevorftehe,, fo fey nicht wahrfcheinlih, daß noch viele andere Präs 
daten fi .einfinden würden. Dann feyen wegen des Kriegs zwi⸗ 
fhen den Herzogen von Burgund und Öftveich die Straßen, die 
nach Bafel führten, nicht fiher. Dazu fomme, daß der byzantis 
nifche Kaifer Johannes Paläologus und der Patriarch Joſeph von 


Conſtantinopel eifrigft eine Vereinigung der morgenländifchen Kirche 


mit der abendländifchen auf einer allgemeinen Kirchenverfammlung 
betrieben: benfelben fey eine italienifche Stadt gelegener: auch draͤnge 
die Zeit, diefe für die Kirche hoͤchſt wichtige Sache ungefäumt vors- 
zunehmen, ba den Griechen fchon der Zag der Vornahme ber. Ver⸗ 
einigung gefeßt worden. Zu gleicher Zeit aber an zwei Orten die 
Kirche zu verfammeln, fey nicht erlaubt, weil dann an feinem das 


27) Raynald ann. eccl, a, 1431. n. 21. Schreiben des Papftes an Ju⸗ 
lian d. d. Romae v. 12, Row. 1431, 

23) Wenn die Xuflöfungsbulle wirklich fon am 12. Nov, gegeben wur⸗ 
de, fo hielt fie der Papft doch noch zurüd: ihre Publication fand nit vor dem 
18. December ſtatt. Denn nad) dem Schreiben des röm. Königs (d. d. Me- 
diolani 2. Dec. 1431.) an das Concilium, wußte diefer Damals noch nicht das 
Geringite von einer Auflöſung. Doc ſcheint man in Baſel ſchon Ende Nov. in 
dieſer Beziehung beſorgt geweſen zu fenn, und um die Sade noch zu bintertrei= 
ben, wurden der Zrierer Domſcholaſticus Jacob v. Sirck und der Darifer Doctor 
Ziene zum Papft gefhidt. Vgl. Mansi XXIX. 582 sq. 

29) Mansi Concil. XXIX. 564 - 567. u, XXX. 75-78. Raynald 
l.c. n. 25. Bgl. Hartzheim Concil. Germ. V. 777. Ein foldes Circular⸗ 
föpreiben des Papſtes (d. d. Romae XV. Kal. Jan.) an den Erzbiſchof von 
Genua ſteht bei Martene coll, ampl. VIII. p. 43. 














Die Eröffnung des Basler Conciliums. 29 


allgemeine Goncilium ftattfinde. Er habe außerdem mit Erftaunen 
vernommen, daß die verfammelten Bäter ben ketzeriſchen Böhmen, 
die auf den Gonftanzer und Siener Eoncilien öffentlich und rechtmä- 
Big verdammt worden, von neuem Einladungsfchreiben zugefchidt, 
Abgeordnete zum Concilium zu fenden, um abermals über bie als 
ketzeriſch verdammten Artifel zu disputiren und zu flreiten, was eine 
offenbare Befhimpfung, eine Verachtung des apoftolifhen Stuhles, 
ber Soncilienbefchlüffe, der Kirchenväter, der Faiferlichen Gefege ges 
nannt werben müffe, nach welchen Gefegen und Auctoritäten verur: 
theilte Keßer nicht weiter mehr anzuhören ſeyen. Enblich erlaube 
bie nach einer erſt überflandenen Krankheit noch gefchwächte Ges 
fundheit des Papftes demfelben nicht, eine fo weite Reife über die Al- 
pen zu machen: und doch bebürften die Verhandlungen fo wichtiger 
Dinge feiner und der Gardinäle Gegenwart am Ort bed Conciliums. 
Daher fen die Nähe von Bologna für ihn felbft viel geeigneter: er 
werde dann auch mit dem römifchen Hofe dort erfcheinen Fünnen. 
Dffenbar war biefer Schritt des Papſtes ein unglüdlicher, ein 
Mißgriff zu nennen, Er legte das Miptrauen an ben Zag, wel: 
ches Eugenius gegen das Basler Goncilium hegte, noch ehe biefes 
durch irgend einen Befchluß folches hervorgerufen und verbient hatte, 
Penn der Papft die Auflöfung nicht wirklich durchfeste, fo hatte er 
einen offenen Kampf gegen bie Synode hervorgerufen, welche num 
gegen alle papftlihen Schritte und Erlaffe in Oppoſition trat. 
Auch waren die meiften Gründe, welche der Papft für die 
Aufhebung bes Gonciliums angab, nicht ſchwer zu widerlegen. Die 
Anzahl der in Bafel anmefenden Prälaten hatte fich fehr vermehrt: 
und täglich trafen noch neue ein, fo daß man berechtigt war, eine 
zahlreiche Berfammlung zu erwarten. Die Streitigkeiten zwifchen 
den Herzogen von Burgund und Öftreich waren durch die Bemuͤ⸗ 
hungen des römifchen Königs und des Conciliums beigelegt, und bie 
in Bafel verfammelten Bäter wie auch die dahin reifenden Pralaten 
in vollfommener Sicherheit. Von den Griechen, wenn fie ernftlich 
eine Bereinigung mit der abendländifchen Kirche wollten, konnte man 
mit allem Zug und Recht wohl auch verlangen, baß fie ihre Be: 
quemlichkeit in einer ihnen näher, in Italien gelegenen Stabt das 
Concilium zu haben, dem ganzen Abendlande gegenüber nicht gel: 














» Viertes Buch. NAweites Kapitel 


tenb machten. Was die neuen Unterhandlungen mit den Böhmen 
betraf, fo blieb es diefelbe Sache, ob dad Goncilium in Baſel oder 
in Bologna gehalten wurde, Es war ein Widerſpruch, eine In⸗ 
confequenz mit benen, die als Keger verurtheilt waren, von neuem 
über die Lehren, über Zugefländnifle zu disputiren, zu unterhan= 
dein. Da aber ber roͤmiſche König, die beutfchen Bifchöfe, der 
größere Theil des abendländifchen Klerus, die päpftlichen Legaten 
ſelbſt, die Nothwendigkeit erfannten, daß, nachdem man mit den 
Waffen nichts hatte ausrichten Finnen, der Weg der Güte, der Un» 
terhandlungen, ber Sonceffionen eingefchlagen werben müßte, um 
noch größeres Übel abzuwehren; da dieſe Anficht allgemein fich gel 
tend gemacht hatte: fo war eine beutfche Stadt ald Drt des Conci⸗ 
liums ohne Vergleich einer italienifchen vorzuziehen, weil voraus 
gefehen werden konnte, daß bie Huffiten, die ohnehin mit großem 
WMißtrauen, ‚gegen ben paͤpſtlichen Stuhl erfült waren, fich unter 
keiner Bedingung dazu verftehen würden, das Concilium zu befchis 
den, wenn daffelbe in Italien gehalten wırde. Was endlich den 
Punct der perfönlichen Anwefenheit Eugen’ auf dem Eoncilium bes 
teifft, fo mußte allerdings eine italienifche Stadt dem Papfte, deſ⸗ 
fen Geſundheit durch die Reife über die Alpen, durch den Aufenthalt 
in einem Fälteren, ungewöhnten Clima leicht angegriffen werden 
fonnte, angenehmer und bequemer feyn. Da er aber durch feine 
Legaten feine Perfon und die papftlicden Rechte und Intereſſen ver⸗ 
treten, durch eine Anzahl Cardindle auch die römifche Eurie repraͤ⸗ 
fentiren laſſen konnte, wie foldye8 auch auf frühern Concilien ge 
ſchah; fo fiel auch bier der Grund weg, daß eine Auflöfung der 
Basler Kirchenverfammlung eine unumgängliche Nothwenbigkeit fey. 

Daß andere Gründe, als die in der Bulle angegebenen, den 
Papft bewogen, die Auflöfung auszufprechen, ift höchft wahrfcheins 
lich. Die Mehrheit ber in Bafel verfammelten Väter waren diefer 
Anſicht. Sie widerfeßten fich daher in ihren Schritten den .päpftlis 
chen Anordnungen und eine höchft beflagenswerthe, für bie Kirche 
uͤberaus nachtheilige Spaltung zwifchen Haupt und Gliedern war die 
Folge dieſer Oppofition. 

Die Aufloͤſungsbulle wurde zu ihrer Vollziehung dem Cardi⸗ 
nallegaten nach Baſel geſandt. Zugleich benachrichtigte der Papſt 











Die Eröffnung bes Basler Conciliums. 31 


von dem Schritte den römifchen König, ber grabe kurz vorher in 
Mayland bie eiferne Krone empfangen und dem Goncilium von neuem 
feinen Schuß zugefichert hatte 20), indem er Anftalten traf zu ſei⸗ 
nem Zuge nad Rom, um hier bie Kaiferfrone zu empfangen. Der 
Zon des paͤpſtlichen Schreibens: an Sigmund war Feineöweges ges 
eignet ihm zu befänftigen. Da mit ber Auflöfung des Conciliums 
viele feiner Plane durchkreuzt wurden, fo Eonnte er mit ber Maß: 
regel bes Papftes nur hoͤchſt unzufrieden feyn. Es mußte auch feine 
Eiferfucht gegen ben griechifchen Herrfcher rege gemacht merben, 
daß Eugen dieſen „römifchen Kaifer“ nannte, und er fand es für 
eine höchft ungeeignete Zumuthung, dahin wirken zu follen, daß bie 
Griechen anftatt nach Bafel ihre Gefandten auf dad Eoncilium nach 
Bologna ſchickten 21). Wie fehr er in jeder Hinficht die Auflöfungs: 
bulle mißbilligte, dieſes fchrieb Sigmund auch in Flaren und beſtimm⸗ 
ten Worten fogleich nach dem Empfange der Bulle an ben Papft 
zurüd 32), Er enthielt ſich felbft nicht der Vorwürfe, daß auf blo: 


30) Goldast Constit. Imp. III, 426. Rousset Suppl, au C. D. I. 2, 
p: 364. Das Schreiben des Königs an das Goncil, ift aus Mayland v. 22, Nov, 
1431 datirt, al. Martene coll. ampl. VIII. p. 530. Ehe Sigmund von 
Mayland nach Piacenza aufbrah, alfo im Nov, und Dec, 1431: Misit ad eos 
(Patres Concilii) Baptistam Cigala eos confortando et de omnibus favoribus 
regüs assecurando. — Dedit etiam operam dum in Lombardia esset, apud 
ducem Mediolanensem et ducem Sabaudiae et alios, ut praelatos suorum 
dominiorum mitterent, 

31) Das Schreiben des Papftes an Sigmund d. d. Romae XV. Kal, Jan. 
(18, Dec, 1431) ſteht bei Mansi XIX. 568. und bei Raynaldi ad ann. 
1431. n, 26, 

32) Das Schreiben Sigmund’5 bei Mansi J. c. XIX. 582, wobei jedoch 
Fein Datum fid angegeben findet, ift ohne Zweifel nody im Dechr, von Mayland 
aus gerichtet. Der Unfang lautet: Nobis fuit indignnm, quod vestra sancti- 
tas recessum et scripturam fidelium de Bohemia gessit molestam, prout ex 
bulla ejusdem sanctitatis, quae nobis Aodie praesentata existit, clare per- 
cepimus. Nam et nos tantam mentis amaritudinem exinde concepimus, 
ut revera ad plenum rescribere nequeamus. Non expediebat eum hos 
cunctos contrarios (f, hos eventus contrarios) ad vestrae sanctitatis audi- 
tum ita praecipitanter deducere: quia ipsorum significatio erat horribilis 
et potius his committenda, qui ipsis rebus consilio adfuerunt, viderunt et 
cas corporaliter tetigerunt, Sigmund flieht fein Schreiben mit den Wor- 
ten: Quamobrem — obsecramus in Deo, quatenus ipsum sacrum concilium 


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32 DViertes Buch. Zweites Kapitel. 
es Hörenfagen und unfichere Gerüchte hin, ein fo wichtiger Schritt 
gefchehen, ohne erſt nähere Berichte von ben auf dem Eoncilium 
felbft gegenwärtigen zuverläffigen Perfonen abzuwarten. Er er⸗ 
Härte: da alle Gewaltmittel gegen die Böhmen fich als unzureichende 
erwiefen; da auf den in Deutfchland zulegt ausgefchriebenen Reichs: 
tagen, namentlich auf dem Frankfurter Zag, faft niemand erfchienen 
und man rathlos geblieben, fo hätte man zule&t bie einzige Hoff: 
nung auf dad Basler Concilium fegen muͤſſen. Er felbft hätte Al⸗ 
les vor feinem Zug über die Alpen gethan, ed zu ſchuͤtzen und auf: 
recht zu erhalten und in biefer Hinficht ihm nicht nur die feierlichften 
Verfprechungen gegeben, fondern auch einen Protector in der Per: 
fon des bayrifchen Herzogs Wilhelm gefeßt, wie auch feine Gefandten 
und die Bilchöfe und Prälaten feiner Länder zum Befuche der Kir: 
chenverfammlung angewiefen. Daher müfle er den Papft dringend 
bitten, das Concilium nicht aufzulöfen oder zu vertagen, fondern ed _ 
vielmehr auf jede Weife in Kraft zu erhalten: wenn diefes nicht ges 
ſchehe, fo würden unzweifelhaft eine Zerflörung des chriftlichen 
Staats, eine Beguͤnſtigung der Kebereien die Folgen feyn. 
Mittlerweile mar noch vor der Publication der Auflöfungsbulle 
von dem Goncilium unter dem Vorfige ded Cardinallegaten Sultan 
am 14. December die erfte Seffion gehalten worden. Es was 
ren aus allen Ländern Bifchöfe und Pralaten, auch Abgeordnete von 
Königen, Fürften, Univerfitäten, eingetroffen: freilich war ihre Zahl 
immer. noch nicht fo groß, ald man erwartet hatte; auch zögerten 
noch einige Könige, den Einladungsfchreiben des Gonciliums Folge 
zu leiften und ihren Klerus zum Beſuch oder zur Beſchickung des 
Gonciliumd anzumeifen. Auch trugen die Huffitenzüge, die nicht 
eingeftellt waren, bazu bei, manche Bifchöfe von dem Beſuche der 
Kirchenverfammlung abzuhalten. So blieben noch die ungarifchen 
aus, weil grade damals die Huffiten einen Plünderzug nad) Ungarn 


vestra sanctitas dignetur confovere et augere, sicque providere, ut illud 
nec dissolvetur, nec nullatenus protrahatur: quoniam ejus turbatio indubie 
esset totius reipublicae Christianae destructio, haeresumgue auctio; ex ad--, : 
verso, ipsius fomentum et confortatio profecto catholicae fidei et toti 
Christianismo pariet remedia adoptata. 











Die Eröffnung des Basler Conciliums. 33 
gemacht hatten und zugleich auch die Zürfen drohten, in’s Land ein: 
zufallen 33). 

Sehr auffallend war es, daß von ber höhern beutfchen Geift: 
lichkeit fich fehe wenige Erzbifchöfe und Biſchoͤfe eingefunden hatten, 
da doch ihnen vor allen andern bie Stadt Bafel wohlgelegen war 
und fie vom römifchen Könige die dringendften Aufforderungen er: 
halten hatten. > 

In der erften Seffion 3%) wurben als bie drei Hauptpuncte, 
mit denen fich das Goncilium zu befdyäftigen habe, und worüber auch 
vorläufig ſchon der römifche König die Zuftimmung des Papftes er: 
langt hatte, folgende bezeichnet: 

1) Ausrottung der Keßereien, 


35) Schreiben ber ungarifhen Prälaten an das Goncil. v. 28/ Dec. 1431. 
Martene coll. ampl. VIII. p. 4. 

34) Hartzheim Concil. Germ. V. p. 776. Mansi Concil. XXIX. 
3—21. Hargheim bat die Gonciliumsacten dem Auguftinus Patritius, Ga: 
nonicus von Siena, der fie 1480 auf Befehl des Garbinal Franciöcus Piccolo: 
mini von Siena fammelte, entnommen. Des Nuguftinus Patritius Quelle aber 
find des Johann von Segovia Gesta Concilii Basileensis, der von dem Gegen— 
papft Felit V zum Gardinal erhoben wurde und auf dem Basler Goncilium fehr 
thätig gewefen. ine Handfärift der genannten Gesta wird nody auf ber 
Badler Stabtbibliothef aufbewahrt. Iſelin bat daraus einen Auszug gefertigt, 
ber in Koch's Sanctio pragmatic. Argent. 1789 aufgenommen if. In meh: 
reren berrfhaftlihen und ſtädtiſchen Archiven finden ſich handſchriftliche Samme 
lungen der Beſchlüſſe des Basler Goncilö, die aber meift nicht vollftändig find, 
Der befte und genaufte Drud der Beſchlüſſe dürfte der fegn, den Manfi im 
Vol. KXIX gibt? in ben beiden folgenden Bänden find die zum Goncilium ge= 
börigen Schriften abgedruckt. Obwohl im Anfung die römifhe Curie Anftand 
nahm, alle Beſchlüſſe und Actenftüde des Basler Gonciliums in die große Man+ 
ffhe Sammlung aufnehmen zu laffen, fo hat doch endlich - die richtige Anſicht 
Geltung gewonnen, Alles drucken zu laſſen. Über die Acten, die in MS. in 
Bafel aufbewahrt werden, handelt Ds Geſch. v. Bafel III. 573 — 603 voll: 
ftändig. Es find fünf Foliobände von Johann Stoicovid von Raguſa, Seffio- 
nen, Bullen, Briefe, Inftructionen 2c. enthaltend : ſodann ein Folioband De- 
creta Concilü (v. 1431 — 1440): endlich eine Sammlung ftädtifher Berord⸗ 
nungen in Bezug auf das Goncilium, Bol, Joh. v. Müller Geh, Schweiz. 
Eid. III. Kap. 2. S. 168, wo ſich jebody einige unridtige Angaben finden, und 
J. D. Schoepflin Comment. hist. et critic. Basil. 1741. p. 541, wo aud ein 
Berzeichniß der Acten, welde in 7 Voll. MSS. in der Bibliothef des Collegii 
Navarrici in Paris aufbewahrt werben, 

Ahbadh K. Sigmund. IV. 3 





34 Viertes Buch. Zweites Kapitel, 


2) Herflellung des Friedens unter den Königen, Fuͤrſten, Voͤllern 
des chriftlichen Abendlands, 
3) die Kirchen Reformation 3°). 

Um dem Rangflreite der Nationen unter einander Feine Nah⸗ 
rung zu geben, behielt man bie auf dem Conſtanzer Concilium ges 
troffene Einrichtung nicht bei, nach einzelnen Nationen in ben Con⸗ 
gregationen fich zur Vorberathung zu verfammeln und fobann in den 
Seffionen über ‚die eigentlichen Befchlüffe abzwftimmen, fonbern 
man traf eine neue Geſchaͤftsordnung (fhon am 26. Sept. in 
einer vorberathenden Verſammlung), welche eine möglichft gruͤndliche 
Unterfuchung der Fragen und zugleich vollkommene Sicherung der 
Stimmenfreiheit verhieß. Auch wurden die Gardindle, welche in 
Conftanz noch ald Corporation ihre befonderen Berathungen gehal⸗ 
ten hatten, in ben ganzen Körper des Conciliums verfchmolzen. 

Es wurden nämlich alle verfammelten Väter des Conciliums 
in vier Deputationen abgetheilt. In jede Deputation wurden 
aus den verfchiedenen Nationen eine gleichmäßige Anzahl von Mit: 
gliedern jebed Ranges: Cardindle, Patriarchen, Erzbiſchoͤfe, Bis 
fchöfe, Abte, Doctoren der Theologie zc. aufgenommen. Eine jebe 
Deputation hatte ihren eigenen, jeden Monat neu zu wählenben 
Präfidenten nebft den nöthigen Gejchäftsführern, Schreiben und 
Dienern. : Die Deputationen folten alle vier Monate neu gebildet 
werden. Ihre Sigungen fanden dreimal in der Woche ftatt, und 
behandelten die Gefchäfte nach den vier Claſſen: 1) die Glaubensſa⸗ 
hen, 2) die Angelegenheiten des Friedens unter den Fürften, 3) bie 
Kirchen: Reformation, 4) die andern vorkommenden Sachen. War 
eine Sache in den Abtheilungen hinreichend und reiflich berathen 
worden, fo ward fie in die GeneralsBerfammlung aller Des 
putationen gebracht, wo ſie von neuem erwogen und erörtert, bei 
Anftänden aber häufig auch wieder der Deputation zur nochmaligen 
Berathung zurüdgefchidt wurde. In den General: Berfammlungen 
entfchieb die Stimmenmehrheit von drei Deputationen oder die Mehr: 
heit der Abtheilungen. Erft wenn auf diefen Generals Berfamm: 

lungen ein Befchluß gefaßt worden, ward berfelbe in die öffent 





35) Mansi 1. c. p. 14. 








Die Eröffnung des Basler Conciliums. 35 
lihe Situng des Conciliums, welche in der Domkirche gehalten 
wurbe, gebracht, wo er nochmals feine Genehmigung und Verfün: 
bigung erhielt und nun erft als Synodaldecret angefehen wer: 
ben durfte 6). 

In die Actenſtuͤcke über die wichtigften Verhandlungen bes Gon: 
ciliums durften die Namen der Nebner und ihre Meinungen im Ein: 
zelnen nicht aufgenommen werben: man wollte Alles entfernen, 
wa3 ber felbfüchtigen Eitelkeit ſchmeicheln konnte. Daher ift es nicht 
fo leicht wie beim Conftanzer Goncilium , wo diefe Anordnung nicht 
beftand, die eigentlichen Führer und Leiter der Kirchenverfammlung 
und ihre Anfichten anzugeben 27). 

In Bezug auf den Lebenswandel warın den verfammelten Bd: 
tern und was in ihrem Gefolge war, firenge Vorſchriften gegeben, 
bie Würde der Verfammlung auch Außerlich aufrecht zu erhalten: 
man berichtet nicht, daß durch Nichtachtung derfelben irgend Ärger: 
niß gegeben worden 3®), 

Nur wenige Wochen nad) der erften Seffion, in den erften Za= 
gen des Jahres 1452, gelangte die Auflöfungsbnlle des Papftes 
36) Über diefe Geſchäftsordnung ſprechen Die Actenſtücke bei Mansi Concil. 
KXIX. 377 sgq.— Bei Hartzheim Conc. Germ, V. p. 868 — 870 in dem 
Epilogus Concilü Basil., wo von bem ordo reram ausführlich gehandelt, fine 
ben ſich einige Unrichtigfeiten: namentlid ift dort fo gefproden, als wären gar 
feine englifhen Prälaten auf dem Goncilium zugegen geweſen. In Bezug auf 
bie, welche am Goncilium Theil nehmen durften, heißt e& in dem Epilogus 
p. 869: Admittebantur ad definitiones et facienda decreta non modo Epi- 
scopi et Abbates, sed Theologiae Jurisque utriusque et aliarum doetri- 


narum Professores, quos Graduatos appellant: tum ecclesiarum Canonici 


et parochialium rectores, jurati tamen omnes: ita ut non minoris esset 
auctoritatis simplicis Canonici, quam Episcopi cujuspiam sanctissimi: cum 
numero, non dignitate, expenderentur sententiae, contra antiquorum con- 
ciliorum consuetudinem : in quibus (ut ajunt) soli Episcopi et Abbates vo- 
cem deliberativam habebant, alii vero conswultativam tantum. Bol, Dis 
Geld. v. Bafel III. 245 fll. 

37) C£, Richer, histor; Concil. Col. 1683. lib. II. p. 311. Hauptfüh- 
rer waren: Nicolaus Gufanus, der Patriarch Johann von Antiodia, der Bi- 
Ihof Gerhard von Lodi, der Dominicaner Johann Niver, der Eiſtercienſer Jo—⸗ 
bann von Maulbronn, Johann von Bachenſtein, der Wiener Brofeffor Thomas 
Ebendorfer u. a, m. 

38) Mansi Concil, XXIX. 382-— 385. XXX. 229 sqgq. 253, 


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36 Viertes Buch. Zweites Kapitel, 


nach Bafel. Diefer Schritt Eugen's überrafchte die verfammelten 
Väter im hoͤchſten Grade und erfüllte fie mit Unwillen, indem fie 
die ganze Sache den Intriguen einiger Männer in der Umgebung 
bed Papftes zufchrieben. Der Cardinallegat Julian, der im Namen 
des Papftes den Vorfiß beim Concilium führte, war nicht weniger 
über die Auflöfungsbulle betroffen: fie Fam ihm ganz unerwartet. 
Er billigte Teinesweges die Maßregel, die unendlich viele Verwid: 
lungen herbeiführen und das päpftliche Anfehen gefährden konnte. 
In der Nähe und mitten drin konnte er die Verhältniffe und die Zu: 
ftände beffer beurtheilen al8 der Papft aus der Ferne: die Stimmung 
der Mehrbeit.der verfammelten Väter gegen den Papft war von dem 
Tage der Befanntwerdung der Auflöfungsbulle eine oppofitionele, 
eine feindſelige. Es waren nur fehr wenige italienifche Biſchoͤfe 
und Prälaten nach Bafel gekommen. Es feheint, daß Eugen nicht 
fehr dazu aufgefordert hatte, das Concilium zu befuchen. Diefer 
Umftand aber trug dazu bei, die Sache des Papftes noch mehr auf 
den Goncilium zu ſchwaͤchen, indem feine Gegner kaum emen Wi⸗ 
berfpruch fanden. Die wenigen italienifchen Prälaten, die zugegen 
waren, fanden in der vorderften Reihe der antipäpftlichen Partei. 
Zu diefen gehörte der Römer Dominicus Capranica, Bifchof von 
Fermo, dem Martin V fcyon den Cardinalshut zugebacht hatte, der 
aber von Eugen zurüdgefegt wurde: er begab fich nach Bafel voll 
Rache gegen den Papft: er war einer der Leiter und Führer der 
Maßregeln gegen Eugen ?°). 

| Der Cardinallegat Sultan Fannte die Stimmung des Conci⸗ 
liums; er Pannte die Gefinnungen des römifchen Königs, ber ben 
verfammelten Vätern feinen ganzen Schu und Beiftand zugefagt 
hatte; er Fannte die Erwartungen der ganzen Chriftenheit, indem - 

. fie von der Kirchenverfammlung Hülfe gegen die Huffiten, Wieder: 
herftellung des Friedens unter den Königen und Fürften, eine Kir: 
chen Reform in Betreff der Verdorbenheit und Zügellofigkeit des - 
Klerus dringend forderte, Ward das Goncilium aufgelöst, ohne 
einen biefer Puncte erlangt zu haben, fo zweifelte Sulian nicht 
daran, daß der römifche Stuhl fich höchft verhaßt machen werde: 


39) Martene coll. ampl. VIII. praef. IV. 








Die Eröffnung des Basler Conciliums. 37 
wollte aber das Goncilium wider den Willen des Papſtes die Si: 
tzungen fortfegen, fo Fonnte es auf die Zuſtimmung der Fürften und 
Voͤlker rechnen und ber Papſt, der dann die Macht nicht hatte, feine 
Bullen in Ausführung und Kraft zu feßen, mußte in feiner hoͤchſten 
firchlichen Auctorität eine gewaltige Einbuße erleiden. 

65 ftellte Daher Sulian, der anfangs von dem Vorſitz des Con: 
ciliums fich zuruͤckziehen wollte, aber fich doch bald von den verfam: 
melten Vätern zur Weiterführung deffelben bewegen ließ*°), in 
einem langen Schreiben dem Papite vor, wie eine Auflöfung ber 
Kirchenverfammlung gar nicht möglich fey, ohne der Kirche und dem 
Papftthume im höchften Grade zu ſchaden: denn die Kehre ber Huf: 
fiten, der Haß des Volkes gegen den Klerus, der Unfriede unter 
den Fürften würde dadurch nur neue Nahrung erhalten: als Urheber 
aller neuen Berwirrungen würde man den Papſt bezeichnen. Auch 
fey es gar nicht wahrfcheinlih, daß der Auflöfungsbulle die verfam: 
melten Bäter Folge leiften würden. Sm Gegentheil würden fie nur 
um fo hartnädiger auf die Fortfekung beftehen. Sultan ſchließt fein 
Schreiben mit den Worten; „Wenn ich oder ein Anderer ed wagte, 
ohne ihre Zuftimmung das Goncilium aufzulöfen oder nur den Ort 
- beffelben zu verlegen, fo würben fie mich al einen Keßer fleinigen 
und mit den Zähnen zerreißen. Will man meinen Tod, ſo ſchicke 
man mich gegen die Huffiten nach Prag, oder gegen die Saracenen. 
Sch ftürbe dann für den Glauben als Katholif: nicht aber möchte 
ich umkommen zum Ärgerniß der ganzen Kirche +1), 

Aber auch das Goncilium ließ umftändlihe Schreiben an ben 


40) Wie fih Iulian vom Papfte abzichen Tief, erzählt Aneas Sylo. in 
ver Bulla retractat., freilich bier Fein unparteiiiher Zeuge, gl, Raynald 
l. c. n.23., wo die Stellen aus In. Sylv. ausgezogen fih finden. 

44) Das Sihreiben Jultan’s gibt In. Sylv. als Anbang zu der hist. Con- 
eil. Basil. in Opp. ed, Basil. 1551. p. 64— 75. Raynald ad ann. 1431, 
n. 22 u, 27. gibt zwei Schreiben Julian's. Bollft, fteht Sulian’s Schreiben in 
Ortwio. Gratii fascie. rer. expetend, et fugiend, ed. Lond. 1690, p. 54 sqq. 
Dffenbar gehört aud Julian's Schreiben an den Papft bei Mansi XXIX. 665. 
hieher: das Datum Basileae 23. Jan. 1437 ijt unridtig, Der ganze Anhalt 
weist auf das J. 1432, Die Antwort auf die päpftlihen Vorwürfe, bie dem 
Gardinallegaten perſönlich gemacht werben, beantwortet dieſer auch: Mansi 
XXIX. 219 sqq. Labbei Concil. XII; 673. 


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38 Bierted Buch. Zweites Kapitel. 


Papft abgehen und fehidte zugleich Abgeordnete (am deren Spitze 
der Bifchof von Laufanne) an ihm ab, um auf beiden Wegen bie in 


. der Bulle zum Auflöfung angegebenen Gründe auf dad umſtaͤndlichſte 


zu widerlegen, und das zu beflätigen, was der Eardinallegat ſchon 
geſchrieben hatte 22). 

Mit dieſem Schritte aber begnuͤgte es ſich nicht. Da es von 
dem roͤmiſchen König nicht nur die Verficherung erhalten hatte, daß 
er Alles aufbieten wolle, die Auflöfung rüdgängig zu machen, fons 
dern auch die Aufforderung erhielt, ja in dem begonnenen Werde 


Tortzufahren und trog der Bulle in Baſel verfammelt zu bleiben: fo 


Eonnten die Väter, die des weltlichen Schuges fich verfichert hat⸗ 
ten, ſchon weitere Schritte, auch ohne Zuflimmung,, ja ſeibſt gegen 
den Willen des Papfled wagen. Sie ſetzten vorerfi Zweifel in die 
Achtheit der Auflöfungsbulle 23): erließen dann von neuem arı die 
abendländifchen Zürften und Praͤlaten Schreiben über bie Zortfegung 
bed Conciliums und forderten auf zum weitern Befuche deſſelben **), 


42) Mansi Concil. XXX. 237 sqq. Martene coll. ampl. VIII. 69 —77, 
wo die Propositio facta per Ep. Lausanensem coram Papam ex parte Con- 
eili. Das Chr. Cornelii Zantfliet beridytet darüber bei Martene coll. ampl. 
V. 431: Missi oratores dom. Henricus de Palade episcopus Lansawensis et 
Henrieus Scotter decanus Leodensis, ad supplicandum sasctitati suae eto, 
Unter den Abgeordneten, welde das Goncilium nad Rom ſchickte, befanden fich 
aud der Trierer Domfholafticus Zacob von Sir und der Parifer Doctor Tho⸗ 
mad Ziene, Martene coll, ampl, VIII, 63, nad einem Briefe des römischen 
Könige v. 7, Febr. 1432, 

43) Sqreiben des Conciliums an den röm. König Martene coll. ampl, 
VIII. 53, Qnidam ‚episcopus Parentinus SS, domini nostri summi pontißcis- 
assertus thesaurarius guasdam praetensas literas apostolicas dissalutionis 
dictae sacrae synodi, ut accepimus, attulit, per quas praesens sacr, gene- 
rale concilinm nititur dissolvere — tametsi praofatus episcopus pluribus 
reverendig patribus oppositum paulo antea promiserif, Es wird dann Sig⸗ 
mund gebeten, fohald ald möglid) das Goncilium durch feine Gegenwart zu ſtär⸗ 
fen: mittlerweile aber möge er alle Mittel aufbieten, dad Verderben yon der 
Kirche abzuwenden, und feinen Statthalter den Herzog Wilhelm von Bayern 
zur ſchleunigen Neife nach Bafel anmweifen, 

44) Hartzheim Concil. Germ. Il, c. 778: Patres — literas et epistolas 
per universum orbem pridie Kal. Febr. 1432 datas disseminarunt: asse-. 
rentes vago rumore se accepisse, vulgo ferri, Basileense Concilium disso- 
Jutum esse, Fulsos esse hos rumores, neque a quopiam admittendos etc. 








Die Eröffnung bes Basler Conciliums, 39 


Nachdem fie von vielen Seiten, ſowohl von den weltlichen Gewalt: 
babern, als auch geiftlichen Wuͤrdetraͤgern eine nicht zweideutige 
Abhäfion erhalten, festen fie fich in eine Pofition, die es dem Papfte 
unmöglich machen follte, ohne die Kirche im Innern zu zerrütten, 
Gewaltftreiche gegen fie auszuführen. 

Der römifche König hatte zwar nicht alle Unterhandlungen mit 
bem Papfte über die Auflöfung des Gonciliums abgebrochen, aber ihm 
doch erklärt, daß biefe Sache nicht ihn, fondern die Kirchenverfamm: 
lung angehe*>), doch dabei nicht unterlaffen, wiederholt feine ent: 

ſchiedenſte Mißbilligung über die Auflöfung den päpftlichen Legaten 
fomohl als dem Papſt felbit in einem Schreiben von Piacenza aus 
(9. Ian. 14532) auszufprechen *%). Unmittelbar darauf, ohne bie 
Antwort des Papftes abzumarten (10. Jan.) *7), fordert er die ver 
fammelten Bäter auf, im Widerfpruche gegen die Auflöfungsbulle in 
Bafel zu beharren: er verfpricht ihnen in einem andern Schreiben 
(v. 30. Jan.) feinen vollftändigften Schuß *°). Zugleich benach- 


45) Avisamenta per Roman. regem Papae transmissa. Labb. Concil. 
XII. 956: Cf, Martene coll, ampl. VIII. praef. VI. Eugenü nunci, qui 
dissolutionis bullam ei (Sigismundo regi) attulerant, dissimn!ato dolore re- 
spondit, haud quaquam haec ad'imperatorem, sed ad concilii patres spe- 
ctare, ilsque dimissis tres Eugenio legatos direxit atque ea de re Basileen- 
ses monuit. 

46) Mansi Concil. XXIX. 585. Lünig Spic. eccl. I. 248 sqq. Das 
Jahr 1433 ift dort unridtig. 

47) Martene coll. ampl. VIII. p. 54. Hodie recepimas bullam d. no- 
stri papae, nobis notihicantem dissolutionem sacri Basil. concili, quam suu 
sanctitas hinc inde fecit per bullas suas publicari, cujus copias hic inelusas 
habetis, de qua re ultra modum stupenda tanto amarius turbati sumus, 
guanto ex hujusmodi dissolatione nedum innumera mala et pericula, quin 
immo totalis subversio catholicae fidei et alia discrimina sunt indubie suc- 
cessura, et non possumus continere dolorem et lacrymas etc. Er verfpricht 
feinen ganzen Einfluß bei dem Papft anzumenden , daß dieſer die Bulle zurüd- 
nimmt; doch forbert er das Goncilium vorerft auf, ut nulla suggestione aut 
alio quovis modo dissolvi velitis, sed incepta prosequi et finire. — Con- 
fortemini et estote robusti, quoniam ad continuationem ipsius s. coneilü 
vobiscum constanter et fideliter ad mortem perseverare volumus. 

48) Martene I. c. p. 60. Quamvis — nos trinos nuncios ad ejusdem 

sanctitatis praesentiam pro reyocatione illius (dissolutionis) et remediis ne- 
cessariis — incontinenti miserimus, — tamen recepta heri v. P. litera (cf. 





40 Vierte Buch. Zweites Kapitel. 


richtigte er von feinem Entfähluffe und feinen Geſinnungen die 
Keichöftände, damit diefe nieht unterliegen, ſich günftig für das. 
Concilium zu erflären 29), und fuchte in Schreiben an die europaͤi⸗ 
ſchen Könige und Zürften dahin zu wirken, daß fie mit ihm das 
Concilium aufrecht erhielten 80). 

Die erſte Wirkung dieſer Schritte zeigte ſich bei Frankreich, wo 
ſchon am 3. Febr. 1432 die Geiſtlichkeit in Bourges ſich verſam⸗ 
melte und den Beſchluß faßte, fortwaͤhrend dem Basler Concilium 
zu adhaͤriren: doch darauf zu wirken, daß daſſelbe dem Papſte die 
gehörige Achtung nicht verſage*1). Zwar neigten ſich die Herzoge 
von Burgund und Savoyen und auch der Koͤnig von England auf 
Seiten des Papſtes, fie wagten aber doch Feine entſchiedenen Schritte 
zu thun und für ihn zu handeln, indem fie wie die übrigen europdis 
fchen Könige die Guͤltigkeit des Conciliums anerkannten, 

Deffen ungeachtet wollte Eugen nicht zuruͤckweichen. Er ers 
ließ 12. Febr. ein Abberufungöfchreiben an feinen Cardinallegaten 


in Bafel 52). Noch ehe diefes ankam, hatte unter deffen Vorfige 


(am 16, Febr.) die wichtige zweite Seffion flattgefunden, wo: 





- Labb, Concil. XII. 956.) quodam immenso gaudio perfusi fuimus atque su- 


mus, in 'tanto, ut alacritas scriptorum vestrorum nobis mentis nostrae tur- 
bationem ex toto subrepserit et nos prae dolore collapsos restituit ex eo 
cum sentiamus vos huic periculosissimae dissolutioni totis velle reniti viri- 
bus, — Dispositi autem XX die proximi menkis Febr. abhinc nos levare, 


- directo tramite iter nostrum versus Urbem et ad sanctitatem suam directu- 


ri, — Praeterea ad desideria vestra scribimus fratribus nostris catholicis 
regibus et aliis, praecipue Alemanniae principibus et praelatis, ac ill. duci 
Guiellolmo etjam trina seriosissima nostra scripta venient. Insuper incon- 
tinenti oratores fili nostri ducis Mediolani ad ipsum concilium et multi 
Lombardiae episcopi et praelati, qui jam ad iter accincti et ad reges Hi- 
spaniag omnes notabiles nuncios nostrog transmisimus etc... Cf. Martene 
l,c. p. 530. 

49) ©, Negeften K. Sigmund’ N d. d. Piaeenza 10. Jan. 1432. Schrei⸗ 
ben an die Städte Straßburg und Frankfurt. Vgl. Martene |, c. p. 6l. und 
vorher die Note 48. 

‘ 50) Martene l. o. 

51). Martene 1, c. u. praef. V. Aug, Patric. hist. Concil. Bacil. c. 8. 
bei Hartzheim J. c. 779. . 

52) Mansi Coneil. XXIX. 562 sgq, 








4 


Die Eröffnung bes Basler Conciliums. 
burch ſich das Goncilium vom Papfte unabhängig zu flellen fuchte. 
Es wurden die Decrete des Conftanzer Conciliums über die Supe: 
riorität der allgemeinen Kirchenverfammlungen über dem Papft er: 
neuert, und zugleich dabei die Befchlüffe gefaßt, daß bie rechtmäs 
ig begonnene, über dem Papft ftehende Kirchenverfammlung ohne 
ihre eigene Zuftimmung von Niemanden, auch felbft vom Papfte 
nicht, aufgelöst, verlegt oder vertagt werben bürfte. Ferner wurs 
ben die, welche dem Goncilium ſich ungehorfam zeigten, mit Stras 
fen bedroht, feine Mitglieder aber, die ſich ohne Erlaubniß vom 
Drte des Conciliums nicht entfernen durften, gegen alle Berfolguns 
gen, von welcher Seite fie auch kommen follten, in Schuß genoms 
men 53), 

So fanden die in Bafel verfammelten Väter in offener Oppo⸗ 
fition gegen ben Papſt. Wenn Eugen auf ber Auflöfung ober Ber: 
legung des Gonciliums beftand; wenn dieſes bie in ber zweiten öffents 
lichen’ Sitzung gefaßten Befchlüffe nicht zurücdnahm: fo konnte eine 
Kirchenfpaltung, eine Erfchütterung der Hierarchie nicht audbleiben. 
Daß biefes nicht gefhah, bot nun Sigmund alle Kräfte, alle Mits 
tel auf. 
Dffenbar gaben die in Bafel verfammelten Vaͤter den Befchlüfs 
fen des Conſtanzer Gonciliums in Bezug auf die Superiorität der 
allgemeinen Kirchenverfammlungen über dem Papſt eine Anwen: 
dung, die man in Gonftanz nicht vorausfah. In der Zeit der Kirs 
chenfpaltung, wo drei Paͤpſte die höchfte Auctorität in Anfpruch nah: 
men, die man jedem bejtreiten fonnte und mußte,- wenn die Kirchen 
Union wiederhergeftellt werden follte, war das Goncilium in der 
Nothwendigkeit, auch ohne den Papſt die höchften Entfcheidungen zu 
treffen und fich über das päpftliche Anfehen zu erheben. In Bafel 
war es ein ganz anderer Fall: Eugenius IV mar unbeftrittener 
rechtmäßiger Papft: es handelte fich zuerft um die Frage, ob ber 
Papft ohne Zuftimmung und Genehmigung der verfammelten Väter 
das Concilium aufzulöfen dad Recht habe. Da ohne feine Berus 
fung fein allgemeines Concilium Gültigfeit hatte, fo Eonnte er aller: 
dings auch das Recht ber Auflöfung, der Verlegung, ber Vertagung 
55) Wollftändiger -ald bei Hartzheim 1. c. 778, gibt Mansi Concil. 
XXILX. 4H— 3, vie Beſchluſſe. 


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42 Viertes Bud, Zweited Kapitel. 

in Anſpruch nehmen. Gine andere Frage war ed, die man aber 
gende mit der erfien verwechfelt und verfchmolzen bat, ob die päpft> 
liche Maßregel eine fire die Kirche heilfame und wohlthätige war: 
dieſes konnten die verfammelten Väter mit Recht in Abrede ſtellen 
und allerdings fich darüber auöfprechen. Eine Vermittlung durch 
die Cardinaͤle, ja felbft durch die weltlichen Gewalten, mochte dann 
leichter nerfucht werben und die gebieterifchen Zeitverhältniffe konnten 
den Papft; ber fich beffer von der Lage unterrichten mußte, zwin⸗ 
gen, die getroffenen Maßregeln wieber zurücdzunehmen. Bei einem 
Konflicte, bei einer entfchiebenen Oppofition zwifchen Haupt und 
Gliedern, die nothwendig durch die Befchlüffe der zweiten öffent 
lichen Sitzung ded Basler Conciliumd hervorgerufen wurde, war - 
ohne Schwächung ber höchften kirchlichen Auctoritäten Fein Ausweg 
zu finden: entweder fiegte ber Papft, dann war die Hierarchie, bie 
man in ihren Übergyiffen hatte befchränten wollen, noch freier und 
unabhängiger geftellt: oder das Concilium blieb Sieger, dand war 
der Papſt nichta anderes als der erfle verantwortliche Beamte des 
Conciliums: er hörte auf der Statthalter Chriſti zu feyn. 











Drittes Kapitel, 


Die Lombardifhe Königskrönung und ber neue Benetianifche 
Krieg. 14531. 





Wenige Wochen nad) der fohmählichen Niederlage ded deut⸗ 
fehen Heeres bei Tauß an der böhmifchen Grenze, um bie Zeit ald 
das Goncilium in Bafel fich verfammelte, war Sigmund von Nuͤrn⸗ 
berg aufgebrochen, um über bie Alpen zu ziehen zur Lombardifchen 
und Kaiferfröming 1), Auch mochten ſich noch mancherlei andere 
Abfichten an diefen Zug knuͤpfen: dem weitern Umfichgreifen ber 
Venetianer entgegenzuwirfen; ben italienifchen Staaten bie Faifers 
liche Gegenwart und Oberherrfchaft zu zeigen; den Papft Eugen 
zum perfönlidhen Befuche des Conciliums in Bafel zu bereden 2). 
Es lag in dem Wefen Sigmund’s, große, weitgehende Pläne zu ent= 
werfen und wenig die Mittel zu deren Ausführung zu prüfen. Er 
machte den Zug über die Alpen nur mit ganz ſchwachen Streitfräf: 
ten 3), welche er größtentheilö aus feinem Reiche Ungarn gezogen 
hatte. Die wiederholten großen Kriegsrüftungen der beutfchen 
Reichsſtaͤnde gegen bie Huffiten und die Gefahr vor deren erneuten 

1) Sie war fhon im J. 1430 projectirt, wie man aus dem Schreiben bes 
P. Martin V an Sigmund bei Raynaldi ad ann, 1431. n. 31 erfieht, 

2) Bulaei hist. Univers. Paris. V. 408, mo in ver Epistola Evrardi d. d, 
Basileae 22, Jul. 1431 geſagt ift: Dominus noster imperator vadit ad Ita- 

liam et promisit nobis, se velle papam adducere ad celebrationem con- 
cilii. 

3) Trithem, Chr. Hirsaug, II. 382, fagt ganz falſch magno cum exer- 
citu. Überhaupt begeht Trithemius mehrere Irrthümer im feinem Bericht von 


Sigmund’: Römerfahrt. 


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44 Bierted Buch. Drittes Kapitel, 


Pluͤnderzuͤgen machten die Deutfchen nicht geneigt, bei folshen Zeit: 
umftänben ihren Herrfcher in feinem Römerzuge zu unterftügen, ob= 
wohl fie nach den Reichsgeſetzen eigentlich dazu verpflichtet waren. 
Sigmund verfannte nicht die Schwierigkeit bei diefer Lage der Din- 
ge, Geld und Truppen auf den Reichötagen bewilligt zu befommen. 
Auf dem Reichötag zu Frankfurt (in der zweiten Hälfte des Octo⸗ 
berö), von dem die Reichöftände vermutheten, daß er nicht allein 
wegen bed Huffitenkrieges, fondern auch wegen, der Beifteuer zum 
Römerzuge auögefchrieben ſey, erfchien faft Niemand als die koͤnig⸗ 
lichen Bevollmächtigten 4). Sigmund unterließ daher die Wiederho⸗ 
lung des vergeblichen Verſuches. In der Hoffnung, bei der Mehrheit 
der italienifchen Fürften und Staaten willfährigeren Beiſtand und 
bereitwilligere Unterflügung zu finden, trat er ben Zug mit einigen 
bundert ungarifchen Reitern über die Alpen an. Denn er hoffte 
fiher, von dem ‚Herzog Philipp Maria Visconti von Mayland un⸗ 
terftügt zu werden, mit dem ex bereitö (2. Juli und 1. Aug. 
4431) ein Bündniß gefchloffen hatte ®) zur Bekriegung ihrer ges 
meinfchaftlichen Feinde der Venetianer“ Der Mayländer Herzog 
machte fich in dem Vertrag anheifchig, den römifchen König bei ſei⸗ 
ner Ankunft in Italien mit allen gebührenden Ehrenbezeugungen zu 
empfangen, dahin zu wirken, daß er zu Mayland die Lombarbifche 
Krone erhalte, ihm zu feiner größern Sicherheit die Städte Aſti 
und Genua einzuräumen, Ferner verfprach er, ihm während feiz 


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4) Mansi Concil. XXIX. p. 583. Andreae Presbyt. Ratisb. Chronic. 
Bavar. ed. Kulpis. p. 50: Principes (rex) per literas suas ad fest. S. Galli, 
Francofordiam vocat scribitque seriosius his qui expeditioni in Bohemiam 
secundum advisata et conclusa non interfuerunt, ut ad quotidianam im- 
pugnationem haereticor. sint parati. — De executione ordinationis suae 
nihil auditur in effectu. ’ 

5) Pray Annal. Hungar. II. 302 — 306. Lünig Cod. Ital. äipl, U. 
2327. Der Herzog v. Mayland hatte verſprochen, den König mit feinen Schä- 
gen und Truppen zu unterftügen. Jo. Simonetae vitae Franc, Sfortiae. Lib. II. 
p. 221. bei Muratori ger. rer. It. XXI. Sigmund gab dem Mayländer Her⸗ 
zog auch ein neues Wappen: Magn. Chronic. Belg. p. 388: Sigismundus de-. 
dit Duci Mediolano moderno arma imperii, sc. Aquilam cum capite coro- 
nato deferendi eum suis armis, sc. vipera-sive colubro. Er nahm ihn dem⸗ 
nad) aud im Dradenorden auf. 


Die Lombarbifche Koͤnigskroͤnung u. ber Venetianiſche Krieg. 45 
ned Aufenthalts in Stalien und ded Krieges mit Venedig monatlich 
5000 Ducaten Subfidiengelder zu bezahlen, und ihn in feinem wei- 
tern Zuge nah Rom zum Empfang ber Kaiferkrone mit Mannfchaft 
zu unterftügen, ihm auch, wenn er den Seeweg von Genua aus 
vorziehe, die noͤthigen Schiffe zur Hin⸗ und Herreiſe zu liefern. 
Dagegen aber verſicherte der roͤmiſche König, hoͤchſtens nur 1500 
bis 2000 Reiter mit fih nad) Mayland zu bringen, die etwa grö: 
Bere. Anzahl der mitgebrachten Truppen an die Grenze gegen die Bes 
netianer zu verlegen, und die ihm eingeräumten Städte Afti und 
Genua fogleich wieder dem Herzog zu überantworten, fobald er 
.  Stalien verlafje oder fie zu feiner Sicherheit nicht mehr brauche. — 
Wie wenig der Herzog von feinen Verſprechungen hielt, wird wei⸗ 
ter unten angegeben werden. 
| Man hat fchon oft Sigmund darüber getabelt, daß grade da= 

mals, als bei der Eröffnung des Basler Conciliums in Deutfchland 
feine Gegenwart für die geiftlichen und weltlichen Angelegenheiten 
höchft nothwendig gewefen, er den Römerzug ganz zur Unzeit an= 
getreten habe. Wir können dieſe Anficht nicht theilen. Was hätte 
Sigmund damals perfönlich in Bafel thun follen? Die verfammel: 
ten Väter waren von einem folchen Geifte befeelt, der für den roͤ⸗ 
mifchen König nicht vortheilhafter hätte feyn Finnen. Er hatte das 
ber nicht nothwendig, durch feine Gegenwart diefen Geift erft her⸗ 
borzurufen. Gr mußte aber fürchten, daß die Eiferfucht der andern 
europdifchen Könige rege gemacht werbe, daß der Papft über weltli⸗ 
hen Einfluß klage, wenn er auf die Leitung der Gefchäfte des Con: 
ciltums durch feine Anwefenheit in Bafel einwirfe. Wollte er aber 
beim weitern Fortgange bed Gonciliums einen größern Einfluß auf 
den Gang der Kirchen Reformation ausüben, als die andern euro: 
paͤiſchen Herrfcher, fo mußte er auch die Kaiferfrone aus den Haͤn⸗ 
den des Papftes empfangen haben: denn nur dann Eonnte er als 
weltliches Oberhaupt der abendländifchen Chriftenheit, wenn auch 
nicht von den Nationen, doch von den verfammelten Vätern, in 
ſchwierigen Verhältniffen, dem Papfte gegenüber, betrachtet werden. 

Bon dem Reichötage, der zu Nürnberg im Sommer 1431 
gehalten wurde, begab fih Sigmund über Donauwörth, Augss 


46 Biertes Buch, Drittes Kapitel. 
burg ®), Lindau (ohne Bafel zu berühren) nach Feldkirch?), wo 
ex von Ende September an ben ganzen October hindurch bi8 in ben 
Anfang November verweilte ®), immer noch in der Hoffnung, wes 
nigftens einigermaßen von ben deutſchen Reichöftänden bei der Roͤ⸗ 
merfahrt unterfiügt zu werben. Diefe Erwartung aber verwirklichte 
fi nicht. Er brach daher in ber zweiten Woche des Novembers 
von Zeldfirch auf, und zog fehr ſchnell, von ben Eidgenoſſen ehrens 
vol begleitet 9), durch Graubuͤnden über die Alpen in die Lombardei 
berab, wo er ſchon um ben 21. November vor Mayland anfam 10). 
Mit einem dem Könige eigenthuͤmlichen Leihtfinne und Muthe 
baute er den Erfolg feined Zuges auf dad Verfprechen eines fchon 
mehreremale ald höchft wankelmüthig befundenen, ganz unzuverläf> 
figen Fürften, des Philipp Maria Visconti von Mayland, Der 
Herzog wich einer perfänlichen Zufammenkunft mit dem Könige aus, 
unter erbichteten-und felbft Lächerlichen Vorwaͤnden feine Entfernung 
entſchuldigend 11). Doch ließ er ihn ‚mit großen Ehrenbezeuguns 


6) Über Sigmund's Aufenthalt dafelbft Gassari Annal. Augstburg. bei 
Mencken J. p. 1582. | 

T) &. die Regeſten K. Sigmund’: Bd. III. S. 485. 

8) Eberhard Windel c. 18% S. 1242: An derfeiben Zeit lag der romiſch 
Konig zu Feltfirchen und das Goncilium zu Bafel hub fidy in derfelben Zeit an. — 
Snd alfo vmb Martino, — do z0g K. Sigmund gein Meylon von Feltkirchen, 
vnd meinte gein Nom zu ziehen one hülffe vnd rate aller deutſchen furfte, 
Andreas Presbyt. p. 53. Sine assensu Electorum rege ingrediente Italiam. 

9) Joh. v. Müller Geſch. ver Schw. Eidg. IM. c. 2. S. 174: „Die Eid» 
genoffen allein — bat er. durch Züri und Bern, ihn über dad Gebirg zu bes 
gleiten. Zürich, dankbar und voll der Ehrfurdt feiner Würde, unterftüste diefe 
Sache auf dem Tag in Bug und wählte zu der Stadt Banner, unter Haupt 
mannſchaft Rudolf Stüffi, Bürgermeiftere, 800 Mann von der Stadt und den 
Landleuten bis mwenigitens nad Mayland mit ihm zu ziehen.’ 

10) Daverio Memorie di Milano p. 85. 

11) GSberhard Windel c. 182. p. 1241: Er zog one hulffe und tat der 

furſten ond ftete, alles auff gunft vnd zufagunge des bern von Mailon, der 
nach feiner art genug tet — — dem graufet gar fere vor dem fonige und allen 
feinen reten, wenn der berre von Meilant dem Eonig gar vil verfhriben und zu 
den heiltgen gefworh. Er enthilte Am nye keins Fein weile und fant alle funde, 
wie er In von Meylant precht gein Pefenz, wenn er hette forge, das die fat 
Meylon fih an dem konig finge ond er Tamapıye zu dem konige: Er fprady vnd 
nam fd ans „Gehe er den Fonige, er mufte vor fremden fler- 





Die Lombardifche Koͤnigskroͤnung u. ber Venetianifche Krieg. 47 


gen in Mayland aufnehmen und legte auch nichtö in ben Weg, daß 
Sigmund am Katharinentag (25. Nov.) in ber Kirche des heil. Am: 
brofius aus ben Händen des Erzbiſchofs Bartholomäus Capra uns 
ter den gewöhnlichen Feierlichkeiten die eiferne Krone em: 
pfing 12), welche feit Karl IV Fein deutfcher König getragen hatte. 
Sigmund gab dem Mayländifchen Herzoge mehrere neue Privilegien’ 
und beftätigte die von feinem Bruber dem Könige Wenzel den Her: 
zogen von Mayland ertheilten Rechte 13). Es trat mun ber ſon⸗ 
derbare Fall ein, daß grabe der Herzog von Mayland, wegen deſ⸗ 
fen Erhebung Wenzel bie Krone verloren hatte und wegen beffen 
Heindfeligfeit fie Rupert nicht gewinnen Fonnte, es war, ber dem 
Könige Sigmund zur Kaiferfrone verhelfen follte. Die deutſchen 
Reichöfürften waren damit Eeineöweges einverftanben, daß ihren fruͤ⸗ 
beren Anfichten und Auöfprüchen in folcher Weife ganz entgegen: 
gehandelt wurde, 

Se jchneller und leichter Sigmund zur Lombarbifchen Krone ge: 
langt war, befto langfamer und fehwieriger ging ed ihm, che er 
nad Rom fam und die Kaiferfrönung empfing. Der Maylänbifche 
Herzog hatte ihm Vieled verfprochen von Hülfe und Unterſtuͤtzung, 


ben.” Es war aber ein getewſche. Wal, aud c. 185. p. 1243. Der Herzog 
ſchloß fih in fein Schloß Abbiate Graſſo ein: er machte dem König Feinen Bes 
ſuch und wollte feinen von feinen Zeuten in feinem Schloſſe empfangen, Jo, Si- 
monet, 1. c. p. 222, Andr. Presbyt. Ratisb, p- 53. (ed. Kulpis). Quem 
(regem) Philippus Dux Mediol. per subditos suos in omnibus honorat, et 
tamen personaliter ad adspectum ejus nunguam pervenit. 

12) Lünig Cod. Ital. dipl. I. 2513. Eberhard Windeck c. 184, Andr, 
Billii hist. rer. Mediol. lib. IX, bei Muratori XIX. 158. Vita Eugen, IV. 
bei Murat. III. 2. p. 869, Lad, Cavitelli Annal. Cremon. ad ann. 1431. 
in Graev. thes. antiggq. Ital. III. 2, p. 1417. und die meiften ital. Ghroni= 
ften bei Muratori T. XVIIT— XXI. Bol. Sismondi republ. Ital. IX. c. 66. 
Bon ber Krönung benachrichtigte Sigmund dad Goncilium in einem Schreiben 
d, d. Mediolani 2. Dec, 1431 bei Mansi Concil. XXIX, p. 583 — 585. 
Darin heißt es: Sigmihicantes paternitatibus vestris, quod ipso. festo s. Ca- 
tharinae virg. proximo praeterito hic Mediolani in domicilio s. Ambrosi, 
majorum nostrorum imitando vestigia, regium diadema assumpsimus — — 
aceincti septimana instante ad conventionem cum filio nostro duce Medio- 
lani in Placentia pro transitu nostro versus Homam celebrandam etc. 

13) Andreas Presbyt. Ratisb, J. c. 


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48 Viertes Bud. Drittes Kapitel. 

aber ex hielt fein Wort fehr wenig. Er bekuͤmmerte ſich nicht viel 
darum, ob Sigmund die Kaiferfrone empfing oder nicht. Aber ed 
war ihm wichtig, daß berfelbe als König der Lombardei fich für ihn 
gegen die Venetianer erklärte, mit denen er in befländigem Kriege 
lag, ferner daß der König die von der Republik vertriebenen Für: 
fien von Carrara und Padua, Marfilio und Bruno de Ia Scala, 
mit nach Italien brachte und dadurch den Benetianern Beforgnifie 
für die Behauptung ber eroberten Städte einflößte. Die Venetias 
ner waren auch von langer Zeit her die Feinde Sigmund's und des 
ungarifchen Reiches. Es erwartete daher ber Herzog mehr Hülfe 
und Bortheil von dem König, ald er ihm leiften und gewähren 
wollte. Er betrieb deßhalb auch mit allem Eifer, daß ein Buͤnd⸗ 
niß der drei mächtigften Fürften Oberitaliens unter der Theilnahme 
des römifchen Königs zu Stande kam. Diefes Buͤndniß, welches 
am 18. Dec. 1431 Mayland, Montferrat und Savoyen mit dem 
Könige ſchloſſen 1%), war gegen Venedig gerichtet, dad an ben Flo: 
rentinern treue und Fräftige Bundesgenoſſen hatte 1°)... So fah 
fi Sigmund, der ohne Heer einen friedlichen Römerzug machen 
wollte, plöglich in einen Krieg verwidelt, worin er Feine Lorbeeren 
fammeln Tonnte. 

Mit dem venetianiſch-maylaͤndiſchen Krieg aber ver- 
hielt es fich folgender Maßen. Es iſt fchon früher erzählt worden, 
wie Philipp Maria Visconti mit der Republif Venedig um den 
Befig mehrerer Städte, ald Brescia, Vicenza, Bergamo u. a. in 
Krieg verwidelt war: wie auch Sigmund theild als ungarifcher, 
theils als vömifcher König vielfach mit den Wenetianern in Strei⸗ 


14) Raynaldi ad ann, 1431. n. 13. Bol. Häberlin R. ©. V. 580. 

45) Daru hist, de la rep. de Venise lib. XIV. faßt die Urfadhen zum 
Krieg wie folgt zufammen: La ville de Bologne se revolte contre le gou- 
vernement pontifical et se declara independante. La guerre survint entre 
le seigneur de Lucques et les Florentins, Le pape Martin V, protecteur 
constant de Visconti, mourut et le conclave appela au thröne pentifical 
un Venetien (Eugene IV). — Obizzo de Polenta, seigneur de Ravenne, 
ne laissait en mourant qu’un fils en bas age, Par son testament il confia 
la tutelle de son enfant avec le gouvernement de ses états, ä la republique 
et la declara son heritiere, si le jeune prince venait ä deceder sans pos- 
teritd, 








Die Lombardifche Koͤnigskroͤnung u. der Venetianifche Krieg. 49 


tigkeiten lag; wie endlich im Jahr 1413 ein Waffenftillftand auf 

fünf Jahre zwifchen ven Kriegführenden gefchloffen wurde 16), Im 
Jahre 1418 wurde der Krieg von dem Fampflufligen Dogen Tom⸗ 
mafo Mocenigo erneuert und mit großem Glüde geführt 17): Sig: 
mund's Verbündeter, der Patriarch Ludwig von Aquileja aus dem 
Haufe ber Herzoge von Ted, ſchwach unterftüßt, verlor feine mei- 
ften Seädte und mußte endlich (1421) in einem Vertrag ganz Friaul 
an die Republik abtreten: nur Aquileja und einige fefte Schlöffer 
behielt er. Aber auch einige zum ungarifchen Reiche an der dal⸗ 
matifchen Küfte gelegene Städte, ald Trau, Spalatro, Cattaro, 
gingen an die Venetianer verloren 18), 

Indeſſen ſich die Republif Venedig immer mächtiger erhob, 
fuchte der Herzog Philipp Maria Visconti von Mayland ebenfalls 
feine Herifchaft auszubreiten. Er bedrängte hart Florenz (v. 1423 
— 1425) und diefe Stadt wandte fich endlich in der Noth und in 
ber Gefahr dem Visconti zu unterliegen, um Beiftand und Hülfe 


an Venedig und an den römifchen König. Lebterer hatte fchon das . 


mals die Abficht, die Römerfahrt zum Empfang ber Kaiferfrone zu 
machen. Die Zlorentiner verfprachen ihm dabei allen möglichen 
Beiftand und jede Unterftügung: fie glaubten durch ihren Lands: 
mann den Pippo Spano, Grafen von Temeöwar, den beßten Ges 
neral Sigmund’3, ihre Abficht am ficherften zu erreichen, den roͤ⸗ 
mifchen König von Mayland abzuziehen. Aber ihre Hoffnung be: 
trog fie 19); weder Fam damals Sigmund nach Stalien, noch ſchloß 
er mit ihnen ein Buͤndniß. Aber der damalige Doge Francesco 
Foscari brachte ed trotz des mehrfachen Widerfpruchs der friedliebens 
den Partei dahin, daß man eine Liga mit Florenz und den Gebies 


| 16) Geſch. K. Sigmund’ I. Kap, 17, &. 349, un dazu noch Archivio 
storic. Ital. IV. p. 146 fl. 
17) Geſch. K. Sigmund's II. Kap. 21, S. 352 — 857, Kap. 24. S. 408 
— 410, | 

18) H. Palladii de Olirüs rer. Forojuliens, in Antiqq. et hist. Ital. 
T. VI. P.4. Lirute notizie delle cose del Friuli. Udine 1776. V. 8. 
Bgl. Sismondi hist, des rep. Ital. VIII. 319. 

19) Estratto dell’ Istruttione data algli Ambasciatori Fiorentini inviati 
a Sigismondo imperatore e a Pippo Spano nell’ Ottobre del 1424 in Ar- 
chivio storico Ital. IV. 223 — 227. 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 4 


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50 Wertes Buch, Drittes Kapitel. 


tern von Ferrara, Mantun, Ravenna abſchloß. Auch Savoyen 
trat diefem Buͤndniß gegen Maylanb bei (1426). Der Bunbeds 
general war der berühmte Feldherr Francesco de Carmagnola, der 
vorher in Mayländifchen Dienften geftanden und dem Herzoge Phi⸗ 
Iipp Maria feine Siege erfochten hatte. Obwohl mit deſſen natüxs 
licher Tochter vermählt, hatte er ſich doch mit feinem Schwiegerva⸗ 
tee entzweit und war zu ben Venetianern übergegangen. Der Her: 
zog von Mayland, von fo zahlreichen Feinden bedroht, wandte fich 
damals an Sigmund und ſchloß mit ihm ein Buͤndniß ?0). Da 
aber die Hllfe des Bundeögenoflen langfam und fehwach war, unb 
Garmagnola fogleich bei Eröffnung des Krieged Brescia eroberte, 
fo nahm er gern die Vermittlung des Papfted Martin V an, und 
unter großen Opfern befriedigte er feine Gegner, die ihm dann auch 
den Frieden von Ferrara zugeftanden (30. Dec. 1426) 21). Schon 
im May beffelben Sahres hatten die Friedensverhandlungen, durch 
Pippo Spano 2? =) geleitet, zwifchen Florenz und Venedig begon⸗ 
nen. Sigmund hatte ald Hauptbedingung geſetzt, daß ihn die Ve⸗ 
netianer in den Tuͤrkenkriegen mit der Flotte unterflügten 22b), 





20) Herm. Corner. Chr. p. 1268. ad an. 1426: Sigismundus — par- 
tem ducis fovens, ipsius exercitum roborare et expeditionem grandem in- 
staurare contra dictas civitates velle minatus est. Cujus potentiam pariter 
et auimositatem expertam formidantes, ambassiatores solennes dominos 
videl. Padowensem et Veronensem ad ipsum permiserunt,“ ut pacem cum 
eo facerent, et benevolentiam ipsius captarent. Qui oblatis, ut fama- 
batur, quadringentis millibus ducatorıfn cives dictarum urbium alis aqui- 
lae regiae subjecerunt et foedus perpetuum eum eo percusserunt. 

21) Marino Sanuto ad ann. 1426. bei Murat. XXIL. Andrea Nara- 
giero (Il. um 1498) istoria della rep. Venez. b, Muratori XXIII. p. 919 sqq. 
®&gl. Sismondi hist. des rép. Ital. Vol, VIII. c. 64. p. 353 — 372. 

228) Bon diefem Pippo Spano Scolari, aus dem florentinifhen Haufe der 
Strozzi, gibt das Archiv. storic. Ital. IV. p. 119—232 zwei Lebensbe⸗ 
fchreibungen mit Noten, Abhandlungen und Documenten. Pippo ftarb nad 
einem Sieg Über die Türken 27. Dechr, 1426 zu Zippa und wurde in Stuhl: 
weiffenburg begraben. 

22b) Die Friedendartitel d. d. 12. May 14236, dic Pippo und Sloreng 
in Vorſchlag braten, in Archivio stor. Ital. IV. p. 227 sqq. und zwei Briefe 
des florent. Gefandten (d. d. Benedig 10, Zun, 1426). an Sigmund und Pippo 
Spano, Ebend. €, 229 — 231, 








Die Lombardifche Königsfrönung u. der Venetianiſche Krieg. 51 
Doch ſchon im naͤchſten Frühjahr brach den Frieden der Herzog von 
Mayland. Der Krieg wurde mit wechfelvollem Glüde auf beiden 
Seiten geführt: abermals vermittelte der Papſt ben zweiten Frieden 
von Ferrara (28, April 1428), wornach Mayland an Venedig au: 
Ger Breöcia noch Bergamo abtrat und den Florentinern verſprach, 
fich nicht in die Angelegenheiten Toscana's zu mifchen. Kurz vor 
ber hatte ſich Savoyen das eroberte Vercelli abtreten laſſen 2°), 

Philipp Maria konnte ſoviele Verluſte nicht verfchmerzen: nach 
einigen Friedensjahren, wo er feine Kräfte wieder gefammelt, hoffte 
er den Krieg mit befferm Glüd wieder erneuern zu Fönnen, Geit- 
ben Savoyen ſich von Venedig abgewendet (Philipp Maria heira: 
thete eine Zochter des Herzogs Amadeus), fand ſich Mayland nicht 
mehr fo im Gedränge, Mit dem römifchen König eng verbindet, 
hoffte Philipp Maria Brescia und Bergamo wieder erobern zu Eön: 
nen. Eine Verfhmwörung, die er im Brescianifchen anlegte, um 
fich dort wieder Einfluß zu verfchaffen, mißlang: fie gab aber Ber: 
‚anlaffung, daß im J. 1431 der dritte Krieg ausbrach, wobei der 
Mayländifche Herzog gleich im Anfange bedeutende Vortheile ſowohl 
über die Venetianer als auch über ihre Verbündeten, die Florentiner, 
erfocht ?*). 

Stalien war damals, ald Sigmund feinen Römerzug annahm, 
in die manchfachſten Bewegungen und Verwidlungen durch die 
Umtriebe der Gemalthaber gefommen. - 

Im Norden flritten fi) die Venetianer und der Herzog von 
Mayland um die Herrfchaft über die Lombardei; Der militärifche 
Despotismus herrſchte. Was die Benetianer eroberten, behandel⸗ 
ten fie nicht als integrirende Theile ihrer Republik, fondern als un= 
terworfenes Land, Die ſchwaͤcheren Fürften, ber Herzog von Gas 
voyen und ber Markgraf von Montferrat, die Eſte's und Gonzaga’s 
in Ferrara und Mantua fuchten fich dur Anfihliegen an eine grö- 
Gere Macht in ihren Befißungen und in ihrer Gewalt zu behaupten. 
Dffenbar aber war der Herzog Philipp Maria von Mayland, ber 


23) Bal: Sismondi 1. c. c. 65. p. 374— 390. 

24) Über den Arieg im Allgemeinen Sismoudi 1. c. p. 414 fl. Daru 
hist, de la rep. de Venise 1. XIV. über den Ausbruch des Krieges Ray- 
naldi ad ann. 1431. n. 13; 

4 * 





52 Viertes Buch. Drittes Kapitel. 


- auch Genua beherrſchte, durch feine Reichthuͤmer und ſtehenden Ar⸗ 
meen, durch ſeine Verbindungen und Intriguen der maͤchtigſte und 
gefuͤrchtetſte Fuͤrſt. Seine eignen Unterthanen hielt er mit eiſerner 
Zuchtruthe in Gehorſam und erpreßte von ihnen große Abgaben. 

Dagegen herrſchten innerhalb. der Grenzen des alten Tosſscana 
andere Regierungsformen und andere Staatenverhaͤltniſſe. In den 
dortigen reichen Handelsſtaͤdten und fruchtbaren Landſchaften hat: 
ten fich die reiheiten der Gemeinden erhalten und weiter entwi⸗ 
delt. Florenz war die mächtigfte dieſer flädtifchen Republifen: nes 
ben ihr erhoben fih Siena und Lucca: ja felbft Bologna in der 
Nachbarſchaft hatte fi) vom Kirchenftaat losgeriffen und eine ſolche 
ftädtifche Nepublif gebildet. Wie der Herzog von Mayland dad 
fürftliche Princip repräfentirte, fo Florenz das republifanifche; die 
- fe8 aufrecht zu erhalten, war ed in allen Kriegen, die Italien be: 
wegten, auf Seiten der Freiheit und Unabhängigfeit. 

Der Kirchenflaat war in Factionen zerriffen: faſt in jeder 
‚Stadt verfolgten fi) Parteien mit grenzenlofer Erbitterung: die: 
mächtigen Familien der Manfredi, Malatefli, Montefeltto, Va⸗ 
rani, Golonna, Urfini fuchten ſich, wie die Visconti's, die Gon⸗ 
zaga's, die Eſte's zc. in der Lombardei, eigene Herrfchaften im Kir: 
chenftaate zu gründen, was ihnen jedoch nicht auf die Dauer gelang. 
Der Papft war nicht im Stande, bei der grenzenlofen Verwirrung 
Herr der perfchiedenen Parteien zu werden: er konnte nur dadurch, 
daß er fich der einen gegen die andere bediente, den Beſitz des Lan⸗ 
des behaupten. An den Golonna’s, die unter Papft Martin V, 
audy einem Colonna, befonders mächtig gewefen waren, fand Eu: 
gen vorzüglich erbitterte Feinde, da er fie wegen der hinterlaffenen 
Schaͤtze feined Vorgängers graufam verfolgt hatte, bis fie diefelben, 
wenigftens theilweife, herausgaben. 

Befler und wohlgeorbneter war der Zuſtand im Königreich 
Neapel: dagegen aber audy nicht zu verfennen, daß bort eine viel 
größere Weichlichkeit und Werdorbenheit herrfchte. Die Hofintris 
guen in Neapel und Die Launen der Königin Sohanna II verwirrten 
das Land und unterhielten die Parteien, welche freilich einen andern " 
Charakter ald die in Ober: und Mittelitalien hatten. 

So war Italien vielfach zerfplittert und in fich zerriffen, als 


Die Lombarbdifche Koͤnigskroͤnung u. der Venetianiſche Krieg. 53 


Sigmund dahin kam: das kaiſerliche Anſehen kannte man damals 
in der apenniniſchen Halbinſel nur dem Namen nach: ſeit faſt einem 
Jahrhundert, ſeit Karl IV, war kein Kaiſer gekroͤnt worden. Daß 
nur kaum ein Schatten von jener großen Gewalt ber deutſchen Koͤ— 
nige übrig war, bie früher Hunberttaufende von Kriegern über bie 
Alpen geführt hatten, Alles ihrem Willen, ihrer Herrfchaft zu un: 
terwerfen, zeigte fchon das Fleine Gefolge, welches Sigmund mit: 
brachte, und die hülflofe Lage, worin er fich bald befand. 

Da ber zwifchen dem römifchen König und ben Benetianern 
geichloffene zweijährige Waffenftillfiand mit dem J. 1451 ablief, 
und Sigmund befürchtete, auf feinem Roͤmerzuge von feinen Fein: 
ben angegriffen zu werben, fo fah er fich bei Zeit nach) Bundesge⸗ 
nofjen gegen die Republik Venedig um. Schon im April hatte er 
Lorenz von Hedervar, einen ungarifchen Magnaten, an den Her: 
309 Amadeus von Savoyen geſchickt 3), das frühere Buͤndniß mit 
ihm gegen Venedig zu erneuern: ebenfo forderte er in einem Schrei: 
ben (Bamberg 2. Juni 1431) 2%) den Markgrafen von Montferrat 
auf, ben Krieg gegen Venedig wieder zu beginnen. Bier Wochen 
fpater fendete er feine Bevollmächtigten zu dem Herzoge von May: 
land ab, zu einem förmlichen Bünbnig mit ihm gegen die Repu: 
bie 27), die fich biöher fo feindlich gegen ihn bewiefen hatte. Zu: 
gleich hatte er feinen Reichövicarien in Ungarn den Befehl zugefen: 
det, 5000 Mann nach Friaul zu ſchicken und hier den Krieg mit 
den Venetianern zu eröffnen 28). Auch die Genuefer, die Damals 
unter dem Mayländifchen Herzog fanden, wurden wie im Jahr 
-41418 2°) durch die Ausficht auf Handelsvortheile zum Beitritt zu 
dem Bunde gegen die Wenetianer gewonnen. Aller Handel mit den 
Benetianern wurde den Deutfchen und Ungarn unterfagt: es wurde 
eine fürmliche Handelöfperre gegen fie eingerichtet: der Bezug ber 


25) Engel Gef, v. Ungarn II. 332, 

26) Lüpig Cod. Ital. dipl. II. 2327. 

27) Pray Annal. Ilangar, IT, 302. 

23) Raynaldi ad ann. 1431. n. 13. Sigismimdas — eo bello impli- 
eitus est et quinque Hungarorum equitum millia ad distrahendos Venetos, 
ne Insubriam popularentur,, in Forumjalium immisit. 


29) Geſch. K. Sigmund IL. S. 356, 














34 Viertes Buch, Drittes Kapitel. 


orientalifchen Gewürze und anderer Handelsartikel follte entweder 
aber Genua oder über Conftantinopel Durch Ungarn flatifinden, Die 
deutfchen Factoreien in Benedig follten nach Gemua uͤberſiedelt wer⸗ 
ben 39): doch die Kaufleute, welche am beften ihre Bortheile und 
die vechten Handelöwege Fannten, zogen lieber eine Unterbrechung 
ihrer Gefchäfte vor, als daß fie fich dem Befehle des Königs fügs 
ten, wodurch ihre gewinnverfprechenden Handelöverbindungen gang 
abgefchnitten worden wären. Sie.warteten ruhig den Ausgang des 
Krieged ab, der, wie fie ficher hofften, die alten Verhaͤltniſſe her⸗ 
ſtellte. 

Als Sigmund die Alpen uͤberſchritten und er in bie Lombarbei 
nah Mayland gekommen, hatte bereit$ ber Krieg überall begon: 
nen 21). In Friaul fochten Ungarn und Venetianer mit großer Erz 
bitterung gegeneinander: man begmügte fich nicht bamit, über das 
Land die gewöhnlichen Übel des Kriegs zu verbreiten, fondern man 
wäüthete auch gegen Wehrlofe. Den Kriegsgefangenen wurden bie 
Arme abgehauen, die Augen ausgeſtochen, um fie für die Jolge 
zum Kriege untauglich zu machen 32). Die Maffen der Venetianer 
gegen den Maylänbifchen Herzag waren nicht gluͤcklich: bie frühere 
Kriegsgefchieflichkeit ihre& Obergenerald Garmagnola fehien auf dis 
Maylaͤndiſchen Feldherrn Piccinino und Franz Sforza übergegangen 
zu ſeyn. Das Landheer der Venetianer erlitt (17. Mai) bei Sons 
eino eine Niederlage: ihre Flotte auf dem Po, die Cremona erobern 
foßte, wurde gefchlagen. Ebenſo gluͤcklich waren. die Maylaͤndi⸗ 
ſchen Zruppen gegen die Florentiner: Piſa wurde bedroht, Toscana 
verheert. Nur auf dem Meere behauptete Venedig feinen gelten 


30) Engel l. c. &, 333. 

31) Hermann. Corner. ‚Chronic. bei Eccard. corp. histor. II. p. 1314: 
Philippus dux Mediol. hostiles gwerras gessit cum Florentinis et Venetis. — 
Duci autem Philippo favebat Sigismundus R, R., dictis duabus civitatibug 
nimis infestus propter urbes diversas ad imperium pertinentes ex jure an- 
tiquo quas violenter ipsae civitates duge, ut rex asseruit, „oocupabant. 
Papa vero Eugenius, quia Venetus natus, civitates illas. duas fovebat. etc. 

32) Raynaldi 1. e. nad einem MS. diarium Venet.: In quos (Hunga- 
rog) comes Carmoniola signa extulit, partaque victoria tanta crudelitate 
eam foedavit, ut captis efioderit aculos manusque amputarit, ad parem 
inferendam Hupgaris injuriam etc. 





Die Lombardiſche Koͤnigskroͤnung u. ber Venetianifche Krieg. 55 


Waffenruhm und feine Präpenderanz: Pietro Loredano fchlug 
(28. Aug.) die Genuefifege Flotte an der Liguriſchen Küfte 33). 

So fanden die Dinge in Oberitalien, ald Sigmund dahin 
kam und in Mayland bie eiferne Krone empfing. Zwar wurde bex 
Bund mit dem Herzog Philipp Maria Visconti, mit Savoyen und 
mis dem Markgrafen von Montferrat erneuert (18. Dec.), jedoch 
wollte Reiner dev Verbuͤndeten den roͤmiſchen König mit Streitkräfs 
ten wirkſam unterſtuͤtzen, fo Daß er ben Nömerzug zur Kaiſerkroͤ⸗ 
nung fortfeßen konnte. Da die Truppen von ben Gondottieri gelies 
fert wurden, wollten bie italienifchen Fuͤrſten, ohnehin von bem 
Venetianiſchen und Florentiniſchen Waffen bebroht und zu großen 
Geldausgaben genoͤthigt, nur. dann dem Könige Hülfe leiften, wenn 
er fie bezahlte, voad der geldarme Sigmund aber durchaus nicht im 
Stande war 4), So ſah er ſich bald von allen Seiten hälflos ges 
laſſen und von vielen Gefahren umgeben. Auch die achthundert Eid: 
genoflen, welche ihn bis Mayland begleitet, hatten ihm nady der 
Lombardiſchen Krönung verlafien ?°), 

Der Herzog Philipp Maria ſah Sigmund's laͤngeren Aufent: 
halt in Mayland hoͤchſt ungern: er fürdhtete, die Stadt, welche 
manche Bedruͤckung von ihm zu erleiden hatte, möchte des Königs 
Anweſenheit benugen und ſich gegen bie herzogliche Gewalt empd- 
ren 36). In diefem Mißtrauen ließ er auch nicht den König in die 
Gitadelle von Mayland ein und vermied mit ihm perfünlich zuſam⸗ 
menzulommen. Da Sigmünd dringend eine Zufammenfunft ver: 
langte, fo beflimmte Philipp Maria dazu, als Ort die Stadt Pia: 
cenza 37), Diefes ward aber nur fo von dem Herzog betrieben, um 


33) Über den Gang des Krieges im X. 1431: nad) Marino Sanuto, 
Andr. Navagiero, Leonard, Aretin. u, a., vgl. Daru 1. c. liv. XIV. & 
handeln von diefem Kriege auch einige ungedrudte Kapitel des Eberhard Win: 
de MS. Ebner. c. 271, 272 u. 278 u. 279: c. 278 wird von der See 
ſchlacht zwiſchen den Benetianern und Genuefern gefproden. 

34) Eberhard Winde c. 182. p. 1241: Vnd zeg derfelbe K. Sigmund 
mit groffen forgen, mit wenig lewten ond auch mit groffer armut gein Pefenz 
(Piacenza), do lag er den winter bis auf die vaſenacht. 

35) Joh. v. Müller Schw. Eidg. III. 8.2. ©. 175. 

36) Eberhard Windel I. c. Bgl. oben not, 11. 

37) Mansi Concil. XXIX. p. 584. Bgl. oben not. 12. 


56 Viertes Buch. Drittes Kapitel. 


den König von Mayland wegzuziehen. So verließ biefer nach eis 
nem fünfmöchentlichen Aufenthalt diefe Stadt und begab fih im 
Anfange des Jahres 1432 nad) Piacenza®®), wo er aber ver 
geblich die Ankunft des Mayländer Herzogs erwartete. 

Indeſſen der Krieg mit den Venetianern und Zlorentinern weis 
ter geführt wırde, war Sigmund thätig von Piacenza aus mit dem 
Papſte die Unterhandlungen zu einem guten Ende zu bringen. Die 

Venetianer, die ihren Oberfeldherrn Carmagnola zutüdgerufen und 
dem Verrath deffelben das Ungläd ihrer Waffen zufchreiben, ließen 
ihn hinrichten und ftellten den Giovanni Francesco da Gonzaga von 
Mantua an die Spike ihres Heeres 3%): an Papft Eugen, ihrem 
Landmann, hatten fie einen geheimen Verbündeten +0), ber die 
manchfachen Berlegenheiten Sigmund's in Italien zu benugen ſuch⸗ 
te, daß er feine Beiflimmung zur Auflöfung des Concillums gebe, 


38) Eberhard Windel o. 184: Vnd mas do (in Mayland) pis nad wein⸗ 
nachten: do zog K. Sigmund gein Pifenz — do lag er lang. Bel. c. 185: 
Bnd er fah den von Maylon nye. Nach Stell. Genuens. b, Muratori XVII. 
p- 1307. fam Sigmund nod im Laufe des Monates Decemberd nach Piacenza. 
‚ 39) Daru l. c. 

40) Die italieniſchen und deutſchen Ghroniften ftimmen in dieſer Sache ganz 
überein, daß Eugen fogleih beim Eintritt Sigmund's in Oberitalien ed mit 
Vencdis gegen ihn gehalten habe. 





viertes Kapitel. 


Unterhandlungen mit dem Papft wegen bes Gonciliums und ber 
Kaiferfrönung. 1452 und 1453, 


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Hatte der Papft ed dahin gebracht, daß Sigmund feine Zu: 
flimmung zur Auflöfung der Basler Kirchenverfammlung gab, um 
bie Kaiferfrone empfangen zu können; fo waren die verfammelten 
Väter in Bafel nicht im Stande ſich zu behaupten, ba Ham ber 
Schuß der weltlichen Macht entzogen war. 

Eugen IV hatte fidy diefesmal in feiner Berechnung getäufch, 
Sigmund, der fonft in fehwierigen Berhältniffen wenig Umficht und 
Ausdauer bemwiefen, ließ fich durch Feine Verlegenheit, durch Feine 
Gefahr von feinem feften Entfchluffe abbringen. Das Concilium 
ſollte um jeden Preis in Bafel verfammelt bleiben: denn nur dort 

Eonnte die Zurüdführung der Böhmen unter die Herrfchaft des Lu— 
remburgifchen Haufes, nur bort Fonnte dad Reformationswerk mit 
Erfolg betrieben werden. Erlangte Sigmund bie Zuruͤcknahme der 
Auflöfungsbulle nicht, fo wollte er lieber die Kaiferfrone nicht em: 

pfangen, und ungefrönt und ohne in Rom gewefen zu feyn, nach 
Deutſchland zuruͤckkehren. 

dieſem Sinne waren die Schreiben abgefaßt) und bie 
Botſchaften inftruirt 2), welche er wiederholt von Piacenza nach 


1) Das Schreiben Siqmund’s d. d. Piacenza 9. San. 1432 bei Mansi 
Conc. XXIX. 585. Lünig Spic. eccl. I. 248. Wichtiger noch find die an 
den Papft beigefchloffenen Avisamenta über Dad Basler Goncilium bei Mansi 


Concil. XXIX. 536 — 589, 
2) Mansi XXIX. 5%. gibt eine Inftruction für die nab Rom achenven 





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58 Viertes Buch. Viertes Kapitel. 


Rom ſchickte. Das Concilium, welches freilich gern geſehen haͤtte, 
daß Sigmund einfach die Zuruͤcknahme der Aufloͤſungsbulle gefor⸗ 
dert und wenn ſie nicht ſogleich vollſtaͤndig erfolgte, nach Deutſch⸗ 
land zuruͤckgekehrt waͤre, ließ es nicht an Schreiben und Botſchaf⸗ 
ten fehlen), den König in der guten Geſinnung für die Kirchen⸗ 
verfammlung zu befeftigen und ihn zu bitten, den verfprochenen 
Schuß und Beiſtand zu gewähren. Sigmund gab den verfammel: 
ten Vätern in diefer Hinficht wiederholt die fefteften Verſicherungen 
und ermuthigte fie, entfchloffen in der begonnenen Oppofition gegen 
den Papſt fostzufchreiten 2). Er wollte dieſem Verlegenheiten bexeis 


koͤnigl. Geſandten. Dieſelbe iſt ohne Datum; ſie iſt aber offenbar aus ſpäterer 
Zeit, als der Koͤnig Piacenza ſchon verlaſſen hatte. Bei Martene coll. ampl. 
VIII. 530. ift in dem kaiſerlichen Bericht über feine Bemühungen für dad Gon« 
eiltam die Sache kurz zufammengefaßt. 

3) Diefes ift aus den in der folgenden Note angegebenen Antwortſchreiben 
des Königs zu erfeben. 

4) Schon oben find Sigmund’s Schreiben d. d. Piacenze 10, u, 30, Ian. 
1432 (vgl. Kap. 2. not. 47 u. 48) angegeben. Weitere Schreiben von eben 
diefer Stadt wurden abgefdidt am 7. m. 20. Febr. (bei Martene coll. ampl. 
vo. 63 u. 65): ferner am 5. u. 16. Märg. (Martene 1. c. 89 u. 82): 
finden fi) auch abgebrudt bei Mansi Concil. XXX, 166. 193. 223. 227. In 
dem Schreiben vom 7. Febr. Fommen die merfwürbigen Stellen vor: Avisati 
quod sanctitas domini nostri circumdata existit aliquibus hominibus, ea 
quae sua non Christi sunt quaerentibus, timemus multum quod fortassis 
nedum nostrae et vestrae, sed et allorum pro concilio instantium literas 
taliter supprimantur. Et pro eo honorabfeki:' magistsum Johannem de 
Monte canonicum Leodiensiem — domisj nortri papae cabicularinm — 
constrinximus, — ut ipse eidem. sanctitati facta. detegat,ut se habent. — 
Audivimus etiam quod oratores vestri Jacobus de Sirck et Thomas Fiene 
— assecutis aliquibus ‘officiis in Romana curia, inibi demorentur. In dem 
Schreiben vom 20, Febr., morin er dem Goncilium Nachricht über die Boͤh⸗ 
men gibt und es auffordert an diefelben zu ſchreiben, daß ed in Baſel bleibe, 
fihickt er ihnen Eircularſchreiben an Könige, Yürften, Prälaten, Univerfitäten, 
fie von neuem zum Beſuch des Gonciliums auffordern. Gr führt ſodann fort: 
Hodie iverunt ad dominum apostolicum ambassiatores nostri solemnes, vi- 
del. nobilis baro regni nostri Bohemiae Jo. de Rozemberg , ac honorabiles 
Benedictus Albariensis praepositus et magister Nicolaus Scok (1. Scalz = 
$cholz) decretorum doctor, qui urgentissime sanctitatem suam super factis 
saeri concilii requirere debent et eidem sanctitati aperte referre, quod 
imajestas nostra intendit penitus. eidem concilio adhaerere usque ad mor- 


E24 





Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Gonkil. u. d. Kaiferfrönung. 59 
ten, um ihn fügfamer zur Kaiferfrönung zu machen. Da Eugen 
nicht verfannte, wie viel ed hier darauf anfomme, um den Steg 
zu erlangen, ben König auf feiner Seite zu haben, fo bot er Alles 
auf, ihn zu beflimmen, bad Concilium aufzugeben, ihm dann nicht 


tem etc. — Ultimo arisati sumus hodie, qualiter dominus noster papam. 
d, Servandum Lucensem episc,, abbatem 8. Justinae de Padua et quen- 


dam nepotem d. Cardinalis de Comite, ad nos miserit, qui infra IV dies 
apud nos debent constitu. — In dem Schreiben v. 5. März meldet er, 
dad die päpftl. Abgeordneten nod immer von ihm erwartet werden, daß aber 


bie Seinigen in Rom ſeyen, ferner daß der Lütticher Magifter Johannes de 
Monte, anftatt nah Nom ſich zu begeben, und der erhaltenen Aufträge per: 
ſönlich hei dem Papfte ſich zu entletigen, biefelben ben Garbinälen geſchrieben 
und von diefen über das Gefährliche feiner Miffion in ſolchen Schreden gefeht 
worden, daf er in feine Heimath zurüdgekehrt ſey. Merfwürdig in dieſem 
Schreiben ift die Stelle: Venerandi patres, in curia Romana non multum 
advertuntur nostra et vestra aliorumque praelatorum et principum consi- 
lia. Immo concilium istud sacrum quasi pro nihilo ducitur. Quamvis 
modo informati simus, quod nonnulli cardinales et magna pars Romanae 
curiae ad concilium continuaudum se deflectant, et quotidie plures attra- 
huntur, et quasi omnes inclinabuntur, si viderint V. P. stare velle fixos: 
quoniam multi adversantium sperant de recessu V, P. Aus dem Schreiber 
v. 16, März ift zu erfchen, daß man zwiſchen dem Goncilium und dem römi« 
fen Könige Mißtrauen zu erregen ſuchte: Hodie, ſchreibt Sigmund, a Bole- 
tariis (Polizeibeamten) qui pro illustri filio nostro duce Mediolanensi in 
hoc loco agunt, recepimus unam V. P, epistolam, geminas in se partes 
continentem: unam consolatoriam, ubi dicitis quod ad res in sacro con- 
eilio conceptas et feliciter peragendas nisibus totis incumbitis: aliam vero 
admiratione commixtam, quando subjungitis vos intellexisse quod aliguae 
notabiles personae nos sunt breviter accessurae, ad seducendum nos 
a bone proposito, utque haec attentata dissolutio progressum habeat 
et requiritis nos quatenus in nostro concepto et ardentissimo zelo perse- 
verare velimus etc. — Ammiratione vehementi perducimur, quis vobis 
talia suggerat et de nobis spem tam debilem vobis praestet. Er micders 
holt ſodann, mas er bis jeßt für das Eoncilium gethan, und verfidert, daß er 
es immer aufrecht erhalten und fügen werde, Er fügt dann. hinzu: Si vero 


per aliquos vobis foret suggestum, hos non amicos, sed honoris et fidei 
Per oratores nostros, qui 


nostrae detrectatores censere possemus, — 
modo sunt in suae sanctitatis praesentia, sibi dici fecimus aperte, quod 


si sua sanctitas deliberaverit in hac dissolutione persistere, et non conti- 
nuare s. eoncilium, quod imperialem coronam nostram nequaquam veli- 


mus de manibus suis suscipere. 





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60 Diertes Buch. Viertes Kapitel. 

mm die ungefäumte Kaiferfrönung zufichernd, fondern auch bie 
Vermittlung des Friedens mit Venedig und Florenz in Ausficht 
ſtellend °). | 

Unter foldem Hin⸗ und Herſchicken von Botfchaften und Un: 
terhandfungen zwifchen dem Papſt, dem Könige, dem Goncilium 
vergingen die erften drei Monate ded Jahres 1432, in welcher Zeit 
fih Sigmund in Piacenza aufhielt, ohne daß man einen Schritt 
weiter zur Beilegung Fer Spaltung zwifchen den beiden höchften 
Eirchlichen Auctoritäten gelommen war. Im Gegentheil verwidelte 
fi) die Sache von Zag zu Tag mehr. 

Daß aber der römifche König feft entfchloffen war, für bie 

Sortfegung des Gonciliums feinen ganzen Einfluß aufzubieten und 
lieber der Kaifertrönung zu entfagen, als in die Auflöfung einzuwil⸗ 
ligen, zeigte die Eönigliche Gefandtfchaft, an deren Spige Sohannes 
von Rofenberg fland, die am 17. März in Rom von dem Papft 
zur Audienz gelaffen wurde, und ihm ausführlich im Namen ihres 
Herrn folgende Puncte vortrug 9): 
„Seine Heiligkeit habe in einer Bulle ihre Freude über die An⸗ 
kunft des römifchen Königs in Italien ausgedrüdt, da fie mit ihm 
über viele und wichtige Dinge, welche die ganze Chriftenheit an⸗ 
ginge, yperfönlich zu fprechen und fich zu berathen wuͤnſche. Sie 
werde ihn nicht nur gern und mit Freuden fehen und ehren, fondern 
ihm auch, die Kaiferkrone auffegen und Alles zur Verherrlihung der 
koͤniglichen Majeftät was in ihren Kräften ftehe aufbieten, damit bie 
ganze Welt wille, daß zu Feiner Zeit ein innigeres Band zwifchen 
dem römifchen Stuhle und dem Kaifer beftanden habe.“ 

„Dafür fage mit der größten Ehrfurcht und Ergebenheit der 
König feinen Dank, nicht bloß in Worten, fondern er wolle auch 
durch die That und mit allen Kräften zeigen, daß er nicht umfonft 
der Schirmherr ber Kirche heiße.’ \ 

„Der roͤmiſche König habe feinen Zug nach Stalien unternom⸗ 


5) Davon erhielt dad Goncilium Nachricht, und diefed befürdptete, der rö⸗ 
miſche König möchte fi gewinnen laffen. Martene I. c. p. 82. \ 
6) Martene 1. c. p. 83— 99. Es ift zum Theil eine Wiederholung von 
dem, was in den Avisamentis an den Papft bei Mansi XXIX. 586 - 589 
gefagt ift. ' — 





Unterhanbl. mit d. Papft weg. d. Eoneil. u, d. Kaiferfrönung. 61 


men, nicht aus weltlicher Abficht, nicht um weitere Würben und 
Gewalten, oder Reichthuͤmer zu gewinnen, fondern einzig und allein 
zur Ausrottung der Keßereien, zum Wohle der Chriftenheit, der 
heil. römifhen Kirche, des römifchen Reiches und zur Pacifici: 
rung ber italienifchen Länder. Um bie vielfach angefeindete Kirche 
vor bem Verfalle zu bewahren, fey es nothwendig, daß bad apoſto⸗ 
lifche und das Faiferliche Anfehen ſich vereinigten. 

„Es follte Allen fihtbar werden, daß bie zwei Schwerter in 
Einigkeit beftünden und fich gegenfeitig Achtung erwiefen und mit 
Hülfe und Beiftand kraͤftigten.“ 

„Daraus werde Ehre und Ruhm für Gott, Frieden und Si— 
cherheit für die Menfchen, Wohl und Glüd für die Ehriftenheit er: 
folgen.’ 
„Weltbekannt fey, wieviel der vömifche König zur Bekaͤm⸗ 
pfung ber Huffiten aufgewendet habe, wodurch feine Reichsſchaͤtze 
geleert, die Kräfte von Ungarn und Deutfchland erfchöpft worden. 
Nach dem größten Kriegszug, welchem ber Gardinallegat Julian felbft 
beigewohnt, und der einen fo unglüdlichen Ausgang genommen, fey 
auf dem Reichstag in Nürnberg von ben verfammelten Reichsftäns 
ben, in Gegenwart des Gardinallegaten, der Ausfpruch gefchehen, 
daß die vorhandenen Mittel nicht hinreichten, den Krieg weiter zu 
führen; daß es nothwendig fey, von neuem die Reichöftände zufam: 
men zu berufen, um weitere Mittel zu berathen, Auf dem neuen 
Tag, ber auf dem verfloffenen Set. Gallustag nad) Frankfurt berufen 
worden, um in drei Monaten den Krieg an ber Grenze von Boͤh— 
men wieber zu erneuern, hätten ſich die Streitfräfte von Deutfch- 
land als ungenügend herausgeftellt und die dringende Nothmwendig: 
feit, daß auch die andern chriſtlichen Staaten Beiſtand leiſteten, 
wäre allgemein erfannt worden. Eine fo allgemeine Aufbietung 
der europäifchen Streitfräfte fönne nur mit Gutheißung und Hülfe 
des Papftes gefcheben: daher auch fey der römifche König nach Sta: 
lien gefommen, um fich mit ihm zu berathen und in den erwähnten 
Dingen feine Hülfe in Anfpruch zu nehmen.“ 

Aber auch die italienischen Angelegenheiten feyen zu beſpre— 
hen, und es handle fih um ben Frieden zwifchen dem römifchen 


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62 Viertes Bud, Viertes Kapitel. 


König und dem Herzog von Mayland einerfeitd und ber Republik 
Venedig andererfeits.” 

„Der heilige Vater habe in einer der Bullen gefagt, daß ihm 
der Frieden des Mayldnder Herzogs und die Ruhe von ganz Italien, 
wie auch die Verfländigung des roͤmiſchen Königs mit den Vene⸗ 
tianern am Herzen liege und daher nächftens zwei Cardinaͤle zu die⸗ 
fen VBermittlungsgefchäft in die Lombardei zu ſchicken beabfichtige. 
Schon auf dem Conftanzer Goncilium wäre zwifchen dem römi- 
fhen König und den Venetianern durch des Papftes Vermittlung 
(der damald noch Gardinal war) der Frieden abgefchloffen wors 
den, woraus der Chriftenheit, dem Reiche Ungarn und andern 
Staaten große und viele Vortheile erwachfen. Daher möge man 
auch jeßt wieder nach Erneuerung bed Krieges diefes Friedenswerk 
betreiben.” 

„Leicht werde der heilige Water den Friedenstractat zwiſchen 
dem Maylander Herzog und Venedig aufrecht erhalten.” 

„Indem der roͤmiſche König mit großem Danke das Anerbieten 
einer folchen Vermittlung anerfenne, müfle er zugleich erklären, daß 
ihm der Frieden, befonderd mit den Venetianern, immer fehr am 
Herzen gelegen. Obwohl er ihn biöher eifrig gefucht habe, wohl 
wifjend, wie viele Übel dadurch vermieden wuͤrden, fo hätte er doch 
nicht erlangt werden koͤnnen, indem die Venetianer und ihre Buns 
beögenoffen immer noch fortführen, Rechte und Landfchaften des roͤ⸗ 
mifchen Reiched und der ungarifchen Krone im Befig zu behalten 
ober in Anfpruch zu nehmen. Wenn fich der heilige Water dem Fries 
benögefchäfte unterziehen wolle, fo hege ber König das größte Zus 
trauen zu feiner Gerechtigkeit, und er werde von feiner Seite gern 
durch Nachgiebigkeit, fo weit ed ihm nach feiner Regentenpflicht 
erlaubt ſey und die Ehre es zulafle, die Vermittlung erleichtern.” 

„Doch müfje noch die weitere Erwartung ausgefprochen wers 
den: wenn die Venetianer und ihre Verbündeten auf ihrem eigenen 
Willen beharrten und von ihren wiberrechtlichen Anfprüchen nicht ab⸗ 
laffen wollten, fo werde der heilige Vater ihnen nicht mehr feine 
Sunft zuwenden, wie Viele offen fagen, daß gefchehen fey und noch 
gefchehe (was aber der römifche König keinesweges glaube), fondern 


ſie wirkfam und ernftlich zurechtweifen, fich annehmend der Gerech- 





Unterhandl, mit d. Papft weg. b. Goneil. u. d. Kaiferfrönung. 63 


tigkeit und der Rechte des Reiches, mit Wort und That: wie ber 
römifche König von feiner Seite ebenfo bereit fey und verfpreche es 
thun zu wollen in ben Sachen ber heiligen römifchen Kirche und bes 
heiligen Vaters. Und dieſes müffe mit Zug und Necht gefchehen, 
da Chriſtus bie zwei Schwerter deßhalb auf der Erbe aufgerichtet, 
daß fie fich einander gegenfeitig unterftügen und zur Wahrung ber 
Rechte beider und aller Chrifigläubigen immer in Eintracht zufams 
men wirfen, wie e3 bie bem römifchen Könige darüber in Conſtanz 
gegebene Urkunde, die von allen Garbinälen (zu welchen bamals 
auch Eugen IV gehörte) eigenhändig unterfchrieben worden, befage, 
indem fie darin beſchwoͤren, dem heiligen römifchen Reiche und dem 
Könige in feinen Rechten beizuftehen und fie aufrecht zu erhalten, 
wie auch der römifche König als getreuer Schirmherr der Kirche von 
feiner Seite gegen fie und gegen die Kirche thue, und in Wirklichkeit 
fi als einen folchen bewiefen habe und in Zukunft immer fo bes 
weifen werde.” 

Nach diefen einleitenden Erklärungen fehritten num die Fönigli: 
chen Gefandten zum Hauptpunct ihrer Miffion, zu ber Beſprechung 
über die Auflöfungsbullen des Gonciliums, Sie brachten darüber 
Folgendes vor: „Dem römifchen Könige liegt als oberftem Schirm: 
herrn der Kirche vor allen andern Fürften die Pflicht ob, den Glaus 
ben zu vertheidigen, für den Frieden der Gläubigen, für dad Wohl 
ber Kirche, für die Erhaltung des apoftolifchen Stuhles zu forgen. 
Daher hat er fchon früher feine Anſichten und Gedanken in biefer 
Beziehung dem heiligen Bater fehriftlich mitgetheilt: jeßt aber laßt er 
fie durch eine Gefandtfchaft ihm von neuem und ausführlicher. mit 
aller möglichen Aufrichtigfeit vortragen. Der König ftellt an bie 
Spitze von Allem: die Kortfegung des Basler Gonciliums 
ift unumgänglich nothwendig, foll der Glauben geſchützt, 
bem Umfichgreifen ber Kegerei gefteuert, der Frieden 
unter ben Chrifigläubigen erhalten, die hriftliche Sit: 
tenreinheit gebeffert, bie Kirche und der apoſtoliſche 
Stuhl vor dem Berfall bewahrt werben. Die Gründe, 
die der Papft in der Bulle angegeben, daß fie ihn bewogen hätten, 
das Concilium in Bafel aufzulöfen, laſſen fich nicht als trifftige zu 
diefer fo höchft bedenklichen Maßregel rechtfertigen. Die Zuruͤckfuͤh—⸗ 


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64 Vierte Buch. Viertes Kapitel. 

rung ber Griechen zu ber römifch=Fatholifchen Kixche, bie fo viele 
Zahrhunderte hindurch verfucht worben, ift zweifelhaft und kann 
durchaus nicht Angelegenheiten von der höchften Wichtigkeit, auf 
deren fchleuniger Erledigung fo wichtige Intereffen beruhen, vorge: 
fegt werden. Ja felbft Die römifche Kirche kann gefährdet werben, 
wenn Verzögerung eintritt, da die böhmifche Ketzerei wie eine anftes 
ende Seuche weiter und weiter fehleicht und Alles verpeſtet. So: 
lange die römifche Kirche in ſolchem niedergebrüdten Zuftande, in 
foldyer Spaltung, in foldem Sittenverfalle fich befindet, iſt nicht zu 
denken, daß die Griechen fich bewogen fühlen werben zur Vereini⸗ 
gung. Alles aber wird fich leichter machen, wenn der Frieden und 
die Reformation zu Stande gebracht worden.” 

„Mehrere von den in der Bulle angegebenen Gründen beftehen 
ganz und gar nicht mehr oder haben gar nicht beftanden. Die Her: 

z0ge von Burgund und ſtreich find zum Frieden gebracht: bie 
Winterszeit ift vorüber: nicht irgend eine Kegerei ift am Ort des 
Conciliums oder in der Umgegend aufgetaucht. Nur von Schlecht: 
unterrichteten Fann das, was der Papft angibt, ihm hinterbracht 
worden feyn.” 

„Das Concilium hat allerdings an den römifchen König einige 
Schreiben gefchict, in Betreff der Zuruͤckfuͤhrung der Huffiten.. Der 
König begleitete diefe Schreiben mit Aufforderungen in gleichem 
Sinne. Die Prager nahmen fie mit $reuden an und verfprachen 
nach ungefäumter Haltung eined Landtags darauf zu antworten. 
Auch hat man Nachricht aus Böhmen, daß die Huffiten ganz.ges 
neigt. find, Abgeordnete zum Concilium nach Bafel zu ſchicken, wozu 
fie durch Furcht bewogen find, weil fie fehen, daß die Kirchenvers 
fammlung fi fo entfchieden mit der Ausrottung ber Ketzerei be⸗ 
fchäftigt und ihre Waffen in Ungarn und in Mähren gegen Herzog 
Albrecht von Öftreich in der legten Zeit nicht gluͤcklich waren.” 

„Wenn die Huffiten in Baſel erfcheinen, fo ift ihre Zuruͤckfuͤh⸗ 
rung durch dad Eoncilium mit Sicherheit zu erwarten. Denn wenn 
fie nicht von ihrer Ketzerei ablaffen, fo wird ihre Hartnädigfeit durch 
Aufbietung aller Staaten zu ihrer\Unterbrüdung, welche dad Cons 
cilium eifrig betreiben wird, gebrochen werben. Die Deutfchen als 
lein aber find nicht im Stande, Solches zu bewirken.” 





Unterhandl, mit d. Papft reg. d. Concil. u. db. Kaiferfrönung. 65 
„Wenn dad Goncilium von Bafel, welche Stadt den Huffiten 
bezeichnet, und wohin ihnen die Sicherheitö= und Geleitöbriefe von 
den Könige und den Zürften ausgeftellt worden, wegverlegt werben 
follte, wuͤrden bie Keger dann nicht bei ber Nachricht von der Auf: 
löfung oder Verlegung bes Conciliumd fagen, die Kirche fey ihnen 
ausgewichen und habe ihren Gründen gegenüber nicht beftchen Eön- 
nen? ie felbft haben ihre Irrlehren in Artifeln mit Stellen aus 
ber heiligen Schrift nach allen Richtungen, um dad Volk zu verfuͤh⸗ 
ren, ausgeſchickt: ſie werden immer mehr die ganze deutſche Nation 
mit der verderblichen Peſt anſtecken, indem dieſe zuletzt ſagen koͤnnte, 
die roͤmiſche Kirche beſtehe auf einem falſchen Glauben und die ge— 
nannten Ketzer hätten die wahre Lehre. Wenn wirklich eine Berta: 
gung des Conciliums auf achtzehn Monate eintritt, fo kann die huf: 
fitifche Kegerei ganz Deutfchland ergreifen, wie fie ſchon wirklich in 
einem großen Theil verbreitet ift: und da bie Layen in manchen Ge: 
genden Deutſchlands gegen den Klerus fehr feindfelig gefinnt find, 
fo werden fie Gelegenheit nehmen, gegen ihn loszubrechen, indem 
fie fi damit entfchuldigen, in der nutzloſen Verſammlung und Auf: 
löfung von Concilien ſeyen Taͤuſchungen gemacht worden, wie es 
auch fruͤher geſchehen iſt: denn ſie ſchreien jetzt ſchon laut, daß ſie 
nur das Ende dieſes Conciliums abwarten wollten, che fie han: 
delten.“ 
„Symptome des ausbrechenden Sturmes zeigen ſich ſchon. 
Die Metropolitanſtadt Magdeburg hat bereits ihren Erzbiſchof und 
Klerus vertrieben und verheert, verſehen mit einer ſtarken Wagen⸗ 
burg nach Art der Huſſiten, die Laͤndereien der Kirche: es fangen 
ſchon an, mehrere Seeſtaͤdte (d. i. die Hanſeatiſchen Staͤdte) in je: 
nen Gegenden ihnen anzuhaͤngen. Ferner verbreitet ſich das Geruͤcht, 
daß in der Wormſer Dioͤceſe viele tauſend Layen ſich verſammelt ha⸗ 
ben und ſich zur Belagerung von Worms anſchicken, indem ſie die 
Auslieferung ber Geiſtlichen und Juden verlangen, durch welche 
viele Verwirrung in die Welt gefommen ſey. Weiter ift die Stadt 
Paſſau im Begriff die Schlöffer ihres Bifchofs zu erffürmen, und 
die Bürger von Bamberg find wegen gewifler Privilegien, die ihnen 
vom Könige zum beffern Widerſtand gegen bie Hufjiten ertheilt wor: 
den find, mit dem Klerus in Uneinigkeit. Dazu kommt denn noch, 
Asa K. Sigmund, IV, 5 





66 Diertes Buch. Viertes Kapitel, 

daß wieder eine neue Keßerei in einem anfehnlichen Thale in ber 
Churer Diöcefe von Zag zu Tag fich weiter verbreitet, welche mit 
Feuer und Schwert alle Benachbarten und Auswärtigen ihr anzus 
hängen zwingt.” 

„Da aber auch das Concilium zur Erhaltung des allgemeinen 
Friedens unter den abendländifchen Völkern verfammelt ift, fo hat es 
bereitö bei mehreren Königen, Fuͤrſten, Städten ıc. Friedens: Ein: 
leitungen getroffen und manchen Krieg, der dem Ausbruche nahe 
war, durch fein Anfehen unterdrüdt, auch verhindert, daß die den 
Böhmen nahe wohnenden Fürften fich mit diefen durch Separat⸗ 
Waffenſtillſtaͤnde oder Sriedenöfchlüffe verftändigten. Die Auflöfung 
des Conciliums-wird das Signal überall zum weitern Kriege feyn: 
beſonders aber werden zu beklagen feyn die den Böhmen zunaͤchſt 
Wohnenden. Diefe, die biöher ihre Rettung einzig von dem Conci⸗ 
lium erwarteten, werben in der Verzweiflung und im Glauben, daß 
fie von der Kirche betrogen feyen, fich mit den Huffiten vertragen. 
Das Belfpiel wird nicht ohne Nachahmung bleiben und wieweit 
dann der Abfall von der Batholifchen Kirche, von dem apoftolifchen 
Stuhle gehen wird, und ob dann noch ed möglich ift, das Übel zu 
bekämpfen, möchte ſchwer zu fagen feyn.” 

In Bezug darauf, daß ficy der Papft in dem lebten Schreiben 
an den König wundert, wie dieſer fich über die Auflöfung des Eon: 
ciliums beunruhigen koͤnne, wurde bemerkt: „Der König hat die 
Gefahr vor Augen, welche aus der Auflöfung folgt, und fürchtet da= 
her dad Kommende: deßhalb ift ed natürlich, daß er beunruhigt ift, 
da er als Schirmherr der Kirche befonders die Pflicht hat, alle dem 
mit Vorficht und Klugheit entgegen zu wirken, was ihr fchaden 
kann. Der Erwartung des Papftes, daß des Königs Zug nad) 
Stalien ein friedlicher feyn müffe, wurde erwidert, daß der König 
angegeben, aus welchen Urfachen er den Zug nach Stalien unternom- 
men habe: „er wird (bemerkten die Gefandten weiter) ihn frieblich 
fortfegen und zwar ohne irgend jemand zu beleidigen, der einen er= 
laubten und ehrenvollen Frieden haben will, welchen auch der Kö: 
nig ganz und gar anbietet, wie er ihn auch fehon den Florentinern 
und Andern angeboten hat. Wenn aber einer aus Verwegenheit 











Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 67 


Ungemeſſenes und Ehrenkraͤnkendes fordern wollte, der wird zurecht 
gewieſen werden, wie er mit Recht verdient.“ | 

Ferner erklärten die Gefandten: 

„Aus der Fortfegung des Gonciliums erwartet man allgemein 
viel Gutes. Daher bittet der König auf das inftändigfte den Papſt, 
das glüdtich begonnene Werk fortfegen zu laffen und ihm feine 
Unterftügung und Gunft zu verleihen, was der Kirche und dem apo⸗ 
ſtoliſchen Stuhle nur zum Beßten gereichen kann. Es ift nicht zu 
bezweifeln, daß, wenn der Papfi gut unterrichtet gewefen, wie groß 
- die Zahl der Verfammelten fey, wieviele Übel und Verwirrung aus 
der Auflöfung erfolgen, er nie diefelbe angeordnet, wohl aber bie 
Nothwendigkeit ber Haltung der Kirchenverfammlung eingefehen 
baben würde.” 

„Vielleicht flößen Einige dem Papſte Furcht und Beſorgniſſe 
ein, daß gar Manches auf dem Concilium gegen ihn ſelbſt vorge⸗ 
nommen werden koͤnnte: ſeine Heiligkeit und die Cardinaͤle moͤgen 
daruͤber unbeſorgt ſeyn, da ſie in Perſon nicht dahin vorgeladen 
ſind. Wenn es moͤglich iſt, daß der Papſt der Verſammlung bei⸗ 
wohnt, ſo iſt es gewiß ſehr erwuͤnſcht und foͤrderlich: wenn dieſes 
aber nicht der Fall ſeyn kann, ſo moͤge er Mehrere aus dem Cardi⸗ 
nals⸗Collegium zur beſſern Leitung des Conciliums abſenden, wo⸗ 
mit das Concilium und die Welt nur zufrieden ſeyn muͤſſen, wenn 
nur die Kirchenverſammlung ihren Fortgang hat. Wenn aber der 
Papft ſpaͤter wegen der Vereinigung der Griechen oder wegen ande⸗ 
ver Sachen, die nicht folche Eile haben, perfönlich zugegen feyn will, 
fo wird er ein andered Concilium verfammeln Eönnen, wann und 
wo es ihm bequem ifl. Die Verhältniffe in Deutfchland wegen ber 
Ausrottung der böhmifchen Kegerei laſſen keinen Auffchub zu, felbft 
nicht von achtzehn Monaten. Auch Tönnen die deutfchen Prälaten 
fich nicht an einem außerhalb der deutfchen Grenzen gelegenen fernen 
Orte verfammeln, wegen der unterbefjen zu befürchtenden huffitifchen 
Plünderzüge und Zerflörungen.” 

„Daher wird der König auch durchaus nicht son dem Papfte 
überredet werben Tönen, daß, wie derfelbe angibt, aus trifftigen 
Gründen und mit reiflicher Überlegung die Auflöfung ausgefprochen 
und die Ankündigung eined andern Conciliums erlaffen worden fey. 
5 * 


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68 DViertes Bud. Viertes Kapitel, 


Mit diefer Maßregel kann der König fich nie einverflanden erflären, 
mit welchen Gründen und erſonnenen Vorwänden immer diefelbe be⸗ 
fhönigt werden mag. Die dazu gerathen, haben nicht bedacht, 
welche Gefahren daraus felbft für den Klerus erwachfen Eönnen: 
denn eö Eann leicht dahin Fommen, daß die Volkswuth gegen die 
Geiftlichen ausbricht, welche bisher noch durch die Erwartungen, 
die man von dem Concilium hegte, zurüdgehalten wurde.” 

„Übrigens muß auch der Papft bedenken, daß das Eoncilium 
felbft Feinesweges der Auflöfung zuſtimmen wird: auch die Mehrzahl 
der Könige, Fürften, Prälaten, Staaten und Corporationen werben 
ſich für daflelbe erklären.” 

„Auch fett fich der Papſt, deſſen Zadellofigkeit bisher allgemein 
gepriefen wurde und über deffen Wahl fich die ganze Welt gefreut 
hat, großer Verantwortlichkeit aus und gibt offenbar Argernig, weil 
man behaupten wird, durch diefen Schritt beguͤnſtige er Kegereien, 
Mord und Sittenverberbniß und trachte dahin, in der Kirche eine 
Spaltung hervorzubringen.” 

„Übrigens iſt dem Papft auch die Macht abzufprechen, etwas 
der Art wie die Störung des Conciliums zu vollziehen, was ber 
ganzen Chriftenheit und dem apoftolifchen Stuhl fo unenblicyen 
Schaben zufügen Fann. Wenn aber der Papft das Eoncilium fort⸗ 
beftehen läßt und ſich ald einen unpartheifchen, gerechten und ge: 
meinfamen Vater in allen Dingen zeigt, fo gelobt der König, ihm 
bis zum letzten Lebenshauche anzuhängen und verfichert, daß weder 
ber apoftolifche Stuhl noch der Papft perföntic irgend eine Einbuße 
erleiden ſolle.“ 

„Wenn aber troß allen dieſen Vorſtellungen der Papſt in der 
Aufloͤſung des Conciliums beharrt, ſo laͤßt der Koͤnig ihm foͤrmlich 
durch die Geſandtſchaft erklaͤren, daß er mit allen Kraͤften dem Con⸗ 
cilium anzuhaͤngen entſchloſſen iſt, weil er keinesweges den Untergang 
des Glaubens und der Kirche ſehen koͤnnte.“ Es wurde ſodann noch 
die Bemerkung beigefuͤgt, daß der Gehorſam, welchen man dem 
Papſte und der Kirche ſchuldig ſey, in mehreren chriſtlichen Laͤndern, 
namentlich in Deutſchland, ſehr erſchuͤttert waͤre, wie z. B. in den 
Dioͤceſen von Trier, Utrecht u. m. a. wo man fi) weder um Bann⸗ 
bullen noch päpftliche Gebote befümmere und Andere zu Ähnlichen 








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Unterhanbl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiferfrönung. 69 


verleite. Wenn nun das Concilium aufhöre, was dann kommen 
werde, moͤge der Papſt bedenken. 
Schließlich wurde noch die drohende Erklaͤrung abgegeben: 

„der roͤmiſche Koͤnig iſt nach dem Ausſpruch gelehrter Maͤnner und 
namentlich des berühmten Cardinals Franz Zabarella, nicht nur ver: 
pplichtet, das im heiligen Seifte durch das Anfehen der Kicche verſam⸗ 
melte Concilium aufrecht zu erhalten und zu ſchuͤtzen, fondern auch 
befugt in gewiffen Fällen, von neuem ein Eoncilium zu verfammeln. 
Und der König meint, baß ein folcher Fall ganz nahe liegt. Daher 
möge der Papft mit feinen Räthen und den Cardinaͤlen reiflich er: 
wägen, daß, indem er vielleicht durch die Auflöfung des Gonciliums 
fuͤr ſich zu forgen vermeint, er ſich und den genarmten Gardindien 
ben Untergang bereitet. Daß dieſes nicht gefchehen, und der Papft 


andere Entfchliegungen faffen möge, wünfcht und bittet der König, 


auf das aufrichtigfte und inſtaͤndigſte.“ 

So drohend auch diefe Vorftellungen waren, fo ſchreckten ſie 
den Papſt doch nicht: er nahm die Aufloͤſungsbulle nicht zuruͤck. 
Es mochte grade das Grelle, womit die Gefahren geſchildert wurden, 
dazu beitragen, keine richtige Einſicht von der Lage der Dinge zu 
geben. Rom hatte feine Mittel noch nicht erſchoͤpft: es wollte ſich 
nicht befiegt ergeben, vor dem eigentlichen Kampf, worin es noch 
Sieger feyn konnte, fo zahlreich auch die Streitkräfte der Gegner 
waren. Sb diefe aber unter fich einig blieben, das war die Frage. 
Sie zu trennen, machte fi) Eugen IV zur Aufgabe, 

Die Antwort des Papfted auf die Vorftellungen der Föniglichen 
Botſchaft erhielt Sigmund durch die päpftlichen Abgeordneten, die 
er ſchon in Piacenza erwartet hatte, erft in Parma in den legten 


Tagen des Märzmonated. Cr erkannte bei den Ausweichungen des 


Dapftes auf die Haupffragen und aus dem ganzen Inhalt der päpfts 
lichen Propofitionen, daß es darauf abgefehen war, den König vom 
Concilium zu trennen. Ex meldete daher (Parma 31. März) dem 
Goncilium, wie der Stand der Unterhandlungen mit dem Papft fey, 


und wie derfelbe immer noch auf der Auflöfung beftünde, was die 


verfammelten Väter aud den ihm vorgefchlagenen Artikeln, die er 
dem Schreiben beilegte, erfehen könnten. Der König verfichert dad 
Eoncilium von neuem feiner feften, unerfchütterlichen Anhänglichkeit, 


70 Viertes Buch. Viertes Kapitel. 


und warnt es, Zwiſchentraͤgern, die etwa Anderes von ihm nach Ba⸗ 
ſel meldeten, daß er es insgeheim mit dem Papſte halte, durchaus 
keinen Glauben zu ſchenken. Er ſordert ſodann dringend auf, den 
Verſuchen der Conciliumsſtoͤrer durch geeignete Mittel, und zwar 
bald vorzubeugen. Denn es ſey ſicher, daß wenn der Papſt ſaͤhe, 
daß ſie, der roͤmiſche Koͤnig und das Concilium, feſt und einig ſeyen, 
fo werde er anders handeln 7). 

Die dem Könige von Eugen vorgefchlagenen Puncte zu einer 
Verfländigung aber waren folgende 8): 

Erftlich im Allgemeinen wünfcht der Papſt dringend ben gie 
den der ganzen Chriftenheit und die Rirchenreformation: da er weiß, 
dag der König nur zur Erlangung diefer beiden Puncte und zum 
Empfang der Kaifertrone über die Alpen gefommen, fo freut er fi) 
Über deflen Ankunft und ermahnt ihn in feinem löblichen Vorſatze zu 
beharren. 

Zweitens: da der Koͤnig in friedlicher Abſicht nach Italien ge⸗ 
kommen, ſo erſucht der Papſt ihn dringend, nur mit ſeinem Gefolge, 
das er mitgebracht, und nicht auch noch mit andern Truppen, nach 
Rom zu kommen. Der Papſt ſelbſt wolle mit allen moͤglichen 
Ehren, auf ſeine eigenen Koſten ihn empfangen, eine Geſandtſchaft 
von Cardinaͤlen und anderer vornehmen Herren geiſtlichen und welt⸗ 
lichen Standes ihm entgegenſchicken, ihn ſicher und friedlich durch 
den Kirchenſtaat geleiten laſſen zur Kaiſerkroͤnung nach Rom. 

Drittens: vorher aber moͤge der Koͤnig den uͤblichen Eid der 
Kirche leiſten, wie auch die fruͤhern roͤmiſchen Koͤnige vor der Kai⸗ 

ſerkroͤnung gethan haben. 
| Viertens in Bezug auf das Basler Concilium: es werben bie 
. Gründe, die der Papft ſchon in der Auflöfungsbulle ausgefprochen 
hatte, wiederholt, die ihn zum Erlaß derfelben bewogen. Befon: 
ders aber wird der Punct hervorgehoben, damit er felbft dem Conci⸗ 
lium, worauf fo wichtige Fragen vorfommen follten, beiwohnen 
koͤnne, habe er es nach Bologna verlegt. Es fey daher eigentlich 
auch nicht von einer Auflöfung die Rede. Erfordere aber die Zuruͤck⸗ 
führung der Böhmen durchaus und ungefäumt ein Goncilium in 
T) Martene l. c. p. 9. 
8) Martene 1. c. p. 100 sqg. 


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Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiferkrönung. 71 


Deutfchland, fo möge eine Provincialfynode, unter dem Borfige 
eines Legaten in Frankfurt oder Nürnberg gehalten werben und nach 
deſſen Beendigung follten die bort Verfammelten nach Bologna 
fommen, wo man fich in einem allgemeinen Goncilium über die 
Kirchenreformation berathen koͤnne in Gegenwart des Papftes, der 
Gardinäle und des Kaiferd, da unterdeſſen die Krönung in Rom 
ftattgefunden haben werde. 

Der roͤmiſche König antwortete darauf kutz 9%): Wenn dad 
Basler. Soncilium nicht aufgelöst werde und ſich der Papft, wie er 
verpflichtet fey, als ein unparteiifcher, väterlicher Vermittler zeige, 
fo wolle der König friedlich ohne Heer, allein unter des Papftes und 
der Cardindle Geleit nach Rom ziehen,. und ihm die Verficherung 
geben, daß auf dem Basler Concilium nichts über dad Zweifelhafte 
feiner Wahl verhandelt werde. Auch wolle er die Krone aus feinen 
Händen empfangen und ihm den üblichen Eid der Treue ald Schirm⸗ 
herr der Kirche leiften. 

Wenn aber der Papft auf der Auflöfung beftehe, fo werde er 
zur Kaiferfrönung nicht nach Rom kommen, fondern in Stalien ſei⸗ 
nen und des Reiches Angelegenheiten obliegen wie er ed für gut 
finde, und dem Goncilium anhängen. 

In Betreff auf das Anerbieten des Papftes, daß der Eönigliche 
Zug auf feine Koften durch den Kirchenftaat gemacht werde, nimmt 
Sigmund danfend diefed an. Er will aber nicht über Rimini, wie 
ihm angeboten worden, ziehen, fondern über die unter dem Reiche 
ſtehenden Städte Lucca und Stena, um zugleich diefelben gegen ihre 
Mebellen in Schuß zu nehmen. 

Indem noch Alles in der Schwebe war, und niemand fagen 
fonnte, welchen Ausgang die Unterhandlungen nehmen würden, 
hatte Sigmund deffenungeachtet feinen Zug nad) Rom fortgefegt. 
In den lebten Tagen des März hatte er Piacenza verlaffen, ohne 
mit dem Mayländer Herzog die gemünfchte Zufammenkunft gehabt 
zu haben, Er begab fich darauf nach Parma, von wo aus er 
während feines fiebenwöchentlichen Aufenthalts die Unterhandlungen 
mit dem Papfte fortfegte. 


9) Martene 1. c. p. 102 sg. 


72 Viertes Buch. Viertes Kapitel, 

Schon am 8. April fchrieb Sigmund dem Concilium von neuem 
über den Etand der Sache. Da fich die verfammelten Väter über 
den hohen Miethpreis der Wohnungen in Bafel beſchwert hatten, 
fo verbot er den dortigen Bürgern ernftlich alle Üiberforderungen und 
befahl feinem Statthalter dafelbft, dem Herzog Wilhelm von Bayern, 
fireng darauf zu fehen, baß in diefer Hinficht den Beſchwerden deö 
Gonciliums abgeholfen werde. Von diefer Anorbnung nicht nur bes 
nachrichtigte ex die verfammelten Väter, fondern er uͤberſchickte ihnen 
auch eine Anzahl Schreiben an die deutfchen Fürften und Prälaten, 
wie auch Abfchriften von Briefen an die europdifchen Könige, vor 
neuem Aufforberungen enthaltend, dem Goncilium feſt anzuhängen 
und es zu befchiden. Es follte ſich aus der Einficht diefer Schrei= 
ben bei der Kicchenverfanmlung die Überzeugung noch mehr befeflis 
gen, wie ernftlich und aufrichtig der König ed mit den verfammelten 
Vätern hielt. Über das Nähere in Bezug auf die Schritte, welche 
Sigmund zu machen vorhatte und was das Conkilium zu thun bes 
abfichtigte, im Falle der Papſt nicht nachgebe, follten feine Abgeord⸗ 
neten, an beren Spige der Bifchof Ludwig von Laufanne und der 
Domdechant Heinrich von Utrecht fanden, mündlich ſich bereben. 
In gleicher Weife waren auch der Herzog Wilhelm von Bayern und 
der Bifchof von Regensburg angewiefen, mit den verfammelten Vaͤ⸗ 
tern zu conferiren. Weiter fchrieb der König, baß er von feinen 
Sefandten in Rom benachrichtigt worden, daß der Papſt dem Car: 
dinal Sulian befohlen habe, Baſel zu verlaffen und fic) in eine an: 
dere Stadt Deutfchlands zu begeben, um die Provincialfpnode zur 
Reformation des deutſchen Clerus und Ausrottung der Kegereien zu 
befchleunigen: ferner, daß eben diefer Cardinal beauftragt fey, die 
verfammelten Väter für das in Bologna oder Rom fogleich zu hal⸗ 
tende allgemeine Goncilium zu gewinnen: ſodann meldet Sigmund, 
daß der Papft den burgundifchen Bifchof von Macon (Sohannes von 
Trevernay) nach Bafel geſchickt habe, theild um das Concilium ums 
zuflimmen, theild um mehrere Zürften, beſonders die Herzoge von 
Burgund und Savoyen, die rheinifchen Kurfürften bahin zu bewe⸗ 
gen, ſich gegen das Goncilium zu erklären: endlich daß man beab⸗ 
fichtige, noch außerdem eine Botfchaft von vier hochftehenden Perfonen 
von Rom nach Bafel zu ſchicken, um mit ben verfammelten Bätern 





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Unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Contil. u. d. Kaiferfrönung. 73 
in Sachen ded Conciliums Berathungen zu pflegen. Der römifche 
König unterläßt nicht, diefed Alles als Machinationen bed Papfles 
zu bezeichnen, um bie Auflöfung des Conciliums dennoch) zu Stande 
zu bringen. Gefchähe folches, fo wäre es ſchon in Hinficht auf bie 
böhmifche Angelegenheit ein großes Unglüd zu nennen, da bie Hufs 
fiten erklärt hätten, nicht auf eine Provincialfynode kommen zu 
wollen, indem fie zu einem allgemeinen Concilium in einer beutfchen 
Stadt eingeladen worden, feyen 19). 

Erft am 25. April erhielten die Eöniglicden Gefandten in einer 
feierlichen Audienz in Gegenwart der Cardinaͤle die Beantwortung 
auf ihre Botfchaft 17). Sie ward in ähnlichem Zone gegeben als 
bie Föniglichen Artikel, die dem Papfte vorgelegt worden, abgefaßt 
waren, offenbar mit Bitterfeit und zeigte, daß bereits eine feindliche 
Stimmung ſich zwifchen Papſt und König feflgefegt hatte, Die 
Ausbreitung der huffitifchen Kegerei wird als unbegreiflich bei den 
großen Streitkräften Deutfchlands und Ungarns gefunden: wenn der 
Papft auch nicht felbft glauben wollte, daß der König Schuld daran 
fey, daß feine Waffen nicht fiegreich gegen die Ketzer gewefen, fo 
behaupte man biefed doch. Auch wäre es nothwendig gewefen, 
zuerft den Krieg. gegen die Böhmen zu beendigen, ehe der König fich 
in Zeindfeligkeiten in Italien einlaffe. Der Papſt begreife ferner 
nicht, wie Sigmund unter den Gründen feined Zuges hätte angeben 
koͤnnen, er fey nach Stalien gefommen, um die Ketereien auszurot⸗ 
ten und ben Frieden wieberherzuftellen. In Stalien gäbe es Feine 
Kebereien, fondern nur wahre und gute Katholiten, wie fie ed feyn 
follen. Auch über die Kriegsverhältniffe unter den italienifchen 
Staaten, welche Sigmund befprochen, läßt fich der Papſt aus, und 
zwar in folcher Art, daß er ben Vorwurf, ald habe er zuwenig feine 
Vermittlung eintreten lafien und Parteilichkeit gezeigt, entichieden ' 
zuruͤckweist. In Bezug aber auf die Conciliumsfache, die der König 
nicht verfiche, erklärt Eugen, nicht antworten zu wollen, um nicht 
aus den Grenzen der Schicklichkeit und des Anflandes heraustreten 


. 10) Martene 1. c. p. 106 sqq. Der Brief fließt mit den Worten: 
Quamvis dominus noster papa erga ambassiatores nostros in responso ad- 
huc dorus sit, sperant tamen de meliori. 

11) Martene 1. c. p. 126-130. u. p. 531. 


vi Viertes Buch, Viertes Kapitel, 


zu müffen 12), Doch wınde zum Verſtaͤndniß bed Ganges der Un⸗ 
terhandlungen erwidert: da der König felbft erklärt habe, Daß das, 
was auf die Vertagung oder Verlegung des Conciliums fich beziehe, 
nicht ihn, fondern die Kirchenverfammlung angehe, fo werde der 
päpftliche Stuhl an fie Abgeorbnete ſchicken, um bie nöthigen Be: 
rathungen mit ihr einzuleiten. In Betreff der Kirchen Reformation 
habe der Papſt fchon felbft angefangen, feinen Hof zu reformiren: er 
hoffe, daß er mit dem Goncilium einig feyn werde; was dieſes bes 
ſchließe, befchließe auch er: und was ed wolle, wolle auch er. Er 
fähe gern, daß die Kegereien auögerottet werben, nicht nur zur Ehre 
Gottes, fonbern auch zum Beßten ded Königs. Über die Pacificis 
rung der europäifchen Reiche habe er ſchon die nöthigen Einleitungen 
getroffen und werde fie weiter treffen. Schließlich läßt der Papft 
den König bitten, fich nicht mit Dingen zu befaflen, die nicht in 
fein Bereich gehören, und nicht den Papft und die Kirche zu befeh: 
ben, ba es ihm nur zukomme, dem Papfte und ber heiligen Kirche zu 
gehorchen und fie zu vershren, wie er fich felbft gegen feine Gefandten 
ausgefprochen habe. Wohl aber fomme ihm zu, das was von bem 
Papſt und dem Concilium befchloffen worden, namentlich die Syns 
obalbefhlüffe gegen .die Keber mit dem Schwerte in Ausführumg 
zu bringen. Wenn er weiter fich mit folchen Tirchlichen Dingen bes 
faffe, fo möge er fehen, welchen Ausgang die Sache nehme. Gott 
im Himmel über ihm und allen. Königen dev Welt werde feine Kirche 
vertheidigen und feinen Statthalter, den Nachfolger des Apoftels 
Petrus, auf feinem Side. Schon fehr Viele hätten verfucht, ‚die 
Kirche Gottes und feinen Statthalter zu flören, doch Gott habe, 
wenn es ihm gefallen, fie erniedrigt. 
Ehe diefe wahrhaft heftige und drohende päpftliche Ermiberung 
12) Martene 1. c. z. 129: Quoad proposita scripta factum concilü 
tangentia quia de celebratione et contiduatione concilüi aliqua dieta sunt, 
et etiam aliquae rationes allegatae, quae contrariantur evangelio Jesu Chri- 
sti, sacrae scripturae, sacris, Canonibus et legibus civilibus: licet sciamus, 
quod istae rationes non processerunt ab eo, quia ipse non est in tali- 
bus peritus, sed melius scit bellare, sicut viriliter consuevit contra 
Turcos et alibi et utinam prosperaretur ; et eliam in eisdem dicia et 


scripta existunt aligya alia satis inhonesta; ad quae ex honestate 
Praetermittimus respondere. | 


Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 75 


dem roͤmiſchen Koͤnige zukam, erhielt derſelbe ein paͤpſtliches Schrei⸗ 
ben (v. 1. May), worin er benachrichtigt wurde, daß von Seiten 
des Papſtes einige Abgeordnete nach Baſel geſchickt wirden22) 
Es wurde verlangt, daß fuͤr dieſe die noͤthigen dreifachen Geleits⸗ 
briefe, von dem „ſogenannten“ Concilium, von dem koͤniglichen 
Statthalter, Herzog Wilhelm von Bayern, und der Basler Bürgers 
ſchaft auögeftellt werden möchten. Es waren aber diefe Abgeorbnes 
ten bie Erzbiſchoͤfe Johannes von Tarent und Andreas von Colotza, 
der Bifchof Bertrand von Magalona und der -päpftliche Gapellan 
Antonius von Sct. Vito, der beiden Rechte Doctor ?*). 

- Daß Eugen immer noch den Gedanken verfolgte, daß das alls 
gemeine Concilium in Stalien gehalten werden müßte, war aus allen 
feinen Handlungen und Worten nicht zu verkennen. Ex wollte in 
dem Puncte nachgeben, daß ed nicht nach anderthalb Jahren exft, ſon⸗ 
dern fogleich und zwar nicht in Bologna, fondern in Rom, unmit⸗ 
telbar nach der Kaiferfrönung gehalten werde. Eugen hoffte, indem 
er die Erfüllung der Wünfche Sigmund’ mit dem Eoncilium, das 
in Stalien gehalten werden follte, unmittelbar verknüpfte, deſſen 
Zuftimmung zu feinen Vorfchlägen leichter zu erhalten. Ohne Zwei⸗ 
fel auf Veranlaffung des Papſtes richteten die Quartiervorfteher von 
Rom (am 8. May) ein ſchwuͤlſtiges Schreiben mit vielen rhetoris 
Shen Flosfeln an den römifchen König, worin fie ihre Freude über 
feine bevorftehende Kaiferfrönung ausdrücken, feinen großen Eifer 


für die Haltung eines allgemeinen Conciliums mit Lobfprüchen erhes 


ben und ihn bitten, baß er mit dahin wirken möge, daß jenes in 
Kom, der Hauptftadt der Welt, dem Mittelpunet der Chriftenheit, 
der Ruheſtaͤtte der Gebeine fo vieler Apoftel und Heiligen, gehalten 
werde 15). Sigmund beantwortete dieſes Schreiben in einer Weife, 
daß man von neuem daraus erfehen konnte, wie feft er entfchloffen 
fey, lieber die Kaiferfrönung nicht zu empfangen, als dad Basler 
Concilium auflöfen zu laffen, deflen Anderimg oder Aufhebung ihm 
auch durchaus nicht, wie er erklärte, zulomme 16), 


13) Martene p. 110. 

14) Ibid. p. 111. 

15) Ibid. p. 117 saqg. 

16) Martene 1. c. p. 120 sq.: Sed non est nostrae auctoritatis con- 


76. WViertes Buch. Viertes Kapitel . 


Sobald Sigmund die Antwort des Papſtes, welche diefer am 
25, April.der Eöniglichen Botfchaft gegeben hatte, erfuhr, war bie 
Spannung auch zwifchen König und Papft vollftändig ausgeſpro⸗ 
chen: die Bitterfeit und das Verlegende, die Drohungen und Vor⸗ 
würfe, welche in den Schreiben und Reben nicht gefpart wurden, 
konnten nicht zur VBerfländigung, zur Vermittlung führen: fie muß⸗ 
ten nothwendig auch unmittelbar von beiden Seiten feindfelige 
Schritte hervorrufen. Man meinte durch dußere Noth, dur) Bes 
brängniß einander zur Nachgiebigkeit zwingen zu koͤnnen. Indeſſen 
ber König, voll Rache über die Schmähungen, welche Eugen gegen 
ihn fich erlaubt hatte, das Conciltum zu noch entfchiedenern Schrits 
ten gegen dem Papft aufforderte 17), wenn derfelbe nicht nachgebe, 
und er ungeachtet feined unbedeutenden Gefolges (denn Heer konnte 
die kleine Kriegsſchaar nicht genannt werden) gegen den Kirchen⸗ 
ſtaat von Parma aus Über Tuscien vorruͤckte 18): im dieſer Zeit 
war auch Eugen thaͤtig, dem roͤmiſchen Koͤnig vielfache Verlegen⸗ 
heiten zu bereiten, indem er unter den in Baſel verſammelten Vaͤ⸗ 
tern eine Spaltung zu erregen fuchte 19), in Italien mit den Geg⸗ 
nern Sigmund’s, den Benetianern und Zlorentinern, ſich verband 2°) 


cilium Basileense, nec huc nec illuc posse inducere, quemadmodum qui- 
libet compos rationis clare potest concipere: nec etiam nos, ut mundus 
cognoscit, ipsum s. concilium instituimus. Est enim decretis ss. Constan« 
tiensis et Senensis conciliorum auctoritatibus ad Basileam indictum. De- 
mum per d. Martinum V papam qui legatum suum illuc transmisit et hunc 
s. dom. papam Eugenium legitime approbatum. Quomodo ergo illud pos- 
semus mutare aus quisquam alius deberet seu posset, quod tanta aucto- 
ritate tantaque diuturnitate ac maturitate stabilitum est. 

17) Ein Brief Sigmund’3 aus der erften Hälfte des May’s an das Gonci« 
lium über die päpſtliche Antwort ift ohne Zweifel verloren. Er findet ſich wenig⸗ 
ftens nicht in der Sammlung von Martene. Bald darauf (den 18. May) ſchrieb 
er der Kirdyenverfammlung von Parma aus und fhicte ihr den von Nom zus 
rüdgefehrten Sefandten Scolz, um den verfammelten Bätern über Alles münd- 
li) Bericht abzuftatten. Martene 1. c. p. 131. 

18) Martene 1. c. 531. in einem fpätern Schreiben: Sigmund's uͤber das, 
was er für das Concilium gethan und gelitten, 

19) ®gl. not. 38. Martene 1. c. p. 106 sq. 

20) Martene 1. c. p. 531: Postquam regia majestas intravit Tusciaın 
ipse dominus apostolicus se cum Florentinis publicis imperii rebellibus col- 


Sn 











Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaifertrönung. 77 


und felbft daran dachte, wenn er in Rom felbft angegriffen werde, . 
den Bann gegen den König zu ſchleudern und ihm die Kronen, Die 
er trug, abzufprechen 21). 

Es ift nicht unwahrfcheintih, daB damald Eugen auf den 
Öftreichifchen Herzog Friedrich fein Auge warf und ihn Sigmund 
entgegen zum König und Kaifer erheben wollte. Allein Friedrich 
war, obfchon er im Innern Sigmund fehr grollte und daher ſchon 
geneigt feyn mochte, gegen ihn aufzutreten, boch durch die früher 
ihm fo verberblid gewordene Verbindung mit P. Johann XXIII 
gewigigt: auch hatte er unter den deutfchen Fürften, namentlich 
aus dem bayrifchen Haufe, zu wenig innige Freunde. Doch fehlte 
es nicht an Umtrieben 22), damals auf ihn die Fürften zu lenken, 
um ihn an die Stelle Sigmund’3 auf den Thron zu erheben. 


ligavit contra majestatem regiam et terras imperii et gentes ecclesiae ante 
Lucam .contra dominum nostrum regem venerunt. Ghronic. Trithem. Hir- 
sang. II. 382. (Eugenius) occulte sollicitavit Florentinos, ut introitum ve- 
nienti prohibentes intercluderent. — Rex autem — inyitis Eugenio et 
Florentinis agrum Senensem — intravit. 

21) Martene J. c. Propter istos favores per majestatem regiam s. con- 
cilio impensos, dom. apostolicus contra majest. domini nostri rancorem 
et indignationem concepit, et sibi multa incommoda quautum potuit pro- 
curavit: primo per mundum suam majestatem de fautoria haeresis infa- 
mando, prout instructiones quas Johannes de Prato portavit declarant. 
Item, regnis suis ipsum privando et aliis distribuendo et imperium etiam 

donando, in alios, si potuisset, transferre. 

22) Die Stelle des Andreas Presbyt. in Chronic. ed. Kulpis p. 53 (In- 
terpolat. Chraft.) ift darüber intereffant: Sigismundo — sine assensu electo- 

rum ingrediente Italiam pro imperiali corona obtinenda, communis vox et 
fama fuit in populo, quod papa illum regem non vellet ad imperium subli- 
mare, nec sine promotione electorum esset coronandus, praesertim quod 
Hussitas haereticos in regno suo Bohemiae non deleret. Yulgabatur 
etiam, quod nullus secundum prophetiam Sibillae [ not. Kulpis.: Imo 
revelationem quandam ipsius Sigismundi Imp. quae excusa et recusa extat: 

in qua sub finem de quodam Friderico magnorum operum patratore)  de- 
beret ſieri Imperator, praetergquam nomine Fridericus. Ventilabatur 
tunc temporis quaedam prophetia fratris Joannis Monachi de Perusio ord. 
s. Bernhardi de statu ecclesiae et imperüi. Nach dem Pentalog des An. Sylv. 
bei Chmel Geſch. K. Friedrich II. Bd. II. &. 771 fagte Sigmund felbjt voraus,’ 
daß ein Friedrich (er meinte aber Kriedrih, ven Sohn des Herzog Ernſt) 

ihm bald auf dem Kaifertbrone folgen werde. Sonderbar ift die Rachricht in der 


78 | Viertes Buch. Viertes Kapitel. 


Der roͤmiſche Koͤnig verweilte vom Ende Maͤrz bis zur letzten 
Woche des Aprils 22) in Parma: von hier aus hatte er faſt an die 
ganze chriſtliche Welt Schreiben uͤber die Fortſetzung des Conciliums 
erlaſſen: vorzuͤglich eifrig aber forderte er die Fuͤrſten und Praͤlaten 
in den ihm untergebenen Koͤnigreichen auf zur Anerkennung und Be⸗ 
ſchickung der Basler Kirchenverſammlung 22). In Oberitalien 
wurde ber Krieg gegen bie Benetianer und Slorentiner von Gigs 
mund's Verbündeten weiter fortgefegt. Auch ein ungrifches Heer 
operirte gegen bie Venetianer in Friaul, aber ohne fonderliche® 
Slüd 25), Den Iohann Franz Gonzaga von Mantua, welchen 
bie VBenetianer nad) Carmagnola's Entfernung vom Heere zu ihrem 
Oberfeldherrn gemacht hatten 2°), fuchte der römifche König von 
ber Gegenpartei abzuziehen. Er errichtete die neue Markgraffchaft 
Mantua 27) und erhob den genannten Gonzaga zum erſten Marks 
grafen. Auch verfprach er ihm baldigft den Fuͤrſtenhut nebft Ring 
zu überfchiden 23). 

Mit 800 ungrifchen und 600 mayländifchen Reitern 2°), in 
Allem mit einem Gefolge von nahe an zweitaufend Mann, brach er 
In der legten Woche des May’s von Parma auf, und zog über The⸗ 
ventium, wo er am 26. beffelben Monats die Privilegien der Par: 





Chronik der Hill, Etat Cöllen fol. 301, wo von Sigmund’5 Kaiferfrönung die 
Mede ift: „Der Pays (Papft) Froinde un tzo eyme keiſer. Der Pays gaff 
eme eyn numen namen ind kroinde yn Feifer Frederich.“ 

23) &. die Regeften und das Itinerar K. Sigmund's. 

24) Sigmund’s Schreiben an das Goncilium v. 8. April bei Martene l. c. 
p. 106: Mittimus etiam V. P. hic annexas literas ad praelatos et principes 
Germaniae, ut ad ipsum concilium accelerent et mittant, et similiter ad 
certos reges, prout in copiis praesentibus interclusis intuebirhini. — — 
Scribentes etiam regibus, praelatis, rectoribus et aliis, ut concilio sacro 
adhaereant etc. 

25) Raynaldi ad ann. 1431. n. 13. Engel ungr. Gef. II. 833. 

26) Vgl. Daru hist. de la rep. de Venise liv. XIV. 

27) Lünig Cod, Ital. dipl. I. 1371. Dumont C. D. If. 2. 251. 

28) Lünig 1. c. III. 1779. Dumont 1. c: 253. G. B. Pigna storia de 
Principi d’Este L. VI. p. 578. Bgl. Sismondi hist. des republ. Ital. IX. 
ch. 66. p. 15. 

29) Poggii Braociolini hist. Florent. lib, VII. b, Muratori scriptt, rer. 
I. XX. p» 379, 


Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 79 


mefaner Kirche beftätigte 30), nach Lucca 31), welche Stabt fich 
von dee Herrfchaft des Paul Guinigi frei gemacht.und dadurch in 
Feindſchaft mit den Florentinern gekommen war, worauf fie ſich für 
Sigmund ausgefprochen und ımter den Reichsſchutz geftellt hats 
te 32), indem ber römifche König bei feinem Mangel an Streits 
räften nichts mit Waffengewalt durchfegen konnte, daher feine 
Hauptoperationen gegen den Papſt von Baſel aus durch die vers 
ſammelten Väter richtete, war auch Eugen nicht müßig. Sobald 
Sigmund gegen Lucca vordrang, verband jener ſich offen mit ben 
Florentinern und ließ durch feine Kriegsführer Truppen im Kirchens 
ſtaat fammeln und an der Grenze aufftellen 2). Micheletto Atten⸗ 
bolo, der Florentinifche Zeldherr, näherte fich mit feinem Heere der 
Stadt Lucca, und trieb die ihm entgegenziehenden Ruccefen, zu bes 
nen fi von Sigmund’3 Truppen einige Schaaren gefellt hatten 3%), 


30) Ughelli Ital. sacra II. 185. Lünig C. Ital, d. IV. 1411. 

31) Eberhard Windel c 185. Den Einzug in Lucca hielt Sigmund am 
31. May. Commentar. di Neri di Gino Capponi b, Muratori scr. rer. It. 
XVII. p. 1175. Ricordi di Giov. Morelli delizie degli. eruditi Toscani 
b. Muratori XIX. p. 103. 

32) Martene 1. c. p. 531. Cf. Raymaldi ad ann. 1431. n. 13. 

33) Epistol. Sigismundi ad Wilhelm. ducem Bavariae d. d. Senis 
16. Jul. 1432 bei Martene 1. c. 147: Nos consideramus, quod papa indu- 
ratus est, timentes etiam, quod Veneti et Florentini, quibus colligatus est, 
et qui eum requirunt, ipsum nihil conclusive facere permittant. Scriptum 
nobis etiam est, quod papa meliora castra sua — muniverit cum Venetis. 
Comment. di Neri di Capponi bei Maratori XVII. 1175. Platinae vita 
Eugenü IV. p. 296: Florentini — — Nerio Capponio ciri suo negotium 
dant, ut Eugenio ostendat et persuadeat adventum Imperatoris ad urbem 
non minus apostolicae sedi quam Florentinis exitum ac perniciem minari, 
destineri hostem facillime posse, quo minus Arnum ad Senenses transeat, — 
si Nicolao Tollentinas, qui tum pontificis nomine stipendia faciebat, 
conjunctis copiis et animis cum Micheleto Cotignola Florentigarum copia- 
rum duce, ad Arnum Sigismundum coerceat, ne flumen cum Germano 
equitatu trajiciat. 

84) Poggü Bracciolini hist. Florent. lib. VII. b, Muratori l. c. XX. 
p: 379. Eugen ftellte 2000 Reiter 3 die Zlorentiner forgten für ihren Unters 
balt und Som, Platina l. c. Nicolaus Tollentinas jussu Pontificis ex hiber- 
nis movens, dum Senenses incursionibus et rapinis vexat, Sigismundo tra- 
jiciendi tempus et facultatem dat, adjuvante Aut. Pontadera egregio tum 


' 


80 - Viertes Buch, Viertes Kapitel. 


hinter ihre Mauern zurüd. Es würde ben Florentinern nicht ſchwer 
‚gefallen feyn, den römifchen König in Lucca zu belagern und bie 
Stadt felbft zu erobern, wenn fie ernftlich gegen ihn den Krieg haͤt⸗ 
ten führen wollen; die für Sigmund parteiifchen Nachrichten aber 
behaupten, er habe über die Florentiner einen Sieg erfochten 35), 
welche Berichte keinesweges Glauben verdienen. 

Diefe feindfelige Haltung des Papſtes bewog den römifchen 
König, der nun mit großem Zorne und heftiger Wuth gegen Eugen 
erfüllt war, das Goncilium felbft bis zur Abſetzung des Papſtes an: 
zuſpornen und diefem in Italien Überall Feinde zu erregen. Das 
Concilium verlangte zwar dringend, Sigmund möge, da doch bei 
diefer Lage der Dinge die Kaiferfrönung nicht erwartet werben koͤnn⸗ 
te, nach Deutfchland zurüdfehren und nach Bafel kommen, um 
dort den Schritten ded Conciliums mehr Kraft und Nachdruck zu 
geben 26). Aber der König war in biefem Puncte ganz anderer 
Meinung: theils fchämte er ſich, ohne die Kaiferfrönung empfangen 
zu haben, zurüdzufehren, theild hegte er immer noch die Hoffnung, 
Eugen werde bald nachgeben, wenn das Eoncilium, von den welt 
lichen Gewalten unterftüßt, noch entfchiedenere Schritte gegen ihn 
thue 37), 

Da Sigmund aber wohl einfahb, daß nunmehr feine Ruͤckkehr 
nach Deutfchland nicht fo bald flattfinden würde, fo traf er mehrere 
Verfügungen und Anftalten, baß feine Perfon in feiner Abweſen⸗ 
heit, wo es noͤthig war, vertreten wurde. 


copiarum duce et acerrimo Florentinorum hoste. Cf. Sismondi rép. Ital. 
IX. c. 66. p. 14. 

35) Bartoss. Chronic. b, Dobner Monum. hist. Boömiae I. p. 177: 
Rex in festo S. Johannis Baptistae et circa in civitatem Lucam Tuskaniae 
pervenit. Iter praedictum faciendo et ante praedictam civitatem contra 
Florentinos g in ipsorum gentibus quendam conflictum fecit et est lucra- 
tus: quia dictorum Florentinoram ad 400 sunt captivati et nece prostrati. 
Deinde processit ad civitatem Genecz (i. e. Siena, nit Genua wie Dobner 
- Meint) et gentes nonnullae regis Arragoniae et Ducis Mediolanensis et de 
Janua ipsum regem in dicto itinere fideliter adjutabant. Auch Pray annal. 
Hung. Il. 308 gibt nach Bartoss. Chr. unridtig an: Genuam profectus. 

36) Martene 1. c..p. 159. 

37) Schreiben v. 15. Aug. 1332 bei Martene 1. c. 


Unterhanbl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiferfrönung. 81 


Den bayrifchen Herzog Wilhelm, ben Protector des Conci⸗ 
liums, ernannte er auch zu feinem Statthalter in Deutfchland 3°): 
zu Unterprotectoren bed Gonciliumd, im Falle Wilhelm abwefend 
von Bafel war, bezeichnete er ben Markgrafen Wilhelm von Hoch: 
betg 2°) und Friebrih, dem zweiten Sohn des Kurfürften von 
Brandenburg *°). Den Kurfürften und übrigen Ständen gebot er 
die Straßen des Reichs zu fehüsen und zu ſchirmen #1): und über 
die Handhabung des allgemeinen Landfriedens erließ er Circularſchrei⸗ 
ben an alle Reichöftände +2). Den bayrifchen Herzogen, die ſchon 
längere Zeit eine blutige Fehde miteinander führten, gebot er einen 
Friedfland auf ein Sahr, mit Androhung einer Strafe von taufend 
Mark Goldes bei etwaigem Damwiderhandeln +3). Auf die Auffors 
derungen, die Sigmund an die Reichöftände erlaffen hatte, ihn zu 
feinem Römerzuge, wozu fie eigentlich mit ihren Contingenten ver: 
pflichtet waren, mit Geld zu unterflügen, erhicht er meiſt nur 
von den Reichöftädten folche Beiſteuer 22): die Fürften zogen ſich 
zuruͤck und wollten nichts von einer Steuer willen, die nicht auf eis 
. nem Reichötag beflimmt worden. Sigmund fand fich daher in nicht 
geringer Geldverlegenheit in Zuscien und er mußte daher den Staͤd⸗ 
ten, wo er fich aufhielt, größtentheild zur Laft fallen 4°). Zwar 


33) Nach Sigmund’s Urk. d. d. Lucca 28, Juni 1432, Lang Ludwig der 
Baͤrtige S. 160. 

39) Urk. d. d. Lucca 23, (28.) Juni 1432. Schoepflin Zar. Bad. VI. 
p. 181. KWberhard Winde c. 191. p. 1246. | 

40) Gundling eben des Kurf. Zriedrih I v. Brandenb. I. p. 304. 

41) Urf, d. d. Zucca 28. Juni 1432, Lünig P. Sp. C. I. 586. 

42) Urt, d. d. Lucca 29, Juni 1432 im Mainger Stadtardiv. Mandat 
Sigmund’ d. d. Parma 23, Zuni 1432 gegen Sigmund Wolfsauer, den Geg⸗ 
ner des Erzb. v. Salzburg. CEhmel K. Zriedrig IV I. 529. 

43) Brief d. d. Lucca 3. Juli 1432, Lang Ludwig der Bärtige &. 160. 

44) Nicht einmal von allen: fo bezahlte Speier nichts. Lehmann Speir. 
Ghron. S. 825. Doch ſchickte ihm fpäter die Stadt, als er nad Baſel zurüd: 
kehrte, als Geſchenk 600 Gulden. Lehmann 1. c. 829. Bon Bafel erhielt 
er 1700 Gulden ald Averfum für 10 Gleven oder fünfzig Bewaffnete. Ochs 
Geſch. v. Bafel III. 351 nah der Quittung d. d. Zucca 29, Juni 1432, 
45) Eberhard Winde c. 185. 187 und befonders 188: K. Sigmund — 
was one hülffe vnd rate vnd zutune aller Eurfürften ond\aller reidhftete und was 
‚lange gelegen zu den Hohen Synne oder Senis, vnd indem er auch fante feinen 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 6 


82 Diertes Bud. Viertes Kapitel. 


fuchte er auch für die Extheilung von neuen Privilegien ober Erneue⸗ 
rung der alten fich einiges Geld zu verfchaffen 260), dieſes war aber 
bei weiten nicht hinreichend, die nöthigften Beduͤrfniſſe zu be 
ſtreiten. 

Noch vor der Mitte des Julimonates 27) brach der Koͤnig ploͤtz⸗ 
lich von Lucca auf und ruͤckte Rom näher: ungeachtet ber Gefahr, 
den Florentinern in die Hände zu fallen, Die ein Heer gegen ihn 
ausgerüftet hatten, gelangte er doch glüdlih nah Siena *®), 
welche Stadt, ebenfalls mit Florenz in Streitigkeiten, den König be: 
reitwillig aufnahm, ihm fogleich huldigte und dafür ihre Privilegien 
beſtaͤtigt erhielt +). Der Papft hatte vergeblich ale Anftrengungen 


hawptman Marfhald zu den fürften vnd fteten, das mon yme zu hülffe keme 
vnd nymant Fam ym zu hülffe. Alſo hätten alle lewte das alletmynſte teill, die 
geiftlihe pfaffheit boffnunge, er folte nit Paifer werden, vnd dorzu nymmermer 
zu lande komen. — Auf dem Straßburger Reichstag befchloffen die deutſchen 
Zürften, dem römifhen König Feine Hülfe weder an Geld nod Leuten zu ſchi⸗ 
cken. Trithem. Chron. Hirs. II. 384. Hermann. Corner. Chronic. p. 1306. 
Sigismundus rex Rom. in Italiam pro corona imperiali gloriose adipiscenda 
se transferens , inimicos fidei (die wilden ungariſchen Schaaren) in Christi 
fideles desaevire permisit. — Perdurans inibi per tempus satis prolixum, 
multas sustinuit adversitates. 

46) Er beftätigte vor dem 14. Auli 1432 die. Privilegien der Stadt Luc⸗ 
ca: Memorie e documenti all’ istoria di Lucca II. 165. und erhielt dafür 
ein Geſchenk von 2000 Goldgulden., 

47) Petr. Russii hist. Senens. b. Muratori XX. p. 40, gibt den 10, Juli 
ald Tag der Ankunft in Siena an, 

48) Eberhard Winde c. 185. Martene 1. c. p. 531. Scipione Am- 
mirato Istor. Fiorent. lib. XX. p. 1082. Comment, di Neri di Capponi 
. bei Muratori XVII. 1178. Pogg. hist. Flor. bei Muratori XX. 379. 
Naucleri Chronic. II. p. 448. 

‚ 49) Memorie all’ istoria di Lucca 1. c. Pietro Rossi storia Senese 
bei Muratori XX. 42, wo ber Empfang Sigmund's ausführlich beſchrieben iſt. 
Auch Incas Sylvo. in dem gefhichtliyen Roman Euryalus und Lucrezia ſpricht 
von Sigmund's feierlihem Empfange. Nach der fhönen alten, deutſchen Übers 
fetung bei Hahn Collect. Monum. I. p. 411: „Was groſſer Eren angeleyt 
ond erbotten worden fon Kenfer Sigmunden, da er des erften inreyt zu Senis 
ift yeht allenthalben Funtbar und offen, Dem was gebumen und zugeriht eyn 
Palaſt by ſ. Marthan Kirchlyn vff der Straß, die da fürt zu der Port, gen 
Rophor. Und ald demfelben dye Ere geiftliher Drbenung und Heyligkeit voll⸗ 
bracht was, und er daſelbs hinkam, hatt er im entgegen gon vier Zrowen, 





% 


Unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Contil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 83 


gemacht, Siena gegen den roͤmiſchen Koͤnig zu ſtimmen: er hatte 
die eindringlichſten Schreiben an die Stadt gerichtet und Geſandte 
ihr geſchickt, fie zu bereden, den König nicht innerhalb ihrer Mauern 
aufzunehmen: oder wenn fie die Aufnahme nicht verfagen koͤnnte, 
fich verfprechen zu laſſen, baß er die mayländifchen Truppen, die 
ihn begleiteten, entlafle 50). 

Mittlerweile waren. in Bafel von ben verfammelten Vätern, 
vorzüglid auf Sigmund’s Betreiben, Schritte gegen den Papft un⸗ 
ternommen worden, bie zu einer Kirchenfpaltung führen konnten. 
Zwar war biefeö weber bie Abficht des Königs noch des Conciliums: 


alle vermedelt, jungent und geziert nad gli. Riemant dett dye vor todam⸗ 
lich (ſterblich), funder vor Göttin achten und ſchetzen. — Sigmundusd aber, 
wiewol er alt was der Jaren, fo was er doch ſnell und behend in lieblichen 
Begierden und hett od zumal groß Ergetzlichkeit in Geſprech und Anredung red⸗ 
licher und Kunden der Frowen und froͤwet ſich in allen wiplichen Schimpffen 
(Scherzen) und was im och mintzit (nichts) ſuſſers noch kurtzwiligerd dann An⸗ 
geſicht ſchoner hubſcher Frowen. Darumb als er die erſach, ſprang er von dem 
Pfard und wart in der Hend empfangen und kort ſich umb gegen ſynen mit⸗ 
kommenden Diener und ſprach: Houd ir ye derglich Frowen geſehen? ich zwy⸗ 
fele, ob ed fon menſchlich Angeſicht oder engelſch, zwar ſye fpn hymeliſch.“ — 
(unter dieſen Frauen war Lucrezia, die bei dieſem Empfang des Koͤnigs von 
dem Kanzler Kaſpar Schlick vor allen andern bemerkt wurde: wie er von Liebe 
zu ihr, fo wurde fie zu ihm entzündet. Welche Liebe Äncas Sylvius beſchreibt.) 
„Unter den Frowen,“ fährt Aneas Syloius fort, „mas och Kathrina Petrufg, 
die uber wenig Bag darnach geftorben ift, und den Keyſer dert by ir Liche 
and Begrebnuß, der och irn Sun vor dem Grab mit Ritterſchafft begebet, 
wiewol er dannoch eyn junges Kynt was.“ 

50) Raynaldi ad ann. 1432. n. 20: Sigismundum — vocatum a Se- 
nensibus, ut Florentinos reprimeret — tradunt scriptores. Cum vero ad 
iter se compararet, Consilium dedit Senensibus Eugenius, ut Caesarem 
yuidem urbe exciperent, sed caesareis, non autem Mediolanensibus copiis 
succinctum. — Respuere non sine magno ipsorum detrimento pontifieiaum 
tonsilium Senenses, inflammato enim inde bello haud leriter eorum res 
attrita est etc, Der Bricf des Papſies an die Sienefen wird dann wörtlid 
mitgetheilt. — Nach der Hist. Senens. bei Muratori XX: p. 36 hatten fon 
in Mayland Abgefandte von Siena Sigmund eingeladen, in ihre Stadt zu kom⸗ 
men, fie betrachteten ihn als ihren geborenen Mitbürger, weil fein. Bater Kai⸗ 
fer Kari IV ihn zu Siena erzeugt babe. Diefe Nachricht möhte sbenfo wahr 
ſeyn, als daß sr ein Heer von 4000 Mann nach Siena mit ſich gebracht habe. 

6 * 


4 
» 


84 Viertes Buch. Vierte Kapitel. 


fondern man wollte nur den Papft ſchrecken und zwingen, das Con⸗ 
cilium fortbeftehen zu laffen. 

Die Kirchenverfammlung hatte ungeachtet der päpftlichen Ge: 
genbeftrebungen von einer großen Anzahl Könige, Zürften, Biſchoͤfe, 
Univerfitäten, Städte ꝛc. Abhäfionsfchreiben erhalten 1): auch wınde 
fie täglich zahlreicher befucht: alles dieſes ermuthigte zum weitern 
Widerftand, ja felbft zum Angriff. Eugen’d Verfahren wurbe faft 
allgemein, felbft von mehreren Cardinaͤlen 52) als hartnädiges Be 
harren auf Mißbräuchen betrachtet. Man glaubte, er wollte die fo 
allgemein verlangte Kirchenreformation binterfreiben, aus Furcht, 
die päpftlichen Einkünfte möchten dadurch gefchmälert werden. 

Bei diefer Stimmung gegen den Papſt und bei dem Schuß 
der weltlichen Gewalt fonnte das Concitiumy welches durchaus eine 
Reformation der Kirche an Haupt und Gliedern vornehmen wollte, 
die kuͤhnſten Befchlüffe, die früher unfehlbar als Auflehnung und 
Aufruhr beftraft worden wären, durchfegen. 

Sn der dritten Seffion, am 29. April 1432, wurden bie 
früher gefaßten Befchlüffe beftätigt und der Papſt mit den Gardindlen 
nach Baſel vorgeladen und mit einem Proceffe gedroht, im Falle der⸗ 
felbe nach Verlauf von drei Monaten nicht Zolge geleiftet 5°). 

In der vierten Seffion, am 20. Suni, wurde befchloffen, 

daß, im Falle Eugen IV während der Dauer des Concils flürbe oder 
der päpftliche Stuhl fonft erledigt würde, fein Nachfolger am Ort 
des Conciliumd gewählt werben müßte. Dem Papfte wurde zu: 
gleich verboten, vorerft neue Cardinaͤle zu ernennen, oder bie in 
Bafel anmwefenden abzuberufen 5%), 

Sn diefer vierten Seffion nahm dad Concilium auch ein beſon⸗ 
deres Siegel an, defjen es ſich bei Auöfertigungen feiner Erlaſſe und 
bei feinen Briefen bediente. Es ſchickte auch einen Legaten in die 


51) Bei Martene coll. ampl. Vin. p- 103 sqq. find die Schreiben des 
Conciliums und eine große Anzahl Adhaͤſionsſchreiben als Antworten darauf ab» 
gebrudt. | 
52) Darüber der merkwürdige Brief des Gardinallegaten Julian an den 
Papſt v. 5. Juni b. Aeneas Sylv. Opp. ed. Basil. 1551. p. 75 sqq. 

53) Mansi .Concilior. coll. XXIX. p. 2?— 27. 

54) Mansi I. c. 27— 36. 





Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 85 


päpftliche Stadt Avignon, den Gardinaldiacon Alfonfo von Sct. Eu: 
flachius, und übertrug ihm die Verwaltung der Stadt und der Graf: 
ſchaft Benayfin: es war dieſes ein Schritt, der nicht gerechtfertigt 
werben konnte, wenn auch der Magiftrat von Avignon die Kirchen⸗ 
verfammlung darum gebeten hatte >). 
Diefe kuͤhnen Mafregeln und Befchlüffe der in n Bafel verfams 
melten Väter zeigten dem Papfte, daß er fich doch in der Beurtheis 
lung der Verhältniffe geirrt hatte. Da er durch die verlegende 


Zuruͤckweiſung der Töniglichen Botfchaft, an deren Spige Sohann . 


von Rofenberg geflanden, mit Sigmund fo.gut wie gebrochen hatte, 
fo verfuchte er theild durch unmittelbare Sreiben an die Bifchöfe, 
dieſe für fich zu gewinnen 56), theild durch die vier Abgeordneten, 
die er im Juli 1432 nad) Bafel fhidte 57), Die verfammelten Ve 
ter auf einen andern Weg zu bringen. Auch mit dem römifchen 
König ließ er indirect durch den Erzbifchof Jacob von Embrün die 
‚Unterhandlungen in der Weife wieder anknüpfen, daß fich diefer zum 
Vermittler in den obmaltenden Zerwürfniffen zwifchen dem König 
und Papft erbot 58). Jedoch wurden die Puncte 5°), die ker Papft 
ald Grundlage der Verftändigung vorlegte (in der. Hauptfache die 
alten), und die Sigmund auch zur Anficht nach Baſel ſchicte, im⸗ 
mer noch als ganz unannehmbar befunden 6°). . 

Als die vier päpftlichen Abgeorbneten, an deren Spige bie FR 
bifchöfe von Zarent und Colocza ftanden, nach Bafel gekommen 
waren , Fonnte e8 dem Concilium nicht mehr zweifelhaft feyn, daß 
diefe nicht die Kirchenverfammlung anerkennen follten, fondern daß 
die Abficht ihrer Reden und ihres Handelns dahin ging, das Conci⸗ 
lium von der Rechtmäßigkeit des päpftlichen Verfahrens zu uͤberzeu⸗ 

55) Mansi p. 74 gg Martene 1. c. p. 163. 
56) Martene 1. c. p. 160. Labb. Concil. XII. 981. 


57) Über das Nähere in Bezug auf diefe Abgeorbneten: Martene I. c. 
p- 149 gg. 


58) Martene I. c. p. 147 u, 151 nad den am 16. u, 27. Zuli 1432 


gejchriebenen Briefen Sigmund’s, , 

59) Martene I. c. p. 147. : Schreiben Sigmund’s an Herzog Wilhelm 
v. Bayern d. d. Siena 16, Juli 1432, Quae papa a nobis desiderat, a 
quibus deus nos custodiat, quod ea unquam faciamus. Ä 

60) Martene I. c. p. 153. 


a et En Ar 


86 Viertes Bud, Viertes Kapitel, 

gen, und die Väter, welche nicht ein Schiäma haben wollten, von 
Bafel wegzuziehen, Alles, was nicht von dem Papfte ausging, 
wurde von den päpftlichen Abgeorbneten für ungültig erklärt: ja 
felbft eine Art Proteftation über alle bisherigen Schritte ded Conci⸗ 
liums ward ausgefprochen. Das Concilium fuchte alle Anklagen, 
die der Papft gegen ed erhoben, zu widerlegen umd warf die Bes 
ſchuldigung, als führe e8 ein Schisma herbei, auf den Papſt zuruͤck, 
der Urfache aller diefer Verwirrung fey, da er wiberrechtlich das 
Coneilium aufzulöfen fuche +). 

Aber auch außerhalb ber Verfammlungen wirkte man durch 

Schriften den Beltrebingn der paͤpftlichen Abgeorbrieten entges 
gen 62): namentlich war es Nicolaus von Cuſa, der in feiner Schrift 
de Concordantia catholica in der Kirchenreformation fortzufchreis 
ten das Goncilium aufforderte, und des vömifchen Königs kraͤftige 
Mitwirkung dabei für nothwendig erflärte. Die neuen Mißbräuche 
mit den Privilegien, Eremtionen oder wie fie fonft heißen möchten, 
feyen abzufchaffen und zu den alten Kirchenfagungen müffe man zus 
rüdfehren 63), 
In der fünften Seffion, die am 9. Auguft gehalten ward, 
wurden einige Gommiffionen in Glaubensfachen angeorbnet und alle 
Appellationen von dem Concilium an deu römifchen Hof oder an 
irgend einen andern Richterftuhl unterfagt 62), Auch die Rechtferti- 
gung des Papftes durch die legten vier Abgeorbneten ward (3. Sept.) 
als nicht genügend verworfen 65), 

Als die päpftlichen Abgeordneten die Erfolglofigkeit ihrer 
Schritte ſahen, fo machten fie, ihrer erhaltenen Inftruction gemäß, 
einige Zugeſt aͤndniſſe. Eugenius wuͤnſche (erklaͤrten ſie), daß die zu 

61) Mansl concil. XXIX. p. 468 u, 482. die Reden der päpftl. Abger 
prditcten, p, 239 sqq. die Antwort des Gonciliums, \ 

62) Mansi XXIX. 512 qq. 

63) Nical, Cusan, de Concord, oathol, c. 40. lih. II. co. 34 ftellt er 
den Grundfag auf; Uuiversale Concilinm .catholicae eockes. supremam habet 
potestatem in omnibus super ipsum Romanum Pontificem., Über viefe 


Schrift des Nicolaus Caſanus handelt ausführlid Sharpfi Nicol. v. Guſa I. 
€, 32 — -91, 


63) Mansi XXIX. 36— 39. 
65) Raynald annal. eccl, ann, 1332. n. 16. 











unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Eoncil. u. d. Kaiferfrönung. 87 
Baſel Verſammelten eine von.den dem paͤpſtlichen Stuhle unter⸗ 
worfenen Staͤdten zum Ort der Kirchenverſammlung waͤhlten. Der 
Papſt werde jene Stadt waͤhrend der Dauer des Conciliums frei 
unter ber Herrfchaft der Väter laſſen und die Aufloͤſung oder Ver⸗ 
tagung des Gonciliums aufheben, fobald fie die Stadt genannt haͤt⸗ 
ten. Die Zurücführung der Böhmen außerhalb Deutfchlands werde 
ſich leichter machen als innerhalb diefes Landes, befonders wenn 
auch der Papfl zugegen ſey °°). — 

Allein dad Eoncilium fand für gut, auch nicht in diefen Vor⸗ 
flag einzugehen, fo fehr er auch von Seiten des römifchen Stuhls 
eine Nachgiebigkeit war, da die Einholung der Einwilligung zur 
Verlegung ded Aus des Conciliums, oder die Zugeflehung der Wahl 
bed Orts auch dad Recht, auf ben biöherigen Ort zu beftehen, vor⸗ 
auöfebte. 

Die verfammelten Väter fchrieben nun, ehe fie zu ber fechöten 
Seffion vorfehritten, an den König, bei der Fruchtloſigkeit der Unter: 
bandlungen mit dem Papfte, nach Bafel zu kommen und durch feine 
Gegenwart den Befchlüffen mehr Anfehen zu geben. Sigmund ants 
wortete (Siena 15. Aug. 1432), Daß von neuem die Unterhand> 
Iungen mit dem Papft im Gange feyen, und daß Diefer zwei Garbindle, 
den Römer Jordano di Orfini und den Engländer Wilhelm von - 
Montfort, an ihn ſchicken wolle; daß er feine Gegenwart in Stalien 
für höchft nothwendig und für dad Concilium fehr erfprießlich erachte, 
wenn fie auch für ihm felbft überaus laͤſtig und mit vielfachen Ges 
fahren und Mühjfeligkeiten verbunden fey. Auch meldete er, Daß er 
in Erfahrung gebracht, daß ein Theil der Gardindle unter gewiffen 
Bedingungen fi für das Goncilium erklären wollten 67). 

Da aber Eugen. mittlerweile von Bafel benachrichtigt feyn 
mochte, wie man dort daran benfe, einen Proceß gegen ihn zu er: 
öffnen, ihn zu ſuspendiren, ja vielleicht gar abzufegen, fo hielt er 
es für rathſam zum Wohl der Chriftenheit wie auch für das Anfchen 
des päpfttichen Stuhles, es nicht auf das Außerſte kommen zu laffen. 
Er ſchickte, noch ehe die beiden Cardinäle bei Sigmund zu Siena 
eintrafen, den Protonotarius Jacob von Sirck, der früher ſchon von 

66) Aug. Patric. hist. Gano. Basil, c. 14. 

67) Martene l. c. p. 159. 





88 | Viertes Buch. Viertes Kapitel. 


dem König ald Gefandter an den Papft verwendet worben, ab und 
ließ dent römifchen König geheime Eröffnungen machen, denen dies 
fer zwar nicht ganz Glauben ſchenkte, die ihn aber doch beftimmten, 
in.einem Schreiben vom 28. Auguft den verfammelten Vätern Mä- 
Bigung nd Auffchub in der Vornahme des -Procefies gegen den 
Papft zu empfehlen 6°). 

Diefes Schreiben aber kam zu fpat: denn bereit am 6. Sep⸗ 
tember war die fehöte Seffion unter dem Vorfig des Gardinalles 
gaten Zulian, welcher auch der Carbinal Placentinus und Dominicus 
Firmanus, die heftigen Feinde Eugen’, beimohnten, gehalten worden. 
Es wurden der Papft und 17 Cardindle von den Promotoren des 
Conciliums, weil fie nicht erfchienen, und auch die Aufldfungsbulle 

nicht widerrufen worden, des Ungehorfams angeflagt. Nur auf bes 

fondered Bitten der päpftlichen Abgeſandten wurbe eine neue Frift 
zugeftanden, ehe man bad Verfahren eröffnete. Ein Theil der aus: 
gebliebenen Gardindle aber wurden durch Mehrere der anmefenden 
Väter, die dazu Auftrag erhalten hatten, wegen ihres Nichterfcheis 
nens entfchuldigt 6°). 

Mittlerweile war Sigmund noch immer in Siena: er mußte 
in diefer Stadt zum großen Verdruffe der Einwohner, die Durch den 
langen Aufenthalt des Königs dafelbft in große Koften geſetzt wur⸗ 
den, faft ein ganzes Jahr (von Suli 1432 bis Anfang May 1433) 
liegen bleiben 70), da er wegen der ihm feindfeligen Slorentiner 
nicht weiter gegen Rom ziehen konnte 71), und nicht ganz unverrich- 


- 68) Martene 1. c. p. 165 sq. Schreiben Sigmund's an das Goncilium, 
d. d. Siena 28, Aug. 1432, . 

69) Mansi XXIX. p. 39 — 42. 

70) &. die Regeſten. Trithem. Chronic. Hirsaug. II. 382. Leon. Are- 
tin. Comm. rer. suo temp. gest. b. Murat. XIX. 935. Poggü hist. Florent. 
b, Murat. XX. 379. Petri Russii hist. Senens. ib. p. 37 sqq. L. Bonin- 
‘ eontri.Annal. b. Murat. XXI. L. Carvitelli b, Graev. thes. III. 2. p.,1418. 
Platin. vita Eugen. IV. p. 297. Magn. Chronie, Belgic. p. 388. 

71) Plativa vita Eugen. IV p. 297. Eberhard Windel c. 186: Bnd 
lag der Fonig — zu Hohenſynne, vnd der P. Eugenius was ganz pnd gar wiber 
In vnd die Florenzer vnd die Venediger waren alle mit madt wider In vnd lag 
aldo mit groffen forgen, vnd er rait ſelber zu felde. Vgl. Windeck c. 19. 
Trithem. Chron. Hirs. II. 384 ſpricht von einem Reichſtag, der in Straßburg 





Unterhandt. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 80 


teter Dinge nach Oberitalien und Deutſchland zurückkehren wollte. 
Indem er von feinen italieniſchen Bundesgenoſſen nur fehr ſchwach, 
oder ‚gar nicht ımterflügt wide, weil biefe ihre Truppen im Kriege 
gegen die Wenetianer felbft brauchten, auch von den deutfchen Fürs 
ſten Feine Hülfe erhielt 72); fo konnte er mit feinen geringen ung⸗ 
rifchen Streitkräften 3) den Florentinern nicht die Epige bieten, 
Er fand fi wahrhaft in Siena von feinen Gegnern eingeſchloſſen 
and belagert. Sigmund felbft verglich feine Lage mit dem Zuftande 
eines wilden Thieres, das in einem eifernen Käfig eingefperrt ſich 
findet. Alle Schuld dieſer Bedraͤngniß fchrieb er der Treuloſigkeit 
des Herzogs von Mayland zu, der ihn nicht, wie er verfprachen, 
kraͤftig unterſtuͤtzte2). | 

Aber auch perfönlichen Gefahren war der König in Siena aus⸗ 
gefeht, da ihm feine Feinde, die Venetianer, mit Gift und Dolch 
nachftellten. . Man erzählt, daß fie den erften Eöniglichen Stallmei⸗ 
ſter gewonnen, den Reitfattel Sigmund’s mit tödtlichem Gift gu bes 
ſtreichen. Die Sache aber wurde durch einen Stallknecht verrathen. 
Der König zwang, um bie Wahrheit der Sache zu ermitteln, ben 
- Stallmeifter, das fuͤr ihn gefattelte Reitpferd zu befteigen und in Bes 
gleitung von beigegebenen Wächtern einen weiten, erhigenden Ritt 
zu machen. Da unmittelbar darauf der Stallmeifter wirklich ſchwer 
erkrankte, fein Leib bis in die Eingeweide ſich entzündete und bie 
darauf folgende Faͤulniß den Tod des Kranken herbeiführte; fo ers 
kannte Sigmund die Wahrheit der Ausfage des Stallknechts, und 
war nicht wenig über feine Feinde entrüftet, die mit folchen ſchaͤnd⸗ 
lichen Mitteln Angriffe auf fein Leben unternahmen 7°), 


gehalten wurde, zur Beitimmung der Gontingente und Beljteuer für die Roͤmer⸗ 
fahrt: Post multos tractatus tandem finaliter concluserunt, ut multitudinis 
est proprium, nihil pecuniarum regi mittendum, 

72) Eberh. Windel c. 199 u, oben Not. 45. 

73) Schreiben Sigmund's d. d. Siena 21. Ian, 1433 an Ladidlaus v. 
Kanyſa. Katona hist. crit. reg. Hung. XII. 69. 

73) Bouin contrii Miniatensis Annal. b. Muratori Scr. rer. It. XXI. 140. 

75) Die Sache ſcheint dod etwas verdaͤchtig, da Eberhard Windeck, der 
gern di. Vergiftungsverſuche gegen feinen Herrn, den König, erzählt, Davon 
ſchweigt. Nur Trithem. in Chron. Hirsaug. II. 383 erzählt die Sache und 
zwar ſehr ausführlich, 


/ 
“ . Viertes Buch, Viertes Kapitel. 


ELungeweile und der den: Liebesintriguen ſehr zugeneigte Sinn 
des Koͤnigs moͤgen ihn in Siena, der Stadt der ſchoͤnen Frauen, auch 
in manches Abentheuer verwickelt haben, wobei weder die Wuͤrde 
der koͤniglichen Majeſtaͤt, noch ſelbſt die perſoͤnliche Sicherheit immer 
gewahrt und behauptet werden konnte. Doch iſt mit Sicherheit aus⸗ 
zuſprechen, daß Sigmund nicht unter dem Euryalus in dem geſchicht⸗ 
lichen Roman des Aneas Sylvius von den zwei Liebenden gemeint 
iſt. Man braucht dieſe Liebeögefchichte nur mit Aufmerkſamkeit zu 
Kfen, einigermaßen mit Sigmund's Lebensumfländen und feiner 
Umgebung befannt ſeyn und bie babei eingeflochtenen allgemeinen 
gefchichtlichen Bemerkungen beachten, und man wird nicht ſchwer 
erratben, daß nicht der König, fondern fein Kanzler Cafpar Schlick 
ber jugendliche Geliebte der ſchoͤnen und begehrlichen Lucrezia, einer 
jungen verheiratheten Sieneferin, war. Wie dieſe Liebe gleich bei 
bem Einzuge des Königs in die Stadt Siena entfland, wie ſich die 
Liebenden trog aller Überwachung ihre zärtlichen Neigungen zuein⸗ 
ander mittheilten und endlich auch dazu gelangten, zufammen zu kom⸗ 
men, nicht obye große Wagnig und Gefahren; wie endlich Lucregia 
bei dem Scheiben ihred Geliebten von Siena nicht mehr ihred Les 
bens froh wurde und eined gebrochenen Herzens ftarb, Euryalus 
aber, nad) jahrelanger Trauer über die Trennung von dem Gegen» 
ftande feiner Liebe, von Sigmund an eine Herzogs⸗Tochter verhei⸗ 
zathet ward, diefed Alles ift von ÄAneas Sylvius anziehend und mit 
wahrhaft dichterifchem Zalente erzählt, aber doch (wie es fcheint) 
treu nach dem Leben gefchildert 7°), 

Im Contrafte mit den Weltfreuden und Genüffen, die der ziem⸗ 
lich bejahrte König überall und auch in Siena auffuchte, wandte fich 
fein Sinn, der an fich edel und gut war, wieder dem Ernſten und 
Höheren zu. Bei dem Minoriten Bernardino, der in der Nähe von 
Siena als Einfiebler ein. fehr ascetifches Leben führte und im Rufe 
der Heiligkeit ſtand, fuchte er öfter Erbauung und unterwarf fich 
manderley Büßungen 77). 


76) Über des Ancas Syloius hiſtoriſchen Roman Lucrezia und Euryalus 
oder die zwei Liebenden ift im Anhang eine befondere Abhandlung beigegeben. 

77) Raynaldi an. eccl, ad ann. 1432. n. 24: Refert ejus (Bernardini) 
vitae aactor (ap. Sur. III. die 20. Maj.) Sigismundum Rom. regem, dum 





1 


Unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 91 
Da Sigmund in der langen Zeit ſeiner Anweſenheit in Italien 

die Regierungsgeſchaͤfte in Deutſchland und Ungarn durch Statthal⸗ 
ter fuͤhren ließ, dieſe aber immer nicht mit dem Anſehen und der 
Kraft des Koͤnigs die Reichsverwaltung beforgen konnten, ſo litten 
die verwahrlosten Laͤnder nicht wenig durch dieſe lange Entfernung 
iffred Gebieters. Daß er aus feiner Kanzley beſtaͤndig nach allen 
Theilen feiner Königreiche fchriftliche Gebote, Verfügungen und Ers 
laſſe ergehen ließ, vermochte bem Übelftande nicht abzuhelfen: doch 
wußte er die Unzufriedenheit von den lauten Ausbruͤchen noch dadurch 
zurüdzuhalten, daß er immer Hoffnung machte, er werbe auf das 
baldigfte zurüdfchren, da die Kaiferfrönung ganz nahe bevorftche, 
nachdem der Friede mit den Benetianern und Zlorentinern gefchtoffen 
und die Verfländigung mit dem Papfte erfolgt fey 7°). Beide legs 
tern Puncte waren ed aber eben, welche Alles von Monat zu Monat 
verzögerten, | 

Über den Stand der Unterhandlungen mit dem Papfl wach der 

fechöten Seffion fchrieb Sigmund am 29, September zwei Briefe nach 
Bafel, den einen an den Herzog Wilhelm von Bayern ??), dem 
andern an das Concilium ®%), Aus dem erftern erfahren wir, baß 
die erwartete päpftliche Botfchaft, aus den beiden Gardindien Orſini 
und Montfort beſtehend, ihre Miſſion nicht erfüllen konnte, da er⸗ 


Senis agebat, cum plura de viri sanctitate accepisset, arctissimam cum eo 
amicitiam contraxisse adeo ut singulis diehus vel illum adiret, vel ad se 
evocaret, secumque etiam Romam adduxisse: quem cum adequitantem in 
Caesareo comitatu tector inspexisset, ipsum aculeato scommate perstrin- 
xisse, moxque divina ultione ex tecto vehementi vento in terram praeci- 
pitem actum membrisque collisum: cognita vero casus ihfelicis causa ad 
Bernardinum se deferri voluisse, a quo postulata venia pristinae valetu- 
dini est restitutus. 

78) Schreiben Sigmund’s an die St. Frankfurt d. d. Siena 8. Sept. u. 
12. Oct. 1432, Auch franzöfifhe und engliſche Gefandte waren in Siena zuge 
gen, um das Friedenswerk mit betreiben zu helfen. Raynaldi ad ann. 1432. 
n. 20. Platina vit. Eugenü IV. p. 297: At Imperator cum jam sex men- 
sibus Senis substitisset, cum magna populi Senensis impensa (dad Maga, 
Chronic. Belgic. gibt die Koften auf 300,000 Ducaten an) tentatam frustra 
cum Florentinis’pacem omittens, ad Eugenium conversus etc. 

79) Martene I. c. p. 183 — 185. 

80) Martene ]. c. p. 185 sq. - 





9m Viertes Buch... Viertes Kapitel. 
fterer erkrankte, letzterer aber, der mit dem Cardinal Lucidud de Co- 
mitibus nad) Siena kam, dort fogleich nach feiner Ankunft ftarb. 
- Die Eonceffionen machenden Vorfchläge, die der Cardinal de Comi- 
'tibus aber von Seite des Papfted vortrug, fand Sigmund noch 
nicht uͤbereinſtimmend mit ſeiner Anſicht und mit den von dem Con⸗ 
cilium ausgeſprochenen Grundfaͤtzen. Sigmund follte ſogleich zum 
Kaiſer gekroͤnt und die Koſten der Kroͤnung vom Papſt getragen 
werden, dagegen aber muͤſſe der Kaiſer ſich fuͤr das neue, unmittel⸗ 
bar zu berufende Concilium, das in einer italieniſchen Stadt gehal⸗ 
ten werde, erklaͤten. Es kam daher zu keiner Verſtaͤndigung, ob⸗ 
wohl der Koͤnig meinte, ſie koͤnne wohl erlangt werden, wenn er in 
einer perſoͤnlichen Unterredung mit dem Papſte zuſammen kaͤme. 
Doch war dieſe bei der Lage der Dinge nicht leicht zu bewerkſtelli⸗ 
gen. Der Papſt verſprach zwar, ihn ſicher nach Rom geleiten zu 
laſſen, doch wollte ein ſolches Geleit der Koͤnig nicht annehmen, weil 
es dann den Anſchein hatte, als habe er ſich ſchon mit Eugen ver⸗ 
ſtaͤndigt. Es konnte dann nicht ausbleiben, daß das Concilium mit 
Mißtrauen gegen den Koͤnig erfuͤllt wurde, was dieſer natuͤrlich nicht 
veranlaſſen durfte, wollte er ſeine vortheilhafte Stellung zur Erlan⸗ 
gung feiner Abſichten benutzen. Ohne Geleit, bloß auf: Vertrauen 
in die ‚rechtlichen und frieblichen Gejinnungen des Papfted.den Zug 
nad Rom anzutreten, wozu er den Entfhluß gefaßt hatte, dies 
konnte nur flattfinden, wenn ein Waffenftiliftand auf einige Monate 
zwifchen Siena, Lucca und andern Reichsſtaͤdten in Tuscien einer 
Seitd und den Zlorentinern anderer Seits bewirkt worden, wozu 
der Cardinal Lucidus de Comitibus feine Mitwirtung verfprochen 
hatte. Wenn diefe Maffenruhe zu Stande gefommen, fchrieb 
Sigmund an den bayrifchen Herzog Wilhelm, fo werde er zu dem 
Papfte ziehen, und er hoffe fobann das gute Einverftändniß und die 
Eintracht zwifchen ihm und dem Concilium herzuftellen. Wenn man 
ihm aber eigennügige Abfichten bei diefer Bufammenkunft etwa zu⸗ 
ſchreiben wollte, daß er nur die Kaiferfrönung im Auge habe und 
das Intereſſe des Conciliums unbeachtet laffez fo möge die Verfis 
cherung ſolchen Argwohn zerflreuen, daß, wenn der Papft in den 
befannten Puncten nicht nachgebe, er ohne die Kaifertrönung von 
Rom zurüdkehren und dem Concilium mit allem Eifer beiftehen 





\ 


unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiferfrönung. 93 


werde. Diefed möge er den verfammelten Vätern und den Geſand⸗ 
ten zur Beruhigung fagen, da ex es an fie felbft nicht fehreiben kͤnne, 
um nicht Veranlaffung zu geben, daß die im Gange befindlichen 
Unterhandlungen mit dem Papfte abgebrochen würden. Sigmund 
fegließt feinen Brief an den bayrifchen Herzog damit (weßhalb er . 
auch befonders noch an das Concilium fchreibt) 81), daß er dafür Sorge 
tragen möge, daß nicht mittlerweile weitere Schritte in Bafel gegen . 
den Papft unternommen würden; auch in Rom habe man alle Maß: 
regeln,. die gegen das Goncilium gerichtet werben follten, aufges 
fhoben. 

, Um die-Mitte des Octobers erhielt Sigmund von. Eugen. ein 
Schreiben (v. 11. Oct.), worin er ihn einlud nach Rom zu. fommen, 
und erlärte, daß er ber die vorläufigen weiteren Unterhandlungen 
feinen Legaten Lucidus in Siena inftruirt und. bevollmächtigt: habe. 
Faſt um-diefelbe Zeit ſchickte das Concilium neue Abgeordnete an ben 
König, theild um die biöherigen Verhandlungen und Befchlüffe der 
Verfammlung ihm vorzulegen, theild aber auch ihn zu erfuchen, die 
Unterhandlungen mit dem Papfte und beffen Anhängern ganz abzus 
brechen, wenn er nicht einfach und unbedingt für die Fortſetzung des 
Basler Conciliums ſich erkläre 82). 

Aber dem roͤmiſchen Koͤnige ſchien es nicht fuͤr ſein Intereſſe 
geeignet, in ſolcher Weiſe die Sache auf die Spitze zu treiben: er 
ſchickte einige Wochen ſpaͤter ein Schreiben (vom 31. October) an 
das Concilium. Bereits waren wieder der Erzbiſchof von Embruͤn 
und der. Trierer Domſcholaſticus Jacob von Sirck als Vermittler 
aufgetreten. Sigmund hoffte ficher durch die perfönliche Zufammen- 
Eunft mit dem Papfte, diefen zur Anerkennung des Basler Conci⸗ 
liums zu bewegen. Er bittet daher wiederholt, Feine weiteren Schritte 
gegen den apoftolifchen Stuhl vorzunehmen 3°). 
| 81) Martene l. c. p. 186: Affectuosissime adhortamur V.-P. ne tem- 
pore medio aliquod scandalum oriatur, aut intercidere possit, quomodo- 
libet casus hujusmodi salutiferi negotüi turbativus, ut interim a processibus 
et aliis rebus, quae contra dominum apostolicum aut alias personas forte 


jam fierent, supersedere velitis .usque -ad proximam clariorem nostram 
avisationem. 


82) Raynaldi ad ann. 1432. n. 21. Martene J. c. praef. X. 
83) Martene l. c. p. 197 sqq. Gberhard Winde c. 185 ſpricht ſich dar- 


BB Wiliertes Bud. Viertes Kapitel. 

Diefe Hoffnungen bes Königs theilten keinesweges bie verfams 
melten Väter. So fehr fie auch Sigmund zu beruhigen fuchte‘, fo 
fürchteten fie doch, daß ihn der Papft gewinnen möchte, und bag 
fie dann, des weltlichen Schuged beraubt, den Verfolgungen des 

Papſtes Preiß gegeben wären. Doch beruhigte fie der Umſtand 
wieber, daß bamals die beutfchen Fürften °*), Prälaten 85) und 
Univerfitäten 86) ſich faft einſtimmig für da8*Concilium ausgeſpro⸗ 
then hatten und and) die Könige in den abendländifchen Reichen ihre 
Adhaͤſion eingeſchickt und ihre Geiftlichkeit zum Beſuch des Conci⸗ 
liums angewiefen hatten 87). 

Wenn auch ber erhaltenen Weifung Sigmund's gemäß man in 
Baſel die weiteren Schritte gegen Eugen vorerft einftellte, fo wollte 
man boch eine wichtige Mafiregel zur Sicherung des Gonciliums 
nicht auffchieben, da fich Gerüchte verbreitet hatten, Eugen fey ents 
fehloffen, Tieber das Pontificat nieberzulegen, als die in Bafel ges 
faßten Befchlüffe anzuerkennen. Daher wurden in der fiebenten 
Seffion (am6.Nov.) die frühern Deerete in Bezug auf die etwaige 
Bacanz des päpftlichen Stuhls beftätigt und zugleich die weitere Ver⸗ 
ordnung beigefügt, daß 60 Rage nach der Erledigung des heil. Stuhls, 
das Eonclave in Bafel am Drt des Conciliums feinen Anfang neh⸗ 


über folgender Maßen aus: Der Ponig lag do (in Lamparten) den ganzen winter, 
vnd teydinget mit dem babft Eugenius, vnd er bette gern gefehen, das er den 


babft auf das Eoneilium gefrigt hette, oder er es confirmiret vnd feinen Gewalt . . 


dar geſchickt hette. Das war dem babft nit wol zu ſynne, vnd enfunden nit wol 
eind werben vnd die cardinalle redeten darzwiſchen vnd ander vil groffe herren. 
Es halffe aber nit, der babft wolt nit das. Alſo blieb der com. konig zu Senes 
oder Hohenſynne in deutſchen lande (d. i. im Neihölande), vnd alfo vorluffen fi 
vil rede wenn die pfaffheit, die groffen vnd reihen, worn fere witer den konig: 
das machent, fi hetten forge, das In Ir ere mochte benomen werben. 

84) Martene 1. o. p.193. v. 10. Dct. 1432. Schreiben von den Kurfürs 
ſten; p. 19%: von Adolf H. v. Juͤlich u. Berg; p. 196. v. dem Pfalzgrafen p. 225. 
85) Guden. C. d. Mogunt. IV. 194. Schreiben. des Erzb. Gonrad v. 
Mainz 20, Dit. 1452 an die Suffraganbifäöfe. Martene 1. c. 22. De 

Erzb. v. Koͤln Martene p- 224. 

86) Bon Wien Martene 1. c. p. 122. Bon Göln p. 186. Bon Hei. 
delberg p. 19%. 

. 87) Martene I. c. 137. 138, 142. 144. 145. 158. i60, 1er. 172. 
188. 189. ” 





Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 95 


‚men folle, damit die abwefenden Sarbinäle zur zechten Beit daſelbſt 
eintreffen koͤnnten 88). 

Entweder dieſer neue Angriff gegen den whoſloſchen Stuhl 
und die roͤmiſche Curie, oder die Schwierigkeit, einen Waffenſtillſtand 
mit den Florentinern zu Wege zu bringen, brachte abermals eine 
Stoͤrung in den Fortgang der Unterhandlungen zwiſchen Eugen und 
Sigmund: die perſoͤnliche Zuſammenkunft wurde vorerſt aufgege⸗ 
ben: und man beſchuldigte ſich von beiden Seiten, als habe man 
nicht aufrichtig gehandelt. 

Über den roͤmiſchen König wurden in Baſel fo nachtheilige Ges 
rüchte verbreitet, als hielt er ed nicht mehr aufrichtig mit dem Con⸗ 
cilium, daß er ed für nothwendig erachtete, um den üblen Eindrud, 
den foldye Gerüchte auf das Anfehen der Kirchenverſammlung aus⸗ 
üben Eonnten, zu vertilgen, wiederholt eine oͤffentliche Erklärung 
son feiner Adhäfion zu den Befchlüflen des Gonciliumd in Baſel, 
die fie gegeben habe und noch geben werde, es auszuſprechen und ben 
verfammelten Vätern feinen vollſtaͤndigen Schirm und Schuß von 
neuem zuzufagen. Es ift dieſe Urkunde ald eine Art Manifeft an Sie 
ganze Chriftenheit erlaffen zu Siena am 22. November 1432 9°). 
Zwar wurden mit diefem Manifefte die Unterhandlungen mit Rom 
nicht abgebrochen, im Gegentheil fanbte der König von neuem eine 
Botſchaft an den Papft, mit einem DMemoriale, das zuerft zur Eins 

ſicht der Kirchenverfammlung vorgelegt worden war, damit fie ſich 
von ber aufrichtigen Anhänglichfeit des Königs an ihrer Sache übers 
zeuge ?°). Auch lieg Sigmund durch feine Gefandten in Bafel ben 


-88) Mansi Concil. XXIX. p. 42 sqq. Das Schreiben des Conciliums an 
die Gardinaͤle v. 7. Nov. bei Martene ]. c. 1%. 

89) Mansi Concil. XXIX. p. 09% sq. 

9%) Die Gefandten waren nad Sigmund's Angabe bei Martene 1. c. 
p- 531: Dominas Curiensis, Dominus Laurentins Marescallus .et Dominus 
Gaspar Sligk. Martene 1. c. p. 221 gibt dad Memoriale: Gs wird der Papft 
- wiederholt zur Anerkennung ded Badler Goneiliums gebeten, ad evitandum 
schisma in ecclesia dei, quod palpabile quasi est: attentis-etiam scandalis 
_ innumeris, quae in Christianismo ex defectu concilli ipsius indubie succes- 
sura sunt et quibus solo verbo sine ullo periculo personae et status sui 
providere potest. Sigmund {ft immer noch bereit, nad Rom ſich zu begeben : 


06 . Viertes Buch, Biertes Kapitel. 


verfammelten Bätern eine Schrift überreichen, worin bargeflellt war, 
was er für dad Concilium gewirkt und wie ‚vielen und großen Ge⸗ 
fahren er ſich dabei ausgeſetzt habe ?1). 

Da fich Eugen aber durchaus zähe und unnachgiebig zeigte, fo 
munterte Sigmund von neuem bie verfammelten Wäter zu weiterer 
Oppofition gegen ben Papft auf. Nachdem er an die europäifchen - 
Könige (im October) neue Schreiben zu Gunften des Gonciliums er⸗ 
laſſen °2), und auch der englifche König daſſelbe vollſtaͤndig aner⸗ 
Tannt hatte ?3), wurde am 18. December die 8. Seffion gehalten. 
Es ward befchloffen: wenn ber Papft binnen 60 Tagen die Aufhe⸗ 
bungsbulle nicht förmlich und unbedingt widerrufen, fo werde der 
Proceß gegen ihn eröffnet werden. Die Cardindle wurden wieders 
holt aufgefordert, ſich in Baſel einzufinden, widrigenfalls ihnen die 
Pfruͤnden fuspendirt würden. Endlich wurden alle anderwaͤrts als 
zu Baſel gehaltenen Synoden waͤhrend der Dauer des Conciliums 
fuͤr geſetzwidrige, ſtrafbare Verſammlungen erklaͤrt. Nur die Her⸗ 
zoge von Burgund und Savoyen waren es noch, welche durch ihre 
Ageſandten in Baſel ſchwach die Sache Eugen's führen und gegen 
das Verfahren, welches das Concilium einſchlug, proteſtiren lie⸗ 
fen?*). Denn da die Einheit zum Weſen der Kirche gehöre, fo 
dürften Feine zwei allgemeinen Concilien zugleich flattfinden 95).. 

Der Papft mußte endlich einfehen, daß. feine Gefandtfchaften. 
an ben König nicht außrichteten. Auch ein Verfuch, durch die Stadt 


praestareque omnia juramenta debita et solita et suscipere imperiale dia- 
dema ‘de manibus V. 8. etc. 

9)) Martene L. o. p.530 sqg. Die Schrift ſcheint am Schluſſe des I. 1432 
abgefaßt worden zu ſeyn, wurde aber erſt den 20. Jan. 1433 dem Concilium 
vorgelegt. Am Scqluſſe des einen Abſchnittes, der Über das, was der König 
für das Concilium gethan, fpridt, heißt es: Item majestas regia post ad- 
ventum dominorum cardinalium ad Senas, disposita erat se periculis qui- 
‚buscunque submittere, et Urbem intrare et dominum apostolicum visitare, 
‚at saltem ipsum personaliter posset mufcere ad mutandum propositum, sem- 
‚per praeponendo facta concilii privatis suis commodis, de quibus ante 
multos menses habuisset finem, si sola facta coucilii non obstitissent. 

92) Marten 1. c. 237. ine Gopie der Schreiben (ohne Datum). 

93) Rymer. act. Angl. IV. 4. p. 187. 

94) Barante hist: des ducs de Bourgogue VI. 248. 

95) Mansi Concil. I. c. 43 —47. 


mccu— —— — — 


⸗ 


Unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 97 
Siena dahin zu wirken, daß Sigmund ſich fuͤr den Papſt guͤnſtiger 
zeigte, mißgluͤckte. Der roͤmiſche Koͤnig wußte zu gut, was ſein 
Vortheil erheiſchte. Nur durch das Concilium, das ſich gegen die 
Boͤhmen nachgiebiger zeigte, als der unbeugſame Papſt, konnte er 
in den Beſitz des boͤhmiſchen Throns gelangen. Dieſer war ihm 
wichtiger und brachte ihm materiellere Vortheile als die Kaiſerkrone. 
Er wollte daher auch letztere lieber miſſen, als die Herrſchaft uͤber 
das Reich Boͤhmen. 

Da Eugen verzweifelte, Sigmund vom Concilium abzuziehen, | 
fo Fam ex wieder dem leßtern annähernd entgegen. Am 15. Decem⸗ | 
ber fchicfte er eine neue Botfchaft nach Baſel, um fich mit den ver: 
ſammelten Prälaten über den Ort und bie Zeit einer neuen allgemeis 
nen Kirchenverſammlung zu verfländigen, welche die Ausrottung der 
Kegereien, die Unterwerfung ber Böhmen, die Wiederherftellung des 
Friedens unter den Fürften des Abendlandes zu Stande bringen und 

uͤber die Kirchenreformation fich berathen folte. Die päpfllihen Ab: 
georöneten, zu welchen Johannes von Prato gehörte, erhielten durch | 
eine befondere Bulle (v. 2. San. 1433) volle Gewalt, die vorfam 
melten Väter, wenn fie in diefe Vorfchläge eingegangen, von allen 
Kirchenftrafen frei zu fprechen, in welche fie durch ihre bisherige Op⸗ 
pofition gegen den apoftolifchen Stuhl und die Anordnungen Eu⸗ 
gen's IV gefallen ſeyen. 

Zugleich aber wurde von Rom aus das Geruͤcht verbreitet und 
die Anhaͤnger Eugen's 1V beſtaͤtigten es in Baſel, Siena und ans 
derswo, daß über den roͤmiſchen König der Bann ausgeſprochen und 

ihm die Kronen, die er trug, abgefprochen worden ?°). Auch hieß 
es, daß der Protector des Conciliums, Sigmund's Statthalter, der 
Herzog Wilhelm von Bayern, in den Bann gefommen. Das Cons 
cilium erkannte die ganze Wichtigkeit der Sache. Es mußte mit 
dem römifchen König ſtehen und fallen: es hatte nur in ihm und 
durch ihn feine Kraft. Daher trug die Kirchenverfammlung auch 
feinen Augenblid Bedenken, des Königs Sache für die ihrige zu er⸗ 
klaͤren. Es wurde am 22. Ian. 1433 (offenbar auf Betreibung ber 
Eöniglichen Sefandten) die neunte Seffion gehalten. Die Kir: 





96) Martene p. 531. 
Aſchbach K. Sigmunt, IV. q 


BL: Wirtes Buch. Viertes Kapitel. 


cheiwerſammlung nahm den roͤmiſchen König in ihren beſondern 
Schutz und erklaͤrte alle Strafen und Urtheile 97), welche der Papſt 
uͤher ihn und ſeinen Stellvertreter, den bayriſchen Herzog Wilhelm, 
ausgeſprochen habe oder noch ausſprechen werde, fuͤr null und nichtig. 

Durch dieſes Decret war die paͤpſtliche Auctoritoͤt in ihrer Praͤ⸗ 
rogqtive erfchättert: die Waffe, welche fie in der aͤußerſten Noth 
und Gefahr zur Hülfe nahm, war ihr entriffen. 

Es laͤßt ſich wohl mit einiger Sicherheit behaupten, daß bie 
Bannbullen gegen Sigmund nie erlaffen worden waren ?®): es 
wurde nur das Gerlicht verbreitet, um zu fehen, welchen Eindrud 
bafielbe machte. Da dieſes aber gang die beabfichtigte Wirkung ver: 
fehlte, im Gegentheil Eugen’3 Stellung faſt nicht mehr haltbar dem 
Soncilium und dem roͤmiſchen König gegenüber machte, ja auch in 
dad Carbinaldcollegium immer mehr der Abfall eimiß 9): fo fah 





97) Mansi I. c. 47 sq. Raynaldi 1433. n. 3. Bzorv. XVI. a. 1432. 
p. 24. 39.. Hermann. Comer. p. 1313. 1317. 

98) Martene 1. c. praef. XI ſpricht darüber wie folgt: Cum illarum sen- 
tentiarum instrumenta in hunc usque diem latuerint, qui de actis in con- 
cilio Basil. hactenus tractaveruht auctores, videntur dubitare, an revera 
latae fuerint aliquando., At latas reverg fuisse probant es, quae Sjgis- 
mundi oratores in generali congregatione die. 20. Jay. 1433. ex schedula 

patribus recitavere: de his quae dominus imperator libentissime fecit ad 
promotiponem concilii Basileensis et de his quae passus est et libenter sus- 
tinet propter adhaesionem s. concilüi (cf. Martene 1. c. p. 530 sq.); in 
quibus regnis suis privatır commemoratur. Raynaldi ad ann. 1433, n.3, 
An 'vero hujusmodi in Sigiamundum judiciaria acta concepta a Pontifice aut 
vulgata sint, non reperimus, sed ex gestis Basileensium constat pronos ad 
schisma et bella civilia praeaules fuisse. Naynaldi vermuthet daher, es fey 
eine leere Erfindung gewefen, Daß Eigmund in Bafel nit zugegen war bei 
der neunten Seſſion, bedarf Feines befondern Beweifes, den Martene nad Bzo⸗ 
vius zu fuͤhren fucht. 

99) Antonini Summa histor. III. Tit. XXII. c. 10. Cardinales plures 
ab eo (Eugenio) recesserunt, aliqui clam insalutato hospite, alii patenter 
occasioge inventa alicujus bonae rei fiendas et Basileam pergentes etc. 
Dod war der Abfall nit fo groß, daß nur vier Cardinaͤle noch es mit Eugen IV 
bielten, wie der Deutſchordens⸗Geſandte bei Boigt in Raumer’s hiſt. Tafchenb. 
1833. &, 75 beridtet. Zreilih fagt auch Diugoss. hist. Polon. lib. XI. 
p- 643: Cardinales fere omnes, deserto Eugenio, ad illud (concilium) con- 
fluxerant. 


J 
Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 99 
Eugen die Nothwendigkeit ein, wollte er die Kirche und den apos 
ftolifchen Stuhl nicht den größten Gefahren Preiß geben, ben Um: 
fländen ein Opfer zu bringen. 

Man kanrı daher behaupten, die neunte Seffion, welche die fefte 
Einigkeit zwifchen dem Concilium und dem römifchen König offen 
an ben Tag gelegt hat, ift ed gewefen, welche Eugen zur Nachgie: 
bigkeit zwang. 

Das Coneilium wollte nun bei der ſo uͤberaus guͤnſtigen Stim⸗ 
mung des Koͤnigs fuͤr ſeine Sache die Lage der Dinge ohne Zoͤgern 
benutzen. Es benachrichtigte Sigmund von ſeinen gefaßten Be⸗ 
ſchluͤſſen und dankte ihm wiederholt für feine unveraͤnderliche, fefte 
Anhänglichkeit an die Kirchenverfammlung 109) (29. Jan.). Am 
49, $ebr. wurde die zehnte Seffion gehalten. Darin wurden alle 
Ertheilungen geiftlicher Beneficien, die Eugen zur Behauptung der 
Auflöfung oder Hinderung de Conciliums gemacht hatte, für nich 
tig erflärt. Auf die Contumazanklage gegen Eugen durch die Pro: 
inotoren des Sonciliumd wurde endlich ber Proceß gegen den Papft 
wirklich begonnen 101), 

Da auch Sigmund in Stalien thätig war, und er burch ben 
Cardinal von Rouen (Gardinalis Rotomagensis), der fi eben: 
falls vom Papft abgewendet und fuͤr das Goncilium erflärt hatte, 
einen Frieden mit Florenz unterhandelte 102), fü beeilte fi) Eugen, 
dern König und dem Concilium Conceffionen zu machen, ehe der 
ganze Sturm über ihn hereinbrach. 

Schon am 16. Sebr. erließ der Papſt eine Bulle 103), worin 
er feine Beiflimmung gab, daß die allgemeine Kirchenverfammlung 
weiter in Bafel beftehen und von feinen Legaten präfidirt werben 
ſollte. Diefe Bulle fandte er fogleich dem roͤmiſchen Könige und 
den Kurfürften 10%) zu, welche fie weiter an bad Concilium befoͤr⸗ 

100) Martene 1. c. p. 532. 

101) Mansi I. c. p. 48 sqq. 

102) Die beiden Briefe des Königs d. d. Senis 8, u. 23. Zebr, 1433 
bet Martene 1. c. p. 533 sq. - 

103) Martene 1. c. p. 536. Raynaldi a. 1433. n. 5. Labb. Concil. 
xı. 942. 


104) Schreiben Sigmund’3 an das Goncilium d. d. Siena 4, März 1433 
b. Martene p. 535. Labb. Concil. XIL 934. Mansi Conc. XXIX. 569. 


7 * 


100 Viertes Bud. Viertes Kapitel, 


berten. Wenige Tage ſpaͤter ermahnte er diefelben Fürften 195) zum 
Anerkennung dieſes Conciliumd, und ſchon am 1. März ernannte er 
vier Gardindle, bie an feiner Statt in der Berfammlung den Vorſi itz 
führen ſollten 106). 
Noch ehe die neue paͤpſtliche Bulle in Baſel bekannt gemacht 
wurde und die neuen Abgeſandten dort eintrafen, hatten in mehreren 
General⸗Congregationen die alten paͤpſtlichen Abgeordneten noch Al⸗ 
les aufgeboten, die verſammelten Vaͤter dahin zu ſtimmen, daß ſie 
ihre Einwilligung zur Verlegung des Conciliums nach Bologna gaͤ⸗ 
ben 107). Der Papſt verſprach dann alle erlaſſenen Bullen gegen 
die Kirchenverfammlung zurüdzunehmen. Sollten die Böhmen nicht 
nach Stalien gehen wollen, fo koͤnne eine Einrichtung getroffen wer: 
den, daß die Bologner Kirchenverfammlung eine Deputation nach 
Bafel aborone, um dafelbft jene zu hören. Diefe Anträge aber 
wurden fogleich verworfen, Die päpftlichen Gefandten machten dann 
die weiteren Zugefländniffe: man folle einen Ort in Italien zum 
Goncilium vorfchlagen. Als man darauf nicht einging, machte man 
die Gonceffion, daß auch eine beutfche Stadt für das Concilium vor: 
gefchlagen werden dürfe, nur aber Bafel nicht. Aber auch felbft 
diefe Einrdumung genügte nicht 198). 

Mit der Anerkennung ded Basler Conciliumd von Seite des 
Papſtes in der Bulle vom 16. Febr. und der Ankunft der vier von 
ihm zu feinen Legaten ernannten Cardinaͤle 109) in Bafel, bie mit 
dem Garbdinallegaten Sultan den Vorfig führen follten, war noch 

keinesweges die Sache in's Reine gebracht. Die Vollmacht, welche 


. 105) Guden. cod. d, Mogunt. IV. 79. -Raynaldi l.c. n.7. das Sqrei⸗ 
ben an den Herzog von Sachſen. 

106) Raynaldi 1. c. n. &. 

107) Martene 1. c. praef. XII sq. p.542— 557. Die Antwort des Con⸗ 
ciliums p. 557 — 571. Die General-Congregation fand am 7. März ſtatt. 
Die päpftlihen Gefandten waren: Johannes Mella referendarius, Christopho- 
rus Cerviensis episcopus referendarius, Ludovicus S. Justinae Paduensis 
abbas et Nicolaus $. Mariae de Moniacos in dioecesi Montis-regalis abbas. 

. 108) Raynaldi ad ann. 1433. n. 3. 

109) Es waren diefes die Gardinäle : Jordanus Sabinensis Episcopus, Pe- 
trus.Albanensis Episcopus, Nicolaus 8. Crucis in Jerusalem presbyter et 
Angelotus presbyter. 


(2 


Unterhandl. mit d. Papft weg. d. Concil. u, d. Kaiſerkroͤnung. 101 


Eugen feinen Stellvertretern ertheilte, erſtreckte fi) nur auf die Zu: 
rüdführung der Böhmen und auf die Beilegung der Streitigkeiten 
unter den Fürften, nicht aber auf den Hauptpunct, auf die Kirchen: 
Reformation 110), Da ferner in der Bulle angedeutet war, daß 
der Papft das Goncilium erft von der Zeit an, wo er daffelbe aner: 
kannt hatte, als gültiges zu betrachten gefonnen fey und daher auch 
den früher von demfelben gefaßten Decreten Feine Kraft zuerfenne; 
fo ging der Streit weiter fort. Auch wollte man den vier Cardinal: 
legaten den. Borfig in diefer Eigenfchaft nicht einräumen, fondern 
nur ald von dem Concilium Delegirten, die ihm verantwortlich feyn 
‚müßten. Denn da die Kirchenverfammlung die höhere Auctorität 

ſey, fo müßten auch die Vorfigenden von ihr zur Verantwortung 
gezogen werben Finnen 111), 

Daß die verfammelten Väter durch die Anerkennungsbulle nicht 
in ihren Oppofitiond: Schritten gegen den apoftolifchen Stuhl fich 
aufhalten ließen, zeigte die elfte Seffion, am 27. April 112), 
die vor der Ankunft der vier vom Papft abgeorbneten Cardinaͤle 
flattfand. Die Decrete des Conftanzer Conciliums in Betreff der 

- Haltung der allgemeinen Kirchenuerfammlungen wurden von neuem 
beftätigt und der Befchluß beigefügt, daß der Papft gleich den übri: 
gen Gliedern der Kirche verpflichtet fey, entweder in Perfon auf 
dem Concilium zu erfcheinen, oder ſich durch einen Gefandten ver: 
treten zu laſſen. Würde der Papft unterlaffen, zu der beflimmten 

Zeit dad Concilium zu berufen,’ fo Fönne fi die Berfamm: 
lung auch ohne Berufung des Papſtes undder Carbinäle 
conftituiren. Sollte aber der Papft dem Goncilium dann Hin: 
derniffe in den Weg legen wollen, es aufzuldfen ober zu verändern: 
füchen, fo folle er von dem Pontificate fuspendirt und 
im Salle er feine Maßregeln nicht widerrufe, nach einer Frift von 
zwei Monaten entfest werden. Vor einer Papftwahl follten 
die Wähler, und fpäter der gewählte Papſt beſchwoͤren, dieſe Be: 
ſchluͤſſe aufrecht halten zu wollen. Endlich wurde befchloffen, daß 
ein allgemeined Concilium nur aufgehoben werben 

110) Martene praef. XV. u, p. 590. . 


111) Raynaldi l. c. n. 9. 
112) Mansi Conc. XXIX. p. 52 — 56. 


102 Diertes Buch. Viertes Kapitel. 


Pönnte, wenn zwei Drittheile der verfammelten Väter 
ihre Einwilligung dazu gegeben hätten. 

So hatte die Kirchenverfammlung, unter dem Schuge der welt⸗ 
lichen Gewalt, in ihrer Oppoſition gegen dad Oberhaupt der Kirche, 
alle Phafen des MWiderftonds, ja endlich der Auflehnung durchlau⸗ 
fen, in welcher Weife fpäter in den letzten Jahrhunderten Reichs⸗ 
fände in einigen Ländern Europa's den Monarchen gegenüber Schritt: 
vor Schritt die Gewalt an fich riffen. Beſtehende Mißbraͤuche abzus- 
fchaffen und nothwendige Reformen einzuführen, und andere Gründe: 
hatten die Berfammlung ald durchaus nöthig in's Leben gerufenz 
bald zeigte ed fih, daß die Gewalt, die dad Recht hatte, zu. beru⸗ 
fen, nicht mehr die Verſammelten in den Schranken halten konnte, 
bie zur Behauptung der Einheit der Regierung nothwendig find. 
Daher der Berfuch der Auflöfung oder Vertagung. Schon. war 
aber die oberfte Regierung nicht mehr im Stande, diefes Recht in 
Ausführung zu bringen, bei der Aufftelung des Grundfages der- 


Berfammelten (der die allgemeine Billigung fand); die Verſamm⸗ 


lung, nicht der Präfident derfelben, ift vie hoͤchſte Gewalt 
und Die höchfte Auctorität: der Prafident iſt ihr erfter Beam 
ter und kann bei gefeßwidrigen Handlungen (welche als folcher Art 


anzufehen waren, dies wurde erſt durch neue Gefeße von der Vers 
fammlung proclamirt) zur Rechenfchaft gezogen, beftraft, ja abge. 


fegt. werden, Es war durch. diefe Erklaͤrung, die ebenfalld Geſetzes⸗ 
kraft erhielt, die monardhifche Einrichtung der Kirche in eine: arifto- 
cratiſche, oder wenn jeder Pfarrer gleich dem Bifchofe an der Vers 
ſammlung Theil nehmen konnte, in eine rein republicanifche, geaͤn⸗ 
dert. Es waren fodann auch die weiteren Befchlüffe ganz folges 
richtig: daß die Wahl des Prafidenten von der Berfammlung aus⸗ 
gehen muͤſſe; daß deffen Delegirte in folcher Eigenfchaft nicht der. 
Berfammlung präfidiren Pönnten, fondern daß die Stellvertreter des 
Präfidenten, ebenfo gut wie er felbft, ihre Vollmacht nur: von der 
Verfammlung empfingen und daher auch ihr verantwortlich. wären:- 
ferner daß ein Geſetz aufgeftellt wurde über die nach beftimmten 
Zeitfriften regelmäßig zu haltenden Verſammlungen, die, bei Un- 
terlaffung der Berufung durch den Präfidenten, fich felbft zu con⸗ 
flituiren dad Recht hätten, wenn die geſetzmaͤßig beflimmte Zeitfrift 


Unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Concil. u, d. Kaiſerkroͤnung. 103 
eingetreten fey: endlich daB angeordnet wurde, daß dieſer ſich ſelbſt 
in's Leben rufenden Verſammlung der Praͤſident (der Papſt) und 
die, welche als Beamte einzelne Zweige der Regierung und Verwal⸗ 
tung führten, durch einen Eid zu verpflichten ſeyen, daß fie allen 
gegebenen Gefegen flreng nachkommen wollten. 

In der elften Seffion waren die in Bafel verfammelten Väter 
fo weit gekommen (vielleicht ohne daß fie das klare Bewußtſeyn ba: 
von batten), Daß fie den Papſt für ihren erſten verant- 
wortlihen Beamten erflärten. 

Mittlerweile noch der Papft Alles aufbot, feine Stellung als 
Dberhaupt der Kirche nach der Weife feiner Vorgänger dem’ oppofis 
tionellen Geifte der Kirchenverfammlung gegenüber zu behaupten, 
war es ihm gelungen, feinen Frieden mit dem römifchen König zu 
feyließen und ihm, wenn auch nicht grade zum unbedingten Buns 
besgenoffen,: doch zum Vertheidiger feiner Rechte und zum Schuͤtzer 
bes apoſtoliſchen Stuhles zu gewinnen. Denn daß die lebte Phafe, 
die erſt viel ſpaͤter eintrat, nämlich die Abfegung des Papftes, das 
mals nicht. unmittelbar erfolgte, diefes muß dem Kaifer Sigmund 

' zugefchrieben werden, ber Dagegen mit einem ebenfo- großen Eifer 
ſprach und handelte, als er vorher beim Papfte dahin gewirkt hatte, 
von ihm die Anierfennung des Conciliums zu erhalten. So lange 
ev lebte, duldete er nicht, daß die verfammelten Väter eine Abſetzung 
des Papſtes ausfprachen. | 

Die Verftändigung, der Friede, die Eintracht zwifchen Eugen’ 
und Sigmund war aber auf folgende Weife zu Stande gekommen. 

Sobald der Papft durch die Bulle vom 16. Febr. das Conci⸗ 
lium in Bafel anerkannt hatte, fah der römifche König die Haupt: 
ſchwierigkeit, die ſich einem Vergleiche entgegengefeßt hatte, aus 
dem Wege geräumt 113). Der Zrierer Domherr Jacob von Sirck, 
der früher ſchon einige vergebliche Wermittlungsverfuche gemacht 
hatte und in Rom fich Damals bleibend niedergelafjen hatte, Fam wie: 
derum zum König nach Siena, und bot feine Mitwirkung zu einer 


113) Dieſes ift erfihtlih aus Sigmund's Briefen, die er im März, April 
und May am’ das Goneilinm färieb: Märtene 1. c. 535. Mansi 1, c. 592 
u. 375. 


104 WViertes Buch. Viertes Kapitel. 

Vereinbarung mit dem Papfte an, die Sigmund freudig annahm!1*), 
Jacob von Sir hatte Eugen fehr freimüthig die Lage der Dinge, 
befonderd die deutfchen Werhältniffe dargeftellt und auf die weiteren 
Gefahren aufmerkfam gemacht ſowohl für die Kirche als für den 
apoftolifchen Stuhl, bei laͤngerm Verharren auf der Auflöfung des 
Conciliums. Er war ed hauptfächlich, der Eugen zur Bulle vom 
16, Zebruar bewog und bei der Kortdauer und dem Fortfchreiten 
der Basler Oppofition weitere Zugeftändniffe, um Sigmund zu ges 
winnen, dringend anrieth. Letztere aber waren doppelter Art: ers ' 
ſtens des Papſtes Mitwirkung in Bezug auf den Frieden zwifchen 
Sigmund und den Venetianern und ihren Verbuͤndeten, dann aber 
in Betreff der Kaiferfrönung. 

Sigmund fand ſich damals in der ärmlichften Lage in Siena, 
verlaffen von den deutfchen und italienifchen Zürften, ohne Zruppen: 
und Geld115), Da er bereitö nahe an ein Jahr den Einwohnern: 
von Siena durch feine lange Anwefenheit in ihrer Stabt zur Lafl: 
gefallen war 116), fehnte er fich fehr nach der endlichen Ausglei⸗ 
hung der Streitfachen. Daher empfing er die Nachricht, daß Eugen 
dad Goncilium in Bafel anerfannt habe, mit großer Freude: er 
meinte, es fey. die Sache zwifchen dem Concilium und dem Papft 
fo gut ald auögeglichen. Da der Hauptpunct erledigt, fo werde 
man fich über die Nebenpuncte ſchon verfländigen. Was nun noch 
beſonders übrig fey, gehe ihn vorzüglich allein an. Wenn Eugen 
noch den Frieden mit Venedig und Florenz auf eine billige und un: 


114) Eberh. Windel c. 187 und beſonders c. 188. (Xacob von Sirck, 
Domberr zu Trier) arbetete fi zu derfelben fo fere, das der P. Eugenius IV 
mit konig Eigmund eins ward — und das der Babft das Goncilium beftetigte, 
wiewot er ‘ed vor hette geſchendet. . 

‚, 115) Eberh. Windel c. 187 u, c. 188. p. 124. 

116) Kit genau und zum heil fabelhaft ift, die Nachricht im Magnum 
Chronic. Belgic. ed. Pistor. p. 388: Substitit (Rex) Senis per quinque 
menses: unde cives Senenses luere tum debuerunt, quod olim peccarunt, 
- cum D. Carolo IV, Imp. Sigismundi patre. — — Postquam (Carolus Imp.) 
iterum discessisset uxörem ejus, matrem Dom. Sigismundi et tunc ex illo 
gravidam in Jupanar duxerunt: -quia pro illo delicto Sigismundo Caesari - 
ultro expensas jam dederunt trecenta millia ducatorum. cf. Platin. vit. Eu- 
genüi IV p. 297. 





Unterhandl. mit d. Papſt weg. d. Concil. u. d. Kaiſerkroͤnung. 105 
parteiiſche Weiſe vermittelte, ſo ſah er durchaus kein Hinderniß mehr, 
das fich noch gegen die Kaiſerkroͤnung erhebe. Bereits hatten die 
Sienefen und Florentiner die Vermittlung des Papſtes in ihren 
Streitigkeiten angenommen. Nur deghalb waren die Unterhands 
lungen’ etwas verzögert worden, weil $lorenz ben römifchen König 
ald Partei nicht mit ald Vermittler annehmen wollte, wie Siena 
verlangte. "Auch Venedig theilte die Anficht von Florenz 177); fo 
mußte dad ganze Zriebendgefchäft in die Hände Eugen’8 IV, des 
Markgrafen Nicolaus von Efte umd des Markgrafen Ludwig von 
Saluzzo gelegt werden, die fhon am 7. April 1433 den fogenann> 
ten britten Frieden von Ferrara vermittelten. Am 26. April 
wurde diefer Friedendvertrag von den flreitenden Theilen unterzeichnet. 
Der venetianifche Handel hatte durch die Hanbelöfperre an den deut⸗ 
ſchen und ungarifchen Grenzen fehr gelitten; durch Die großen Kriegs⸗ 
laften waren die Staatsfchulden der Republik vermehrt, durch 
Schlachten, Seuchen, Hunger bie Bevölkerung vermindert wor: 
den. Daher zeigte ſich Venedig zum Frieden geneigt, ohne Gebiets: 

vergroͤßerung. Aber auch der Herzog von Mayland, beffen befter 
Feldherr Piccinino im Krieg ſchwer verwundet worden war, mußte 
alle gemachten Eroberungen an die Verbündeten zuruͤckgeben, felbft 
auch Pifa an die Florentiner, und ’verfprechen, fich nicht mehr in 
Verbindung mit den Zactionen in Todcana und in der Romagna 
einzulaflen 11°). Ä 

117) Raynaldi ad ann. 1432. n. 20. 

118) Über diefen dritten Frieden v. Zerrara und den ihm vorausgehenden 
Krieg gaben Nachricht: Eberhard Windel c. 188. Marino Sanuto vite de’ 
duchi di Venezia b. Muratori T. XXIII. 1032. Poggü Bracciolini hist. Flo- 
rent. b. Murat. XX. 383. Petri Russii hist. Senens. b, Murat. XX. 45 sq. 
Malavolt Istor. di Siena P. III. p. 25 sqq. Comment. di Neri di Gino 
Capponi b. Murat. XVII. 1179. Jo. Stellae Annal. Genuens. b. Murat. 
XVII. 1310. Cronica di Bologna b, Murat. XVII. 646. Jac. Bracelli. 
Genuens. de bello Hispan. Hagon. 1530, lib, III. fol. 4. Raynaldi ad ann. 
1433. n. 13. SBgl. Sismondi hist. des rep. Ital. IX, c. 66. Leo Geſch. der 
italien. Staat, IV. 312 fl. Pray Annal. Hung. II. 310 fagt, die Urkunde des 
Friedens, der auf 5 Jahre gefloflen wurde, finde fi nirgends. Tllud com- 
pertum est, Venetos impendiorum rationes, quas Imperator Romae ac in 
Italia fecisset, liberaliter praestitisse. Credibile etiam Spalatum ac Tini- 
num Dalmatiae maritimae urbes ex foedere Hungaris redditas, quod earum 


” 


106 Viertes Buch. Viertes Kapitel. 


Durch die Bemühungen bed Jacob von Sirck waren die Vers 
handlungen fo raſch betrieben t29), Daß man mit bem Ganzen ſchnell 
zum Abfchtuß Fam +20). Grundlage des Vergleichs bildete: dent 
Papſt, der ſchon das Concilium anerkannt hat, verbürgt ber König, 
baß er ihn auf dem päpfllichen Stuhle in allen Rechten nach allen 
Kräften ſchuͤtzen und fehirmen wolle, gegen Jedermann: dagegen 
empfängt Sigmund aus den Händen des Papfled die Kaiſerkroͤ⸗ 
mung, wovon Eugen die Koften trägt. Vor der Krönung aber lei⸗ 
flet Sigmund dem Papft den üblichen Eid durch Abgeordnete, und 
wenn ed verlangt wird, fpäter, wenn er mit dem Papſt zuſammen⸗ 
kommt, dieſem perſoͤnlich ſelbſt. 


urbium praesules regi obnoxios fuisse, illorum temporum diplomata per- 
spicuum faciant. 

119) Mansi XXIX. 52. 

120) So hatte Sigmund das fhwere Ziel durch Ausdauer und Umſicht er« 
reiht: Aneas Sylo. in feinen kleinen Schriften (Gefpr. mit K. Zriedri III u. 
dem Kanzler Gafpar Schlick bei Ghmel K. Zriedrid II, Bd. II. ©. 7B1) läßt 
ven Kanzler fagen: Nihil unquam difficilias vidi. Nunc volebant, nunc no- 
lebant Itali; dicta facta, indicta infecta erant. Nunc Mediolani, nunc 
Luccae, nunc Senis, nunc Romae vexati sumus: et misi providentia Sigis- 
mundi cavillationes Italorum fregisset, nunquam cum corona ipse rediisset. 
Nicht unrichtig ift, was Dlugoss. hist. Polon. lib. XI. p. 643 bemerft: Se- 
cuta fuit Sigismundi — coronatio. Dum enim pene uno anno Maria An- 
geli Philippi Ducis Mediolani, in Mediolano et deinde Senis stetisset; Ve- _ 
netisque propterea, quod cum hoste eorum duce Mediolani communicaret, 
suspectus esset; sed nec Eugenius IV qui et ipse Venetus erat, sinceriter 
sibi de insigniis imperialibus faveret: veritus tamen, ne universam Italiam, 
suis callidis ingeniis, bellis involveret, cessit necessitati et quibusdam con- 
ditionibus et pactis interpositis firmatisque, coronare illam repromisit: quo 
facilius se authoritati decretisque et privationi depositionigne concilüi Basi- 
liensis subduceret. 





Fünftes Kapitel. 


Sigmund’s Kaifertrönung und. Ruͤckkehr nad) Deutfchlenb zum 
Concilium. 1433 und 1434, 





Nachdem der Papft zu Allem, was durch feinen Bevollmaͤch⸗ 
tigten, Jacob von Sirck, fo trefflich eingeleitet worden,. feine Zu⸗ 
flimmung gegeben und er die wiederholte Einfadung an den roͤmi⸗ 
fhen König zum Empfang der Kaiferkrone erlaſſen hatte!), fandte 
dieſer mit Beglaubigungsfchreiben 2) den. ungarifchen Grafen Mas: 
tiko und feinen Kanzler den Kaspar Schlid nach Rem, um. das 
Mähere Über die Kaiferfrönung und ben Kirchenfrieden zu beflimmen- 
und in feinem Namen in die Hände des Papſtes den. Eid zu ſchwoͤ⸗ 
rem Am 7. April 1435. wurde berfelbe in Rom vor dem Papfte 
im Öffentlichen Confiftorium geleiftet, und zwar nicht nur nach dem. 
gewöhnlichen Inhalt, wie ihn frühere-Kaifer gefchworen hatten, fons 
den auch mit einigen Zufägen, wodurch der Kaifer noch mehr vers 
bunden und verpflichtet werden follte, den Papſt und feine Rechte: 


1) Raynaldi ad ann. 1433. n. 13. Der Brief beginnt mit folgenden Wor⸗ 
ten: Ex literis dilecti filii nostri Lucidi S. Mariae in Gosmedin diaconi- 
Cardinalis legati nostri et etiam ex verbis dilecti filü Jacobi de Sircz notaril: 
nostri intelleximus bonam voluutatem tuae celsitudinis et laudabilem- affe- 
ctionem erga pacißcum et tranquillum, statum populi Christiani et’ eccl. 
sanctae dei: ideoque desiderare te videre,. ut participatis invicem consiliis. 
ea agere possis, per quae pax inter principes.Christianos statuatur, exal- 
tetur fides et haereses. exstirpentur. 

2) Mausi Concil, XIX 597: Der. Brief Sigmunh’s. au. ben Papfte iſt 
datirt Siena 16. März 1433. " 


108 Viertes Buch. Kümftes Kapitel. 


‚gegen Alle und Jeden zu fehlten und zu vertheidigen?). Jedoch 
wurde in den Eid felbft nicht irgend eine Clauſel der Verpflichtung 
des Kaifers zu Gunften des Papftes in Bezug auf das Goncilium 
namentlich) aufgenommen. Aber derfelbe war fo im Allgenreinen 
gefaßt, da der Kaifer. auf den geleifteten Eid hin ſchon zum Schuß 
und Beiſtand des päpfllichen Stuhles und Eugen’s IV aufgerufen 
werden Eonnte, im Falle die Kirchenverfammlung ſich gegen die päpft- 
liche Auctorität auflehnte oder Eugen vom Pontificate entfernen 
‚wollte. 

Am Tage nach der Eidesleiftung wurden noch folgende Puncte 
zwifchen dem Papfte und Sigmund’8 Bevollmächtigten feftgefeßt *): 

Noch im Laufe deffelben Monates April kommen Eugen und 
- Sigmund zur perfönlichen Unterrebung in Biterbo zufammen. 

Der römifche König wird noch perfönlich dem Papft oder def- 
fen dazu beſonders abgeordneten Legaten den Eid ſchwoͤren in ber: 
felben Form, wie ihn die Böniglichen Bevollmächtigten geleiftet haben. 

Sigmund wird bei feiner Zufammenkunft mit dem Papfte zu 
Viterbo und zu Rom nur mit feinem Gefolge und feiner Diener: 
ſchaft in der Zahl, wie er beide zu Siena hat, kommen: er wird 
wiſſentlich keinen offenen oder geheimen Feind der Kirche, des Pap: 
fle8 Eugen IV, des römifchen Volkes mitbringen: oder wenn er die: 
ſes wider Wiſſen gethan haben follte, einen folchen fogleih auf 
- Verlangen verabfchieden und entfernen. 

Zu biefer Übereinkunft kamen nachträglich noch einige geheime 
Artikel, die daher auch damals nicht zur Öffentlichkeit gelangten. 
Es waren folgende: ' 

„Nach der Krönung wird der Kaifer noch eine Zeitlang in Rom 
“ bleiben, um mit dem Papfte gemeinfchaftlich den Frieden der Chri⸗ 
ftenheit überhaupt und die Wiederherſtellung der Ruhe in Stalien 
insbefondere zu berathen.“ 


3) Mansi 1. c. 598 sqq. Lünig Cod. Ital. dipl. I. 438. Xod an dem- 
felben Tag benachrichtigt der Papſt die Königin Johanna v. Reapel von dieſer 


Verſöhnung. Raynaldi 1. c. n. 12. 

4) Labb. Concil. XII. 944. Mansi 1. c. 572—574. Raynaldi Il. c. 
n. 12 geben dieſe Pacta nicht vonftändig. Das Sehlende findet ih bei Martene. 
l. c. p. 580 sq. 





Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nad) Deutfchlanb zum Concit, 109 


„Der Kaifer verfpricht und ‚gelobt zu den in dem Eid. geſchwo⸗ 
renen Puncten noch befonders, Eugen IV für den unzweifel: 
haften, wahren, canonifh erwählten.Papft zu halten 
und zu verehren, wie aud dahin zu wirken, daß er in 
gleicher Weife von allen geiftlihen und weltliden Pers 
fonen der Chriftenheit gehalten und verehrt wird.“ 

„Der Papft verfpricht dem römifchen Könige -eine väterliche und 
ehrenvolle Aufnahme im Kirchenflaate und in Rom, am 15. Juni 
41433 in Rom ohne weiten Auffhub die Kaiferfrönung vorzuneh: 
men und dem Kaifer bei feinem Abzuge Tein Hinderniß i in den Weg 
zu legen.“ 

Von ſeiner Verſtaͤndigung mit dem Papſt, ſeiner bevorſtehen⸗ 
den Kaiſerkroͤnung, feiner baldigen Ruͤckkehr nach Deutſchland zum 
Concilium gab Sigmund den deutfchen Reichsſtaͤnden (am 13. April) 5), 
den verfammelten Vätern wenige Tage fpäter (am 15. April) °) 





5) Die Schreiben v. 13, April 1433 bei Pray Annal. Hung. II. 308 u. 


Wencker Appar. Arch. 331 haben faft penfetben Inhalt ald dad in Not. 6 


angegebene. - 

6) Das Schreiben findet fi bei Dumont C.D. II. 2. 258, Martene I. c. 
581. Mansi Conc, XXIX. 592. Die Hauptſtelle darin heißt: Approbante 
domino summo pontifice s. concilium, ad persuasionem nonnullorum no- 
tabilium virorum (unter welchen ohne Zweifel Zacob von Sir zu verftehen 
ift) et etiam oratorum nostrorum et imperii sacri principum electorum, qui 
nobis hujusmodi bullas exhibebant, nobisque recessum nostrum sine impe- 
rialibus infulis penitus dissuadebant, cum sanctitate sua remansimus con- 
cordes in deificis licitis et honestis. Sicque per totum: istum mensem 
Aprilem cum sanctitate sua in Viterbio constituemur, et usque medium 
Junii vel prius in urbe Romana a sanctitate sua coronabimur, praestabi- 
musque et innovabimus sibi illa juramenta quae nostri praedecessores Ro- 
manis pontihcibus praestiterunt. Istudque adjecimus, quod ipsum manu- 
tenebimus, quantum cum Deo poterimus: quod nos usquequaque ad alia 


obligari non permisimus nec permittemus. Et haec V. P. ideo describimus, 


ut si aliquis hanc concordiam sinistre initam, forsitan velles inter- 
pretari, illud a V. P. non credatur: quoniam haec concordia bonis re- 
spectibus facta est, dispositique sumus semper ipsi concilio juxta bullam 
per nos traditam (die fand aber das Concilium nicht genügend) in prosecu- 
tione illorum, pro quibus ipsa synodus est congregata, plenarie favere et 
constanter adhaerere: certilicantes vos, quod nisi sanctitas sua saepe dictum 


110 Viertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 
Nachtricht. In dem letztern Schreiben weht offenbar ein anderer 
Geiſt als in den frühen. Es ift nicht zu verfennen, daß ein Ge⸗ 
fühl der veränderten Stellung dem Könige abgemeffenere und Pältere 
Ausbrüde eingibt. Es find gewiffermaßen Entſchuldigungen, bie er 
vorbringt, in Bezug auf die Verfländigung mit dem Papfle, wobei 
er zugleich die verfammelten Väter erfucht, etwaigen falfchen Ge 
ruͤchten, die fiber die Art und Weife des Zuftandelommens dieſer 
Übereinkunft zu ihren Ohren kämen, ja keinen Glauben zu ſchenken. 
In ähnlichem Sinne und Zon ift ein anderes Schreiben gehal- 
ten, das der König drei Wochen fpdter (am 9. May) 7) von Viterbo 
aus an dad Goncilium richtet, nachdem die verfammelten Väter durch 
Eilboten ihn dringend abgemahnt hatten, ſich irgend mit dem Papft 
wetter in Unterhandlungen einzulaffen, da derfelbe offenbar ‚darauf 
ausginge, ihn zu täufchen®). Sigmund benachrichtigt in dem zwei⸗ 
ten Schreiben die verfommelten Väter, daß er fo eben in Viterbo 
feinen Einzug gehalten und fodann weiter nach Rom ziehen werbe, 
wo er hoffe fchon in der folgenden Woche mit dem Papfte zufammen 
zu kommen, ba die Anertennungsbulle des Conciliums ganz günftig 
in Betreff der verfammelten Väter wie auch in Bezug auf Die 
Yuncte, wozu die Kirchenverſammlung berufen, abgefaßt ſey. Daß 
der Papſt die bereitd ernannten Präfiventen und Legaten nicht ſchon 
abgefendet, daran habe ihn Manches verhindert, wobei er vollftändig 
entfchuldigt werden koͤnnte. Um aber gar feinen weitern Auffchub 
eintreten zu laflen, habe der Papſt einſtweilen andere Prafidenten 
(die ſchon in Bafel gegenwärtig) ernannt. Sigmund ermahnt das ' 
her die verſammelten Väter auf das eindringlichfte, die päpftlichen 
Legaten gut aufzunehmen und nichtd mittlerweile zuzulaffen, das 
den Papſt beunruhigen und den Frieden der ganzen Kirche ſtoͤren 
koͤnnte: in den nächften Zagen werde er mit dem Papfte eine feier: 
liche Botfchaft über die einzelnen Puncte an das Concilium aborbs 





concilium approbasset, indubie sine nostris coronis, quas propter facta 
ipsius concilii tanto tempore praetermlisimus, ad propria rediissemus. 
7) Mansi Conc. 1. c. p. 875 sq. 
. 8) Avisamenta ad Sigismund. Reg. ex parte Concil. Basil. ad concor- 
data Nat. German. Docamentor. Fascical. I. Fref. et Lips. 1775. p. 51 


— 68, 





\ 
‘ 


Sigm. Kaiſerkroͤnung u. Rückkehr nach Deutfchland zum Concil. 111 
nen und er hoffe zu Gott, daß Alles für das allgemeine Beßte ber 
Ghriftenheit gut ausgehen werde. Darauf fey fein ganzes Beſtre⸗ 
ben gerichtet, denn er wuͤrde wahrhaft betrübt ſeyn, wenn ſich in 
her Kirche Gottes ein Ärgerniß (er meint eine Spaltung) erhebe?). 

Offenbar follte dieſes Schreiben die Befchlüffe der elften Seffion, 
die aber ſchon am 27. April gehalten worden war, verhindern. Es 
kam zu ſpaͤt: auch iſt nicht wahrfcheinlich, daß die verfammelten Vaͤ⸗ 
fer fich in ihren weitern Schritten dadurch hätten abhalten laſſen. 
Eine Divergenz ber Anfichten Sigmund’& und des Gonciliumd bes 
fland offenbar: jener hielt die Anerfennungäbulle für genügend und 
meinte, den päpftlichen Abgeordneten, die dem Oberhaupt der Kirche 
verantwortlich waren, gebühre als folcyen der Vorſitz: welche beide 
Puncete das Concilium beftritt. Auch wollte Sigmund gegen ben 
Dapft felbft nicht weiter vorgefchritten haben, ba er die Entflehung 
einet Schisma's daraus befürchtete 39). 

Diie verfammelten Väter waren nicht wenig erſtaunt und bes 
unruhigt, als fie die veränderte Gefinnung Sigmund’ aus feinen 
Schreiben erfahen. Sie drüdten daher auch unverholen in einem 
Schreiben 1%) ihre Berwunderung darüber aus und bemerkten, baß 

9) Mansi 1. o. Adhortamur V. P. — quatenus eosdem benigne velitis 
suscipere, nihilque interim admittere, quod possit cedere in perturbatio- 
nem sanctitatis suae et pacis universalis ecclesiae: quoniam — — nostrog 
oratores super singulis ad V. P. mittemus, sperantes in domino, quod 
omnia pro bono reipublicae Christianae bene manebunt composita et ad 
id omni studio intendemus, qui scandala in ecclesia Dei (ipse novit) 
moleste ferremus. Schon am 4. März hatte Sigmund an das Goncilium ges 
föyrieben. Martene 1. c. p. 535: cooperaturigue quatenus in prosecutione 
harum salutiferarum rerum nullum scandalum oriatur et ecclesia Dei in vo- 
£iva unitate persistat. Dad Goncilium hatte ſchon ein Schreiben an Sigmund 
abgeſchickt, worin es den Vorwurf, ald fuhe es cin Schisma, zurüdmeist, 
Martene 1. c. p. 536: 

10) Sigmund ſchreibt (4 März 1433) bei Martene 1. c. 535 an das 
Goncilium: Salutem universalis ecclesiae prospiciatis, ad hoc tendentes, ut 
schisma illud inveteratum, quod alias inaestimabilibus labgribus sublatum 
fait, omnimode evitetur. | 

11) Würdtwein nova subsid. dipl. VII. 1 sqq. — Ideo papa nisus 
est, trahere dominum regem Romam sub specie coronationis, ut ipsum 
retineat apud se, sperans, quod, quamdiu apud ipsum erit, nihil hio 
fiet contra eum. 


112 Vierte. Bud. Fuͤnftes Kapitel. 
die ganze Wirkfamkeit und Auctorität des Goncil in Frage ge⸗ 
flellt fey, wenn es von ber Befchidung der paͤpſtlichen Legaten abs 
hängig gemacht würde. Sie forderten den König daher auch auf, 
nach Bafel zuruͤckzukehren, wo feine Gegenwart zum Heil der Kirche 
und für feinen eigenen Vortheil erfprießlicher wäre, als fein längerer 
Aufenthalt in Italien. Sie erlärten.nicht nur ihren feſten Entfchluß, 
in dem begonnenen Werke auszuharren, fondern trafen auch Anſtal⸗ 
ten zu weiterer Entgegenwirktung gegen die Verfuche des Papftes, 

das Goneilium in ſich felbft zu trennen und zu entzweien. 

So fland Sigmund nun viel mehr auf Seiten des Papſtes, 
obwohl er noch dem Concilium feinen Schug und Beiſtand, wenn 
ed gewifle Grenzen der Oppofition nicht überfchritt, gem zugefland 
und wirklich leiſtete. Auch konnte das Concilium auf den Schug 
Sigmund’8 rechnen, denn dieſer hatte fich in einer großen Anzahl 
von Schreiben nicht nur an das Concilium, fondern auch an alle 
europäifchen Zürften fchon fo fehr für die verfammelten Väter auds _ 
gelprochen, daß er, ohne feine Ehre Preiß zu geben, ed nie ganz 
aufgeben fonnte und durfte 2). Überhaupt aber hielt man Gigs 
mund's Annäherung an P. Eugen IV nicht für ganz aufrichtig, ins 
dem man wohl wußte, wie fehr das Faiferliche Intereffe dem paͤpſt⸗ 
lichen widerfiräubte und man auch den Spruch und die Staatsma⸗ 

. Fime Sigmund’8 kannte: Nescit regnare, qui nescit dissimulare. 

Bon Viterbo, wo der Papft nicht, wie anfänglich beftimmt 
worden war, mit dem römifchen König zuſammenkam, brach der letz⸗ 
tere endlich auf die Einladung Eugen’ 13) nach) Rom auf!*®). 


12) In der Antwort des Gonciliumd auf Sigmund's Schreiben v. 4. März 
fagt dieſes Martene 1. c. p. 537: Cum mente revolvimus quae ac quanta 
tua sublimitas pro s. Constantiensi concilio et isto fecit, quotque et qua- 
les literas nobis et omnibus fere principibus scripserit, quod usque ad 
sanguinis effusionem et mortem inclusive, ut verbis tuae serenitatis utamur, 
cum hoc s. concilio permanere intendebat, incredibile judicamus tuum re- 
‘ gium animum quavis occasione a devotione hujus sacri concilii posse im- 
mutari. 

13) Das Schreiben bei Raynaldi 1. c. n.13. 

148) Eberh. Windel c. 185 fegt Sigmund’ Aufenthalt in Siena bis 

Oſtern 1433. Bon dem Aufbruch nah Rom fpriht er c. 188: Alſo zog der 


Sigm. Kaiſerkroͤnung u. Ruͤckkehr nach Deutſchland zum Concil. 113- 


Am Tage des Feſtes von Chriſti Himmelfahrt, am 21.May, hielt er 
feinen feierlichen Einzug in die Stadt, an der Spike von 600 Reis 
tern und 800. Mann zu Fuß, welche fchon in Siena um ihn waren, 
und die ald fein Gefolge und feine Dienerfchaft betrachtet wurden. 
Vorgetragen wurden dem Könige die Herrſcher⸗Inſignien: die Krone, 
der Scepter, dad Schwert, der Reichsapfel. Er wurde vom Papfte 
und den Römern mit vieler Pracht und großen Ehren empfan⸗ 
gen 1426). Eugen war im Pontifical-Anzug dem König entgegenge: 
fommen bis an die Stufen der Peteröfirche, wo ihm Sigmund den 
Fuß, die Hand und dad Geficht kuͤßte. Zuſammen gingen fie dann 
in die Vorhalle der Kirche, wo ein Altar errichtet war und Sig: 
mund dem Papfte den üblichen Eid ſchwoͤren follte. Doch wurde für _ 
gut gefunden auf beiden Seiten, biefen bis zum Krönungstage zu 
verſchieben 15), Zur Wohnung wurde dem König der Palaft des 


römiſch Eonig gein Rome auf den zwelif boten tag in dem Meyen, auf demfelben 
tag was ſ. Pancrazen tag (12. May). 

14b) Ausführlich ift der Einzug beſchrieben von Poggio Ziorent. in der 
Epistola ad Nicolaum (dat. Romae pridie Non. Jun. 1433) bei Guden, Cod. 
dipl. Mogunt. II. 627 sqq. Eine große Menge Römer war dem römifchen 
König entgegengeritten, die dann beim Einzug voraus ritten: ihnen folgten die 
verfähiedenen Geſandtſchaften mit ihrem Gefolge, dann fehr zahlreihe Muſikban⸗ 
den und vicle Fahnenträger, weiter ſämmtliche Magiftratsperfonen zu Pferde, 
fodann eine große Menge zu Fuß mit Dizweigen in der Hand. Dann Fam ein 
fhöner Jüngling in Purpurfleid, der Geld unter das Volt warf, Zuletzt zog 
vor dem König die Priefterfhaft, Hymnen fingend, Gr felbit ritt auf einem 
voeißen Pferd, unter einem prachtvollen Traghimmel. Den Zug fhloffen die 
päpftlihen Reiter. Sigmund's Ausſehen wird alfo befrieben: Est enim 
aspectu perhumanus, ridenti similis, facie hilari atque liberali, barba sub- . 
cana ac promissa, Ea inest in vultu comitas et majestas, ut, qui illam 
ignorarent, ipso conspectu et oris egregia specie ceterorum regem opi- 
narentur. i 

15) Chronicon Corneli Zantfliet, S. Jacobi Leodiensis monachi, bei. 
Martene et Durand collect. ampliss. T. V. p. 433. Hermann. Corner. 
Chronic. p. 1317. Sigismundus — — veniens Romam circum f. Ascensio- 
nis domini cam principum et nobilium comitiva et apparatu decenti, re- 
ceptus est cum gloria et honore a d. Papa et senatu Romano ac tota civi- 
tate etc. Eugenii Pap. Epist. ad Conrad. Archiep. Mogunt. d. d. 22. Maj. 
1433 bei Guden. Cod. dipl. Mogunt. IV.196. Raynaldi ad ann. 1433. n. 14. 
nad dem Berichte des Antoninus, Platin. vita Eugeniü IV. p. 297. Pogg. 
Florentin. 1. c. p. 629. % 

Aſchbach K. Sigmund, IV. 8 


\ 


114 Viertes Buch, Fünftes Kapitel. 


Cardinals von Arles bei der Peteröficche angewiefen; fein Gefolge 
und die Herren, die mit ihm gekommen waren, wurden ebenfalls 
in der Nähe der Peteröfirche untergebracht 16). Damit nicht irgend 
ein Auflauf der Bürger oder fonft eine Friedensſtoͤrung flattfinde, 
wie das bei Kaiferkrönungen oft der Fall fehon war, wurde eine 
anfehnliche Anzahl Bewaffneter aufgeftelt, zur Handhabung ber 
öffentlichen Ordnung und Ruhe. 

Die Kaiſerkroͤnung ſelbſt fand auf dem Pfingſtfeſte (am31.May) 
flatt, unter’ vielen Seierlichfeiten und mit den gemöhnlichen Cere⸗ 
monien 17). 

Der römifche König ritt von feiner Wohnung zu der Sct. Pe: 
terskirche: hier fand er in der Vorhalle den Papſt mit den Cardinaͤ⸗ 
len. Hier an dem fogenannten Silbertbor war es, wo er mit 
der Krone auf dem Haupte dem Papfle und der Kirche den Eid 
fhwur, nach der Form, wie man übereingefommen war !®). Dar: 
auf ging der Papft langfamen, abgemefjenen Schritted zum Haupt: 
altar und drei Gardindle mit der Geiftlichkeit der Peterskirche führten 
den König in Proceffion zur Lateranfirche, wo fie ihn vor dem Maus 
ritins= Altar zum Ganonicus der Kirche weihten und ihm die Inſig⸗ 
nien dazu, den Domherrnhut, auffegten 1%). Dann führten fie ihn 


16) Cornel. Zantfliet 1..c. Post missam locutus fuit ad gradus S. Pe- 
tri in domo Cardinalis Arelatensis: ministri autem ejus et familiares in 
sancto - Spiritu et per burgum S. Petri. 

17) Die Kaiferfrönung , deren alle ital. Chroniften der Zeit (bei Muratori 
XVII — XXIV) erwähnen, wird am ausführliäften beſchrieben von Eberhard. 
Winde c. 188 u. 189. Poggius Florentin. 1. c. p. 631 sq. u, Cornel. Zant- 
Hiet 1. c. Allzu kurz ift, was Raynaldi ad ann. 1433. n. 14 aus römifden 
handſchriftl. Quellen darüber angibt. Auch Platina l. c. iſt nit ausführlid. 
Mebreres, was Trithem. Chronic, Hirsaug. II. 387 erzählt, beruht offenbar 
auf Unrichtigkeiten. Die Könige von Aragonien und Portugal wohnten der Kroͤ⸗ 
nung nicht bei: wahrſcheinlich aud nit der Herzog von Mayland, 

188) Raynaldi ad ann. 1433. n.14. -Lünig Cod. It. dipl. II. 793. CA. 
- Cornel. Zantfliet 1, c. Pogg. Florent. p- 631. 2 

19) Eberhard Winde c. 188. Do rait der rom, konig Sigmund zu ſ. 
Peter und Paulsmunfter, do Tas der P. Eugenius IV unter feiner Tabernakl. 
Do knyet der rom. konig Sigmund für den Babjt, do lehe er Ime jeine Faifer: 
liche Prone, do ging der Faifer in die Firden für f. Mauricien altare. Do madte 
man In einen Ganonicum des munfters zu Rome und fagte Im auf einen buns 








Sigm. Kaiferfrönung u. Ruͤckkehr nach Deutfchland zum Concil. 115 


zum Papſt zurüd. Hierauf im Anfange der feierlichen Meffe, nach: 
bem Eugen und Sigmund fich gegenfeitig ihre Verehrung und Hul⸗ 
digung dargebracht, begaben fie fi) in das Chor, wo jeber unter 
einem befonderd dazu in Bereitichaft geſetzten Tabernakel Platz nahm. 
Ehe die Kaiferfrönung felbft vorgenommen wurde, verfügte fich ein 
Garbinal, der dem Papſt bei der Zeierlichheit behilflich war, zu dem 
König und ſtellte an ihn die üblichen Fragen: ob er ehelicher Geburt, 
ob er chriftlicher Altern Sproffe, ob er felbft ein guter, katholiſcher 
Chriſt wäre. Weniger die Fragen, die hergebrachter Form waren, 
als "vielmehr die Wahl der geiftlichen Perfon, die fie zu ſtellen be- 
auftragt war, beleidigte den König, denn fie fand wegen brutaler 
Gewaltthätigkeiten gegen Frauen in ſchlechtem Rufe- (Sigmund 
wußte das wahrfcheinlich von der Zeit des Conſtanzer Conciliums 
ber.) Er konnte fich nicht enthalten, fich Darüber auszuſprechen und 
den Gardinal ald eine zur Theilnahme an der Feierlichfeit ungeeignete ° 
Perfon zurücdzuweifen. Der Papft machte auch Feine Schwierigkeit, 
einen andern Gardinal mit dem Gefchäfte zu beauftragen 2°). 


ten hut mit zicher alfo horne, alfo die Prelaten zu dem tum tragen. — Dab 
Eberh. Winde den Gang der Krönungöfeierligkeiten fehr unflar und vermor- 
ven erzählt, ift aus der beffer geordneten Darftelung des Cornelius Zantfliet 1. c. 
zu erfehen. Post haec (nad) der Eidesleiftung) papa processit ad altare ma- 
jas et tres cardinales, videl. de Ursinis, Arelatensis et s. Sixti cum clero 
S. Petri, duxerunt regem processionaliter ad ecclesiam Lateranensem ante 
altare S. Mauritii et ibi consecraverunt eum. Quo facto, in principio mis- 
sae duxerunt eum ante altare majus et ibi venit ad osculum papae et ob- 


tulit aliquantos aureos ad altare. Pogg. Florentin. I, c. Tum profectus 


in templum superius pone majus altare, ad dextram assistens, inque mo- 
rem Diaconi indutus, ab Episcopo Hostiensi sacro oleo inunctus est, — 
Post hoc ad Pontificem celebrantem ad altare accessit, a quo osculo ex- 
ceptus, interque celebrandum primum alba mitra capiti imposita, ita ut 
cornua ejus ad timpoa (legend. ad tempora) erigerentur, antequam 
per coronatus est. (In dem gebrudten Brieferfcpeint eine Lüde zu ſeyn, 

die eigentlihe Krönung nit beſchrieben ift und der folgende Sat nicht in vn 
Zuſammenhang paßt.) 

20) Die Sache, melde allein Eberhard Winde c. 188 erzählt, ift nicht 
ſehr glaublich. „Alſo kam do einer, der do pfleget einen kaiſer zu krönen, (aber 
bier kronte der Papſt ſelbſt) und fragete do den kaiſer: ob er ein Eekint were, 
vnd frumer mon vnd herre were, alfo das denne billichen ift vnd feyn fol. Do 
ſprach der Faifer: Ja. Aber du pift nit frume ond tugentliden, dem Faifer feine 

8 * 


116 Vierte Buch. Fuͤnftes Kapitel, 

"Nachdem in der feierlichen Meffe die Epiftel gelefen, bevor man 
zum Evangelium Fam, erhoben fi der Papft und der König von 
ihren Sigen und gingen von neuem vor den Altar. Hier nun voll: 
brachte Eugeniud mit eigenen Händen die Krönung: erſt wurde 


dem König eine einfache weiße Mitra auf's Haupt gefegt mit den 


Berzierungen, wie fie bie Bifchöfe tragen, und darüber die goldene 
Krone. Darauf nahm der Papfl dad auf dem Altar liegende Schwert, 
und übergab es feinen Händen, ebenfo den Scepter und den Reichs⸗ 
apfel21). Ob bei der Krönung Alles in Drdnung vor ſich ging und 
Bein Berfehenftatt fand, möchte ſchwer fenn zu behaupten, Doc) ift 
das, was Eberhard Windel von der Art, wie Eugenius ſich übermüs 


thig benommen, fagt, nicht zu glauben. Denn den kaum Gekroͤnten 


durh eine freche Handlungsweife zu beleidigen, konnte die päpftliche 
Auctowtät, befonders bei den Damaligen Zeitumftänden 22), nicht nur 
nicht erhöhen, fondern fie mußte ihr unendlich fhaden. Won dem 
Augen und vorfichtigen Eugen IV, der den Kaifer zum Schuͤtzer und 
Schirmer dem Goncilium gegenüber brauchte, wäre es wahrhaft 


die Handlung eined Wahnfinnigen gewefen, wenn er dem vor ihm’ 


knieenden Herrfcher die Krone, die nicht mitten auf dem Kopfe faß, 


fondern etwas auf ber Seite hing, mit dem Fuße zurecht ges- 





krone aufzufegen, wenne du haft einer frawen ire prufte abgefniten, Vnd alfo 
wart derfelbe entjazt und ein ander von dem Babft und Faifer gemacht.’ 

. 21) Corel. Zantfliet p. 434: Papa propriis manıbus eoronavit eum, 
imponendo sibi mitram albam simplicem et cornua mitrae, quae ponuntur 
episcopis ad utrasque aures, positae sunt ei ante verticem unum, et retro 
caput alterum, et supra mitram corona aurea est collocata. Postea papa 


suscipiens gladium de altari, tradidit in manibus suis, similiter sceptrum . 


et pomum. Pogg. Florent. p. 632 nennt nicht den Reichsapfel, fondern nur 
das Schwert und den Scepter, . 

22) Eberh. Winde c. 199. p. 1253: „Das mer tail der cardinale zu Ba⸗ 
fel waren ond auch mit dem confilium hilten, vnd alle Fonigreidhe Frankreich, 
Engelland, Schottenland, Drlant, Yfponigen, Portugal, Aregonyen, Zypern, 
Italien, Nazarien ‚ Dennemarf, Norwegen, Sweden, Pollanden, Beheim ond 
Ungern hetten alle ir pottfhaft zu Baſel, ane die Deutſchen, vie hatten das 
mynſte taill.“ — Borher gibt Windel an: „Vnd warten alle (die deutfchen Fürs 
fien) auf die pottfchaft von dem Babfte Eugenio, ob der das Goncilium wolt 
beftetigen: denn hette der Babft das Goncilium nit benetiget, ettliche hetten 
den kaiſer nit für ein kaiſer gehalten.“ | 





Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nad) Deutfchland zum Concil. 117 


‚rüdt23): wenn er ferner dad Schwert dem Kaifer zur Beleidi: 
gung mit der Spike in die Hand gereicht habe ?*). So et: 
was konnte der Papft nicht thun, ber Kaifer nicht ungeahndet ge: 
ſchehen laſſen; die übrigen Berichterflatter 2°), wenn es wirklich 
vorgefallen, wuͤrden es nicht mit Stillſchweigen uͤbergangen haben. 
Nach vollbrachter Kaiſerkroͤnung und beendigtem Hochamte, 
gaben der Papſt und der Kaiſer ſich gegenſeitig den Friedenskuß 20): 
der Kaiſer nahm darauf wieder das Schwert in die Hand, der 


23) Eberh. Windeck c. 189. p. 1245: „Alſo do mon ſolte das Evange⸗ 
lium lefen, wenne mon bettg ein loblich ampt von der Hi. Trinitat angehoben zu 
fingen, — do fam der, der do pfliget einem Paifer die krone aufzufegen, vnd 
fazte dem Faifer feine krone auff, das fie hing krumpt zu der reiten feiten. VBnd 
alfo Enyte der Faifer für dem Babft. Do hub der Babft auf feinen rechten fud, 
vnd rudte dem Paifer feine cron gleich (alſo denne recht vnd gewonheit ift) vnd 
gab dem Faifer den Segen.’ Wenn wirklich ji die Sade in der Weiſe zuge⸗ 
tragen ‚haben ſollte, wäre fie nicht denn fo zu erflären, daß dem gefrönten Kais 
fer niemand mit der Hand die Krone antaften durfte, und daß eine Zurecht⸗ 
fegung nur dann von Seiten des Papftes mit dem Fuße ftattfinden Fonnte ? 
Aber felbft bei diefer Erflärung ließ ſich nicht des Papftes Handlungsiweife recht⸗ 
fertigen, Übrigens fteht Windeck's Beriht mit Cornelius Zantfliet im Wider: 
ſpruch, der nicht einen Andern, fondern den Papft felbft die Krone auffegen läßt 
(Papa proprüs manibus coronavit eum). ÄAhnlich ift die Zabel von der 
Kaiferfrönung Heinrich's VI durch P. Göleftin III, der, tie Roger de Hove- 
den Annal. Angl. an. 1191 erzägit, dem Kaiſer durch einen Zußtritt die Krone 
vom Haupt geftoßen hat, um anzubeuten, daß er niht nur zum Kaiſer er: 
heben, fondern auch wieder die Krone zu nehmen die Macht habe, 

24) Windel 1. c. (Der Babit gab) einem anderen des Faiferd fwert, das 
den ein babft pflichtig einem Faifer zu geben, wenn er dad Evangelium in ders 
ſelben meſſe finget. Vnd alfo der Faifer das Evangelium fang, vnd er doran 
kam an dad Wort: Et dat sibi gladium, do gab der babft dem Faifer das 
fwert bei der fpiten in die hant, do Ferte ed des Faifers marſchalck 
vmb vnd gab ed dem kaiſer recht in die bant, vnd aljo fang der kaiſer das 
evangelium gar aus. 

256) Hermann. Corner. Chron. 1. c. Sigismundus Corona imperiali a 
dom, Eugenio Papa gloriose et cum magna solennitate est decoratus et 
insignitus. 

26) Windel 1. c. Nochdem alfo das ampt gefcheen was und mon den Puß 
gibt nad den weliſchen fiten, do gob mon dem babſt das ware facrament zu 
kuſſen. Alſo kußt der babft den Faifer an feinen rechten baden, vnd der kaiſer 
den babſt. 


118 Viertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 


Papſt das Cruciſix und ertheilte dem Kaifer ven Segm?7*). Er 
begleitete ihn die Stufen der Peterlirche herab. Sodann beflieg 
der Papft fein Maulthier, das der Kaifer beim Zügel hielt und uns 
gefähr drei Schritte weit führte, eine Ehrerbietung, bie er nach dem 
Vorgange früherer Kaifer dem Nachfolger Sct. Petri erwied?7b), 
Darauf beftieg Sigmund fein Pferd und fie ritten zufammen bis an 
die Tiber- Brüde bei der Engelöburg, wo fie fi) trennten, indem 
zum Abfchied der Kaifer dem Papfte die Hand fügte. Mitten auf 
der Bruͤcke aber ſchlug der Kaifer noch eine Anzahl Ritter *®), uns 
ter welchen auch fein Kanzler Kafpar Schli® und vier Zürcher Buͤr⸗ 
ger, bie ald Abgeordnete bei ihm waren 29). Die flattgefundene 


278) Windel 1. c. 

27 b) Pogg. Florent. 1. c. ander&: Consueverunt Imperatores olim 
usque ad id loci ad frena Pontifhcis pedibus iter facere: quod ne iste ser- 
varet, podagra prohibitus est. 

28) Cornel. Zantfliet I. c. Cum venissent ad ecclesiam quae sita est 
juxta pontem — imperator manum papae osculatus est et equitavit versus 
pontem, papa autem reversus est ad suum palatiam. In pontis medio 
creavit aliquantos novos milites et inde processit cum corona ad 8. Johan- 
nem ubi pransus est. Raynaldi ad ann, 1433. n. 14. Peracta pompa, ut 
Paulus Benedictus (MS. arch. Vatic. n. 110), qui aderat, Sigismundus 
aurea redimitus corona ad gradus basilicae 8. Petri cum Eugenio venit, cum- 

«que praemissis aliquibus verborum offhiciis pontifex equum conscendisset, 
imperator stratoris obsequia illi praestitit, tribusque progressus passibus in 
equum suum insilüt, petiitque pontificis laevam. Ubi ad concham areae 
castri $. Angeli pervenere mutuum sibi dixere Vale ac Pontifex in palatium 
Vaticanum retrocessit. Imperator ad Aelium pontem progressus plures Au- 
ratos equites creavit indeque ad basilicam Lateran. perrexit. Platinae vita 
Eugen. IV p. 297: Dum e Vaticano, ubi coronam acceperat, ad Latera- 
num, ubi divertebat proficiscitur, in ponte Hadriani ut imperatorum mos 
est, multos tum Italos, tum Germanos in equestrem’ ordimem adscivit, 
Sunt qui scribant (cf. Pogg. Florent. 1. c.) Eugenium hominem usque af 
pontem comitatum ad s. Petrum rediisse, Trithem. Chr. Hirsang. JI. 384. 
Auch Kaifer Friedrich IIT ſchlug nah der Kaiferfrönung auf der Engelöbrüde 
viele Ritter. Aeneas Sylv. hist. Frid. III. p. 292 macht dabei folgende Be⸗ 
merfung: Alemanni existimant in eo ponte, qui manu Caesaris fiunt, cae- 
teros milites antecedere: — Ajunt secundos, qui apud Aquisgrani creau- 
tur. — Verum id hodie ab usu remotum est. Ut quisque natu melior 
aut opibus ditior est, eo dignior habetur. 

29) Joh. v. Müller Schw. Eidg. IM. S. 176: Gigmund gab die Ritter: 


— — — — 


Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nad) Deutfchland zum Concil. 119 


Krönung wurde ſogleich allen Zürften, Staaten und Reichöftänden 
angezeigt und diefe eilten, theild durch Botfchafter theild durch Gluͤck⸗ 
wunfchfchreiben, dem Kaifer ihre Theilnahme an dieſem Ereigniffe 
auszudruͤcken. Die Schweizereidgenoffen waren die erften, weldhe 
durch ihre Botfchafter Sigmund beglüdwünfchten: er ehrte fie da⸗ 


her auch öffentlich vor dem Papft und dem römifchen Volke, durch 


befondere Zeichen der Vertraulichkeit und Achtung 30), 

Unmittelbar nad) der Kaiferfrönung beftätigte Sigmund bie 
Gonftitutionen der Kaifer Friedrich II und Karl IV über die Kirchen: 
freiheiten der geiftlichen Surisdiction und Immunitaͤt 31). Außer: 
dem gab er eine große Anzahl Diplome und confirmirte eine Menge 
Privilegien, die er ald römifcher König gegeben ?22). Denn ed war 
Herkommen, daß die Kaifer nach ihrer Krönung die früher ertheil: 
ten Diplome beftätigten. Diefe Sache, welche man nicht leicht ver: 
nadhläffigte, weil zu befürchten war, daß eine von einem Kaiſer 
nicht beftätigte Urkunde ihre Kraft verlieren möchte, trug der kaiſer⸗ 
lichen Kanzley viel Geld ein. Von der Zeit der Kaiſerkroͤnung an 
führte Sigmund auf aͤllen feinen kaiſerlichen Siegeln einen dop⸗ 
pelten Reichsadler, um damit die Vereinigung der Würde eines 
römifchen Königs und Kaiſers anzudeuten 2b), Er ift der erfte 
Kaiſer, der einen zweißöpfigen Adler in das NReichöfiegel ge: 
fest hat. 

Da die Reichöftände den römifchen König bei feiner Römerfahrt 


ſchaft Herrn Rud. Stüfft, Bürgermeifter von Zürich, Gottfried Eſcher — und 
Hemmann von Offenburg, einem ſehr reihen Mann von Baſel. Ochs Geſch. v. 
Bafel II. 252. Die in Nom vom Kaifer creirten Nitter wollte man in Deutſch⸗ 
land nicht als vollgültige betrachten, weil Sigmund gar zu freigebig mit dem 
Ritterſchlag war. Andreae Presbyt. Chron. p. 55. Factum est torneamen - 
tam Nurnbergae — — in hoc milites facti Romae a Sigismundo Imp. non 
sunt admissi, quod ipsi Imperatori multum displicuit. 

30) Tschady Chronic. Helvet. II. 208. Bgl. Joh. x. Müller 1. c. 

31) Raymaldi I. c. n.15. p. 114 sqq. Goldast Const. Imp. II. 107 sqq. 
ohne Datum, 

32a) ©, die Negeften v. den Monaten May, Juni, Zuli u. Auguft 1433, 


32b) Bel, v. Hergberg Abhandl, v. d. Siegeln der Markgr. v. Brandenb, 
in Gercken Cod. dipl. Brandenb. III. 24. über Sigmund's Siegel wird un: 


ten noch beſonders gehandelt. 





1%0 WViiertes Buch. Fünftes Kapitel. - 


nicht, wie ſonſt es herkoͤmmlich war, mit Geld und Leuten unterſtuͤtzt 
hatten, fo verlangte der Kaifer nachträglich von ihnen eine anſehn⸗ 


liche Beifteuer, die er felbft anfehte, um feine Schulden zu bezahlen 


und die Faiferlichen Kleinodien, die er hatte verpfänden müffen, aus⸗ 
zulöfen. Bei Verweigerung dieſer Beifteuer drohte Sigmund die 
Confirmation der Privilegien zu verfagen. Er foll ziemlich große 
Summen auf diefe Weife zufammengebracht haben, die aber in ben 
Händen bes verſchwenderiſchen und verfchuldeten Kaiſers fchnell zer- 
rannen 33), 

Der Kanzler Kafpar Schlick hatte in den Unferhandfungen mit 
dem Papfte ganz befonders viel Gefchie und Gewandtheit bewiefen. 


- Sigmund glaubte folche Verdienfte nicht unbelohnt laſſen zu muͤſſen. 


Schon früher hatte er dieſen Minifter vom bürgerlichen Stande zum 
Grafen erhoben und mit der Herrfchaft Baffano und andern Gütern 
veichlich beſchenkt: in Rom beftätigte er ihm nicht nur die früher er⸗ 
theilten Gnadenbriefe 22), fondern er erhob ihn auch mit feinen 
Nachlommen zum Lateranenfifchen Grafen und Faiferlichen Hof: 
Pfalzgrafen 35) und erweiterte das Schlidifde Wappen durch Bei⸗ 
fuͤgung eine& goldenen Löwen mit auögeftrediten Krallen 26). Auch 

33) Trithem. Chronic. Hirsaug. II. 384: Imperator coronatus non 
communiter omnibus, sed &ingulariter aingulis scripsit in hac forma ver- 
borum : Princeps dilecte, noveris nos omnipötentis dei gratia superatis et 
confusis adversariis Romae nuper imperiali corona fuisse de more insigni- 
tos, quod tibi, ut nobis gaudeas, minime voluimus esse celatum, Scias 


quod bellico apparatu necessario multo consumpsimus et aere alieno gra- 


vati sumus: cupientes autem summo honore in Germaniam reverti, neces- 
sarium duximus primo satisfacere creditoribus, quibus nostra constant dle- 
nodia obligata. Quapropter dilectionem tuam seriosius requirimus et mo- 
nemus, ut nobis omni excusatione postposita decem millia florenorum ex- 


pendere in subsidium non graveris, quo et tuam erga nos bonam aguosca- 


mus voluntatem et in veniendo ad te pro his personaliter, si postulata 
negaveris, non gravemur. So erhob, wenn wir Trittenheim glauben Fönnen, 
der Kaifer von fämmtlihen Reichsſtänden, nad Verhältniß ihres Reichthums, 
größere und Eleinere Summen, die ibm wohl ſchwerlich auf einem Reichstag 
würden bewilligt worden ſeyn. 
34) Ehmel Regeſt. K. Friedr. IV Thl. IJ. n. 947. d. d. Rom. 31. Maj. 
1433. 
35) Rom. 1. Jun. 1433. Lünig Sp. sec, II. 1175. Windeck c. 204. 
36) Lünig 1. c. 1178. . 





Te çæ — oo 


Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nach Deutfchland zum Concil. 121 


‚bie zwei diteften Brüber des Kanzlerd, Matthäus und Heinrich, wurs 
den in den Srafenfland erhoben 27). 

Seit der Krönung lebten der Papft und der Kaifer im beßten 
Vernehmen miteinander. In den häufigen Zufammenkünften und. 
Unterredungen, die fie miteinander hatten, fehlten felbft nicht Heis 
terfeit und muntere Laune. Eined Tages fagte der Kaifer zum 
Papfte: Drei Dinge find es, Heiliger Vater, worin wir voneinan- 
der verfchieden find: Du fehläfft bis in den Tag hinein, ich erhebe 
mic) vor Tagesanbruch vom Lager; Du trinkt Waffer, ich Wein; 
Du fliehft fchöne Frauen, ich fuche fie. Es gibt aber auch Dinge, 
- worin wir zufammienflimmen: Du theilft die Schäge der Kirche 
reichlich aus, ich habe immer nichts von den Einkünften meiner 
Reiches Dis haft fchlechte Hände, ich fehlechte Beine ꝛc. 28). 

Wenige Tage nach der Kaifertrönung (am A. Juni) ſchickte der 
Kaifer neue Gefandte nebft einem Schreiben an das Goncilium, um 
‚ ihm den Empfang der Kaiferfrone aus den Händen des Papſtes an: 
zugeigen. Zugleich berichtete er, daß der Papft die beßte Abficht 
habe, die Zwede, wozu das Concilium verfammelt worden, zu un⸗ 
terflügen und zu erfüllen. Das Weitere, was er gethan haben wolle, 
bemerkt er ferner, würden fein Statthalter, der bayrifche Herzog 
"Wilhelm, und feine Gefandten ausführlich mündlich mittheilen. Letz⸗ 
tere waren die Eaiferlichen Näthe der Bifchof Johann von Chur, ber 
Nitter Hartung Klur und der Doctor Nicolaus Stod 3°). | 

Offenbar war mit der Kaiferfrönung Sigmund’s Stellung eine 
andere geworben. Seit diefer Zeit nimmt er ſich entfchieden bes 
Papftes an und will gegen ihn vom Concilium nicht weiter einge: 
fehritten haben. Gegen eine Abfegung Eugen's aber erklärte er fi 
auf das ernftlichfte, auch felbft wenn derfelbe in feinem Widerſpruche 
gegen die aufgeftellten Grundfäge über die Superiorität der Gonci- 
lien beharrte. Wenn nur das Concilium fortgefest, die Zurüdfüh: 
rung der Böhmen und die Kirchenreformation betrieben wurde, fo 
genügte ihm dieſes vollkommen. Die ————— war ihm 


37) Lünig l. c. 1177. 

38) Pray hist. Reg. Hung. Il. p. 284 dia einer handſchriftlichen Vita 
Sigismundi Imp. in einem Vaticaniſchen Codex. 

39) Martene coll. ampl. VIII. p. 607. 





122 Viertes Buch. Fuͤnftes Kapitel, 


gleichgültig: ja er wollte fie vielmehr auf die Seite gefchoben ha⸗ 
ben, indem die verfammelten Väter fie grade in den Vordergrund 
ftellten, um fo ihre Stellung dem Papfte gegenüber unabhängig zu 
machen. Ä 0 
Eugen IV hatte unterdefien feinen neuen Abgeorbneten beim 
Soncilium die Vollmacht zugefendet (7.May), in feinem Namen ben 
Vorſitz auf der Kirchenverfammlung zu führen. Wenige Tage ſpaͤ⸗ 
ter ſchickte er ein ausführliches Schreiben an die verfammelten Vaͤ⸗ 
ter, ihnen feine vermittelnden und verföhnlichen Abfichten darle⸗ 
gend 40). Da er aber ſchon am 1. Juli 1433 eine Bulle erließ, 
worin er alle Procefie von Privats und fürftlichen Perfonen, die in 
Bafel beim Concilium verhandelt wurden, an bie römifche Curie 
verwies, wobei nur die Sachen, welche die Sitten: Reformation, 
. bie Audrottung der Ketzerei, die Beilegung der Kriege unter den 
Fürften felbft auögenommen wurden #1); fo geriethen die verſam⸗ 
melten Väter von neuem in Widerflreit mit den päpftlichen Verfuͤ⸗ 
gungen, noch ehe die Eintracht ganz hergeftellt war. Nur mit fehr 
großer Mühe brachten es die Baiferlichen Gefandten dahin, daß in der 
zwölften Seffion (am 13. Juli) #2) die Kirchenverfammlung nicht 
unmittelbar, wie in ber vorhergehenden Sigung gedroht worden, 
gegen den Papſt einfchritt, fondern noch einmal die Zrift der Citation 
auf 60 Tage weiter verlängerte. Sie enthielt ſich aber nicht harter 
Ausfprüche und ſchwerer Anflagen gegen den Papft *3) und befchloß, 


40) Martene 1. c. p. 586: Da die früher ernannten Abgeordneten, unter 
mweldyen zwei Cardinäle, propter adventum Sigismundi Romanor, regis ille- 
stris ad almam urbem und andern Urſachen nit fo ſchnell nach Bafel hatten 
kommen koͤnnen, fo wurden an ihrer Stelle ernannt: Johannes de Mella no- 
tarius ac referendarius, Johannes Archiep. Tarentinus, Thomas Episc. Tra- 
guriensis, Ludovicus et Nicolaus abbates: ut generale concilium in civitate 
Basil. per legatos nostros, nostro et apostolicae sedis nomine praesidentes 
celebretur. Dad Schreiben von Eugenius IV an dad Goncilium v.10, May 
bei Martene 1, c. p. 589. 

41) Martene I. c. 619. Raymaldi ad ann. 1433. n. 20 gibt die Bulle 
mit dem Datum 29. Juli 1433. 

42) Mansi Concil. coll. XXIX. p. 56 sqq. 

43) Mansi 1. c. p. 58: Quantum ex ejus verbis factisque colligi potest, 
nil aliud praetendere videtur, nisi ut ecclesiam pessumdet, jusque sibi et 
successoribus suis, non solum abrogandi ritum sacrorum conciliorum et ea 


Sigm. Kaiferfrönung u. Rückkehr nad) Deutfchland zum Concil. 123 


wenn in der gefebten Frift die Auflöfungsbulle nicht förmlich und 
Öffentlich widerrufen und das Concilium nicht als volftändig gültig 
feit der Zeit feiner Zufammenfunft anerkannt worden, daß dann 
ohne weitere Gitation die Suspenfion erfolgen follte. 

Einige Wochen nach diefen wenig verföhnlichen Schritten 
Fam der Kirchenverfammlung ein Faiferliches Schreiben (vom 3. Aus 
guft) zus), worin Sigmund die verfammelten Väter auf dad 
dringendfte erfuchte, die befchloffene Citation und Suöpenfion des 
Dapftes bis auf feine Ankunft in Bafel zu verfchieben, im Falle nidyt 
ſchon fruͤher, wie er hoffe, eine Verſtaͤndigung erfolgt ſey. Vier⸗ 
zehn Tage ſpaͤter trafen die kaiſerlichen Bevollmaͤchtigten, der Biſchof 
Johann von Chur und der Ritter Hemmann von Offenburg, in Ba⸗ 
ſel ein, theils um dem Herzog Wilhelm von Bayern als Protector 
des Conciliums neue Verhaltungsvorſchriften zu uͤberbringen, theils 
um die Kirchenverſammlung wiederholt von uͤbereilten Schritten ab⸗ 
zumahnen 25). 

Auch der Herzog Philipp von Burgund fuhr fort für den Papſt 
zu wirfen. Grade weil die franzöfifchen Prälaten fich meift entfchies 
den für das Goncilium ausgefprochen hatten, neigte er ſich auf Seis 


pro libito dissolvendi, sed et ipsoram sacratissima decreta spiritu dei pro- 
mulgata, a quibus status pendet universalis ecclesiae, irritandi et abo- 
lendi etc. 

44) Martene l. c. 626 sq. Es heißt in dem Schreiben, nachdem er dem 
Goncilium für den neuen Aufſchub gedanft: Ut autem ex praecipitatione et 
‚acceleratione negotii scandalum in universali ecclesia dei non exsurgat, la- 
boribus tandem vix totius Christianitatis tollendum et submovendum, V. 
R.P. sinceris affectibus in domino studiose exhortamur, quatenus decretum 
citationis jam factae et processus contra suam sanctitatem, expletis LX 
diebus jam deputatis exinde fiendos et fulminandos, usque ad adventum 
nostrum felicem ad ipsum s. concilium Basil., ad quod continuatis gressi- 
bus dirigimus iter nostrum, suspendere et proragare velitis, ad nullos in 
ipsa re actus medio tempore procedentes aut in ipsa re aliquid innovantes. 
Sigmund glaubt im Stande zu feyn alle difficultates, die fi) zwiſchen dem 
Papſt und dem Goncilium erhoben, noch glücklich beilegen zu können. 

45) Martene l. c. p. 632. In dem Schreiben, das Sigmund ſchon auf 
der Abreife von Rom begriffen abſchickt, beißt ed: Venit ad nos ven. Jo. Cu- 
riensis Episc., princeps et consiliarius noster fidelis dilectus, qui etiam no- 
bis retulit quaedam ardua facta de s. Concilio Basileensi. 


124 Viertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 


ten Eugen's. Überhaupt übte der Krieg zwiſchen Frankreich und 
England Einfluß auf die Kirchenverfammlung aus. Als der König 
Heinrich VI von England in einem Schreiben an das Concilium ſich 
den Titel „König von Frankreich” beilegte, erhoben fich gegen dieſe 
Anmaßung die franzöfifchen Prälaten (Auguft 1433), die Rechte 
ihres Königs wahrend: die burgundifchen Bifchöfe aber nahmen 
Partei für England, woruͤber fi in der Verſammlung ein heftiger 
Streit erhob und beide Theile beleidigende Ausdruͤcke gegeneinander 
gebrauchten, Von biefer Zeit an fuchte der Herzog von Burgund 
‚noch eifriger den Schritten der verfammelten Väter wider ben 
Papft entgegenzumirken #6). 

Dagegen aber arbeitete der Kaifer auf dad angeftrenigtefle daran, 
die Zerwürfniffe zwifchen dem Papfte und dem Concilium zu befeis 
tigen und zu entfernen. Wie er auf der einen Seite letzteres abhielt 
von weiteren Schritten gegen Eugen, fo benußte er feinen längern 
Aufenthalt in Rom auf der andern Seite, den Papſt zu weiterer Nach⸗ 
giebigkeit zu bewegen. Wirklich gelang es ihm auch, daß dieſer 
am 4. Auguft 1433 eine Bulle erließ, worin er dad Basler Conci⸗ 
lium beflätigte, und anerkannte, daß ed nie unterbrochen gewefen 
durch feine Verfügungen, die er Dagegen erlaffen 7). Freilich bes 
diente fich der Papft bei diefem ihm höchft ſchweren Schritte folcher 
Ausdrüde, und er knuͤpfte feine Zugefländniffe an ſolche Bedingun⸗ 
gen und Refervationen *°), daß die verfammelten Vaͤter mit ber 

46) Barante hist. des ducs de Bourgogne VI. 249 sqq. 

47) Raynaldi ad ann. 1433. n. 18. Mansi Concil. coll. XXIX. p. 574: 
Ad Consilium etiam et instantiam Sigismundi Rom. Imp. semper Au- 
gusti etc. volumus et contentamur , praefatum generale concilium Basi- 
leense a tempore inchoationis suae oontinnatum fuisse et esse, prosecutio- 
nemque semper habuisse et continuari etc. 

48) Ita tamen quod — omnia singula contra personam, auctoritatem 
ac libertatem nostram et sedis apostolicae .ac vener. fratrum nostrorum s. 
Bom. ecclesiae cardinalium et aliorum quorumcumque nobis adhaerentium 
in dicto concilio facta et gesta per dictum concilium prius omnino tollan- 
tur et in pristinum statum reducantur. Beſonders die Worte Yolumus et 
contentamur (|. Ndte vorher), welche der Papft gebrauchte, maren den vers 
fammelten Bätern anftößig: fie verlangten, daß dafür gefegt werde: Decerni- 
mus et declaramus. Cf. Raynaldi l.c. Sigmund behauptete, daß der Papft in 
dem Entwurfe diefe Worte auch gebraudt habe, Eugen leugnete dieſes entfchies 


I 


\ 


Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nach Deutfchland zum Concil. 125 


Bulle nicht zufrieden geftelt waren. Obſchon der Kaifer, der übers 
fah, um was es fi) noch befonders handelte, unüberlegter Weiſe 
die Bulle gutgeheißen hatte und daher das Concilium aufforberte, 
feine weitere Dppofition gegen den Papft einzuftellen; obfchon die 
englifchen und burgundifchen Gefandten entfchiedener für Eugen Par: 
tei nahmen *°); obſchon der franzöfifche König felbft 50) und Die 
Kurfürften 51) weiteren Aufſchub in der päpftlichen Sache verlang- 
ten: fo glaubten die Hauptleiter des Conciliums, den einmal betrete⸗ 
nen Weg doch nicht verlaffen zu dürfen. Bei dem großen Eifer ber 
meiſten Prälaten für das Anfehen des Conciliums, befürchtete man 
den günftigen Moment zu verlieren, wenn man zögerte: Beſon⸗ 


den in dem Schreiben an den Dogen Zodcari von Venedig (Raynaldı ad ann. 
1433. n. 19), worin deffen Vermittlung angerufen wurde. Vellet (impera- - 
tot), ut scribis, ut illa duo verba: decernimus et declaramus, loco: 
volumus et contentamur, poneremus in literis, quas per vener. fratrem 
nostr. episc. Cerviensem destinavimus Basileam. Miramur paulum de sa- 
pientia Imperatoris, qui forsam propter multitudinem rerum ei incumben- 
tium parum meminisse videtur eorum, quae antea de suo assensu acta 
sunt. Primum, ut paulo altius repetamus, cum institisset nobiscum literis 
et nunclis, ut concilio illi haereremus omnino, hoc recusavimus, potius 
enim hanc apostolicam dignitatem et vitam insuper posuissemus, quam vo- 
luissemus esse causa et initium, ut pontificalis dignitas et sedis apost. 
auctoritas submitteretur concilio contra omnes canonicas sanctiones — at- 
que in hoc ipse postmodum Imperator acquievit. Ventum est postea ad 
formam literarum: — in ea — posuimus illa verba, quae Imperator modo 
mutari vellet — — non solum sciente et consciente, sed approbante im- 
peratore, qui (in Gegenwart der Cardinäle, feiner Räthe und anderer Perfo- 
nen) asseruit, nos plus fecisse quam deberemus et ultra quam teneremur, et 
quod Basileenses ultro acceptare debebant: , quod si recusarent, mirabilia 
adversus ıllos pollicitus est se esse facturum. — — IIla sunt verba, 
per quae quaecungue ab illis contra nos facta extitere, quae plurima et 
gravia sunt, confirmarentur et per quae subministrantur arma non recte 
sentientibus contra nos et sedem apostolicam pugnandi etc. Xudy der übrige 
heil des Schreibens ift höchſt merkwürdig in Beziehung auf die Stellung des 
Kaiſers zum Papſt. 

49) Martene 1. c. 629, wo der Brief Eugen. IV d. d. 10, Aug. 1433 
an den König v. England, Das Mandat des Herz. v. Burgund v, 1. Sept. 
bei Martene |. c. ‚634. 

50) Martene l.c. 633. Epist. Caroli reg. Franciae d. d. 28. Aug. 1433. - 

51) Martene 636. Epist.' Electorum d. d. 7. Sept. 1433. 


l 


126 Viertes Buch. Fuͤmftes Kapitel, 


ders waren es einige italienifche Prälaten, yperfönliche Feinde des 
Papſtes, die zur Einleitung des Procefles gegen ihn drängten. Bes 
reit3 hatte fi) der Cardinal Ludwig Aleman von Arled, der mehrere 
Verfolgungen erlitten, durch die Flucht von Rom entfernt und war 
nad) Genua gefommen, deſſen damaliger Befiger, der Herzog von 
Mayland, ihn ſchuͤtzend aufgenommen hatte. Diefer, der immer viel 
verfprach, aber wenig hielt, forderte das Concilium auf, nur kraͤf⸗ 
fig und entfchieden gegen den Papſt vorzufchreiten: mit Land, Leus 
ten und Leben werde er das Concilium unterflügen. Er kuͤndigte 
zugleich die baldige Ankunft des Gardinald von Arles in Bafel an, 
der ſich dann ganz mit vollem Eifer den Gefchäften des Conciliums 
widmen werde 52), Bereits hatte fich aber auch die Mehrheit der 
Gardinäle für die Kirchenverfammlung entfchieden 5°). 

Diefe und andere neue Adhäfionen ermuthigten das Concilium, 
auch gegen den ausgefprochenen Willen des Kaifers zu handeln. In 
ber dreizehnten Seffion, bie am 11. Sept. gehalten wurde, 
war man entfchloffen, obwohl die gefeßte Frift noch nicht ganz ab⸗ 
gelaufen war, die Suöpenfion des Papftes audzufprechen. Ohne 
Bweifel wäre diefer Befchluß gefaßt worden, hätte ſich nicht nach 
den neuen Eaiferlichen Verhaltungsbefehlen der Protector des Conci⸗ 
liums, der bayrifche Herzog Wilhelm, dem Vorhaben im Namen 
des Kalferd mit aller Energie widerfegt. Um nicht mit dem Kaifer 
in offenen Krieg zu gerathen, der den verfammelten Vätern den 
Schug in Bafel auffagen Fonnte, gab man endlich nach und feste 
bem Papft aus Rüdficht für den Kaifer eine neue Frift von 30 Ta⸗ 
gen 52). Bis dahin, hoffte man, konnte Sigmund in Bafel eins 
getroffen feyn. 

52) Das intereffante Schreiben des Herz. v. Mayland d. d. Mediolani 
21. Juli 1433 bei Martene 1. c. 620 sq. Cf. Raynaldi ad ann. 1433. n. 24. 

53) Eberhard Windel c. 199. 

54) Mansi Concil, coll. XXIX. p. 64 sqq. Dort p. 69 findet ſich auch 
onsdrüudiih angegeben, daß die Verlängerung der Zrift dem Kaifer zu Gefallen 
gemacht worden, Die Faiferlihden Gefandten erflären: Infra istos triginta dies, 
guos‘ petimus, ubi hujusmodi prorogatio concedatur, dictam suam sereni- 
tatem huc profecturum. Statimque habita notitia prorogationis ejusdem 


omnes Alemaniae principes convocaturum ad hunc locum, et cum eis efh- 
-caciter insistere, ut eidem Concilio adhaerere. 


Sigm. Kaiferfrönung u. Ruͤckkehr nad) Deutfchland zum Concil. 127 

Der Kaifer verließ nach einem vierteljährigen Aufenthalt Rom 
um die Mitte Auguft 55). Durch den Grafen Martin Urfini lieg 
ihn der Papft durch den Kirchenſtaat geleiten®®). Anfangs hatte 
Sigmund den Weg durch Zoscana über Slorenz nach Genua und 
Savoyen nehmen wollen 57): doch änderte er bald feinen Reiſeplan, 
ohne Zweifel aus dem doppelten Grunde, um mit der venetianifchen 
Deputation in Oberitalien zufammenzutreffen, da die Republif die 
Koften der Ruͤckkehr beftritt, und um nicht Durch das Gebiet des ihm 

verhaßten Maylander Herzogs reifen zu müflen. 

| Der Papft und der Kaifer waren ald die beten Freunde von⸗ 
einander gefchieden. Erfterer verfprach zur Erhaltung des Kirchen: 
friedend noch weitere Zugeftändniffe dem Concilium zu machen: letz⸗ 
terer gelobte, mit allen Kräften dahin zu wirken, daß die päpftliche 
Auctorität in ihren bisherigen Vorrechten überhaupt und Eugen in 
feinem Pontificate indbefondere nicht beeinträchtigt werde 5°), Bon 
den Bullen, welche der Papft weiter für das Concilium auszufertis 
gen verſprach, nahm Sigmund einftweilen die Abfchriften mit fich. 
Der Kaiſer ſchlug die Richtung feiner Reife nach Tyrol ein, 
um von hier aus auf dem nächften Weg fich nach Baſel zu bege- 
ben 5°), Er veiste über Perugia, wo er fi) am 29. Auguft be 


55) Sigmund’5 Schreiben an das Concil vom 15. Auguft 1433 ift datirt: 
In descensu nostro 'campestri prope castrum Montem rotundum. Mar- 
tene 1. c. p. 632. In .der hist. concil. Basil. bei Hartzheim 1, c. p. 794 
wird gefagt: Coronationis sacris rite peractis Senas reversus est, welde 
Angabe falſch ift, denn der Kaifer kam auf dem Rückweg nit nad Siena, 

56) Raynaldi ad ann. 1433. n. 17, Pontifex Marioum Ursinum — 
illum (Imperatorem) per eccles. ditionem deducere jussit: quo argumento 
extant literae Kal. Augusti ad praesides praefectosque ecclesiasticos datae, 
ut Imperatorem honorifice exciperent. Flexit iter per Picenum ac Flami- 
niam, inde Mantuam pervenit. 

57) Leonard. Aretin. bei Muratori XIX. 936. 

58) Raynaldi l. c. n. 19. p. 117. Magn. Chron. Belg. p. 388. Aauch 
die Gefandten von Savoyen und Burgund wirkten für den Papſt. Martene 
l. c. p. 641. Trithem. Chron. Hirsaug. II. 384: Imperator — impetravit, 
quod Concilium Basil. iterum (Papa) confirmavit, et se ad illud in pro- 
pria persona venturum repromisit, Sed post — iterum mutavit propo- 
situm. . 

59) Aeneae Sylvii vita Sigismundi (bei Palady Italien, Reife S. 113): 


Ei 


128 Diertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 

fand 60), nach Eugubio, Urbino, Rimini. om 9. bis 17. Seps 
tember findeh wir ihn in Ferrara 81). Hier beglüdwünfchte ihn 
nach feiner Kaifertrönung eine feierliche venetianifche Geſandtſchaft, 
an deren Spitze Zrancesco Barbaro fland 2). Hier fehlug er auch 
die Söhne ded Markgrafen Nicolaus von Efte, den er mit Stadt 
und Gebiet von Commachio belehnte 62), zu Rittern *%). In Mans 
tua beftätigte er (22. September) °5) die Erhebung diefer Stadt 
mit ihrem Gebiete zur Markgraffchaft und zum Fürftenthume. Auch 
fiftete er während feines Aufenthalts dafelbft eine Vermaͤhlung zwi⸗ 
ſchen des Markgrafen Iohann Franz Gonzaga älteflem Sohn Lud⸗ 


Per Perusium, Romandiolam, Ferrariamque venit Mantuam. Platin. vit. 
Eugenü IV l. c. Trithem. Chron. 'Hirsaug. II. 384. Chron. Eugubin. bei 
Mauratori XXI. 971: Poi tornd per Perugia a Ugubio e ad Urbino, dove 
fece cavalieri il Signore Conte Gnido et Oddantonio — con molti altri. 
Passö poi Arimini a Ferrara. Leonard. Aretin. Comment. bei Muratori 
XIX. 936: Imperator Roma abjens per Tudertinüum et Perusinum agrum 
profectus Ariminium petit. Inde per Ravennatem ac Ferrariensem et Man- 
tuanum trans Alpes abivit. Nach der Cronaca Riminese bei Muratori XV. 
930 Fam der Kaifer in Begleitung des Marfilio von Padua und des Bruno de 
la Scala nah Rimini, wo man ihm einen fehr glänzenden Empfang bereitete, 

60) Über Sigmund’ Aufenthalt in Perugia 29. Aug. 1433 vgl. die Res 
geften im Anhang. Aeneas Sylv. de duob. amantib. bei Hahn coll. Mon. I. 
476. Darnach ald der Kaifer gen Parus (d. i. Perugia) reyt, bleib Euriolus 
(d. i. der Kanzler Kaſp. Schi) zu Nom, dannody nit ganz genefen, 

61) Diarium Ferrarese bei Muratori XXIV. 186: IX. Septembre venne 
a Ferrara lo Imperatore Sigismondo et intrö diutro per la porta di sotto 


uno Mercori di sera a hora 23. Et era vestito di carmesino et allogid in ' 


Corte con Messer Bruno de la Scala. 

62) Nach den Manoscritti della collezione Foscarini auf der Wiener Hofs 
bibliothe® (Archivio storico Italiano. V. 407. Firenze 1843), worunter ſich 
befindet: Oratio clarissimi viri Francisci Barbari ad Sigismundum Caesarem 


pro republica Veneta, acta Ferrariae. In derfelben Handſchrift, worin .diefe 
Rede ſteht, befinden fi auch eine Anzahl Briefe des Faiferliden Kanzlerd Kaſpar 


Schlick, der dafelbft unter dem Namen Gasparo Silich angeführt wird. 
63) Lünig Cod. Ital. dipl. I. 1633. 


64) Diar. Ferrares. 1. c. Es waren zwei ebelihe Söhne (Hercules und 


Sigmund) und drei Baftarde, 

65) Dumont €. D. II. 2. 269. Das Datum (22, Sept.) ſcheint nicht 
richtig zu feyn, da der Kaifer in dem Schreiben an's Gondi vom 26. Sep⸗ 
tember fagt: Dum pridie hanc civitatem Mantuae intraremus, 


— — — — nern Se 


Sigm. Kaiferfrönung u. Rückkehr nach Deutfchland zum Concil. 1%9 


wig unb des Kurfürften von Brandenburg- Enkelin Barbara (Toch⸗ 
ter des Prinzen Johann) 86). 

Von Mantua aus (26. Sept.) richtete der Kaiſer ein Schreiben 
an die Kirchenverſammlung 67). Er meldete ihr, daß er die Bulle 
mit dee Beſchwerde der verfammelten Väter über die Republik Ve: 
nedig empfangen habe. Sie hatten darüber Klage geführt, daß bie 
Republik unter Strafbrohungen den Cardinal von Bologna von Ba: 
fel abberufen hatte: und man glaubte in dem. Papfte den Anreger zu 
biefem dem Goncilium feindlichen Schritte zu finden. Der Kaifer 
übernahm es in diefer Sache den Vermittler zu machen: er befprach 
fich in Mantua mit den venetianifchen Gefandten darüber und fchrieb 
deghalb auch dem Papſt. Er gab fodann den verfammelten Vätern 
eine beruhigende Erklärung und forderte fie auf, nicht zuviel leeren 
Geruͤchten und boshaften Zwifchenträgern, die.Unfrieden zu fden 
fuchten, Glauben zu ſchenken. Überhaupt -aber möchten fie alle ent⸗ 
fcheidende Schritte bid auf feine Ankunft in Baſel, die bald erfolgen 
werde, verſchieben. 

Sigmund war als Freund und Bundesgenoſſe des Mayländer 
Herzogs und ald Feind der Venetianer nach Italien gelommen. Als 
ex diefes Land verließ, hatten fich die Verhaͤltniſſe ganz geändert: er 
wär mit dem Visconti ganz verfallen und ein Freund der venetiani- 
ſchen Republit geworben. Sie ließ dem geldbebürftigen Kaifer durch 
Andreas Donato die Neifekoften von Rom nach Deutfchland mit 
zehntauſend Ducaten bezahlen 68). 

Grade beim Ablauf des neuen, dem Papſte geſetzten Termins, 

66) Platin. vit. Eugen. p. 297: Barbaram Joannis marchionis Bran- 
denburg. fillam Ludovico. Joannis Francisci filio spospondit in uxorem. 
Trithem. Chron. Hirsaug. II. 384. Naucler. Chron. II. 450.. gl. Gund⸗ 
ling Kurf. Zriedrib I. p. 387. Auf diefe Ehe bezieht fih auch eine Urfunde 
bei Ludewig Relig. MSS. IX. 736, wo aber Barbara nicht mit Namen ge⸗ 
nannt wird, 

67) Martene 1. c. p. 639. | 

68) Corio istor. di Milano V. 647. Windel c. 193: Als der Kaifer - — 
mit den Venedigern einen frieden hatte gemacht auf fünff jare — vnd bezalten 
die Bencdiger — ale zerunge für In zu Nome vnd auf dem wege bis zu deut: 
Then landen, vnd alfo 309 der Kaifer gein Berrere (Ferrara) XV Meilen von 


Benedige, 
Aſchbach K. Sigmund. IV, 9 


\ 


130 Viertes Buch. Fimftes Kapitel, 


am A 1. October °°), Fam Sigmund ganz unerwartet 79) in Bafel 
an. Nur ganz wenige Perfonen waren davon unterrichtet, daß er 
die Abficht hatte, auf das Schnellfte dahin zu reifen: und ſelbſt diefe 
hatten ihn nicht ſo bald erwartet. Das Goneilium hatte Daher auf 
abermaliged Betreiben des Herzogs Wilhelm von Bayern noch an 
demfelben Zag, wenige Stunden vor der Ankunft de Kaifers, ben 
Termin für den Papſt auf acht Tage verlängert 1). 

Ungeachtet Sigmund ſich unpäßlich fühlte, hatte er die Reife 
von Mantua über die Alpen durch Tyrol nach Feldkirch und an ben 
Bobenfee zu Pferd, fodann zu Schiffe nach Conſtanz und Baſel in 
nicht viel längerer Zeit ald in acht Zagen zuruͤckgelegt?2). Sein 
Gefolge befland aus zwanzig Perfonen 7°), 

Da er den größten Theil des Wegs zu Pferde zurückgelegt hatte, 
fo blieb Alles, was die.Reife aufhalten Eonnte, zurüd. Selbſt der 
Faiferliche Ornat konnte nicht mitgenommen werben. As Sigmund 


69) Ochs Geſch. v. Bafel III. 257. Des Kaifers Schreiben v. 25. Det. 1433 
an die Stadt Frankfurt (im Zrankfurt, Archiv) gibt an, daß er Sonntag nad 
Sct. Dionyfius (d. i. 11. Det.) nah Bafel gefommen. gl. Martene J. c. 
p. 668. Hartzheim 1. c. p. 800. Die Angabe Windeck's c. 193 ift demnach) 
falfch: der Kaifer Fam gein Bafel mit 18 pferden vnd Pam doch ober Gonftanger 
See vnd alfo auf dem Meine gein Bafel, aufden Suntag nad S. Gal—⸗ 
lentag. Dad wäre am 18, Dctober gemwefen. 

70) Magn. Chron. Belg. p. 389: Venit — XI die Oct. ex improviso 
circa horam meridiei Basileam. 

71) Martexe l. c. Eberhard Windel c. 194. 

72) Aen, Sylv. Comment. in diot. et fact. Alphons. reg. IV. 3: Si- 
gismundus Imp. cum esset in Italia audivissetgae patres Basileae coactos 
Eugenium Papam summo pontificata deponere statuisse, quamvis podogra 
laboraret, itineri se commisit, tantaque celeritate advectus est, ut ante in 
concilio sit visus, quam eo venturus audiretur. Neque enim bone principi 
tolerabile videbatur eoclesiam, quam se auctore ad consensionem et pacem 
Constantiensis synodus reduxisset, Basileensis denuo rescinderet. Bol. Win: 
de c. 194 u. 195. Hermann. Corner. Chr. p. 1323. Navigio venit in ur- 
bem Basiliensem paucis scientibus. Andreas Presbyt, pı 53. Aeneas Sylv. 
de duob. amantib. 1. c. p. 478 gibt die ganze Meifetour an: Euriolus kam 
zum Kaiſer fin gu Parus wartende, dem er darnach nachfolget, gen Ferrer, 
gen Mantow, gen Trient, gen Gofteng, gen Wafel, Bol. unten 
Kap. 16. Not. 11. 2 . 

73) Trithem, Chron. Hirsaug. II. 389, 








Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nad) Deutfchland zum Concil. 131 
daher eine kleine Strecke vor Baſel aus dem Schiffe flieg und feinen 
Einzug in Bafel halten wollte, hatte er Feine Schuhe anzulegen, 
Denn in den Reiterfttefein Fonnte er den Einzug nicht machen, der 
gugleich mit einem Danfgebet für feine glüdliche Ankunft in der 
Münfterlicche geichloffen werben folte. Ex fandte daber an den 
Basler Stadtrat und erfuchte diefen, ihm ein Paar Schuhe zu ſchi⸗ 
den. Diefer beeilte fich, die. kaiſerliche Bitte zu erfüllen, und fandte 
ihm fogleich drei Paar reich geſchmuͤckte Schuhe, ſich Daraus ein paf: 
fended Paar audzuwählen 7%). j 

‚Sobald die Kunde von des Kaiferd Ankunft in Bafel erfchollen 
war, feste fih Alles in Bewegung: die verfammelten Väter wie 
die Bürgerfchaft boten Alles auf, dem Kaifer einen überaus feierlichen 
Empfang zu bereiten, foviel die Kürze der Zeit es erlaubte 75), 
Die Väter des Conciliums, der Stadtmagiftrat; die Stadtgeiftlich- 
keit und die Bürgerfchaft zogen ihm entgegen. Auch die Domherrn 
des Basler Stifts in Adelsruͤſtung zu Pferde ſchloſſen fich dem Feſt⸗ 
zuge an. Der Kaifer empfing Alle freundlich und Jedem nach feiner 
Meife etwas Angenehmed fagend. Nur die Domberrn, als fie ſich 
ihm vorftellten, redete er troden wie befremdet an: „ich fehe Feine 
Ganonici.” Als fie auf diefen ihnen gegebenen Wink fich zuruͤckzo⸗ 
gen und fpäter in geifllicher Kleidung vor ihm erfchienen, empfing 
er fie freundlich und fagte: „Nun finde ich euch ehrwuͤrdig, da ihr 
euch nicht ſchaͤmet, es zu fcheinen 76)." 

In dem Münfter, wohin fich der Kaifer zuerft bei feinem Ein- 
zug in die Stadt begab, hielt der Protonatariud Gregorius Gorrario, 
ein Venetianer, Neffe des frühern Papfled Gregor XII, dem Kaifer 
zu Ehren vor ben verfammelten Vätern eine Lobrede auf die Faifer: 
lichen Verdienſte um die Zuftandebringung und Aufrechthaltung-der 
 Kirchenverfammlung, bei welcher Getegenbeit der Redner nicht an 


74) Der Anonymus bei Ochs Geld. v. Bafel 311: 257, Diepold Cäitins 
berichtet Ahnliches: der Neth habe dem Kaifer zwei Schuhe geſchickt, davon 
babe er einen (d. i. ein Paar) angezogen, worauf er in den Münfter gezogen. 

75). Hermann. Corner. p. 1314 fagt,. der Kaifer habe die Bulle an feis 
nem Scepter hängen gehabt. 

76) Nah Diepold Schilling bei Joh. v. Müller Schweiz, Bein B. IH, 
Kap. 2. S. 182. >45 1. 1. c. 258, nn 

9 * 


132 Viertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 


Ausfällen und hämifchen Seitenblicken auf Eugen's IV Bemühen 
und vereitelte Beftrebungen es fehlen ließ ?7).. 

Sogleich in den erften Zagen feiner Anmefenheit in Bafel ließ 
der Kaifer die verfammelten Vaͤter die noch fchwebenden Fragen in 
Bezug auf die Form der päpftlichen Anerfennungsbullen für das 
Concilium und den Vorfig der Legaten berathen?8). Doc Fam 
man nicht fo ſchnell, ald Sigmund wünfchte, zum Ziele: man mußte 
noch einigemale bie Friſt von acht zu acht Tagen verlängern ??). 
Mittlerweile drohte von neuem der Streit heftiger zu entbrennen, 
indem Eugen 1V fchon angefangen hatte, abermals gegen das Con: 
cilium in Bullen und Schreiben an die Könige und Zürften des. 





77) Die Rede (bei Mansi XXLX. p. 12081219; ftatt VI Id. Oct. 
ift zu lefen IV. Id. Oct.) läßt durchblicken, daß der Kaifer nicht mehr das Ver⸗ 
trauen ded Gonciliums beſaß. Wichtig in diefer Beziehung find die Worte: Nec 
te moveant sacrilegae quorundam voces, qui gloriam tuam labefactare con- 
tendunt, nec satis considerant quid majestatem tuam deceat, dum pro- 
priam libidinem expleant (Hinweifung auf die Beſtechlichkeit der kaiſerlichen 
Räthe). Scimus plerosgue machinas ad te expugnandum moliri, non- 
nullos insidiis succenturiatos esse, quo magis constantia tua opus est. 
Possem hic clarius loqui, sed satis est, si hoc unum moneo, ne illis au- 
res patefacias, qui te ab hac sancta synodo alienum facere studens. 
Nam quid faceres illi, si quis tibi ita suaderet: Cave Sigismunde ne pro- 
‘ missi memor sis, cave ne inter fas nefasque quicquam pensi habeas, cave 
ne quid ecclesiae te debere existimes. Nimirum majestatis reum quoguo 
dignum supplicio judicares. 

78) Martene 1. c. p. 643— 668. u. Mansi XXX. 645 sqq. wo die aus- 
führlihen Serhandlungen. Magn. Chronic. Belgic. p. 389. Merkwürbig ift 
die Angabe von Eberhard Winde c. 195, wovon die Verhandlungen nichts fas 
gen, und welche dem Bericht v. Herm. Corner. 1. c. widerſpricht: Alſo du haft 
gelefen, "wie der R. Eaifer von dem Babft Eugenius Bullen vnd Briffe hette 
bracht, die do ſolten fein mit dem Faifer,ond Conſilium nach laute einer abſchrifft, 
die nme der Babit hatte geben. Do mon die bullen las, do waren die bullen 
anders denne vie coppeien worden, vnd was ein wunderlich Gefdhicht von einem 
Babejte ſoliche falſche geihrift. Es bezieht ſich diefes ohne Zweifel auf das, was 
oben not. 48 nach Raynaldi ad ann. 1433. n. 19 mitgetheüt ift, 

79) Martene l. c. p. 668 sq. Mansi Congil. Coll. XXIKX. p. 72. Diefe 
Bulle meint Chraft. Interpolatio ad Andrean Presbyt. Batisb. p. 53: Eu- 
genius P. per literas suas omnes actus Sigismundi Imp. pro eo factos vel 
fiendos revocat et nullos esse declarat. 


Sigm. Kaiſerkroͤnung u. Rückkehr nad) Deutfchland zum Concil. 133 | 


Abendlandes aufzutreten 50). Doch der Thätigkeit und weifen Um⸗ 
ſicht des Kaifers gelang ed endlich, die ſtreitenden Gewalten zu maͤ⸗ 
ßigen und zum Zrieden zu bringen. 

In der vierzehnten Seffion (7.Nov.) wurde befchloffen, 
einige Formeln der Anerkennung des Conciliumd dem Papfte vorzu: 
fchreiben und zur Annahme von einer berfelben ihm nochmals eine 
Friſt von neunzig Tagen zu feßen 4). Diefe Nachgiebigkeit der 
verfammelten Vaͤter war durch Die unermuͤdete Thaͤtigkeit des Kaiſers 
erlaͤngt worden 82). Wie er auf der einen Seite Alles aufbot, das 
Concilium in ſeinen oppoſitionellen Schritten gegen den Papſt zu 
maͤßigen, aber doch dahin wirkte, daß es aufrecht erhalten wurde 
(denn grade damals forderte er von neuem 83) die deutſchen Praͤla⸗ 
ten zum Befuche ded Gonciliumd auf (19.Nov.)); ebenfo vernach- 
Yäffigte er auf der andern Seite nichts und forderte auf das drin⸗ 


80) -Raynaldi ad ann. 1433. n. 21 — 24. * 118 — 120. 

81) Mansi 1. c, p. 72— 74. 

82) Nauclerus Vol. II. gen. 48. ad am. 1433. Martene 1. c. 667: 
‚Sigmund ſprach fih dahin aus: Concilium stet in suo robore et papa in suo 
honore, Andreas Presbyt. Ratisb. p. 53 (Chraft. Interpol) Qua via omni- 
bus fere ignorantibus ad concil. Basil. cufh paucissimis venit et pro defen- 
sione Papae seriosius interponit, inter alia patres Concilü hujuscemodi ver- 
bis alloquendo: Nongaestimetis, quod sic possitis facere schisma, ut vo- 
bis videtur. Ego sum Imperator et potius vellem mori quam pati fieri de 
novo schisma in ecclesia Dei. ÄAIhnliches berichtet das Magn. Chronic. Belg. 
p. 389. Cf. Mansi XXX. 600 sqqg. Raynaldi ad ann. 1433. n. 23 u, 24. 
wo die Dankfchreiben des Papftes an Sigmund und den Benctianifchen Gefands 
fen wegen ihrer Bemühungen für ibn auf dem Goncilium mitgetheilt find. 

83) Eberh. Windel c. 198. Pray Annal. Hung. II. 310 gibt aus Du- 
brav. hist. Boh. lib. 25. über das Ausbleiben der deutfchen Fürſten (Bifchöfe 9) 
vom Coͤncilium folgende erflärende, aber nicht glaublidye Nachricht: In qua (syu- 
odo Basil.) cum causae omnes latino sermone agerentur et Sigismundus 
Germaniae Principes illius maxime rudes animadverteret, ferunt graviter 
ab Imperatore admonitos, ut liberos suos Hungarorum more, qui linguae 
illius prae ceteris studiosi amantesque essent, probis deinceps magistris 
imbuendos crederent: ut enim peritia illius non maxime ad rem publicam 
administrandam faeeret, infra Principis tamen dignitatem videri, si peni- 
tus ignoretur. Nach Martene Coll. ampl, VIII. p. 222 hatte der Erzbiſchof 
von Mainz fein Ausbleiben mit Krankheit ‚entfhuldigt : der von Köln ſchickte 
feine Gefandten. 


134 | Beertes Bu. Fluftes Kapitel 

gendſte ben Papft durch Schreiben und Gefandte zur Nachgiebigkeit 
auf. Sein eifriged Bemuhen war audy nicht ohne Erfolg. Denn 
noch lange vor dem Ablauf dev gefegten Friſt bequawte fich endlich 
der Papft zur Annahme ber ihm vom Concilium gefegten Friedend: 
bedingungen. Er ertieß (15. Dec.) eine Bulle, worin er nad) der 
ihm vorgefchriehenen Formel die Basler Kirchenverſammlung beſtaͤ⸗ 
tigte und bie gegen fie erlaffenen drei Bullen widerrief 8*). Es 
wurde in ber. neuen paͤpſtlichen Bulle mit klaren und beſtimmten 
Worten ausgefprocken: das Concilium fey ſtets vechtmaͤßig fortgeſetzt 
worden und ſolle noch weiter fortgeſetzt werden, ſo als ob es nie auf⸗ 
gelöst geweſen. Dev Papſt nehme die Basler allgemeine Kirchen⸗ 
verſammlung unbedingt und vollfländig als gültig an und verſpreche 
fie mit aller Achtung und Gunſt zu foͤrdern. Alle früher gegen das 
Goncilium evlaffenen Bullen feyen als nicht gegeben zu betrachten, 
weil die Gründe, die 34 deren Publicirung Veranlaffung gegeben, 
nicht mehr beflünden, denn die Friegerifcyen Bewegungen der Für: 
ſten in der Nachbarfchaft von Bafel hätten ſich gelegt, die Böhmen 
wären im Begriffe zur Kirche zuruͤckzukehren, die Prälaten hätten 
fi) zahlreich zur Verſammlung eingefunden. 

Diefe Bulle wurde im der ſechzehnten Seffton (5. Febr. 
1434), der auch Sigmund im Paiferlichen Ornate beiwohnte, in 
Gegenwart von neunzig Prälaten als vollkommen befriedigend ange: 
nommen und gebilligt 85); Aber auf einem Puncte beftanden die 
verfammelten Väter noch weiter. Sie verlangten nändich, daß die 
päpftlichen Legaten den Vorfig auf dem Coneilium nur unter gewiſ⸗ 
fen Bedingungen führten. Diefelben- follten den verfammelten Vaͤ⸗ 
tern den Eid ſchwoͤren, daß fie zugleich als Bevollmaͤchtigte des 
Dapftes und des Conciliums fich betrachteten und den Grundſaͤtzen 
über die Superiorität der allgemeinen Concilien beiflimmten. Daß 
auch in diefem Puncte Eugen nachgab, bewirkten die eindringlichen 


84) Mansi Coneil. XXIX. p. 78— 89, Das Schreiben des Papftes an 
Sigmund d. d. Romae pridie id. Jan. (1. pridie Jan. d. i. 30, Dec. 1433) 
bei Raynaldi ad ann. 1434. n. 3 erftärt,. daß fi Eugen, von allm Seiten ge⸗ 
drängt, ganz dem Kaifer vertrauensvoll überläßt und Alles annimmt , wozu 
viefer räth, daß es unumgänglid nothwendig ſey. 

85) Mansi l. c. 


Sigm. Kaiferkrönung u. Ruͤckkehr nach Deutſchland zum Concil. 135 
Bitten und Vorſtellungen des Kaiferd und die huͤlfloſe Lage bed 
Papſtes, der damals von den aufrührerifchen Römern und den Um: 
trieben des Mayländer Herzogs zugleich bedraͤngt wurde. Die vier 
Gardinallegaten wurden in der fiebzehnten Sef ben, welcher 
ebenfalld der Kaifer mit den Reichöwürbenträgern beimohnte (am 
26. April), unter den angegebenen Bedingungen zum Vorſitz zuge⸗ 
laſſen; in ihrer Abweſenheit Eonnten auch Prälaten aus der Wer: 
ſammlung yrafibiven 86). 

Ungeachtet dieſer über alle Erwartung großen Zugeftändnifie 
des Papfies, glaubten die Väter doch noch in der achtzehnten 
Seffion (am 26. May), als der Kaifer bereitd Baſel verlaflen 
batte, noch den. ausdruͤcklichen Befchluß des Miſtanzer Conciliums 
erneuern zu müffen, daß auch in Abwefenheit der päpftlichen Lega⸗ 
ten die Kirchenverſammlung die ganze Kirche repräfentire 87). 

Was ohne Zweifel viel dazu beitrug, den Papſt zu der kaum zu 


‚erwartenden Nachgiebigkeit zu beflimmen 88), war die Lage ber . 


Kirchenflaated und die Gefahren, womit Eugen IV in Rom feel 
umgeben war. 

Schon fogleich in der erfien Zeit, als Faum Eugen IV den 
paͤpſtlichen Stuhl beſtiegen, war er in einen heftigen Kampf mit 
den Colonna's, den Neffen des P. Martin V, gerathen, da diefe 
die aufgehaͤuften Schaͤtze ihres Oheims nicht als Kirchengut, fondern 
als Privatvermoͤgen anſahen, das ihnen nach dem Erbrechte zuge⸗ 
fallen ſey. Indem Eugen mit der maͤchtigen Familie Colonna uͤber 
bie Herausgabe von Martin's V Schaͤtzen ſtritt, und ſich mit deren 
Gegnern den Urſini's verband, brachen in Perugia, Biterbo, Gitta 
di Gaftello, Spoleto, Narni, Todi Empörungen aus: und die Co: 
lonna's vertheidigten fich mit gemaffneter Hand. Dieſes rief bie 
blutigſten Verfolgungen gegen dad Haus Colonna und feine Freunde 
in Rom hervor; mit Hülfe der Venetianer und Florentiner gelang 
ed dem Papfte, die rebellifchen Städte wieder zu unterwerfen: bie 


86) Raynaldi ad ann, 1434. n. 14. Mansi 1. c. p. W. 

87) Mansi 1. c. p. 91. 
\ 88) Eugen IV wurde wegen feiner Nacgiebigkeit fehr von den Römern 
getabelt, au von Platina in der Vita Engenii IV P.. C£. Raynaldi ad ann. 
1434. n. 2u.3. Wie ſchwer ift es, allen Parteien recht zu machen! 


136 - WViertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 
Colonna's aber wurden gezwungen, ben Reſt des paͤpſtlichen Scha⸗ 
tzed, den der Krieg noch nicht verſchlungen hatte, herauszugeben 89). 
Viel gefährlicher aber waren die Aufflände, welche unmittelbar 
nah Sigmund’ Entfernung von Rom im Kirchenftant gegen den 
Papft ausbrachen. Diefelben waren hauptfächlich durch den Her: 
309 von Mayland veranlagt worden 99), theild aus Haß gegen Eu⸗ 
gen IV, theild aber auch um die Florentiner zu beunruhigen. Er 
nahm zwar nicht felbft Theil an dem Krieg, aber er entließ feine 
Truppen, mit der geheimen Anweifung, fich in den Kirchenflaat zu 
werfen und dort Unruhen zu erregen. Der Aufſtand der päpftlichen 
Unterthanen fand zuerft in der Dark Ancona flatt gegen den dortigen 
Gouverneur, den kdinal Johann Vitellesſschi. Faſt zu gleicher 
Zeit brachen die Schaarenführer (Condottieri) Franz Sforza und Nis 
colaus Sortebraccio von Perugia in die Mark Ancona und in die Ro⸗ 
magna ein. Sie gaben Beide vor, fie feyen von dem Basler Con: 
cilium beauftragt und ermächtigt, dieſe Provinzen dem Papfte zu 
entreißen 9%). Vergeblich wandte fich der Papft an die Venetianer, 
an den Kaifer um Hülfe. Den Zestern befonderd bat er, an den 
Mayländer Herzog, der die Seele der ganzen Verwirrung und des 
Krieges fen, durch gemeffene Befehle von feinem frevelhaften Bes 
ginnen abzubringen, auch bei dem Goncilium fi) dahin zu verwen⸗ 


89) Naucler, Chronic. II. 449 mit Benugung der italien, Berichte, Sal. 
Sismondi hist. des rep. Ital. IX. ch. 66. p. 0 — 21. 

90) Rach Chraft. Interp. ad Andr. Presbyt. p. 54 war der Kaiſer nicht 
ganz ohne Schuld, es ift diefes aber unwahr: Gibelini (die Colonna's) audie- 
rant dulcia colloquia et prosperos successus Imperatoris viderant, Romae 
‚ ia Guelfos tumultuantur. Cf. Platin, vita Eugen. IV. p. 297 sq. 

- 91) Raynaldi ad ann. 1433. n. 26 nad den römifhen Quellen: Fran- 
ciscus Sfortia — Picenum ingressus plures urbes insidiis occupavit, cum jacta- 
ret, se a concilio Basileensi de subducenda Eugenii obsequio ditione 
ecclesiastica imperta accepisse, Irrupere pariter in Spoletanım ducatam 
nonnulli agminum ductores, jactitantes, creatum a concilio in Italia le- 
gatum a quo missi essent. Über diefe Sache ſchreibt der Dapft (Ende Dee. 
1433) Briefe an den Dogen Foscari von Venedig und an den Kaifer (Raynaldi 
l. c. p. 122) und ruft ihren Schutz und ihre Hülfe auf. . Er bezeichnet nicht 
undeutlid die nad) Bafel entflohenen -Gardinäle als die Urheber diefer Unruhen. 
Er verlangt, daß der Kaifer und das Concilium äffentli) ihre Mi poiigung über 
den Aufruhr ausſprechen. 


Sigm. Kaiferkrönung u, Ruͤckkehr nach Deutfchland zum Concil. 137 


den, daß dieſes öffentlich erkläre, daß e8 die Vorgänge im Kirchen: 
ſtaat, die als von ihm befohlen erklärt würden, höchlich mißbil- 
lige 2). Wenn auch Sigmund bie Bitten des Papſtes erfüllte, ja 
fogar aud eigenem Antriebe fchon in Bafel alle Schritte ſowohl beim 
Concilium als auch brieflich bei dem Herzog von Mayland gethan 
hatte 93); fo finden wir doch nicht, daß feine Verwendungen von 
befonderm Erfolge waren und die Ruhe im Kirchenſtaate wieder her⸗ 
ftelten. Die Colonna's und ihre Arthänger, die noch dem Papſte 
grollten, nahmen die fremden Kriegsfchaaren ald Fremde auf. In 
415 Zagen war die ganze Mark Ancona von Franz Sforza erobert: 
indeflen Fortebraccio in der Romagna gegen Rom vorrüdte. In 
folcher Gefahr ergriff. Eugen IV ein eigenthümliches Mittel, fich zu 
retten: er füete nicht nur Uneinigkeit unter den beiden feindlichen 


92) Das Schreiben Eugen's an den Kaiſer dd. Romae XVII Kal. Febr. 

anno III (i. e. 16. Jan. 1434) gibt darüber nähere Nachricht. Raynaldi ad 
ann. 1434. n. 7: — — Facis tu quidem opus 'dignum honore et sublimi- 
tate imperiali: nam cum audieris parari vires et arma hostium nostrorum 
et ecclesiae contra nos, scripsisti ad ducem Mediolani omnium istorum 
malorum architectum et fabricatorem, et ad Nicolaum Piccininum atque 
etiam exhortatus es ecclesiae subditos ad perseverantiam et firmitatem : 
nobis etiam scripsisti literas, in quibus admodum consolati sumus et cives 
. etiam urbis multum recreati. — — Certi autem reddimur quod quando 
scieris ea, quae comes Franciscus egit in marchia nostra Anconitana, quam 
fere omnem occupavit swb palliatione concilii, praeda et rapinis omnia 
subvertendo, quae etiam fecerunt Italianus Frulanus et Antonellus de Se- 
nis, qui invaserunt ducatum nostrum Spoletanum , asserentes se commis- 
sarios ducis, quem dicunt esse factum vicarium Italiae per concilium, 
commovebunt valde haec mala animum tuum. — — Mittimus praesenti- 
bus interclusam copiam literarum suarum, in quibus continentur etiam li- 
terae, quas a Concilio se habere (dux) praetendit. — 

93) Flavius Blond, dec. III. lib.5. Raynaldi ad ann. 1434. n.6. Eum 
ducis Mediol. dolum audiens Imperator, vehementi dolore affectus congre- 
gationem ex more vocandi impatiens vicos, compita, basilicasque percur- 
rens, obvios accisosque e domibus quosque interrogat, quidnam hoc est, 

| quod malo natus desolationique Italiae et Christiani nominis Philippus Vi- 

cecomes auctoritate concilii gereret in Italia? Quis confecisset epistolas ? 
Et quia singuli sese inscios dicerent, culpa vacare congregatis ex more 
nationibus ad deputatos retulit. Tandem re — — accuratius exquisita, 
nullas a Concilio duci Mediolani datas esse literas, „yulla vicariatus de- 
creta fuisse concessa, reperiri potuit. 





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138 Viertes Buch. Fuͤnftes Kapitel. 
Kriegsführern, fonbern er warf ſich dem einen, dem Franz Sforza, 
in die Arme, indem er ihm ald Belohnumg für feine Hülfe gegen 
Fortebraccio die Verwaltung der Marl Ancona mit dem Namen ei- 
ned Markgrafen verſprach. Obwohl Franz Sforza auf folche Aners 
bietungen einging, fo fonnte er doch dem Papfte Feine wirkſame 
Huͤlfe leiften, indem ſich auch die Einwohner von Rom erhoben, bie 
Wiederherſtellung der Republik prockamirten und den Papſt in einer 
Kirche belagerten, wohin er fich geflüchtet hatte. Nur mit Mühe 
entkam er (15. Zul) verkleidet nach Oftia, von wo er zu Waſſer 
nach Pifa und von dort nach Florenz entfloh, wo er enblich (23. Jul.) 
ein. Aſyl fand, indem Sforza und Fortebraccio ſich in den Beſitz des 
Kirchenftaats theilten und faſt nirgends dort noch die Auctorität Eu⸗ 
gen's IV anerkannt wurde. Bis in das folgende Jahr hatte daher 
der Papſt feine Refidenz in Florenz 9*). 
So hatte Eugen IV um die Mitte ded Jahres 1434 fafl zu 
gleicher Zeit feine geiſtliche Superiorität an die Basler Kirchenvers 
-fammlung, feine weltliche Herrfchaft an zwei vom Mayländer Her: 
308 zum Krieg angeregte Condottieri abgeben müffen. Das Pontis 
ficat. war erniedrigt, wie kaum in irgend einer andern Zeit ded Mit: 
telafterd. eine einzige Stüge war der Kaifer, der aufrichtig, aber 
felbft ohne eigene große Kraft dad Anfehen des Papfted und feiner 
weltlichen Herrfchaft aufrecht gehalten haben wollte, 


94) Raynaldi ad ann. 1433. n. 25 — 27. ad ann. 1434. n. 8—10. 
Petri Russii hist. Senens. b, Murat. XX. 46. J. Simonetae vita Fr. Sfor- 
tiae b. Murat. XXI. 226 sq. u.234. Naucleri Chronic, II. p. 450. Epistoll, 
Eugenii IV ad concil. Basil. bei Mansi Concil. coll. XXIX. p. 578 - 580. 
Das erfte Schreiben ift won Zlorenz den 20. Zebr. 1434 (1.1435) datirt. Das 
andere Florentiae IX. Kal. Jul. (23. Zuni) 1434 findet ſich au in Herm. 
Corner. Chronic. p. 1335 u. Eberh. Windel c. 201 nebſt einzelnen naͤhern 
Angaben über die Flucht der Cardinäle von Rom und ihre Schickſale. Cf. Pla- 
tin. vit. Eugen. IV p. 297 sq. Selbſt in feinem Zufluchtsort war der Papſt 
nicht ſicher. Eine Verſchwörung gegen ihn in Florenz (er follte bei einer Pro⸗ 
ceffion erfjlagen werden) wurde angezettelt von den Herz. v. Mayland, Wine 
deck c. 208, . 





Scechstes Kapitel. 


Verhandlungen des Conciliums mit den Huſſiten bis zum Abſchluß 
ber Compactaten. 1431 — 1433. 





Noch ehe Sigmmd feinen Römerzug angetreten hatte, ald er 
noch in Feldkirch verweilte, war, wie oben erzählt worden, die wies 
derholte Einladung von Seiten des Conciliums an bie Huffiten er: 

laſſen worden, nad) Bafel Abgeordnete zu ſchicken, um eine Ver: 
föhnung und Wiedervereinigung mit der Kirche herbeizuführen 1). 
Doch wirkte offenbar auf.den Gang der angefnüpften Unterhandlun- 
gen hoͤchſt nachtheilig die Auflöfungsbulle.ded P. Eugenius IV, welche 
den Böhmen alles Vertrauen in die Wirkfamkeit und in die Gültig: 
keit der mit der Kirchenwerſammlung uͤbereingekommenen Puncte bes 
nahm. Es wurden daher grade gegen Ende 1431 und in den erften 
Wochen des folgenden Jahres die weiteren Unterhandlungen abgebro: 
then, und die Taboriten und ihre Führer wandten fich wießer zu den 
Plünderzügen. Aber. nicht gegen Franken und Bayern 2), wo man 
ihre wiederholten Einfälle erwartete und bereitd größere Vertheidi⸗ 
gungsanfialten ald bisher getroffen oder durch Geldfummen und Vers 
träge fih von den Raubzügen losgefauft hatte, richteten fie ihre 
Berheerungszlige, fondern nach andern Gegenden ?). Noch im Herbft 


1) Bgl. oben Kap. 2. 

2) Andr. Presbyt. Ratisburg. Chr. p. 50 sq. 

3) Schreiben Sigmund’s an den Papft bei Martene coll. ampl. VIII. 
p. 84 sqq. Bartoss. Chron. bei Dobner Monum. hist. Boem. I. 172 sq. 
Annal. Bohem. bei Palacky scriptt. rer. Boh. II. ad ann. 1432. Contin. 
Pulkavae bei Dobner 1. c. IV. 167 sq. Tessina de Czechorod Mars Mora- 


140 Viertes Buch, Sechstes Kapitel. 

4434 hatte Procopius ber Große mit den Zaboriten und Waiſen ei⸗ 
nen Kriegszug nad) Ungarn unternommen und bie Gegenden zwi: 
ſchen der Waag und der Gran verheert und burchplündert. Die 
Führer veruneinigten ſich fiber die Beute und dieſes war Urfache, 
daß die ungarifchen Großen Zeit gewannen, Truppen zu fammeln, 
und den Böhmen die Spige bieten konnten. In ber Schlacht bei 
Illava verloren leßtere 5000 Mann und ben größern Theil der 
gemachten Kriegöbeute. Auf dem Rüdzug durch Öftreich erlitten fie 
durch den Herzog Albrecht eine zweite Niederlage. 4000 Böhmen 
wurben getödtet, 700 geriefhen in Gefangenfchaft: nur ein Eleiner 
Theil des Heerd erreichte die Heimath +). Nachdem die Zaboriten 
in Böhmen mehrere Befigungen von ſolchen Baronen, die ihnen vers 
haßt waren, verwäftet und gegen fie jede Art von Feindfeligfeit aus: 
geübt. hatten ®), verbanden ſich die einzelnen Kriegsſchaaren zu grö- 
Beren Heeren. 

Procopius der Große führte feine Zaboriten in das Voigtland, 
und nach großen Verheerungen in biefer Gegend, rüdte er in’s 
DOfterland, wo er ebenfalls Alles mit Schreden und Verwuͤſtung ers 
füßte. Der Pfalzgraf Johann von Sulzbach Amberg, ber, früher 
ſchon einige Kriegshaufen in Bereitfchaft geſetzt hatte, um fie noͤ⸗ 
thigenfalls gegen die Huffiten zu gebrauchen 6), eilte dem Kurfürs 
fien von Sachfen zur Hülfe. Bei Taucha trafen die vereinigten 
fächfifch = bayerifchen Kriegsvoͤlker auf die Huffiten. Doch war kaum 
bad Zreffen begonnen, fo lösten fich die Heihen der Bayern ſchon 
in ungeordneter Flucht auf: die im Stiche gelaffenen Sachen konn⸗ 
ten den furchtbaren Feinden nicht allein Widerftand leiften. Sie 
unterlagen in der Schlacht und mußten das Land den weiteren Vers 
heerungen Preiß. geben. 


Nach dieſem Siege verbrannte Procopius das Staͤdtchen Taucha 


und ließ ſeine Mauern niederreißen. Mit reicher Beute kehrten ſo⸗ 
dann die Huſſiten nach Boͤhmen zuruͤck, weil ihr Anfuͤhrer Proco⸗ 


viae p. 563 sqgq. zum Theil nad handſqhriftl. Quellen. Vgl. Pelzel Geſch. v. 
Böhm. I. ©. 395 fll. 
4) Bartoss. I. e. Pessina Mars Morav. p. 565 sqq. 
5) Hagek böhm. Ehronit S. 738. Bartoss. 1. c. 
- 6) Andr. Presbyter p. 52. 








Verhandlungen des Conciliums mit ben Huffiten a. 141 


pius einem böhmifchen Landtage, der damals audgefchrieben war, 
beimohnen wollte”). Gegen die Summe von neuntaufend Ducas 
ten geftanden die Huffiten den Sachen. eine zweijährige Waffenruhe 
zu. Um die in Ungam erlittene Niederlage zu rächen, hatten im 
Sommer 1432 die Waifen Tyrnau Üüberrumpelt. Die Ungarn aber 
hatten alle Anftrengungen zu machen, bis fie fo gluͤcklich waren, 
die gefürchteten Heinde von Preßburg abzuhalten und wieber tiber 
die Graͤnzen des Königreich zuruͤckzutreiben 8). 

Faſt um dieſelbe Zeit wurde ein neuer Zug nach Schleſien ge⸗ 
macht: die Herzoge von DIS belagerten eine Anzahl Taboriten, die 
ſich in Creutzburg eingefchloffen hatten. Auf die Nachricht von der 
Bebrängung ihrer Brüder zogen Taboritenfchaaren gegen die Bela: 
gerer. - Es reichte die Kunde von der Annäherung ber geflirchteten 
Huffiten hin, die Herzoge von DIS zur Aufhebung der Belagerung 
von Greugburg zu bewegen und fie in die Flucht zu jagen. Darauf 
wandten fich die Huffiten gegen Namslau, verwuͤſteten die Umge⸗ 
gend und plünderten die Fürftenthümer DIE und Wohlau aus ?). 
Eine andere Huffitenfihaar hatte Strehlen überrumpelt. Sie machte 
dafelbft große Beute und fchleppte mehrere Magiftratsperfonen mit 
fih nach Böhmen in die Gefangenfchaft. Mit vielem Gelde erkaufte 
man auf einige Zeit eine Waffenruhe 19). Ä | 


7) Das Schreiben des Kurfürften von Sachſen an dad Goncil d. d. 8, April 
1432 bei Martene 1. c. p. 108. Andreas Presbyt. lc. Hagek a. a, D, 
Bartoss. Chr. p. 177: Marchio Misnensis — fecit treugas pacis cum Pra- 
gensibus, Taboriensibus etc. ad daos annos, pro quo dedit eis IX millia 
lorenorum. gl. Balbin. Epit. rer. Boh. IV. c. 11. p. 477. Theobald 
Huſſitenkr. I. c. 78. Pessina Mars Morav. p- 572 sqg. Lenfant hist. de 
la guerre des Hussites I. 339. 

8) Beness. de Weitmile Chron. bei Dobner I. c. IV. 73. Bartoss. 1. c. 
p. 174. Palacky scriptt. 1. c. Thurocz Chron. Hungar. IV. c. 21. Balbip. 
l.c. IW. c. 11. Pessina p. 575. Nach Engel Geſch. Ung. IL: 336 blieb Tyr⸗ 
nau und Scalig in den Händen der Orphaniten. Bon deren Zug in’s Zipſer⸗ 
land handelt Engel S. 347. . 

9) Bel. Lenfant 1. c. Kloſe's Bricfe dv. Breslau II. Brief 60, &. 396 fll. 

10) Bartoss. Chr. p. 173: Duces Silesiae et Silesitae dederunt eis pro 
dictis treugis 1600 ssz. Gr. (Schod Groſchen). Nach Pelzel Geld. Böhmen 
I. 332 war es die Stadt Breslau, welde die Huffiten überrumpelten. Dieſes 


N 


142 Diertes Bud, Sechstes Kapitel. 

Dieſe beiden ‚gelungenen Beineren Züge ermunterten zu einem 
größeren und weiteren gegen den Markgrafen von Brandenbing. 
Derfelbe follte dafür gezüchtigt werden, daß er im Jahre vorher die 
deutſchen Reichötruppen ald Oberfeldherr nach Böhmen geführt und 
daſelbſt manche Verheerungen hatte anrichten lafien. Mit drei gro⸗ 
Ben Kriegähaufen, welche von Procopius dem Großen, Wilhelm 
Koftta und Zwizkik Swoyßin befehligt wurden, drangen die Zabor 
riten in die Mark Brandenburg ein, und verwülteten von Soldin 
bis Küftrin furchtbar das Land und plünderten alle Orte aus, die 
nicht durch größere Befeſtigungswerke und Beſatzungen geſchützt 
waren. Frankfurt an der Dder wurde zweimal vergeblich beremt. 
Auch die Feftung Bernau ſchlug alle Angriffe tapfer zurüd. Aber 
ganz Brandenburg ward mit Berwüflung und Verheerung heimge- 
ſucht bis an die Elbe in der-Nähe von Magdeburg im Weſten, bis 
in Die Gegend von Königöberg in der Neumark (März und April 1432). 
Die Stäbte Lebus, Münchberg, Landsberg und Straufberg wurden 
auögeplündert und zum Zheil niebergebrannt. Erſt ald der Sohn 
des Kurfürften von Brandenburg, der Markgraf Friedrich, mit einem 
anſehnlichen Heere herbeiruͤckte, fanden es die Zaboriten für gera⸗ 
then, nicht dem Kampfe auszuweichen, wohl aber ihre Beute in 
Sicherheit zu bringen. Sie zogen durch die Lauſitz nach Böhmen 
zurüd 12). 

Zu berfelbigen Zeit hatten aber auch noch andere Kriegözüge 
ber Huffiten flattgefunden. Da in Mähren immer eine ziemlich 
ftarke katholiſche Partei war, welche den Huffiten viel zu fchaffen 
machte, fo richteten fie befonders ihre Waffen gegen diefe Zeinde in 
der Nähe. Die Katholiten hatten während des Zuges der Taboriten 
nach Brandenburg in Mähren die von den Huffiten beſetzte Feſtung 
Sternberg erobert: aus Rache ſchickten bie beiden Procopius Kriegs: 
sölker nad) Mähren, um das Land zu verwuͤſten; fie Eonnten fich 
aber dafelbft nicht lange behaupten, da die Fatholifchen Mährer von 


fogt aber ticht die verderbte Stelle bei Bartoß, Bgl. Menzel Gef. der Deut⸗ 
fen VI. 66. “ . 

11) Hermann. Corner. Chr. p. 1317 sq. Bartoss. 1. o. Des Angelus 
Ehron. S. 210, Kehrberg Ehron. v. Königsberg S. 13. Lenfant 1. c. 
p. 339 — 341 nad) handſchriftl. Localnachrichten. 


Verhandlungen des Gonciliums mit ben Huffitn c. 143 
dem Herzog Albrecht von Öftreich Erdftig unterftlist, und, im Beſitz 
von den Feſtungen, die libermacht hatten. Deſſen ungeachtet mach⸗ 
ten die Taboriten wiederholte Einfälle in Mähren und Öftreich und 
ſuchten von neuem Schlefien heim 12). 

Diefe neuen Plünderungszüge ber Huffiten, denen man feine 
Abwehr von Seiten der Katholiken entgegenfeßen konnte, flellte recht 
von neuem die Nothwendigkeit in's Licht, mit den Böhmen auf iv 
gend eine Weiſe fich zu vertragen. Daher richteten bie deutfchen 
Reichsſtaͤnde wieberholtiihre Forderung an das Concilium, eine Ver- 
einbarung mit den Huffiten zu treffen. Man verhehlte nicht, daß, 
wenn folche nicht flattfände, die den Böhmen nahe wohnenden Lande ‘ 
ſchaften befondere Friedensfchlüffe und Verträge mit den Huffiten 
fließen müßten, welche ihren Lehren dann wohl auch weiteren 
Eingang in Deutfchland verfchafften 13). Auch der römifche König, 
dem außerordentlich viel Daran gelegen war, daß Böhmen pacificist 
werde, damit er zum ruhigen Beige des Landes gelangte, beſtuͤrmte 
das Concilium mit Vorftelungen, daß bie Huffiten, die nicht 
mit Gewalt der Waffen unterworfen werden Eönnten, durch Nach: 
giebigkeit und Zugeftändniffe mit der Kirche wieder vereinigt werben 
müßten. Es wurden die Gefahren für den Kirchenglauben recht 
dringend vor Augen geftellt, wenn nicht ohne alle Zögerung an das 
Pacificationswerk gefchritten werde 1%), 

Die verfammelten Väter mißfannten nicht die Lage der Dinge. 
Was allgemein in Deutfchland von ihnen erwartet wurde, dazu bo: 
ten fie bereitwillig ihre Vermittlung. Obſchon die Böhmen den 
frühern Einladungsfchreiben des Conciliums, Abgeordnete nach Ba⸗ 
fel zu ſchicken, Feine Folge geleiftet hatten, voiederholten die verſam⸗ 
melten Väter (8. März 1432) 15) foldhe Schreiben, worin fie ihren 
aufrichtigen Wunfch auöfprachen,, der biöherigen Trennung ein Ende 

12) Schreiben des Herzogs Albrecht an das Goncil d. d. 14. Nov, 1432 
‚bei Martene ]. c. p. 201. Bartoss. Chron. p. 172 sqq. Pessina 1. c. 564. 
569. 573. 

13) Martene I. c. p. 84 sgg. nad des römiſchen Königs Bericht, 

14) Schreiben Sigmund’5 an das Goncil d. d. 20, Zebr. 1432 bei Mar- 
tene 1. c: p. 68. 


15) Martene ]. c..p. 78. Mansi concil. coll. XXIX. p. 415. XXX, 
99. Labbei Concil. XII. 979. 





144 Viertes Buch, Sechstes Kapitel. 
zu machen, und ihren Willen erklärten, die böhmifchen Abgeordneten 
mit aller Sanftmuth und Unparteilichkeit anzuhören. Um den Boͤh⸗ 
men, dem römifchen König und den beutfchen Reichöftänden zu zei⸗ 
gen, wie ernftlich dem Goncilium daran gelegen fey, die Hufliten 
ieber mit ber Kirche zu vereinigen und das Friedensgeſchaͤft zu lei= 
ten, batte ſchon früher die Kirchenverfammlung den gelehrten Do⸗ 
minicaner: Mönch Johannes Nider von Bafel und den Eiftercienfer- 
Mönch Johannes Gelhaufen aus dem Klofter Maulbronn nach 
Nürnberg beordert, um von dort aus mit ben Böhmen weiter zu 
unterhandeln 16). Man verftändigte ſich auch bald dahin, daß 
- man zu Eger in einer Gonferenz fich über bie wichtigften Puncte 
vorläufig berathe 17). Das Concilium ftellte für die böhmifchen 
Abgeordneten (28. März) die Geleitöbriefe in ‚beßter Form aus 1°) 
und fhicte zu der Verſammlung außer den beiden genännten Moͤn⸗ 
en noch vier weitere Bevollmächtigte, nämlich den Abt Heinrich 
vom Sct. Agidienkloſter und den Pfarrer Albrecht an der Sct. Sebak 
duskirche in Nürnberg, den Magdeburger Domberen Heinrich Tod 
und den Regensburger Dombechanten Friedrich von Parsberg 1°). 
Diefe ſechs Abgeordneten des Conciliums begaben fich noch im 
April 1452 mit dem Kurfürften Friedrich von Brandenburg und dem 
- Palzgrafen Johann von Sulzbach: Neumarkt, unter einem Geleite 
von250 Pferden nach Eger an die böhmifche Graͤnze, wo (am8. May) 
auch zwei böhmifche Abgeorbnete mit 19 Pferden eintrafen 2°). 

16) Mansi 1. c. p. 417. Hartzheim concil, German. V. p. 779. Die 
Schreiben der Abgeordneten des Gonciliums an die Böhmen d. d. Nürnberg 
5. Jan. u. 12, Zebr. 1432 bei Mansi XXIX. 1. c. p. 441 — 444, 

17) Die Schreiben ded Prager Magiſtrats an die Basler Abgeordneten in 
Kürnberg, und der Städte Eger und Nürnberg bei Mansi 1. c. p. 632 sqq. 
u. 643 qq. Hargheim l, c. gibt nur den Inhalt des einen Schreibens: aus⸗ 
führlicger ift, was Harkheim in der Compend. enarratio v. Ortw. Gratius 
p. 761 darüber mittheit. Bgl. Theobald Huffitenfrieg I. c. 79. 

18) Mansi l, c. p. 417 sq. 

19) Die Inftruction für die Abgeortneten d. d. Bafel 28. März 1432 
bei Martene 1. c. p. 96— 99. 

20) Hartzheim 1. c. Die Namen der böhm. Abgeordneten waren: Nico- 
laus Humpoltzius u, Matthias Glumpezanus, Hermann. Corner, Chronic. 
p- 1312 nennt anftatt Johann Herzog von Neumarkt den Markgrafen Wil⸗ 
helm von Baden. 


Verhandlungen bes Conciliums mit den Huffiten ꝛc. T45 
Die Böhmen erhoben deßhalb fo große Schwierigkeit, das 
Concilium zu beſchicken, weil, wie fie erflärten, man den Geleits⸗ 
briefen Beinen Glauben ſchenken koͤnnte, da nach dem Vorgange mit 
Johann Huß, der trog des Fatferlichen Geleitöbriefes verbrannt wors 
ben fey, Feine Sicherheit in den förmlichften und feierlichften Wer: 
ſprechungen läge. Sie erflärten Daher nur bann fich bereit, Gefandte 
nach Bafel abzuſchicken, wenn für deren Perfon durch Stellung von 
Geiſeln geiftlicher und weltficher Zürften ihnen vollfommene Sicher⸗ 
heit gegeben werde. 
Der Kurfuͤrſt von Brandenburg ſtellte endlich uͤber biefen Punct 


‚die Böhmen zufrieden, indem er verfprach, daß einige Prälaten des 


Conciliums in feinen fränkifchen Ländern, wo die Böhmen leicht 
Zutritt Haben Fonnten, folange ihr Einlager halten follten, bis die 
böhmifchen Gefandten von Bafel zurücgelehrt wären. Alle Kur: 
fürften und Reichöftände, durch deren Gebiet die böhmifchen Abges 
ordneten auf ber Reife Fämen, verfprachen vollftändig ficheres Ge⸗ 
leite 21), 

Es ward darauf eine Übereintunft22) in Eger (18. Day) 
feſtgeſetzt, auf deren Grundlage hin die Unterhandlungen in Baſel 
geführt werden follten. Es ward unter andern Puncten in diefer 
Übereinkunft beftimmt: die böhmifchen Gefandten, die an das Con⸗ 
cilium nach Baſel geſchickt werden, erhalten fogleich nach ihrer An: 
kunft und fobald fie es verlangen, vollftänbige und freie Audienz vor 
der ganzen Verfammlung des Gonciliumd, und zwar vornehmlich 
über die vier Artikel. 

Es werden an fie, wenn fie es verlangen, einige gute und ge: 
lehrte Männer von dem Goncilium abgeorpnet, um mit ihnen über 
die zu befprechenden Puncte freundlich und brüderlich, fo oft es nothe 
wendig iſt, zu verhandeln. 

Es werden keine Kirchengeſetze noch irgend Beſchluͤſſe, auch 
nicht die Decrete des Conſtanzer und Sieneſer Conciliums ihrem 
fihern Geleite und ihrer Audienz irgendwie Abbruch thun koͤnnen. 

Es wird eine freimüthige aber anftändige Befprechung ber in 
lichen Zuflände und ihrer Gebrechen geſtattet. 

21) Hartzheim l. c. Herm. Comer. Chronic. 1. c. 
22) Martene 1. c. p. 131-133 gibt fie vollftändig. 


Aſchbach K. Sigmund. IV. 10 


146 Vierte Buch. Sechstes Kapitel, 


Der Gottesdienft wird nicht an ben Orten, wo bie baͤhmiſchen 
Abgeorbneten auf der Reife durchkommen ober verweilen, eingeſtellt: 
ihnen felbft ift es erkaubt ihren eigenen Gottesbienft, aber nur in⸗ 
nerhalb ihrer Herberge, fich halten zu kaffen, der auf Feine Weiſe ge: 
flört werden fol. 

Unmittelbar nach diefer Übereinkunft (am 21. May) fchrieb 
Procopins, als Haupt der Zaboriten, an den römifchen König und 
erfuchte ihn, sicht nur wegen der Anordnung des Nöthigen in Bezug 


auf die Geleitöbriefe die erforderlichen Befehle zu geben, fondern 


— 


auch ſelbſt ſich nach Baſel zu begeben, wie er früher verſprochen 
babe 2°). .. 

Sigrgundb erwiderte dad Schreiben von Lucca aus. in einem 
höchft freundlichen, gnädigen und verföhnlichen Zone: erklaͤrte fich mit 
Allem, worin das Gonctlium mit den Böhmen überein gekommen, 
einverftanden, bebauerte aber, vorerft nicht felbft auf der Kirchenvers 
fammlung erfcheinen zu Fönnen ?*%). 





23) Martene 1. c. p. 133. Procopius nennt Sigmund im Schreiben nit 
König von Böhmen, fi) felbft unterzeihnet er als Presbyter directar commu- 
nitatis Thaboritarum in campo laborantis. Die Hauptitelle des. Schreibend 
ift: Notifico vobis ex parte mei et aliorum nunciorum nostrorum regni 
Bohemiae et marchionatus Moraviae, qualiter nunc in Egra cum nuncüs 
vestris et cum ill. principibus Frederico March. Brandeburg. et Johanne, 
duce Bavariae, et doctorib®s de concilio, ad hanc congregationem ad Ba- 
sleam pro conductibus et modis sub quibus in Basilea ad contilium stare 
debemus, jam concordavimus. Jdeo studiose optamus, quatenus etiam im 
hoc concilio personaliter esse dignemini et hoc non negligere, quia de hoc 
nobiscum saepius loquebamini, quod utique huic concilio vultis interesse. 

24) Martene 1. c. p. 134. Das Schreiben lautet: Tibi notificamus, 
quod sacrum concilium super rebus illis etiam ad nos misit rel. fratrem 
Jo. deMulbruno ord. Cisterc., — informando nos, de omnibus modis con- 
elusis, quos bene intellextmus ac libenter ac multum laetanter audivimus. 
— — Et quidquid s. concilium de salvis conductibus et aliis rebns ne- 
cessariis requisivit a nobis, mox expedivimus, et omnia vobis mittentur, 
Etiam scripsimus Bohemis (nämlid) einigen böhmiſchen Landesherrn, die ed mit 
Eigmund noch hielten) de parte nostra, ut ‘vos per regnaum Bohemiae con- 
ducant. Super illo etiam, ubi desideratis in s. concilio personalem prae- 
sentiam nostram, etiam clare praefato fratri Jo. mentem nostram detexi- 
mus, qui eam latius vobis notificabit quam possemus describere. Nam in 


Verhandiumgen des Eonciliums mit ben Duffiten ꝛc. 147 


Auf dem Goncilium lebte man der gewifjen Hoffnung, daß bie 
Huffiten mın in Guͤte zu der Kirche zurückgeführt werben Könnten. 
58 gab auch der Gardinal Sultan (5. Jun.) dem Papfte in einem 
Schreiben Nachricht, daß man die Hoffnung hege, mit den Boͤh⸗ 
men zu einem Vergleich zu Fommen 2°): und die verfammelten Vaͤ⸗ 
ter befchleffen (20. Juni) in der allgemeinen vierten Seffion, 
baß die Böhmen ungehindert und frei auf das Concilium nach Ba: 
fel Eommen, daſelbſt über die vier Glaubensartikel fprechen und ficher 
wieder zuruͤckreiſen dürften 2°), Über diefen Befchluß gab die Kir: 
chenverfammlung den Böhmen in einem befondern Schreiben Nach- 
richt 27) und legte zugleich das Formular des Geleitöbriefes bei 28). 
Durch Umlauffchreiben wurden die deutfche Geiftlichkeit und die: 
Reichöftände in Kenntniß geſetzt, daß die Böhmen nach Bafel bes 
rufen worden, ihre Glaubendartifel vor ben perfammelten Vätern 
darzulegen 2°), 

Ungeachtet diefer ernfllichen Iuficherungen und Anftalten trauten 
die Huffiten doch nicht recht: fie erflärten nach den Beſchluͤſſen ei⸗ 
ned Landtages, der in Kuttenberg gehalten worden war, zwar bem 
Goncilium in mehreren Schreiben v.10.— 24. Sept. ihre Bereitwils 
ligkeit, Abgeordnete nach Bafel zu ſchicken, und baten um die Zufen- 
dung der Geleitöbriefe in der übereingefommenen Form 30); fie 
wollten aber erft durch einige wenige Perfonen durch den Augenfchein 
felbjt unterfuchen laffen, wie die Stimmung gegen die Huffiten bei 


omnibus quae tendunt ad bonum et pacificum statum regni praefati, nun- 
quam deficiemus; sed ita nos exhibebimus, sicut rex gratiosus et dominus. 

25) Bei Aeneas Sylv. Opp. ed. Basil. 1551. p. 75 sqq. 

26) Mansi Conc, coll. XXIX. p. 27 a x 

27) Mansi l. c. p. 30 — 32. 

28) Mansi 1. c. p. 30. . 

29) Guden, C. d. Mog. IV. n. 80. p. 191. Ein Schreiben des Goncild 
v. 5, Juli 1432 an den Erzb. v. Mainz. Gin Umlaufihreiben des Concils an 
die gefammten Erzbiſchoͤfe der Ehriftenheit über die böhm. Angelegenheit (v. 17. 
Quli 1432) bei Martene coll. ampl. VIII. 140. 

30) Der Brief des Joh, Rokyczana und des Prager Magiſtrats , wie auch 
noch zwei andere Schreiben in der Sache v. 10. Sept. 1432 ſtehen bei Martene 
1. c. p. 173 — 178. Die Schreiben der Basler Abgeordneten an den Cardinal 
Aulian über die Geleitsbriefe (d. d. Eger 18, Sept. 1432) ibid. p. 179. Der 

10* 


148 Viertes Buch. Sechstes Kapitel‘ 

den verfammelten Vätern fey 31). « Daß befonderd ein heil ber 
Huffiten gegen eine Verftändigung war, hatte fich ſogleich nach deih 
Abfchluffe der Egerer Übereinkunft gezeigt. Die Gemäßigteren aber 
waren um fo mehr entfchloffen, mit der Kirche und dem roͤmiſchen 
König ihren Frieden zu machen. Die furchtbaren Verheerungen, 
welche im Sommer 1432 Überſchwemmungen in Böhmen anrichtes 
ten, wodurch eine große Zahl von Menſchen ihr Leben einbüßten 
und’ die Prager Brüde einflürzte, fahen Viele ald ein Strafgericht 
Gottes an wegen ber Auflehnung gegen die Kirche 2). Das Er: 
feheinen eined großen Kometen, Mißwachs, Krankheiten wirkten zu: 
fammen, die gemäßigteren Huffiten zu den Vorſchlaͤgen des Conci⸗ 
liums geneigt zu machen. Dagegen beftand der heftigere Theil der 
Zaboriten, die Drphaniten, auf der Fortfegung des Krieges, und fie 
brachten es auch fchon dahin, mit dem ihnen immer geneigten polni⸗ 
ſchen König ein Buͤndniß zu ſchließen, woraus derfelbe große Vor⸗ 
theife in feinen Streitigkeiten mit dem deutfchen Orden zu ziehen 
hoffte ®®). 





Geleitsbrief, der von dem Markgr. Friedrich dv. Brandenburg und dem Pfalz 
grafen Johann von Neumarkt auögeftellt wurde, ibid. p. 182. 

31) Hartzheim 1. c. 762. 

32) Schreiben ded Joh. Rokyczana von Prag an das Concil im Juli 1432 
bei Martene 1. c. p. 148. Über diefe überſchwemmungen, welde auch in Sach⸗ 
fen und Thüringen große Verheerungen anridyteten, Hermann. Corner. Chr. 
p. 1317, Andreas Presbyter p. 52, Trithem. Chr. Hirsaug. II. 385 und 
die böhm. Ehroniften, beſonders Bartoss. Chr. p. 174 — 176, Beness. Kra- 
bicc. de Waitmile p. 73, Palkaw. Cont. p. 168 u. Haget &,739, melde 
legtern aud von den andern Heimfudungen des Landes ſprechen. 

33) Schreiben des ungarifhen Palatinus Nicol, Sara an Sigmund d. d. 
Budae in profesto S. Stephani regis (19. Aug.) 1432 bei Martene 1. c. 
p. 161. Der polniſche König ließ den ungariſchen Landtag eröffnen: Volumus 
esse notum, ne audiatis ab aliis, contraxisse nos unionem et ligam cum 
Bohemis contra omnem nationem, et praesertim Teutonicam, excepta dum- 
taxat liga vestra Hungarorum, qguibus volumus semper trangnillissimam 
pacem et amicitiam conservare. Ausfuͤhrlicher über dieſelbe Sache läßt fich 
das Schreiben des Johannes, Episc. Zagrabiensis, an Eigmund aus (d. d. 
Kaprinicze feria II prox. post fest. Barthol. 1432), ebenfall3 bei Martene 
p. 164. Über diefe feindfelige Stimmung des polnifhen Königs ſchreibt Sig⸗ 
mund (31. Det. 1432) an dad Goncilium. Martene 1. c. p. 199. über die 





Verhandlungen bes Conciliums mit den Hufjiten c. 149 


Die gemäßigte Partei des Adels und der Städte fette ed aber 
doc) durch, daß einfiweilen zus Abgeorbnete, Nicolaus Humpolecz 
und Sohannes von Saas, nach Bafel geſchickt wurden 3%), theild um 
bie Einleitung zu der größern Gefandtfchaft zu treffen, theils aber 
auch die nöthigen Erkundigiigen über die Stimmung bes Conci⸗ 
liums gegen die Böhmen einzuziehen 35). 

Die beiden böhmifchen Abgeordneten erhielten ein Geleite von 
angefehenen geiftlichen und weltlichen Perfonen: auch Gefandte des 
Eonciliumd begleiteten fie. Als fie nad Biberach gelommen wa⸗ 
ven, erließ fich ein Menfch in heftige Läflerungen gegen bie huffiti- 
chen Ketzer. Wie gewiffenhaft man darauf hielt, daß der Geleits- 
brief aufrecht erhalten wurde, Eonnten die Böhmen daraus erfehen, 
daß man den Läfterer fogleich in's Gefängniß warf: doch wurde er 
auf die eindringlichen Bitten der Geſchmaͤhten wieder freigelaffen. 
Als fie in der erften Woche des Octobers nach Baſel kamen, wur⸗ 
den fie von dem Nathe der Stadt mit Wein und Fifchen befchenft. 
Am 10. October traten fie vor der Hirchenverfammlung im Domi: 
nicanerklofter auf: und erhielten bier mündlich Alles beſtaͤtigt, 
worüber man früher in Eger übereingefommen war. Nach einem 
fechötägigen Aufenthalt in Bafel Eehrten fie nach Böhmen zurüd, 
fehr zufrieden mit ihrem Empfang und Allem, was ihnen da mitge- 
theilt worden. Sie hatten fi) davon überzeugt, daß ınan nicht hin: 
terliftig handele, fondern in vollem Ernſt einen friedlichen Vergleich 
mit den Böhmen beabfichtigte 3°), 

Sogleich nach ihrer Ruͤckkehr wurbe ein Landtag nach Prag be: 
rufen, um fich zu berathben, was man weiter in der Sache thun 
wolle: die Zaboriten waren größtentheild gegen jeden Vergleich, der 
ihren ungemeflenen Anfprüchen nicht genügen Fonnte: dagegen wa⸗ 
ren die abligen Herrn und die Stäbte ded langen Krieges fehr mühe: 
fie wünfchten auf das ernſtlichſte und aufrichtigfle den Frieden I: 


nah Polen. geidhidte Geſandtſchaft der Böhmen handelt ausführlich Dlugoss 
hist, Pol. I. 605 sqgq. 
34) Ihre Gredentialbriefe v. 18. Sept. 1432 bei Martene 1. c. p. 178. 
35) Hartzheim |. c. non u. 
36) Hartzheim 1. c. nt 
37) Aeneas Sylv. hist. Bohem. c. 49: Fuerunt inter Boliemos. duae 


150 Viertes Buch. Sechstes Kapitel, 


fie ſetzten es daher darch, daß eine Deputation von huſſttiſchen 
Geiſtlichen, anter welchen Johannes Rokyczana und Peter Payne, 
ein Engländer, wie auch eine Anzahl adfiger Herrn und der ausge⸗ 
zeichnetſten Kriegöführer, als Mepräfentanten allee Parteien nach 
Bafel geſchickt wurden 28). Das Atze Gefolge beſtand aud drei⸗ 
hundert Perfonen. Eine polnifche Gefanvtfehaft, die Damals grade 
in Prag angekommen war, fchloß fich den Böhmen an. Noch vor 
Ablauf des November 1432 brach man von Prag auf: über Tauß, 
Cham, die Oberpfalz wurden die Böhmen nach Nuͤrnberg geleitet. 
In einem felerlidhen Zug betrat man die Stadt: die Böhmen ließen 
- fi) eine Fahne vortragen, worauf auf der einen Seite en Crucifix, 
auf der andern ein Kelch abgebildet war. Auf die Borftelung der 
fie begleitenden: deutſchen Fuͤrſten unterliegen fie aber welter diefe 
Demonftration, die leicht Anlaß zu aͤrgerlichen Auftritten geben 
konnte. Bon Nürnberg, wo fie dad Weihnachtsfeſt zubrachten und 


ſich mit.dem Brandenburger Kutfürften über dad weitere Geleit vers 


fländigten, übernahm der Markgraf Albert das weitere Geleit bis 
Gungenhaufen, der Graf von Öttingen bis nach Nördlingen und 
Ulm: letztere Stabt bis Biberach ımd Sulgau, der Graf Zruchfeß 
von Waldburg bis’ Stockach. Die Ritter des Herzogs Wilhelm von 
Bayern, des Protectord des Coneillums, geleiteten fie weiter nach 
Schaffhaufen und auf dem Rhein, fo weit man zu Schiffe fahren 
Tonnte, nach Bafel, wo man am 4. Januar 1433 den Einzug 
hielt 3°). a 

Da fie unerwartet zu Schiffe eintrafen, fo mußte der feierliche - 
Empfang, der ihnen zugedacht war, indem ‚man ihnen entgegen rei⸗ 


‚sententiae: Qrphani et Thaboritae et plebes ferme omnes eundum esse ne- 
gabant, Joannis et Hieronymi exemplum in medium afferentes, qui Con- 
stantiam ad synodum profecti sub fide Sigismundi , publice combusti fuis- 
sent. Nobilitas vero Mainardum secnta principem Novae domus (Neuhaus), 
virum cordatum et ingenio dextro petendum esse concilium prorsus aje- 
bat. — — Vicit haec sententia, legatio CCC eguitum Basileam missa. 

38) Die Namen find vellftändiger bei Bartoss. Chr. p. 178 u. Hartzheim 
l. c. als bei Aen. ‚Sylv. L 0 angegeben. Oqhs Gef, v. Baſel II. S. 261 
gibt die Anzahl‘ der einzelnen Parteien an. 


39) Hartzheim 1. c. p. 763 u, 192. Ungedruckte Kapitel von Windel 
Ebher. MS. & 256 u, 286. 


\ 





Verhandlungen des Condliums mit ben Huffiten ꝛc. 151 
gen und gehen wollte, unterblefben. Doch ſtroͤmte die ganze Bedol⸗ 
Berung voll Neugierde den Böhmen in den Straßen der Stadt emts 
gegen: feib ein Theil der verfmmelten Bäter konnte fich nicht vers 
ſagen, bed Anblicks der Huffiten ſobald als möglich theilhaftig zu 
werben. Straßen, Pläge, Häufer bis auf die Dächer, wo fie vor⸗ 
über zogen, waren mit ſchauluſtigen Männern, Frauen und Kinbern 
angefüllt. Die Aufmerkſamkeit wurde bald auf diefen, bald auf 
jenen ‚gerichtet. Man wunderte fich über die nie vorher gefehene 
Tracht, die furchtbaren Gefichter, die wilden Blide. Man fand, 
daß bad Gerücht nicht übertrieben hatte. Aller Augen aber zog auf 
fich der wilde Zerftörer und Sieger in vielen Schlachten, der Furcht: 
bare, amuberwindliche Taboritenführer Procopius +9). 

Der Legat Julian ließ die böhmifche Deputation ſogleich nach 
ihrer Ankunft bemilllommen und fie mit Wein und guten Leben 
mitteln verfehen. Wenn er auch zuließ, daß fie fi zum Empfang 
bed Abenbmals unter beiden Seftalten verfammelten, fo wies er 
doch den Basler Magiftrat dazu an, daß er nicht duldete, daß Neu⸗ 
gierige ber Meſſe und Predigt der Hufliten betwohnten, beſonders 
wenn lestere deutfch gehalten wurde *1). 

Wenige Tage nach ihrer Ankunft (am 9. Ian.) Iud fie der 
paͤpſtliche Legat zu der Verſammlung im Predigerfiofter, wo er eine 
Rede an fie, hielt. Er fprach über die Auctorität der allgemeinen 
Concilien, forderte auf, daß fie fich ihren Ausſpruͤchen unterwürfen, 
exöffnete ihnen aber auch die Bereitwilligkeit der verfammelten Vaͤ⸗ 
ter, fie anzuhören +2). Diefe Rede wurde von dem größten Theile 
der böhmifchen Abgeorbneten nicht mit Beifall aufgenommen *°). 

Dem Legaten antwortete der bei den Huffiten hochgeachtete, ges 
lehrte Johannes Rokyczana: die Böhmen hätten weder bie Goncilien, 
noch die Kirche verachtet, man hätte fie aber in Conſtanz ungehönt 
verdammt. „Sie hätten nichts wider die chriftliche Religion gelehrt, 


40) Bartossii Ckron. p. 179. Aen. Sylv. hist. Boh. 1. c. Trithem. 
Chr. Hirsaug. II. 385. Palacky scriptt. Boh. III. ad ann. 1432. 

41) Wurfteifen Badler Chronik S. 231. Ochs Geſch. v. Bafel III. S. 243, 

42) Mansi Concil. coll. XXIX. 329, 515. Im Auszug giht die Rede 
Aen. Sylv. hist. Boh. c. 750. 

43) Hartzheim I, c. 





3E .- Viertes Buch. Scchätes Kapitel. 

Aber naht allein bie verſammelten Vaͤter und die boͤhnniſchen 
Deputirtn konnten ſich nicht miteinander verſtuaͤndigen: auch der 
Papft war nicht mit den Schritten ber Nachgiebigkeit gegen bie „ke⸗ 
geifhen” Böhmen einverflanden, welche doch bie beutfchen Zu⸗ 
fände exheifthten und der roͤmiſche König dringend verlangte. Des 
gegen war der römifche König eifrigft bemüht, daß die Dieputatio⸗ 
nen zu einer Verfländigung und Vereinigung führten. Er hatte 
daruͤber (3. Dec. 1432) von Siena aus dem Protector des Conci⸗ 
liums, dem Herzog Wilhelm von Bayern, und dem Biſchof Johannes 
von Ehur, ‚einem feiner Räthe, gefchrieben 10). Sie waren in bie 
ſem Schreiben bevollmächtigt, feine Perfon in allen Verhandlungen 
mit den Böhmen zu vertreten ımd ihnen auch vollſtaͤndige Amneſtie 
zuzuſichern, wenn fie füch wieder mit ber Kirche vereinigten und ſeine 
koͤnigliche Auctoritaͤt anerkennten. | 

Es mußte aber chen bei dem Concilium ein gewiſſes Mißtrauen 
in den aufrichtigen Willen der Böhmen, fich wieder nat der Kirche 
zu verföhnen, entſtehen, weil fie (wenigften® ein großer Theil ber 
Mation), felbft während der Dauer der Friedensimterhandlumgen, 
wicht von den Raubzügen abliegen. Der Herzog Albrecht von Öfte 
veich richtete wegen der neuen Plünderzüge der Huffiten 47) in ſoin 
Land (14.Nov. 1432) ein klaͤgliches Schreiben an das Concilium **) 
und felbft der römifche König fchrieb (am 16. San. 1433) nad) Bas 
fel, daß die Böhmen, ald Bundesgenoſſen des polnifden Königs 
Wladislaus, förmlich dem beutfchen Orden den Krieg angekuͤndigt 
hätten “9, ‚ 


46) Martene 1. c. p. 233 sqgg. 

47) Bartoss. Chr. p. 178. Bei Znaym wurde cin blutiges Treffen gelies 
fert, worin 300 Taboriten und faft ebenforiel Dftreiher fielen. 

48) Martene 1. c. p. 201: Sed ex ipsorum gestis revera nefandis illu- 
.sio vehemmenter est timenda. ‚Nunc vero cum polliciti essent suos ad sa- 
.crum conalium causa pacis nuncios destinare, suo exercitu ac munitione 
ourruum fulciti,. terras nostras, Austriam et Moraviam intraverunt hostili- 
tet, depraedationes, incendia, latrocinia, stupra, incestus, et quam plu- 
rima alia crimina committere non verentes — — ex quibus non pax, ad 
quam se quodam velamine anhelare testantur, quin potius pacis et Christi 
fidelium turbatio non modica ostenditur in effectu. 

49) Martene 1. c. p. 239. Beigefügt dem Briefe ift die Kriegderflärung 


& 








J 


Verhandlungen des Conciliums mit ben Huſſiten ꝛc. 155 


Da alle Disputationen und Conferenzen in Baſel zu Peiner 
Bereinigung führten, fo wurden zuletzt die böhmifchen Abgeordneten 
ber weiteren Berhandlirgen und Reben uͤberdruͤßig. Sie kehrten 
unverrichteter Dinge nach Prag zuruͤck. Deffenungeachtet gab bad 
Goncilium wie auch der römifche König die Hoffnung nicht auf, eine 
Verſoͤhnung durch Fortſetzung der Unterrebungen herbeizuführen. 
Die boͤhmiſche Deputation hatte vor ihrer Abreife darein gewilligt, 
daß von Seiten der Kirchenverfammlung Prälaten nach Prag ges 
fit wınden, die dort wegen der Wiedervereinigung der Böhmen 
mit der Kirche dad Weitere verhandeln möchten. An die Spige bie 
fer nach Böhmen gefandten Deputation ftellte daB Concilium ben 
Biſchof Philibert von Coutances, einen hoͤchſt gewandten und vebe 
fertigen Prälaten: ihm beigegeben waren meift folche Geiſtliche und 
Doctoren, welche ſchon mit den Böhmen theild in Eger, theils in 

Baſel disputirt und conferirt hatten 50). Auch die im Franfenlande 
mächtigen Zürften und Städte, wie die Markgrafen von Brandens 
burg, der Pfalzgraf von Sulzbach, der Bifchof von Bamberg, die 
Städte Nürnberg und Eger ſchickten Gefandte mit. ‚Die der Depue 
tation mitgegebene Vollmacht lautete: auf alle mögliche Weife dahin 
zu werfen, daß ein Vergleich mit den Böhmen zu Stande kaͤms. 
Man beauftragte fie aber insgeheim auch, durch Gonceffionen und 
Vortheile, die man den Gemäßigten verfprschen follte, fie von den 
überfpannfen und unbeugfamen Zaboriten und Drphaniten abzuziee 

den, um fobann bei den unter fich uneinigen Böhmen defto leiter, 
wenigftens einen Theil, wieder der Kirche zuzuführen. 

Die Abgefandten des Conciliums wurden in®Prag (i. Juni 1453) 
ſeht Freundlich und feierlich empfangen. Die Prager wollten damit 


der Drphaniten und Taboriten d. d. In montibus Cuthin in communi con- 
gregatione capitaneorum et communitatum regni Bohemiac et marchionatus 
' Moraviae legi divinae adhaerentes, ipso die B. Virg. Mariae‘ a. d. 1482. 
Ch. Hagek Chr. ©. 730, 

50) Bartoss. Chr. p. 179: Ab eodem consilio Basiliensium solemnes 
ambassiatores: videlicet magnae Constantiae (i. e. Coutances) et de Au- 
spurk. (Augsburg) Episcopi, et quidam tertius solemnis auditor sacri Pala- 
tii apostol, et dominus Egidius magnus doctor Parisiensium et dominus de- 
canus Ratisbon. et aiii adhuc tres doctores et consiliarii plurimoram prin- 
dpum. Cf. Pulkaw. Cont. p. 168. 





156 Viertes Buch. Sechstes Kapitel. 

den Empfang, welchen die Basler ihrer Gefanbtfchaft bereitet hats 
ten, erwidern. Es wurden fobann die Stänbe bes Koͤnigreichs 
und der Markgraffchaft Mähren in Prag verfammelt, um die Ge⸗ 
fandten felbft zu hören und mit ihnen die Unterhandlungen zu 
führen 1). 

Die Hauptwortführer waren wieberum auf Seiten ber Huffiten 
der gelehrte und beredte Johannes Rokyczana, ber derbe und bündige 
Procopius der Große: auf Seiten der Deputation bed Conciliums 
Sohann von Polemar und Agidius Carlier, beide eifrige Vertheidi⸗ 
ger und Verfechter der Schritte und Befchlüffe des Conftanzer wie 
des Basler Conciliumd. Kein Theil wollte dem andern ein began⸗ 
gened Unrecht zugeftehen. Agidius Carlier forderte auf, die Acten 
allen berühmten Univerfitäten zur Begutachtung zuzufchiden: die 
Sache follte ſodann von dem durch den heiligen Geift erleuchteten 
Concilium entfchieden werden. Daß diefer Auöweg nicht von den 
Böhmen angenommen wurde, laͤßt fich denken. Der Magdeburger 
Domberr Heinrich Tod gab zu verftehen, daß das Concilium noch 
am meiften dann concediren werde, wenn man auf dem Wege ber 
Bitte, nicht des Rechts ſich an daſſelbe wende5?). 

Es fcheint, daß während der vergeblichen Unterrebungen und 
Berhandlungen, die eine geraume Zeit fortgefest wurden, die Des 
putation nicht müßig war, insgeheim die Häupter der Galirtiner 
ober ber Semäßigten zu bearbeiten, ihnen die Vortheile ber Wieder: 
vereinigung mit der Kirche vorzuftellen und fie endlich überzeugte, 
daß fie den Katholiten im Grunde viel näher flanden als ben ercens 
tifchen Zaboriten und Orphaniten. Nur das Band der Nationalis 
tät knuͤpfte fie noch an diefe. Es war auch Feinesweges zu verfennen, 
daß an eine Verftändigumg der Zaboriten und Orphaniten mit bem 
Goncilium gar nicht zu denken war, indem dieſe nicht einmal mit 
dem, was bie Galirtiner verlangten, mit dem Zugeftehen ber vier 
Artikel ſich begnügten. Sie wollten das Papftthum mit der Hier- 


51) Bartoss. Chr. 1. c. 

52) Kurz handelt nur davon Aen. Sylv. hist. Boh. c. 50, etwas aus⸗ 
führlicher Hartzheim 1. o. 764. Die volftändigen Acten und Documente finden 
fiö bei Martene 1. c. p. 596— 607 u. Mansi Conc. coll, XXX. 590. 634. 
668. 692. 


\ 


Verhandlungen bes Conciliums mit ben Huffiten cc. 157 


archie, die Mönchsorden und viele andere Firchliche Einrichtungen 
ganz abgefchafft haben. Sie weigerten fich daher auch entfchieben, 
vorläufig bis man fich über die einzelnen Puncte vereinigt habe, eis 
nen Frieden zu unterzeichnen. Sie ‚wollten bie Zeindfeligkeiten 
durchaus nicht einftellen, fondern fingen fie von neuem wieber an. 
Mähren 53) und Ungarn wurden von ben huflitifhen Raubfchaaren 
überzogen (un. 1433). Schon im Frühjahr 1433 waren 20,000 
Zaboriten in das Zipferland eingefallen, und hatten Käsmarkt ers 
flürmt und eine große Menge der angefehenften Perfonen der Stadt 
als Gefangene fortgefchleppt, die entweder in den böhmifchen Kers 
Fern flarben oder nur gegen große Geldfummen ihre Freiheit erhiel: 
ten 2). Die ungarifche Stadt Chremnig wurde erflürmt, gepluͤn⸗ 
dert, eingeäfchert: die benachbarten Bergftädte und Ortfchaften hats 
ten gleiches Schickſal oder mußten ſich durch große Summen davon 
loskaufen. Die Streifzüge der Huffiten gingen tief in's innere Land 
bi8 an bie polnifche Grenze, und fie Fehrten mit ihrer Beute gluͤck⸗ 
lich nach Böhmen zurüd, noch ehe die ungarifchen Kriegsvoͤlker zu⸗ 
fanmengezogen waren 5°). Haft um diefelbe Zeit machten die Or⸗ 
phaniten unter dem Johann Czapko ald Bundesgenoſſen bed polni⸗ 
ſchen Königs gegen den deutfchen Orden in Preußen einen Kriegszug: 
vereint mit einigen polnifchen Truppen brachen fie in bie dem deut⸗ 
fhen Orden gehörige Neumark, richteten dafetbft große Verheerungen 
an und drangen fodann in Pommerellen ein. Ihre Streifzüge er⸗ 
ſtreckten fich bis in die Nähe von Danzig, wo fie dad Klofter Oliva 
eindfcherten, dann mit reicher Beute und mit Waffer, das fie aus 
der Oftfee gefchöpft hatten, und vom polniſchen König reich beſchenkt, 

kehrten fie nach Böhmen zurüd 56), 


53) Pessina Mars: Morav. p. 579. 

54) Dlugoss histor. Polon. lib. XI. p. 625. Wagner Analect. Scepus. 
J. 52 sq. Bartoss. Chr. p. 179. Pessina de Czechorod 1. c. 

55) Bartoss. Chron. b, Dobner I. 179. Palacky Ser. III. ad ann, 1433. 

56) Der Brief des Deutfchordensmeifter an dad Goncil d. d. 9, Jun. 1433 
bei Martene l.c. p. 608. Bartoss. Chr. p. 181. Dlugoss hist. Pol. lib. X1. 
635. Aen. Sylv. hist. Boh. c. 51. Coapcho multis Pruthenos damnis af- 
fecerat et a rege Poloniae vocatus usque ad Gedanum, et mare Baltheum 
victorem exercitum duxerat. Hagek's Chronik &, 741 erzählt, die Orbhani⸗ 
ten hätten von diefem Zug ald große Merfwürdigfeit ein Kameel zurüdgebradt. 


N . 


a⸗⸗ 


139. Bierted Buch. Sechstes Kapitel, 

Indeſſen man noch in Prag über die Union unterhanbelte, ent⸗ 
fernte fich Procopius ber Große, der langen Verhandlungen müde, 
und zog wieder in den Krieg. Die aus Ungarn zuruͤckkehrenden Ta» 
boriten und bie Orphaniten, welche von dem Streifzug gegen den 
deutfchen Orden zurüdigefommen waren, vereinigte er mit anberm 
Schaaren, welche ihm Procopius der Kleine zuführte, und felbft aus 


- ber Reuſtadt Prag fchlofien fich wieder Raubluftige dem Heere an. 


Es ſchien, dag die glüdlichen Plünderzüge in Ungarn und im Deutſch⸗ 
Ordensgebiet von neuem bie Raubluft der Böhmen wedten. Da 
Procopius dem Großen nicht entgangen war, wie fehr die Deputas 
tion des Conciliumd dahin arbeitete, die noch vorhandenen Refte des 
Katholicismus in Böhmen zu ihrem Bortheile zu wenden, wie auch 
die Calixtiner zu gewinnen, die in ben größern Städten und bei dem 


‚ Abel ihre vorzuͤglichſten Anhänger hatten: fo war er entſchloſſen, 


feine und feiner Freunde. Waffen vor allen Dingen gegen die böhmis 
ſche Stabt Pilfen zu wenden, die fich biöher noch immer dem katho⸗ 
liſchen Glauben treu gegen die Huffiten fiegreich behauptet hatte, 
Er belagerte daher mit feinem vereinigten Heere die Eatholifche Stadt 
mehrere Monate, jeboch ohne Erfolg. Indem er meinte, fie durch 
Hunger endlich zur Übergabe zu zwingen, und die Belagerung in 
eine Einfchließung übergeben ließ, fandte er einen Theil der Trup⸗ 
yen in die Oberpialz und gegen die Bayern. Sedoch lief diefer 
Streifzug für die Taboriten hoͤchſt unglüdlich ab: fie wurden (im 
September) von den Bayern überfallen, und bis auf Wenige alle 


Pulkavae Contin. p. 169: Advenit (ad castrum ante Pilsnam) Czapek cum 
Orphanitis ex Prussia: pugnarunt enim ibidem cum rege Polonie et Prussis 
(ftatt contra Prussos), quos acriter debellarunt et profecti fuerunt ibidem 


usque ad mare adducentes secum camelum, quem eis Pilsnenses abduxe- 


runt. Pessina Mars Mor. p. 580 sq. Trithem. Chronic. Hirs. II. 385 u, 
388. Bol, Boigt Gef. Preuff. VII. 590. 620 fl. Balbin. Epit. 1. c. p. 482: 
(Pilsnenses camelum) traxerunt in urbem: ob quod facinus Sigismundus 
Caesar urbis clypeo militari Camelum adjecit: cum ante limacem — et 
canem avidam et desiderio hiantem Plsna gestasset, addidit et votum in 
literis Sigismundus Caesar, ut Plsna in faucibus haereticorum perpetuo 
amarescat! Der Herzog Boguslav IX von Stolpe begünftigte die Huſſiten: 
vgl, Berthold Geſch. v. Pommern IV. 1. S. 96 fll. 


Verhandlungen des Conciliums mit ben Huffitn c. 1359 
nitdergemacht 57). Diefed war für Procopius ein harter Verluſt: 
auch ſchob man bie Schuld bed mißgluͤckten Zuges auf ihn, wodurch 
einige Zeit fein Anſehen fehr litt. Doch bald wußte er. «8 wieder 
vollſtaͤndig zu gewinnen und bann betrieb er von nauem auf bad eif⸗ 
rigſte die Belagerung von Pilfen. Sein Heer hatte er auf 36,000 
Mann gebracht: bie Stadt. wäre verloren gewefen, hätte ihr der 
mächtige: höhmifche Landherr Mainharb von Neuhaus, von dem 
Basler Comeilium dazu angeregt, nicht Lebendmittel mitten durch 
die. belagernden Truppen hindurch glüdlich zuführen laffen ®®). 
Mittlerweile hatten die Galirtiner, die fich immer mehr von ben 
Zaboriten und Orphaniten entfernten, weiter mitt dem Basler Conci⸗ 
um unterhanbelt. Der Bifchof Philibert von Coutances gewann 
ben ehrgeizigen Sohann Rokyczana, indem er ihm Hoffnung machte, 
man werde ihn zum Erzbifchof von Prag erheben, wenn er zu der 
Union bie Hände biete. . Auch daß der mächtige und einflußreiche 
Mainhard von Neuhaus mit der Mehrzahl der böhmifchen Landher⸗ 
sen fich immer feindlicher gegen Proeopius den Großen fiellte, erw 
leichterte bad Merk, die Galistiner zur Kirche zuruͤckzufuͤhren. 
Die Calirtiner fegten daher ihren vier Artibeln einige Erlaͤute⸗ 
rungen und Motificationen bei und ſchickten fie nebft einer Unions« 
formel, unter welcher fie fich mit der Kirche zu vereinigen verfpras 


57) Windel c. 193: „Auff fant Michelstag kowen die ledigen Huffen bet 
ber Widen (die Waifen?) und Fomen v5 Beheimlant, dos wart gewar herzog 
Hans von Salzpurgt (Neumarkt) end Margraff Friderich von Brandenburg vnd 
ander herrn, vnd befameten fi. Die Huffen hetten leicht zweitaufend mon zu 
roffe vnd zu fuffen. Nu was Heinz Pflug ein Beheim der Kriften Fürften hawp⸗ 
man. Alſo hetten die Huffen ein wagenpurg von 44 wegen. Bnd Heinz Pflug 
bette an dem furritte (Avantgarde) lichte 300 pferde vnd 600 man zu fuffe, bis 
dos der eriften bülffe berfür Fam,” — Dann wurde die Wagenburg gefprengt 
und die Huffiten in die Flucht getrieben: fie ließen 1177 Todte und 330-Schwers 
verwundete auf dem Schlachtfelde zurüd. Bartoss. Chr. p. 181 sq. Mars 
Morav. p. 582. Theobald c. 80. 

58) Bartoss. Chr. p. 181 u, 183. Nah Hagek &. 741 machten die Pils 
fener aud einen glücklichen Ausfall: fie überfieien die Drphaniten, nahmen ihnen 
die aus Preußen mitgebrachte Beute und fepten die andern Kriegsſchaaren in gro⸗ 
fen Schrecken. Pessina Mars Mor. p. 581 s9q. Bgt. Pelzel Gef, v. Boͤh⸗ 
men I. S. 400 fi. " | 


160 Viertes Buch. Sechstes Kapitel. 
den, mit neuen Abgeordneten nach Baſel*9). Zwar waren bie 
verfainmelten Väter des Conciliums immer noch nicht einverſtanden 
mit biefer Borlage, indem fie meinten, folche Eonceffionen, wie dee 
Böhmen verlangten, Tönnten eher eine bleibende Spaltung in der 
Kirche veranlafien, als eine Wiebervereinigung der Abgefallenen ber 
wirken. Aber die eindringlichen Borftellungen des Kaiſers, der da⸗ 
mals nach Bafel gelommen war, und ber Reichsſtuͤnde, daß. man 
in manchen Puncten nachgeben, und namentlich den Layenkelch, wo⸗ 
gegen.da8 Goncilium ganz beſonders fich erktärte, bemilligen muͤſſe, 
brachte das Unionswerk endlich dem Ziele näher: auch bie erneuerten 
Plünderzüge der Huffiten trugen dazu bei, Nachgiebigkeit anzuem⸗ 
pfehlen. So ſchickte derm das Concilium abermals eine Deputation 
nach Prag mit ber Vollmacht, das Uniondwerk abzufchließen. Man 
verſuchte zwar anfangs.von ben Forderungen ber Galiztiner Manches 
noch abzuziehen, namentlich die vier Artikel fo zu modifichten, daß 
fie mit der Lehre und den Einrichtungen der Kirche in ziemlichen 
Einklang gebracht werben fonnten: . auch wies man bie neue Depu⸗ 
tation an, nur im Außerflen Halle ben Layenkelch zuzugeſtehen 80). 
Die Galirtiner aber hielten feft an diefem Punct und verflanden fich 
unter feiner Bedingung zur Unterwerfung, wenn ihnen ber Empfang 
bed Abendmald unter beiden Geſtalten nicht zugeflanden fey 1). 
So gaben denn endlich die Gefandten des Conciliums auch in biefem. 
Puncte nad) und der Vergleich zwifchen dem Concilium und einem 
Theile der böhmifchen Nation, der fogenannten Galirtiner oder Utra⸗ 
quiften, wurde zu Prag am 30. Nov. 1433 abgefchloffen. Diefer 
Vergleich, welchen man die Prager Compactaten nennt, ge 
fand den Böhmen die vier Artikel zu unter folgenden Einfchräns. 
tungen 62): 
41) Das Abendmal wird i in Böhmen und Mähren Jedem, ber es 

59) -Martene 1, c. p. 630 u, 631 die Articuli oblati concilio. Die huſ⸗ 
fitifhen Abgeordneten waren nad Bartoss. Chr. p. 179: Magister Procopius 
de Plzua, Martinus Lupaz Presbyter, u, Matthias Lauda de Piska. 

60) Hartzheim 1. c. p. 764 fü. 

. 61) Martene 1, c. p. 670 aqq. 
62) Martene 1. c. p. 698 sqq. Mansi XXX. 146, FW aqq. 821 sq. 


Bzov. ad ann. 1434. n. 77. Raynaldi ad ann. 1433. n. 2 Cochlaeus. 
hist. Hussit. p. 271 sqgq.’ | 





Verhandlungen des Conciliums mit den Huffiten ꝛc. 161 


- verlangt, unter beiden Geftalten gereicht, jedoch haben bie 
Priefter dabei den Unterricht zu .ertheilen, daß es ebenfo gut 
und velftändig unter einer Geflalt empfangen werbe. 

2) Öffentliche Verbrechen und Lafter (der Geiftlichen) ſollen nach 
dem göttlichen Gefeße und ben Ordnungen der Kirchenväter fos 
viel als möglich entfernt und beflraft werden, und zwar von 
den gewöhnlichen Obrigkeiten, jedoch mit Zuztehung von Geifts 
lichen bei der gerichtlichen Entfcyeibung. — 

3) Das Wort Gottes ſoll frei und ungehindert gepredigt werden 
von den dazu nach den hierarchiſchen Einrichtungen verordneten 
Geiſtlichen. 

4) Die Geiſtlichen ſollen keine weltliche Herrſchaft fuͤhren, ſon⸗ 
dern die Guͤter der Kirche nur treu verwalten; die weltlichen 
Perſonen duͤrfen aber derſelben ſich nicht anmaßen, noch ſie 
gebrauchen, ohne einen Kirchenraub zu begehen. | 

Nachdem diefe Compactaten förmlich zwifchen dem Goncilium 

und einer abermaligen böhmifchen Deputation in Bafel zum Ab- 
ſchluß (Febr. 1434) gebracht worden waren 62), zeigte ſich eine 
gewaltige Bewegung und Gährung unter den Böhmen, indem bie 
Zaboriten und Orphaniten durchaus nicht mit diefer Übereinkunft zu- 
frieden waren. Sie hielten fie für einen Verrath an der huffitifchen 
Religion. Schon auf einem Landtage, der (am Anfange des Jah: 
res 1434) in Prag gehalten wurde, worauf auch Philibert Bifchof 
von Coutanced mit zwei Doctoren von Seiten des Conciliums als 
Abgeorbnete erfchienen, zeigte fi, welc große Spaltung der Par: 
teien unter den Böhmen beftand. Indem die böhmifchen Landherrn 
und die Prager bereitwillig die Compactaten annahmen und ver: 
fprachen, der Kirche wieder den fehuldigen Gehorfam zu leiften, er: 
. goffen fi die Zaboriten und ihre Freunde in die heftigften Schmaͤ⸗ 
hungen gegen den Vertrag, den fie gänzlich verwarfen. Sie erklärten 
fi) auf das entfchiebenfte gegen die Auctorität des Papftes als Ober: 
haupt der Kirche und verließen den Landtag, ohne den darauf ges 
machten Befchlüffen ihre Genehmigung zu geben. Wie man mit 


63) Martene I. c. p. 704 u, 705. Responsio Concilii ad literam cre- 
dentialem Bohemor. d. d. Basil. 26. Febr. 1434. 
Afchbach K. Sigmund. IV. 14 





162 Viertes Buch. Sechstes Kapitel. 

diefer nicht zum Trieben geneigten Partei mit Hülfe der Galirtiner 
fertig wurde, davon foll in einem der folgenden Abfchnitte geſpro⸗ 
chen werben. Das Concilium hatte die mehrfache Genugthuung 
von feiner unauögefegten Wirkſamkeit, daß zu gleicher Zeit (im An- 
fange des Jahres 1434) die Adhaͤſion des Papftes an die Beichlüffe 
der Kirchenverfammlung einlief, grade als die Ealirtiner ſich mit ber 
Kirche wieder vereinigt hatten und die Nachricht einging, daß bie 
Griechen bereit feyen, nach Bafel eine feierliche Geſandtſchaft zu 
ſchicken zur Betreibung ihrer Union mit der abendländifchen Kirche 6%). 
— —— “ 


64) Martene 1. c. p. 705. 


Siebentes Kapitel. 
Gonflicte des Kaifers mit dem Basler Concilium. 1433 — A436. 





Der Kaifer war feit feiner Ruͤckkehr nach Deutfchland in mehrs 
facher Hinficht unzufrieden mit dem Gang der Basler Kirchenvers 
fammlung: er mißbilligte ed, daß fie zu ungemeſſen und rüdfichte: 
[08 gegen dad Oberhaupt der Kirche vorfchritt; daß fie fich nicht 
damit begnügte, vom Papfte anerfannt und frei in ihrer Wirkfam: 
Feit zu feyn, ſondern daß fie die Umftände dazu mißbrauchte, Eu⸗ 
gen IV förmlich zu demüthigen und gewiffermaßen für feine früheren 
Maßregeln gegen das Goncilium zu beftrafen. Es war keine Vers 
ſoͤhnung, fondern eine Überwältigung. Daher auch konnte das Ges 
ruͤcht allgemein Glauben finden, daß. der Herzog von Mayland, 
der mit den verfammelten Vätern in Bafel in beftändiger Correfpon- 
den; fland und ihnen die aus Rom entflohenen Cardinaͤle, befonders 
den Gardinal von Arles, auf das dringendfte empfahl, im Einvers 
fländnig mit dem Concilium handelte, als er durch Truppen, bie 
vorher in feinen Dienften geflanden, und durch die Colonna's den 
Papft aus Rom und dem Kirchenflaat treiben ließ. Der Kaifer 
Scheint anfangs felbft der Meinung gewefen zu feyn, daß ein Theil 
der verfammelten Bäter der Sache nicht fremd fey. Er war daruͤber 
im höchften Grabe aufgebracht. Dffenbar übten mehrere von Eugen 
verfolgte Prälaten, die aus Italien nad) Bafel gefommen waren, 
Dafelbft einen großen Einfluß aus und trieben an zu den heftigften 
Maßregeln. Es war ſchon verdächtig, und Sigmund nahm es höchft 
übel auf, daß das Concilium manche Dinge an den Mayländer 
Herzog, den heftigften Feind Eugen’s, gebracht hatte, welche dies 

| 11* 


X 


164 Viertes Buch. Siebentes Kapitel. 


ſen nichts angingen, ſondern den Kaiſer, als den Schugheren und 
Schirmer der Kirche t). 

Ferner beleidigte ed den Kaifer, daß man bei feiner Anwefenheit 
"in Bafel, ohne ihn vorher zu befragen ober zu benachrichtigen, Be: 
fchlüffe faßte über Dinge, von denen er behauptete, daß fie ebenfo 
gut von ihm gut geheißen werben müßten, als von den verfammelten 
Vätern. Es betrafen diefe befonderd Gefandtfchaften an den Papft 
und die europäifchen Höfe 2). 

Weiter mißfiel dem Kaifer, daß die Kirchenverfammlung grade 
mit dem Hauptpuncte, weöwegen fie berufen war, mit der Kirchen⸗ 
Reformation, fich nicht ernftlich befchäftigte, ſondern ſich in viele 
weltliche Dinge mifchte, die eigentlich nicht in ihr Bereich gehörten. 
Er wies in Reden und Schreiben die verfammelten Väter immer 
wieder von neuem auf dad NReformationsgefchäft hin ald auf den 
Hauptgegenftand ihrer eigentlichen Wirkfamfeit, und verſprach ihnen 
dabei feine vollkommene Unterflügung und Mitwirkung 3). 

Es war Sigmund auch höchft auffallend, daß er fo wenige 

deutfche Prälaten in Bafel vorfand *). Von den geiftlichen Kurfuͤr⸗ 
ſten war Feiner dort zugegen: die Anzahl der anmefenden Bifchöfe 
deutfcher Nation war höchft gering: manche die früher da geweſen, 
hatten fich nach einiger Zeit wieder entfernt. Selbſt auf die wieder⸗ 
holten Eaiferlichen Einladungsfchreiben 5) fanden fich die deutſchen 
Prälaten nicht in größerer Zahl ein. 
9) Spondanas ann. eccl. ad ann. 143%. n. 11. (Cf. Lenfant hist. de 
la guerre des Hussites etc. If. 28.) Raynaldi ad ann. 1434. n. 6 u. 7. 
Über den Gardinal Ludwig Aleman von Arles, der aus Rom nad Genua unter 
dem Schutz des Maylander Herzogs entfloh und ſich ſodann nad) Bafel begab, ift 
fon oben gefprodhen worden. Das Schreiben des Herzogs von Mayland über 
des Gardinald Flucht bei Mansi Concil. XXX. 25. 

2) Spondanus 1. c. Bgl. Häberlin R. ©. V. &, 601, 

3) Spondanus l.c. (Cf. Lenfant 1. c.) Martene collect. ampl. VIII. 
749 u. 776. Wenn auch Sigmund ſich dahin ausſprach, daß er das Reforma⸗ 
tionsgeſchäft; für dad allerwidtigfte hielt, und er felbft jede andere Sache diefem 
nachſetzte, fo ift dod die Reformatio ecclesiastica, die man ihm zufchreibt, wie 
unten näher angegeben wird, ſicher nicht von ihm weder aufgefegt, nod dem 
Goncilium damald oder fpäter vorgelegt worden, . 

4) Eberh. Winde c. 197 u, 19. 


5) Eberh, Windel c. 198. Das GCircularſchreiben ift datirt Bafel Gliſa⸗ 
bethentag 1433. 


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Gonflicte bes Kaiſers mit bem Basler: Concilium. 165 


"Sigmund war um fo unzufriedener mit dieſer Entfernmg ber 
deutfchen Bifchöfe, ald grabe mit deutſchen Reichsangelegenheiten 
und Streitfachen die verfammelten Väter, die doch meift nicht der 
beutfchen Nation angehörten, fich befaßten und demnach Fremde ſich 
in Sachen und Verhaͤltniſſe mifchten, die fie.nicht gehörig verftan- 
den °).. Darüber mußte der Kaifer, ber dieſes ald Eingriff in feine 
Rechte und Auctorität anfah, unzufrieden ſeyn; auch ſprach er fein 
Mipfallen öffentlich aus und wied das Concilium in die Schranken 
feiner Befugnifle zurüd ?). * Dies war aber Haupturfache, daß der 
Kaifer feinen Aufenthalt in Bafel abkürzte, und ſchon am 19. May 
1434 die Stadt verließ, nachdem er in einer Rede (8. May) bie 
verfammelten Väter mit Ernft und Nachdruck aufgefordert hatte, die 
ihnen obliegenden Gefchäfte gewiſſenhaft weiter zu führen ®). 


6) Martene coll. ampl. VIII. p. 720. Scripsimus his proximis diebus 
ex  Scaffhusen reverendissimis dominis praesidentibüs in sacro concilio, 
quemadmodum apud serenitatem. nostram lamentationes fierent per princi- 
pes, communitates et alias singulas personas s. Rom. Imperii, quod tra- 
herentur minus debite et in causis mer€ prophanis ab ecclesiasticis personis, 
tam in Romana curia et sacro concilio, quam extra, coram alıis judicibus 
ecclesiasticis etc. In der Antwort darauf bei Martene 1. c. p. 732 nimmt 
das Goncilium ganz offen in Anfprudy, alle weltlichen Händel vor fein Gerit zu 
ziehen, wenn Gerechtigkeit verfagt worden fey. 

7) Martene 1. c. p. 721 sq.. und die beiden Schreiben Sigmund’s v. Ulm 
v. 19, u. W. Juli 1434 über die Incompetenz des Gonciliums bei Entſcheidung 
der Streitigkeiten deutſcher Reichsſtaͤnde: bei Goldast Const, Imp. III. 440. 
u. Mansi Concil. XXIX. 593. 600 u. 601. 

8) Eberh. Windel c. 200: In derfelben weile wolte der kaiſer aus Baſel 
von dem Goncilium, alfo er auch tet, Er befamet aber das Goncilium zu Bafel 
off dem famftage acht tage vor pfingften zu den predigern zu fiben ure wormittage 
(1434, Windel gibt unrichtig 1435 an) vnd tet der Faifer eine foldye fermon vnd 
fo gute rede, antreffente die heiligen Firden, das das concilium vnd die gemeine 
eriftenhait noch nymant ſolich rede kawm gehoret habe, alfo ich meine, (nun fährt 
Windel in feiner confufen Manier weiter fort) Bnd zog dorynn das concilium 
gleich got in die nacioned des Gonciliums zu Bafel an. den zehen gepoten ftat, 
machte er mit feiner hübfhen rede, das yderman fweig vnd nymant Font me ges 
antwurten (ihn widerlegen): denn zulefte wart ihm. geantwort von der cronen- 
wegen zu Beheim der Huflen, vnd von des von Burgonien wegen vnd aud) von 
des Herzog Ludwigs wegen von Ingelitat (ed find die Puncte, welche das Con⸗ 

cilium hauptſaͤchlich vor feine Entſcheidung 308). Das verautwort fo er Tobli- 
hen, das man darmider nit gereden Funde, denne zulefte do nam er vrlawb von 


166 Wiertes Buch. Siebentes Kapitel. 

Die Reichsangelegenheiten aber, worin ber Kaifer wegen ihrer 
Entſcheidung mit dem Concilium in Gollifion gerieth, waren vor 
nehmlich folgende. 

Herzog Erich von Lauenburg, ber früher vergeblich ver 
ſucht hatte, feine vermeintlichen Anfprüche auf das Erzmarſchall⸗ 
amt und die fähfifhe Kur bei dem römifchen König, bei 
den Kırfürflen, beim Papft Martin V geltend zu machen, wandte 
ſich endlich an das Basler Eoncilium, unter dem Borwande, daß 
ihn fein Recht verfagt worden. Hätte'die Kirchenderfammlung bie 
Grenzen ihrer Befugniffe genau gefannt, fo wuͤrde fie den Herzog 
Erich mit feiner Klage abgewiefen haben, weil fie für dieſe Streits 
fache nicht die competente Behörde war. Aber indem die verfammels 
ten Väter die päpftliche Auctorität herabzogen, wollten fie auf jebe 
MWeife die ihrige erhöhen, und meinten, wenn fie fih in rein welt 
liche Angelegenheiten miſchten, und eine Appellation von dem kaiſer⸗ 
lichen Gerichtshof annähmen, fo würde biefes ihr Anfehen nicht wes 
nig vermehren. Grade was den Päpften als Anmaßung vorgewor- 
fen wurde, was die Kirchenreformation, die vom Concilium betrieben 
werden follte, auszufprechen hatte, daß die Annahme der Appella⸗ 
tionen an den roͤmiſchen Hof in weltlichen Dingen ein Mißbrauch 
der geiftlichen Gewalt ſey, das trug das Goncilium Fein Bedenken, 
fetbft in Anfpruch zu nehmen. Es nahm bie Klage an und erließ 
ein Schreiben an den Kaifer, worin derfelbe gebeten wurde, am 
Sitz des Conciliums zu Bafel und während feiner Dauer Richter zu 
beftellen, und dem Herzoge Erich zum Rechte zu verhelfen. Der 
Kaifer, dem diefed Schreiben von dem Auguftiner-Mönd Johann 
Winnepfennig zugeftellt werden follte, nahm baffelbe nicht an, da 
er dem Concilium nicht unterworfen fey. Als der Mönch den Sn: 
balt muͤndlich vortrug, fo fuhr der Kaifer in gerechtem Unwillen ihn 
an, daß er nicht neue Kurfürften feße; wenn aber das des Conci⸗ 
liums Meinung fen, fo folle er ihm aus dem Angefichte geben. 


dem concilium. Gr ſprach: er wollte nit lenger do bleiben, denn das fie wol 
teten, teten fie wol, es ging In wol. Alſo reit der kaiſer heim in fein herberg. 
Do reit Im nad Placentinus der Gardinal vnd vil ander carbinall und bifchoffe, 
di baten den Faifer, dad er enger bei In bleiben follte in den concifium. Alſo 
bleib der Faifer In zu lib bis auf den. mitwochen in den heiligen pfingftagen. 


Sonflicte des Kaifers mit dem Basler Concilium. 167 


Trop biefer ungnaͤdigen Aufnahme der Sache von Selten des Katz. 
ſers ließ ſich die Kirchenverfammlung nicht irren, dem Herzoge Eric) 
voeiter zu Gefallen zu handeln. Sie wies deffen Abgeorbneten im 
Baſel den Pla bei den Eurflrftlichen Gefandten an und ernannte 
eine Commiffion von Bifchöfen als Gericht unter dem Vorſitze des 
Patriarchen Johann von Antiochia, die Rechtsſache weiter vorzuneh: 
men. Friedrich II von Sachfen, nicht nur im Beſitz der fächfifchen 
Kur, fondern auch von Sigmund nad) beßter Form damit belehnt, 
und von allen deutfchen Reichöftänden ald Kurfürft anerkannt, wurde 
von biefer Kirchen: Commiffion vorgeladen, wegen des Kurfirften- 
thums zu Recht zu fliehen). Auf dieſe anmaßende Citation, die 
dem Kurfürften auf dem Zage zu Ulm zugeftellt wurde, achtete na⸗ 
türfich derfelbe nicht. Doch empörte diefes Verfahren den Kaifer 
- amd wohl nur aus Rüdficht für die Achtung gegen das allgemeine 
Con cilium mäßigte er fich in den Schreiben (Ulm 19, u. 28. Juli) an bie 
verfammelten Bäter 10). Er verlangte mit allem Ernſte und Nach 
drucke, von den Anmaßungen, bie fie ſich erlaubt haften, abzufte: 
ben, den Gefandten des Kurfürften Sriedrich von Sachen den ihnen 
gebührenden Platz anzuweifen und diefen Zürften felbft dafür zu hal⸗ 
ten, wofür der Kaifer und dad ganze deutfche Reich ihn aner- 
kenne. 

Da dieſes nicht der einzige Fall war, wo das Concilium in ein 
fremdes, dem Kaiſer zuſtehendes Gebiet hinuͤberſchweifte, fo mußte 
Sigmund auch durch einen oͤffentlichen Act die Übergriffe der Kir⸗ 
chenverfammlung zurüdweifen. Auf dem Reichstag in Ulm (28. Juli 
41434), in Gegenwart der geiftlichen und weltlichen Reichöftände, 
erklärte er, daß die nochmalige Unterfuchung und Entfcheidung die 
fer flreitigen Lehensfache in Bezug auf Sachfen niemand anderm 
zuflünde, ald ihm dem oberften Lehensherrn im Reiche, und dad Gon- 
cilium durchaus unbefugt fey, darin zu handeln und zu entfcheiden. 


9) Horn Xeben Friedrich des Streitbaren p. 161 sq. u, 184. Gunbling 
Friedrich J. p. 12 fl. Beckmann Hiſt. v. Anhalt V. 55 fl. Die Synodal⸗ 
fhreiben 2c. in der ſächſ. Streitfadhe bei Mansi XXX. 832 sgq. 

10) Es find darüber von Um aus im Juli 1434 zwei Schreiben des Kai« 
fers an das Goncilium geridytet, weldye bei Mansi Concil. XXIX. 59. 600 
ſtehen. Bgl. oben Not. 7. 





168 Viertes Buch. Siebentes Kapitel, 


Die Belehnung Friedrich's mit Sachfen fey nach reiflicher Überle- 
gung gefchehen; zwei Jahre hätten die Kurfürften die Sache erwo⸗ 
gen, ehe fie ihn in's kurfuͤrſtliche Collegium aufgenommen. Es fey 
daher eine laͤngſt entfchiedene Sache. Da Einiges in der Form 
überfehen worden, fo ſey er bereit, folches nachträglich zu ergänzen, 
ein FZürftenrecht niederzufegen und dem Herzog Erich Recht wider- 
fahren zu laflen nad) aller Form und Gewohnheit. Nicht bloß aber 
über dad Goncilium wurde ein Tadel auögefprochen, daß es bie Klage 
angenommen, fondern auch) über den Herzog Erich, der mit Hint- 
anfegung ber dem Kaifer fchuldigen Ehrerbietung ſich an ein fremdes, 
unftatthaftes Gericht gewendet habe 11). Da bie Kirchenverfamms 
lung ſich aber einmal unfluger Weife mit diefem Rechtshandel bes 
faßt hatte, fo glaubte fie e8 ihrer Ehre fchuldig zu feyn, nicht mehr 
davon abzulaffen, fondern erlauben zu müfjen, daß die verorbneten 
Commiffarien weiter den Rechtöftreit führten, und auf Betreiben 
des Anwalted des Lauenburgifchen Herzogs die zweite Citation an 
den Kurfürften von Sachfen erließen. Obwohl von diefem gegen die 
Gompetenz der Gerichtscommiſſion Proteftation eingelegt wurde, fo 
befchieden die Commiſſarien beide Parteien von neuem vor ihren 
Richterſtuhl. Es hatten die verfammelten Väter weder die Vorftel- 
lungen und Bitten des Kurfürften von Sachſen 12), noch die wies 


11) Die kaiſerliche Proteftation fteht bei Goldast Constit. Imp, III. 440 
u. Mansi 1. c. 601: mit unterfehricben fie der Erzbiſchof Günther von Mag⸗ 
deburg, die Biſchöfe Alexander und Peter von Trient und, Augsburg, der Mark 
graf Zriedrid von Brandenburg und fein Sohn Albrecht, der Herzog Wilhelm 
von Bayern, der Deutſchmeiſter Eberhard, die Grafen von Wirtemberg, Fürs 
jtenberg, Montfort, Neuenburg, Kirchberg. Es ift aus diefen Unterſchriften 
zu erſehen, wie wenig zahlreich der Ulmer Reichstag beſucht war. 

12) Die 2 Briefe des Kurf, Friedrih II von Sachſen ftehen bei Martene 
l. c. p. 745 u. 747: jie find beide vom 21. Sept. 1434 datirt: in dem einen 
bittet er dad Goncilium, indem er feine und feines Vaters Verdienſte um bie 
Kirche hervorhebt, die Streitfahe mit dem Herzog Eric) von Lauenburg ald eine 
rein weltliche Angelegenheit an den Faiferlihen Gerichtshof zu verweifen: in dem 
andern Schreiben ruft er die Einſchreitung des Gonciliums an gegen die wahr= 
baft bimmelfchreienden Erpreffungen des Mainzer Erzbifchofs, die derſelbe ſich 
gegen feine thüringifhen Pfarrer und Seelforger erlaube, fo daß fie, um den 
felben zu entgehen, oft ihre Pfarreien verließen. 





Gonflicte des Kaifers mit dem Basler Concilium. 169 


derholten Briefe des Katferd 13) von diefem wahrhaft anmaßenben 
Schritte abgehalten. Auch in der rein weltlichen Streitfache der 
Bürger von Befangon und Bamberg gegen ben Garbinal 
Rothomagenfis und den Biſchof von Bamberg erlaubte fi) dad Con⸗ 
cilium weiteres Einfchreiten 1%). 

Der Kaifer konnte gegen das Concilium, deffen fonflige Wirk: 
ſamkeit ex doch eifrigft aufrecht erhalten wiffen wollte, nicht in der 
Weiſe auftreten, wie er befugt gewefen wäre. Um dem Herzog 
Erich allen Vorwand zu benehmen, fich über Rechtöverweigerung 
zu beflagen, feßte er auf dem Reichötag zu Regensburg (2. Oct. 1434) 
einen Tag auf den 23. April ded folgenden Jahres feſt 1°), wo bie 
beiden Parteien vor ihm und den Kurfürften zu Frankfurt oder wo 
ex fonft in Deutfchland um jene Zeit fich befinde, zu erfcheinen haͤt⸗ 
ten, feinen Rechtöausfpruch zu vernehmen. Das Concilium wurde 
von diefer Anordnung von dem Kaifer in Kenntniß gefest und von 
ihm und dem Kurfürften Friedrich von. Sachfen erfucht, mit diefer 
Rechtöfache fich nicht weiter zu befaflen, fondern fie an ihr orbent- 
liched Gericht zu verweifen. Auch proteftirte der Kurfürft Friedrich 
von Sachſen dagegen, daß dem Sefandten des Herzogs Erich in 
Bafel der Plag eines Furfürftlich ſaͤchſiſchen Botfchafters von ber 
Kicchenverfammlung war angemiefen worden 1°). 

Die verfammelten Väter mochten wohl einfehen, daß fie fich in 
eine Sache gemifcht hatten, die zu entfcheiden fie nicht anging. 
Freilich war die Kirchenverfammlung auch berufen, den Frieden zwis 
ſchen den chriftlichen Fuͤrſten wiederherzuftelen, aber unter dieſen 
waren natürlich nur die felbfländigen Mächte zur verftehen, Teiness 
weges die Vaſallen und Lehensfürften, die den gewöhnlichen Lehens⸗ 

13) Hieher gehört befonders das Schreiben Sigmund's, d. d. Regensburg 
1. Oct. 1434 bei Martenel. c. p. 749 sq., worin es heißt: Vellemus — ut 
et ipsi (ministri Dei) vice reciproca erga nos 'et imperium facerent debi- 
tum, et quicquid esset de foro nostro nobis dimitterent et res imperii ju- 
risdictioni eccles. non intricarent : sed usque modo illud obtinere non po- 
tuimus, quin et justissimae oblationes parvi penduntur, et proceditur in 
rebus imperialibus, ac si jurisdictio nostra non superesset. 

14) Martene 1. c. p. 750. 

15) Müller Neiyötagd » Theater ıc. V. 467. 

16) Horn Friedrich der Streitbare 1. c. 


170 Viertes Buch. Siebentes Kapitel. 


gerichten ihreß Oberlehensherrn nicht entzogen werben Eonnten. 
Kaum daß Päpfte manchmal fich ſolches Recht herausnahmen: wies 
viel mehr mußte es ald eine Anmaßung eines Gonciliums erfcheinen, 
deſſen Mitglieder der größeren Zahl nach der deutſchen Nation fremb 
waren! 

Den bandgreiflichden Beweifen ihres Unrechts gaben bie ver: 
fammelten Bäter nur halb nad. Nach mehreren Berathſchlagun⸗ 
gen wurbe befchloffen: diefe Streitfache die naͤchſtfolgenden ſechs 
Monate nicht weiter zu betreiben, fondern fie dem Kaifer zu Ehren 
und zu Gefallen an denfelben zu verweilen. Demnad wollten fie 
ſich das Necht, das fie in Anſpruch nahmen, nad) Abflug der feſtge⸗ 
festen Zeit fich vefervirt haben. Auch lösten fie bie angeordnete 
Commiſſion in der Streitfache nicht auf, fondern beſtimmten, daß 
diefelbe ihre Wirkfamkeit fortfege, wenn bie ſechs Monate ohne 
Nechtöfpruch des Kaiferd in ber Sache vorlibergegangen 17). 

Da Sigmund mittlerweile nach Ungarn ſich begeben und im 
Fruͤhjahr 1455, wo er fich wieder in die beutfchen Rande begab, 
nur bis Wien Fam, von wo er wieder im März in fein Königreich 
Ungarn zurückkehrte; fo konnte er in Perfon zu der beftimmten Zeit 


nicht den Rechtötag halten. Er übertrug daher 18) dem Erzbifchof - 


Theoderich von Cöln (12. März 1435), in dem Gerichte den Vorſitz 
anftatt feiner zu führen: beide Theile zu vernehmen, das Nöthige 
bis zum Schluffe zu verordnen und die Acten fo an den Eaiferlichen 
Hof zu ſchicken, damit er ald Kaifer mit Rath der Kurfürften, Für: 
fen und Getreuen, fowohl geiftlichen al3 weltlichen Standes, einen 
endlichen Ausfpruch thun könnte. Won diefer Anordnung wurden 
zu gleicher Zeit die Parteien in Kenntniß gefegt. 

Nach dem lahmen und fchläfrigen deutfchen Nechtögang (oder 
zog man mit Abficht Die Sache in die Länge?) wurde auf dem Rechts: 
tage (am 25. April 1435), obwohl außer dem Erzbifchof von Mainz 
auch einige andere Kurfürften fich .eingefunden hatten, die Sache 
nicht weit gefördert. Es Fam nicht einmal zur Abhörung der Par: 


teien. Daher feßte der Kaifer 14 Wochen fpäter (9. Aug.) 1°) einen 


17) Horn J. c. 
18) Müller R. T. Eh. V. 469. 
19, Muülter 1. c. p. 470. . . 


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Conflicte bed Kaifers mit dem Basler Concilium. 171 


neuen Gerichtstag auf ben 2. Febr. 1456, wo beide Parteien vor 
dem Eaiferlichen Richterſtuhle (und zwar in den deutichen Landen) zu 
erfcheinen hätten. Es hing aber dann davon ab, ob der Kaifer fich 
um dieſe Zeit in Deutfchland befand. Der Landgraf Friedrich von 
Thüringen war durch einen ausdruͤcklichen Eaiferlichen Befehl beauf> 
tragt, die neue Citation dem Kurfürften Friedrich von Sachfen in 
Perſon einzuhändigen: ebenfo wird auch ein anderer Fuͤrſt von Sig» 
mund die Weifung erhalten haben, ben Ladebrief an Herzog Erich 
abzuliefern. Als alle Anftalten getroffen waren, dem Proceß eine 
lange Dauer zu, geben, trat der Tod als Vermittler dazwifchen. 
Der Herzog Erich ſtarb noch im Jahr 1455 ohne männliche Nach⸗ 
kommen. Seine beiden Brüber Magnus, Biſchof von Hildesheim, 
und Bernhard, der ald Herzog von Lauenburg folgte, fanden ed für 
gerathen, die hoffnungslofe Sache, die nur enorme Koften verurfacht 
hatte und noch größere erheifchte, bis fie zu Ende geführt, gänzlich 
fallen zu laſſen 2°). 


Bernhard hatte noch bei den Lebzeiten feined Bruders nad) alt= 


deutfcher Sitte es für Flüger und vortheilhafter gefunden, die Strei⸗ 
tigkeiten nicht vor Gericht, durch die Feder, fondern im Krieg, durch 
das Schwert auözufechten. Da er dem Kurfücften Friedrich von 
Sachſen nicht felbft beifommen konnte, fo griff er deffen Verbuͤnde⸗ 
ten, den Markgrafen Friedrich von Brandenburg an: er brach in 
deffen Land unerwartet ein und plünderte und raubte weit und breit. 
Doch wurde ihm auf dem Ruͤckzuge feine Beute wieder abgenommen 


und ihm .ein empfindlicher Werluft beigebracht. Zur Rache ſchickte 


im folgenden Jahre (1434) der Markgraf Friedrich ein Heer unter 
feinem Sohn Johann in's Lauenburgifche und ließ eine Anzahl Dör: 
fer niederbrennen. 

Diefen Landfriedensbruch fah der Kaifer mit großem Mißfals 
len: er bedrohte auch Bernhard mit der Reichsacht, bei Wiederho⸗ 
fung von Zeindfeligfeiten gegen feinen Nachbarn. Defienungeachtet 
festen Die Lauenburgifchen und Brandenburgifchen Bafallen die Raͤu⸗ 
bereien und Morbbrennereien fort, ſelbſt ald Erich ſchon todt war 


20) Bgl. Häberlin R. Geld. V. 616. 


— 


172 Viertes Bud. Siebentes Kapitel. 


und von deffen Brüdern bie Streitfache wegen der Kur Sachfen 
sicht weiter betrieben wurde 21). 

Aber nicht allein in dieſen Lauenburgifchen Streit über die Kur 
Sachſen mifchte ſich dad Concilium: faft alle bebeutenderen Fehden 
und Streitigkeiten, die Damals in großer Zahl in Deutfchland ſtatt⸗ 
fanden, 309 ed, von den Parteien angerufen, ober auch ohne dußere 
Veranlaffung, vor feine Entfcheidung. Da hievon befonders, in dem 
Abfchnitt über die deutfchen Reichsangelegenheiten, gehandelt wird, 
fo erwähnen wir nur im Allgemeinen berfelben. Daß man fidh in 
die Streitigkeiten Ulrich’ von Manderfcheid und Rhabans von Helms 
ftädt über ven Befitz des Erzſtifts Trier, ferner in die flreitigen Bi- 
ſchofswahlen in Augsburg und Lüttich mifchte, ließ ſich noch entfchul= 
digen, indem das Eoncilium bier an die Stelle des Papſtes trat: 
daß ed ſich aber auch mit der Iothringifchen Erbfolge, mit dem Streit 
zwifchen der Mainzer Bürgerfchaft und dem Clerus, mit ber Fehde 
des Bifchofd von Würzburg mit dem Adel und einigen Städten in 
Franken, mit den Streitigkeiten der Bürger von Bamberg, Speer, 
Befancon und andern Städten mit ihren Bifchöfen, wie auch mit 
bem bayrifchen Tangjährigen Zwiſt befaßte, Das Alles waren offen- 
bare Eingriffe in die kaiſerlichen Rechte und in die weltliche Gerichts⸗ 
barkeit, worüber Sigmund auch mehreremale fein ernflliches Miß⸗ 
fallen Öffentlich ausfprach. Beſonders aber mußte ed ben Kaifer bes 
leidigen, daß die Kirchenverfammlung gegen feinen Feind, den 
anmaßenden Herzog Philipp von Burgund, nicht nur nachfichtig, 
fondern offenbar parteiiſch fich zeigte, obfchon früher diefer Fuͤrſt den 
verfammelten Vätern Manches entgegen gethan hatte. Man fürdh- 
tete eben den mächtigen Herzog in der Nähe mehr, ald den entfernten 
fhwachen Kaifer! 

.21) Hermann. Corner. Chronic. p- 1328. Bol. Gundling Friedrich I 
p. 418 u, 480. Helving Geſchichte des Brandenburg. Staats I. 469. 


— —— — — 








Achtes ‚Kapitel, 


Sigmund’s Berührungen mit Burgund, Frankreich und England. 
4431 — 1435. 


J 
v 


— — — 


Sm weſtlichen Theile des deutſchen Reiches ereigneten fich zwei 
ſtreitige Erbfälle, die dazu beitrugen ‚. die ohnehin fchon beftehende 
Unordnung zu vermehren. 

Es ftarb nämlich im Jahr 1430 (4. Aug.) der Herzog Phi⸗ 
lipp von Brabant und Limburg ohne Leibederben!), Die 
nächften Verwandten des abgegangenen Herzogs waren deſſen Tante, 
bie verwittwete Gräfin Margaretha von Holland, und deren Neffe, 
der Herzog Philipp der Gute von Burgund, Gegen das 
Verfprechen der Beflätigung und Vermehrung der brabantifchen 
Freiheiten und Privilegien, erlangte der letztere Die Anerkennung bei 
den Ständen von Brabant. Es gehörte aber zu diefem Lande auch 
die Markgraffehaft Antwerpen und die Herrfchaft Mecheln. Der 
Herzog feßte fich auch fogleich in Beſitz des Landes: da diefes aber 
wenigftend nominell noch zum deutfchen Reiche gehörte, fo follte die 
Belehnung darüber bei dem römifchen König nachgefucht werden. 
Philipp aber uͤberging diefe Verpflichtung und betrachtete fich als 
felbftändigen Zürften von. Brabant 2). Denn Philipp ftellte fich 

1) Sein Borgänger Johann batte die Univerfität Löwen (um 1424) geftife 
tet: obwohl fie erft ohne theologifhe Zacultät war, fo wurde dod die Beitäti- 
gung der Päpjte Martin V und Eugen IV nachgeſucht. Gugen IV fügte fpäter 
die theologifye Zacultät bei. Trithem. Chr. Hirsaug. II. 368, 

2) Enguerran de Monstrelet Chroniques II. p. 60 sqq. Magu. Chr. 


Belg. p. 405. . Haraei Annal. Brabant. I. 407 sqq: Meyer. Annal. Flandr. 
I. 27% sq. gl. Wagenaar vaderlandsche historio III. p. 508 fi. 


174 Vierte Buch. Achtes Kapitel. 

nunmehr den erften Königen Europa’3 gleich, errichtete den Ritters 
orden vom goldenen Vließ und trachtete danach, feine Länder und 
fein Anfehen immer noch zu vermehren und zu vergrößern. 

Die jüngere Linie des alten Haufed Brabant, das Haus Hef- 
fen, fah diefe Eindrängung des Herzogs von Burgund in feine Erb⸗ 
rechte nicht mit Gleichgültigkeit an. Der Landgraf Ludwig 
von Heffen zog mit mehreren verbündeten Grafen und Herrn 
nach Aachen, um von hier aus zu verfuchen, ob den Eingriffen des 
burgundifchen Herzogs mit Erfolg entgegengeärbeitet werben koͤnnte. 
Doch fand der Landgraf für gut, von der Sache, fo gerecht auch 
feine Anfprüche waren, abzuftehen, da feine Streitkräfte denen des 
Herzogs bei weitem nicht gewachfen waren und vom römifchen Koͤ⸗ 
nige und dem Reiche bei der Lage der Dinge Feine Unterflügung zu 
erwarten fland ?). | 

Der andere fireitige Erbfall fand in Lothringen flat. Am 
25. Jan. 1431 flarb Herzog Karl von Lothringen: er hinter 
ließ nur zwei Töchter, von welchen die ältere, Sfabella, an Rena: 
tus von Anjou, die jüngere, Katharina, an den Markgrafen 
Zacob von Baden vermählt war. Da aber von dem verftorbes 
nen Herzog Karl noch ein Bruderöfohn, Anton, Graf von Bau: 
demont, lebte, fo konnte nach dem im deutfchen Reiche gültigen - 
Erbrechte diefem das Herzogthum nicht entzogen werden. Aber 
Herzog Karl hatte Alles aufgeboten, ed dem Gemahle feiner älteften 
Tochter, dem Renatus von Anjou, zuzumenden, der ſchon durch feis 
nen Oheim, den Eardinal Lubwig von Bar, in Befig von dem Her- 
zogthum Bar und der Markgraffchaft Pont a Mouffon gekommen 
war: er beflimmte nicht nur in feinem Zeftamente, daß feine ditefte 
Tochter Ifabella und ihr Gemahl Renatus die Succeffion in feinen 
Ländern erhalten follten,, fondern er hatte auch während feiner Leb⸗ 
zeiten die Rechte berfelben von den. Stänben anerkennen laffen. 

Dagegen legte der Sraf Anton von Vaudemont Widerfpruch 
ein und er Fonnte nicht bewogen werden, folange ber Herzog Karl 
lebte, irgend eine Erklaͤrung abzugeben, die zu Gunften der Töchter 
deffelben lautete. Als nun aber Karl flarb, und Renatus von dem 

3) Das Rähere darüber ausführlid bei Rommel Geſchichte v. Heffen IE 
&, 48. not: 17 u, 18. &, 202 fl. &. 284. not. 18. ©, 303... 








Sigm. Berührungen mit Burgund, Frankreich u. England. 175 


Herzogthum Beſitz nahm und die Huldigung empfing, fo trat der 
Graf von Vaudemont mit feinen Anfprüchen als nächfler Schwert: 
mage des lothringifchen Haufes auf und verlangte, nach Rancy ſich 
begebend, von den Ständen ald Herzog von Lothringen die Anerken⸗ 
nung und die Huldigung. Jedoch diefe wiefen ihn zurüd. Darauf 
wandte er ſich an den Herzog Philipp von Burgund um Hülfe, 
welche ihm diefer auch leiftete. Mittlerweile hatte der neue lothrins 
gilche Herzog Renatus ben Grafen Anton als feinen Vafallen wegen 
bes Grafſchaft Vaudemont zur Huldigung geladen, und als berfelbe 
nicht erfchien, fie mit Kriegsvoͤlkern überzogen. Da die Stadt Baus 
demont tapfern Widerftand leiftete, Eonnte der Graf Anton mit bur⸗ 
gundifchen Hülfstruppen zum Entfaß herbeieilen. Es wurde (Anf. 
Juli 1431) zwifchen beiden flreitenden Parteien eine blutige Schlacht 
bei Bulgunville geliefert, worin der Herzog Renatus befiegt und 
gefangen wurde. Die Burgunder führten ihn in ihr Land ab und 
fehienen aus dieſer Streitfache für fi) am meiſten Vortheil ziehen zu 
wollen. Diefed bewog den Grafen Anton, einen Stilftand mit der 
Herzogin Ifabella zu ſchließen und endlich ſich dahin zu verſtaͤndi⸗ 
gen, daß beide Theile je fechd Ritter ermählten und von diefen vors 
läufig die Verwaltung des Landes führen ließen. Auch follten fie 
als Schiedörichter einen Ausſpruch über die Rechte der Prätendenten 
thun. Die gewählten Ritter lehnten aber diefen letztern Auftrag 
ab, da es ihnen nicht, fondern dem römifchen Könige zuläme, 
eine Entfcheidung zu geben, weil Lothringen ein deutfches Reichsle⸗ 
ben fey. Wirklich appellitte man auch von Seiten des Herzogs Re⸗ 
natus an den römifchen König. Mit diefer Wendung der Sache, 
war Graf Anton fehr unzufrieden, da er von Sigmund feinen guͤn⸗ 
fligen Ausſpruch für fich erwartete. Seine Verbindung mit dem 
Herzoge von Burgund, der ohnehin wegen Brabant mit dem roͤ⸗ 
mifchen König in Widerfpruch war, mußte ihm ſchaden. Als daher 
Sigmund beide Parteien vor feinen oberfien Richterftuhl befchied, 
umd den Derzog Philipp von Burgund aufforderte,- den gefangenen 
Renatus frei zu geben, fo weigerte fih Philipp, diefem Gebote Folge 
“zu leiften, indem er behauptete, die Entfcheidung in diefer Sache 
komme ihm zu, nach dem Rechte des Siegers *). Er fürchtete um 
4) Monstrelet L. c. p. 72. 75 sq. Cronigue du Doyen de 8, Thiebant 


176 Diertes Buch. Achte Kapitel. 


fo weniger die deutfchen Waffen, ba der römifche König damals all⸗ 
zufehr mit den Huffiten und feinem Römerzuge befchäftigt war. 
Konnte derfelbe ja nicht einmal feinen Ausfpruch über dad Herzogs 
tbum Geldern, das Arnold von Egmont, trog ber Föniglichen Ent: 
Scheidung, in Befig behielt, Kraft geben. Die Reichsacht 8), die er 
über den ungehorfamen Arnold und die geldrifchen Stände ausſprach 
(1431), wurde nicht einmal geachtet. 

Mehr ald der Ausfpruch des römifchen Königs, dem ber Herzog 
von Burgund Feine Folge leiftete, bewirkten die Bemahlin und Ver: 
wandten des gefangenen Renatus. Sie und ber Herzog von Sas 
voyen erlangten, daß der burgundifche Herzog den Renatus. am 
1. May 1432 auf ein ganzed Jahr feiner Haft entließ: dagegen aber 
mußte er feine beiden Söhne ald Geifel ftellen, eine Anzahl Strafen 
und Herrn mußten Bürgfchaft leiften, und als Unterpfand der Treue 

"wurden noch außerdem mehrere lothringifche Schlöffer ausgeliefert. 
Alles dieſes geſchah deßhalb, daß Renatus ſich nach Jahresfriſt wies 
der als Gefangener bei dem Herzog von Burgund ſtelle. 

Waͤhrend der Zeit, wo Renatus ſeine Freiheit wieder erlangt 
hatte, unterhandelte er mit ſeinem Gegner, dem Grafen Anton von 
Vaudemont, ihre Streitſache guͤtlich zu vertragen: ſie verfuͤgten ſich 


de Metz ad ann. 1430 b. Calmet hist. de Lorraine If. 206. 681 sqq. 704. 
761 sqq. Andreas Presbyt. a. ad ann. 1431. Windel c. 178 u. c. 273 
u. 296 in dem MS. Ebner. Trithem. Chronic. Hirsaug. ad ann. 1430 p. 880. 
Ann. 1431 prima die m. Maji obiit Carolus dux Loth., post cujus mortem 
inter ducem Barensem et comitem de Widmont gravis est subsecuta dis- 
sensio, quorum uterque jure hereditatis se proximum ad Loth. ducatum 
confirmabat. In dem darauf folgenden Krieg hatten beide Theile Bundesgenoſ⸗ 
fen: der Herzog Nenatus von Anjou viele Comites et Nobiles ex Provincia 
Cisrhenana mercede conducti. Plancher Histoire de Bourgogne IV. p. 158 
j. 3. 1431: Comme on avait agi ä la cour de l’Empereur Sigismond pour 
y faire evoquer la cause du duc de Rene et qu’en consequence l’Empereur 
l’y avoit fait assieger: c’en fut assez au duc de Bourgogne qu’il ne vou«- 
lait point le (le duc de Ren) relacher vu qu’il ne devoit point obdir aux 
lettres citatoires de l’Empereur. 

5) Pontan. hist. Geldr. p. 453. Lünig Cod. dipl. Germ. II. 1799 et 
1801. Die Aberaht wurde 6. Nov. 1433 ausgeſprochen. Eberhard Windeck 
c. 192. Cronica van der hillig. Stat van Coellen ad ann, 1433. ‘fol. 302 sq. 
Lünig C. d. G. II. 18038. Pontan. L c. p..459. . . ’ 


Sigm, Berührungen mit Burgund, Frankreich u. England, 177 
nach Brüffel, wo fie dem Herzoge Philipp die Entſcheidung über: 
"trugen. Diefer gab ben vorläufigen Ausfpruch (Febr. 1435): die 
Grafſchaft Baudemont verbleibt dem Grafen Anton und feinen maͤnn⸗ 
lichen Erben: fein ältefter Sohn heirathet des Renatus aͤlteſte Toch⸗ 
ter, bie ein anfehnliches Heirathögut erhält. Über die Hauptfache, 
wen das Herzogthum Lothringen gehöre, that der ſchlaue Herzog 
Philipp Feinen Ausfpruch: er wollte beide Parteien in einen langen 
Proceß darüber. verftriden, wobei er fich die Entſcheidung vorbehielt 
- und ohne Zweifel die Abficht hatte, das Land für ſich felbft zu gewin⸗ 
. nen. Doch follte Alles von dem günfligen Stande der Dinge ab» 
hängen. Die rechte Zeit fchien Philipp noch nicht gefommen. - 
Mit diefem Ausfprucye konnten beide Theile unmöglich zufries 
den feyn, indem keines Prätendenten Hoffnungen und Anfprüche 
verwirklicht wurden. Doch verftand fich der Graf Anton, zu deſſen 
größeren Gunften offenbar der Ausſpruch lautete, zur Annahme des 
vorläufigen Vertrags wegen der Heirath: Renatus zögerte damit bis 
in ben Februar des J. 1437. 

Die über dad Herzogthum Lothringen niebergefeßte interimiſiſche 
Regierung aber wollte die Succeſſionsſtreitigkeit bald erledigt haben. 
Man wandte fich daher von ihrer Seite wiederholt an den Kaifer, 
eine Entfcheidung in der Sache zu geben. Aber auch dad Basler 
Concilium wollte auf Anregung des Bifhofs von Meg fich in den 
Streit miſchen. Da aber grade damals der Kaifer aus Italien nach 
Bafel gekommen war, und er erflärte, diefe Sache, die vor feinen 
Richterſtuhl gehörte, als Oberlehensherr des deutfchen Herzogthums 
Lothringen nur allein entfcheiden zu können: fo ſchickten beide Theile 
ihre Gefandten an den Kaifer nach Bafel und fuchten um die Beleh⸗ 
nung über das Herzogthum nach. Auf die gefchehene Vorladung 
und vorherige Überfendung der Geleitöbriefe, erfchienen Renatus und 
Anton in Bafel vor dem Kaifer und legten durch ihre Fürfprecher und 
Anwälte ihre Rechtögründe vor. Da der Graf von Baudemont aber 
befürchtete, daß die kaiſerliche Entſcheidung gegen ihn auöfallen 
möchte (denn ihm war die Parteilichkeit Sigmund’s für Renatus 
nicht entgangen); fo wartete er den Urtheilöfpruch nicht ab, fondern 
er.legte ſchon (d. 23, April 1434) eine Proteflation gegen das. ges 
richtliche Verfahren ein, weil ihm die von der Gegenpartei vorge 

Aſchbach K. Sigmund, IV. 12 


* 


— 


178 Nies Buch. Achtes Kapitel. 


brachten Beweiſe und Gründe nicht zur Beantwortung waͤren mitges 
theilt worben. Am folgmden Tag, wo ber Kaiſer Hffentlich zu Ges " 
vicht faß°), ließ er durch feinen Anwalt die Proteflatien erneuern 
und darthun, daß das Herzogthum Lothringen ein Mannlehen fey, 
demnach nur ihm allein ein Recht darauf als dem nächften Ygnaten 
oder Schwertmagen bed abgegangenen Herzogs zuſtehe. 

Ohne Ruͤckſicht auf dieſe Erklaͤrung zu nehmen, ließ der Kaiſer 
durch feinen Rath Chigala das mit Zuſtimmung der Firften gefaͤllte 
Urtheil publiciren, wornach Renatus, der factifche Beſitzer des Her⸗ 
zogthums Lothringen, damit belehnt werden ſollte, mit Vorbehalt 
der Rechte des Grafen von Vaudemont daran, die derſelbe weiter 
nachweiſen koͤnnte. Renatus aber empfing noch denſelben Tag 
(24. April 1434) die Belehnung. 

Von dieſer Zeit an nahm ſich erſt recht entſchieden der Herzog 
Philipp von Burgund der Sache bed zuruͤckgeſetzten Grafen an und 
handelte Eräftiger gegen Renatus. Gemaͤß der gefchloffenen Übers 
einkunft drang er darauf, baß derfelbe fich wieder nach abgelaufener 
Friſt ald Gefangener ſtellte. Dem Renatus blieb zur Wahrung ſei⸗ 
ner Ehre amd um von feinem Haufe und Lande. große Nachtheile ab» 
zuwehren, nichts übrig, als in die bungundifche Gefangenfchaft zu⸗ 


ruckzukehren?). 


6) Chronique de S. Thiebaut bei Calmet hist. eccl. et civile de Lor- 
raine IH. p. 216: Item la vigille s. Marc. Evang. en la cite de Basle ceust 
P’Empereur Sigismundus en estais Imperialz, presens plusiours nobles Prin- 
ges, entre lesquelz estoit Rheneit duc de Bar et en la presence de tous 
les Prelats de sainte eglise, entre lesquelz le seignour Conrard Bayer, 


_ Evesque de Metz etc. u, p. 784: Des le lendemain (24. Avril) Sigismond 


se rendit ä la cathedrale pour y prononcer avec plus de solennitd sur le 
differend en question. Comment il etoit sur le point de monter sur son 
tröne, le comte de Vaudemont lui demanda à Y’oreille permission de par- 
ler devant l’assemble pour la defense (de sa cause et en m&me temps son 
avocat commenga à parler. On l’&couta sans l’interrompre: apres quoi 
Pempereur fit signe à Chicala de prononcer le jagement. Darauf dad Urs 
theil und die Belehnung des Renatus mit Lothringen, sans prejudice des droits 
du Comte de Vaudemont. 

7) Über diefe lothringiſchen Streithändel überhaupt: Monstrelet J. c. II. 
p- 85 sq. et 137. Chrenique de 8. Thiebaut ad ann. 1432—36. b. Cal- 
met L c. II. 211 sqq. et 777 sqq. AI. 636 24. Da Mont C. D. I. 2. 


— 





\ 


Sigm. Berührungen mit Burgund, Frankreich u. England. 179 
. Diefer lothringifche Erbftreit war aber nicht der einzige Punct, 
worin der Herzog von Burgund dem Kaifer entgegenhandelte. Es 
kamen noch andere Streithändel hinzu, bie allmälig die Spannung 
zu großer Feindſchaft und Erbitterung fleigerten. Der Herzog Phi _ 
lipp hatte bereits in den Niederlanden außer Brabant, auch Limburg, 
Antwerpen, Mecheln und die Graffchaft Namur ®) theild durch Erb⸗ 
haft, theils durch Kauf erworben, ohne dabei eine Zuſtimmung 
des Kaifers einzuholen, obſchon berfelbe diefe Landfchaften noch zu 
dem deutſchen Reiche rechnete und barüber oberlehenöherrliche Rechte 
in Anſpruch nahm. 

Schon im 3. 1428 hatte der burgundiſche Herzog in dem Ver⸗ 
gleiche mit der Graͤfin Jacobine von Holland fich ihrer Laͤn⸗ 
der (außer Holland, auch Seeland, Hermegau und Friesland) und 
der Fünftigen Erbfolge darin verfichert, ohne die Anfprüche der bay⸗ 
riſchen Wittelsbacher zu berücfichtigen. Da nun Sacobine ohne 
Wiffen und Willen des Herzogs und der Stände fich wieder verhei⸗ 
rathete (Juli 1433), wa ihr nach dem abgebrungenen Vergleiche 
nicht erlaubt war, fo nahm Philipp davon Veranlaffung, noch bei 
Lebzeiten der Sacobine ihre Länder in Beſitz zu nehmen. Zuerft ließ 
er ihren Gemahl Frank von Borfelen überfallen und gefangen neh: 
men und die Drohung auöfprechen, ihn hinrichten zu laffen, wenn 
Sacobine nicht freiwillig alle Rechte über die Länder, welche fie als 
die Shrigen — an Burgund abtrete. Um das Leben ihres 
geliebten Gemahls zuretten, verſtand ſich die geaͤngſtigte Frau zu 
Allem, was der Herzog von Burgund verlangte: fo kam nun auch 
fon während der Lebzeiten ber Sacobine Holland, Seeland, 
Friesland, Hennegau an den Herzog Philipp, der fich fogleich 


huldigen ließ und der frühern Herrfcherin diefer Länder und ihrem 


wieder in Freiheit gefeßten Gemahle einige Herrfchaften und Reve⸗ 


nen als ſchwache Entſchaͤdigung für dad, was er ihnen entriffen 


hatte, anwies ). 


p. 176 et 179. Raynaldi ann. eccl. ad ann. 1435. n. 15. Histoire de 
Bourgogne IV. p. 197 (handelt von der Belehnung des Herzogs Renatus). 
8) Monstrelet II, fol. 40. 
9 Monstrelet 1. c. p. 8%. Herm. Corner. Chr. p. 1332. Chronic, 
Magn. Belg. p. 408. Meyer Annal. ad ann. 1433. fol. 280. Vit. Areen- 
12 * 


180 Viertes Buch. Achte Kapitel, 


Die Macht des burgundifchen Herzogs war in Wahrheit eine 
Eönigliche: er beherrfchte die reichſten Länder in Europa. Daher 
konnte es nicht befremben, daß er anfing, fi) im Rang ben Königen . 
gleichzuftellen. Auch waren feine Gefandten auf dem Basler Con⸗ 
cilium angewiefen, ihren Pla und Sig unmittelbar nach ben koͤ⸗ 
niglichen Gefandten 19), demnach vor den kurfuͤrſtlichen einzunehmen. 
Darüber entfland ein Etiketten: Streit, deſſen Entfcheidung das Con⸗ 
cilium nicht wenig in Verlegenheit fehte. Man wollte es weder mit 
dem mächtigen, in Bafel durch feine Prälaten einflußreichen burgun⸗ 
difchen Herzog verberben, noch mit den deutfchen Kurfürften, denen 
nach der. goldenen Bulle unmittelbar nad) den Königen der Rang 
zukam. Endlich glaubte das Goncilium, ohne eine der beiden Par⸗ 
teien zuruͤckzuſetzen, einen Ausweg gefunden zu haben, der aber 
offenbar doch zu Gunften Burgund’ lautete 21). Gin Decret des 
Conciliums beftimmte, unbefchabet der Nechte eines jeden Fürften, 
daß nach den Eöniglichen Gefandten zuerft ein burgundifcher, fodann 
ein turflrftlicher, dann wieder ein burgundifcher und Eurfürftlicher 
u. ſ. w. fißen follte. Das Eircularfchreiben der verfammelten Väter 
(vom 24. Juli 1434) 12) an die Kurfürften, daß fie fich diefer Anord⸗ 





pekh. Chronic. Bav. bei Pez thes. anecd. III. 3. p. 365. Histoire de Bour- 
gogne T. IV. Traite du 12. Avrıl 1433. gl. Barante hist. des ducs de 
Bourgogne T. VI. p.213sqq. Wagenaar vaderlandsche historie II. 509 fit. 

10) Auch vor dem Sapoyenfhen, wa dad Coppilium ohne Zoͤgern zuge⸗ 
ftand: Barante l..c. p. 247: Les ambassadeurs de Bourgogne avaient ré- 
clame le pas 'sur les ambassadeurs da Savoie et l’avaient obtenu.. Mar- 
tene coll. ampl. VIII. p. 212 sqq. gibt die Forderungen ded Herzogs v. Bur⸗ 
gund an. Die 18 Gründe, die die Kurfürften dagegen aufftellen, finden ſich bei 
Martene 1. c. p. 610 sqq. 

11) Martene J. c. 614 gibt die Entſcheidung, wornach Barante 1. c. p. 248: 
(Les peres du concile) ne voulurent point prononcer definitivement et se 
contenterent de regler, ‘que ‚par provision le premier des ambassadeurs de 
Bourgogne, mais non point l’ambassade entire, se placerait tout de suite 
apres les ambassadeurs des rois. Le duc Philippe — se tint fort mal sa- 
tisfait de ce jugement du concile. 

12) Guden. Sylloge diplomatar. I. 671. — Ejusd. Cod. Mog. dipl. 
. TV. p. 201 sqq. Joannis scriptt. Mog. I. 1025. — Man war mit dem von 
dem Goncil gefundenen Ausweg doch nicht ganz. unzufrieden: Schreiben des Kai⸗ 
ferö an dad Goncil, d.d. Ulm 19. Juli 1434 bei Müller R. Tags» Theater 2c, 


Sigm. Berührungen mit Burgund, Frankreich u. England. 181 


nung fügen möchten, fand bei denfelben wenig Beifall, da grade 
um dieſe Zeit der Kaifer mit Burgund in offene Fehde gerathen war. 

- Daß die Kirchenverfammlung fich fo nachgiebig zeigte für Bur⸗ 
gund, war mit eine von den Urfachen, daß der Kaifer fo bald Baſel 
verließ. Doch wollte er wegen des Streites mit dem Herzoge Phi⸗ 
lipp die ganze Wirkfamkeit des Conciliums nicht in Frage ftellen. 
Bon Bafel begab er ficy nach Ulm, wo er mit Wiffen und Zuftim- 
mung dee deutfchen Reichöftände ein Bündnig mit Karl VII, Kö: 
nig von Frankreich, gegen ven Herzog Philipp von Burgund fchloß %°) 
und demfelben einen offenen Fehdebrief oder eine Kriegserflärung 
zufandte (Sun. 1434) 1%), In diefem Fehdebriefe waren die ver: 
fchiedenen Beſchwerden ded Kaiferd gegen ben Herzog zufammenge- 
ftellt: ex habe fchon feit einer Reihe von Jahren feine und des Reichs 
Majeftät verachtet, die Belehnung Über die zum Reiche gehörigen 
Länder unterlaflen, mehrere dem Reiche heimgefallene Lehensländer 
in ben Niederlanden widerrechtlich und mit Gewalt in Beſitz genom- 


J 


V. p. 463: Spem firmam assumentes, quod hujusmodi provisio nostro et 
ipsius s. Rom, Imperii ac ipsorum Archiprincipum honori expediat, sumus 
adımodum gavisi. 

13) Erwähnt in dem Docum. not. 15. Barante l. c. &,255: L'alliance 
avec le roi Charles, sollennement reconnue, rendait le conseil de France 
plus exigeant. | oo 

14) Der Fehdebrief bei Wencker Apparat. et Instr. Archiv. p. 333 sq. 
(Bgl. Senckenberg Select. jur. et hist. VI. 473). Tibi Philippo Burgun- 
diae duci, tenore presentium significamus, quod licet cunctis pateat evi- 
denter tua temeritas, rebellio ac inobedientia, qua per nonnulla annorum 
curricula, superioritatis reverentia aspernata, et Rom. Imperü, cujus sub- 
ditus et vasallus existis fastigium dehonorando, nostram majestatem et 
idem imperium multipliciter contempsisti et non minus liqueant ipsae inju- 
riae et contemptus, quibus usque modo nedum voluisti ea a nobis et sacro 
imperio recognoscere, quae pater tuus vita functus debite recognovit, ve- 
rum etiam notabiles principatus et dominia in inferioribus partibus Alama- 
niae ad s. imperium jure pertinentia, sine juris ordine surripuisti, pro te 
usurpas et hodie nabis contradicentibus temere detines occupatos etc. — 
te atque tuos juxta morem imperii solenniter difidamus et difhidatos esse 
volumus eto. Das Goncilium und der König von England machten in Schrei: 
ben an Sigmund vom 5. u. 11. März 1434 Borftellungen wegen der Zolgen 
eines ſolchen Schritte, wodurch der allgemeine Frieden unmöglich erzielt werben 
tonnte, Histoire de Bourgogne. T. IV. p. 187, 











182 Vierte Bud. Achte Kapitel. 


men. Den Verbündeten Philipps, den Herzog von Savoyen, fuchte 
Sigmund von Burgund auf feine Seite hinüberzugiehen !°). Auch 
wollte ex einen Reichökrieg gegen den burgundiſchen Herzog eröffnet 
haben und erließ in diefem Sinme Schreiben an die Reichöftände, 
daß fie dem Herzoge Philipp den Krieg erklärten!) Bei ben 
Sonderinterefien, welche ein jeder Reichsſtand im Auge hatte, konnte 
aber ein folcher Krieg nicht zu Stande gebracht werden. . Um ihren 
umfangreichen Handel in den Niederlanden nicht zu beeinträchtigen, 
weigerte fich die Stadt Frankfurt entfchieden, dem Anfinnen des Kai⸗ 
ſers Folge zu leiften. Sie berief fich auf ihre Meßprivilegien, bie 
ihr von den Kaifern und felbft von Sigmund verliehen worden, bie 
dem Handel und Meßverkehr Schub und Schirm zufagten 17). 
Sie ließ fich in fürmlichen Briefwechſel mit dem burgundifchen 
Herzog ein und leiftete in ihren Maßregeln und Anordnungen mehr 
dem auswärtigen Herzog Folge, ald dem Oberhaupte des Neiches, 
der verlangte, die niederländifchen Kaufleute, die in Frankfurt die 
Meflen befuchten oder dort Waarenniederlagen hatten 18), ald Reichs: 
feinde zu behandeln. In gleicher Weife verfuhren auch andere Reich: 
flände. So konnte der mächtige Herzog der ohnmächtigen Drohun⸗ 
gen des Kaifers fpotten und Ihnen trogen 19). Wenn vor Ausbruch 
der Kriege die Nachtheile, welche daraus für Einzelne entſtehen, 
beruͤckſichtigt würben, fo könnten wohl felten Kriege geführt wer: 
den. Die Ehre des Landes und’ fein eigentliches Wohl im Allge: 
meinen müßten aber auch dann zum Opfer flr die Interefien We: 
niger gebracht werden, wie es auch damals in der burgundifchen 

Streitfache gefchah. Weil einzelne Reichöftände nicht ihren Vortheil 


15) Barante 1. c. S. 253 nad Guichenon Preuves de P’histoire de 
Savoie u. Plancher histoire de Bourgogue IV. p. 187. 

16) Schreiben an die Stadt Zrankfurt bei Orth v. d. zwei Reichsmeſſen 
zu Franffurt a. M. S. 679 fü. 

17) Bafel 30. Nov. 1433. Zranff, Priv. u. Pacta ©. 277, 

18) Die Documente im: Frankfurt. Stadtarchiv, groͤßtentheils gedruckt bei 
ODrth 1. c., | 

19) Barante 1. c. p. 255: (Le duc de Bourgogne) savait bien que 
P’empereur n’avait aucune armde en Allemagne, et n’y faisait meme nnls 
preparatifs. (Lettre des ambassadeurs d’Angleterre pr&s le concile au dac 
de Bourgogne.) 





Sigm. Berührungen mit Burgund, Frankreich u. England. 183 
bei einem Kriege mit Burgund fanden, blieb deſſen Herzog unge: 
ftraft und der Kaifer wie das Reich gehöhnt, verfpottet, gemindert! 

Sm folgenden Jahre (im Juli und Auguft 1435) wurde zu 
Arras unter Vermittlung des Papfted, des Conciliums und des 
Kaiferd der lange und blutige Krieg zwifchen Frankreich, England 
und Burgund beigelegt 2°), Je mehr Burgund ſich Frankreich wie: 
der näherte, deſto eifriger fuchte der Kaifer die abgebrochene Ver: 
bindung mit England von neuem anzubnüpfen. Denn ehe die Al: 
lianz mit Frankreich gefchlofen wurde, ftand Sigmund beftändig in 
freundlichen Verkehr mit dem engliſchen Könige Hein: 
sich VI21), Derfelbe gab ihm ausführliche Nachrichten über den 
Stand des Krieged mit Frankreich und über die Hinrichtung der 
Jungfrau von Orleans 22); nach der Kaiferkrönung ließ er ihn bes 
gluͤckwuͤnſchen und befchenten 22), und erließ einen Befehl, dem 
Kaifer in Zukunft jedes Jahr aus der Töniglichen Kleiderfammer ein 
Toftbares Habit für den Hofenbandorden, wovon Sigmund Ritter 
war, zu überfchiden 2%). Auch eine Menge goldener und filberner 
Halsbänder ſchickte er dem Kaifer nach Bafel, um: fie dafelbft nach 
Belieben an Ritter und Bürger zu verfheilen 25). Der Kaifer er 
widerte des englifchen Königs Freundfchaftsbezeugungen durch eine 
feierliche Gefandtfchaft, Die er ihm im Juli 1434 zuſchickte 2%), wo⸗ 
mit höchft wahrfcheinlich der Verſuch verbunden wurde, das Buͤnd⸗ 
niß zwifchen England und Burgund zu trennen. 


20) Das Nähere über diefe Friedensverbandlungen, wobei auch Faiferliche 
Gefandte zugegen waren, bei Barante 1. c. 291 sqq. In Bezug auf die Quel- _ 
len haben die franz. Gefhhichtfhreiber die Angaben Eberhard Windeck's c. 209 
nicht benugt. i 

21) Rymer. foeder. IV. 4. p. 169. 1%. 191. Geſandtſchaften an Sig⸗ 
mund v. 27, Nov. 1430, v. 30. Zebr. u. 13, März 1433. 

22) Joh. Nider. Formicar. lib. V. c. 8. 

23) Rymer. 1. c. V. 1. p. 2. 

24) Rymer. Act. Angl. IV. 4. p. 200. d. d. 23, Dirt, 1433, 

35) Rymer. l. c. V. 1. p. 5. d. d. 24, Xprit 143%. 

26) Rymer. 1. c. p. 12. von 3, Juli 1434. 


Neuntes Kapitel. 


Deutfche Reichbangelegenheiten während Sigmund’s Anweſenheit in 
Italien bis zur Ruͤckkehr nad Deutſchland. 1451 — 1454. 


Seitdem.Sigmund im Herbſte des Jahres 1431 Deutſchland 
verlaſſen hatte und zum Empfang der lombardiſchen und Kaiſerkrone 
nach Italien gezogen war, fand ſich das deutſche Reich, wie ſchon 
fo oft unter den Luxemburger Herrſchern dieſes der Fall war, ohne 
eigentliche allgemeine Regierung. Freilich follte das Eurfürftliche 
Collegium an der Stelle des römifchen Königs in Verbindung mit 
deſſen Bevollmächtigten die nöthigften Anordnungen treffen für die 
Erhaltung des Friedens im Innern und zum Schuge bed Reiches 
gegen außen 1): ed zeigte ſich aber bald, daß die Reichötage, welche 
von den Kurfürften im Namen des Königs ausgefchrieben wurden, 
entweder unbefucht blieben, oder doch die Berathungen darauf zu 
keinem Ziele führten 2). 


1) Es follte ſolches befonders auf dem Frankfurter Reichſtag auf Sanct 
Gallus (16, Det. 1431) verfügt werden: aber ed kamen nur menige Reichs⸗ 
ftände dahin. Martene Coll. ampl. VIII. p. 8% sqg. in dem Schreiben Sig⸗ 
mund's an den Papſt. Winde c. 179. Wencker Apparat. Arch. p. 330. 
Bon Lucca aus befahl 28, Juni 1432 der König den Kurfürften und Ständen 
des Neidyes die Straßen des Reichs zu ſchützeen und zu ſchirmen. Lünig P. Sp. 
C. 1. 586. Ein foldes Gircularfhreiben v. 29. Zuni an Mainz ihn Mainzer 
Stodtarhiv. Bol. Schaab rhein. Städtebund S. 461, Am 3. Zuli gebot 
Sigmund den bayriſchen Herzogen einen Zriedftand auf ein Jahr bei taufend 
Mark Soldes Strafe im Zalle des Darwiderhandelns. Lang Ludwig ber Baͤrt. 
S. 160, 

2) Kurfürftentag in Frankfurt, 10, Det. 1432 nad dem Schreiben der 


> 





Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Italien. 185 


Nicht beffer ging ed, ald Sigmund, um doch einigermaßen 
. Einheit in die Regierung zu bringen während feiner Abwefenheit, 
den Protector des Basler Conciliumd, den bayrifchen Herzog Wil: 
beim, zu feinem Statthalter im beutfchen Reiche ernannte 3), 
Bei dem fehde= und kampfluſtigen Zeitalter, wo Überall eine Maſſe 
Stoff zum Hader und zum Streit aufgehäuft war, Eonnten Unord⸗ 
nungen, Kämpfe und Kriege unter den Reichöftänden nicht ausblei⸗ 
ben. Alte, kaum vertragene Zwifte und Fehden lebten wieder auf, 
neue kamen noch hinzu. Die roublufligen Ritter überließen fich faft 
ungeftört in allen Gegenden des Reiches dem Wegelagern und mach⸗ 
ten durch ihre Plünderungen und Raubüberfälle die Heerftraßen 
gaͤnzlich unfiher*), Bald war Deutfchland von einem Ende zum 
andern im innern Kriege: den heillofen Zuftand machte faft uners 
träglich, wenn noch von außen die Huffiten mit ihren Pluͤnder⸗ und 
Mordzügen hinzukamen 5). 

Es waren aber die Streithändel, Fehden, Kriege ſehr manch⸗ 
facher Art und ihre Entſtehung war durch die verſchiedenſten Urſa⸗ 
hen hervorgerufen. Die Fuͤrſten und Grafen ſtritten um Vergroͤ⸗ 
ßerung ihres Länderbefißes: felbft die verwandtfchaftlichen Bande 
flörten nicht, wegen des Beſitzes eines Ortes, einer Burg, einer 
Gerechtſame die Familienglieder mit Krieg zu überziehen. Aber nicht 
allein die weltlichen Zürften und die Ritter lagen in zahlloſen Fehden 


Kurfürften an das Goncil bei Martene 1. c. p. 193. Bon dem Tag in Franke 
furt auf Zreit. vor Pfingſten Ci. e. 29. May) 1433 fagt Trithem. Chr. Hir- 
saug. II. 387: Quia plures fuerunt absentes, nihil memoratu dignum actum 
fuit aut conclusum. Bon einem frühern oder demfelben Tag zu Frankfurt auf 
Cantate (10. Mai) 1433 ſpricht nach einer Urkunde Wencker 1. c. p. 330. 

3) Lang Ludwig der Bärt. 160, d. d. Lucca 28, Juni 1432, Büchner 
Geſch. v. Bayern gibt das falfhe Datum 28, May. 

4, Trithem. 1. c. p. 389: Fuerant his temporibus (1433) circa Rhe- 

num, in Suevia, in Francia Orientali et in eorum confinibus multi Zatro- 
"nes ex eorum ordine, qui de generis nobilitate sine virtutum operibus 
gloriantur, qui vias itinerantium obsidebant in insidiis latitantes et spo- 
liabant omnes quotquot poterant invadere praetereuntes. 

5) Sigmund in feinem Schreiben an den Papft d. d. Piacenza 9. Yan. 
1432 in den beigegebenen Avisamentis bei Mansi Concil. XXIX. 586 sqq. . 
und nod ausführlicher in der Audienz der Töniglihen Gefandten beim Papſt. 
Martene coll. ampl. VIII. 8% sqg. 





186 Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 

einander gegenüber: in die meiften waren bie Biſchoͤfe und maͤchti⸗ 
gen Prälaten verflochten, oder fie hatten felbf die Veranlaffung dazu 
gegeben. Entweder waren es doppelte Bifchofswahlen, welche den 
Adel und die bürgerlichen Gemeinden für den einen oder den andern ers 
waͤhlten Bifchof Partei zu nehmen anregten und die Dibdcefen mit 
blutigen Kriegen erfüllten: oder in den größern bifchöflichen Städten, 
wo bie freien Gemeinden bie geiftliche Herrfchaft ganz abzufchütteln 
firebten, geriethen Clerus und Bürgerfchäft hart und blutig aneins 
ander, wobei erfterer gemöhnlich den Kürzern zog und zur Auswan⸗ 
derung genöthigt wurde. In den großen Reicheftädten, wo keine 
Bifchofsfige waren, fehlte es auch nicht an Hader und Kampf. 
Hier erhoben fi) die Zünfte gegen die Patricier. Die Handwerker 
wollten nicht mehr nur die Regierten feyn: fie wollten Antheil an 
der flädtifchen Berwaltung haben, wogegen die Magiftrate und ihre 
Zreunde, die alten Familien, Alles aufboten. Doch meift fiegte die 
neu auffirebende Macht. Die Patricier wurden, wo fie nicht vorzo⸗ 
gen, nachzugeben und die obrigkeitlichen Stellen mit den Zünften zu 
theilen, von diefen vertrieben und an die Stelle der alten patrici⸗ 
ſchen Magiftrate wurde ein neuer Rath, der meift aus den Hand: 
werkern entnommen war, eingefeßt. 

Sp war ganz Deutfehland faſt wie ein Kriegslager. Überall, 
am Rheinftrom und feinen Nebenflüffen, an der Weſer und Elbe, 
an der Donau und der Oder, lief eine ununterbrochene Kette von Feb: 
den und Kriegen durch dad Land und erfüllte Alle& mit Verheerung 
und Verwuͤſtung. Diefe Fehden und Kriege alle aufzuzählen und ib: 
ren Verlauf im Einzelnen zu verfolgen, wäre ermüdend und einför- 
mig. Wir werden und darauf befchränken, nur die bedeutendern in 
der Kürze zu berühren. 

Wir befprechen zuerſt das weſtliche Deutfhland, am 
Rheinfirom und feinen Nebenflüffen, das fo vielfach in geiſt⸗ 
liche und weltliche Herrfchaften getheilt war. Won dem kothrin- 
gifchen Erbftreit, woran viele Reichsſtaͤnde im weſtlichen Deutfch- 
land Theil nahmen, iſt ſchon oben gehandelt worden. Neben diefem 
Kriege, woran Burgund fo eifrig Partei nahm, ging bie Trieri: 
fche Fehde. Das Erzflift Trier hatte im 3. 1430 den Kurfürften 
Dtto durch den Zod verloren. Die Majorität des Kapiteld wählte 








Deutſche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Stalin. 187 


feinen. Domfcholaftor Jacob von Sirck, der auch nach der damals - 
gewöhnlichen Cumulation der geiftlichen Würden und Ämter zugleich 
Dompropft in Würzburg war, zum Erzbiſchof von Trier. Die 
Minorität war. mit diefer Wahl nicht zufrieden. Sie hatte auf ihrer 
Seite ben. Adel: „mit deffen Zuffimmung erhob fie auf den erzbi⸗ 
ſchoͤflichen Stuhl den Coͤlner Domdechanten Ulrich von Manberfcheid. 


Beide Erwählte wandten fich zur Entfcheibung der Sache nah Rom: | u 


Papſt Martin V verwarf beide Wahlen als ungültig, ernannte den 
Biſchof Raban von Speyer, aus dem adligen Haufe Helmftädt, 
zum Erzbifchofe von Zrier und ſchrieb an das Eurfürftliche Collegium, 
ihn für einen Kurfürften zu halten, wie auch ihm zum Beſitze des 
Erzftiftd zu verhelfen. Jacob von Sird fügte ſich dem päpftlichen 
Ausfpriche, nicht aber Ulrich von Manderfcheid, der von dem Gras 
fen von Virneburg und dem Trierer Adel Eräftig unterflügt wurde und 
fo in Stand gefeßt war, fi) in Beſitz des Landes zu fegen. Auch bie 
Erzbiſchoͤfe von Mainz und Cöln und der Markgraf von Baden hals 
fen ihm, die Stadt Trier, die ihn ‚nicht aufnehmen wollte, durch 
eine lange Belagerımg zu zichtigen. Vergeblich wandte fid, Trier 
in den klaͤglichſten Schreiben an dad Basler Concilium um Hülfe: 
vergeblich wurde das Erzflift mit dem Interdict belegt: vergeblich 
felbft war die Unterftüßung mit Truppen, die der Pfalzgraf Ludwig 
dem Erzbifchof Raban leiftete: er konnte nicht in Trier feinen Einzug 
halten, da feine Gegner es’ eingefchloffen hielten. Er mußte fi 
daher vorerft begnügen, in Coblenz und Limburg als Erzbifchof auf 
genommen zu werden. Erſt im Sommer 1433, als der Graf von 
Virneburg die Einfchliegung von Trier nachläffiger betrieb, gelang 
es Raban, heimlich in die Stadt zu kommen und die Domkirche zu 
befegen. Deffenungeachtet fegte Ulrich von Manderſcheid den Krieg 
noch einige Sahre fort bis an feinen Tod (1435), obſchon auch das 
Gonctlium ſich für Raban ausgefprochen hatte 6). 


6) Binde c. 192. 208. 210. 215 und in dem ungebrudten' Stapitel 364 
de8 Ebner. MS. — Gest. Archiep. Ttevir. bei Martene coll. ampl. IV. 448. 
Cornel. Zantfliet Chronic. bei Martene coll. ampl, V. 132. Berfdyicdene Epi- 
stolae bei Martene ]. c. VIII. 172. 527. 571. 584. 872. Hermann. Corner. 
Chron. p. 1340. Ghronifa der bill, Stat Collen. fol. 301. Trithem. Chron. 
Hirsaug. 1. 876. 387 sq. Ejusd. Chron. Sponhem. in Opp. II. 352, 355. 


188 Viertes Buch. Meuntes Kapitel. 


Sn keiner Stadt am Rhein fah. ed damald unruhiger und tu⸗ 
multuarifcher aus, als in Mainz: es wuͤtheten bort mehrfache 
Fehden und Streitigkeiten: denn. einmal war die Bingerfchaft der 
freien Reichsſtadt unter fich ganz zerfallen und in heftige Parteiun- 
gen gefpalten: dann aber war diefelbe Bürgerfchaft mit dem Erz⸗ 
bifchof und dem gefammten Stadt» Glerus im Krieg, welche manch⸗ 
fache Streitigkeiten mehrere Jahre hindurch dauerten. 

Schon in den frühern Regierungsjahren Sigmund's (1420) 
brach in Mainz der Krieg zwifchen ben ſehr bevorrechteten Patriciern 
und ben fich zuruͤckgeſetzt fühlenden Zünften aus. Leiztere verlang- 
ten Gleichſtellung mit den erftern in den Nechten und Laſten. Ja 
fie gingen noch weiter, indem fie die Zünfte, nicht die Gefchlechter, 
als das Element des freien ftädtifchen Gemeinde⸗Weſens betrachtet 
wifien wollten. Ein Jeder, er ſey Patricier (Altbürger), oder Hand: 
werker, verlangten fie, folle fich in eine der 29 Zünfte einfchreiben 
laffen, und von diefen und aus ihrer Mitte müffe der Rath durch 
Stimmenmehrheit gewählt werden. Da die Patricier ihre Vorrechte, 
wornach bie Befebung des Raths faſt ganz in ihren Händen lag, 
umd wodurch fie die eigentliche Regierung allein führten, nicht auf: 
geben wollten, fo fuchten die. Zünfte dad, was man. ihnen in Güte 
nicht zugeftand, mit Gewalt zu nehmen; fie erflürmten die patricis 
fchen Wohnungen und Waffenmagazine und nöthigten durch ihren 
Aufruhr, indem fie durdy ihre Menge die Stärfern waren, die Pas 
tricier zur Auswanderung aus der Stadt. Diefe begaben fich theils 
in's Rheingau, theild nach Frankfurt, Straßburg, Worms und 
Speyer und riefen vergeblich des Königs und der Fürften Hülfe 
an?). Endlich aber gelang ed den Stäbten Frankfurt, Worms 


Cf. Broweri Annal. Trevir. II, lib. 19. n. 28 sqq. Hontheim Prodrom, ad 
hist. Trevir. II. 849. 874. Ejusd. hist. Trev. dipl. IL. 380 sqq. 

7) Was Vogt rhein. Geſchichten und Scgen III. S. 81 erzählt, Tann in 
Beziehung auf K. Sigmund nit richtig feyn, da v. J. 1420 bis 1430 der 
‚König nicht in Mainz war: „Im J. 1420 zogen der Kaifer und der Kurfuͤrſt 
Konrad III in Mainz ein. Gin jeder der regierenden Bürgermeiſter, ſowohl von 
Seiten der Alten als der Gemeinen wollte der erite feyn, um dieſe hohen Gäfte 
zu empfangen. Die Alten hielten es unter ihrer Würde, in Geſellſchaft der Ge- 
meinen vor den Zürften zu erfdeinen, und die Gemeinen festen fi aud zu 
Dferde, um den Alten den Weg abzurennen: aber die Patricier — verhinderten 





Deutſche Reichsangelegenheit. waͤhr. Sigm. Anweſenh. in Italien. 189 
und Speyer, welche mit der Freiſtadt Mainz im ſogenannten rhei⸗ 
niſchen Staͤdtebunde ſtanden, einen Frieden zu vermitteln, wor⸗ 
nach bie Patricier⸗Geſchlechter ſich nicht über den Beſtand von 129 
erheben durften, bie neu hinzukommenden Bürger ſich aber in bie 
Zünfte einfchreiben Laflen mußten. Auch wurde die Gonceffion ge: 
macht, daß aus jeder Zunft ein Rathsherr gewählt wurde, doch vers 
blieb. den Patriciern das Recht, aus ihrer Mitte eine Anzahl Räthe 
zu wählen und wenigftend die Hälfte der Öffentlichen Amter zu bes 
fegen. . Mit diefem Vergleiche waren die Patricier nicht alle zufrie⸗ 


den, fie Eehrten daher auch nicht fämmtlich nach Mainz zuruͤk. An 


der Spige der Zünfte ſtand feit dem Jahre 1426 Eberhard von Win- 
deck, obfchon er aus patricifchem Gefchlechte war. Er war lange 
von feiner Baterfladt entfernt geweſen, hatte ald Schreiber im Ges 
folge des römifchen Königs Sigmund viel die Welt gefehen, und 
durch die Gunft feines Herrn endlich eine einträgliche Stelle am 
Mainzer Zoll erhalten®). Diefer höchft unruhige Kopf, gebt in 
mancherlei Ränken und Schwänfen, war kaum nach Mainz zuruͤck⸗ 
gekehrt, fo flörte ex den kaum hergeſtellten Frieden dadurch, daß er 
die Zünfte auf die Unordnungen der Patricier in der ftädtifchen Ver⸗ 
waltung aufmerkſam machte, und Darauf drang, daß fie gezwungen 
würden, über die Staatägelber einer Gommiffion von Zehnmännern 
Rechenſchaft abzulegen. Dadurch Fam an den Tag, daß eine große 
Schuldenlaſt vorhanden war, und Windel flelte die Nothwendig⸗ 
keit vor, die Ausgaben zu vermindern, was, wie er meinte, am 


leichieſten und einfachſten dadurch erzielt werden koͤnnte, wenn der | 


alte Foftfpielige Rath abgefegt und an feine Stelle ein allein aus den 
Zünften zu wählender neuer Magiftrat eingefegt würde. Darüber 
kam es von neuem zum Aufftand, wodurd) die Commiffion der Zehn 
bie Herrfchaft erlangte, und die Patricier abermals vertrieben wur: 
den. Windel und die Zünfte herrfchten unumfchränkt in der Stadt 


den Semeinen Bürgermeifter an feiner Anrede, welche er an den Kaifer halten 
wollte.” — Menn die Sade wirklich vorfiel, fo müßte fie im 3. 1414 ge⸗ 
Ihehen feun, wo Sigmund in Mainz war, aber damals war nit Konrat, fons 
dern Johann Erzbiſchof und auch der Streit zwiſchen d den Altbürgern und Zünf⸗ 
ten noch nicht ausgebrochen. 

8) Windeck c. 153 und nach dem Ebner. MS. c. 228, 


— 


1%0 Vierte Buch. Neuntes Kapitel. 

und erlaubten fi) gegen bad patricifche Eigenthum mehrfache Ein: 
griffe. Dan wandte fi) abermald an die verbündeten Nachbar⸗ 
flädte Frankfurt, Speyer und Worms um Vermittlung, aber erſt 
nach einigen abgebrochenen Verhandlungen und auf Betrieb des 
Erzbifchofs Conrad Fam endlich der Vergleich zu Stande (18. März 
41430); wornach der Rath von ben Zünften und Patriciern fafl zu 
gleichen Theilen befest, die Bürgermeifter aus beiden Parteien ges 
nommen, eine firenge Controle eingeführt, die Verwaltung des ſtaͤd⸗ 
tifchen Weſens vereinfacht und weniger Eoftfpielig gemacht und die 
- Gleichheit der Stände ſoviel ald möglich ausgefprochen wurde. 
Mehrere von den Patriciergefchlechtern waren mit diefer Überein⸗ 
kunft ober Rachtung nicht zufrieden: fie kehrten daher nicht nach 
Mainz zurüd: befonderd aber war ed ber flolze Patricier Georg 
Genöfleifh von Sorgenloch, zu deſſen Gefchlecht auch der Erfinder 
der Buchdruckerkunſt Johann Guttenberg gehörte, ber den Vertrag 
verwarf und daher noch länger im Eril leben mußte?). Aber auch 
andere Patricier verließen die Stadt und wanderten in benachbarte 
Orte aus, all ihre fahrende Habe mit fic) nehmend. Ron ihren 
Liegenfchaften, die fie nicht veräußern konnten oder wollten, ſowohl 
innerhalb der Stadt als auch außerhalb derfelben im Burgbann, 
weigerten fie fi) nach dem neuen, hoͤhern Steuerfuße Abgaben zu 
bezahlen. Allein der bei Sigmund fo gut angefchriebene Winded 
wußte eine Fönigliche Urkunde für den Bürgermeifter und den neuen 
Rath der Stadt zu erlangen (29. Sept. 1430), worin ihnen nicht 





9) Ausführlihe Nachrichten über den Mainzer Bürgerzwift v. 3. 140 — 
1430 bei Bogt a, a. D. S. 79— 88 nah handſchriftl. Nachrichten. Schaab 
Geſch. der Buchdruckerkunſt II. 213. Schaab rhein. Stäptebund I. 452. 458 fl. 
Windel, der die Sache gut wiffen Fonnte, fpriht, wie er gedrudt vorliegt, 
nur c. 178 u. 210 davon in furzen Andeutungen. Menden aber bat Windel 
nit vollftändig edirt: nad dem Ebner. MS. handelt Windel c. 326. 331. 
335. 338. 356 u. 357 (die Berträge zw. dem Erzb. und den Bürgern), und 
366 (der Schluß des Werkes) von den Mainzer Angelegenheiten. Bon Win- 
deck's Stelle beim Mainzer Reichszoll fpriht Windel c. 217. K. Zriedrid IH 
beftätigte dad von K. Sigmund verliehene Privilegium. Chmel Regest. Fride- 
ric. III Imp. I. n. 1016 (v. J. 1442). Hermann. Comer. Chr. p. 1332 
u. 1340 ſpricht nur im Allgemeinen von dem Gtreite und der Audwanderung des 


olten Raths. 








Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Italien. 191 


nur die alte Freiheit beflätigt, fanden auch erlaubt wurde, alle Lies 
genſchaften der auögewanderten Bürger, bie fleuerbar gewefen, 
ebenfo zu belaften, ald wie die Güter der übrigen Bürger 9). 
Der lange, zehnjährige Bürgerzwift, die fchlechte Wirthfchaft 
ber Patricier, ihre theilweife Auswanderung mit ihren Reichthüs 
mern flürzten die Stadt Mainz in eine nicht unbedeutende Schulden» 
laft und Geldverlegenheit. Dieſe zu befeitigen, mußten außerge> 
woͤhnliche Maßregeln ergriffen, neue Steuern erhoben werden. Die 
reiche, fteuerfreie Geiftlichkeit follte nicht mehr in ihren großen Frei⸗ 
beiten belafjen werden. Die Geiftlihen waren namlich nicht nur 
von Perfonal> und Realfteuern befreit, fondern fie trieben auch in 
der Stadt manderlei Gewerbe und Geſchaͤfte, oder ließen fie viels 
mehr ausüben, mit allen Befreiungen von bürgerlichen Laſten. Sie 
bielten Weinſchenken, Brauereien, Backhaͤuſer, wodurch fie die Era 
trägnifle ihrer Pfruͤnden befjer verwerthen Fonnten. Wegen der 
Steuerfreiheit der geiftlichen Güter war ed den Bürgern nicht möga 
Lich, im wohlfeilen Verkauf den Geiftlichen ed gleich zu thun. Letz⸗ 
tere gingen aber noch weiter; fie verlangten, daß auch die von ihnen 
- ererbten oder gekauften Weine bei der Ein= und Ausfuhr frei von 
allen 3öllen feyn follten, und daß fie ebenfo von ihren ererbten oder 
erfauften Gütern Feine Abgaben zu bezahlen hätten. Gegen dieſe 
Umgriffe deö Clerus, die bald dermfelben den ganzen Weinhandel und 
faft allen Grundbefiß zugewendet haben würden, erließ der ftädtis 
fche Rath Verordnungen, daß der Clerus mit Ausnahme der Pfründs 
weine, feine Weine bei der Eins und Ausführung fo gut. wie die 
Bürger zu veraccifen habe; daß Fein Bürger die geiftlichen Wein⸗ 
ſchenken befuchen follte; daß Fein Bürger ein fleuerbare® Gut an 
die Geiftlichkeit veräußern dürfte, daß die Geiftlichkeit ein folches 
Gut, wenn fie ed durch Erbfchaft erhalten, binnen Jahresfriſt an 
Buͤrger abgeben müßte. 

Zur Abftellung diefer ftädtifchen Verordnungen ſchloß die Geiſt⸗ 
lichkeit (18. April 1433) in Bingen einen Unions-Vertrag, ernann⸗ 
te aus ihrer Mitte einen Ausſchuß, und befhloß, da der Magi- 
firat die Beſteuerung ded Clerus nicht zuruͤcknahm, die Stadt zu 


10) Joannis cer. Mogunt. III. 460. Röpler Ehrenr, Guttenberg. 67. 
Schaab rhein. Staͤdteb. I. 459. 


192 Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 
verlaffen. Die ganze Welt: und Klofter- Geiftlichkeit begab fich in 
den Rheingau und der Gottesdienft hörte in der Stadt auf!!). 
Dieſes Wegziehen des Elerud war für den Pöbel ein Signal zu Er- 
ceffen: er erbrach die geiftlichen Wohnungen und plünderte ſie 12). 
Sobald dad Basler Concilium von der Sache Nachricht erhielt, er⸗ 
fheilte ed dem Erzbifchof Conrad den Auftrag (Iuni 1433), die Pars 
teien zu vertragen. Sollte ihm aber dieſes nicht gelingen, fo werde 
die Kirchenverfammlung felbft, welche durchaus nicht billige, daß 
die Geiftlichen ihre Kirchen verließen, in der Sache entfcheiden 13). 
Der Erzbiſchof konnte oder wollte nicht dem Auftrage des Con⸗ 
cils ernftlich nachlommen. Er meldete (im Nov.) der Kirchenver- 
fammlung!*), daß er die Einigkeit zwifchen dem Clerus und ber 
Bürgerfchaft nicht habe herftellen Fönnen. — Daher ließ das Con⸗ 
cilium einen fürmlichen Proceß der Streitenden vor feinem Gerichts⸗ 
hof eröffnen. Schon am 14. May 1434 erfolgte die Verurtheilung 
der Bürgerfchaft. Die Stadt Mainz wurde in Bann gethan: ber 
weltliche Arm, der Kaifer und die Neichöfürften wurden aufgeboten, 
die aus ber chriftlichen Gemeinfchaft geftoßene Stadt mit Krieg zu 
überziehen: bis fie fi) dem Urtheile des Conciliums unterworfen, 
folle die Bannbulle in den Kirchen mit Auslöfchung der Lichter ges 
gen Rath und Bürger jeden Sonn= und Feiertag öffentlich abgele⸗ 
fen werden15). Diefe energifchen Maßregeln zwangen die Main: 
zer Bürgerfchaft zur "baldigen Nachgiebigkeit und zur Widerrufung 
ihrer Verordnungen gegen bie geiftlichen Vorrechte. Unter Bermitt: 
Yung bes. Gonciliumd wurde (7. Ian. 1435) unter ben Verföhnten 
eine Übereinkunft, die fogenannte Pfaffenrachtung 1°), abgefchlofs 


11) Schaab rhein. Städtebund I. S. 461 — 466, Trithem. Chronic. 
Hlirsaug. II. p. 388: Totus clerus Moguntiam egressus, habitabat in Alta- 
villa et in Rhingaugia. Der Unionövertrag v. 18, April 1433 bei Würdtwein 
subsid. dipl. XII. 404. 

12) Trithem. Chronic. Sponhem, in Opp. II. 355. 

13) Guden. Cod. dipl. Mog. IV. 198, 

14) Guden, 1. c. 206. 

15) Würdtwein subsid. dipl. XII. 417. XIII. 1. 24. 30. (Bgl Schaab 
chein. Städteb. I. S. 467 fl) Mintel c. 210. Trithem. Chronic. Hir- 
saug. II. 388. 

16) Bei Würdtwein 1. c. XIII. 65 sqq. Werner Dom v. Mainz UL. 191. 














Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Stalien. 193 


fen, welche ganz zum Vortheil ded Clerus lautete. Nur in einigen 
wenigen Nebehpuncten erlangten die vermittelnden Bundesſtaͤdte 
Frankfurt, Worms und Speyer Milderungen und Gonceffionen für 
die Bürgerfchaft. Dann ward ber Kirchenbann aufgehoben, bie 
Geiftlichkeit kehrte in die Stadt zuruͤck und Kaifer Sigmund beftä- 
£igte nachträglich (6. Auguft 1436) die getroffene Übereinkunft 17), 

. Nicht viel ruhiger ald in Mainz ſah es in den andern groͤßern 
Rheinſtaͤdten aus. 

Der habſuͤchtige Erzbiſchof Dietrich von Coͤln, ein Graf von 
Moͤrs, der mit der Coͤlner Buͤrgerſchaft in vielfachen Streitigkeiten 
lebte 18), Fam wegen des Bisthums Paderborn !?), wovon er Ad⸗ 
miniſtrator war, das er aber mit feinem Erzſtift vereinigen wollte, in 
vieljaͤhrige Fehde mit mehreren Reichsſtaͤnden in Weftphalen und Nie: 
derfachfen. Dietrich hatte ed durch zum Theil erdichtete Angaben (Pa⸗ 
derborn füllte nur 500 Gulden Einkünfte haben) beim P. Martin V- 
dahin gebracht, daß diefer in einer Bulle feine Einwilligung zur Auf: 
hebung des Bisthumsd Paderborn und zur Vereinigung deffelben mit 
dem Ersftift Coͤln ausſprach (1429). Gegen diefe Bulle proteflirte 
das Paderborner Domkapitel und Mainz übernahm bie eifrige Vers 
wendung für deffen Schritte. Nach angeordneter päpftlicher Unter: 
fuhung wurden die Parteien nach Rom citirt. Indem fo der Pros 
ceß noch in der Schwebe war, fdhloffen das Paderborner Domkapi- . 
tel, die Ritterfchaft, Stadt und Landftände eine Verbindung mit: 
“einander, ſich der von ihrem Adminiftrator erwirften Vereinigung 
ihres Hochſtifts mit Coͤln zu widerfegen: in den benachbarten weſt⸗ 
phälifchen und niederfächfifchen Doms und Collegiatitiftern fanden 
fie eifrige Bundesgenoffen. Der bald darauf erfolgte Tod des Pap⸗ 
ſtes Martin V Fam für die Paderborniſche Partei hoͤchſt gelegen. 
Denn fein Nachfolger Eugen IV vera durch eine eigene Conſti⸗ 
(Bel, Schaab a. a. O. ©, 470 fi.) Trithem. Chr. Hirsaug. II. 388 sg. 
Hermann. Corner. Chr. p. 1330. Winded -c. 210 ſpricht aud von dieſer 
Sache: aber der Zufammenbang feiner Erzählung ift verworren. In dem Ebner. 
MS. c. 338 ift die Rachtung gegeben. Die gemilderte c. 357. 

17) Würdtwein 1. c. 150. Schaab a. a. D. ©. 472, 

18) Trithem. Chronic. Hirsaug. II. 344. 360. | 
19) Schaten Annal, Paderborn. II. 559 sqq. 582 sq. Ghronica der bil- 


ligen Statt Eöllen fol. 302. 


194 Biertes Buch. Meuntes Kapitel, 

tution alle dergleichen Wereinigungen, wodurch auch das Biethum 
Paderborn wiederhergeſtellt war. Deſſenungeachtet gab Dietrich 
von Coͤln ſeine Sache nicht verloren. Er hoffte theils durch Gewalt 
der Waffen die Paderborner zu unterwerfen, theils durch das Basler 
Concilium ſeine Anſpruͤche anerkannt zu finden. Jedoch gelang ihm 
keines von Beidem: aber ein doppelter langer Kampf mit dem 
Schwerte und der Feder waͤhrte uͤber zehn Jahre, bis der Erzbi⸗ 
ſchof (1444) der Vereinigung des Bisthums mit Coͤln wieder ent⸗ 
ſagte und blos wie fruͤher als Adminiſtrator von Paderborn ſich be⸗ 
trachtete. 

Am Niederrhein uͤberhaupt war Alles voll Krieg und Feh⸗ 
den: es gab faſt keine groͤßere Stadt daſelbſt, wo nicht blutige 
Streitigkeiten herrſchten. In Luͤttich war ein blutiger Aufſtand 
der Buͤrgerſchaft: man beklagte ſich uͤber Gelderpreſſungen der Geiſt⸗ 
lichkeit. Der Herzog von Burgund, der Papſt, das Concilium 
miſchten ſich in die Streitigkeiten. Ein Cardinal wurde nach Luͤttich 
geſendet, den Frieden herzuſtellen. Doch gelang dieſes nicht voll⸗ 
fländig20). Zwiſchen den Herzogen von Berg und Geldern 
ward ein erbitterter Krieg geführt; auf beiden Seiten fielen nicht 
Wenige in den Schlachten. An diefem Kriege nahm auch die Stabt 
Coͤln und der Graf Robert von Birneburg Theil, welcher einen glän- 
zenden Sieg Über die Gelderer erfocht (8. Juni 1433) 21), Trotz 
der Acht des römifchen Königs (17. Zuli 1431) behauptete fich Ars 
nold von Egmont im Befiße von dem Herzogthum Geldern 22). Es 
mußte Daher (6, Nov. 1433) über ihn und die Geldrifchen Stände 


20) Chron. Cornel. Zantfliet bei Martene coll. ampl. V. 429. 431. 
Chronik der Stat Göllen fol. 301. Winde c. 178 (u. c. 297 in MS. Ebner.) 
Martene 1. c. VIII. 781. 792. Magn. Chr. Belg. p. 405. 

21) Windel c.192. Trithem. Chron. II. 387. Ann, 1433. Inter du- 
cem Montensem et ducem Geldrensem fit bellum et ab utraque parte non 
pauci ceciderunt. Capitaneus ducis Montensis fuit Rupertus junior de 
‚ Virnburg : cui senatus Coloniensis ut defensori suo contra Geldrenses DCCC 
miserunt armatos, obtinuitque victoriam, Chronik der Stat Göllen fol. 
301 fl. 

22) Pontan. hist. Geldr. lib. IX. p. 453. Lünig Cod. Germ. dipl. II. 
1799 u. 1801, durch melde letztere koͤnigl. Urk. v. 27. Zuli 1431 Aachen zur 
Feindſchaft gegen Geldern aufgefordert wird, 


Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anwefenh. in Stalien. 195 
die Acht und Aberacht ergehen 22). Auch mit den weftphälifchen 
Berichten war ber Herzog Adolf von Juͤlich und Berg in Streitig- 
keiten gerathen, indem er behauptete, fie hätten ihre Befugniſſe 
überfchritten2*). In Aachen waren die Patricier und Zünfte heftig 
bintereinander, und ber benachbarte Adel ließ die Gelegenheit nicht 
voruͤbergehen, aus diefer Sache für fich Vortheile zu ziehen 25). 

In Utrecht hatte eine Doppelte Bifchofswahl die Veranlaffung 
zum Hader gegeben?°). Nach dem Zode bed Bifchofs Swederus 
von Kulenburg beftimmte der Papft zu feinem Nachfolger Rudolf 
von Diepholt, der fchon früher mit Swederus wegen des Bisthums 
in offenem Krieg und beßhalb’ in den päpfllihen Bann gekommen 
war. Eugen IV aber nahm fich nach dem Abgange Martin’3 V des 
Rudolf an, hob den Bann auf, und veranlaßte daburch, daß Swea 
derus von feinem Gegner vertrieben nach Baſel fich wandte, wo er 
(1432) ftarb, Einige Domberen aber von der Partei des Swebes 
rus, machten ihr Wahlrecht geltend und erhoben den Grafen Wal⸗ 
ram von Mörd, einen fehr Friegerifchen, ungeiftlichen Mann, ber 
noch richt einmal die priefterliche Weihe empfangen hatte, zum Bis 
ſchof. Diefer hatte an feinem Bruder, dem Erzbifchof Dietrich von 
Coͤln, eine mächtige Stüge. Man fuchte bei dem Basler Goncilium 
um die Beftätigung der Wahl nach, und erhielt fie, vieleicht aus 
Ruͤckſicht auf den Coͤlner Erzbifchof, oder auch, um Papft Eugen’s IV 
Eingriffe in das Wahlrecht zuruͤckzuweiſen. Jedenfalls aber Eonnte 
behauptet werden,, daß Walram nicht grade der Wuͤrdigſte zu der 
Stelle war. Nach der Weifung des Conciliums ward Rudolf, der 


23) Winde c. 192. Cronica v. d. hill. Stat van Coellen ad ann, 1433. 
fol.-302. Pontan. hist. Geldr. IX. 459. 

24) Schreiben des Herz. Adolf v. Juͤlich an dad Concil. d..d. Coloniae 
23. Oct. 1432 bei Martene VII. 194. Thierſch Hptſtuhl der weſtphäl. Vehm⸗ 
gerichte S. 57 fil. 

25) Winde c. 165. 

26) Martene lc. VII. 172. 238. 577. 723. 743. 758. Hermann. 
Corner. Chr. p. 1325sq. Magn. Chr. Belgic. p. 404 sqq, Schon Sweberus 
war von Martin zum Biſchof erhoben worden, weil die Partei des Herzogs v. 
Gleve den Rudolf Diepholt, Propſt in Osnabruͤck, die ihm entgegengefegte Par« 
tei den Johann von Büren, Propit in Aachen, erhoben hatte. Magn. Chr. 
Belgic. p. 402. | 
15* 


16. Biertes Buch. Neuntes Kapitel. 


ſchon bifchöfliche Functionen verrichtet hatte, abgefegt und dem Erz⸗ 
bifchofe von Coͤln wurde der Auftrag, feinen Bruder Walram in 
Utrecht ald Bifchof einzuführen. Papft Eugen war Über biefe gegen 
feine Anordnungen getroffenen Maßregeln höchft aufgebracht. Nicht 
mit Unrecht beklagte fi) das Utrechter Kapitel, Alles fey ein Werk 
der gräflichen Familie von Mörd, die am Nieberrheine und in 
Weſtphalen die Bisthümer an fich zu ziehen fuche, um in biefen 
Gegenden ganz die Herrichaft an fich zu reißen ?7). 

Nicht frieblicher als am Niederrhein fah es am Oberrhein 
aus: bie ganze Nachbarfchaft des Hochfliftd Mainz: die Landgrafen 
von Heflen, die Grafen von Naffau, von Katenelnbogen, von Ha= 
nau, bie Herm von Ifenburg, von Erbach, von Eppftein waren 
mehr ober weniger in vielfachen Streitigkeiten miteinander oder ge⸗ 
gen ihre Nachbaren verflochten 28). 

Gehen wir weiter den Rhein herauf: fo lagen in den Didcefen 
MWormd??), Speier?®), Straßburg?) die Bürgerfchaften 
überall mit dem Elerus im Hader. 


27) Das merkwürdige Schreiben der Gapitulare an das Goncilium d. d. 
25. Juli 1434, wo über die ganze Sache ein geſchichtlicher Bericht gegeben wird, 
bei Martene 1. c. p. 728. Befonders wichtig ift die Stelle p. 730: Potitur 
Theodoricus Colon. ecclesia tam magnifica et opulenta; sed dum hoc non 
satis, Paderbornensem etiam non sibi metropolitico jure subjectam habere 
voluit. Res penitus inaudita. Monasteriensi excellenti eccl. Henricus fra- 
ter praefectus est: nunc autem alter frater Walrannus non per ostium 
ecclesiam Trajectensem minime vacantem, nec vocatus exposcit. 

28) Windel c. 181 handelt von dem Krieg zwifchen den Grofen von Ka⸗ 
genelnbogen und dem Grafen Hendin (Johann) v. Raſſau. Bon einer Rafſſaui⸗ 
Shen Fehde ſpricht Winde nad der Ebner'ſchen Handſchrift c. 355. 

29) Trithem. Chron. Hirsaug. H. 370. Der Streit begann ſchon im J. 
1424 propter certas in civitate jurisdictiones ecclesiae, quas ad jus suum 
urbani vocari laborabant. Der Pfalzgraf Ludwig ergriff die Partei des Bi⸗ 
ſchofs Johann von Zledenjtein und unterwarf die Stan? Seit 1426 ftand dem 
biſchöflichen Sitze Friedrich von Domned vor, doch in ziemlih ärmlihen Bere 
bältniffen. Trithem. 1. c. 371. Schreiben Sigmund’5 an den Papſt d. d. 
17. März 1432 bei Martene coll. ampl. VIII. p. 92: Et, ut famatur, in 
dioecesi Wormatiensi multa millia laicorum fuerunt congregati et in obsi- 
dione civit. Wormaciensem ad certam tempus tenuerunt, postulantes tra- 
dere manibus eorum presbyteros et Judaeos trucidandos, per quos multa 
scandala in mundum venisse clamabant. Winde c. 280 Ebner. MS. ſpricht 


- 


Deutſche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Stalin. 197 

Namentlich war in Speier ber Bifchof Raban, der auch das 
Erzflift Trier, wo ihn eine Partei gewählt hatte, in Anfpruch nahm, 
ein der Bürgerfchaft fehr verhaßter Praͤlat: er ſchrieb fich Öffentlich 
einen Feind der Speierer Bürger, fammelte Truppen gegen ihre 
Stadt, und fchnitt ihr eine Zeitlang alle Lebensmittel ab (um 1430). 
Der Pfalzgraf Ludwig unterftügte ihn Dabei auf das Eräftigftie. Die 
Bürger rächten fich durch Nieberbrennung geiftlicher Gebäude, End: 
lich gelang ed dem roͤmiſchen König, einen Frieden zwifchen ber 
Bürgerfchaft und dem Biſchof zu Stande zu bringen: doch mußten 
die Bürger allen Schaden, ben fie der Kirche zugefügt hatten, er: 


ſetzen. | | 
Aber auch bei den weltlichen größern Herrfchaften, bei den 


nur v. 1600 Bauern, bei denen auch mehrere Ritter geweſen. Trithem. Chr. 
Hirs. UI. 382: 1431. 20. Dec. coadunata multitudo trium millium rustico- 
rum Wormatiam inopinate cinxerunt vociferantes et clamantes: Tradite 
nobis Judaeos, alioguin incendemus civitatem. Senatus de muris faciens 
verbum bonis eos sermonibus abire persuasit. Imaginem crucifixi Jesu 
Chr. praeferebant in vexillo et more rusticorum jncedebant armati. Duces 
eorum sive capitanei fuerünt pro majore parte sculteti ex vicinioribus vil- 
lis, qui omnes nimio in Judaeos odio propter usuras laborabant. 

30) Trithem. Chronic. Hirsaug. II. 372: Ann. 1427 Rabanus de Helm- 
statt Ep. Spir. pro libertate privilegiorum, libertatum atque bonorum tam 
Cleri, quam ecclesiae gravem et diuturnam cum civibus suis habuit dissen- 
sionem. Der Bifhof erhebt neue Steuern und macht fi verhaßt beim Clerus 
"und der Buͤrgerſchaft. Die Zortfegung des Streites Trithem. 1. c. p.378 beim 
J. 1430. Lehmann Speir, Chr. K. 86 u. 87. S. 810— 80. Der Streit 
war feit dem 3.1419 ausgebrochen: durch Erzbiſchof Conrad von Mainz; war 
eine Rachtung zwiſchen dem Glerus und der Bürgerſchaft geſchloſſen, fehr zum 
Nachtheil der Zreibeiten und Rechte der letztern. Auch Sigmund ‘gab damals, 
Nürnberg 21. April 1422 (Lehmann 1. c. &, 813), eine Entſcheidung. Doc 
brach fpäter heftiger der Streit wieder aus: wie in Mainz war ed befonderd der 
Weinſchank der Geiſtlichkeit, welcher die Rechte der Bürger fehr beeinträdtigte, 
Die Speierer Bürger mußten durch Beitehung des Kanzlerd Kaspar Shlid es 
dahin zu bringen, daß Sigmund DE Rachtung des Erzbifchofs widerrief (Nürn« 


berg 1430): doch wußte dagegen der Bifhof Raban fo gefchiet zu mandvriren, - 


daß der Widerruf nicht publicirt, fondern nur ein Borbehalt der ſtädtiſchen Rechte 
und eine Appellation bei Streitigkeiten. an das königliche Hofgericht ausgeſprochen 
wurde (Nürnb. 24, März 1431), bei Lehmann I. c. &, 820. | 

31) Windel c. 161. | 


r 


1%8 Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 
Pfalzgrafen und den Markgrafen von Baden fehlte es nicht an Krieg 
und Streit. 

Der Pfalzgraf Ludwig, der Kurfürft, hatte damals 
mitten in den vielfachen Kämpfen, ähnlich wie der Herzog Friedrich 
von Steyermark, der Landgraf von Heflen, der Graf von Ziegenhain 
und viele andere Grafen und Herrn, noch Zeit gefunden, eine Pilger 
zeife mit dem Srafen Johann von Sponheim nach Serufalem 
zu machen. Ludwig war ein fehr frommer Zürft, der Künfte und 
Wiſſenſchaften liebte 32), Der Graf von Sponheim war allzufehr 
der Alchemie und Aftrologie ergeben und Betrüger benutzten bie 
Leichtgläubigkeit ded reichen Grafen, ihm von feinem Überfluß zu 
helfen 22). Die Brüder des Pfalzgrafen, welche zu Simmern und 
Mosbah, auf dem Hundsruͤck und am Nedar regierten, lebten 
wenig einträchtig miteinander: wie denn auch ihr vierter Bruder 
Johann in der Oberpfalz zwifchen Bamberg und dem Fichtelgebirg 
nur feine eigenen Intereſſen verfolgte *). 

Der Markgraf Bernhard von Baden war ein thätiger 
und Eriegerifeher Fürft 35%): doch ftand er meift auf Seiten der Geg⸗ 
ner des Kurfürften von der Dfalz, und war daher mit dieſen in 
oͤftere Streitigkeiten verwickelt. Er ſtarb i im J. 1431 und es folgte 


ihm dann fein Sohn Jacob. 


Nuhiger und friedlicher herrfchten in Wirtemberg. bie ein: 
trächtigen Brüder Grafen Ludwig und Ulrich in gemeinfchaft: 
licher Regierung, daher auch ihr Land weniger von Fehden zerriſ⸗ 
fen war 35b), 


In diefer Zeit der Gefeblofigkeit und Willkür, wo man allein 
dur) Buͤndniß und Corporation nody etwas vermochte, Fam es aud) 


32) Trithem. Chron. Hirsaug. II. 371. Die Reife nad Zerufalem wurde 
um 1426 gemacht. Ludwig ließ zum Audenfen daran feinen Bart nicht abneh⸗ 
men: daher fein Beinamen Barbatus. Bon feiner Blindheit hatte er auch den 
Kamen Caecus. 

33) Trithem. Chron. Sponhem. u, Chr. Hirsaug. II. 371. 

34) Trithem. hist. duc. Bavar. Ejusd. Chron. Hirsaug. II. p. 394. 

! 35a) Windel c.178. 194. Bol. Sachs Geſch. der Markgrafſch. Baden 
II. beſonders ©. 311 fll., wo von Jacob's I Nachfolge die Nede ift. 
3b) Graf Uri war erft im Zahr 1433 zur Boljährigkeit gelangt. Bgl. 


“ Sattler Graven v. Wirtemberg IH. u. Spittler Geſch. v. Wirtemb. S. 40, 


Deutfche Reicheangelegenheit. waͤhr. Sigm. Anweſenh. in Stalien. 199 


den Bauern in ben mittleren Rheingegenden in den Sinn, 
ſich in Gefellfchaften enger aneinander zu ſchließen und nad; dem 
Beifpiele der Ritterbindniffe Vereine‘ unter fich zu errichten, die fie 
Bauernfhaften nannten. Sie wählten fi Hauptleute, ge: 
wöhnlich die Ortöfchultheiße zu ihren Sührern, hatten ihre eigenen 
Paniere, dad Bild des gefreuzigten Heilands auf einer Fahne, und 
„zogen in die .benachbarten Landfchaften auf Raub und Abentheuer 
aus. Ein folder Bauernhaufen von 3000 Mann, bewaffnet mit 
Hengabeln und Drefchflegeln, wagte ed, plöglih vor Worms zu 
erfcheinen (20. Dec. 1431). Sie verlangten, daß man ihnen bie 
Zuben und Geiftlichen außliefere, wo nicht, fo würben fie Die Stadt 
anzünden. Nur mit Mühe und nicht ohne einige Geldgaben bewog 
ber Magiftrat, der förmlich mit ben Hauptleuten unterhandelte , die 
Bauernſchaft zum Abzuge, die ſich dann in gleicher Weife gegen 
andere Orte wandte, um die. Juden aufzufuchen: denn ihre Wuth 
richtete fich hauptfächlich gegen diefe wegen ihres Wuchers. | 
Die benachbarten Fürften und Herrn fahen diefem Zreiben der 
Bauern keinesweges gleichgültig zu: fie verfammelten ſich am 6. Fe- 
bruar 1432 zu Bingen und befchloffen, ihren Amtleuten zu befeh⸗ 
Ien, fogleich alle Mannsleute in ihren Ortfchaften, die Uber 14 Jahre 
alt, durch die Glode zu verfammeln und fie .eidlich zu verpflichten, 
folchen Gefellfhaften ganz und gar zu entfagen, die Anreger zu fol: 
chen Bünbniffen aber der Obrigkeit anzuzeigen. Wer von ben 
Bauern noch in eine. Gefelfchaft folcher Art ſich einlaffe, ſollte mit 
dem Tode beftraft, die aber davon fprechen, daß fie zu folchen Ver: 
einen gehen wollten, oder unterließen, von den zu ihrer Kenntniß ge: 
Tommenen Dingen über die Bauernfchaften Anzeige zu machen, foll- 
ten Eörperlich gezüchtigt werden. Durch diefe rafchen und energi: 
fhen Schritte wurden die Bauernbewegungen unterdrüdt und ver: 
hindert, daß fie fich nicht weiter verbreiteten. Befonders waren es 
die Reichäftädte Frankfurt, Mainz, Worms und Speier, die den 
alten rheinifhen Städtebund zur gegenfeitigen Hülfe er: 
neuert hatten, welche noch einigermaßen die Ordnung am Mittel: 
rhein aufrecht erhielten 3°). 


k 


36) Trithem. Chron. Hirsaug. II. 38%. Schaab rhein. Städtebund T. 
s 





200 Viertes Buch, Neuntes Kapitel. 


In dem mittleren Deutfhland, in den Ländern nörblich 
und füblich vom Mainftrom, gab es ebenfalld Kriege und Fehden im. 
großer Zahl. Es follen vorzüglich hier bie größern Herrfchaften der 
Bifchöfe von Würzburg und Bamberg, die Länder Sachſen, Thuͤ⸗ 
ringen und Heffen beſprochen werden. Die in Oſtfranken gelege= 
nen Befißungen des Markgrafen von Brandenburg und bie Ober- 
pfalz werben wir bei dem bayriſchen Streit befprechen. 

Inder Würzburger Didcefe war fat der ganze fraͤnki⸗ 
fhe Adel, an deflen Spige Die Grafen von Henneberg, Werts 
heim, Riened und Eaftell ftanden, mit dem Bifhof Johann 
Brun in eine blutige Fehde verwidelt. Veranlaſſung zum Streit 
hatte der Bifchof gegeben. Er hatte durch maßloſe Verſchwendung 
und nachlaͤſſige Wirthſchaft, durch willkuͤrliche Steuererhebungen und 
Bedruͤckungen mancherlei Art ſich veraͤchtlich und verhaßt gemacht. 
Das Domkapitel und die Buͤrger von Wuͤrzburg waren einig in 
ihrem Widerſtande gegen ihren Biſchof, doch leitete letztere dabei 
vorzüglich auchdas Verlangen, ſich zu einer reichsunmittelbaren Stadt 
zu erheben, indem die Domherrn nur den Biſchof in die Grenzen 
feiner Befugniffe zurüdgeführt und das Kiechengut gefichert haben 
wollten. Durch die Verbindung des Johann Brun mit dem frän- 
kiſchen Abel nöthigte er die, welche ihm den Gehorfam aufgefagt hat⸗ 
ten, wieder zur Unterwerfung. Seitdem aber herrfchte er noch über: 
müthiger. Denn Hochmuth und Brutalität kennen Fein Maß, Feine 
Grenze, wenn der Widerſtand uͤberwunden. Da lieben die mächti- 

gen Grafen und Herrn in Franken ihren Beiſtand der verfolgten 
Partei, die fih fodann von neuem und mit mehr Glüd gegen bie 
Gewaltthätigkeiten des Biſchofs erhob. Derfelbe wurbe nun gend- 
thigt, die eigentliche Verwaltung und Regierung ded Landes ganz 
. abzugeben an ben fränkifchen Adel. Es ward ihm in der Perfon 
des Grafen Sohann von Wertheim ein Coadjutor geſetzt und die Veſte 
von Würzburg, der Frauenberg, den fränkifchen Grafen zur Befegung 
übergeben, Dem Bifchof blieb nur noch der Zitel feiner Würde 
und ein Sahrgehalt. Die Grafen von Henneberg, Wertheim, Gas 
fiel vegierten dad Land (feit 1433). Mit diefer Wendung der Dinge 


S. 459 5. IT. urk⸗Nr. 317. Über die Erneuerung des rhein. Stäbtebundes 
ebend. S. 450 fl, Winde: c. 280 im MS. Ebner. 








Deutfche Reichsangelegenheit. waͤhr. Sigm. Anweſenh. in Jtalien. 291 
war weber der Bilchof, noch dad Kapitel, noch die Stabt Würzs 

-burg zufrieden, Neue Streitigkeiten entflanden, vielfache Umtriebe 
von jeder Seite wurden gemacht. Der Coadjutor flarb ploͤtzlich, 
wie man angab, auf Anfliften bed Biſchofs vergiftet: Es wurde 
ber jiingere Bruder des Verftorbenen, der Graf Albrecht von Wert: 
heim, zum Pfleger des Hochſtifts von-dem Adel eingefebt. Es be: 
quemte fich auch der Bifchof dazu, benfelben als feinen Coadjutor 
anzunehmen 37): auch erhielt ex vom Kaifer (19. Ian. 1434) wie 
vom Baöler Coneilium feine Betätigung ?®). Sigmund erließ um 
diefelbe Zeit einen Befehl, um ben Friedfland in der Würzburger 
Discefe wieder herzuftellen, daß Niemand das Hochflift wegen 
Schulden irgend befehde, befchäbige oder bebrüde3°). Doch half 
dieſes Faiferlihe Machtgebot fehr wenig. Denn fchon wenige Wo⸗ 
chen ſpaͤter erneuerten einige fränkifche Herrn die Fehden gegen ben 
Würzburger Bifchof. Diefer erlaubte ſich von feiner Seite Die Ges 
waltthätigfeit, den Oheim des Coadiutord, den Grafen Michael von 
Wertheim: Breuberg, gefangen zunehmen. Zwar leiftete der Bis 
ſchof dem Gebot des Kaiſers, ben Grafen ungefäumt freizulaffen, 
Zolge, aber der Krieg war von neuem auögebrochen und wurde mit 
aller Erbitterung geführt. Auf ber einen Seite fand der Bifchof 
mit einem Theil des Kapiteld und des Adeld, auf der andern bie 
Majorität des Kapitels und bie Minorität des Adels, wie auch die 
Würzburger Bürgerfchaft. Der Bifchof fprach über Würzburg den 
Banıı aus und belagerte die Stadt, In mehreren blutigen Treffen 
wurde geftritten, mehrere Städte wurden belagert und erflürmt. 
Vergeblich fuchte dad Basler Goncilium den hartnädigen Kampf 
beizulegen. Endlich gelang es dem Bifchof, den Markgrafen Fried⸗ 
rich von Brandenburg, den mädhtigften Fürften in Franken, und den 
Erzbifhof von Mainz für feine Sache zu gewinnen. Diefe vor: 


37) Winde c. 182.183. 208. Lorenz Fries Würzburg, Chron. &. 699 fit, 
bei Ludewig Geſchichtſchr. des Biſchoffthums v. Würzburg: Andreas Presbyter. 
p. 56 (bei Kulpis). Trithem. Annal. Hirsaug. II. 385. Bgl. Aſchbach Geſch. 
der Graf. v. Wertheim J. 218 fll. 

38) Aschbach Wertheim. Urkundenb. n. CLXIII. p. 243. 

39) Ibid. n. CLXIV. p MM. 


202 Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 
zuͤglich bewirkten, baß der Coadjutor genöthigt wurde, abzutreten 
und der Bifchof wieber die Regierung übernahm (1436) 2°). °, 

Um diefelbe Zeit ald diefe Würzburger Fehde das Frankenland 
verwuͤſtete, wüthete auch eine andere in dem Hochflifte Bamberg. 
Um fich gegen die Überfälle und Pluͤnderzuͤge der Huffiten wirkſa⸗ 
mer zu fügen, hatte die Bürgerfchaft von Bamberg für nothwen⸗ 
dig gefimden, bie Stadt vollfiändiger mit Mauern und Gräben’ zu 
umgeben. Mit diefen neuen Befeftigungswerten war ber Biſchof 
und die Geiſtlichkeit, welche ohnehin mit den Bürgern im Unfrieden 
lebten, nicht einverffanden. Sie meinten, diefe vorgeblichen Maß: 
regeln der Vertheidigung gegen die Huffiten feyen eigentlich unter: 
nommen, um fi) von der bifchöfliden Regierung unabhängig zu 
machen. Der Biſchof Anton von Rotenhan zog daher bie 
Einwilligimg zu den neuen Befeſtigungswerken, die er ſchon gege: 
ben hatte, wieder zurüd. Darüber erhob fich offener Krieg zwis 
ſchen ihm umd den Bürgern, in befien Folge er mit dem gefammten 
Elerus aus der Stadt vertrieben wurde *1). 

Der vertriebeneBifchof wandte fich nun um Hülfe an dad Bas: 
Ier Eoncilium und den Papfl. Erſteres ſprach über die Bürgerfchaft 
den Bann aus, leterer, der nach dem Wunfche des Kaifers für 
die Bürger fich erklärte, ſprach fie davon frei*?). So gerieth durch 
das Zerwuͤrfniß zwifchen Papft und Concilium die kirchliche Aucto> 
ritaͤt mit fich felbft in Widerfpruch. Der Kaifer, der damals grade 
aus Italien nach Baſel zurüdgekehrt war, wollte aber überhaupt 





40) Windeck c. 212. Andreas Presbyt. L. c. Lorenz Fries S. 757 fll. 
Trithem. 1. c. 393. 395. Bgl. Aſchbach Graf. v. Werth. I. S. 229 fill. II. 
n. CLXVI fl. G. 247 fl. 

41) Windel c. 160. 178. Corner Chron. p. 1330. Das Schreiben Sig⸗ 
mund's d.d. 17. März 1432 an den Papft bei Martene coll. ampl. VIII. p. 92: 
Civitas Bamberg. propter privilegia eidem per regiam majestatem ad fortins 
dictis haereticis resistendum gratiose concessa, cum clero incipit discordare. 
Andreas Presbyter p. 56 ftimmt damit überein. Er fagt: Hujus rei sire con- 
troversiae inter alias causas una fuit. — Er fügt dann bei: Et licet verum 
esset ab antiquo, quod civitas ipsa non deberet circumdari muro eo, 
quod S. Kunegundis eam serico filo pro muro circumdedisset, tamen clerus 
aliquantulum in hoc assensit, ut fieret murus etc. 

42) Andreas Presbyt. 1. c. 


Deutfche ReichBangelegenheit. währ, Sigm. Anweſenh. in Italien. 203 
nicht zulafien,; daß die Geiftlichkeit ſich in die inneren Reichsangele⸗ 
ginheiten miſchte. Er fchrieb (Ulm 21. Juni 1434) 43) an das 
Concilium, und erflärte, daß ed unbefugter Weife fich in den Bam⸗ 
berger Streit zwifchen der Geiftlichkeit und der Bürgerfchaft gemifcht 
babe: berfelbe gehöre vor das Eaiferliche Hofgericht, wo er auch 
werbe entfchieben werben, fo wie ein anderer ähnlicher zwifchen 
, bern Cardinal Rothomagenfid und der Bürgerfchaft von Befancon. 
‘Der Kaifer behauptete auch ſeiw Recht: er wurde von beiden ſtrei⸗ 
tenden Parteien zur Entfcheidfing angerufen: doch war der Glerus 
mit ihr nicht zufrieden, indem ber Kaifer der Bamberger Bürger: 
ſchaft ihre Privilegien und Zreiheiten in einer goldenen Bulle be 
ftätigte und vermehrte. Der Elerus, von dem fränkifchen Adel un⸗ 
terſtuͤtzt, zog an der Spitze eines Heereö (im Juni u. Juli 1435) 
vor Bamberg, die Stadt zu erflürmen. Den Bemühungen bes 
Kaiferd und einigen Reichöftänden gelang ed, in Schiebögerichten 
ben Streit endlich beizulegen, worauf der Geiftlichleit wieder bie 
Ruͤckkehr in die Stadt erlaubt wurde **), 

Ganz: befonderd nothwendig war ed, daß in Sachſen, in 
der Lauſitz und in Schlefien der inmere Friede aufrecht erhal: 
ten wurde, weil dieſe Länder vorzüglich den verheerenden Pluͤnder⸗ 
zügen der Huffiten ausgefegt waren. Auch fehlte in dieſen Ländern 
es an einer Eräftigen Gefammtregierung: denn in’Schlefien und in 
ber Lauſitz, welche Länder ald eigentlich zum Königreich Böhmen ge- 
börig (alfo unmittelbar unter König Sigmund ftehend) betrachtet 
wurden, fonberten fich die größern Städte als reichsunmittelbare 
ab, und bildeten Städteverbindungen #5), Das Herzogthum 
Sachſen und die Landgraffchaft Thüringen, welche Länder 


— — 





43) Martene coll. ampl. VIII. 720. CF. ibid. p. 749. 

44) Andreas Presbyt. 1. c. Sigismundus tanquam arbiter ab utraque 

parte electus, civibus dat auream bullam, clerus non contentatur. Propter 
quod Episc. Anton. de Rotenhan et Canonici eccl. Bamberg. exercitum iu 
obsidionem ipsius civitatis ducunt. Res ipsa pacificatur et per placita se- 
datur et sic clerus ad civitatem est reversus. 
*% 45) Dberlaufit. Urkk. V. 34 fi, Kloſe's Briefe von Breslau II. 420. 
Sommersberg scriptt. rer. Silesiar. III. 53. Bgl. Negeften: 31. Det. u. Nov. 
1433, 4, April u, 12. May 1434 ꝛc. Die ſchlefiſchen Herzöge lagen bejtändig 
mit den Huffiten im Krieg. 


WI Vierte Buch. Neunted Kapitel. - 


von ben Markgrafen aus ber meißnifchen Linie beherrfcht wurden, 
flanden unter fünf Zürften, dem Kurfürften Friedrich II, feinen 
drei Brüdern und feinem Oheim, dem Thüringer Landgrafen Frieb- 
sich. Dieſe getheilte Herrfchaft ſchwaͤchte die Kraft des Landes 
fehr. Auch wußte man fich gegen die Huffiten nicht anders zu hel- 
fen, als durch Abkaufung der Plünderzüge mit Geld °) Wegen 
der Kur Sachſen war Herzog Friedrich II trog der Föniglichen Be 
lehnung und der Aufnahme im Fusfürftlichen Collegium immer noch 
im Streit mit Herzog Erich von Lhenburg, der beim Concilium 
feine Rechte verfolgte 17). Die Iangjährigen Streitigkeiten Thuͤ⸗ 
ringens mit dem verwandten heffifhen Haufe wurden endlich 
durch eine Heirath und eine Erbverbruͤderung gluͤcklich beigelegt. 
Der Landgraf Ludwig von Heffen erhielt die Städte Sontra 
und Eſchwege zurüd und heirathete die Anna, Schwefter des Kur: 
fürften Friedrich II von Sachfen, Kurz vorher (22. Oct. 1431) war 
in Rotenburg bie alte Erbverbrüderung zwiſchen dem gefammten 
ſaͤchſiſch⸗ thuͤringiſchen Fürftenhaufe mit dem heffifchen feierlich er⸗ 
neuert worben #8) und der Kaifer beftätigte fie nach feiner Ruͤckkehr 
aus Stalien (29. Juli 1434) 4°). 

- Der Landgraf Ludwig von Heffen war Eriegerifch und 
tapfer, fromm und haushälterifch wie. wenige Zürften feiner Zeit. 
Nach dem Beifpiele feiner Vorfahren (ber Landgrafen von Thuͤrin⸗ 
gen) machte er eine Pilgerfahrt in's gelobte Land. Es begleitete 
ihn auf diefer Reife, die zur See auf einem venetianifchen Schiffe 
gemacht wurde, der Graf Johann von Ziegenhain. Mit Reliquien 
und Lebenserfahrungen bereichert Fehrte er (1429)"in fein Land zu: 
ru 50), Wenn ihm auch nicht gelang, feine gerechten Anſpruͤche 

46) S. oben Kay, VI. 

47) Bol, Rommel Gef. v. Heflen II. 285. u. Anmerk. 19 u, 43. &, 204 
u. 246, J 

48) Müller Reichs⸗Theater Friedrichs II. Thl. I. S. 571, Weiße churf. 
Geſch. II. 295. Schöttgen Inv. dipl. hist. Sax. sup. ad a, 1431. p. 286. 
Bol. Rommel l. c. II. p. 285. Anmerk. 19, &, 203, 

49) Die kaiſerl. Urk. d. d. Prefburg 23, Kor, 1434 bei Müller l. c. 

&. 591. u. bei Guden. c. de Mog. IV. 214. Die Mainzifhen Leben und das 


vom Reiche abhängige Ghurland waren auögenommen. 
50) Engelhuſen's Chronik bei Leibnitz ser. rer. Brunsvic, If. 86. Auch 


” 


Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anwefenh. in Italien. 205 
auf die brabantifchen Länder gegen den burgundifchen Herzog geltend 


zu machen, fo war er doch im Länder» und Güter-Erwerbungen 


hoͤchſt gluͤcklich. Er ward Schirmer des reichen und großen Stifte 
Heröfeld, der Abtei Corvey, des Frauenſtifts Herfe ©), legte den 
Grund zur Erwerbung der Graffchaft Ziegenhain °2) und brachte die 
Waldeckiſchen Länder unter feine Oberhoheit, Den Streit im Gräf- 
lich Waldedifhen Haufe, das in zwei Linien getheilt war, die 
fih haßten, benutzte der Landgraf zu feinem Vortheile vortrefflich. 
Er nahm den Grafen Otto, der zu Landau wohnte, und des Schirms 
bedurfte, zu feinem Wafallen an, und machte das Schloß Landau 
mit deſſen Gebiet zu rechten heffifchen Erbmannlehen (1431), Die 
andere, ältere Linie, an deren Spige Walrave ſtand, hatte ſich uns 
ter den Erzbifchof von Mainz geftellt: doch bewogen trifftige Gründe 
fchon nach wenigen Jahren Walrave's Söhne, Heinrich und Bollrath, 
dem Beifpiele der jüngern Linie zu folgen. So ward die freie Herr⸗ 
Schaft Walde ein heffifches Lehen, was der Kaifer nicht hätte ges 
ſchehen laſſen dürfen, da offenbar dadurch die fürftliche Gewalt auf 
Koften der Paiferlihen vermehrt wurbe 5°). 

Es gab damals Peine größere Fehde am Rhein und Main, an 
der Wefer und Elbe, an der nicht der tapfere Landgraf den entfchie: 
denften Antheil genommen. So unanfehnlid) er von Geftalt war, 
fo zeichnete er fich doch ald Kriegsmann und Heerführer. aus. Er 
war mit dem Erzbifchofe von Mainz in längerem Kriege, worin er 
der Herzog Wilhelm v. Braunſchweig und der Graf Philipp von Katzenelnbogen 
pilgerten damals nach Jeruſalem. Über Ludwig's Pilgerfahrt handel ausführs 
lich Rommel II. 282 u, Anmerk. 17. S. 202, 

51) Rommel J. c. 185 fl. u. Rote 20. S. 204 fl. 

52) Wend heff. Gef. II. B. S. 229 fl. Rommel 1. c. Kote 24. 
&. 207 fll. 

53) Chronic. Waldecc. bei Hahn Monum. collect. I. p. 832: Otto par- 
tem suam comitatus, praefecturam Landaviensem, cum pertinentüs, Lu- 
dovico Hassiae Landgravio, anno 1431 — obtulit in feudum haereditarium 
etc. u. p. 833: Wolradus comes — comitatus alteram partem — Ludovi- 
co Landgrayio — — in feudum etiam obtulit etc, Bgl. Häberlin R. ©. 
V. 58. Wendt 8, IL S. 1054, Ledderhoſe kl. Schrift, IIL ©. 59 fl. 
Rommel II. S. 298, Anm. 25. S. 209, Xesterer beftreitet die Anfiht Haͤber⸗ 
lin's, daß die Grafſchaft Walde gleich anfangs 1438 als reichslehnbar ein heffi« 
ſches Reichs⸗Afterlehen geworben. 


a 


* 


206 Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 

einen glänzenden Sieg erfocht und ben ſtolzen Praͤlaten demuͤthig⸗ 
te5*), Mit den braunfchweigifchen Herzogen vereint, hatte er eine 
blutige Fehde gegen ben Grafen von Spiegelberg, der vielfach dere 
Landfrieden gebrochen. Dadurch kam er auch in Krieg mit dem Kurs 
fürften von Coͤln, den Grafen von Hoya und den Herm von ber 
Lippe, der höchft graufam und mit vielen Verheerungen bed Landes 
geführt wurde (1434) 55). Auch bei der Würzburgifchen 5*), 
Magdeburgifchen 57), Pabderbornifchen Fehde >°) war der Landgraf 
nicht unthaͤtig. Seine Vermittlung wurde in vielen Streitigkeiten 
angerufen und er war fo glücklich, fie Durch feine Ausfprüche beizule⸗ 
gen9). Bei diefer fo großen Thaͤtigkeit des Landgrafen, die er 
vielfach entwidelte, wear es erklärlich, daß man fpdter nach Sig⸗ 


mund's und Albrecht's Tod ihn im Auge hatte bei ber Königswahl. 


‚Sehen wir von dem mittlern Deutfchland zu dem nördlichen 
über, fo finden wir auch da benfelben unruhigen Zuftand, eine - 
Menge. von Zehden und Kriegen. 

Die Magdeburger Bürger, welche einen Überfall der 
Huffiten befürchteten, verfahen ihre Stabt mit größern und ſtaͤrkeren 
Befeſtigungswerken und richteten fich felbft darauf ein, eine Bela: 
gerung auszubauen. Indem fie jeden Drt genau unterfuchten, der 
dem Feinde einen Angriff auf die Feſtung erleichterte, fanden fie in 
der Umgegend des erzbifchöflichen Hofes die Stadt weniger feft. 
Um an diefem Theile der Stadt weitere und flärkere Feſtungswerke 


54) Windel c. 210. Trithem. Chron. Hirsaug. II. 386: Inter Conrad. 
Archiep. et Ludovicum Hassiae Landgravium gravissimae dissensiones exor- 
tae belli causam dederunt. Prascesserunt autem congressum, ut fieri so- 
let, incursiones, depraedationes et incendio. Endlich Krieg umd blutige 
Schlacht, worin der Landgraf fiegt. Er führt einige hundert Kriegsgefangene 
mit ſich fort, die der Erzbiſchof mit ſchwerem Gelbe Iöfen mußte, Chronic. 
Sponhem. (Opp.) II. 355. 

55) Hermann. Corner. Chron. p. 1341. 

56) Spangenberg benneberg. Chr. ©. 148. Schultes henneb. Geſch. I. 
356 fl. Rommel II. 289, 

57) Fabric. orig. Saxon, lib. VII. Walther Singular. Magdeburg IV. 
c. 2. Rathmann Geſch. v. Magdeb. IT. &, 61. Rommel II. 288. 

58) Rommel II. 291, 

59) Bgl. Rommel II. 287 fll. 








Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Stalien. 207 
anzulegen, fuchten fie die Erlaubniß ihres Erzbiſchofs Günther (eines 
Strafen von Schwarzburg) nad. Diefer muß der Bürgerfchaft in 
gleicher Weife wie der Bamberger Viſchof wenig getraut und diefe 
Sicherheitdmaßwegeln mehr gegen ſich, als gegen die Huſſiten gerich- 
tet erachtet haben. Er fehlug den Bürgern ihre Bitte ab. Sie 
aber nahmen mit Gewalt, was man ihnen gutwillig nicht überließ, 
und bebauten die weggenommenen Pläge mit einem hohen, feflen 
Thurm und flarfen Mauern. Daß foldhes gegen feinen Willen vor: 
genommen, brachte den Prälaten gewaltig in Harnifch; er verlegte 
das Domkapitel aus der Stadt: ließ die Kirchenfchäge wegbringen 
und ſprach endlich das Interdict über die Bürgerfchaft aus, indem 
er die benachbarten Fuͤrſten zur Hülfe aufbot. Es waren ihm dazu 
bereit der junge Markgraf Johann von Brandenburg, ber Biſchof 
Magnus von Hildesheim, die Grafen von Anhalt und von Schwarz- 
burg und andere Fürften und Herrn geiftlichen und weltlichen Stans 
ded. Aber auch die Bürger von Magdeburg legten bie Hände nicht 
in ben Schooß: fie fehloffen einen Hälfsbund mit den Städten 
Braunfchweig, Helmftebt, Halberftadt, Afcheröleben und Quedlin⸗ 
burg. Auch Kübel, das Haupt des Hanfebundes, fchidte eine 
Hülfsfchaar, welche arge Zeindfeligkeiten in dem Erzflift gegen ben 
Prälaten veruͤbte. Dagegen fperrte der Erzbifchof der Stadt bie 
Zufuhr und. zerftörte felbft die Heerſtraßen, die zu ihr führten. 
Nachdem fich beide Parteien vielen Schaden zugefügt, vermittelten 
die Bürger von Halle, die zu Schiebörichtern in der Sache von heis 
den Theilen gewählt worden, einen Waffenſtillſtand (1431), Die 
Sache wurde von dem Erzbifchof endlich an das Basler Concilium 
gebracht und die Bürger vor deffen Gericht citirt. Diefelben ſchick⸗ 
ten ihre Commiſſarien nach Bafel, wurden aber ungeachtet ihrer 
Einreden verurtheilt und das Interdict des Erzbilhofs, dad er Über 
Magdeburg auögefprochen, wurbe beftätigt. Darüber entbrannte 
der Krieg von neuem, worin die Bürger, welche von Braunfchweig. 
und Halle Hülfe befamen, fiegten. Der Erzbifhof wurde verjagt, 
worauf er fi nach Baſel begab. Er begleitete dann fpdter den 
Kaifer nach Ungarn 60), 

60) Des roͤmiſchen Königs Borftellung an den Papft (v. März; 1432) bei 
Martene eoll. ampl. VIII. p. 92: Civitas Metropolit. Magdeburgensis , ex- 





208 Dierted Buch. Neuntes Kapitel. 

Um biefelbe Zeit (1431) erhob fih auch eine große Fehde in 
‚ben Herzogthümern Braunſchweig und Lüneburg. Her: 
309 Wilhelm von Braunfchweig befuchte feine Nichte, welche der 
Herzog Friedrich von ſtreich geheirathet hatte. Während feiner Ab: 
weſenheit übertrug er feinem Bruder, dem Herzoge Heinrich, und dem 
Magiftrate von Braunfchweig die Regierungsgefchäfte in dem Her⸗ 
zogthum: auch feine Gemahlin Anna mit feinen Kindern vertraute 
er ihrem Schuge und wies ihnen bie Feſtung Wolfenbüttel zum 
Wohnorte an. Indeſſen Herzog Wilhelm ſich Tange in Öftveich ver 
weilte, fogar.fein zahlreiches Gefolge von Rittern und Herrn zur 
Hülfe des franzöfifchen Königs Karl gegen den Herzog Philipp von 
Burgund weggefchict hatte, überfiel der treulofe Bruder, Herzog 
Heinrich, mit Gutheißung des Braunfchweiger Magiftrats die Feftung 
Bolfenbüttel, und verjagte daraus die Gemahlin des Herzogs Wil⸗ 
helm. Diefer eilte auf die Nachricht von diefer Treulofigkeit fogleich 
in fein Herzogthum zuruͤck, ohne jedoch den Bruder zur gütlichen 
Herausgabe der unrechtmäßig in Befig genommenen Feftung bewe⸗ 
gen zu können. Wilhelm klagte dem Bifchof von Hildesheim das 
erlittene Unrecht und bat ihn, die geiftlichen Waffen gegen die Treus 
Iofen in Anwendung zu bringen. Der Bifchof erfüllte die Bitte des 
Herzogs und fprach über den Herzog Heinrich und die Stadt Braun: 
feyweig den Bann aus. Letztere verband fich fogleich mit der maͤch⸗ 
tigen Stadt Magdeburg, die ihr einige Truppen zufandte, und fo 
entbrannte auch im Herzogthume Braunfchweig die blutigfle Fehde, 
wobei eine Anzahl Dörfer niedergebrannt, eine Menge Menfchen 
getödtet oder in Gefangenfchaft gefchleppt, viel Vieh weggetrieben, 
Zelder verheert, Straßen unfahrbar gemacht wurden. Die Kauf: 
leute mieben deßhalb den Weg, der durch das Land führte, Handel 
und Gemerbe ſtockten. Als die öffentlichen und Privat: Caflen lee: 


pulso suo archiepiscopo cum clero, jam terras ipsius ecclesiae in fortitudi- 
ne curruum more Hussitarum vagatur et ei incipiunt adhaerere plures ma- 
ritimae civitates (banfeatifhe Städte) in dictis partibus. — Hermann, Cor- 
ner Chronic. ad ann. 1431 p. 1303 sq. ad ann. 1432 p. 1314 u, 1329. Da⸗ 
zu die Bulle Eugen’ IV d. d. Florentiae 18. Mart. 1334 super remissione 
causae ecclesiae Magdeburg. ad sacr, concil. bei Martene I, c. p. 708 sqgq., 
welche über den Stand der Streitſache im I. 1434 eine Überſicht gibt. 


Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anwefenh. in Stalien. 209 
ver wurden, legte fich endlich die Kriegswuth und man gab den. Ver 
mittlungsvorfchlägen der benachbarten Fürften Gehör. Es traten als 
Vermittler auf: der Landgraf Ludwig von Heflen, det Markgraf 
Johann von Brandenburg, ber Herzog Otto von Lüneburg. Der 
Zrieden wurde unter folgenden Bedingungen gefchloffen: Heinrich 
erhält für fih das Herzogthum Braunſchweig, muß aber feinem 
Bruder Wilhelm 14,600 Schock Grofchen bezahlen. Diefer aber 
befommt zu feinem Antheil die Herrſchaft Homburg und die Stadt 
Hanover mit Zugehör 61). 

Auch bei den Hanfeftädten fehlte es nicht an mancherlei 
Unorbnungen, Fehden und Bürgerbriegen. In Bremen Fämpfte 
die Bürgerfchaft noch immer mit dem alten Stabtrath,, der fich wies 
der der Verwaltung bemächtigen wollte. Um diefen Umtrieben ent: 
gegenzuwirken, feste man den alten Magiftrat gefangen, doch wußte 
er der Haft zu entkommen und die Gährung weiter zu unterhalten. 
Endlich gelang eö’den befreundeten Städten Hamburg, Lübed und 
Lüneburg einen Frieden zu vermittelg, wornach der alte und neue 
Rath in einen Staatd= Körper vereinigt wurden 6?). 

Luͤbeck und mehrere andere hanfeatifche Städte waren noch 
immer im Krieg mit Dänemark: auch mit Holland, Flandern und 
England hatten fie manchfache Zehden. Zur Beilegung bderfelben, 
oder wo Eein Frieden mehr möglich war, zur Eräftigeren Bekriegung 
der Feinde, wie auch zur Einführung von allgemeinen Handelsge⸗ 
ſetzen innerhalb der Grenzen des Hanfabundes wurde ein Tag auf 
den 1. May 1434 nach Lübed berufen. Es erfchlenen die Abgeorbs 
neten von 26 Städten. Dänemark, wohin Gefandte geſchickt wor: 
den, konnte nicht zum Frieden bewogen werden; aber mit dem beut- 
ſchen Orden kam ein Buͤndniß zu Stande ss), | 

Bon dem Verheerungsfriege zwifhen Brandenburg und 
Sachſen-Lauenburg ift ſchon oben gefprochen worden. Über: 
- haupt aber hatte der Markgraf Friedrich I eine höchft unruhige 
Regierung. Er mußte beftändig mit rebeifchen Vaſallen, feindſe⸗ 
ligen Nachbaren und den furchtbaren Huffiten fämpfen. Er liebte 

61) Hauptquelle Hermann. Corner. Chr. p. 1509. 
62) Hermann. Corner. p. 1323 sq. 


63) Herm. Corner. ad ann. 1431 sqq. , beſond. p. 1333 sq. 
Aſchbach K. Sigmund. IV. 44 


210 Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 

die Märker nicht und wurbe nicht von ihnen geliebt. Er hielt fich 
daher auch" jehr wenig in ber Markgraffchaft auf, deren Verwal: 
tung ex feirtem älteften Sohne, dem Markgrafen Sohann, übertrug. 
Er felbft lebte faft beftändig in feinen fränkifchen Beſitzungen, die er 
nach dem Tode feines Altern Bruders Johann, der keinen männli- 
chen Nachkommen hinterlafjen hatte, wieder (1420) in feiner Perfon 
vereinigte 64°). 

Was nun die deutfchen Oftfeeländer betrifft, fo waren auch 
die pommerifchen Herzoge5*b) nicht ohne Fehden, nicht ohne 
Krieg: der Herzog Cafimir von Stettin, der nach dem Tode 
feines Bruders Otto allein in biefem Theile Pommerns Die Regie: 
vung führte, lag mit feinen Unterthanen in beftändigem Hader. In 
Stettin wurde der alte Rath wie in mehreren andern Stäbten ver: 
trieben und ein neuer Magiſtrat eingefeht. Der Herzog aber führte 
bie Vertriebenen wieder zurüd. Cr ließ dann in der Stabt eine 
Veſte bauen und hielt die Bürger in hartem Drucke, ihnen alle frü- 
her gehabten Privilegien und Freiheiten entziehend. Doch vor feinem 
Tode fühlte er, daß folche Zeindfchaft des Fuͤrſten gegen feine Un- 


terthanen nur zu beiderfeitigem Nachtheile ausfchlägt. Auf feinem - 


Sterbebette ließ er den Magifirat der Stadt zu fich kommen und 
empfahl ihm fein Herzogthum und feinen unmuͤndigen Sohn. Doch 
ber Magiſtrat verfiand fich nicht eher zum Verſprechen ber treuen 
Erfüllung des ihm Aufgetragenen, als bis der Herzog den Bürgern 
bie entjogenen Privilegien und Rechte zurückgegeben hatte, Sogleich 
nach dem Tode des Herzogs (1434) riffen fie die neue Zwingburg 
in der Stadt wieder nieder 602). Auch kamen Damals bie Stettiner 





643) Gundling Leben Friedrich's I. 469, Vgl. Helwing Geſch. des Bran- 


denburg. Staatd I. 467 fü. 

64b) Die damaligen vier regierenden pommeriſchen Herzoge waren: Gaflmir 
‚von Gtettin, Bogislav IX von Stolpe, Wartislav von Wolgaft und Bars 
nim VII von Barth. 
6s a) Hermann. Corner. p.1328sq. Kantzow's Pommer. Chr. II. 21 ful. 
Vgl. über das Nähere Barthold Geld. v. Pommern IV. 1. ©. 84 fil. Wegen 
einer bürgerlichen Streitigfeit kam damals aud) Stettin in die Reichsacht (1429), 
worüber Barthold 1. c. S. 83 fll. nachzuſehen ift. 


Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Sigm. Anweſenh. in Italien. 211 
aus ber Reichöacht, im welcher fie mehrere Sahre hindurch gewefen 
waren 5b), J | 

Als Fuͤrſt der Wenden und Herr zu Werle und Guͤſtrow 
regierte Wilhelm, der lebte feined Stammes, Ex hatte fein Land 
dem Markgrafen Friedrich I von Brandenburg zu Lehen aufgetragen, 
zum großen Verdruffe der Medienburger Herzoge, die fi in 
die Schweriner und Stargarder Linie theilten. Denn durch 
dieſes Lehensverhaͤltniß zu Brandenburg fonnte ihnen das Land Wen: 
den troß ihrer Berwanbdtfchaft und Erbverbrüderung mit den wendi⸗ 
ſchen Fürften entgehen. . Auch entfland wegen der-Exbfolge, wie 
unten näher angegeben wird, nach Wilhelms Tod wirklich ein Krieg 
zwifhen Brandenburg und Mecklenburg %6 ®), 

Sn der Stabt Roftod, wo feit dem Jahre 1419 mit Zuſtim⸗ 
mung des Kaiferd und der Medlenburgifchen Herzoge eine Univerfi- 
tät gefliftet worden, waren die Bürger (wie in fo vielen Reichsſtaͤd⸗ 
ten der damaligen Zeit) mit ihrem Magiftrate in Streitigkeiten 
gerathen und hatten ihn vertrieben. Derfelbe wandte ſich um Reſti⸗ 
tuirung an dad Basler Concilium, welches zu Unterfuchung ber 
Streitfache den Abt Balduin vom Lüneburger Sct. Michaelskloſter 
beauftragte. Diefer entfchied gegen die Bürger und den neuen Ma- 

giſtrat, welche, mit dem Urtheile unzufrieden, an den Papſt appellirten. 
Diefe Berufung aber warb ald eine nach den Gonftanzer Conciliens 
beſchluͤſſen unftatthafte verworfen und über die Widerfpenfligen der 
Bann auödgefprochen. Die Roftoder Bürger aber verachteten den 
Ausſpruch und zwangen bie Geiftlichkeit in ihrer Stadt den Gottes: 
dienft fortzufegen. Der Kaifer, der Damals aus Italien nach Deutfchs 
land zurüdgefehrt war, verwarf zwar die Einmiſchung des Conci⸗ 
liums in die Sache; deflenungeachtet aber erklaͤrte er fich. doch für den 
alten Magiftrat und fprach die Reichdacht uͤber Roſtock aus. Ihre 
Execution wurde der Stadt Wismar und den pommeriſchen Herzo⸗ 
gen aufgetragen, welche den Roſtockern auch empfindlichen Schaden 
zufügten 00b). 


65 b) ©, die Regeſten beim 28. Det. 1434, 
66 8) Bol. Gundling 1. 0.471, Helwing 1. c. Barthold Gef. v. Pom⸗ 
mern 1. c. 109, 
66b) Herm. Corner, p. 1329: Sigismundus Imperator in dieto concilio 
I. 414 * 





M2 Wiriertes Buch. Neuntes Kapitel 


Es war als werde die ganze Welt von Hader und Zwietracht 
wie von einer Seuche ergriffen. Selbſt das ſonſt ſo eintraͤchtige 
Bauernvolk der Dithmarſen, das Freiheit und Unabhaͤngigkeit 
über. Alles liebte, verfiel in Parteiungen, die ſich gegenfeitig befeh⸗ 
beten und wodurch die Stadt Hamburg veranlagt wurde, ſich in die 
Streitfache zu miſchen. Es wurde auch von ihr eine Waffenruhe 
vermittelt 67), . 

Der. langjährige Krieg der. Sotfeinifgen Grafen ald 
Herzoge von Schleswig und der mit ihnen verbundenen Han⸗ 
ſeaten gegen den norbifchen Herrfcher, den König Erich, dauerte 
noch immer fort. Doc wurbe man enblidy auf beiden. Seiten des 
langen Haders müde. Seitdem die Verbündeten die Feſtung Flens⸗ 
burg (1431) ‚erobert hatten, fanden beim König Erich die Worte 
derer, die zur Nachgiebigkeit viethen, mehr Gehör. Er beftand nun 
nicht mehr auf buchftäbliche Erfüllung des Schieböfpruches, wie ihn 
der xömifche König gegeben hatte. Da man einerfeitd den roͤmi⸗ 

ſchen König Sigmund, andererfeits den Papft als Schiedsrichter 
verwarf, fo fanden noch die in Auftrag Sigmund's vermittelnden 
Gefandten des deutfchen Ordens am meiften Gehör bei den Parteien. 
Auch die Herzoge erklärten ſich zum Frieden bereit, wenn fie im Be⸗ 
fiße von ihrem väterlichen Erbe, dem Herzogthume Schleöwig ver- 
blieben; wenn fie nur daffelbe als erbliches danifches Lehen empfin= 
gen, fo wollten fie fich dem Könige zu gewiſſen Dienften verpflich⸗ 
ten und ihm felbft durch einen Fußfall wegen des gegen ihn geführten 
Krieges Abbitte thun. Bei diefer Hinneigung zum Frieden gelangte 
man bald zum Abfchluß eines fünfjährigen Waffenftilftands (1432), 
in ‚welchen. auch die mit. Holftein verbündeten hanfeatifchen Städte 
Luͤbeck, Hamburg, Wismar und Lüneburg eingefchloffen wurden. 
Es würde aber wahrfcheinlich nicht zum eigentlichen Friedensſchluß 


Basil. constitutus, auditis querelis eorundem exulantium Proconsulum et eis 
mature examinatis, dictam urbem Rostoccensem et suos inhabitatores banno 
imperiali subjecit, liberam dans cuilibet facultatem eos et eorum quemli- 
bet capiendi et bona eorum diripiendi ac vinculis mancipandi. Bol. Bart- 
hold l.c. S. 102 u, die Regeften 12. Mai 1432, oa 

67) Hermann. Corner. p. 1301 u, 1340. Bgl. Dahlmann Geſch. v. Däns 
nemarf III. 265. 








Deutſche Reichsangelegenheit. waͤhr. Sigm. Anweſenh. in Italien. 213 
gekommen ſeyn, da Erich ſich uͤber gewiſſe Puncte, namentlich uͤber 
Schadenserſatz, den er forderte und nicht zugeſtanden erhielt, nicht 
verſtaͤndigen konnte, wäre nicht grade Damals in Schweden ber Auf⸗ 
ſtand gegen die daͤniſche Regierung erfolgt, welcher Erich auf das 
gebieteriſcheſte zum Frieden zwang. Dieſer wurde (Juli 1435) ge: 
fchloffen. Erich brachte den Hanfeftädten und dem Herzoge Adolf 
von Schleswig manche Opfer; er verzichtete gegen die Städte auf 
alles Hecht, ‚welches die Entfcheidung des römifchen Königs ihm 
wider den Herzog Adolf gegeben. Doch wollte er den Schein ha⸗ 
ben, als habe er nicht dem Zwange der Umftände nachgegeben, fon: 
bern nur aus Großmuth den Feinden verziehen. So erhielt auch 
das Holfteinifche Haus, das nach dem Tode feines Bruders Ger: 
hard auf Herzog Adolf allein beruhte, Alles, was ed verlangt hatte, 
doch ſchien es nach dem Sriedendvertrage, als fey ed nur vorüber: 
gehend von der Gunft des Königs Erich ihm zugeftanden worden °®), 

Das füdliche Deutfchland, welches aus größern Ländermaf: 
fen beſtand, befand fich deßhalb aber nicht in einem friedlicheren au 
ſtande, ald die übrigen Theile des Reiches. 

Der Hauptfiörenfried in den bayrifchen und fraͤnkiſchen 
Landen war der unruhige und händelfüchtige Ingolftädter Her: 
zog Ludwig der Bärtige. Er war mit allen feinen Nachbaren 
geiftlichen und weltlichen Standes in befländiger Fehde, in ununter: 
brochenem Kriege. Auch der alte Hader zwifchen ihm und dem. 
Kurfürften von Brandenburg, ber in Franken um Nürnberg, Bai⸗ 
veuth, Anspach feine alten Stammgüter und .anfehnliche Beſitzun⸗ 
gen hatte, lebte wieder auf. Nur mit großer Mühe hatte Sigmund. 
früher die Streitenden auseinander gehalten. Bei der langen Ab: 
wefenheit des römifchen Königs aud Deutſchland geriethen die erbit- 
terten Feinde wieder aneinander. Die Münchener Herzoge 





68) Der genaue Hermann. Corner. , der feine Chronif mit dem Anfang 
des 3.1435 ſchließt, Fonnte nit mehr von dem Friedensſchluß berichten. Dod 
find feine Nachrichten p. 1294 sqq. zu vergleihen über die legten. Kriegsjahre. 
Dahlmann Gef, v. Dännemarf III. 8,139 fl, gibt nad der Lübecker Chro⸗ 
nit, Dettmar II. 69 u. Hvitfeldt (Danm. Rig. Kron.) p. 666 die Fricdensarti- 
kel an. Über die Theilnahme der wendifhen Seeſtädte an dem Krieg und ihren 
Frieden mit Erich handelt ausführlich Barthold 1. c. S. 866— 92, 


214 Biertes Buch. Neuntes Kapitel. 


Ernſt und Wilhelm traten mit Korberungen an Herzog Ludwig 
auf und unterſtuͤtzten fie mit Kriegsrüftungen. Noch beſchwor ba= 
mals der König den Ausbruch des Krieges, indem er (3. Juli 1432) 
von Lucca aus ben bayrifchen Herzogen einen Friebfland auf ein ganz 
zes Jahr gebot, unter Androhung einer Strafe von 1000 Mark Gol⸗ 
des 6°), 

Defienungeachtet wurde ber Frieden nicht erhalten. Herzog 
Ludwig reizte feine geiftlichen Nachbaren, die Bifchöfe von Paflau, 
Regensburg und Augsburg und eine Anzahl Äbte durch manchfache 
Beleidigungen und Bebrüdungen. Er befehwerte die geiftlichen Guͤ⸗ 
ter, beſonders die Kloͤſter, mit Einlagerungen von Jaͤgern und Falls 
nern, Pferden und Hunden; er entzog ben Geiſtlichen manche Ein- 
Fünfte, manche Befigungen und lud fie vor fein Gericht. Da vers 
einigte fich endlich der vielfach gekraͤnkte und verlegte Clerus und 
ſprach über den gewaltthätigen Herzog ben Kirchenbann. Wo er 
hinkam, hörte der Gottesbienft auf: Doch rührte das wenig den 
harten Sinn des Fuͤrſten. Er fuhr in feinem alten Weſen fort und 
reftituirte. der Kirche nichts. Es ‚waren die Bifchöfe von Regens⸗ 
burg, Paſſau und Augsburg, die Klöfter Kaiſersheim, Fürftenfeld, 
Scheuem, Undersdorf, Münchsmünfter, Geiffenfeld, Hohenwart 
und Sct. Claren (am Anger im München), welche fich vereinigten 
und beim Concilium und feinem Beſchuͤtzer, dem Reichöftatthalter 
Herzog Wilhelm von Bayern, mit einer Klage gegen ben Ingolſtaͤd⸗ 
ter Herzog auftraten und einen Schabenderfaß von 10,000 Gulden 
verlangten. Diefer Klage traten bei mit befondern Beſchwerden 
über den verlegten Friedſtand Herzog Heimich von Landshut, der 
Kurfürft Friedrich von Brandenburg, der Pfalzgraf und Herzog Jo⸗ 
hann von Sulzbach: Neumarkt, die Grafen von Öttingen, bie Reichs⸗ 
ftäbte Donauwoͤrth, Rothenburg, Nördlingen, Dünkelsbühl, Weiſ⸗ 
fenburg und Bopfingen und mehr als hundert Edelleute. Der Abt 
von Kaifersheim mußte die Klage dem Herzog Ludwig zur Beant: 
wortung übergeben: der Markgraf Iacob von Baden unterzog ſich 
bem von dem Protector des Conciliums empfangenen Auftrag, ihn 
im Namen des Koͤnigs von jeder weitern Gewalthandlung abzumah⸗ 


69) Lang Ludwig d. Bärtige &. 160. 


Deutfche Reichsangelegenheit. währ. Siem. Anwefenh. in Stalien. 215 
nen. Ohne des Herzogs Vertheibigung abzuwarten, ſprach das 
Concilium den Bann uͤber ihn, welchen der Abt von Kaiſersheim 
mit koͤniglichen Herolden überall verkuͤnden und an bie Kirchenthuͤren 
anſchlagen ließ?0). Das Concilium begnuͤgte ſich aber nicht damit, 
in die Streitſache ſich zu miſchen, in ſo weit ſie die Geiſtlichkeit an⸗ 
ging, ſondern es zog auch die rein weltlichen Haͤndel vor ſein Ge⸗ 
richt. Es bevollmaͤchtigte (26. Febr. 1433) den Auguſtiner⸗Eremi⸗ 
ten⸗Provincial Georg mit ihrer Unterſuchung und Entſcheidung. 
Derfelbe Iub die flxeitenden Theile und ihre Bundesgenoſſen vor fein 
Gericht nady Eichſtaͤdt. Es war den Gegnern des Herzogs Lubwig 
auch mit dem Kirchenbann gebroht, werm fie nicht erfchienen. 
Diefed Verfahren bezeichneten die Kurfürften mit Recht ald Anma- 
Bung und Eingriff in dad weltliche Reichdregiment von Seiten ber 
Kirchenverfammlung. Der Kurfürfi von Brandenburg proteftirte 
förmlich gegen diefe unbefugte Vorladung und leiflete ihr Feine Folge. 
Deffenungeachtet ließ ſich dadurch die Kirchenverfammlung nicht irre 
machen, weiter zu verfügen. Sie beſtimmte (19. Aug.) den ftrei: 
tenden Parteien eixen Friedſtand auf ein Sahr und drohte den dawi- . 
ber Handelnden mit Ercommunication. Herzog Ludwig blieb vor; 
erſt noch im Bann: doch bequemte ex fich dazu, den Friebfland anzu⸗ 
nehmen, wobei er fich jedoch vorbehielt, fein Recht vor dem Kaifer 
ober einem andern Richter zu fuchen. Der Kurfürft von Branden: 
burg aber fuhr fort, die Einmifchung ber in Baſel verfanmelten 
Bäter in den weltlichen Streithandel zuruͤckzuweiſen, und brachte die 
Sache fogleich vor den Kaifer, ald diefer aus Italien nach Baſel zu- 
ruͤckkehrte. Wie diefer in der Sache weiter entfchied, wird weiter 
unten näher mitgetheilt 71). 


70) Zanga.a.D. 8.161 nad urfundl, Quellen. Windel c. 191 u, 200. 
Bol. Buchner Bair. Geſch. VE. 276, Gemeiner Regensburg. Chr, IT. 43. 
Zſchokke Bayr. Gef. II. 343. Mannert Geld. v. Baiern I. 452,, wo die 
Angaben der bayr. Ehronifen über die Sache ſich finden: außer Andreas Presby# 
ter find Ebran de Wiltenberg Chron. Bavar. bei Oefele I. 311 u. Vit. Aren- 
pekh Chron. Bavar. p. 383 sq. bier Hauptquellen. 

71) Gundling Frievr, I. 8.404 fil. Andreas Presbyter p. 53 ad ann. 
1433 hat eine befondere Notiz: Archiep. Lugdunensis ex parte Concilü fuit 
Ratisponae tractabatque de pace inter Ludovicum et Henricum duces Bava- 


216 Viertes Buch. Meuntes Kapitel. 


Das habsburgiſche Haus war durch den Anſchluß bes 
Herzogs Albrecht an das Intereſſe des Kaiferd, feined Schwieger- 
vaters, ganz in fich gefpalten. Indem Albrecht durchaus nicht den 
Umgriffen Sigmund’s in den Ländern und Rechten feiner Vettern 
fich entgegenfeßte: war Friedrich von Tyrol, ungeachtet feiner’ 
fheinbaren VBerföhnung mit dem Kaifer, doch darauf bedacht, ihm bei 
jeder Gelegenheit entgegen zu handeln. Da’ er über feine Neffen, 
Friedrich und Albrecht, die Söhne feines verftorbenen Bruders 
Ernſt von Steyermarf, die Vormundfchaft führte, fo vereinigte er 
- zwei Drittheile der habsburgiſchen Länder in feiner Hand 2), Ja 
felbft ald nach habsburgifchem Gewohnheitsrechte mit dem 16. Jahre 
Friedrich der Jüngere im I. 1431 mündig wurde, verlängerte der 
Herzog von Tyrol die Vormundſchaft auf vier Jahre weiter, bis der 
zweite Neffe Albrecht zu den Jahren der Mündigkeit gelangt war. 
Da diefe Maßregel offenbar im Intereffe des Haufed, zur größeren 
Concentrirung der oͤſtreichiſchen Macht, gegen die Iuremburgifchen 
Übergriffe getroffen wurde, fo ließ ſich diefelbe der jüngere Friedrich 
auch gern gefallen. Was der Herzog Albrecht durch Anfchließen: an 
den Kaifer zu erftreben fuchte, nämlich die Kronen von Ungarn und 
Böhmen, meinte Friedrich von Tyrol auf einem andern Wege, we⸗ 
nigftens theilweife, den andern hab&burgifchen Linien gewinnen zu 
koͤnnen. Bei dem fortwährenden Krieg der Böhmen mit. dem Iurem- 
burgifchen Haufe war zu befürchten, daß Albrecht, grade weil er 
der Schwiegerfohn des Kaiferd war, die boͤhmiſche Krone nicht er: 
hielt. Der kluge und umfichtige Tyroler Herzog fand es nicht fchwer, 
einen Zheil des böhmifchen Adels für fich zu gewinnen. Der maͤch⸗ 
tige Ulrich von Rofenberg, defjen Gefchlecht zu den angefehenften 
im Königreih Böhmen gehörte, trat mit Friedrich in Unterhandlun: 
gen, und zwar grade in der Zeit, als der große Huffitenzug der 
beutfchen Reichöftände im Sommer 1431 ein fo ſchmaͤhliches Enbe 


riae, sed dum rei finem habere non posset, ipse idem Archiep. eosdem 
duos principes ad praef. concilium Basil. citavit. 

72) Über die Habsburger biefer Zeit hat man drei gute Monographien, wel . 
de die öſtreichiſchen Berhältniffe und Zuftände ausführlich beſprechen: Kurz, 
ſterreich unter K. Albrecht I. (für dieſe Zeit Band 11.)); Graf Brandis 
Tirol unter Friedrich von Ofterreih; und Chmel Geſch. K. Friedrich IV. Bd. J. 





Deutfche Reichsangelegenheit. waͤhr. Sigm. Anweſenh. in Stalien. 217 


genommen und Sigmund im Begriff ſtand, ſeine Roͤmerfahrt anzu⸗ 
"treten. Es wurden am 5. und 21. Sept. 1431 zwei Verträge zwi: 
ſchen Friedrich von Tyrol und Ulrih von Rofenberg abgefchloffen, 
wornach die böhmifche Krone mit Ausfchließung des Herzogs Albrecht 
an Friedrich von Tyrol, und im Falle feines Todes an feine Neffen, 
die Herzoge Friedrich und Albrecht von Inneröftreich, und nach deren 
Abgang an Friedrich des Altern Sohn, den Herzog Sigmund von 
Tyrol, übergehen follte 72), Auch Venedig und der Papft näherten 
fi) damals dein Tyroler Herzog: derfelbe war aber durch frühere 
herbe Erfahrungen zu vorfichtig geworden, um eine eigentliche Schild- 
erhebung gegen Sigmund und feine Herrfchaft zu verfuchen. Es 
ſcheint, daß der Papft Eugen IV nicht abgeneigt gewefen, ihn als 
Gegenkoͤnig dem Luremburger Sigmund entgegen aufzuftellen 7*): 
und die benachbarten Venetianer, die ganz für den Papft handelten 
und mit Sigmund in Krieg verwidelt waren, hätten ihn wohl ohne 
Zweifel unterftüßt. - 

Obwohl Friedrich e8 nicht gerathen fand, für das Oberhaupt ber 
Kirche eine zweite Schilderhebung. gegen das Goncilium und den roͤ⸗ 
mifchen König zu machen, welchen Verſuch für Papft Sohann XXIII 
er fo ſchwer hatte büßen müflen, und obfchon er fich gänzlich partei⸗ 
108 in den Kirchenfragen hielt und ſich durch Abgeordnete des Königs 
und Conciliums beflimmen ließ, eine Waffenruhe in feinen Strei- 
tigkeiten mit dem Herzog von Burgund einzugehen 75): fo fcheint 
Sigmund doch mandyerlei Winke von bed Zyroler Herzogs Verbin: 
dungen- mit den Böhmen erhalten zu haben. Diefe trug bazu bei, 


. 73) Die beiden Urkk. v. Sept, 1431 aus dem fürftl. Schwarzenberg. Ar⸗ 
chiv in Wittingau bei Kurz K. Albrecht IL. Bd. II. S. 344 u. Ar, XXVI. 
Wozu Kurz 8.186 bemerkt: „Ob Herzog Zriedridh oder Ulrih von Nofenberg 
diefes Project entworfen und welche Schritte fie zur Ausführung deffelben gethan, 
wiflen wir nicht. Den gleichzeitigen Schrifttellern ift diefer Vertrag ein Ge- 
heimniß geblieben.’‘ ' 

74) Andreas_Presbyter. mit der Interpolation von Ehraft bei Kulpis 
p. 53 nad der Prophezeiung des Bernhardiner⸗Mönchs Johannes von Perugia: 
Vulgabatur, quod nullus secundum prophetiam Sibillae deberet fieri impe- 
rator, praeterguam nomine’ Fridericus. Bgl. oben Kap. 4, Kot. 22. 

75) Bgl. oben Kap. 2. Not. 21. Die Waffenruhe wurde im Det. 1433 
verlängert. Martene Coll. ampl. VIII. 669. | 


218 ' Viertes Buch. Neuntes Kapitel. 


den römifchen König von neuen gegen ben ihm verhaßten Herzog 
mit Argwohn und Feindfchaft zu erfüllen. Er benuste jebe Gele⸗ 
genheit ihm zu fehaden, ihm Nachtheiliged gut zu heißen? 6). Bes 
fonderd waren ed die VBerhältniffe ded Herzogs mit den Eibgenoffen, 
welche der römifche König mit einer außerorbentlichen Parteilichkeit 
für die leßteren gegen den Herzog entfchied. Die Reibungen und 
Streitigkeiten geriethen im 3. 1433 auf den Punct, daß Sigmund, 
nachdem er bie Kaiferfrone empfangen hatte und er nach Deutfchland 
zurückgekehrt war, Maßregeln ergriff, mit Hülfe der Schweizer Eid⸗ 
genofjen, Sriebrich zur Untermürfigkeit zu zwingen. Er umging bei 
dem Einfchreiten gegen den Herzog fo fehr die Rechtöform, und ach⸗ 
tete babei fo wenig die Privilegien des Haufes Oſtreich, daß ſelbſt 
Herzog Albrecht, um nicht ganz dad Intereſſe feined Hauſes zu ver- 
vathen, ſich genöthigt fah, bei feinem Schwiegervater fich für den 
Vetter zu verwenden. In einem Schreiben v. 9. Febr. 1434 bat 
Albrecht den Kaifer: er möge dem Tyroler Herzog, der auf Ende 
‚Februar wegen mehrerer Sachen gerichtlich geladen worden war, 
einen Auffchub ‚bis Mitte. Suni bewilligen. Übrigens, bemerkt Al⸗ 
. breöst, ſey in einer Sache, weldye das Interefle ded ganzen Haufes 
Habsburg betreffe, nothwendig, daß alle Glieder defjelben zugleich 
mit citirt würden: ſchon deßhalb fen eine Verlängerung der Citation 


76) Auch bei Friedrich's beftändigem Hader mit den Biſchöfen in Tyrol und 
mit dem Erzbifhof von Salzburg erklärte fid Sigmund für die Prälaten gegen 
den Herzog. Es ſcheint, daß der Tyroler Herzog feinen Bafallen Manches er« 
laubte, gegen die Geiſtlichkeit feines Landes zu thun, was die Rechte derfelben 
kraͤnkte. Der römifche König und dad Goncilium mußten fi fodann der Unter» 
drüdten und Beihädigten annehmen, Ein Beifpiel diefer Art find die Feindfelig« 
feiten ded Sigmund Wolfsauer und einiger anderer Gdelleute gegen den Erzbie 
ſchof von Salzburg, weßhalb der roͤmiſche König aus. Italien v. Lucca 23. Kun, 
und von Siena 2. Det. im I. 1432 zwei Mandate erließ. Chmel K. Fried⸗ 
rich IV. 88.1. S. 529 u. 531. Die Mandate Sigmund’s gegen die andern 
Gegner des Erzbiſchofs erließ er [yon früher (Nürnberg 4, Aprü 1431). Ghmel 
lc. S. 586 u. 5%. Über die Befhwerden des Tridentiner Domkapitels über 
die Eingriffe des Herzogs und feiner Beamten in die geiftlihe Gerichtsbarkeit gibt 
dad Schreiben der Tridentiner Domherrn an das Goncilium d. d. 20. San, 1434 
Rahmeis. Den Biſchof Alerander von Trient nahm Sigmund zum Berbruß des . 
Herzogs Friedrich zu feinem geheimen Rath (20. Ian. 1432). Brandis Herz. 
Friedrich v. Tirol S. 176. 


ER 7 
Deutfche Reichsangelegenheit. waͤhr. Sigm. Anweſenh. in Italien. 219 


noͤthig. Die Habsburger wuͤrden dann ſaͤmmtlich ſelbſt lommen, 
ober doch ihre Anwälte und Raͤthe ſchicken?7). 

Diefes Schreiben beftimmte ohne Zweifel den Kaifer, mit goͤ⸗ 
ßerer Schonung gegen ben Tyroler Herzog aufzutteten. Ob der Ge: 
richtötag im Juni und die Erfcheinung der Habsburger darauf ſtatt⸗ 
fand, findet ſich nicht angegeben. Herzog Albrecht ſuchte mit großer 
Maͤßigung die obwaltenden Streitigkeiten im habsburgiſchen Hauſe 
durch Vermittlung beizulegen, ſo daß der Kaiſer nicht in die Sache 
brauchte gezogen zu werden. 

Es war naͤmlich die Verlaͤngerung der Vormundſchaft, welche 
rechtsmaͤßig von Friedrich uͤber feine Neffen ſeit dem J. 1454 nicht 
weiter gefuͤhrt werden konnte, und unter welcher nun auch Friedrich 
der Juͤngere nicht weiter ſtehen wollte, ein ſolcher Streit. Derſelbe 
hatte bereits, um zur ſelbſtaͤndigen Regierung zu gelangen, an den 
Kaiſer ſich gewendet. Herzog Albrecht uͤbernahm es daher als Ver⸗ 
mittler und Schiedsrichter dieſe Sache auszugleichen. Nach ſeinem 
Spruche, den er im May 1435 faͤllte, wurden Friedrich der Jun⸗ 
gere und fein Bruder Albrecht der Vormundſchaft entlafjen und in 
ven Beſitz der ihnen zugehörigen Landfchaften in Inneroͤſtreich (d. i. 
Steyermart, Kärnthen, Krain, die windifche March zc.) gefegt: 
ferner wurden alle uͤbrigen flreitigen Puncte, namentlich die Geldan⸗ 
- gelegenheiten geregelt und der Friebe und die Einigkeit im habsbur⸗ 
gifchen Haufe glüdlich erhalten ”®). 

77) 9. Albrecht's Schreiben an Sigmmd v. 9, Febr. 1434 gibt Ghmel 
Material. I. 2. S. 27. Urt, VII. Bol. deffen K. Friedr. IV. Bd. J. S. 208. 
Die Berhältniffe Friebrich's zu dgn Eidgenoffen werden unten in dem 16. Kapitel 
befonderd befproden. Auch Irrungen zwiihen Steyermark und Ungarn waren 
ausgebrochen, zu deren Beilegung ſich Herzog Zriedrid nad Ungarn begeben, 
wie aus dem Schirmbrief des Königs d. d. Siena 27, Dec, 1432 zu erfegen iſt. 


Ehmel Mater. I. 1. &. 19. 
78) Ehmel K. Friedrich WV. Bd. I S. 210 216. 


Zehntes Kapitel. 
Die Reichötage zu Baſel, Um und Regensburg. 1434. 





Als der Kaiſer nach zweijähriger Abwefenheit nad) Deutſchland 
zurückkehrte, war es in der That hoͤchſt nothwendig, daß endlich eis 
nigermaßen dem Kriegs⸗ und Fehdeunmefen gefteuert wurde. Gig: 
mund berief!) daher (22. Oct. 1433) zur Berathung der Reichs⸗ 
angelegenheiten und ihrer Entfcheidung einen Zag nah Bafel 
auf den 50. November 1435. Es follte nicht nur eine Reformation 
des Glerus in Bafel flattfinden, fondern auch eine Verbeſſerung des 
weltlichen Regiments. Diefer aber grade fuchten die meiften Reichs⸗ 
flände auszuweichen; man hatte fich ſchon an den regierungslofen 
Zuftand gewöhnt: Jeder verfagte dem allgemeinen Oberhaupte den 
Gehorfam und fuchte fo gut es ging fich felbft zu helfen, foviel feine 
und feiner Verbündeter Kräfte ed erlaubten. Die geiftlichen Reichs⸗ 
ftände, die ſchon des Conciliumd wegen in Bafel hätten verſam⸗ 
melt feyn follen, blieben faft ſaͤmmtlich aus 2): fie warteten, wie 
es ſchien, auf den Ausgang des Streites zwiſchen dem Papſte und 
der Kirchenverſammlung 3). on den weltlichen größern Reichsfuͤr⸗ 
ſten erfchienen nur der Markgraf Zriedrich von Brandenburg, der 
- bayrifche Herzog Sohann, Pfalzgraf von Amberg, der Graf Ludwig 
von MWürtemberg und der Markgraf Jacob von Baden. Der Kur: 


1) Windel c. 191. 197. 198. 199 u, 201. Wencker Apparat. Archiv. 
p: 332. Trithem. Chron. Hirsaug. II. 389. 

2) Winde c. 191. S. 1246: Doc fante feine macht dar bifchoff Gunrat 
von Meinz, der von Trire mad nit beſtetiget, der von Coln wolt nit dar. 

3) Windel c. 199. 





Die Reichstage zu Bafel, Um und Regensburg. 221 


fürft Ludwig von der Pfalz war faſt erblindet und blieb. deßhalb 
aus 2). Da nur fo wenige Reichöftände erfchienen waren, fo ver: 
ſchob der Kaifer die Eröffnung des Reichätags auf mehrere Wochen 
fodter, auf Dreikönigfeft des folgenden Jahres, Alle Reichöglieder 
wurden von neuem durch Eaiferliche Schreiben dazu einberufen, uns 
ter Androhung der Strafe, die Regalien und Privilegien zu verlies 
ren, wenn. fie auöblieben 5 ®). Ä 
Noch ehe das Jahr 1453 ablief, wurden von dem Kaifer meb- 

tere Regierungsacte in Bafel vorgenommen. Seine Thätigfeit aber 
richtete ſich beſonders auf folche Dinge, welche der erfchöpften kai⸗ 
ferliden Caſſe Geld verfchaffen fonnten. Es war herfömmlich, daß 
nach ber Kaiferfrönung fämmtliche Reichsftände fich ihre Privilegien 
und Freiheiten erneuern und beftätigen ließen, wa8 immer der kai⸗ 
ferlichen Kammer anfehnliche Summen eintrug. Auch die Juden, 
die Faiferliden Kammerfnechte, wurden im ganzen Umfange 
des römifchen Reichs von neuem befteuert °®), Selbfl die im Kies 
chenftaat wohnenden waren nicht davon audgefchloflen s). Der 
Reichserbkaͤmmerer Conrad von Weinsberg erhielt vom Kaifer bie 
Vollmacht, die übliche Krönungsfteuer und Schenkung von allen Ju⸗ 
den im römifchen Reiche einzufordern und zu erheben, und zugleich 


4) Winde c. 199. Tiithem. J. c. Multi manserunt absentes, 

58) Trithem. |]. c. 

55) Nach der Vollmacht Sigmund's für den Burggrafen Johann von Rürns 
berg v. 3. 1418 bei Spieß archiv. Nebenarbeiten I. &. 123 fl. waren die Ju⸗ 
dengefälle manderlei Art. Es beißt in diefer Vollmacht: „Alle vnd iglihe vn⸗ 
fere ond des Richs Rechte vnd Sture, die und als eynnem Roͤm. Kunig von 
alter vnd iglicher Judiſchheite in tutſchen vnd melifhen Landen geburen: es fey 
von des dritten Pfenningd (nad der Krönung in Aachen und Nom), des 
Gzehenden Pfennings (vom Handelögewinn und Geldwucher), der hal⸗ 
ben Sudenfteure (vom Grundeigentfum , die andere Hälfte bezog der Lane 
desherr) ond des guldin Dpferpfenningd wegen’ (eine jährliche Kopfs 
fteuee von einem rheiniſchen Gulden zu Weihnachten von jedem Auden zu bezah⸗ 
len ohne Unterſchied des Geſchlechts, fobald er das 12. Jahr erreicht hatte). 

6) Diefe Kronfteuer der Juden im Kirhehftaat ſchenkte Sigmund feiner Ge: 

mahlin. Schreiben derfelben an den Papft Eugen IV d. d. Prag v. 30, Aug. 
1437: die Kaiſerin nennt fi) „von Gottes und der Paäpſtlichen Heiligkeit Gna⸗ 
den, Römifhe Königin 20.” Hanßelmann's Bertheid. des Beweiſes v. d. Dos 
henlohiſchen Landeshoheit, in d. Beil. n. 23. p. 90. 


222 Biertes Buch. Zehntes Kapitel.- 

dad Recht, Rabbiner oder Judenmeiſter eins und abzufegen ’ =). 
Wegen der in den Rheinlanden zu Gunften der geifllichen Fuͤrſten 
beſtehenden Privilegien in Betreff der Juden, übertrug Sigmumb 
bie Eintreibung der Judenſteuer in den dortigen Gegenden dem Erz⸗ 
bifchofe Conrad von Mainz. Diefer beftritt aber die Rechtmäßigfeit 
der. Erhebung diefer Steuer für den Kaifer, da diefelbe nach alten 
Privilegien zu den Einkünften feines Erzkanzleramtes gehörte»). 
Der Kaifer wollte aber davon nichts wiſſen: er ließ durch den ftäb- 
tifchen Magiftrat alle Juden in Mainz ergreifen und in Gefangen 
ſchaft halten, bis die geforderten Summen bezahlt waren ®). Der 
Erzbiſchof verfiand fich endlich dazu, für diefen einzelnen befondern 
Fall, obne Nachtheil für die Rechte des Erzflifts in der Folge, eine 
Averfionalfumme von fünfhundert Gulden zur Abwendung ber 
Indenſteuer an den Kaifer zu bezahlen 9). 

In Baſel felbft extheilte und beftätigte der Kaifer eine ziemlich 
anfehnliche Zahl Privilegien 10): auch mehrere neue Belehnungen 
fanden flatt 21), unter welchen die (am 12. Nov. 1453) des Marks 
grafen Jacob von Baden, der ſchon längere Zeit feinem Vater Bern 


7a) Kaiſerl. Urk. d. d. Baſel 23. April 1434 bei Hanfelmann 1. c. 
&. 89. 

7b) Es hatten viele Reichsſtände das Faiferlihe Privilegium erhalten, in 
ihren Ländern Auden aufzunchmen. Den Kurfürftca wurde ed in der goldenen 
Bulle (c. 9. $. 2) beftätigt. Daher wurden die Juden von ihren Landesherrn 
noch mit befondern Abgaben beftenert und man beftritt dem Kaifer das Net, die 
Judengefaͤlle in jolhen Provinzen erheben zu laffen, mo die Juden nicht mebr 
unmittelbar unter den Sailer, fondern unter den Reichsſtand geftellt waren, 
Gewöhnlid wurden die Gtreitigfeiten, die fi dann erhoben, durd einen Ver⸗ 
gleich gehoben, ſo daß eine Averfionalfumme anjtatt der Steuer bezahlt ward. 

8) Trithem. Chronic, Sponhem. p. 355: Conradi Archiep. tempore 
Sigismundus Imp. Rom. omnes Judaeos, qui erant in civitate Moguntina 
custodiae mancipari praecepit, et magnam ab eis pecuniam pro dimissione 
extorsit. 

9) re, des Kaifers d. d. Ulm 11. Juni 1434 bei Guden. C, D. Mog. 
Iv. 212. Windel c. 263 in dem Ebner. MS. handelt von diefer Judenſteuer. 

10) ©. die Negeften K. Sigmund’ im Anhang (v. Dct, 1433 bis Map 
1434), 

11) Am 17, Ian. 1454 wurde der Biſchof Anton v. Bamberg, und am 
12. April 1434 der Biſchof Johann VII v. Lübeck mit den Btegalien belehnt. 
S. die Regeften.. 





Die Reichstage zu af, Um und Regensburg. 223 


Hard in der Regierung gefolgt war, bie glänzenbfte genannt werden 
muß. Der Kaifer erfchien dabei im Faiferlichen Ornat auf dem 
Thron: da bie höchiten Reichswuͤrdentraͤger, die Kurfuͤrſten, nicht 
zugegen waren, wurden ihre Stellen durch den Herzog Wilhelm von 
Bayern, der den Reichsapfel hielt, durch den Conrad von Weins⸗ 
berg, der den Scepter trug, und Durch den Marfchall von Pappen: 
Heim, beflen Rechte das Schwert emporhob, vertreten 12). 

-“ Auch an Feftlichkeiten anderer Art fehlte es nicht. Ein Sieg, 
den bamald die Ungartı über die Türken erfochten, wurde mit gro: 
Bem Jubel in Bafel gefeiert. Drei eroberte türfifche Fahnen, die 
Dahin ald Trophäen gefandt worden, wurden in den Straßen ber: 
sumgefchleift und mit den Füßen zertreten 12). Auch ein glänzendes 
Zurnier wurde zur Faſtnacht dem Kaifer zu Ehren vom Adel veran- 
ftaltet. Doch ward die frohe Stimmung ber Feftgeber dadurch ge 
ftört, daß Sigmund bei diefer Gelegenheit wieder allzu freigebig mit 
dem Kitterfchlag war. Eine ziemliche Anzahl Eidgenoffen wurben 
zu Mttern vom Kaifer gefchlagen, welche die deutſchen abligen Herrn 
Bauern nannten. Sie weigerten fich, folche als vollgültige Ritter 
zu betrachten und bei den Turnieren zuzulaffen 1%). 

Ungeachtet der Kaifer die Frift zur Erfcheinung auf dem Reiche: 


| . tag verlängert, ungeachtet er mit großen Strafen‘, im Falle des 


Audbleibend, gebroht hatte, erfhienen doch nur eine geringe Anzahl 

von Reihöfländen auf dem Tage, der in Januar' 1454 in Bafel er: 

Öffnet wurde. Man Eonnte daher auch zu feinem rechten Reiche: 

abſchiede kommen. Ob damals die Faiferliche Verordnung erlaffen 

wurde, wie ein Fürft den andern vor das Reich laden follte 45), 

koͤnnte bezweifelt werden, uͤberhaupt ob die daruͤber vorhandene Ur⸗ 
kunde aͤcht und aus jener Zeit iſt. 


12) Windel c. 194 u, Trithem. Chronic. II. 389. 

13) Ochs Geſch. v. Baſel II. 258, Anders lautet die Nachricht bei Ham⸗ 
mer Dsman. Gef. I. 445. Bol. unten Kap. 12. Kot, 16, 

14) Ochs 1. c. S. 259, Ein Zurnier, das der Kaifer in Saafpanfen an⸗ 
geſagt hatte, war nicht zu Stande gekommen. 

15) Goldast Reichssatz. II. 102. Bekanntlich hat Goldaſt gar manches 
Document, welches in DIE deutſchen Reichſs⸗- und Rechtsgeſchichte bis auf den 
heutigen Tag für fehr wichtig gehalten wird, fabricirt, Sehr Bieles, was fi 
bei ihm als urkundliche Nachricht zuerft gedruckt findet, ift in Zweifel zu ziehen, 


224 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. 


Die Hauptthätigkeit wandte Sigmund ben Achtserklaͤrungen 
| zweier beutfchen Fürften zu. Da Arnold von Egmont, trotz 
der wiederholten Einfchreitungen mit Machtgeboten und trog ber 
ausgefprochenen Acht, doch im Befige des Herzogthums Geldern 
ſich behauptete und die Stände des Landes ihm anhingen, fo fprach 
der Kaifer (6. Nov. 14353) gegen den erftern wie gegen die letzteren 
als Widerfpenftige die Acht und Aberacht aus, die aber wirkungslos 
blieb, wie die frühere 16). 

Mit viel mehr Ernft und Nachdruck verfuhr der Kaifer in: der 
Ingolſtaͤdter Fehde, in welche fich bereits das Goncilium ge⸗ 
mifcht hatte, indem es von den Gegnern ded Herzogs Ludwig 
. von Sngolftadt aufgerufen, wie oben erzählt worben ift, den 
Bann über ihn ausfprach und die ganze Streitfache vor fein Gericht 
zur Unterfuchung und Entfcheidung zog. Gegen Letzteres mußte der 
Kaifer protefliven, da diefer Schritt ein Eingriff in. das weltliche 
Regiment war. Diefer Umftand mag auch Sigmund bewogen ha⸗ 
ben, vafcher als es fonft bei ihm der Fall war, in der Sache einzu- 
ſchreiten. Ohnehin aber regten ihn auch eigene Geldintereffen und 
die Vorftelungen des habfüchtigen bayrifchen Herzogs Wilhelm, der 
die Länder feines Vetters fich zueignen wollte, auf, den übermüthi= 
gen Herzog Ludwig zu bemüthigen, um dann deſto leichter von den 
bedeutenden Geldfummen, die er ihm fehuldete, fich loszumachen. 
Kaum war Sigmund nach Bafel gelommen, fo lud er den ftreitfüche 
tigen, gebannten Herzog vor feinen Richterftuhl nach Baſel vor. 
Doch diefer ließ trogig die Frift von ſechs Wochen verftreihen. Da 
warb deffen Vetter der Herzog Wilhelm von München, der Protec⸗ 
tor des Conciliums, (25. Nov. 1433) vom Kaifer mit allen Ländern 
des widerfpenftigen Vaſallen belehnt. Nur die Juden in Regens⸗ 
burg, die Brandenburgifchen Pfandfchaften und einige von Böhmen 
abgerifiene Bezirke wurden ausgenommen, Die ſich der Kaifer felbft 
vorbehielt. Auch beftimmte er, daß der Beſitz des Landes in feinem 
Namen gefchehen, die Nußnießung aber dem Herzoge Wilhelm als 
Statthalter und Verweſer auf Lebenözeit überlaffen feyn ſollte. Als 
Grund des frengen Verfahrens wird in der Urkunde angegeben: 

16) Lunig C. G. D. II. p. 1803 sq. Pontan. hist. Geldric. p. 459. 
Ghronif der hilligen St. Göllen. fol. 301. 

















Die Reichstage zu Bafel, Ulm und Regensburg. 295 
Weil Lubwig von ber Gewalt bed Heiligen Concils mit geiftlichen 
Gericht und Recht in alle Strafe der von Karl IV verbefferten Achtö= 
und Gerichtöordnung verurtheilt worben (wornach ein Kirchenbann 
von Jahr und Tag bie Acht nach fich zog), fo habe man bes Kaifers 
weltliche Schwert angerufen, nach des Herzogs Land und Leuten 
zu greifen. Dazu fomme, daß mehrere Ritter den Herzog bei dem 
weftphälifchen heimlichen Gerichte belangt und dieſes deflen Leib und 
Gut Preiß gegeben und dem Kaifer ald oberſtem Richter der Vehme 
die Lehen des Reichs zur weitern Verfügung anheimgeftellt habe. 
Nach all? diefem habe der Kaifer nicht anders gekonnt, als die Län: 
der bed Herzogd weiter zu vergeben. Damit fie aber beim Wittelös - 
bachifchen Haufe verblieben und Herzog Wilhelm für: feine vielen 
unverbroffenen Dienfte und Koften beim Concilium eine Belohnung 
und einen Erſatz erhielte, fo feyen fie diefem Gliede der bayrifchen 
Herzogsfamilie zugetheilt worden. Auch der Faiferliche Kanzler Kafs 
par Schlick vergaß ſich nicht: er bedung fih von dem Herzoge Wil 
. beim von dem neuem Beſitzthum ein Schloß mit trefflicher Behaus 
fung und reihen Einkünften aus 17). Doch diefe Faiferlichen Vers 
fuͤgungen fümmerten ben trogigen Herzog, ber fich durch feine 
zahlreichen Burgen und tapferen Burgmannen und Ritter im Befige 
feiner Länder ficher glaubte, fo wenig, daß er grabe damals noch 
neue Erwerbungen durch Kauf machte. Er rechnete auf die Mittels _ 
loſigkeit des Reichsoberhauptes, der feinen Machtgeboten keinen Nach⸗ 
druck geben konnte. Aber Sigmund fah wohl ein, daß es um fein 


kaiſerliches Anfehen gefchehen fey, wenn ex nicht auf die Drohungen . 


die Ausführung folgen ließ. Am 14. Sanuar 1434 erging an Her: 
zog Ludwig die zweite Ladung, binnen ſechs Wochen und drei Ta⸗ 
gen zur Verantwortung in Bafel Über die Anklage des Ungehorfams 
und der Untreue gegen Kaifer und Reich fich zu flellen 18), 
Einigermaßen günftig für Herzog Ludwig war ed, daß einer 
feiner Hauptgegner, der vom Kaifer und Concilium begünftigte Her: 
zog Heinrich von Landshut, in ähnlicher Weife wie er von 
dem Vehmgerichte verurtheilt war. So lange man nicht gegen dies 


17) Alles nad) urkundlichen Quellen: bei Lang Ludwig der Bärtige S. 162 fill, 
Buchner Geſchichte v. Bayern VI. 278, - 
18) Lang a, a. D. S. 164. 
Aſchbach K. Sigmund. IV. 15 


226 Viertes Buch. Zehntes Kapitel, 

fen in gleicher Weife wie gegen ihn verfuhr, meinte er, nichts zu 
befürchten zu haben, da die Parteilichkeit zu fehr in bie Augen ſprang. 
Der Lanböhuter Herzog war theild wegen ber gegen Herzog Ludwig 
veruͤbten Gewaltthat in Conſtanz, theild weil er dem Kaſpar Tor⸗ 
tinger fein Schloß gewaltfam niedergeriflen 1%), und befien Frau 
ausgeplündert und arm gemacht hatte, in die heimliche Acht gekom⸗ 
men, und er war endlich durch achtzehn Freigrafen und mehr als 
800 Ritter und Sreifchöffen für ehr⸗, recht und frieblos verurtheilt 
und gänzlich vervehmt, wie auch feine Lehen für verfallen erklaͤrt wor⸗ 
den 20). Deflenungeachtet fchritt der Kaifer ald oberfler Richter bes 
heimlichen Gerichtd nicht gegen den Verurtheilten ein, fondern, um 
ben Schein zu haben, als thue er Doch etwas in der Sache, fällte er 
(1. Jan. 1454) den Spruch, daß die Revifion ded Procefied in Vehm⸗ 
fachen des Herzogs Heinrich) an den Erzbifhof von Coͤln, als Hers 
zog von Weftphalen übertragen werbe, oder was ungefähr daffelbe 
fagen wollte, daß die Sache auf unbeftimmte Zeit vertagt werben 
ſollte 21). Herzog Ludwig verfäumte auch nicht, die Parteilichkeit 
für feinen Gegner offenkundig zu machen. Gr ließ (19. Ian.) bei 
Herzog Wilhelm, dem Protector ded Conciliums, das Geſuch ftellen, 
daß er mit dahin wirke, Daß ber vervehmte Landshuter Herzog aus 
dem Reiche geworfen werbe 22): ferner fandte er feinen Sohn Lud⸗ 
wig mit einigen Räthen nach Bafel, um fichered Geleit für ihn zu 
erwirken, und gegen bie Zufammenfegung des Gerichtö in feiner 
. Sache zu protefliren, ba bie geiftlichen Richter Feine fürftlichen Ges 
noffen, bie weltlichen aber feine Feinde waͤren ?®), 

Der Kaifer wies diefe Proteftation zuruͤck. Ex fah fie als eine 
hartnaͤckige Verſchmaͤhung feines Gerichtd an und erließ zu Baſel am 
28. April die Achtserklaͤrung gegen den Herzog 2%), welche fobann 
an die Reichöftände veröffentlicht wurde. In dem Achtäbriefe heißt 

19) Geſch. K. Sigmund's IN. ©, 362, | 

0) Lang a. a, D. 

21) Buchner &, 279. Thierſch Hauptſtuhl des weſtphäl. Gerichts ©. 67. 

22) Lang S. 164. 

23) Lang ©. 165. 

24) Gemeiner Regensburger Chronik II. & 43 fu. w S. 50 Lang 
a. a. D. S. 166. Buchner S. 280. — Zſchokke H. 343. und Mannert (beyr. 
Geſch.) I. 452, geben dieſe Ingolſtaͤdter Geſchichte weniger vollſtaͤndig, da ſie 

» —W— 





"Die Reihstage zu Bafel, Ulm und Regensburg. 227 
es: daß Ludwig in des Reichs Acht verfallen und aller Ehren und 
Rechte verluflig gemorben, weil er ben Bann über Sahr und Tag 
getragen; :weil er ketzeriſche Böhmen in Sold genommen; weil er 
Räuber, Mörder und Achter gehaustz weil er einem Taiferlichen Bo: 
ten die Ohren abfchneiden, einen andern habe zwingen laffen, bie 
Ladebriefe zu frefien; ferner weil er den Abt zum heil, Kreuz in Do⸗ 
nauwoͤrth an den Sattel eines Pferdes binden, fchleifen und würgen, 
die Kirchen aufbrechen und andere Gewalttaten ausüben laſſen; 
endlich weit er. überhaupt nie einem Taiferlichen Urtheil gehorſam ges 
wefen, unter dem hämifchen Bemerken, es komme nicht auf das 
Urtheilen, fondern auf dad Vollſtrecken an. Der Kaifer zeigte auch 
allen Ernſt, die Reichsacht wider den Herzog wirklich in Ausfuͤhrung 
gu bringen und ihn mit Krieg zu überziehen. Er traf dazu alle Ans 
flalten und hoffte an den zahlreichen Gegnern des uͤbermuͤthigen Fürs 
ften die bereitwilligfle Hülfe bei der Ausführung der Acht zu finden. 
Schon am 19. Zebr. hatte er den oberbayrifthen Ritterbund, der 
gegen ben Ingolftädter Herzog gerichtet war, beſtaͤtigt 25), 

Bon Bafel, das der Kaifer den 19. May verließ 20), begab er 
ſich nach Baden im Aargau, um mit den Eidgenoſſen wegen Huͤlfe 
und Zuzug gegen ben widerſpenſtigen Herzog zu unterhandeln 27), 


mehr nady den kurzen Berichten der Chronifen Windel! c. 191 u, 200. Ebran 
de Wiltenberg Chr. Bav. bei Oefele I. 311. Vit. Arenpekh. Chr. Bar. 
p. 383 sqq., Andreas Presbyt. p. 54. als nad den Urkunden ihre Crzählung 
gegeben haben. gl. aud Meichelbeck hist. Fris. I. 213. Krenner Landtags⸗ 
verhdl. I. 86 fl, 

25) Buchner 1. c. G. 280, 

26) Rad) dem Magn. Chronic. Belg. und einigen andern Chroniken blieb 
der Kaifer bis zum 11.May in WBafel: auch Ochs Geſch. v. Bafel IH. 257. gibt 
dieſen Tag an. Doch nad) den Urkunden (f. Regeſten) dauerte Sigmund's Auf 
enthalt noch länger in Basel. Rach Windel c. 200. verließ er diefe Stadt erft 
Mittwoch nah Pfingften (19, May), wo er nad Baden abreidte. Bei Chmel 
Begest. Frideric. IV. Imp. I. n. 2212, wird eine Urfunde Sigmund's d. d. Ba⸗ 
ſel 24. May 1434 erwähnt. Wenn die Ortsangabe wirkiich richtig iſt, und nicht 
. Bader anftatt Bafel zu Iefen tft, jo muß entweder Sigmund von Baden nad . 
Bafel nod einmal zuruͤckgekehrt ſeyn, oder die Kanzlei ift noch mehrere Tage 
länger in Bafel geblieben und hat ausnahmsweiſe nit in Anmweſenheit des Kai⸗ 
ſers die Urkunden ausgefertigt. 

27) Windeck e. 280: Bad zog do (auf den mitwochen in den heiligen pfing⸗ 

15* 


228 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. 

An den erften Tagen des Juni finden wir den Kaifer ſchon in 
Ulm 2°), wohin er über Schafhaufen 29) in der legten Woche des. 
May fich begeben hatte zur Abhaltung des Reichötags, den er dorthin 
ausgefchrieben hatte. Auch hier war fein erſtes Gefchäft, das er mit 
aller Kraft betrieb, zu berathen, wie mit Gewalt der. Waffen Hers 
zog Ludwig zur Unterwerfung gebracht werde. Bis dahin hatte er 
noch immer die Hoffnung gehegt, derfelbe werde es nicht bis zum 
aͤußerſten kommen laffen und fich fügen und unterwerfen, wenn er 
die von allen Seiten gegen ihn ruͤckende Gefahr fehe. Doch fchien 
es, ald wollte der Herzog nicht ohne Kampf fich ergeben. Der Kais 
fer ſchwur nicht länger zuzufehen. „Bin ich einmal, fagte er, über 
bie Donaubrüde geritten, will ich nicht mehr richten laſſen, fondern 
dem förrifchen Manne Land und Leute abgewinnen 30). Bereits 
hatte Sigmund fich auch des Beiftandes der fehwäbifchen Reichsrit⸗ 
terfchaft und aller Gegner des Herzogs verfichert 21), Am 3. Aus 
guſt forderte der Kaifer Die Reichsftände auf, dem geächteten Herzog 
feindliche Abfagebriefe zu ſchicken und fi fodann bis zum 8. Sept. 
gewaffnet ımd gerüftet im Faiferlichen Felblager bei Aichach einzufins 
ben 22). Die Reichöftädte Augsburg, Regensburg, Nürnberg, Nöxds 

lingen, Rothenburg, Donaumörth 33) u. a., bie mehr oder weniger 
Beſchwerden gegen Ludwig hatten, traten freudig und gern dem 


ftagen) vonn Bafell gein Baden vnd lag do wol achttag, vnd vberfam do mit 
den Sweizern, dos fie Im hulffen folten vber herzog Ludwig von Ingelftabt, ob 
er fie manen wurde, . j 

28) ©. Negeften Juni 1434. 

29) Rach Sigmund’5 Schreiben an das Goneilium d. d. Ulm 21. Yun. 10, 
bet Martene coll. ampl. VIM. 720. 

30) Burkh. Zengh. ad ann. 1484. — Herzog Ludwig kam aber nicht feibft 
nad) Ulm, wie Lang a. a. D. S. 166 andentet: „Auch die drei Wochen hindurch 
mit dem Herzoge per ſ oͤnlich gepflogenen Unterhandlungen in Ulm blieben ohne 
Erfolg,’ 

31) Windel c. 191: An dem donnerstag vor dem hl. pfingstag 1434 do 
fante der berzog (Ludwig) poten in Swiz nad ?aifer Sigmund vnd verfuchte 
(Sigmund) die yme zu helffen auf herzog Ludwig vnd alle Nitterfihaft zu Swo⸗ 
ben verpot er gegen Ulme. 

32) Lang a. a. O. Der Brief an vie Stadt Regensburg bei Gemeiner 
Meg. Ehr. TIL. 50, 

33) Königsdorfer Geſch. ded KL, HL. Kreuz zu Donauwörth I. &, 187. 





Die Reichstage zu Bafel, Um und Regensburg. 229 
Kaifer gegen den Herzog bei. So auch die meiften Zürften und der 
Adel in Bayern, Franken und Schwaben: auch die Schweijer € Eid» 
genoffen flanden bereit mit ihrer Huͤlfe. 

AS der Herzog fah, daß die Sache wirklich Ernft wurde und 
er in aͤhnlicher Lage war, wie früher in der Zeit des Gonftanzer Con: 
ciliums Herzog Friedrich von. Tyrol, fo-befürchtete er deſſen Schickſal 
bei laͤngerem Widerflande zu haben. Er gab nad 222) und bat eis 
nige Fürften zu feinen Gunften ein gutes Wort bei dem Kaifer ein: 
äulegen. Zugleich ſchickte er feinen Sohn, Ludwig den Budligen, 
nach Ulm. Diefer warf fi) dem Kaifer zu Füßen, für feinen Bater 
am Gnade flebend: auch gab er den Pfandbrief über Donaumörth 
heraus, durch welche Rüdgabe biefe Stadt wieber reihöunmittelbas 
wurde ?%b), . 

Da der Kalfer hochſt ungern zu den Waffen ſchritt und er nicht 
ohne Grund befuͤrchtete, daß Ludwig in der aͤußerſten Berzweiflung 
ſich zu den Huffiten fchlagen möchte, fo kam ihm deffen Anerbietung 
ſich zu unterwerfen fehr erwuͤnſcht, zumal der Herzog fich bereit er⸗ 
klaͤrte, mit einer Geldſumme ſeine Strafe abzukaufen. Der Kaiſer 
ſchuldete naͤmlich dem Herzoge Ludwig noch von frühen Zeiten 





34a) Unrichtig Zſchokke J. c. U. 344: „Unbiegſam blieb Ludwig's Sinn,” 
Cf. Burkhard ‚Zengh. Chron. August. ad ann. 1434 und Andreas Presbyter. 
in der folgenden Kote und Vit. Arenpekh not. 36. 
34b) Andreas Presbyt. Ratisb. ed. Kulpis. p. 54: Ludovious senior dux 
Barariae pröpter multiplicem excommunicationem et anathematizationem ex 
parte quorundam 'monasteriorum denunciatur incidisse poenas constitutionis 
quae dicitur Carolina sive libertas ecclesiastica. Propter hoc Sigismundus 
Jinp. , .dum :esset. Ulmae, volait ducere exercitus contra jpsum. Videns 
igitur ipse dux Ludovicus‘Imperatoris potentiam, literas quas 'habuit ab 
Imperio continentes impignerationem civitatis imperialis Schwaebisch Werd 
ia summä (ut dicitur) duo millia florenorum, ipsi Imperatori libere resigna- 
vit. Verworren wie gewöhnlich ift die Erzählung Windeck's c. 191: Alſo ward 
es doch vorteydigt, dad H. Ludwig zu gnaden Fam vnd mufte dem reiche wider⸗ 
geben Swebiſchenwert vnd den gaiftliden, den er ſchaden hatte getan, den mufte 
er geben das gut wider und 12,000 Gulden darzu, den welden er ſchaden getan, 
ir gut auch widergeben, vnd dem kaiſer auch wider geben, vnd dem Faifer auch 
ein .... dab er ein guten genugen hette. Vgl. Lang a, a. D. S. 167. Bud: 
ner S. 280. 


230 Vlertes Buch. Zehntes Kapitel. 
23,000 Ducaten 3°), deren Ruͤckzahlung nicht erlangt werben konn⸗ 
te, obwohl auch der Kurfuͤrſt von Brandenburg ſich verbuͤrgt hatte 
und daher auch von Ludwig befehdet wurde. Auf dieſe bedentende 
Geldforderung erklärte der Herzog verzichten zu wollen, wis auch 
auf das ihm verpfändete Donauwoͤrth, wenn er mieber zu Gnaden 
aufgenommen werbe 36). Auch dadurch erlangte der Kaiſer einen 
Selbvortheil: um die Reichsunmittelbarkeit wieber zu erhalten, uͤber⸗ 
nahm dad dankbare Donauwörth die Zehrungskoften Sigmund's in 
Um, die fich während feines zehnwoͤchentlichen Aufenthalts auf 
13,000 Gulden beliefen, zu bezahlen, wie auch fein in Baſel vers 
ſetztes Silbergeſchirr mit 5140 Gulden auszuloͤſen27). 
So hatte durch Geld Herzog Ludwig ben Sturm, grade: als er 
über ihn hereinbrechen follte, glücklich befehworen (zu Ulm 20; Aug. 
41434 word ber Vergleich abgefchloflen) 3°). .Noch ehe die ‚übrigen 
Beſchwerdepunkte erledigt und entfchieben waren, wurde ber Herzog 
zu Gnaden aufgenommen. Anftatt in das Keldlager nad Aichach, 
zog ber Kaifer nach Regensburg, in feinem Gefolge glänzte der ge: 
bannte und geädhtete Herzog und in den Faiferlichen Urkunden wird 
ex der liebe Freund und Oheim genannt 20). 
Obwohl der Kaifer ſich in Ulm nahe an ein Vierteljahr, aufge 
halten (vom Anfang Juni bis gegen Ende Aug. )*°), fo kamen bie 
dorthin sufammenberufenen Neichsſtaͤnde nur In fehr geringer Zahl 


35) &. Geld. K. Sigmund’ B» II. 280, 

36) Vit. Arenpekh Chr. Bav. p. 384: Videns Imperatoris potentiam 
literas, quas ab Imperio habuit, magnam summam pecumiarum ‚oontinenten, 
ipse Imperatori libere resignavit. _ 

37) Des Kaiſers Quittung bei Lori Lechrain IL 1S1fE Lana S. 167. 
Der Kaiſer erteilte damals auch der Reichsſtadt Donauwörth mehrere Privile⸗ 
gien. S. die Megeften Aug. 1434. 

38) Buchner 1. c. Die KHlöfter ſollten die entzogenen Güter zurüderhalten, 
was jedoch nicht geſchah. Dem Kaifer war ed nur um Geld, das er dabei ge 

ann, zu than. Die Kirchengüter blieben in den Händen ded Herzogs, und eb 
ererbten fie fpäter des Landshuter Herzog Heinrich's Söhne. Vit. Arenpekh 
p. 384. 

39) Lang I. c. Windel c. 201: Alſo herzog Ludwig zu hulden kam one 
aus den bannen vnd aus bed kaiſers achte, aber von der heimlichen kunde er nit 
ſo leichtlich komen. 

40) S. die Regeſten im Anhang (Jun. — Aug. 1434). 





Die Reichetoge zu Bafel, Ulm und Regensburg, 231 


sufamımen*2), Man kam daher auch nicht zu einem allgemeinen 
Reichötagsfchluß und es Eonnte Feine beffere und Eräftigere Regie 
rung eingerichtet werben. Es blieb Alled beim alten fchlechten 
Gang. Privilegien wurden gegeben oder hefldtigt, Belehnungen 
extheilt, Machtgebote erlaflen 22), gegen die Übergriffe bed Basler 
Gonciliumd in. dad weltliche Regiment Proteftationen audgefpros 
chen 3), die weiteren Verhandlungen aber, wie gemöhnlid) auf eix 
nen neuen Reichstag auögefegt, der nach Regensburg audgefchrieben 
wurde. So kam der Kaifer von Reichätag zu Reichstag vom Rhein 
an die Donau herab an die Öflliche Grenze Deutfchlands aus dem 
Reicht in fein Königreich Ungarn, von wo aus er von Jahr zu Jahr 
auf feine Ruͤckkehr vertröftete, um kraͤftiger einzufchreiten. 

- Das Oberhaupt des deutfehen Reiches, das zur Kaiſerwuͤrde 
noch vier Rönigäfrenen trug, mwar fo arm, daß ed nirgends die Kos 
fien feines Aufenthalt3 bezahlen Eonnte und uͤberall nicht wur Sil⸗ 
berzeug, _fondern felbft auch von den Reichsinfignien verpfänden 
mußte, um weiter reifen zu koͤnnen, wenn nicht ein glücklicher Zus 
fa, wie bie Fehde mit Herzog Ludwig, Geld verſchaffte. Aber auch 
die: dußere. Winde behauptete ber Kaifer nicht immer: felbft fan 
hohes Alter ſchuͤtzte ihn nicht vor dem Leichtfinne der Jugend: ba 
ber Herr jo wenig auf äußere Würde und Anftand hielt, fo war 
nicht zu verwundern, daß fein Gefolge nicht beffer war *?). 

Die arme kaiſerliche Majeftät reiste nicht einmal mit perfönliz 
shes Sicherheit im eigenen Reiche. Auf der Reife zwifchen Ulm und 
Regensburg wurde fie von einem Ritter, ben Gewinnfucht weniger 
als Frechheit zum Überfalle angefpornt hatte, auögeplündert +5). 

Noch ehe Sigmund den Reichötag in Regensburg eröff: 
nete, befuchte ex die ihm liebe Reichöftadt Augsburg. Die Bür- 

41) Windeck c. 201 u. 215. u 

42) S. die Regeften J. c. | 

43) Martene coll. ampl. VIII. 720. Mansi Coneil. XXIX. 593 u. 601. 
Goldast. Constit. Imp. III. 440sq. Lünig P. Sp. C. J. 587. 

44) Der Keifer und fein Gefolge befuchten in Ulm ziemlich Hffentli das 
Bordell, In den Stadtrechnungen finden ſich die Ausgaben für Beleuchtungsko⸗ 
ften des oͤffentlichen Frauenhauſes während des Taiferlihen Aufenthalte, Jäger 
Um’s Berf. u. bürgerl. Leben im Mittelalter &. 544. 568. 

45) Gemeiner Regensb. Ehr. III. 60. Buchner a, a. D. S. 273, 


232 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. 


ger, denen er fo manches koſtbare Privilegium ertheilt hatte 0), feier⸗ 
ten ſeine Anweſenheit mit einem glaͤnzenden Ballfeſte, dem der Kai⸗ 
ſer mit heiterer Laune und beſonderer Freundlichkeit und Artigkeit 
gegen die Frauen beiwohnte. Überall und bei jeder Gelegenheit 
zeigte er Herablaſſung und nicht ſelten eine gewiſſe Verſchwendung 
der kaiſerlichen Gunſt, die, wenn ſie ihren Werth nicht haͤtte ver⸗ 
lieren ſollen, fuͤr wirkliches Verdienſt haͤtte aufgeſpart werden muͤſ⸗ 
fen, | 

Bon Augsburg reiste Sigmund über München, wo er Herzog 
Ernſt, ben Bruder Wilhelms des Protector des Conciliums, bes 
fuchte, nach Regensburg *®). Auch auf dem dortigen Reichs⸗ 
tage hatten fich die Stände nicht fehr zahlreich eingefunden, wenn 
- auch in größerer Zahl als in Um *°). Bor allen Dingen wırde 
die in Ulm begonnene Beilegung der Ingolftäbter Streitfache. weiter 
betrieben. Unter Bermittelung des Kaiferd wurden bie Streitigkei- 
ten ded Herzogs Ludwig mit den Klöftern gefchlichtet. Denfelben 
wurde der Zehnte, wo er ihnen entzogen worden, zuruͤckgeſtellt: fo 
auch die zollfreie Einfuhr von den nothwerbigften Lebensbeduͤrfniſ⸗ 
fen; in ihre Beſitzungen, Gerechtfame, Einkünfte, wie fie fol 
che früher gehabt, wurden fie reſtituirt und für den erlittenen Scha⸗ 
ben erhielten fie eine Geldentfchädigung. Auch mußte Herzog Lud⸗ 
wig verfprechen, die Hinterfaffen der feiner Vogtei anvertrauten 
Klöfter nicht mit neuen Laften zu befchweren, zumal bie Fürften des 
— — — 

46) Bgl. Stetten Geſch. der Stadt Augsburg Bd. I. 158 fl., wo die Pri⸗ 
vilegien ſich angegeben finden, und im Anhang die Regeſten. 

47) Gassari Annal. Augstburg. bei Mencken script. rer. G. I. p. 1584: 
XIV die Aug. (1434) divertit denuo cum tripudio in urbem.hanc Sigismun- 
dus Imp. — Cumque antiqui hospitis sui Petri sc. Egenii, uxor ea ipsa 
nocte filium forte parturisset, mox dictus Imperator eundem sequenti sacro 
die ad aedem S. Ulrichi uno cum Episcopo Trevirensi de fonte ‚baptisma- 


tis lavans, tum de sese Sigismundum appellari jussit,, zum ipeum infantis 
parentem militari baltheo cinzxit. 

48) Windet 6. 191: der Faifer zog gein Augspurg vnd gein Münden, 
vnd gein Negenspurg. c. 200: Alſo ſchide der Faifer von Vime vnd zog gein 
Augöpurg zu, vnd alfo gein München in Payern, alfo gein NRegenspurg. Vit. 
Arenpekh p. 384. nennt auch Zreifingen als Ort, den Sigmund auf feiner Reife 
berührt babe. 

49) Windel c. 215. 








Die Reichstage zu Bafel, Ulm und Regensburg. 233 


Erdreichs geſetzt ſeyen, nicht daß fie die armen Bauern bedrängen 
und bedruͤcken laſſen, fondern daß fie folche gegen Drud und Unrecht 
fhägen 50). Auch der Bifchof von Paffau, der auf des Kaifers 
Erlaubniß Ludwigs Schloß den Königflein erobert hatte, wurde in 
feinen vielfachen. Befchwerben gegen ben Herzog, beſonders über 
Geleitözwang, neue Zölle, und Eingriffe in die bifchöfliche Juris⸗ 
diction zufrieden geftelt °?). Damit aber die Ingolftädter Fehde 
auch gänzlich beigelegt werden koͤnnte, fo verkündete der Kaifer 
(22. Sept.) den Zürften und Ständen einen neuen weltlichen Sries 
den und Stilftand 2). Denn in den Streitigkeiten ded Herzogs 
Ludwig mit dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg und Herz 
309 Heinvich von Landshut, welche ein angeorbnetes Fürftengericht 
unterfuchen und entſcheiden follte, hatte man zu Feinem endlichen 
Friedensfchluffe kommen koͤnnen. Den Waffenſtillſtand ließen ſich 
beide Theile gefallen. Neue Tagfahrten zum kaiſerlichen Hoflager 
wurden beſtimmt, die aber auch zu keinem beſtimmten Frieden fuͤhr⸗ 
ten, im Gegentheil erhoben fich bald wieder neue Streitigkeiten zu 
den alten 5°). 

Viel mehr ald mit den eigentlich deutſchen Angelegenheiten be⸗ 
faßte ſich der Kaiſer in Regensburg mit ſolchen Dingen, die theils 
feine Erblaͤnder⸗ insbeſondere angingen oder die Kirchenangelegenhei⸗ 
ten betrafen. Was die böhmifche Geſandtſchaft und die Verhand⸗ 
lungen mit derfelben in Regensburg betrifft, fo ift davon in einem 
andern Abfchnitt gehandelt, wie auch über die Streitigkeiten mit 
dem Baöler Concilium über die Grenzen ihrer gegenfeitigen Suris- 
dietion. Die Vereinigung der Griechen mit der römifchen Kirche, 
welche damals eifrig vom Papft und Concilium betrieben wurde, 

50) Lang a. a. 2. S. 168 nad) den Urkk. Windel c. 191. Monument. 
Boic. XIV. 283. 

51) Lang &. 169. Andreas Presbyter p. 56. 

52) Lang-a. a. O. 

53) Andreas Presbyter p. 57: Durante adhuc termino treugarum, quae 
inter Ludovicum et Henricum duces Bavariae per Sigismundum Rom. Imp. 
Ratisbonae fuerant factae, inter eosdem principes guerra est exorta, non 
propter principalem causam dissensionis, sg. terrarum divisionem et ex 


post oppidorum et castrorum expugnationem, sed per quaedam accesso- _ 
ria etc. Bgl. Gundling Leben Friedrich's 1. S. 450 fl. 


234 Diertes Buch. Zehntes Kapitel. 

wuͤnſchte der Kaifer ebenfalls angelegentlihft. Er enspfing in Res 
gensburg eine griechiſche Gefandtfhaft®*) und fandte in Erwide⸗ 
sung barauf ein Schreiben an den Kaifer Johannes Palaͤologus nach 
Gonftantinopel, darauf hinarbeitend, die Vereinigung zu befchleu; 
sigen 55). Auch Stalten behielt Sigmund im Auge. Den Brumo: 
rig de la Scala belehnte er (8. Oct.) mit der Statthalterfchaft Vero⸗ 
na und Vicenza, wad wohl nur ein Titel war, ba dieſe Städte die 
Venetianer befaßen 5°). 

Nachdem der Kaifer noch eine Anzahl Privilegien ertheilt aber 
beftätigt, mehrere Belehnungen vorgenommen, manche Entfcheis 
dungen von minberem Belange erlaffen 57), eilte er nach fafl zweis 
monatlichen Verweilen in Regensburg zum Schluffe des Reichoͤtags. 
Er verftändigte ſich wenigftend im fomeit mit den verfammelten 
Reichsſtaͤnden, daß er einen Reichsabſchied publieiren laſſen konnte, 
werin die Puncte bezeichnet waren, welche auf dem folgenden Tage, 
„der zu. Sranffurt am naͤchſten 6. December flattfinden foßte>®), zum 
Herathung und Entfcheibung vorzulegen wären. Es waren aber 
‚diefe Puncte folgende ſechszehn Artikel: 

: 4), Wiederherftellung und Aufrechthaltung bes allgemeinen Lands 

friedens im Reiche und gänzliche Befeitigung der vielfachen in» 

nern Kriege und Fehden, vorzüglich zu erzielen, durch eine Ein- 
theilung der beutfchen Länder in vier Kreife, die ſich noͤthi⸗ 
genfalld gegenfeitig zu unterflügen und zur Hülfe zu kommen 
hätten. 

2) Daß die Reichs⸗Acht und Aberacht in Kraft erhalten und aus: 
geführt werde, wobei auch die Befekung und Unterhaltung der 
kaiſerlichen Hofgerichte zu berathen fey. 

3). Daß alle Kriege in deutfchen Landen, namentlid die im n Hoch⸗ 


54) Martene coll. ampl. VIII. 749, 

55) Martene I. c. 752. 

56) Goldast Constit. Imp. I. 395. Lünig C. I. D. II. 501. Verci 
Marc. Trivig. XIX. p. 49. 

57) S. die Regeften K. Sigmund's v. 1. Sept. bis 15. Det. 1434, 

55) Das Einladungsſchreiben d. d. Negensburg 27. Sept. 1434 bei Win⸗ 
deck c. 202. p. 1256. 








Die Reichstage zu Baſel, Um und Regensburg. 235 
ſiifte Trier, in Jülich und Geldern, in Magdebing, in Hol⸗ 
ſtein gaͤnzlich niedergelegt wuͤrden. 

4) Daß die bayriſchen Streitpuncte in Betreff des Herzogs Lud⸗ 
wig von Ingolſtadt gaͤnzlich beigelegt wuͤrden. 

5) Daß der ſaͤchſiſche Erbſtreit, worein ſich das Goncilium gemiſch, 
erledigt werde. 
6) Wie gegen den Herzog von Burgund, weil er deutſche Reichs⸗ 
laande inne habe, ohne ſich darüber belehnen zu laſſen, zu vers 
fahren ſey. Ä 
7) Daß die kurfuͤrſtlichen Abgeordneten mit den Eaiferlichen Bevoli 
maͤchtigten in Bafel beim Concilium dahin wirken, daß Eeine 

UÜbergriffe deffelben in das weltliche Gericht flattfinden. 

8) Daß dad geiftliche Schwert dem weltlichen zur Hülfe fey, wie 

\ ‚umgekehrt dag weltliche das geiftliche unterflüge. Wer Jahr 
und Zag in der Acht ſey, muͤſſe in den Kirchenbann kommen, 
wie umgekehrt, ber Jahr und Tag im Banne Befindliche i in bir 
‚Abt komme. 

9) Daß man bei dem Concilium dahin arbeite, daß die Pipſte 
bie Bisthuͤmer in deutſchen Landen, namentlich die mit der 
Kur yerbundenen Erzftifter am Rhein, nicht nach ihrem Willen 
vergäben. 

10) Daß man bad Goncilium auffordere, daß es dem (aus dem 
Kirchenſtaate vertriebenen) Papfte auf alle mögliche Weiſe helfe. 

11) Daß man über die Verwendung des Huffitengeldes eine Con⸗ 

trole einrichte und daruͤber Rechenſchaft ablege. 

42) Daß man Vorkehrungen gegen den allzugroßen Wucher, den 

u Chriften in deutfchen Landen treiben, treffe. 

13) Daß man die Münze, die von Tag zu Tag ſich verfchlechtere, 

einer ſtrengen Beaufſichtigung unterwerfe. 

14) Daß man das weltliche Gerichtsweſen verbeſſere, namentlich 
daß man nicht durch Schoͤffen Zeugniß ablegen laſſen duͤrfe, 
was zu manchem Mißbrauche fuͤhre. | 

15) Daß niemand AÄchtern, Mördern, Dieben, Räubern, Sacri- 
legen Geleit geben follte, es wäre denn, daß wegen ber Suͤhne 
die Parteien fich verfländigten. 


236 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. - 


16) Daß dad heimliche, weſtphaͤliſche Gericht veformirt und gelaͤu⸗ 
tert werde 5°). 


59) Wencker Appar. et Instruct. Archiv. p. 327— 329 riätiger und 
voliſtaͤndiger als bei Windel c. 203. Die legten drei Artikel bei Windeck find 


ganz entftellt und lückenhaft. Sie müffen nad) dem Abdrud bei Wencker fo hei⸗ 


den: . 

14, Bon den weltlihen Gerichten, daß man nicht dann durch Scheffen zeugen 
mag , darumb manche Zalfhheit (Windel: Bosheit) ungericht blibt. 

19. Daß niemand Gelait geben werd, Mordern, Dieben und Stroßen= und Kir⸗ 
chen⸗Schindern x.: es wär’ dann, daß man umb die Gune und ir Ge 
brechen teydingen folte und mit der Widerpartbei Wiſſen und Willen, wär’ 
der unter Penen Berlujt von Zehen (Winde: Leben) und Freiheit. 

16. Reformatio und Läuterung (Windel : Landteidung) des heimlichen Geriches. 

Daß diefe 16 Artikel zur Beratung nit in's I, 1435, wie Wender an« 
gibt, fondern in's Jahr 1434 gehören, ift nad Windel c. 202 unzweifelhaft. 

2843 Hermann Korner im Chronic. p. 1343 am Sqluſſe angibt, daß auf dem 

Eranffurter Reichſtag berathen worden, weicht freilich ziemlich van den genann⸗ 

ten Artikeln ab, aber man muß unterf&eiden, was Paiferlihe Propofitionen, und 

was wirkliche Berathungen waren, Wenn auch die Städte auf die meiſten Puncte 
der kaiſerlichen Vorſchlaͤge eingingen, fo verwarfen doch den größeren Theil die 

Zürften. Gin Document über die Antwort der Städte findet fih bei Wencker 

1. c. S. 829 fl., worin erklärt wird, daß man die meiften Artikel anzunehmen 

gefonnen fey. 

Auf den 1. Artikel wird bemerkt: daß vor einer jeden Fehde der Rechtzweg 
verfuht werden folte, und wenn diefer vergeblich geweſen, die Fehde, wie das 
Geſetz es vorſchreibe, drei volle Tage vorher angekündigt werden müffe. 

Zu dem 2, Artikel wird die Bemerkung gefügt: daß die Gebiete der Hof: 
gerichte genau abgegrenzt werden mödten. 

Auf den 13, Artifel über die Münze laflen die Städte fiä beſenders 
and. Man beklagt ſich darüber, daß in deutſchen Landen Feine gleiche Münze 
eingeführt ſey. Man iſt aber uneinig, ob der Gulden auf 19 oder 20 Karat 
zu fegen ſey. 

Auf den 14. Artikel Tautet die Antwort: Gevellet und ouch wol, dann geift 
lich und weltlich Recht Halten, daß die Warheit uf zweyen oder me unverfprochen 
Perſonen fton fol, | 

Auf den 15. Artikel: Gefellet und ouch wol, alfo ob Jurſten, Herren oder 
Stätte dofür Freiheit hetten, daß das widerruft und, abegeton werde. — Bon 
dem Geleite iſt „gerathſlaget, ſolte den Sachen fürbas nochgangen werden, 
daß alle Kauflute, Pilgerin und alle fromme Lute, ſie ſigen geiſtlich oder welt⸗ 
lich, uff allen Geleit⸗Stroſſen zu Waſſer und zu Lande ſicher fin und Geleite 
baben follen, ir Kaufmanſchatz zu triben und zu mandeln wider und für ir Zip 


1 





— 


Die Reichtage zu Baſel, Um und Regensburg. 237 


Nachdem diefe Faiferlichen Propofitionen für den nächften Frank⸗ 
furter Reichötag durch Ausfchreiben an die Reichöftände ‚publicirt 


waren, eilte der Kaifer nach feinem Königreiche Ungarn. Doc 


wurde feine Abreife von Regensburg noch einige Wochen durch Geld: 
verlegenheit verzögert. Er machte, um Geld zu erhalten, mehrere 
Verpfändungen, darunter auch an feinen Kanzler Kafpar Schlick, 
ber große Reichthuͤmer fammelte und damit feinem Herrn oft aus 
ber Verlegenheit half, fich aber feine Dienfte immer gut bezahlen 
ließ. So wurde ihm in Regensburg die Stadt und Herrfchaft Elbo⸗ 
gen 6°) in der Nähe von Eger und die Judenſteuer in Nürnberg vers 
pfändet 61). Seine vier Brüder, wovon zwei fchon zu lateranen» 
fifchen Grafen gemacht worden, wurden in den Reichöfreiherrnftand 
erhoben 62), Die Verpfändungen verfchafften dem geldbedürftigen 
und doch verfchmenberifchen Kaifer nicht genug Mittel zur Bezah⸗ 
lung feiner Schulden in Regensburg. Um weiter reifen zu koͤnnen, 
ſah fich das Reichsoberhaupt endlich gemüßigt, feine Krone ald Uns 
terpfand in Regensburg zurüdzulaffen 63)! 

Es waren mehrere Sahre verfloffen, feitdem Sigmund fein 
Königreich Ungarn verlaffen hatte. Mancherlei Unordnungen hatten 
fich dort während feiner langen Abwefenheit eingefchlichen. Daher 
verlangten die ungrifhen Stände dringend feine Ruͤckkehr. Sie 


- fandten eine Botfchaft ihm zu, und verfprachen ihm auch die Mit: 


tel zur Reife nach Ungarn zu liefern, jedoch nicht eher ald bis er das 


und Gut, fie haben Vipentſchaft oder nit und beheinerleige ander Gelt nit geben 
den Herren noch iren Knechten, dann iren Zol und gewonlid Geleit: Gelt, alfo 
von Alter herkomen iſt.“ oo 

Auf den 16, Artikel: Daß ſolche Reformatio geſchehe, gefellet uns mol, 
alfo daß dad die Stette, die nit wiffende fint, nit berure, 

60) Die kaiſerl. Urk, d. d. Regensb. 28, Sept, 1434 bei Lünig Sp. saec, 
IT. 117% Außer Elbogen wurden ihm zugleih Stadt Schlackenwerth, Schloß 
Engeleburg und einige andere Güter verpfändet, Vgl. Windel c. 204. 

61) Chmel Regest. Friederic. IV. Imp. I. n. 965. Die Ur, ift v. 1. 
Det. 1434, 8, Schlick wird in der Urk. Burggraf von Eger und Eibogen ges 
nannt. 

62) Lünig I. c. 1182. 

63) Nach dem Faiferl, Brief d. d. Regensb. 29. Sept. 1434, Buchner 
Geſch. v. Bayern VI. 281, wo us über Sigmund’ Schulden näher gehandelt 
wird, 


238 Viertes Buch. Zehntes Kapitel. | 
Königreich betreten, weil, wenn das Geld früher gegeben, man 
fürchtete, es möchte für andere Dinge ſchnell verausgabt werden. 
Es wurden zwanzig Schiffe in Regensburg zur Reife des Kaiſers 
und feined Gefolges auf der Donau hergerichtet °*). Am 15. oder 
46. October, nach einem faft fiebenwöchentlichen Aufenthalt in Res 
gensburg, verließ Sigmund die Stadt ®®), und ohne irgendwo im 
deutſchen Reiche an's Land zu fleigen, fuhr er in wenigen Tagen 
die Donau herab 6%). Schon am fünften Zage finden wir ihn an 
ber Grenze feines Königreichs Ungarn in Preßburg 97), wo er mit 
großem Jubel von den zu feiner Begrüßung verfammelten Reichs⸗ 
fländen empfangen wurde 6®). 


64) Windel c. 204. 

65) ©, die Regeſten. No am 15. Dct, ftellt Ser Kaifer in Negenöburg 
eine Urkunde aus. Nach Winde c. 193. reist der Kaiſer nad dem Sct. Gal⸗ 
Instag von Negensburg über Gonftanz wieder nah Bafel: dieſes ift eine Ber⸗ 
wechslung mit der Meife von Italien im J. 1433 nad Bafel, 

66) Genau erzählt Windeck c. 204. die Sache: Freitag nad f. Michelstag 
(1434), do fur der Faifer die Tonaw abe von Regensburg gein Preßpurgk, und 
wolte nit me kommen unter Fein obdach, er were denn zu Prefpurg, das hatte 
er den ungerifhen bern gerett. — Bon den deutihen Fürften begleitete ihn 
allein der vertriebene Erzbifhof Günther von Magdeburg. — Aen. Sylv. hist. 
Boh, c. 52: Poscentibus Hungaris naribus per Danubiam vectus Budam pe- 
tüt. So aud die Chronic. deö Nauclerus (II. p. 454), der in der boͤhmiſchen 
Geſchichte befonderd den Aneas Sylvius faft wörtlich ausſchreibt. Bartoss, 
Chron. bei Dobner I. p. 191. gibt richtiger an: Navigavit in Prespurc. 

67) Urt, Sigmund's d. d. Prefburg 20, Det, 1434 bei Chmel Material, 
1. 1, &. 21. 

68) Thwrocz Chronic. Hung. IV. c. 23 bei Schwandtner I. p. 236. 











Elftes Kapitel. 
Vorfaͤlle in Böhmen bis zum Regensburger Reichstag. 1454. 





Mit dem Vergleiche, den der böhmifche Adel und die Prager 
mit dem Basler Concilium abfchloffen, den fogenannten Compacta⸗ 
ten, waren bie Zaboriten und Orphaniten keinesweges zufrieden. 
Ste waren im Plündern, Morden und Brennen aufgewachfen: zu 
friedlichen Befchäftigungen hatten fie weder Gefchid noch Neigung, 
fie Vebten ganz dem Krieg, ber fie ernährte. Ihre religiöfen Glau⸗ 
bensfäge wichen aber auch fehr wefentlich von der Kirchenlehre ab, 
fo daß nicht leicht eine Übereinftimmung zwifchen beiden herbeiges 
führt werben konnte. Schon der Punct, den Papft für das fichts 
bare Oberhaupt der Kirche anzuerkennen, war ihnen gänzlich zumider. 
Sie verließen daher den Landtag, der in Prag zur gänzlichen Part 
fieirung Boͤhmens und zur Vereinigung mit der Kirche gehalten 
wurde, und fagten ſich förmlich von der Theilnahme an den dortigen 
Beſchluͤſſen 105 1). | 

Obſchon ein großer Theil der böhmifchen Nation im Begriff 
ftand fich wieder der Kirche zuzumenden, fo fehlte doch noch viel, 
bei den Böhmen eine Anerkennung Sigmund’3 als ihres gebornen 
Königs zu Stande zu bringen. Haft alle Parteien waren einig, daß 
er die Krone verfcherzt habe. Nur eine Eleine Anzahl Landherren 
und die Stadt Pilfen waren in ihrer Anhänglicfeit an das luxem⸗ 
burgifche Haus unerfchütterlich. Dagegen der bei. weitem größere 
Theil der Nation, Sigmund's Nache-fürchtend, fuchte ſich mit dem 


1) Theobald Huſſitenkr. c. 81. 


r 


240 DViertes Buch. Elftes Kapitel. 


"verwandten Slavenreiche der Polen zu verbinden, das ſchon öfter in 
frühern Iahrhunderten einen gemeinfchaftlichen Herrfcher mit Boͤh⸗ 
men gehabt hatte. Die Verbindung mit dem oͤſtreichiſchen Herzog 
Friedrich von Tyrol, die vom Adel ausgegangen war, feheint bald 
‚ganz abgebrochen worden zu feyn und feinen Anflang bei der Nation 
gefunden zu haben. Dagegen verfolgte man mit Eifer den Plan, 
den jungen Prinzen Wladislaus, den Sohn bed gleichnamigen pols 
niſchen Königs, auf den böhmifchen Thron zu erheben. Der Polens 
koͤnig, ohnehin ein Feind und Gegner Sigmund’& in vielfach ande⸗ 
ver Beziehung , ſchien nicht abgeneigt, in die Vorfchläge einzugehen, 
die fo fehr feiner Familie zum Vortheil und Vergrößerung ihrer 
Macht gereichen konnten. Schon war Alles in Bereitfchaft geſetzt, 
den Prinzen Wladislaus nach Prag zu ſchicken, als die Kunde von 
der Kaiferfrönung Sigmund’3 und feiner Ruͤckkehr nach Deutfchland 
einlief. Zugleich erhielt man die Nachricht von der Ausſoͤhnung des 
Basler Conciliums mit dem Papfte. Die kurz vorher fo verwirr⸗ 
ten Werbältniffe ded Abendlandes, bei denen man einen Fühnen 
Schritt fhon hätte wagen können, hatten fi) plöglich geändert. 
Nunmehr erachtete’es der Polenkönig für bedenklich, fich in eine Sa⸗ 
che einzulaffen, wo er Papſt und Kaifer, Concilium und die katho⸗ 
lifchen Voͤlker des Abendlandes gegen fich hatte. Der Prinz blieb 
daher in Polen zuruͤck und die Böhmen waren wieder auf fich felbft 
angewiefen 2). 

Seit dem Abfchluß der Compactaten fpalteten fich die Böhmen 
in zwei fchroff einander gegenüber flehende Parteien, in die Calix⸗ 
tinifhe oder Utraquiftifche, die fich wieder der Kirche genähert 
hatte, und in die Procopifche, welche die verfchiedenen Elemente, 
welche gegen den Katholiciemus und das Luremburgifche Haus in 
Widerftand verharrten, unter den Fahnen des Feldheren Procopius 
des Großen vereinigte. Es gehörten zu dieſer Partei die Taboris 


2) Windel c. 199: Bud (als) der Faifer zu Bafel was nnd erft Fomen 
was, indem zog des Fonigs fun von Polant ond folte gein Beheim gezogen fein, 
ein konig da zu werden. Vnd er was ein junger bei breizehen jaren. Vnd do 
mon horte, dad der Faifer gein Bafel komen was, do zog derfelbe junge des ko⸗ 
niges fun wider gein Pollanden. 














Vorfälle in Böhmen bis zum Regensburger Reichstag. 241 


ten, Orphaniten, die flädtifchen Gemeinden Böhmens, 
mit Ausnahme von der Prager Altftadt, Melnik und Pilfen. 
‚Die Calirtinifche Partei hatte an dem mächtigen Herrn Main: 
hard von Neuhaus ihr Haupt gefunden. Auf feinen Rath ®) 
wählten die böhmifchen Stände, die ihm zugethan waren, ben 
Herın Alerius von Riefenberg zum Statthalter bed Koͤ⸗ 
nigreiches, und gaben ihm einige von den- einflußreichften Männern 
des Adeld zur Seite ald Rathgeber und Minifter +). Man hatte ein’ 
Heer von zwölftaufend Mann zufammengebracht. „Die Altftadt 
Prag zögerte nicht, fich dem Adel anzufchließen. Die reihen Bürs 
ger dafelbft waren des langen Krieges, wodurch Handel und Ges 
‚ werbe ftodten, müde; fie wünfchten fehnlichft Frieden und hofften 
ihn durch Verdrängung ber rohen Taboritifchen und Orphanitifchen 
Kriegsfchaaren am ſchnellſten herbeizuführen 5). Dagegen aber war 
die Neuftadt Prag, die Wiege und der Herb der böhmifchen 
Unruhen, wo Procopius der Kleine, Andreas Kersky, der Pfarrer 
Sacob Wolf und andere wüthende Parteigänger mit den Orphaniten 


3) Aen. Sylv. hist. Bohs c. 51. Diugoss hist. Polon, ib, XI. p. 674, 
Die Rede, melde Aneas Sylvius dem Mainhard von Neuhaus in den Mund 
legt, ift offenbar fo nit gehalten worden. Es liegt in der ‘Manier des Incas, 
die dem Livius nachgebildet ift, die Hauptperfonen ſprechend aufzuführen: doch 
kann nicht behauptet werden, daß dem Geſchichtſchreiber es immer gelungen iſt, 
ganz in die Verhaͤltniſſe der Zeit einzudringen: daher tragen viele biefer Reden 
fhon dad Gepräge der Unächtheit. 

4) Pelzel Gef. der Böhmen I. 405. faßt ed zufammen: „Zu gleicher 
Zeit wählten ſie einen würdigen Mann von Adel, Namens Ales Sſwihowsky 
von Wrzeſtiow zum Statthalter des Königreichs — und viere aus dem Herren⸗ 
ftande, nämlich Mainhard von Neuhaus, Hynko Ptaczek von Pergftein, Aleẽ 
von Sternberg und Hanus von Kolowrat wurden ihm als Raͤthe zugetheilt.“ 
Bol. Theobald a, a, D. 

5) Bartoss. Chron. p. 184: An. 1434. ipso die Ascensionis domini 
nobiles domini: Dom. Mainhardus de Nova-domo, D. Hincze dictus 
Ptaczek de Pirkstein, de Lipi residens in Ratay et in Polna, D. Petrus de 
Janowicz residens in Chlumecz, D. Wilhelmus Kostka de Postupicz cum 
aliis terrigenis Boemiae, habentes 12, millia ultra citra equitum et peditum 
pro bono pacis ante Pragam venerunt: — Cives majoris civitatis Pragensis 
ad eos exiverunt et concordiam ad sedandum disturbium in regno Boemiae 
feoerunt, ut ipsi hoc iidem juvarent et pacem disponerent. 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 416 


N 


242 Viertes Bud, Eiftes Kapitel. 
herrſchten, ganz ben Schritten ihrer Schweſterſtadt entgegen *). Sie 
wies die Aufforderung des Adels und der Altfiadt, ſich mit ihnen zur 
Bekämpfung der Taboriten und Orphaniten zu verbinden, mit Un: 
willen und Zrog zurüd. Es waͤhrte nicht lange, fo begannen 
Feindſeligkeiten. Die Neuftabt warf Verſchanzungen gegen bie Alt: 
ſtadt auf und fehnitt ihr die Zufuhr von Lebenömitteln ab. Diefes 
beftimmte den Statthalter Alerius von Riefenberg, den Mainharb 
‘von Neuhaus mit einer Abthetlung des Heeres, das anfangs gegen 
Procopius den Großen, der die Stabt Pilfen belagerte, beſtimmt 
war, ber Auſtadt zur Hülfe zu ſchicken: biefer zog in Prag ein und 
drang in die Neuftabt:. bie Einwohner dafelbft und die Orphaniten 
kämpften tapfer wiber ihre Gegner, beffenungeachtet unterlagen fie 
aulegt ber Übermacht, nachdem fie Viele von den Ihrigen im Gefecht . 
verloren hatten. Die Orphanitenführer verließen mit einem Xheile 
der Einwohnerfchaft den Ort und zogen fich zum Heere des Procos 
pius vor Pilfen zuruͤckk. Nachdem man fich der Neuftadt bemächtigt 
hatte (9. May 1434), wo die auf den vielfachen Plünderzügen von 
den Orphaniten erbeuteten Schaͤtze aufgehaͤuft gefunden wurden, 
uͤbergab Mainhard von Neuhaus die Verwaltung der Stadt dem 
altſtaͤdter Magiſtrat und lagerte ſich ſodann mit ſeinem Heere vor 
Prag im freien Felde ?). 


6) Bartoss. Chr. 1. c. Cives novae civitatis, Prag. pro eo, quia secum 
(habebant) in civitate tunc presbyterum Procopium, presbyterum Ambro- 
sinm, Andream dictum Kersky tunc capitaneum Taboriensium et incolarum 
fal. leet. Nicolaum) de Paderow secundum Capitaneum eorundem proterve 
et superbe responderunt (der Aufforderung des Adels und der Altſtadt, fidh 
gegen die Taboriten und Orphaniten zu verbinden), Pulkavae Cont. p. 169 
fpriht von dem Beginn der Feindfeligkeiten von Seiten der Neuftadt, während 
Bartoffet die Altſtadt foldye anfangen läßt. CA. Diugoss hist. Polon. lib. XI 
p- 675. 

7) Bartoss. Chr. 1. c. erzählt die Eroberung der Reuftadt ausoführlich. Er 
ſqließt feinen Berigt mit den Worten: Barones cum ipsorum gentibus de 
eivitate praedicta ad campos exiverant, prius tamen dictam novam civita- 
tem civitati majori ad obedientiam deducentes. -— Benesse Krabice de 
Weitmile p. 74. Pulkavae Cont. 1. c. Annal. Boh. b. Palacky scr. B. III. 
ad ann. 1434. Hagek S. 741 fl. — Aen. Sylv. hist, Boh. co. 51. Chronic. 
Comel, Zantfliet b. Martene coll. ampl. V. 435. Windeck c. 196. "Diugoss 
l. c. Zheobald H. Kr. c. 81. Hermann, Corner. p. 1338 gibt einen ziem⸗ 











— 


Vorfaͤlle in Böhmen bis zum Regensburger Reichstag. 243 

Auf die Kunde diefer Vorfälle in Prag hob Procopius die Bes 
lagerung von Pilfen, die zehn Monate gedauert hatte®), auf, vers 
brannte das Lager mit fammt den Kranken und Verwundeten und 
eilte mit allen feinen Streitkräften gegen Prag, um bie treulofe 
Stadt von dem Erdboden zu vertilgen und dann auch den Adel, dem 
er den Abfall Vieler von der böhmifchen Nationalfache zufchrieb, 
gänzlich auszurotten oder aus dem Lande zu jagen. Sein Heer war 
an zehntaufend Mann ſtark: es war der.Kern der Zaboriten, wos 
mit fi) die tapferfien und angefeheniten Führer der Orphaniten: 
Procop der Kleine, Andread Kersky, Johann Chapek, Parbus von 
Horla u. a. vereinigt hatten. Nachdem Procopius die Umgegend 
der Hauptftadt, die er wegen der Nähe des Galiztinifchen Heeres 
nicht belagern und erflürmen konnte, mit Feuer und Schwert vers 
wüftet hatte), zog er gegen Kuttenberg und verheerte, überall Vers 
ſtaͤrkungen von den ftädtifchen Gemeinden, die ihm wohlgefinnt was 
ven, an fich ziehemd 2%), die Güter der böhmifchen Landherren. 
lid genauen Bericht: Cives antiquae urbis una cum civibus mediae civitatis 


(d. i. die Kleinſeite) arma capientes et instrumenta sus bellica adaptantes, 
mane orto sole cum forensibus Nobilibus civitatem novam ejusdem urbis 


Prag. viriliter impugnare coeperunt. — Haeretici illius ‚iahabitatores — 
hostibus constanter resistentes, iogressum eorum ad se pro posse prohi- 
buermt. Sed Catholici (Galirtiner) — — violenti manu sunt ingressi ia 


die sancto Ascensionis Dominicae. Das große Blutbad, dad darauf unter 
fämmtliher Einwohnerfhaft mehrere kathol. Schriftfteler anrichten laffen, wie 
derſpricht den boͤhmiſchen Rachrichten, die nur von einer Meinen Anzahl Hinge⸗ 
würgter berichten. Bgl. Balbin. p. 483. Aber der Schluß von Korner’s Er⸗ 
zählung enthält eine Angabe, vie ſich audy bei den böhmiſchen Ghroniften findet: 
In hoc loco maximus inventus fuit thesaurus, quem Taboritarum et Or- 
phanorum viri de diversis mundi partibus adduxerunt. 

8) Bartoss. Chr. p. 189. Aen. Sylv. 1. c. Andreas Presbyter b. Kul- 
pis p. 52 u. 54. Benesse Krabice p. 74. Hermann. Corner. Chr. l. c. 
Über die tapfere Verteidigung der Stadt Pilfen gibt Balbin. Epit. p. 488 sqq. 
mehrere alte Nachrichten und ein altes lat. Giegeölied an, womit Theobald's 
Kap. 81 am Schluß zu vergleichen iſt. 

9) Palkavae Contin. p. 169. | 

10) Befonders von den Städten Satz, Laun, Slan, Kurzim, Kuttenberg, 
Gzadleu, Beraun, Kolin, Königingräg ꝛc.  Bartoss. Chr. 1. c. u. p. 188 u, 
Pulkavae Cont. 1. c. Bollftändig werben bie verbündeten Städte der Taboriten 
bei Pessina Mars Morav. p. 586 aufgezäßlt. 

' 16* 


>17 Viertes Buch. Eiftes Kapitel, 
Befonders ließ er feine Wuth aus an den Befikungen des Mainharb 
von Neuhaus, deſſen Ortſchaften er nieberbrannte 11), 
Mittlerweile waren aber auch die Galirtiner thätig gewefen fich 
zu verftärken. Das Badler Eoncilium hatte ihnen eine Summe von 
8000 Goldgulden ald Beifteuer zugefendet 12). on den böhmis 
fchen Städten war außer Prag und Pilfen nur noch Melnik auf 
Seiten bed Adels 13), Diefer aber bot alle feine reichen Huͤlfsquel⸗ 
len auf, den Gegner zu bekämpfen. Die mächtigen Landherren 
von den Familien Neuhaus, Lippa, Rofenberg, Sternberg, War: 
tenberg, Kunftat, Borzek, Koſtka, Cjernin und viele andere hatten 
ihre Kriegsmannfchaften. herbeigeführt. Prag hatte eine anfehnliche 
Streitmacht auögerüftet. . Auch die Eatholifche Stadt Pilfen, die auf 
Anrathen des Bifchofs Philibert von Coutances, des Abgefandten 
des Conciliums in Böhmen, ſich mit den Galirtinern enge verbun- 
den und die ‚vier Artifel angenommen hatte, fchidte eine tapfere 
Kriegsſchaar 1%). Das ganze Heer belief fi auf 1000 Reiter und 
10,000 Mann zu Fuß mit 600 Kriegäwagen 15). 
Mach mehreren Hin= und Herzügen fehlug Procopius endlich 
zroifchen Kaurzim und Boͤhmiſch⸗Brod im Angeficht feiner Gegner 
ein Lager auf, entfchloffen ihnen eine Schlacht zu liefern. Noch 
wurde von dem Adel der Verfuch gemacht, ob nicht durch Unters 
handlungen der Frieden erzielt werben Fönnte, ohne daß der Bürgers 
Erieg entfchied. Doc Procopius hoffte im Krieg mehr zu gewinnen: 
er wies die Friedensvorfchläge zuruͤck, und brach rafch auf, um das 
von Truppen ziemlich entblößte Prag zu Üüberrumpeln’s). Allein 
Mainhard von Neuhaus hatte die Bewegungen des feindlichen Hees 
red genau verfolgt: mit feiner Reiterei Fam er dem Procopius zuvor 


11) Aen. Sylv. 1. c. Hagek ©. 471. 

12) Dlugoss I, c, p. 675. Balbin. Epit. p. 483. 

13) Pessina Mars Morav. .p. 586. 

14) Das Schreiben des Johann Polemar an dad Basler Goncilium v. 
23, May 1434 über die Anftrengungen der Stadt Pilſen. Martene coll. ampl. 
vm. 717. Theobald H. Kr. c. 82. 

15) Bartoss. Chr. 1. c. 197. 

16) Aen. Sylv. 1. c. 











Vorfälle in Böhmen bis zum Regensburger Reichstag. 245 


‚und fo kam ed unweit Böhmifch-Brod, unter Lippan beim 
Dorfe Hrzib (30. May 1434) zur entfcheidenden Schlacht 17), 
Da Mainhard. wohl wußte, baß den Gegnern hinter ihrer Wa: 
genburg nicht gut beizufommen war, und ſich in freiem Felde mit 
ihnen zu ſchlagen wünfchte, fo lodte er fie durch eine Kriegslift aus 
ihrer Wagenburg heraus, indem er befahl, daß feine Leute feheinbar 
die Flucht ergriffen. Procopius ließ fich durch dieſe Lift: verleiten, 
bie feindlichen Zruppen mit großer Hiße zu verfolgen.- Sobald 
Mainhard fah, daß die Zaboriten und Orphaniten ihre Wagenburg 
verlaffen hatten, ließ er fein Heer Halt machen: und indem der eine 
Zheil deffelben im freien Felde den Kampf aufnahm, drang der an: 
dere in die Wagenburg. Procopius bemerkte zu ſpaͤt das gefchickte 
Mandore des Gegnerd: er bot Alles auf, feine Stellung hinter der 
Wagenburg wieder zu gewinnen und daraus bie Feinde zu vertreiben. 
Der blutigfle Kampf entfpann ſich hinter, auf und vor den Kriegs: 
wagen. Noch ehe die Schlacht entfchieden war, ergriff der Tabori⸗ 
tifche Reitergeneraf Johann Czapek mit dem Orphanitenführer Kersky 
entweder aus Verrath, oder aus Furcht: abgefchnitten zu werben, 
die Flucht nach Kolin und gab dadurch das Procopifche Heer gaͤnz⸗ 
lich Preiß. Ungeachtet deö tapferften Kampfes der Taboriten war 
ihre Niederlage bald entfchieden. Procopius der Große wie fein Na⸗ 
menögenoffe, der Anführer der Orphaniten, fielen. Auch der größte 
Theil ihres Heeres warb aufgerieben. Der Sieg der Galirtiner war - 
volftändig 18). Ä 


17) Bartoffet von Drahonicz, welder der Schlacht felbft beimohnte, fagt: 
inter civitatem Kurzim et Brodam-Boemicalem prope villam Hrzib. So 
aud Aen. Sylv. 1. c. ad locum inter Brodam Bohemicam et Burim (offen- 
bar Kurzim i. e. Kaurfim) quatuor millibus et D passibus a Praga distan- 
tem. — In dem Schreibin Sigmund’ d. d. Ulmae 3.Jun. 1434 bei Mansi 
Concil. XXIX. 594 heißt ed: In planitie inter civitatem 'Gursim et mona- 
sterium Slralitss (bei Comer. p. 1339 Scalitz). Hagek S. 742: Unter Lip⸗ 
pan beim Dorfe Hrziby. Balbin. Epit. hist. B. p. 484: Apud tilias apud 
pagos Hrziß et Hrzebow. | | 

18) Ein Schreiben vom Schlachtfeld aus von Sdenko de Drusseka an 
Koluin de Brisska bei Martene coll. ampl. VIII. 718. Darin Hauptſtelle: 
Nla strages facta est inter oppido Gursim et inter Brodam in illa planitie. 
Et Pilznenses aciem duxerunt et primi aggressi sunt eos et directo tramite 


‘ 


246 Biertes Bud. Eiftes Kapitel. 


Zum erftenmale waren in einer großen Schlacht bie Zaboriten 
auf böhmifcher Erde entſcheidend gefchlagen worden, nicht aber durch 
auswärtige Feinde, fondern durch Böhmen ſelbſt. Es hatte fich der 
Ausſpruch Sigmund's bewahrheitet, daß die Böhmen nur burd) 





praecesserunt cum curribus et familia mea, sicut boni et probi, sine inter- 

missione et retrocessione. Bollitändigere Nachricht gibt sin anderer Brief von 
Sigmund Stroumer an den Gardinal Julian, der wenige Tage fpäter geichrieben 

if. Martene 1. c. p. 719: Noverit ergo V. R. P. quod die dominica post 
festum Corporis Christi (d. i. 30. Way) barones regui Bohemiae, civitatis 
antiquae Pragensis et aliorum fidelium falciti praesidio cum Taboritis et 
Orphanis campestribus in virtute Altissimi bellum animose aggressi sunt, et 
per totam dominicam praedictam et noctem sequentem praelia continuando 
certarant, et die lunae hora diei tertia bellum pro parte nostra auctore 

domino feliciter terminatum esse dignoscitur. Et ceciderunt de parte Hus- 

sitarum universi campestres XIII millia, inter quos interemti sunt ille 
Zapko capitaneus et Procopias et Lupus presbyteri seductores nequam et 
septingenti capti existunt et carceribus mancipati. Et de parte nostra — 

perierunt dumtaxat ducenti. Diejes Schreiben wird aud erwähnt in Chr. 
Cornelũ Zantfliet b, Martene coll. ampl. V. p. 435. Andere Schreiben von 
böhmischen Hauptleuten an K. Sigmund über die Schlacht bei Mansi XIX. 

647 u. 648. Schreiben von Sigmund an das Basler Goncil, d. d. Ulm. 3. Jun. 

1484 bei Mansi 1. c. 594. Bei Herm. Corner. Chr. p. 1338 sq. ftcht dab 
Sqhreiben v. Kunzo Castellanus de Karelstein an K. Sigmund. Auch en die 
Stadt Frankfurt meldete Sigmund den Sieg d. d. Ulm. 5. Jul, 1434. Zranff. 

Stadtarchiv. Road dem Schreiben der Pilzner verdankte man den Sieg haupt« 

ſaͤchlich der Lift, daß man durdy eine ſcheinbare Flucht die Zeinde aus ihren Ver⸗ 
ſchanzungen heroorlodte: bei Raynald ad ann. 1434. n. 22 findet fi das 

Schreiben d. d. In nova Pilzna feria tertia p. fest. corporis Christi. No- 

strae acies, secundum quod ordinatum erat terga verteruut, fugam fin- 

gentes ita quod nos, qui eramus in cauda in parte posteriori fulmus in ca- 

pite a parte anteriori. Inimici autem,: hoc videntes — — consurgentes 
de suis castris et turribus egressi equestres et pedestres sunt insecuti. Nos 

autem — — aggressi sumus a tergo et intercepimus eorum regressum ad 

eorum castra et turres: alii autem barones nobiles cum omni multitudine 

consurgentes a parte anteriori invaserunt eos etc. Bon den Schriftſtellern 

und Ghroniften, die Rachricht von der Schlacht geben, find die widtigften: 

Bartoss. Chron. p. 186— 189. Pulkav. Cont. 170. Benesse Krabice 74. 

Die Annal. Boh. bei Palacky script. rer. Boh. III, ad ann. 1434. Aen. 

Sylv. hist. Boh. c. 51. Andreas Presbyt. p. 54. Winde c. 195. Haget 

S. 742. Diugoss hist. Pol. 1. c. Bgl. Theobald Huff. Krg. co. 82. Balbin. - 
Epitom rer. Boh. p. 484. 











N 


Vorfälle in Böhmen bis zum Regensburger Reichstag. 247 


Böhmen felbft ‚befiegt werben koͤnnten 10). Die Hauptſtaͤrke bes 
Zaboritifchen ‚Heeres war in ber Schlacht gefallen: die, welche in 
Gefangenfchaft der Pilfener gerathen waren, wurden nad) der 
Schlacht unbarmherzig getötet, indem man bie Scheunen, worin 
fie eingefperrt waren, in Brand fledte20), Gnäbdiger waren bie 
Landherren und die Prager, welche ihre Kriegögefangenen zu Leib⸗ 
eigenen machten. 

Der nad) Kolin entflohene Reiteranführer Czapek übergab biefe 
Stabt ſchon nach wenigen Tagen 21) und gelangte bald bei feinen 
neuen Fremden zu großem Anfehen. Die Zaboriten wurden Daher 
in ber Meinung beftärkt, daß er verrätherifcher Weife in der Schlacht 
bie Klucht genommen, wodurch ihre große Nieberlage herbeigeführt 
wurde 22). 

Obwohl die Zaboriten und Orphaniten noch bedeutende Streit: 
Fräfte zählten und eine Anzahl Feſtungen und Schlöffer in ihrer Ge⸗ 
walt hatten, wodurch fie noch lange den Krieg hinaudziehen konn⸗ 
ten; fo wer ed ihnen doch micht möglich im Felde fiegreich aufzutr⸗ 


ten. Nach dem Abgange der beiden Procopiuffe fehlte e8 ihnen an 


einem großen Heerführer, ber Anfehen genug befaß, Einheit in bie 
verfchiedenen Kriegöfchaaren zu bringen. Seit ber Nieberlage bei - 
Hrzib handelte jeder Zaboriten: und Drphaniten- Führer ganz nach 
eigenem Gutbünten: es fehlte die Oberanführung und Leitung des 
Ganzen, welche Procopius fo kraͤftig in Händen gehabt hatte. Da- 


ber unterlagen nach und nach bie vereinzelten Schaaren, foviel diefe 


19) Rad Cochlaeus gibt Pessina Mars Mor. p. 590 an: Apparait, Ro- 
bemos. nisi Bohemis, vel ipso Imperatore Sigismundo teste, non facila 
edomari posse. 

20) Aen. Sylv. 1. c. übertreibt die Gräuelthat offenbar; er läßt fie von 
Mainhard von Neuhaus ausgehen. Auch waren ed nit Taufende, fondern ei- 
nige Hundert hoͤchftens. Es Tann freilih zur Entihuldigung der Grauſamkeit 
angeführt werden, wos Aneas Sylpius angibt: Perdere pessimam plebem 
statuit, quae nutrita in armis omnem aetatem in castris egerat, nec sub 
legibus victura credebatur, rapinis,. caedibus, atque adulteriis assueta. Qua 
stante, pacatum regnum stare non posset. 

21) Bartoss. Chr. p. 189. Aen. Sylv. 1. c. Hagek &, 743, Diugoss 
l. c. p. 676 fagt in Poloniam (f, Coloniam — Kolin) aufugit. 

22) Balbin. Epit. p. 486: 


— 


248 Viertes Buch. Eiftes Kapitel. - 

auch noch zu fchaffen machten. Denn das ganze Taboriten⸗Weſen 
war auf das innigfte mit der böhmifchen Nationalität ſchon ver- 
fhmolzen; die Generation war in diefem Geifte aufgewachfen und 
ihre ganze Richtung war ihm zugethan. In dem Saaper Kreis bes 
hauptete ſich der Zaboritenführer Jacubek noch, den endlich Alerius 
von Sternberg Üüberwand; in Oſtromecz wurden die Zaboriten un⸗ 
ter Philipp von Hynko Ptaczek belagert; die in Lomnicze wurden 
von Johann Rjeznik befehligt und fanden fich bald von Ulrich von 
Rofenberg angegriffen. Ihre Brüder aus der Feſtung Zabor ka⸗ 
men mit 1000 Mann und AB Kriegswagen zu Hülfe. Zwar ges 
lang e8 ihnen, Munition und Lebensmittel, woran bad belagerte 
Lomnicze Mangel litt, in die Feftung zu bringen, aber die Mann: 
ſchaft, weldhe zur Bedeckung des Zuges diente, wurde, als fie nach 
Zabor zuruͤckkehren wollte, überfallen und faft gänzlich aufgerieben. 
Die Eroberung von Lomnicze war bie nächfte Folge diefed Sie 
ges 23), 

Diefe wiederholten Niederlagen verfchlimmerten täglich mehr 
die Lage ber Zaboriten. Die Hoffnung, die man anfangs auf die 
von ben Plünderzügen zuruͤckkehrenden Orphaniten und Zaboriten 
gefegt hatte, zeigte fich auch als eine trügerifche. Zwar eroberte eine 
aus Schlefien zuruͤckkehrende Kriegsfchaar Kolin und einige Tauſende 
Zaboriten waren im Begriff gegen Kuttenberg und Nymburg vors 
zubringen, allein ber fuͤr die Galirtiner glüdliche Gang ber Dinge 
bei Lomnicze rettete die bedrohten Städte, und zernichtete die Hoff: 
nungen, welche die Zaboriten von neuem auf ihre Waffen gefebt 
hatten. Kolin verloren fie wieder, bald darauf auch Die wichtige Fe⸗ 
flung Zabor, die Wiege des Taboritismus, die unter gewiffen Bes 
‚ dingungen an ben Statthalter des Königreich8 übergeben wurde ?*). 

Um das Werk, dad die Waffen der Calirtiner fo fiegreich be= 
gonnen hatten, glüdlich auf frieblichem Wege zu Ende zu führen, 
wurde von dem Statthalter ein Landtag nach Prag berufen (24. Suni 
4434) 25), Auf demfelben betrieb man mancherlei Gefchäfte. Vor: 


23) Bartoss. Chr. p. 190 u, 192. 
24) Anmal. Boh. bei Pelzel u, Palacky script. B. IN, ad ann. 1334. 


Bartoas. Chr. p. 191 sq. 


25) Pulkavae Cont. p. 170: Eodem anno (1434) in die S, Joh, Bapt. 





Vorfälle in Böhmen bis zum Regensburger Reichötag. 249 


erſt knuͤpfte man mit den Zaboriten, die geneigt waren, fich mit 
den Calixtinern frieblich zu verfländigen, Unterhandlungen an und 
geftand ihnen eine Waffenruhe zu. Sobann mußten mehrere Be: 
fchlüffe gefaßt werden, um die Ordnung in Königreich wieberherzu: 
ftellen. Für den Unterhalt des Statthalterd wurde eine Steuer an⸗ 
geordnet; die Münze in Kuttenberg ftellte man wieder her und gegen 
die Falfhmünzerei wurden Strafen beflimmt. Zur Pacificirung des 
Landes, zur Annäherung der Parteien wurde der Befchluß gefaßt: 
bie Vertriebenen (d. i. die Katholiken) follten, wenn fie gelobten ſich 
den Landeögefeen zu unterwerfen, wieder aufgenommen, bie Ges 
fangenen in Freiheit gefeßt werben. - Solche aber, die den allgemei⸗ 
nen Anordnungen fich nicht fügten, follten doch die Erlaubniß erhal: 
ten, ihre Güter zu verfaufen und auszuwandern 26). Man fah, 
daß Böhmen anfing, wieder zu einer gewiſſen Staatsordnung zuruͤck⸗ 
zukehren. 

Der Kaiſer befand ſich grade auf dem Reichstag in Ulm, als 
ihm die frohe Kunde von dem Siege der Calixtiner uͤber die Tabori⸗ 
ten bei Hrzib zukam. Die Eilboten hatten nicht drei Tage zu der 
Überbringung der erfreulichen Nachricht gebraucht 27). Er ſaͤumte 
nicht, den günftigen Moment zu benugen, für fein Interefle zu wir: 
Een, und fogleich eine Gefandtfchaft nach Böhmen zu ſchicken, den 


Comicia fuerunt Prage celebrata, ubi omnes concorditer convenerunt, ex- 
ceptis Coliniensibus, Taboriensibus, Pisecensibus , Zatecensibus, et Neo- 
Boleslaviensibus ac Orphanis, qui in campo permanserant, hi accesse- 
runt ad dominum Aless de Wurstiow (d, i. der Statthalter) et ejus consilia. 
C£. Bartoss. Chr. p. 190. Cochlaeus hist. Huss. lib. VIII. u. App. p. 240 
nach einem Schreiben eines böhmifhen Zandherrn an Sigmund wären außer Kos 
iin alle böhmifhen Städte. den Beſchlüſſen des Landtag beigetreten, was un⸗ 
richtig ift. 

26) Theobald H. fir. c. 83. 

27) Bzov. ann. eccl. ad ann. 1434. p. 341. Mansi Concil. XXIX. 594. 
Das Schreiben Sigmund’: an dad Goncil. beginnt mit den Worten: Hodie 
(3. Xuni) hora Vesperaruam confluxerunt ad nos nuncii, qui in tribus die- 
bus et citius de Bohemia volantissime applicuerunt, afferentes nobis jocun- 
dissima et felicissima nova de victoria nostrorum et conflictu Taboritarum 
et illoram qui alias in obsidione civitatis Pilznensis erant. Die ihm zuge: 
fommenen Briefe (cf. Martene coll. ampl. VII. 718 u fendet er dem Gon- 


cilium. 
J 


250 Viertes Buch. Eiftes Kapitel. 
Siegern Gluͤck zu wuͤnſchen und die Berfammelten dahin zu fluns 
men, daß fie feine Rechte an den böhmischen Thron anerkennten 2°). 
Die kaiſerlichen Geſandten erfchienen auf dem Prager Landtag, ſich 
ihres Auftrags entledigend. Es waren aber diefe Gefandte auöge: 
wanderte böhmifche Herren, die zu den angefehenften Kamilien ges 
hörten 29), und ſchon in Folge der Beſchluͤſſe des Prager Landtags 
zur Ruͤckkehr befugt ‚waren. Die Eaiferlichen Abgeordneten wurden 
mit aller Ehrerbietung und guter Stimmung aufgenommen ?°), die 
Anerkennung Sigmund’s aber ald rechtmäßigen Königs von Böhmen 
von Seiten der boͤhmiſchen Stände erfolgte nicht fo ſchnell, als ber 
Kaiſer erwartete. Man befchränkte fich vorerfi darauf, die Gefandt> 
ſchaft des Kaiferd zu erwidern 1), Eine feierliche Gefandtichaft von 
allen Ständen bes Königreiches 22) follte ihn in Regensburg, wos 
bin damals Sigmund einen Reichstag audgefchrieben hatte, begrüs 
Gen und begluͤckwuͤnſchen als Kaifer und fodann das Weitere ver: 
handeln. | 

Der Kaifer feste von diefer bevorftehenden Zuſammenkunft mit 
den böhmifchen Abgeordneten dad Concilium foglei (am 13. Juli) 
in Kenntniß und verlangte, daß der Biſchof Philibert von Coutances 
mit einigen andern Prälaten, bie mit den böhmifchen Angelegen- 
beiten vertraut wären, nad) Regensburg geſchickt und mit folcher 
Vollmacht verfehen würden, daß man zum Abfchluß und glücklichen 
Ende mit den Böhmen gelangte. Dabei fpracd) er zugleich die Er: 
wartung aus, baß die verfammelten Väter fich nachgiebig zeigten, 


28) Raynaldi ad ann. 1434. n, 23: Sigismundum misisse oratores ad 
Bohemos, ut ipsos blandis verbis ad obsequium adduceret, quos quidem 
optime fuisse animo comparatos ex literis (Cochlaei hist. Huss. app. p. 240) ° 
cujusdam viri principis ad Imperatorem datis colligitur. 

29) Bartoss, Chr. p. 1%. | 

30) Aen. Sylv. l. c. c. 52. Pessina Mars Morav, p. 591: Per lega- 
tos Ulricum de Rosenberg, Putam de Czastalowicz, Zbynkonem Zagicz et 
Arnestum de Wlassim, Pragam missos, et in publico conventu 30, Juli 
auditos, comiter et benigne moneri jussit (Sigismundus). 

31) Schreiben der Faiferlihen Gefandten und des Aſſo von Sternberg an 
den Kaifer bei Mansi Concil. XXX. 637 u. 645. 

32) Bartoss. Chr. p. 190 sq. gibt die Namen der boͤhmiſchen Abgeorbneten. 








Vorfälle in Böhmen bis zum Megensburger Reichstag. 251 
denn ohne Zugeſtaͤndniſſe dürfte man wohl nicht fo bald zum vollſtaͤn⸗ 
digen Frieden gelangen °°). 

In Regensburg fand fi) im September denn auch wirklich die 
feierliche Gefandtichaft der Böhmen ein. Sie war fehr zahlreich: 
fie kam mit vierhundert Pferden 4): denn nicht nur der Adel und 
die Städte ſchickten ihre Abgeorbneten, an beren Epige Mainharb 
von Neuhaus, Czenko von Wartenberg, der Magifter Johannes von 
Rokyczana ſtanden, fondern auch felbft die Taboriten und Orphani⸗ 
ten fomdten ihre Führer Cjapek, Smirczicky und andere. 

Der Kaifer nahm die Böhmen insgefammt fehr freundlich und 
gnaͤdig auf. Doch fand er fich in feiner Erwartung getäufcht, daß 
fie gelommen feyen, ihm als ihren König anzuertennen. Sie ers 
klaͤrten, daß fie dazu nicht bevollmächtigt wären; fie Hätten nur den 
Auftrag, ihn zu feiner Kaiferfrönung und glüdlichen Ruͤckkehr aus 
Stalin zu bewilllommmen. Über bie Thronangelegenheit werbe ein 
böhmifcher Landtag berufen werden, um über dad Nähere zu berath⸗ 
fhlagen und zu entfcheiden ?5). 

Daß Böhmen keinesweges ſchon ganz pacificirt war, konnte 
der Kalfer aus Manchem entnehmen. Die Pünderzüge in die bex 
nachbarten Länder waren nicht einmal ganz eingeflellt. Indem er 
in Regensburg die böhmifche Sefandtfchaft empfing, fielen boͤhmi⸗ 
ſche Raubfchaaren über den Böhmerwald in Bayern ein und plön: 
derten Das Klofter Waldfachfen 36). . 

Auch felbft nach ihren wiederholten Niederlagen zeigten ſich bie 
Xaboriten und ihre Genoflen die Orphaniten ungemefjen in ihren 
Sorderungen. Da die Galirtiner jede Unterhandlung mit dem Kai⸗ 
fer zu feiner Anerkennung ald König ablehnten, und Alles auf den 
nächften Reichstag verwiefen, fo meinte Sigmund glüdlicher mit _ 
ben Zaboriten zu feyn. Sie hatten mehrere geheime Unterredungen 
mit dem dem Kaifer, woruͤber die deutfchen Hürften fehr ungehalten wa: 

33) Mans Mansi 1. c. 594. 

34) Windel c. 204. 

35) Aen. Sylv. I. c. berichtet daher nicht richtig: IIlIi magno numero 
apud Ratisbonam conveniunt regemgue suum salutant. Venerunt et seor- 
sum Coapeho (Gap) est Joannes Rochezana, de suis rebus acturi, 


Bol. Theobald c. 83. Balbin. Epitom. p. 493. Pessina Mars Morar. p. 591. 
36) Andreas Presbyter Ratisbon. p. 55. 


252 Diertes Buch. Eiftes Kapitel. 

ren 37), Die Zaboriten aber verlangten, als Preiß ihrer Unterwer- 
fung, daß ihnen für ihren Glauben nicht nur befondere Zugeftänd- 
nifje gemacht wirden, ſondern auch feftgefegt werde, daß alle 
Böhmen, felbft die dem Eatholifchen Glauben treugebliebenen, das 
Abendmal unter beiden Geftalten empfangen müßten 2°). Auf biefe 
Forderungen konnte Sigmund um fo weniger eingehen, als Zuge: 
fländniffe diefer Art nicht von ihm, ſondern von dem Papfie oder 
dem Goncilium abhingen und nicht zu erwarten fland, daß.man den 
widerfpenftigen Zaboriten mehr einräumen werbe als den nachgiebi⸗ 
gen Calirtinern, die noch dazu bie fiegreiche Partei waren. 

Da dem Kaifer aber fehr viel Daran gelegen war, durch Güte 
die Zaboriten fire fich zu gewinnen, fo bot et Alles auf, fie guͤnſtig 
für ſich zu flimmen. Er konnte ihnen zwar nicht die Erlaubniß er- 
wirken, daß fie ald Excommunicirte in Regensburg die Kirchen befus 
&en durften, was ben Galirtinern ald mit der Kirche Verföhnten 
frei ftand, aber er ließ fie doch öfters vor ſich und ermahnte fie freund 
lich und eindringlich, die zwoifchen dem Concilium und den Böhmen 
gefchloffenen Sompactaten anzunehmen, und verfprach mit aller fei- 


ner Macht dahin zu wirken, daß biefelben auch vollſtaͤndig in Kraft 


geſetzt wuͤrden. 

Da der Kaiſer ſo oft geheime Unterredungen mit den Huſſiten 
hatte, wovon bie deutſchen Reichsſtaͤnde ausgeſchloſſen waren und 
auch nichts Sichere erfuhren, fo wurben diefe bald mit Mißtrauen 
gegen Sigmund erfüllt und die abentheuerlichfien Gerüchte fanden 
bei ihnen Glauben. Es wurde verbreitet, der Kaifer habe fich gaͤnz⸗ 


37) Winde c. 201: Wie der Faifer zu Negenspurg was, vnd alfo mit 
den Beheim teidinget on alle wiffen aller fürften, doromb die fürften ein teil 
gar zornig worn. So auch c. 204. Mit den teidinget er heimlichen. 

38) Andreas Ratisbon. p. 54. — Was Theobald, Balbin, Peffina von 
Gzechorod Abweichendes über die Geſandtſchaft berichten, hat Lenfant Lc. II. 22 
zufammengeftellt. Das Goncilium bielt über den Punct des Empfangs des Abend- 
mals unter beiden Geftalten mehrere Gongregationen unter dem Borfige des be⸗ 
rühmten Nicolaus Gufanus, der fi befonders die Zurüdführung der Böhmen 
angelegen feyn ließ, Vgl. feine Briefe an die Böhmen bei Scharpff Nicolaus 
v. Cuſa I. S. 91 fi. u. S. 103. Nicol. Cusan. Opp. p. 838 sqq., wofelbft 
CEuſanus erklärt in einem Schreiben an die Böhmen, daß er die Erläuterung und 
Berichtigung zu diefem Artikel bewirkt habe, 











Vorfälle in Böhmen bis um Regensburger Reichstag. 253 


lich mit den Böhmen vereinigt und verföhnt (natürlich nicht ohne 
große Eonceffionen auf Koften felbft des Fatholifchen Glaubens): 
dafür habe er ihre Hülfe zugefichert erhalten. Er werde bald ein 
boͤhmiſches Heer an den Rhein führen, unfgpafelbft den Übermuth 
der Kurfürften brechen, dann aber auch den Herzog von Burgund, 
ber fich gegen dad deutfche Reich und fein Oberhaupt fo viele An= 
maßungen erlaubt habe, in die Grenzen feiner ihm zuftehenden Ges 
walt zurüdtreiben 3°), 

. Der Kaifer entließ die böhmifche Gefandtfchaft mit der Auffor⸗ 
derung, auf dem nächften Landtag, der am 16. October zu Prag ges 
halten werden follte, vor allen Dingen untereinander Frieden zu 
fliegen und fodann mit ihnen weiter zu verhandeln *0). 


39) Andreas Presbyt. p. 55: Vulgabatur, quod (Bohemi) se praepa- 
rarent-ad ducendum exercitum in subsidium Sigismundi Imperatoris in par- 
tes Rheni, qui electores ibidem utique vellet humiliare. 

40) Pulkavac Contin. p.170. Andreas Presbyt. l. c. Suasit eis Im- 
perator, ut saltem pacem inter se haberent. At illi responderunt: quod 
concordata cum difficultatibus suis habitis ad congregationem generalem 
regni in festo S. Galli celebrandam referre vellent, et deinde dare respon- 
sum super hoc in Egra in festo S. Martini et sic discessum. Cf. Pes- 
sina 1. c. 


3wölftes Kapitel. 
Ungarifche Gefchichte in den legten Regierungsjahren K. Sigmund’s. 





- 


Der Regierung feines Königreiches Ungam hatte Sigmund 
mehrere Jahre hindurch wenig feine Zhätigkeit und Aufmerkſamkeit 
zuwenden koͤnnen. Seit dem Sommer 1430 bis gegen Ende bed 
Jahres 1434 regierte er dad Land nur and der Ferne, aus Deutfchs 
land und Stalien, indeſſen feine Grenzländer von den feindlichen 
Nachbaren, den huffitifchen Böhmen und fanatifchen Zürken, viel 
fach angegriffen wurden. Aber auch im Innern fehlte es nicht an 
unruhigen Bewegungen und an Erfchütterungen, welche beizulegen 
die Gegenwart des Königs durchaus nothwendig machte. 

Während Sigmund’3 Abwefenheit von Ungarn waren von ber 
Reichsverwaltung mancherlei Veranftaltungen getroffen worden, die 
Ruhe des Landes zu fihern, feinen Wohlftand zu fürdern und bie 
Gerechtigkeit zu handhaben. Die Regierungsangelegenheiten führte 
in Abwefenheit des Königs ein Staatsrath, der aus fünf Perfonen, 
zwei Prälaten und drei weltlichen Großen beftand. Drei der maͤch⸗ 
tigſten Familien des Landes aber nur gaben die Mitglieder zum 
Staatsrath: denn die Familien Rotzgon und Palotz waren doppelt 
im Reichsrath vertreten, der von dem Erzbiſchof von Gran Georg 
von Palotz, dem Biſchof von Erlau Peter von Rotzgon, dem Pala⸗ 
tinus Nicolaus von Gara, dem Judex Curiae Matthaͤus von Pa⸗ 
lotz und dem Großſchatzmeiſter Johann von Rotzgon gebildet war 1). 

1) Bgl. Engel Geſch. des Ungr. Reichs IT. 330. Graf Mailath in der 
Gefhichte der Magyaren Bd, II behandelt die Geſchichte der legten Regierungs⸗ 
jahre K. Sigmund’s Auferft kurz. . 


! 











Ungarifche Geſchichte in den legten Regierungsiahren K. Sigm. 255 
Um ben zerrütteten Finanzen einigermaßen aufzuhelfen, hatte . 
man feine Zuflucht zu dem fehlechtfien Mittel, zur Muͤnzverſchlech⸗ 
terung genommen, Noch ehe Sigmund im Sommer 1430 Ungarn 
verließ, gab er ein neues Müınzedict, wornach hundert neuge- 
prägte größere oder Silber: Denarien einen Goldgulben, vier Kupfer: 
Denare oder Viertlinge (Ferto’s) aber einen Silber: Denar gelten 
ſollten. Die alten Biertlinge, welche Ducaten hießen, wurden aus 
Ber Kurd geſetzt *). Die Eönigliche Stadt Preßburg erfaufte fich das 
Recht, die neuen Viertlinge zu münzen und mit biefer fchlechtern 
Münze die außer Kurs gefegten beſſeren Denare und Viertlinge eins 
zulöfen ?). Aber ber geringe Werth der neuen Biertlinge konnte 
trotz bed königlichen Edicts diefer Münze Eeinen höheren Kurd vers 
fchaffen, als fie ihn nach ihrem eigentlichen Gehalt hatte. Sie ver: _ 
loren bald ihren Nominalwerth über die Hälfte. Im Handel und 
Verkehr galten nicht vier, fondern zehn BViertlinge einen Silber: 
Denar. Zulest mußte diefer Kurs fogar ald der geſebliche auf einem 
Reichsſstage ausgeſprochen werben *). 

Als Sigmund nach Italien zum Empfang der Kaiſerkrone zog 
und von neuem mit Venedig in Krieg- gerieth, mußte auch das Koͤ⸗ 
nigreich Ungarn daran Theil nehmen und ein Heer gegen die Republif 
ſchicken, indefien ed im Norden von den Polen, im Weften von den 
Böhmen, im Süden und Often von den Türken und Walachen ans 
gegriffen und bedroht wurde. Der Fuͤrſt Georg Brankowitſch 
von Servien konnte bei diefer Lage der Dinge Feine Unterftügung 
gegen die Osmanen erhalten. : Daher mußte diefer mit dem Sultan 
in Unterhandlung treten und fich zu großen Opfern bequemen, um 
die Waffen der Türken von feinem Lande abzuhalten ®). 

Mittlerweile Sigmund über anderthalb Jahr in Stalien ver: 
weilte und mit dem Papfte über die Kaiferkrönung unterhanelte, 
war fein Königreich Ungarn den Verheerungen der Huffiten und 
Zürken mehrmals Preiß gegeben. Da von den huſſitiſchen Plüns 


2) Zefter Gef. der Ungern ⁊c. IV. 935 fl. 

3) Katona hist: critio. Reg. Hung. ad ann. 1430 p. 541. 

4) Kovachich supplement. ad vestig. Comitior. I. 338, gl, Engel 
a. a. D. S. 334 Feßler a. a. D. 837 fl. 

5) Engel S. 333. 


256 Viertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 


derzuͤgen fehon gefprochen worden, fo wird hier nur von den Tuͤrken⸗ 
Einbrüchen gehandelt. Der Fürft von der Walachey Wlad 
Draful) war damald ein Bundeögenofje der Dömanen. Diefer 
treulofe Woywode hatte lange ald Flüchtling aus feinem Fuͤrſten⸗ 
thume am Hofe in Ofen gelebt: Sigmund lieg ihn mit ungrifcher 
Hülfe in die Walachey zurückführen, wo ber von den Dömanen bes 
günftigte Woywode Daniel verdrängt und enthauptet wurde. Der 
König belehnte den Wlad Drakul auf dem Nürnberger Reichötag 
(1431). mit der Walachey ”). Ungeachtet diefer manchfachen Wohl: 
thaten und Gunftbezeugungen zeigte fich der Walachiſche Fuͤrſt doch 
treulos und undankbar. Nachdem er auch den Bruder des auf feinen 
Befehl enthaupteten Woywoden Daniel hatte umbringen laffen, 
fhloß er mit dem Sultan Murad ein Buͤndniß, und führte (im 
Juni 1432) die Türken nach Ungarn. Die an der Grenze gelegene 
Veſte Szöreny, worin Sigmund eine Deutfchordens » Colonie ange: 
legt hatte, warb erftürmt und die Befagung, die mit aller Tapfer- 
Feit und Ausdauer den Plag vertheidigt hatte, niedergemacht ®). 


6) Den Beinamen Drakul führte er entweder von dem Dradenorden, den 
er von Sigmund erhielt, oder wegen feiner Graufamkeit von dem Walachiſchen 
Worte Drakul, der Teufel, ‘ 

T) Bol. Geſch. K. Sigmund’s III. Kap. 19. &. 365. 

8) Windel c. 195: So Fam dem Faifer Sigmund botſchaft, des er gar 
fere trawrig ward, wie das die Durden die Preuffen darnydder hatte geleit in 
Bngern, bei der Servie hette In der Faifer geben ein lant, und die Pruffen 
nomen do groffen ſchaden, doch das machte, das ter Walache vizdum Merza 
Widen fun, den er Hatte zu Nurmberg zu einem herren gemacht — und die 
Walache eingegeben hatte, der flug zu den Durden und was wider die Preuffen 
bern. Nad dem c. 282 im MS. Ebner. von Winde erlitten nit lange nach⸗ 
ber die Türken, nachdem fie die Colonie der Deutſch⸗Ordensherren in Servien 
überfallen hatten, durch die Ungarn und die mit ihnen unter Herzog Swidrigal 
verbundenen Litthauer eine große Niederlage, worin fie 60,000 Mann verloren. 
Pray Annal. Hungaror. II. 310 erzäglt von der Niederlage der Deutſchen Her- 
ren: Turci absentia regis usi, in eam Serviae partem, quam Cruciferorum 
ordini attributum narravimus, crebro incurrerant, sed Prussorum virtute 
cum ingenti damno repulsi Myrzam Valachiae Voyvodam in armorum com- 
munionem pertraxere — Itaque barbari viribus auctiores in Cruciferos rur- 
sum movent — Prussi circumventi ad unum omnes delentur. Ferunt re- 
gem postquam de clade comperit, quod ordini huic impense faveret, 
magno moerore absorptum, numguam dum vixit cladis memoriam posnisse. 





» Ungarifche Gefchichte in den legten Regierungsjahren K. Sigm. 357 


Sodann verheerten die Türken den Cronftädter Diftrict und ihre 
leichten Reiterfchaaren trugen weit und breit die Verheerung und 
den Schteden in’8 Land. Zu gleicher Zeit brach ein anderes Tuͤr⸗ 
Pen: Heer in’Servien ein, eroberte Kruſchewatz und nöthigte den 
Fuͤrſten Georg Brankowitich zur Unterwerfung unter bie türfifche 
Herrſchaft. Auch mußte er verfprechen, feine Tochter Mara, fobald 
fe herangewachſen, dem Sultan zur Gemahlin zu geben ?). 
Diie vielfachen Gefahren, die von allen Seiten über das Reich 
hereinbrachen, nöthigten zu umfaflenderen Vertheidigungsanftalten. 
Die Reichöverwefer beriefen eine große Verfammlung der Prälaten 
und Baronen zur Berathung in biefer Sache. Am 10. Augufl 1432 
wurde der Reichstag in Ofen eröffnet. 

Man führte viele Klagen über den Verfall der Kriegseinrich⸗ 
tungen und die fchlechte Vertheidigung bed Landes, weil die Reichs⸗ 
baronen und Prälaten ihre fogenannten Banderien oder Contingente 
unregelmäßig und unvollfiändig ober oft gar nicht flellten, woher 

Res kaͤme, daß jeder fo gut er Eönnte fich felbft helfen müßte: was 
aber fich höchft nachtheilig zeige, wenn plößlich der Feind mit einem 
zahlreichen Heere in's Reich einbräche. In folder unvorhergefehenen - 
Gefahr hatten bisher die Städte und ber niedere oder Comitats⸗ 
adel wefentlichere Dienfte geleiftet al die Großen des Reichss. Um 
den niedern Adel mehr zum Kriegsdienfte beizuziehen, wurde ber 
Beſchluß gefaßt, die Fönigliche Genehmigung einzuholen, einen all: 
gemeinen Reichstag mit Zuziehung des Comitatsadeld zu halten 10). 

Als Sigmund von bdiefer Verfammlung, wie auch von einer 
freundlichen Annäherung des polnifchen Königs ‘an die ungarifchen 
Reichsſtaͤnde trog feiner Feindfeligkeit gegen den deutfchen Orden und 
feiner Verbindung mit den Huffiten Nachricht erhielt11), mußte er 

9) Die morgenländifhen Berichte bei v. Hammer Geld. des Dsman. Reichs 
1. S. 444 fl., womit zu vergleihen, was bei Engel Geld. der Walachei 
&. 167 fl. und deffen Ungr. Geſch. II. 335 und Serv. Geſch. S. 378 ſich an⸗ 
gegeben findet. Bon einem frühern Zug der Türken (1431) nad Kärnthen und 
Krain, der glücklich zurüdgefeplagen worden, fpriht Hammer 1. c. S. 443, 

10) Bgl. Engel Ungr. Geſch. a. a. O. ©. 336, 

11) Intereſſant in dieſer Beziehung ſind die Briefe an Sigmund von dem 
Palatinus Nicolaus Gara d. d. 19. Aug. 1432 und von dem Kanzler Johann, 


Bifhof von Zagrab d. d. 26, Aug. 1432. Weide Schreiben bei Martene coll. 
Aſchbach K. Sigmund, IV. 17 


— 


258 Viertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 


ſuchen, die Praͤlaten und Reichsbaronen durch Conceſſionen zu gewin⸗ 
nen, um nicht durch eine engere Verbindung derſelben mit den Po⸗ 
len ſeinen Thron in Ungarn zu gefaͤhrden. Von Siena aus erließ 
er (28. Oct. 1432) eine Anzahl Schreiben, ſowohl andie gefammte 
ungarifche Ariftocratie, als auch an jeden einzelnen Prälaten und 
Baronen 12): er ging ganz auf ihre Vorfhläge ein. Die Verthei- 
digung des Reichs follte dem Gomitatsadel befonderd aufgelaſtet 
werden, dagegen follte der König Macht haben, über die Banderien 
der Prälaten und der Reichöbaronen für die auswärtigen Kriege 
freier zu verfügen. 

Nicht lange hernach fandte Sigmund feinem Reichsrath Verfü: 
gungen zu über die Verwendung der ſchon beftanbenen Banderien, 
und einen Entwurf Über eine neue Kriegäverfaflung??), der auf 
einem allgemeinen Reichötag berathen werden follte, wozu denn auch 


ampl. VIII. p. 161 u. 164. Im erftern beißt es: Rex Poloniae praelatique 
et barones sui — aperte nunciarunt in haec verba: Vobis dominis praela- 
tis, baronibus et aliis Hungaris, volumus esse notum, ne audiatis ab aliis, 
contraxisse nos unionem et ligam cum Bohemis contra omnem nationem, 
et praesertim Teutonicam, excepta dumtaxat liga vestra Hungarorum, qui- 
bus volumus semper tranquillissimam piucem et amicitiam conservare. In 
dem andern Schreiben meldet der Bifchof von Zagrab (Agram), daß, alö der 
Reichstag zu Ofen jtattfand, eine polnische Geſandtſchaft gekommen, welche vor= 
trug: Quod ipse dominus rex (Poloniae) et fili sui ac barones ejus uniti 
essent eum Bohemis (contra Prutenos et ducem Swidrigal.) vellentque cum 
'ipsis contra omnes Teutonicos seu Germanos tenere, sed non contra Hun- 
garos, quoniam a tempore sancti regis Stephani, et tandem a tempore 
sancti regis Ladislai, qui ex parte matris fuisset ‘de regno Poloniae usque 
ad tempora Ludovici regis et durante eo semper fuerunt unum et domini 
Hungari ducebant matrimonialiter sorores dominorum regni Poloniae.. Der 
Reichstag gab auf diefe Botſchaft Feine Antwort, weil ed eine ſehr delicate Sache 
war, einem Zürften, der fi für den Feind des römischen Königs, aber einen 
Zreund der Ungarn erflärte, eine freundliche Antwort zu fagen: und dafür waren 
doch die ungarifhen Großen. \ 
ı 12) Katona hist. critic. ad ann. 1432, mo die dahin gehörigen Urkk. 
d. d. 28, Det. 1432, befonderd p. 594 fl. Vgl. Engel Ungr, Geſch. II. 337. 
13) Kovachich Vestig. Comitior. I. 209 u. Supplement. ad vestig. 
Com. I. p. 360 sqq. Die Urkunde ift ohne Datum, aber fiher zwifchen dem 
28. Oct. 1432 und 20, Zan, 1433 auögefertigt. Vgl. Engel Ungr. Gef. II. 
338 fi, Zepter 1. c. IV. 903 u, 913 fü. 


k 








Ungarifche Geſchichte in den legten Regierungsjahren K. Sigm. 259 
Deputirte aus jedem Gomitate zu berufen feyen. Die Wahl biefer 
Deputirten fey, befahl Sigmund weiter, von allen freien eingefef- 
fenen Männern des Comitats zu bewerkitelligen, nachdem vorher 
bie Eöniglichen Propofitionen zur allgemeinen Kenntniß gebracht 
worden. | 

Die königlichen Propofitionen, wobei Sigmund offenbar bie 
Einrichtung der deutfchen Reichömatrikel vor Augen hatte, lauteten 
aber ihrem Hauptinhalte nach folgendermaßen: 

"Bor allen Dingen fey darauf zu fehen, daß die Kriegsmacht 
bed ungarifchen Reichs und feiner Nebenländer (Dalmatien, Croa⸗ 
tin, Rama [Bosnien], Servien, Gallicien, Lodomirien, Cuma⸗ 
nien und Bulgarien) in allen Gegenden zu jeder Zeit fchlagfertig ge⸗ 
halten werde: zuvoͤrderſt als flehende Truppen die Banderien des . 
Königs und der Königin, dann die der Prälaten und der Reiches 
baronen, endlich bei weitern Erforderniffen müffe aber auch ber 
gefammte Abel in Perfon und in Mafje zum Kriegsdienſte bereit 
ſeyn. 

In Bezug auf die Bewaffnung muͤſſe ſtreng darauf gehalten 
werben, daß fie vollſtaͤndig ſey, und der Übelftand, daß arme Adlige 
fich im Lager anftatt aller andern Waffen nur mit Knitteln verfehen, 
eimgefunden hätten, dürfe durchaus nicht geduldet werden. Zür die 
ſchwachen, bejahrten und Eranklichen Adligen müffe nach Verhaͤlt⸗ 
niß ihres Vermögens ein Gelbbeitrag eingeliefert werden, wofür 
jede Gefpannfchaft Bogenſchuͤtzen zu Pferde ausrüften follte. Außer: 
dem aber hätten bie veichern Adligen noch beſonders Bogenfchüsen 
auf ihre Koften auszuruͤſten, die unter der Fahne des Obergeſpanns 
zu fechten und auch über fünfzehn Tage jenfeitd der Grenzen des Koͤ⸗ 
nigreiched zu Selbe zu liegen verpflichtet wären, im Falle ſich der. 
Adel von diefer Pflicht losfagen wollte: In Bezug auf die Löhnung 
der bezahlten Lanzknechte und berittenen Bogenfhügen für einen: 
Feldzug müfle eine fefte Beftimmung gelten: ein Goldgulden für 
den Mann ward in Vorfchlag gebracht, oder ein Gentner Salz als 
Äquivalent für einen Goldgulden, für die, welche in Salz bezahlt 
wurden. Zur Aufrechthaltung der militärifchen Ordnung und der . 
Mannszucht feyen Strafgefege zu geben, die fireng bei Gontraventio: 
nen in Ausübung zu bringen feyen. Endlich wurde ein Entwurf der 

17 * 


260 Viertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 
Randesvertheidigung vorgelegt und die Banderien aufgezählt, die ges 
gen die Huffiten, Tuͤrken, Bosnier ıc. zu verwenden feyen, und Die 
Gomitate bezeichnet, die ald Referve die Vordertruppen ber Banderien 
zu unterſtuͤtzen haͤtten. 

Die Vorſchlaͤge Sigmund's kamen nicht zur Ausfuͤhrung: der 
Reichsrath fand es nicht gerathen oder zweckdienlich, eine allgemeine 
Reichsverſammlung zu berufen: dazu hinderten die wiederholten Huſ⸗ 
ſiteneinbruͤche, die beſonders Preßburg und das weſtliche Ungarn be⸗ 
drohten, eine Verſammlung zu halten: auch erging an mehrere der 
groͤßern Banderieninhaber ein koͤniglicher Befehl, ungeſaͤumt Huͤlfs⸗ 
voͤlker nach Italien zu ſenden, da Sigmund ſich in Siena in gro⸗ 
Ger Verlegenheit befand !*). 

Um aber body einigermaßen die Grenzen gegen bie Huffitenzüge 
zu fichern, befahl Sigmund (am 5. Febr. 1433 von Siena aus) 
den Reichöverwefern, die Städte Dfen, Stuhlweißenburg, Gran, 
Sdenburg, Kaſchau, Eperied, Bartfelb, und die noch nicht an 
Polen verpfändeten Zipferortfchaften auf ein Jahr zu Gelbbeiträgen 
anzuhalten, mit welchem Gelde eine ftändige Beſatzung für Preß⸗ 
burg unterhalten werden follte: zu gleicher Zeit aber follten die Bi: 
fchöfe von Raab und Wesprim, wie auch einige Äbte ihre Lanz: 
Enechte zur Preßburger Beſatzung ftellen 18). 

“Die Übereinkunft der Majorität der Huffiten mit dem Conci⸗ 
lium in den Prager Compactaten, und die friedlicheren, Sefinnungen 
des osmaniſchen Herrfcherd Murad, der eine Geſandtſchaft und Ge- 
ſchenke zur Begluͤckwuͤnſchung des Kaifers nach Baſel ſchickte 10), 


14) Ein ſolher Befehl an Ladislaus Kanyſa (d. d. Siena 21. Jan. 1433), 
dem König 100 Lanzknechte oder ebenſoviele Reiter nach Siena zu ſcicken bei 
Katona 1. c. p. 692. 

15) Engel a. a. D. S. 345. 5 

16) v. Hammer 1. c. I. 445: Um den gebrodenen Frieden wieder herzu⸗ 
ftellen und Sigmund zur erlangten Kaiſerkrone Glüd zu wünſchen, fandte Mu⸗ 
rad eine Geſandtſchaft, die Sigmund, mit ?aiferlihem Schmucke angethan, in 
der Kirche zu Bafel empfing. Die zwölf Vornehmſten der Gefandtfhaft brachten 
- ihm in Murad's Namen zwölf goldene Becher mit Goldftüden. gefüllt, goldge⸗ 

ſtickte Kleider, feidene mit Edelſteinen befegt. Sigmund entließ fie mit Baifer- 
lichen Geſchenken und der Zriede wurde erneuert (Nov. 1433). Bol. Engel l. c. 
©. 347, Katona XII. 623. Ds Geſch. v. Bafel IH. 258 erzählt von tür- 











Ungarifche Gefchichte in ben legten Regierungsjahren K. Sigm. 261 


verfchafften dem Königreiche Ungarn vor feinen gefuͤrchtetſten Fein⸗ 
den Ruhe und Sicherheit. 

Nachdem der alte Palatin Nicolaus Gara mit Tod abgegangen 
war (im 3.1433), traf Sigmund die Anordnung, daß die ungas 
rifche Krone, welche bis dahin diefer Palatin aufbewahrt hatte, der 
Aufficht des Erzbifchofd von Gran und des Judex Curiae überge- 
ben wurde 17), | | 

Da die Zaboriten und Waifen, welche nicht wie die Calirtiner 
die Compattaten angenommen hatten, die Plünderzüge erneuerten 
und ganz befonderd ihre Raub⸗ und Mordfchaaren wieder gegen 
Ungam ſandten 18), und das Concilium zur wirkfamern Bekrie: 
gung berfelben eine allgemeine Huffitenfteuer in der Chriftenheit aus- 
zufchreiben im Begriff ftand; fo erhob diefe Steuer zuerſt Sig: 
mund in feinem Königreich Ungarn. Won Bafel aus (8. April 1434) 
erließ er deßhalb Schreiben an jedes einzelne Comitat 19): im Falle 
fich die Huffiten gänzlich der Kirche wieder unterwürfen,, beftimmte 
der Kaifer, daß die Steuer zum Kriege gegen die Zürken verwendet 
x werben follte. Sie betrug aber „I, des Zehnten des gefammten Cle⸗ 
rus in Ungarn, 71, aller Einkünfte der Weltlichen, „ul5z ded Werz 
thes aller Mobilien, die Feine Einkünfte abwarfen: endlich ein Kopf⸗ 
gelb von 5 Pfenmingen von allen unbemittelten Perfonen. Eine 
Reihsverfammlung, die nach Ofen berufen wurde, gab ihre Zu: 
flimmung zu dieſer fehr bedeutenden Steuer: jedoch ließ man fie nur 
für ein Jahr gelten und legte Verwahrung gegen ihre Wiederho: 
Iung ein. Da aber bald nachher die Zaboriten durch die Galirtiner 
ſelbſt befiegt worden waren und das erhobene Geld nicht mehr zum 
Kriegszug gegen Böhmen nothwendig ſchien; fo beſtimmte der Kai: 
fer (Ulm 29. Juni 1434), daß das gefammelte Geld vorerft ficher 
aufbewahrt werbe, bis er Über deſſen Verwendung zum Beßten 
kiſchen Fahnen, die nad Bafel gebracht worden als Siegeözeihen der Ungarn, 
Bol. oben Kay. 10, Not. 13. 

17) Engel 1. c. 348 u, 379 nad dem Reiſebericht bed Beitgenofien Ber- 


trandon de la Broquiere. 

| 18) Bartoss. Chron. bei Dobner I. Pray Annal. Hung. Il. 310. Bgl. 

oben Kap. 6, 
19) Dad Schreiben an das Starozer Gomitat bei Kovachich suppl. 1.452. 

das allgemeine Schreiben v. 4. April ebenda, Bgl. Feßler IV. 917 fü. 


262 Diertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. - 
des Landes mit den Comitaten zu einer Werfländigung gefommen 
jey 2°). 

Da mancherlei innere Unruhen im Königreich Ungarn ausge⸗ 
brochen waren und der Erzbifchof von Gran an ber Spitze bed Reichs⸗ 
rathes nicht im Stande fich fühlte, die Ordnung aufrecht zu erhals 
ten, fo drang man auf die Befchleimigung der Ruͤckkehr des Königs. 
Sigmund fhiffte fich endlich in Regensburg auf der Donau ein 
(15. October 1434) und eilte nad) Preßburg, wo er den 20. Octo⸗ 
ber ankam 21), als Furz vorher (12. Oct.) fein Schwiegervater, ber 
Graf Hermann von Eilly, geftorben war 22), 

Der Empfang, ben der Kaifer von den Ungarn erhielt, war 
höchft feierlich. Sie freuten fich, ihren König, den fie ſchon einige 
Sahre nicht mehr im Lande gehabt, wieder bei fich zu fehen. Sig⸗ 
mund arbeitete eifrig baran, die Streitigkeiten und Fehden im Kö: 
nigreiche beizulegen und auch das geftörte gute Vernehmen mit Pos 
fen wieberherzuftellen. Wladislaus, Jagello's Nachfolger, der junge 
polnische König Wladislaus TI (feit 31. May 1434) wünfchte mit 
Sigmund’ Enkelin, der Tochter des Herzogs Albert von Öftreich, 
fi) zu vermählen. Der Kaifer fah diefe Verbindung gern: doch 
wollte er die zwifchen Polen und Ungarn beftehenden Streitpuntte 
befeitigt haben, bevor in die Verbindung eingegangen werde 22). 

Bor allen Dingen war nothwendig, die inneren Zuflände des 
ungarifchen Reiches zu beſſern. Vieles war in heillofe Zerrüttung 
gerathben. Der Landfrieden war durch viele Fehden der Reichsbaro⸗ 
nen gegeneinander geflörtz dad Gerichtsweſen war ganz fehledht 
und ließ eine Menge Willfürlichkeiten und Bedruͤckungen zu; bie 
Neichövertheidigung war ganz mangelhaft organifirt und daher fand 
Feine Sicherheit der Grenzen vor den Einbrüchen der feindlichen 
Nachbaren ftatt. Alle diefe Übelftände wollte Sigmund nad) feiner 
heftigen Art und Weife auf einmal abftellen. Auf einem Reiche: 
tage, der nach Preßburg berufen ward, follten Befchlüffe wegen 
ber Fräftigen Handhabung des Landfriedend, wegen der Einführung 


20) Engel 1. c. 349 fl. 

21) S, oben Schluß von Kap. 10. 

22) Chronic. Cillens. in Hahn Coll. Monument. II. 686. 

23) Dlugoss hist. Polon. lib. XI. 670 sqq. Bgl. das folgende Kapitel. 





Ungarifche Gefchichte in den legten Negierungsjahren K. Sigm. 263 
eine allgemeinen Rechtözuftandes, wegen einer gut organifirten 
Landeövertheidigung gefaßt werden. Zu dem Reichötage wurden 
außer den Prälaten und dem hohen Adel auch) bie niebrigen Adligen 
(der fogenannte Comitats⸗Adel), nicht aber die Städtedeputirten 
einberufen, Die durch den Tod des Nicolaus Sara erledigte Stelle 
eines Palatinus beſetzte der König durch den mächtigen und ihm 
fehr ergebenen Reichsbaron Matthäus Palop 2%). | 

Trotz dem dag Sigmund glaubte Alles vorbereitet zu haben, 
zu feinen dem Reiche fo nothwendigen Einrichtungen die Zuflimmung 
des Reichstags zu erhalten, fo fand er doch vielfachen Widerfpruch. 
Die uͤbermuͤthigen ungarifchen Großen wollten nicht durch Geſetze in 
ihrem Schalten und Walten eingefchränkt feyn: die Sicherheit der 
Perſonen umd des Eigenthums betrachteten fie mehr als ein Vorrecht 
für fich, als für die untern Stände: die gleiche Vertheilung vom La- 
fien im Kriege und ba der Vertheidigung des Reiches betrachteten 
ſie ebenfglls als einen ungerechten Eingriff in ihre Vorrechte, indem 
fie gern auf den niedern Adel und die Städte die Hauptlaften ges 
wälzt hätten. Auch bie Prälaten wollten ihre Privilegien nicht vers 
legt haben und fich weiter noch, ſoviel als möglich, von Steuern 
und Leiſtungen frei machen. Nur mit Muͤhe gelang es endlich dem 
Könige, mit den Ständen über bie Handhabung des Land: 
friedend und die Regulirung des Gerichtsweſens ſich zu 
vereinigen. Man konnte in biefer Beziehung am 8. März 1435 zu 
Preßburg einen Reichsabſchied ald bindendes Gefeß für das ganze 
ungarifche Reich publiciren 2°). Nicht aber kam man fo weit in der 
Frage von der Einrichtung des Militärwefens. Die Reichs— 
baronen und die Prälaten konnten mit dem Comitatsadel Über die 
Bertheilung der Kriegslaften nicht einig werden: man Fonnte daher 
auch Feinen Reichötagsbefchluß in diefer Sache publiciren, fondern 

24) Nach dem Tode des Matthäus Palog erhob der König (6. San. 1437) 
zum Palatinus den Lorenz Hedervar, einen feiner Lieblinge, wie man aus Ae- 
neas Sylv. in dem Comment. in dict. et fact. Alfonst reg. Arag. lib. III. 
m. 17 u, 36 erfieht. 

25) Kovachich suppl. ad vest. Comitior. I. 463. Pray Annal. Hon- 
garor. II, 313 sqq. Goldast Constitut. Imp. III. 442 sqq. Anſtatt Budae 


im Reichsabſchied von 8. März ift Posonü zu leſen. Bgl. über das Nähere 
- Engel Ungr. Geſch. IL. 351 fl. Feßler IV. ©. 920 u. 928. 


— 


264 Viertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 


mußte die Regulirung derſelben den Eöniglichen Anordnungen über- 
laſſen, um doch einigermaßen zur Verbeſſerung des verfallenen Kriegs⸗ 
wefend den Weg zu bahnen. Auf diefe ihm durch den Reichstag 
übertragene Befugniß hin, erließ er den 12. März 1435 ein koͤnig⸗ 
liches Decret?°), worin Die Magnaten, die durch die von ber Krone 
bezogenen Salaria ſchon ohnehin zur Neichövertheidigung ganz ei= 
gentlich verpflichtet waren, auf Koften des niebern Adels in Bezug 
auf die Kriegslaften ganz befonderd begünftigt wurden. Zur Grund 
Lage dieſes Decrets dienten die im 3.1432 erlaffenen Töniglichen Pro⸗ 
pofitionen. Auch die Prälaten mußten nad) Verhältniß ihrer Ein- 
Fünfte Banderien erhalten. Das erfte Kriegsaufgebot flellte der Co: 
mitatsadel; wenn die Grenzen bedroht wurden, oder eine plößliche 
große Gefahr für das Land hereinbrach, mußte der Adel von je huns 
dert feiner Unterthanen drei Reiter noch außer den gewöhnlichen 
Banderien in's Zeld ftelen. Die gefammte” Kriegsmacht Ungarns 
wide fo auf ein Heer von nahe an hunderttaufend Mann gebracht. 
Auch zur Aufrechthaltung der militärifchen Ordnung und der Mannd- 
zucht wurden Verfügungen gegeben und Strafen beflimmt. 
Nachdem: in der angegebenen Weife von Sigmund mehrere 
Maßregeln zur Verbeflerung des weltlichen Regiments in Ungarn 
getroffen waren, wandte er fi auch zur Reformation der 
kirchlichen Zuftände, wovon mehrere fehr einer Verbefferung 
bedurften. Die Klofterzucht war gänzlich gefunfen. Der in Ungarn 
fehr verbreitete Eremiten-Orden bes heil. Paulus, der fehr auögear: 
tet war, wurde (wahrfcheinlich mit Wiſſen und Willen des Papftes) 
aus dem Befige mehrerer Klöfter gefegt und biefelben der Brüder: 
fhaft der Dlivetaner eingeräumt, welche ber Kaifer in Stalien zu 
Siena hatte Fennen lernen und wegen ihrer audgezeichneten Froͤm⸗ 
migfeit und firengen Lebensweiſe nach Ungarn verpflanzte 27). Bei 


26) Das Decret ift abgeprudt im Corp. jur. Hungaric. I. 189 qq. u. bei 
Goldast 1. c. p. 451 sqq., wo aber dad Datum nit Posoni XII. Mart., 
fondern Budae in festo B. Gregor. -(i. e. 12, März) angegeben ift, Bgl. 
Engel 1. c. p. 355 über dad Räbere, 

27) Ivanich in not. marginal. ad LVIII. epist. Joannis de Zredna ap. 
'Schwandtner scriptt. rer. Hung. II. Raynaldi ann. eccl. ad ann. 1432. 
n. 24. Bgl. Zeßler IV. 1059 — 1061. 





Ungarische Gefchichte in ben legten Regierungsjahren K. Sigm. 265 
den Eicchlichen Reformen leifteten ihm fein Gewifjendrath der Ge: 
neralvicar der Minoriten, der Mönch Jacobus mit dem Beina⸗ 
men Picenus de Marchia, die wefentlichften Dienſte 28). Doc 
lag ed nicht in dem Weſen und Character diefed Minoriten, mit Scho: 
nung und langfam zu Werke zu gehen: er wollte Alles auf einmal 
gebeflert und anders eingerichtet haben. Die ſich feinen Maßregeln 
widerfegten, wurben für Ketzer und Irrgläubige erflärt und mit. 
Verfolgung jeder Art heimgefucht. 

Sn Bosnien, welches Land als Provinz zum ungarifchen 
Reiche gerechnet wurde, fand fich der. Fuͤrſt Twartko ald des Ma⸗ 
nichaͤismus verdächtig von Jacobus Picenus angeklagt, weil er ſich 
gegen die Minoritenklöfter in feinem Lande feindlich oder wenigftens 
nicht guͤnſtig gezeigt hatte. Er mußte in Perfon zu der Reichsver⸗ 
fommlung nad Stuhlweißenburg (San. 1436) fommen, bier vor 
dem Kaifer feierlich feine Rechtgläubigkeit erklären und verfprechen, 
in Zukunft die genannten Klöfter nicht nur ungekraͤnkt zu laſſen, 
fondern fie auch in feinen befondern Schuß zu nehmen, Nicht fo 
gelinde kamen die in Siebenbürgen als Huffiten verbächtigten Per: 
fonen dur. Bon der Moldau her hatten ſich Patarener, Walden⸗ 
fer, Manichaͤer nach Siebenbürgen und Ungarn verbreitet: ihre von 
dem Kirchenglauben abweichenden Lehrfaͤtze bezeichnete man bald als 
huſſitiſche Keberei: ohne Zweifel hatte von Böhmen und Mähren 
ber auch manche huffitifche Lehre bei den Magyaren Eingang ge: 
funden. Diefe ketzeriſchen Elemente gänzlich auszurotten, mit 
Fever und Schwert, hatte fi Jacobus Picenus zur Aufgabe gefegt. 
Mit Föniglicher Bewilligung wurde ein allgemeiner Zehnte zur Ex: 
richtung von Banderien erhoben, um damit die Huffiten in Ungarn 
und Siebenbürgen zu verfolgen und auszurotten. An der Spige 
der Glaubensſchaaren zog der Minoriten: Generalvicar im Lande 


28) Über Jacobus Picenus überhaupt: Katona hist. crit. Reg. Hung. 
XIII. ad ann. 1436. p. 773. Gngel l.c. S. 358 fl. Feßler 1. c. 1104, 
1150, 1162 .u. 1190, Ledterer nennt ihn mit dem Beinamen „von Monte 
Brondono.“ Er ſchildert ihn hoͤchſt vortheilhaft. Dagegen weiß Engel von dem 
„Fanatiker“ nit genug Schlechtes und felbft Unmoraliſches anzugeben, obwohl 
die Auellen nur von feinem großen Glaubenseifer fpredyen, keinesweges aber von 
feiner Herrſchſucht und der Heiligung ſchlechter Mittel zum guten Zwecke. 


266 Vierte Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 
umber und ließ mit großer Strenge gegen alle blejenigen, die nicht 
rechtgläubig befunden worden, verfahren. Es fehlten nicht Hinrich⸗ 
tungen. Beſonders in einigen nördlichen Gomitaten, in den Dioͤce⸗ 
fen Colocza, Fuͤnfkirchen, Bach, Sirmien hatten huſſitiſche Leh⸗ 
ren ſchon wirklich Wurzel geſchlagen, was leicht geſchehen konnte, 
da der Clerus in dieſen Dioͤceſen ſehr ausſchweifend lebte und nach⸗ 
laͤſſig war, und der ſonſt thaͤtige und eifrige Erzbiſchof von Colocza 
in der Gefangenſchaft der Cillyer Grafen ſich befand. Der Mino⸗ 
rit Jacobus ruhte nicht eher, als bis uͤberall der katholiſche Glauben 
vollſtaͤndig wieder hergeſtellt war 29). Da er bei dieſem Glaubens⸗ 
krieg gegen die Ketzer zur Einſicht gelangte, daß die Kirchenzucht 
ſehr geſunken, der Clerus ganz verweltlicht war und eine durch⸗ 
greifende Verbeſſerung unumgaͤnglich nothwendig ſich zeigte, ſo rich⸗ 
tete ſich ſeine Strenge auch gegen die Geiſtlichen, denen er die Con⸗ 
cubinen mit Gewalt nahm und mit allen ihm zu Gebot ſtehenden 
Mitteln ihrem Ärgerniß gebenden Lebenswandel Schranken ſetzte. 
Dieſe Einſchreitungen des Minoriten ſahen die ungariſchen Biſchoͤfe 
als Eingriffe in ihre Gewalt an: vielleicht auch, daß ſie fuͤrchteten, 
daß auch ſie mit ihrer Verweltlichung zuletzt an die Reihe kaͤmen 
und eine Reform ſie ſelbſt treffe. Man erklaͤrte ſich daher nicht 
blos mißbilligend gegen den Eiferer, ſondern man brauchte auch 
Gewalt gegen ihn. Der Biſchof von Fuͤnfkirchen ließ ihn aus ſei⸗ 
ner Dioͤceſe weiſen, und ſein Archidiacon ſprach die Excommunica⸗ 
tion gegen den Moͤnch aus, der ſich erlaubte, in die biſchoͤflichen 
Rechte einzugreifen 30). Da aber der Minoriten-Generalvicar den 
Papſt und den Kaiſer auf feiner Seite hatte, er überhaupt aber das 
Gute und Rechte gegen die Schlechtigkeit verfocht, fo ward der 
fromme Mann bald wieder der freien Wirkfamfeit für den Fatholiz 
ſchen Glauben und für die Verbefferung der Kicchenzucht zuruͤckge⸗ 

29) Bericht des Jacobus an P. Eugen IV v. 4. Dec. 1436 bei Katona 
I. c. XIII. p. 746. u, histor. eccles. Colocens. I, 411. Epistol. Episcop. 
Sirmiens. ad Eugen. IV. ap. Koller hist. epp. Quingueccles. III. 356. 
Bol. Feßler IV. p. 1149 — 1153 u. 1162. In Bosnien, wo die Patarener 
befonders um ſich gegriffen hatten, foll Jacobus innerhatb fünf Jahre 50,000 
Huffiten und Patarener der Kirche zurüdgeführt und an 200,000 Heiden und 
ungültig Getaufte kirchlich getauft haben. 

30) Koller 1. c. 











Ungarifche Gefchichte in den Testen Regierungsjahren 8. Sigm. 267 
geben. Auf ausdrüdlichen Befehl des Papftes und des Kaifers 
wurde dem Minoriten die Erlaubniß ertheilt, überall im Lande Un⸗ 
garn zu wirken, und auch in die Discefe Fünfficchen, woraus ex 
vertrieben und verbannt worden, ungekränkt zuruͤckzukehren 31), 

In gleicher Weife erhielt auch der eifrige Bifchof von Siebens 
bürgen ben Föniglichen Schuß gegen die Abligen, welche den zum 
Glaubenskrieg gegen die Ketzer ausgefchriebenen Zehnten nicht ent: 
richten wollten: Sigmund befahl von Prag and (2, Sept. 1436), 
Daß Sedermann diefem Zehnten unterworfen fey, wovon fich nie⸗ 
mand ausfchließen dürfe 32). 

Obwohl Sigmund große Summen durch die Erhebung ber 
Huffitenfteuer, die wegen der Pacificirung des Königreiches Boͤh⸗ 
men nicht zum beabfichtigten Huffitenzug verwendet wurden, in Die 
Hände bekommen hatte, fo war das Geld durch Verfehwendung 
Doch bald zerronnen: der Kaifer fah fich daher genöthigt, als er im 
Sommer 1436 von Ungarn nach Böhmen zog, um die Reifekoften 
zu beftreiten, neue WVerpfändungen zu machen. Dem Erzbifchofe ' 
von Gran wurden damald zwei Herrfchaften verpfändet 32), 

Diefe Geldverlegenheit war auch Urfache, daß bie an Polen 
verpfändeten Zipferftädte nicht audgelöst wurden, obſchon fich da⸗ 
zu eine günftige Gelegenheit zeigte. Ungariſche und polnifche Ab⸗ 
geordnete hatten auf Pfingften 1436 zu Käsmarft eine Zuſammen⸗ 
Eunft gehalten, um die flreitigen Puncte zwifchen ben beiden benach⸗ 
barten Nationen guͤtlich auszugleichen und eine Verbindung durch 
Heirath zwifchen dem Luremburgifchen und Iagellonifchen Haufe 
herbeizuführen. Aber man konnte fich wegen ber Zipferftädte nicht 
vereinigen. Die Polen wollten fie nur gegen den Pfandfchilling zu- 
ruͤckgeben, Sigmund verlangte fie unentgeltlich, weil er Damals in 
Geldnoth war. So verfchlug ſich die ganze Sache 3%), 

Indem fi) in Böhmen, wo endlich der Kaifer zum Beſitz des 


31) Koller I. c. p. 359, wo der Brief Sigmund’3 an ven Biſchof von 
Zünffirden zur Wiederaufnahme des Minoriten, | 

32) Kovachich suppl. etc. I. 468. 

33) Bgl. Engel J. c. S. 360. 
34) Dlugoss hist. Polon. lib. XII. p. 689: Pray Annal. Hung. II. 
p. 321. Bol, aud das folgende Kap, 


N 


268 Viertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 

Thrones gelangt war, neue Empörungen gegen feine Herrſchaft bil- 
deten, wurde auch bie Ruhe des ungarifchen Reiches getrübt. Der 
Landfriede Eonnte nicht aufrecht erhalten werden, bie erfien Fami⸗ 
lien des Landes befriegten fich einander 35). Dazu kamen neue Tür 
teneinbrüche. Da Sigmund ungeachtet des Friedens ntit dem Sul⸗ 
tan Murad heimlich in Verbindung mit dem den Osmanen feinbli= 
chen Zürften von Karamanien in’ Afien fland 36); fo hielten fich die 
Türken nicht mehr an den Frieden gebunden, fielen von neuem in 
Servien. ein und drangen gegen bie Haupffeftung ded Landes Smede⸗ 
revo. Doch fehleunige Huͤlfe ungarifcher und böhmifcher Kriegs: 
völker, welche der nachher fo berühmte Sohann von Hunyad ange: 
führt haben fol, rettete die Feſtung: vereinigt mit dem fervifchen 
Zürften Georg Brankovich fhlugen die Ungarn und Böhmen bie 
Türken in die Flucht (Suli 1437) 37), 





35) Bgl. Engel 1. c. S. 362, 

36) v. Hammer Osman. Gef. I. S. 445. not. &, 647. Katona I. c. 
kb. XII. 603 theilt ein königl. Diplom (16. Zebr. 1428) mit für Nicolaus 
Saracheni und den Türken Joſua, koͤnigl. Truchſeß, für ihre in oriental, Ger 
ſchaͤften geleifteten Dienfte. Diefe wurden wohl auch fpäter bei der Verbindung 
mit dem Fürften von Karamanien verwendet, wovon die osmanifhen Geſchicht⸗ 
füpreiber ſprechen. 

37) v. Hammer S. 446 fl. (der größere Zug der Türken fiel erft in’s fol⸗ 
gende Jahr nad Sigmund’ Tod) und Engel 1. c. S. 363, Einen Hauptbe 
richt gibt ein böhmiſcher Chronift: Bartossii Chronic. bei Dobner Mon. hist. 
B. I. p. 198: Eodem die ıferia 4. post Margaretae 1437) venit solemnis 
‚ ambassiator Ungarorum Pragam veridice referens, quod gentes Ungarorum, 

Bohemorum, Moraviag et Poloniae perplures congregatae multos Turcos et 
paganos bello in campo bene XL millia et ultra vicerunt, inter quos Un- 
garos quidam Pangracz erat capitaneus et circa assumpt. b. Mar. Virg. qua- 
tuor duces dictor. paganorum gentes Ungarorum domino Imperatori Pra- 
gam adduxerunt vinctos. gl, Pessina Czechorod Mars Morav. p. 610 sq., 
ver ſehr ausführlihe Nachrichten aus handſchriftlichen Quellen Über diefen Tuͤr⸗ 
kenkrieg gibt, die bis jeht noch wenig, aud nicht von Hammer = Purgftall benugt 
worden find. Es hatten Böhmen und Mähren (quas validissimas copias Sigis- 
mundus proprio aere conduxerat) das ungariſche Heer verftärft, und viel dazu 
beigetragen, den Sieg über die Tuͤrken zu. erfechten. Pelfina verfteht unter 
Pangracz den Paugratio de Zenthnyklos (Sct. Nicolai), den Neffen des Pala⸗ 
tinus Laurentius von Hedervar, der fi in der Schlacht nebft den Böhmen und 
Mähren befonders ausgezeichnet hatte. 


1 





Ungarifche Gefchichte in den legten Regierungsiahren K. Sigm. 269 
Die Türkengefahr war kaum glüdlich abgewendet, als ein in⸗ 
nerer Krieg in Siebenbürgen ausbrach. Es erhoben fich daſelbſt 
im Zuli 1437 die Bauern; der Bewegung fchloffen ſich bald auch 
mehrere Edelleute an. Man behauptet, diefer Bauernaufftand fey 
durch die Hinrichtungen der Ketzer, welche ber Minorit Jacobus in 


- Siebenbürgen betrieben habe, veranlaßt worden. Wahrfcheinlicher 


ift e8, daß die ſtrenge Eintreibung des Zehnten zur Beftreitung der 
Kriegskoften gegen die Keger, die Bauern auf’3 Außerfte erbitterte 
und zum Aufſtand reizte: mit militärifcher Gewalt waren durch die 
Bifchöfe der Zehnte und die Strafgelder wegen verfpäteter Bezah⸗ 


lung eingetrieben worden. Die Empörer fanden auch bald ein Haupt 2 


und einen Führer an dem Edelmann Paul Nagy de Vaydahaͤza, 
auch mehrere andere Ebdelleute traten dem Aufftande bei, der nicht 
allein gegen die Bedruͤckungen des Clerus, fondern auch gegen bie 


Gewaltthaten der ungarifchen Reichsbaronen gerichtet war. Da an: 


fangs von Sigmund Feine Hülfe gefchiet wurde, fo war der Theil 
ber fiebenbürgifhen Bevölkerung, ber an der Empörung feinen 
Theil nahm, genöthigt, fich auch zu verbinden. Die drei Nationen, 
ber ungarifche Adel, die Szekler und die Sachſen, welche dad 
Land bewohnten, errichteten eine Verbrüderung untereinander nicht 
nur gegen die rebellifchen Bauern und ihre Führer, fondern auch 
zur Beibehaltung der Regierung des Luremburgifchen Haufes und 
zur Bertheidigung des Fatholifchen Glaubens gegen die Walachen, 
Griechen und Patarener. ‚ Legterer Zweck iſt aus dem Vertrag ber 
Berbündeten, den fie mit dem Bifchofe von Siebenbürgen fchlofs 
fen, zu erſehen. 

Durch die Verbruͤderung umd fefle Vereinigung der fogenann- 
ten drei Nationen erhielt Nicolaus von Chaf, der Woywode von 
Siebenbürgen, fo bedeutende Streitkräfte zu feiner Verfügung, daß 
er die Rebellen, welche die furchtbarften Verheerungen an den Güs 
tern der Geiftlichen und des Adeld verlibt und bereit an mehreren 
Orten feften Fuß gefaßt hatten, im offenen Felde angreifen Eonnte. 
Es wurden mehrere blutige Treffen geliefert, mehrere Anführer, 


darunter die Bauern Martin umd Kis Antal gefangen und hingerich⸗ 


tet, überhaupt mit aller Strenge und Graufamkeit gegen die Em- 
pörer verfahren: defienungeachtet konnten die Rebellen nicht zur voͤl⸗ 


270 Viertes Buch. Zwoͤlftes Kapitel. 


ligen Unterwerfung und zum Gehorfam gebracht werben. Endlich 
entſchloß man ſich, durch Unterhandlung und Güte die Empörer zum 
Pflicht zuruͤckzufuͤhren. Es ward mit den beiden Hauptführern 
derfelben, mit Paul und Anton Nagy, ein Waffenſtillſtand gefchlofz 
fen (6. Oct. 1437): beide Theile follten ihre bevollmächtigten Ges 
fandten an Sigmund nach Böhmen, wo er ſich damals aufbielt, 
fenden: und man gelobte fi) gegenfeitig feierlich, fich deffen Aus⸗ 
foruche zu unterwerfen. Mittlerweile follten die Laften und Steuern 
der Bauern ermäßigt, ihnen Sreizügigkeit zugeflanden, und bie 
Aufrechthaltung ber Gefeße mit aller Kraft gehandhabt werben. 
Es 1äßt fich aus diefen Bedingungen. fchon erfehen, daß die Bauern 
durch Gefegwidrigkeiten und Gewalfthaten waren zum Aufftand ge 
trieben worden: fie konnten daher auch hoffen, eine günftige koͤnig⸗ 
liche Entfcheidung gegen ihre Unterbrücer zu erhalten. Sie wären 
“ vielleicht auch nicht in ihrer Hoffnung getäufcht worden, wenn Sig⸗ 
mund in der Sache noch einen Ausfpruch hätte geben koͤnnen. Die⸗ 
ſes Eonnte er aber nicht mehr, da er fchon wenige Wochen nach der 
libereinkunft mit den Bauern aus dem Leben ſchied 38). 


38) Über diefen Bauernaufitand in Siebenbürgen ift nachzuſehen: Schwandt- 
ner scriptt. rer. Hungar. I. 235. Naucler. Chron. II. p. 460 nennt die 
Häupter der Empörung Antonius in Transsylvanis regai partibus, Martinus 
postea in terra Nir et Zamosskentz. Thurocz Chron. Hungar. IV. c. 22 
gibt den Aufftand unritig beim 3. 1431 an. Vergl. Benkö Transsilvan. I. 
p. 153. Eder observat. in hist. Transsilv. p. 73. Engel Ungr. Gef. II. 
S. 363 fll. Zeßler 1. c. IV. S, 1007, — Thurocz bat in feiner ungariſchen 
Chronik über Sigmund’5 Regierung einige Quellen benugt, die wahrfcheinlich 
jegt verloren find: ein Werk vom Palatinus Michael Orzaag (einem der Günfts 
linge des Kaifers) über die Thaten Sigmund’s und ein registrum beffelben 
Königs. CA. Thurocz Chron, IV. c. 24. 


Dreizehntes Kapitel, 


Sigmund’s Theilnahme an den polnifchen und Deutſchordens⸗Streitig⸗ 
keiten, wie auch am nordifchen Krieg. 1430 — 1437. 





Witold's Tod gegen Ende. des Sahres 1430 gab der Stellung 
des Deutfchen Ordens zw Polen eine neue Wendung. Da der Groß- 
fürft von Litthauen kinderlos geflorben war, fo Eonnten die Seiten: 
verwandten defjelben mit Erbanfprüchen an das Land auftreten. 
Unter den Kronpratendenten fanden Witold’3 Bruder, der Fuͤrſt 
- Sigismund von Starodub und ber Herzog Swidrigal, 
Brüber des polnifchen Königs Wladislaus, in ber vorderften . 
Linie. | 
Auch Alerander von Kiew und Sigismund Koribut, der früher 
von den Huffiten zum böhmifchen König gewählte Zürft, waren 
unter denen, die Anfprüche erhoben. Aber auch der König von - 
Polen felbft behauptete, ihm gehöre vermöge einer Verfügung des 
geftorbenen Großfürften‘ dad Land, auf jeden Fall aber doch wenig: 
ſtens Die Oberhoheit über dafjelbe. Diefed bewog die litthauifchen 
Großen zur ſchnellern Entfcheidung, um ihre Unabhängigkeit zu bes 
haupten: fie wählten Swidrigal,"deffen Erhebung auch von dem 
polnifchen König anerkannt wurde 1), Doch dauerte dad gute Ver: 
nehmen unter den Sagellonifchen Fürften nicht lange. Es erhob ſich 
über die Grenzen ihrer Länder bald Streit, und Swidrigal nahm den 
polnifchen König, der bei ihm in Litthauen auf Befuch war, gefan: 
gen, welche Gewaltthat ganz Polen in die Waffen rief. Auch 


1) Diugoss histor. Polon, kb. XI, p. 559, 


272 Viertes Buch. Dreizehntes Kapitel, 


Papſt Martin V nahm fich auf die Kunde dieſes Friedensbruchs von 


Seiten Swidrigal's des gefangenen Königs an. Er ſchickte zur Er⸗ 
wirkung feiner Befreiung mehrere eindringliche Schreiben ab, auch 
eined an den römifchen König), worin er deſſen Hülfe für Wla⸗ 
dislaus gegen den litthauifchen Großfürften anrief. Doch war diefe 
nicht nothwendig, da leßterer feinem Gefangenen bald wieder die 
Freiheit zu geben für rathfam fand. Dem römifchen König meldete 
Swidrigal feinen Regierungsantritt und ſchickte ihm zugleich eine 
Geſandtſchaft. Er machte dad Anerbieten, mit ihm und dem deut 
fhen Orden, dem er ſich bereits genähert hatte, ein Buͤndniß abzu⸗ 
fhließen gegen Jeden, der einen ber Verbündeten angriffe. Wenn 
auch das Buͤndniß hauptſaͤchlich gegen Polen gerichtet war, fo follte 
es doch nicht den Schein haben, als fey dieſes die Abficht. Daher 
‚ berlangte Smwidrigal, fein Bruder, der König Wladislaus, folle 
Zutritt zu dem Bunde haben. Auch verhehlte der neue litthauiſche 
Sroßfürft nicht feinen Wunſch, aus den Händen Sigmund's bie 
Koͤnigskrone, die feinem Vorgänger angeboten worden war, zu er= 
halten. Wolle der römifche König, erklärte Swidrigal, fie ihm er= 
theilen, fo werde er, wie ein Sohn dem Water, ihm ewig dankbar 


ſeyn?). 


Der roͤmiſche Koͤnig nahm die litthauiſche Botſchaft ſehr freund» 


lich auf und fagte bereitwillig dem Großfürften zu, was er verlangte: 
ja er exbot fich fogar, felbft nach Preußen zu fommen, um die Koͤ⸗ 
nigskroͤnung zu vollziehen: er fügte aber den Rath bei, dad Buͤnd⸗ 
niß unverweilt abzufchließen, und erft fpäter den König von Polen 

‚zum Beitritt aufzuforbern, damit derfelbe nicht nach feiner Weiſe 
- Hinderniffe dagegen in den Weg lege. Da Sigmund auf den Hoch⸗ 
. meifter das größte Vertrauen ſetzte, fo überließ er dieſem die ganze 
Anordnung und Vermittlung if der Sache, daß er mit Swidrigal 
alles Nöthige berathe und borbereite 2). 


2) Diagoss l.c. p. 568 sq. Das päpftliche Sqreiben iſt datirt Romae 
VI. Cal. Febr., Pontif. nostr. XIV. anno. 

3) Das Schreiben Swidrigals an Sigmund d. d. Traken Donnerst, vor 
Martini 1430 bei Boigt Geld. Preuſſ. VII. 563. Cf. Hermann, Corner. 
Chr. p. 1302. Diugoss hist. Polon. lib. XI. p. 563 gg. 

4) Rach archival. Quellen bei Boigt J. o. 





Sigm. Theilnahme and, polnifch. u. Deutfchordens-Angelegenh.c, 273 


Mag es feyn, daß der König von Polen von dem beabfichtig- 
ten Buͤndniß etwa erfuhr oder daß er überhaupt bereute, fo fchnell 
feinem Bruder die Anerkennung gegeben zu haben, jedenfalls hegte 
er gegen ihn feindliche Gefinnungen und traf zu einem neuen Krieg 
gegen das Nachbarland Rüftungen. Um den beutfchen Orden von 
Kitthauen abzuziehen, bot MWladislaus demfelben einen Bund mit 
Polen gegen Litthauen am, welches Anerbieten natürlich der Hochs 
meifter zuruͤckwies. Doch da ber polnifche König fich immer mehr 
mit den Huffiten verband 5) und Truppenfammlungen an der preu- 
Bifchen Grenze veranftaltete, fo fah fich der Orden mit einem neuen 
Krieg bedroht: man mußte den Abſchluß des Bündniffes mit Swi⸗ 
drigal befchleunigen und man fandte zugleich Botfchafter an den roͤ⸗ 
mifchen König, ihm die bedenkliche Lage der Dinge vorftellend. 

Bereitd hatte Sigmund, noch ehe er feinen Römerzug angetre⸗ 
ten hatte, von Nürnberg aus (24. April 1431) an den Hochmeifter 
ein Schreiben abgefendet und ihn ermahnt, dad Buͤndniß mit dem 
Großfürften fogleich abzufchließen, doch in Bezug auf Polen mit 
aller Borfiht zu Werke zu gehen‘). Aber auch an den König von 
Dolen, an den Großfürften, an die polnifchen Prälaten ſchrieb Sig⸗ 
mund, ſie alle zum Frieden auffordernd und darauf hinweiſend, daß 
alle obwaltenden Streitigkeiten auf Dem Basler Concilium, das ſich 
fo eben verfammele, auögeglichen werben koͤnnten. Dem vömifchen 
Könige lag die gütliche Beilegung diefes Streite ganz befonderd am 
Herzen, ba zu befürchten fland, daß, wenn wirklich ein Krieg im 
Dften auöbrechen folte, der polnifche König ſich mit den Huffiten 
verbinden möchte, der Großfürft aber mit den heibnifchen Tartaren: 
es konnten aus dieſem Kriege nicht nur fuͤr den deutſchen Orden und 
fuͤr Sigmund's Laͤnder, ſondern auch fuͤr die abendlaͤndiſche Chri⸗ 

ſtenheit ‚große Gefahren erwachfen?). 

‚5) Dlugoss p. 575. 

6) Boigt 1. c. &, 566 u. 568, 

7) Raynaldi annal. eccles. ad ann, 1431. n. 27. Im Säreiben Sig: 
mund’: an P. Eugen IV beißt es: Scriptum est regi Poloniae, duci Litua- 
niae et Prutenis, rogando ut interim suspendant guerras, offerendo ‚mit- 
tere ambasiatam, ad tractandam pacem et super. hoc etiam scriptum est 
praelatis Poloniae. — Timendum est enim, ne alter Tartaros, alter Bo- _ 


hemos subsidium invocet in perniciem Christianitatis. 
Aſchbach K. Sigmund. IV. 18 


274 Vierted Buch. Dreizehntes Kapitel, 

Der wirkliche Abfhluß des Bündniffes zwifchen dem 
Hochmeiſter und dem Großfürften brachte den Krieg gegen 
den Letztern von Seiten des polnifchen Königs zum Ausbruch. Noch 
zögerte Wladislaus, auch den Orden feindlich mit feinen Streitfräf- 
ten zu überziehen. Er wollte die Verbündeten Litthauend in Uns 
thätigfeit erhalten, um die Vereinzelten beffer befriegen zu koͤnnen. 
Er entſchuldigte fi) daher auch bei dem römifchen König in einem 
Schreiben (21. Suli 1431), Daß er wegen bed Kriegeö gegen feis 
nen treutofen Bruder, der ihm unrechtmäßig mehrere zu Polen ge: 

hoͤrige Bänder entriffen, Teinen Beiftand zu Bekaͤmpfung der Huffis 
ten leiſten Fönne: ja er forderte, ihn fogar zur Mithülfe im Kriege 
gegen Swibrigal auf®). 

Allein Sigmund ließ fich von feinen Verbündeten, die nunmehr 
beide mit Polen im offenen Kriege lagen, nicht abziehen. Er trat 
dem Bündniffe bes Ordens und des Großfürften offen 
bei und verfprach in einem Schreiben (Nürnberg 19. Aug. 1431), 
dem Orden jeglichen Beiſtand zu leiften und nicht eher Krieden zu 
fliegen, ald der Krone Ungarn Alles, was ihr früher in Reußen 
zugehört, und dem Drden wie auch dem Großfürften alle ihnen von 
Polen entzogenen Befisungen reftituirt, namentlich aber das, was 
bem Orden der Eönigliche Schiedöfpruch zuerkannt habe, zuruͤckge⸗ 
geben worden). 

Sobald der Hochmeifter an den polnifchen König den Krieg er⸗ 
Plärt Hatte, fuchte ſich Wladislaus mit feinem Bruder zu verföhnen 
und feine Rache an dem Orden auszuüben 0), Wirklich gelang eb 
ihm auch, einen Waffenftiliftand mit Litthauen zu Stande zu brin- 
gen: aber es ganz von bem Buͤndniß mit dem Orden zu trennen, 
gelang ihm nicht, trotz aller Berfprechungen und Berlo@ungen. 
Zu berfelben Zeit trat Wladislaus auch mit den heffigften Klagen 
über den Hochmeifter bei dem römifchen König auf. Derfelbe habe 
den Frieden gebrochen, fein Königreich ſchwer verheert und gepluͤn⸗ 
dert und zwar in einer Zeit, wo er nach den feierlichen Verficherun: 


8) Corner. Chron. p. 1314. Dlagoss 1. c. p. 581sq4. Boigt a. a. D. 
&, 569. | 

9) Boigt a. a. O. S. 575. 

10) Diugoss p. 691 89q. 





Sigm. Zheilnahme and, polniſch. u. Deutſchordens⸗Angelegenh. ıc. 275 
gen des Hochmeiſters ſich gar Feiner Feimpfeligkeiten von Seiten des 
Ordens verfehen. Er forderte daher Sigmund dringend auf, ihm 
Beiltand zu leiften zur Beſtrafung des veruͤbten Frevels +1), Schrei 
ben ähnlichen Inhalts fanbte der polnifche König an mehrere deutſche 
Reichsfürften. Aber auch Dem Papfte Eugenius IV wurden Klagen 
über den Orden vorgebracht. Kebterer hielt es Daher fire nothwen⸗ 
dig, indeni er die Kriegsanflalten fortfegte, in einer ausführtichen 
Schrift fein Verfahren zu rechtfertigen und daB argliftige und treus 
lofe Zreiben des polniſchen Königs zu fchildern. Kür den römifchen 
König wäre dieſe Rechtfertigungsfchrift nicht nothwendig gewefen, 
da diefer ganz auf Seite des Ordens fland, aber der römifche Stubt, 
ber für Polen günftig geſtimmt war, ſollte auſgeklart werden, wie , 
auch die deutſchen Reichsſtaͤnde. 

Um fo mehr bot der König won Polen Alles auf, Sigmund 
für fich zu gewinnen, Eine Gefandtſchaft an ihn wiederholte nicht 
nur die alten Klogen über den Orden, fondern bot auch Huͤlfe an 
gegen ben rebellifchen Woywoden von der Moldau, unter der Be: 
bingung, daß Sigmund auch Polen beiftehe gegen den Orden, Doc 
bee römifche König kanme die Arglift und Zreulofigfeit des Polen 
zu gut, als daß er auf ein folches Anerbieten einging. Daſſelbe 
aber lautete wie folgt: „Lieber Herr und Bruder, Du weißt wohl, 
daß ich nie wider Dich gehandelt habe, fo wie Du auch wider mid) 
wicht gehandelt haft. Der Woymode von, der Moldau if ein freu 
loſer Mann, der Dir und mir den Gehorfanr aufgefündigt hat... Ich 
will gerne, wenn Du ihn zu unterwerfen vorhaſt, Dir helfen mit 
meiner Macht, damit das Land nach amferer Übereinfunft und Ver⸗ 
fhreibung getheilt werde: in gleicher Weife aber folft Du mir auch 
gegen die Preußen helfen 12).“ Es verfteht fich von felbft, daß Sig: 
mund diefed Anerbieten feinem Interefje nicht gemäß fand. 


11) Der Brief des poin. Königs d. d. Lublin sabbat. die in crastine & 
Crucis 1431. bei Boigt & a. O. ©. 576. 

12) Rach einem Schreiben des Bicekanzlers Kaſpar Schlick an den Hoch⸗ 
meifter A. d. Feldkirch 21. Det, 1431. Daß Sigmund darauf an den Hoch⸗ 
meifter geſchrieben (Ulm Donnerötag vor Martini 1431 — wie Boigt a. a. D, 
S. 581 angibt) — und ibm neue Hoffnung gemacht, ihn bald perföntid in 
Preußen zu beſuchen wegen ber Krönung des Großfuͤrſten und anderer Dinge 

418* 


276 Viertes Buch, Dreizehntes Kapitel. 


Se weniger Sigmund mit Polen fich verftändigen konnte, deſto 
mehr fuchte er den König Erich, den König ber nordiſchen 
Reiche, der noch immer mit den Grafen von Holftein und den 
Hanfeftädten in Streit lagı3), für fich zu gewinnen, um im Falle 
eines Kriegs mit Polen auch deflen Hülfe zu erlangen. Auch gegen 
die Huffiten rechnete man auf feine und feiner Gegner Beihülfe. 
Sigmund hoffte, daß es dem Hochmeifter, den der König Erich bes 
ſonders achtete, gelingen werde, eine Vermittlung in dem nordifchen 
Krieg herbeizuführen. Schon am Ende des Jahres 1430 hatte er 
ihm Aufträge diefer Art gegeben 1%): er wiederholte fie mehrere Mo⸗ 
nate fpäter, in einem Schreiben vom 13. April 1431 +5): und 
zugleich fchrieb er auch an den König Erich und die Grafen von Hols 
ftein, wie auch an die Hanfeftädte, fie zum Frieden und zur Verſoͤh⸗ 
nung auffordernd, indem er den Hochmeifter ald Friedensvermittler 
empfahl 16). Die Bemühungen bed Hochmeifters waren auch ſo⸗ 
weit von Erfolg, daß wirklich die Verhandlungen zwifchen ben 
Kriegführenden zu Erzielung eined Friedens oder Waffenſtillſtands 
aufgenommen wurden. 

Inm Anfange des Jahred 1432, wo bie Zeindfeligkeiten von 
Polen gegen den Drben von neuem begonnen wurden, war Wladis⸗ 
laus nicht müßig, auch den Papft gegen ben Orden zu flimmen. 
Er hatte durch feine Botfchafter beim römifchen Stuhl wen Hoch⸗ 
meiſter verläumbden laffen, als habe berfelbe fich mit den Heiden ges 
gen bie eifrig Fatholifchen Polen verbunden, wodurch diefe abgehal- 
ten worden, die Fegerifchen Böhmen zu befriegen: und body hatte 
grade damals der Polenkönig mit den Huffiten ein enges Buͤnd⸗ 


ift nicht richtig. Das Schreiben gehört in's Jahr 1430 und bezieht ſich wohl 

noch auf die Krönung Witold's. Im J. 1431 war Sigmund im Anfang Kov. 
nit in Ulm, fondern in Zeldfirh und auf der Reiſe von da über bie Alpen 
nah Mayland, S. Negeften u. Itinerar K. Sigmund's. 

13) Hermann. Corner. Chronic. p. 1302 sqgq. 

14) Siehe Gef. K. Sigmund’s III. 327. - 

15) Voigt a, a. D, &, 584. In den Negeften der Geſch. K. Sigmund’s 
III. 482 ift unridhtig der 10, April angegeben. on 

16) Boigt a. a. DO. Der Brief an die Grafen von Holftein ijt vom 
16. April 1431, nicht wie in den Megeften 1. c. fteht, vom 13. April, 





Sigm. Theilnahme an d. polniſch. u, Deutſchordens⸗Angelegenh. ıc. 277 
niß gefchloffen 17). Die Intriguen beffelben gingen foweit, daß 
die polnischen Sachwalter fogar behaupteten, Papft Martin V habe 
zu dieſem Bunde mit den Kebern feine Einwilligung gegeben. Wes 
niger das polnifche Geld, ald vielmehr die politifche Lage, . worin 
fich Eugenius IV befand, da er durch den römifchen König und das 
Concilium zugleih immer mehr in's Gedränge kam, war Urfache, 
daß fi) der Papft für Polen gegen den Orden erklärte, und felbft 
erlaubte, den Kirchenzehnten zum Kriege gegen den beutfchen Orden 
zu verwenden. Da Eugenius IV nicht mit Entfchiedenheit gegen Po⸗ 
len auftrat, fo konnte ed gefchehen, daß Wladislaus förmlich mit 
ben Huffiten ſich verband, und ihre räuberifchen Heerfchaaren als 
Verbündete Polens in die Beſitzungen des beuffchen Ordens vor⸗ 
drangen und man fihon davon ſprach, den polnifchen König zum 
Verweſer und Schutzherrn Böhmens zu wählen. Nur die drohende 
Stelung bes litthauifchen Großfürften bewog vorerfi noch den Kö: 
nig von Polen, die Waffen wieder nieberzulegen und die böhmifchen - 
Plünderhaufen zuruͤckzuſchicken 18). 

Aber bald traten Ereigniſſe in Litthauen ein, die fuͤr den pol⸗ 
niſchen König hoͤchſt guͤnſtig waren. Die Großen dieſes Landes, 
von den Umtrieben des polniſchen Königs 19) und bed Herzogs Si⸗ 


17) Dlugoss hist. Polon. p. 605 sg. Daß der König fid mit den Böh- 
men verbunden, gefteht er felbft in der Gefandtfhaft an die Ungarn ein. Mar- 
tene coll. ampl. VIII. p. 164 gibt den Brief des Biſchofs von Zagrab d. d. 
26. Aug. 1432 an Sigmund, worin ed beißt: (der Gefandte) querulose pro- 
tulit, quomodo illi mali homines Pruteni ligas et confoederationes cum eo- 
dem rege contractas non tenerent — et ipsi etiam contra ipsum cum duce 
- Swidrigal essent conföederati. — Quod ipse dom, rex et filii sui ac baro- 
nes ejus uniti essent cum Bohemis. 

18) Das Nähere darüber bei Voigt 1. c. 590 fü, 

: 49) Dilugoss 611 sq. Boigt l. c. S. 599 fagt: „In Feinem Berichte 
wird das Mindefte von der Theilnahme oder dem Mitwiffen des Königes an den 
berührten Greigniffen erwähnt.” Hr. Voigt, der fonft alle Quellen insgefammt 
benugt, hat bier das Schreiben der ruſſiſchen Großen (unter litthauiſcher Herr⸗ 
haft) an dad Basler Goncilium d.d. Vitebsky Dominica Laetare (22, März) 
1433 (bei Martene coll. ampl. VIII. 575 sqg.) überfehen. Dieſes Schreiben, 
wenn auch nicht ganz unparteiiſch, gibt einen ausführlichen Bericht über das Ers 
eigniß der Erhebung des Herzogs Sigismund, wobei bemerft wird: ad subor- 
nationem dolosam dicti regis Poloniae, dux Sigismundus conatus est ve- 


278 Biertes Buch. Dvreizehntes Kapitel, 

gismund von Starodub gewormen, fielen von Swibrigal ab und 
riefen diefen Sigismund zum Großfürften und Herren des 
Landes aus. Nur in Reußen blieb man bem alten Großfuͤrſten ges 
treu 2°). Ein innerer Krieg im Lande Litthauen war die nächfle Folge. 
Diefe Theilung und Schwächung der litthauifhen Macht kam dem 
Polenbönig fehr erwuͤnſcht; er konnte um fo leichter Kitthauen vom 
Bunde mit dem Drden trennen und diefen fobann von neuem befrie> 
gen, wobei er zugleich des Beiſtandes der Huffiten und der Hers 
z0ge von Pommern fich erfreute2?1). Denn die vornehmften Huffs 
fenführer erklärten fchon im October 1452 dem Orden den Krieg, 
wie fie angaben, wegen bes öftern Beiftandes, den die Ritter dem 
roͤmiſchen Könige zur Bekriegung Boͤhmens geleiftet, und wegen ber 
gegen Polen verubten Feindfeligkeiten, deſſen König fie ihren Sim 
ner und Beſchuͤtzer nannten. 

Dem Orden die drohende Gefahr abzuwenden, hatte der roͤmi⸗ 
ſche König eine Anklage gegen Polens König wegen feiner Verbin⸗ 
dung mit den Kebern, die er eine Verfchwörung gegen bie ganze 
Ehriftenheit nannte, beim Goncilium erhoben 22) und darauf ge: 
drungen, daß die verfammelten Väter folches Buͤndniß verdammen 
follten: er felbft, erklärte Sigmund, werde fomohl den Orden ale 
auch Swidrigal mit allen Mitteln gegen ihre Feinde fhügen und 
aufrecht erhalten 23). 

Schon etwas früher, in den erften Tagen des Jahres 1433, 
hatte dad Goneilium eine Unterfuchung in den wichtigften Streit 


rum dominum nostrum interficere et exheredare etc. Auch Hermann. Cor- 
ner. p. 1314 ftimmt damit überein, 

20) Sie ſuchten auch Swidrigal gegen den Vorwurf der Keherei zu rechte 
fertigen in dem angeführten Schreiben S. 576: Dux Sigismundus literis et 
etiam oratoribus vel nunclis suis .coram summo pontifice ecel, Rom. et se- 
ren. Rom, rege etc. non cessat illustrem ducem Swidrigal infamare, ipsum 
a hide catholica et a saneta eccl, Rom. recessisse etc. 

21) Bel. Barthold Geſch. v. Pommern IV. 1. &, 96 fil. 

22) Copia missivae Imperatoris ad s, eoncilium Basil. lecta in songre- 
gatione generali 3. Febr. 1433. Datirt ift die Pönigl, Schrift Siena 16. Ian, 
1433 bei Voigt L c. S. 610. 

23) Nah zwei Schreiben Sigmund’s an den Horhmeifter: d. d. Siena 
21. u. 24, Febr. 1433, Bol. die Regeften. 





Sigm. Zheilnahme an b. polnifch. u. Deutſchordens⸗ Angelegenh. ıc. 29 


puncten angeordnet 2%), um befto leichter dann ben Frieden zwiſchen 
den Kriegfuͤhrenden vermitteln zu koͤnnen. Es wurden daher aus 
dem Schooße der Kirchenperfammlung einige Deputirte nach Preu- 
Ben und Polen abgeordnet 2°).= Jedoch bei bem argliffigen Zreiben 
des Könige Wladislaus Fonnten die Friedensverhandlungen zu kei⸗ 
nem Ende fommen?°). Wie der Hochmeifter in einem Schreiben 
an den Kaifer und den Protector des Gonciliums, ‚Herzog Wilhelm 
von Bayern, (9. Suni 1435) vorausgefagt hatte 27), daß ein hin; 
terliftiges Schaufpiel und ein großer Betrug vom Polenfönig be 
gonnen worden, nur um Zeit zu gewinnen und die Huffiten heran 
zuziehen, dieſes war wirklich eingetroffen. Die Huffiten brachen 
bald in das Ordensgebiet ein und der König von Polen trat zugleich 
von neuem als offener Feind auf. Der Hochmeilter wandte ſich 
fogleich in einem Schreiben an das Goncilium 28), dringend um 
Hülfe und Beiſtand gegen- den König. bittend, der mit Kegern und 
Heiden verbündet, gegen ben Schild der Chriftenheit im Offen Krieg 
zu führen wage. Auch verlangte der Hochmeifter, daß der Mark: 
graf von Brandenburg und die Herzoge von Pommern, die im Vers 
dacht fanden, als hielten fie e8 mit den Polen, zum Beiftande des 
Ordens aufgefordert würden. Der Großfürft Swidrigal, um bie 
in Bafel verfammelten Vaͤter günftig für ſich zu flimmen, fehickte 
damals ein Schreiben an das Goncilium, feine Adhaͤſion ausdruͤ⸗ 
end und zugleich das Verlangen auöfprechend,, daß ihm die Mittel 
zur wirkfameren Bekehrung der ſchismatiſchen Ruſſen geboten wer: 
den möchten 2°). 

24) Die Bulle des Gonciliumd Basileae IV. Non. Januar, 1433 bei Boigt 
Lo angeführt. 

25) Diugoss lib. XI. p. 623. Die Epistola Magistri ord. Teut. ad 
Concil. Basil. d. d. Marienburg 25. April. 1433 über die Friedensverhandluns 
gen zwifchen Polen und Zitthauen bei Martene coll. ampl. VIII. 582 sq. 

26) Das Schreiben des Hochmeiſters Paul von Rußdorf an das Goncilium 
(d. d. Marienburg 9. Jun. 1433) bei Martene coll. ampl. VIII. 608. worin 
Hülfe gegen den pelnifhen König gebeten und über deſſen Hinterliſt Klage ges 
führt wird, 

27) Boigt 1. c. S. 611. 

28) Martene I. c. — Chr. Hermann. Corner. p. 1317. 

29) Das Schreiben d. d. In castro Ploczerw fer. a. p- f. Sct. Mar- 

gar. 1433 bei Martene 1. c. p. 622. 


20 Viertes Buch. Dreizehntes Kapitel. 


Allein ehe dem Orden irgend Hülfe kommen konnte, drangen die 
Huffiten in die Neumark vor, verheerten und verwuͤſteten diefelbe, 
und dann mit einem polnifchen Heer vereinigt und durch pommerifche 
Kriegsſchaaren verftärkt, uͤberzogen ſie weiter dad Ordensgebiet mit 
Berheerung, Plünderung, Mord und Brand 30). Bid vor Dan- 
zig und an die Oftfee drangen die wilden Raubfchaaren. Endlich 
durch einen BWaffenftillftand mit Polen ward der Abzug der Huffiten 
erlangt, die fich bei ihrer Heimkehr felbft im befreundeten Polen des 
Raubens nicht enthielten. 

Da mittlerweile Sigmund ſich mit P. Eugenius IV verföhnt 
und die Kaiferkrone in Rom erhalten hatte, konnte der Polenkönig 
vom römifchen Stuhle nichts mehr erwarten, um fo mehr, ald auch 
dad Zerwürfniß deffelben mit dem Concilium allmälig beigelegt wur= 
de. Es beeilte fich daher Wladislaus, Frieden mit dem Orden zu 
fließen. Zu Brzeſc wurden im November 1433 bie Friedens 
unterhbandlungen eröffnet. Die polnifhen Bevollmächtigten 
erlaubten ſich dabei gar manche Anmaßungen: auch verweigerten 
fie den Eaiferlichen Sendboten, bie den Verhandlungen beiwohnen 
wollten, das fichere Geleit 21), Noch vor Ablauf des Jahres Fam 
man zum Abfchluß. eines zwölfiährigen Waffenſtillſtands, wor: 
nach fich der Hochmeifter verpflichtete, den Großfürften Swidrigal 
aufzugeben und Alles im Status quo zu laffen. Auch war die Glaufel 
in den Friedensſchluß aufgenommen: „Auf keines Menfchen Forde⸗ 
rung, Anfinnen, Beredung oder Befehl, felbft wenn fie vom Papfte 
oder dem Kaifer oder einem Concilium kaͤmen, folle diefer Waffen: 
ſtillſtand weder im Einzelnen noch im Ganzen irgendwie verlegt oder 
gebrochen werden 22).“ Dffenbar hatte der Polenkönig dieſen Punct 
hinzufügen laffen, um die Einmifchung des Papftes, des Kaifers, 

30) Hermann. Comer, Chr. 1. c. u, 13%. Boigt 1. c. 620 — 637 nad) 
den Ghronifen und urkundl. Nachrichten. Dlugoss 635 sqg. Die Nachricht bei 
Trithem. Chr. Hirsaug. II. 388 ift ganz falſch: Ordinis milites — victoriam 
consecuti Procopium nefandissimum Haesiarcham cum vigiati millibus tam 
ex Polonis, quam ex Bohemis interfecerunt, pluribus in captivitatem ab- 
ductis. 

31) Schreiben ded Kaiferd an den Hochmeiſter d. d. Bafel 25. Nov. 1433 


bei Boigt 1. c. 645, 
32) Dusburg. Supplem. c. 47. Dlugoss 642. Boigt 1. c. 646 fl. 








Sigm. Theitnahme an d. polnifch. u. Deutſchordens⸗Angelegenh. ıc. 281 
des Conciliums, die fämmtlich nun für ben Orden günftig geflimmt 
waren, abzuweiſen. 

Der Kaifer hatte während feiner Anweſenheit in Rom hoͤchſt 
guͤnſtig fuͤr den Orden gewirkt. Er hatte eine Schrift, worin die 
Ungerechtigkeit, Argliſt und Meineidigkeit des Koͤnigs von Polen 
nachgewieſen war, bekannt machen laſſen. Als ſie dem Papſte und 
dem Cardinalscolleg vorgeleſen worden und ein polniſcher Advocat 
ſeinen Koͤnig rechtfertigen wollte, trat Sigmund in der Verſamm⸗ 
lung auf mit weitern Anklagen gegen Wladislaus. Er behauptete 
aus eigener Erfahrung ganz genau die Treuloſigkeit des polniſchen 
Koͤnigs zu kennen, wie er urkundlich aus deſſen Briefen nachzuwei⸗ 
fen im Stande ſey. Der König von Polen habe immer darnach 
geftrebt, den deutfchen Orden und die Deutfchen überhaupt in Preu⸗ 
Ben auszutilgen. Schon bei dem ganzen Hergang der Vermaͤhlung 
mit ber Königin Hedwig, der Verlobten des Herzogs. Wilhelm von 
Sſtreich, habe Wladislaus, der offenbar ehebrecherifch gehanbelt, 
dargethan, von welcher Sefinnung er geroefen. Schon damals wie 
fpäter hätten die Polen die deutſchen Herren und die Kreusfahrer . 
verfilgen wollen. Seine und, anderer Fürften fchiedörichterlichen 
Sprüche in den Streitigkeiten zwifchen Polen und dem Orden feyen 
von dem polnischen Könige nie gehalten worden, troß ber gegebenen 
Briefe, Gelübde und Eide. Der Papft, bisher der Schuͤtzer des 
polnifchen Königs, fand, daß bei der allgemeinen Stimmung gegen 
die Polen, die Keber und Meineidige genannt wurben, er ihnen feine 
Gunſt nicht weiter mehr zuwenden fönne: er erflärte auch, daß bie 
Polen ihm nicht die wahre Sachlage dargeftellt und ihn hintergangen 
hätten. So erlangte ber Orden, befonderd durch des Kaifers Ver⸗ 
wendung, auch am roͤmiſchen Hofe Einfluß und er konnte darauf 
rechnen, daß er vom Papſte unterſtuͤtzt wurde. Der Kaiſer aber 
zeichnete bei jeder Gelegenheit den Sachwalter des Ordens aus: auf 
ſeiner Ruͤckreiſe ſchmuͤckte er ihn zu Perugia mit den Inſignien der 
Doctorwuͤrde, eine Ehre, die dort noch keinem Deutſchen zu Theil 
geworden war 33). 


33) ad drei Sqhreiben des Joh. Niclausdorf an den Hochmeiſter d. d. 
Rom 1. Aug. 3. u 6. Sept. 1433 und einem Schreiben des Cardinals von 


282 Blertes Buch. Dreizehntes Kapitel, 

Aber nicht nur bei dem Papſte, ſondern auch bei dem Conci⸗ 
lium ſuchte der Kaiſer fuͤr den deutſchen Orden gegen den polniſchen 
König zu wirten. Sobald er aus Italien nach Deutſchland zuruͤck⸗ 
gelehrt und mach Bafel gekommen war, trat er mit Klagen gegem 
Wladislaus vor den nerfammelten Vätern auf, daß derfelbe mit den 
boͤhmiſchen Ketzern gemeinſame Sache gegen Ihn und den deutſchen 
Orden gemacht, daß er alle Schwüre und Buͤndniſſe gebrochen 
babe 3*), 

Bei der veränderten Lage der Dinge konnte der Drben ben 
Waffenſtillſtand von Brzeſe nur als übereilt abgefchloffen betrachten. 
Ganz befonderd aber war der Kaiſer über den Abſchluß aufgebracht, 
nicht nur, weil nach einem Artikel feine kaiſerliche Majeſtaͤt verlegt, 
fondern auch, weil wider Ehre und Eid der frühere Verbündete des 
Ordens, der Herzog Swidrigal, ganz feinem Schickſal Preiß geges 
ben war 35), Er ſchickte daher auch Briefe und Botfchaften an ben 
Hochmeifter, mit dem Befehle, den ſchmachvollen Waffenſtillſtand 
aufzukuͤndigen und Swidrigal nach wie vor zu unterflügen. Ob⸗ 
wohl der Kaifer feinen und der Fürflen Beiſtand verhieß, fo ge: 
horchte der Hochmeifter Doch nicht dem Eaiferlichen Befehle, da er 
bie bebrängte- und gefährliche Lage des Landes während ber Krieges 
zeit aus Erfahrung allzuwohl Fannte, und diefen Bedraͤngniſſen fich 
nicht von neuem ausſetzen wollte 36). 

Der bald darauf erfolgte Tod des Königs Wladislaus?7) am 
Piſa v. 4. Sept. 1433 b. Beigt 1. c. S. 649 fl. Bgl. Diugoss hist. Polon. 
ib. XI. p. 64. 

34) Dlugoss 1. c. 

35) Kogebue Swidrigal S. 150 fl, das Schreiben des Kaiferd an den Hoch⸗ 
meifter, Bafel 21. Febr. 1434, Bol. Voigt ©. 651. 

36) Der Hochmeiſter ſandte drei Botihafter wiederholt an den Kaifer. 
Dusburg suppl. c. 48. 

37) Diugoss p. 648 saq. Cf. Lenfant II. 29, wo die freimüthige Rede 
des Bischofs von Krakau gegen den König fi findet, mie Diugoß dieſelbe mit⸗ 
theilt. Wladislaus hatte immer noch. manchen heidnifhen abergläubifhen Ge⸗ 
brauch beibehalten, fo eifrig er auch Chriſt war: Cromer hist. Pol. p. 471 be= 
merft darüber: Superstitiones quasdam ab ineunte aetate imbibitas, ad ex- 
tremum usque (er wurde 80 Jahre alt) retinuit: in quibus illa fuit, quod 
quotidie priusquam prodiret in publicum ter sese in gyrum vertebat et sti- 
pulam ter confractam in terram abjiciebat. So berichtet auch Dlugoß 1. c. 


% 


Sigm. Theilnahme an d. polniſch. u. Deutſchordens⸗Angelegenh. ic. 283 
31.May 1434 war für ben Orden ein fehr günfliger Vorfall, in: 
dem dadurch mancherlei Berwidlungen gehoben waren. Aber auch 
das Königreich Polen gewann dabei, indem bie Verbindung bed 
Königs mit den Huffiten, welche der Kaifer und das Concilium nicht 
ungeftvaft laſſen wollten, ber Vergeffenheit übergeben wurbe. Der 
Kaifer näherte fich von diefer Zeit an wieder dem pelnifchen Hofe, 
Mit dem Orden war er in mehrfacher Hinſicht unzufrieden. Auch exs 
Närte er fich gegen ihn bei deſſen Streit mit den Johannitern, da der 
Hochmeifter diefen mehrere Orte in der Neumark entzogen hatte®®), 
Indem ber junge König Wladislaus III von Polen mit dem 
Kaiſer in Unterhanblungen trat M) wegen einer Verheirathung mit 
einer von feinen beiden Enkelinen, ben Toͤchtern bed dftreichifchen 
Herzogs Albrecht und wegen der BZipferfläbte, wurde auch ein 
Congreß zu Brzeſc in den Angelegenheiten zwifchen Polen md dem 
Drden eröffnet. Die nach Ungarn gefandte polniſche Botfchaft traf 
den Kaifer in Preßburg (gegen Ende 1434). Schon früher auf dem 
Hegenöburger Reichötag (im Sept.) war ihm durch ben polnifchen 
Ritter Johannes Gamrath Die vorläufige Kunde zugekommen: «8 
werde eine polnische Botſchaft an ihn abgefendet werben, um ihn zu 
bitten, die Regierung und bie Beſchuͤtzung des Königreiches Polen 
zu übernehmen. Über diefe Nachricht war ber Kaifer fehr erfreut, 
und obwohl fie ihm nicht auf officielem Wege’ zugelommen, fo 
zweifelte er Doch nicht an ihrer Wahrheit und theilte fie den auf dem 
Reichstage befindlichen deutſchen Fürften mit. Als nun die polni- 
ſche Befandtfchaft wirklich zu Sigmund nach Preßburg fam, wußte 
fie von der Sache, welche der Ritter Sohannes Gamrath dem Kais 
ſer mitgetheilt, durchaus nichts, fondern fie brachte nur den Auftrag 
wegen ber Heirath und der Zipferftädte vor... Sigmund war fehr bes 
660, wohl die Duelle zu Cromer. Wladitzllaus tranf niemals Wafler, andy nie 
Bein. Deſſenungeachtet aber lebte er nicht nüchtern: er berauſchte ſich häufig 
mit gebrannten Waſſern und aß unmäßig viel. Auch warf ihm ter Bifhof von 
Krakau in einer öffentlihen Berfammlung vor, daß er die Nächte im Rauſche, 


die Tage im Schlafe zubringe, und die Meffe erft am Abende höre. Vgl. Diu- 
goss 1. XI. p. 656 sqq. 
38) Schreiben des Kaiferd an den Hocmeifter d. d. Regensburg 1, Dck, 
1433 bei Voigt l. c. &, 660. 
39) Diugoss 1, c, p. 670. 


7 Viertes Buch. Dreizehntes Kapitel. 

ſchaͤmt, bag er voreilig eine fo wenig begründete Sache veröffent- 
licht hatte. Da er es fir einen Ehrenpunct anfah, daß feine Aus⸗ 
fage fich nicht als unwahr bewies, fo fuchte er die Sefandten zu ge= 
winmen, baß ihm bie Regierung über Polen angeboten werde, in= 
bem er feierlich gelobte, daß er das Anerbieten nicht annehmen werbe. 
Die Sefandten aber, die zu ſolcher Sache nicht beauftragt waren, 
lehnten entfchieden diefed Anfinnen ab. Daher ging auch der Kai 
fer vorerft nicht auf den Heirathsvorſchlag ein*9). 

- Auch ber Congreß zu Brzeſc führte nicht zu einer Übereinkunft M 
zwifchen dem Orden und Polen, da die polnifchen Bevollmaͤchtig⸗ 
ten nicht auf die Friedenspuncte eingingen, die der Kaifer dem Hoch⸗ 
meifter gewifiermaßen vorgefchrieben hatte*ı). Sigmund hatte in 
einem Schreiben vom 26. San. 1455 dem Orden von neuem feinen 
Beiſtand zugefichert. Auch dem Großfürften Swidrigal hatte er 
Hülfe zugefagt und verfprochen, die Sache der Verbündeten bei den 
mit den Polen zu eröffnenden Friedensunterhandlungen ald bie ſei⸗ 
nige zu betreiben 42). Daher wollte der Hochmeifter auch in Brzeſc 
nicht anderd ald gemeinfchaftlich mit den Eaiferlichen Bevollmaͤchtig⸗ 
ten.die Verhandlungen mit den Polen führen. Allein diefe gingen 
auf ſolche Art der Verhandlung nicht ein. Sie erklärten, die Sache 
des Ordens und bes Kaiferd müßte voneinander abgefondert ver: 
handelt werden. Da aber ber Hochmeifter, im Bertrauen auf des 
Kaiſers Schu und Hülfe, an den Friedensbedingungen fefthielt, bie 

- 40) Diugoß 1. c. p.671 erzählt die Sache ausführlih. Lenfant 1. c. 
I. p. 31 gibt nad Gromer und andern polniſchen Chroniſten an: Le Palatin de 
Crocovie mecontent de l’dlection du roi, avait fait entendre ä Sigismond 
que l’ambassade avoit ordre de Jui offrir les r&nes du gouvernement du 
royaume et de le mettre sous sa protection. — Lenfant bemerft weiter über 
die polnifhe Geſandtſchaft, die nur von dem Heirathsvorſchlag zu handeln Ins 
ftruction hatte: Sigismond fit proposer aux ambassadeurs de leur donner 
1000 florins tous les ans, s’ils vouloient lui deferer le gouvernement de 
Pologne etc. 

41) Diugoss 673. 678. 

42) Voigt 662. Sigmund's Schreiben an den Hochmeiſter d. d. Preßburg 
15. März 1435 (Index Corp. hist. dipl. Liv. Esth. Cur. I. 294) gibt Nach⸗ 
rigt über den Gang der Unterhandlungen mit den polniſchen Geſandten. Bon 
der Geſandtſchaft des Kaifers an den polniſchen König wegen des Friedens ban- 
delt Dlugoß 685 ausführlih, 


\ 


Sigm. Theilnahme an d. polnifch. u. Deutfchorbene-Angelegenh. ıc. 285 


ihm die Ehre und das Gebeihen des Ordens zu erheifchen fchienen, 
fo kam man zu feinem Abfhluß +). Es fprach fich bei den Polen 
überall ein feindfeliger Sinn gegen jede Theilnahme ded Kaiferd an 
dem Sriedenögefchäfte aus: ja fie ließen nicht einmal die Drbendges 
fandfen an den Kaifer durch das Königreich Polen reifen, indem fie 
behaupteten, ein Artikel in einem frühen Friedensſchluſſe beflimmwe 
ausdrüdlich, daß der Orden mit dem Kaifer „unverworren bletden 
folle **). 

Da aber bie allgemeine Stimmung in Preußen ben gWueden 
mit Polen fuͤr nothwendig erklaͤrte und ein Feſthalten an des Kai⸗ 
ſers und Swidrigal's Intereſſe ein Verrath am Orden zu ſeyn ſchien, 
fo entſchloß fich endlich der Hochmeiſter, den bisherigen Weg, den 
er eingefchlagen hatte, zu verlaſſen. Als Swidrigal von neuem in 
einer blutigen Schlacht feinem Gegner, dem Großfürften Sigismund, 
unterlegen war 20) und Polen, die günftigen Umflände benutzend, 
abermals zum Krieg rüftete*%), der Kaifer aber nur mit Worten, 
Botſchaften und Ermahnungen #7), nicht in der That mit Huͤlfe und 
Gchuß bei der Hand war; fo zögerte der Hochmeifter Paul von 
NRußdorf nicht weiter, ernftlich an einen befondern Frieden mit Pos 
len zu denken 28). Bei den Verhandlungen fah er ganz von feinen 
bisherigen Verbündeten ab und behielt nur allein das Intereſſe des 
‚Ordens im Auge, weil auch fie, und namentlich ber Kaifer, ihre Vers 
ſprechungen nicht erfüllt und den Orden huͤlflos gelaffen hatten *°). 
Der Kaifer, voll Unmuth und Zorn Über den Polenkoͤnig, machte 


43) Diugoss 686 fil. 

4A) Schreiben des Hochmeifterd an den Kaifer d. d. Thorn a, T. Invent, 
Crucis 1435. Voigt 663. 

45) Schreiben des Hochmeiſters an den Kaifer d. d. Marienburg Vigil, 
Mathaei 1435 und andere Nacqrichten bei Boigt 669. 

46) Diugoss 684. Schreiben des Hochmeifterd an den Kaifer d. d. Mir 
rienburg Mont. zu Pfingften 1435. 

47) Schreiben des Kaiferd an den Hochmeifter d. d. Tirnau ». Aug. 
1435 bei Boigt 668, 

48) Schreiben des Hochmeiſters an den Kaifer d. d. Graudenz Vigil. Si- 
monis 1435 bei Boigt 670, 

49) Die Rechtfertigungsſchrift des Hochmeiſters, die er dem. Dentſchmeiſter 
zuſandte, bei Voigt 697. 


286 . Viertes Bud. Dreisehntes Kapitel, 

noch einen Verſach, des Hochmeiſters Borhaben umzuſtimmen. Ex 
ſtellte ihm die Wortbruͤchigkeit und Unzuverlaͤſſigkeit der Polen dar, 
wie fie gegen alle Zuſicherungen an den Borfällen in Litthauen Theil 
genommen, wie ed nothwendig ſey, daß fie dafuͤr geflraft werben 
müßten. Cr fuchte des Hochmeiſters Muth und Zuverficht zu heben 
und ihn mit neuen Hoffnungen zu erfüllen, indem ex verfprach, fos 
heih.er in Böhmen ald König anerkannt fey, ihm ben Eräftigfien 
Beiftand zu leiften. Sollte der Hochmeifter aber defienungeachtet 
wit den Polen in Friedensunterhandlungen treten, fo bat der Kaifer, 
behartlich an den bekannten Bedingungen feſtzuhalten 5°). 

Der. Hochmeifter aber ließ fich in feinem einmal gefaßten Cut: 
ſchluß wicht mehr wankend machen: der Friede, felbft mit bedeuten: 
den Opfern gebracht, war einmal unumgänglich nothwendig, und 
des Kaiſers Beiſtand war nicht in der Nähe. Schon nach wenigen 
Moden, am 31. Dec. 1435, war ber ewige Friede zu Brzeſc, 
deſſen Grundlage der einige Sabre früher gefchloffene 12jährige Waf⸗ 
fenſtiſlſtand bildete, zu Stande gebracht °?). Auch in dieſem Frie⸗ 
Dendvertrage war. Swidrigal ganz feinem Schickſal uͤberlaſſen und 
Sigismund von Starodub ald Großfuͤrſt von Litthauen anerfannt: 
auch in diefen Frieden war die Elaufel aufgenommen: „Wie ber 
. Sönig von Polen, fo fol der Hochmeifter auf Feines andern Anfor- 
derung, Befehl oder Anfinnen, felbft nicht auf dad des Papſtes, des 
Kaiſers, eined Königs oder einer Kirchenverfammlung dem andern 
auf irgend eine Weiſe eutgegenhanbeln ober ihn irgendwie verlegen, 
und felbft wenn der Kaifer oder feine Nachfolger den einen oder den 
andern mit Krieg überziehen würden, fol ihnen feiner gegen den 
andern Beiftand leiſten.“ Der Thormer Friede und die ſchiedsrich⸗ 
terlichen Ausfprüche, die der römifche König Sigmund zu Ofen und 
Breölau gegeben hatte, wurden für null und nichtig erklärt, wie 
auch bie Privilegien des Ordens, bie den Beflimmungen deö Fries 
dens widerfprachen. a felbft die Urkunden daruͤber mußten an den 
Polenkoͤnig auögeliefert werben. Der vieljährige Streit über den 


50) Schreiben des Kaiferd an den Hodmeifter d. d. Preßburg 6. Ron, 
4485. Boigt 671. , 
51) Dogiel cod. dipl. Polon. IV. 123, Diugoss 686. 688. Boigt 672 fü. 


Sigm. Theilnahme an d. polniſch. u. DeutfhorbenesAngelegenh. ıc. 287 
Pfundzoll, worliber der Kaifer nicht Lange vorher 52) noch eine Be 
flätigungsurkunde gegeben hatte, wurde dahin ausgeglichen, baß fich 
die polnifchen und litthauiſchen Kaufleute unter gewiflen Bebinguns 
gen, woruͤber eine vechtliche Entfcheibung nothwendig war ‚ davon 
frei machen konnten. 

Obſchon vorauszuſehen war, daß der Kaiſer dieſen Frieden von 
Brzeſc überhaupt nicht billigen werde, fo mußte ber Hochmeiſter 
doch am meiften fürchten, daß allgemeinen Zabel finden möchte, 
daß für den bisherigen Verbündeten des Ordens, den Großfürften 
Swidrigal, gar nichts ausbebimgen war. Bei’ allen Unterhante 
lungen, die der Kaifer mit dem Polenkönig betrieben, war immer 
die erfte Bedingung gewefen, daß auch Swidrigal mit in den Frie⸗ 
den eingefchloffen werde, welchen Punct aber Wladislaus durchaus 
nicht zugeftehen wellte. In einem Schreiben an Swidrigal, vier 
Wochen nach ben Abfchluß ded Friedens von Brzeſc, erklärte ber 
Kaifer, der damals noch Feine officielle Mittheilung von bem Fries 
den erhalten hatte, daß er nimmermehr fich mit Polen verſtuͤndige 
wenn nicht auch die Anfpeäche bes Großfuͤrſten berief ichtigt wuͤr⸗ 
den 53), 

Als endlich durch eine befondere Botfchaft des Hocmeifters der 
Kaiſer zu Ofen im März 1456 von dem Friedensſchluß in Kenntniß 
geſetzt wurde, gerieth ex in den höchflen Zorn. Er brady in bie hef⸗ 
figften Vorwürfe aus, wie der Orden fich habe unterfichen Binnen, 
- ohne fein Wiffen und Willen Frieden zu fchließen, als wäre er eine 
unabhängige Macht und flünde er nicht unter der Faiferlichen Aucto⸗ 
rität: mit Wortbruch und Zreulofigkeit feyen im Friedensſchluß bie 
feierlichften Verfprechungen und Werträge umgangen. Der Kaifer 
fchloß feine zornige Rede mit der Drohung: „Wir werden dafür fors 
gen, daß ihr wiflen follt, was das roͤmiſche Reich ift, oder wir 
wollen unfern Hals darum geben.” 

Die Vorftelungen der Sendboten, wie bad Wohl von Pras 
Ben den Frieden durchaus verlangt habe, fanden Fein Gehoͤr. Hoͤchſt 


52) Boigt (674) gibt an, daß die Gonfirmation datirt fey: Preßburg 
Mittw. vor Neujahr (d. i. 28, Dec.) 1435: es iſt aber nad dem Aubſtellungs⸗ 
ort das Jahr 1434 anzunehmen. Bgl. die Regeſten K. Sigmund's. 

53) Boigt 677. 


W8 Viertes Buch. Dreizehntes Kapitel, 
ungnaͤdig entließ der Kaiſer die Ordensgeſandten mit den Worten: 
„Wir gebieten dem Hochmeiſter und dem Orden bei Gehorſam und 
Vermeidung unferer fchweren Ungnade (hierbei fchlug er mit Hef⸗ 
tigkeit an feine Bruft), daß eine treffliche Botfchaft von Prälaten, 
Gebietigern, Rittern und flädtifchen Abgeordneten an und gefendet 
werde auf den Tag nah Prag, den wir demnächft zu halten geden= 
fen: wir wollen fehen, ob uns der Hochmeifter darin ungehorfam 
fegn wird 54), 
Vergeblich fuchte der Hochmeifter den Zorn des Kaiſers zu bes 
fänftigen: ed wurde von ihm die Vermittlung des Basler Conci⸗ 
liums nachgeſucht, und der Erzbifchof Theodorich von Chin um fein 
Fuͤrwort bei dem Kaifer gebeten. Es führte beides nicht zum ge: 
wünfchten Erfolge. Auch die feierliche Botfihaft, welche Sigmund 
nerlangt hatte, ward abgefendet: die Polen aber ließen fie nicht 
durch ihr Land: fie mußte wider Willen nach Thorn zuruͤckkehren 55), 
Bald fand fich der Hochmeifter in noch größerer Verlegenheit. 


Den nicht allein der Kaiſer erflärte fic) gegen den abgefchloffenen 


Srieden, fondern auch die in Baſel verfammelten Vaͤter und bie 
Komthure in Deutfchland verwarfen ihn ald ungültig und fprachen 
ſich dahin aus, bag er mehrfachen Verrath und Wortbruch enthalte. 
Beſonders anflößig war der Punct im Friedensfchluß, der Land und 
Leute an Polen übergab und die Unterthanen des Ordens der Treue 
ledig fagte, im Zalle der Frieden gebrochen und der Krieg wieder 
erneuert werde. N 

Es wollte dem Hochmeifter lange nicht gelingen, die Gunft des 
Kaiferd wieder zu gewinnen, fo fehr er fich auch bemühte, in viel: 
facher Hinficht den Wünfchen deffelben entgegen zu kommen und 


einflußreiche Perfonen am kaiſerlicheñ Hofe in des Ordens Sntereffe 


zu ziehen. Mit großer Bereitwilligkeit nahm Paul von Rußdorf 
die vom Kaifer empfohlenen Burggrafen Franz und Sigismund von 
Donyn in feinen Hofdienfb auf 5°); dem vielvermögenden Kanzler 

54) Der Geſandtſchaftsbericht bei Voigt 681. | 

55) Boigt 682 fl. 

56) Schreiben des Kaiferd an den Hochmeiſter d. d. Prag 7. März 1437 
und zwei Schreiben des Hochmeifterd an den SKaifer d. d. Marienburg am Palm« 
obend u, Mittw. vor Pfingjten 1437 bei Voigt 693. 





Sigm. Theilnahme an d. polniſch. u. Deutfchorbens-Angelegenh. ꝛc. 289 
Kafpar Schlick wurde ein prächtiger ſchwediſcher Hengſt zum Ge: 
ſchenk gefandt, als Dankbeweis für die vielfach bewiefene Geneigtheit 
in den Ordendangelegenheiten, und ein Bittfchreiben beigefügt, bei 
dem Kaifer guͤnſtigere Gefinnungen für den Orden zu erweden und 
denfelben wegen des Friedensſchluſſes mit den Polen zu vechtfertis 
gen 57), 

Mit gleicher Bitte und einem Gefchen? von acht ausgezeichnet 
ſchoͤnen rothen Jagdfalken wandte fich ber Hochmeifter auch an den 
Eaiferlichen Schwiegerfohn, den Herzog Albrecht von ſtreich, ber 
dem Orden immer geneigt ſich beiwiefen hatte und bei Sigmund in 
hohem Anfehen fland 5°), Alle diefe Verfuche, die Eaiferliche Uns 
grade zu entfernen, blieben aber erfolglos: erſt ein anderes durch 
Zufall herbeigeführtes Ereigniß ftimmte den Kaifer wieder beffer und 
günftiger für den Orden. | 

-Erich XIV, König der drei norbifchen Reiche, ein Freund 
und Verwandter deö Kaifers, war, noch ehe er den langjährigen 
Krieg gegen die Herzoge von Schleswig und Holftein und ihre Vers 
bündeten ganz beendigt hatte, mit den ſchwediſchen Reichöftänden: in 
mancherley Zerwürfniffe gerathen, die beizulegen der Hochmeifter 
eifrig bemüht war, und zwar nicht ohne glüdlichen Erfolg. Doch 
brach bald wieder neuer Streit aus, während deſſen der König auf 
einer Seefahrt nach Danzig (um Pfingflen 1457) verfchlagen wurbe, 
wo ihn Paul von Rußdorf auf das ehrenvollfie aufnahm. Sechs 
Wochen verweilte Erich in Danzig und Marienburg. In biefer Zeit 
berieth er fih.mit dem Hochmeifter über die Maßregeln, welche er 
gegen feine Feinde in Schweden zu ergreifen hätte, und bat den 
Drden um Kriegsvolk und Schiffe zur Unterflügung gegen bie wis 
berfpenfligen Unterthanen. Der Hochmeifter wilfahrte der Bitte, 
indem er zwei Schiffe ausrhften, fie mit Kriegsvolk verfehen, den 
König nach Gothland überfegen und fpäter nach) Dänemark, wo 


67) Zwei Schreiben des Hochmeiſters an den Kanzler v. 23, April und 
3. uni 1437 bei Boigt 694. 
58) Schreiben des Hochmeiſters an Herzog Albrecht v. 25, Kan. 1437 bei 
Volgt 1. c. 
Aſchbach K. Sigmund. IV. 49 


0 Viertes Buch. Dreizehntes Kapitel. 

ebenfalls Widerſtand und Empoͤrung gegen Erich's Regierung fidh 
gezeigt hatte, begleiten ließ 59). 

Schon hatte die Fama verbreitet, König Erich hätte aus feinen 
Ländern flüchten müffen und er fey gefonnen, im Ordensgebiet in 
Preußen künftig ald Ftüchtling feinen Wohnfig aufzufhlagen. Der 
Kaiſer, der am Schidfale feines Freundes nicht wenig Antheil nahm, 
hatte ſich Auf ſolche Kunde an den Hochmeifter gewendet mit der 
Bitte, ihm genaue Nachricht über die Sache mitzutheilen 60). Dies 
ſes that derfelbe auch ungefäumt und fügte die für Sigmund berus 
bigende Verficherung bei, daß die Dänen ihren König mit Sehn⸗ 
ſucht zuruͤckerwarteten. Nicht lange hernach bewies ber Kaifer, 
baß er beteitö dem Orden wieber günftiger geftimmt fey, indem er 
ihm alle durch die Hufliten entriffenen Güter wieder zurückgeben 
Bst), 

Diefe Umänderung in der Gefinnung des Kaiferd gegen den 
Drden aber kam noch grade zu rechter Zeit, um das Gewitter, das 
von mehreren Seiten fich gegen den Hochmeifter zufammenzog, wie 
der zu zerſtreuen. Bereits hatte unter ber Führung des Deutſch⸗ 





59) Schreiben ded Hochmeiſters an den Katfer d. d. Marienburg 7. Aug. 
2437 bei Voigt 696. Spondan. ad ann. 1436. n. 13. Bol. Geijer Geſqh. 
v. Schweden I. 200 fl. Dablmann Gef, v. Dännemarf II. 154— 163 (neh 
den dänifchen Quellen befonders). Barthold Gef. v. Pommern IV. 1. S. 110 fl. 
Barthold (S. 114) behauptet gegen die Angabe der dänifhen Geſchichtſchreiber, 
dag Erih nicht 1436, fondern erft 1437 nad) Danzig gekommen ſey. Grid, 
der im 3.1439 vollftändig die Regierung niederlegte, 308 fich nach Pommern 
zuruͤck, wo er 1459 im Alter von 77 Jahren ſtarb. Diefer König, ver nad 
Art der unfähigen Regenten, ſchwach und tyranniſch regierte, war aud in relis 

' giöfer Hinſicht ein ganz widerſpruchsvoller Character: er zeigte aͤußerlich große 
Frömmigkeit und Zuneigung zu der Geiftlihfeit: dann aber verfolgte er fie wie 
der mit aller Rüdfihtslofigkeit und Brutalität. Weil der Papft fi in den Streit 
mit den Grafen von Holjtein eingemifht hatte, war cr gegen denfelden in großer 
Wuth. Einem päpftlihen Abgeordneten, der ihm eine Bulle überreihte, flug 
er das Bleifiegel in’5 Gefiht, daß das Blut zur Nafe herausſtrömte. Gr wollte 
fogar den Mißhändelten zwingen, die Bulle zu verſchlucken. Cr hielt ihn lange 
in harter Gefangenſchaft. 

60) Boigt 1. c. 

61) Schreiben des Kaifers an den Hochmeiſter d. d. Prag 10, Sept. 1437. 
Boist lc 








Sigm. Theilnahme an d. polniſch. u Deutſchordens⸗Angelegenh. ꝛc. 291 
meiſters, Eberhard von Sansheim, der bei dem Kaiſer ſehr viel 
galt, und auf dem Reichstag in Frankfurt deſſen Perſon vertrat 62), 
ein großes. Ordendfapitel in Frankfurt flattgefunden, worin ber Be: 
fehluß gefaßt wurde, daß den Statuten des Hochmeifters Werner 
von Orfeln gemäß, die vom Kaifer Sigmund den 1. Auguft 1437 
beflätigt wourden 62), der Deutfchmeifler den Hochmeifter Paul von 
Rußdorf zu Rede ftellen follte über fein geſetz⸗ und ordnungswid⸗ 
riged Handeln. Es war eine Art Auflehnung und der erfte Schritt 
zur Abſetzung des Hochmeifters, daß der Deutfchmeifter fich über 
feinen Gebieter erhob und fich bei feinen rebellifchen Schritten auf 
veraltete Statuten berief, die erft durch die Eaiferliche Beftätigung 
wieber neue Gültigkeit erhalten follten. 

Ohne ber Rechtfertigung bes Hochmeifters ein geneigtes Gehör 
zu fchenfen, wurbe ein neues Orbensfapitel nach Mergentheim aus: 
gefchrieben, und dorthin der Hochmeifter durch ein Schreiben des 
Deutfchmeiflerd vorgeladen, worin er mit vielen Vorwürfen von 
Unreblichkeit in der Verwaltung, von Vergehungen gegen Kirche und 
Reich, gegen bed Ordens Ehre und Wohlfahrt, von vielfachen Ge: 
fegwidrigfeiten gegen die Ordensregeln uͤberhaͤuft wurde 6*). 

Zu derfelben Zeit, wo der Hochmeifter eine fchimpfliche Abfes 
gung auf dem Tage zu Mergentheim erwarten mußte, Fam ihm von 
Baſel die Kunde, daß der Kaifer darauf audgehe, vom Papft und 
dem Goncilium die Zuftimmung zu erhalten, den deutfchen Orden in 
Preußen gänzlich aufzuheben. Derfelbe follte an bie Grenze der 
Türken verfegt werben, weil er dort feiner eigentlichen Beſtimmung, 
dem Kampfe gegen die Ungläubigen, beffer obliegen koͤnne. Wenn 
die Vereinigung der griechifchen Kirche mit der römifchen erfolgt fey, 
fo wolle man die Deutfchherren mit dem Sohanniterorden verfchmel: 
zen, dad Land Preußen aber, meinte man, Pönnte dann unter bie 
benachbarten Zürften getheilt werden 6°). 


62) Boigt 699. 
63) Jaeger cod. dipl. ordin. Teuton, ann. 1437: die kaiſerl. Confirma⸗ 
tion ift datirt Eger 1. Aug. 1437, 
64) Voigt 697 fll. 
65) Schreiben des Ordens » Prochratord ah den Hodmeifter d. d. Bafel 
1, Sept. 1437 bei Voigt 1. c. 
19 * 


292 Viertes Buch. Dreizehntes Kapitel. 


Aus biefer höchft bedenklichen Lage rettete zwar ben Orden der 
Tod des Kaiferd. Aber der Hochmeifter blieb mit dem Deutſchmei⸗ 
fler in Streit verwidelt, fo fehr auch Sigmund's Nachfolger, K. Als 
brecht, dem Orden gewogen war. Die Abdankung Pauls von Ruß: 
borf vom Hochmeifteramt (am 2. Ian. 1441) war endlich die Folge 
bed ewigen Zriedend von Brzeſc, den er wiber Wiflen und Willen 
Kaiſer Sigmund's geichloffen hatte. 








Dierzehntes Kapitel. 


Weitere Unterhandlungen mit den Böhmen bis zu Sigmund’s 
Einzug in Prag. 1455 und 1436, 





So nahe man nach dem Abſchluß ber Compactaten die Zuruͤck⸗ 
führung der Böhmen unter Sigmund’3 Herrfchaft glaubte, fo war 
man doch noch weit entfernt von diefem Ziele. Auch felbft als bie 
widerfpenftigen Zaboriten durch bie Calirtiner überwunben und zer 
fprengt waren, dauerte ed noch zwei Jahre, ehe Sigmund von der 
böhmifchen Nation die Anerlennung als ihr rechtmäßiger König 
erhielt. 

Es hatte der böhmifche Adel, der großentheils Eatholifch ges 
blieben war, wenn er auch dem dußern Schein nach zu den Calixti⸗ 
nern fich beizählte, große Anftvengungen gemacht, die Böhmen zur 
Anerkennung der Rechte Sigmund's an den Thron zu flimmen. 
Aber die buffitifche Geiftlichkeit, welche die Maffe des Volkes bes 
berrfchte, wirkte dagegen. Dieſes zeigte fich auf dem Prager Land: 
tag, der im October 1434 gehalten wurde, auf dem Die vom Re: 
gensburger Reichstag zuruͤckkehrende böhmifche Botfchaft von ihrer 
Miffion Bericht abflattete und die von Sigmund erhaltene Antwort 
und fein Verlangen, ald König anerkannt zu werden, vortrug!), 


1) Bartoss. Chron. p. 191. Pulkavae Contin. p.170: Die Sabbati 
post fest. S. Galli denuo Comicia fuerunt Prage, ubi sacerdotes concor- 
diam iniverent, et unionem fidei Christiane, exceptis Taboriensibus et su- 
prascriptis civitatibus (von Kolin, Tabor, Pifet, Saas, NeusBunzlau) et 
quibusdam eis adherentibus, Proceres autem Bohemie et Moravie nuncios 
miserant cum civitate Pragensi ad dominum suum hereditarium Imp. Si-' 


J 


294 Viertes Buch. Vierzehntes Kapitel. 


Sigmund hatte bereitd viele Eonceffionen in Ausficht geftellt 2): je⸗ 
doch fürchtete er, mit den Eirchlichen Auctoritäten in Conflict zu ge- 
tathen, wenn er zuviel einraͤumte. Er hatte daher nur allgemeine 
Verfprechungen unter mancherley Vorbehalt gegeben, welche den 
mißtrauifchen Böhmen keinesweges genügten ®). 

Nachdem einige Werfammlungen fruchtlod abgelaufen, veran⸗ 
flaltete der Statthalter des Königreichd, Alerius von Riefenberg, aber: 
mald einen Landtag nach Prag auf den 14. Febr. 14355, wo man 
fich berieth, wie die huffitifchen Theologen fich vereinigen und un= 
ter welchen Bedingungen die Böhmen Sigmund ald ihren König 
anerkennen Eönnten. Dan verglich fich endlich über vierzehn Ar⸗ 
titel, die derfelbe vor der Befignahme des Thrones zu beſchwoͤren 
und zu beftätigen habe. Sie lauteten aber wie folgt: 

4) Die vier mit dem Concilium abgefchlofjenen Artikel, bie Com: 
paactaten, werben beobachtet. 

2) Huffitifche Priefter werden am böhmifchen Hofe zugelaffen. 

3) Es werden keine neuen Burgen angelegt umd ebenfo wenig 

-findet ein Zwang flatt, die Mönche wieder anzunehmen. 

4) Die Univerfität Prag wird vollftändig wieder hergeflellt wie 
auch die Hofpitalgüter. 

5) Die zerftörten böhmifchen Klöfter werden nicht wieder aufge- 
baut. 


gismundum in Hungariam Presburgum. Cf. Hagek S. 743, Pessina Mars 
Mor. p. 591. | 

2) Pulkavae Cont. 1. c. Dominica ante festum S. Thome (1434) nun- 
cii venerunt Pragam a rege Sigismundo, ob quos audiendos Pragenses to- 
cius Triurbii communitatem convocarunt. 

3) Der Kaifer ſchreibt an das Eoncilium (Prefburg 6. Zan. 1435) bei 
Martene coll. ampl. VIII. 789: Pridem sacris literis nostris significarimus 
V.R, P. conditiones rerum Bohemiae et maxime ea quae nostrae Majestati 
proxime per Bohemos sunt reportata. — Verum quia nonnulli pacis et 
quietis aemuli forsitan hoc opus bonum conabuntur turbare, ita ut rigore 
gladii et subsidio illorum, qui se retraxerunt ab eis, venient reprimendi, 
quibus ut propter extenuationem eorum subveniatur necesse erit: idcirco 
habendo super re illa cogitationes diversas, commisimus nobili Conrado 
domino de Winsperg etc., ut V. R. P. in his et nonnullis aliis rebus Bo- 
hemicis mentem et desiderium nostrum aperiat. 








N 


Weitere Unterhandt. mit d. Böhmen bis zu Sigm. Einzug in Prag. 295 


6) Dem Königreiche Böhmen werben die frühern Privilegien res 
flituirt und die Reichskleinodien zuruͤckgebracht. 

7) Innerhalb der Kirchen in Böhmen wird böhmifch gepredigt, 
außerhalb berfelben kann deutfch gepredigt werbeh. 

8) Im königlichen Rath und Gericht dürfen Feine Fremden feyn, 

9) Die Verwandten dürfen uͤber die Heirathen ber Waifen vers 

fuͤgen. I 

10) Die Bergſtaͤdte werden in ihre alten Rechte reſtituirt und gute 

Muͤnzen gepraͤgt. | | 
11) Bei Abwefenheit des Königs, wenn ein Statthalter eingefeßt 

wird, fo darf zu diefer Stelle nie ein Fremder ernannt werben, 

fondern immer nur ein gebomer Böhme. 
12) Es muß. geftattet ſeyn, den Juden das geliehene Geld ohne 

Zinfen zurüdzuzahlen. 

135) Es darf Fein Zwang ftattfinden, die vertriebenen oder entflo- 
henen Bürger wieder aufzunehmen. | 
414) Eine allgemeine Amneftie muß erlaflen werben *). 

Als man im Begriff war, mit diefen Artikeln eine Selandtfchaft 
an den Kaifer nach Ungarn abzuſchicken, erfchienen von biefem Ab: 
geordnete in Böhmen. Was ſie mit den Böhmen verhandelten, iſt 
nicht befannt. Die Unterhandlungen aber geriethen offenbar in’s 
Stoden: vielleicht waren die Unruhen, die von neuem im Königreich 
ausbrachen, fehuld daran. Die Parteien ftritten fich Über den Bes 
fit von Kolin: endlich verglich man fich dahin, daß diefe Feſtung 
einftweilen duch Mainhard von Neuhaus befegt werden ſollte 5), 
Aber auch die Taboriten regten fich wieder von neuem. Indeſſen 
Heinrich Placzeck und Ulrich von Rofenberg ihre Veften erflürmten 
und ihnen einige Niederlagen beibrachten 6), verfammelte ficy die 
buffitifche Geifllichkeit in Beraun: nach heftigem thenlogifchem Ger 


4) Theobald c. 88. Pessina Mars Moraviae ad ann, 1435. p. 594. Bgl. 
Lenfant II. 32 sq. Pelzel Gef. der Böhmen II. 410. 

5) Bartoss. Chr. p. 192. Tessina Mars Morav. p. 593. 

6) Pulkavae Cont. p.170. Cf. Pessina 1. c. p.592 sqq. Daß die Ta⸗ 
boriten mit Rokyczana verfielen und fi) mehr an den Engländer Peter Peyne an- 
ſchloſſen, fi überhaupt nicht den Befhlüffen der Mehrheit auf den Landtagen 
fügten, erzählt nad) alten Nachrichten Theobald c. 83. . 


W6 Biertes Buch. Vierzehntes Kapitel. 


zaͤnk trennte man ſich unverrichteter Dinge”). Auch Abgeordnete 
des Basler Conciliums waren (im Juli 1435) nach Beraun gekom⸗ 
men: auf ihre Aufforderungen und Bitten wurden die Unterhand⸗ 
lungen wieder aufgenommen und endlich zu dem glüdlichen Refultat 
geführt, daß die huflitifchen Priefter nicht nur von der Calixtiniſchen, 
fondern auch von der Zaboritifchen Partei fih zur Annahme der 
Gompactaten bereit erklärten ®). 

Mittlerwelle hatte fih der Kaiſer mit feinem Schwiegerſohne, 
dem Herzog Albrecht von Öſtreich, nach Maͤhren begeben, um in 
der Naͤhe, von Bruͤnn aus, die Unterhandlungen mit den Boͤhmen 
deſto nachdruͤcklicher zu führen. Hier kam auch die zahlreiche boͤh⸗ 
miſche Geſandtſchaft, die vierhundert Pferde mitbrachte, zu ihm ?): 
nicht aber im befcheidenen Aufzuge, wie bie von reumüthigen zum 
Gehorſam zuruͤckkehrenden Unterthanen, fondern wie die einer fieg- 
zeichen Macht 20). Unter Trompetenfchall hielten die Böhmen ihren 
feftlichen Einzug in Brünn. Der Kaifer empfing fie freundlidy und 
ließ ihnen zur Beherbergung anftändige Wohnungen anweifen. Die 
Sefandtfchaft beftand aus Abgeorbneten aller Parteien und repraͤ⸗ 





\ 

7) Theobald c. 84. Bgl. Lenfant 1. co. p. 33, 

8) Lenfant I, c, Bon Wien aus ſchreiben die Abgeordneten des Gonti« 
liums nad Bafel (11. May 1435) bei Martene coll. ampl. VII. 813: De 
negotüs Bohemige, sicut V. P, notum fecimus, ad dominicam in Albis 
apud Bruinam fuit condicta diaeta. Postmodo scripsit nobis seren. prin- 
ceps Imperator, quod ad 8 dies fuerat prorogata, hortans nos illo ibi 
adesse tempore, quo et ipse infallibiliter non deesset: quo termino pen- 
dente misit unum baranem Bohemiae de familia sua nomine Pata, petens 
dom. ducem Albertum et nos ad ejus accedere majestatem (nad Prefburg, 
wobin fih dann die Gefandten begaben). 

9) Pulkavae Cont. 1. c. Die Lune post fest, s. Trinitatis Proceres Bo- 
hemie cum Pragensibus perrexerunt ad Imperatorem Brunam, quibus se as- 
sociavit Magister Rokyczana, Zatecenses et Lunenses. Bartoss. Chr. p. 193 
nennt die böhmiſchen Berren und die Parteihäupter. Die Unterhandlungen wur« 
den geführt de unione et pace Bohemiae et Moraviae et Slesiae terrarum. 
“ Annal. Boh. b, Palacky III. ad ann. 1435. Bgl. Pessina Mars Mar. p. 59. 

10) Hagek 8.743; „Als diefelben in die Stadt einzogen, ließen fie ihre 
Trommeten aufblaßen. Der Kaifer ſah zu einem Zenfter heraus und ed ward 
beſtellt, daß fir der Herold alsbald in die Herberg seid Canftändig) infuris 
ren ſollte.“ 


Meitere Unterhandl. mit d. Böhmen-bis zu Sigm, Einzug in Prag. 297 


fentirte alle Stände: ben Adel, die Ritterfchaft, die Städte, die 
buffitifche Geiſtlichkeit. Auch Johannes Rokyczana befand fich da⸗ 
bei. Man überreichte dem Kaifer die genannten 14 Artikel und ver- 
ſprach, ihn ald König von Böhmen anzuerkennen, wenn er biefel: 
ben annehme und befchwöre 12), Sigmund war entfchloffen, um 
jeden Preiß endlich zum Beſitz des böhmifchen Thrones zu kommen: 
er zögerte Daher auch nicht weiter, vorläufig mit den böhmifchen Abs 
georbneten eine Übereinkunft abzufchließen, worin er feine Zuſtim⸗ 
mung zu der ihm vorgelegten Capitulation gab, und namentlich ihnen 
wegen ber ungeflörten Ausübung ihres huffitifchen Glaubens auf 
Grundlage der ihnen vom Coneilium zugeſtandenen vi vier Artikel Ver: 
- fiherungen ertheilte (Juli 1435) 116), 

Als der Kaifer meinte, mit den Böhmen im Reinen zu feyn, 
erhob ſich ein neuer Zwift. Abgefandte des Basler Conciliums trafen 
ebenfalls in Brünn. ein, wie Sigmund beftimmt hatte. Sie gaben 
den böhmifchen Abgeordneten die Antwort des Gonciliumd in Bezug 
auf einige zu erläuternde Puncte in den vier Artibeln. Die Kixchen- 
verfammlung wollte eine Stelle über die Kirchengüter anders aus⸗ 
legen oder. vielmehr gefaßt haben, ald die huffitifchen Priefter 12), 
Daruͤber gerieth man in fo heftigen Streit, daß es ſchien, dag Als 





118) Winde c. 205: Alſo komen zum Faifer (nad Prefburg) die bebes 
mifhen Jantherren vnd die Pezerifchen Huffen und vbertrugen do mit dem kaiſer 
einen gutlichen tag zu halten gein Prun in Merhern. Do komen zu Im gein 
Prun die behemiſchen vbereins vnd die Pregar mit vir hundert pferden, vnd 
vbertrugen do gutlichen, als ſie den kaiſer aufnehmen wolten als iren rechten 
erbherren als er auch was. Bel. Hagek S. 743. Pessina de Czechorod, 
Mars Moraviae p. 594. 

116) Müller Reichſtags⸗Theat. V. 236, Dumont II. 2, p. 297. Das 
Diplom für Prog d. d. Brünn 6. Zuli 1435 bei Goldast de regno Boh. 
‚App. II. 286. 

12) Pessina Mars Morav. p. 594 sq. faßt ed fo Furz zufammen: Bohemi 
in libello seu formula concordiae peterent emendari solum clausulam illam, 
qua circa bona eoclesiastica asserebant legati: non posse ea ab aliis usur- 
pari, absque sacrilegii reatu. Ejus proinde loco volebant simpliciter 
‚poni: non posse ea ab aliis injuste detineri. — Utrisque in sua sen- 
tentia persistentibus, interposuit se Imperator et ne — — negotium prae- 
sens careret optato exitu, censuit, ut quidam ex legatis Basileam redirent 

eto. reliqui. interea Viennae exspectarent. 





298 Viertes Buch. Vierzehntes Kapitel. 


les, was bisher zur Verſoͤhnung geflihrt hatte, wieder in Frage 
geſtellt wuͤrde. Der Kaiſer wollte nicht die bisherigen Anſtrengun⸗ 
gen zur Zuruͤckfuͤhrung der Böhmen wegen eines Nebenpunctes 
verfcherzt haben: er bewirkte eine Vermittlung. Einer der Gefanbe 
ten des Conciliums wurde nach Baſel geſchickt zur Einholung neuer 
Snftructionen und neuer Vollmacht. Mittlerweile, bis biefer zuruͤck⸗ 
kehrte, follten die Abgeordneten fowohl des Eonciliumd, wie auch 
der böhmifchen Stände ſich bei dem Kaifer zu Stuhlweißenbung in 
Ungarn einfinden, um fodann den Frieden und die Wereinigung 
zum endlichen Abfchluß zu bringen 1°). 

So wurde die Sache von Landtag zu Landtag, von einer 
Botfchaft und Zufammenkunft auf die andere verfchoben. Auf 
dem neuen Landtag zu Prag (am 21. Sept.),. wo man bie 
böhmifchen Stände von der Annahme der 14 Artikel durch Dem 
Kaifer in Kenntniß fegte, erſchien auch Sigmund's Kanzler, ber 
gewandte Staatömann und vortreffliche Redner Kafpar Schlick. 
Er wußte die Stände fo gefchit und Elug zu bearbeiten und 
zu gewinnen, daß fich gegen die Anerkennung Sigmund’s unter 
den bekannten Bedingungen weiter keine Schwierigkeit erhob. Die 
böhmifchen Stände machten eine feierliche Adhaͤſion zu den Com⸗ 
pactaten und bevollmächtigten ihre nach Stuhlweißenburg gefchid> 
te Gefandtfchaft, die Sache mit dem Kaifer und den Bevollmaͤch⸗ 
tigten des Gonciliumd zum Abfchluß zu bringen (21. Detbr.) 1%), 
13) Die Anficht des Gonciliumd, das nicht alle Forderungen der Böhmen 
bewilligen wollte, in der Besponsio facta ambass. Imperat. v. 29, Det. 1435 
bei Mansi Concil. XXIX. 412.sq. Bzov. ad ann, 1435. n. 9. wo auch bie 
anderen Forderungen der Böhmen erwähnt werden. 

14) Bartoss. Chr. p. 193: A. 1435 ipso die SS. andecim millium vir- 
ginum (21. Dct.) fuit magnus concursus Baronum — — armigeri, clien- 
tes, cives et civitates de Bohemia in civitate Pragensi congregati, qui tunc 
multis tractatibüus praehabitis concluserunt de pace regni et consenserunt in 
dominum regni Bohemiae sub certis conditionibus et articulis, qui ipsis 
pro bono regni utiles esse videbantur, videl. in Dom. Sigismundum Imp., 
qui tunc in Ungaria in Novograd curia morabatur. — Pulkavae Contin. 
p. 170: Ordinaverant Comicia celebranda Prage in festo S. Mathei (21. 
Sept.) Windel c..205 u. 206, wo ein Schreiben d.d. Prag, Sonntag nah 
Elftaufend Jungfr. über Kaſpar Schlick's Erfolg und den Jubel der Böhmen 
bei der Publication deö Friedens, Vgl. Theobald c. 84. Über die von den böhm, 








U 


Weitere Unterhandt. mit d. Böhmen bis zu Sigm. Einzug in Prag. 299 
Nur wenige Zaboriten s Gemeinden beharrten noch im Wider 
ſpruch 1°). 

Nachdem der Kaifer Brünn verlaffen hatte, begab er fich über 
Zirnau und Preßburg nach Großwardein zum Grabe des heiligen 
Ladislaus, um an dem Grabe diefes feines geiftlichen Patrone fein 
Gebet zu verrichten wegen eined glüdlichen Ausgangs ber böhmir 
ſchen Angelegenheiten 16). Wir finden, daß Sigmund in den cris 
tifcheften Momenten feine Lebens ſich am Grabe ded genannten 
Heiligen Raths erholte und feine Entfchlüffe faßte. Die in Brünn 
verfammelten Böhmen hatten Mehreres noch von dem Kaifer vers 
langt, was nicht in den Compactaten enthalten war: ja was zum 
Theil zum NRachtheil der Kirche diefen widerſprach. Einige Räthe 
waren wie Sigmund felbft der Meinung, nachzugeben und die feier» 
lichen Verficherungen auszuftellen, um endlich einmal in den Be 
fig der böhmifchen Krone zu fommen. Doch regten fich in dem 
Kaifer wieder Zweifel, ald der Termin des Congreſſes von Stuhl 

weißenburg berannahte, ob er folche Zugeftändniffe in feinem Ges 
wiſſen verantworten koͤnnte. Damald berief der Kaifer auch aus 
Bosnien den Generälvicar der Minoriten, den Srater Jaco bus 
Dicenus de Marchia, zu dem er ein ganz befondered Vertrauen 
hatte. Man behauptet, diefer Minorit habe dem Kaifer den wenig 
morglifchen Rath ertheilt, den Tegerifchen Huſſiten Alles zu ver 
fprechen, aber nicht3 zu halten. Wenn auch gewiß ift, daß ber 
Frater Jacobus, ein eifriger Verfolger der Keber in Ungarn, als 
Gewiffensrath von Sigmund vielfach befragt wurde, fo bürfte Doch 
keinesweges ausgemacht. feyn, daß derfelbe dem Kaifer folchen hin: 
terliftigen, fchändlichen Rath ertheilt habe. Der Minorit gehörte zu 
den Männern, die nicht mit der Keßerei und Schlechtigfeit verhan⸗ 
delten, fondern ber geradezu mit offenen Waffen auf Tod und Leben 
fie befämpfte. So zeigte er fich überall in Ungarn und erfuhr deß⸗ 


und mähr, Ständen auf dem Landtag an den Kaifer und das Goncil oder an 
deffen Bevollmaͤchtigte beorderte Geſandtſchaft gibt das von dem Statthalter aus⸗ 
geftellte Document bei Cochlaeus p. 288 Ausfunft u, Lenfant 1. c. II. p. 34. 
15) Windel c. 206: Etlich wenig Thabern, die lieber krieg gelobt hetten. 
Hagek ©. 743. 
16) Windel c. 208 u. die Regeſten von ben legten Monaten deb X. 1435. 


300 Viertes Buch. Vierzehntes Kapitel. 

halb zahlloſe Verfolgungen ſelbſt von Seiten des hoͤhern katholifchen 
Clerus. Wenn Sigmund in Großwardein einen wenig ehrenvollen 
Entſchluß gefaßt hat, ſo iſt er ſicher nicht auf Rechnung des Raths 
des Minoriten⸗Generalvicars zu ſetzen 17). 

Von Großwardein begab ſich der Kaiſer nach Preßburg zurück, 
wo er im letzten Viertel des Jahres 1435 ſich aufhielt. In den 
erſten Tagen des folgenden Jahres zoͤgerte er nicht, zur beſtimmten 
Zeit in Stuhl weiß enburg ſich einzufinden. Zugleich waren da⸗ 
ſelbſt die boͤhmiſchen Geſandten 28) und die Basler Abgeordneten 
angekommen. Letztere hatten auch eine Milderung in den Erlaͤute⸗ 
rungen zu den vier Artikeln mitgebracht 10). So war der bisherige 
Hauptanftoß weggeräumt. Der Friede Eonnte nunmehr definitiv 
abgefchloffen werden: eineötheild zwoifchen dem Concilium und den 
zur Kirche zuruͤckkehrenden Böhmen, andererfeitd zwiſchen Sigmund 
und den die Luxemburger Herrfchaft wieder anerfennenden boͤhmi⸗ 
ſchen Nation. Im zwei Urkunden vom 6. u. 8. Jan. 1436 verficherte 
ber Kaifer und fein Schwiegerfohn Albrecht, fein beflimmter Nach⸗ 
folger in den Luremburgifchen Erbländern, alle zwifchen dem Con⸗ 
cilium und den Böhmen abgefchloffenen Artikel genau und getreu 
zu erfüllen, und beftätigten fie feierlichft durch ihre Unterfieglung 2°). 
Den Böhmen und Mähren wurde Schus und Schirm gegen Alle 
und Jedermann zugefichert. Auch gab der Kaifer fobann der Calix⸗ 
tinifchen Geiftlichkeit die Erlaubniß und Freiheit, ihren Erzbifchof 
von Prag und deffen zwei Suffraganbifchöfe ſich ſelbſt zu waͤhlen 21), 





17) Engel Ungr. Geld. I. 338, wo aber der Zrater Jacobus fehr var 
teiiſch geſchildert ift. 

18) Bartoss. Chr. p. 194. 

19) Mansi Concil. XXIX. p. 605. Berfammiung des Goncils v. 8. Jan. 
1436, Cf. Pessina Mars Mor. p. 595. 

20) Cochlaeus VIII. 283. Goldast Const.'Imp. III. 454. Raynaldi ad 
ann. 1436. n. 16 u.17. Pray Ann. Hung. 317 sgg. 

21) Bartoss. Chr. 1. c. Magistrum Joh. Rokyczanuım in Archiepisc. 
Prag. proclamaverunt. Pulkav. Cont. l. c. In his comiciis (21. Sept. 1435) 
eligendi fuerunt Archiep. Pragensis et duo Suffraganei. Leibnitz Mantiss. 
II. 141. gibt die Urf, Sigmund's d. d. Albae Regali 6. Jan. 1436, worin die 
Zugeftändniffe enthalten find. Vita Rockizan. p. 20. wo die Urkunde Gig- 
miund's darüber, CA. Theobald c. 84. Lenfant II. 47. 


— 
» 


Weitere Unterhandl, mit. Böhmen bie zu Sigm. Einzug in Prag. 31 


wobei fie feine andere ald die Fönigliche Beftätigung nachzufuchen 
hätten: und zwar follten fie diefe ohne die frühern Koften und Obs 
liegenheiten erhalten 22). Auch verfprach Sigmund auf fein kai⸗ 
ferliches Wort fich beim Papſt und dem Concil zu verwenden, daß 
alle Puncte, die er zugeftanden hatte, wirklich ihre Bollziehung und 
Ausführung erhielten. Um die böhmifchen Stände noch guͤnſtiger 
für Sigmund zu flimmen, fo wurden die Böhmen in Stuhlweißen⸗ 
burg nicht nur auf bad gnädigfte und hulbreichfte aufgenommen, 
fondern auch überaus reichlich beſchenkt. Der Kaifer ließ unter fie 
60,000 Gulden und eine Menge Schlachtvieh vertheilen 23), 

Schon zwei Monate fpäter (11. März) befldtigte Papſt 
Eugen IV die Stuhlweißenburger Übereinkunft, indem ex 
an die böhmifchen Stände eine befondere Bulle richtete und ihnen 
Gluͤck wünfchte zu ihrer Rückkehr in den Schooß der Kirche 22). 

Sn Böhmen felbft nahm man bald nach der Ruͤckkehr der Ges 
fandtfchaft (im März) die neuen Bifchofswahlen vor. Johannes 
Rokyczana wurde zum Erzbifhof von Prag erhoben: zwei 
huffitifche Priefter Martin Lupacz und Wenceslaud von Maut bes 
ſtimmte man zu feinen Suffraganbifchöfen 2°). 

Da die böhmifchen Stände die Stuhlweißenburger Übereinkunft 
genehmigten, fo hätte man denken follen, daß num gar Fein Hin- 
berniß mehr beftand, daß nicht Sigmund fogleich den böhmifchen 
Thron in Befik nahm. Allein die Böhmen, die immer noch voll 
Mißtrauen waren und manchen Zweifel in die Erfüllung der ges 

22) Ludewig rel. MSS. IV. 306. Pray Annal. Hung. If. 317 sqq. Die 
Urk. bei Leibnitz 1.:c. fagt: Electi per nostram dispositionem debitam — 
confirmabuntur et in Episcopos consecrabuntur absque quavis pro confir- 
matione, Pallũ exhibitione aut etiam Notariis’ persolutione. 

23) Aen. Sylv. hist. Boh. c. 52: Vocatis ad se Bohemorum princi- 
pibus, in Alba regali sexaginta millia nammorum inter eos distribuit pe- 
coramque maximum numerum. So auch ded Aneas Sywius Ausſchreiber 
Nauclerus im Chronic. II, 454. 

24) Raynaldi ad ann. 1436. n. 18. 

25) Pulkav. Cont. p. 171: Quando nuncii reversi fuerunt ab Impe- 
ratore, denuo instituta sunt Comicia Prage — ubi civitates consensum de- 
derunt pro Imperatore. In his comiciis etiam elegerunt Mag. Rokyczanum 
in Archiep, Prag., sacerdotem Martinum Lupac et sacerdotem Wenceslaum 
de Mutha suffraganeos, Hagek &, 744, 


302 Viertes Buch. Vierzehntes Kapitel. 
ſchehenen Zufagen ſetzten, fchrieben noch eine Förmlichkeit vor, ehe 
fie Sigmund als ihren König aufnahmen. Sie fandten ihm eine 
Deputation aus ihrer Mitte an bie Grenze ded Königreiches entges 
gen nad Iglau?‘) Dahin waren auch die Abgeordneten Des 
Basler Eonciliumd gelommen, die Prager Compactaten vollflänbig 
in Ausführung zu bringen?7). Der Kaifer war fon im Anfang 
Juni wit feinem Schwiegerfohne, dem Herzog Albrecht, in Iglau 
eingetroffen 2°), nachdem er fich zuvor einige Zeit bei ihm in Wien 
aufgehalten hatte 20). Beide befchworen, die Gompactaten nach ihrem 
ganzen Inhalte beobachten und aufrecht halten zu wollen, mit dem 
feierlichften Eide (am 12. uni) 30), und bie Legaten fiellten bie 
Vollziehungsutrkunde der Gompactaten (am 5. Juli) aus 21). Eine 
Reihe von Urkunden zur Sicherung und Beruhigung der Böhmen 
ließ darauf ber Kaifer anfertigen?) Am 5. Juli erklärte der 
Kalfer in einer Urkunde, daß die Böhmen und Mähren das Abenb- 
mal unter beiden Geftalten empfangen: dürften 3°): am 22. und 23. 
beffelben Monats geſtand er in zwei andern Urkunden zu, daß bie 
böhmifchen Städte nicht gezwungen werben follten®*), die vertries 
benen- Geiftlichen wieder aufzunehmen, und daß die Bifchofswahlen 
freigegeben werben 35). 

Pit diefem Allem waren bie Böhmen noch nicht zufrieden: je 
"mehr der Kaifer bewilligte, deſto größere Forderungen flellten fie. 


26) Bartoss. Chr. p. 19. 
27) Mansi Concil. XXIX. 612. Raynaldi ad ann. 1436. n. 17. Aen, 


Sylv. hist. B. c. 52. Lenfant II. 41 nad Wolfenbüttler handſchriftlichen Dos 
cumenten. 
23) Bartoss, Chr. 1. c. Windel c. 208 u, 209. Hagek S. 744. 

29) ©. Negeften beim 13. May 1436. 

: 30) Rab Engel Ungr. Sch. am 7., nah Buchner bayı, Gef. am 

12, Zuni: f. die Negeften, 

31) Leibnitz Mantissa II. p. 150. 

32) Cochlaeus VIII. 271 sqq. Leibnitz Mautiss. II. 138 sqq. Gold- 


ast Const. Imp. III. 45%. Raynaldi ad ann. 1434. n. 17. Cf. Lenfant II. 


42 45. 
33) Goldast Const. Imp. IU. 454. Dumont III. 1. p. 8. Lünig C. 


G. D. I. 1446. 
34) Lünig 1. o. 1414. Rousset I. 2. p. 318. Theobald c. 85. 


35) Goldast de regno Boh. App. 291. Lünig Spic. ecel. c. IH. f. 138. 





J 


Weitere Unterhandl. mit d. Böhmen bis zu Sigm. Einzug in Prag. 303 


Schon war Sigmund Über den Wortlaut der Eompactaten hinaus⸗ 
gegangen: mehrere feiner Räthe meinten, es muͤſſe allen weitern 
Korderungen nun eine Grenze geſteckt werden: aber der ſchwache 
Kaifer und einige feiner Minifter (hauptfächlich der Kanzler Kafpar 
Schlick) glaubten, daß mit der Zeit bie Zugefländniffe wieder als 
mälig entzogen werben Fönnten®*), wenn man einmal im Befiße 
ber Gewalt ſey. Bei diefer wenig ehrenvollen Politik zeigte man 
nicht viel Serupel, Vieles zu bewilligen, was gradezu ben Com⸗ 
pactaten widerſprach, und nothmendig fpäter zu argen. Verwicklun⸗ 
gen führen mußte. Namentlich fol der Kaifer ben Böhmen urkund⸗ 
lich die Kirchengüter pfandweiſe überlaffen, die Säcularifation der 
Kiöfter gutgeheißen, die Landeöverweifungen vieler Katholiten, bes 
ſonders geiftlicher Perfonen beftätigt, dem Rokyczana ald Erzbifchof 
von Prag bie Oberaufficht der böhmifchen Kirche ohne Unterordnung 
unter dem Papfte zugeftanden haben ?7). 

Nachdem der vom Kaifer beftätigte?®) Erzbifchof Johannes 
Rokyczana mit vier andern huffitifchen Prieftern im Namen der boͤh⸗ 
mifchen Geiftlichkeit öffentlich in Iglau (am 5. Zuli) der römifchen 
Kirche Gehorfam gelobt hatte, nach Inhalt der Eompactaten, dann 
erft fprach der Bifchof Philibert von Coutances, Abgeorbneter des 


36) Hagek S. 744, 

37) Aen. Sylv. hist. B. c. 52: Caeterum inter Bohemos et Impera- 
torem aliae pactiones intervenere, quibus ecclesiarum praedia occupatori- 
bus jure pignorum relicta sunt, donec certa pecunia reluerentur, Religiosis 
utriusque sexus, quibus ademta monasteria essent, exulibus quoque spes 
reditus interdicta, Rochezanae Pragensis eccl. praesalatus promissus, de 
disponendo ecclesiarum Bohemicarum regimine summo Pontifici facultas 
ablata. Damit ſtimmen überein die urfundlihen Nachrichten bei Hagek S. 744 fl, 
Pess. de Czechorod Mars Morav. 598: Insint (in formula pactionum inter 
Imp. et Bohemos atque Moravos privatim initarum) plura capita contra 
jura et privilegia sedis Apostolicae, ac ritus s. ecclesiae, quae nec potuit, 
nec debuit imperator illis- concedere. Nisi forte ut alins antiquus author 
apud Cochlaeum de iis agens, verisimiliter opinatus est, dicamus eas sub- 
repticie, seu per nimiam importunitatem ab eo extortas esse. Windeck 
c. 208 ſpricht davon, daß fi die Böhmen wohl zum geiſtlichen Zehnten ver- 

pflihtet hätten, nicht aber zur Herausgabe der erfauften Kirchengüter. 
| 38) d. d. Iglau 23. Jul, 1336 bei Theoba Huſſ. Krieg L c. 85. CE, 
Koeler de Joanne Rokyczana (Altorf. 1718.) p. 20. 


304 Diertes Buch. Vierzehntes Kapitel. 

Basler Conciliums und päpftlicher Legat, in biefer doppelten Eigen 

ſchaft die Böhmen von dem Kirchenbarme 108 und nahm fie wieder 

in ben Schooß der Kirche auf. Zugleich ermahnte er fie, in Zukunft 

miteinander friedlich zu leben und die von ihren Mitbürgern, welche 

dad heilige Abendmal unter einer Geftalt empfingen, bewegen 

nicht zu verachten oder zu verfpotten 3°), 

Auch der Papſt erließ Gluͤckwunſchſchreiben an die böhmifchen 
Stände über ihre Rückkehr in ben Schooß ber Kirche? 0). | 

Der Statthalter Alerius von Riefenberg und die übrigen boͤh⸗ 
mifchen Abgeordneten fchidten darauf von Iglau aus (12. Juli) im 
Namen der böhmifchen Stände einen Befehl an dad gefammte Koͤ⸗ 
nigreich, wie fich alle und jeder von nun nach ben Bellimmungen 
der Compactaten zu richten hätten), 

Schon am Zage nach dem Abfchluffe des Iglauer Friedens 
wäre die fo eben glüdlich zu Stande gebrachte Vereinigung beinahe 
wieber zerflört worden, Der Erzbifchof Rokyczana celebrirte nam: 
lich in einer Kirche zu Iglau die Mefle und reichte mehreren Laien 
das Abendmal unter beiden Geftalten, und zwar gefchah diefes in 
Gegenwart des Kaiferd und des päpftlichen Legaten. Letzterer pro: 
teftirte gegen diefe Handlung, als einen Bruch der Gompactaten, 
ba Iglau in einer nicht zum Erzſtift Prag gehörigen Dioͤceſe lag 
und die Kirche, worin die Handlung vorgenommen worden, einzig 
und allein den Katholiten gehörte, Der Kaifer. hatte Alles aufzus 
bieten, daß diefer Vorfall nicht den ganzen Friedensſchluß rückgängig 
machte +2). Wenn diefer Zwift endlich auch gluͤcklich beigelegt 
ward, fo Fonnte man doch dadurch die Einficht gewinnen, daß es 
nicht an Stoff zu neuen Streitigfeiten fehlen werde. Sigmund 
beeilte fi Daher, ehe foldhe von neuem auöbrachen, Beſitz vom böh: 
mifchen Throne zu nehmen. Er brach raſch von Iglau auf mit den 
böhmifchen Gefandten umd hielt am Worabende des heil. Bartholo— 


39) Aen. Sylv. 1. c. Bericht der Asgeorhneten des Gonciliums bei Mansi 
- XXI. 612. 

40) Pray Annal. Hung. II. 320, 

41) Cochlaeus lib. VIII. 297. 

42) Aen, Sylv. 1. c. Ne paucis pacta violantibus communis concordia 
rumperetur. | 


N 





Weitere Unterhandl. mit d. Böhmen bis zu Sigm. Einzug in Prag. 309 
mäustaged (am 23. Auguft 1436) feinen feierlichen Einzug in 
Prag. Sigmund, der noch Furz vorher der Sohn des Antichrifts, 
der Erbfeind Böhmend, der auf jegliche Weife zu vernichtende, gotts 
loſe Böfewicht von den Böhmen genannt worden war, wurde nun ° 
von der Prager Einmohnerfchaft und den dort verfammelten Stän- 
den auf dad ehrenvollfte und prächtigfle mit grenzenlofem Jubel ems 
pfangen. Man prieß den Tag, der den geliebteflen und allverehrten 
König in die Mauern Prags zurücdführte, als den gluͤcklichſten, den 
man je erlebt. E3 war ein wahrhafter Wetteifer unter dem Adel, 
der Nitterfchaft, den flädtifchen Gemeinden, wer dem Könige ſich 
unterwürfiger unb ergebener zeigte. So berühren ſich im menfchlis 
chen Leben die Widerfprüche; das Übermaß der Verfolgung fehlägt 
leicht in fein Gegentheil um, und umgekehrt, Anhänglichkeit ift 
nicht felten in Verrath und Feindfchaft übergegangen. Auf dem 
Marktplabe der Altftadt Prag, dem Drt fo mandhfacher Auftritte 
während der Zeit der Huffitenfriege, empfing Sigmund die Huldis 
gung des Adelö, der Prager Städte, ber Deputirten des Heeres, 
der Geiſtlichkeit, der ftädtifchen Gemeinden des Landes. So war 
Sigmund, nachdem er ſchon anderthalb Jahrzehent die böhmifche 
Krone getragen, endlich auch in den Beſitz des Thrones der Czechen 
gelommen *°). 


43) Aen. Sylv. 1. c. Bartoss. Chr. p. 195. Pulkavae Cont. p. 171. 
Annal. B. bei Palacky III ad ann. 1436. Pess. d. Czech. Mars Morav, 
p. 59. 


Aſchbach K. Sigmund, IV. 20 


Sunfzehntes Kapitel. 


Deutfche Reichdangelegenheiten während der brei legten Regierumgs« 
jahre Sigmund’d, 1455 — 1437. 





Wir ſprechen zuerft von den allgemeinen Angelegenheiten, bie 
der Kaifer auf Reichötagen betrieb und durch kaiſerliche Berfügun: 
gen und Machtgebote anorbnete, ſodann von den wichtigften befons 
dern Zufländen und Vorfällen in den einzelnen Reichslanden. 

Seitdem Sigmund im October 1454 Regendburg verlaffen 
und ſich in fein Königreich Ungarn begeben hatte, befuchte er von 
den zum Reiche gehörigen Ländern nur noch Böhmen und Mähren 
und zweimal Öfterreih, wo er bad erflemal zu Wien im Januar 
und Februar 1435 mehrere Wochen bei feinem Schwiegerfohne Her: 
zog Albrecht verweilte und glänzende Zefte fi) geben ließ. Die 
übrigen Reichölande fah er nicht mehr: er meinte die Zügel der Re⸗ 
gierung von ber Ferne aus ebenfo gut (ober in Wahrheit ebenfo 
fehlecht) führen zu koͤnnen, als wenn er gegenwärtig wäre. Dad 
deutſche Reich war einer alt gewordenen Mafchine zu vergleichen, 
deren Beftandtheile einzeln zwar alle noch im guten, dauerhaften 
Stande waren, denen aber die Verbindungs s und Bewegungsmit: 
tel entweder abgingen, oder die unbrauchbar geworben. Der Meifter 
fehlte, der dad Mangelnde erfegte, das Schadhafte befierte, dem 
Ganzen Leben und Bewegung gab. Die Verſuche, die Sigmund 
anftellte, folche Meifterfchaft zu übernehmen, ſchlugen fämmtlicy fehl, 
da der alte Mann weder Energie noch Ausdauer genug befaß, ein 
fo ſchwieriges Gefehäft zu Ende zu führen, das nicht plößlich oder 


DifcheReichsangelegenh. währ. d. dreilegt. Regierungsjahre Sigm. 307 


raſch vollendet werben Eonnte, ohne Gefahr, das Ganze zu zerſtoͤ⸗ 
ven oder boch wenigſtens theilweife zu Grunde zu richten. 

Was der Kaifer während feiner Anwefenheit in Deutfchland 
auf den Reichsſstagen zu Bafel, zu Um, zu Regensburg (im 3. 
1434) nicht hatte zu Stande bringen Eönnen, eine Umänderung ber 
deutfehen Verfaffung und der politifchen Verhältniffe der Reichsglie⸗ 
der zum Oberhaupt und zueinander, eben das ließ er weiter betrei- 
ben. Obſchon fein Plan der geiftlichen Reformation in Deutfchland 
ganz mißglüdte 1), da die Kirchenverfammlung bie Faiferliche Ein- 
mifchung diefer Art entfchieden zuruͤckwies; fo ließ er fich doch nicht 
abſchrecken, Ähnliches in Bezug auf die weltlichen Verhältniffe, die - 
offenbar auch einer Berbeflerung bedurften ?), zu betreiben. Diefes 
mochten die beutfchen Reichöftände bemerken, und ſie blieben daher 
von den Reichstagen weg, um nicht ihre Zuflimmung zu einer Sache 
zu geben, womit fie nicht einverflanden feyn Eonnten. Se fchlechter 
die deutfche Verfaſſung fr dad Allgemeine war, je häufiger fich 
Mißbraͤuche einfhlichen, defto mehr Fonnten aus dem unfichern, 
gefeglofen Zuftande die mächtigeren Reichöglieder für ihre Sonders 
intereflen allmälig Vortheile und Rechte gewinnen. Es ift aber zu 
allen Zeiten immer diefelbe Erſcheinung, daß bie Vaterlandsliebe 
gewöhnlich da aufhört, wo von bem Einzelnen für das allgemeine 
Wohl materielle Opfer gebracht werben follen: eher felbft verſtehen 


1) Daß die dem Kaiſer Sigmund zugefchriebene Reformatio ecclesiastica 
nidt von ihm herrührt, wird unten (im Anhang Beilage IT) näher dargethan 
werden, Diefe Reformat. eccles., wélche unter Andern auch bei Goldaft Reichs⸗ 
fag. II. 110 u. Lünig Spic. eccl. I. 257 abgedrudt fi findet, ift offenbar 
von dem Böhmen Zriedrih von Landskron verfaßt: es fpricht ſich darin ein gro= 
Ber Haß gegen das Mönchsweſen aus: die Haupttendenz, die durch den ganzen 
Entwurf gebt, ift die Säcularifation der Kirchengüter und Unterordnung des 
Glerus mit Bejoldung nad Art der Beamten unter den Staat. | 

2) Diefes ift ganz gut in der Einleitung zu der Reformatio ecoles. auß« 
geſprochen: „Aber eins fol man wiffen, das ed nit mer wol geen mag, man“ 
babe dann eine rechte Ordnung des geiftlihen und weltlihen Stats: wann die 
ſtehen on alle Eydmas. — Der hochwürdig Stat ift abgezogen dem Neid) von 
den Kurfürften und doß (darum) unfer Neid Eranf, blöd und ſchwach if, — 
Es fol do (zu Bafel) ein Reformation gefhehen, der weltliche und geiftlihe Stat 
ſol wol georbnet werden: aber die geiftliden Häupter wollen fih an vil Stüden 
ſperren“ ꝛc. 

20 * 


! 


308 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 
ſich die Einzelnen zur Hingebung des Lebens, ald zur Aufopferung - . 
von befondern Rechten: natürlich, weil man an dem Beſitz feſtzu⸗ 
halten für Pflicht hält, ja für ruͤhmlich, und es für fi und. die 
Nachkommen ald einen Verrath anfieht, aufzugeben, wad man von 
den Vorfahren überfommen hat.. 

Das allgemeine Verlangen nach der Kirchenteformation war 
auch nicht ohne Ruͤckwirkung auf die weltlichen Verhältniffe geblie⸗ 
ben: ohnehin war ja im Mittelalter Kirche und Staat wenig gefon= 
dert und die geiftfichen und weltlichen Berhältniffe durchdrangen fich 
vielfeitig.. Sigmund wollte dem Papfte und dem Concilium ein 
Beifpiel eines wohlthätigen Reformationswerked geben. Er war 
mit Aufopferung eigener Rechte Willend und verlangte folche Selbſt⸗ 
verläugnung auch von ben einzelnen Reichöftänden zur allgemeinen 
Wohlfahrt, eine Verbefferung des weltlichen Regiments in Deutſch⸗ 
land einzuführen. Zu dieſem Zwecke berief er einen Tag auf den 
6. December 1434 nach Frankfurt ®), wo bie Fürften und die ans 
dern Reichsſtaͤnde oder ihre Abgeordneten mit den kaiſerlichen Bez 
vollmädhtigten eine Borberathung halten follten. Weiter wurde bes 
fimmt: nachdem alle Vorarbeiten und VBorbereitungen beenbdigt, 
follte ein zweiter Tag gehalten werden, auf dem ber Kaifer felbft 
die Schlußberathungen mit den Reichsſtaͤnden vornehmen und zu 
Ende führen werde. 

Noch che man ſich aber auf dem Reichötage verſammelte, 
legte Sigmund nicht nur die auf der Verſammlung zu berathenden 
Reichsangelegenheiten vor), ſondern er ließ auch einen Entwurf 
zu einer verbefferten Verfaffung befannt machen. An dem anbe⸗ 
raumten Zage erfchienen dann auch die Bevollmächtigten des Katz 
ſers und der Reichsftände in Frankfurt: letztere ziemlich zahlreich. 

In diefer Verfammlung trug der Eaiferliche Bevollmaͤchtigte 
im Namen feines Heren die Verbeflerung des weltlichen Regiments 


3) Die Urkunde d. d. Regensburg 27. Sept. 1434 ſteht volljitändig bei 
Winde c. 202, p. 1256. Trithem. Chronic. Hirsang. II. 387 ſpricht ven 
einem Reichstag zu Frankfurt im Jahr 1433; vielleicht iſt dort im Jahr ein 
Irrthum. 

4) Eberhard Windeck c. 203 gibt dieſe an, jeboch ziemlich verſtümmelt. 
Beſſer Wencker Appar. Archiv. p. 327 sqqg. Bgl. oben Kap. 10. 





Difche Reichsangelegenh. währ. d. drei legt. Regierungsiahre Sigm. 309 


‚in Deutfchland vor 5). Man fing bei dem Oberhaupte, dem Kai: 
fer an, und befprach Alles: Amt, Würde, Majeſtaͤt, vornehmlich 
aber ſolches, was in Verfall gekommen und einer Verbeflerung zu 
bedürfen fchien: fodann handelte man über die Föniglichen Burgen 
(Pfalzen), die Reichöftädte, die koͤniglichen Billen und Lehen, 
welche es von Rechtöwegen feyen und geſetzwidrig dem Oberhaupte 
entzogen worden. Dan fieht, Sigmund fühlte, wie dem Beherr⸗ 
ſcher Deutfchlandse im Laufe der Zeiten alle und jede materielle 
Grundlage entzogen worden war: er wollte ihm beflimmte Ein; 
Fünfte und Befigungen gefichert haben. Weiter wurde verhandelt 
über die Reichöglieder. Man 309 zu diefen auch die Könige, welche 
dem Reiche unterworfen waren, nach der überlieferten Anficht der 
frühern Sahrhunderte. Ob man dahin fammtliche europäifche Koͤ⸗ 
nige, welche die ottonifchen und falifchen Kaifer zu ihrem Imperium 
Mundi rechneten, zählte, oder nur die dem deutſchen Reiche näher 
verwandten Zürften von Polen, Litthauen, Daͤnemark, Oberita⸗ 
lien und Burgund, wird nicht gefagt: doch feheinen unzweifelhaft 
leßtere, und diefe nicht einmal alle damit gemeint gewefen zu feyh. 
Meiter Fam man an die Kurfürften, bei denen unterfucht wurde, 
ob alle, ‚die fich fo nannten, mit Recht diefen Titel trügen, und 
welcher Art ihre Regierung fey und in welchem Verhältnig zu ihren - 
Unterthanen. In ähnlicher Weife wurbe über die übrigen Fürften, 
Herzoge, Grafen und Dynaften verhandelt und überall unterfucht, 
ob irgend etwas einer Verbefferung bedürfe. Nachdem man uͤber 
den hohen Adel in allen feinen verfchiedenen Abftufungen gefprochen, 
kam man zu der Nitterfchaft und zu den gewöhnlichen Freien in den 
Städten und auf dem Lande. Es wurden die Zuftände und politi⸗ 
ſchen Berhältniffe der Ritter und Burgmänner, der Reichsſtaͤdter, 
der Bürger, der Bauern durchgegangen, ihre Burgfrieden, Ge: 
wohnheitsrechte, Gefege und Weisthümer (arbitria) erwogen und 
unterfucht, ob Alles dem Wohl des Ganzen und Einzelnen ange: 
meſſen und paffend fey. Nach reiflicher Überlegung vereinigte fich | 
die Berfammlung über fechözehn Artikel, nach welchen der weltliche 

5) Das Folgende aus dem Schluß des Chronic. von Hermann. Corner. 


p- 1343 sq. Doch irrt Korner, wenn er den Kaifer in Frankfurt auf dem 
Reichstag gegenwärtig feyn läßt. Er befand ſich damald in Ungarn, - 


310 Vierte Buch. Funfzehntes Kapitel. 


Zuftand des Reichs in Haupt und Stiedern zu verbeflern fey, doch 
follten die zu verbeflernden Puncte nicht fogleich zur Ausführung ges 
bracht, fondern auf einem neuen Reichstag, der den 23. April 1435 
in Frankfurt in Gegenwart des Kaiferd zu eröffnen ſey, ald Reiches 
abfchied bekannt gemacht werden 0). 

Es wird bemerkt, daß der Kaifer und die deutfchen Fuͤrſten bei 
dieſer Reichöreformation die Abficht hatten, diefe vorausgehen zu Tafs 
fen, damit dadurch defto ernfllicher und wirkfamer die Kirchenrefors 
mation in's Leben gerufen werde: wenn dann aber auch letztere ſtatt⸗ 
gefunden, fo konnte fie dem Kaifer die nöthigen geifllichen Mittel 
liefern, etwaige MWiderfacher gegen die Staatöverbeflerung mit dem 
Banne zu der Reichsacht zu bekämpfen: denn es gehörte mit zu den 
Beichlüffen, daß ein in der Reichsacht Befinulicher auch in den Kirs 
chenbann verfallen follte 7). 

ie faft allen Unternehmungen und Plänen Sigmund's, fo er- 
ging es auch diefer deutfchen Reichöverbeflerung: ed war ein todiges 
bornes Kind. Die Frankfurter Berfammlung kam nicht zu Stande, 
vielleicht fchon deßhalb, weil Sigmund nicht felbft dahin kam. Er 
war nur bis Wien in's Deutfche Reich gefommen: mit feiner vers 
gnuͤgungsſuͤchtigen Gemahlin und ihren Verwandten, den Grafen 
von Cilly, wie auch mit Twartko, dem Fürften von Bosnien, vers 
weilte er unter vielen Feftlichkeiten an zwei Monate in Wien ®), und 
fand fich, als er Die weitere Reife in's Reich machen wollte, fo ver: 
ſchuldet, daß er 6000 Pf. Heller von der Stadt Wien leihen und 


6) Corner. Chronic. 1. c. XVI articuli, in quibus universalis status 
laicalis reformatione summe indigeret, si irreprehensibilis esse deberet, et 
qui si emendarentur, infinita mala e mundo tollerentur. Hos tamen XVI 
articulos Principes saepedicti inde terminatos reliquerunt, sed fore deter- 
minandos in proximo festo $. Georgii in eadem civitate Francfordensi, ad 
quam pro tunc iidem et plures alii Principes conventuri essent, infallibi- 
liter statuerunt. 

T) Corner. Chronic. I. c. Windeck ec. 203. 

8) Bol. die Negeften, Schlager Wiener Skizzen aus dem Mittelalter. 
Neue Folge. Wien 1839, Dort wird S. 78 fl. von Sigmund’s Aufenthalt 
in Wien am Anfange des J. 1435 geſprochen; und die Ausgaben der Gtadt 
bei diefer Gelegenheit finden fich nad den alten Stadtbüchern mitgetheilt, wie 
folgt; 





Difche Reichsangelegenh. währ. b. drei legt. Regierungsiahre Sigm. 311 


Dagegen fein Silbergefchire in Berfaß geben mußte?). Der arme 
Kaifer Fonnte nichts Anderes thun, ald (im Anfange März 1435) in 
fein Koͤnigreich Ungarn zurüdzufehren 19), 

Da die Reformation des weltlichen Standes überhaupt miß- 
glüdt war, wollte Sigmund wenigftend einige der fchreiendften Ge: 
brechen abftellen. Beſonders war ed der jämmerliche Zuftand bed 
Münzwefend, der eine dringende Verbeſſerung erheifchte. In 
jeder Provinz, in jeder Sraffchaft, ja fafl in jeder Stadt wurden 
befondere Drünzen gefchlagen: es gab eine Unzahl Münzprivilegien: 
außer den Münzftätten der Reichöftände gab es auch Faiferliche zu 
Frankfurt, Nördlingen, Nürnberg, Baſel. Es erhoben fich be: 
fländige Klagen, daß die Münzen an einigen Orten zu geringhaltig 
gefchlagen würden. Wenn mit aller Strenge die Münzbeauflichtis 
gung flattgefunden, fo hätte dem Übel Leicht gefteuert werden koͤn⸗ 


Ain Mal (Effen), fo die Herren (Stadträthe) einig wurden, wy 
ſpy gegen den Kaifer reitten wollten - « 0 0 +. 12T5 (pen) 
Unß. gned. H. dem Kaifer 4 filbrein vergulte Study, die und 

unf. Herr der Herzog darzu geliehen hat 2c. am erften 2 große 

Köpfe und 2 große Beche. 4232⸗ — dr 
Umb ein Hefftl damit die Burgerinnen unf, gned. H. den Kaifer 
geert ben » 2. 22 00 lerne Be: 
Den Stadtdrumettern, die der Frawn gen Hof gedient haben. 2⸗ — ⸗ 
Bon 3 Kraͤnczlein dem Seidennater (Sticker) auf Perl, Gold u. 

Spreng ſeiden L 2 2 2 2 en Kr 55⸗ — 
Dem alten Grafen von Cily umb ein Hefftl 8 Gulden fact. » 6= — 
Bon dem Himmel zu maden » 2 0 0 0 272 60 
Umb ein Panier zu den Drumettn - + eo 2 2 0 2 0. As 22 
3 guldein Tücher zu dem Himmel, darunter man den Kaifer 

berein hat gelait © 2 2 2 02 0 m 0 nn en We — 5 
Ain Zuder Wein dem Kunig von Boffen (Twartko, Zürft v. 

BosinN) 2 0 0 0 rer rer rer re = — 
4 Malter Habe . 2 2 0 0 2 0 er ner. 10: 
Dem Maler vom Himml » « » 2 2 2 0 ee ne. d> 
Die 7 Tag ald die Frawn gen Hof gewefen feyn umb Wein. 3 = 
Die 4 mal zu der Vasnacht in des Teſchler Hu . x. ., + NY: — 
Auögaben zu dem Abbredhen der Zleiſchbenkh bei dem Teſchler 

47 Zimmermann 1 Tag. 

9) Ehmel Material. I. S. 178, Schlager 1. c. 
10) Am 8, März 1435 ift er wieder in Preßburg. Bgl. die Regeften. 


“ “ “ “ 


“ %“ n “ n” 


312 Viertes Buch, Funfzehntes Kapitel. 
nen, indem denjenigen, welche zu leichte und fchlechte Münze ſchlu⸗ 
gen, dad Recht der Münze entzogen werden konnte. Da aber bie 
Reichsmuͤnzen, die goldenen Königsgulden, die Norm für die ans 
dern Münzen abgeben follten, und auch diefe zu geringhaltig befun- 
ben wurden, fo daß die Kurfürften und größeren Reichsſtaͤdte fie 
anzunehmen fich weigerten, fo war eine gaͤnzliche Münzverwirrung 
entftanden. Es hatte zwar der Neichderbfämmerer Konrad von 
Weinsberg, unter deſſen befonderer Aufficht die Reichsmuͤnzſtaͤtten 
zu Frankfurt, Bafel, Nördlingen flanden, gegen die Verrufung 
der Königögulden von Seiten der Kurfürften proteflirt 7) und einem 
Münzcongreß zu Frankfurt auf Sonntag Sudica (29. März 1433) 
veranlagt zur Prüfung der Reichsmuͤnzen. Es ward auch ein zweis 
ter Zag eben dahin auf den 10. May defjelben Sahres angefebt, der 
befonderd von den Reichsſtaͤdten Straßburg, Augsburg, Nürnberg, 
Mainz, Worms, Speyer, Hagenau beſchickt wurde. Konrad von 
Weinsberg fuchte auf diefem Münzcongreß die Schuld der leichtern 
Münze von ſich ab auf die äußeren Müngverderbungen und Feilun- 
gen von Seiten habfüchtiger Menfchen zu wälzen. Man wies ihm 
‚aber nach, daß die Königsgulden nicht, wie die Eöniglichen und kai⸗ 
ferlichen Beftimmungen lauteten, 19 Karat feinen Goldes enthielten: 
anftatt daß 56 Gulden und 8 Turhboſe auf eine Mark gehen follten, 
gingen von ben leichtern und geringhaltigen Gulden 58 auf eine 
Mark. Man befchloß daher auf der Verfammlung, daß in allen 
Städten die Goldmünzen unterfucht, und welche unter 19 Karat be= 
funden worden, im Werth herabgefeßt werden follten. Auf einen 
weitern Congreß gegen Ende Juni 1433 vertagte man die ferneren 
Entſchließungen 12): es fcheint aber diefer Tag nicht zu Stande ge: 
fommen zu ſeyn. Der Zuftand der fhlechten Münze blieb, unge: 
achtet befonders von den Städten befländig darüber Klage geführt 
wurde. 

In gleicher Weife wurde auch andern Mißbräuchen nicht ge⸗ 


11) Wencker Apparat. Archiv. p. 372, wo dad Schreiben des Gonred 
v. Weinsberg 14, Zebr, 1433 vollftändig abgebrudt ift, 

12) Wencker 1. c. p. 372 fl. Der Beſchluß des Staͤdtetages vom 
10, May 1433, der berufen worden von dem Kurf. v. Pfalz, d. d. Zrankfurt 
Dinftag- post Cantate 1433, 








Difche Reichsangelegenh. währ. d. drei legt. Regierungsjahre Sigm. 313 


feuert. Der unfichere Zuftand auf den öffentlichen Landftraßen 
blieb, ungeachtet der Faiferlichen Machtgebote Über dad Geleitöwes 
fen und viele willfürliche Zollerhebungen. Won einer Aufrecht⸗ 
haltung des Landfriedend war auf den Reichötagen viel die 
Rede, aber in Wirklichkeit beftand diefer nicht: Die Reichsſtaͤnde 
fuchten fich in ihrem nächften Kreife durch Bündniffe untereinander 
zu helfen. So ſchloß die Stadt Speyer ein Bündniß diefer Art 
mit dem Kurfürften von der Pfalz, der Kurfürfl von Mainz ein 
ähnliches mit den Grafen und Herren in der Wetterau, die Grafen 
von Wirtemberg mit der Sct. Georgögefellfchaft, einigen ſchwaͤbi⸗ 
ſchen Städten, und den Pfalzgrafen Ludwig und Dtto 13). Daß 
Sigmund (im I. 1436) ‚manche wohlthätige Verordnungen in Bes 
zug auf das Polizeimefen getroffen habe, mag feyn, gewiß aber 
find diefe Verfügungen nicht in der Form erlaffen worden, wie die: 
felben ihm zugefchrieben werden. Sie find ficher untergeſchoben und 
gehören einer ſpaͤtern Zeit an 13). 

Ernſtlicher beſchaͤftigte ſich der Kaiſer mit einer verbefferten 
Einrichtung des Vehmgerichtsweſens. Schon feit dem J. 1429 
hatte er dem Erzbifchofe von Cöln ald Herzog von Weftphalen eine 
Reviſion der weftphälifchen Gerichte aufgetragen, und wirklich wurde 
damals auch eine folche Reformation (Ian. 1430) zu Stande ge 
bracht 15). - Den Übergriffen der weftphälifchen Gerichte war aber 
damit nicht ganz vorgebeugt: im Gegentheil erhoben fich grade da> 
mals auf allen Seiten von neuem Befchwerden, daß ohne Rüdficht 
auf das Hofgericht, die heimlichen Gerichte alle Streithändel vor 
ihrem Richterftuhl verhandelten, und dabei weder auf Faiferliche Frei⸗ 
briefe, noch felbft auf geiftlichen Stand Rüdficht nahmen ,. indem 


13) Bol, das Nähere darüber bei Häberlin R.G. V. 672 fl. Das Bünds 
niß zwiſchen Speyer und der Pfalz war auf 10 Jahr aufgerichtet. Lehmann 
Speir, Chr. c. 91. S. 828 gibt die Urkunde d. d. Heidelberg 24. Decbr. 1434, 
Die Stadt Speyer hatte Furz vorher außer dem Krieg mit dem Biſchofe auch 
eine Fehde mit dem benadhbarten Adel, Lehmann 1. c. 820. 

14) Lünig P. Gen, C. II. 238. $Häberlin R. &. V. 503 gibt fie ſchon 
beim 3, 1431 ald auf dem Nürnberger Neidyötag erlaffen an. Jedoch bezweis 
feit er auch ihre Achtheit. Man ſehe über die Sache unten im Anhange Bei: 
lage II. das Nähere, | 

15) Vgl. Geſch. K. Sigmund’5 III. &. 363 fl. 


- 


314 Viertes Buch. Bunfzehntes Kapitel, 

fie ſelbſt Biſchoͤfe vor fich Iuden und fie vernehmten, wenn fie nicht 
erfchienen. Daher war auf allen Reichötagen die Reformation und 
Läuterung der heimlichen Gerichte ein ſtehender Punct, der zur 
Sprache kam, ohne daß man eine eigentliche Abhülfe der vielfachen 
Beſchwerden machen konnte. Erſt im Jahr 1437 ließ der Erzbifchof 
von Coͤln auf neue Weifung des Kaifers in einem Kapitel zu Arens⸗ 
berg auf die Grundlage der Reformation ber Freigerichte von 1430 
eine neue entwerfen ?°), worin man mehreres bei dem Verfahren 
in den heimlichen Gerichten ald Mißbrauch anerkannte und aufgab, 
namentlich daß man nichtwifjende Perfonen nur nach vorausgegan- 
gener Ladung vor das offene Gericht vervehmte. Doch blieben im 
Ganzen in dem üblichen Verfahren die von den Reichsſtaͤnden als 
Mißbraͤuche bezeichneten Puncte und der Kaifer gab diefer revidirten 
Reformation feine Beftätigung 17), 

Was nun bie foecielle deutſche Gefchichte diefer Zeit insbefon- 
dere betrifft, fo ift bei dem Mangel einer allgemeinen Regierung, 
bei dem felbftändigen Schalten und Walten der Reichöftände ed hoͤchſt 
ſchwierig, in dad Chaos Ordnung, in bad Ineinandergreifen der vie⸗ 
len Herrfchaften Entwirrung und Klarheit zu bringen. 

Im Allgemeinen kann der Geift der Zeit ein höchft regſamer 
genannt werden. Es war eine Zeit gewaltiger Sährung und Stre- 
bung: auf der einen Seite eine Sucht, Alles zu ändern und umzu⸗ 
ſchaffen, auf der andern ein Kampf, das Alte zu behaupten und zu - 
bewahren. Die beiden Kirchenverfammlungen zu Conſtanz und Ba⸗ 
fel waren felbft von diefem Reformationsgeifte ergriffen umd handel: 
ten bemgemäß. Es war eine vielfacdhe Oppofition: die Weltlichen 


16) Bei Senckenberg C. J. G. I. &, 79 u, 122 fi. Hahn coll. Monu- 
ment. II. 637 fi, Datt de pace publ. &. 776. und am vollftändigften bei 
Ufener die Frei⸗ u. heiml. Gerichte Weftphalens, Frkf. 1832, S. 114 fu. 
Bol. Eichhorn deutſch. Staats⸗ u R. ©, II. 5.422. Wigand das Zemgericht 
‚WWeftphalens passim u, bef. 536, 

17) Rach der verbeflerten Geftalt v. 1439 bei Goldaſt Reichsſat. I. 
&.163 u. Samml, der Reichsabſch. J. 118. Lünig R. A. P. Gen. Cont. II. 

p-250. In der Überſchrift dei Goldaſt heißt es, daß K. Sigmund die Beftätigung 
gegeben. Cichhorn J. c. G. 422. not. v will Goldaſt's Angabe nicht ganz trauen. 
Doch daß die Eonfirmation Sigmund's erfolgte, hat Uſener J. c. S. 14 nach⸗ 
gewieſen. 








Dtſche Reichdangelegenh. waͤhr. d. brei legt, Regierungsiahre Siem. 315 
: flanden überall der Geiftlichfeit gegenüber: überall hatten die FZürften, 
Strafen, Herren, Städte Kriege und Fehden mit den Biſchoͤfen, 
Abten, Kirchen und Klöftern. Der ſelbſt in den höhern Regionen 
auf den Goncilien ausgefprochene Tadel über das Verderbniß und die 
Sittenlofigkeit des Clerus, wie auch bad Beifpiel der gegen ben 
Clerus wüthenden Huffiten, erfüllten faft den ganzen Latenftand mit 
feindfeliger Erbitterung gegen bie Geiftlichkeit, die der groͤßern Zahl 
nach reich, mächtig, uͤbermuͤthig, ſchwelgeriſch, ſittenlos war! °), 
Aber die Oppofition war Beine einfache, Wie die Geiftlichkeit 
fi) auch in eine progreffive und reformirende Partei mit den auf ben 
Contilien tonangebenden Prälaten an der Spite, und in eine res 
tardirende und antixeformiftifche theilte, welche den Papft und bie 
meiften deutfchen Erzbifchöfe auf ihrer Seite zählte: fo waren auch 
die Weltlichen unter fich getheilt. Sonberbarerweife fland hier der 


Kaifer auf Seiten des Kortfchrittes umd der Werbefferung der Zus 


fände, wogegen die mächtigern Reichöfürften, ber hohe Adel, die Rits 
terfchaft, die Patricier am Alten feſthielten 19), Aber es regte fi 


18) Eberhard Winde an vielen Stellen feines Buches, 3. B. c. 160. 
p- 1206: Wo man pofes borte oder Prieg war, fo hieß ed, der bifchof, der 
probſt, der herrliche dechan, der pfaff ꝛc. vnd waren die lagen von den geiftlihen 
fo fere uberladen, dad ed nit wundeg geweſen, bett es Gott nit felber verfehen, 
dad die Huflen vnd die kezer ettwas vil groſſer ond vaſt ſterker geweſen. (Bal. 
© 214.) c. 208, p. 1263: Alſo fand es jemmerlidhen zwiſchen der pfaffhait 
und laien. Alle poßhait, krige ond vunfride, das taten die almufen. Der all 
mechtige got mochte es wol erbarmet haben in dem hymell den groflen jammer, 
der do geſchache von den gaiftlichen gemeinglihen in der werlde. Und c. 215. 
p. 1274 : In der weille alfo der Faifer zu Beheim was, do was auff dem Meine 
manig wunderliche obentewre, davon zumal vil zu ſchreiben were, wann alfo 
alle auffiaz vnd poßhait Fam vs den allmufen, die was alfo rei vnd mechtig 
worden, das fie onterftunden alle ding vnter fi) zu bringen und es audy teten, 
alfo veere es Jene volgen mochte, ohne alle forchte vnd verftellunge, dornach doch 
die Laien in felber nit beffer funder erger wurden, in welder forme kunſte vnd 
Aaller bofer behendigkeit des horten fie alles vnd fahen es von den pfaffen und von 
den groffen gelerten. Alles das mon ſach, das fie anevingen ober handelten, 
daffelbe mas alles vmb gelt zu tune, vnd es were recht oder vnrecht, fo muft es 
gelt fein. Bgl. früher c. 138. p. 1185. 

19) Sigmund’s Erklärung auf dem Prefburger Tag 1429. Bgl. Geſch. 
K. igmund’s III. ©, 311. und die Beformatio eccles. bei Lünig Spic. eo- 
cles. p. 257 sq. 


316 Biertes Buch. Funkzehntes Kapitel. 
überall der niebere Bürgerfland in den Zünften und entriß den foge- 
nannten Altbürgern oder Patriciern das audfchließende Recht der 
‚Regierung und Verwaltung. Mit der Einrichtung neuer Magiftrate 
in den Reichöftädten legten diefe in die Schale des Kortfchrittes ein 
fehweres Gewicht: fo flanden der Kaifer und die Städte, deren innere 
Veränderungen Übrigens, weil fie gemaltfamer Weife ftattfanden, er 
nicht immer gut heißen durfte, den Fürften und dem Adel gegenüber. 
Aber auch) bei den Fuͤrſten und dem Adel in ihren eigenen Ländern 
“erhob fich gegen fie allmälig eine Oppofition ihrer Unterthanen, Die 
in Einigungen — Landfländen — zufammentraten und darnach 
firebten, ihre Rechte zu vermehren: befonderd aber nahmen fie ein 
“ Steuerbewilligungdrecht in Anfpruch 2°). Diefe vielfachen Spal⸗ 
tungen mußten in Deutfchland einen höchft zerriffenen, fehdevollen, 
ja häufig vechtölofen Zuftand herbeiführen, ver um fo mehr empfun⸗ 
den wurde, je weniger das Neichöoberhaupt mit Kraft und Energie 
eingriff. Schon die häufige Abweſenheit deffelben in fernen Ländern 
war nicht geeignet, feinen Geboten Nachbrud zu geben. Meiſt 
aber war der Kaifer von’den wirklichen Zuftänden nicht oder nur 
ſchlecht unterrichtet. | 

Das Furfürftlide Collegium, dem es vor allen andern 
fürfllichen Gewalten hätte obliegen follen, an die Stelle der Faiferli- 
hen Regierung zu treten, wenn biefe durch Entfernung des Ober: 
hauptes ober durch deffen Nachläffigfeit nicht in Kraft war, — dieſes 
Collegium befümmerte ſich damals fehr wenig um die allgemeinen 
deutfchen Angelegenheiten. Grade die Kurfürften waren es, welche 
von-den Reichötagen fich gewöhnlich entfernt hielten: grade die Kurs 
fürften waren ed, welche fich am meiften Druck, Willkuͤrlichkeiten 
und Gewaltthaten erlaubten und dem Kaifer nur in fo weit gehorch⸗ 
ten, ald mit ihren Sonderintereffen übereinftimmte 21). 


20) &5 kann bier nit der Ort feyn, in die Geſchichte der deutfchen Lands 
ftände näher einzugeben, Wir verweifen über das Nähere auf Eichhorn deutſch. 
Stoats= u. Rechtsg. II. 6. 423 — 427, 

21) In der Reformat. eccles. bei Lünig Spic. eccl. p. 258 läßt Lands- 
ron den Kaifer fagen: „Die höchſten Häupter find nit zu ermanen, wann fie 
haben das Unrecht in mit Gewalt. Unfer Herr der Keyfer oder Kunig mögen 
ihren Stat nit mer behalten. Der hochwürtig Stat ift abgezogen dem Reich 








DifcheReichsangelegenh. währ.d. drei legt. RegierungsjahreSigm. 317 

In Mainz war dem Erzbifchof Conrad (im Juli 1434) Dies 
ther, ein Schen? von Erbach gefolgt 22). Er ſchickte an den Kai: 
fer eine feierliche Gefandtfchaft nach Ungarn wegen der Belehnung. 
Sigmund empfing fie in Preßburg 23) und ertheilte die Belehnung 
mit den Regalien. Den Lehenseid aber nahm er von den Gefandten 
nicht an, fondern verlangte, daß Diether ihn perfönlich leifte in Res 
gensburg, wohin der Kaifer im Anfange des Sahres 1435 zu kom⸗ 
men gedachte. Da aber Sigmund damals nicht nach Deutfchland 
Fam, fo trug er dem Erzbifchofe von Trier auf, im Faiferlichen Nas _ 
men dem neuen Kurfuͤrſten von Mainz den Eid der Treue abzuneh⸗ 
men, was denn auch (10. San. 1435) in Heppenheim feierlich ges 
fchah 2%). Es beftätigte der Kaifer dem Erzbifchofe und feinem 
Hochflifte ale Privilegien 25), und ficherte ihm feine Befigungen in 
Heflen und Thüringen zu 26): auch beftätigte er ihm von neuem bie 
Gerichte m der Stadt Mainz 27). Der Erzbifchof Diether war 
fein Mufter eines friedeliebenden Fürften: trotz wiederholter Mah⸗ 
nungen begab er fich nicht zur Kirchenverfammlung in Bafel 2), 
Dagegen aber war er fehr thätig, feine fürftliche Gewalt zu erhöhen. 
Die Stadt Mainz, die große Anflrengungen gemacht hatte, ihre 
Keichdunmittelbarkeit zu behaupten, machte er ganz und gar ſich 
unterwürfig 2°). Mit dem Landgrafen Ludwig von Heflen war er 
in mandyen Streitigkeiten, jedoch im Kriege gegen ihn nicht gluͤcklich: 
Diether wurde im J. 1436 angeklagt, im Einverfländnig mit dem 
Erzbifchof von Cöln, einen Anfchlag auf das Leben des Landgrafen 


von den Kurfürften, und doß (darum) unfer Reich krank, blöd und 
ſchwach iſt.“ 

22) Windeck c. 210 und das ungedruckte Stay. 331 im MS. Ebner. von 
Windeck. CE. Joannis script. Mogunt. I. 746 sqq. Bu 

23) Urk. v. 23. Nov. 1434 bei Lünig Spicil. eccles. I. Fortſet. ©. 62. 

24) Guden. cod. dipl. Mogunt. IV. p. 217. Das Pallium hatte Diether 
ſchon kurz vorher 5, Dec, 1434 vom Papft Eugen IV erhalten. Guden I. c. 
p. 211. 

2) Urt, d. d. Preßburg 23, Nov, 1434 bei Lünig 1. c. p. 68. 
26) Urf, d. eod. dat. bei Guden. cod. dipl. Moguntin. IV. p. 214. 
: 27) Senckenberg Meditat. p. 517. == 
28) Martene coll. ampl. VIII. p. 924, 
29) Bgl. oben Kapitel 9. 


318 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 

beabfichtigt zu haben, ihn buch Gift aus dem Wege zu räumen. 
Die Prälaten ſtellten diefen Anfchlag natürlich auf das entfchiedenfte 
in Abrede. Die deßhalb angeorbnete Unterfuchung förderte den 
Zhatbeftand nicht Plar an den Tag 30). Auch mit dem Pfalzgrafen 
Ludwig gerieth der Erzbifchof von Mainz in Streitigkeiten, jedoch 
wurden fie, noch che der Krieg offen ausbrach, durch ein Schiedögericht 
gluͤcklich beigelegt 1). An ber Würzburger Fehde nahm Diether 
für den Biſchof Sohann von Brun Fräftigen Antheil. Der Graf 
Michael von Wertheim hatte, weil, wie er meinte, ihm fein Recht 
verfagt wurde, den Würzburger Bifchof vor dad Wehmgericht gelas 
den. Da der Prälat fich weigerte, ald Geiftlicher vor einem ſolchen 
weltlichen Gerichte zu erfcheinen,, fo feßte der Graf die Vervehmung 
beflelben durch und er felbft als ein Freiſchoͤffe hatte Die Abficht, das 
Urtheil zu vollitreden und den Biſchof als einen vervehmten, recht = 
und ebrlofen Mann an einem Baum aufjulnüpfen. Der Bifchof 
aber, frühzeitig gewarnt, entging der ihm gelegten Falle. Darübte 
im Wuth, begann der Graf offene Feindfeligkeiten gegen des Bifchofs 
und feiner Verbündeten Land und Leute, ohne vorher, wie das Zeh: 
derecht ed verlangte, den Zrieden aufzufündigen. An dem Erzbifchof 
von Mainz und dem Markgrafen Friedrich von Brandenburg, ber 
damals in feinen fränfifchen Ländern fich aufhielt, hatte der Würz: 
burger Bifchof mächtige Bundesgenoſſen. Michael Schloß Schwein: 
burg wurde erobert und zerfiört, feine Burg Breuberg belagert. 
Vergeblich wandte fi) der verfolgte Graf an Kaifer und Reich um 
Hülfe: Fürftengerichte, die zur Unterfuhung und Entfcheidung der 
werwidelten Streitigkeiten niedergeſetzt murden, zogen den Proceß 
fo lange hinaus, daß der Kaifer Sigmund, der Graf Michael von 
Wertheim, ber Biſchof von Würzburg daruͤber aus dem Leben fchies 

den 8 2), 
30) Guden. c. D. Mog. IV. p. 222 sq, Schaab rhein. Staͤdtebund I. 


S. 474. NRommel Geſch. von Heſſen II. S. 292. Anmerk. 22. S. 206. 

31) Trithem. Chron, Hirsaug. II. 388 sq. Joannis ad Serrar. rer. Mog. 
libb. in Archiep. Theodoric. 

32) Windel. c. 212 u, 217, und im MS. Ehner. noch c. 352 u. 353, 
Trithem. Chron. Hirsaug. II. 393 sqq. 2orenz Fries Würzburg. Shronik 
S. 757 fü. Aſchbach Gel. der Grafen v. Wertheim S. 262 u. Urkundenb, 
dazu n. CLXIX u, CLXX. Joann. rer. Mogunt. script. I. 749, 








Difche Reichsangelegenh. währ, d. drei legt. Regierungsjahre Sigm. 319 


Der Krieg über den Beſitz des erzbifhäfliden Stuhld 
zu Trier, welcher ein halbes Decennium gewüthet hatte zwifchen 
Ulrich von Manderfcheidt und Raban von Helmfledt, wurde 
endlich durch ein Schiedögeriht von neun geiftlichen und abligen 
Herren gefchlichtet (1456): Ulrich von Manderfcheidt wurbe mit 
einer Geldfumme und der Burg Stolzenfeld .abgefunden. Sein 
Gegner wurde Erzbifhof: und P. Eugen IV reſervirte ihm noch bazu 
fein Bisthum Speyer, obſchon dafuͤr bereits Adolf von Eppftein 
gewählt worben war 3°). 

Sn Coͤln regierte noch immer Theoborich, ein Graf von 
Mörs, mit Klugheit, Anfehen, Kraft. Man warf ihm nicht mit 
Unrecht vor, daß er mehr nach der Erhebung feiner Familie und 
Vermehrung feiner Macht, ald nach dem Reiche Gottes firebte >*). 
Auch er wie der Erzbifchof von Trier bekuͤmmerte ſich nicht viel um 
das Basler Concilium, außer in ben Dingen, bie feine materiellen 
Intereſſen berührten 28). 

Gehen wir nun zu den weltlichen Kurfuͤrſten uͤber, bei denen 
grade in Sigmund's letzten Regierungsjahren manche große Veraͤn⸗ 
derungen eintraten. Sn ber Pfalz konnte ſeit dem Jahre 1435 der 
faft ganz erblindete und an Lähmung und Zaubheit leidende Kurfürft 
Ludwig, mit dem Beinamen der Bärtige, nicht mehr die Res 
gierung führen, obfchon er in feinen geifligen Facultäten noch unges 
ſchwaͤcht und Eräftig war. Seine große Freigiebigkeit, beſonders 


33) Winde c. 208, 210, 211, 215. u. im MS. Ebner. noch dazu c. 364. 
Martene coll. ampl. IV. 448, VIIL 872 (mo der Ausfprud des Gonciliums 
vom Ende 1435 ſich findet). C£. Hontheim Prodrom. hist. Trevir. II. 849. 
Joannis 1. c. Güden C. D. Mog. IV. p. 183. Gesta Trerirorum ed. Wyt-, 
tenbach et Müller. 1838. II. 320. 

34) Aen. Sylv. Comment. in dict. et fact. Alfons. reg. Arag. II. n.40. 
erzählt eine Unterredung des Erzbiſchofs Theodorih von Göin mit dem Kaifer, 
worin der Prälat andere Grundfäge aufftellte, als er im Leben bethätigte, Auf 
bie Zrage des Kaiſers, wie man glüdlic werben koͤnnte, antwortete der Erzbi⸗ 
ſchof: unter der Sonne, auf Feine Weile, — Wie aber jenſeits? — Wenn 
wir auf dem Weg, der zum Himmel führt, wandeln. — Wann aber wandeln 
wir auf Diefem Weg? — Wenn wir das thun, was wir in großen Schmerzen 
und in gefährlicher Krankheit zu thun geloben. 

35) Darüber ift ſchon oben im neunten Kapitel näher gehandelt. . 


— 


320 - Vierte Bud. Funfzehntes Kapitel. 

gegen Geiftlichkeit und gegen Gelehrte, mißfiel fehr feiner Gemahlin 
Mechtilde von Savoyen. Die herrfchfüichtige Frau brachte es Durch 
ihre Intriguen dahin, daß förmlich die Regierung dem Kurfürften 
entzogen und eine Regentfchaft für bie Dauer der Minderjährigkeit 
der Kinder eingefegt wurde 362), Mit Einverftändnig der Eurfürft- 
lichen Räthe wider den Willen des blinden Ludwig felbft ftellte fich 
Mechtilde an die Spike ber Regierung: neben ihr beforgten noch 
vier Adminiftratoren die Verwaltung des Landes. 

Ludwig überlebte nicht lange diefe ihn fo fehr kraͤnkende Ent⸗ 
fernung von der Regierung. Er ftarb gegen Ende des Jahres 
1436 365), Da die drei Söhne, Ludwig, Friedrich und Ruprecht, 
welche er hinterließ, noch im Sinabenalter waren, fo mußte eine vor: 


368) Windeck c. 191 u. 215: Herzog Ludwig was nu jeling tot — der⸗ 
felbe Ludwig wart von feiner herrlichkeit entfazet, das yme vier vormunder ges 
fazet worden aud in dem beſten. Trithem. Chronic. Hirsaug. ad ann. 1435. 
I. p. 393 fagt von ihm, daß er semicaecus, surdus und claudus geweſen; 
und im Chronic. Sponhem. ad ann, 1437: Obiit Ludovicus, Com. Palat. 
Rheni — dictus cum barba vel etiam dux caecus, quia post reditum a 
terra sancta morbos et ex his caecitatem incurrit. &o aud derfelbe Trithem. 
im Chronic. duc, Bavaror. (Opp- If. 117) uw. Vit. Arenpekh. Chron. Bav. 
p. 301. Nicht ganz genau ift daher Häuffer Geſch. der rheinifh. Pfalz. Heidelb. 
1845. 1. 298. Not, 1): „Feßmaier Geſchichte der Oberpfalz I. 70 laͤßt den 
Pfalzgrafen in feinen alten Tagen nach Paläftina ziehen, auf der See erfranfen 
und blind werden; wahrſcheinlich nad der etwas zweifelhaften Meldung des 
Ladisl. Sunth. Oefele II. 577.” Nicht zu überfehen ift der Bericht von Andr. 
Presbyt. Ratisb. bei Kulpis p. 57: Ludovicus per consiliarios suos (Trithem. 
nennt noch außerdem den Sohn Ludwig, den Bruder Dtto und den Grafen von 
Zeiningen), assentiente ejus uxore, ablata est administrandi bonorum fa- 
cultas propter ejus largitatem. Erat enim vir laude dignus, sed tamen 
elaris. (legend.: coecis) oculis, parum vel nihil videbat. Quodam die dum 
esset in ecclesia vocavit ad se coram populo filium suum adhuc puerum et 
primum ei blandiens, magnam dedit alapam. Cui filius, o domine, dicite, 
in quo ego vos laesi, quare.me sic percutitis. Ad haec pater: volo fili, 
ut.per hanc alapam memor sis injuriarum, quae mihi a matre tua in- 
feruntur. 

365) Andreas Presbyt. p. 59 gibt den 29, Dec. 1436 als Todestag an, 
Trithem. im Chron. Sponhem. den 31. Dec. 1437, welch lestere Angabe, in» 
fofern ſie das Jahr betrifft, falſch ift. Über das Todesjahr des Kurf, Ludwig 
handelt gut Häberlin N. G. V. 659 Rot, £ Haͤuſſer 1. c. S. 312 beftimmt 
den 30. Dec, 1436 als Todestag. . 





Diſche Reichsangelegenh. waͤhr. d. dreilegt, Regierungsjahre Sigm. 321 | 


mundfchaftliche Regierung eingefegt werden. Der Kurfürft Ludwig 
hatte in feinem Teſtamente feinen jüngften Bruder, den Pfalzgrafen 
Dtto von Mosbach, als Adminiftrator des Landes beftellt. Die dl: 
tern Brüder, Sohann, Pfalzgraf zu Amberg, und Stephan, Pfalzgraf 
zu Simmern, waren durch diefe teflamentarifche Verfügung von der 
ihnen eigentlich zunaͤchſt gebührenden Vormundfchaft über ihre Nef 
fen auägefchloffen: doch findet fich nicht, daß fie gegen die Beftim: 
mungen ihred Bruders Einfpruch erhoben hätten 37), 

Das Pfalzgräfliche Haus am Rhein und die Markgrafen von 
Baden befchäftigte Damals viel der Sponheimifhe Erbfall. 
- Der legte Graf von Sponheim, Sohann V, ftarb im 3.1437. Sein 
altes Gefchlecht befaß fchon frühe viele Güter am Rhein, an der 
Mofel und der Nahe. Es war in zwei Linien getheilt: die Creuz⸗ 
nachiſche befaß die vordere, die Starfenburgifche die hintere 
Grafſchaft. Erflere war 1414 mit Graf Simon IH im Manns 
ſtamm erlofchen. Seine einzige Zochter Elifabeth hatte aus zwei 
Ehen Feine Kinder. Ihr zweiter Gemahl war Ruprecht Pipan, 
Sohn des K. Ruprecht von der Pfalz, gewefen: fie zeigte daher 
auch eine befondere Vorliebe für das pfälzifche Haus und verſprach, 
den Pfalzgrafen Stephan von Simmern, K. Ruprecht’ dritten 
Sohn, und deſſen Gemahlin Anna, Erbtochter ded Grafen Friedrich 
von Veldenz, gleichwie eigene Kinder zu betrachten und ihre Beſitzun⸗ 
gen nach ihrem Zode ihnen zuzumenden. 

Doch bewahrte Elifabeth diefe Gefinnung nicht Tange: fie an⸗ 
derte ſie bald. Zwar bedachte ſie immer noch das pfaͤlziſche Haus, 
indem ſie dem Kurfuͤrſten Ludwig, dem Bruder des Pfalzgrafen 
Stephan, ein Fuͤnftel der vorderen Grafſchaft ſchenkte, und mit der 
Kurpfalz auf immer vereinigte, aber das Übrige ihrer Grafſchaft 
beſtimmte ſie fuͤr den Grafen Johann V von Syonheim von der 
Starkenburgiſchen Linie. Noch ehe Eliſabeth ſtarb (1417), brachte 


37 a) Häuſſer J. c. „So Fam es, daß Ludwig gegen die goldene Bulle und 
ihre fpäteren Erklärungen (nämlich die beiden Constitutiones K. Sigmund's v. 
1414 u. 1434 bei Tolner Cod. dipl. p. 93 — 98) die Vormundſchaft dem juͤng⸗ 
ften Bruder übertrug, — Wie man mit den Reichsgeſetzen und dem Kaifer ſich 
dabei benahm, und was die bintangejegten Brüder für Schritte thaten, darüber 
haben mir Feine Nachricht.“ 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 21 


322 Viertes Buch. Bunfzehntes | Kapitel. 


der Pfalzgraf Stephan feine Klage vor dem römifchen König in Con⸗ 
ftanz an. Allein er richtete nichts aus: im Gegentheil beftätigte 
das niedergefegte Schiedögericht die Anordnungen der Sponheimi⸗ 
ſchen Graͤfin. 

Da der Graf Johann V von Sponheim Feine Rinder Hatte, fo 
beflimmte er zu feinen Erben feines Vaters Schwefterföhne, den 
Markgrafen Bernhard von Baden und Grafen Friedrich von Vels 
denz, und nahm noch zu feinen Kebzeiten letztern und da der erfiere 
geftorben war, defien Sohn, den Markgrafen Jacob, in den wirk⸗ 
lichen Befiß und in die Gemeinfchaft feiner Länder auf. Der Kur: 
fürft Ludwig von der Pfalz hatte zu diefer Erbordnung feine Einwil- 
ligung (1428) gegeben, wogegen ihm auch der Beſitz feined An⸗ 
theild an der vordern Graffchaft zugefichert blieb. 

Als num Graf Iohann V von Sponheim im I. 1437 geftor- 
ben war, fo errichteten die genannten Erben einen Burgfrieden und 
eine ewige Gemeinfchaft untereinander (27.Nov.). Graf Friedrich 
von Veldenz, als der lebte feines Stammes, vererbte feinen Antheil 
an den Sponheimifchen Grafſchaften auf feinen Schwiegerfohn, den 
Pfalzgrafen Stephan von Simmern, Später ald die Simmeriſche 
Linie auch die pfälzifche Kur ererbte, mußte die Hälfte der hinteren 
Grafſchaft Sponheim an den Pfalzgrafen Wolfgang (1553) abges 
treten werden, der fie feinem jüngften Sohn, dem Pfalzgrafen Karl 
von Birkenfeld, beftimmte 37), 

In Sachſen gab der Tod von einem ber vier regierenden 
Brüder, der Söhne Friedrich's I ded Streitbaren, Veranlaffung zu 
einer neuen Landeötheilung (1435), da der verftorbene Herzog Hein: 
rich Beinen Reibeserben hinterlaffen hatte. Die übrigen Bruͤder theil⸗ 
ten die väterlichen Länder mit Ausnahme des Kurfürftenthums Sach⸗ 

37b) Trithem. Chron. Hirsaug. II. 332. 371. 394. 396. Chron. Spon- 
hem. ad ann. 1426 et 1337. p. 357 ift Hauptquelle. Die Urkk. finden fi bei 
Tolner Cod. dipl. Palat. I. n.215 u. 228. Schoepflin Zar. Bad. II. p. 113. 
.133. VI. p. 144— 163. 198. Günther cod. dipl. Rheno-Mosell. IV. 186. 
Bol. Kremer diplom, Beitr. 3. Behuf der teutſch. Geſchichtskunde. Frkf. u. Lpz. 
1761. im Borberidt ©, 31 fl, eine gencal. Gef. der Graf. v. Sponheim. 
Grollius Nachr. v. d. Elifabeth v. Sponheim. Zweibr. 1762. Hüberlin N. 9, 
V. 667 fü. Joann. Misc. hist. Palat. p: 91 sqq. Häuffer Gef, der rhein. 
Pfalz. I. 325 fü. u, 496, 











Difche Reichsangelegenh. währ. d. drei legt, Regierungsjahre Sigm. 323 


fen, dad dem älteften vorzugsweiſe verblieb 28), von neuem. Am 
4. Januar 1436 wurde zu Altenburg die Ranbestheilung vorgenom: 


men: fie follte nur auf neun Jahre Gültigkeit haben. ' Es war Feine: 


gänzliche Theilung (Zattheilung), fondern eine Art von Mutfchirung 
oder gemeinfchaftlicher Regierung. Ein jeder der herzoglichen Brüs 
der erhielt als feinen Antheil beflimmte Schlöffer und Ämter: auch 
ward angeordnet, daß der Kurfürft Friedrich II mit feinem Lande 
zur Diöcefe des Bifchofs von. Meißen, der zweite Bruder Sigmund 
zu der des Merfeburger Bifchofs, der jungfte Wilhelm zu der des 
Naumburger Biſchofs gehöre: aber defjenungeachtet blieb gar Man- 
ches unter gemeinfchaftlicher Verwaltung, namentlich die Erträgniffe 
der Freiberger Berg: und Huͤttenwerke. Diefer Theilungsvertrag 
‚blieb aber nicht lange in Wirkſamkeit. Herzog Sigmand frat aus 
Liebe zu einer Nonne im Klofter Mildenfurth in den geiftlichen Stand, 


. 


um defto leichter Gelegenheit zu haben, mit dem Gegenfland feiner 


Liebe zufammen zu fommen. Darüber verlor der geiftliche Herzog 
fein Land, das feine Brüder fogleich in Befis nahmen. Ja man 
zwang ihn, darauf förmlich Verzicht zu leiften. Später fah er fich 
durch feine Erhebung auf den bifchöflichen Stuhl von Würzburg für 


diefen Verluft feiner Erbländer entfehädigt. Seine beiden Brüder, 


der Kurfürft Friedrich II und der Herzog Wilhelm, der zu Jena res 
fidirte, machten (25. Febr. 1437) eine zweite Mutfchirung auf drei 
Fahre 39). Alle dieſe Dinge gingen vor, ohne daß dazu eine Fai- 
ferliche Betätigung verlangt wurde. 

In Brandenburg, :wo noch immer Friedrich I aus dem 


38) Zriedrid II hatte von dem Burggrafen Heinrich Reuß Herrn zu Plauen, 
der von Sigmund mit dem Burggrafentyum Meißen belehnt worden war, dad 
ftreitige Reichslehen um eine bedeutende Summe Geldes erfauft: aber des Burg- 
grafen Grben proteftirten gegen diefen Berfauf und fttitten deßhalb lange mit 
Kurf, Friedrih IL Die ausführlichften Nahmeifungen über diefe Streitfadhe gibt 
Märker dad Burggrafenthum Meißen. Mit Urkk. Leipz. 1842, 


39) Lünig P. Spec. Cont. II. Abth. IV. Abſ. II. 211—216, Müller - 


M.Tagstheat. unter K. Zrievrih V. I. 189, Müller ſächſ. Annalen ©, 18, 
Das Chronic. Terrae Misn. meldet p. 336 über des Herzogs Sigmund Liebe; 
Sigismundus per inordinatum amorem cujusdam monialis (fie war ein Fräu- 
lein von Lohma) seductus, reliquit dominium terrae suae, sub specie poeni- 
tentiae, ad sacerdotium processit, malo suasu aliquorum, - 


21 * 


324 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 

Zoflerifchen Haufe regierte, herrfchte im Lande: Einigkeit, dagegen 
fehlte es nicht an Fehden und Streitigkeiten mit benachbarten Fuͤr⸗ 
fin. As Wilhelm, der legte Fürft der Wenden und Herr zu 
Merle und Guͤſtrow, im 3. 1436 geftorben war, follten vermöge 
des Lehenöverhältniffes defjelben zu Brandenburg-die wendifchen Laͤn⸗ 
ber an die Mark fallen. Aber die Medlenburgifhen Herzoge 
gründeten nähere Anfprüche auf diefelben, theils weil fie in Ver⸗ 
wandtfchaft zu dem abgegangenen wendifchen Haufe geflanden, 
theild aber auch wegen Erbverbrüderungen, die fie mit dem letzten 
Fürften zu Wenden gefchloffen hatten. Es nahmen daher die Her- 
zoge Heinrich und Johann von Medienburg: Schwerin, wie ihre 
gleihnamigen Vettern, die Herzoge von Medienburg: Stargard, 
welche legtere brandenburgifche Vaſallen waren, unverweilt von dem 
wendifchen Fuͤrſtenthum Beſitz, weßhalb fih der Markgraf von 
Brandenburg Elagend an den Kaifer wandte, Er wirkte bei diefem 
auch einen Befehl aus (6. Nov. 1436), wodurch die wendifchen 
Landftände angemwiefen wurden, dem Markgrafen von Brandenburg 
bie Huldigung zu leiften. Dieſem Paiferlihen Gebote famen bie 
wenbifchen Stände nicht nach: unter allerlei Ausflüchten leifteten fie 
dem Eaiferlichen Befehle Feine Folge: befonders beriefen fie ſich auf 
die fhon den Mecklenburgern geleiftete Huldigung. Daher erneuerte 
der Markgraf feine Klage beim Kaifer, der fodann bie flreitenden 
Parteien vor feinen Richterftuhl auf den Reichötag nach Eger vor: 
Iud, wo aber die Medlenburger nicht erfchienen*°). 

Diefer Erbftreit Fam unter Sigmund’ Regierung nicht mehr 
zur Entfcheivung. Auch der Markgraf Friedrich I erlebte nicht def: 
fen Beendigung, ber erft im Jahre 1440 ſtarb. Noch unter ber 
Regierung Sigmund’8 aber hatte er durch ein Zeftament feine frän: 
Fifchen und brandenburgifchen Länder unter feine vier Söhne getheilt 
und biefe hatten ihre Zuftimmung zu ber teflamentarifchen Verfü- 
gung gegeben. Diefed geſchah am 7. Juni 1437 zu Cadolzburg 
in Sranken. Hoͤchſt merkwuͤrdig ift es, daß Friedrich bei diefer 


40) Lünig P. Spec. IH. p. 3 u. 6. Dumont C. d. III. 1. p. 20. Mül- 
ler R. Tagstheat. I. 182, Hempel Invent. III. p. 134. Gundling Friedrich I. 
p- 468 sqgq. Bgl. Häberlin N. H. V. 662 fl. Helwing Geſch. des brandenb. 
Staats I. ©, 467. 








Diſche Reichsangelegenh. währ. d. drei legt. Regierungsjahre Sigm. 325 
Theilung von dem Herlommen und den Verfügungen ber Goldenen 
Bulle*ı) abging, und dem älteften Sohne Johann nicht, fon: 
dern dem zweiten, der Friedrich hieß, bie Kur mit der Mark 
Brandenburg beflimmte. Sohann erhielt dafür die fränfifchen 
Länder „oberhalb des Gebirges“ oder die fpäter fo genannte 
Markgraffchaft Bayreuth. Der dritte Sohn Albrecht bekam das 
Land „unterhalb des Gebirges” oder daß Anspachiſche: dem 
vierten endlich: der wie ſein aͤlterer Bruder Friedrich hieß und 
durch den Beiſatz der Juͤngere von ihm unterſchieden wurde, fiel 
die Altmark mit der Priegnitz zu. Was Friedrich J dazu beſtimmte, 
feinen älteften Sohn zuruͤckzuſetzen und den zweiten zu bevorzugen, 
darüber hat man ſchon mancherlei Vermuthungen aufgeftellt: da 
aber Sohann feine Einwilligung zu der väterlichen Anorbnung gab, 
fo hatte fie ald Familien: Vertrag Gefeßeskraft und wurde auch voll» 
ſtaͤndig auögeführt +2): wenn auch die Faiferliche Beſtaͤtigung, die 
gewöhnlich zur vollen Gültigkeit der fürftlichen Haußverträge und 
Geſetze erfordert wurde, noch fehlte: erſt Sigmund’s zweiter Nach⸗ 
folger, K. Sriebrich III, beflätigte fie im 3. 1459. 

Bon den übrigen größern Reichöfürften waren die Habsbur: 
ger und die bayrifchen Wittelsbacher die bebeutendften, die da⸗ 
her bier noch befonderd befprochen werben follen. 





41) Aur. Bull. c. 7: Statuimus, ut — — jus, vox et pptestas ele- 
ctionis — ad filium primogenitum legitimum — devolvatur. 

42) Die Theilungsurkunde in Bezug auf die Mark d. d. Plaffenburg Frei⸗ 
tag nad &. Bonifacii 1437 fteht in der Debuction: In jure et facto gegrüne 
dete facti species, worinnen gezeigt wird, daß Sr. K. Maj. in Preußen nde 
heres Succeflionsreht an den brandenb. Markgrafth, in Franken — unumftöß« 
lich ſey. Berliu 1718. fol. Beil. MM. eng brandenb. Urff, II. 580. Buch⸗ 
bolz brandenb. Gef. III. 71. Gundling 1. c. 481. Bol. Lancizolle Geſch. 
der Bildung des preuß. Staats I. 511 fl. — Die Satzungen wegen der frän« 
tiſchen Länder ibid, p. 514 nad Falckenstein antig. Nordgav. cod. dipl. 
p. 779. — Helwing a. a. D. S. 478 fl. Aeneas Sylvins, hist. Europ. \ 
c. 40 und Commentar. in dict. et fact. Alphonsi II. 29, wornach Nauclerus 
II. 461 u. Gunbling p. 483 berichten, läßt den Kurfürften eine ausführliche 
Nede halten, um feinen älteften Sohn zur Berzitleiftung auf die Mark zu bes 
wegen. Die fränfifhen Länder gehörten ald Stammgüter dem älteften Sobne: 
die Mark war neue Erwerbung und Fonnte daher einem jüngern Cohn zugetheilt 
werden, 


[4 








- 


hatte, 


326. Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 

Wir reden zuerſt von den oͤſtreichiſchen Habsburgern, 
die damals noch immer in drei Linien zerfielen, wovon die aͤltere, 
welche im eigentlichen Herzo gthum Öftreich die Herrfchaft führte, 
durch Sigmund's Schwiegerfohn Albrecht *3) repräfentirt ward. 
An der Spige der ſteyermaͤrkiſchen oder inneröftreichifchen Linie ftand 


Friedrich der. Süngere**), der Sohn bed Herzogs Ernſt des 


Eifernen, der feit 1435 der Bormundfchaft entlafen, felbfländig 
regierte. In Vorderöftreich und Tyrol regierte noch immer Fried⸗ 
rich der Ältere, beigenannt mit der leeren Tafcher5). Die 
fen Beinamen verdiente er freilich Damals nicht mehr, indem er mit 
Geiz und Habſucht ungeheure Schäße gefammelt hatte, und einer 
der reichften Fürften feiner Zeit geworden war, Mit den Biſchoͤfen 
ſeines Landes lebte er in faft beftändigem Streite*°), 

Albrecht hatte fich in allen politifchen Fragen in feiner ganzen 
Richtung unbedingt den Regierungämaßregeln bed Kaifers angefchlof- 
fen. Da ihm als Gemahl der einzigen Zochter deſſelben Mähren 
ſchon abgetreten und die Zuficherung auf die. Koͤnigskronen von Un⸗ 
garn und Böhmen gegeben worden war, fo feßte er felbft das oͤſt⸗ 
veichifche Intereffe aus den Augen bei den Gonflicten zwifchen den 
andern Habsburgern und dem Kaifer, um deſſen Gunft nicht zu 
verlieren. 

Se mehr Albrecht fich unbedingt an das Iuremburgifche Haus 
ſchloß, defto mehr glaubte Friedrich der Ältere ſich davon trennen zu 
müffen. Die Hoffnung auf die böhmifche Krone verfchwand für 
Zriedrih, ſeitdem ſich Sigmund ganz mit den Huffiten verglichen 


Es ift unverkennbar, daß der Kaifer manche Schritte that, Die 

beiden Herzoge in Snneröftreih, Friedrich den Süngern und feinen 
Bruder Albrecht, von dem Tyroler Herzog ganz abzuziehen. Er 
batte darauf gedrungen, daß ber Ießtere die widerrechtlich verlängerte 


43) Bol, Kurz Dfterreih unter K. Albrecht IT. 2, Bd. 
44) Bol. Shmel Geſchichte K. Friedrichs IV. 1. BD. 
45) Graf Brandis Tirol unter Friederich von Dfterreih. Vgl. oben Kap. 9. 
not. 72. n= 

46) Über die Streitigfeiten mit dem Biſch. v. Trient Martene coll. ampl. 
VIII. 789 u. 813. 


Difche Reichsangelegenh. waͤhr. d. drei letzt. Regierungojahre Sigm. 327 


Vormundſchaft uͤber ſie aufgab und ſie fuͤr muͤndig erklaͤrt wurden. 
Er hatte ihnen (Wien 3. Febr. 1435) 27), wo er fie ſchon als ſelb⸗ 
fländig regierende Fürften betrachtete, einen Revers zuflellen laf- 
fen, daß die ihm aus gutem Willen für ihre Iudenfchaft gemachte 
Krönungsehrung. den öftreichifchen Privilegien Beinen Nachtheil brin⸗ 
gen folte. Merkwürdig aber ift ed, daß Feine Spur fich findet, 
daß ber Kaifer den beiden jungen Herzogen die Belehnung ertheilt 
hat 18). 

Ungeachtet des von Herzog Albrecht gegebenen Ausfpruchs über 
die Audgleihung der Verhältniffe zwifchen Tyrol und Inneroͤſtreich 
blieben doch manche Puncte übrig, die fpäter geregelt werden ſollten; 
fie gaben Veranlaſſung, daß ſich Friedrich von Tyrol noch manche 
Sachen und Angelegenheiten in Inneröftreich anmaßte, womit man 
dort fehr unzufrieden war, und ſich deßhalb Beſchwerde führend an 
den Kaifer wandte; boch if nicht befannt, daß derſelbe in diefer 
Sache eine Eaiferliche Entfcheidung gab 29), Die Mäßigung und fafl 
tadelnswerthe Nachgiebigkeit des jüngern Friedrich verhütete haupt: 
fachlich einen feindlichen Zufammenftoß zwilchen ihm und feinem 
Oheim. Sa bald ftellte ſich zwifchen beiden ein ganz gute Verneh⸗ 
men ber, befonders in der Zeit, ald der Zoggenburger Erbfall in der 
Schweiz zur Einigkeit rieth, um die Intereffen des Haufes beſſer 
zu wahren. Sie waren entfchloffen, die dem Toggenburger vor laͤn⸗ 
gerer Zeit verpfändeten Herrfchaften und Amter wieber an bad Haus 
Öftreich einzuldfen. Friedrich der Zängere, der ſich damals bei ſei⸗ 
nem Vetter, dem ältern Herzog Albrecht aufhielt, wirkte bei dem⸗ 
felben dahin, daß diefer ſich bei dem Kaifer für die habsburgiſchen 
Snterefien verwendete 5°). 


47) Ehmel Material. I. 22, . 

.48) Ehmel Sch. K. Friedrichs IV. Bd, 1. S. 230. 

49) Ehmel ]. c. 221 - 224. — Deſſen Mater. I. 2, ©. 31, 

50) Ehmel Mat. J. c. S. 40, u. n. XXL Urk, v. 31. May 1436, 
Deſſen Geſch. K. Friedr. IV. I. 227. not. 2. „Aus dem Schreiben geben leis 
der au nur Spuren hervor, daß zwiſchen K. Sigmund und den djterreichifchen 
Herzogen wichtige Unterhandlungen gepflogen wurden, die noch aus fpäter zu 
entdedenden Quellen ihre Berbindung und Aufklärung erwarten. — Ich vers 
muthe, daß fie die bereits ſchon mehrmals verſuchte Erhebung der Cillyer betrofs 


328 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 

Auch that wirklich Herzog Albrecht damals alles Mögliche für 
fein Haus: er brachte zwifchen den beiden Brüdern Kriedrih und 
Albrecht eine Vermittlung zu Stande (May 1436), wonach ber er⸗ 
flere auf 6 Jahre allein die Regierung führte, aber audy im Namen 
feines Bruders; diefer aber nur foviel Gewalt erhielt, ald Friedrich 
ihm zu ertheilen für gut fand: dadurch wurde in Inneroͤſtreich die 
Einigkeit zwifchen den Herzogen erhalten 1). 

Indeß Friedrich der Süngere in der zweiten Hälfte des Jahres 
1436 eine Pilgerreife mit anfehnlichem Rittergefolge nach Jeruſalem 
machtes2), erhob Kaifer Sigmund feinen Schwager, den Grafen 
Friedrich von Cilly, und deffen Sohn Ulrich zu Reihe: 
fürften, und zwar geſchah diefe Standeserhöhung der Eillyer ohne 
Wiſſen und Zuflimmung der inneröftreichifchen Herzoge, ber Lan⸗ 
deöfürften der Grafen von Tilly. Diefes war offenbar eine Vers 
legung der Öftreichifchen Haußprivilegien. Daß Herzog Albrecht, 
der Schwiegerfohn des Kaifers, um diefe Erhebung früher gewußt, 
läßt fich nicht bezweifeln. Die Emennung der Cillyer war zwar 
fhon früher urkundlich) auögefprochen, aber Sigmund hatte lange 
mit der Publicirung gezögert: fie fand erſt flatt 30. Nov, 1436 zu 
Prag®>), wobei ben neuen Reichöfürften auch bie gewöhnlichen Res 
galien, hohe und niebere Gerichtöbarkeit, Münzrecht, Bergwerke ıc. 
übertragen wurden. 

Gegen biefe Erhebung der Cillyer zu reichdunmittelbaren Zürs 
ſten proteflirte Friedrich bei feiner Ruͤckkehr aus Paldflina fürms 
ich 5%): denn fie konnte rechtskräftig nur mit Zuftimmung des Lans 
besfürften gemacht werben, wie bie öftreichifchen Privilegien beftimms 
. ten. ber der Kaifer ließ fich durch die papiernen Proteflationen, 
die nicht anderweitig unterftügt wurden, nicht irren. Er erwiberte 


fen haben.’ Sollten fie ſich nicht auf die Toggenburger Angelegenheit bezogen 
haben? 

51) Ehmel Mater. J. c. S. 30. n. XXII. Deſſen Geſch. K. Friedr. J. c. 
S. 228 fl. 

52) Chmel Geſch. K. Friedr. IV. Bd. I. S. 277 fll. 

53) Ehmel 1. o. S. 280 fl. Deſſen Mater, I. 1. S. 164. Lüuig C. 
Germ. D. II. 547. Chron. Cillens. bei Hahn coll. Monum, II. 753 sqq. 

54) Chmel K. Friedr. IV. 1. o. S. 283. 








Diſche Reichsangelegenh. waͤhr. d. drei letzt. Regierungsjahre Sigm. 329 
(Prag 31. May 1437) auf Friedrich's Gegenvorſtellungen ziemlich 
barſch und gebieteriſch: Du behaupteſt, daß unſere Schwaͤger die 
von Cilly Dir und dem Haufe Öftreich unterworfen geweſen, und 
es noch feyen, was wir bisher nie gehört haben. Auch vernehmen 
wir von den Cillyern und ihren Sendboten, daß folches nicht das 
wirkliche Verhältniß gewefen und ſey. Wir haben fie aufgefordert, 
auf Deine Befchwerde und Dein Vorbringen ihre Gegenrede und 
Antwort und zu geben, die wir dann auch Dir mittheiien wollen. 
“ Übrigens befehlen und gebieten wir Dir ernftlich und fefl: dag Du 
diefelben mit denfelben Titeln beehrft, die wir und des Reichs Fuͤrſten 
ihnen geben, ohne daß Du damit von Deinen Rechten, wenn Du 
folche haft, etwas vergibſt. Thuſt Du anders ald wir befehlen, fo 
werden wir ed als einen Eingriff in unfere Faiferliche Gewalt bes 
trachten, und mit den in dem frühern Schreiben Dir angebeuteten 
Mapregeln gegen Dich verfahren55), 
Der Kaifer wie der Herzog fuchten aus den Zeitumftänden und 
der Stimmung der größern Adelögefchlechter im Lande Inneröftreich 
zu gewinnen. Der benachbarte Abel aber handelte hinterliftig und 
hoffte aus dem Zerwuͤrfniß zwifchen den höchflen Gewalthabern Vor: 
theile für fich felbft zu ziehen. Der mächtige Graf Heinrich von 
Goͤrz fihloß eine enge Zreundfchaft mit dem Herzog Friedrich den 
Süngern und (im März 1437) zugleich eine Erbverbrüberung mit 
den Cillyern. Ob Kaifer Sigmund von Iegterer gewußt hat, iſt 
zweifelhaft, "da er im MWiderfpruch damit (im Juli) dem Schwies 
gerfohne des Grafen Heinrich von Görz, dem Brunorio be la Scala, 
ſeinem Reichövicar in Verona und Vicenza, die Anwartfchaft auf 
bie Grafſchaft Görz überträgt, im Falle jener ohne männliche Erben 
aus dem Leben fchiede5°). Der Gemahlin dei Brunorio, der Graͤ⸗ 
fin Anna von Görz, hatte der Kaifer um diefelbe Zeit die Herrfchaft 
Athyna in Slavonien verfchrieben 57), als Heimfteuer für das Geld, 
welches er ihrem Water, dem Grafen Heinrich, fhuldig war. So⸗ 
lange Sigmund lebte, hielten die Habsburger noch mit den Waffen 
gegen die Cillyer zuruͤck: kaum aber war er geftorben, fo fuchten fie 
55) Ehmel Mater. 1.2, &. 45. (Urk. XXVL) 


56) Chmel Geh. K. Friedr. IV. Bd. I. S. 285, 
57) Chmel 1. c. 


fe 


330 Viertes Buch, Funfzehntes Kapitel. 


diefelben aus dem angemaßten Befige von nicht anerfannten Rech⸗ 
ten wieder dur) Gewalt zu verdrängen 8). 

Eine andere Streitigfeit, in die der Kaifer mit den Habsbur⸗ 
gern geriet), war die in Betreff des Erzbifhofs Johann von 
Salzburg. Rechtöftreitigkeiten zwifchen diefem und einigen Edel⸗ 
leuten in Inneröftreich gaben die Veranlaffung. . Es wırde von 
einem gewiflen Friedrich Zobelöberger der Erzbifchof vor den Lanz 
Deögerichten (Landesfchrannen) belangt und er erhielt wirklich Recht. 
Herzog Friedrich der Jüngere hatte vergeblich gefucht, durch einen 
guͤtlichen Vergleich die Streitſache, wobei die Competenz des Gerichts 
beſtritten werden konnte, in Guͤte beizulegen. Der Erzbiſchof wandte 
ſich beſchwerend an den Kaiſer, und erlangte auch wirklich, daß 
dieſer (Eger 25. Juli 1457) mehrere Mandate zu Gunſten des 
‚Salzburger Erzbifchofs erließ 5%). ES wurde den Herzogen von 
Öftreich namentlich verboten, bie Erzbifchöfe von Salzburg vor die 
Landeögerichte in Steyermark, Kärnthen und Krain zu laden: es 
war nur der Fall ausgenommen, wenn die legtern ſich freiwillig 
darauf einließen, in Sachen, die Grund und Boden betrafen, vor 
folchen Gerichten zu Recht zu fliehen. Ein anderes Mandat an 
ſaͤmmtliche Reichöftände, vorzüglich aber an die benachbarten Fürs 
fien und Grafen des Salzburger Erzftifis, verbietet den Feinden des 
Erzbifchofs, die nicht vor dem Kaifer und feinen Räthen zu Recht 
zu fiehen gewillt find und fein Stift befehden, irgend Unterflügung 
und Aufenthalt zu geben. Bon neues wird der Erzbifchof in befons 


. .. bern Schuß und Schirm bed Reichs genommen. Ähnliche Mandate 


wie an die deutfchen Reichöftände erließ Sigmund auch an feine un: 
garifchen und flavonifchen Unterthanen, welche den Friedensſtoͤrern 
gegen ben Erzbifchof vorzüglich Hülfe und Beiftand geleiftet hatten. 
Diefe Sache wie viele andere ließ der Kaiſer bei ſeinem Tode un⸗ 
erledigt. 

Da der Biſchof von Bamberg bedeutende Beſitzungen in 
Kaͤrnthen hatte, und es auch hier nicht an Veranlaſſung zu manch⸗ 
fachen Streitigkeiten mit den benachbarten Herrſchaften fehlte, ſo 
ſah es der Kaiſer gern, daß der Bamberger Biſchof Anton von Ro⸗ 


58) Ghmel 1. c. 288 fl. 
59) CEhmiel 1. c. 296 fl. 





— — — — — — — — 


Dtiſche Reichsangelegenh. waͤhr. d. dreilegt. Rogierungsjahre Sigm. 331 
tenhan darauf ausging, dieſe Beſitzungen an die oͤſtreichiſchen Her⸗ 
zoge zu verkaufen. Er gab daher (Eger 27. Juli 1437) dem Bam⸗ 
berger Bifchof die Erlaubniß, zur Tilgung der fehr angewarhfenen 
Schuldenlaſt feines Hochftiftes die Kärnthnifchen Befibungen an 
Herzog Friedrich d. J. oder antere deutfche Reichsfürften zu verfaus 
fen 6%). Es hat aber damals der Verkauf nicht flatt gefunden. 
Was aber die Beziehungen des Herzogs Albrecht insbefondere 
zum Kaifer in den Angelegenheiten Maͤhrens, Boͤhmens, Ungarns 
betrifft, was des Tyroler Herzogs Friedrich Verhältniffe zu den Eid⸗ 
genofjen angeht, namentlich in dem Zoggenburger Erbfchaftäftreit, 
dad Alles findet ſich an einem andern Drte angegeben 61), 
Gehen wir nun endlich zu den bayrifchen Herzogen über. 
Die drei Linien ber bayrifhen Wittelsbacher, die fih nach 
ihren Hauptfisen Ingolftadt, Landshut und München ſchrie⸗ 
ben, befämpften fich noch immer in manchfachen Fehden. Befons 
ders aber waren ed der flreitfüchtitge Herzog Ludwig von In—⸗ 
golftadt und der hinterliflige Herzog Heinrich von Landshut, 
welche trog der mehrfachen Ausföhnungen durch den Kaifer immer 
wieder von neuem in Krieg gegeneinander geriethen. Zwar war 
ber Erbitreit über das Straubinger Land beendigt, aber Ludwig 
hielt fich für übervortheilt und fuchte jede Gelegenheit fich zu rächen. 
Die Bafallen waren es, welche leicht. den Vorwand zum neuen 
Kriege gaben. Heinrich zog ſich almälig mehr aus dem Kampf zus 
ruͤck, unterftüste aber unter der Hand die zahlreichen Gegner des 


Ingolſtadter Herzogs, anderen Spitze fein Schtwiegervater, der Kurz 


fürft von Brandenburg, ber ſich gewöhnlich in feinen fränkifchen 
Befisungen aufhielt, und der Pfalzgraf Sohann von Amberg fans 
den. Nur mit großer Mühe hatten, wie fehon oben erzählt wors 
den, der Kaifer und das Concilium e3 dahin gebracht, einen Frieds 
ftand zu bewirken: der reiche Herzog Ludwig hatte zuletzt durch fein 
Geld Bann und Reichsacht, die gegen ihn auögefprochen waren, 
zu nichte gemacht, und von neuem wurden die Streitigkeiten auf dem 
Rechtsweg beim Hofgericht verhandelt vor dem kaiſerlichen Stellver: 
freter, dem Bifchof von Augsburg. Bon Tag zu Tag verfchoben, 


60) Ehmel 1. c. 309 fl. 
61) Im folgenden Kap. 16. mas die Toggenburger Erbſchaft angeht. 


332 ’ Viertes Bud), Funfzehntes Kapitel. 

wurden fie endlich wieder vor ben Kaifer felbft gebracht: in Preß⸗ 
burg ſollte im Frühjahr 1455 die Sache entfchieden werden. Die. 
Gegner Herzog Ludwig's fahen aber batd ein, daß fie den Kürzern 
zögen, da biefer die Faiferlichen Räthe beftochen hatte. Sie vers 
warfen das Hofgericht, und beriefen fich auf das vom Kaifer ver= 
forochene Fürftenrecht. Dieſes konnte aber in Preßburg nicht flatt 
finden, da dort außer dem Erzbifchof Günther von Magdeburg Fein 
beutfcher Fürft zugegen war. Daher bewilligte der Kaifer auch ein 
ſolches Sürftenrecht in Deutfchland felbft und verſprach, im nächften 
Sahre dahin zu kommen: mittlerweile wurde der Friedfland durch 
Vermittlung des Bifchofs von Eichftebt, der Grafen Ludwig und 
Ulrich von Wirtemberg, der Städte Augsburg und Regensburg auf 
ein Sahr verlängert. Während biefer Zeit aber wurde von beiden 
Seiten auf das eifrigfte gerüftet, indem Bein Theil Vertrauen auf 
den Beftand des Friedens hatte. Herzog Lubwig von Ingolftadt 
ſah, wie täglich feine Feinde dincch neue Bundesgenoſſen ſich zu vers 
ſtaͤrken fuchten, um ihn beim Wiederausbruch ded Krieges deflo ges 
wiſſer zu verderben. Er näherte ſich daher feinen Vettern, den Her⸗ 
zogen von Mimchen, und fuchte ihre Freundfchaft und ihr Buͤndniß. 
Unter ihr Geleit flellte er die Kaufmannsgüter,, die er auf der Dos 

nau in feine unteren Lande ſchickte. Aber ohne dad Geleit der 
Münchener Herzoge zu berüdfichtigen, plünderte Herzog Heinrich von 

Landshut das Fahrzeug Ludwig’. Dadurch wurden die Münchener 

Herzoge Ernft und Albrecht (Vater und Sohn) erbittert und fie trus 

gen nun Fein Bedenken, gegen ben Friedensſtoͤrer ein Buͤndniß mit 

dem Ingolftädter Herzog einzugehen. Aber fie riefen auch zugleich 

mit Zuftimmung ihres Verbündeten das Concilium auf, gegen Hers 

zog Heinrich einzufchreiten, weil ex ben Frieden gebrochen. Das 

Concilium zeigte auch fogleich feine Bereitwilligkeit, die Streitenden 

zu verföhnen. Es ſchickte den Bifchof Johann von Luͤbeck und den 

in Rede und Wifjenfchaft wie in Staatögefchäften gleich erfahrenen 

Nicolaus Cufanus an den Markgrafen Friedrich von Brandenburg 

und Herzog Heinrich von Landshut. Ihren eindringlichen Vorſtel⸗ 

lungen gelang es, die kriegsluſtigen Fürften von ihrem Vorhaben 

abzubringen und fie zum Frieden zu flimmen. Die Commiffarien 

des Gonciliumd, mit denen fich Faiferliche Bevollmächtigte vereinig- 





Drfche ReichBangelegenh. währ. d. brei legt. Regierungsjahre Siem. 333 


ten, arbeiteten zu Regensburg (Juli 1436) eifrigft daran, die flreis 
tenden Parteien zu einem vierjährigen Waffenftillffand zu bewegen, 
den diefelben auch eingingen und worauf man ſich gegenfeitig gelob> 
te, während dieſer Zeit miteinander ‚vollfländig in Zrieden zu le⸗ 
ben 62), 

Frieblicher und ruhiger als bie Hetzogei in den Landen Ingol⸗ 
ſtadt und Landshut herrſchten in ihrem Antheile die Muͤnchener 
Herzoge, die Bruͤder Eruſt und Wilhelm. Die Regierung 
fuͤhrten ſie dem Namen nach gemeinſchaftlich: doch in Wahrheit re⸗ 
gierte der aͤltere Bruder Ernſt allein. Denn Wilhelm, der ſeinen 
Bruder ſehr liebte und mit ihm in der groͤßten Einigkeit lebte, uͤber⸗ 
ließ ihm gern die Regierungsgeſchaͤfte: und als er durch K. Sig⸗ 
mund zum Protector des Basler Conciliums ernannt worden war, 
widmete ſich der fromme Fuͤrſt faſt ganz den Angelegenheiten der 
Kirchenverſammlung. Er bewies durch ſeine Thaͤtigkeit, Umſicht, 
Schonung der verſchiedenen Intereſſen, daß Sigmund keinen geeig⸗ 
neteren Fuͤrſten zu dieſer wichtigen Stelle haͤtte erheben koͤnnen. 
Der Kaiſer belohnte auch ſeine treuen und vielfachen Dienſte durch 
die Landvogtei Schwaben und 23,000 Goldgulden. In Baſel auf 
dem Goncilium im 3. 1432 vermählte ſich Herzog Wilhelm mit 
Margaretha, Tochter des Herzogs von Cleve. Sie gebar ihm zwei 
Söhne: beide aber flarben in ganz früher Jugend. Der ältere, 
Adolf, erreichte nur ein Alter von ſechs Jahren. Wilhelm felbft 
ftarb fchon wenige Jahre nach feiner Verheirathung den 13. Sep: 
tember 1435 63). 

Mittlerweile Wilhelm in Bafel die Stelle des Kaifers verttat, 
führte fein Bruder Eruft im Münchener Lande die Regierung vor: 
trefflich: dieſer war ein friebeliebender Fuͤrſt und fuchte nicht felten 

62) Andreas Presbyter ad. ann. 1436. Wit. Arenpekh Chr. Bav. ad 
ann. 1436. p. 386. Lang Ludwig der Bärt. S. 177 fl. Sinnacher Geſch. 
v. Säben und Brixen. VI. S. 335. Scharpff Nicol. v. Cuſa. I. ©. 104, 
Gundling Friedr. I. S. 426. Buchholz Brand. Geſch. III. 28, | 

63) Über Herzog Wilhelm v. Bayern: Joh. Staindeli Chron. ad ann. 
1431. Winde c. 191. Andreas Presbyt. p. 57. Johannes Nider im For- 
micario Sf. c. 3. lobt ihn fehr: er nennt ihn pater pauperum et tutor omnium 


religiosorum, cujus quam laudabilis fuerit testantur orphanorum et vidua- 
rum lacrimae super eodem effusae mortuo. 


334 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 


auch feine friegäluftigen Vettern in ihren vielfachen Streitigkeiten 
untereinander zu verföhnen. Der Wohlftand des Münchener Lanz. 
des hob ſich unter feiner Regierung fichtbar. Es liebten ihn daher 
auch feine Unterthanen wie einen Vater, denn er zeigte fich ihnen 
überall als einen gnädigen, milden Herrn. Nur ein Fall ift von 
ihm befannt, wo er mit unmenfchlicdher Härte und gefühllofer Grau⸗ 
ſamkeit verfuhr und die Lebensfreude feines eigenen einzigen Sohnes 
frevelhaft zerftörte. 

Albrecht war der Liebling feines Waters und feines Oheims: 
frühe ſchon ward ihm Antheil an der Regierung gegeben. Das 
Straubinger Land, fo weit ed den Münchener Herzogen gehörte, 
verwaltete er wie ein unabhängiger Fürft. Der ritterliche Herzogs 
fohn liebte uͤder Alles Zurniere, die Sagd, die edle Tonkunſt, fchöne 
Frauen: doch hatte der einzige Sproffe des Münchener Haufes ſchon 
bad 28. Jahr erreicht, ohne zu feiner Wermählung zu ſchreiten, fo 
fehr auch in dem Wunſche feined Vaters Ernft es lag, durch Entel 
die Erhaltung feines Stammes gefichert zu fehen. 

In Augsburg beim Zurnier 1428 fah der heirathöfcheue Al⸗ 
brecht die fehöne Tochter eined Bürgers, der dem in den damaligen 
Zeiten verachteten Barbierftande angehörte Die Agnes Ber: 
nauerin, welde ihre Mitbürger mit dem bezeichnenden Namen 
Angela gewöhnlich benannten, erhöhte die Reize ihrer Geftalt und 
die Lieblichkeit ihres Weſens durch Einfachheit und Sittenreinheit: 
fie war nicht fo bald von dem ſcharfen Auge Albrecht’, des Kenners 
weiblicher Schönheit, bemerkt, als er auch von der heftigften Liebe 
zu’ihr entbrannte. Da er den Befig de reizenden und frommen 
Mädchens nur durch eine rechtmäßige Verbindung erlangen Eonnte, 
brachte feine Liebe Ales zum Opfer: Standesvorurtheil, väterliche 
Mißbilligung, die Folgen für das herzogliche Haus nicht beachtend, 
vermählte ex fich heimlich mit der Bernauerin. Zwar erfuhr Als 
brecht’3 Water von ber Liebe des Sohnes, aber er nahm die Sache 
nieht ernftlich: er meinte, es fey ein vorübergehender Liebeshandel, 
wie er oft bei der Jugend vorfomme. Da aber Albrecht alle Heiz 
rathsvorſchlaͤge, die ihm fein Water machte, zuruͤckwies und das 
Gerücht fich verbreitete, er habe fich foweit bethören laffen, Die Ba⸗ 
berötochier zu heirathen; fo ergriff den alten Herzog tödtlicher Haß 





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Diſche Reichsangelegenh. währ. d. breilegt. Regierungsjahre Sigm. 335 
gegen bie, welche er als die Verführerin feined Sohnes betrachtete 
und ihn der Hoffnung auf eine ſtandesmaͤßige Nachlommenfchaft be: 
raubte. Ehe Ernft zum Außerftien fchritt, machte er noch einen 
Berfuh, Albrecht durch das Urtheil der Welt zur Erkenntniß zu 
bringen, daß ihn die Verbindung herabwuͤrdige. Bei einem Zur: 
niere, das in Regensburg gegeben wurde, wiefen auf des Herzogs 
Ernft Veranftaltung die Fürften und Ritter Albrecht zuruͤck, weil 
fein offenfundiges Leben mit einem Mädchen in Unzucht ihn nach 
den Nittergefegen vom Turnier ausſchließe. Diefer öffentliche 
Schimpf bewog ihn, nun auch Fein Geheimniß mehr aus feiner 
Dermählung zu machen. Er erklärte öffentlich Agnes für feine an: 
getraute Gemahlin: er ließ fie mit Dienerfchaft wie .einer Fuͤrſtin 
gebührt umgeben und auf der Burg zu Straubing ihren fürftlichen 
Mohnfis nehmen. Solange der Oheim Herzog Wilhelm lebte, 
deſſen Liebling Albrecht war, wagte Ernft nicht auf das Xußerfte 
einzuſchreiten. Als jener aber im Anfang September ded Jahres 
4435 zu Bafel geftorben war, fo zügerte der alte Herzog nicht mehr, 
das Band, welches fein Sohn mit der Agnes Bernauerin gefchlof- 
fen, mit Gewalt auf die graufamfte Weife frevelhaft zu zerreißen. 
Er veranftaltete ein Zurnier nach Augsburg, dem Albrecht auch beiz 
wohnte und wodurch diefer von Straubing entfernt wurde. Auf 
Befehl des Herzogs Ernſt wurde Agnes in Abmefenheit Albrecht's 
verhaftet und vor "ein Gericht geflellt. Da fie hier darauf beftand, 
daß fie nicht Albrechts Kebsweib, fondern feine fürftliche angetraute 
Ehefrau fey, fo befahl Ernſt fchleunige Hinrichtung. Als Here 
und Zauberin follfe fie den Tod leiden. Es wurde befannt gemacht: 
fie Habe Albrecht den Herzogöfohn mit Liebestraͤnken in ihre Gewalt 
gebracht und mit Gift des Herzogs Wilhelm jüngftes Söhnlein aus 
dem Weg gefchafft: deßhalb werde fie vom Leben zum Tode ge⸗ 
bracht. Zu Straubing öffentlih am Tage vor dem verfammelten 
Volke wurde die ſchoͤne unglüdliche Frau, bis zum Kopf in einem 
Sacke eingenäht, von Henkershänden auf die Brüde gefchleppt 
und in bie Donau hinabgeworfen. Agnes, um Hülfe fchreiend, 
ſchwamm einige Zeit über dem Waffer und wurde gegen das Ufer 
getrieben. Ein Scherge, dem firengen Befehle feines Herrn ge: 
möß, vollendete die Mordthat, indem er mit einer langen Stange, 


36 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 


um welche er dad aufgelöäte Golbhaar ber dem Tode geweihten 
Frau widelte, den Kopf unter dad Wafler. niederdrüdte 6%). 
Durch diefe graufame Hinrichtung der Agnes Bernauerin, Die 
am 42. October 1435 ftatt fand ss), hat der Herzog Ernſt von 
München feinen Namen für alle Zeiten gebrandmarft, obſchon es 
nicht an charakterlofen Gefchichtfchreibern gefehlt hat, die verfucht - 
haben, Entſchuldigungsgruͤnde für die Schandthat vorzubringen 66). 





64) Die faft ganz Üübereinftimmenden Nachrichten über die Bernauerin fin« 
den fi am ausführlihften bei Trithem. Chron. Hirsaug. If. 302. Ejusd. 
Chronic. Sponhem. anno 1435. u. Chronic. ducum Bavar. (in. Trithem. 
Opp. II. 118). — Andreas Presbyt. Ratisbon. ed. Kulpis p. 56. Vit. 
Arenpekh c. 68. Laurent. Hochwart Catal. Episc. Ratisbon. bei Oefele 
1. 220. Ladisl. Sunthem, bei Oefele II. 570. Gassari Annal. Augstburg. 
bei Mencken I. 1589. Aen. Sylv. Comment. in dict. et fact. Alphons. reg. 
Arag. II. n. 32, wornach Naucler. Chron, II. 461. Aventin. Annal. Bojor. 
p- 826. Bgl. Adlzreiter Annal. Boicae gentis II. p. 164. 3ſchokke bayr, 
Gef. II. 330 fü, Mannert Gef. Baierns I. 470, v. Lang Ludwig der Bärs 
tige &. 172 fl, Buchner Geſch. Bayerns VI. 285 fl. u. befonders Lipowski 
Agnes Bernauerin hiſtor. geſchildert. 

65) Den richtigen Tag, aber das falſche Jahr geben: Vit. Arenpekh 
anno 1436. XII. Oct. — Gassari: IV. Id. Oct. 1436: dagegen der unrich⸗ 
tige Tag, aber das rechte Jahr findet fi bei Andr. Presbyt. 1435 (fo ift zu 
lefen ftatt 1432) circa fest. S. Michaelis (p. 59 jedoch anders: 1436 circa 
fest. S. Leonhardi). Laurent. Hochwart gibt das richtige Jahr an 1435. 
Ganz genau und ridtig ijt dad Datum bei Trithem. im, Chron. Sponhem. an- 
gegeben: anno 1435. XII die mensis Octobris. Mannert bat fi durch die 
Inſchrift des Grabfteins verführen laffen, den 30. Det. 1436 als Todestag der 
Bernauerin anzunehmen. Jene lautet: A. Dom. MCCCCXXXVI. XXX. die 
“ Octobris obiit Agnes Bernauerin. Da Herzog Wilhelm im Sept. 1435 ftarb 
und unmittelbar nad deffen Ton die Hinrichtung der Bernauerin erfolgt, und 
Herzog Albrecht im I. 1436 die Anna von Braunſchweig heiratet: fo fält der 
Tod der Bernauerin ſicher in’s Jahr 1435. Es gibt unzählige Veiſpiele von 
falſchen Angaben im Datum auf Grabſteinen. 

66) Wie 3. B. Adlzreiter in Annal, Boic. gent. II. lib. VII. n. 80. 
Schon Trithem. Chr. Hirs. (Omnes clamarunt, male fecisse patrem ‚ quod 
tam pulchram, innocentem filioque suo super omnes dilectissimam juven- 
' culam amoris causa occidi jussisset) u. Aen. Sylv. 1. c. tadeln den Herzog 
ſehr. Des An. Sylv. Worte lauten: Indignum profecto facinus ob noxam 
filii, puellam quae nihil peccasset neci datam. Verax igitur Strabo, qui 
potentiorum commoditatem, jus esse difſinivit. 





- 


Diſche Reichsangelegenh. waͤhr. d. drei legt. Regierumgsjahre Stgm. 337. 
Daß Albrecht der einzige Sproffe ber Münchener: Wittelsbachiſchen 
Linie geweien, wie gewöhnlich angegeben wird, ift nicht einmal 
wahr, indem damals noch Adolf, der Sohn des Herzogs Wilhelm; 
lebte. Aber. felbft wenn Albrecht der Stammhalter feines Geſchlechts 
geweſen wäre, fo koͤnnte bie Morbthat in biefem Umſtande Heine 
Rechtfertigung finden. | 

. Mit grenzenlofem Schmerze bernahm Herzog Albrecht die Er— 
morbung feiner geliebten Agned. Wie im Wahnfinn raste und tobte 
er,. Verwünfchungen ausftogend gegen feinen Vater, gegen’ befien 
Raͤthe, gegen das Land, das er einft regieren follte. Als er feiner 
Sinne wieder mächtig geworben, dachte er nur an Rache: er ver⸗ 
band fich mit den Feinden feines Vaters und trug in das Muͤnchenet 
Land Zerfisrung und. BVerheerung mit Feuer und Schwert. ::. 

Ernft bot nun Alles auf, den Sohn zu befänftigen: er befahl 
die Gemordete ehrenvoll zu begraben und erflärte öffentlich feine Neue 
über dad Geſchehene. Zugleich fandte er an den Kaifer nach Ungarn 
eine Botſchaft und fuchte-um beffen Vermittlung nach, indem ex 
Folgendes vortragen ließ: „Herzog Albrecht, fein Sohn, fey mit 
einem böfen Weibe beladen geweſen, die fich ihm fo ſtreng bezeigt, 
daß er feit Jahren nicht einen Zag fröhlich geworben. Dieſes habe 
den Herzog Ernft aus väterlicher Liebe zu dem Prinzen und aus 
Furcht vor noch größerem Übel, das von dem verbrecherifchen Weibe 
getwoht, bewogen, es ertraͤnken zu laffen, Nun da dad Weib tobf 
fen, : ziehe Herzog Ludwig den Prinzen Albrecht an fich nach Zugol⸗ 
fladt und umgebe ihn mit Übelgefinnten: Leuten. Es ſey dem Kaifen 
hinlaͤnglich bekannt, wie der Herzog Ludwig feine Freude an Krieg, 
Mord und Brand habe. Diefer werde daher nicht umterlaffen, den 
Sohn zum Krieg gegen ben Vater aufzuregen, wenn ber Kaifer 
nicht hindernd dazmifchen trete. Auch dem Herzoge Albrecht möchte 
er Vorftellungen machen: die Sache fey ihm nicht zur Schande, fon: 
dern zum Nus und Frommen veranftaltet worben: bald werde nie: 
mand mehr davon fprechen, wenn er nur felbft ſchweige. Solange 
das Weib gelebt, fey.ihm nur Schmach und Schande geweien, bie 
alle. bayrifchen Zürften herabgewuͤrdigt.“ | 

Wenn auch der Kaifer die Einficht durch anderweitige Nachrich> 


ien gewinnen mochte, daß diefer Bericht ded Herzogs Ernſt ein hoͤchſt 
Aſchbach K. Sigmund. IV. 23 


338 Viertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 
parteiiſcher und umichtiger ſey, fo konnte er doch nichts zum Haud⸗ 
habung der Gerechtigkeit thun: ihm lag vor allen Dingen am Her⸗ 
zen, ben Friedſtand in Bayern aufrecht zu erhalten. Daher auf wies 
derholtes Bitten des Herzogs Eruſt, feinem Sohn zu befehlen, zur 
Pflicht und Ehre zuruͤckzukehren, willfahrte der Kaifer dem bringen 
den Sefuche °?). 

Die kaiſerlichen Ermahnungen fanden auch Gehör, nachdem 
die Zeit, das Zureden der Freunde, die reuevollen Vorſtellungen des 
Vaters den Sturm in Albrecht's Gemuͤth allmaͤlig beſchwichtigt hat⸗ 
ten; Albrecht kam nach Muͤnchen und. wurde von feinem Water mit 
aller Rührung und Zärtlichkeit empfangen. Doch follte der unſchul⸗ 
big Hingerichteten vor allen Dingen eine öffentliche Genugthiung ges 
geben werden. Albrecht erklärte urkundlich, daß fie keine Buhlerin, 
ſondern eine ehrbare, tugendfame. Frau gemein, ftiftete ihr Meſſen 
und Jahrestag und beflätigte, was fie,in ihrem Leben für ihr See⸗ 
lenheil angeorbnet 6%), Herzog Ernſt betätigte, um den Sohn zu⸗ 
frieden zu fiellen, Alles und baute über ihrem Grabe ſelbſt eine 
Suͤhne⸗Kapelle 6°). Nun erſt gab Albrecht den väterlichen Bitten 
nach, dem Lande Hoffnung auf die Erhaltung ſeines Stammes zu 
geben: er vermaͤhlte ſich (im J. 1436) mit Anna von Braunſchweig, 
einer ſehr ſchoͤnen Prinzeſſin, welche aber die Erinnerung an feine 
ungluͤckliche Agnes ‚nicht zu vertilgeri vermochte. Sie gebar bem 
Herzoge eine fchöne und zahlreiche Nachkommenfchaft: aber Albrecht 
warb nie mehr feined Lebens recht frohr zwölf Jahre nach der Ex: 
merbung ber Agnes Bernauerin erneuerte und vermehrte.ex die from⸗ 
men Stiftungen für ihr Seelenheil und ließ auf ihrem Grabe einen 
marmornen Gedenkſtein legen 7°), Noch im 17. Sahrhunderte wur: 
den die Lieber von ber Liebe und dem traurigen Ende der ſchoͤnen 


67) v. * a. a. D. S. 173 nad urkundiihen Nagriqten. 

68) Die Urkunden bei Oefele H. 123 aqq. 

69) Trithem. Chronic. Sponhem. . Super sepulcrem muberis , cogenta 
filio, pater fundavit novam capellam. 

70) Albrecht's Heirath ift in’s J. 1436 nad) Trithem. ‚Chronic. Hirsang. 
zu fegen. Aventinus fept die unrichtig Ion 22 Tage nady Agnefens Ermordung. 
Über den Grabftein, den Albrecht fegen ließ, vgl. Monnert a a. D. S. 472. 


Dtſche Reichsangelegenh. währ. d. drei legt. Regierungsjahre Siem. 339 
Bernauerin von dem bayrifchen Wolke gefungen, und. bewahrten die 
rührende Gefchichte in allen Ständen des Landes 71). 

Eine nicht weniger tragifche Gefchichte bietet der Ausgang 
ber Ingolflädter Wittelsbachiſchen Linie bar. Als der 
Friede zwifchen Herzog Ludwig von Ingolfladt und Herzog Heinrich 
von Landshut einige Zeit Beftand gewonnen, gerieth der Herzog Lud⸗ 
wig mit feinem eignen gleichnamigen Sohne in Streit und Krieg. 
Der Ingolftäbter Herzog war ein harter Mann: er liebte niemand 
«13 nur feinen natuͤrlichen Sohn Wieland Freiberg, ben ihm feine 
Meitreffe, die Canetta von Freiberg, geboren hatte. Es war diefer 
Baftard ein bildfchöner Züngling, grade daS Gegentheil von feinem 
häßlichen Sohne Ludwig von feiner Gemahlin, der Atına von Bour⸗ 
bon. Ein kurzer Rumpf auf ungewöhnlich langen Beinen und ein 
ausgewachſener Rüden machten ihn mißgeftaltet. Er führte daher 
auch den Beinamen der Höder. Selbſt fein Bater nannte ihn fo, 
wenn er im Zorn gegen ihm aufbrauste. Aus Neid über die Be 
vorzugung des Halbbruders trat Ludwig dev Höder feindlich gegen 
feinen Bater auf, und verband fich mit deffen Gegnern. Wieland 
Freiberg farb In der Bluͤthe feiner Jahre wahrfcheinlic an Gift: 
der alte Ludwig gerieth in Gefangenfchaft feines Sohnes, den ein 
jäber Tod dahinraffte: der Ingolſtaͤdter Herzog aber blieb in der 
Gewalt feiner Zeinde bi an feinen Zod, der ihn im Kerker erft im 
zehnten Jahre nach bem Abgange des Kaiferd Sigmund aus der Ge⸗ 
walt feiner Gegner erlööte (1447). Seine Länder waren fehon vor 
ber von ber Landshuter Linie in Befig genommen worden 72). 

Der Kaiſer hatte in ben beiden letzten Jahren feiner Regierung 
ſich nur wenig mit den deutfchen Reichdangelegenheiten befaßt: feine 
ganze Zhätigkeit verwandte er auf Böhmen, wovon unten näher 
gehandelt wird, Nur noch einen Reichstag an ber böhmi- 
fhen Grenze zu Eger veranflaltete er zur Berathung und Be 
gulirung ber beutfchen Angelegenheiten. 

Der Reichötag war auf-Pfingften 1437 aefäihen. wor: 


71) Ladisl, Sunthem. bei Oefele II. 570. De qua cantatur adhoc (im 
17. Jahrh.) pulchrum carmen. 
72) v. Lang Ludwig d. Baͤrt. S. 180 fü. 
| 22* 





340 Biertes Buch. Funkzehntes Kapitel. 

den?2). Nach gewohnter Weiſe aber trafen die Stände und der 
Kaifer über vier Wochen ſpaͤter ein. Anſtatt am 19. May den Reichs⸗ 
tag zu eroͤffnen, wie beſtimmt worden war, konnte er erſt gegen 
Ende Juni gehalten werden?*). 

Auf dieſem Reichstage ſollten beſonders wegen der Aufrechthal⸗ 
tung des Landfriedens Beſchluͤſſe gefaßt, und Mittel aufgeſucht wer⸗ 
den, fie kraͤſtiger in Ausführung zu bringen. Denn die Befchlüffe, 
die in biefer Beziehung auf den vorhergehenden Reichötagen gefaßt 
worden waren ‚- fanden faft Feine oder nur geringe Beobachtung. 
Jeder Reichöftand fuchte fo gut es ging, fich ſelbſt zu helfen, und 
ſchloß Buͤndniſſe mit ſeinen Nachbaren entweder zu ſeiner Vertheidi⸗ 
gung, oder zum Ahgriff gegen feine Seinde.. So mußten natürlich 
das Fehdeweſen und die innern Kriege nur zunehmen und ber Land⸗ 
frieden, von dem ſobiel gefprochen, worüber foviel verhandelt wurde, 
war nirgends im Reiche zu finden 7°). 

Die Zahl der Reichöftände, welde in Eger eintrafen, war 
nicht groß. Die geiftlichen Kurfürfien blieben aus wie auch die meis 
ſten Bifchöfe 7°): hauptfächlich waren nur die, welde vom Kaifer 
Privilegien, Belehnungen oder irgend Freiheiten erlangen wollten, 
erfchienen 7), Daher ging beflen Hauptwirkfamteit in diefen klei⸗ 


. 73) Winde c. 210, 213. 215. Lehmann Speir, Chr. S. 830, Die Urk. 
d. d; Prog 4, März 1437 volftändig. 

74) Lünig R. A. XIV. p. 504. n. 47. Lehmann Speit. Ehronik p. 905. 
Roh am 13. Zuni befand ſich Sigmund in Prag, wo er an diefem Tage dem 
Gtifte Andlou im Elſaß ein Privilegium gab. Lünig Sp. ecol. III. Fort. 121, 

75) Es würde ermüdend für den Lefer ſeyn, alle Bündniffe, die damals 
zwiſchen einzelnen Reihöftänden beftanden und die den Kriegszuftand hauptſaͤch⸗ 
lich unterdielten, aufzuzäblen. Über die am Mittelrhein, Main und Nedar be= 
ftandenen Städte umd Avelöbündniffe in dieſer Zeit ſpricht Lehmann Speir, Chr. 
lb. VII. c. 91. p.903 fl. Lorenz Fries Wuͤrzb. Chronik in Ludewig's Würzb. 
Geſchichtſor. Lünig R. A. XXL 512. Aſchbach Geſch. der Grafen v. Wertheim 
1. G. 262 fi. Joannis scriptt. rer. Mogunt. I. 749. Datt de.pace Publica 
I. c. 12 u, I. c. 3. Sattler Gef. der Grafen v. Wirtemb, P. II. sect. V. 

76) Windel d. 210: Alſo zugen zu dem Faifer gein Eger die wernt⸗ 
lichen fürften von dem Reine und aud die Turfürften, aber der gaiftlihen fürs 
ften der kam Feiner dar, fie fandten ire rete dohin. Bel. Windel c. 213 u, 215. 

77) Winde c. 215 fagt zwar: Do Fomen die werntlichen fürjten alle, 
Doc c. 213 nennt er von den erften Zürften nur wenige: den Marfgrafen von 


[3 


— 


Die Reichsangelegenh. währ. d. brei lest. Regierungejahre Sigm. 341 


nen Reichöregierungsangelegenheiten auf. Der neue Kurfürft Lud⸗ 
wig von der Pfalz, welcher feinem gleichnamigen Water gefolgt 
war, erhielt die Belehnung 78): fo auch die Grafen von Mans⸗ 
feld 7%). Der Pfalzgraf Dtto erhielt die Erlaubniß, die Hälfte der 
Pfandſchaft auf Ortenberg, Dffenburg, Gengenbach und Zell vom - 
Stift Straßburg zu Ihfen. Mehrere Entſcheidungen in geringfuͤgi⸗ 
gen Streitigkeiten zwiſchen Reichöfländen wurden gegeben: Privites 
gien ertheilt ober beftätigt, Befehle zur Sicherheit der Straßen unb 
Erleichterung des Verkehrs erlaffen 59). 

Nachdem der Kaifer vergeblich bis zum 25. Juli auf die Ans 
kunft der geiftlichen Fürften gewartet hatte 81), nahm er mit den er⸗ 
ſchienenen weltlichen Reichöftänden allein die Reichsangelegenheilen 
vor. Weßhalb die deutfche Geiftlichkeit mit dem Kaifer zuͤrnte, wird 
von. den Sefchichtöquellen nicht bemerkt. Offenbar beftand aber eine: 
Mißſtimmung derfelben gegen Sigmund: und es kann nur einer: 
Berabredung zugefchtieben werden, daß fie ſaͤmmtlich vom Reichs⸗ 
tag ſich entfernt hielten: oder follten fie gefürchtet haben, es moͤch⸗ 
ken auf dem Tage’ kirchliche Fragen zur Entfcheidung vorgelegt wer⸗ 
ben? Denn bei dem neuen Ausbruche der Streitigkeiten zroifchen dem 
Concilium und dem Papfte wandten ſich beide Theile nicht nur an. 
den Kaifer, fondern auch an die deutfchen Reichsſtaͤnde, dieſelben 
für fich zu gewinnen. Offenbar aber wollten die geiſtlichen Stände 
in der Sache einftweilen neutral bleiben, um ſich nicht: durch einen 
voreiligen Befchluß in Nachtheil zu bringen. 

- Die Gegenflände aber, die in der Verſammlung zu Eger zur 
Berathung kamen, waren folgende: 

Vorerſt und hauptſaͤchlich wurde der allgemeine Landfrie⸗ 
den beſprochen, wie derſelbe aufgerichtet, unterhalten und gehand⸗ 
Brandenburg, den Pfalzgrafen, den Herzog von Sachſen, den Markgrafen von 
Meiſſen, den Landgrafen von Heſſen. 

78) Windeck c. 215. Er hatte erſt das dreizehnte Jahr zurüdgelegt: von 
dem Eintritt in das 14. Jahr an Fonnten die Zehen getragen werden: Ludwig 
ftand aber deſſenungeachtet nod unter Vormundſchaft. Vgl. Häuffer Geſch. der 
rbein, Pfalz. I. S. 314, 

79) Lünig C. D. G. I. 1274. 

80) ©, die Negeften Juli u. Aug. 1437. 

81) Windel c. 213, 


342 Diertes Buch. Funfzehntes Kapitel. 


habt werden koͤnnte; wie bie veihöftändifchen Gerichte in 


⸗⸗ 


Wirkſamkeit zu halten wären, wie bie heimlichen oder weſtphaͤ⸗ 
lifhen Gerichte wegen ihrer häufig vorkommenden Mißbraͤuche 
md Überfchreitung ihrer Gewalt reformirt werden follten.. 

Sodann wurde vorgefchlagen, ber Kaifer follte gebieten, daß 
Edelknechte, die keine Vaſallen von reichöftändifchem Adel feyen, kei⸗ 
nen Schuß, Frieden noch Geleit in irgend einen Lande und in ir 
gend einer Stadt haben follten. 

In Bezug auf die Münze wurde befchloflen, daß Die goldene 
Minze bei ven biöherigen 19 Karat belaffen werben ſollte. Wegen 
der filbernen Muͤnze, die man in ganz Deutſchland nach demſelben 
Zuß zu ſchlagen in Vorſchlag brachte, konnte man ſich nicht vereint 
gen. Man beſchloß nur, ed follten gute Münzen geſchlagen wer 
ben, bie gertughaltigen möchte der Kaiſer überall mit Ernſt verbieten 
und abjchaften 2). _ 

Über die Hauptfache, den Landfrieden, in welcher Weiſe derſelbe 
auftecht zu halten fey, konnte man wegen bed Ausbleibens der geiſt⸗ 
lichen Reichsſtaͤnde nicht zum Reichsabſchiede kommen, denn bie ab⸗ 
georbneten Räthe waren in diefer Hinficht von ihren Biſchoͤfen und 
Ästen nicht hinreichend bevolmächtigt. 

Es mußte daher diefe Sache auf einen neuen Reichstag ver 
fehoben werben, der auf den 16. October veffelben Jahres nad) Nuͤrn⸗ 
berg auögefchrieben wurde. Auf demfelben Tage follten auch die 
firchlichen Angelegenheiten in Bezug auf den neu ausgebrochenen 
Streit zwiſchen Papft und Concilium befprochen werden, jedoch kam 
die Berfammlung wegen der unruhigen Stimmung in Böhmen und 
wegen Sigmund's Krankheit nicht zu Stande 88). 

82) Wencker Appar. Archiv. p. 338, Reue Samml. v. R. Aid. I. 
n. 39. p. 152 sq. Lünig Pars Gen. Contin. p. 47. 

83) Über den Reichsſstag zu Eger find die Nachrichten, melde Wencker 
App. Arch. p. 327 sq., Lehmann in der Speir. Chronik VII. c. 92. und Lüng 

R. A. P. Gen. Contin. p.47fl. geben, nod die ausfuͤhrlichſten. Über den neu 
ausgefhriebenen Reichstag auf den 16. Det. zu Nürnberg, der aber nidt zu 
Stande fam: Wölkern hist. Norimberg. dipl. II. 551. Cherubini Bull. 
Magn. Rom. IX. 239. Lehmann 1. c. 


Sechzehntes Kapitel. 
K. Sigmund’s Beziehungen zu den Schweizer Eidgenoffen. 





Keinem römifchen König und Kaifer hatten die Eibgenoſſen, bie 
fich noch immer ald Glieder des deutfchen Reiches betrachteten, ſo⸗ 
vielen Ländererwerb, foviele Beglinftigungen zu verdanken, ald dem 
Lurembinger Sigmund. Sein Haß gegen Herzog Friedrich von 
Zyrol war Haupturſache diefer Freundſchaft und engen Verbindung 


der Schweizer Kantone mit dem Iuremburgifchen Haufe. Die Eid 


genofien erfannten wohl, was fie dem Kaifer Sigmund fehuldig 
waren: fie zeigten ſich auch dankbar, theild um feine Gunſt zu er: 
halten, theil® aber auch um neue Vortheile, neue Erwerbungen zu 
gewinnen. 

Der Aarganifche Krieg gegen ben Habsburger Friedrich wäh: 
rend ber Zeit der Conftanzer Kirchenverfammlung hatte die Befigun: 


gen ber Eidgenofien an der Aar, am Rhein, am Bodenſee bedeutend ⸗ 
vermehrt: nicht‘ ohne Gewinn für fie war auch. der Krieg, der um " 


diefelbe Zeit an der italienifchen Grenze gegen den Landeshauptmann 
von Wallis, den Freiherrn Wiſchard von Raron, geführt wurde. 
Die Wallifer hatten fich gegen ihn fiegreich erhoben und ihn unge⸗ 
achtet feiner zahlreichen Burgen, ungeachtet feined Bundes mit dem 
Herzoge von Savoyen aus dem Rande getrieben. Da aber Raron 


auch Bürger von Bern war, fo fand er dort Hülfe,. indeflen die 


Walliſer zur Abwehr der Angriffe ded vertriebenen Landeshauptman: 
ne3 und zur Wiederbringung des Ejchenthald, das von Savoyen er: 
obert worden war, mit den Waldftädten einen Bund fchloffen und 
ihre Abfichten erreichten. Die Berner, nicht nur von ihrem Mitbür- 








r 


344 Viertes Buch. Sechzehntes Kapitel. 
ger zur Hülfe, aufgefordert, fondern auch durch Die Befehle des roͤ⸗ 
mifchen Koͤnigs aufgerufen, gegen die Walliſer die Waffen zu ergrei- 
fen ımb den Heren von Raron zu reflituiren, erklärten gegen Wallis 
den Krieg. Sie bewirften dadurch, daß Wallis ſich wieder unter: 
warf. Unter Bermittlung des Herzogs von Savoyen wurde. (1420) 
der Streit beigelegt: Raron Fam wieder in den Beſitz feiner Burgen 
und Güter: aber das Hochflift Sitten, von deſſen biſchoͤflichem Stuhl 
Raron's Oheim Wilhelm vertrieben worden war, blieb unter der 
Verwaltung des Andreas Gualdo, Erzbiſchofs von Colocza, wie ed 


das Conſtanzer Concilium verflgt hatte. Das Efchenthal mit den 


wichtigen Alpenpaͤſſen aber behielten bie Eidgenoffen, zum großen 
Verdruſſe der Herzoge von Savoyen und Mayland !). 

‚MH dem berrfchfüchtigen Herzog Philipp Maria von Mayland 
kamen die Waldftädte auch bald Über. den Beſitz von Belinzona in 
Krieg. Es war flreitig, ob diefer Ort reichdunmittelbar war. ober 
nicht. Johann, Freiherr von Sar, den der römifche König (1419) 
zum Grafen von Mafor erhoben ?), war Herr zu Bellinzona. Auch 
Antonio von Rusca befaß mancherley ererbte Rechte daſelbſt, die er 
dem Mayländer Herzog abtrat. Sohann Graf von Mafor, deffen - 
Vorfahren durch Verfehwägerung mit ber Familie Rusca in den Mits 
befig von Bellinzona gefommen, beabfichtigte feine Rechte an Bel: 

inzona dem genannten Herzoge unter der Bedingung zu verkaufen, 
daß fein Fünftiger Schwiegerfohn, Lotharlo Rusca, Bellinzona als 
Maplaͤndiſches Lehen empfing. Noch ehe der Vertrag zwifchen dem 
Herzog non Mayland und dem Grafen von Mafor zur Ausführung 

fam, wußten die Stände Uri und Unterwalden durch eine größgre 

Geldſumme Bellinzona mit dem Livinerthale und feinen wichtigen 
Päffen zu gewinnen. Der roͤmiſche König beftätigte den Kauf. 
Der Herzog von Mayland machte vergebliche Schritte, durch Geld 

bie beiden Kantone zur Überlaffung von Bellinzona und des Thals 

an ihn zu beflimmen. Sie lehnten feine Anerbietungen ab: erboten 


Ä ſich aber (1420) vor dem roͤmiſchen Koͤnig zu Recht zu ſtehen und 


) Juſtinger Berner Chronik S. 352. u. Tſchudi Helvet. Chronik In. 
127 fü. 131, Beſonders ausführlich Joh. v. Müller Geſch. Fanch, Eidgenoff; 
HI: Kap, 2, ©, 133 fill. 

2 Jeh. v. Müller I. co. G. 19, 





Sigmund’s Beziehungen zu den Schwetzer SGogenoſſen. 345 
fich feiner Entſcheidung zu unterwerfen, ohne Zweifel ſicher, daß 
dieſe für fie guͤnſtig lauten werde. Sie meinten, ba fie, wie der 
Herzog, fich ald Reichöglieder betrachteten, und Bellinzona ein Reichs⸗ 
Ichen fen, fo dürfte es der ordentliche Rechtsweg feyn, vor dem roͤ⸗ 
mifchen Könige zu Gericht zu fliehen. Der Herzog verwarf den Vor⸗ 
flag und begann fpäter (1422) den Krieg über Bellinzona. Er 
überrumpelte die Stadt, und befegte nebft Doms d'Oſſola das ganze 
Livinerthal bid an den Fuß des Sct. Gotthard. So entſtand ein 
Krieg zwiſchen Mayland und den Eidgenofjen, der für fie hoͤchſt uns 
gluͤcklich ablief, da Bern keinen Theil daran nahm und der Maylaͤn⸗ 
difche Feldherr Carmagnola die auögezogenen Schweizer in der Nähe 
von Bellinzona mit Überlegener Macht unerwartet angriff und zunr 
Ruͤckzug nöthigte (1423), Die Kantone Uri und Unterwaiden konn⸗ 
ten den Verluſt des Livinerthald, womit fie der römifche König bes 
lehnt gehabt, nicht verfchmerzen: fie brachten durch‘ wiederholten 
Aufruf um Hülfe, den fie an die Eidgenoſſen erließen, einen neuen 
Bug zu Stande: es wax ihnen aber nicht moͤglich, bad gut vertheis 
digte Bellinzona zu erobern. Zwar überrumpelten Schwytzer Domo 
v’Offola, aber fie konnten ed nicht behaupten. Der Mamlaͤndiſche 
Herzog wußte fich in bleibenden Befig: feiner Eroberungen gu ſetzen, 
wobei ihm Beflechungen Hauptpienfte leifteten (1426) 2). 

Während der Huffitenkriege, vor der Zeit des Basler Conci⸗ 
liums, befuchte Sigmund die Schweiz nicht. Die Eidgenoffen 
flellten wie die übrigen Reicheflände ihre Gontingente zu den Huſſi⸗ 
tenzuͤgen; auch blieben fie durch öftere Botichaften, die fie an den 
König ſchickten, in befländigem Verkehr mit ihm, theils um den Be: 
fig der nenerworbenen Öftreichifchen Orte fich mehr zu ſichern, theils 
aber auch, um neue Privilegien und Freiheiten zu erhalten ober alte 
ſich beftätigen zu laffen. | 

| Bon den Urkunden, die Sigmund den Eidgenoffen, feitdem er 
Gonftanz verlaffen, gab, bis zum 3. 1431, wo er an ihre Grenze 
nad) Feldkirch Fam, find- folgende die wichtigeren: 
Weil die Eidgenoffen mit den Wallifern, welche wegen Rechtös 
3) Nah Kſchudi (II. 117. 122. 135. 146-149, 164 fü.) und andern 
Schweizer Chroniften, wie auch nad den italienischen Berichten bei Joh. v. Müls 
ler 1 o. S. 195 fill. | oo. | 


35 —Wiertes Buch. Sechzehntes Kapital. 

verweigerung in bie Reichsacht und in ben Bann gekommen waren, 
wicht ben Verkehr abbrachen, waren fie in gleiche Strafe gefallen. 
Bald nachdem Sigmumd Gonflanz verlaffen (1418), fprach er aber 
die Eidgenoſſen von der Reichsacht ledig: es ifl wahrfcheinlih, daß 
fie fich durch eine Geldſumme von der Strafe loskauften *). 

Um biefelbe Zeit gab er Lucern vier Privilegien: die Erlaubniß, 
gleich anderen Reichsſtaͤdten filberne Münzen zu ſchlagen, bie Bes 
feeiung von fremden Gerichten, dad Recht, das fogenannte Umgelb 
zu erheben zur Unterhaltung ber Brüder, und die Befugniß, die Le⸗ 
ben, bie fie von Öftteich.an fich gebracht, im Namen des Reiche 
weiter zu verleihen °). 

. Ein Mimzprivilegim wurde der Stadt Sreiburg in uechtland 
in gleicher Weiſe wie Lucern ertheilt (1428) 6). 

Den Zuͤrchern geſtattete er Kburg, Windeck und Gaſter an 
das gemeine Weſen zu fen (1422 und 1424), ohne daß bie Wie⸗ 
derloͤſung von einem andern Fuͤrſten ald vom Kaifer felbfi oder an: 
ders als wunmittelbar an dad Neich gefchehen koͤnne. Die früher un: 
ter Oſtreich ſtehende Grafſchaft Kiburg gehörte Damals der Kunigunde 
von Toggenburg, die an den Grafen von Montfort: Bregenz vers 
mählt war. after mit Sargans und Feldkirch ſtanden unter ber 
Herrſchaft des Grafen Friedrich von Toggenburg. Beide waren mit 
dieſen Beſitzthuͤmern allein dem Reiche gewärtig: es ſcheint, daß 
Sigmund dieſes im Frieden mit Herzog Friedrich von ſtreich ſich 
vorbehalten hatte. Vielleicht blieb dieſer auch die verglichene Summe, 
um welche er ſeine Herrſchaften verſchrieb, ganz oder zum Theil 
ſchuldig. Die Zuͤrcher hatten nach und nach 16,000 Gulden auf 
Kiburg geſchoſſen: im J. 1454 wurden dem Kaiſer noch 600 un: 
gariſche Ducaten und 4000 Gulden darauf bezahlt 7). 

4) S. Regeſten zur Geſch. K. Sigmund's II. S. 480, Urk. 1. Sept. 
1418 für Zur: für Lucern wurde eine ähnliche gegeben d. d. Weingarten 
29. Aug. 1418. Sqweiz. Geſchichtsfreund L 4. S. 9, (Einfied. 1843.) 

5) &ämmtlihe Urkk. v. Aug. u. Sept. 1418 im Schweiz. Geſchichts⸗ 
freund J. . 

6) Joh. v. Müller 1. c. S. 177. not. 116. 

7) Das Nähere über die Pfandſchaft von Zürch auf Kiburg, Sargans und 
Gaſter bei Tſchudi II. 153. Joh. v. Müller 1. c. S. 171 fill. not. 8L— 89, 
&, 185 not. 157. Die Haupturk, über Kiburg d. d. Dfen 1422 (ohne An⸗ 


* 


Sigmund’s Beziehungen zu ben Schweizer Eibgenoffen. 347 
* Der Stadt Baden ertheilte Sigmund (1451) den Blutbann ®). 
Der Stadt Surfee gab er das Privilegium des Abzugs des 
20. Pfennigs und eine Urkunde Über die Gerichtöbarkeit (1431) ?). 
Für diefe und andere koͤnigliche Snabenertheilungen unterlie> 
fen die Zürcher, Lucerner und die übrigen Eidgenoffen nicht-, ſich 
Sigmund dankbar zu erwelfen: fie waren die einzigen. Reichsſtaͤnde, 
die ihm auf feiner Mömerfahrt von Feldkirch über die Alpen bis May: 
land Zuzug leifteten: Zürch allein flelte 800 Mann. Durch Bot: 
ſchafter unterhielten die Schweizer Kantone beflänbig den. Berkehr 
mit Sigmund während feines langen Aufenthaltd in Italien. Bei 
feiner Kaiſerkroͤnung in Rom waren die ſchweizeriſchen Gefanbten 
zugegen: mehrere Zürcher Bürger empfingen von der Hand des Kai- 
ferö den Ritterſchlag. Dem Buͤrgermeiſter von Zürch bezeigte er in 
Rom befondere Vertraulichkeit und Achtung öffentlich, indem er an 


einem Orte, wo er von Allen gefehen werden konnte, fich lange 


freundlich und angelegentlich mit ihm unterhielt. Nicht weniger 
ehrte er die Botfchafter von Schwytz: dieſer Stand erhielt zuerft dieſ⸗ 
feitö der Alpen die Nachricht von des Kaifers Krönung, worauf alle 


Eidgenoſſen ſich beeilten, Gluͤckwunſchbotſchaften nach Rom an ben 


Kaifer abzuorbnen 29). 

Ald der Kaifer von Stalien Über die Alpen durch die Schweiz 
nad) Deutfchland zurückehrte, wurde er von den Eidgenoffen uͤberall 
auf dad ehrenvolifte und feierlichfte empfangen. Man überreichte 
ihm an mehreren Orten filberne Pokale angefüllt mit Geld. Zuͤrch 
gab einen Becher mit 500 Goldgulden 11). 


gabe des Tags). Müller hat die Urt, nit gefehen, dagegen nad Tſchudi iſt 
die Urk. Sigmund’5 v. April 1424 ausgeftellt. Über Winde und Gaſter gibt 
es zwei Urkk. d. d, Ofen 8, Zebr, 1422 bei Fuͤßli Erdbeſchr. ter Schweizer. 
Eidgen. IEI. 37, Die erfte Meldung von diefen Urkk. gefchieht im Zürcher Rath 
1432, Müller bemerkt dabei: „Sie waren wohl nur erbeten, um, wenn Zrieds 
vich von Toffenburg ftürbe, davon Gebrauch zu machen. Daß man fie 1432 erft 
erhalten ımd antedatiren laffen — ließ ſich aud wohl erklären” ꝛc. 

8) Ur, d. d. Zeldfirh 28, Det. 1431 im Archio für Schweiz. Geſch. II. 
S. 102, (Zuͤrch 1844.) 

9) Joh. v. Müller 1. c. 194, not. 94. 

10) Ebenda S. 175 fü. nad urfundlihen Nachrichten. 

11) Joh. v. Müller a. a. D. S. 181. 


8. Viertes Buch. Sechzehnted Kapitel. 

Bür folche Beweiſe der Anhängfichkeit und Ergebenheit, die 
ber geldarme Kaiſer ſehr gern annahm, zeigte ſich Sigmund auch 
gnaͤdig gegen die Kantone, indem er von neuem den Eidgenoſſen 
Privilegien und Sunflbezeugungen erwies. Zurch 22), Lucern12), 
Schwytz1*), Sc. Gallen 28), Ben!‘), Solothurn 17), Ba⸗ 
den 1%) und andere Orte wurden mit Privilegien und Gnaden be⸗ 
dacht und fie zeigten ſich daher eifrig, dem Kaiſer ihre Dienſte zu 
leiften, wie fie auch bereit waren, ihn gegen den geaͤchteten Herzog 
Ludwig von Ingolſtadt zu unterſtuͤtzen. 

Am folgenreichften war, daß damals die Zürcher Durch mehrere 
Seldoorſchuſſe auf Kiburg, dieſe Grafſchaft mit 48 Pfarreien erlang⸗ 


19 Bon Bon den Urkk., die Zürch ertheilt wurden, weiter unten. 

13) urk. d. d. Baſel 22. Decbr. 1433, wodurch er der St. Lucern die 
Freiheit beftätigt, die von Oſtreich gewonnenen Lehen auf: ewige Zeiten zu des 
Reiches Handen zu verleihen, und worin die Zuſtimmung zu der Anderung im 
Stadtrecht gegeben wird," daß Tas Haus des Todtſchlaͤgers nicht abgebroden werde, 
fondern fein Hab und Gut dem ftädtifhen Gerichte verfallen fey, und das Recht, 
Mörder zu begnadigen, ertheilt wird. Schweizer. Geſchichtsfreund. Ginfiedeln 
1883. 1.1. ©. 11. | 

14) urk. d. d. Baſel 13. Dee, 1433, wodurch der lange Streit zwiſchen 
dem Kloſter Einfiedeln und den Schroygern beigelegt wurde und Ichtere als Koſt⸗ 
vögte des Klofterd ihre Betätigung erhielten. Tſchudi II. 198, Bl. Regeiten 
b. 31. Det. 1431. 

15) Gegen 2000 Gulden erhielt Sct. Gallen die Meicheſteuerfreiheit. Joh. 
v. Müller 1. c. S. 177. So ſchon nad einer frühern Urk. v. 22. Sept. 1417. 

Hartmann Geſch. der St. Sct. Gallen S. 116. 

46) urk. d. d. Baſel 14. Febr. 1434 (Joh. v. Müller 1. c. Rot, 100.), 
worin Sigmund erklaͤrte, daß die Berner weder dem H. Friedrich noch dem habs⸗ 
durgiſchen Stamme oder deſſen Erben um Aargau in Feiner Hinſicht, in Steuern, 
Gerichten, Dienften, Pfandſchaften, noch in irgend etwas Anderem Antwort 
ſchuldig ſeyen. Auf die neue Spannung des Kaiſers mit Herzog Friedrich deutet 
Herzog Albreht’s Brief bei Ehmel Material. I. 1. S. 21. d. d. Wien 9, Febr. 
1434. 

17) urt. d. d. Bafel 22. Ian, 1434, wodurch der Stadt Baden alle Rechte 
und Freigeiten, vie fie von den römifhen Königen wie auch oͤſtreichiſchen Her⸗ 
zogen erworben, beſtatigt werden. Archiv f. Schweiz. Geſch. (Zürch 1844.) 
S. 1%. 

18) Urt. d. d. Bafel 15. März 1434, wodurch die Solothurner das Recht 
erhalten, ſowohl die Reichslehen als die ehemals gräflic) Buchekiſchen von ihrem 
Schultheißen zu empfangen. Joh. v. Müller 1, c. &. 177, not. 110. 


Sigmunh’g Beziehungen zu ben Schweiger Eidgenofien. 349 
ten. Windel überliegen fie dem Grafen Friedrich vom Toggenburg, 
folange er lebte, Dieſem Grafen befldtigte der Kaiſer (Bafel 1. May 
1434) die Pfanbherrfchaft Über Sargand und Laar (Langenberg), 
welche Serefhaftm. er bon dem oſteichiſchen Herzog Friedrich erwor⸗ 
ben hatte 19). 

Der an beiten Ufern bes Rheinthals reich beguͤterte Graf Fried⸗ 
rich VI von Toggenburg wär der letzte feines Stammes. Er war 
ſchon hochbejahrt, als er fich von Sigmund die Freiheit en ch lieg, 
den Erben feiner Fande nach Gutduͤnken beſtimmen zu dürfen. Denn 
eö lag ihm daran, um feine legten Tage fich nicht zu verbittern, alle: 
bie, welche Grbanfprüche hatten, darkber in Ungewißheit zu laſſen, 
ob fie erwas und wieviel fie von der reihen Erbſchaft erhielten 20). 

Es waren aber die, welche unter verfchiebenen Rechtsanſpruͤ⸗ 
chen an der Zoggenburgifchen Grafſchaft oder den- dazu gehörigen 
Landen. Erbjchaftähoffnungen fich machten, und welche ber. Graf 
auch darin beftärkte, folgende: 3) die Stadt Zuͤrch, weil der 
Graf zu ihr im Bürgerrecht Hand und fie Pfaudichaften auf meh⸗ 
veren Zoggenburgifchen Befigungen, namentlich auf Gaſter, Sar⸗ 
sans und Windel hatte. 2) Die Gemahlin des Brafen, Elifa- 
beth, Zochter deö Weich Vogt von Metſch, Grafen zu Kirchberg. 
3) Die, welde Zoggenburgifhe Gräfinen geheirathet 
batten,. oder von. folden abflammten, der Graf Wilhelm von 
_ Montfort: Bregenz, der Graf Bernhard von Thierflein, der Here 
Wiſchard von Raron, der Here Friedrich von Höwen, der Grof 
Wilhelm von Montfort = Zettnang, ber Graf Wolfgang von Brans 
bis, der Sraf Johann von Sar zu Mafor, der Green Thuring 
von Aarburg 21). 

19) Joh. v. Miller 1. c. ©, 173. not. ° 

20) Der Graf von Toggenburg iſt wegen dieſer Sache, daß er keinen Er⸗ 
ben beſtimmte, ſehr verſchieden, lobend und tadelnd, als ſtark und ſchwach beur⸗ 
theilt worden. Bl. Henne Schweizerchronik IT. ©. 160, der ihn erhebt, als 
über feiner Zeit jtehend, und Hirzel 1. c. im Zürcher. Jahrb. II. ©. 185, der 
ihm einen ſchwachen ſchwankenden Sinn ohne irgend feften Character zuſchreibt. 

21) Das Nähere darüber findet fi) ganz ausführlich bei Tſchudi II. 214 fü. J 
Joh. v. Müller J. c. Kap. 3. Wegelin Geſch. der Landſchaft Toggenburg. 
Sct. Gallen 1830. Thl. I. S. 219 fü. und Hirzel Über den Toggenburgiſchen 


Erbſchaftſtreit in den Zuͤrcher. Jahrb. II. handein ſeht ausführlich uͤber die Erb⸗ 
anſprecher. 


350 | Vierte Buch. Scchzehntes Kapitel. 

Bei dem Grafen Friedrich von Toggenburg verweilte Sigmund 
gu Feldkirch (im October 1431), als er nach Italien zog, auch auf 
der Ruͤckkehr nach der Kaiſerktoͤnung befuchte er ihn daſelbſt. Zuͤrch 
war mit bem Grafen libersin gekommen, daß er bei dem Kaiſer das 
Recht fich erwerben folle, feinen Erben frei ernennen zu bärfen. 
Da Sigmund gern dem Grafen wie den Eidgenoſſen fi) gefällig 
erzeigte, fo erhielt ber Graf von Toggenburg ohne Schwierigkeit Das 
Foiferliche Diplom, worin ihm bei Finderlofem Abgange das Recht 
zuerkannt wurde, feine Gemahlin ober andere Perfonen zu Erben 
einzufegen ?2). | 

Deffenungeachtet ftarb Graf Yriedrih im I. 1456 ohne Hin 
terlafeng einer teflamentarifhen Verfügung, obfchon er alle Erbs 
prätendenten mit Berfprechungen und Hoffnungen getröftet hatte. 
Den. Zürchern verficherte er, daß feine Gemahlin Elifabefh, wenn 
fie ihn uͤberlebe, feine -Exbin und Zuͤrch's Bürgerin ſeyn folle 
Auch habe er in der getroffenen Erborbnung weiter flr Zürch ges 
forgt, daß dieſes in Teimer Hinficht Machtheil, wohl aber bedeuten: 
den Gewinn zus erlangen ficher ſeyn koͤnne. Zugleich erffärte er vor 
feinen Räthen und Amtleuten, Schwytz zu Gunften, feinen Better, 
den Grafen von Brandis, zum Erben und Nachfolger von Zoggen: 
Burg und Uznach, in dem Verhaͤltniſſe eines fünfjährigen Bürger 
rechts zu Zuͤrch, dann aber eined ewigen und ausſchließlichen Land⸗ 
rechts zu Schwytz. Jedoch eine Urkunde über diefe Erklärung, die 
geheim gehalten werben follte, Keß er nicht errichten 2). 

22) Diefe wichtige Urkunde, welche Sigmund wahrſcheinlich 1432 noch als 
roͤmiſcher König gab und’ im J. 1433 uald Kaifer beftaͤtigte, iſt nur zum Theil 
nad ihrem Inhalte aus Zürcher Documenten, die Joh. v. Müller eingefehen hat, 
befannt geworden. Die kaiſerliche Urkunde felbft ſah der Geſchichtſchreiber der 
Schweiz nicht. Er fagt von ihr S. 387. N. 65: „Um ſo mehr bedaure id, 
daß diefer Brief nicht mehr vorhanden ift, oder mir unbefannt geblieben iſt.“ 
Wegelin, der Geſchichtſchreiber der Landſchaft Toggenburg, der viele Urkunden 
benugt hat, gibt nichts Neues (S. 215) über diefe Urkunde Sigmund’s: er 
ſcheint davon nit einmal foviel Einfiht genommen zu haben, als I. Müller, 

Nur eine Belehnungsurfunde Sigmund's dv. 2. 1413 gibt Wegelin an &. 206: 
„über die Grafſchaft zur Todenburg und alle andere Graffihafte und Herrſchaffte, 


die fin Bordern und Er bißher gehabt und herbracht haben.’ 
23) Tſchudi Chr. Helvet. z. I. 1436. Joh. v. Müller 1. c. gegen Ente 


des Kap. 3, Wegelin L c. S. 215 fll. 








Sigmund's Beziehimgen zu den Schweizer Eidgenoſſen. 351 

As Graf Friedrich ohne Teftament (30. April 1436) geſtorben 
war 24), fand fich bie Erbſchaftsfache in der grenzenlofeften Vers 
wicklung. Die verwittwete Gräfin Elifabeth, der Graf von Brass 
dis, der ‚Herzog Friedrich von Öſtteich, die Stadt Bürch, die 
Landleute von. Schwytz wollten alle mehr oder weniger von ber 
Graffchaft Toggenburg und ihren Ans und Iugehörungen gewinnen, 
und fuchten fich felbft in Befig deſſen, was fie anfprachen, zu feßen. 

Als der Kaifer die Kumbe erhielt, daß der Graf von Toggeu⸗ 
burg ohne urkundliche Erklaͤrung feines letzten Willens geſtorben, 
Sprach er die Mannlehen von Toggenburg als heimgefallenes Reichs⸗ 
land an, worüber ihm die freie Vergebung zuſſand. 

Zu den Toggenburgifchen Befitzungen gehörten: bie igentug⸗ 
Grafſchaft Toggenburg, die Herrſchaften Uznach, Winde 
und Sargans, Stadt und Gebiet Feldkirch, das Land Pra⸗— 
tigau aus den obern elf Gerichten beflehend, die von Mayenfibo 
aufwärtd bis an die Albula reichten. 0 

Die Bewohner in diefen verfhiedenen Herrſchaften aind Gerich⸗ 
ten fuchten einftweilen, fo gut es ging, fi) ſelbſt eine Berwältung 
beö Landes einzurichten: fie neigten fich dahin, wo fie am meiflan 
ihre Lage, ihre Verhältniffe zu verbeffern gedachten 2), Zu 

Die ganze Eidgenofienfchaft gerieth uͤber die Erbſchaftsſache in 
Bewegung: es konnte nicht anderd feyn, da es fi ih um Anfprüche 
handelte, die von Zuͤrch, Schwytz, Bern, dem Herzog Friedrich 
von Tyrol gegen die Zoggenburgifchen Cognaten aufgeftelt und gel- 
tend gemacht wurden. Unterhandlungen folgten anf Unterhandlun- 
gen ohne Refultat., Überall drohten Feindfeligkeiten und Zehden 
auszubrechen, fowohl unter den Eidgenoffen ſelbſt, als auch zwis 
ſchen ihren und dem Herzog Friedrich von Tyrol. 

Lesterer war befonderd mit Zürch im Streit: er verwarf das 
mit dieſer Stadt von ſeinen Unterthanen wider ſeinen Willen errich⸗ 
tete Buͤrgerrecht als den gemeinen Rechten und Reichsgeſetzen zu⸗ 
widerlaufend. Auch erklärte er, daß Zürch Fein Recht habe, Win: 
bed zu Iöfen. Der Kaifer koͤnne und dürfe nichts dawider haben, 


24) Füßli Erdbeſchreib. der Schw. Eidgen. III. 44, Wegelin 1. c. 1.217, 


25) Sicudi II. 215. Joh. v. Rällr l. c. Anfang des Say. 4, Wegelin 
© M fu. 


352 Viertes Buch. Sechzehntes Kapitel. 

daß an das Haus Habsburg ein angeſtammtes Erbgut ordnungs⸗ 

mäßig zuruͤckfalle, da ſolches nicht unter fremde Macht gekom⸗ 

men 2°) Er ließ es felbfi nicht an Kriegsdrohungen fehlen, da Die 

Zurcher fich nicht zur Nachgiebigkeit bereit zeigten. Die Uneinig⸗ 

beit unter den Eidgenoſſen ermuthigte den Herzog, entſchiedener 

wab brobender aufzutreten. 

Indem der Tyroler Herzog, ein Theil der eidgenöffifchen 
Stände, ‚viele Grafen und Herren, um ben Befig ber hinterlaffe- 
nen Zoggenburgifchen Lande firitten und um die Freundichaft ihrer 
Bewohner wetteifernd ſich bemlihten, trat der Kaifer nicht ald Rich⸗ 
ter nur, fondern auch. als Mitbewerker:auf, aͤhnlich wie früher bei 
dan niederhayeriſchen Sucseffionöfireit. Sigmund hatte von. ber 
rerwittweten Zoggenburgifchen Gräfin und von den Zürchern einen 
Dericht über die Sachlage begehrt und ihn von beiden Seiten er= 
beiten 27). Sein übereinflimmender Inhalt war: „Alles Liege. 
noch in großer Verwirrung, fo daß ſich noch nichts Beſtimmtes ſa⸗ 
gen lafle. Die Gräfin fey von ihrem Gemahle zur Erbin eingefegt 
worden, aber habfüchtige Verwandte und ungehorfame Unterthanen 
ließen fie nicht zum ruhigen Beſitze kommen. Auch fürchte fie beim 
Kaifer verläumbet worden zu ſeyn. Bel dem Steeithandel, ber 
entſtanden, habe die Gräfin die nächfte Hülfe von Zurch durch Er: 
richtung eines ewigen Bürgerrechtd dafelbft gefucht: ben Erdftigfien 
Schirm und Schug aber erwarte fie wie die Stadt Zuͤrch vom 

Kaifer felbft 23). 

Ohne auf den theilweife falfchen Bericht Rüdficht zu nehmen, 
verfügte der Kaifer über die dem Reiche heimgefallenen Lehen, wel 
che Graf Friedrich VI getragen. Da eine. Wittwe auf folche Lehen 

Feine Anfprüche erheben konnte umb der legte Graf von Toggenburg 
von dem kaiſerlichen Gnadenbrief, Über feine Lande teſtamentariſch 
verfügen zu dürfen, feinen Gebrauch gemacht hatte, ertheilte 
Sigmund aus Faiferliher Machtvolllommenheit feinem Kanz 
ler Kaſpar Schlid, dem Grafen von Baſſano, für feine ibm 


26) Sihudi IT. 218 fl. . 

27) Joh. v. Müller &. 415 nad Zürcher urkundl. Nachrichten. 

28) Joh. v. Müller J. c. gibt nach ‚den Urkunden den Inhalt an: Zuͤrch 
ſchrieb an den Kaifer 21. Nov. 1436, die Gräfin einige Tage fpäter den 26, Ron. 





— — + — — — 


Sigmund's Beziehungen zu den Schweizer Eidgenoſſen. 353 
bielfach geleiſteten langjaͤhrigen Dienſte die Reichslehen aus der Tog⸗ 
genburgiſchen Hinterlaſſenſchaft, naͤmlich: Toggenburg, Utznach, 
den Praͤtigau, das Land auf Davos und Belfort 29), 

Durch diefe kaiſerliche Einmifchung wurde der Erbſtreit noch 
verwickelter, die Lage der Gräfin und der Stabt Zuͤrch, bie auf 
den Beiftand des Kaiſers gerechnet hatten, noch mißlicher. Der 
Herzog Friedrich von Tyrol; der wohl wußte, daß er von dem ihm 
feindlich gefinnten Kaifer Feine günftige Entfcheidung für ſich zu ers 
warten hatte, zog das Basler Concilium und die größern beutfchen 
Reichsfuͤrſten in fein Interſſſe. Faſt allgemein mißbilligte man die 
Laͤnderſucht der Zuͤrcher. Die Eidgenoſſen ſuchten auf dem Tag 
zu Lucern die Sache guͤtlich zu vermittlen: fie ſprachen aber zuletzt 
gegen Zuͤrch. Daher begannen bald die Zürcher die Feindfeligkeis 
ten mit Sperrung von Lebensmitteln: darauf überzogen fie Sargans 
mit Krieg. So brach er auch mit Öftreih aus. Nur mit Muͤhe 
gelang es dem Basler Concilium, eine Waffenruhe zu erwirken 30). 

Indeſſen ſich in folcher Weife die Kirchenverſammlung . bes 
oͤſtreichiſchen Herzogs annahm, wollten fich die Eidgenoffen des kai⸗ 


ferlichen Beiftandes verfichern. Als Sigmund zu Eger. (im Suli 


und Auguft 1437) den Reichötag hielt, kamen zu ihm bie Boten 





29) Die Urkunde, deren Datum nicht angegeben wird, wohl aber aus dem 
December 1436 oder Anfang des I. 1437 ift, Eonnte von Joh. v. Müller nicht 
aufgefunden werden: er hat daher ihre Eriftenz eine Zeit ang bezweifelt, zumal _ 
weil K. Albrecht in’ dem Beftätigungebrief der dem Kanzler vom Kaifer Gigs 
mund ertheilten Gnaden (Prefburg Jubil. 1439 bei Lünig Sp. saec. II. 1188) 
davon Feine Erwähnung macht. Dod ward fpäter Müller anderer Meinung (ſ. 
Note 108 zu Kap. 4): der Lehenbrief K. Albrecht's für den Grafen v, Monte 
fort (Dfen 29. Iuni 1439 bei Dumont C. D. III. 1. p: 65) belehrte ihn ans 
ders. Müller gibt einen Wink, wo der Brief Sigmund’d für Kafpar Schlick 
zu finden ſeyn möchte. Dad neufte Werk über Toggenburg von Wegelin, das 
ganz nad urkundlichen Rachrichten abgefaßt iſt, bat Joh. v. Müller nicht ere 
gänzt, fondern ganz auf feine Angaben ſich geftüst. Es heißt dort I. S. 225: 
„Der Kaifer Sigismund — ertheilte feinem Kanzler Caſpar Shli die Beleh⸗ 
nung über die Grafihaften und Herrſchaften Toggenburg (mohl mit Einfluß von 
Usnady), Prettigau, Davos und Belfort.“ Wegelin gibt Fein Jahr und Feinen 
Tag an: er hat demnach die Urkunde wohl aud nicht geſehen. 

30) Tſchudi II. 2277—254, Joh. v. Müller 1. c. Anf. des Kap, 5, be⸗ 
ſonders nad den urkundlichen Nechrichten. 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 23 


34. WViertes Buch. Gechjehntes Kapitel, 


von. Schwytz und Glarus: fie fuchten bei ihm neue Gebotbriefe nach 
zur Erhaltung freien Verkehrs und Handeld. Es ſollte dadurch den 
Sperrungsmaßregeln der Zürcher, die fich auf ihre Privilegien da⸗ 
bei.bexiefen, entgegengewirkt werden. Der Kaifer flimmte ber An- 
ficht der Schwytzer und Glarner volllommen .bei, daß die Zuͤrcher 
sicht privilegixt ſeyn Eönnten, ihre Nachbaren und Verbündeten Hun⸗ 
gers ſterben zu laffen; er erließ daher zu Gunften der beiden Kantone 
Schwytz und Glarus einen Faiferlichen Befehl (2. Aug. 1437) zum 
freien Verkehr, den die Zürcher nicht hindern follten 21). Auch bie 
Zuͤrcher hatten eine Botfchaft an den Kaifer gefendet. Diefe nahm 
er ebenfallg freundlich auf. Doch war er in Verlegenheit, wie er 
die mit den Anfprüchen Anderer und mit den Seinigen felbft in Wi: 
derſtreit ftehenden Forderungen von Zuͤrch zurüdweifen follte, ohne 
die ihm fonft fo befreundete Stadt zu beleidigen. Der ſtaatskluge 
Kaiſer verſteckte feine Verlegenheit hinter leichten Scherz: er verans 
laßte die Botſchaft darauf einzugehen, hörte ihren muntern Vortrag 

theilnehmend an 22) und täufchte bie einfachen Bürger, welche 
waͤhnten, noch bie alte Gunft des Kaiferd zu befiken (ohne daß er 
ihnen. body irgend etwas verfprochen. hatte), weil er fie wie fonft 
freundlich und heiter. aufgenommen hatte. So verdarb ed ber Kais 
fer mit Beiner Partei, machte aber die Sache noch verwirrter: befto 
gimftiger, meinte man, flünde fie für Kafpar Schlid in Bezug auf 
die ihm erfheilten Reichslehen. 
Sicgmund erlebte nicht den Audgang des Toggenburgifchen Erb: 
ſtreits: fein Nachfolger. 8. Albrecht II veranlaßte den Kanzler Ka⸗ 
ſpar Schlick, freiwillig von den ihm ertheilten Reichslehen wieder 
abzuſtehen 22). 

31) Die Ur, d. d. Eger 2. Aug. 1437 findet ſich bei Tſchudi II. 255, 

30) Müller 1. c. Kap, 5. not. 215 u. 216 nad Ludwig Edlibach: „Er 
enpfing, fig zur Stund, aber alberlich. Einer der Boten fing an zu reden 
ger einen luſtig en Sermon.“ 

33) Lehenbrief K. Albrecht's II für hen Grafen Wilhelm von. Montfort⸗ 
Tettnang (d. d. Dfen 29, Juni 14359) bei Diunont C. D. III. 1. p. 66. VBgl. 
Joh. v. Müller L o. Kap. 7. Rot. 72 u, 73. Auch über dieſen Punct der 
Verzichtleiſtung und etwaigen Entſchädigung des Kanzlers K. Schlick bat Wege⸗ 
lin J. 289 außer dem ſchon Bekannten nichts Neues beigebracht. 


+ 








Siebzehntes Kapitel, 


| Kaifer Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium und Papft 
Eugen IV. 1435 —1437. 


Sobald der Papft Eugen IV das Concilium in feiner Wirks 
famteit vollfländig anerkannt und die verfammelten Väter dad Werk 
der Wiebervereinigung ber Böhmen mit der Kirche durch ben Ab: 
fhluß der Compactaten eingeleitet hatten, wandten fie ihre Thaͤtig⸗ 
keit, wie der Kaifer es wuͤnſchte umd begehrte, der Kirchenreform zur. 
Aber auch hier ging die Kicchenverfammlung, wie in allen ihren 
übrigen Schritten, nicht mit Rüdficht und Schonung mandhfaltiger 
Intereſſen zu Werke. Im Eifer für die gute Sache verdarb man 
mehr, als man befierte. 

Die verfammelten Väter waren faft fämmtlich von der Noth⸗ 
wendigkeit ciner gründlichen Kixchenreform durchdrungen 1). Auch 





1) Am Ganzen hatte man Feine großen Erwartungen von der Kirchenrefor⸗ 
mation. &o wird bei dem Zeitgenofien Joh. Nider im Formicario hb. I. c. 7 
gefagt: Nullam penitus spem 'habeo. Tum quia voluntas bona in subditis 
deficit, tum quia illud praelatorum malitia impedit, tum etiam quia ilud 
electis dei, qui persecutionibus malorum probantur, non expedit. Schon in 
der am 26. Nov. 1433 gehaltenen 15. Seffion wurde die regelmäßige Haltımg 
von Diöcefan= und Provinciale Synoden vorgefhrieben. Auch die Moͤnchsorden 
ſollten ihre Capitula regelmäßig halten. (Mansi XXIX. p. 74.) Diefe Synos ' 
den foliten fi) mit Einfhärfung der Kirchenordnungen, Unterfugung der Sitten 
der Geiſtlichen, Abftellung von Mißbräuchen und Unordnungen, Ausrottung der 
Ketzereien 2c. beſchäftigen. In ver 19, Scffion (bei Mansi 1. c. p. 92’sgq.), 
welche fih mit der Bereinigung der griechiſchen Kirche beſchaͤftigte, kam aud zur 
Sprache, wis man die Zuden zum Chriſteuthume befehre (p. 99). Man beſchloß, 

235* 


36 | Viertes Buch. Sichzehntes Kapitel. 


der päpftliche Legat, der Garbinal Julian, war mit dem wärmften 
Eifer für die Sache. Man erklärte ſich bald von allen Seiten da⸗ 
bin, daß man mit einer Reform des römifchen Hofed beginnen müffe, 
und vor allen Dingen bie Iäftigen und brüdenden Gelderhebungen, 
ja Erpreffungen, welche fchon fo oft als Mißbrauch bezeichnet worden, 
befeitigt werben müßten. Nachdem man in der zwanzigften Seffion 
(33. San. 1435) Strafen gegen die beweibten Priefter, Beſtimmun⸗ 
gen uͤber die nicht leichtfinnig auszufprechenden Interdicte und nicht 
allzuhäufigen Appellationen gegeben 2), ging man in ber einundzwan⸗ 
zigften Sitzung (am 9. Juni 1435) an die Annaten, die Pallien= 
gelder und andere Befteuerungen 3), die Viele ald Simonie betrach= 
tet haben wollten. Man befchloß diefe Abgaben an ben römifchen 
Hof gänzlich abzufchaffen, und ſolchen Papft, ber fie noch weiter 
verlangte, vor ein Concilium zur Verantwortung zu ziehen. 

Es war in der That hart und unbilig, dem römifchen Hofe 
Einkünfte, die er ſchon viele Menfchenalter hindurch bezog und wor⸗ 
auf die päpftliche Regierung und die Cardinaͤle angewieſen waren, 
ganz zu entziehen, ohne dafür vorerft einen Erſatz anzubieten, ob⸗ 
daß die Bifchöfe an den Orten, wo Juden wohnten, ihnen das Evangelium pres 
digen Tiefen, melden Predigten beizumohnen fie gezwungen feyn follten, wenn 
fie nit von jedem Verkehr mit den Ghriften auögefhloffen feyn wollten. Um 
die Bekehrung zu erleichtern, follten an jeder Univerfität zwei Doctoren angeftellt 
feyn, für den Unterricht im Hebräiſchen, Arabifhen, Chaldäiſchen und Griedi- 
fen. Kein Chriſt follte bei Tuden in Dienft treten, Cf. Hartzheim V. 805. 

2) Mansi Concil. XXIX. p. 101 — 103. 

3) Mansi l. c. p. 104 - 108. Hartzheim V. 806 sq. In diefer Sitzung 
wurden auch die Mißbraͤuche, welche ſich bie und da beim Gottesdienſt einge⸗ 
ſchlichen hatten, verboten. Beſonders aber wurde unter Androhung großer Stra⸗ 
fen eingeſchaͤrft, die Kirchen nicht zu weltlichen Zwecken und namentlich nicht zur 
Aufführung von theatraliſchen Vorſtellungen zu mißbrauchen: Turpem etiam 
illum abusum in quibusdam frequentatum ecclesüs, quo certis anni cele- 
. britatibus nonnulli cum mitra, baculo ac vestibus pontificalibus more Epi- 
scoporum benedicunt, alii in reges ac duces induti, quod fessum fatuorum 
vel innocentum seu puerorum in quibusdam regionibus numcupatur, alũ 
larvales et theatrales jocos, alii choreas et tripudia marium ac mulierum 
facientes homines ad spectacula et cachinationes movent, alii comessatio- 
nes et convivia ibidem praeparant: haec s. synodus detestans etc. Auch 
dad Ausſtellen der Waaren in den Kirchen zum Verkauf und die Abhaltung der 
Jahrmaͤrkte dafelbft oder auf den Kirchhoͤfen wurde fireng verboten. 





Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u, P. Eugen IV. 357. 


ſchon das Concilium eine Entfehädigung dem päpftlichen Stuhle zu 
verfchaffen in Ausficht ftellte: und doch war grade Eugen, der ſich 
durch Mäßigkeit und Nüchternheit wie auch durch Uneigennuͤtzigkeit 
audzeichnete, ‚in einer Lage durch die Unorbnungen, bie ber Maya 
länder Herzog im Kirchenftaate geftiftet Hatte, daß der römifche Hof 
nie weniger ald damals feine gewöhnlichen Einkünfte aus der ganz 
zen Chriftenheit entbehren Eonnte, "Zwar war bamald Eugen wieder 
in Befig von Rom gekommen, aber noch war der Kirchenftaat nicht 
zu Ruhe gebracht: Alles war noch vol Verwirrung, Unruhe, Fehde 
und Streit. Eugen IV hatte deffenungeachtet ſich bereit erklaͤrt 
(in einem Schreiben 17. Febr. 1435 an feine Legaten), die Anna 
ten und andere bis dahin übliche Zaren aufzugeben, wenn bie Ein⸗ 
heit und der Friede der Kirche e8 verlange: nur möge fichere Vorfe: ⸗ 
hung getroffen werden, daß dem römifchen Hofe dafuͤr eine ange 
mefjene Entfehäbigung werbe, etwa durch Beiträge, bie bei allen 
hriftlichen Nationen billigerweife erhoben würden. 

Zur Regulirung diefed Punctes fandte Eugen nach Bafel den 
Camaldulenſergeneral Ambrofius Zraverfari, einen in ber 
griechifchen Literatur fehr bewanderten, überaus beredten Mann. 
Ihn begleitete Anton de Santo Vito. “Beide Männer, ebenfall& 
fuͤr die Kirchenreform auf das Iebhaftefte Durchdrungen, wollten das 
bei aber die päpftliche Auctorität und die Rechte des roͤmiſchen Stuhls 
gewahrt haben: . fie baten das Concilium, Feine Übereilten Schritte 
zu machen und des Papfles Vorfchläge abzuwarten, der ganz zur 
Rachgiebigkeit bereit fey. Auch wieſen fie nach, daß der Papſt nicht 
ohne bedeutende Einkünfte feyn könne, da er als Oberhaupt ber 

Kirche manchfache Ausgaben zu beftreiten habe *). 
Deffenungeachtet fehritten die verfammelten Väter vafch in 

4) Über diefe päpſtliche Botſchaft: Martene coll. ampl. VIII. praef. 
XXVI. u. p. 836 sqq. u. 855. Hartzheim Conc. Ger. V. 808 sg. Mansi 
Conc. XXIX. p. 460 sqgq. „Die Rebe des Ambrof, Traverfari für die päpft- 
liche Auctorität, Rechte und Befigungen: Mansi 1. c. p. 1250 sqg. Die Ant 
wort darauf (7. Now: 1435) ibid. p. 273 sqq. liber die Gefandtfhaften-des 
Eoncild an den Papft im Sommer 1435, daß er die Deerete der Kirchenver⸗ 
fammiung beftätige, namentlich das über die Annaten: Mansi XXX. 939. 1064. 
und die Antwort des Papites Darauf ibid. p. 946. Der Ton in diefen Bers 
handlungen deutet ſchon auf einen nahen Bruch. 


I 


358 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel, 

dieſem Puncte weiter: ſchon wenige Wochen fpäter verlangten fie, 
daß die päpftlichen Legaten den Beſchluͤſſen wegen der Annaten ihre 
Zufimmung gäben, und sbwohl diefe gegen die Zumuthung, da 
ihnen in der Sache noch keine Weifung von Eugen zugefommen 
war, proteflitten; fo gab das Concilium feinen Beſchluͤſſen doch 
. alle Kraft und bedrohte bei längerer Weigerung die Legaten mit Aus⸗ 
fihließung. Noch war der Garbinal Julian unter den Legaten ber 
einzige, der auf Seiten bed Conciliums war. Als aber dieſes im⸗ 
mer heftiger gegen ben Papſt auftrat; als es alle Berufungen von 
feinen Urtheilen und Befchlüffen an den Papſt für nichtig erklärte 
(3. Nov. 1435), und bie Rachgiebigkeit Eugen’d IV nur immer 
wieber zu fühneren Schritten führte: fo fand ſich auch Iulian, der 
bis dahin, ungeachtet feines Amtes als päpfilicher Legat, die Rechte 
bed Conciliums vertheidigt hatte, bewogen, von ber Kirchenvers 
fammlung fi) ab=, wieder dem Papfte zuzuwenden °). 

Neben diefem Streitpumct zwifchen dem Papft und Goncifien 
über bie Annaten und andere Zaren, lief ein anderer, ber nicht we⸗ 
niger zum Berwürfniß führte. Es war dieſes die Unterhandlung 
wegen ber Bereinigung der griehifchen Kirche mit der roͤ⸗ 
mifchen, welche dem Dapfte einen neuen Vorwand gab, das Bad: 
ker Goncilium nad) einer italieniſchen Stadt zu verlegen. Es mar 
eine Lieblingsidee Eugen’s, der er ſchon ald Cardinal nachhing, die 
- Griechen mit der abendländifchen Kirche zu vereinigen. Der immer 
mehr von den Türken gebrängte byzantinifche Kaifer Johannes Pa⸗ 
Länlogus ©) bot, um nur Hülfe vom Abendlande zu erhalten, gerne 
dazu die Hand. Schon im Jahre 1434 hatte er nach Baſel Abges 


5) Ambrof. Zraverfari rühmte fi) diefes bewirkt zu haben. gl. Martene 
l. c. praef. XXV u. XXX sg. 

6) K. Manuel hatte das byzantiniſche Neid (1430) unter feine fieben 
Soͤhne getheilt: fein Altefter Prinz Johannes, der ſchon die Megierung mit 
ihm geführt hatte, erhielt den Saifertitel und die Kadfolge im gröfern Theile 
des Reiches: Theodor wurde Fürft von Lacedäͤmonien, Andronicus berrfäte 
in Sheffalien, Gonftantin am fhmwarzen Meere, Andreas in Nhicinium: 
Demetrius und Thomas erhielten iht Sand im Peloponnes. Phranzes I. 
40. Chalcondyl. IV. p. 65. Ducas XXIII. 75. Spantdugin. Cantacoscen. 
Comment. (Firenze 1551) p.23. Bet. v. vanmer Geſch. des Dsman. Reis 
I. S. 440. u. not. 647. 








Sigmund in ſeiner Beziehung zum Concilium u. P. Eugen IV. 359 


ordnete gefendet und feine Bereitwilligfeit erklärt, daß er fi) an 
dem Ort, den dad Goncilium beflimmen werde, zur Unterhandlung 
einfinden werde 7). In der neunzehnten Sigung (7. Sept. 1454) ®) 
warb beflimmt: das Goncilium werde den Kaifer und Patriarchen von 
Conſtantinopel nebft ihrem Gefolge durch einige bewaffnete Schiffe 
abholen lafien, um zu Bafel oder an einem andern noch zu beftims 
menden Orte die Unterhandlungen ?) wegen der Vereinigung zu. 
führen. Auch der Kaifer Sigmund fchrieb damals vom Regensbur⸗ 
ger Reichötag aus, um die Sache defto fehneller in Gang zu brins 
"gen, an ben byzantinischen Kaifer (1. October 1434) 19), 
. Aber ſchon früher hatte Eugen IV unmittelbar Unterhandlums 
gen mit. Sonflantinopel wegen berfelben Sache angefnapft 1): er 
nahm e8 fehr mißfälig auf, Daß das Concilium auch diefen Punct, 


7) Über die Einkeitung zu diefer Kirchen = Bereinigung: Raynaldi ad ann. 
143% n. 15 sqq. Martene 1. c. praef. XX sqq. u. 673 sqg. Schon am 
15. Oct. 1433 hatte der griehifhe Kaifer an das Goncilium geſchrieben. Mansi 
XXIX. 617. Das Schreiben ift bei Hermann. Corner. Chr. p. 1337 vom 
3. Oct. 1434 datirt. Ein zweites und drittes Paiferlihes Schreiben vom 12, Nov, 
1434 u. v. Nov. 1435 finden ſich ebenfal3 bei Mansi 623 u, 627. 

8) Mansi XXIX. p. 2. 

9) Der Inhalt der Unterhandlungen ded Gonciliumd mit dem griech. Kaifer: 
Mansi 1. c. 429 sqg. 649 sqq. 1231. 1235 sqq. Martene VIII. 674. 763. 
820. 832. Hartzheim V. 802 sqq. Die Griehen wünſchten als Ort für das 
Goncilium irgend eine Stadt in Italien, oder auch Dfen in Ungarn, oder Wien 
in Oſtreich. Auch beftand der Patriarch darauf, daß der Papft der Kirchenver⸗ 
fommlung perſönlich beiwohne. Raynaldi ad ann. 1435. n. 8. Dad unge 
drudte Kap. 346 im Ebner. MS. von Winde gibt einen Brief des Concil. an 

den griech. Kaiſer. 

10) Martene coll. ampl. VIII. 750. Das Schreiben Sigmund's in der 
Sache der Griechen an das Concilium d. d. Ratisbonae 1. Oct. 1434: Audi- 
vimus certos ex venerandis ambassiatoribus fratris nostri Johannis Impera- 
toris Graecorum, qui ad nos huc veneraut, visisque et auditis singulis, 
summam ia domino nostro Jesu Christo pacis et unitatis auctore accepimus 
jocunditatem atque laetitiam etc. Das Schreiben an den griechiſchen Kaifer 
ift von demfelben Datum (Martene 1. c. p. 752), worin er feine Mitwirfung 
verfpriht, daß die Bereinigung zu Stande komme, bie übrigens nur auf einem 
allgemeinen Goncilium bewerfftelligt werden Fünnte, 

11) Unterhandlungen Eugen’5 IV mit Eonftantinopel: Raymaldi ad aun. 
1435. n. 8sqq. Martene l. c. 738. 755 sqq. 766. 783 sqq. 805. 


360 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel, 

| welchen er dem romiſchen Stuhle unmittelbar zueignete, in ſeine 
Wirkſamkeit zog. Er gab daher nur eine bedingte Gutheißung der 
Anknuͤpfung der Unterhandlungen des Concils mit den Griechen, in⸗ 
ſofern fie mit den feinigen nicht in Widerſpruch kaͤmen. Dieſes 
war aber bald der Fall. Gegen bie Anfiht 1?) und Verabrebung des 
Conciliums ließ der Papft durch feinen Legaten eine Synode in Con⸗ 
ftantinopel eröffnen. Doc waren die Griechen, die ed eigentlich 
gar nicht ernfilich mit der Vereinigung meinten, ſchlau genug, aus 

diefer Uneinigkeit zwifchen dem Papft und dem Concilium für fich 

Vortheile ziehen zu wollen. Sie meinten durch den Schein von bes 
reitwoilliger Vereinigung Hülfe gegen bie Tuͤrken zu erlangen, ohne 
daß die Union wirklich zu Stande komme. Nachdem eine Zeit lang. 

dem Papſte mit der Hoffnung gefchmeichelt wurde, daß man die Un⸗ 

terhandlungen feiner Leitung überlaffe, ſchickte Johannes Palaͤolo⸗ 
gus mit Beiſtimmung deö-Patriarchen eine neue Botfchaft an das 
Concilium (26. Nov. 1435) 13): biefelbe fegte davon in Kenntnig, 
daß die frühere mit den verfammelten Vätern abgefchloffene Über: 
einkunft die Faiferliche Beftätigung erhalten habe: man wünfche 
aber ald Berfammlungsort eine am Meer gelegene Stadt, um der 
Griechen Ankunft fomohl, wie auch die Anwefenheit des Papftes, 
als des Oberhauptes ber abendländifchen Chriftenheit, zu erleichtern. 
Es wurden demgemäß auch zwei Verträge wegen der Vollziehung 
ber Übereinfunft und bes fichern Geleits gefchloffen. 

Diefe Befchlüffe des Conciliums in Betreff der Griechen, dem 
päpftlichen Willen entgegen, fallen in die Zeit, als ſchon wegen der 
Annaten und anderer Puncte die Zwietracht zwifchen dem Papfte 
und den verfammelten Vätern (Ende 1455 und Anf. 1436) 1%) ei- 
nen ziemlich hohen Grad erreicht und Sulian fich bereits gegen die 
Schritte des Gonciliums erklärt hatte Da man mit den Böhmen 
ſchon einig geworden war, flimmte nun Gardinal Julian ganz mit 
bem Wunfche des Papftes überein, daß wegen der Griechenvereinis 
gung das Concilium in eine italienifche Stadt verlegt werde. 


12) Das Schreiben des Goncils an Eugen IV d. d. 7. May 1435 bei 
Mansi XXIX. p. 281 sqg. 


13) Martene 1. c. p. 875 sqg. | 
14) Martene 1. c. p. 819 sqq. 826 sqg. 839 sqg. 








Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. EugenIV. 361. 
Bon Seiten des Kaifers Sigmund war dagegen Fein Wider⸗ 
foruch zu erwarten. Derfelbe wandte ſich täglich mehr von dem 
Goncilium ab, da ed nicht ımterließ, fich überall in die deutſchen 
weltlichen Händel zu mifchen, ungeachtet er fich bei mehreren Ges 
legenheiten entfchieden dagegen auögefprochen hatte 15). 

Eugen wußte diefe Änderung in der Gefinnung des Kaifers 
trefflich für fich zu benugen. Er vertraute ſich ganz feinem Schutze 
an, wie Sigmund ſolchen ja vor feiner Kaiſerkroͤnung beſchworen. 
Solange der Kaifer dad Coneilium zur Mitwirkung der Unterwer= 
fung der Böhmen brauchte, behandelte ex es noch mit einer gewiſſen 
Schonung, obwohl er ſich fchon fichtbar dem Papfte zugewenbet 
hatte 16). Er tabelte offen und ohne Ruͤckhalt, daß die verfammels 
ten Väter zu ruͤckſichtslos und fchroff gegen das Oberhaupt der Kirche 
verführen. Die päpftlichen Gefandten an feinem Hoflager zu Wien 
und Preßburg nahm er freundlicher und günfliger auf, als die Bas⸗ 
ler 17). Auch unterliegen des Papſtes Legaten nicht, dem Kaiſer 


15) Der Kaifer verlangt (nad einem Schreiben vom 4. Dec. 1434) folgen- 
de ſechs Puncte von dem Goncilium (b. Martene VIII. p. 776 u, praef. XXII.): 
1) Die Kirchenreform an Haupt und Gliedern. 
2) Keine Auflöfung des Gonciliums, che es feine Miſſion erfünt hat: auch 
felbft nicht wegen der griechiſchen Union. 

3) Gehorfam gegen den Papft und Erwerbung des Kirchenſtaats und der ihm 
entzogenen Kirchengüter. | 

4) Gegenfeitige Unterftügung der beiden. Schwerter, der geiftlihen und weltli⸗ 
den Gewalt. WB 

5) Abweiſung der Profan⸗-Proceſſe von dem geiſtlichen Gerichte. 

6) Abjtimmung nach Nationen und Feine Einrichtung nad Deputationen, 

16) Ambrosii Traversar. Epistol. lib. I. epist. 11 et 12, Martenel. c. 
praef. XXVIII. Ambrosius mandatum accepit a Pontifice Sigismundum 
Imp. adire, legationis offhicio apud eum functurus, Nec mora itineri se 
commisit atque Atatam, ubi Imperator venationis et piscationis causa mo- 
rabatur (cf. Martene ampl. collect. III. 20.), 25 dierum itinere venit. Ibi 
susceptus ab eo cum honore fuit. Daun begibt er fi mit ihm nad Stuhl 
-weißenburg, wo ihn am 8. December 1435 der Kaifer in öffentlicher Audienz 
auf das hulvreidfte empfängt. Ambrofius fhreibt dem Papfte: (Imperator) 
peratissimus est tuae sanctitati morem gerere non modo in materia illa, 
pro qua venimus, verum ef in terminatione toncilii. | 

17) Die Nede, welde Ambrofius am 26. Dec, 1435 zu Stuhlweißenburg 
vor dem Kaiſer hielt, fteht bei Martene 1. c. p. 886—892. Ambrofius ſchreibt 


362 Wiertes Buch. Siebzehntes Kapitel. . 
Manches zu Gefallen zu ſprechen und zu thun. Ambrofiud Traver⸗ 
fari hielt (26. Dechr. 1435) in Stuhlweißenburg eine Lobrede auf 
ven Kaifer: er erhob feine geiftigen und Eörperlichen Vorzüge außer: 
ordentlich, gegen welche Art der Schmeichelei Sigmund nicht gleich⸗ 
gültig war. Im demfelben Vortrag erwähnte derſelbe Redner mit 
bittern Klagen der Aufhebung der Annaten und anderer paͤpſtlichen 
Zaren, ehne bag man dafür dem römifchen Stuhle eine Entſchaͤ⸗ 
bigumg gegeben habe. Er forderte den Kaifer enblich zum Schu 
des Papftes auf, ber diefem eidlich gelobt worden. . 

Der Kaifer äußerte fich in einer geheimen Audienz, die er dem 
paͤpſtlichen Legaten ertheilte, daß ex bereit.fey, fix den Papfl: Alles 
zu thun und zu leiden: er koͤnne aber vorerſt noch nicht offen mil 
dem Goncilium brechen. Nach ber Beendigung bed Reichstages zu 
Stuhlweißenburg, zur volftändigen Unterwerfung der Böhmen 
(Anf. 1436), ſey er Willens mit. dahin zu wirken, daß bie Kirchen 
verfammlung, die feinen Erwartungen von ihr nicht entfprocen, 
aufgelöst werde, um die Einigkeit wieber herzuftellen 1°). 


epist. 12. darüber felbft an Eugen IV. Als er an den Punct die Annaten be 
treffend gefommen und ein Abgeordneter des Gonciliums ihn habe rechtfertigen wel 
len: A Caesare ipso acri verborum insectatione owtigetue est, atque inde 
amoveri jussus. 

18) Merkwuͤrdig ift der Bericht des Ambrofius darüber, Deffen Epistol. 
lib. I. ep. 12. (Sigismundus Imp.) secretiorem, quam nobis pollicitus erat 
audientiam praestitit. Ihi vero replicatis breviter quae prius petiveramus, 
quid de concilio esset judicio nostro sentiendum aperuimus: illo maltum 
connivente nobis, neque a sententia nostra discrepante. Et cum omnia 
plenissime exposuissemus, respondit oratores concilii praecedente die que- 
tuor a se ppstulasse praecipua: Primo, ut decretum de annatis et ips 
servaret et ab omnibus servari praeciperet; secundo, ut praelatos ire ad 
concilium juberet; tertio, ut his qui essent in concilio salvis ire ac redire 
liceret; quarto, ut protectorem concilio daret. Se neque voluisse an“ 
nuere, neque tamen propter indictam diaetam aperte renuere. 
Suae tamen mentis atque intentionis esse, post celebratam disetam omni- 
dus viribus et t0to ingenio ad concilii dissolutionem intendere et in 
omnibus tam sanotitati tuae gratificari velle, quam ecclesiasticae paci atque 
unitati ex suo instituto consulere. Non hos fructus de concilio se ab in- 
itio sperasse, ut quod ad bonum publicum congregatum esset, perniciem 
atque · scissuram machinari potius praesumeret. Se tuae sanctitati summe 
deditum, pater beatissime, verbis et apertis indiciis siguificavit eibige® 











Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. Eugen IV. 363 


Damals hatte auch dad Concilium verfchiebenerley Begehren 
an ben Kaifer geflellt, ohne eine entſchiedene Antwort darauf von 
ihm erhalten zu koͤnnen. Es verlangte: der Kaifer möchte den Be⸗ 
ſchluß wegen der Annaten beflätigen und zur allgemeinen Vollzie⸗ 
bung bringen: ferner den Prälaten in feinen gefammten Ländern 
ben Befuch des Conciliums befehlen und neue Sicherheitöbriefe für 
bie verfammelten Väter zur Hin= und Herreife und zum Aufents 
halte in Bafel ertheilen; endlich dem Goncilium, nad) dem Tode 
des Herzogs Wilhelm von Bayern, einen neuen Beſchuͤtzer beſtel⸗ 
len 1°), 

Anftatt eine beftimmte Antwort auf diefe Forderungen zuge 
ben, Fam er auf feine frühern Begehren zurüd und verlangte wie⸗ 
derholt von dem Goncilium ungefäumte Vornahme der Kirchenres 
form und gänzliche Unterlafiung von Einmiſchung in weltliche Hans 
bei: er wolle dann dahin wirken, daß Feine Auflöfung oder Verle⸗ 
gung des Gonciliumd, auch ſelbſt nicht wegen dev Griechen = Union, 
ftatt finde. Doch dürfe uͤberall das Anfehen des Papſtes und det 
Gehorſam gegen ihn nicht aus den Augen gefeßt werden, er au 
nicht feiner nothhürftigen Einkünfte beraubt werben. Wie das welt⸗ 
liche Schwert dem geiftlichen zu Huͤlfe komme zur Aufrechthaltung 
einer guten Kircheneinrichtung, fo folle auch biefes jenem Unterflis 
gung zur Handhabung einer guten Staatdorbnung verleihen. End⸗ 
kich erklärte er ed bei der Berathung und bei den Befchläffen in 
Bezug auf Kirchenreform für höchft erfprießlich, wenn, wie in Con⸗ 
flanz gefchehen, nationenmeife abgeflimmt werde, weil in folcher 
Art dev Abfimmung am beten die Nationen ihre Beduͤrfniſſe aus: 
forechen und geltend machen Eönnten 2°). Daß auf bie Forderuns 
gen des Kaiſers die verfammelten Väter Feine oder nur geringe Ruͤck⸗ 
commendäri humiliter petit. — Wenn aud nidt bezweifelt werben ‚Tann, 
daß damals der Kaifer fi offenbar dem Papſte entfhieden zuneigte, fo ſcheint 
er doch nicht in dem Maße, wie er fi gegen Ambrofius dußerte, mit dem Con⸗ 
cilium haben brechen zu wollen, Sigmund’5 Doppelzüngigkeit erfcheint auch hier, 
wie oͤfter anderwärts, freilich keinesweges zu keinem Bortheil, 

19) &. die vorhergehende Rote. 

20) S. oben Not. 15. Das Jahr beim Datum 4. Dec, 1434 ift vieleicht 


zu ändern in 1435 oder 1436, Übrigens ift auch leicht möglich, daß Sigmund 
wieder von neuem auf feine früheren Forderungen zurädfum. 


! 


364 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 

ſicht nahmen, hatten fie ſchon früher bewieſen 21). Obwohl. auch 
die Franzoſen nationenweiſe Abſtimmung verlangt hatten 22), wurde 
die Abſtimmung nach Deputationen nochmals ausdruͤcklich beſtaͤtigt: 
denn die verſammelten Vaͤter wußten zu gut, daß grade in dieſer 
Einrichtung der Nerv ihrer Kraft und Einigkeit lag. Bei dieſer ge: 
ringen Willfährigfeit gegen ben Kaifer von Seiten bes Conciliums 
wandte fich diefer immer mehr dem Papfte zu und lieh jenem feine _ 
Unterftügung, als ed von neuem mit Eugen in Zerwürfniß und | 
Streit gerieth. 

Noch in den letzten Monaten des Jahres 1435 hatten die ver- 
ſammelten Väter einige fehr entfchiebene Schritte gegen den Papft 
gethan: fie hatten durch den Erzbifchof von Lyon, ben Primas der 
gallicanifchen Kirche, dem Erzbifchofe von Rouen das Pallium er- 
teilen laſſen, weil der Papft ed ohne bie üblichen Palliengelver 
nicht geben wollte 23); fie hatten ferner. die Appellationen von dem 
Gonkilium an ben römifchen Stuhl bei großen Strafen verboten 2%); 
fie beſchloſſen ſodann (20. Ian. 1436) drei Bifchöfe an Eugen nad) 
Florenz zu fenden, um ihn zu bewegen, ben. Synobalbefchlüffen in 
Betreff der Annaten und anderer Streitpuncte beizutreten und feine 
Verfügungen dagegen zurüdizunehmen, widrigenfalls nach den Con: _ 
flanzer Decreten gegen ihn ‚verfahren würde 2). Doch begnügte 
man fich vorerft, den Papft ohne Sefandtfchaft nur auf ſchriftlichem 
Wege von den Vefchlüffen in Kenntniß zu ſetzen. Defto eifriger 
aber ging man an's Werk, die Befchlüffe wegen der Annaten, bie 
zu genehmigen Eugen entfchieden fich weigerte 2°), in Ausführung 
zu bringen, was befonders die franzöfifchen und fpanifchen Präla: 
ten, die durch ihre große Zahl dominirten, verlangten 27). . 


21) Martene 1. c. p. 777. Iſt vielleicht die Antwort auf die ſechs Artikel 
Rot. 15. | 

22) Martene 1. c. 917. 

23) Martene 1. c. 868. 

24) Martene 1. c. 870. 

25) Mansi XXX. p. 1064. 

26) Die näheren Berhandlungen bei Martene 1. c. p. 925 sqq. Damals 
forderte das Goncilium wiederholt die deutſche Geiſtlichkeit auf, nach Bafel zu 
fommen. Martene 1. c. 924. (Anf. 1436.) 

27) Martene I. c. p. 917. 








Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. Eugen IV. 365 


"Die päpftliche Gewalt weiter zu befchränfen und fie. unter ‘das 
Concilium in Abhängigkeit zu flellen, wurden in ber dreiundzwan⸗ 
zigſten Seffion (25. März 1436) Beſchluͤſſe gefaßt: über die 

Papftwahl, den zu leiftenden Eid des Gewählten, die Ausführung 
der Synodaldecrete, die Inftruction für den Papſt, wornach er ſich 
zu verhalten habe; ferner Über die Cardinaͤle und ihre Geſchaͤfte; 
endlich über die freien Bifchofswahlen. Die päpftlichen Vorbehalte 
wurden gänzlich aufgehoben 23). Ein Rechtfertigungöfchreiben ber 

gethanen Schritte wurde an alle Könige und Fürften. des chriſtli⸗ 
then Abendlandes erlafien??). Als bie Sirhennefammhng vu 


22) Mansi XXIX. 110—121. C£. Hartzheim V. 810—8i4.. 

y 29) Martene 1. c. p. 906 sqq. Das Actenſtück ift offenbar Anmittelbar 
nach der 23. Sigung erlaffen, alfo im Anf. des Jahres 1436, St vernniten | 
ten Bäter ſchreiben ſich folgende Berdienfte zu: ei 

1) Untervrüdung der huſſitiſchen Kegerei, die fon in Ungarn und Denken 
angefangen ſich zu verbreiten, und die Zurüdführung der Böhmen zur Kite 
cheneinheit. 

2) Wiederherjtellung des Friedens zwiſchen Frankreich, England und Burgund. 

3) Beruhigung des in allen Gegenden im Kriegezuſtaud geweſenen deutſchen 

Reiches. 

Die Worte lauten: Germania etiam, quae pridem andigue bellis agitaba- 
tur, et discordiis plena erat, nunc assiduis nostris vacavit studiis, dum- 
modo nonnunquam haec sancta synodus nuntiis literarum et aliis remediis 
vacavit, quo ad odiorum flamina cessarent, optima quiete potitur. Testes 
siquidem tunc potentissimi duces Bavariae, inter se simultatibus colliden- 

‘tes, Austriae etiam principes, nec non Treverenses contendentes ecclesiae, 
et Maguntini, Magdeburgensis, Bambergensis, Herbipolensis, cum quibus 
ad quorum discordias sedandas omnimodam diligentiam. posuimus. Diefe 
Bemühungen dankte der Kaifer freilih dem Goncilium nicht, als größtentheild un⸗ 
befugte Eingriffe in die weltlihe Gewalt, Zr 

4) Xud) das Werk der Pacificirung Italiens vignete fi das Concilium zu, 
doch räumte es dabei ein, daß die Cardinäle e& in diefem Geſchäfte ſehr uns 
terftüst hätten, Namentlich wird hervorgehoben, daß im Kirchenſtaat der 

—Frichh; zurüchgekehrt, Bologna wieder unter die Herrſchaft der römifchen 
Kirche gebracht ſey. 

5) Die Vermittlungsverſuche zur Herſtellung des Zriedens zwiſchen den Peru 
fen und Polen, 

Star? find die Ausdrüde der verfammelten Bäter, um die allgemeinen Goncilien 
überhaupt zu empfehlen: Vidit haec sancta synodus nihil melias atque prae- 
stantius ad solidandam populi Christiani salutem et reprimendos Romano- 


a 


366 Wertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 
ihre weiteren Anftalten und Maßregeln zeigte, baß fie die Abficht 
hatte, den Papft zum Schattenbilde herabzumürbigen 30), Fam ber 
folange niedergehaltene Krieg zroifchen den höchften kirchlichen Aucto⸗ 
ritaͤten von neuem zum Ausbruch. Das Signal dazu war bie Ju⸗ 
bel⸗ Ablaßverfündigung, . welche das Concilium in der vierund⸗ 
swanzigften Sigung (am 14. April 1436) befhloß 1), wegen 
der Wiebervereinigumg ber Griechen mit ber römifchen Kirche, bie 
man als ganz wahe bevorfichend betrachtete. Einen ſolchen Ablaß 
zu. verfimdigen, nahm aber ber Papſt als ihm allein zuſtehend im 
Anſpruch ꝰ2). So maßte fi) das Goncilium eine Praͤrogative des 
Papſtes nach der andern an. Deßhalb ſandte Eugen an die Fuͤrſten 
ſeine Legaten mit der Aufforderung, daß man nicht laͤnger dulde, 
daß die Auctoritaͤt des Oberhauptes der Kirche ſo ſehr herabgewuͤr⸗ 
digt und verkuͤmmert werde. In einer beſondern Denkſchrift 33) 
ließ der Papſt das ganze Verfahren des Conciliums, feine Einrich⸗ 
tung, den Gang ſeiner Geſchaͤfte und Beſchluͤſſe in dem nachtheilig⸗ 
ſten Lichte darſtellen. Die Anordnungen in Bezug auf Pfruͤnden⸗ 
verleihung werden als Auflehnung gegen den paͤpſtlichen Stuhl be⸗ 
zeichnet. Es wurde (um die Fuͤrſten gegen die Schritte des Conciliums 
bedenklich zu machen) darauf hingedeutet, daß die democratiſchen, 





rum Pontificum aliorumque abusus, qui diuturno tempore sacerdotium de- 
migrarunt, quam ut generales synodi frequententur. &5 werben fodanır bie 
beiden Decreta de electionibus (des Papſtes und der Gardindle) und annatis 
gerechtfertigt und zur Annahme empfohlen, und die dagegen gemadten Einmürfe 
und Schwierigfeiten Eugen's auf dad heftigſte getabelt. 

30) Raynaldi ad ann. 1436. n. 1. Bon diefer Zeit an wandten fi audy 
die meiften Gardinäle wieder von dem Goncilium ab, dem Papite zu, Diugoss 
hist. Polon. lib. XI. 643. 

31) Mansi l. c. p. 121 — 133, Hartzheim L c. 814 sq.  Ungebrudtes 
Kap. 347 im Ebner. MS. v. Windel. Die deutſche Nation proteftirte gegen 
‚biefen Ablaß. Martene 1. c. p. 798, 

32) Mansi 1. c. p. 282 nad dem Rehtfertigungöfäreiben dei tig 
v. 11. May 1436. 

33) Sie fteht bei Raynaldi ad ann. 1436. n. 2 sqg. Sie enthält eine 
ausführliche Bertheidigung des Papftes und vollftändige Mißbilligung der Schritte 
des Gonciliums. Doc ift theilmeife die Bertheidigung nit mit großem Geſchicke 
geführt, dagegen find die Ungerechtigkeiten, Anmafungen und die Blößen der 
Kirchenverſammlungen [darf und wahr hervorgehoben. 





Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. EugmIV. 367 


in vebellifchen Tendenzen, die auf der Kirchenverſammlung dominir⸗ 


ten, bald auch gegen die weltliche Regierung ſich richten und gegen 
fie ihren Einfluß geltend machen wuͤrden 32). Wenn die paͤpſtliche 
Auctorität  untergraben war, fehien die monarchiſche Gewalt im 
Staate bedroht: Um ‚den allgemeinen Forderungen und Verlangen 
der Fuͤrſten nad) eimer Kirchenreform einigermaßen zu entfprechen 
und fie. für den römifchen Stuhl günfliger zu ſtimmen, vwerfprach 
der Papft, vor allen. Dingen Berbeflerungen am roͤmiſchen Hof 
fetbft vorzunehmen 25): ein neues Concilium, das in einer italieni⸗ 
fhen Stadt gehalten werden follte, Fönnte dazu mitwirten. Damit 
aber eine folche Kirchenverfammlung zu Stande komme, möchten 
die Fürften ihre Bevollmächtigten und bie Prälaten ihres Landes von 
Bafel.abberufen. 

Es fehlte dem Papfte auch nicht an wirklicher materieller Unter⸗ 
flüßung einiger Fuͤrſten. Zwar wagte der Kaiſer ſich nicht offen für 
ihn zu erklaͤren, obſchon er im Geheimen ihn feines Beiſtandes vers 
ficherte. Der Herzog Philipp von Burgund neigte ſich um fo ent- 
fehiebener ber paͤpſtlichen Partei zu, je heftiger bie franzöfifchen Praͤ⸗ 
baten gegen fie feindfich auftraten. Bon den deutfchen Fürften zeigten 


die meiften eine fehr tabelnswerthe gänzliche Theilnahimlöfigkeit bei 


den wichtigften Firchlichen Fragen. Nur der Herzog Friedrich von 
Zyrol, ber früher bei dem Conftanzer Concilium eine fo ungluͤckliche 
Rolle gefpielt hatte, trat ein wenig mehr aus der Paffivität und 
Neutralität. Er verweigerte den durch fein Land zum Goncilium 
nach Bafel reifenden Prälaten das fichere Seleit, was als ein Act 
der Seindfeligfeit gegen die Kirchenverfammlung angefehen wurde, 
Darauf mag ſich ein Schreiben beziehen, welches der Papſt dem 
Herzog im Anfange des 3.1437 Üüberfandte, worin er ihm in ſchmei⸗ 


chelhaften Worten für feine Anhänglichkeit dankte und an ihn zugleich | 


eine Gefandtfchaft aborbnete zur weitern Betreibung von geheimen 
Unterhandlungen 36). Wenn diefe zur Kenntniß des Kaiferd und 


34) Raynaldi 1. c. n. 15. Nach der päpftlihen Inftruction follen die Les 
gaten dem Kaifer und den Königen mancherley Borftellungen machen, die darauf 
berechnet waren, fie von dem Goncilium abzuzichen, 

35) Raynaldi 1. c. 

36) Das Schreiben Eugen’ IV an H. Friedrich v. 6. Ian, 1437 findet 


2% 


h 


368 Dierte® Buch. Siebzehntes Kapitel 


des Conciliums gefommen find, fo mögen fie beiden manche Beforg- 
niffe eingeflößt haben. Aber dem Herzog fehlte daB raſche Feuer 
der Jugend: herbe Erfahrungen hatten ihn vorfichtig gemacht; es 
fehlte ihm der Muth, irgend ein großes Wagniß für den Papft zu un⸗ 
ternehmen, wenn er auch darauf rechnen Tonnte, daß die Venetia⸗ 
ner ihn dabei unterflügten, und der Kaifer nicht mehr in folcher Weife 
wie zwanzig Jahre früher gegen ihn einzufchreiten vermochte. End⸗ 
lich gab er die Sache des Papfted ganz auf, da er das Concilium 
in der Zoggenburger Streitfache für fich gegen den Kaifer und Die 
Zürcher gewinnen wollte. 

Mehr noch als der Annaten= Punct konnte von Eugen die Gries 
chen⸗Union benugt werden, das Concilium nach Stalien zu verle⸗ 
gen. Bereits waren alle Anftalten getroffen, die Bereinigung zum 
Schluß zu führen. Bereits hatte man ſchon Anordnungen gemacht 
wegen der Überfahrt der Griechen, wenigftend des Patriarchen 27), 
Schon damals fprach der päpftliche Legat Sultan bei der Kirchenver: 
fammlung ganz zu Gunften des Papftes, daß eine italienifche Stabt 
zur Verlegung des Conciliumd auögewählt werben follte *°). 
fiä) zuerft und einzig abgedruckt bei Kurz K. Albrecht II. Br. IT. Urk. n.xXVII. 
8. 351. Im Schluß des Schreibens fagt Eugen, daß er von den ihm durch 
den berzoglichen Gefandten vorgetragenen zwei Bitten die eine fogleih bewilligt 
habe, super reliqua petitione, fährt der Papft fort, et in ceteris rebus tuum 
et tuorum honorem respicientibus sicuti dicto Gaspari (feinem Gefandten) 
diximus, tua filialis devotio nostros favores honeste paratos cum sincera 
oördis affectione semper habebit. Kurz bezieht diefe zweite Bitte auf Fried» - 
rich's Wunſch, nad) Sigmund’5 Tod König in Böhmen zu werden: man Fönnte 
noch weiter geben, und vermuthen, daß Friedrich fih von Eugen die Zuſage ges 
ben ließ, dahin wirken zu wollen, daß er nad) Sigmund’ Tod auf den Kaiſer⸗ 
thron erhoben werde. 

37) Martene 1. c. p. 895 sgg. In der Situng, worin biefer Beſchluß 
gefaßt wurde, oder vielleicht aud in ber Seſſion vom 7. März 1437 ging es 
ſehr ſtürmiſch und tumultuariſch zu: Ochs Geſch. v. Bafel IT. S. 266 erzaͤhlt 
nad Nachrichten des Basler Archivs Mehreres davon: „Ein anderes Mal, als 
die Decrete wegen der Abholung der Griechen von der Kanzel (die Sigung war 
in der Kirche) abgelefen und beftätigt werden follten, fanden die vom päpftlichen 
Anbang unter der Kanzel und lafen mit lauter Stimme Gegenerflärungen, Die 
übrigen Bäter aber mußten durch Gegengefärei es zu verhindern, daß Fein ort 
davon wenigftend gehört wurde.” “ 

38) Raynaldi ad ann. 1437. n. 2. 








Sigmund in feiner Beziehung zum Soncilium u. P. Eugen IV. 369 


Es war am 7. März 1437 in der fünfundzwanzigften 
Seffion?), daß die Entfcheidung in der Sache fiel. Die anti 
päpftliche Partei, mit dem Cardinal Ludwig Aleman von Arles an 
ihrer Spike, hatte fich Eurz vor der Sitzung durch die Herbeiziehung 
vieler Geiftlichen aus der Umgegend: von Bafel ungemein an Zahl 
verſtaͤrkt. Zwei Drittheile der verfammelten Väter beſchloſſen 
unter den heftigften Widerfprüchen der Gegner: Ort des Conci⸗ 
liums für die Union mit den Griechen ift Bafel, ober 
wenn diefe Stadt den Griechen nicht bequem feyn ſollte, Avignon 
ober eine andere Stadt im Lande Savoyen. Zugleich wird 
zur Beftreitung.der Koften ein allgemeiner. Kirhenzehn: 
ten erhoben. Dagegen flimmte die Minorität mit dem Gar- 
dinal Julian 20), und den angefehenflen Prälaten für den paͤpſt⸗ 
lichen Antrag, Florenz oder Udine in Friaul ald Ort der Ver⸗ 
fammlung zu wählen*!). Der Herzog von Mayland bot feine 
Stadt Pavia zum Ort ded Conciliumd an und AÄneas Sylvius em⸗ 
pfahl dieſes Anerbieten, aber ohne Erfolg. 

Zwar brachte ed der Carbinallegat Julian dahin, daß man 
auch das Refultat der Abflimmung der Minorität veröffentlichte, je⸗ 


39) Mansi XXIX. p. 133 sqq.' Hartzheim V. 815 sq. Patricius gibt 
an, wodurch die Majorität erlangt wurde: Adversae factionis capita clericos 
undique cogunt: veniunt turmatim ex vieinis oppidis et civitatibus sacer- 
. dotes.et qui in urbe patribus serviebant plerique et in ecclesia togati con- 
venientes jussa praestabant suffragia. | 

40) Augustin. Patricius bei Hartzheim 1. c. Haec factio (die Majorität) 
ex vili plebe magna ex parte constabat, quamvis ducem haberent cardina- 
lem Arelatensem et nonnullos alios praelatos. In alia parte S. Sabinae, 
qui et S. Angeli (Iulian) dicitur, S. Petri ad Vincula Cardinales, et ple- 
rique alii domini praelati, numero tamen longe superabantur. 

41) Raynaldi ad ann. 1437. n. 7. Cf. Decret der 27, Seffion bei Mansi 
p- 144. u, Hartzheim V. 817. Eine genaue Schilderung der ſtürmiſchen 25, 
Sisung liefert Aneas Sylvius, der felbft auf dem Goncilium zugegen war, in 
einem Briefe, der zuerft von Mansi XXXI. p. 220 herausgegeben wurde, und 
DE Geſch. v. Bafel II. 266 nad den jtädtifchen Nachrichten. Es Fam in der 
Sigung zu foͤrmlichen Handgreiflifeiten, fo daß der Magiftrat von Bafel die 
200 Mann ftarke Stadtwache zur Wiederherftellung der Ordnung aufbieten 
mußte. Die Gefandten von Frankreich hatten fid für den Antrag der Minorität, 
auögefprodpen. Raynaldi ad ann. 1437. n, 5. 

Aſchbach K. Sigmund, IV. 24 


370  -, Wiertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 

doch wurde fein Anfinnen verworfen, es als einen Beſchluß wie das 
Decret dee Majorität mit den Siegeln verfehen und als Bulle auß 
gefertigt aufzubewahren. In der folgenden Nacht aber wußte ein 
anderer päpftlicher Abgeorbneter, der Erzbifchof von Tarent, zu ber 
Kapfel, worin der ald Bulle auögefertigte Beſchluß der Majorität 
(ag, zu gelangen. Es wurden die feidenen Schnüre der Bulle durch⸗ 
fehnitten, die Siegel von dem Documente getrennt, und daffelbe de 
mit caffirt. An feine Stelle wurde eine andere Bulle, bie den Be 
ſchluß der Minorität enthielt, und in aller Form audgefertigt und 
mit den nöthigen Siegeln verfehen war, gelegt *2). 

Diefer grobe Betrug, welcher offenbar dem Papfte nichts nk 
gen, wohl aber ſchaden konnte, blieb nicht lange verborgen. Man 
wor Über den Urheber dev VBerfälfchung, den Erzbiſchof von Tarent, 
der fogleich durch die Flucht ſich der Beflrafung entzog +3), hoͤchſt 
aufgebracht. Auch der Kaifer war, als er die Sache erfuhr, über 
ans zornig: er betheuerte in einem Schreiben (Eger 5. Zuli 1437) 
an feinen Gefandten beim Goncilium, den Straßburger Biſchof, 
daß er den Frevel nicht werde ungeahndet laffen +*). Auch fidte 
er ähnliche Schreiben an die Könige des chriſtlichen Abendlandes 9) 

Der Papft wollte keinesweges zu dem Betrug eine Vollmacht 





42) Desret der 77. Sitzung bei Mansi 1. c., wodurch die verfälſchte Bulk 
caſſirt wurde. Hartzheim V. 817. - 

43) Ochs Geſch. v. Bafel II. S. 266, Nicolaus von Gufa, der zur Mi 
norität gehörte, entfernte fich damals auch eiligft aus Bafel und begab fih nad 
Mom, ungeachtet er früher zu den eifrigften Vertheidigern des Goncils gehört 
hatte. Bgl. Scharpff Ricol. v. Gufa I. G. 109, 

44) Martene l. c. p. 940. In dem Schreiben beißt es: Percepines - 
de bullatione illius bullae, ut scribis, tam fraudulenter factae, super 10” 
minatione civitatie Florentiae. Intelleximus etiam ea quae persnadere vi- 
deris ad scribendum imperatori Graecorum et aliis, subjangendo gualiter 
nominationi Florentiae repugnasti, adhaerentibus tibi oratoribus fere 
omnium regum ac prinoipum. Der Kaifer und die in &ger verfammelten dub 
fen Reichoſtaͤnde wollen Feine italieniſche Stadt als Drt des Goncils. Gig 
mund weist feinen Gefandten an, wenn das Goncil durdaus von Baſel verlegt 
werben foll, für Dfen zu ſtimmen. 

45) Er ſchrieb aud an die Stadt Baſel (Martene 1. c. p. 941), iM 
Megiſtrat auffordernd, das Goncilium in dem gerichtlichen Berfehren gegen die 
VBullenverfälfcher zu unterftügen. 


Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. Eugen IV. 371 


ertheilt haben: er verwarf ihn, wie er nicht anders konnte, und zog 
bie Sache zur Unterfuchung vor feinen Richterftuhl. Aber den Be 
ſchluß der Minorität billigte er und bot Alles auf, die Ausführung 
des Decreted der Mojorität zu hintertreiben *6). Er fehrieb (5. Iun. 
1457) an Kaifer Sigmund und die europaͤiſchen Könige, fie benach⸗ 
richtigend, daß er eine Gefandtfchaft nach Conftantinopel zur Be 
treibung der Union geſchickt habe, und fie auffordernd, daß fie ihm 
in feinem begonnenen Werke ihre Mitwirkung nicht verfagen moͤch⸗ 
ten 47 =), 

Der Papft hatte eine Sefandtfehert nach Gonftantinopel geſchict, 
wobei ſich auch der in der griechiſchen und arabiſchen Sprache wohl⸗ 
bewanderte Gelehrte Nicolaus Cuſanus befand 2? b)y. Dem griechi⸗ 
ſchen Kaiſer wurde gerathen, ſich mit dem Basler Concilium nicht 
weiter einzulaſſen, da dieſes nur aus wenigen unruhigen Praͤlaten 
beſtehe, die kaum eine eigentliche Synode zu bilden im Stande ſeyen, 
aber darauf ausgingen, die paͤpſtliche Auctoritaͤt zu ſchmaͤlern: und 
doch vermöge diefe nur allein den Befchlüffen eines Eonciliumsd Kraft 
zu geben. Auch befäßen die Basler gar nicht die Mittel, die Gries 
chen nach Stalien herüber zu bringen, was aber der Papft mit ndchs 
ſtem auf das vollftändigfte beforgen werde 28). Eugen gab diefer 
Erklaͤrung feines Gefandten Nachdruck, indem die Venetianer, die 
damaligen Beherrfcher des Mittelmeered, den Griechen allen Schuß 
zuficherten, wenn fie fich in einer italienifchen Stadt zur Union 
mit ber vömifchen Kicche verfammelten, und zugleich auch mehrere 
Galeeren ausrüfteten, um bie Griechen von Conftantinopel nach Star 
lien uͤberzuſetzen. 

Da das Concilium, durch die Umtriebe der Benetianer und die 
Maßregeln des Papſtes gehemmt, ſeinen dem griechiſchen Kaiſer ge⸗ 
gebenen Verſprechungen nicht nachkommen konnte, ſo wandten ſich 
die Byzantiner dem maͤchtigern paͤpſtlichen Stuhle zu 20), der, ſo⸗ 

46) Bulle v. 29, Juni 1437 bei Raynaldi ad ann. 1437. n. 8, Mar- 
tene 1. c. 988 sq. 

47a) Raynaldi ad ann. 1437. n. 10. 

47b) Raynaldi l.c. n. 12. Hartzheim Concil. German. V. 818, era 
Kicolaus v. Cuſa S. 113, 

48) Raynaldi 1. c. n.10—12. 


49) Raynaldi ad ann. 1437. n. 13. | 
24 * 


372 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 


bald. die Griechen zugefagt hatten zu kommen, ein Concilium 
(18, Sept. 1457) nad) Ferrara berief 50), wo Eugen bes Schu⸗ 
ed der Venetianer gewiß feyn Fonnte Das Basler Concilium 
wurde durch die Berufung der neuen Kicchenverfammlung, die im 
Anfang ded Jahres 1438 in Ferrara eröffnet werden follte, für auf- 
gelöst erklaͤt. 
Bei diefer abermaligen Auflöfung der Basler Kirchenverfamm= 
Iung hatte der Papft nicht den Widerfpruch des Kaiſers zu fürchten. 
Seit der Mitte des Jahres 1435 hatte er fich mit feinen vieljährigen 
Gegnern, den Benetianern, gegen feinen frühern Bundeögenofjen, den 
Mayländer Herzog, verbunden und war dadurch in den politifchen 
Verhältniffen Italiens ganz anf Seiten des Papſtes getreten 51). 


50) Harduin, IX. 698. 

51) Der Bertrag d. d. Primariae Strigon. dioeces. 31. Aug. 1435 bei 
Verci Marc. Trivig. XIX. doc. p. 146. n. 2180. In Folge diefes Friedens 
kehrte Marfiliud von Garrara, früherer Beherrſcher von Padua, der bis dahin 
am kaiſerlichen Hof als Bertriebener gelebt hatte, mit feiner Familie zurüd: 
doch mußten die treulofen Benetianer bald einen Vorwand zu finden, den ihnen 
läjtigen Zürften mit allen den Seinigen zu verderben: fie beſchuldigten ihn einer 
Verſchwoͤrung ‚gegen die Republik: ergriffen ihn und er endigte fein Leben am 
Galgen durch Henkershand. Sein Weib und feine zwei Söhne. wurden auch hin 
gerichtet. Die Schandthat. konnte der Kaifer nicht rächen: im Gegentheil er ließ 
fi durch die Venetianiſchen Gefandten von der Schuld ded Marfilius überzeugen. 
Winde c. 208. In derfelben zeit hatte der Faifer einen friden gemadt zwiſchen 
den Benedigern und bern Marftlio von Padame, den fie etwen vertreiben hatten. 
Bud der von Padawe, feine husfraw vnd feine fune folten komen in einem gu⸗ 
ten geleite vnd gutlicden tagen, den der Faifer gemadt hatte, und die Benediger 
zugefagt hant, doruber vingen In die Benediger wibe vnd fune ond tötten fie, 
vnd fie gaben fie in die ſchuld, die gemeine zu Padawe wolten an In geſlagen 
hant, alſo es wol geſcheen ſein mochte aber on ſein thun. Archivio storico 
ftal. T. IV. p. 201. (Firenze 1843.) Marsilio, ultimo rampollo di quella 
stirpe (dei Carraresi) ‚ dopo avere combattuto da prode in tutte le guerre 
contro i nemici della sua casa, in un tentativo da lui fatto contro Padova, 
venne. preso e peri sul patibolo nel 1435. E questi quel medesimo che la 
Repuhlica florentina avea preso a difendere contro la persecuzione dei Ve- 
neziani: e la lettera ch’ella scrisse all’ Imperatore Sigismondo in favore di 
Marsilio da Carrara, merita di essere qui trascritta, siccome uno splendido 
testimonio dell’ amizia dei Fiorentini per la famiglia de’ Carraresi; quella 
forse tra tutte le Italiene che abbia generato un maggior numero d’uomini 
insigui. 








Sigmund in feiner Beziehung zum Koncilium u. P. Eugen IV. 373 


So mußte er von dem Baöler Concilium, dad er für die Gewinnung 
ber Böhmen nicht mehr brauchte, und mit dem er fortwährend we: 
gen deſſen Einmiſchung in weltliche Angelegenheiten im Streit war, 
fich faft ganz abwenden. Der Papft hatte dem Kaifer ald äußeres 
Zeichen feiner Freundſchaft und feines Vertrauens ſchon im Fruͤhjahr 
1436 bie goldene Roſe, die am Sonntag Laͤtare geweiht wird, 
zugefchidt 52). Der Bund mit den Venetianern wurde immer fe: 
fter geknuͤpft, felbft ihre Verfolgungen gegen feinen Freund Marfi- 
lius von Garrara, der mit feiner Familie nach Pabua, wo er früher 
die Herrfchaft geführt hatte, zurückgekehrt war, entfernten ihn nicht 
von der Republik. Auch fügte ihn nicht viel an, daß die in Bafel 
verfammelten Väter Über die Venetianer und ihre Verbündeten den 
Bann ausfprachen, weil die Republik das Patriarchat von Aquileja 


. Serenissime et gloriosissime Princeps.. Non miretur Vestra Sublimitas 
si illum ei devotio nostra commendaverit quem admirande progenitorum 
ejüs, egregieque virtutis splendor et ipse per se commendatum facit. Inter 
clarissimos enim Italie principes ac dominos, nulli majori benevolentia pro 
meritis atque beneficiis ultro citroque collatis nobiscum obstricti fuerunt, 
quem qui ex inclita domo de Carrara sunt oriundi, ipsosque tota nostra 
civitas unice semper amavit ut fidelissimos sacri imperü servitores. Subli- 
mitati quidem vestre devotio nostra commendat magnificum militem domi- 
num Marsilium de Carrara, qui et ipsa colarissima stirpe natus, generosis- 
simum genus illud atque semen redolet. Itemque toto mentis affectae no- 
stra precatur humilitas, non quod sacram Majestatem Vestram, que devo- 
tissimos servitores suos. nullius rationibus evocata, verum sua sponte 
semper in omnibus vivit atque dilexit, nunc speremus erga eum efficere 
benevolentiorem ; sed ut que nostra sit versus eum voluntas undique se 
ostendat, ut Supereminentia Vestra dignetur magnificorum ejus progenito- 
rum intuitu et pro devotione nostra, memoratum dom. Marsilium in cun- 
ctis que ad ipsius honorem ac dignitatis amplitudinem aliquo modo perti- 
nent, habere favorabiliter commendatum, ipsumque juvare, diligere atque 
tueri: ut sentiat has literas nostras, que si Vestri Gulminis altitadinem 
benevolentiorem erga eum efficere non potuerunt, officiosiorem: tamen fa- 
ciant, sibi usui et adjumento fulsse. Gratissimum quidem habebit nostra 
devotio quicquid imperialis Maj. Vestra pro ejus honore, beneficio et sta- 
tus exaltatione fecerit, ideogue si fiet sacro. diademati vestro et ad decus 
et ad maximum liberalitatis cumulum sine dubio redundabit. Datum Flo- 
reutie, die 12. Decembris 1421. . 5 

52) Raynaldi ad aun. 1436. n. 20. 








37 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 

in Befig genommen 52). Sigmund beruhigte fih5*) über ben 
Synodalbann, der ihn mittelbar traf, da ihn ber Papſt davon 
förmlich losſprach 5°). 

Ungeachtet der Veränderung der Gefinnung des Kaiferd, Die 
dem Goncilium nicht unbekannt geblieben war, feste diefes die Dp⸗ 
pofition doch gegen den Papſt fort. Da fich der Kaifer fo energifch 
gegen die Bullenverfälfchung und dad Eoncilium von Florenz aus⸗ 





53) Wegen der Befignahme des Patriarchats von Aquileja: Hartzheim 
l. co. 810. Martene 1. c. p. 885. Der Bann ift datirt IX. Kal. Jau. 1455, 
Das Jahr ift wohl unrichtig: ed muß 1436 oder 1437 ſeyn. 
54) Raynaldi annal. eccles. ad ann. 1437. n. 20. ex Bullar. lib. XH. 
p. 23: Charissimo in Christo filio Sigismundo Rom. Imp. semper Augusto. 
Sincerae devotionis affectus, quem ad nos et Romanam geris ecclesiam, 
non indigne promeretur, ut tuis petitionibus, illis praesertim, quae mentis 
et comscientiae tuge pacem concernunt, quantum cum Deo possumus, fa- 
vorabiliter annuamus. Exhibita siquidem nobis uuper ex tui parte petitio 
continebat, quod tu, cum oratorıbus dilectorum filiorum nobilium, vi- 
rorum dominii Venetorum ad praesentiam tuam iransmissorum, Pro 
eorum arduis nomnullis negotiis peragendis, warios sermones et ira- 
ctatus habendo multifariam communicqsti, quos diversis censuris aqu- 
ctoritate tunc Basıleensis concilii in eosdem latis (dubitas innodatos 
fuisse, ac propterea te ex participatiene et communicatione hujusmodi 
cum eisdem in censuras aliquas forsan incurrisse, et ea piopter a 
nobis postulare fecistj tibi super iis de opportuno a nobis remedio provi- 
deri. Circa quod serenitati twae taliter respondemus, qnod et si dictae 
sententiae a plerisque nullae esse dicantur, nosque ipsos Venetos ex certis 
rationalibus causis absolverimus ad cautelam, serenitatem tamen tuam, «i 
quid maculae ex participatione cum praefatis Venetis quovis modo cantra- 
xisse suspicatis, ab omni tali macula et labe ad cautelam absolvimus et 
penitus liberamus. Sublimitatis tamen tuae devotionem summe in domino 
commendamus, quod sicut bonarum mentium est culpam timere, ubi no» 
sit culpa, ita tu omnem scrupulum oonscientiae tuae pia quadam et provida 
medicatione submoveri curaveris. Dat. Bononiae ann. ete. MCCGCCXXXVI. 
XU. Kal. Jan. anno VII. | 
55) Raynaldi ad ann. 1437. n. 20: De Sigismundo R. I. silendum 
non est — censuras eccl. pertimuisse, ut cum crebro cum oratoribus Ve- 
netorum oollocutus esset, coepissetque suspicione perstringi, illos censuris 
a Basileensibus irretitos esse, seque hujusmodi colloquiis aliqua culpae ma- 
cula affectum, Eugeniam quem Basileensibus auctoritate agnoscebat, ro- 
gavit, ut veniam ex ecelesiae ritu ipsi concederet. 








Sigmund in feiner Beziehung zum Condlium u. P. Eugen IV. 375 
gefprochen hatte 00), fo verzweifelte man nicht daran, ihn wieber von 
ben Papfte abziehen zu Finnen. Seitdem fi) auch der Karbinals 
legat Julian wieder dem roͤmiſchen Stuhle zugewandt hatte 57), bes 
berrfchte der Garbinal Ludwig Aleman von Arles, der vor Ew 
gen's IV Verfolgungen aus Rom hatte flüchten müflen °®), bie 
Kirchenverfammlung, der er präfidirte. Indem diefer und feine 
gleichgefinnten Freunde darauf antrugen, bem Papft den Proceß zu 
machen, und die Gefandten von Aragonien, Mayland und Savoyen 
ben Antrag unterflüsten 5%), wurde der Proceß zur Abfegung 

‚Eugen’s IV eingeleitet, obſchon die Deutſchen und Caſtilianer zu 
Gunſten des Papftes einzufchreiten fuchten. Jedoch vergeblich war - 
ihr Bemühen, wie auch die Proteftation des Eardinallegaten Julian. 
Sn ber fehsundzwanzigfien Seffion (31. Juli 1437) 69) 


56) Martene 1. c. p. 90. 

57) Seit der 235, Seffion (7. März 1437) war Julian auf päpftlider 
Seite. Bon der 26. Sigung an, wo man die Kirchenverſammlung von Geiten 
der paͤpſtlichen Anhänger ald in offener Auflehnung gegen den Rachfolger S. Pe⸗ 
tri betrachtete, hatte er aufgehört den Vorfis zu führen. Gr verließ den 9, Ian. 
. 1438 Baſel und begab fly unverweilt nad Ferrara zum Goncil, das der Papſt 
berufen hatte, Ochs Geſch. v. Baſel II. 241. Martene 1. c. praef. XXV. 

58) Iutereffant ift über des Cardinals Aleman von Arles Zluht von Rom 
das Schreiben des Maylander Herzogs an dad Goncitium bei Martene ]. c. 
p- 620 sq. Es ift aus der Berfolgung, die der Gardinal vom Papft erlitten, 
deffen Haß gegen denfelben zu erflären. 

59) Martene coll. ampl. VIII. praef. XXIII. Beſonders war e8 der 
Herzog Phlliyp Maria von Mayland, der das Eoncilium zu weiteren Schritten 
gegen den Papft drängte, wie Nauclerus im Chron. II. 457 fagt: Duce aegre 
pontificatum illius ferente. Visus enim fuit favere Venetis, 

60) Bellarmin, de eccles. militante c. 16 gibt zu, daß das Basler Gon- 
cilium bis zur 26. Seffion rechtmäßig und Scumenifch gemefen. So aud Na- 
talis Alexander hist. eccl. saec. XV et XVI, diss. VIII. Die ftrengen Gal« 
licaner balten das ganze Goncilium bis zu feiner Xufiöfung für rechtmaͤßig. 
Richer. hist. concil. gen. lib. III. c. 7. , In der römifchen Ausgabe der Con- 
cilia vom 3. 1609 wurde, wie Richer. histor. concil, general. lib. II. sub 
fin. berichtet, auf Bellarmin's Nath das Basler Goncilium weggelaffen. Lucas 
Holsten. in der Abhandlung bei Labbei Concil. XIII. App. hat die Ungültige 
Feit des ganzen Basler Goncitiums behauptet. Papſt Clemens XIV war auch 
diefer Meinung, denn er hat es zu Ur, Meyer's Irrthümern gerechnet, daß er 
die Basler Kirchenverſammlung bis zur 26. Seffion für oͤcumeniſch gehalten. 


376 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 


wurde bie Borladung an den Papft und die Cardinaͤle erlaffen, in- 
nerhalb 30 Tage vor dem Concilium ſich zu verantworten 1), Zu⸗ 
gleich fchrieben die verfammelten Väter an den Kaifer, ihn von ihren 
Schritten in Kenntniß fegend und ihn erfuchend um fernen Schuß 
und Beiftand 62), 

Die Antwort Sigmund’3 lautete für die verfammelten Väter 
keinesweges günflig: er erklärte fich auf das beflimmtefte und ent⸗ 
fchiedenfte gegen eine Abfegung des Papftes, in deren Gefolge er 
Schiöma und Aufruhr fähe. Er erklärte die Schritte der Kirchen 
verfammlung für voreilig, unüberlegt und unheilvoll, beſonders da 
fie ohne feinen und der Könige und der deutfchen Fuͤrſten Wiſſen und 
Willen gefchehen feyen. Wenn fie in ihrem Beginnen fortführen, 
fo werde fein Beiftand dem Papfte nicht fehlen®®=), 





61) Mansi XXIX. p. 137 — 141. Raynaldi ad ann. 1437. n. 16.. Die 
Anklage fügt fih auf die Nichtbeachtung der Neformationsbefhlüffe des Eonci- 
liums, offenbar um fo die Fürften eber für die Kirdhenverfammlung gegen den 
Papft zu gewinnen. Nulla unguam monitione, nulla exhortatione induci jam 
longo tempore (Papa) potuit, ut aliquam morum emendationem Christo 
placentem, aut notissimorum abusuum correctionem in ecclesia sancta Dei 
efficere satageret. Quin potius conspicit universus orbis, sub ejus regi- 
mine majora semper scandala gravioraque exoriri. Auch der unruhige und 
verfallene Zuftand des Kirchenſtaats in der damaligen Zeit wird dem Papfte zur 
Laſt gelegt, was höchſt ungeredht war. Die Spanier und Deutſchen ſprachen fi 
für den Papft aus und proteftirten mit dem Gardinal Julian gegen den Beſchluß. 
Hartzheim 1. c. 819. Martene 1. c. fol. XXXIII. 

62) Hartzheim Concil. Germ. V. 819, wo der Anhalt der Schreiben des 
Eonciliumd an den Kaifer angegeben ift, woraus zu erfehen ift, daß die verfam- 
melten Väter Alled aufboten, Sigmund auf ihre Seite zu ziehen, 

638) Bei Patric. hist. Concil. Basil. c. 60: wo des Kaiferd Brief an das 
Goncilium: Molestissimo se animo audire has novas seditiones inter Pon- 
tificem et concilium exoriri, hortarique ut imaturius in tanta re se gerant, 
neque ea agant, quae divisionem et schismata sint paritura, quod nihil 
rebus gerendis perniciosius evenire potest. — Cavendum ne contrarios 
effectus pariant, ut qui Graecos se unituros pollicentur, Latinos segue 
ipsos scindant;; consuluisse se super hac re imperii principes, omnium esse 
sententiam supersederi oportere super processu gontra Pontificem, exqui- 
rendaque prius regum atque principum consiljia et quorum postea essent 
auxilia imploraturi, prius cognoscerent sententias. Interim curandum ut 
principum opera 'seditio componatur. : $i patres hoc fecerint, - datarum 








Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. Eugen IV. 377 


Noch machte dad Concilium einen andern Verfuch, den Kaifer 
zu gewinnen: ed gab (20. Sept. 1437) ein Decret über die Verge⸗ 
bung der geiftlichen Ämter und Beneficien und das Recht der erfien 
Bitte im römifchen Reiche, und ſchickte die Verordnung dem Keifer 

zu 63 b), 

Mittlerweile der Papft auf die Vorladung ber. verfammielten 
Väter mit der.Xuflöfung des Conciliumd und der Berufung eines 
neuen nach Ferrara (18. Sept. 1437) antwortete 6%); zugleich die 
in Bafel verfammelten Prälaten unter Androhung der Strafe des 
Banned aufforberte (1A. Oct.), fich mit Anfang des folgenden Jah⸗ 
red nad) dem neuen Ort der Synode zu begeben, und der Stadt Ba: 
fel befahl, die rebelliſche Verſammlung nicht weiter in ihren Mauern 
zu bulden 65): in derfelben Zeit folgten fich raſch hintereinander auch 
die entfchiedenften Schritte des Conciliums trog der Eaiferlichen Ab⸗ 
mahnungen und Drohungen. In der fiebenundz;wanzigften 
Seflion (26. Sept. 1437) 6°) wurden die neuen Cardinalder: 
nennungen für null und nichtig erflärt und die päpftliche Stabt Avig⸗ 
non in den Schutz der Kirchenverſammlung genommen. Wenige 
Tage ſpaͤter in der achtundzwanzigſten Seffton (1. Oct. 
1437) 87) wurde der Papſt der Hartnaͤckigkeit und Widerſpenſtigkeit 


operam Caesarem, ut concilii decreta serventur; sin minus, se cum regnis 
ac principibus suis Romano Pontifii non defuturum, ejusque dignitatem 
adversus perperam impugnantes tutaturum. ÄIhnliche Schreiben erließen die 
Kurfürften an das Goncilium, 

636) Lünig Spicil. eccles. p. 277. 

64) Durch eine Bulle vom 18. Sept, 1437 bei Harduin Concil. IX. p. 698. 
Raynaldi ad ann. 1437. n. 16. Bzov. ad ann. 1437. n. LIV. ei Lünig 
Spicil. ecclesiast. p. 277 ift das Datum die 9. mensis April. 1437 angegeben. 
Andreas Presbyt. Ratisbon. ad ann. 1437. p. 60. Ambrofius Traverfari 
hatte zur Verlegung des Basler Gonciliums, dad er mit der berüchtigten Syn⸗ 
öde von Epheſus vergleicht, dem Papft ganz befonders den Rath gegeben, wie 
man aud deſſen Schreiben an den Lettern bei Martene 1. c.. praef, XXXHI sq. 
erfieht. | 

65). Raynaldı ad ann. 1437. n. 17. . 

66) Mansi 1. c..p. 141. 147. 

67) Mansi 1. c. p. 147— 161.. Raynaldi l.c. n. 18. Hartzheim I. c. 
Schreiben des Gonciliums an die Ehurfürften über. dic Suspenſion des Papſtes 


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378 Viertes Buch. Siebzehntes Kapitel. 

ſchuldig befinden und feine Bulle, in Bezug auf bie Auflöfung des 
Conciliums, in der folgenden neunundzwanzigften Seffion, 
eilf Zage ſpaͤter, erklärte man für nichtig und kraftlos 68). 

Mit diefen Schritten erflärten fi) die meiften Könige und Für- 
fien nicht einverfianden. Selbft die Gefandten des aragonifchen 
Königs, Tonft ziemlich feinblich gegen den Papſt geſtimmt, verließen 
Bafel. Auch der König Heinrich VI von England wandte fi von 
dem Concilium ab °°). | 

Man wandte ſich nun von beiben flreitenden Seiten aus an ben 
Kaifer; denn man fah wohl ein, daß feine Entfcheidung für die eine 
ober anbere Partei einen bedeutenden Ausfchlag gab. Grabe als 
. Sigmund fi auch der Sache annahın 79) und den Bifchof Peter 

„von Augsburg nad) Bafel abſandte, die verfammelten Väter zu an⸗ 


ohne Datums es gehört noch in's X, 1437, weil Sigmund noch als lebend ans 
geführt wird. Bei Goldast Constit, Imp. III. 455. 

68) Mansi 1. c. 351 — 158 und dazu die Epist. syaodalis A.d. 18. Oct. 
1437 ibid. p. 289 sgg. 

69) Patricius c. 72 b. Hartzheim 1. c. und bei Martene VIII. praef. 
XXVI. 

70) Andreas Presbyter p- 60: Mittitur ab Conailio Gregorius Vi- 
ciensis (von Bid) Episcopus Catalanus ad Sigismundum Imp. , tunc Pragae 
existentem, ut in re tam grandi ejus voluntas et comsilium audiatur. 
Windel c. 217. p. 1277: Xu bat da concilium irrunge ond vneynunge mit 
einander ond enkunden nit vobertragen noch eind werden einer reformacion, vnd 
wo mon dad coneilium hinlegen folt — vnd der babft Eugenius vnd 
das concilium wurden des eind, vnd fanten zu den Purfürften zu Frank⸗ 
furt an dem Meine, vnd hetten ir iglidher parteien feine potihaft do. Alſo 
fanten fie ire potſchaft gein Beheim oder wo man den Faifer fant, vnd do der 
babft Eugenius gab dem Faifer feine macht vnd aud das con» 
cilium, wobin der Faifer wolte, dopei folt mon es Laffen 
bleiben, vnd ob mon dem babft mit dem concilium volgen folte, oder ob der 
babft dem comcifium volgen folte, vnd ob melde taill macht haben oder han fol 
ten ein reformacion zu machen, oder ob ed der Faifer felber tun folte. 
Sollich lebendig menſchen nie gelefen noch gehort, noch verftanden hette, das je 
einem eynigen fuͤrſten ſolches getan wurde‘ oder ſolche gewalt geben ſey, das er 
das gaiſtlich ſwert mit dem werntlichen bett gehabt oder haben mochte, daz 
machte, dad ein jettlihes herze, dab jelber feomnie was, erkannte, das kaiſer 
Sigmund ein gruntbiderbe mon und fürfte was. 








Sigmund in feiner Beziehung zum Concilium u. P. Eugen IV. 379 


dern Schritten zu bewegen’), und er ohne Zweifel auch an ben 
Papſt eine Sefandtfchaft aborbnete, diefen zu erfuchen, Feine Kir: 
chenfpaltung durch extreme Maßregeln herbeizuführen, grabe in die: 
fer Zeit, als Alles in die Hand des Kaifers gelegt war, einen feind> 
lichen Zufammenftoß der höchften kirchlichen Auctoritäten abzuwen⸗ 
den, flarb er und der Collifion war nicht mehr auszuweichen. 


71) An des Papftes Eugenius Schreiben gegen das Basl. Goncil. an den 
Erzb. v. Tarent (Sept. od, Det. 1437) bei Raynaldı 1437. n. 16. heißt 
es: Ea vero cum comperisset charissimus in Christo filius noster Sigis- 
mundus Rom. Imp. öbstupuit, praecipitemque sententiam schismatis metu, 
quod sublatum laboribus plurimis, isti inferre tentarent, vehementer ex- 
horruit ac protinus per vener. frat. Petrum Augustensem episc. oratorem 
suum ad praef. concilium destinatum , ut abstinerent ab hujusmodi novita- 
tibus et scandälis omni instantia requisivit et si quid adversum nos pro- 
mulgassent, revocarent, quod quidem ut certissimis nuntiis accepimus, 
facere ‚omnino neglexerunt. Trithem. Chronic. Hirs. II. 392: Imperator 
wnacum Jullano Card. se Patrum decreto constanter opposuit et ne Papa 
depomeretur Eugenius, multis modis et rationibus impedivit. 


Achtzehntes Kapitel. 


K. Sigmund’s Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 
4456 und 1437. 


Nachdem ber Kaifer am Vorabende des Bartholomäustages, 
am 23. Auguft des Jahres 1436, feinen feierlichen Einzug in Prag 
gehalten und die Huldigung der böhmifchen Stände empfangen hatte, 
verlieh er viele Privilegien und gab Beſtaͤtigung ober Erneuerung 
der früher beftandenen Freiheiten und Vorrechte. Er beftätigte auch 
die Magiftrate in den drei Prager Städten und gab der Neuflabt 
Prag, deren Archiv zu Grunde gegangen in der Kriegäzeit, neue 
urkundliche Briefe über ihre Gerechtfame und Freiheiten!) Am 
meiften Mühe Eoftete e8, die Taboriten der wieber eingeführten 
Staatsregierung fügfam und unterwürfig zu machen. Dadurch, 
dag Sigmund ihnen manche Zugeftändniffe machte, unterwarf er fie 


1) Aen. Sylv. hist. Boh. c. 52 Hauptquelle: aber mit rhetoriſcher Aus- 
ſchmückung. Pulkavae Cont. p. 171: In die vigilie ante f. s. Bartholomei 
die Jovis venit Imperator Pragam, quem Proceres, Equites, Nobiles Pra- 
genses venientem cum magna reverentia et honore beneventantes suscepe- 
runt hora 19. Tandem sequenti die Dominica Imperator in sede Majestatis 
in foro antique urbis collocatus fuit, cui homagium exhibuerunt, fidelitatis, 
obedientiae et subjeccionis, utpote suo regi et domino graciosissimo Se- 
natus antique, nove et minoris urbis Pragensis. Die Jovis sequenti con- 
stituit Imperator antique, nove et minoris urbis Prag. consulem Reckonem, 
sigilla in manus ejus tradens et Johannem ab Argentea Stella instituit sub- 
camerarium regni Bohemie. gl. Chron. Bartoss, 19%. Windel c. 215. 
Hagek 745. Raynaldi ad ann. 1436. n. 20, wo auch des Cochlaei Berichte 
mitgetheilt find. Ä ‘ . 

/ 





Sigmund’3 Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 381 


doch nach und nach. Schon von Bafel aus, zwei Sahre früher, 
hatte er feinem treuen Anhänger Ulrich von Rofenberg Vollmacht ers 
theilt, mit den Taboriten zu urterhandeln und Vergleiche zu treffen. 
Ob man dabei ganz aufrichtig zu Werke gegangen, läßt fich bezwei⸗ 
fen. Nachdem die Taboriten überall im Felde unterlegen, nachdem 
ein großer Theil derfelben fich mit Stgmund vertragen; fo fanden 
ed. die übrigen endlich auch für gerathen, ihn ald König anzuerken: 
nen und zu verfprechen, Frieden halten zu wollen. Doc) festen fie 
als Bedingung, daß Zabor zu einer freien Eöniglichen Stadt erhoben 
werde und die Privilegien der in der Nähe gelegenen zerflörten 
Stadt Auft erhielt, und daß fie felbft jährlich nicht mehr ald zehn 
Schock böhmifcher Groſchen in die Fönigliche Schagfammer zu bes 
zahlen hätten. Der Kaifer bewilligte nicht nur diefe höchft unbe⸗ 
fheidenen Forderungen, fondern fchenkte feinen heftigften Feinden, 
um fie fi) zu gewinnen, auch noch ein großes Stüd Feld, ald Ge: 
markung zu der Stadt Zabor. Daß er ihnen aber nicht nur beſon⸗ 
dere Rechte und Privilegien ertheilt, fondern auch auf fünf Sahre 
völlige Freiheit in Glaubensfachen zugeftanden habe, mochten wohl. 
die Zaboriten felbft behaupten, aber es ift nicht zu glauben, daß, er 
in diefem Puncte noch nach der Iglauer Übereinkunft irgend weitere 
Conceffionen gemacht habe 2). 
Daß eine gewifle übereinflimmende Kircheneinrichtung unter 
den verſchiedenen huſſitiſchen Secten, die ſich wieder mit der Kirche 
vereinigt hatten, eingefuͤhrt wurde, lͤße ſich aus der Übereinkunf t 
der Taboritifchen Priefter mit den Galirtinern und deren 
Haupte, dem Erzbifchofe Rokyczana von Prag, erfehen, welche auch 
von dem Kaifer ihre Beſtaͤtigung erhielt (18. Nov.) >). 
Dad ganze Königreich Böhmen erkannte Sigmund ald König 
2) Aen. Sylv. hist. B. c. 52: Taboritae ea lege in gratiam recepti, 
ut quinguennio toto suis moribus viverent, religionis cultum mutare non 
cogerentur, jura civitatis haberent, signum ferrent, in sigillis rubra cera 
uterentur, tributi nomine singulis annis sexagenas decem penderent, Wenn 
Sigmund wirklich folde Freiheiten ertheilt bat, jo find wohl aud die Urkunden 
davon nod vorhanden. Sie find bis jegt noch nicht gedruckt. Hagek S. 747. 
Theobald c.. 85. Balbin. 497 nah einem Scriptor Rosensis historiae per- 


. antiquus et diligens. 
3) Theobald 1. c. 


382 Biertes Bud, Achtzehntes Kapitel. 
an: mn ein Edelmann ımb eine Stadt verweigerten ihm noch ben 
Schorfam. Johann von Rohatecz trogte auf feiner unweit 
Kuttenberg gelegenen Berguefle Sion, die er für meinnehmbar 
bielt und mit allem Kriegsbebarf reichlich verfehen hatte, den Bes 
fehlen des böhmifchen Königs: er machte die ganze Umgegend durch 
feine Plünderzüge unficyer und nahm fogar dem Kaifer einige mit 
Wein beladene Wagen und eine Herde Schlachtvich weg, welche er 
aus Ungarn nach Prag wollte bringen lafien. Sigmund ſchickte 
endlich, als alle Berfuche der Güte fehlgefchlagen, den tapfern Hein 
rich Ptaczeck gegen die Vefte, die nach viermonatlicher Belagerung 
endlich mit Sturm erobert ward. Rohatecz und feine Mannſchaft 
wurden gefangen nach Prag gebracht und endigten ihr Leben am 
Salgen ?). 

Ebenfo heftigen und hartnädigen Widerfiand wie die Befle 





4) Aen, Sylv. hist. Boh. c. 52 gibt darüber die ausführlichſte Rachricht. 
Bartoss, Chr. p. 198 sq.: dominico ipso die 'Nativ. B. Mariae Virg. Ro- 
hacz de Duba cum Wiscone milite de Polonia etc. cum aliis 46 captivis 
Pragam per gentes dom, Imperatoris aportatus est, et statim ad praeto- 
rium ad tormenta ductus est. Rohacz in catena et cingulo de deauratis, 
et alii in oatenis rubeis et quinque ipsorum in rubra veste in numero 53 
(En. Sylv. und Nauclerus geben 90 an) sunt suspensi, quia prius erant 
septem captivi. Pulkar. Cent. p. 171 gibt 60 Hingeriätete an. Rohacz in 
loco supremo patibulo, illi tres (Wisco Polonus, sacerdos Johannes Prostrze- 
dek u, Pusskarz) infra illum in alio patibulo, tandem alii in patibulo com- 
muni suspensi fuerunt. Benesse Krabice p. 76 nennt den Polen Wyssko 
einen egregium virum. Die confafe Erzaͤhlung Windeck's c. 216 wird erft durch 
die boͤhmiſchen Nachrichten verſtaͤndlich: „Alſo eines nachtes wollten die zwen 
Roaz vnd Rockezan mit iren heifern den kaiſer erflan han. Alſo vnterſtund es 
ein frumer Beheim, der den kaiſer warnte, vnd der kaiſer lies iren willen zugan 
auff ein verſuchen, vnd hatte fie doch gewarnt.“ Windeck läßt darauf die Ver⸗ 
ſchworenen aus Prag entftiehen auf ein Schloß, das bald erobert wurde. Er 
fährt dann fort: „Roaz, der wolte den kaiſer nit anſehen vnd pat, das man Im 
die Augen ausſteche. Gr wolt es lieber leiden, denne den kaiſer anzuſehen. — 
Der kaiſer ließ einen galgen pawen und nody zwen darzu, dad der Galgen drey 
wurden. So lied er den Roaz in eitelm roten gewande an den oberiten Galgen 
benden, vnd an den andern Galgen lied er do hencken Nodezan (unridytig, ans 
jtatt ven Priefter Johannes Proftrzeded) der Huſſen Pfaffen einer, vnd am den 
dritten — einen pofen maifter, was ein großer poswicht.“ — Bel. Naucler. Chrom. 
II. 455. Dlugoss 1. c. 694. Hogek &, 748. Balbin. 494. Theobaſd EI. 1. 


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Sigmunb’8 Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 383 


Sion, feßte die Stadt Königingräg der Regierung Sigmund's 


entgegen. Die angefehenften und maͤchtigſten Herren vom boͤhmi⸗ 
ſchen Adel beeiferten ſich, dem Kaifer ihre Dienſte gegen die widerfpen= 
flige Stadt anzubieten. Als diefe zu der Belagerung fchreiten woll⸗ 
ten, machte man einen Ausfall aus der Stadt, und brachte den 


koͤniglichen Truppen eine große Niederlage dei. Doch konnte dieſer 


Sieg der einzelnen Stadt nichts helfen: der böhmifche Adel hielt e8 
für eine Ehrenfache, die Belagerung fortzufegen und Herr der Stadt 
zu werben. Nach wieberholten Verluſten wandte fi) Königingräg 
an die Gnade des Kaiferö, Unterwerfung gelobend. Sigmund zoͤ⸗ 
gerte nicht, den Reumüthigen Verzeihung angedeihen zu laffen, um 
dad ganze Königreich in Wahrheit endlich zum Frieden und Gehor⸗ 
fam gebracht zu haben ®). | 
Kaum fah Sigmund feine Regierung in Böhmen allgemein 
anerkannt, ‚fo trat eine Reaction ein, die hauptfächlich von ihm felbft 
ausging, wenn auch feine nächfte Umgebung mit Theil daran ges | 
nommen haben mag. Der Kaifer hatte viele Zugeftändniffe gemacht, 
bie er entweder nicht zu halten gedachte, oder wenigftens nicht in 
der Ausdehnung verfland, wie die Calirtiner fie auslegten und aus: _ 


‚ legen konnten). Das Alter hatte ihn ſchwach gemacht und bie 
.. Borflellungen verfolgungsfüchtiger Priefter, die ihn umgaben, er 


füllten ihn mit Gewiſſensſcrupeln, daß er an der Kirche unrecht ges 
handelt habe, "den Huffiten ſoviel zugeftanden zu haben?). Die 

5) Bartoss. Chr. 196. Hagek S. 745 fl. Pess. de Czech. Mars Morav. 
599 sq. Balbin 494. 

6) Rad Cochlaens hist. Hussit. lib. VIII. Raynaldi ad ann. 1436, n. 16, 
Violarunt — conventa Rokisanae sectatores, nam etiam veteres Catholicos 
Bohemos occidentalis eccl. ritus cultores, ut sacramentum communionis sub 
utraque specie sumerent, adigere voluerunt, profiteri sub qualihet specie 
integram Christum contineri detrectarunt, sacram Eucharistiam anfaneibus 
contulere et plura alia patrarunt. Ir Bezug auf die Übereinkunft mit den 
Taboriten fagt Aen. Sylv. hist. Boh. c. 52: Cum nephandas eorum consue- 
tndines Sigismundus accepisset, guibus illi circa rem divinam uterentur, 
quinguennium haud expectaturum se dicere, correpturum propediem scele- 
ratae civitetis insantam. 

7) Cochlaeus L co. u. Raynaldi 1. c. n. 19 behaupten: Vel extorta haee 
promissa humano metu, vel a tabellionibus adulterata cassarea rescripta, 
Es ift bejonders über die Säcularifirung der Kirchengüter in Böhmen die Rede: 


‘ 


384 Viertes Buch. Achtzehntes Kapitel. 


GSalirtiner Tonnten auch bald bemerken, daß ihr König nicht aufrich⸗ 
tig feinen Verfprechungen und Zuficherungen nachkommen wollte; 
dag er überhaupt feindlich ihren Glauben betrachtete. Sigmund be= 
trat einen Ort, wo Gottesdienft der Huffiten gehalten wurde. Er 
gab die Kirche und das Klofter von Sct. Sacob, woraus die Prager 
ein Zeughaus gemacht hatten, ihrer früheren Beſtimmung zurüd. 
Die vertriebenen Seiftlichen, Mönche und Nonnen wurden zuruͤck⸗ 
geführt, viele aufgehobene Klöfter wieberhergeftellt, die Domherren 
und ihre Vicarien bei der Schloßkirche zu Set. Veit reftituirt ‚und 
der Eatholifche Gottesdienft daſelbſt mit allen Geremonien wieder ein= 
gerichtet. An die Stelle der Domgüter, welche die Hufliten. einge: 
zogen hatten, wies Sigmund aus den Staatdeinfünften eine jährliche 
Summe von 6000 Goldgulden für das Domflift an®). Die Ka- 
tholiken frohlodten über die Rückkehr zum Alten: der Papft hatte 
dem Kaifer die geweihte goldene Rofe mit einem Belobungsſchrei⸗ 
ben überfchiet wegen feines Eifers für den Fatholifchen Glauben 
und ihn ermuntert, darin weiter fortzufahren?). Die Galirtiner 
aber fchrieen über Wortbruch, Verrath, Zreulofigkeit und befchwer: 
ten fi, daß die Eöniglichen Maßregeln gegen den Wortlaut und 
Inhalt der gegebenen urkundlichen Werficherungen fprächen 2°). 
Noch mehr aber fprach ſich der Unwille der Galirtiner aus, als der 
Kaifer Schwierigkeit erhob, den Sohannes Rokyczana ald Erzbifchof 
zu beftätigen. Nur wenn berfelbe fich der römifchen Kirche ganz 
quam pro certis pecuniarum summis (licet nulliter factas) sigillis et literis 
suis patentibus imperiali et regia potestate roboravit etc. 

8) Aen. Sylv. c. 53 Hpauptquelle, wonach Dlugoss hist. Pol. XII. p. 694. 
Naucler. Chronic, II. 455. großentheils ihre Berichte gegeben haben. Hagek 
S. 746. Cochlaeus I. c. Raynaldi l. c. n. 20. Uneas Sylvius gibt zu, daß 
Sigmund feine Verſprechungen nit gehalten: er lobt ihn aber darum. 

9) Aen. Sylv. 1. c. Pontifex maximus auream rosam indicem laetitiae 
suse ad eum misit. Raynaldi 1. c.n.20 gibt die paͤpſtliche Bulle, 

10), Was allerdings wahr war. Aen. Sylv. J. c. gibt ed zu, entſchuldigt 
es aber auf eine Weiſe, die Feinen Beifall verdient: Quibus ex rebus (au der 
Wiederherftellung des katholiſchen Gotteödienftes 2c.) liquet Imperatorem, quae 
Joedera cum haereticis percussit, necessitate magis  quam voluntate, 
voluisse illum paternam haereditatem quoquo modo intrare,, sensimque re- 
gni possessione. accepta more majorum sub veram Christi religionem pro- 


vinciam reducere. r 
\ 


Sigmund's Regierung in Böhmen bis zu feinem Zobe. 385 


unterwerfe, wenn er dad Abendmal unter zwei Geflalten auszu⸗ 
theilen unterlaffe, wollte er ihm die Beftätigung geben. Da Ro: 
kyczana mit aller Entfchiedenheit ablehnte, folche Bedingungen, bie 
zum Theil felbft gegen die Compactaten liefen, einzugehen; fo feßte 
der Kaifer den Bifchof Philibert von Coutances zum Adminiſtrator 
des Erzftiftö Prag ein. Diefer war eifrigft bemüht, den katholi⸗ 
ſchen Glauben in Böhmen vollftändig wieder zurücdzuführen. Die 
Kirchen wurden wieder nach alter Weife eingetichtet: fie wurden 
nebft den Altären und Zauffleinen von neuem geweiht, mit Bildern, 
Fahnen, Verzierungen ausgeſchmuͤckt, die Meffe und der übrige ka⸗ 
tholifche Gottesdienft mit den gewöhnlichen Geremonien und den 
Chorroͤcken und Meßgewändern der Geiftlihen angeordnet: alles 
biefed zum großen Anftoß und Unwillen der Huffiten, die es in ho⸗ 
hem Grade als Entftellung des wahrhaften chriftlichen Glaubens und 
bes einfachen Gotteödienftes verabfcheuten 17). 

Die Reaction gegen die Calirtiner rief deren Biderfruch und 
Widerftand hervor 12), Vorzuͤglich waren ed die huffitifchen Prie⸗ 
fier, die in Predigten von der Kanzel und öffentlich auf den Straßen 
in Reden an’d Volk ihre Stimme gegen die neuen Einrichtungen 
erhoben. Vornehmlich aber predigte auf das heftigfte gegen bie zu: 
ruͤckgefuͤhrten Mönche und den Fatholifchen Gotteödienft der zuruͤck⸗ 
geſetzte Rokyczana 13). Die Mönche ſchalt er Zeufel und forderte 
unumwunden dazu auf, mannhaft, Fofte es felbft Gut und Blut, 
fie wieder zu vertreiben '*). Den Papft und den Kaifer begeichnete - 
er Öffentlich alö bie in. der Apocalypfe angebeuteten zwei Beſtien, 


11) Aen. Sylv! I.c. und darnach Cochl. 1.c. Nova jam facies urbis, no- 
vus populus, verus rediisse cultus religionis apparebat, jamque reges et 
principes, populique Christiani Imperatori de regno recuperato congratu- 
labantur cjusque nomen in. omni ecelesia magnum erat. Cf. Pessina l. c. 602, 

12) Aen. Sylv. l.c. Paruere complurimi, quibus mens saxior fuit. Ro- 
chezanae complices resistere, obloqui, blasphemare , plebem omnibus mo- 
dis avertere. | 

13) Aen. Sylv. 1. c. Hagek &, 747. Windel c. 216 mit Unrichtigkeiten. 

‘ 14) Aen. Sylv. l. c. Venerunt, inquit, novi dictim ad nos daemones, 
quos monachos vocant. His studium est ejicere nos de veritate, at si viri 
fuerimus , prius sanguinem effuderimus. 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 25 


386 Vierted Buch. Achtzehntes Kapitel. 


welche die Welt verwirsten 1°). Solche Äußerungen mußten als 
Anregung zum Auffland, als Hochverrath, erklaͤrt werden. Der 
Kaifer ſprach fi) dahin aus: Rokyczana koͤnne als Friedensflörer 
and Aufruͤhrer zu ben Füßen des Altars getödtet oder in die Moldau 
geworfen werben. Seine Perfon in Sicherheit zu bringen, flüchtete 
Rokyczana aus Prag: es fehlten ihm nicht Freunde, die ihm ein fi 
cheres Afyl gewährten 10). Der Engländer Peter Peine, der ine 
nee Predigt den Papft als die babylonifche Hure in der Apocalypfe 
bezeichnet und gewarnt hatte, dem Kaifer, den er einen thörichten 
Hund ſchalt, zu trauen, wurde aus dem Königreich verbannt 17): 
andern huſſitiſchen Prieflern, unter denen auch der hochbejahrte Co⸗ 
randa von Pilfen, einer der erften Anhänger des Huß, die ſich nicht 
in ihren Ausdruͤcken zu mäßigen mußten, wurde das Prebigen un: 
terfagt 18). 

Daß Sigmund ein befonderes Conſiſtorium für die Calirtiner 
errichtete, unter dem ihre Priefter ſtehen ſollten, fahen fie als fein 
großes Zugeftänbniß an, da der Kaifer zum Präfidenten deſſelben 
einen Katholiken, den Chriſtian Prachaticsky, Profeffor am der Pre 
ger Univerfität, beſtimmt hatte 19). 

Weniger Anftoß erregte der Kaifer in feinen weltlichen Anort- 
nungen, bie zur Handhabung der Gerechtigkeitöpflege, zur Regu⸗ 
lirung des Finanzwefend, und überhaupt zur Wiederherſtellung des 
Wohlſtandes des Landes nach ber durch die langen Kriege herbei 
geführten Zerrüttung nothwendig waren 2°). Am 28. Ian. 1437 
ordnete er bad fogenannte Landrecht an als oberftes Juſtizcollegium 


15) Haget &, 747. 

16) Pulkavae Cont. p. 171: Rokyczana Praga discessit, timens, N° 
ab Imperatore submergeretur: quem dom. Borzek in vineam suam sust®- 
pit eumque — deduzit in montem Kuneticensem abindeque in castrum 
suum. Aen.Sylv. l.c. Dlugoss hist. Pol. lib. XII. p. 694: Rokiczana dım 
ex malo pessimus redditus dictim superpiret et venena suae pestis haereseos 
diffunderet, ex Praga (veritus enim adversionem suorum facinorum) dam 
aufugit. 

17) Dubrav. hist. Boh. lib. XXVI. 225. 

18) Hager S. 746. 
19) Balbin. Epit. rer. Boh. p. 495. 
20) Hagel l. c. 


Sigmund’s Regierung in Boͤhmen bis zu feinem Tode. 387 


für dad Königreich und befebte ed mit zwoͤlf Perfonen aus dem Her; 
renfland, und acht aus der Ritterfchaft 21). (Er felbft las ihnen 
den Eid vor, den fie zu ſchwoͤren hatten, und ermahnte fie. Gerech- . 
tigkeit zu üben gegen Alle, ohne Unterfchieb der Perfon und des 
Standes 22). Nicht lange hernach orbnete er auch zu Prag die koͤ⸗ 
nigliche Kammer an und gab ihr einen Präfidenten, damit das Fi⸗ 
nanzweſen mehr geregelt und die ganz verfchlechterte Münze gebefs 
fert werde 23). Der fonft fo ergiebige Bergbau, befonders bie . 
Bergwerke vom Kuttenberg, wurden wieber von neuem hergeftellt, 
und die fluͤchtigen Bergleute, gegen welche die Huſſiten befonders 
in ihrem Huß gewuͤthet hatten, in ihre alten Rechte eingefegt 24), 
" Ungeachtet der fonftigen vortrefflichen neuen Einrichtungen im 
boͤhmiſchen Staatöwefen, bie Sigmund traf, Iegte fich Doch nicht 
die Exbitterung der Gemüther gegen ihn, wegen feiner offenen Ab: 
fiht, die Tatholifche Religion mit Werdrängung des huffitifchen 
Glaubens in Böhmen wieder einzuführen. Man befchwerte fich oͤf⸗ 
fentlich uͤber Verlegung der Compactaten, und es fchien daher zu 
neuem Bürgerkrieg zu kommen. Noch befchwor ber Kaifer durch 
einige Nachgiebigkeit und Einlenkung den Sturm. Er ließ am 
41. Febr. 1437 feine Gemahlin Barbara durch den Adminiſtrator 
des Prager Erzſtifts, den Biſchof Philibert, kroͤnen und fie im Eds 
niglichen Ornat aus der Schloßfirche Durch die Stadt ziehen und 
viel Geld unter dad gemeine Volk werfen, um beffen Zuneigung zu 
gewinnen °). Mit Barbara waren auch ihr Bruder, der Graf _ 





21) Pessina Mars Morav. 602 sq. Balbin. Epit. p. 495. Pelzel Geſch. 
d. Böhmen I. &, 415: ‚Man bemerkt dabei, daß fonft der Ritterſtand niemal 
ift zur Regierung gezogen worden; feine Sache war nur das Kriegsweſen.“ 
22) Bartoss. Chr. p. 197, mo auch "Vie Namen der Beifiger des Gerichts 
angegeben find. P. 198 heißt es: 1437 in quatuor temporibus ante fest. s. 
Trinitatis et per continuos.XIV dies dom. Imp. et domini Barones et ar- 
migeri suprascripti in. castro Pragensi secundario praesiderunt judicio et 
multa edicta et jura inter terrigenas Boemiae edixerunt et firmarerunt ac 
concluserunt. gl. dad Nähere bei Hagek 1. c. 
23) Bartoss. Chr. l. c. Pessina L c. p. 603. 
24) Hagek S. 746. Urk. v. 19, März 1437 für die Kuttenberger Berge 
leute bei Sternberg, Geſch. der böhm. Bergwerfe I. 1. S, 112, 
25) Bartoss. Chronic. p. 197. Barbara — in castro Pragensi in eccl. 
25 * 


388 Viertes Bud. Achtzehntes Kapitel. 
Rriebrich von Cilly, und deflen Sohn Ulrich nach Prag gekommen 
mit einem Gefolge von 1000 Reitern und 100 Wagen 26). 
Nachdem der Kaifer die Eillyer in den Reichafürftenftand erho⸗ 
ben hatte (30. Nov. 1436), flrebten die ehrgeizigen Grafen nad 
nach höhern Dingen. Ihre Eaiferliche Schwefter follte dazu behuͤlf⸗ 
lich feyn, wie auch die Aufregung der Gemüther in Böhmen und 
bie RKuͤckſichtsloſigkeit in den Schritten des Kaiſers gegen bie Hufe 
ten. Noch ſchien es aber den Cillyern nicht ganz an der Zeit zu 
ſeyn, ihre Pläne ins Werk zu ſetzen, da grade damals Sigmund 
einige Nachgiebigkeit gegen die Galirtiner zeigte. Er beſchied (m 
April 1437) die Mitglieder der Prager Univerfität, die · er wirde 
xeftituirt hatte, ferner die Prager huffitifche Geiftlichkeit und den 
Magiſtrat zu fich auf den Hradſchin und ermahnte fie in einer ver 
ſoͤhnlichen Rede zum Frieden und zur Einigkeit. Den Magifter Chr: 
ſtian, Pfarrer zu Sct. Michael, einen Böhmen, ſetzte er zum Ami 
miftrator des Erzbisthums ein und ließ ihn von ber calirtiniſchen 
Seiftlichkeit anerkennen 27). Sodann gab ex den Befehl, in den 
Kirchen Prags in deutfcher, böhmifcher, Iateinifcher und ungariſche 
Sprache Öffentlich zu verfimdigen, daß diejenigen Böhmen, welche 
fonft in allen übrigen Puncten dem Kirchenglauben getreu ſeyen, 
aber dad Abendmal unter beiden Geftalten empfingen, als bie red? 
ten und erften Söhne der chriftlichen Kirche zu betrachten waͤren 
und daß fie von denen, die dad Abendmal unter einer Geſtalt am 
pfingen, wegen ihres Glaubens nicht. gefchmäht noch bebrängt wer 
den dürften. Die Ealirtiner zögerten nicht, dieſe Tönigliche De 


cathedrali 8, Viti in summo ‚per — — dom. (Philibertum) de magua Co 
stantia (Coutance) Episc. in 'reginam Bohemiae de consensu et voluntate 
Baronum, militum, terrigenarum et Pragensium ac aliaram . civitatum #0 
lemniter — Bohemicali 'corona est coronata, 'praesentibus dom. Imper®- 
tore, duce Stettinensi, dom. Ulrico de Rosenberg , Menhardo de Nore- 
domo etc. Diugoss. 1. ce. 694. Hagek 746. Seit der Krönung Sigmund’ in 
Nom ſchrieb ſich Barbara Von Gottes und der päpftliden ge 
ligfeit Gnaden Römifhe Kaiferim- Hanßelmann Vertheid. des dr 
weiſes von der Hohenloh. Landeshoheit Beil, v. 2% "Pe . 

26) Chron. Cill. in Hahn Monum. II. 687. . . 

27) Hagek S. 747. — u 





Sigmund’s Regierung in Böhmen bis zu ſeinem Tode. 389 
kanntmachung mit goldenen Buchſtaben an die Waͤnde ihrer Kir⸗ 
chen ſchreiben zu laſſen 28). 

Bald nachher begab fi der Kaifer, nachdem er den Main: 
hard von Neuhaus, den neuen Burggrafen von Prag, zum Statt: 
halter des Königreiches während feiner Abwefenheit ernannt hatte, 
zum Reichötag nach Eger (gegen Ende Juni). Hier unterhandelte 
er auch mit dem Kurfürften Friedrich II von Sachfen und dem Pfalz: 
grafen Sohann von Amberg über die Ruͤckgabe einiger Drte an die 
Krone Böhmen, bie fie während der Kriegszeiten mit Sigmund’s 

- Erlaubnig in Befig genommen hatten 2°). 

Indem Sigmund im Juli und Auguſt mit den Reichsſtaͤnden 
in Eger uͤber die deutſchen Angelegenheiten ſich berieth, wuchs in 
Boͤhmen die Unzufriedenheit mit ſeiner Regierung immer mehr. Zu 
den fruͤhern Veranlaſſungen der Mißſtimmung und des Argwohns 
kamen noch neue. Beſonders erregte es große Beſorgniß, daß die 
auf der Iglauer Verſammlung erhaltene Zuſicherung, daß das Con⸗ 
cilium die neu modificirten Compactaten beſtaͤtigen werde, nicht in 
Erfuͤllung ging. Der Kaiſer ſchickte (21. Juli) von Eger aus Ge⸗ 
ſandte mit Schreiben nach Baſel, um dieſen Punct raſcher zu er⸗ 
ledigen. Auch die Prager Univerſitaͤt ordnete dahin in derſelben 
Sache einige Deputirte ab, Dieſe ketzteren aber ſollten auch uͤber 
mehrere ſtreitige Puncte Erlaͤuterungen und einige neue Bewilligun⸗ 
gen nachfuchen, namentlich daß die kleinen Kinder zum Empfang 
des Abendmals zugelaffen würden, und man fich beim Gottesdienſte 
der böhmifchen Sprache bedienen dürfe; ferner follten die Deputir⸗ 
ten Darauf dringen, daß der in feiner perfönlichen Sicherheit bebrohte 





28) Hagel 1. c. Balbin. Epit. rer. Boh. l. c. p. 495. Pessina de Cze- 
chorod Mars,Morav..603. will die Schrift noch im 3.1677 gefehen haben, Die 
Yıtftadt Prag ließ damals aud) einen großen vergolbeten Kelch mit darüber ſte— 
bendem Schwerte auf das. Frontifpiz einer Kirche ſetzen. 

29) Bartoss. Chr. p.198: In Egram-equitavit ad tractandum cum Mar- 
ehione Misnensi et Duce Joaune Bavariae, ut restituerent castra et civi- 
tates, quae ad Corenam Boh. pertinent. Pessina 1. c. p. 603: Certas di- ' 

tiones per Voitlandiam, Misniam, Franconiam, Noricam et Bavariam ad 
. Goronam regni Boh. spectantes, tanquam clientelares in feudum , consueto 
more solenni contulit. Diejes ſcheint nicht ganz richtig zu feyn. Bgl. Petzel 
Gef. der Böhmen I. 415. 


390 DViertes Buch. Adhtzehntes Kapitel. 

Rokyczana als Erzbifhof von Prag beftätigt und geſchuͤtzt werde. 
Auf die Wünfche umd Forderungen der Böhmen ging aber das Con⸗ 
ciltum nicht ein, im Gegentheil die Anfuchen der böhmifchen Ge: 
fandten wurben als ungemeſſene und nicht zu bewilligende erklärt. 
Nur in einem Nebenpuncte willfahrte man den Forderungen ber Ca⸗ 
lirtiner: einige eingezogene geiftliche Beneficien wurden der Univer: 
fität Prag einverleibt und noch weitere Bergünftigungen folder 
Art in Ausficht geftellt 3°). 

Die abfchlägige Antwort des Conciliums erbitterte die ohnehin 
ſchon unruhigen Boͤhmen noch mehr. Bereits waren an mehreren 
Orten des Koͤnigreiches und beſonders in der Markgrafſchaft Maͤh⸗ 
ren offene Unruhen ausgebrochen 21). Bald verbreitete ſich de 
Geiſt des Widerſtandes und ber Empörung durch ganz Böhme: 
unter den Landherren, ber Nitterfchaft, den Städten, vornehmlich 
aber umter dem Landvolle, wo am meiften die Grundfäße ber tabe: 
ritiſchen Lehren Wurzel gefchlagen 22). Daß gegen bie Aufrühte, 
wo bie Eöniglichen Truppen ihrer habhaft wurden, ſtrenges Stand: 
recht gehalten wurde, half wenig: es machte die Sremdherrfhaft 
wie man die Iuremburgifche Regierung benannte, nur noch verhaß⸗ 
ter und drüdenber. 

Mittlerweile der Kaifer noch auf dem Reichstag zu Eger fh 
befand, wurde eine weit verzweigte Verſchwoͤrung gegen ihn und 
feinen Schwiegerfohn, ben öftreichifchen Herzog Albrecht, ber ihm 
in ber Regierung nachfolgen follte, angelegt. An der Spige ber 
felben flanden felbft die Kaiferin und ihre ehrgeizigen Verwandten, 
bie Grafen von Cilly, die ſich mit den rebellifchen Böhmen verbaut 


30) Pulkavae Cont. p. 171: Abinde Chab (i.e. Egra) Legati missi Be 
sileam ad universale Christ. Concilium nempe D. Petrus Zwirzeticzeky , D- 
Przibik de Klenow, Mag. Jo. de Przibram, Mag. Procopius Pilsensky, Ma 
thias Lauda vero et Braeczek, cives Prag. missi a statu civili. Ra 
ad ana. 1437. n. 22 nad) Cochlaeus VII. 305. 308; beſonders ift Cochlaes 
p. 310 zu vergleichen, wo angegeben iſt, daß dad Goncilium vie Beſtaͤtigung ui 
Rokyczana verwarf, weil er vielfach nach dem Abſchluß der Compactaten intri⸗ 
guirt babe, den Frieden zu ftören. gl. Lenfant II. 58 sq. 

31) Bartoss. Chr. 199. Hagek 748. Pessina d. Czech. Mars Mor. 60494 
ſehr ausführiih zum Theil nach handſchriftlichen Ragrighten. 

3% Haget 748. 


Sigmund’s Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 391 
den, ihre verrätherifehen Abfichten zu erreichen. Die Kalferin Bar: 
bara, eine flolze, herrſchſuͤchtige und zugleich ſehr ausſchweifende 
Frau, die ihres alten Gemahls hoͤchſt uberbrüßig war, konnte nicht 
abwarten, bis ber Tod ben faft fiebzigiährigen Kaifer in die Grube 
führte, Die noch wenigen Tage feines Leben follten durch eine ge⸗ 
waltfame Tihronentfegung getrübt, wo nicht gar verkürzt werben. 
Wenn wir den Berichten eine Zeitgenoffen, des Äneas Syloius, 
Glauben ſchenken, mußte der Kaiferin Barbara, welche allen Las 
ſtern der Ausfchweifung fröhnte und nicht an eine Fortdauer ber 
Seele nad) dem Tode glaubte, es durchaus gleichgültig feyn, welche 
äußere Form des Glaubens fie hatte. Sie zeigte ſich den huffiti- 
fhen Lehren zugethan, und hatte Dadurch ſchon die Zuneigung und 
das Vertrauen der Böhmen gewonnen. Mehrere der mächtigften 
Landherren, wie Hinko von Ptaczek, Alexius von Sternberg, Georg 
Podiebrad u. X. traten mit ihr in näheres Einverftändnig 22). Als 
Plan ber Verſchworenen wird angegeben: die Kaiferin follte nach 
bem Zode ihres Gemahls ben jungen König Wladislaus von Polen 
heirathen und mit Hülfe der Grafen von Eilly zu den Kronen Boͤh⸗ 
mens und Polens noch die von Ungarn fügen. So. hoffte man ein 
großes ſlaviſch⸗ magyariſches Reich mit einer befondern buffitifchen 
Kirche fliften zu Finnen. Das Barbara bereits das fünfundoier: 
zigfte Lebensjahr erreicht, ber polnifche König Wladislaus kaum erfi 
aus dem Knabenalter getreten war, ftörte nicht, diefe politifche Hei⸗ 
rath im Exnfte in Vorfchlag zu bringen. Noch war der ganze Ber: 
ſchwoͤrungsplan Feinesweges zur Reife und Ausführung gediehen, 


33) Aen, Sylv. hist. Boh, c. 53. Naucler. Chron. II. p. 455 sq. Hagel 
739, — Dffenbar wird die Kaiferin, die freilich nicht ohne Tadel war und ein 
auöfchweifendes Leben führte, von Aeneas Sylv. hist, Frider. p. 43 bei Kul- 
pis hist. Boh. c. 59, in den dict. et fact. Alfons. lib. II. u. Nauder. l. c. 
p. 457 zu ſehr geſchmäͤht und geläftert. Gerh. de Roo V. p. 169 u. Fugger, 
öftr. Ehrenfp. IV. c. 8 haben ihre Nachrichten aus Aneas Sylo. — Boehme 
de Barbara Cillensi ſucht die Kaiferin gegen die Berunglimpfungen zu rechtfer⸗ 
tigen, mad ihm nicht vollitändig gelungen ift, auch nicht gelingen konnte: da, wie 
auch and Windel befannt it, Barbara wirflih eine geile und trenloſe Zrau 
war, Bgl. Kurz Albrecht II. Bd. 2. S, 264 fl. Palacky dagegen in der Wür- 
digung der alten böhm, Geſchichtſchreiber S. 239 fll. behauptet nicht mit Un⸗ 
recht, daß Ancas Sylv. die Kaiſerin über Gebühr verunglimpft babe. 


392 Viertes Buch. Achtzehntes Kapitel. 

als der Kaifer im Auguft nach Prag zuruͤckkehrte?*). Hier nahm 
. er bald die Anzeichen einer gegen ihn und feinen Schwiegerfohn ge⸗ 
richteten Verſchwoͤrung wahr: auch blieb ihm nicht verborgen, daß 
feine nächite Umgebung dabei betheiligt war. Mitten unter feinen 
Feinden in Prag, verrathen von Frau und Schwägern, fah er fein 
Mittel, in Böhmen den Sturm zu befchwören, menn er dort gegen 
ihn losbrach. Es ſchien, daß der Kaifer fchon rettungslos in die 
Gewalt feiner Zeinde gefallen fey: denn es war offenbar, daß die 
wenigen Streitkräfte, die er in Prag um fich verfammelt hatte, 
durchaus nicht hinreichten, ihn zu fchügen, befonderd wenn bie Cil⸗ 
Iger Strafen von ihm abgefallen waren. 

Was Sigmund rettete und eine Verzögerung des Ausbruch 
der Empörung bewirkte, war die Uneinigfeit unter den Verſchwo⸗ 
renen. Offenbar flimmten die Pläne der Kaiferin und der Grafen 
von Eily nicht ganz mit den Anfichten der Mehrzahl der böhmifchen 
Landherren von der calirtinifchen Partei überein. Mehrere von die= 
fen hofften auf dem Wege der Unterhandlung, mit Zuflimmung des 
Kaiſers felbft, ein Mittel zu finden, die böhmifche und polnifche 
Krone nach) Sigmund’s Abgang zu vereinigen. Es trafen in diefer 
Sache damals polnische Abgefandte in Prag ein und trugen dem 
Kaifer vor: da er weder felbft, noch fein Schwiegerfohn, der Her: 
309 Albrecht, männliche Defcendenten habe, fo möge er den polni- 
fhen König Wladislaus und deflen Bruder Eafimir, feine Neffen 
(fie waren von mütterlicher Seite Söhne einer Gräfin. von Eily), 
adoptiren und ihnen feine beiden Enkelinen, die Töchter des Her: 
3098 Albrecht, verloben: auf welche Weife Die Ruhe der benachbar⸗ 
ten flavifch=magyarifchen Länder wie auch die Feſtigkeit der Regie 
rung in benfelben auf Fünftige Zeiten gefichert feyn werde 35). Sig⸗ 
mund fonnte oder wollte fich nicht entfchließen, auf diefe Sache, bie 
feine Familie allerdings nicht zuruͤckgeſetzt hätte, einzugehen 36). 


34) Pessina 1. c. p. 603 ſpricht von dem feierlihen Empfang des Kaifers 
in Prag. Die Geiftlichfeit 30g ihm bis an den Weißen Berg entgegen. 

35) Diugoss XII 693. Er ſpricht ſchon früher von einer ſolchen Gefandts 
ſchaft üb. XI. p. 671. Daß die Polen im Einverftänpniß mit der Kaiſerin waren, 
fagt derfelbe Chronift S. 698. 

36) Dlugoss XII. 694. Der Kaifer nahm die Geſandtſchaft fehr freundlich 


Sigmund's Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 393 

Es ſcheint, daß Herzog Albrecht, defien Rechte und Anfprüche durch 
die Adoption der polnifchen Fürften am meiften verlegt worben waͤ⸗ 
ren, fich gegen den Antrag erklärte. Auch mit den ehrgeizigen-PId- 
nen der Kaiſerin flimmte er nicht überein: daher war e8 ihr ganz 
lieb, daß ihr Gemahl auf die Vorfchläge Feine entfcheidende Ants 
wort ertbeilte, umd fie unter dem Vorwande, daß die böhmifdhen 
Angelegenheiten vorerft geordnet feyn müßten, verfchob. Damals 
machte die Kaiferin den polnifchen Gefandten, ehe fie zu ihrem Koͤ⸗ 
nige zuruͤckkehrten, mit Zuziehung böhmifcher Großen insgeheim bie 
Vorfchläge, die zu einer Vereinigung Polens und Boͤhmens durch 
eine Heirath zwifchen ihr und Wladislaus führen follten 37). Dies 
ſes Eonnte natürlich nur gefchehen nach dem Abgang des hochbes 
iahrten, kranken Sigmund von der Regierung, und diefer eben 
folte durch eine Verſchwoͤrung und Empdrung befchleunigt werben. 
Herzog Albrecht, zu deſſen Nachtheil hauptfächlich die Wer: 
ſchwoͤrung angelegt war, erhielt auch zuerft fichere Kunde von ihr. 
Er benadhrichtigte fogleich feinen Schwiegervater davon. In Boͤh⸗ 
men war Beine Sicherheit mehr. Unter dem Vorwande, daß der 
Kaiſer zu feiner Wiederherſtellung 28) eine Luftveränderung nothwen⸗ 





auf: er wid aber einer beftimmten Antiwort vorerft aus. Hortatur ut Poloniae 
rex alios ambasiatores ad illum, postquam illum senserit ex Bohemia in Un- 
gariam vel Austriam reversum , transmittere non fastidiat, promittens pe- 
titioni tam amicae et honestae se consensum nullatenus amplius nega- 
turum. 

37) Dlugoss 1. c. p. 699: Barbara — de retinendo regno sollicita, Also- 
nem de Sternberg, Henricum Ptaczok, Georgium Podiebradi et alios Bo- 
hemiae Barones clanculo vocans, id ab eis maguopere exposcit, imperatgue 
ut Sigismundo moriente, eam matrimonio Poloniae Wladislao regi jungant. 

38) Andreas Presbyt. p. 58: (Sigismundus) gravi infirmitate tentus et 
laborans propter quam etiam pedica sibi fuit abscissa, subito et ex inspe- 
rato circum fest. Martini cum uxore sua a Praga recessit. Windel c. 217. 
In der zeit was der rom, kaiſer Sigmund zu Prag, vnd mad Frank worden, daB. 
mon meinte, mon hatte Im vergeben, dad Ime die giffte zu einer groffen zehe 
ausran, die mufte mon dem kaiſer abſneiden, vnd auf |. Martens tage im X, 
1437 309 Sigmund gein Zweim (ft. Inaym). u, c. 218. Bartoss. Chr. p. 199: 
Per infirmitatem pollicis in pede causa pricipali (i. e. sacro igne). Da- 
gegen Balbin. Epit. p. 496 anders: Consulti de Mariti valetudine medici re- 
sponderunt (Barbarae) : Actum esse, brevique moriturum, jam enim ad,ae- 


394 Viertes Buch. Achtzehntes Kapitel. 
dig habe und daß er feine Tochter Eliſabeth zu fehen wuͤnſche, traf 
er Anftalten zur Abreife nach Mähren, in welchem Lande Herzog 
Albrecht alle Sicherheitömaßregeln für den Kaifer getroffen hatte >>). 
Auch die umgarifchen Edelleute mit ihrem Gefolge, bie ihn in Prag 
umgeben hatten, forderte Sigmund auf ihn zu begleiten, indem er 
ihnen erklärte, daß er fürchte, daß fie in Prag Feine Sicherheit mehr 
haben möchten, wenn er fterben follte. Grabe weil fie fich bei je⸗ 
der Gelegenheit ihm fo treu erwiefen, das werbe ben Haß feiner 
Feinde gegen fie hervorrufen und fie einem gewiſſen Untergange weis 
ben. Bon feinen Ungarn und wenigen getreuen böhmifchen Herren 
begleitet, verließ der Kaifer im November (um Martini) Prag: 
im Kaiferornate mit einem frifchen Lorbeerkranz 202) auf dem Haupte 
wurde er in einer offenen Sänfte durch die Straßen der Stadt getras 
gen*0b): mit fehr verfchiedenen Gefühlen fahen die Prager ben 
kranken Kaifer aus ihrer Mitte fcheiden: die Huffiten konnten kaum 
ihren Zubel über die baldige Änderung der Regierung unterbrüden, 
indem die weniger zahlreichen Katholifen mit banger Beforgnig für 
die nächte Zukunft erfüllt wurden. 

Der Kaifer wollte durch Mähren in Iangfamen Tagereifen fich 
nad) Ungarn begeben. Doc) feine Krankheit und Schwäche nahm 
unterwegs raſch zu. Er hatte ſich einer höchft ſchmerzhaften Ope⸗ 


tateın grarem ulcus in genibus, tum alvi profluvium, ac denique sacer ignis 

accesserant. Auf diefe Krankheit Sigmund’5 bezieht ſich die Anekdote bei Aen. 

Sylv. Comment. ]. c. IV. n. 43: Ignis, quem sacrum vocant, digitum pe- 

dis Sigismundi Caesaris exzurebat. Et ne altius serperet timebatar. Medici 

abscindendum digitum suasere: paruit Imperator et quasi alius inscindere- 
tur, ita immotus chirurgici ferrum inspectavit et pertalit. - 

39) Aen. Sylv. hist. Boh. c. 58. u 

4098) Zugger Hſtreich. Ehrenfpiegel S. 462. 

405) Aen.Sylv. l.c. «53. und nad ihm Naudler. Chr.1. c. p.456. Pray 
Annual. Hung. II.324: (Sigismundus) Imperatoriam indutus amietum serto- 
que viridi redimitus, III Id..Nov. cum M equitibus Hungaris ac aliquot pe- 
ditum turmis — aperta lectica per mediam urbem invectns Praga diacessit. 
Balbin. Epit. p.496. Andreas Presbyter 1.c. gibt Sigmund's Abzug von Prag 
circa fest. Martini an, Bartoss. 1. c. läßt ihn fogar ſchon Sonntag vor Mer: 
tini (10. Rov.) in Znaym anfommen. Doch ſcheint dieſes Datum nicht richtig 
zu ſeyn, da nach einer Urkunde (ef. die Regeſten) der Kaiſer noch am 25. Rov. 
in Prag warz oder ift dad Datum »iefer Urkunde falſch? 





) 

Sigmund's Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 395 
ration unterwerfen müffen. Die eine große Zehe mußte ihm abge 
nommen werben: mit der größten Ruhe hatte er ſich der Operation 
unterzogen und fie auögehalten. Doch konnte er bei feiner zuneh: 
menden Schwäche nicht weiter als Znaym, einer Stadt von Maͤh⸗ 
ren, fommen #1). Die Maßregeln, welche er erft in Ungarn tref⸗ 
fen wollte, mußte ex daher ſchon in Mähren in's Werk feben. Er 
ließ namlich feine Gemahlin, die Kaiferin Barbara, die ihm mit 
den Grafen von Cilly hatte folgen müffen, gefangen nehmen. Ihr 
Bruder Friedrich und fein Sohn Ulrich, bei Zeit gewarnt, hatten fich 
durch eine eilige Flucht dem Schidfale der Kaiferin entzogen *2). 
Sodann verfammelte Sigmund die ungarifchen und böhmifchen Land: 
herren in feinem Gefolge und forderte fie auf*?), feinen Schwie- 
gerfohn, Herzog Albrecht, zum König von Ungarn und Böhmen zu 
wählen. Das Wohl und die Ruhe beider Reiche erheifche dringend 
diefe Wahl. Die Vereinigung beider Kronen werde die Macht und 
da8 Anfehen von Ungarn wie von Boͤhmen befeftigen und verftärken. 
Aber fie fen auch nothwendig, wollten die Ungarn den Türken mit 
Erfolg widerftehen: denn in Böhmen und Öftreich hätten fie ihren 
Ruͤckhalt und ihre Stüge, wogegen aber diefe Linder in Ungarn ihre 
beßte Vormauer und Vertheidigung finden wuͤrden. 

Die ungarifchen und böhmifchen Großen zögerten nicht, Die Wän- 
fche ihres ſterbenden Herrfcherd zu erfüllen. Sie verfprachen auch 
dahin zu wirken, daß ihre Mitftände mit gleichen Gefinnungen ge: 
4) Windet c. 217 u. 218. Aen. Sylv. 1.c. Andreas Presb. p. 60, 

42) Bartoss. Chr. p. 199: Cum domina Barbara, Ungar. et Boh. regina 
equitavit (diefed Wort bedeutet bei dem bohmiſchen Ghroniften profectus est — 
Sigmund konnte nicht mehr reiten, er lieh ſich in einer Sänfte tragen) et cum eis 
Comes Cilie, habens bene mille equites et carrus ultra G et pedites aliquot 
centena. — Aen. Sylv. 1. c. Ibi (Sneimae) mox Barbara virum secata, cu- 
stodiae traditar. Ulrions Ciliae comes praemonitus fagam arripuit. Win- 
det c. 219. — Bei Sanuto Vite de’ duochi diVenezia (Muratori XXIT. p. 1050) 
Heißt es nach einem Gefndtfhaftsberigt: A di 2. di Dicembre s’ebbe che 
l'Imp. Sigismondo Juborabat in extremis. Altridissero, ch’ ezli era morto, 
Si dice per un trattato che avea sua moglie di farsi reina d’Ungheria, essa 
® stata ritenuta. — Dlugoss hist. Polon. XII. 699. Turocz Chron, Iib. IV. 
c. 24. bei Schwandtner I. p. 236. 


43) Windel c. 219. Aen. Sylv. I. c. Diugoss l.c., Adress Presbyter 
p. 60 gibt die Rede des Kaifers. Ä 


396 WViertes Buch. Achtzehntes Kapitel. 
gen Albrecht exfüllt würden. Die Böhmen aber riethen dem Kaifer, 
noch außerdem durch ein fürmliches Teſtament den Herzog Albrecht 
zu feinem Nachfolger zu ernennen **). Sigmund übertrug feinem 
Kanzler Kafpar Schlid dad Gefchäft, fogleich nach, feinem Tode nad 
Prag zu eilen und den verfammelten Ständen das Zeflament zu 
publiciren, und zugleich ihnen barzuthun, daß nach dem echt und 
ben alten Verttaͤgen fie auch Feinen Andern, als den Herzog A 
brecht von Öftveich zu ihrem Könige wählen dürften 5). Zugleich 
wurben an bie verfchiebenen Landfchaften, die zum Königreich) Boͤh⸗ 
men gehörten, Taiferliche Schreiben als letzte Verfügungen erlaflen, 
daß die Prinzeffin Elifabeth und ihr Gemahl Herzog Albrecht zu Er 
ben in all feinen Ländern und namentlich im Königreich Böhmen 
und den dazu gehörigen Landfchaften eingefeßt worden feyen*®). 
Nachdem diefe Vorkehrungen getroffen waren, erwartete Sig 
mund ruhig den Zod. Er wollte ald Kaifer flerben. Da er von 
den Ärzten auf feine ernflliche Befragung vernahm, daß fein Ende 
nahe ſey; fo ließ er fich feinen Faiferlichen Ornat anlegen: mit allen 
Snfignien der Herrfchaft umgeben, auf dem Thron figend, erwar: 
tete ex feine legte Stunde 27). Wirklich verließ ihm noch an dem⸗ 
felben Tage, am 9. December 1437, dad Leben 8). Noch vor 
feinem Ende hatte er angeordnet, daß feine flerbliche Hülle mehrer 


44) Aen. Sylv. lc. Etwas abmweidyend Andreas Presbyter p. 60. 

45) Aen.Sylv. 1.c. Bonfin. Decad. IM. lib. IN. p. 318. Gerard de Roo 
lb. V. Zugger, Oſtr. Ehrenſp. IV. c. 8. Er fügt bei: der Kaifer weinte mil: 
diglich. 

46) Gin ſolches kaiſerliches Schreiben (d. d. Znaym 7. Der. 1437) an di 
Oberlaufig: Oberlaufig. Nachrichten ©. 286, 

47) Windel c. 219. Des Tags alfo er verfcheiden fort, do hies er * an⸗ 
legen wie einen romiſchen kaiſer des morgens mit feinen alten Epiſteler Rod um 
evangelier Rod, fein Chorkappen, fein kaiſerlich Cron und horte die Meffe UM 
nach der Meffe ließ er ſich do wider austun und ſprach: Ku tut mid an alfo mon 
mid begraben will, Das tet mon. Alſo ſas er auf einem Stule und verſchide. 

48) Über den Todestag Tann nad) der genauen Angabe der meiften und zu⸗ 
verläffigften Duellen Fein Zweifel feyn. Auch die Note 49 angegebene Urkunde 
gibt ausdrücklich den 9. December an. Unrichtig ift der 7, Desember, der von 
einigen Chroniken angegeben wird, Bgl. unten not. 50 die Grabſchrift bei aAn 
dreas Presbyt, p. 60. Fugger 1. c. fagt: Er loſch aus mie ein Licht, des fin 
DI mehr bat. 








Sigmund's Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 397 
. Zage dem Öffentlichen Anblide auögefegt bliebe, weil es fo erfchüt- 
ternd ald mahnenb ſey, Beherricher großer Reiche dem allgemeinen 
Loofe der Bergänglichkeit anheimgefallen zu fehen*9*), Sigmund 
ſtarb faft ſiebzig Jahre alt, nachdem er einundfunfzig Jahre über 
Ungarn, fiebzehn über Böhmen, fiebenundzwanzig über Deutfch- 
Land geherrſcht und vier und ein halbes Jahr den Kaifertitel geführt 
Hatte 296), | 

Am Tage nach des Kaifers Ableben verfammelte ber Kanzler 
Kafpar Schi in der Hauptlicche zu Znaym die anwefenden beuts 
ſchen, ungarifchen. und böhmifchen Großen und Herren: in ihrer 
und bed Herzogs Albrecht von Öftreich und des jungen Pfalzgrafen 
Ehriftoph von Amberg Gegenwart ließ er durch einen Goldfchmied 
die ſaͤmmtlichen Eaiferlichen und Eöniglichen Majeſtaͤts⸗ und Secret: 
Siegel: Stempel, wie auch das filberne Zeichen, das man in bie 
Privilegienbriefe druckte, zerſchlagen und fich über den Act eine Ur: 
tunde von den beiden genannten Fürften außftellen 9°). 

Nachdem Sigmund’s ſterbliche Hülle im kaiſerlichen Ornate 

auf Dem Throne aufrecht figend drei Tage öffentlich ausgeſtellt war, 
wurde fie, gemäß feiner Anordnung, nach Ungarn gebracht, um zu 
Großwardein in der Begräbniß- Stätte der ungarifchen Könige bei- 

-gefeßt zu werben, und zwar zu den Füßen des von ihm befonders 
verehrten heiligen Kadislaus. An feinem Grabe wurden nad) einer 
von ihm gemachten Stiftung Tag und Nacht von einer Anzahl Geift: 
licher, die miteinander abwechfelten, Pfalmen gefungen 5°), 


498) Windel c. 219. 

496) Die ungariſche Regierung zählte Sigmund vom 31. März 1387, die 
boͤhmiſche vom 28, Jul. 1420, die Regierung als roͤmiſcher König vom W. Sept. 
4410: den Kaifertitcl führte er feit dem 31. May 1433, 

49e) Lünig P. Speo. Cont. II. p. 1188. Ur, d. d. Znaym 10. Dechr. 1437. 

50) Winde c.220. Aen. Sylv. L. c. c.54. Magn. Chronic, Belgic. 389. 
Andreas Presbyt. p. 60, der auch folgende Grabfgrift auf Sigmund mittheilt : 

’ Gaesar et Imperium tuus en ego Roma sacratum . 
Rexi non ense, sed pietatis epe: 

Pontifcem sumnium feci spretis tribus unum, 
Lustravi mundüm, schismia necando malum. 

Turcos oppressi et: barbaras gemtes excussi: 
Ampla dominia contulit manus mea. 








398 Vierte Buch. Achtzehntes Kapitel. 


Als Papft Eugen IV die Nachricht von dem Tode bes Kaifers 
erfuhr, fah er wohl ein, daß er feinen Hauptſchirmer und Verthei⸗ 
diger verloren hatte. Ex war mit inniger Betruͤbniß uͤber dieſen für 
ihn fo ſchweren Verluft erfüllt. Am 9. Sanuar 1458 hielt er felbft 
für den Verſtorbenen zu Bologna die feierlichen Erequien 51). 

Mit der Leiche des Kaiferd hatte man feine Witwe als eine 
Gefangene nach Ungarn geführt 52). Ihr Schwiegerfohn Albrecht 
tieß fie nicht eher frei, als bis fie ale Schlöffer und Städte, Die 
fie in Ungarn befaß, am ihn abgetreten: dafür aber erhielt fie von 
ihm eine anfehnliche Wittumsverfchreibung ° 3), 

Sigmund hatte bis in fein hohes Alter in feinem Außern eine 


Et sunt Ungaria mea regua, Bohemia plura. 
Pace Sigismundus hic requiesco pius. 
Ac iter in Znayma mihi mors praeclusit amm-&, 
Cum grege Catholico transeo fime bono. 
Anno milleno quater centum zer decem adde, 
Ac septem, mens» Decembris, dieque nono. 
Michael Orczagh, einer der Lieblinge Sigmund’s, fpäter Palatinud in Ungern, 
fieß auf der Burg in Dfen die Statue feines Gönner: und Wohlthäters fegen. 
Lad. Tubero Comment. rer. suo temp. gest. lib. II. 

51) Chronaca di Bologna b. Muratori X VIII. 658. 

52) Windel c. 219. Aen.Sylv. hist. Boh. c.5%: Versus Posonium (Al- 
bertus) iter flexit. Miserabile spectaculum et humanarum rerum singulare 
documentum , imperatrix captiva et Imperatoris cadaver una vehitur. 

53) Diugoss 1. c. p. 700. Windel 1. c. Was Aneas Sylvius an verſchie⸗ 
denen Stellen feiner Schriften Nachtheiliges über die geile und atheiſtiſche Kaiſe⸗ 
rin gefagt hat, findet fid in des Naucleri Chronic. II. p. 457 aufgenommen : 
Barbara, dimissis quae possidebat in Ungaria inexpugnabilibus castellis, 
Ebertati reddita est. Mulier erat inexhaustae hbidinis,, quae inter concu- 
binos illaudatum aevum publice agitans, saepius viros petiit quam petere- 
"tur, neque Christianae neque alteri cuipiam religioni adstricta , quippe quae 
superos inferosque ullos esse negabat. Ferunt eam ancillas suas saepe oran- 
‚tes et jejunantes increpasse, quod corpus suum frustra macerarent, fictum- 
que coeli numen placare verbis crederent. Vivendum suäviter dum vita 
suppetat, fruendam voluptatibus suasit, id tantum homini datum cujus cor- 
pus cum anima simul extingueretur, Moritur haec tandem apud Graecium : 
corpus ejus quamvis infidelis foeminae Bo&mi Pragam tulere, peracto funere 
in sepulero regio eondidere. . Gf. Balbin. Epitom. p. 497. Windech c. 222 
deutet darauf bin, daß K. Albrecht II von Barbara, feiner Schwiegermutter, 
vergiftet worden. 








Sigmund’s Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 399 


mojeftätifche Haltung bewahrt. Durch die Freundlichkeit und das 
Wuͤrdevolle feines Ausdrudd gewann er für fich alle die, welche ihn 
fahen. Seine hobe, wohlgeformte Geftalt, fein ſchoͤnes Angeficht 
mit wohlgepflegtem langem Barte, fein blondes lodiged Haar ga: 
ben ihm zugleich etwas Gebieterifched und Einnehmendes. Man 
bewunderte ihn allgemein als den fchönften Fürften feiner Zeit und 
zugleich erfannte man in ihm den geborenen Herrfcher, der ſchon 
durch fein bloßes Auftreten anfündigte, daß er der König der Koͤnige 
ſey *®). Dabei erfreute fih Sigmund einer ‚guten Leibesbefchafs 
fenheit (nur an Podagra litt er zumeilen), fo daß er ungeachtet feis 
ner Unmaͤßigkeit im Trinken und ziemlich auöfchweifenden Lebens⸗ 
weife dennoch bis in fein hohes Alter fich eine gewifje jugendliche 
Friſche und Kraft erhielt 5b), Sigmund war fich feiner dußeren 
Vorzüge auch wohl bewußt: feiner Eitelkeit und Gefalfucht war da⸗ 
durch nicht wenig gefchmeichelt. Daher Tam ed auch, daß er an 

mehreren Orten ſich mahlen ließ 5) und er gern jede Gelegenheit 
ergriff, feine Perfon in Eaiferlicher Herrlichkeit zu zeigen. Auf feinen 
vielen Zügen durch alle Länder Europa's, wo ihm lıberall feftlicher 
Empfang bereitet wurde, fpielte er immer wieder von neuem mit 
vollem Behagen und großer Virtuofität die Kaiferrolle: ja man Fann 
behaupten, er fpielte fie bis zum legten Augenblid feines Lebens. 
Mit größerm Rechte ald Kaifer Auguſtus 06), der fie von einer ganz 


542) Eine Stelle anftatt vieler anderer aus einem Zeitgenoffen, welder 
Sigmund's Außere befhreibt bei feinem Einzuge in Rom zum Kaiferkrönung, 
als diefer yon 66 Jahre alt war: Poggius Florentin. in der Epist. ad Nico- 
laum in Guden. Cod. dipl. Moguntin. II. p. 629: (Sigismundus) est aspectu 
perhumanus, ridenti similis, facie hilari atque liberali, barba subcana ac 
promissa. Ea inest in vultu comitas ac majestas, ut qui illum ignorarent, 
ipso conspectu et oris egregia specie ceterorum regem opinarentur. hn- 
lich Thurocz Chronic. Hungar. und Hüpli (bei Müller Geſch. der Schw. Eid⸗ 
gen, III. Abth. 2. Kup. 5, S. 472). 

54b) Hüplia. a. O. 

55) Winde c. 215: Bnd wart an manichen enden angemolet vmb feiner 
ſchoner angefidhte willen, vnd vindeft in auch gemolet in vnſer liben frawen Gre- 
ten crenzgang an der heiligen drei konig ftat einen, vnd zu vnſer frawen bru⸗ 
dern im creuzgang gemolet zu Meinze, — Bekanntlich gibt es auch von Albrecht 
Dürer ein Gemälde von K. Sigmund 7 das nod in Nürnberg aufbewahrt wird, 

56) Sueton. Octav. c. 100. 


1 


400 Viertes Buch. Achtzehntes Kapitel. 


andern Seite auß fpfelte, hätte er vor feinem Ende zu feiner Umge⸗ 
bung fagen koͤnnen: „Nun da das Stüd zu Ende ift, Elatfchet 
Freunde!“ Diefe Eitelkeit verleitete Sigmund aber nie zum Stolz 
und Hochmuth: im Gegentheil war fein ganzes Wefen von Natur 
aus zur Herablaffung und Freundlichkeit geneigt: daher gewann er 
ſich mit Leichtigkeit Aller Herzen. Niemand war ihm zu gering: 
Alle beachtete er: felbft die Leute des niedrigften Volkes redete er nicht 
mit Du an, fondern zeichnete fie durch höhere, eigentlich ihrem 
Stande nicht zulommende Prädicate 57 ) aus. Es war ihm niemand 
zu arm, er bot ihm freundlich die Hand. Daher war ihm auch 
jedermann hold und zugethan 58), 

Überall war er bereit, an den $amilienereigniffen derer, die ihn 
feftlich empfingen, oder bei denen er fein Fönigliches oder Eaiferliches 
Hoflager genommen, Theil zu nehmen. In Siena wohnte er dem 
Leichenbegängniffe einer Bürgeröfrau bei, welche Eur; vorher mit 
andern Zrauen den Kaifer bei feinem feftlichen Einzuge bewilllommt 
hatte und dann eines plöglichen Todes geftorben war 9): in Augs⸗ 
burg hob er einem Kaufheren Peter Eger, bei dem er fein Abſteige⸗ 
quartier genommen, ein Kind aus der Taufe 60): nicht felten war 
ed, daß er fröhlich den Hochzeiten an den Orten, wo er ſich grade 
aufhielt, beimohnte 61). Ganz befonderd aber zeigte er Freundlich⸗ 
keit und Herablaffung gegen dad weibliche Gefchlecht. Begegnete 
er fchönen Frauen, fo flieg er vom Pferde oder aus dem Wagen und 
reichte ihnen die Hand 62). Die Einladungen in den Städten zu 


57) Windel c. 215: „Vnd mad nymand, den er Du biffe, fundern Alle 
er:“ und c. 54: „derſelbe konig fo ein weifer, gutiger herre was, dad er fels 
ten ymang Du bieß, er war arm oder reich.” Er ſprach mit Ihr an, oben 
Irſagete, wie Winde fih ausdrückt. 

58) Der Zeitgenoffe, der Schweizer Hüpli bei Joh. v. Muͤller Geſch. Schweiz. 
Eidgen. III. Abthl. 2. Kap. 5. Paul. Lang. Chronic. Citizens. bei Pistor. 
script. rer. Germ. I. 1228. nennt ihn urbanus et humilis.. 

59) Aen. Sylv. de duob. amantib. bei Hahn coll. monum. I. 414. 

60) Gassari Annal. Augstburg. bei Mencken I. p. 1584. 

61) Chronic. Tarvis. p. 826. (Bgl. Geſch. K. Sigmund's I. S. 350.) 

62) Aen. Sylv. de duob. amantib.: Erat Sigismundus licet grandaevus 
etiam in libidinem pronus, matronarum alloquiis admodum oblectabatur et 
femineis blandimentis gaudebat. Nec suavius illi quicquam fait illustri 





Sigmund’s Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 401 


Ballfeften lehnte er nie ab, felbft in feinem hohen Alter nahm er an 
folchen Bergnügungen noch gern Theil 63) : er tanzte mit den Frauen 
und Töchtern der Bürger und befchenfte fie mit goldenen Fingerrin⸗ 
gen 84). Zu diefer Leutfeligkeit und Popularität, die Sigmund in 
fo hohem Grade befaß, trug befonders feine Wohlredenheit und Ges 
forächigkeit bei 65). Er befaß auch dazu eine natürliche Anlage: es 
war nichts Gemachtes, Einftudirted. Um fo mehr wirkte es. Er 
befaß die Gabe, auch ganz unvorbereitet auf dad beßte und wohlge: 
festefte über die wichtigften Dinge zu ſprechen: es war nicht noth⸗ 
wendig, daß er, wie es bei Fürften oft der Fall ift, von feinen Raͤ⸗ 
then und Miniftern in den Mund gelegt befam, was er fprechen 
follte®%). Dazu Fam, daß er in mehreren Zungen ſich fertig aus⸗ 
zubrüden verftand 67): in- feinem Königreiche Ungarn redete er. die 
Sprache der Magyaren, in Böhmen die der Czechen, bei den Stäns 
den des römischen Reiches die der Deutfchen: auf den Soncilien und 


aspecta mulierum. Ut ergo has (die vier jungen Sieneſiſchen Frauen) vidit, 
desiliens de equo, inter manus earum acceptus est: Et ad comites versus: 


Ut similes unquam his feminis vidistis? etc. In ähnliher Weife fhildert - 


Sigmund's Benehmen gegen ſchöne Yrauen Johannes de Monsterolio bei Mar- 
tene coll. ampl. II. p. 1444. Gassari 1. c. nennt ihn daher yuamapdor CE. 
Cuspinian. de Caesaribus p. 399. 

63) Wie z. B. in Augsburg, wo er in feinem 66. Jahre (1434) ein ſol⸗ 
de Ballfeſt annahm. Gassari 1. c. . 

64) Wie 3.8. in Paris, Straßburg, Augsburg und vielen andern Städten. 

65) Hüpli a. a. D.: Er bradt fon Sach zu guter Maß mit Geſchwaͤh 
bindurd. 

66) Aen. Sylv. in dem Pentalog. (bei Ehmel Geſch. æ. Zriedrichs IV. 
II. S. 771): „Den Kaiſer (Sigmund) haſt Du (K. Friedrich IV) ſelbſt gekannt 
und biſt öfter in ſeiner Geſellſchaft geweſen, ja er hat es vorausgeſagt, daß Du 
cinft den kaiſerlichen Thron befigen werdeſt. Ihn nun lobte Alles, weil er in 
wichtigeren Angelegenheiten felbit das Wort führte, Man bemunderte ihn, freute 
fi ihn anfpreden zu können, aus feinem Munde die Antworten zu vernehmen, 
Der braucht, fagte man, feinen Bormund oder Sachwalter (Zürjpreder).‘ 

67) Magn. Chronic. Belg. p. 356: Seivit multas linguas, primo Lati- 
nam et Teutonicam, Bohemicam, Slavicam, Italicam et Gallicam, quibus 
omnibus congrue loqui poterat. Cf. Cuspinian. de Caesaribas in Vit. Si- 
gismundi. Paul. Lang. Chronic. Citiz. bei Pistor. scr. rer. Germ. I. 1228. 
In Bezug auf die lateinifpe Sprade jagt Paul Lang von Sigmund: Aliqualis 
Grammaticus, sed vix congruus, 

Aſchbach K. Sigmund, IV. 26 


402 Vierte Buch. Achtzehntes Kapitel. 

bei den Unterhandlungen mit den Gefandten drüdte er ſich in lateimi⸗ 
ſcher Sprache aus, bei feinem Aufenthalt in Paris in franzöfifcher : 
zog er über die Alpen, fo ſprach er mit ben Stalienern in ihrer Zunge, 

Dazu befaß er weiter die Gabe der geiftreichen Unterhaltung : 
fein Wis, der ihm faft immer zu Gebot fland, war treffend, doch 
keinesweges verlegend: ex liebte folchen auch bei feinen Freunden 
und feiner Umgebung. Bon feinen finnreichen, weifen und fcherz> 
haften Ausfprüchen find viele durch feinen Zeitgenofjen und Freund, 
den Änead Sylvius, aufgezeichnet worden 08). Einige die wir fruͤ⸗ 
ber noch nicht angegeben, follen hier nachgetragen werben: 

As auf dem Conflanzer Goncilium der Tarbinal Placentinus 
dem römifchen Könige verbeſſernd bemerkte, daß nad Priscian’s 
Geſetzen das Wort Schisma im Accufativ Schisma, nicht Schismam 
heiße, erwiberte Sigmund: Wenn Du auch aller Welt gefieleft, o 
Dlacentine, fo müßteft Du doch mir mißfallen, da ich beit Die in ges 
ringerem Anfehen ſtehe, als Prißcian 69), 

Als gefragt wurde, wie es käme, daß in den Reichöftäbten 
ganz befonders häufig die Unterfchlagung öffentlicher Gelber vorkäme, 
fagte Sigmund: daran feyen die Ehrenftellen ohne Gehalt Schuld, 
die doch dem Bürger etwas eintragen follten. 

„Er pries die Könige auf Erden glüdlih, wenn fie im Stande 
wären, die Habfüchtigen und Schlechten von fich fern zu halten, und 
nur die Beförberer der Gerechtigkeit und Freunde der Menfchlichkeit 

‚ an ihren Hof zu ziehen. 

Als der ungarifche Palatinus Laurentius Hebervar ben Kaifer 
darüber tadelte, daß er feinen befiegten Feinden nicht nur Leben und 
Gut laffe, fondern fie auch unter feine Freunde aufnehme und erhebe, 
fo fagte er: Dir fcheint ed nüßlich einen Feind zu tödten: denn ein 
68) In ven Comment. in dictis et factis Alphons. reg, Arag. und dars 
aus bei Zinkgreff Apopbthegmata deutfcher Nation, Ein Herr von Blumencd 
fammelte in einem Buche die wisigen Ginfälle Sigmund’  welhe Schrift no 
Euspinian. de Taesarib. (p. 399) vor Augen gehabt. (Bgl. Geh. K. Sig⸗ 
mund’3 I. &, 402, Rot, 24) Es mag Sigmund wie dem König Zriedrid IE 
von Preußen gegangen feyn, daß ihm viele Anefvoten und Witze zugeſchrieben 


wurden, weil fie von ihm hätten feyn können. 
69) Cuspinian. 1. c. p. 39%. gl, über denſelben Punct eine andere Anek⸗ 


dote Geſch. K. Sigmund's II. 378. 





\ 


& 


Sigmund's Reglerung in Böhmen bis zu ſeinem Tode. 403 
Todter erregt Feinen Krieg. Aber ich töbte ben Feind, indem ich ihn 
fchone, und ich mache ihn zum Freund, indem ich ihn erhebe. 

Er meinte: es fey ſchon genug gefiegt, wenn im Kriege bie 
Beinde in bie Flucht gefchlagen. 

Auch glaubte er: ein König werde nicht wahrhaft recht geliebt, 
wenn er nicht zugleich auch gefürchtet werde 70*), 

Sigmund liebte ed, daß. feine Freunde und Hofleute ihm wis 
tzige und treffende Antworten gaben: in folchen Fallen durften fie 
ſich ſchon manche kuͤhne Außerungen erlauben, da def bann 
nicht übel aufgenommen wurden 7b), 

Da Sigmund felbft gebildet und vielfach unterrichtet war‘, fo 
nahm er gelehrte Männer immer mit Gunft und Achtung auf. Er 
förderte gern in feinen Ländern Künfte und Wiffenfchaften und zeigte 
fi) ale Gönner und Freund der Gelehrten und Dichter 1°). Den 


deutſchen Fürften und Herren machte er oft ihre Unkunde der lateinis 


Shen Sprache zum Vorwurfe. Als einige tabelten, daß er Gelehrte, 
ungeachtet ihrer niedrigen Abkunft, ganz beſonders audzeichnete, ant: 
wortete er: „Mir geziemt e8 die vorzüglich zu ehren, welche das Ta⸗ 
lent über die Hochgeborenen erhoben hat? ıb)." | 

Wie er Gelehrfamkeit über den Adel ſetzte, erklärte er auch bei 
einer andern Gelegenheit. Gr hatte feinen Wices Kanzler Georg 
Fiscelus, einen fehr gelehrten Doctor der Rechte, in den Ritterftand 
erhoben. Auf der SKirchenverfammlung zu Bafel wollte der eitle 


Mann die gelehrte Bank mit der adligen vertauſchen. Sigmund 


708) Aen. Sylv. 1, c, II. n.53, 58. III. 36. IV. 9. 38. 

. 70®) Aen. Sylv. I. c. IV. n. 32, Inter eos, qui mendacissimi sunt — 
et gsi militassent multum, Johannes Hammelburgensis non incelebratus 
medicus. Jubente aliquando Sigismundo Jmp. secedere paululum omnes, 
qui Comanum nescirent (Nam cum Comanis ei res erat, qui suat Hunga= 
riae populi), non paruit imperio. Interrogantique Caesari, cur non exiis- 
set: quia solos, inquit, abire jussisti, qui Gomanum ignorent: quae jussio 
hand quaqguam me comprehendit: nam mentirt ac furari, quod est Co- 
manorum proprium, nemo aeque ignorat atque ego calleo. 

718) Dem berühmten Juriſten und Dichter Antonius Becabelli Panormita 
fegte Sigmund in Siena 1483 den Dichterlorbeerkranz auf, 
71b) Aen. Sylv. in Benvenuti de Rambaldis libr. - Angustal, bei Marg. 
Freher. script. rer. German. II, 14. 


26* 


404 .. Viertes Buch, Achtzehntes Kapitel, 
demüithigte ihn und den Adel zugleich mit den Worten: „Du han⸗ 
deift thöricht, Georg, und lächerlich zugleich, indem Du ben Adel 
dem gelehrten Stande vorziehft. Denn ich kann in Einem Tage 
taufend Unwiflende zu Rittern, in taufend Jahren nicht Einen zum 
Doctor machen 7?).” 

Bon den andern guten Eigenfchaften Sigmund’3 73) find noch 
befonderö hervorzuheben: feine Nitterlichkeit, fein Muth und feine 
Geiſtesgegenwart in großen Gefahren; fein guter Wille für das Bef- 
fere und Edlere zu Fämpfen und felbft große Opfer zu bringen; feine 
einfichtövofle Erkenntniß und unparteüſche Beintheilung fchabhafter 
und unftatthafter Zeitverhältniffe; feine Gewandtheit in politifcher 
Unterhandlungen 7%); feine Friedens = und Gerechtigkeitäliebe; feine 
Treuherzigkeit und Bekenntniß eigner Unvollfommenheit, der Anz 
fang ächter Weisheit 75); endlich feine Frömmigkeit und warme 
Theilnahme an ber Verbreitung des chriftlichen Glaubens und an der 
Verbefierung der Kirchengebrechen. In letzterer Hinficht erachteten 
ihn ſchon viele feiner Zeitgenofjen für würdig, daß er von ber Kirche 
heilig gefprochen . wen) 


'72) Aen. Sylv. Comment. in Becadell. Panormtan. dict. et fact. Al- 
phons. reg. lib. IV. n. 19. 

73) Leonard. Aretin. bei Muratori script. rer, Ital. XIX. 936 ſtellt die 
loͤblichen Cigenſchaften Sigmund’s und das Rühmliche feines Lebens gut zufammen, 

74) Diefes meint wahrſcheinlich Hermann. Corner. in feiner Chronik p. 1323, 
wenn er fagt: Sigismundus Imp. astutia (Politit) et sagacitate quibus prae 
cunctis pollebat principibus sui temporis, vir industrius valde existens etc. 
Thnlich fpriht Hüpli l. c. von Sigmund’: Weisheit‘ und Politit: „Er kunnt 
wohl giychinen. « 

- 75) Aen. Sylv. Comment. de dict. et fact. Alph. II. n. 47: Cum ac- 
cusassent purpurati apud Sigismundum maledicentiam Germanicae multi-- 
tudinis, quae de suo principe passim obloqueretur. Subridens Imperator: 
An nobis, inquit, grave videtur, illos male loqui, cum nos male agamus. 
Ahnlich ift, was Fugger Oſtreich. Ehrenfpiegel S. 462 erzählt: „Was beſchwert 
ihr euch (ſagt er zu den verſammelten Vätern in Conſtanz), daß man übel von 
uns redet, wenn wir und nicht ſcheuen, Übled zu thun?“ 

76) Werner Rolevinck fascicul. tempor. bei Pistor. scr. rer. Germ. II. 
570: Sigismundus — vir christianissimus et humillimus, adeo devosus, us 
meriso canonizari debuisset, juxta quorundam piorum devota. Der Ad- 
vocatus diaboli würde doch Lagegen Vieles einzumenden gehabt haben! Trithem. 





Sigmund’ Regierung in Böhmen bis.zu feinem Tode. 405 


: Neben ben glänzenden Eigenfchaften fehlte e8 in Sigmund's Le⸗ 
. ben.auch nicht an Schatten, welche feine Lichtfeite nicht wenig vers 
bunkelten. Das rafche Iuremburgifche Blut -war dem Leichtfinne, 
ben eitlen Weltfreuden, der Genußfucht und Leidenfchaftlichkeit jeder 
Art ergeben und unterthan. Leicht gerieth er in den heftigften Zorn 
und in grenzenlofe Wuth: worauf Milde und oft übertriebene Gut⸗ 
. müthigfeit ‚folgten ?? 2). In dem Zemperamente bed Zornes und 
der LeidenfchaftlichFeit gli) Sigmund ganz feinem fchlechten Bruder 
Wenzel. Daraus läßt ſich erklären, wie Sigmund ungeachtef feiner 
Weisheit und Weltklugheit fi von Schmeichlern und Schlauföpfen 
leiten und betrügen ließ"); wie er trog feiner Ritterlichkeit, Red⸗ 
lichkeit und Ehrliebe 7°) fein Wort brach und treulos handelte 79); 
wie er ungeachtet feiner Menfchenfreundlichkeit und Frömmigkeit große 


Chron. Sponhem. ad ann. 1437 geht noch weiter, ald Werner Rolevind: er 

gibt an, daß er geſtorben ſey non sine opinione sanctitatis. Ahnlich wie Ro⸗ 
Ievind ſpricht Paul Lang Chronic. Citizens. bei Pistor. scriptt., rer. Germ; I. 
1223 von Sigmund’5 Frömmigkeit. 

778) Aen. Sylv. 1. c. 1ib. I n. 12: Sigismundus Imp. convieianti Bo- 
jario creditori colapho incussit, mox poenitentia ductus, debitum omne 
persolvit modestior rex quam imperator: sed fortasse non tam huic equiti 
regis modestia, quam Bojario Caesaris ira salutaris fuit. 

77b) du diefen Schmeichlern gehörte auch der Kanzler Kaſpar Schlick. Die 
Anekdote, welche Aen. Sylv.l. c. lib. III. n. 17 angibt, nennt ſolche Leute mit 
Kamen: Cum diceret aliquando Sigismundus Imperator assentatores se vel- 
uti pestem odisse: imo, inquit, Brunorius Veronensis, nullum genus ho- 
minum magis amas. Nam quid apud te possent Marius Banus, Laurentius 
Palatinus, Ursacius Michael, Caspar Schlickius, nisi assentando tuam gra- 
tiam meruissent? 'Tum Sigismundus Brunorio ait: Sic: nam comparatum 
est, cum vitandos esse adulatores dicimus, tum maxime illis aures damus. 
Nec tu mecum. tam-diu fuisses, nisi mihi blandiri assuevisses. 

78) Fugger ſtreich. Ehrenfpiegel S. 463: „Auch felbft gegen die, welche 
ibm Feine Dienfte geleiftet hatten, war er hoͤchſt freigiebig, befonders wenn mar Ä 
ibm vorftellte, daß er irgend Hoffnung auf Gunft und Gnaden gemacht habe, = 
Er pflegte dann zu fagen: Muß Eines von Beiden feyn, fo will ich Heben: “ 
Geld und Gut Schaden leiden, als an dem Leumund meimer Treu.“ 

79) Befonders gilt diefes in Beziehung auf mehrere ungariſche Große ‚anf 
feinen Bruder, den König Wenzel, auf den König Wladislaus von Polen, auf 
Johann Huß und die den Huſſiten verbrieften Zuſagen. 





406 Biertes Buch. Achtzehmtes Kapitel, 
Grauſamkeiten und zügellofe Ausfchweifungen beging 20); wie er 
bei dem, was er ſich vorgenommen hatte auszuführen, in der Kraft 
und Beharrlichkeit allmälig nachließ ımd feine großen Pläne dann 
ganz vergaß, zumal bei feiner Verſchwendung 1) und unzeitigen 
Breigiebigkeit 2) ex fich immer in der druͤckendſten Selbverlegen- 
beit #°) befand und feine Thaͤtigkeit in den Staatsangelegenheiten 
durch die Bemähungen, bie Herzen ſchoͤner Frauen zu erobern, abs 
gelenkt wurbe. 

80) Dicſes befonders in Beziehung auf feine Negierung in Ungarn und 
Böhmen, Ä 


81) Ale, die über Sigmund geſchrieben haben, ftimmen darin überein: fie 
erzaͤhlen viele Beifpiele von feiner Verſchwendung, die aud an verſchiedenen Stel⸗ 
len ſchon oben in feiner Geſchichte mitgetheilt find. Hüpli 1. c. äufert fich über 
Sigmund's Verſchwendung mit den Worten: „Er war ein bodenlofer Herr, bei 
dem das Geld nit möht Ruh' han,” 

82) Beifpiele derſelben find viele angegeben worden: dag auffalfendfte im 
Bd. I. S. 265 der Geſch. K. Sigmund’, ine dahin gehörige Anekdote if 
auch folgende; Als Sigmund's Pferd beim Durchreiten dur einen Bach in’s 
Waſſer ftallte, fagte fein Marftaller, der ihm Iange gedient hatte: Das Pferd 
bat feines Herrn Art: es gießt Wafler zu, wo deffen vorher genug iſt. In der 
Gerberge ließ der Kaifer, der von der Außerung gehört hatte, dem Maritaller 
sur Wahl zwei Büchſen, die eine mit Go ,: die andere mit Blei gefühlt, vorftek 
Im. Der Marftallec wählte die leztere. Da fichft Du es nun ſelher, fagte der 
Kaiſer, dap es mir nit an gutem Willen fehlt, Dir aber am Glücke; und daß 
großer Herren Gaben nicht zu denen kommen, die es verdienen, ſondern denen 
fie beſcheert ſfind. Tſchudi Helvet. Ehronik IT. S. 129, 

83) Hüpli J. c. Gr führte kein großes Gefolge: dennoch hatte er, wenn 
er von der Herberge fuhr, nicht immer Geld genug, die Wirthe zu bezahlen. — 
Daher die häufigen Berpfändungen der Reichsinſignien. — Genz anders war 
es bei Sigmund’s zweitem Rachfolger K: Friedri IV, der überall genau und 
ſparſam fid zeigte und daher, weil er auf feinen Reifen Keine Geſchenke gab md 
fogar die Rechnungen der Wirthe herabſetzte, ald Geizhals und Knicker verſchrieen 
war, Friedrich machte fich daraus nichts und erklärte laut und äffentlich, daß er 
als gewiſſenhafter Bezahler ſich nicht prellen laffen wolle, wie der verſchwenderi⸗ 
ſche K. Sigmund. Solche Prellerei warf er auch der Stadt Conſtanz vor (Iſchudi 
Selvet. Chron. II. 351): Ob Ir es dick und vil ouch allweg vor getan habend 
. bi Künig Sigmund's Ziten, fo iſt es nichts deſter beſſer, gefällt mir ouch nichts 
deſt baß an Uch, Er möcht es gern an Uch gedultet haben oder nicht. Ir ha⸗ 
bend mit Im gehuſirt, daß Er lid fine Pfand vorſatzt, und ward etwa einem 
zuvil, dem andern ward nichts. — Ich will Uch aber bar bezalen: ed fol nie 
mand an mir nichts verlieren, fo beger Ich ouch nit, daß Ir mir ichts borgind, 


‘ 


Sigmund's Regierung in Böhmen bis zu feinem Tode. 407 
Zaſſen wir nun das Nefultat der Regierung Sigmund's als 
römifchen Königs und Kaifers näher in's Auge, fo muß man gefte: 
ben, daß all fein vielfaches Bemühen um die Reformation bed welt: 


- lichen Regiments und die Kirchenverbefferung keinen Erfolg gehabt; 


und es ſcheint faft, ald habe er den troftiofen Zuftand des Reiches 
noch verwirrter hinterlaffen. Die ganze Richtung der Zeit zu ver⸗ 
ändern war ihm nicht befchieden; auch ein viel größerer Geiſt, als et, 
wäre kaum im Stande gewefen, eine Regeneration ohne Zerfiörung 
bed Befichenden in's Leben zu rufen. Sigmund aber wollte nicht 
zerftören und Neues fchaffen: er wollte nur das Vorhandene befs 
fern: das feßte er fich ald Aufgabe feiner Regierung vor. Er vers 
hehlte fich nicht die Schwierigkeit des Werkes: er hatte dad Bewußts 
feyn, daß es unzählige Mühen und Anftrengungen Eoftete, und er 
unterzog fi) denfelben mit großen Aufopferungen. In foldyer Ge: 
finnung und in ſolchem Geifte arbeitete er raſtlos Daran, die grüße 
Kirchenfpaltumg beizulegen und durch das Conſtanzer Eoncilium die 
Kirchen: Union herbeizuführen: dieſes Werk zu Stande zu bringen, 
brachte er die größten Opfers er löste felbft nicht das verpfändete 
Wort und verlor darüber ein Königreich, aber bie Einheit in bet 
Kirche. ward hergeftellt. Daß ſolches das Werk von Sigmund eins 
zig und allein war, fahen alle einfichtövollen Zeitgenoffen deffelben 
wohl ein: viele fprechen es beftimmt und Elar in ihren Schriften 
aus. Sigmund aber hielt auf dem Kaiferthron fich auch berufen, 
alle Kriege und Streitigkeiten in der Chriftenheit ald oberfter Schieds⸗ 
vichter und Vermittler beizulegen und gegen die Feinde des hriftlichen 
Glaubens in der vorberften Reihe zu fämpfen. In diefen doppelten 
Beltrebungen war er aber hoͤchſt ungluͤcklich. Weber konnte er den 
Krieg zwifchen Frankreich und England vermitteln, noch legten feine 
fehiebörichterlichen Ausfprüche in den Streitigkeiten zwifchen dem Kö: 
nig Erich und den Grafen von Holftein den nordifchen Krieg, noch 
in dem erbitterten Kampfe zwifchen dem deutfchen Orden und Polen 
den langjährigen Streit im Dften bei. In den auswärtigen Kries 
gen, namentlich gegen die Zürfen, wo Sigmund in eigner Perfon 
mit großer Tapferkeit in den frühern Sahren feiner Regierung befeh: 
ligte, war er faſt immer ungluͤcklich, da ihm das Glüd felten feine 
Gunſt zuwandte. Diefe Mißgunft der Fortuna erfuhr er auch in den 


I 


408 Viertes Buch. Achtzehntes Kapitel. 
Huffitenkriegen, wo auf allen feinen Kriegszuͤgen ein wahrhafter 
Unglüdöftern ihn verfolgte. Das Ziel, weldhes Sigmund in feinen 
legten Regierungsjahren fich fehte, war bie Kirchenreformation: fie 
ſollte durch das einträchtige Zuſammenwirken der höchften kirchli⸗ 
chen Auctoritäten und ber weltlichen Gewalten in dem Basler Con: 
cilium erzielt werben: aber der baldige Ausbruch des Streites zwi: 
fhen dem Papfte und den verfammelten Vätern hemmte dad Verl 
und brachte es zulegt ganz in's Stoden: Sigmund’3 ganze Thätig 
keit wurbe von ber Reformation abgezogen burch fein Bemühen, ben 
Streit zwifchen Papft und Eoncilium beizulegen und eine neue Kir: 
chenfpaltung zu verhindern, welche er für ein größeres Unglüd hielt 
als die Firchlichen Mißbräuche, Indem fo der Kaifer erft auf Ser 
ten des Conciliums gegen den Papft, dann zwifchen beiden ald Ber: 
mittler, endlich auf Seiten des Papfted gegen das Concilium fland, 
hielt ex immer den großartigen Gedanken feft, nicht eignen Wortheil 
zu fuchen, fondern das Wohl des Ganzen zu fördern, wie er denſel⸗ 
ben Grundfab auch bei der Reformation bed weltlichen Regiment 
verfolgte, welche auch nicht zu Stande kam, da fie an ber Selb: 
fucht und den eigennäßigen Beftrebungen der deutfchen Reichsſtaͤnde 
feheiterte und fo Sigmund’3 wahrhaft großartige Pläne nit ihre 
Ausführung erhielten. i 





Is 


Pr} 


* 





Beilage 1. 
Über Pippo Spano, Grafen von Ozora. 


Man hat von Pippo Spano, Sigmund’d berühmten Feldherrn 
gegen die Venetianer und Tuͤrken, zwei alte Lebensbefchreibuns 
gen 1), die in ihren Angaben untereinander, wie auch mit den Bes 
richten der gleichzeitigen Chroniken nicht immer uͤbereinſtimmen. 
Philippo ſtammte aus dem edlen florentiniſchen Haufe Scolari 2). 


1) Im Tom, IV vom Archivio storico Italiano (ossia raccolta di opere 
e documenti finora inediti o divenuti rarissimi risguardanti la-storia d’Ita- 
lia, Firenze 1843) p. 117-232 find abgedrudt: Due vite di Filippo Soolari 
detto Pippo Spano. Con documenti e note. Die eine Vita (p. 151 — 162) 
iſt von einem Ungenannten, aber ohne Zweifel Sleichzeitigen in italienifher Spra⸗ 
che abgefaßt, die andere, von dem berühmten Zlorentiner Zacob Poggio in las 
teinifcher Sprache geſchriebene, findet ſich in das Italieniſche Überfegt von Baſt. 
Zortini p. 163 — 184. Zu beiden Lebensbeſchreibungen find Zufäge und Erläus 
terungen beigefügt von Polidori, Sacredo und Ganeftrini, und es {ft überall 
bingewiefen auf das Hauptwerk über Pippo Spano, welches den Titel führt: 
Vita di Filippo Scolari scritta da Domenico Mellini. Firenze 1570. Auch 
auf Gaddii Elogiographus, scilicet Elogia omnigena Florentiae. 1637. 
p. 57 — 63, wo ein Leben des Pippo Spano vorkommt, ift Rüdfiht genom⸗ 
men, gar nit aber auf die in beutfhen Ghroniten und Büchern enthaltenen 
Nachrichten von diefem Feldherrn. j \ 

2) Anonym. vita.di Philippo Scolari p. 151: Philippo della nobile 
casa degli Scolari nato. Die Scolari gehörten urfprünglid nah Jac. Poggio 
zur Familie der berühmten Bondelmenti (Vita di Filippo Scolari). An. Sylv. 
an verſchiedenen Stellen feiner Werke nennt den Pipponem Florentinorum ex 
domo Stroziorum. Über die Strozzi cf. Ganeftrini im archiv. storic. It. IV. 
p 212. Dagegen ift Winde? c. 27 ganz ſchlecht unterrichtet, wenn er Pippo 
eines florentinifden Schuhmachers Sohn nennt. Faft alle italienifhen Chro⸗ 
niten, die feiner erwähnen, nennen ihn wie das Ehronic. Tarvis. p. 833 Pipus 
de Scolaribus, 


- 


412 Anhang. 
Er wor 1369 geboren. Seine Ältern waren fehr verarmt, baber 
erhielt er nicht in dem theuren Florenz, fondern auf dem Eanıbe 
feine Erziehung. Mit Kaufleuten aus feiner Vaterſtadt begab er 
ſich als herangewachfener Juͤngling nad) Deutfchland, und hielt ſich 
einige Zeit in Trier auf, wo er dem Erzbifchofe, deffen Finanzen 
durch fchlechtes Rechnungsweſen gänzlich in Unordnung gerathen, 
fehr wefentliche Dienfte leiftete, indem er forgfältig über alle Ein⸗ 
nahmen und Ausgaben Rechnung führte und dabei fich der italieni- 
fhen Art der Buchführung bediente Er ward baher bald Dem 
Erzbifchof ganz unentbehrlich 3). 
Damald kamen öfters Geſandte ded Königs Sigmund von 
Ungarn nad) Trier zum Erzbifchof. Sie lernten den fchönen, reich⸗ 
begabten jungen Staliener fennen und erlangten endlich nad) vielem 
Bitten, daß der Erzbifchof erlaubte, daß fie ihn mit fi) nähmen 
nad Ofen, wo fie ihn dem Könige Sigmund vorftellten, der ihn 
ſogleich in feine Dienfte nahm +). Durch feine Anhanglichkeit und 
treuen Dienſte erwarb fich Philippo fehr bald die Liebe und das be= 
fondere Vertrauen des Königs. Er erhob ihn zu hohen Ehren, 
zeichnete ihn vor allen ungarifchen und bögmifchen Baronen aus, 
beichenkte ihn mit dem Schloffe Ozora 5) und großen Reichthuͤmern. 
Darüber erwachte der Neid und die Mißgunft der Reichsba⸗ 
rone und mehrerer Beamten. Sie fuchten Philippo’3 Treue zu ver⸗ 
daͤchtigen und ihn aus der Gunſt ded Königs zu verdrängen. Zwar 

3) Bon Pippo’s Aufenthalt in Trier erzählt nur des Anonymus vita 
p. 152sq. Bielleicht ift ed eine Verwechslung von Pippo’s erftem Aufenthalt 
in Ungarn bei dem Archiepiscopus Strigoniensis zu Trevania: vgl, über dies 
fen Ort Megeften K. Eigmund’s v. 24, May 1435, 

4) Anonymi vita p. 154 sq. Poggio weiß nichts von Pippo’s Aufenthalt 
in Trier. Cr läßt ihn glei nady Ungarn reifen: nel qual tempo (im 13. Zahre 
feined Alters, alfo 1382) andö in Ungheria con Luca Pecchia, il quale avea 
a Buda ragioni e traffichi grandi. 

5) Anonymi vita p.155: (Il re Sigismondo) uno castello, el quale 
per propria natura & munitissimo e difhcillimo a andarvi, el quale loro chia- 
mano Exoda [e3 ift Ozora gemeint] in dono a detto Philippo largi. Dage⸗ 
gen Poggio p. 176 anders: Ebbe donna Barbara, Unghera di nazione, di 
nobilissima stirpe; ed Ozora, castello richissimo, in dota und p. 164 er: 
zählt er, daß ihm anfänglich der König das Caſtell Simonsthurm (Simontomia 
castello egregio) geſchenkt babe. 


Beilage I. ' 413 
fhien e8 anfangs, als feyen fie in ihrem Unternehmen nicht uns 
gluͤcklich. Bald wandte fich aber Sigmund, der ſich von der Treue 
und Anhänglichkeit feines Lieblings überzeugte 6), dieſem nur noch 
mit größerm Vertrauen zu und überhäufte ihn mit Gunftbezeis 
gungen. Er übertrug ihm auch die Oberaufficht über die Berg: 
werte ?). \ | 

Um diefe Zeit machten mehrere ungarifche Barone und Adlige 
eine Verbindung untereinander und verfchworen fich, den König zu 
ermorden. Da der Aufftand ganz plöglich zum Ausbruch Fam, und 
der König unvorbereitet überfallen wurde, fo wäre er gewiß umges 
fommen, hätte ihn die treue Anhänglichkeit Philippo’s nicht geret: 
tet, der ihn in feiner Burg Ozora aufnahm und gegen die Nachftel: 
lungen der Verſchworenen ſicherte. Ja er machte möglich, daß _ 
die Setreuen ded Königs ſich um ihn verfammelten und die Rebels | 
len, immer mehr eingeengt, fich der Gnade des Königs unterwerfen 
mußten. Philippo war es, ber feinem Herrn rieth, ftrenge gegen 
die Aufrührer zu verfahren: dreißig Grafen und Herren wurden im 
Innern des Caſtells einzeln hingerichtet, und ihre audgeftellten todten 
Körper verbreiteten Furcht und Schrecken unter dem fonft fo unru⸗ 
higen und unbändigen ungarifchen Adel. So hatte Philippo den 
Zhron Sigmund’s durch feinen Rath befefligt °). Daher flieg der 
Staliener noch viel höher in der Gunft feines Koͤnigs, der in feinem 
Herzen immer den Dank gegen feinen Retfer bewahrte und ihn das 
ber, als er fpäter römifcher König wurde, noch mehr erhöhte und 
mit Gunftbezeigungen überhäufte. 

Auch bei einem andern Aufftande der ungarifchen Srogen i im 


6) Das Diario Ferrarese bei Muratori XXIV. p. 177 gibt als Urſache, 
weßhalb Pippo fo hoch in Sigmund's Gunft flieg,‘ an, daß der Florentiner im 
bosnifchen Kriege, worin der König geflohen, deffen Flucht verheimlicht und fo 


den Sieg errungen habe, Diefes müßte im 3. 1392 geſchehen ſeyn. Vgl. Geſch. 


K. Sigmunv’s I. S. 80ft, u. 256, 

7) Poggio p. 165. ' | 

8) Anonymi vita p. lddsgg. ſpricht ausführlich davon. Poggio p. 166 
ſpricht von dem ſpätern Aufſtand im J. 1403. Offenbar aber iſt bier die frü— 
here Empoͤrung der 32 reguli vor dem J. 1400, etwa um 1394 gemeint, wo⸗ 
von Aen. Sylv. Europa, Thurocz Chr..IV. c. 7 und Andere erzählen, Bol, 
Geſch. K. Sigmund's I. S. 84 fll. 


414 Ayhang. 
3.1401, in weldem Sigmund gefangen genommen wurbe, zeich⸗ 
nete ſich Philippo durch Treue und Anhänglichkeit aus, woburch ex 
auch in deſſen Schickſal verflochten und in’3 Gefängniß geworfen 
wurde ?). Als Sigmund wieder Thron und Freiheit erlangte, hatte 
er Gelegenheit, mit den Stellen und Gütern ber Rebellen feine ge 
treuen Vaſallen zu belohnen. Unter ihnen fland in der vorderſten 
Reihe Philippo, den feine Klugheit und Gewandtheit, feine Kriegs⸗ 
gefchidlichkeit und Furchtlofigkeit, feine Verdienſte und feine Thaͤ⸗ 
tigkeit ganz befonderd empfahlen. Der König machte ihn zum 
Kriegdführer (Capitano) ber Truppen, die er ald König in's Feld 
ſchickte, und ernannte ihn zum Grafen von Temeswar und zum Ges 
fpann oder Oberrichter des Comitats, worin Temeswar liegt. Seit 
biefer Zeit wird er bei den italienifchen und deutfchen Schriftftellern 
unter bem Namen Pippo Spano angeführt 1%) In allen Kriegs⸗ 
zügen gegen bie Türken zeichnete fich der Zlorentiner auf das vor: 
theilhaftelte vor allen Heerführern aus. Sein Name war der Schres 
den der Rebellen und der Tuͤrken 21), Der König fchlug ihn daher 
auch öffentlich im Angeficht des ungarifchen Heerd zum Ritter, und 
übertrug ihm die Verwaltung Serviens, foweit es unter ungarifcher 
Dberhoheit fland 12). 

Nicht lange hernach ward Sigmund von den Kurfürften zum 
sömifchen König erhoben. Seit diefer Zeit kamen zu den Türken: 


kriegen noch die Venetianifchen. Pippo Spano wurde ald Ober ' 


feldhere von Sigmund gegen die Truppen der Republik Venedig 
geſchickt. Er beſetzte und behauptete das Land Friaul, welches die 
Benetianer ſich angeeignet hatten: er befiegte in einer Schlacht den 
Karl Malatefla von Rimini, den Verbündeten der Republik Vene⸗ 





9) Poggio p. 167. Bgl. Geſch. K. Sigmund’s I. 8.122 fi. 

10) Anonymi vita p. 157 und die Nota Apologetica dazu p. 130. Pog- 
gio p. 170. 

11) Anonym. vit. p. 157: wenn dort von den Türkeneinbrüden in Ungern, 
im Polen, in Liria die Rede ift, fo muß für letzteres Wort Stiria, d. i. Steyers 
mark, gelefen werden, Daß im Kriege, den Ladislaus, König von Neapel, ges 
gen Sigmund in Dalmatien führte, Pippo fehr weientlihe Dienfte leiftete, gibt 
Poggio p. 166 an, Bgl. Geld, K. Sigmund's I. Kap. 10, &, 213 fill. 

12) Poggio p. 173. 


Beilage I. 45 
big (1412); Man verglich Pippo's Kriegäthaten mit bene bei 
Dannibal, bed Julius Caͤſar, des Belifarius !°).. 

Auch feiner Vaterſtadt Florenz, welche damals (1413) von 
Karl von Neapel bedroht wurde, wollte er zur Hülfe eilen, wenn 
e8 der römifche König zugelaflen hätte 124). 

Seine zahlreichen Neider und Feinde unterließen nicht, ba ſpaͤ⸗ 
ter ber venetianiſche Krieg nicht den beßten Fortgang für Sigmund's 
Waffen hatte, den Zlorentiner zu verbächtigen, als hätte ex ſich 
von dem Gelbe ber Republik beflechen laffen 15): doch war ber roͤ⸗ 





13) Anonym. vit. p. 159 sq. und die Note 1. dafelbft die Rachrichten 
anderer italienifhen Schriftfteller über das Lob Pippo’s. Poggio p. 174. Wins 
det und die ital. Ghroniften find angegeben in der Geld. 8 Gigmund’s I. 
S. 337 fü. 

1%) Anonym. vita p. 160 u. Rote 1 und Canestrini discorso sopra alcane 
xelazioni della rep. Fiorentina col re d’Ungheria e con Fibppa doolari 
p. 185 - 213. 

15) Windeck c. 27. Theodorich de Niem vit. Joh. XXIII. c. 34. Bgl. 
Geſch. K. Sigmund's 1. S. 339. Poggio p. 174 ſucht Pippo zu rechtfertigen 
gegen die Anklage des Verraths: Venendone la vernata, e non venendo l’ajuto 
ed il soccorso dell’ Imperadore promesso — in Ungherie si ritornòo. NS 
vi mancarono detrattori a dire e commettere male di lui: spezialmente Mar- 
silio e Piero Brunor; i quali al re affermavano, lui da’ Veneziani con da» 
nari corrotto, non avere voluto nella Lombardia passare. Sagredo, ber 
in der Nota Apologetica (Archiv. storic. Ital.) p. 131 sqqg. den Pippo von 
der Anſchuldigung des Berraths zu rechtfertigen ſucht, prüft die Angaben des 
Marc. Ant. Sabellicus, des Peter Kuftiniani und des Bonflnius, welde erzäße 
ken, daß Sigmund den Pippo, der von den Venetianern beſtochen worden, durqh 
in den Mund eingegoffenes Gold habe tödten laſſen. Justiniani rer. Venetar. 
hist. ed. 1560. lib. IV. p. 186 berichtet nady den Worten des Sabellicus, ohne - 
deſſen si dice zu berüdfiägtigen: Quem (Piponem) postea Sigismandum ad se 
reversum, liguefacto in os auro, cajus inexplebilis in homine aitis eret, 
wecandum curavit. Gagredo’s Unterfuhung ift eine böchft mangelhafte, .da er 
die Angaben von Winde und Theodori von Riem nit kennt. Daß Pippo 
nod nad dem 3. 1413 lebte bis zum J. 1426, ift gewiß umd jede Rachricht, 
bie feinen Tod glei nad dem venetianifhen Kriege 1413 oder 1414 fept, iſt 
als eine ganz falfche zu verwerfen. Warum Pippo, ohne den @ieg gegen die 
Benetianer zu verfolgen, nach Ungarn zurüdtehrte, darüber gibt eine alte vene⸗ 
tianiſche Chronik (bei Sagredo p. 142) Naqricht: Pipo capetanio di Ongari 
a di i4 Fevrer 1411 se amald de une grarve infirmitä et se fece oondur in 
Onggia in una sbara. 


416 Anhang. 

mifche Koͤnig einſichtsvoll und weife genug, bie Umflände, bie Pippo 
verhindert hatten, feine Siege vollſtaͤndiger zu benutzen, einzuſehen, 
and daher nicht den Einflüfterungen bed Neides und ber Mißgunft 
Gehör zu ſchenken. 

Auch daß Pippo mit unmenfehlicher Grauſamkeit gegen bie 
Kriegögefangenen gemwüthet, worin die Venetianer mit dem Bei⸗ 
foiele vorauögegangen, muß als eine Übertreibung der Schriftfielter 
betrachtet werden 1%). _ 

Daß nach dem Frieden mit ber Republt Benebig 17) Pippo 
von Sigmund als Statthalter oder Vicekoͤnig in Italien zurlidigelaf- 
fen worden, ift eine fehr zu bezweifelnde Nachricht von Poggio 1°). 
Während des Conſtanzer Concils lag Pippo Öfterd gegen die Tuͤrken 
zu Felde 19): er Fam felbft an den Ort des Concils 2°), um bem 
König ‚perfönlich über feine Erfolge Bericht zu erflatten, und bie 
Berläumdungen der Neider zu widerlegen. Sigmund nahm ihn mit 


* vielen Ehren auf und überhäufte ihn mit neuen Gnabenbezeigungen, 


wodurch er wiederholt an den Zag legte, wie fehr er mit der Kriegs: 
führung des Zlorentinerd und feiner Verwaltung zufrieden war 21). 

In den böhmifchen Zeldzügen, worin der roͤmiſche König fo 
ſehr vom Unglüd verfolgt war, follte auch fein großer Feldherr 
Pippo feine Kriegsſchaaren zum Siege führen. Bei dem zweiten 
böhmifchen Krieg, wo Sigmund hauptſaͤchlich durch ungarifche 
Kriegsvoͤlker die Unterwerfung der Böhmen herbeizuführen hoffte, 
befehligte der Zlorentiner die Neiterei: doch in dem Kampf gegen 
die fanatifchen Huffiten waren Feine Lorbeeren zu fammeln: bei 


16) Poggio p. 177sq. und die Rote 3 ſpricht für Pippo, gegm ihn Sa- 
nudo vite dei Dogi Venet. bei Muratori XXII. 873 sqq. Windel c. 27: 
letztere find aber entfhiedene Gegner des Florentiners. Auch Mellini nimmt Piypo 
in Schut, nit fo Sagredo p. 148. 

17) Sagredo fand alle auf den Krieg und Frieden bezüglichen Actenftüde 
noch im venetian. Archiv p. 146 2q. 

18) Poggio p. 173. 

19) Poggio 1. c. 

20) Poggio 1. c. u. p. 181 und Polidori Avertimento zu Poggio vita di 
Filippo Scolari p. 122. 

21) Poggio p. 175 2q. 





Beilage TI. 417 
Deutſch⸗Brod (1421) floh Pippo wie bie übrigen bes koͤniglichen 
Heeres 22), Bu 
Seit diefer Beit findet man ihn theild atı der türkifchen Grenze 
gegen die Feinde der Chriftenheit in befländigem Kriege, theils in 
den neu ausgebrochenen Streitigkeiten mit Venedig im I. 1424 — 
4426 zu ben Unterhandlungen mit den Republifen Venedig und 
Florenz verwendet 23). Er foll in achtzehn, oder nach Andern in 
dreiundzwanzig Schlachten gegen bie Osmanen geftritten haben 2%), 
In einer Schlacht gegen fie fand er auch fein ruhmvolles Ende. 
Nach den großen Anftrengungen und Strapagen war ber Bekaͤm⸗ 
pfer und Schreien der Tuͤrken einige Zeit auf's Krankenlager ges 
worfen — weßhalb diefelben ihn fchon für geflorben hielten und 
Daher ihre Plünder = und Eroberungszuge wieberholten, — da vwaffte 
Pippo alle feine Kräfte zufammen und ftellte ſich, obwohl noch nicht 
ganz genefen, an die Spige des ungarifchen Heeres. In der- Nähe 
von dem Schloß Solombaz (Zaubenburg an der Donau) traf er 
mit den Feinden zufammen und flug fie in einer großen Schlacht, 
worin fie über 20,000 Mann verloren 2°), Aber der Sieg 


22) Windel’ c. 94. Bol. Geſch. K. Sigmund's II. S. 138 u. 141 fl. 
Die italienifhen Ghroniften und die neuern italieniſchen Geſchichtsforſcher über 
Pippo, melde Windeck's Beriht nit Tonnen, erzählen von des Florentiners 
Theilnahme am boͤhmiſchen Kriege nichts. 

23) Canestrini im discorso im Archiv. stor. It. IV; p. 202%sqg. und in 
den dazu gehörigen Documenti p. 223—231. Bgl. oben Kap. 3. 

24) Poggio p. 179: I Turehi al terrore del uome suo, deviotto volte 
essendo con lui in battaglia ed alle mane venuti e da Jui sempre vinti etc, 
Anonym. vit. p. 162: Cavaleriere che mai non & stato vinto: 

25) Bol. Geſch. K. Sigmund’s III. S. 270, Das Jahr 1426 iſt nad 
Anonym. vita u. Poggio offenbar das richtige, Hermann, Comer. Chronic., 
welche in Deutſchland gefehricbene gleichzeitige Quelle die Italiener nicht Fennen, 
berichtet beim Jahr 1427 über die Schlacht p. 1279: Exercitui (contra Tur- 
cos) Sigismundus praefecit quendam civem Florentinum Pipowe cognomina- 
tum, ipsum de iinis erigens, et primo militem (Ritter) faciens, postea in 
ducem ipsum (Gefvan, Graf, Capitanus) promovit: Qui erectione incon- 
sueta subito sublimatus, viribus et animo promereri principatum sibi imme- 
rito datum satagens, contra hostes domini sui in proelium festinavit. Et 
sic bellum duruin cum eis dimicans, tandem victor fortuna sibi favente 
offectus est, ultra XL millia armatorum prosternens. Exercitus tamen Un- 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 97 


+ 


} 


418 Anhang. 

war nicht wohlfeil erfauft. Pedro, der portugiefifche Prinz, Der 
achthundert Ritter feiner Nation zum Kampf für den Glauben ge: 
gen die Dömanen in die Schlacht geführt hatte, verlor faſt die ganze 
Schaar durch den Tod 2°). Der kranke Pippo, von den übermd- 
ßigen Anftvengungen in der Schlacht erfchöpft, warb flerbend nach 
Lippa gebracht, wo er auch, verfchied (27. Dec. 1426). Den Leich- 
nam brachte man dann nach Alba Regalis (Stuhlweiffenburg), wo 
ex feierlich beigefeßt wurde: uͤber fein Grab ward eine Kapelle, an 
der Seite der Kirche, worin die Gebeine der ungarifchen Könige ru⸗ 
hen, errichtet 27). Sigmund empfing bie Nachricht von dem Tode 
feines großen Feldherrn in Wien: er mit feinem ganzen Hof legte 
für den Geftorbenen Zrauerkleider an und eilte nach Ungarn zurüd 
an das Grab des Heimgegangenen 28). Pippo hinterließ von ſei⸗ 
ner Gemahlin Barbara, einer geborenen Gräfin von Dora, Feinen 
Erben. Sie hatte ihm zwar vier Söhne geboren: fie fiarben aber 
fämmtlich in frühem Alter 2%). Zum Erben feines großen Vermoͤ⸗ 


garorum multos amisit gladis inimicorum interemtos. Poggio, der p. 183 

von der Schlacht fpriht, gibt nur 20,000 Zodte auf Seiten der Türken an. 
Rach Mellini's Documenten p. 53 sqq. war Pippo mit 5000 Reitern und 10,000 
Mann zu Zuß in die Walachei vorgedrungen, 
26) Poggio p. 183: Piero, figliolo del re di Portogallo, il quale, per 
sodisfare a uno voto, dalle estreme parti del mondo a lui era venuto con 
gran pompa ed apparato, con ottocento uomini d’arme, vestiti tutti di 
drappo bianco, avendo ognuno la croce rossa sopra arme: che quasi tutti 
furono morti. 

27) Des Anonymi vita p. 162 fügt: Mori detto Philippo in Ungheria 
nel castello chiamato Exoda et con apparato regale & stato in Buda, was 
falſch iſt: durch Poggio und Andere find wir beffer unterrichtet: mit Recht be- 
merkt Sagredo zu der Stelle des Anonymi vita: Mori lo Spano in Lippa (vgl, 
Poggio p. 184) e fu sepolto non giä in Buda, ma in Alba reale (Poggiol. c.), 
‘dovera la Cappella & fatta di nuovo per sua sepoltura. (V. Le lettere di 
Rinaldo degli Albizzi nella App. del Mellini. Nach Mellini p. 64 ftarb Pippo 
27. December 1426.) Pessioa Mars Morav. p. 544 auf Bonfin. hist. Hungar. 
_ Dec. III. lib. III ſich ftügend, gibt Pippo’s Tod unrigtig beim 3. 1428 an 
und wiederholt das Mähren, daß Sigmund ihm, weil er von den Venetianern 
beftohen worden, habe Gold in ven Mund gießen laſſen: infuso in os auro 
(ut ajunt) e medio tolli jussisse. 

28) Poggio l. c. 

29) Poggio 1. c. auöführli. Kurz Thurocz Chron. Ung. lib. IV. c 18. 








\ ’ 

Beilage I. " 419 
gend 80) hatte er ben König Sigmund eingefe&t ?!). Sein Bne 
der Matthäus, der In Florenz lebte, war von der Erbſchaft ausge⸗ 
fchlofien 32), weßhalb wahrfcheinlich dieſer auch unterließ, in ber 
Baterfladt die Kirche weiter zu bauen, deren Eerichuns zum An⸗ 
denken Pippo’s beſtimmt war. 


av Beilage u 


über die angebliche Reformatio ecclesiastica K. Sigmund’s, und deſſen 
Reformation des weltlichen und Policey-Weſens. 


‚Die Reformatio ecclesiastica !), welche Kaifer Sigmund 
im Sahr 1456 gegeben haben foll, und angeblich von deffen Rath 
bei Schwandtner I. p. 233: Comes Pipo de Ozora nullo sui sanguinis su- 
perstite herede defunctus. 

30) Über den ungeheuren Reichthum und die Macht Pippo’s ſprechen nicht 
nur die Ghroniften, fondern auch befonders Ancad Sylvius an mehrern Stellen 
und befonders in dem dict. et fact. Alfons. reg. Comment., wornach Sigmund 
ſelbſt erklärt habe, daß ihn feine Günftlinge, namentlich Pippo Spano, ausge 


zogen und arm gemadt hätten. Darnach erzählt Zinfgref teutfcher Nation. 


Apophthegmata J. S. 52 (vol. Geſch. K. Sigmund’s I. S. 256), Sigmund 
babe fid) geäußert: „Wenn Pippo von Dzora untreu gegen mid) feyn wollte, 
fo dürfte er mir nur ein weißes Stäblein in die Hand geben, id mößte nad 
und bloß aus dem Königreihe ziehen.” 

31) Poggio p. 179: Non avendo alcun figliuolo, lasciato herede l Im- 
peradore. Dffenbar bezieht fih auf Pippo’s Familie die königliche Betätigung 
eines Zegatd für Laurentius de Scolaribus von ‚Sorenz, S. die Htegeften beim 
31. Dec. 14%, 

32) Die florentinifden Sefandten verlangten Schenfungen, die Pippo. in 
feinem Teſtamente feiner Baterftadt gemadt hatte: Sigmund aber nahm ſämmt⸗ 
lies Vermögen Pippo’s in Beſitz, felbft die 2000 Goldgulden, welche er feiner 
Bruderstochter beftimmt hatte: nad einer Legazione di Luca degli Albizzi e 
P. Giustiniani bei Canestrißi 1. c. p. 210. 

1) Sie ift zuerjt gedrudt in Twinger von Königshofen Strasburg. Chro- 
nit, Ausgabe von Bämler, Augsburg 1476, Der Titel lautet: „Hienach vol 
get die Reformacion, So der durchleuchtigſt grosmedhtigft fürft und herr herr 
Sigmund N. K. zu allen z. merer d. r. z. Vngern ꝛc. Künig, In dem nädjiten 
Goncilium zu Bafel, die hl. chriſt. Firhen in beftändige ordnung zu bringen für⸗ 
genom̃en bett, darumb dann daz vorgemelt concilium der zent angeſehen vnd 
darzu Babſt, Kayſer alle geiſtliche vnd weltliche Kurfürſten, Fürſten, Grafen, 

27 * 


4% Anhang. 

Friedrich Landskron, einem Böhmen, aus bem Lateinifchen in’s 
Deutfche uͤberſetzt wurde 2), rührt ohne Zweifel nicht von Sigmund 
her: fie ift auch nie einem Reichstag, noch einem Concilium, noch 
dem Papft vorgelegt worden, zur Beftätigung ). Man kann fie 
aber in der Form, wie fie vorliegt, nicht einmal für einen Entwurf 
halten, fondern die Schrift ift nichts Anderes, als eine Schm aͤh⸗ 
Schrift auf die kirchlichen Gebrechen und Mißbräuche zur Zeit bes 
Basler Conciliums während ber letzten Jahre der Regierung Sigs 
mund’: die Grundfäge, die in biefer fogenannten Reformatio 
ecclesiastica vorherrfchen, find gemilderte huffitifche Glaubensfäge, 
namentlich in Bezug auf Unterbrüdung des Moͤnchsweſens umb 
des weltlihen Regiments der Geiftlichkeit, wie auch auf Säcularifa- 


Zreyen, Herren, Nitter und Stett beruft wurden 3. wie dieſelb Reformation 
von wort zu worten eigentliher hienach volget.“ Nicht ganz fünfzig Jahre fpds 
ter erfolgte ein neuer Abdrud mit willfürlihen Beränderungen und anderm Ti⸗ 
tel: „Die Neformacion, fo der allerdurdlaudtigft großmechtigeft fürft und Herr 
Hear Sigmund Roͤm. Kayfer 2c. in dem näditen Goncilio zu Cojtenz, bie 
chriſtenliche Kirchen in beftendige Ordnung zu bringen fürgenummen hat. Baſel 
MEGEGCECXXI. jar.“ — Goldaft in den Stat. et rescript. Imperial. Fran- 
cof. 1607. p.176 sg. oder in der Neuen Sammlung von Reihöfag. II. S. 140 fu. 
bat die Schrift nad dem erften Abvrud gegeben: „Reformation, fo der aller 
durchl. Herr Sigmund Mom, Kayſer, in dem nächſten Goncilium zu Bafel, die 
Hl. chriſtl. Kirche in beftändige Ordnung zu bringen, fürgenommen hat, wie 
dieſelbe Reformation hienach folget, verteutſcht und erklert durch Herrn Friedrich 
von Landtöfron, Kaiſer Sigmunds Rath” 2c. Endlich hat auch Zünig im Spi- 
cilegium ecclesiasticum des teutſchen Reichſsarchivs S. 257 — 275, aber mit 
Auslaſſung eines Theils des Prooemii, einen Abdruck gegeben: „Kayſers Sigis- 
mundi Reformatio Ecclesiastica, wie ſolche von deſſen Rath, Herren Friedrich 
von Landscron ins Teutſche überfeget worden, de Anno 1436. 

2) Gr nennt ſich in der Augsburger Ausgabe fol: 2 und in der Lünig’fchen 
p- 261 felbftr dort heißt er Briedrih von Lancironii, Sigmund's Rath, bei 
- 2ünig Friedrih von Lancekron, Rath K. Sigmunv’s, 

3) Auch Giefeler Lehrb. der Kirchengeſchichte II. Abth. A. &, 263, Rot. o) 
ift Diefer Meinung: „Die Reformation Sigismund — ift zwar ald.Miefaume- 
tionsplam weder dem Goncilio zu Bafel, wie der Zitel. der Ausgabe ven 1476 
fagt, noch dem zu Goftnig, wie auf dem Titel der Ausgabe von 1621 ſteht, vor⸗ 
gelegt, rührt auch nicht von Sigismund her, ſondern iſt vielleicht 
(wie v. d. Hardt .Concil. Constant. I. XXVIL p. 1121 meint) von dem 
Faiferligen Rathe Kriedrid von LZandstronnad Sigismunds 
ode abgefaßt.” v. Weflenberg die großen Kirchenverſamml. des 15. u 


- 





Beilage II. m 


tion ihrer Guͤter, ferner in Bezug auf die Priefterehe, dad Faſten 
and die Sacramente, endlich. auch in Hinficht auf dad durchaus 
bemocratifche Element, welches mit großer Oppofition gegen das 
fuͤrſtliche in der ganzen Schrift vorherrſcht. 

Der weſentliche Inhalt ber Schrift aber ift in ber Kürze fol: 
gender: 1 

Voraus wird ein Traum, den Sigmund gehabt, mitgetheilt. 
Noch vor feiner Erwaͤhlung zum roͤmiſchen Könige, erzählt Sigmund, 
ald ex am Himmelfahrtötage zu Preßburg früh Morgens auf feinem 
Bette gelegen und eben bie Sonne in fein. Schlafgemach gebrungen, 
fey ihm vorgefommen, als vernehme er eine Stimme: „Sigmund 
fiehe auf, bekenne Gott, bereite einen Weg der göttlichen Drbnung, 
denn alles gefchriebene Recht hat Gebrechen an Gerechtigkeit. Du 
magft es vollbringen, du bift ein Wegbereiter deß, ber nach Dir 
kommen foll, durch ben wird Gott viel wirken.‘ Als wir das börs 
ten, wurden wir betrübt von Herzen und hinterfamen und ſelbſt, 
zu erfennen, wer wir wären: doch warb und befannt, daß wir 
einen Weg dazu bereiten follten. Wir gewannen eine große Auf 
richtung und Erleichterung. — Bon dem Tage an, ald wir bed 
Reichs Knecht und Diener wurden, flelten wir mit allen Sinnen 
darnach, baß eine rechte Drbnumg der Paͤpſte wurde, darnach ein 
Contilium ordnen ſollte den Staat der heil. Kirche, wozu wir arbeis. 
teten und all unfer Vermögen in Siechtagen und Gefundheit willig 
onwendeten und gedachten, das Eoncil zu Conflanz wollte eine 


46. Jahrh. IT. 103 (u. 238) läßt ohne Prüfung der Achtheit der Reformatio 
eocl. diefelbe irrthümlicher Weiſe auf dem Eonftanzer Eoncilium den verfammel« 
ten Bätern vorlegen. Er bat fi zu diefer irrigen Meinung durch Trithem. 
Cyhron. Hirsaug. II. 345 verleiten laffen, dabei aber nicht beachtet, was an dies 
fer Stelle ſehr richtig über den wahren Verfaſſer der Reformatio gefagt iſt. — 
Schon bald nad) der Erſcheinung der Basler Ausgabe von 1521 erflärte fi Io” 
haunes Gochlaͤus gegen die Achtheit der Reformation Sigmund's in einer Schrift: 
Was von K. Sigismunds Neformation zu halten fen, eine Diöputation Joh. 
Soclei. Anno MNDXXXIII. 4%. — Die Avisamenta Moguntine, die bei Lü- 
nig R. X. P. Gen. Contin. p. 32 — 37 ſich finden, die angeblid im 3. 1426 
dem K. Sigmund zur Neformation der deutſchen Kirche von den Reihöftänden 
übergeben worden find, rühren offenbar, wie man aus ihrem Inhalt erficht, 
nad der Zeit der Erhebung des Papftes Felix V ber. 


— 


42 Anhang. 
Ordnung machen, barım es auch angefeht war. Aber die Haͤupter 
find aller göttlichen Ordnung unwuͤrdig und widerfpenflig. — Und 
da es zu Gonflanz nicht feyn mochte, ward gegen Pavia ein 
Concil erdacht, da ward abermals nichts dataus und ward vers 
[oben zu dem Concil zu Siena, da ward auch nichts refor⸗ 
mirt. Doch ordneten der Papft und die Carbindle ein Concil ges 
gen Bafel, dafelbft drei Puncte auszutragen ıc. 

In dem Prodmium wird ausgefprochen, daß ber geiſtliche 
and weltliche Staat verfallen und krank fey, ba bie geifllichen und 
weltlichen Hdupter pflichtoergeffen und nachläffig geworden, nur bei 
den Reichsſtaͤdten fey noch einzig und allein goͤttliche Ordnung 
zu finden. Weder vom Papft, noch Concilium, noch den. Fuͤrſten 
fey Heil zu erwarten, nur allein noch von den Reichöftäbten. 

In den $$. 1— 3 wird von dem Urfprung ber Unerbnung ges 
banbelt, welche der Simonie, dem Wucher und ber Habſucht zur 
gefchrieben wird, und der Art wie berfelben abzuhelfen fey durch 
gegenwärtige Reformatio, die hauptfächlic durch firenge Beobach⸗ 
tung ber fieben Satramente (die aber nicht ganz mit den kirchlichen 
übereinflimmen) zu erlangen fey. 

8.4 nennt fich Friedrich Landskron als Überfeger der lateini⸗ 
fen Reformatio in das Deutfche, und bemerkt, daß wenn ie 
derfelben Manches noch abzuänbern fey (er betrachtet die Schrift 

, demnach felbft als Vorſchlag im Widerforuch mit ſich felbft), fe 

möchte man es dem roͤmiſchen Kaifer oder feinem Statthalter vor 

. bringen. Sollte aber in der Güte die Reformatio nicht angenom⸗ 

‚ men werden, müffe das Schwert ihr die Geltung verfihaffen. Auch 
hier wird ganz beſonders alle Hoffnung auf die Reichäftädte gefebt. 

Die $$.5— 8 handeln vom Papft und den Cardinaͤlen. Sie 
folen aus feinem Mönchsorden gewählt werden: fie follen mit be- 
flimmten Geldfummen verforgt werden, und alle Geldeinnahmen 
des römifchen Stuhls in geiftlichen Sachen ganz und gar abges 
than feyn. 

Die 88. 9— 15 geben Beftimmungen über die Bifchöfe. Auch 
die Bifchöfe folen aus Feinem Mönchdorden genommen werden. 
Ihre Bedruͤckungen und ihr weltliches Regiment follen gänzlich ab: 
geftelt werden. Sie follen beftimmte Befoldungen beziehen, ein 





Beilage II. 423 
Erzbiſchof 42,000 Gulden, ein Biſchof bie Hälfte Sie follen . 
die Kirchendisciplin flreng aufrecht erhalten. durch Synoden, Viſi⸗ 
tationen ıc. Pr , 

In den $$. 16— 18 wird von ben Pfarrkirchen und deren Be: 
forgern, den Weltprieftern, gefprochen. Gegen den Gölibat ber 
Driefter wird geeifert: „Aber darum, daß ed verfehen ward, fo ift 
ed weger, man lebt ald man zu Drient lebt und in Hifpania (2), 
do die Priefter Weiber nehmen: wann Chriftus hatte es nicht gebo= 
ten der Priefterfchaft.”" — „So ſoll man jeglichen weltlichen Prie⸗ 
fier ein Eheweib geben, die Sungfrau und rain ſey.“ — „Aber 
ein Priefter, der ein Weib nimpt ein Jungfrawen, der fol fein Wu⸗ 
chen (Dienfi) halten einer nach dem andern. Und dieweil die Wu⸗ 
chen wehrt, fol er nicht bey feinem Weibe liegen.” Gegen Die 
Unkeufchen aber follen firenge Strafen verhängt werben, ihnen fol 
beim Rüdfall da8 Amt entzogen werben. Auch die Pfarrer follen 
nichts mit Zehnten, Binfen, Gülten zc. zu thun haben, fondern ihre 
beftimmten Befoldungen beziehen. Die Haltung. des Gottesdien⸗ 
ſtes an den Sonn⸗- und Feiertagen fol nach altem Herfommen ges 
halten werden: aber leßtere nicht mehr in fo großer Zahl; nanients 
lich gefchieht der Marientage Feine Erwähnung, 

Der 8.19 fpricht von den Domlirchen und Domberren, benen 
von ihrem Überfluß ganz befonders viel entzogen wird. Von ben 
Domberren wird gefagt: „Sie find nun Gottes Junckherrn worden. 
Sie geen ald die Layen in weiffen Schuhen, in müberin Kleidern, 
die geiftlich Leut nicht tragen follen. Sie heißen nun von Recht 
Müßiggänger. Ein Domherr ſoll jährlich adhtzig Gulden haben” ıc. 
Auch über die Disciplin der Domberren find Beflimmungen ge: 
geben. 

Sodann in $.20 wirb von dem Verfalle der deutfchen ‚Herren 
und Sohanniter gehandelt, und am Schluffe bemerkt: „Sie werden 
bald zu Erd geftoffen. Darumb laß ich es hie befteen von ihn ein 
Drbnung zu machen.” 

In den $$. 21 — 36 werben Beflimmungen gegeben über die 
Moͤnchs⸗ und Frauenklöfter, über die Domkloͤſter für adlige Frauen, 
über die Beghuinen und ähnliche halbweltliche und halbgeiftliche 
Genoſſenſchaften, Uber die Oottesgaben und Almofen ıc., was 


— — —— —— 


424 Anhang. 
alles reformirt, geaͤndert, zum Theil aufgehoben werden ſoll. Alle 
Reichslehen ſollen den Kloͤſtern entzogen werben: man ſoll fie ſoviel 
als moͤglich ausſterben laſſen. Ein Moͤnch ſoll jaͤhrlich vierzig, 
eine Nonne dreißig Gulden bekommen. Die Nonnen ſollen Schule 
halten „daß fo lernen Grammaticam und bie heil. Schrift etwas 
zu verſtehen. Sie mügen beß ftudieren denn Die Mann.‘ In 
einer eigentlichen Reformatio werden aber nicht Bemerkungen bei: 
gemifcht werden folgender Art: „die Elofterfrauen haben gar ein 
bochfertigen Wandel, wo fy zu der Welt kommen. Sy haben mehr 
Acht wie fo der Welt gefällig feyn, dann dem Orden oder Gott, 
Ey wifjen mehr von der Welt zu reden dann die in der Welt find.“ 
Bei den adligen Frauenfliftern wird gefagt: „Item man fol ihn 
auch billich entphremden alle chriſtl. Freyheit. Dos bekenn jeder 
mann in dieſer Geſchrift von unſerm Herrn dem Keyſer in Ermah⸗ 
nung genug beſehen.“ 

Beſonders merkwuͤrdig iſt der Schluß ($.37) des politiſchen 


 Pasquills, worin die Tendenz der Aufregung der weltlichen Reichs⸗ 


fände, befonders der Neichöftädte gegen den Clerus und feinen 
Befig nicht zu verfennen ift: „Man fol auch wiffen, daß nothbürf 
tig if}, als vorgefchrieben ftehet von den Bifchoffen und Abten und 
ben geifllichen Häuptern, daß fi fein Schloß, Veſte, noch Stell, 
Zwing noch Penn haben fullen, noch recht iſt. Sie fullen alle fie 
ben und fallen an einen Römifchen Kuͤnig zu dem Reich, der fol 
fi zu Lehen machen den Herrn, Rittern und Knechten 
und Reichftetten, daß fie dem Reich beftänbig feyen, und 
verhüten, daß diefe Ordenung und Satzung nicht gebros 
hen wird.‘ — „Do dient man auch Gott an, daß man fi (dit 
Geiftlihen mit weltlihdem Regiment) vertreibt und abthut.” 

Der in der ganzen Schrift, die offenbar im Jahr 1436 ab: 
gefaßt wurde, herrſchende Ton und Sigmund's Benehmen im Kb 
nigreich Böhmen, wo gradezu ganz entgegen ben In der Reforma- 
tio ecclesiastica audgefprochenen Grundfägen gehandelt wunde, 
machen es unzweifelhaft, daß der Kaiſer an diefer Reformatio 
auch nicht den geringften Theil hatte, ja daß fie nicht einmal Im 
feinem Geifte irgend abgefaßt iſt *). Ä 

9% dürfte daher der Ausfpruch K. A. Menzel's (Geſchichten der Deut 








Beilage IL 425 


Wenn wir auch Feine Andeutung über den Werfaffer der Re- 
formatio in einem alten Chroniften hätten, fo ließe fich der wahre 
Urheber derſelben fchon aus der Schrift felbft errathen °): es iſt der 
angebliche Überfeßer der lateiniſchen Reformatio in's Deutfche, ber 
Böhme Friedrich von Landskron, der wie manche Männer in 
der Umgebung Sigmund’s ſtark zum Huſſitismus neigte, der wirk⸗ 
liche Verfaffer *) diefer fogenannten Sigmundifcyen Reformatio 
ecclesiastica. 

Was Sigmund's angeblihe Reformation des weltliden 
und des Policey:Wefens betrifft”), fo gibt da8 allerdings ins 
tereffante Document wohl manchen wichtigen Aufſchluß und Nach 
weis über policelliche und andere Zuftände in der erften Hälfte bes 
funfzehnten Jahrhunderts. Es kann aber wohl mit Sicherheit bes 
hauptet werden: dieſe Reformation und dieſe Policei⸗Geſetze find nie 
von K. Sigmund erlaffen, auch find fie nicht einmal ala Entwurf 





fen VI. S. 101) nicht richtig ſeyn: „Wenn aud der unter feinem (Sigmund’s) 
Kamen auf die Rachwelt gefommene Entwurf einer Reformation ihm felber nicht 
angehört, To bat doch deſſen Verfaſſer ganz richtig (?) in feiner Seele geles 
fen und der zum Anfange erzählte Traum ift ohne Zweifel (Ct) aus Sieg⸗ 
mund’3 eignem Berichte,” 

6) Heformat. eccles. p. 261 bei Lünig Cap. IV. (überfhrieben) Nomen 
Poetae. Man fol wiffen, alles das in dem Buch geſchrieben fteet, hab ich Fried⸗ 
rich won Zancefron ein Diener und Knecht der gemeinen Epriftenheit und Rathe 
unferd allerdurdl. H. Kayſer Sigmundes und (nad) hoher Meifter Unterweifung, 
Bunft und Willen diefe Ordnung gemacht, von Latein zu Teutſch, zu einem bes 
kennen allen gemeinen Ehriften in der Chriſtenheit. (Die Schrift war urfprüngs 
lich von Landskron in lateinifher Sprache gefchrieben, dann aber überfegte er fie 
im's Deutſche, um die darin ausgefprodenen Grundfäge mehr unter das Volk zu 
verbreiten.) 

6) Trithem. Chronic. Hirsaug. II. p. 345: Sunt qui scribant, eum (Si- 
gismundum) non satis in hao reformatione (er ſpricht von dem Gonftanzer 
Goncilium) synceram pro sacerdotibus mentem habulsse ad finem, guod eo 
paset ibello, quem Fridericus quidam ejus Minister Hussita potius 
quam Christianus, Eleri hostis et adversarius in lingua teutonica n o-= 
mine ipsius Sigismundi Regis composuit et reformaso- 
rium oleri praenotavis, in quo modum destruendi ecolesiam et clerum 
omnem potius quam reformandi commendavit, 

T) Goldaſt R. Sagung. II. p. 110 sqq. Lünig R. %, P. Gen. Contin, 
II. p. 238 sqq, ‘ 


426 Anhang. 

irgend einem Reichstag zur Berathung oder Annahme. vorgelegt 
worben. Die Sprache, die Zendenz, bie Art ber Abfaflung, Als 
les deutet darauf hin, daß derfelbe Friedrich von Landskron, wel⸗ 
eher die Reformatio ecclesiastica abgefaßt bat, auch der Verfaſſer 
der Reformation des weltlichen Regiments iſt: nicht allein fommt 
hier wieder die Gefchichte von dem Traume K. Sigmund’s (in Preß⸗ 
burg am Himmelfahrtötage im 3. 1405) vor ®), und auf die Reiches 
ftädte wird eine ganz befonderd große Wichtigkeit gelegt, und es 
werben heftige Ausfälle geger das Mönchöwefen, befonders Die Bet⸗ 
telorden gemacht; ſondern ſelbſt der Verfaſſer tritt mit feiner Per: 
fon, aber viel abentheuerlicher wie in der Kiechenrefotmation, her⸗ 
vor ?). Offenbar iſt die Schrift erſt nach Sigmund's Tod verfaßt 19) 
und verbreitet worden: man muß aber erſtaunen, daß ſolche un⸗ 
zweifelhaft unterſchobene Schriften (auch die Magna Charta Kai: 
fer Friedrich's III v. 3. 1441 iſt ein ähnliches Fabricat 11), fo lange 


8) Lünig 1. c. p. 247, wo angegeben wird, wie die Drbnumg entftanden 
und Sigmund dur eine Stimme vom Himmel zu der Neformation aufgefordert 
worden. 

9) Lünig l. c. Die Stimme fagt zu Sigmund: „Du Magft ed vollbrin- 
gen, Du bift wol ein Wegbereiter def, der nah Dir kummen fol, der ift ein 
Hriefter, durd den wird Gott viel würden. Gr wird genannt Fried— 
rich von Landnaw. (Sollte ftatt Zandnam nicht zu lefen ſeyn BandEs 
cron?) Gr wird des Reichs Zeichen aufffegen und wird fein Zeihen führen 
neben dem Reich zu der linden Seiten. Er wird führen ein Greug enmitten ſeyn. 
Es mag niemand wider ihn. Er bringt die Ordnung Gottes zu Krafft“ ıc. 

10) Da von dem Baöler Goncilium gefproden wird (Lünig p. 238), fo ift 
fhon daraus abzunehmen, daß die Xbfaflung auf jeden Zall nady 1431 zu fegen 
fey. Aber offenbar gehört fie nad) 1437, wo das Goncilium von neuem mit dem 
Papſt verfallen war, Folgende Worte deuten darauf bin: „Nun mag es aber 
nit vollendet werden ohne die Krafit, die Gott durch den egenannten Priefter ge 
feget und geordnet hat.’ 

11) Rod F. W. Böhmer (K. Friedrichs III. Entwurf einer Magna Charta 
für Deutſchland oder die Reformation dieſes Kaifers v. J. 1441. Gött. 1818) 
hält diefe Magma Charta für ächt und von dem Faiferlihen Rath Thomas von 
Haſelbach auf Befehl feines Herrn abgefaßt. Ehmel Geſch. K. Friedrichs IV. 
Bd. II. S. 101 ſagt mit Recht: „Die dem K. Friedrich zugeſchriebene Refor⸗ 
motion trägt den Stempel der Unächtheit an ſich z“ und: „Das ganze Project iſt 
Declamation, wobei freilich auch manche Wahrheit gefagt wurde.” Daffelbs Ur: 


) 


Betlage II. 427 
fire Acht gehalten werben konnten, ja zum Theil heut zu Tage noch 
als authentifche Documente für dad deutſche Staatsrecht angeflihrt 
werben, fo febr fie auch ben Stempel der Unächtheit an ſich tragen. 

Der weſentliche Inhalt der angeblichen Sigmunbifchen Refor: 
mation bed meltlichen Regiments und des Policey: Weſens aber ift 
folgender: 

Kap. 1-und 2 handeln von ben Zöllen. 

Kap. 3 von der Unterhaltung und Verbefferung der Wege und 
Straßen. ‚Die Abgaben von ben öffentlichen Käufern follen daflır 
verwendet werben. 

Kap. 4 ſpricht von ben Zänften und ihren Migbräuchen. Es 
wird angerathen, fie ganz abzufchaffen. 

Kap. 5 ſchlaͤgt Geldſtrafen gegen bie vor, welche verfchiedener: 
ley Gewerbe, was nicht erlaubt feyn dürfe, trieben, / 

Kap. 6 und 7 reden von bem Handelsſtand und ihrem uͤber⸗ 
mäßigen Gewinn. Gegen die Handelsfocietäten. folie mit aller 
Strenge eingefchritten werben. 

Kap. 8 fpricht von dem Bauernſtand. Kein Feldbauer ſoll 
Winzer feyn, und umgelehrt. 

Kap. 9 handelt vom Zwing und Bann nad) Faiferlichen 
Rechten. 

Kap. 10 fpricht von der Ritterſchaft. [Es ſind dabei hoͤchſt 
wunderliche Anſichten uͤber bie Entftehung des Ritterthums vorge: 
bracht.) 

‚Kap. 11 ımb 12 handeln von der Arzt⸗Ordnung, umb daß jede 
Reichsſtadt ihren Hffentlichen veſoldeten Arzt haben follte. 

Kay. 13 hat die Überfhrift: Won dem Bericht und Rechtfores 
den um Eigenerb. 

Kap. 14 befiehlt niemanden zu bannen um Gelbfehulden, 

Kap. 15 und 16 handeln von den Infiegeln und geben an, wie 
manche Mißbräuche und Verfaͤlſchungen mit denfelben abgeſtellt 
werden müßten. | 

Kap. 17 handelt von den Polliten oder Paßbefcheinigungen, 


theil Tann auch über Sigmund's fogenaunte Neformation des weltlichen und Pos 
liceyweſens gefällt werden. 


428 Anfang. | 
welche jebe Stabt den aus ihren Thoren Gehenden zu geben Hätte, 
bie dann beim Eingang in andere Städte vorzuzeigen feyen. 

Kay. 18 und 19 ſprechen uͤber Stabtfchreiber und öfferstliche 
Rotarien, welche Stellen Fein Geiſtlicher verfehen duͤrfte. 

Kap. 20 und 21 über die vier Reichsvicarien und die Hand⸗ 
habung des Landfriedens. 

Kap. 22 über den Vatauf Der Lehenenmittel und den Hand- 
werkslohn. 

Kap. 23: uͤber den Pfundzoll oder bie irgabe vom Vertaufe 
ber Sachen, die gewogen werben. 

Kap. 24 von der Bürgeraufnahme in ben Reichsſtaͤten. 

Kap. 25 ſpricht Davon, wie es gekommen, daß eine Reformas 
tion des weltlichen Regimentd gemacht worben. [Hier wirb ber 
Zraum Sigmund’d erzählt.) 

Kap. 26 und 27 handeln von bem Wappen unb Namen bes 
Königs, der Bebeutung ber Zeichen und Farben. 

Kap. 28 und 29 von der Münze. 

Kap. 30 von dem Xerminiren ber Beitelorden. 





Beilage. I. 
Über den Kanzler Kafvar Schlid und dei. ‚Anead Sylbius hiſto⸗ 
riſchen Roman Lucretia und Euryalus. 


Unter den Miniſtern und Raͤthen K. Sigmund's uͤbte keiner 
maͤchtigeren Einfluß auf ſeinen Herrn aus, keiner leiſtete ihm aber 
auch groͤßere und zahlreichere Dienfte, als Kaſpar Schlick, der vom 
Kanzleiſchreiber bis zur Wuͤrde des erſten Kanzlers emporſtieg und 
dieſe hohe Stelle nicht nur lange unter Sigmund's Regierung inne 
hatte, ſondern fie auch unter den beiden folgenden Albrecht's TI und 
Friedrich's III bis an fein Lebensende behauptete 2). 


1) Aeneas Sylv. in ber hist. Bahemic, c, 5%: Gaspar, Slichium adeo 
fortuna et virtus extulit, ut, quod erat prius inauditum, triam Caesarım 
successive regnantium cancellariae praefuerit. — — Versatile profecto in- 
genium et naturae bonitas singularis, quae inter tot imperatores , moribus 


prorsus dispares, pari gratia vivere potuit. 








Beilage II. 4% 

Kafpar Schlick flammte von einem bürgerlichen Ges 
fchlechte aus der Stadt Eger in Franken, an der böhmifchen Grenze 
gelsgen?), Sein Vater Heinrich, defien Familienname urſpruͤng⸗ 
lich Laſſan gewefen feyn fol ®), hatte ſich durch Handel ein ans 





j F 

2) Eberhard Windel, der zu gleicher Zeit mit Kafpar Schlid am Hofe 
Sigmund's Ichte, und befonders als Schreiber in Geldfahen von ihm verwendet 
vourde, konnte ganz gut von Schlick's Herkunft unterrichtet ſeyn. Es ift daher 
feiner- Angabe, die von den fpätern Schlickiſchen Familien⸗Nachrichten und dem 
Berichte des Aneas Sylvius abweicht, vor allen andern Glauben zu fehenfen. 
Windeck gibt an c. 204: „Caſpar Sid was eines Purgers fun von 
Eger” und „verfelbe Gafpar Stid romifher Gonzler rait von dem Kaifer zu 
Megensburg gein Eger und Elpogen, vnd hort nymant eins purgers fun 
zu deutihen landen fo mechtig werben.’ Allerdings feinen die Diplome ige 
mund's, befonderd das v. 16. Juli 1422, diefer Angabe Windeck's zu wider⸗ 
ſprechen (vgl. unten Not. 4), aber man darf nicht vergeffen, daß Kaſpar Schlick 
fi felbft Diefe Diplome auögertellt bat und auf den Wappenbrief des römifchen 
Königs v. J. 1416 für feinen Vater ſich beziehend, fhon von rittermäßiger Abs 
Zunft ſprechen zu dürfen meinte. — Der Name findet fih von Schlick felbft in . 
den Unterfähriften der k. Urkunden verſchieden gefchrieben: Sur, Slick, Sligk. 
ö) Aeneas Sylv. in der hist. Bohemic. c. 54: Gaspar Slichius matre 
Italica ex comitibus Collis alti agri Tarvisini, patre Teutonico natus, ex 
familia Lazana provinciae Franconiae. Es ift zu vermuthen ‚ daß bier in 
des Aneas Sylvius Angabe ein Irrthum enthalten ift. Unter der familia La- 
zana (oder wie ed auch geſchrieben wird Lassana) ift ohne Zweifel dur einen 
Sqreibfehler die familia Bassana verſteckt: der oft uncritiſche und oberflächliche 
Aneas Sylvius wußte, daß Kafpar Schlick ſich Graf von Baffan oder Pafe 
faun (d. i. Baſſano) ſchrieb: er meinte, dad fen vom Bater ber fein Familien⸗ 
name. In der Urkunde Sigmund’s d. d. 1. Det. 1434, wodurd 4 Brüder des 
Kaſpar Schlick zu Zreiberren erhoben werden, heißt c& freilich in dem Abdruck 
bei Lünig Spic. secul. IL, 1182 die Slick von Lazann oder Lafann: 
doch dürfte bei der Ungenauigfeit, womit bei Zünig die Urkunden oft abgebrudt 
find, aud noch zu unterſuchen feyn, ob dafür nicht Bafaun (d. i. Baſſano) zu 
leſen ift. In den Urfunden, die Lünig 1. c. unter K. Friedrich's III Regierung 
gegeben mittheilt, werben die Schlick's abwechſelnd die Schlide von Paffaun 
und die Schlicke von Laffafn genannt, vergl. p. 1191 u. 119%. Johannes 
v. Müller, der in der Gelb. Schweizer. Eidgenoſſenſch. LIT. 2. Abthl. am Schluſſe 
des A, Kap. ein Leben des Kafpar Schlick im Abriß gibt und zwar zum Theil 
nad) Familiennachrichten, die ihm der Graf Joſeph von Schlick mittheilte, meint, 
ohne des Aneas Sylvius Bericht zu erwähnen, Laſſan wäre der eigentliche 
Name der Familie und die Laufig ihre urfprünglidie Heimat geweſen. Mül« 
ter hat doch den Eberhard Windel gelefen, warum erwähnt er nicht deflen An⸗ 


430 Anhang. 

fehnliches Vermögen erworben: durch feine Gefchäfte kam er mit 
dem Lande, wo damald ber Mittelpunct alles Verkehres und aller 
Handelſchaft war, mit lombarbifchen Familien in Verbindung, wo⸗ 
her es auch zu erklären ift, wie es kam, baß er eine Italienerin hei⸗ 
rathete. Die Familie der Mutter des Kafpar Schlick wurde hoͤchſt 
wahrſcheinlich durch den mächtigen Einfluß beffelben, nachdem er 
Kitter und Bicebanzler geworden, von Kaifer Sigmund in ben Gra⸗ 
fenftand erhoben. Denn es ift durchaus unglaublih, daß der ein- 
fahe Bürger Heinrich Schlick ded Grafen zu Eollalto und S. Sal⸗ 
vador einzige Tochter geheirathet habe *). 





gabe? Wollte er die etwaige Eitelkeit der ihm befreundeten Schlidifhen Fami⸗ 
tie vieleiht nicht verlegen? Daß Heinrid Schlick, der Bater ded Kanzlers, 
nicht dem Nitter=, fondern dem Bürgerftande angehörte, laͤßt fih auch aus ei⸗ 
nigen Schreiben von und über denfelben, die im Frankfurter Stadtarchiv fi be= 
finden, erfehen. Zür eine eigentlide Geſchichte des kaiſerlichen Kanzlers find 
diefe Documente wohl zu beachten. 

4) Nicht allein Aen. Sylv. 1. c. nennt Kafpar Schlick's Mutter eine Grä- 
fin von Gollalto, fondern aud Föniglide und Feiferlihe Diplome. An dem Di: 
plom Sigmund’s d.d. Rürnberg 16. (richtiger wohl 26.) Juli 1422 (bei Chmel 
Regest. Friederici IV. Imp. I. p. 106), worin Kafpar Schlick, damals noch 
in der Kanzlei Seeretär, in den Zreiberrnftand erhoben wird, heißt ed in der 
Einleitung: Sane Yuamvis ex multorum generosorum et magnificorum vi- 
rorum Comitum et Baronum et signanter magnifici Guilielmi Comitis de 
Prate consiliarii nostri fidelis dilecti clara informatione simus sufficienter 
edocti quod a maternis sedibus ex illa ingenua et nobili Comitum de 
Colalto et sancti Salvatoris domo, qui retroactis temporibus marchiam 
'Tervisanam et alia gloriosa dominia et adhuc retinent plura, intermisse 
originem traxeris cum generosa Constantia mater tua magnifici Rolandi Co- 
mitis Colalti et s. Salvatoris legitima et unica filia fuerit heres sua et su- 
perstes, quam ex nobili uxore sua de domo Comitum de Camino pro- 
creavit, ex paternis vero sedibus a nobili et famoso Heinrico Sligk ex 
militari genere procreato, et per nos ad uberioris nobilitatis apices eve- 
cto processeris suscepimus tamen devotissimam tuam supplicationem etc. 
AÄhnlich lautet der Eingang in dem kaiſerlichen Diplom d. d. Prag 30. Oct. 1437, 
wodurch der Kanzler in den Grafenftand erhoben wurde, bei Linig R. A. P. 
Spic. Cont. I. Zortf. &, 100, Aen. Sylv. hist. Frideric,. Imperat. ed. Kul- 
pis in diplomat. p. 85 und bei Hormayr öftr. Archiv v. 3.1826, S. 461, 
wo befonderd mit Hindeutung euf die Römer der Berdienftadel hervorgehoben 
wird, Dann heißt ed: „Vnd wie wohl nun der edel Gafyar Schlickh — von 
feinem vaterlidem Stamme von edlen wohlthutigen Leuten die 





Beilage TIL. - 431 


Das Geburtsjahr von Kafpar Schlick ift nicht genau bekannt : 
wenn des AÄneas Sylvius Angabe richtig wäre, baß er im Jahre 
4432 zweiunddreißig Jahre alt gewefen; fo würde e8 1400 feyn). 
Aber diefe Angabe ift durchaus ald eine ungenaue zu verwerfen, ins 
dem nach der Stellung, die Kafpar Schlid ſchon in der Zeit bes 
Conftanzer Conciliums am Hofe Sigmund’8 bekleidet, nicht zu glau⸗ 
‚ ben ift, daß einem jungen Menfchen, ber kaum dad Sinabenalter 
verlaffen, die Beforgung wichtiger Aufträge zu Theil geworden feyen. 
Er muß daher wenigftens zehn Jahre früher geboren feyn, als Aneat 
Sylvius angibt. 

Die Erzaͤhlung von des Kaſpar Schlick Auftreten beim Con⸗ 
ſtanzer Concilium gegen die Verurtheilung des Huß oder des Hiero⸗ 
nymus, wovon die gleichzeitigen Quelle nichts wiſſen, iſt als Fabel 
zu verwerfen. Er ſoll im Namen des roͤmiſchen Koͤnigs gegen die 
Verurtheilung und Hinrichtung der boͤhmiſchen Reformatoren Pro⸗ 
teſtation eingelegt und als keine Ruͤckſicht darauf genommen, un⸗ 
willig die Verſammlung verlaſſen haben‘), Da Sigmund feine 
offene Zuftimmung, ja feinen Befehl zur Hinrichtung des Huß gab, 
fo fonnte er nicht dagegen proteftiren laflen; da Kafpar Schlid das 
mals noch in einem fehr untergeordneten Verhältniffe in der koͤnig⸗ 
lichen Kanzlei arbeitete ald Schreiber, fo ift gar nicht denkbar, wie 
er einen folhen Schritt aus eignem Antriebe wagen Eonnte, ohne 
durch folchen Widerfpruch mit feinem Herrn und dem Goncilium zu⸗ 
gleich in Conflict zu gerathen. Als aber Hieronymus verurtheilt 


guter Sad wohl würdig fein, and von feiner Mutter Geſchlecht von ben 
Graven zu Gollalt und &. Salvator eelihe und einige Tochter gewe⸗ 
fen ift, geboren von der edlen Beatricen Grävin von Camynn feis 
ner Anfrawen, darvon er dann vil großer vnd mechtiger Geſchlechter zu Welli« 
fen Landen zu Freunden hat, die mit fambt Ime als wir in den Landen zugen 
vor Bnd waren, vnd Vns von folder Gepurt genuglich Vnderweiſung thetten, 
alfo das an feinem Adel billidy niemandt “zweiflen foll vnd mag.’ [Aber ſchon 
in dem Diplom 1422, alfo lange vor 1431, wollte Sigmund über die Abſtam⸗ 
mung K. Schlick's von gräflichem Geſchlecht vollftändig unterrichtet ſeyn.] 

5) Die Narratio arcana oder Euryalus und Lucretia bei Hahn I. ©, 412, 

6) Keine gleichzeitige Duelle gedenft der Sache. Vgl. v. d. Hardt Con- 
cil. Constant. IV. p. 765. Royko Kirchenverſamml. zu Koftnig IL. 291 md 
Geſch. K. Sigmund’ IL. 206, N. 16. 


432 Anhang. 
wurde, befand ſich Kafpar Schlid gar nicht in Conſtanz, fondern 
auf der Reife mit Sigmund in England, Es ift aber erflärlich, 
wie diefe Erzählung ihre Entſtehung und Verbreitung erhalten konnte. 
Kafpar Schlick fuchte die Liebe und Zuneigung ber Böhmen zu ge⸗ 
winnen. Er mochte ſich oft dahin geäußert haben, daß er die Hin⸗ 
richtung der beiden böhmifchen Glaubensmärtyrer fehr mißbilligt 
habe: und wenn die Sache von ihm abgehangen, daß er fie verhin⸗ 
bert haben würde. Kafpar Schlid trat im Jahre 1416, ald Sig⸗ 
mund auf der Reife in Frankreich an die Pyrenden begriffen war, 
als Secretär in die Eönigliche Kanzlei ein 7). 

Wir erhalten zuerft von ihm urkundlich eine Nachricht im Jahr 
4416, in welchem er am 13. Auguſt mit feinem Vater Heinrich 
von Sigmund einen Wappeghrief erhält). Er wird darin bes rö- 


7) Winde c. 204 fagt dieſes ausdrücklich, der ebenfalls den römischen Rs 
nig auf der Neife begleitete: „Vnd was zu dem kaiſer komen, do mon ſchreib 
taufent vir hundert und X VI Jare, was der (Biſchof Georg) von Paffam romis 
ſcher Canzler, was einer von Hohenloch.“ Auch Sigmund ſelbſt in dem Diplom 
vom 3. 1437 a. a. O. gibt an, daß Kaſpar Schlick ihm Über Zwanzig Jahre 
gedient habe, was auf das Jahr 1416 ſtimmt. Gewiß ift es, daß ſchon im 
3. 1415 von Gonftanz aus der junge Schlid bei dem König war, als er bie 
Meife an die Pyrenäen antrat, aber damals arbeitete er noch nicht in der Kanz⸗ 
lei. Denn in dem Diplom v. 3. 1437 fagt Sigmund: „So bat der eegenant 
Gafpar alle Reife die Wir gen Arragon vnd zu den Künigen von Hifpanien, alß 
vmb Ainighait willen der heiligen Kirchen tatten, und da wir gen Zranfreidy vnd 
gen Englandt zugen, diefelbige Künige zu verridhten, mit Bns ftetiglidh voll⸗ 
bracht.“ J 

8) Lünig Spicil. saecul. If. 1174. Es war zugleich eine Confirmation 
und Vermehrung des Schlickiſchen Wappens: Heinrich Schlick und feine Altern 
führten einen rothen Schild mit einem weißen Zwick in der Mitte: in der Wap⸗ 
penbefferung wurde dazu gefügt ein rother Ring auf beiden Seiten im rothen 
Zee: und ein folder rother Ring kam auch in den weißen Iwid in die Mitte, 
— Dur ſolche Wappenbricfe, die man fid) erfaufte, oder durch die Pönigliche 
Gnade erhielt, erlangte man den niederften Grad des Adels: nicht allein Buͤr⸗ 
ger, fondern au wohlhabende Bauersleute erfauften fih ſolche Wappenbricfe 
oder den Brief Adel, worüber der Adel, der ed von Geburt war, in der Zeit 
von K. Sigmund fi fehr beſchwerte. Der Schweizer Hüpli, ein Zeitgenoffe, 
fagt bei Rob. v. Müller Geld. der Schweiz. Eidgen. IIL 2. Abthl. Kap. 5: 
„Unter ihm wurden‘ viele Bauern edel und befamen Wappen, wenn fie 
dem Ganzler den Brief zu bezahlen vermodten. —  Biele von dem alten Adel 
wurden in feinem Dienft arm, dagegen füllte er dad Land mit neuen Rittern.” 








Beilage HL. — 433 
miſchen Königs Schreiber. (d. i. Secretaͤr) genannt. Die Urkunde 
iſt in England zu Canterbury ausgeſtellt. Auch aus des Aneas 
Sylvius hiſtoriſchem Roman’ erfahren wir, daß Kaſpar Schlick in 
England gewefen ?). Ron biefer Zeit an flieg er ſchnell in Gigs 
mund’ Gunft und befaß fein volles Vertrauen: er warb Protono⸗ 
tarius, dann Vicefanzler und u Kanzler 19): feit dem Schluffe 

des Gonftanzer Gonciliums bis auf Sigmund's Tod, nahe an zwanzig 
Jahre, leitete er im Cabinete alle Regierungdangelegenheiten. Kein 
wichtiges Geſchaͤft wurde ohne ihn geführt. -. Er begleitete Sigmund 
auf allen feinen Reifen und Seldzügen: er war mit ihm in Frank⸗ 
reih, Spanien, England; kehrte mit ihm nach Conſtanz zuruͤck: 
veiste zur gänzlichen Beilegung der Streitigkeiten zwifchen König 
Erich und den Grafen von Holftein im Namen feines Herrn nach 
„Dänemark 112); umgab ihn beftändig in Ungarn, begleitete ihn auf 
den Kriegözligen gegen bie Huffiten und die Tuͤrken; war fein Raths 
geber auf den deutfchen Neichätagen während der Huffitenkriege; 
leitete die Unterhandlungen mit dem Papfte Eugen IV zu einem 
glücklichen Ende in Rom, fo daß Sigmund felbft befannte, daß .er 
feinem Kanzler die Kaiferfrone verdanke 110); führte bie ganzen 
Verhandlungen mit dem Basler Concilium, worauf er nach Sig: 
mund's Ruͤckkehr aus Italien nach Deutfchland auch zugegen wars. 
leitete ferner bie Unterhandlungen mit dem beutfchen Orden, mit 


9) ®ei Hahn Coll. monum, I. 472. 
10) Windel c. 203: „Do der (Bifhof Georg von Paffau) ftarb, bo wart 
Ganzler Zohan Biſchof zu Agram — vnd was geporen von Meiſenheim bei. Kru⸗ 
zenach, vnd was einer von Elpogen oder von Sulzbach, bei dem lernte Caſpar 
Slick, da er unter canzler wart. Alſo da nu der kaiſer zu Hohen Syn (Siena) 
- lag — do madet der Faifer den Caſpar Slick romiſchen Ganzler vnd machte In 
ſelber zu Ritter.“ 

114) Über dieſe Sendung K. Schlick's nach Dänemark findet ſich nur bei 
Aeneas Sylv. l, c. eine Notiz, 

11b) Es fagt diefes Sigmund ausdrüdlid in den Beiden urkunden v. 13. 
Jul. 1433 und v. 30, Det, 1437 (bei Lünig 1. c. p. 1178), $reili ‚hatte 
an diefem BVerdienite, daß Sigmund die Kaiferfrone erhielt, auch Tacob von Sirck 
Antheil, Gesta Treviror. ed. Wyttenbach et Müller 1838. p- 329: (Jaco- 
bus) Eugenio Pontifici summo et Sigismundo Caesari praecipue charus. Nam 
solus (?) inter eosdem super differentiis post multiplicem tractatum pacem : 
effecit. 

Aſchbach K. Sigmund. IV. 08 





434 Anhang. 

Polen, Litthauen und andern Mächten, mit denen Sigmund zu 
tbun hatte 12); begleitete endlich den Kaifer nad) Ungarn und Böh- 
men, als er dieſes Ießtere Reich in Befib nahm, und empfing aus 
dem Munde be flerbenden Kaiferd feinen legten Willen und bie 
Aufträge zu deffen Vollziehung '°). Für fo viele, fo große und 
wichtige Dienfte, wie auch für big häufigen ihm gemachten Geldvor⸗ 
fehüffe 1%) war Sigmund gegen feinen Kanzler nicht undankbar. 
Er ertheilte ihm und feiner Familie eine ganze Reihe von Gnaden⸗ 
briefen und Gunftbezeigungen, fehlug ihn und feine Brüber zu Rit- 
tern 15% erhob fie in den Freiherrn⸗ 16) und endlich in den Reichs: 


12) Die Berdienfte feines Kanzlers K. Schlick zählt Sigmund in dem kai⸗ 
ferlihen Diplom v. 30. Det. 1437 einzeln auf: „Darumb er fi dann in feinem 
jungen tagen Bnferem dinft verpflichtet und ober zwaingig Jahr Vus nadhgefolgt, 
ond mit feiner Vernunft vnd Arbeith feine Zar vnd Grafft vajt obermunden bat: 
Alfo daß wir Ine zulegte zu Vnſerem Gangler machten — So hat der eegenant 
GSafpar alle Meife, die Wir gen Aragon vnd zu den Stünigen von Difpanien — 
au da wir gen Frankreich ond gen Engellandt zugen — mit Bus ftetiglih voll⸗ 
bradt: Darnach ift er mit Vns zu Hungern in vier mechtigen Reifen gegen den 
Turkhen perfonlihen geweßt. Er bat au alß lang, alß Wir die fach zu Bes 

hem getrieben haben, nie Fein Reife verſaumbt, funder er bat darunder leib ond 
gut gewagt vnd daran gelitten, Was wir dann fein in treffentlihen botſchaften 
gen Polen, Prewßen ond Kittawen offt gebraucht haben, und was er Bas, dem 
heiligen Riche treifentlicher Dinfte getan bat, darumb was Bns kuntlich vnd ofs 
fenbar ift, bedürffen wir alhie nicht auszulewtern, Darnad da Wir gen Welli⸗ 
fen Landen kommen, ift er ye ein Urſach gewefen, daß Wir hin vnd ber durch⸗ 
fommen ond Bnfer Kaiſerliche Grone erlangten, darzu wir vormahls durch einig 
andere treffentlihe Bottſchafften nicht kommen möchten.” Damit ift Sigmund's 
urk. d. d. Rom 13. Jul. 1433 zu vergleihen, Lünig Spicil. saecul. II. 1178, 
wo ebenfalls die Dienfte des Kaſpar Schlick aufgezählt werben, und befonders 
and feine Unterbandlungen für Sigmund mit P. Eugenius, mit Mayland, Bene 
dig, Florenz und andern Herren und Gemeinden in welſchen Landen erwähnt werben. 

13) Aen. Sylv. hist. Bohem. c.54. Bgl. oben den Schluß des 18, Kapitels, 

14) Als Sigmund von Bafel nad Regensburg zog, lieh ihm der Kanzler 
über 10,000 Gulden zur Weiterreife. Sigmund’; Urf, d. d. Regensburg 28, 
Sept. 1434 bei Lünig 1. c. 1180. Bei einem Anleihen, das Sigmund von 
feinem Schwiegerſohn Albrecht erhob, leiftete Kafpar Schlick Bürgſchaft. Lünig 
l. c. p. 118%. 

15) Auf der Tiberbrüde zu Nom 1433, Lünig Spic. saec. II. 1179. 


Winde c. DA. 
16) Kafpar Schlick wurde im Juli 1422 zu Nürnberg durch ein Diplom 








Beilage HI. | 435 
Grafenſtand 27), gab ihm große Güter und Herrſchaften 18) mit 


in den Freiherrnſtand erhoben. Chmel Regest. Friderici IV. Imp. I. p. 106, 
Diefer Sache erwähnt Sigmund auch in dem Diplom v. 30, Det, 1437: „den 
Wir vormals vor vilen Jaren zu einem Freiherrn gemacht baben nad) laut Vn⸗ 
fer Künigl, Maytt: Brief.” Auch in der Gonfirmation der Schlickiſchen Diplo⸗ 
me dur K. Albrecht II vn, X, 1439 bei Lünig 1. c. p. 1188 wird diefer Ur- 
kunde Erwähnung gethan, Die 4 Brüder Schlick's: Matthäus, Heinrich, Nie 
colaus und Franz, wurden 1. Det. 1434 in den Freiherrnſtand erhoben, Läinig 
1. c. 112. 

17) Kafpar Schlick wurde mit feinen Nachkommen zu Tateranenfifchen Pfalz⸗ 
grafen gemacht durdy ein Faiferlihes Diplom d. d. Rom 1. Juni 1433. Lünig 
} c. 1175. Damals (13, Iuni) erhielt auch fein Wappen einen goldenen 2. 
wen mit ausgeſtreckten Krallen durch einen neuen Faiferlihen Wappenbrief. Lü- 
nig 1. c. 1178. Die Brüder des Kanzlerd, Matthäus und Heinrich, wurden 
in Rom 8, Auguſt 1433 zu lateranenfifchen Grafen erhoben. Lünigl. c. 1177. 
— In den Neihsgrafenftand erhob Sigmund feinen Kanzler erft am 30, Dct, 
1437, ?urz vor feinem Tode, wovon oben Note 4 ſchon die Urkunde angegeben 
ift: feit diefer Zeit führte er den-Ramen Kafyar Shlid, Graf von Baffano, 
Die Worte in der Urkunde lauten: „So haben wir den eegenanten Gafpar — — 
zu Graven von Paffan in Welliſchen Landen erhaben, Benennet, geſchö⸗ 
pfet, gewirbigt vnd gemacht, erheben 2c. auch diefelbige Herrſchaft zu Paſſan, 
die Wir Ime vormals gegeben vnd verfchrieben haben zu einer-edlen Graffſchaft ze. 
ond machen Ine, feine Brüder and Tre Erben tuglich vnd empfenglich aller Sraff- 
ſchaft vnd Herrſchafft, wie die an Sy Femen 2c, vnd meinen, fegen vond wollen, 
daß Er ond feine Brüder ond Ire Erben ald vorftett aller Eren, Wirden, Pri⸗ 
vilegien 2c. gebrauchen und genieffen follen 2c., der ander des beilgen 
Richs edle Grafen gebrauchen.“ 

18) Sigmund verlieh dem Kafpar Schlick folgende Befigthümer : 

a) Reuſchloß (Novum Castrum) und Weifſenkirchen, bevor er ihn 
zum Freiherrn erhob (Diplom v. 26. Juli 1422 bei Chmel l. c.). Dar⸗ 
nah nannte er fi Herr von Neufhloß und Weiffenfirhen. Vgl. Thom. 
Ebendorfer ab Haselbach lib. 3. bei Pez II. und Rob, v. Müller 1. c. 
Kot. 99 u, 108 nad der Urk. K. Albrecht's v. 3. 1439 bei Lünig 1. c. 
1188. 

b) Als Neihölehen den Saalhofin Frankfurt (nad einem koͤniglichen 
Schreiben d. d. Ofen 22. Juni 1424 im Frankfurter Stadtarchiv) : vergl. 
Seh. K. Sigmum’5 III. ©. 450. Dod da nachgewieſen wurde, daß der 
Saalhof nit mehr Reichslehen, fondern Eigenthum geworden, jo mußten 
Kaſpar Schlick und fein Mitlehensträger Michel Prieft zurüdtreten. . 

c) Burg und Stadt Baffano nah Sigmund’s Urk. d. d. Rürnberg 

| 21. Aug. 1431 u. Beftätigung derfelben d. d. Rom 31. May 1433 (nicht 

1434, wie Ehmel angibt), Chmel Regest. Frideric. IV. Imp. J. p. 106, 

28 * 


436 "Anhang. 

befonbern Privilegien 19) zum Beſitzthum, fo daß ber Kanzler zu 
einem der mächtigfien Großen des Reichs fich erhob ?°), und vers 
F ihn endlich mit Agnes, einer Tochter des ſchleſiſchen Herzogs 
von 1821). 





n. 947. — Die Gonfirmat, des K. Albrecht's II.0. J. 1439 bei Lünig 
L c. 118. u 
d) Die Pflege Eger, das Schloß, die Stadt und Herrſchaft 

Elbogen, die Stadt Shladenwertb, dad Schloß Engeld- 

burg, die Shebniger Güter, dad Gut Achtenſtadt. Kai- 

ferl. Urt, d. d. Regensburg 28. Sept, 1434, Lünig 1. c. 1179. Eis 
gentlih nur Berpfändung für dargeſchoſſene Geldfummen im Betrag von 

12,000 Gufven. Aen. Sylv. hist. Bohem. c. 54: Sigismundns illi Egram 

et Cabitum et alia in Franconibus oppida dono dedit. Windel 

©. 204: „Bad wart derfelbe Caſpar alfo mechtig, dad er Im die Pfle⸗ 
ge zu Eger gabe vnd dornach das haws und die ftatzu den GI» 
bogen.” 

e) Das Erbgut Falkenau. Urt, d. d. Prag & Rov. 1436, Lünig 

l. c. 1183, 

f) Das Gut Lichtenſtadt. Urt, d. d. Eger 1. Aug. 1437, Lünigle 

1185. Bol. 1189 29. 

g) Die Sraffhaft Toggenburg mit der Herrſchaft Uznach, dem Präs 

tigau und dem Land Davos und Belfort, Bel. oben Kap. 16. 

Die Hauptbegabungen der Kaiſer Albrecht's II und Friedrich's IV gibt 
Aeneas Sylv. 1. c. anı Mli dono dedit Albertus in Hungaria Calesium, et 
Albam ecclesiam (Beifjenfirdyen) ; Fredericus in Austria Graecdium. 

19) Die Privilegien wurden theil in den angegebenen Wappen = und Adelde 

. briefen und Standeserhöhungen ertheilt, tbeild in befondern Urkunden. So ers 
theilte Sigmund feinem Kanzler d. d. Prag 30. Aug. 1437 ein Münzpriniles 
gium. Lünig I. a 1186 und Hormayr a. a. D. S. 460, Die Schlickiſchen 
zweildthigen Süberftüde (Joachims thaler), wovon Köhler in den Wüngbelu- 
ftigungen und Sohaunes v. Müller a a. D. Rot, 100 ſprechen, liefen die Gr 
ben des Kaſpar Schlick ſchlagen, nicht Thon er ſelbſt. Doc ift es gewiß, daß 
er die Bergwerke zu Joachimsthal und zu Sct. Mihaelsberg bearbeiten Lie, 
und daraus einen Theil feines großen Reichthums gewann, 

20) Windel c. 204. 

21) In einer Urt, d. d. Prag 6, April 1437 gibt Sigmund nebſt feiner 
Gemahlin eine Auöfteuer für die Braut feined Kanzlers K. Schlick, die Agnes, 
Tochter des fhlefifchen Herzogs von DIE. Sie findet fih gebrudt bei Lünig 
Spicil. sec. II. 1184 (vgl. K. Albrecht's II Gonfirmationöbrief bei Lünig l. c. 
1188) und bei Hormayr ſterreich. Arch. Jahrg. 1827. m 115, S. 631. Der 
Heirath erwähnt der Kaifer in dem Diplom v, 30, Det, 1437: „Dem Bir aud 





Beilage DI. 437 


Es war der Faiferliche oberfte Kanzler ?*) Kaſpar Schlid, Graf 
von Baffano, Pfleger zu Eger, Burggraf zu Elbogen, Herr zu 
Falkenau, Lichtenſtadt, Neufchloß, Weiſſenkirchen ꝛc. (fo lautete fein 
Titel) in den Rechten und allen Gefchäften nicht nur ein höchft ge⸗ 
wanbter und geſchickter Staatömann, fondern auch in jedem Lebens: 
verhältniß war er auögezeichhet und trug dad Gepräge des nicht Ges 
wöhnlidhen 22), Er gewann durch fein angenehmes Äußere: er 
war gefuͤhlvoll, berebt, offen, leutſelig 28), und dem Kaifer nicht 
nur ein treuer Diener, fondern auch ein vertrauten Freund 25) 
Ganz entgegengefett dem kaiſerlichen Finanzzuſtande, herrfchte in des 
Kanzlerd Haushalt Ordnung und felbft Sparfamteit, obwohl ex bei 
den Gelegenheiten, wo er in den Eaiferlichen Dienften groß erfchet 
nen mußte, Teinen Aufwand feheute. Grabe durch diefen geordne—⸗ 


newlich als einem verdienten Mann die hochgeborn Agnefen Hergogin in Schleflen 
zw Difen und zur Keffet:2c., Bnfere liebe Mucme vnd Zurftin zu einer Gemahl 
gegeben haben, alfo das des eegenanten Gafpard treffenlich Verdienen vnd der 
vorgemelten Bnfer Mueme hohe Gepurt Iren vnd Nahfommen einen ewigen 
Kamen ond Ehre bringen.” Aneas Sylv. erwähnt an zwei Stellen diefer Ehe: 
in der hist. Bohem. c. 5%: Quem usque adeo fortuna et virtus extulit, ut 
-— — urus ex ducibus Silesiae filiam sibi in matrimonium tradere non re- 
cusaverit; und am Schluß in der Schrift de duob. amantibus bei Hahn I. c. 
p- 378. Rah den Schlickiſchen Familiennachrichten bei Joh. v. Müller J. c. 
Kote 98 bat Kaſpar Shtid in zweiter Ehe eine Gräfin Eollalto geheirathet. 
Doch ſpricht Aeneas Sylv. hist. Boh. c. 5% nicht davon: Mortuus est Viennae 
et apud Earmelitas eum comjuge sepultus est. 

22) Anead Sylvius in der Narratio arcana in dem Prolog gibt ihm den 
Titels Ritter, Herr der Ruwen Burg, Faiferlider Ganzler und Hauptmann zu 
Eger und zu dem Elbogen. Es findet fh dabei nicht die Benennung Graf 
von Bafijiano, 

23) Aen. Sylv. hist. Boh. c. 54: Ingenio ‚ dextro, facandia suavi, do- 
etrinae cultor, ad ommia genitus quaecunque ageret. 

24) In. Sylv. in der Särift de duob. amantibus, wo, wie unten darge- 
than wird, unter Euryalus Kaſpar Schli zu verftehen ift. 

25) Unrichtig aber ijt ed, wenn Joh. v. Müller }. c. Rote 107 den Ka 
fpar Schlick ſchon bei Sigmund feyn läßt, als er 1400 und 1301 auf dem Schloß 
Siklos bei den Söhnen des Palatinus Gara gefangen ſaß. Damald war Schlick 
noch in den Kinderjahren: erft im 3. 1415 oder 1416 Fam er zu Sigmund, — 
Über die vertraute Zreundfchaft des Kanzler mit dem Kaifer ſpricht Ancas Syl⸗ | 
vius in dem öfter genannten hiſtoriſchen Roman, 


438 Anhang. 
ten Haushalt und Die großen Einkünfte, welche ige feine Cie 
und die Spachimöthaler Bergwerke einbrachten, war er in Sta 
geſetzt, oft mit anfehnlichen Summen feinem Herrn aus der Gel 
verlegenheit zu helfen. In einem Puncte fol der Kanzler nicht alku 
gewiflenhaft gewefen ſeyn. Er ließ fig feine Verwendung bei dem 
Kaifer mit Sefchenken bezahlen und das Recht beim Faiferlichen Heß 
gericht wurde nicht felten dem zu Theil, der am beten zu beſtechen 
wußte: manchmal wurden fogar von beiden ſtreitenden Parteim Ge 
ſchenke angenommen, und das ſchon erlaffene-Urtheil wieder zu Su 
fien defien, der die größeren Summen gegeben, veformirt ?6). Bie 
mehreren Reichölehen, die an das Reich -anheimfielen oder bie fell 
nicht rechtlich Sigmund als dem Reich anheimgefallen erklärte, mußte 
fi der Kanzler vor allen Andern ſolche Beſitzthuͤmer zuzuwenden 
durch die Gunſt feines Herrn 27): doch muß zu feiner Ehre gelagl 
werden, daß er auch bereitwillig. wieder zurücktrat, wenn Andere 
ihre Rechte an die Güter nachweifen konnten oder wenn es die Er 
haltung des Zriedend verlangte. 

Da bier nur von des Kanzler's Wirkfamkeit unter Sigmmd® 
Regierung zu fprechen ift, fo unterlaffen wir von feinem Leben un 
ter den folgenden beiden Kaifern Albrecht II und Friedrich IV zu ie 


25) Einige Beifpiele diefer Art find bei Lehmann in der Speir. Gen 
angeführt: die Stadt Speyer gewinnt ihn (mit Geld) in der Streitſache gege 
ihren Bifhof Raban. S. 817 heißt ed von dem Kanzler: K. Schlick fuͤrnehuea 
odligen Geſchlechts, hoben Berftands, ein gelehrter, erfahrener und geräte 
Herr , deſſen Gunſt und Beförderung diefer Stadt fürnehme Leute durch Züri 
ten eröffnet, — Aber Naban weiß aud feine Gunft zu erwerben G. 813), 
und daher wird das günftige Urtheil für die Stadt zurüdigenommen. — © 
wird erzählt, daß der in der Reichsacht befindliche Diedrich Syde von Speyer 1 
Kanzler mit einem fübernen Becher beſtach, die Reichsacht unwirkſam zu made, 
— Die verfammelten Bäter in Bafel waren der Meinung, daß der Kaiſer durch 
feinen Kanzler, den man in Rom beſtochen, gewonnen "worden ſey, von MM 
Concilium ab fih auf Seiten des Papjtes zu wenden. Die Hindeutung baranf 
in der Rede des Gorrario an den Slaifer vgl. oben Kap. 5, Wie der deutſche 
Drden die verlorene Gunſt de Kaiſers durch die Geſchenke, die an den Kalt 
gefendet wurden, wieder zu gewinnen ſucht, davon iſt oben Kap. 13 geredet. 
27) Richt bloß wollte er ſich fo in Beflg des Frankfurter Saalhofes und der 
Grafſchaft Toggenburg fegen, ſondern auch nach Beſitzungen von dem Ingolſid 
ter Herzogthum, als Ludwig der Bärtige in der Reichsacht war, gelüftete iju. 


Beilage LI. 439 
ben?°), Nur ein PYunct verbient noch eine Erläuterung, ob namlich) 
Kaſpar Schlick oder Sigmund ſelbſt unter dem Euryalus in dem Ros 
man des Aneas Sylvius über die zwei Liebenden zu verfte 
ben iſt. o⸗ 

Dem die Hauptmomente des Lebens von Kaſpar Schlick be⸗ 
kannt find, wird bei der Lectuͤre von bes ÄAneas Sylvius 22) hiſto⸗ 
riſchem Roman von der Liebe des Euryalus und der Lucre⸗ 
tia®0) durchaus nicht zweifelhaft ſeyn, mer unter dem Namen 





28) 65 verdiente wohl der Kanzler dreier Kaifer, der über ein Menſchen⸗ 
alter die Regierungsgeſchäfte im deutſchen Meiche in Händen hatte, eine befondere 
Monographie Es wäre aber zu einer gründliden Abfaſſung derfelben vorher 
nothwendig, die zahlreichen bis jegt noch nicht gedrudten Briefe des Kanzlers 
zu ſammeln: fie find für die Geſchichte des 15. Jahrhunderts nicht weniger wich⸗ 
tig, ald die Briefe Peter’ de Vineis für die Zeit. des Kaifers Zrievrig II. 
BSolche inedirte Briefe von Kafpar Schlick finden fih in mehreren Ardigen uud 
Bibliotheken: zu Prag, Wien, Mainz, Frankfurt, Königsberg, Rom, Benes 
dig u, a. D. In den Werken von Kurz (Dfterreich unter K. Albrecht IT) und 
Chmel (Geſch. K. Friedrich's IV) werden mande ſchaͤtzbare Beiträge für des 
Kanzlers fpätere Lebensgefhichte und feine Wirkſamkeit als Staatsmann gegeben, 

29) Daß Tneas Sylvius der wahre Verfaffer des Romans iſt, was man 
bat bezweifeln wollen, läßt ſich aus feinem eignen Geftändniffe in einem feiner 
Briefe (Aen. Sylv. Opp. ed. Basil. Epist. n. 395) erfehen, worin er ald Papſt 
Pins II die Jugendſchrift (er fprieb fie zu Wien im J. 1444) wegen ihres uns 
züchtigen Inhalts gänzlich als eine jugendliche Berirrung verwirft und verdammt: 
Tractatum de amore olim sensu pariter aetate juvenes cum nos scripsisse 
recolimus ; poenitentia immodica pudorgue ac moeror animum nostrum ve- 
hementer excruciant. Die widerlegten andern Anfihten bei Schellhorn Com- 
ment. Uffenbach. II. 365. Böhmer Magazin I. 2, ©. 64 fll. Guden Cod. 
dipl, Moguntin. II. p. 622: Ex hoc opere copfirmantur, quod Literae istae 
amatoriae, quas Electori Palatino Car. Lud. et Lovisae Degenfeldiaa 
vulgo tribuunt, heicque ad verbum obvenientces, quoad applicationem sup- 
posititiae omino sint. gl. v. Hormayr Archiv für Gef. u. Geogr. 3. 1826: 
©. 421. 

30) Aneas Syloius ſchrieb den Roman auf Beranlaffung feines Landoman⸗ 
ned Marianus Socinus aus Siena, In einem an den Kanzler Kafpar Schlick 
gerichteten Briefe, der dem Roman vorausgeſchickt ift, wird gejagt, daß eine 
wahre Geſchichte, die fih zur Zeit, als Sigmund in Siena verweilte, dort zus 
getragen habe, der Erzählung zu Grunde liege, Der Roman ſchildert das Lie⸗ 
besverhäftniß eines unverbeiratheten Mannes zu einer noch ganz jugendlichen ver⸗ 
heiratheten Frau, und zwar war dieſes Feineswegeb ein zuͤchtiges: die Zrau, Lu⸗ 


448 Anhang. 


Euryalus gemeint iſt. Richt, wie oft falſchlich behauptet wor⸗ 
den ift, Sigmund 21), ſondern ber Kanzler Kaſpar Schlid 3%) 


eretin mit Namen, ftirbt eines gebrochenen Herzens, nachdem fie ihr Geliebter 
Guryalus hatte verlaffen müſſen. Diefer urfprünglic in lateinifher Sprade ge⸗ 
ſchriebene Nomen ift in unzähligen Ausgaben gedruckt and in alle europäifche 
ESyrachen überfept. Die Editio priaceps fol in Göln gedrudt worden fegn: 
Enee Silvii poete Senesis de duobus amätibus Eurialo et Lucrezia s. 1. et a 
49%. Eine andere ſehr alte Ausgabe iſt die roͤmiſche Quartausgabe von 1475. 
Nicolaus von Wyle, Stadtſchreiber zu Eßlingen, überjegte den Roman im I. 
1462 in's Deutſche. Gedr. Augspurg 1473. 40., welche wohl diefelbe ift, Die 
fi) bei Hahn Coll. monument. I. p. O6 sgg. findet. Die neuften Bearbei⸗ 
tungen dieſes Romand in Deutfchland find: Luerezia und Gasparo oder die zwei 
Liebenden zu Siena. Rad Ineas Sylvius Piccolomini bearb. v. M(unch). Lud⸗ 
wigsb. 1833, und Bülow Novellenb. Leipz. 1834. I. &, 311 fl. Über die Aus⸗ 
gaben in den verf&iedenen europ. Sprachen und die mancherley Bearbeitungen : 
Hain Repert. Biblioth. I. 1. p. 25 sqqg. Journal des scavants T. XLIE. 
‚Oct. 1708. Pommer Samml. hifter. u. geogr. Merkw. Altenb. 1761, &. 139, 
Graͤſſe die Sagenkreiſe des Mittelalters. Dresd, u; Leipz. 1842, ©. 483 TH. 

31) Diefed behauptet Guden. Cod. dipl. Moguntin, II. p. 622:- weil in 
einem Mainzer Codex aus dem 15, Jahrhundert von einer gleichzeitigen Hand 
beigeföhrieben fi findet, daß unter Euryalus der Kaifer Sigmund zu verfteben 
fey. Die Handfhrift führt die Aufſchrift: De amoribus Sigismundi Caesaris 
(quem Euryalum vocant) et Luoretiae eto. dam ille anno 1433 coronam 
acoepturus Romanam in itinere Senis tempore aliquo substitit. ‘Daher ſteht 
Guden nit an, Sigmund als unter dem Euryalus verfteelt anzunehmen, Wie 
Guben diefe Praesumptio eine den personis et actibus congrua nennen Fonnte, 
ift unbegreiffih, wenn man nicht vorausfegt, daß der Mainzer Diplomatiker 
mit der Geſchichte Sigmund’s und feines Kanzlerd ganz unbefannt war. Rod 
auffalfender aber ift e8, daß der berühmte Gefdichtfchreiber der Schweiz, Joh. 
v. Müller 1. c. Rot. 104 — 106, fi) durch Guden verleiten ließ (denn er felbft 
hatte den Roman vollftändig nicht gelefen, fondern nur die Auszüge bei Guden 
1. c.), Zolgendes zu behaupten: „Bekanntlich war der Kaifer bei weiten nicht 
fo ſtark im Latein, daß er jo hätte ſchreiben Fönnenz die Schlidifhe Feder mag 
Anlaß zu dem Mißverftand gegeben haben, als fey Schlick felbft der Verliebte 
geweſen; vwielleiht war er vollends Bertrauter beider Theile. Man hört nidt 
alle Tage Abentheuer eined 60jährigen Kaiſers, woben der Reichsvicecanzlar die 
Zeder führt und wovon ein nahmaliger Papft der Geſchichtſchreiber iſt.“ 

32) Schon der deutſche Überfeger Nicolaus von Wyle bem,rkt (1462) in 
der Borrede, daß mit Euryalus der Kanzler Kafpar Schlick gemeint ſey. Auch 
bei Hahn 1. e, ift in der Überfchrift anftatt Guryalus der Name von Kafpar 
Schlick gefeht. Hahn bemerkt in der Praefatio ganz mit Recht: Eurioli nomen 
Gaspari Schlickia inditum in Euryali falso transmutarunt, multo minus 


fr 





Beilage IIL 4 
iſt Barımter verborgen. Es ift diefes aus dem ganzen Zufammen- _ 
bang ‚auf das unzweifelhaftefte zu erkennen. | 

Wir geben hier den Gang der Erzählung und heben barans 
nur die hiſtoriſchen Beziehungen auf K. Sigmund und den Kanzler 
Kaſpar Schlick hervor: Aneas Syloius war mit. Weiden näher bes 
freundet: befonbers aber fland er mit dem Kanzler in den innigften 
Sreundfchaftsverhältniffen 23). Es darf nicht vergefien werden, DaB _ 
außer Sigmund die im hifterifchen Roman vorfommenden Perſonen 
nicht mit ihrem wirllichen , ſondern mit einem fingirten Namen bes 


zeichnet werden. | 
As K. Sigmund feinen feierlichen Einzug in Siena gieft 


(im Jahr 1432), ward er von vier der fhönften Frauen der Stadt 


begrüßt, bei deren Anblic der römifche König vom Pferde fprang 
und ihnen auf dad freundlichfte entgegentam und fie bewillkommte. 
Die fehönfte von dieſen Frauen war Lucretia, die noch nicht zwan⸗ 
zigjaͤhrige Gemahlin des Sieneferd Menelaus. - Sie war eine vollen⸗ 
dete Schönheit, und zog Aller Blicke auf ſich: niemand aber war 
mehr davon betroffen als der Franke Euryalus, ein ſchoͤner, Fräftiger 
Mann von 32 Jahren, im Gefolge des König, der fogleich von 
ber heftigften Liebe zu ber fchönen Lucretia entbrannte, (Bgl.S.411 
bei Hahn.) I 
„Die andern Hoflüte waren langes Umbziehens halb, und von 
Ferre wegen des Weges, all worden bloß an Geld und Golde. Aber 
diefer Euriolus, wyle er heyment vi was, und Im ouch vom 
Sruntfchaft wegen bes keyſers, fle& groß und vil geſchenckt warb, 
da erfchein er von Tag zu Tag der Menfchen Angeficht Foftlicher und 
gezierter, eyn lange Zal fyner Diener nad) Im furende, etwann 
angeton und becleidet mit Gleibern geflages Goldes” ıc. (S. 4141. c.) 
Aber auch der Lucretia Herz war von des Euriolus Erſcheinung 


Schlickium sub hac larva latere observarunt, id quod tamen ex prooemio 
et Epilogo, immo ex universo orationis contextu evidenter adparat. 

33) Aen. Sylv. hist. Bohemic. c. 54: Nos hujus (C. Schlickii) amici- 
tia in Curia Friderici Caesaris usi, si quod profecimus quod scimus quam 
tenue est, adjumento ejus consecuti sumus, Episcopatum certe Tergesti-' 
num (von Trieſt) unde reliquae dignitates provenere ‚ ipse nobis primus . 
committi ouravit. | 





⸗ 


442 Anhang. 

verwundet. Im erſten Moment des Schens hatte Beide die heftige 
Leidenſchaft erfaßt. Doch war es hoͤchſt ſchwierig, daß fie fich ſpra⸗ 
chen und zufammentamen. 

„Lucrecia hatt ein Huß zwilchen bes Kenfers Hofe und Ewiols 
Herberge gelegen, alfo, daß Euriol nit zu Hoff komen machte, ex 
fach Lucreciam in hochen Fenſtern, daran fye im det erzoͤgen. Aber 
alwegen errottet die, als offt fye Euriolum erfehen ward. Belches 
Ding zulesfl denn keyſer wifiend macht differ Liebe. Dam als er 
nach ſyner Gewonheyt jegt hyn, dann her ſpacirende oft daſelbs Kun 
reyt, vermarckt er die Frowen verandert werden uß Zukunft Euriols 
der Im ſtets anhyng, wie Maͤcenates vor Zitten Octa⸗ 
viano. Und uff ein Zeit kert ſich der Kayſer vmb gegen Im und 
ſprach: Enriole, duſtu alfo bie den Mannen ire Wyber entrichten, 
bie Frow hat dich lieb. Und eyneſt glicher wiß, ald ober dem lieb⸗ 
habenden vindete, da man zu ben Huß Lucrecia kommen iſt, bedeckt 
der Kayfer mit fonem Hutt Euriole ſyne Ogen, und fyrach: du ges 
fichſt talig, dad du lieb haft, ich wil mich des an dyner Stat gebrus 
hen. Darzu antwurt Euriolus: Was Zeichens ift dad Kayſer? 
Mintzit ift mir mit ir zu handeln; aber dieß iſt unficher alfo zu tom, 


dann du hiermit die umbftehenden Luthe argwonen machen mochtfl.“ 


(©. 417 fl.) 
„Und als der Kaifer mit großer Schar foner Edeln durch die Stat 
ging, und jeßt gar nach dad Huß Lucrecie hatt furgangen, und Lu⸗ 


crecia erfant Euriolum da fin, fprach fye zu ihrem alten Diener 


Soſias (einem Deutfchen): Sieh unter ſich hinab vom Zenfter, wa 
findet man under allen Volken derglichen Lute. Sie haben nach alle 
erufes Har und fint mit uffrechten Achfeln gerades Löbes, befchaw 
die Fayferlichen geelgeferwten Har. D was loblicher Angefichten fie 
buben, al Milchfarwe Helfe, wohin fie fich Feren! was flarder 
Bruften! Das ift ein ander Gefchlecht der Menfchen, dann unfer _ 
Ertriche thut geberen. Eä.ift ein Same der Sotten, oder ein Ge 
fchlecht gefant vom Hymel. (©. 419.) 

(Lucrecia fpricht weiter zu Softad): „Unter allen die bei dem . 
Kanfer fint, iſt Nieman mir gefelliger ald Euriolus.“ (S. 420.) 
Sooſias, der eine Zufammenkunft mit Euriolus bewerfftelligen 
fol, will feinen Herm nicht hintergehen: er fucht Aufſſhub der Sa- 


i 








Beilage III. 443 
de: „Und meint Sofiad mit falſcher Freude die Frowen alfo zu fu⸗ 
ven, als lang, bis der Kayfer hinweg ritt.” (S. 422.) 

Endlich erlangen die Biebenden Mittel, in Briefen einander ihre 
beiße Liebe auszuſprechen. Euriolus fchreibt an Lucrecia, er werde 
ſie nie verlaffen: 

„Es fint vil des Kayfers Geſchefft in diſſen Landen zu handeln, 
da ich acht, dad mir dye enpfohlen werben. Jetzt wurd ich gefant 
in Botfchaft, dann übe ich diß, dann das. Der Kayfer muß ha⸗ 
ben eyn Bicarien in Welfchen Landen. Diefes Ampt wil ich mir 
ſelhs erwerben.” (S. 434.) 

Schon war ein Rendez-vous verabredet: 

„Indem und fie fih alfo zu beyber Syten bedachten, ift Eu: 
riolo bevolhen worden, gen Rom zu ritten, und mit dem 
Babft zu reden von wegen der Fayferliden Kronung. 
— — Darumb reit man und weret das usbliben zwen 
Monat. — — (©. 438.) 

(Lucrecia bleibt zu Haus im Jammer) „ald lang big. fe hort 
und marckt, Euriolum wiedekomen und der Keyſer Im entgegen 
geritten ſye.“ Der Kaiſer neckt den Euriolus, daß man in des Eu⸗ 
riolus Abweſenheit die Lucrecia nicht geſehen: jetzt ba er wiederge⸗ 
kehrt, ſey fie wieder ſichtbar. 

„Darzu Euriolus redt: du ſchimpffſt Keyſer, als du gewon 
biſt mit mir und wilt mich furen in Glechter: des davon du redſt, 
weiß ich nit: der Bracht dyner Mytrytern und der Pferden Winheln 
haben villicht dye erwecket.“ (©. 489.) _ 

Es folgt dann die Erzählung von den Zufammenkünften ber 
Liebenden und ben Gefahren, bie fie dabei zu beſtehen hatten. Als 
Euriolus durch die unerwartete Ruͤckkehr des Gemahls der Kucrecia 
ſchnell fich in einen Schrank verfieden muß und darin beinahe aufs 
gefunden wird, fagt er, indem er die Folgen einer folchen Schande 
erwägt: „der Keyfer hett mich geurlopt (entlafien) und mich von Im 
geton, als einen lichtvertigen Mann.“ (S. 450.) 

Die den Frauen ſo artigen Studenten von Siena wurden dem 
kaiſerlichen Militaͤr nachgeſetzt: 

„Alsbald aber des Kayſers Hofvolk gen Senis kam, da huh 


444 Anhang. 
daſſelbe Volck (der Studenten) an zu fin verfpottet, verſmeht und 
verhaſſet.“ (S. 452.) 

Als die Eiferfucht des Ehemanns die Zuſammenkuͤnfte der Lies 
benden nicht mehr möglich macht, fucht Euriolus einen nahen Ber 
wandten von Lucrecia's Gemahl zu gewinnen und-macht ihm große 
Verſprechungen, wenn er Mittel und Wege fehaffe zu dem Zufams 

menlommen: 

Euriolus fpricht): „Du weift, wie groß ich by dem Sepfer ges 
acht bin: was du begerft, das wil ich bir fchaffen usgericht und ers 
werben: und vor allen Dingen verheiß ich dir da8 myn Trew, das 
du ein Comes Palatin gemacht werben folt ze. (&. 463.) 

„Diefer Pandalus hatt mit Wirkung und Belonung eyner Bu⸗ 
lereye erfolget und uberkommen eynen Abel des Palatinag und ſyne 
Nachlomen werben des erzögen Brieff ımb Sigel ires Adels.“ 
(©. 465.) 

Uber eine Nacht, welche Euriolus mit kuerecia verbrachte, ſagt 
erſterer: „Mich hatt nie kein Nacht kuͤrzer beducht, denn diſſe, wie⸗ 
wol ich in Britania und Tenmarck geweſen bin.“ (S. 472.) 

„Indem ward der Kayſer mit dem Babſt Eugenio 
verricht, und ilt hin gen Rome.“ 

Darauf ſchreibt Euriolus an Lucrecia (S. 473): 

„So ſcheidt der Keyſer och nit jetzt alſo hinweg, das er nit mer 
herwider kom. Dann wann wir wiberumb von Rome ſcheiden, fo 
komen wir och widerumb her. — Und ob der Keyſer wol eynen 
andern Weg ryten wolt, ſo ſoltu mich doch ſehen in Herfuren.“ 
Weiter ſchreibt er (S. 475): 

„Ich dien dem Keyſer, der hat mich gemacht zu einem Mann 
mechtig, gewaltig und rich und moͤcht och nit von Im komen, on 
Zerſtorung und Niderfalle myns Stands. Verließ ich dann Inn, 
ſo mocht ich dich nit zimlich und als ſich nach dynen Eren geburte, 
gehaben und gehalten: volgt ich aber nach dem Hofe, ſo wer weder 
mir, noch dir einicherley Ruwe. Dann allen Tag verwandeln wir 
unfer Geleger und Blipnuß und iſt dem Keifer noch nie an ey: 
nihem Ende fo ein Bliplicheit gewefen und Wonung, 
als Im jest bye zu Senis gemefen if. — — Was ſich 
begibt in diffen welfchen Landen dem Keyſer zu handeln, wil ich 








Beilage HI. | 445 


ſchaffen mic enpfolhen und Fliß ton, bad ich dich Haben und nieffen 
mug one dynen Schaden und Ungemach.“ 

„Alfo uber wenig Tag darnach reit Euriolus mit dem Reofer 
gen Rome.” Euriolus wird fieberkrank, der Kaifer befucht ihn taͤg⸗ 
lich und laͤßt ihn forgfam pflegen. Er erholt ſich etwas und wohnt 
"der Kaiferfrönung bei. 

„And allda fon Ritterfhaft enpfing und eynen 
gulden Sporn.” „Darnach ald der Keyfer gen Parus (Perugia) 
zeit, bleib Euriolus zu Rom, dannoch nit ganz genefen und Fam 
Danach gen Senis.“ (Noch Frank S. 476.) Rührender Abfchied — 
ber Lucrecia Troſtloſigkeit. — Sie flirbt am gebrochenen Herzen. 
Euriolus trägt fie immer im Sinne: „Und Bam zulegt zu dem Kay- 
fer, fon zu Parus wartende, dem er Danach nachfolget gen Zerrer, 
gen Mantow, gen Trient, gen Coſtenz, und gen Bafel-und zulegt 
in Hungern und Behem. (S. 478.) 

Euriolus nahm nach der Lucrecia Tod von Niemand Troͤſtung 
an, „ald lang biß Im ber Keyfer ein hubſchen Iungs 
frowen, uß herzoglihem Blut geboren, kuſch und wiß 
in der Ehe dett vermecheln.“ 





Beilage IV. 


Die Kanzler und Protonotarien unter Sigmund's Regierung !e). 


Nach den Unterfchriften bei den koͤniglichen und Baiferlichen Urs 
kunden fanden ber Kanzlei, foweit fie die Staatsdocumente in Be: 
zug auf das beutfche Reich audfertigte, unter Sigmund’8 Regierung 
folgende. Kanzler und Vicefanzler!b) vor: 


18) C£. Jac. Wencker Collecta Archivi et Cancellariae jura. Argent. 
1715, wmofelbft von p. 407-412. 456. Cancellarii et Vice- Cancellarii Imp, 
Sigismundi mit Angabe von mehreren Urkunden, wo ihre Unterfäriften vorkommen. 

1b) Es ift bekannt, daß früher die drei rheiniſchen Erzbiſchöͤfe als Erzkanz⸗ 
ler die Faiferliden Urkunden recognoscirten oder anftatt ihrer der Kanzler, wels 
cher bei der Unterfärift gewöhnlich dem Norte Cancellarius beifügte dic For⸗ 
mel ad vicem Archicancellarii. &rft feit den Zeiten K. Sigmund’s hörte diefe 
Art der Recognition gänzlih auf. Es geſchieht dann in der Unterſchrift des Kanz⸗ 


446 Anhang. 

41) Johannes Kirden oder Kirchheim: im g. 4413 Pro: 
tonotar oder Secretär, dann Vicekanzler: er flarb vor 1418. 

2) Johannes Archiepiscopus Strigoniensis (von Stan), komm 
4415 und 1416 ald Vicekanzler, 1417 ald Kanzler vor. Er 
ſtarb 30. Dechr. 1417 in Conſtanz ?). 

3) Georg, Bifhof von Paffau, aus dem Haufe He 

henlohe, feit 1417 erfler Kanzler 22) bis zum J. 1423. Als 
Sigmund im J. 1420, um den boͤhmiſchen Abel zu gewinnen, 
bie Kiöfter in Boͤhmen fäcularifirte und Ießterer urkundliche 
Documente darüber verlangte, fo verweigerte der Kanzler Georg 
zu folcher Säcularifirung, die gegen die Kirche und des Rei 
ches Ehre ginge, dad Reichöfiegel zu fegen: es mußten daher mit 
dem ungrifchen. Siegel die Urkunden verfehen werden >>). 

4) Franciscus Praepositus Strigoniensis kommt im J. 143 
ald Vicefanzler vor, auch noch 1425 2), 

5) Johannes Episcopus Zagrabiensis, Kanzler nady de Bi 
ſchoſs Georg von Paflau Tod 5): unter ihm Wicefanzler Ma- 


thias, Praepositus Zagrabiensis 5 b), 


lers Feiner Erwähnung mehr von dem Erzkanzler. Aud der Name Vicecanoe- 
larius wird erjt unter Sigmund’s Regierung gewöhnlidy. 

2) Reichenthal Gonftanz. Goncil. u. v. d. Hardt IV. p. 1502. 

Ze) Winde c. 204. — Bon dem Tode dieſes Kanzlers (29. Sept. 112) 
wird c; 113 gefproden. 

3b) Windel c. 83. Und c. 86 ſpricht er davon, wie Georg von Pal, 
der Kanzler, den Frieden zwifchen Sigmund und feiner Gemahlin vermittelte. 

4) Bei Windel c. 131 beim I. 1424, nur als Protonoter wie Wided 
von Prieſt. 
5a) Windel c. 20%: Im MCCCCXVI. jare wad einer von Paſſaw rom 
ſcher Sanzler, was einer von Hohenloch, do der ftarb, do wart canzler hie (het) 
Johan biſchoff zu Agram in der Windiſchen Marck vnd was geporn von Merſen⸗ 
heim (Meiſenheim) bey Kruzenach, vnd was einer von Elbogen oder Sutzpad, 
den dem lernte Gafpar Slick, das er Bntercanzler wart, Gay. 133 im J. 144 
wird der Biſchof von Agram, einer von Elbogen, aus des von Veldenz lant go 
beißen, als Kanzler angeführt. Gap. 145 im I. 1426 wird von ihm geſagt: 
Biſchoff von Agram her Johann von Sulz, der fich nannte von Elbogen. or⸗ 
gel Ungr. Geſch. IE. S. 308 läßt ihn von der adligen Familie von Ebſch au⸗ 
Sulzbach ſeyn. Bgl. Geſch. K. Sigmund's III. S. 180. 

5b) Kay einer koͤniglichen Inſtruction v. May 1426 für die Friedendus⸗ 


Beilage IV. 447 


6) Kafpar Schlid von Eger: im J. 1416 Secretaͤr, ſchon 
vor 1423 Protonotar, dann Vicekanzler und endlich Kanzler 6): 
unter ihm Vicekanzler Georg Fiscellus, Doctor der Rechte, 
den Sigmund auch zum Ritter ſchlug. Michael de Priest 
Canonicus Wratislaviensis sive Pragensis?), Jodocus 
Rot Canonicus Basiliensis, Petrüs Kalde 8) Canonicus 
und praepositus Northuzensis, Johannes Gertius West- 
phalus ?) und Hermannus Hecht arbeiteten in ber Kanzlei 
als Secretäre und Protonotäre und ihre Namen finden fich in 
diefer Eigenfehaft öfters in den minder wichtigen Schreiben und 
Documenten, die aus der Kanzlei auögingen, beigefügt, indem 
die eigentlichen Privilegien, Majeftätöbriefe, goldenen Bullen 
immer von bem Kanzler oder einem ber Bicefanzler beglaubigt 
feyn mußten. 

terhandlungen Siam mit Venedig und Florenz. Archiv. storic. Ital. W. 
p- 228. 

‚6) Windeck c. 204: Alfo.der Faifer zu Hohen Syn (Siena) lag — do ma- 
get der kaiſer den Caſpar Slick romiſchen Canzler. 

7) Darſtellung der Betruügereien und Rachricht von dem Leben Herrn Mi⸗ 
chaels von Prieſt, Probſt des Kloſters Bunzlau in Böhmen, Canonicus zu Prag 
und Breslau und Kaiſer Sigismunds Protonotarii. s. 1. 1779. 4. Bgl. Win⸗ 
deck c. 107 und die Geſch. K. Sigmund's III. &, 228 über die Ausfertigung 
bes falſchen Lehenbriefs für Eric von Lauenburg durch diefen Michael von Prieft 
auf Befehl des Kanzlers Georg, Biſchofs yon Paſſau. 

8) Windel c. 204: Nu (1434) bleib nymant von den Schribern in der 
Sanzeligen, denne ein alter his Peter Kalter, wenne In der Faifer hatte vnd 
einen der his Caſpar Stil ꝛc. In der Unterfhrift zu einer Schlickiſchen Urkunde 
vom J. 1433 (bei Lünig P. Sp. Contin. II. p. 1178) wird er Cancellarius 
genannt, mad er fiher nit war: es ſcheint diefer Beifag nicht ächt zu fenn: denn 
in einer Urk. 0.3.1434 bei Lünig 1.c. p. 1539, lautet die Kanzlei = Recognition : 

Caspar Slick Cancell. 
. Vt. Petrus Kalde, Protonot, 

9, &r wird auch Gersius genannt. Er lebte noch biß gegen die Mitte des 
15. Zahrhunderts und fuchte die Wahl Friedrich's IV zu hintertreiben. Schaten 
Annal. Paderborn. II. 617: Multum discordantes sub initium principum 
eradt voluntates, distrahente comitia Joanne Gertio Westfalo, ex Gartio- 
rum apud Mindenses familia, Srgismundi quondam Protonotario. Deffens 
ungeachtet behielt ihn auch K. Friedrich IV in der Pöniglihen Kanzlei als Proto⸗ 
notar, wie aus des Aen. Sylv. Epist. LXXXVII, die an ihn gerichtet iſt, ſich 
erſehen läßt. Bgl. Chmel Geſch. K. Friedrichs W Br, 2. ©, 284, 


448 Anhang. 


Beilage V. 
Eberhard von Windeck, der Biograph K. Sigmund's. 


Eberhard von Windeck ſtammte aus einem buͤrgerlichen 
Geſchlechte in Mainz): er war daſelbſt im J. 1382 geboren 2). 
Er kam ziemlich frühe, ſchon als funfzehnjähriger Knabe, nach 
Böhmen, wohin ihn ein reicher Kaufmann mitgenommen hatte 3): 
ed ſcheint demnach, daß er anfangs fich dem Hanbelöflande gewid⸗ 
met. Da er im Rechnungdwefen fehr geübt war, fo fand er leicht 
Gelegenheit, in Dienfte des luremburgiſchen Haufes zu tretn. Er 
verdankte baher in ähnlicher Weife wie Pippo Scolari feiner Erfah 
venheit im Rechnungsfache feine erfte Empfehlung an den Hof bes 
ungarifchen Königs Sigmund. Er diente demfelben bis zu deſſen 
Tod, wie er felbit angibt, vierzig Jahre lang *): er muß demnach 
im 93. 1397 an ben Hof nach Ofen gekommen feyn. 

Bei der Empörung der ungarifchen Großen gegen Sigmund 
wurden die Fremden (1399) vertrieben ©), unter dieſen auch Wins 
det, der bamald nad Mainz zuruͤckkehrte und von hier eine Reife 
den Rhein herab, durch die Niederlande nach Paris machte, wo er 
fih drei Jahre aufhielt. Im Gefolge des Herzogs Stephan von 
BayernsIngolftadt, der feine Tochter die Königin Ifabelle, Karl's VI 
Gemahlin, befucht hatte, veiste er über Brüffel, Lüttich, Aachen, 
Köln nad) Mainz im 3. 1402 zurüd 6). Hier blieb aber ber un: 
ruhige Windel nicht lange: er machte fich bald wieber auf den Weg 
zu dem Herzog Stephan nach Ingolftabt, der ihm noch Manches 
fehuldete, um feine Forderungen perfönlich einzutreiben. Aber der 
Mainzer Bürger warb von dem Herzog abgewiefen. Darauf 
machte er die Donau hinunter die Reife nach Regensburg, wo ihm 
alle feine Habfeligkeiten geflohlen wurden ”), nach Ungarn. Hier 
nahm ihn Sigmund von neuem in feine Dienfte ald Schreiber und 


1) Windel’s Einleitung zu K. Sigmund's Lebensgeſchichte. . 
2) Windel c. 214 fagt beim 3. 1437, daß er 55 Jahre alt ſey. 

3) Windel c. 3. 4) Windel’s Einleitung, 

5) Winde c. 4. Unter den „Rhinlewten“ befand fih Winde, 

6) Winde c. 13. 7) Windel c. 14. 


Bellage V. | \ 449 
Rechnungsführer für feinen Hofhaushalt. So fehr er beim König 
in Gunft fland und manche Gnadenbriefe erhielt, fo wenig war er 
bei den Ungarn felbft beliebt, bie ihm der Veruntreuung anklagten 
und (1410) ald ber König in Steyermark war, in Prefburg ges 
fangen nahmen. Doc Eonnte man ihm eine Unterfchlagung von 
Beldern nicht nachweifen: man mußte ihn daher wieder frei laſſen. 
Aber die ihm von dem König ertheilten Gnadenbriefe wurden an⸗ 
nullirt: und obwohl fie Sigmund wieder erneuerte, ſo halfen fie 
ihm doch nichts ®). 

Es iſt wahrfcheinlich, dag Windeck den König bei feinem Zuge 
gegen die Venetianer im 9. 1412 und 1413 begleitete und mit 
ihm. Über die Alpen nach Deutfchland zuruͤckkehrte. Indeſſen 
Sigmund die Kroͤnung in Aachen empfing, ward Winde? in bie 
Mark Brandenburg gefendet?), ohne Zweifel wegen Geldgefchäfte: 
erft im J. 1415 kehrte er von dort zuruͤd zum König nach Con⸗ 
Ran; 9}. 

Hier blieb er. aber nicht lange: denn fhon nach wenigen Mo: 
roten verließ er das. Concilium wieder, da er Sigmund auf ber 
Reife nach) Perpignan, Paris und London begleitete 11).. Die Ges 
fchenfe, welche der König in England empfangen, verfeßte Windeck 
in Brügge für achtzehntaufend. Gulden 12), um feinem Herrn: Gerd 
zur Rüdreife nach Conſtanz zu verfchaffen: er blieb, da er noch 
perſoͤnlich Buͤrgſchaft geleiftet, fiebenzehn Wochen dafelbfl. Der 
König ſchickte aber das Geld nicht, wie er verfprochen. Da reiste 
Windeck felbft nach Conftanz und betrieb die Auslöfung der verpfäns 


beten Kleinodien, ehe die Zrift abgelaufen (in welchem Kal Winded 


ſelbſt wegen feiner Bürgfchaft eine große Summe verloren hätte): 
nur mit großer Mühe brachte er die Auslöfung zu Stande. Die 
Stadt Luͤbeck, welche ihren Rath vertrieben, erkaufte ſich durch 
Geldfummen die Gunft des Königs wieder: durch Wechfelbriefe, die 
Luͤbeck gab, konnte Windel, der ſelbſt nach Bruͤgge reiste, die 
Pfaͤnder ausloͤſen. Um nicht unterwegs wegen der Schaͤtz ausge⸗ 


8) Windel c. 21. 9) Windeck c.31. u. 34. 10) Windeck c. 84. 
11) Windel c. 42 ſprict auedrüciich von der Art, wie er nach England 
hinüberfuhr. 
12) Windel c. 51. 
Aſchbach K. Sigmund. IV. | 29 


450 , Anhang. 
pluͤndert oder ermordet zu werben, gab er fie Rinnberges Kaufleu⸗ 
ten mit: er ſelbſt reiäte fodann über Köln und Mainz, nach Con- 
fanz zum König zuruck 10). Bald naher wurde Windeck vos 
Eonſtanz aus von dem König nach Worms, Speyer und Mainz ger 
fendet, um mit diefen Städten zu unterhandein, wegen VBerpfaͤn⸗ 
dung einiger kleineren Reichöftädte 1%). Als Sigmund GConflanz 
verließ und nach Hagenau fi) begab, war Winded in feinem Sefol- 
ge 18). Aber duf der Ruͤckreiſe des Königd nach Ungamt begleitete 
er ihn nicht: fondern er reiſte über Baſel, die Alpen, nach Italien 
zum Papſt Martin V, am ben er ald Kourier Schreiben von Sig- 
mund zu überbringen hatte. Er traf den Papſt in Pavia (1431). 
Nachdem er feine Botſchaft andgerichtet, kehrte er Kber Moylaub 
und Turin, wo er auch Schreiben abzugeben hatte, an den Gen⸗ 
ferfee und über Bern an den Rhein zuruͤck nach Mainz, wo er 
einige Zeit verblieb 1°). | 

Im Jahr 1422 im Sept. oder October als Sigmund nad Re 
gensburg Fam, begab ſich dorthin Windeck von Mainz aus, in Der 
Abfiht, um ein Lehen am Mainzer Reichszoll, das damals erledigt 
war, und worauf Winded einen Exfpectangbrief erhalten hatte, ſich 
vom König ertheilen zu laffen. Ungeachtet .er dazu aud) van dem 
Erzbiſchof von Mainz und dem Gtafen Adolf von Naffau empfohlen 
worden war, fo erreichte er doch Damals feine Abficht nicht: er be 
gab fich daher zur Weiterbetreibung der Sache im Frühjahr 41423 
nad) Ungarn ?7), wo er im April und May bei dem König in Gas 
fhau war und denn wieder an ben Rhein zurüdfehrte!®). Das 
mals hatte er es bewirkt, daß Sigmund für die Kinder bes geſtor⸗ 
benen Grafen von Bitſch, die Neffen des Erzbiſchofs Conrad von 
Mainz, die noch unmündig waren, einſtweilen Die Lehen, die ihr 
Vater getragen, offen hielt 19), und darüber eine Verficherungsur- 
Funde ausſtellte. 


13) Windeck c. 52. 

14) Windel c. 59. 15) Windel c. 58. 

16) Das früher ungebrudte Kap. v. Windeck im And. zur Geſch. K. Sig⸗ 
mand's II. S. 466 fü. 

17) Windel c. 105. 18) Windel c. 112. 

19) Winde c. 116, | 











Beilage V. 4581 

Schon im folgenden Jahre 1424 wurde Windeck von dem Erz⸗ 
biſchofe Conrad von Mainz in Sachen der Geldriſchen Erbfolge aber⸗ 
mals nach Ungarn geſendet: es handelte ſich um die Anerkennung 
der Rechte Egmont's, des Vetters von Conrad 20). Windeck war 
von Egmont bevollmaͤchtigt, in feinem Namen Alles zu verhan⸗ 
dein 21), Doch mußte er faft den ganzen Sommer in Ungarn in 
mehreren Städten die Unterhandkungen immer wieder von neuem 
aufnehmen, da Sigmund nicht geneigt war, ben. Arnold von Eg- 
mont mit den Rändern Geldern und Yüli zu beiehnen. Deſto 
glüsflicher war Windeck in feiner eigenen Sache: ex erhielt endlich 
die Belehnung mit dem Mainzer Reichszoll 22), da er fich fahr fein 
und klug bei dem vömifchen König zu benehmen und deſſen Gunſt 
zu gewinnen wußte. Er benußte auch weiter einen Moment, wo 
Sigmund in guter Stimmung war, zur Erledigung der Gelveris 
ſchen Sache: fie wollte nicht vorangehen, weil nicht genug Geld 
für die Auöfertigung der Lehendbriefe geboten war: Winded mußte 
des Königs Forderungen herabzuflimmen, da aber das von Windel 
zugefagte Geld ausblieb, fo wurden die fchon ausgefertigten Lehen: 


briefe für Arnold von Egmont wieder. vernichtet 23). 


Den Lehenbrief über den Mainzer Zoll erhielt Windeck auf dem 
Nürnberger Reichötage um Pfingflen 1426, mo er felbfl zugegen 
war: es war die Sache flreitig gewefen, ob Windel daranf wir: 
lich Anfprüche habe: durch ein Auötragegericht, welchem der Schenf 
Eberhard von Erbach ald Obmann vorfaß, wurde ihm dad Lehen 
zugefprochen 2%). | 

Nach diefer Zeit fcheint fih Winde meift in Mainz aufgehalten 
zu haben: im Jahr 1429 gerieth er in einen heftigen Streit mit Peter 
zum Nideln, worin der Erzbifchof Conrad von Mainz Theil für den 
Legteren nahm. Es handelte ſich um die Ermittlung einer Mordthat, 
welche der genannte Peter an einem Kaufmanne verlibt haben follte. 
Mie man vorgab, um fich zu retten von ber Strafe, nahm er bei 
dem Mainzer Bürgerzwift Zheil an der Sache der Patricier gegen 
die Zuͤnfte 25%), Windeck begab fi) nach Preßburg, und da er hier 

20) Windel c. 129 u, 130. . 21) Winter e. 131. 

22) Windel o. 131 m, 132, 23) Windeck c. 133. 

24) Winkel co. 144, 25%) Windeck c. 168. 

29* 


452 Anhang. 

den König nicht fand, nach Straubingen, wo biefer damals Hof 
hielt, umb brachte feine Klage vor 2°): der König erließ auch eis 
nen Ladebrief (d. d. Straubingen 6. Sept. 1430) an einige Main= 
zer Bürger, die angeklagt waren, gegen die Reichöprivilegien vor 
Mainz gehandelt zu haben 2°). Die Sache fam auf dem Rürn> 
berger Reichötag zur Unterfuchung und war eng mit dem Streit der 
Mainzer Bürgerfchaft untereinander verflochten 27). 

In den folgenden ſechs Fahren von 1431 — 1437 finden wir 
nicht, daß Windel um Sigmund war: er hielt ſich in diefer Zeit 
in Mainz auf, und nahm bei dem Steeite der Zünfte gegen die Pa⸗ 
tricier- und die Geiftlichkeit als einer der Parteihäupter den entſchie⸗ 
denſten Antheil 2°). ‚Kurz vor des Kaiſers Tod hatte er an ihn noch 
einen- Boten gefendet, in Betreff feines Zolllehens, und er hatte 
auch die Erneuerung beffelben durch die Bemühung des Kanzlerd 
Kafpar Schlid noch erhalten, ehe Sigmund ftarb 2°). 

Windeck fcheint bald nach dem Jahre 1443 in Mainz geftorben 
zu ſeyn. 

Nach der kurzen Aufzählung der dußern Lebensverhaͤltniſſe 
Windeck's und. feiner Beziehungen zu Sigmund gehen wir zu feinem 
Werke der Lebensbefchreibung des Kaiferd Sigismundus: über. 

Es ift offenbar, daß Windel fein Werk erſt im I. 1433 auf: 
feßte30), und es mit dem Jahre 1437, in welchem Sigmund flarb, 
5b) Winde c. 166. 

26) Windel c. 167. 27) Winde c. 168. 

28) Bgl. oben Geſch. K. Sigmund’5 Kap. 9 und die dort angeführten un- 
gedrudten Kapitel des Eb. Windel. | 

29) Windel c..217. Der Lehenbrief aber ift nicht gebrudt, 

30) Diefes laͤßt ſich erſehen aus Windeck's Worten cap. 124 (bei Menden), 
wo er davon ſpricht, mie die Reichskleinodien oder das Reichsheiligthum nach 
Kürnberg (im 3. 1424) gebracht wurden: „Do (fährt er fort) was es nod 
als mon fhreib XII Hundert ond XXXII jare, do diz buy zu— 
famen gelefen wart ond geſchriben.“ In cap. 3 (p. 1077 bei Men- 
den) wird von Sigmund's .Kaiferfrönung im I. 1433 geſprochen, ein Beweis, 
daß der Anfang des Werkes nicht vor 1433 abgefaßt wurde. Beftimmter ſpricht 
Windel c. 214: ,,Bnd dis id lis ſchreiben in dem jare do mon zelte 
nah Criſti gepurt tauffend vir Hundert dreiffig jare ond fi- 
ben jare, dad von der zeit meiner gepurt vnd meiner gebedytnuffe fin‘ der zeit 
meiner perfonen, dad ich gedechtlichen behalten hette, was idy gefehen vnd in der 








— — — 


Beilage V. 453 


beendigte 31) ,. ſpaͤter aber dazu noch nach Art der Chronikſchreiber 
eine Fortſetzung bis zu feinem Todesjahr 1445 beifügte 22). 

Die Grundlage zu feinem hiftorifchen Werke bildeten ohne 
Zweifel frühere Aufzeichnungen, die fih Windel in einem. Tage: 
buche machte. Der Charakter. des ganzen Werkes zeigt dieſes. Es 
ift Feine ordentliche: azufammenhängende Geſchichte: fondern eine 
Mafle, zum Theil gar nicht miteinander. verbundener Notizen *°): 
nur die. Chronologie. bildet die einzige Verbindung, und felbft diefe 
ift nicht immer genau beobachtet 322). Windeck eignete: fich- nicht 
zum Gefchichtfchreiber, indem er nicht im Stande war, die Maffen 
ber biftoxifchen Facta zu fondern und zu: beberrfchen, auch nicht ein 
Talent der Darftellung befaß, denn das Einfachfte erzählt er confus, 
und feine Sprache iſt ungeachtet der. einzelnen. naiven Wendungen 
roh, hart.umd ungebildet: Er.liefert in. feinem Werke nur Eyinne- 
sungen und Denfwürbigfeiten (Memoires) aus ben Leben und ber 
Zeit K. Sigmund's und feines (des Sphriftftellers) Beziehungen zu 
demfelben 2b). Sie find vollftändiger, genauer , intereflanter für 


die Jahre, in, welchen Winde in der nächften Umgebung Sig: 


mund's lebte 28); ſehr mangelhaft, verworren, unklar, wo er die 


worheit behalten mochte, XL jar lange" indect war damals, wie er ſelbſt Na, 
55 Jahre alt). 

31) Windel c. 214. Vgl. die vorhergehende Note. 

32) Es find die letzten zehn Kapitel, welche über K. Alhrecht II und den 
Anfang der Regierung K. Friedrich's III handeln. . 

33) Schon das. Tußere der Ebner'ſchen Handſchrift zeigt diefes, wo häufig 
zwifchen den. einzelnen Kapiteln noch leere Blätter oder Seiten gelaffen find, - 
Windel. jagt, indem er von. der. Abfaffung feines Werkes ſpricht cap. 124: „do 
diz bu zufamen gelefen wart (d. i. die Notizen zuſammen geftellt wur- 
den) und geſchriben.“ Auch das cap. 154- oder noch befler cap. 239 der Ebner, 
Handſchrift zeigt, daß Winde ein Diarium über die Tagesereigniffe führte, 

34). Man muß nicht nad. dem Drud. urtheilen, fondern nad den Hand⸗ 
ſchriften: um: eine beſſere chronologiſche Ordnung. herauszubringen, hat Menden 
viele Kapitel umftellt, deſſenungeachtet war ihm nicht möglich, feine Abficht zu 
erreichen. 

346) Man vgl, die Einleitung Windeck's u, c. 214, welches Kapitel wahr- 
ſcheinlich den Schluß der erften. Zufammenftellung des Werkes bildete, . 

35) z. B. die. Darftellung der Reife Sigmund's an die Pyrenden, nad) Pa- 
ris und London, wo Windel den römifhen König begleitete. . 


454 Anhang. 

Ereigniffe nur nach Hörenfagen mittheilt 26). Beſondets ermuͤdend 
aber iſt ſeine Erzaͤhlung durch die oͤftern Wiederholungen derſelben 
Sache 27). Zür die Richtung der vielfachen Reifen Sigmund's, 
anf welchen Winde ihn meiſt begleitete, iſt er Hauptquelle und in 
der Regel fehr genau °°), Nur find die Namen der Staͤdte mei 
durch Schuld der Abfchreiber faft bis zur Unkenntlichkeit entflelt®®): 
auch die falfchen Tahreszahlen und Data mögen meift fo durch nad; 
laͤſſge Abfchriften in das Werk gekommen ſeyn *0). Durch de 
bie und ba :eingereibten Urkunden *1) aber wird ber Werth de} 
Buches wicht wenig erhöht. - 

Windeck ſelbſt gibt die Werficherung,, daß er wahr und getreu 
zu erzählen das Beſtreben gehabt: er fagt in ber Einleitung (nad 
dan er Gott und die Heiligen angerufen, ihm Kraft zu verleihen, 
. sen Werk im Beßten zu vollenden): „Ich es (das Bud) nit ge 
macht habe vmb gut darumb zu nemen, wem (bemm) ich von gro⸗ 
Per pete (Bitte) vom Zinften vnd Herm, den ich diefe hernach ge 
ſchriben Legende han von Worten und Puncten zu libe gelaffen mer 
nen Diner genannt Heinrich von Nuͤrmberg ſchreiben⸗alles, das em 
fer herre der kaiſer Sigmund mit feinem Teibe vnd mit ſeinen vor 
nunftigen Werden und Worten und durch die fiben Eurfürften vnd 
andere großmochtige herren vollebracht hette. — Wnd bin id au 
Eberhart Windekke bei diefen Gefhichten, was hernach geſchriben 
Statt, geweſen, "von Gehaiſe Sigmunds des Rom. kaiſers und habe 

36) z. B. Sigmund's Roͤmerfahrt. 

37) So wird z. B. Sigmund's Huͤlflofigkeit in Siena in einer ziemlichen 
Anzahl von Kapiteln, faſt immer mit denſelben Worten wieder von neuem er⸗ 
züͤhlt. Ein großer Theil der Kapitel ſchließt damit: „Wie fich das machen wird, 
das jindftu hernach.“ 

: 38) Die Negeften K. Sigmund's zeigen die. Das Itinerar Sigma 
verdankt feine Bolftändigfeit nidyt weniger Windel, ald den Urkunden. 

39) Wan fehe die Angabe der Städte, die Sigmund anf der Reife an Die 


Porenden und auf der Reiſe von Paris nad London berührte, ſeſq. x. Sig⸗ 

munds II. S. 139, 160, 

40) Sie weichen auch ſehr in den verſchiedenen Handſchriften voneinan⸗ 
der ab. 

41) Es find beſonders kaiſerliche urkunden und Schreiben, die an die Stidte 
Mainz und Worms ertheilt oder gerichtet wurden und die ſich zum Theil foot 
nirgends vorfinden. 





Beilage V. 455 


auch manch wunderlich Ding gefehen — — So wifle got von 
himelrich, das ich nicht in diſer legende nyman zu libe noch zu 
leide nit getan han ſchreiben, denne als es vorgan⸗ 
gen iſt.“ 

Kann man dem Mainzer Lebensbeſchreiber Sigmund's auch im 
Ganzen das Beſtreben nach Wahrheit, Treue und Unparteilichkeit 
in ſeinen Berichten nicht abſprechen, ſo iſt doch in einem Puncte 
ſeinen Angaben nicht allzuviel zu trauen. Es iſt das, was er von 
Sen Anmaßungen des Clerus und ihrem Luxus erzählt. Win⸗ 
deck war an der Spitze der Mainzer Zuͤnfte in den heftigſten Streit 
mit ber Geiſtlichkeit gerathen 2): dieſer Umſtand erfüllte ihn mit 
Haß und Erbitterung gegen die Geiſtlichen umd überall ergreift er 
Die Gelegenheit, feine Empfindungen und Gedanken gegen fie aud: 
zufprechen #3). Auch von den Adligen und den Fürften ift Winded 
fein befohberer Freund, da er auf Seiten berer ſtand, welche eine 
Reformation des weltlichen Regiments verlangten, nämlich einen 
mächtigen Kaifer, gehoben durch Die Reichöftädte und den Bürger: 
ſtand, und Niederdruͤckung der Fürftengewalt und bes Adels. Win⸗ 
deck war für den Sortfchritt, wie Sigmund ed ebenfalls war **). 

Es iſt daher nicht unwahrfcheinlich, daß Winded’3 Buch einen 
politifchen Zweck hatte, Es war offenbar Darauf berechnet, ein Bolks- 
buch zu werden, die Zeitgefchichte Darzuftellen mit der Tendenz, das 
Volk über die fchädlichen Einflüffe des Elerus und der Sürften auf 
das Wohl der Nation aufzuklären. Um dem Werke bei dem Bür- 
gerftande, auf den ed berechnet war, mehr Eingang zu verfchaffen, 
war feine Anlage in der Art gemacht, daß jedem Kapitel eine Ab: 
bildung beigegeben werden ſollte. Diefe Anlage ald Bilderbuch 
zeigt fich bei fämmtlichen befannten Handfchriften 25), Es ift 

42) Man f. oben Kay. 9. 

43) Befonderd cap. 138. 160. 208. 215. (vgl, oben Kap. 15. Not. 18) 
und cap. 214: ‚In folihem fremdem wunderlichem Geſchichte gedachte mir ECber⸗ 
harte Windecke vnd wart mir die werlde leide, das ih nye fo pofle ding orte 
noch ſach, das die groffen hawpte der criftenhait fo gar unrecht waren, vnd die 
gaiftlihen mer denn die werntlichen.“ 

44) Bgl. oben Kap. 15. 

45) Ja in den Stapitel-Überfhriften Fommt die Hindeutung auf die Abbildung 
häufig vor: mandmal finden fi) Abbildungen mit Überfchriften ohne Text in der 


456 Anhang. 

nicht unwahrſcheinlich, daß Kaifer Sigmund umd fein Kanzler Ka⸗ 
fpar Schlid Antheil daran hatten), daß Windel fich ‚dazu ent- 
ſchloß, feine Notizen oder Tagebiicher zu einem Ganzen. zuſammen⸗ 
zuftellen und in Abfchriften mit Bildern verfehen in's Publicum zu 
bringen. Merkwuͤrdig ift ed, daß man zu ber Verbreitung ſich 
noch micht der Buchdruckerkunſt bediente, da diefe felbft am Ort der 
Erfindung noch Fein Gemeingut, ſondern ein Geheimniß weniger 
Männer war. 

Eberhard Windeck's Merk ift bis jest noch nicht vollſtaͤndig im 
Druck erſchienen. Menden bat davon nur etwa zwei Drittheile ab- 
drucken laffen 27). Die vollftändige Handfchrift enthielt 372 Kapt 
tel, bei Menden finden fi) davon nur 228 abgedruckt, ımd noch 
dazu höchft nachläffig und uncorrect, indem in der Gothaer Hand 
fchrift, wornach der Druck gemacht iſt, Manches ganz anders lau⸗ 
tet, wie eine forgfältige Vergleichung zeigt. 
| Bon Windeck's Werk find unter. der Aufficht ded Verfaſen 
mehrere Abſchriften genommen worden 28): nach feinem Tode 
wurde bis auf die Zeit der Verbreitung der Buchdruckerkunſt das 
Werk oͤfters abgeſchrieben. Da Windeck ſelbſt der zwiſchen den 
Jahren 1433 bis 1437 geſchriebenen Handſchrift ſpaͤter manche du 
ſaͤtze beigefuͤgt hat, fo macht dieſes erklaͤrlich, wie die Abſchriften 
untereinander abweichen, je nachdem die Copie von der erſten oder 


Ebneriſchen Handſchrift: c. 1 (der Kayſer Sigmund knieend vor dem Gekrerzig⸗ 
ten), ferner oc. 300 u, 301 ꝛc. 

46) Winded’s Einleitung: „Wenn ich von groffer pete von furſten vnd her⸗ 
ren, den ich diſe hernach geſchriben legend hon — zu libe — gelaſſen ſchrei⸗ 
ben’ 2. — Bei der Tendenz des Werkes mögen nit viele Zürften nad ei⸗ 
ner Zeltgeſchichte, wie fie Winde ſchrieb, begehrt haben. Sigmund aber haft 
allen Grund, eine Berbreitung fol eines Buches zu wünſchen. 

47) J. B. Mencken. scriptores rer. Germanicar. Tom. I. Lips. 178. 
fol. p. 1073 — 1288 mit dem lateinifchen Titel: Eberhardi Windeckü Mo- 
_ gunt. historia vitae Imp. Sigismundi vernacula, ex. vetustissimo et fere 
coaevo exemplo bibliothecae ducalis Saxo- Gothanae, nunc primum edit, 
cum codice MS. recentiori diligenter collata, revisa et ad justam angoruM 
seriem redacta. 


48) Windeck's Einleitung, 





Beilage V. 457 


zweiten Rebaction genommen worden. Ia felbft die Abfchreiber 
erlaubten ſich hie und da Einfchaltungen beizufügen *°). 

Bon den noch vorhandenen Handfchriften 60), die dem fünf: 
zehnten Sahrhunderte angehören, finb folgende drei beſonders her⸗ 
vorzuheben. 

1) Die Gothaer Handfäriftsr). Sie befindet fi) un⸗ 
ter N. 23 auf der herzogl. Bibliothef zu Gotha. Sie ift in einem 
dicken Klein⸗Folio⸗Band auf Belinpapier ziemlich ſchoͤn in großen 
Buchſtaben gefchrieben. Sie enthält 360 Kapitel. Die 18 erften 
Blätter geben dad Regifter. Nur 417 Seiten (zwei Drittheile des 
Bandes) find paginirt. Für die Abbildungen ift nach jeder Kapi⸗ 
tel⸗ ÜÜberfchrift (in rother Dinte) Plag gelaffen. Man fieht daraus 
und aus ber unterlaffenen Paginirung des legten Theils, daß an 
die Abfchrift nicht die legte Hand gelegt worden, und baher auch 
wahrfcheinlich Feine Collationirung mit dem Driginal flatt gefunden 
bat, welcher Umftand das Stehenbleiben vieler Fehler erldrt. Die 
Ordnung der Kapitel ſtimmt nicht ganz mit der in den andern Hand⸗ 
fhriften überein... Menden, der nach diefer Gothaer Handfchrift 
den Drud gegeben, aber nicht vollftändig den Inhalt mitgetheilt 
bat, erlaubte ſich auch hie und da eine Änderung in ber Anordnung - 
der Kapitel 52). Diefer Gothaer Coder ift, wie am Schluſſe aus- 


49) c. 124 (bei Menden): „ond to id Vlrize dad buch auch ſchreib, do 
was das wirdig heilitum auch noch zu Nurmberg, do mon ſchreib XIIII hundert 
vnd LxI jar gefhrieben zu Eger.” 

50) Über die Handfhriften vor Eberhard Winde? überhaupt find zu verglei- 
chen: Mencken J. c. Praefatio, wo von drei. Handichriften, die v. d. Hardt ver- 
gli, geſprochen wird: es war außer der Gothaifchen darunter eine Wolfenbütt- 
ler und eine Wiener. Menden felbft befaß eine Handfhrift von neuerer Hand 
aus dem 17. Jahrh. geſchrieben. Über die Wiener Handihriften des Windeck ift 
im Archiv d. Geſellſch. für deutſch. Geſchichtskunde II. 616, über die zwei Zuͤr⸗ 
der Godiced ebenda III. 262, über die Gothaiſche Handſchrift ebenda VI. 84 
sehannelt. Man vgl. noch Fichard Ardiv II. Nr. V. 324. Mone Anzeiger 
zur. Kunde der deutſchen Vorzeit 1838. S. 189 u. 434. Jacobs Beitr. v. den 
Schätz. der Goth. Bibl. II. 396, 

51) Jacohs a, a, D. u. Archiv der Geſellſch. f. d. Geſchichtsk. VI. 84. 

52) Diefes ergibt fi aus der. Bergleihung: Menden aber -fagt eö in der 
Praefatio felbft, daß er ſich in der Anordnung der Kapitel Änderungen erlaubt 
babe. Bon den 360 Kapiteln, welde die Gothaer Handfhrift enthält, find nur 


18 Anhang. 


druͤcklich angegeben iſt, im 3. 1861 von Utrich Eicher, Schreibe 
in der Stadt Eger, hoͤchſt wahefcheinlich für bie graͤflich Schlicſche 
Samilte, gefchrieben worden 5®), ü 

3) Eine nicht weniger alte Handſchrift iſt Die, welche im Be 
fige des Herrn Guido Görres in München fich befindet. & 

find zwei Bände in Groß: Folio, in größerer Schrift als ber Go⸗ 
thaer Coder. Wir konnten nur den erfien Band vergleichen, der 
in der Ordnung ber Kapitel und im Inhalt manchmal von der Go⸗ 
thaiſchen Handſchrift abweicht und fie zum Theil ergänzt, zum 
Theil verbeffert, bie und Da aber auch umgekehrt, verbeffert und er 
gaͤnzt wird ®*), Die Anzahl der Kapitel ift größer, als die in der 
Gothaer Handſchrift. Gemalte Abbildungen finden ſich bei den 
einzelnen Kapiteln. 

3) Die fogenannte Ebner'ſche Handfchrift. Ste beim 
fich früher in der Ebner'ſchen Bibliothek zu Nürnberg®*). & 
kam dann nach Frankfurt a. M. in die Kloß’fche Biblothek und ik 
ter (vor etwa zwölf Jahren) nach England, wo fie wohl nod ge 
genwaͤrtig il. Eine Abfcyrift von: diefer Ebner'ſchen Handſchüft 
befindet ſich im Privatbefiß in Köln. 

Die Ebner'ſche Handfchrift umfaßt zwei ſchoͤn gefchriebene dr 
liohände mit vielen Abbildungen. Bei manchen Kapiteln iſt md 
leerer Platz für die fehlende Abbildung gelaffen. Auch find öfterd in 
der Mitte die Blätter unbefchrieben gelaffen, als hätte die End 
lung weiter ausgeführt werben follen. Diefer Umftand, bie all 
228 abgedrudt: folgende find ungedrudt geblieben: 1. 14—17. 22. B. A- 
41. 46. 69, 72, 74. 75. 78. 79. 81. 88. 91. 100, 102. 112— 134 18- 
147. (159 — 175 find in die beiden cap. 107 u, 108 gebracht.] 179. 182. 18. 
4191, 196. 197. 200. 209, 215..219. 222. 235. 239 — 244. 251. 32 9 
— 269, 271. 274— 288. 294 — 308, 315— 318. 30, 324. 3%, 327.39. 
336. 341 — 343. 345. 346. 349, 350, 352 — 354, 

53) „Diz puch ift gans worden zu Eger am freitage nach fant Beiztag neh 
Grifti gepurt tauſent vir hundert vnd in dem ein vnd ſechzigſten jare geſcriba 
Blricus Aicher oder Eicher diner der ſtat Eger mit feiner hant vnd iſt det gene 
von Kozing.’’ 

54) Diefes laͤßt fin fon aus den wenigen im Anhang zum I: u. 2. Bande 
der Geſch. K. Sigmund's abgedruckten Kapiteln erſehen. 

55) Catal. Ebuer. Vol. I. p. 11. ar. 82. 83. Hirſqhing Vibl. Dertſch 
1. 130, 132. Archiv der Geſ. f. deutſch. Geſch. UI. 268. Ä 


Beilage V. 459 


Schrift und die Ausführlichkeit des Inhalts berechtigen zu der Wer: 
muthung, daß fie die dltefte von ben bekannt gewordenen Hand: 
Schriften fey, und mit Recht darf man wohl ausfprechen, daß fie 
bei einer neuen Heraudgabe bed Windel zu Grund gelegt werben 
muß 5°). Leider findet ſich aber in diefer Handſchrift eine große 
Lücke: fie umfaßte urſpruͤnglich drei Bände, wovon ber mittlere, bie 
Kap. 121 bis 227 enthaltend, verloxen iſt. Auch einzelne Blätter 
und Abbildungen find herauögerifien, und der Schluß des Wer: 
Ted, bie Kap. 367 bis 372 enthaltend, fehlt eberrfalls. 


Sufammenftellung der in der Ebner'ſchen Handfchrift des Windel 
vorfomimenden Kapitel, die bei Menden im Drude fehlen. 
Kapitel. . 
Ein Blatt Regifter: Überfchriften der Kapitel 33 —58, 
Dreizehn Blätter Regifter: Überfepriften der Kap. 113— 372. 
9. Beſchreibung ded Todes von Konig Karl von Bollan }). 
14. Dis ift die ſchenke die hertzog Wittolt von Polant dem konig 
Sigmunt det 2). 
15. Dis ift die herrliche fchenfe die dy hertzogynne Wittolts bus: 
frowe von Pollanden kunig Sigmunt fchandte >). 
16. Die ift die fchende- die die hertzogynne Wittolts husfrowe 
fhandte kunig Sigmunts husftowe ?). 
17. Alfo die von Venedige dry junge bern von Behem vertriben 
hetten und furte fü her Marfilien für den kunig Siemumt°). 
22. Alfo die herren von Pruffen fantent dem Tunig von Vngern 
XL tufent gulden, das er in zu helfe keme, wenne ber 
tunig von Bollanden fie vberzogen hette °). 
34. Alfo der kunig Sigmunt den Vöfpruch brieff legen ließe, ben 
56) Ardiv 1. c. 


1) Gedr. in d. Geſch. K. Sigmund’s I. And. S. 454 nach d. Goöͤrres ſchen 
MS. c. 11. 

2) Gedr. ebend. S. 455 nach d. Goth. God. c. 14. 

3) Gedr. ebend. S. 456. nach d. Goth. God. c. 15. 

4) Gedr. ebend. S. 457. nach d. Goth. Cor, c. 16. 

5) Gedr. ebend. S. 468. nad d. Goͤrres'ſchen MS. c. 17. 

6) Gedr. ebend. S. 457. 





462 Anhang. 


x 


Kapitel. 
pitel dem K. 109 in ber Gothaer Handfchrift, worin eime 


veränderte Kapitelorbuung ſich finde. Die wichtigen 
Reichsmatrikel, welche Mencken c. 107 u, 108 gibt, fin- 
den ſich im Cod. Goth. c.159—175 unb an Cod. 
Görres. c. 170—187.] 

239. Hie ftreit der byfchoff von Cole und ber herczog von Cleve 
mit groffer macht mit einander. 

350. Hie wart ein tag gehalten zu Wurmes mit dem byſchoff von 
Straßburg und der flatt Straßburg vor herkog Ludwig 
vnd dem byſchoff von Mens vnd vil andern beren dem 
margraffe ven Baden 2.1). 

251. Hie ſchicket der Eunige von Franckenreich fin treffelich botſchaft 
zu ber jungfrowen, bie bo gar vil wunders treib in Fran- 
ckenreich. 

2352. Hie ſante die Jungfrowe dem kunig von Frauckenreich einen 
brief, darynne er ſehen ſolte, wie er in allen ſinen ſachen 
ſich halten ſolte. 

253. Hie reit die Jungfrowe im Franckenreich und koment die En 
gelfchen gar flare® und de fü die Engelfchen die Sungfto 
febent, do flühent fü und wurffent ie Bogen hinwege ?). 

255. Alfo der Romifche Eunig den Furfürflen einen brieff fante. 
Mir — entbieten dem erfamen burgermeifker und rat x. 
zu Wurmes x. (Preßburg 10. April 1429.) 

361. Diß Liedelin was gemacht zu Coſtentz „Das han ich in ge 
macht vnd tun” x. Ä 

262, Alfo die kurfürften by einander worent ıc. ( Vollſtaͤndiger als 
der Drud c. 174.) 

363. Diß faget und wie bie Juden angeflagen. 

266, (Mit der Überfchrift wie c. 177 des Druckes, aber viel voll: 
ftändiger, und mit dem Anfchlag.) 

270. (Wie cap. 174 des Diudes: aber mit einem Anhange.) 

1) Ger. in ver Geſch. K. Sigmund's IM. ©. 416, 
2) Die c. 251 — 253 über die Jungfrau von Orleans kommen aud in der 
Goth. Hoſchr. ver c. 240 — 242, 








Beilage V. 463 


Kapitel. 
274. Hie lagent bie Venediger nyder mit einer grefſen menge vnd 
ving ſuͤ der herre von Meygelon. 

272. Diß ſint die die Do nyder gelegen fint. 

273.) Dip ift der Strit zwuͤſchen H. [Renat von Lothringen] und 
——— von Wydemont (nebſt einem Liebe daruͤber: bie 

0.0. Blätter find zerriffen und verflümmelt) 1). 

277. Hie ſtarp Bobſt Martinus und wart ein ander bobfl gemacht, 
der was genannt Eugenius quartus. 

278. Hie lagent die Venediger mit-groffer macht mit galenen vnd 
kocken off dem. meere, alfo zugen bie Genower vff die Ve⸗ 
nediger und gewunnen in bie kocken und galyen an, das 
man. fehaczte firzehen mark hunderttufend Gulden. 

279. Alfo die Venediger hattent ein verreterige on geleit off den von 
Mengelon. 

280. Alfo wol XVI. hundert buren und etlicher ritter vmb Altzey 
vnd ... zugent gen Wurmbs für die flat vnd hieſchent die 
juden ber. 

292. Alſo die Turden mit groffer macht zugent ober die herren von 
Pruſſen ond alfo komen In die vngeriſchen hern und her⸗ 
tzog Swedritegel von der Lutten zu Hülfe koment vnd ertot= 
tent vnd ertranftent Sr XL tufent. 

385. Hie fehieten die Huffen von Behem einen Brieff mit gar 
herrlichen Inten gon Bafel in das confilium. 

286. Diß faget von den brieffen, die man zu Bafel in dem confi= 

| lium laß, die die Huffen gon Bafel gefchidt hettent. 

287 — 295. Alfo die ketzer und Huflen in die Brieff gefchrieben 
hattent iren glauben ıc. 

297. Alſo ein groß Eriege off ſtund vnd irrunge zu Lüttich und vil 
Iuter erflagen wart in der flaf. 

300. Alfo der 8. Sygmunt den hl. Evangelium Infet zu Rome und 
ber Babſt mit den Cardindlen daby flat. [Kein Tert: nur 
Abbildung.) 


1) Diefe Lüden in c. 273 u. 274 tönnten durch die Goth. Handſchrift 
- c. 264 u, 265 ergänzt werden: von den 48 Kapiteln in dem Goth. God, 
v. 260 — 308 find bei Menden nur ach t gedruckt. 


464 Anhang. 

Kapitel. 

301. Hie Inumwet der Kenfer vor dem Bobft und faget yme da 
Bobſt wie fich der kayſer halten fol in ber criſtenheit in fer 
nem kayſerlichen statum und geſchah das vor dem Im 
tar. [Kein Zert: nur Abbilbung] - - 

306 — 319. Diß ift die profecie, Die fant Higart geton hat dud be 
wert ifl. [Die 14 dazu gehörigen Kapitel haben befonder 
Überfchriften, fie entfprechen den cap. 295 — 308 in dm 
Cod. Gothan.] 

326. Hie ſchickte die flat Mens ire teeffeliche. botſchafft gon Heidel 
berg zu dem berkogen von Heibelbrrg und wurdent mi 
yme eins, 

327. Dis fint die herrlichen proceffe, diesbie Bilgerin zu dem bei 
Iigen grab zu Iheruſalem begond, 

328. Alfo die barfüfler brüder vefper und complet fingent vor dem 
heiligen grabe. 

329. Dis faget von der lenge inwendig von bem tempel des heil: 
gen grabes 1). 

3351. Hie flarp byſchoff Cunrat von Mentz waz ein Ringroffe mm 
wart ein byſchoff gemacht, der was her Dietrich ein Schende 
von Erbach vnd nam das byſtum an in dem gangen lande. 

352. (Zufag noch zu dem, was c. 204 ded Druckes fich findet.) 

335. Hie verfchteip keyſer Sygmunt dem burgermeifter vnd valt 


der flat zu Meng einen Brieff. (Einleitung zu dem ge 


druckten c. 203.) 


337. Hie erflug der amptman won Lügelburg, daz do lit in Arten 


bey Flandern der Brabender me denne fünff. hundert mol 

338. Dis ift der vbertrag zmufchent der fat Ment vnd der pfaß 
heit zu Mentz. 

346. Hie ſchickte das conſilium zu Baſel den Krieſchen Griechen) 
einen brieff zu in zu kommen gon Baſel in das heilige com 
ſilium. | 

. 347. Die ift die verfundunge des applas (Ablaſſes). 

350. (Das gebrudte cap. 214 mit einem größern Zuſatze.) 


1) Den cap. 327 — 329 entforehen in der Goth. Hoſchr. © 316-318 





— 





nn mn 


Beilage V. 465 


Kapitel: 
352. Alfo_groff Michel. von Wertheim allen. fürften, herren, rittern 
vnd knechten und ftetten difen brieff fante. | 

353, Dig ift der vsſpruch den groff Michel von Wertheim tet mas 
hen, do ym fin floß wart angewonnen von dem byfchoff 
von. Meng (nebft einem Lied des Meifterfängerd Frauen⸗ 
zucht über die Zerftörung Schweinburg’s) 1). 

354... Alfo keyſer Sygmunt zu Proge was in dem XXX VII jare. 

355.. (Zu dem gebrudten cap. 216 ein Zufag: eine Naſſauiſche 
Fehde erzaͤhlend.) 

356. Das große wetter, das do geſchah zu Loͤfen in Prabant, von 
Hagel vnd ſteinen, die do vielen. 

357. Dis iſt die ander abgeſchrifft der andern rachtungsbrieff zu 
Meng, 

361. So fint diß die kunige und hergogen, die geregniert hant 
in Vngern. 

364. Hie wolt keyſer Sygmunt wyffen, warumb Trier XIII. c. 
(d. i. 1300) jor alter were denne Rom. Darumb ift dife 
Legend in dis Buch gefchriben, warn Fayfer Sygmunt die 
gefchicht und ander gefchicht wiffen wolt. Des gefchah bo - 
der von Mandelſchid wolte mit gewalt ein byfchoff fin wis 

der den bobft und den Feyfer und wider bad confilium. 

365. Bon der Chriftenheit [i. e. Trier in der chriftlichen Zeit] 2), 

366. Hie wart die fiat Mentz ben rittern gegeben vnd befolhen, 


in 


Beilage VI 


‚ Über die Neichsfiegel unter Sigmund’s Regierung und den von ihm 
zuerft darin aufgenommenen zweiföpfigen Neichsadter. 


Unter. allen vömifchen Kaifern ift Sigmund der erſte gewefen, 
der einen zweilöpfigen Adler in das NReichöfiegel aufge: 
nommen hat. 

1) Das Lied ift get, in Aſchbach's Geſch. d. Grafen v. Wertheim, Urkuns 
denb. S. 2655 — 259, Im Goth, Eod, ſteht es cap. 342. 


2) Die beiden Capp. über Trier ſinden ſich im Goth. God. c. 352 fl. 
ſchbach K. Sigmund. IV. 30 


— 


466 Anhang. 

Zwar kommt ſchon vor Sigmund auf Reichsmuͤnzen unter Kai⸗ 
fer Ludwig dem Bayern ein zweiköpfiger Adler vor ?); auch zeigen 
die Siegel diefed Kaiferd wie bie Karl's IV zwei einköpfige Adler an 
beiden Seiten bed Thrones 2), aber auf ihren Siegeln und Gegen» 
fiegeln findet man nur ben einfachen Adler. 

Der :böhmifche König Wenceslaus, der Bruder K. Sigmund’s, 
führte ald Befiger der Mark Brandenburg und des Herzogthums 
Schlefien -auf dem fogenannten Gegenfiegel einen boppellöpfigen 
Adler mit dem böhmifchen Löwen auf der Brufl?). Diefer doppel⸗ 
koͤpfige Adler ftellte aber nicht das Neichöfiegel dar, ſondern fol den 
brandenburgiſchen und fchlefifchen Adler in feiner Bereinigung mit 
dem :böhmifchen Löwen unter Wenceslaus Scepter ausdruͤcken *). 


1) K. Ludwig Neß eine goldene Schaumünze mit einem zweiföpfigen Adler 
ſchlagen. v. Ludewig Relig. MSS. VIII. Köhler Münzbeluftigungen 'III. 213, 
GEs if wahrſcheinlich, daß Ludwig mit dem doppelkoͤpfigen Adler feine doppelte 
Würde eines römifchen Königs und Kaiferd andenten wollte. Auf feinen Siegeln 
führte et aber nur den einfachen Adler. Der Ausdruck, den man auf-einem fei- 
ner Siegel findet: ‚‚unter unferm wiederfehenden Adler“ bedeutet keinesweges ei⸗ 
nen zweikoͤpfigen Adler, fondern den einfachen Adler, den man auf den Gegen- 
flegeln mit feitwärts gebrehtem Kopfe antrifft. Bgl. v. Hergberg Abhdl. v. d. 
sten Siegen .2c, in Gercken Cod. dipl. Brandenburg. III. &. 23, 

2) Bgl. Spieß archiv. Nebenarbeiten I. &, 6. Man f. die Siegel der bei⸗ 
den Kaifer: v. K. Ludwig d. B. bei Zugger im öftreih. Chrenfpiegel; v. K. 
Karl IV in den Zrandfurter Privilegia u. Pacta Tab. IV. und bei Pelzel 
Karl IV zum Urkundenbud. 

3) v. Hersberg l. c. &, 13, Tab. II. n. 6, Da ift die Abbildung eines 
ſolchen Siegels gegeben (v. 3. 1363). Tab. III. n. 8 (v. J. 1374). Tab. IV. 
n. 9 (v. 3. 1376), in den Zrandfurter Privileg. u. Pacta Tab. V. Bei Pel: 
zel Lebensgeſch. Wenceslaus J. Bd. Tab. IL. n. HI (0. 3.1364), Tab. II. n.V 
(0. 3. 1373) u, n. VI (v. 3. 1376). Wenceslaus bediente ſich dieſes Nüdfie 
gels nie als eines Fleinern Gecretfiegeld. Bgl. über das Siegel von Wenzel: Pel⸗ 
zel's Abhandl. über den zweiköpfigen Adler Wenzel's in d. Abhdl. der boͤhm. Ge 
ſellſch. d. Wiſſenſch. J. 1785. | 

4) Diefe am meiften Beifall verdienende Erklaͤrung gibt v, Hergberg 1. c. 
S. 15 fl. ine andere gibt Pelzel in der angeführten Abholg. u. im Wences⸗ 
laus I. S. 11, die wenig Beifall verdienen mödte: „Ich halte naͤmlich dafür 
(fagt Pelzel), daß dies Fleine Gegenfigill die Abfunft des Prinzen bedeute. Gein 
Bater Kari IV mar römifcher Kaifer und führte einen einköpfigen links ſchauen⸗ 
den Adler in feinem Rückfiegel. Seine Mutter, die römifche Kaiferin Anne, 
hatte einen rechts ſchauenden einfachen Adler im Wappen.” — 8 läßt fih ge 


N 





Beilage VI. 47 


Bon der Zeit an, wo Wenzel Die Marl Brandenbing an Sigmmb 
abgibt, führt er als römifcher König mer den einfachen Adler im 


Reichsſiegel 5). 


Sigmund fuͤhrte im Anfang keinen doppelten Adler, weder als 
Markgraf von Brandenburg (denn er beſaß, ſolange Wenceslaus 
lebte, nicht Schleſien, und als er es ererbte, hatte er ſchon Bram 
denburg an den Burggrafen Friedrich von Nuͤrnberg abgegeben), 
noch als roͤmiſcher König. Das Siegel Sigmund's als Markgrafen 
von Brandenburg ſtellt ihn zu Pferde vor mit einem in vier Felder 
getheilten Schilde auf der Bruſt, die kreuzweiſe die boͤhmiſchen Loͤ⸗ 
wen und brandenburgiſchen einfachen Adler enthalten 6). Einen in 
diefer Weife ganz gleichen Schild zeigt dad hinter dem großen Sie⸗ 
gel befindliche Bleine Gegenfiegel 7). Diefes Bleinere Siegel ober 
ein etwas größeres, worin nur ber vierfach getheilte Schild mit dem 
böhmifchen Löwen und brandenburgifchen Adler in der eben beſchrie⸗ 
benen Weife fich befinden ®), wurde den Urkunden angehängt, bie 
Sigmund ald Markgraf von Brandenburg auöftellen ließ. Nachdem 
er auch König von Ungarn geworden, fo vereinigte er auf feinem 
Siegel den brandenburgifchen Adler mit den vier ungarifchen Bal⸗ 
fen. In dem Eleinern oder Secretfiegel ®) ift der Schild vierfadh 
getheilt, fo daß Ereuzweife die Felder mit den Balken und dem Ads 
ler laufen. Die Umfchrift" lautet: S. Sigismvndi regis Hvngarie 
Dalma. Auf dem größern (Majeftätd:) Siegel 10) ift der gefrönte 


gen dieſe Vermuthung Pelzel's einwenden, daß es durchaus keine Sitte bei den 


‚regierenden Fürſten war, in folder Weiſe die väterlichen und muͤtterlichen Sie⸗ 
gel zu vereinigen. Wohl aber Fommt es vor, daß fürftlihe Töchter die Siegel 
des Vaters und des Gemahls in dem ihrigen vereinigen. Die Anfiht v. Zudes 
wig’5 (de aquila bicipite in, den Helig. MSS. VII. p. 560 und Borrede zu 
Vol. VIII. 57), daß mit dem zweiföpfigen brandenburgifchen Adler die Alte und 
Reue Marf angedeutet werde, hat v. Hergberg a. a. D. S. 19fll. ſchon aut 
widerlegt. 

5) Bei Pelzel Wenceslaus Tab; II. n. VII iſt diefes abgebildet. 

6) Abgebildet bei Gercken Cod. dipl. Brand. III. Tab. VI. n. 12. 

7) Ebenda. 

8) Ebenda n. 13: es war ganz dem Siegel gleich, welches Sigmund's jün⸗ 
gerer Bruder Johann, Mitinhaber der Mark Brandenburg, führte, 

9) Gercken 1. c. Tab. VII. n. 15. 

10) Gercken L c. n. 14. Über den Unterfhied der Majeftätfiegel von den 

30 * 


468 - Anheng. 

König auf prachtvoll verziertem Thron figend, in ber Rechten dem 
Scepter, in der Linken den Reichsapfel haltend, dargeftell. Zur 
rechten Seite befindet fich ein zweifach getheilter Schild mit den un⸗ 
garifchen Balken und dem brandenburgifchen Abler, darüber ruhend 
ein Adler: ebenfo ift links ein Schild mit darauf befindlichem Adler 
geftellt: anſtatt des brandenburgifchen Adlers befindet ſich aber neben 
den ungarifchen Balken der böhmifche Löwe, 

Die Umfchrift, die in zwei Reihen um das Siegel läuft, lautet: 
Sigismvndvs dei gr. Hvngarie. Dalmacie. Croacie. Rame. 
Servie. Galicie. Lodomerie. Comanie. Bylgarie. r. Marchio. 
Brandembvrgensis sacrı Romani imperii archicamerarivs at- 
qve Boemie e. M. Lvcelburgensis heres 118), 

Als Sigmund zum römifchen König erhoben worden war, bes 
biente er fich wie feine Vorgänger eines doppelten Siegelö, eine 
größern oder Majeſtaͤtsſiegels, und eines Pleinern oder Secretfies 
gels 118). Letzteres12) fiellte einen einfachen Reichsadler dar, 
worüber ein Engelöfopf nebſt ausgebreiteten Flügeln ‚und Armen 
ſichtbar iſt. Die.Umfchrift in einer Reihe lautet: Sigismdus. dei- 
gra. romanor. Tex. semper. avgvstvs. ac. hvngarie..ec. rex. 
Das Majeftätsfiegel 13%) flelt Sigmund auf dem prachtvoll ver: 
zierten Throne figend dar, den Scepter in der Rechten, den Reichs⸗ 
apfel in der Linken haltend. Auf der rechten Seite -befinden ſich 


Secretſiegeln überhaupt handelt: Diter Gef, der Burggrafen von Nürnberg 
u. 518, . 

118) Unter Rama ift gemeint Bosnia: unter‘ Gomania ift der öftliche Theil 
von Beffarabien zu verftehen, der von dem Volke ver Gomanen bewohnt wurde, 

115) Wie Sigmund felbft in der Urkunde fagt, welde er für Zriedrid von 
Kürnberg, als Statthalter der Mark Brandenburg, im 3.1411 auöfertigen 
laͤßt: .,‚Berfigelt mit onferm Romifchen Füniglihem anhangendem Inſigel, wann 
vnſer küniglichen Majeftät Infigel noch nicht bereit mas, do wir diefen gegenwor⸗ 
digen brif dem B. Friderich gaben,’ 

42) Abgebildet bei Gercken 1. c. Tab. IV. n. 40 und beffer in den Frand: 
furter Privilegia u, Pacta Tab. V. Bgl. über ſolches Siegel Spieß archiv. Ne» 
benarbeiten u. Nachricht. vermiſcht. Inhalte I. p. 8. 

138) Gut abgebildet in Becmann's Anhalt. Gef, I. Tab. IV, in Weis 
Dresdniſch. Ehronif (1680) fol. IL. p. 180, wie au in den Zrandfurter Pris 
vilegia u. Pacta Tab. V. Cf. Heinecc. de sigillis Francof. 1719. f. p. 109, 
wo jedoch die Legende nicht ganz richtig gegeben ift, 








Beilage VI. 469 
übereinander zwei Wappenfchilde: das obere den einfachen Reich 
abler, das untere den böhmifchen Löwen enthaltend, auf der linken 
Seite .ebenfo zwei Wappenfchilde, beide auf Ungarn fich beziehend, 
das obere, mit dem ungarifchen Doppelfreuz, das untere mit den vier 


. Balken. Zu den Füßen Sigmund’3 find zwei Bleinere Wappen; 


fchilde geftellt, dad am rechten Fuß enthält den Iuremburgifchen Loͤ⸗ 
wen auf den fünf Balfen, dad am linken, die drei Keoparden:Ktöpfe, - 
welche das Königreich Dalmatien andeuten 13°). Die Umfchrift in 
einer Reihe ‚lautet: Sigismvndvs. dei. grä. romanor. rex. 
semp. avgvst’. ac. higae. dalmae. croae. rame. s’vie. ga- 
licie. lodmerie. comäe. bvlgarie. ec. rex. marchio. bradem- 
bvrgens’. necnö. bohemie et lvcebvrgens’. heres, 

Die Siegel nad) dem Tode des böhmifchen Königs Wenzel laus 
ten in der Umfchrift unverändert 1%): mas immer auffallend ift, daß, 
da. Sigmund nad) der empfangenen böhmifchen Königöfrönung auf 
dem Prager Schloß (am 28. Zul. 1420) in den Urkunden ſich Koͤ⸗ 
nig von Böhmen nennt, er im Siegel fi) als Bohemiae heres 
bezeichnet. Er that diefed offenbar nach der Art, wie er ſich von 


feinem Erblande Luremburg fchrieb. 


Solange Sigmund nur roͤmiſcher König war, führte er in Beis 
nem feiner Siegel einen andern ald einen einfachen Adler: nad: 
dem er aber im J. 1453 in Rom die Kaifertrönung em: 
pfangen hatte, nahm er in allen Faiferlichen Siegeln den dop⸗ 
pelten oder zweiföpfigen Adler an, um damit anzudeuten, 
daß er die Würde eines deutfchen oder römifhen Königs 
mit der eined römifhen Kaifers vereinigt habe. Was 
Sigmund zu diefer Neuerung bewogen hat, darüber find manche 
Vermuthungen ausgefprochen worden, ohne daß man mit Sicher: 
heit den wahren Grund angeben kann, doch ift es wahrfcheinlich, 
daß der Vorgang Ludwig’ des Bayern, der auf eine Schaumünze 
den doppelten Adler. feßen ließ, oder vielleicht: auch der auf den 
frühern Siegelm des Königs Wenceslaus vereinigte brandenburg - 


13b) Cf. Petri de Rewa: Centuriae septem de Monarchia et sacra co- 
rona regui Hungariae (Francof. 1659. fol.) p.:147. 
14) Bgl. das näher befhriebene Siegel zu einer Urkunde vom 3. 1423 bei 
v. Murr Journal zur Kunſtgeſchichte u. Litt. XII. S. 80fl. 


470 Anbang. 
fehlefifche Adler Sigmund auf die Idee bes zweiläpfigen Reichsad⸗ 
lers gebracht hat 1°). Der Vorgänger Sigmund’3, Rupert von der 
Pfalz 16), wie fein Rachfolger Albrecht II 17), welche beide nım roͤ⸗ 
mifche Könige waren und nicht Die Kaiſerkrone empfangen hatten, führ: 
ten in ihren Siegeln nur den einfachen Reichsadler: K. Friedrich IV 
führte ihm ebenfalls erft von 1452, alfo von der Zeit feiner Kaiſer⸗ 
Frönung an!®). Auch Marimilian I nahm erft mit dem Kaifertitel 
den doppelten Reichöadler an !?). 

Sigmund's Eaiferliches Majeftätöfiegel 20) , das über drei 
Zoll Durchmeſſer hat, zeigt auf der Hauptſeite den gekroͤnten Kaiſer 
auf dem Thron ſitzend: in der Rechten haͤlt er den Scepter, in der 
Linken den Reichsapfel. Der Thron iſt umſtellt von zwei doppel⸗ 
koͤpfigen Adlern. Der auf der rechten Seite haͤlt mit dem linken 
Schnabel den Reichsſchild mit dem doppelkoͤpfigen Adler (bie Köpfe 
find gekrönt oder mit dem fogenannten Heiligenfchein umgeben) 
und mit ber aufgehobenen rechten Klaue den böhmifchen Schild mit 
bem Löwen; der auf der linken Seite befindliche Adler hält mit dem 
Schnabel des rechten Kopfs das ungarifche Doppelkreuz mit dem 
angehefteten Kreuze des Drachenordend: und mit der linken Klaue 
den andern ungarifchen Wappenfchild mit den Walken. Unten am 
Fuße des Thrones befindet fich der Schild mit Dem luxemburgiſchen 
Löwen. Die Umfchrift in zwei Reihen lautet: Sigismvndvs. dei. 


15) Diefe Anfiht ift von Hersberg a. a. D. S. 25 zuerft ausgeſprochen 
und wahrſcheinlich gemacht worden. Was von v. Ludewig in feiner Dissertatio de 
aquila bicipite 1. c. und in der Vorrede zu Vol. VIII der Relig. MSS. beham- 
" tet wird: Wenceslaus hätte den doppelten brandenburgifchen Adler in das Reiche⸗ 
Gegenfiegel gebracht, welchen dann Sigmund, fein Bruder und Nachfolger iM 
Kurfürftentjum und im Kaiſerthum, in das große kaiſerliche Reichsfiegel gefett, 
und welches dann die folgenden Kaifer beibehalten hätten, enthält ſoviele Uns 
richtigkeiten faſt als Worte, Es gab keinen zweiföpfigen brandenburgiſchen Ad⸗ 
ler; der doppelte Adler rührt auch nit von dem brandenburgiſchen Wappen her; 
Wenzel führte auch ald roͤmiſcher König Feinen doppelten Adler im Siegel. 

16) Man fehe deſſen ſchoͤnes Siegel in d. Frankfurt. Priv. u. Pact. Tab- V- 
- 17) Die Abbildung feines Siegels ebenda Tab. VI. 

18) Wed Dresdn. Ghronit S. 23, Tab. VI. 

19) Wed a. a. D. Tab. VII. Karl V war der erſte Kaiſer, der auf die 
Bruft des doppelten Adlers einen Schild mit dem kaiſerlichen Läänderwappen fette. 

20) Abbildung davon bei Gercken 1. c. Tab. V. 





Beilage VI. 471 


gracia. romanorvm. imperator. semper. avgvstvs. ac. hvn- 
garie. bohemie. dalmacie. |] croacie. rame. servie. gallicie. 
lodomerie. comanie. bvlgarie etc. rex. et. Ivcembvrgensis. 
heres. 

Das ebenfo große Siegel der Rüdfeite 21) ftellt nur einen 
groͤßern doppelkoͤpfigen Adler mit auögebreiteten Flügeln und dem - 
Heiligenfchein um die Köpfe vor. Die Umfchrift in einer Reihe 
lautet: aqvila. ezechielis. spense. missa. est. de. celis. volat, 
ipsa. sine. 'meta. qvo. nee. vates. nec. propheta. evolavit. 
altivs. Als ein Bleinered ſogenanntes Secretfiegel gebrauchte der 
Kaifer ein ſolches, das ganz diefem letztern Ruͤckſiegel in Bezug auf 
ben zweißöpfigen: Adler gleicht: nur die Umfchrift in zwei Reihen 
lautet ander: Sigismvndvs dei grà. romanor. imperalor 
semper avgvstvs ac hungarie bohemie dalmacıe croacie cr 
rex 22), 

Neben dem befchriebenen kaiſerlichen Majeſtaͤts⸗ und Secret⸗ 
fiegel kommt auch noch ein anderes davon fehr verſchiedenes vor, 
deſſen ſich Sigmund vornehmlich bediente, wenn er ben Reichsſtaͤdten 
Urkunden und Privilegien als Kaiſer ertheilte oder confirmirte: das 
ungefaͤhr zwei Zoll im Durchmeſſer enthaltende Siegel zeigt auf der 
Hauptſeite den Kaiſer im Ornate mit der Krone, dem Scepter und 
Reichsapfel auf dem Thron. Die Umſchrift in zwei Reihen lautet: 
Sigismvndvs, dei grà romanorv imperator semp. avgvst’ ac 
hvngarie || bohemie dalmacie. croacie. ze, rex. Auf der 
Ruͤckſeite iſt die roͤmiſche Kirche abgebildet: der Umkreis gibt die 
Worte: roma. capvt. mvndi. regit. orbis. frena. rotvndi: 
und in der Öffnung des Kirchenthors fleht: avrea. roma, in drei 
Reihen abgetheilt, fo dag in jede drei Buchftaben kommen 2°). 

21) Abbildung bei .Gercken I. c. ad. Tab, V. gl. Heinecc. de sigillie 
108.. 
— 22) Bgl. Thierſch Hauptſtuhl des weſtphäl. Vemgerichts zu Dortmund, 
&,.102 zu einer Urk. v. J. 1434. 

23) Abbildung des Siegels zu einer Urk. v. J. 1433 in den Franckfurter 
Privil. u. Pact. Tab. VE Ein ſolches Siegel findet ſich auch beſchrieben im 
„Gefchichtsfreund““ (Mittheil. des hiſtor. Vereins der fünf Dite Lucern, Uri, 


Schwyz, Unterwalden und Zug. Cinfiedeln 1843) I. ©. 11 bei einer kaiſerl. 
urk. für die St; Lucern v. 31. Det. 1433. — Gin Siegel, das ebenfalls den 


472 | Anhang. 
Diefed Siegel ward zum Unterfchiede von dem kaiſerlichen Ma⸗ 
jeftätöfiegel genannt ber kaiſerlichen Majeflät guldene Bulle: die 
. Bulle, ungefähr drei Unzen an Gold wiegend, hing an ber Urkinde 
vermittelft einer Schnur, von carmoifinrothen feidenen Faͤden ?*), 
Die Zarbe der ſeibenen Schnüre oder Fäden, woran die Wachs⸗ 
fiegel an den Urkunden herabhingen, war fonft ſchwarz und gelb. 

Mieder anderd war Sigmund’ Siegel, welches gebraudt 
wurde bei Entfcheidimgen des Eaiferlichen Hofgerichts: das Stege 

auf ber Hauptfeite, 3 Zoll im Durchmeffer, ſtellt den gefrönten Kar 
ſer in halber Figur dar. In der rechten Hand hält er das Schwert 
quer vor fi), fo daß ed über die doppelte Umfchrift reicht, imde 
linken den Scepter. Die Umfchrift in zwei Reihen lautet: sigillvm 
imperialis jvdicii curie Siıgismvndi divina favente clemenca 
romanor. imperatoris || semper avgvst. ac hvngarie bohe- 
mie dalmacie. croacie etc. regis ?°). 

Sämmtlicde Siegel: Stempel, welche unter Sigmund’s kaiſe⸗ 
licher und koͤniglich⸗ ungariſcher Regierung in der Kanzlei gebraudf 
worden, wurden am Tage nad) feinem Ableben auf Befehl bes Kıny 
lerö in Gegenwart von Zürften, Grafen und Herren durch einem 
Goldſchmied in Stüde zerfchlagen, über welchen Act fich ſodam 
ber Kanzler von den anmefenden Fürften, dem Herzog Albrecht von 
Öftreich und dem Pfalzgtaſen Chriſtoph, ein Atteſt ausftellen 
ließ 26),. . j 
gekroͤnten Kaifer in halber Figur darſtellt, mit dem Scepter in der Rechten md 
dem Schwerte in der Linken, bat nad) Strada Struve im Corp. hist. German. 
T. I in den Tabb, n. 40 mitgeteilt, Doch die Umſchrift macht die Achtheit Ve 
ſes Siegels höchſt verdädtig. Sie lautet: Sigismvndvs. dei. gratia. romal. 
imp. Caro. III, f. p. fav. Es findet fi davon fonft Fein Beifpiel, daß Sig⸗ 
mund oder einer der Iuremburgifhen Kaiſer auf Siegeln den Namen des Bateri 

ihrem Namen beigeſetzt hätten, 
24) Gefhiähtöfreuny 1. c. 25) Thierſch a. a. O. S. 48. 

26) Die Urk. d. d. Znoym 10, Dec. 1437 bei Lünig P. Spic. Conti 
U. p. 1187. Es werden folgende Siegel-Stempel angegeben: zum erften dad | 
Majeftät- und kleine Infigl der beider fein Gnad gebrauqhet hät, de 
er Röm, König mas, Item zween meffen Stämpffel zu gälden Bul’ 
len, die aud dem Röm. Königreich zugehören, Item aber zween meffen Stimm 
fel, die dem Königreidy zu Hungarn zugebören. Item zwei Stüd der Kai⸗ 
ſert— Maj. und auch den klein Inſigl, die Sein Gnad su bett, 


_ 


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— — — — m * u. wm _ wur” — — —XR 


Beilage vu. 473 


In ben nicht Öffentlichen. Acten, im Privatleben, bediente fich 
Siomunb befonderer Siegel: ein folches Privatfiegel des Kaifers, 
einen Stegelring mit der Auffchrift: Dilectus dilectae — bewahrt 
man heut zu Tage noch auf ?”). 





Beilage VI. 


über die von 8, Sigmund der Stadt Nürnberg zur Verwahrung 
übergebenen Reichskleinodien. 


‚Seitdem von dem Wittelsbachifchen Haufe im 3. 1350 die 
Reichöinfignien an Kaifer Karl IV ausgeliefert worden waren ®), 
wurden fie zu Prag in der Set. Veitöfirche aufbewahrt. König 
Wenzel ließ fie erft im 3. 1410 von Prag auf das feſte Schloß Karl⸗ 
flein zur Verwahrung abführen. Nach dem Ausbruch des Huffiten- 
Frieges hielt Sigmund die Reichskleinodien bei den Fortfchritten der 
buffitifchen Waffen in Böhmen auch felbft auf Karlftein nicht mehr 


für fiber aufgehoben: er ließ fie daher im 3.1421 heimlich nadh 


Ungarn bringen, und in der Feſtung Blindenburg, unweit Dfen, 
aufbewahren 2. Damit waren bie beutfchen Fürften nicht zus 
frieden, daß die Reichsſchaͤtze außerhalb der deutfchen Grenzen 
fih befanden: ihrem Wunfche gab endlich Sigmund nach; er be 
flimmte, daß fie der Reichsſtadt Nürnberg zur Verwahrung an: 
vertraut wurden. Er ließ zwei Mitglieder bed Nürnberger Stadt: 
rathes nach. Ofen kommen, wohin auch die Reichskleinodien von 


nad der Kaiferlihen Erönung: Item dad fielbern Beiden, dad man in 


die Privilegien drudet — und ließ die alle — vernichten, als dann nad folder 
Zürften Todte Gewohnheit ift zc. 

27). Jankowitz in Pefth, der nad Hormayr hiſt. Taſchenbuch Jahrg. 1821, 
S. 338 ein Kanzlei» Prototol vom I. 1420 und Sigmund's Gorrefpondenz in 
der Zeit des Gonftanzer Gonciliums nad der Originalhandſchrift gehabt haben fol, 
bejaß in feiner Sammlung Sigmundifher Raritäten auch diefen Siegelring, 

1) Die Urkunde, worin die einzelnen Reichskleinodien aufgezählt find (d. d. 
6. April 1350), findet fih bei v. Murr Journal zur SKunftgef- u, Litterat, 
Thl. XO. (Nürnb, 1784) S. 46 fü. 

2) Binde c. 115. p. 1163 6q. u, c. 124. p. 1176 29. Andreas Pre- 
sbyt. Ratisb. bei Kulpis p. 43. Bgl. Gef. K. Sigmund's II. G. 181, 





474 Anhang. 

Blindenburg uͤberbracht worden waren, und nach aufgenommenen 
Inventar derſelben eine Urkunde ausſtellen, worin er feinen Ent 
ſchluß, der Stadt Nuͤrnberg fie zu überantworten ausſprach (29. Sep. 
1425) 2). Wirklich lieferte er fie auch am 9. Febr. 1424 den bei 
den Nürnberger Abgeordneten aus, welche fie in der größten Heim: 
lichkeit nach Nürnberg abführten*). Die Übergabe wurde dur 
eine neue Urkunde von demfelben Tage, wo die Reichskleinodien in 
die Hände der Nürnberger uͤbergingen, beftdtigt °). 


3) Die Urkunde Sigmund's v. 29. Sept. 1423 findet ſich allein gebradt 
bei v. Murr l. oc. S. 76 fü. Mit der Urk. ftimmt überein Windel c. 14 
Die Obligatio reciproca Norimbergensium de tutela insignium ijt bei v. Nur 
L. c. &, 83 fl. abgebrudt, wie aud die Quittung aus der königlichen Kanzla 
über den Empfang von taufend Goldgulden, welche die Stadt Nürnberg für de 
Recht der Aufbewahrung bezahlte, 

4) Windeck c. 124. CA. Ludewig diss. de Norimberga, insignium im. 
tutelari. Hal. 1713. RoederiComm. de fatis Klinodiorum imperial. (176) 
Häberlin R. H. V. 365. Heinrih R. G. IV. 506 fl. v. Murr Merm. 
Kürnberg (1778) &. 190 fü. Deſſen Beſchreib. der Reichskleinodien u, Heilig⸗ 
tbümer (1790) u. Journal XII. XV u. XVI. 

5) Xn der Urk. Sigmund’s d. d. Dfen 9, Zebr. 1424 (bei v, Mur lc 
S. 86 — 9) heißt es: „Wir Sigmund von goted gnaden romifher kunig % 
haben dem Rate vnd der State gemeinlichen zu Nurenberg — eingeben, get 
wortet und empfolhen ꝛc. vnſer vnd des heiligen reichs heiligtum mit name: 
fant Sarled des kunigs fwerte. Sant Mauritii werte. die Grone fant Karla 
deö kunigs mit edlen fteinen vnd perleyn. Item von der Erippen gotes in niet 
langen gufbeiner bebeltniffe gecziret mit edlen fteinen. Item drei Feten gli 
fant Peters, fant Paules, vnd fant Johannes in eynem ſilbereinem vbergulb 
Peftel. Item fant Anne arme in einer vbergulter beheltniß mit irem namen Ir 
gend in einem langen flibereinem keſtel vbergultem, Item fant Johannis w 
evangelifte roke in eynem jülbereinem vbergultem ledel, doruff ein klein criſtaleu 
crewcz in der mitte doruff iſt. Item fant Johannis des tewffer czande in eim! 
Meiner criftalleiner monftrantia mit veinem gold vmbgeben. Atem bas ſper 8% 
tes vnd ouch ein fpan des heiligen crewzes mit einander in einem groflen even? 
„mit edien fteinen ond vil perlein ond der fufle deſſelben crewzes if filberein vber⸗ 
goltet, geczyret mit des richs vnd der cronen zu Behem wappen vnd kleinates. 
Item ein klein crewez, dorein das crewcz des holzes gotes gelegt wirt, als ma 
das czeiget. Item ein groſſe beheltniſſe ſilberein vbergulde mit einem HOF 
criſtallo, dorein man leget das ſper vnd das holcze gotes crewczes zu der 
der Zeigung. Item eine prawne dyalmatica fant Karles mit adelener. SM 
cine dialmatica fant Karles ſwarz mit perlen. Item eine weifle dialmatica, mi 


— — —8 


Beilage VI. 475 


In ber Auslieferungsurkunde vom 29. Sept. 1423 find fol⸗ 
gende Reichöfleinodien verzeichnet: 

1) Das Schwert Karl's ded Großen ©). 

2) Das Schwert des heil. Mauritius 7). 


perlein an den ermelein, ond veben czu ringeomb. Item eine lange ftole guldein 
mit adler und yerlein. Item ein rote kappen mit einem guldein lewen vnd ei⸗ 
nem camelen mit perlein gefteppet. Item fant Karles Gürtel. Item konigliche 
ſceptra füberein, eines vbergult, das ander ſlechte. Item czwen Oppfel filberein, 
vbergultet ond of yglichem ein crewcz. Item fant Karles oppfel auffen guldein, 
inwendig Hulzein mit einem crewcze vnd edlen fteinen vnd perlein. Item fant 
Karles fporn filberein vbergoltet. Item fant Karl rote gugel. Item fant Karls 
kunigs hantſchuch mit edlen fteinen vnd perlein. Item ſant Karls ſandalia. Item 
ſant Karls niderſchuch. Item ſant Karls gurtel in einem gulten beheltniß, in 
gurtelsweiſe mit knewfen vnd ſchellen. Alſo das fürbas daſelbſt zu Ruremberg 
von vns vnd allen vnſeren nachkomen, romiſchen keyſern vnd kunigen vnwider⸗ 
rufflichen ewiclichen bleiben fein fol angeuerve. Duch fol Fein priſter domit zu⸗ 
ſchicken noch dheinen Gewalt dorüber haben, denn zu den zeiten, als man die 
Weiſung tun ſol. Sodann mag der rate dozu ſchicken, fuͤgen vnd ordiniren, 
wen fie wollen vnd die priſterſchafft fol ſich ſulches gewaltes ſchickung oder anders 
nit wenn mit gebeifle des obgenannten rated vonterwinden an alles Geverd, 
Bnd tun In ouch die befunder Gnad, das fie es halten follen mit der weifung 
ald es von alders herkomen ijt angeuerde, vnd daz fie von dem tag der weifung 
vierczeben tage ein meſſe vnd Jahrmarkt in der obgeſchriben flat zu Ruremberg 
baben mögen’ ⁊c. 

6) Bei dem erften Wahlkoͤnig Konrad I kommt eö nad Widukind Annal. 
Ub. U aud) vor: Sumptis — insigniis, Jancea sacra, armillis aureis cum 
chlamyde, et veterum gladio regum ac diademate. Bei der Krönung Ot⸗ 
108 I in Aachen im J. 936 kommen zu diefen Infignien nad demfelben Widu⸗ 
find noch der Gürtel, der Stab und Scepter: dagegen kommt die hl. Lanze nicht 
vor, Das Schwert Karls des Großen findet fih befäprieben bei v. Murr Jour⸗ 
nal 3. Kunſtgeſch. XV. &, 162. Es bat Feine Aufichrift. 

7) Am Kuopfe liest man die Worte: BENEDICTVS. DOS. DES. (i. e. 
dominus deus) MEVS. QVI. DOCET. MANVS; am Sireuz: CRISTVS. VIN- 
CIT. CRISTVS REIGNAT. CRISTg. INPERAT, Dieſes Schwert wurde bei 
ven feierliden Krönungen vorgetragen. In der Urk. K. Konrad’ IV v, I. 1246 
nad) einer alt. deutſch. Überf. in den Origin. Guelf. III. 843 und bei v. Murr 
1. c. XI. p.-37 ift des Mauritius Speer anftatt Schwert genannt: „Wir 
Konrad 2c. tun Fund, daz die — Ifengard, husfrawe Philipfen von Zalden- 
ftein — — vns geantwort bat — — die Burg Trivels vnd die Faiferli- 
hen Zeichen mit namen: vnfers herrn bolcz mit einem guldenen crucz, S. Jo⸗ 
hann Baptiften zahn, — S. Mauritien Spehr, vnſers berrm nagel, zwey 





476 | "Anhang. 


3) Die Reichskrone ®). 

4) Eine braune, eine ſchwarze und eine weiße Dalmatica ?), Die 
beiden erſten ald von Karl dem Großen berrührend angegeben. 

5) Eine lange Stola mit einfachen Adlern und Perlen befegt 19). 

6) Das Pluviale oder der kaiſerliche Chormantel 1t), 

7) Zwei Gürtel Karl's des Großen 12). 


8) Zwei filberne Scepter, wovon ber eine vergoldet 13), 


9) Drei Reichsaͤpfel, wovon einer ganz von Gold, die beiden an: 
dern von Silber und vergoldet 1°). 


ſchwert mit zwey ſcheiden, den gulden appel mit dem crucze, den kaiſerlichen 


mantel, die gulden fporen, ein albe von wiſſem ſammet, zwei ſcharlacken hoſen 
vnd zween ſchue“ ꝛc. 

8) Von maſſivem Golde, im Gewicht über 14 art ſchwer: nal. v. Mur 
Beſchreib. der Reichskleinodien u. Heiligthümer S. 1fl. In den Urkunden der 
Wittelsbadher vom J. 1350 bei v. Murr Zournalıc, XII. p. 46 sqq., wodurd die 
Reichsinſignien an K. Karl IV übergeben werden, wird fie genannt: „Kaiſer 
Karls gulden Kron mit dem bogen vnd creucz.“ 

9) Die braune Dalmatica iſt von Seide, die ſchwarze ebenfolls (vgl. v. Mur 
Zournal 3. Kunſtgeſch. XV. 211), die weiße Dalmatica, auch Alba genannt, 
ift ebenfalld von Seide, ein eigentlihes Chorhemd, das unten einen, fünffadhen 
Saum hat. Durd die lateinifche Aufſchrift im zweiten und unterften Saum er 
fährt man, daß fie 1181 im Bells von König Wilhelm IE von Gicilien war. 
Ohne Zweifel ift diefe Alba durch Kaifer Heinrid VI und Friedrid II umter die 
Reichskleinodien gekommen. Bol. v. Murr a, a. D. S. 219. Die. Datmatica, 
Aba, Stola und der Chormantel waren die Kleidungsftüde eins Diaconen, die 
dem Könige vor der Krönung angelegt worden. Bgl. v. Murr a.a.D, S. 206, 

10) v. Mur a. a, O. ©, 233 u, Beſchreib. der Reichskleinod. S. 37 gibt 
an, daß fic gelb geblümt fey. Sie wurde bei der Krönung dem Kaiſer über die 
Alba um den Hals über die Bruft gelegt, 

11) Er wird „ein rote Fappen’ genannt: er beftebt aus rothem Seidenzeng 
nit zwei mit Gold und Perlen -eingeftidten Löwen und Gamelen. Am. untern 
Rande befindet fi eine arabiſche Auffchrift in goldenen. Buchftaben,. woraus man 
erfährt, daß die Araber in Palermo im 3, 1133 fle für K. Roger I von Sici⸗ 
lien verfertigt haben. Vgl. v. Murr Zournal ꝛc. XV. 238 fll. 

12) Mit Knöpfen und Schellen verfehen. 

13) v. Murr 1. c S. 131 vermuthet, daß eines diefer Scepter an die 
Stelle des alten von Golde, das bei der Krönung von Rudolf: von Habsburg 
fehlte, verfertigt worden, 

14) v. Murr Zournal ꝛc. XV. 8. 138 gibt an, daß die zwei fibernen 
Neihsäpfel nicht mit Edelſteinen befegt und inwendig leer ſeyen, aber der eigent: 








Beilage VIL 477 
10) Die heilige Same 15), 
41) Ein paar golbene Sporen von Karl dem Großen. | 
412) Karl's des Großen Überfappe mit fieben ſchwarzen Adlern 
und goldenen Verzierungen. 
13) Karls d. Gr. Handſchuhe mit Edelfteinen und Perlen beſeht. 
14) Deffelben zwei paar Schuhe aus rothem Atlas mit Gold und 
Perlen geftidt. | 
415) Die Reichsheiligthuͤmer oder Reliquien: 
a) Ein Spahn von ber heiligen Krippe in einem goldenen 
‚mit Edelfteinen beſetzten Behältniffe, 
bb) drei Blieder von den Ketten der Apoftel Petrus, Paulus 
. und. Sohannes in einem filbernen vergoldeten Käflchen, 
c) da8 Armbein der heil. Anna, | 
d) ein Stud vom Rod des Evangeliften Johannes, 
2) ein Zahn Johannis des Täufers, 


liche Reichsapfel, ganz vom feinften Golde, 3 Mark und 4 Loth wiege und in« 
wendig mit Pech auögefült ſey. Dad Gold an den Reifen mit dem darauf bee. 
findlihen Kreuze wiege 21 Karat, Das Kreuz fen mit Evelfteinen und Perlen 
befegt. dv. Murr glaubt, der Apfel rühre von Karl dem Großen ber, dad Kreuz 
erft Faum von der Beit K. Konrad’5 II. Unter den Reihöinfignien der deutfchen 
Könige kommt anfangs der Reichsapfel, dad Symbol für dad Imperium mundi, 
nit vor. Dtto I nahm ihn erjt nah der Kaiferfrönung im 3. 962.an, viele 
leicht aber erft aud fein Sohn Dtto II, der dur feine Gemahlin Theophania, 
eine griechiſche Prinzeſſin, veranlaßt wurde, dieſes Zeichen ber Welt herrſcheſt 
nach dem Vorbilde der byzantiniſchen Kaiſer anzunehmen. 

15) Sie wird auch zu den Heiligthümern gerechnet, ſie gehoͤrte aber eigent⸗ 
lich zu den Reichsinſignien. v. Murr GBeſchreib. der Reichskleinod. S. 66 und 
Journal z. Kunſtgeſch. XVI. S. 212) beſchreibt fie als ein 20 Zoll langes zwei⸗ 
ſchneidiges Speereiſen, in deſſen Mitte der Nagel (der zu den Reliquien ge⸗ 
börte) mit Silberdraht befeftigt ift. - Gewöhnlih wird (nach Läutprand hist. 
sui tempor. lib. IV. c. 6) angegeben, daß K. Heinrich I die heilige Lanze, die, 
einft Gonftantin.der Große befeffen, im 3. 922 vom König Rudolf von Burgund 
durch Drohungen, Gefhenfe umd Landabtretung erpreßt und erworben habe, 
Bol. Wait K. Heinrih I. S, 5Afl. u. S. 145, Man glaubt, daß es diefelbe 
heilige Lanze fey, die fpäter zu den Reichsinſignien gerechnet wurde, Ekkehard. 
Uraug. p. 15%: Eamque credimus esse, quae extunc hodieque in Impera- 
torum ‚tutela solet manere. — .. Damit ftebt freilich im Widerſpruch, daß ſchon 
vor Heinrich I unter dem König Konrad I von Widukind Annal. lib. I die lan- 


478 Anhang. | 
f) ein Spahn vom heil. Kreuz in einem mit Edelſtein 
und Perlen befegten vergoldeten Kreuze von Silber!‘ 
Später ſchickte 8. Sigmund mit einer neuen Beftätigungsurfuk 
vom 2. Juni 1424 noch drei Stüde nad: 
4) Eine Stola 8. Karl's d. Gr. mit goldenen Borden, 
3) deſſelben Sandalen mit Perlen, 
3) defielben Handfchuhe, ebenfalls mit Perlen befept 27). 
Die Stadt Nürmberg hatte dad Recht, die Reichskleinodia 
aufbewahren zu dürfen, mit taufend Goldgulden an bie Föniglik 
Kanzlei bezahlen müffen 12), Die Ausgabe diefer für die damaly 
Zeit bedeutenden Summe mußten aber die Nürnberger Bürger, W 
mit dem Gelde gut hauszuhalten wußten, als ein wohlangelgt 
Capital betrachten, indem fie dadurch, daß die &eichöfleinoin 1 | 
ihrer Stadt für alle Zeiten niedergelegt wurden, das Recht zuglih 
erhielten, fie jährlich um Oſtern vierzehn Tage lang audflellen y 
dürfen 19), wobei ihnen Sigmund noch ein Meßprivilegium ?°) m 
ganz befonbern Vorrechten ertheilte. Die um diefe Zeit nach Nm 
berg Reifenden, einerley ob es Pilger oder Kaufleute waren, mi 
den von allen Abgaben bei den Reichszoͤllen befreit 22). 











con sacra bei den Heihöinfignien genannt wird, die von Eberhard, Konmdt! 
Bruder, an Heinrich I überbradpt worden. 

16) Über die Reichsheiligthümer handelt v. Murr in der Befreiung | 
Neichökleinovien ‚ausführlich, 

17) Urt. Gigmunv’s d. d. Dfen 2. Juni 1424 bei v. Murr Jommal 
XII. &. 8, 

18) Der Quittungebrief von der Kanzlei d. d. Wien Aſchermittwoch 14 
bei v. Murr Journal ıc. XU. &. 8. 

19) Schreiben des Nürnberger Raths an Sigmund d. d. Donnersteg u 
&ct. Thomas 1423 bei v. Murr l. c. &, 83, d.d. Fer. VI. ante Dom Ir 
dica 1424 ibid, p. 91. NRidt nur der Biſchof von Bamberg gab einen Im 
genzbrief für die Audftellung der Reichsheiligthümer, fondern auf dab 
lungsföreiben Sigmund’ (d. d. Bude IX. die Junii 1424 bei v. Murrl® 
S. 101) auch der Papft Martin V (die Bulle vom 31. Dec, 1424 bei v. MM 
S. 103). 

20) Schon in der Urkunde vom 9, Zebr, 1424 (f. oben Not. 5) if bil) 
Hrivilegkım ertheilt. Sigmund ftellte darüber nod eine befondere Urkuude au⸗ 
d. d. Rürnberg 13. April 1431 bei v. Murr 1. c. &, 135. 

21) urt. Gigmund’s d. d. Rärnberg 17, April 1431 bei u. Mur Le & 1° 


— — 


a cz u 9. 


Beilage VII. 479 

Obwohl Sigmund als Kaifer an feinem Krönungstage (31. May 
1433) nochmals eine Beftdtigung gab in einer Urkunde, daß die 
Reichskleinodien der Stabt Nürnberg verblieben, ja für alle Zeiten 
verbleiben follten 22), und Kaifer Albrecht II diefes Privilegium auch 
confirmirte 23), fo machte doch ſchon nach wenigen Jahren K. Fried⸗ 


rich IV den Verſuch, die Reichskleinodien der Stadt Nürnberg wieber 


zu entziehen und fie nach Regensburg ober Wien in eigene Verwah⸗ 
sung zu bringen. Allein die Reichsftadt hielt feft an ihren Privile⸗ 
gien und fie fand an ben deutſchen Fürften Unterftügung 2). Es 
blieb ihr das Recht der Aufbewahrung, folange das römifche Reich 
beſtand. 





Beilage VIII. 


Fortſetzung der Regeſten und des Itinerars des K. Sigmund 
vom 1. Nov. 1431 bie Dec, 1437. 


Jahr 1431, 
Feldkirch Nov. Sigmund reist im Anfang des Novembers von 
| Feldkirch über die Alpen in die Lombardei. 
Gomo s 10 jbeftätigt die Privilegien der Stadt Heilbronn. 


Zäger Geſch. v. Heilbronn I. 188, [Entwe⸗ 
der ift dad Jahr 1430 unrichtig und dafür 
1431 anzunehmen, oder ed ift Chume in 
Ulme zu ändern.) 
Mayland s 22 |fommt dahin. Daverio Memorie « Milano 
p- 85. 
gibt feine Beiftimmung zum Badler Goncil. 
Goldast Constit. Imp. III, 426. Rousset 
Suppl. au C. D. J. 2. p. 364. (Bgl. unten 
die Megeften zum 22. Nov. 1432,] 
25 jempfängt die eiferne Krone in Mayland. Bol. 
oben Kay. 3, S. 47. 


22) Die Urkunde bei v. Murr J. c. &, 144: „Bud daz auch ſoͤlich hey⸗ 
ligtum furbas dafelbft zu Nuremberg — von vns vnd allen onfern nachkomen 
romiſchen keyſern ond Funigen vnd meniclihen vnwiderrufflich ewiclich beleiben vnd 
fein fol on alte hindernuß vnd geverde’’ ꝛc. 


23) Urkunde bei v. Murr S. 148, 








480 Anhang. 
Jahr 1431, 
Mayland Kov. 25 Ibeurfundet, daß er die loͤmbardiſche Krone erhal: 
ten, Lünig Cod, Ital. dipl. I. 2513. . 
⸗ « 29 |gibt dem Grafen v. Montfort ein Privileg, 
Gerichtsbarkeit betreffend. Chmel Geſch. K. 
Friedrich's IV. Bd. J. S. 23. 


Dee, hält fi im December zu Mayland anf bis uad 
. Weihnachten. Winded c.1.. 
⸗ ⸗11gibt dem Concil in Baſel von der lombardiſchen 


Krönung Nachricht. Goldast Constit. Imp. 
III. 436. Mansi Coll. Concil. XXIX. 583, 
Br ?% Ifreibt an P. Eugen IV, daß er dad Goncilium 
zu Bafel nicht auflöfen mödte, und daß die 
in Frankfurt verfammelten Reichsſtaͤnde den 
Krieg gegen die Huffiten nicht weiter führen 
wollten ꝛc. Goldast Constit. Imp. III. 36. 
Mansi 1. c. 582. [Letterer gibt zwei Schrei⸗ 
ben, aber ohne Datum: fie gehören aber of 
fenbar in die zweite Hälfte des Decemberd.) 
⸗ s 18 |bringt eine Allianz zwiſchen Mayland, Mont 
ferrat und Savoyen zu Stande. gl, oben 
Kay. 3. S. 48. 


r 


% 


Jahr 1432, 
Piacenza Januar. ſiſt im Anfang des Januars ſchon daſelbſt. Min 
deck c. 184. 
⸗ s 2 |gibt den Herren v. Kreiz ein Privileg Che] 
| Gef. Friedr. IV. 1.28. 
⸗ ⸗9 ſſchreibt an den Papſt Eugen IV, daß dad Bab⸗ 


ler Concilium nicht aufgelöst werben koͤnnte. 
Goldast Const. Imp. III. 427. Lünig Sp- 
eccl. I. 248 (unrichtig b. J. 1433), Mani 
XXIX. 585. 

s 10 |beftätigt den Burgmannen v. Friedberg den Aub⸗ 
ſpruch des Grafen Johann v. Wertheim in 
Betreff des Kaicher⸗Gerichts. Mader Geſch. 
d. Burg Friedberg II. 375. 


⸗ ſſchreibt in gleiher Sache an Frankfurt. granff, 
. Archiv. 
s ſſchreibt an das Basler Goncil, fi nicht aufzu⸗ 


töfen, trog der päpftl. Bulle, Martene colk 
ampl. VIII 54. 
ü es Ifhreißt an die Stadt Frankfurt über Mabland, 


Diacenza 


w 


Parma 


U} 


Regeften und Stinerar des K. Sigmund. 
Zabr-1432, 


San. 10 


Zebr. 7 


März 5 


s 31 


Aſchbach K. Sigmund. IV. 


den Papſt und das ; Gonkil, 
(Reichsberichte I. £. 63.) 
ſchreidt an die Stadt Straßburg, daß er am 
26. Nov. in Mayland gekrönt worden fey. 
Frankf. Ar. (1. c. f. 64.) 

ernennt den Biſchof von Trient Alexander, Herz. 
v. Maffovien, zu feinem geheimen Rath, Graf 
Brandis Tirol unter Friedrich v. Oſterreich 
S. 176, 

derſpricht in einem Schreiben dem Basler Concil 
feinen Su. Martene coll. ampl. VIII. 60, 

ſchreibt an das Basler Goncil, daB er vom 
Papft no Feine Antwort erhalten. Martene 

.1c 68. 

ſchreibt an das Basler Goncil, "daß er neue Bo⸗ 
ten an den Papft gelendet babe, Martene 
l. c. 66. 

Ihreibt an das Basler Goncil über den Röm. 
Hof und die Böhmen, Martene coll. ampl. 
VII. 80. 

verfidert in einem Schreiben das Basler Goncil 


Freutf. Archiv. 


von neuem, daß er ihm feſt anhängen werde. 


Martene 1. c. 82. 

gibt der Stadt Frankfurt die Erflärung, daß des 
Brafen Johann v. Wertheim Entſcheidung in 
Betreff des Kaicher-Gerichts den Rechten der 
Stadt nicht zum Nachtheil gereichen ſollte. 
Frankf. Archiv. 

ſchreibt an das Basler Concil, nachdem er am 
22, März Geſandte an Papſt Eugen geſchickt. 
Martene 1. c. & u. 9, 

verleiht den Rittern von Verlago ein Reichsadeld 
diplom nebft Wappen (ſchwarzer Hund in weis 


ßem Feld), Driginal im Beſitz der Gräfl, Tere . 


lago'ſchen Familie, 


ſchreibt an die St. Bafel, die Miethpreife der 


Wohnungen nicht übermäßig zu fteigern, Mar- . 


tene coll. ampl. VIII. 106, 
ſchreibt an die deutfhen Fürften, das Goncilium 
zu beſchicken. Martene |. c. 
ſchreibt an die europäifhen Könige, das Gonci- 
lium zu beſchicken. Martene |, c. 
31 


481. 


\ 


482 | Begeften und Itinerer det 8. Sigmem. 


parma 


In Therentio 


Lucca 


Jahr 1432. 


April 8 ſſchreibt dem Basler Concil und warnt es vor ben 


r 


Juni 


päpftl, Abgeordneten. Martene L. c. 


? ſchreibt an den Herzog Wilhelm von Bayern, 


Martene I. c. 


20 Igibt wegen der Kaicher⸗Grafſchaft eine Entſchei⸗ 


* 


* 


dung. Frankf. Archiv. 

ſchreibt an die Stadt Speyer, ihm Zuzug nach 
„Itaälien zu ſchicken. Lehmann Speir. Ehron. 
S. 826. 

gibt bier eine Urk. Katona hist. crit. reg. 
Hung. XII. 585 sqg. 

erritet die Markgrafſchaft Mantua zu Gunſten 
des Joh. Franz v. Gonzaga. Dumont C.D. 
It. 2. 251. Lünig C. J. D. I. 1371. 

erhebt den Joh. Yranz v. Gonzaga zum Marker. 
v. Mantua. Dumont 1, c. 253. Lünig 1. c. 
us. 1779. 

ſpricht die Reichdacht gegen Roſtock aus, weil 
fie ihren Rath vertrieben. Barthold Geſch. 
v. Pomm. IV. 1. &.102, 

Schreibt an dad Basler Gonci, Martene I. c, 
p. 131. 

ſchreibt an die Quartiermeifter der Stadt Rom, 
Martene 1. c. 120. 

beftätigt die Privilegien der Parmeſaner Kirche. 
Ughell. Ital. Sacr. II, 185. Lünig C.J.D. 
IV. 1411. 

fommt hierhin mit 800 Ungar. und 600 Maylaͤnd. 
Reitern. Muratori Aunali d’Italia 1432. 
Windel c. 183. Hermann. Corner. Chr. 
p- 1306. 

erhält 2000 Golgulden zum Geſchenk von der 
Stadt Zucca. Memorie e documenti all’ 
istor. di Lucca. Lucca 1814. II. 165. 

erläßt ein Mandat gegen Sigmund Wolfsauer, 
den Gegner des Salzburger Erzbiſchefs. Chmel 
Gef. Friedrich's IV. I. 529. 

ernennt den Markgr. Wilhelm v. Hochberg zum 
Unterprotector des Basler Concil. Schoepf- 
lin Zer. Bad. VI. p. 181. 

ernennt den bayrifchen Herzog Wilhelm zu feis 
nem Statthalter in Deutihland und zum Pro« 








Lucca 


Siena 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 483 


Jahr 1432. 


Juni 28 


Juli 3 


tector des Basler Goncils. Lang Ludwig der 

. Bärt, 160. [Buchner Bayr. Gefh. VI. 269 
gibt den 28. May an.] 

befiehlt den Churfürſten und Ständen, die Stra. 
pen des Reichs währen feiner Abweſenheit zu 
fügen und zu firmen, Lünig P. Sp. C. 
I. 586. 

ertbeilt der St. Yugsburg zwei Privilegien, die 
Gerichtsbarkeit betr. Stetten Geſch. v. Augs⸗ 
burg I. 158, 

quittirt der St. Bafel den Empfang v, 1700 fl. 
als Averfum für 10 Gleven zum Nömerzug. 
25 Geſch. v. Bafel, II. 251, 

eriäßt der Stadt Speyer ihr Eontingent für den 
Römerzug nah Einficht der ftädtifchen Privi⸗ 
legien. Lehmann Speir. Chron. S. 825, 

erläßt ein Circularſchreiben über Aufrechthaltung 
des Landfriedens in dem Reiche. Mainzer 
St. Archiv. Schaab rheiniſcher Staͤdtebund. 
S. 461. 

gebietet den bayriſchen Herzogen einen neuen 
Friedſtand auf ein ganzes Jahr. Lang Lud⸗ 
wig der Baͤrtige. 160, 

beftätigt nody vor dem 14, Juli die Privilegien ıc, 
von Zucca. Bartol. Fioriti storia dipl. Luc- 
chese MS. u, Memorie e documenti all’ 
istoria di Lucca II. 165. 

beantwortet einen Brief des Taboriten Proco« 
pius, der von Prag 21.May 1432 datirt iſt. 
_ Martene coll. ampl. VIII. 134. 

kommt dahin, Vgl. Winde c. 185, 

beftätigt, nachdem ihm gehuldigt worden, bie 
Privilegien v. Siena. Memorie all’ istoria di 

- Lucca II. 165. Cf. Pietro Rossi Frammento 
di storia Senese ap. Muratori XX. 42. 

Ihreibt an den bayr, Herzog Wilhelm, den Pros 
testor Des Goncils, nad Bafel. Martene 
l. c. 147. 

ſchreibt andas Basler Goncil, Martenel. c. 151. 

erflärt den Hartwich v. Ramingen und feine Ge- 
noffen in die Reichsacht. Koͤnigsdorfer Kl. 
bi. Kreuz in Donauwörth I. 183, 

31 * 





484 


Siena 


Regeften und Stinerar bes K. Sigmund. 


Jahr 1432, 


Aug. 15 ſchreibt an dab Basler Goncil. Martene l. c. 


p. 19. 


« 28 Ifäreibt an das Basler Goreil. Martene I. c. 


165. Mansi XXX. 171. 


Sept, 8 ſchreibt an die wetterauiſchen Reichsſtaͤdte über 


feine bevorftehende Krönung in Rom, über 
den Krieg gegen Benedig und Florenz, welche 
beide Republiken gegen die kaiſerl. Städte 
Lucca und Siena Feindfeligkeiten ausübten u. 


endlidy über dad Basler Concil. Frankfurter 
St. Ardiv. 


⸗ 29 fpreibt an das Basler Gonci, Martenel. c. 185. 


fhreibt an den bayr, Herzog Wilhelm. Mar- 


tene 1. c. 183. 


Det. 2 erläßt ein Mandat gegen Sigmund Wolfsauer, 


den Gegner des Erzbiſchofs von Salzburg. 
Chmel Friedrich IV. Bd. I. 531 f. 


12 ſſchreibt an die wetterauiſchen Reichsſtaͤdte über 


den Huflitenfrieg, die Polen, das Basler 
Goncilium, den Papft, die beabfitigte Kai⸗ 
ferfrönung. Frankf. Archiv. 


28 ſſchreibt an die ungariſchen Reichsſtaͤnde. Engel 
II. 337. | 
fehreibt dem Ladislaus de Canisa, Dbergelpann 


des Dvenburger Gomitats, hundert Bewaff⸗ 
nete nah Friaul zu ſchicken. Katona hist. 
crit. ad ann. 1432. XII. p. 594. 


31 Ifchreibt an das Basler Goncil, Martene coll. 


ampl. VIII. 197. 


Nov. 22 ifchreibt, dag er dem Badler Goncilium immer 


beipflichten und es unterftügen werde, Labbei 
concil. XII. 964. Mansi concil. coll. XXIX, 
595. Goldast Constit. Imp. III. 426. gibt 
dad Schreiben vom Datum: Mediolani 22, 
Nov. 1431 (wornach auch Rousset Supplem. 
au C.D. I. 2. p.364), bemerkt aber am 
Hande, daß anftatt Mediolani eine andere 
£edart Senis gebe. Martene (coll. ampl. 


VIII. 215.) fügt die Bemerkung bei: bulla 


aurea d. Romanor. rezis, per quam incon- 
cusse permittit adhaerere concilio, leca 
in congreg. generali XIX, Jan. 1433, wo- 








„Regeſten und Itinerar des K. Sigmund, 485 
Jahr 1432. 
durch bewieſen wird, daß das J. 1482 das 
richtige iſt. 
Siena Der, 3 ſſchreibt an den Herzog Wilhelm v. Bayern in 
Bezug auf die Böhmen. Martene coll. ampl. 
VIII. 233. 
s ? ſſchreibt an alle Fathol. Könige, fie auffordernd 
dem Basler Goncil, beizuftimmen. Martene 
ı. c. 237. 
P a 11 Igibt der St. Zittau auf drei Jahre eine Vergün⸗ 
fligung. Berz. Oberlaufig. Urkk. V. 32, 
⸗ ⸗19 Ihejtätigt dem Markgrafen Wilhelm v. Hochberg 
alle Privilegien. Schoepflin Zar. Bad. VI. 181. 
⸗ » 27 Igibt einen Schirmbrief für den Herzog Friedrich 
' v. Öſtreich, fo lange diefer während der Uns 
terhandlungen roegen der Irrungen zwiſchen 
Steyermark und Ungarn, im lestern Lande 
ift, Chmel Material. I. 1. 19, 


. Jahr 1433, 


⸗ 2 2 gibt einen Entwurf einer Kriegsverfaſſung für 
| das ungarifche Reid, Kovachich suppl. ad 
vestig. Comitior. I. 360. [Die Urk. ift ohne 
Datum: Kovachich zeigt aber, daß fie zwi- 
ſchen dem 28. Det. 1432 und 20, Ian, 1433 
mußte abgefendet worden feyn.] 
. Jan. 16 ſchreibt an das Basler Goncil wegen des deut⸗ 
ſchen Ordens und Polens. Boigt Geld. Preuff. 
VII. 610, 
⸗ ss Ifdpreibt an den Hochmeiſter des deutſchen Ordens 
wegen des Bundes mit Litthauen gegen Po— 
len. Boigt Gef. Preuff. VII. 610, 
P 1 = 231 ſſchreibt an Ladislaus von Kanyſa, ihm 100 Lans 
| zenknechte zu ſchicken. Katona hist. crit. ad 
ann. 1433. XII. 692. 


s Febr. 3 ſchreibt über den deutſchen Drven und Polen an 
dad Basler Eonci. Martene coll. ampl. 
VIII. 239. 
» s = \erläßt einen Befehl an den Neihö-Nath v. Un⸗ 
gern. Gngel Geſch. v. Ungarn II. 345. 
a » 8 lentfäuldigt den Cardinal. Rotomagensis, daß 


er bis dahin noch nicht auf dem Goncilium er⸗ 
ſchienen. Martene coll, ampl. 1. c. 534. 


Giena 


Biterbo 


Megeften und Itinerar des K. Sigmmb. 


Zebr. 21 ſqhreibt an den Hochmeifter d. d. D. wegen bes 


Streites mit Polen. Boigt VII. 610, 


23 ſſchreibt an dad Basler Goncil. Martene 1. c. 534. 
24 ſchreibt an den Hocdmeifter des d. D. über Lit⸗ 


thenen Und Polen. KBoigt Gef. v. Preuff. 
VII. 611. 


gibt der St. Schwaͤbiſch Gmünd die Rechte der 


andern ſchwäbiſchen Reichsſtaͤte. Lünig P. 
8. C. IV. Zh. I. 822. 


Mir, 4 ſchreibt an das Basler Gonci. Martene coll. 


ampl. VIII. 535. 


16 ſchreibt an den P. Eugenius IV, beglaubigt feine 


Geſandten (unter denen auch Kafpar Schlick), 
und bevollmachtigt diefe über die Kaiferfrö« 
nung und den Kirhenfrieden das Nähere zu 
verhandeln. Goldast Const. Imp. III. 431. 
Mansi Conc. XXIX. 597. 


Aprit 13 ſchreibt über feine bevorftehende Krönung an bie 


deutſchen Reichſsſtände. Wencker Apparat. 
Archiv. 331. 


15 ſchreibt an das Basler Concil, daß er fi mit 


P. Eugen verglien habe und ſich nächftens 
Prönen laffe, worauf er das Goncil beſuchen 
werde: wenn der Papft dad Goncil nicht ges 
billigt hätte, würde er ohne Krönung zurüds 
gekehrt ſeyn. Goldast Const. Imp. III. 437. 
Martene l. c. 581. Dumont C. D. II. 2. 
258. Mansi XXX. 592. [Xud) Pray An- 
nal. Hungar. II. 308. gibt das Schreiben, 
das Datum aber ift bei ihm 13. Aprit 1433,] 


May 9 |fhreibt an das Basler Concilium über feine Ans 


Funft in Biterbo und feinen ganz nahen Zug 
nad Nom, wo er alle obwaltenden Streitig« 
Peiten mit dem Papfte beigulegen hoffe. Gold- 
ast Const. Imp. III 438. Mansi Concil. 
XXX. p. 375. 


21 kommt am Tage Chrifti Himmelfahrt dahin mit 


500 — 600 Reitern und 800 Zußgängern. 
Chron. Cornelü Zantfliet bei Martene coll. 
ampl. V. 433. Windeck c. 188. Gaden. 
eod. dipl. Mogunt. II. 628 (Epist. Poggii) 


u. IV. 19%. (Epist. P. Eugen. IV.) 











—— — — ⸗ un — 


\ 


Rezeften und Stinerar des K. Sigmund. 487 
Jahr 1433, 

May 31 ſchwört dem P. Eugen IV: dem apoſtol. Stuh⸗ 

le Lünig C. J. D. II. 793. 

s 0» jKRoaifertrönung. Bol. ob. Kap.d. S. 114 fll. 

beftätigt dem Kafpar Schlid die Graffchaft Baſ⸗ 

fano und alle Privilegien. Chmel Regest. 

K. Fried IV, T. I. n. 947. (unrichtig b. 

x, 1434.) 

+ Jjertäßt eine Gonftitution über die Privilegien und 
Freiheiten der Geiftlihen, worin die Gonftis 

trutionen Friedrich's II und Karl’ IV beitä- 
tigt werben. Raymaldi XVIII. p.114. Gold- 
ast Gonst. Imp. II. 107. 
ss Ibeitätigt den Verkauf der Burg und Rechte ıc, . 
‚det Burggrafen von Nürnberg an die Stadt 
Nätnberg. Wölckern hist. Norimb. dipl. 
.I 886 

»  * |deftätigt die Privllegien der Stadt Nürnberg. 
Ibid. 597. 

= » Ibeftätigt die Zreibeiten der St. Nürnberg wegen 
det ſchädl. Laute. Ibid. 598, 

> >» Ibeflätigt die Freiheiten der St, Nürnberg in 
Betreff v. Feucht. Ibid. 600. 

„  » |deftätigt die Privilegien der St. Nürnberg in 
Betreff des Umgelds. Ibid. 602. 

⸗5 (vernichtet Alles, was der St, Nürnberg nachthei⸗ 
lig ſeyn könnte. Ibid. 597. 

ss» Iheftätigt als Kaifer der Stadt Nürnberg das 
Recht der Aufbewahrung der Reichsinſignien. 
v. Murr Zournal 3. Kunſtgeſch. XII. S. 144: 

uni. 1 jerhebt den Kafpar Schlid und feine Nachkommen 
zu Zateran. Grafen, Lünig Sp. sec. II. 1175. 

» ſſchreibt an das Badler Goncil über feine Kaifer« 
trönung und ſchickt Geſandte an daffelbe, Mar- 
tene coll. ampl. VIII. 607. 

» 29 Ibeftätigt als Herzog v. Luxemburg dem Arnolt 
von Sirf, Heren zu Monkler, alle Priviles 
gien und Zehen im Lande Luremburg. Ehmel 
Regeſt. K. Friedrich's IV. Bd. J. S. 3% 
n.290. Bgl. Ehmel Geſch. K. Friedrich's IV. 
Bd. II. S. 123. 

3% Iverweist eihe Streitſache an die St. Dortmund, 
weil er in den welſchen Landen die Freiſchoͤffen 


Nom 


w 


nr 


“ 


1) 


Regeften und Itinerar des K. Sigmund. - 


Jahr 1433. 


nicht hinreichend zu ſchuͤhen vermöge, Mallin 
rot neuſt. Magaz. fe Weftphal. 1.3, S. 28, 
MWigand Femgericht Weſtphalens ©. 532, 


Zuli 13 fügt zum Schlick'ſchen Wappen einen goldenen 


Auguft 3 
:ı 8 
» 10 
5 $ 
& $ 
;s 12 


- In descensu nostro ı 15 
campestri prope 


2 
—— 


last rum Montem 
rotundum. 
ZN. ⸗2 
a. Perugfa. ‚ 29 


Löwen mit audgeftrediten Strallen. Lünig Sp. 
sec. II. 1178. 

ſchreibt an das Basler Concil, daß es bie de 
ſchloſſene Citation des Papſtes bis zu feimt 
Ankunft in Bafel auffcyieben follte. Martene 
coll. ampl. VIIL 626. 

erhebt Matthäus und Heinrich Schlick zu Late⸗ 
ran. Grafen. Lünig Sp. sec. II. 1177. 

beftätigt die Privilegien der Stadt Nördlingen. 
Lünig P. Sp. C. IV. T. II. 59. 

beftätigt die Privilegien der &t. Giengen, Ibid, 
T.I. 834. 

beftätigt die Privilegien der St. Ravensburg 
Ibid. T. II. 221. 

beftätigt die Privilegien der St. Dinkelöpühl, 
Ibid. T. I. 468. “ 

ertheilt der St. Chlingen ein Bergbau-Privilg. 
Ibid. T. I. 506. 

ertheilt der &t. Aalen ein Privileg. Ibid. 88. 

ertbeilt dem Jacob Gerlach zu Görlig ein Kappen 
und ein Kleinod. Verz. Oberlauf. Urkk. Y.#. 

ertheitt der St. Ulm das Recht der Austräge 
Wegelin thes. rer. Suey. T. IV. Bgl. $b 
berlin R. G. V. 634, 

ertheilt der St. Bafel zwei Privilegien = Bett 
tigungen mit golden. Bullen, Ocqhs Geſch. v. 
Baſel III. 252 u. 254, Iſchudi He, Eht. 
II. 200, 

ſchreibt an das Basler Concil und gibt Begleu⸗ 
bigungöfehreiben dem Ritter Hemmann v. Df 
fenburg 2c. mit, und verlangt Aufſchub der 
Citation des Papftes. Mattene I. c. 632 

fommt dahin Leonard Aretin. b. Maratori XLX. 

. 936, | 

beftätigt die Privilegien der St. Goͤrlit. Br 
Dberlauf, Urk. V. 34, 


= = |beffert.das Wappen der St, Goͤrlitz und erlaubt if 


: mit grünem oder gelbem Wachs zu fiegeln. Ib 








Regeſten und Itinerar des 8 Sigmund. 489 
Jahr 1433, | 
Urbino .) Aug. * lift dafelbft und ſchlägt mehrere Herren zu Rit⸗ 
oo tern. . Chronic. Eugubin. b, Muratori XXI. 
. j 971. Bu 
Rimini Sept, ? lift dafelbjt. Cronaca Riminese b, Muratori XV. 
930. Aen. Sylv. vita Sigismundi bei Pa⸗ 
lacky Reife in Ital. S. 113, 
Ravenna = ſiſt dafelbft. Leonard Aretin. b. Muratori XIX. 
936. 
Zerrara » 9 |fommt dahin. Diar. Ferrarese b, Muratori 
XXIV. 186. 
⸗ ⸗13 ſſchlaägt die Söhne des Markgrefen v. Ferrara zu 
Rittern. Diar. Ferrar. 1. c. 
⸗ ⸗17 belehnt den Markgrafen Nicolaus v. Eſte mit 
Comachio. Lünig C. J. D. I. 1633. 
⸗ ee « jreiöt von hier nah Mantua. Diar. Ferrar. 1. c. 
Manta s 22 errichtet wiederholt Mantua zur Markgrafſchaft 
und zum Fürftentfum. Dumont C. D. II. 2. 
1269. 
. «= 26 |föreibt an das Basler Goncil. Martene coll. 
ampl. VIII. 639. 
Trient s  % reist von Mantua dahin. Aen. Sylv. de duob. 
Amantib. b, Hahn, Coll. Mon. I. p. 478. 
Feldkirch Det, ? lift daſelbſt. Bgl. oben Kap. 16. S. 350. 
Conſtanz = % |fommt dahin. Aen. Sylv. l. c. 
Zürch s 8 Lift daſelbſt und wird von der Stadt bewirthet, 
was 800 Pf. koſtet. Joh. v. Müller Schw. 
Eidg. III. ©, 181, 
Schaffhauſen ⸗O 9 |reist von da zu Waſſer nach Baſel. Windeck 
c. 193. 
Baſel ⸗11 |fommt dahin: nach Ochs Geſch. v. Baſel III. 257, 
und nach Sigmund's Schreiben v. 25. Det., 
an die St, Zranffurt, worin er fagt: er jey 
Sonntag nah Sct. Dionys nach Baſel 
gekommen. 
⸗ ⸗22 ſſchreibt, daB er auf dem Concil zu Baſel auch 
die Reichsangelegenheiten vornehmen wolle. 
Wencker App. Archiv. 332. 
s 25 ſchreibt an die St. Frankfurt über feine Kaiſer⸗ 
frönung und feine Anfunft beim Goncil in Bas 
ſel. Frankf. Ar. Kaiſerurkk. IL 
⸗ = 28: jerlärt die in auswärtigen Ländern liegenden Gü⸗ 


ter. der: Bafeler fteuerfrei, Joh. 9. Müller 


— 


490 Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 
Jahr 1433. 
Schweiz. Eibgen. II. &,177. [wo aber da 
unrihtige Jahr 1431 angegeben ift, in dem 
Sigmund niht nah Baſel Fam]. 


Bafel Det, 30 Ibeftätigt dem Ganton Uri alle Freiheiten, Tfäui 
Heloet. Chr. II. 8,207. 
⸗ ⸗B31 ertheilt der St. Überlingen ein Privileg, Lünig 
P. Sp. C. IV. T. II. 522. 
⸗ . ſerlaubt dem Math zu Breslau mit rothem Waqh⸗ 
zu fiegeln. Ibid. T. IH. Zortf. 262, 
⸗ ⸗ lbefiehlt einigen Orten in der Diöceſe Hildeshein, 


dem dortig. Biſchofe nicht zu huldigen. Orig. 
Guelfic. Praef. 41. Hempel Inv. II. 114. 

s ⸗8 |beftätigt der St, Lucern alle Freiheiten, Hand 
veften zc., die fie vom Reiche u, v. Oſtreich 
bat, Der Geſchichtsfreund von den fünf Dr 
ten £ucern, Urt, Unterwalden, Schwyz ım 
Bug. Einfiedein 1843, 1.1. 8,10, 


s «= |beftätigt der St. Lucern alle Privilegien, die ſi 
vom Reiche hat, Ibid. S. 11. 
⸗ 12 Ibeftätigt die Freiheiten von Surſee. Zob d 
Müller Schw. Eidg. II. S. 194, not. 2M. 
. Kov 5 |beftätigt die Privilegien der St. Straßburg ud 
ertheilt ihr neue, Lünig P. Sp. C. IV. TI. 
751. 
6 jerklärt in die Oberacht den Arnold v. Egmond, 
Pſeudo⸗ Herzog v. Geldern. Lünig C. G. D. 
II. 1803. 
ſerklaͤrt ebenſo in die Dberacht die Einwohner ia 
dem Herzogthum Geldern. Lünig lc. 1006 
⸗ ⸗10 Joibt einen Beftätigungöbrief für Friedrich von 


Toggenburg über eine Verpfändung an die 
Gebruder Ulrich u. Conrad Peyern ꝛc. FH 
\ Heloet. Ehronik 11. 207, 


J ⸗gibt der Stadt Augsburg ein Stetten Geſh 
Privileg. von Augeburg 
⸗ « 42 vbeſtaͤtigt bie Privilegien von 458, 
Augsburg. 
, Ibelehnt den Marker. Jacob von Baden Tr! 
them. Chr. Hirsaug. II. 389. 
⸗ 13 Ifäreibt an die Lande und Staͤdte der Oberland 


wegen des Goucils. Merz Sberlanf UM. 
V. 85. 








Baſel 


Regeſten und Itinerar des K. Cigmmb. \ 491 
Jahr 1433, 
Nov. 16 |beftärigt nochmals die Privilegien der St. Augs⸗ 


burg. Gtettn a. a. D. 8,157. Gassari 
Ann. Augstb. 1585. 


» 19 erläßt ein Girculars Schreiben an die Prälaten - 


in Deutſchland, in Bafel beim Goneil gegen» 
wärtig zu feyn. Eberh. Windel c. 198. 

e 25 |jhreibt an den Hochmeiſter des d. D. über Por 
im. Boigt Geſch. Preuff, VII 645. 

°e  s Ibelehnt den bayr. Herz. Wühelm mit den Laͤn⸗ 

oo dern des ertommunicirten Herzogs Ludwig von 
Bayern, : Lang Ludwig der Bärt, 162, Buch⸗ 
nes VI. 278. 

w„ 27 lertheilt ver St. Görlis auf 4 Jahre eine Bere 
günftigung. Verz. Oberlauf, Urkk. V. 35. 


*“ ſſchreibt deßhalb an die Städte von m Sqleſien und 


der Laufig, Ibid. 

ss erlaubt der St. Sörlig, in ihren Mauern 12 Ju⸗ 
denfamifien zu haben. Ibid. 

» 30 \beftätigt die Privilegien von Franffurt, and befone 
ders die in Betr, der Meffen, Franckf. Privileg. 


u. Pacta 277. LünigP. Sp. C. IV. 39.1.618 


Dechr. 8 Ibeftätigt die Freiheiten von Glarus, Tſchudi 
Helvet. Chronik IL. 208 . 


s» = (errichtet beim Stift von Sct. Sallen ein Lehen⸗ 


geriht, wo die Schildesamtverwandten über 
ihres Gleichen urtbheilten. Joh. v. Müller 
Schw. Eidg. III. S. 179. 
=» «. Igibt eine CEntſcheidung in einer Streitigkeit zwi⸗ 
Shen Schwyt und dem Klofter Einfiedeln, 
| Tschudi Chr. Helvet. II. 208. \ 
10 |bejtätigt die Privilegien von Heilbronn. ‚Säge 
Geſch. v. Heilbronn I. 193, 
s = \beftätigt dem Gotteshaus Sct. Gallen ein Privileg. 
Zellweger Geſch. v. Appenzell. I. 447, n. 276, 
.» 20 gibt der St. Negensburg eine goldene Bulle u. 
beftätigt ihre Freiheiten, Gemeiner Degentb, 
GShron. III. 40, 
. 21 gibt freies Geleit für die Näthe der Herrſchaft von 
Oſtreich, die abgeſchickt werden, um an feinem 
- Hofe zu unterhandlen. 3. Lichnowsky Geſch. 
. de Haufes Habsburg V. p. CCLXXXVI. 
Reg. nr. 3283. 


rt 


\ 


492 Regeſten und Stinerar des K. Sigmund. 


PJahr 1433. 
Baſel Decbr. 22 |beftätigt der St. Lucern die Freiheit, die von 
Dftrei) gewonnenen geiftl. u. weltl. Schen auf 
ewige Zeiten zu des Reichs Handen zu verleis 
ben: ändert dad Stadtrecht, daß, anftatt dag 
das Haus des Todtſchlaͤgers abgebroden wer⸗ 
de, fein Hab und Gut dem Gerichte der Stadt 
verfallen fen: ferner ertbeilt er der Stadt das 
Begnadigungdredht der Mörder x. Der Ge⸗ 
ſchichtsfreund. Ginfieden 1843, I. 1. 11. 
. » 27 lertheilt der Stadt Rothenburg ein Privileg, Juris- 
diction betr. Lünig P. Sp. C. IV. Th. II. 342, 
? I 8 überträgt dem Erzbiſch. von Köln die Revifion 
bed Proceſſes Gonrad’5 v. Langen mit der St, 
Osnabruͤck. Thierſch Hauptftubl der weftphäl. 
/ Behme, 56. 
* ? beftätigt dem Spital zu Schaffhauſen ein Privi⸗ 
leg. Joh. v. Müller Schweizer. Gef. III. 
107. not. 244. 
i 7? Eximirt Straßburg vom Hofgericht zu Rotweil. 
Kreuter de jud. caes. Aulic. Rothweilensi. 59, 
? ? erklärt zwei unehelihe Söhne des Grafen Anton 
zu Greyerz der väterlichen Herrihaft fähig. 
Joh. v. Müller Schw. Eidg. III. S. 234. 


Jahr 1434. 


Baſel Jan. 1 [gibt einen Spruch in Sachen des Herzogs Heinrich 
v. Bayern. Buchner Gef, v. Bayern. VI. 279. 
. 2 Ibeftätigt die Privilegien des Hochſtifts Gonftanz. 

" Lünig Sp. eccl. II. 165. 

⸗ ⸗7 Jüberträgt die Reviſion des Proceſſes in Sachen 
des Herzogs Heinrich von Landshut dem Erz⸗ 
biſchof von Köln. Thierſch Hauptſt. d. weſt⸗ 
phaͤl. Vehmger. S. 67. 

⸗ ⸗2beſtätigt die Vervehmung des Albert von Mol⸗ 
lem. Thierſch a. a. D. S,57. 

9 9 |peftätigt die Privilegien der St. Buchau. Lü- 
| nig P. Sp. C. IV. T.1.301. 
2 [gibt der Stadt Breslau mehrere Privilegien, 
Klofe Briefe v. Bresieun, II. 420, 
⸗ ⸗ 11 |gibt der Stadt Embich (2) in der Mainzer Dioͤceſe 
N ein Privileg. Chmel Reg. K. Friedrich’s IV. 
Thl. I. n. 1498. 


“a 
Dr» 











Recgeſten und Stinerar des 8. Sigmmd. 493 
Jahr 1434, 
Baſel 7 7 ggibt auf dem Reichstag zu Baſel ein Geſetz, wie 
ein Reichsfürſt einen andern vor das hl. Roͤm. 
Reich laden fol. Goldaft R. Sag, II. 102, 
⸗ 7 8 Igibt einen Spruch für das Klofter Geiſenfeld in 
Bayern gegen Herzog Ludwig von Ingolftadt, 
.1 ::Mon. Boic, XIV. 286. 
P Zan, 18 |tadet den Herz. Ludwig v. Bayern vor nah Ba⸗ 
. fel zur Verantwortung, dafelbjt binnen 6 Wo⸗ 
chen 3 Rage zu eriheinen. Lang Ludwig der 
Bärt. 164. | 
s « 17 jertheilt der St. Augsburg die Erlaubniß, einen 
| eigenen Trompeter fi zu halten. Lünig P. 
, Sp. C. IV. Th. J. 103. Stetten Gef. v. 
| Xugsb. I. 159, 
. «ee Iheftätigt die, Freiheiten der Graf. v. Dettingen. 
| Menfel Geſchichtforſch. IV. S. 132, 

⸗ ⸗lbelehnt den Biſchof von Bamberg mit den Re⸗ 
galien. Ludewig script. rer. Bamb. 1157. 

. « 19 Ipeftätigt Albrecht Grafen v. Wertheim als Goad⸗ 
jutor des Würzburger Stiftes. Aſchbach Geſch. 
der Grafen v. Wertheim II. 243, 

. .  s Ihefiehlt, wegen Schulden das Stift Würzburg 
nit zu befehden oder in Schaden zu bringen. 
Ibid. 244. 

Pe s 20 lertheilt dem Markgr. Jacob v. Baden ein Pri⸗ 

vileg (de non evocando). Schoepflin Zar. 
Bad. VI. 189. 

s s» 22 Ibeftätigt alle Rechte, Freiheiten sc, der Stadt Bor 
den, die fie v. den röm, Königen wie aud von 
den Herzogen von ſtreich erworben hat, Archiv 

- fr Schweiz. Geſch. Bd. II. Zürch 1844. ©,.104, 

⸗ ? 2 ſcchreibt an die Stadt Greifswalde. Geſterding 

\ Geſch. der St. Greifswalde S. 92, 

.= N Zebr, 14 beurkundet den Bernern, daß fie weder dem oͤſtr. 
Herzog Friedrich, no dem Habsburg. Stamm, 
oder defien Erben um Aargau wegen Steuern, 
Dienfte, Gerichte, Pfänder 2c. Antwort ſchul⸗ 
dig jenen. Joh. v. Müller Schw, Eidg. II. 

.ı Kap 2, ©. 177, n. 109, 
⸗ ⸗21 ſcſchreibt dem Hochmeiſter des d. O. in Bezug auf 
den Beifrieden mit Polen, Voigt Geſch. Pr. 
vu. 651. Kotzebue Switrigal S. 150. 


4 Regeſten unb Itinerar des 8. Signumd. 


Jahr 1434. 
Baſel Febr. 24 | befätigt die Privilegien der Abtei Dhſenhauſen. 
Lünig Sp. eccl. III. 372. 
. es Ibefidtigt die Privilegien des Kloſters S. Lam- 
brecht. Ghmel Material. I. 1. S. 21. 


⸗ .o eo |ftellt für den Herzog Renat v. Lothringen und 
\ den Grafen von Baudemont die Geleitöbricfe 
aus, Calmet hist. de Lorraine II. 783. 
ur e sn |verlängert den von ihm vormals zu Feldkirch 
zwifchen Herzog Zriebri von Oſtreich und Bis 
ſchof Johann von Chur erridhteten Frieden auf 
ein halbes Jahr. Z. Lichnowsky Geh. d. H. 
Habsb. V. p. CCLXXXLRX. Reg. ar. 3302. 


. » 25 |beftätigt den oberbayeriſchen Ritterbund. Buch⸗ 
ner bayr. Gef. VI. 280. 

⸗ ⸗2 beſtaͤtigt die Privilegien der Abtei Luͤders. Lu- 
nig Sp. eccl. I. Cont. 988. 

, «e s | bejcheidet den Comes: Antonius Vaudemontis 
vor fich. Dumont C. D. II. 2. 778. 

Pe «=  s beſcheidet den Herzog Renatus von Lothringen 
vor fi. Calmet hist. de Lorraine. II. 783, 

P e 28 befreit die Nürnberger Kaufleute vom Straßens 
zug u. Geleitözwang. Hist. Norimb. II. 604. 

. “= s ſſchreibt an den Hodmeifter ded d. D. über das 


Bündniß mit dem litth. Großfürften Swidris 
gal. Ind. Corp. hist. dipl. Liv. Esthon. et 


Cur. I. p. 29. 
s März 1 terfiärt fih zum Protector der Abtei Lüders. 
tn Linig Sp. eccl. I. 990. | 
⸗ 28gibt der Stadt Rotweil ein Privileg. Lünig 


P. Sp. C. IV. Th. IL 372. Sendenberg k. 
höchſt. Ger. betr. 51. 


. s & |ertheilt dem Al. Sct. Nicolaus in Yaffau ein Pris 
vileg. Gewold ad Hund M. Salisb. II. 380. 
s a 8 |bertätigt dem Pfalzgrafen Ludwig die Privilegien 


und Rachfolge in der Pfalzgrafihaft. Tolner 
hist. Pal. C. D. p. 96. Goldast Const. 


Imp. I, 398. 
2 ss Ifchreibt nah Nürnberg, daß er das SI. Gna⸗ 
denberg in feinen Schuß genommen. Mon. 
\ Boic. XXV, 30. 
. io * 13 }belebut Peter von Schöned. Günther C. D. 


| Biheno - Mogell. IV. 344. 


j 





Megeften und Itinerar des 8. Sigmund. 435 


Jahr 1434. 


Baſel März 15 [gibt den Solothurnern das Recht, gewiſſe Lehen 


16 
17 


8. 


von ihrem Schultheiß zu empfangen. Joh. 
v. Müller Schw, Eidg. IIL S. 177. not. 110. 

gibt den Herren von Wolfftein einen Gnadenbrief. 
Lünig P. Sp. sec. II. 1561. 

betätigt wiederholt die Privileg. v. Schweinfurt. 
Lünig P. Sp. C. IV, %h, II. 415, 

beftätigt der Stadt Schweinfurt das Privileg, 
Zreibeit v. fremden Geridten betr. Lünigl.c. 

beftätigt dem Kloſter Solenhofen alle Freiheiten. 
Falkenstein antiq. Nordgav. IV. 275. 

bejtätigt die Privilegien der Abtei Schüffenriedt. 
Lünig Sp. eccl. III. 579, 

füpreibt an Robert Dom. de Commercy. Cal- 
met hist. de Lorr. III. 220. 

gibt der Reichsſtadt Toul ein Privileg. Benoit 
hist. de Toul XXXVIL Hugo Mediat. d. 
R. Städte S. 150, 

beftätigt die Privilegien und Rechte der Herren 
von Ifenburg = Büdingen, Rothes Bud im 
Iſenburg⸗Büd. Archiv. 

beſtätigt die Privilegien und Freiheiten der zur 
St. FZrankfurt gehörigen Orte Sulzbach und 
Soden. Lünig P. Sp. €. IV. Th. I. 619, 

verfündet der Landſchaft und den Städten der 
Dberlaufig die Reichſsacht der St. Meideburg 
(Magdeburg?) Berg Oberlauf, Urkk. V. 36. 

gibt dem Klofter S. Nicolaus Paffauer Diöces 
ein Privileg. Monum. Boic. IV. 378. 

ſchickt ein Mandat an die ungar. Reichsſtaͤnde in 
Betreff einer neuen Steuer zum vuſſitenkrieg. 
Kovachich Suppl. I. 452. 

empfiehlt das Kl. Lutra bei Befancon dem Lands 
vogt v. Elſaß. Lünig Sp. eccl. C. I. 991. 

befichlt dem Sarofer Gomitat die vom Papfte 
bewilligte Huffitenfteuer zu bezahlen. Kova- 
chich Soppl. I. 452. 

ertheilt dem Magiftrat von Lübe eine Boll 
madt. Linig Sp. eccl. II. 441. 

belehnt den Biſchof Johann VII v. Lübeck. Lü- 
nig ib. 442, 


4% 


Baſel 


Radolfzell 


Baſel 


20 


21 


23 


24 


Megeften und Stinerar des K. Sigmund. 


Jahr 1434. 
Aprü 16 | beftätigt dem Markgr. Wilhelm v. Hochberg alle 


Privilegien. Schoepflin Zar. Bad. Vf. p. 186. 

citirt die Herifauer, vor ihm zu erfcheinen. Bell 
weger Appenzell. Urkk. I. 450. n. 2. 

beftätigt der Stadt Sulzbady ein Privileg. Chmel 
Reg. K. Frid. IV. Th. I. n. 1679. 

läßt den Prätendenten von Lothringen vor fi 
erſcheinen. Dumont C. D. II. 2. p. 282, 

belehnt den Herzog Nenatus mit Lothringen, 
Hist. de Bourgogne IV. 197. 

nimmt das Kloſter Enftorf in feinen Schut. 
Monum. Boic. XXIV. 193 u. 231. 

beftätigt die Privilegien der Meger Kirche. Cal- 
met hist. de Lorraine. II. preuv. CCXVI. 

bevolmädtigt den Gonrad von Weinsberg, Die 
nad der K. Krönung fhuldige Kronfteuer von 
den Juden einzufordern, und die Judenmeiſter 
oder Rabbiner ein⸗ und abzufegen. Hanßel⸗ 
mann, verth. Landesh. v. Hohenlohe. Beil, 
n. 22. p. 89. 

beſtaͤtigt und vermehrt den Lauſannern ihre Frei⸗ 
beiten und Geſetze, weil fie bei der Kaiſerkroͤ⸗ 
nung ihre Judenſchaft zur Ablieferung des ges 
woͤhnlichen Geſchenks angehalten hatten. ob, 
v. Müller Schw. Eidg. III. S. 180, not. 133. 
[Unridtig der Ort Racoffoyelle.) 

ſchreibt den Laufannern wegen der Zudenjtener, 
Joh. v. Müller Schw. Eivgen. 1. c. 181. 
not. 136, 

gibt der Kirche zum hl. Kreuz in Breslau cin Die 
plom. Sommersberg. scr. rer. Sil. III. 53. 

beftätigt die Privilegien des KL. Etall Zreifinger 
Diöcet. Gewold ad Hund M. Sal. U. 211. 
Cf. Mon. Boic. VII. 277. 

erklärt den Herzog Ludwig von Bayern in bie 
Reichsacht. Lang Ludwig der Bärtige 166, 
Semeiner Neg. Chr. IIL 43, 50, Budner 
Geſch. v. Bayern VI. 280, 

erläßt ein Schreiben in Vehmgerichtsſachen rc. 
Geſch. der St. Dönabrüd 1816, ©, 200, 

läßt durch den Grafen v. Lupfen im Hofgericht 


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15 [23 


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Regeſten und Stinerar des 8, Sigmund, 497. 


Jahr 1434, 


über Recht und Gerichtsbarkeit der Paffauer 
Bürger fpreden. Mon. Boic, XXVIII. 442. 


Baſel April 30ſchreibt an die St. Regensburg. Gemeiner Reg. 


⸗ May 1 


Baden 
Baſel (2) 


u 


Schaffhauſen 7 


19 


Chr. II. 42. 

beſtätigt dem Grafen v. Toggenburg die Pfand⸗ 
herrſchaft über Sargans und Laax. Joh. v. 
Müller Geſch. Schw, Eidg. III. S. 173. n.94, 

gibt dem Kl. Reichersberg ein Privileg. Mon. 
Boic. IV. 500. 

weist den Münzmeiſter Konrad von Weinsberg 
an, vom Zudengeld die in Bafel verpfändete 
Krone wieder auözulöfen. Albrecht R. Muͤnzſt. 
Urk. 10. S. 80, 

gibt dem Gotteshaus in Tegernfee ein Privileg. 
Monum. Boic. V!. 251. 

gibt dem Hochſtift Lübe ein Privileg. Lünig 
Sp. eccl. II. 443. [Hier ift unrichtig T, uni 
angegeben, ] 

hält eine Rede an das Goncilium, Raynaldi ad 
ann. 1434. n. 13, 

erlaubt in 2 Diplomen der Stadt Lüneburg gol⸗ 
dene Münzen zu ſchlagen. Lünig P, Sp. C 
IV. Zh. U. 647 sq. 

Ihreibt der Stadt Braunſchweig über Bremen. 
Hempel Invent. III. 120. 

erteilt dem Hochſtift Luͤbeck eine Urk. geiſtl. Ju⸗ 
riödiction betr. Lünig Sp. eccl. II. 442, 

beftätigt Die Privil. d. Stadt Budiſſin, die Wahl d. 
Rathes u. den Zoll betr. Oberlauſ. Urkk. V. 36, 

verläßt Baſel. Ochs Gef. v. Bafel II. 257. 

verweilt (0.19. May) inBaden, Winde c. 200, 


24 gibt dem Friebrich Gihitetter ein Privileg. 


Chmel Reg. Frid. IV. n. 2212. [Der Ort 
Baſel iſt unridtig.) 


$ Ifchreibt von bier aus an das Concil nach In⸗ 


halt eines ſpätern Briefs d. d. Ulm 21, Jun. 
1434. b. Martene coll, ampl. VII. 720. 


-Ulm Juni 4 |meldet dem Basler Goncil den über die Huſſiten 


Aſchbach K. Sigmund. IV. 


erfochtenen Sieg. Goldast Const. Imp. IH. 
439. Pray Annal. Hung. II. 312. [Na 
Mansi XXIX. 594. Martene coll, a. VII. 
717 ift diefer Brief v. 3, Juni datirt,] 

52 


198 


Ulm 


MRegeften und Itinerar des 8. Sigmund. 





Jahr 1434, 
Juni 4 | ertheilt der St. Reutlingen ein Privileg, Lünig 


P. Sp. C. IV. T. II. 311. 


5 | freibt an die St. Frankfurt über den Sieg, 


14 


“oo 


19 


21 


der über die Waifen und Taboriten erfochten. 
Frankf. Arch. Kaiſerurkk. IL. 

ſchreiht an Gotſchen Schoff. Verz. Oberlauſ. 
Urkk. V. 36. 

haͤlt einen Reichſtag in Umm. Buchner VI. 280, 

ſchreibt an den Erzb. Conrad v. Mainz wegen 
der Juden. Guden. C. D. M. IV. 211. 

ertheilt dem Oswald v. Wolkenſtein eine Urk. 
Lünig Sp. sec. II. 1539. 

fhidt dem Herzog v. Burgund eine Kriegs⸗ 
erklärung zu. Wencker Apparat. Arch. 
p- 333. Senckenberg Sel. Jur. et hist. 
VI. 4a73. 

ertheilt den Grafen v. Wertheim ein Privileg 
in Betreff des Halsgerichts. Aſchbach Geſch. 
d. Graf. v. Wertheim II. 246. 

ſchreibt an das Basler Concil wegen des Cardi⸗ 
nals Rothomagenſis u. des Bamberger Kapi⸗ 
tels. Martene coll. ampl. VIII. 720. 

ertheilt der R.Stadt Weil ein Privileg. Lünig 
P. Sp. €. IV. T. II. 59. 

ertheilt dem Herz. Zriedrih d. ält, v. Tyrol umd 
feinem Gefolge freies. Geleite ‚nah Dftreid, 
3. &ihnowöfylkc. p. CCXCI. Reg. Nr. 3328. 

ertheilt Ver NR. Stadt. Leutfird ein Diplom. Lü- 
nig 1. c. I. 1200. 

gibt dem Kl. Altenmünfter ein Privileg, Mon. 
Boic. X. 348. 


; gibt den ungarifhen Ständen eine Berfiherung. 


Kovachich suppl. I. 456. 

belebnt den Grafen Reinhard v. Hanau mit dem 
Bornheimer Berggericht. Beſchr. der Hanau⸗ 
Müntzenb. Lande Doc. XLV. S. 57, 

beftätigt die fogen. Prager Compactaten des Bas⸗ 
ler Gonciliums, wornad den Laien in Boͤh⸗ 
men der Kelch erlaubt wird. Goldast de re- 
guo Boh. App. p. 132. [der Ort Tann 
nicht ridtig feyn: Iglaviae in Moravia ; oder 
ift das Jahr falſch?] 








Regeſten und Itinerar des K. Sigmunb. 499 
Jahr 1434. 

Juki 6erlaͤßt an Alle, die in und um Herz. Friedrich's 
v. Dftreih Lande gefeffen, einen Befehl, wis 
der die Ankläger deffelben vor dem Kaifer ers 
forderlihen Falls Zeugniß zu geben, F. Lid 
nowöfy 1. c. Reg. nr. 3333. 

s 7 Inimmt das Gotteshaus Königsbrunn in feinen 
Schutz. Besold Mon. Würt. p. 406. 

ss ertheilt der St, Nördlingen ein Privileg, die 
Neffe betr, Lünig P. Sp. C. IV. T. II. 19. 

»  « |bejtätigt die Privilegien des Spitald Liebfrauen 
in Nördlingen. Lünig ib. 20. 

” » Tertheilt der St, Nördlingen ein Privileg, Ju⸗ 
risdiction betr, Lünig ib. 22. 

s 9 Tgibt 2 Urff, für das Kl. Kaſtell. Mon. Boic. 
XXIV. 616. 

s 13 |gibt die Puncte an, worüber man fi auf dem 
Neihötag zu Regensburg mit den Böhmen zu 
verföhnen habe. Goldast de reg. B. App. 

. 13%. Ejusd. Const. Imp. III. 439. Mansi 
Concil. XXIX. 594. 

s 19 |fopreibt an das Basler Goncil über den Herz. 
Erich v.Zauenburgzc, Mansi Concil. XXIX. 
593. Goldast Const. Imp. III. 438. Müls 
ler R.T. V. 463, 

e 20 \ertheilt dem Rath der St. Görlig ein Privileg. 
Oberlauſ. Urkk. V. 37. 

=» = |beftätigt die literas reversales Heinrich's Herz. 

. v. Bayern über die Moöburg. Güter, Ge- 
wold ad Hund M. Salisb, II. 350. 

s = |beftätigt die dem Kl. Gnadenberg gegebenen Guͤ⸗ 
ter, Mon. Boic. XXV. 31. 

= 22 | gibt der St. Sörlig 3 Urkk. und beftätigt ihre 
Privv. Dberlauf. Urff, V. 37, 

s 23 | erlaubt ver St. Sörlig, mit rothem Wachs zu 
ſtegeln. Verz. Oberlauf. Urkk. V. 38 u. 619, 

⸗ 25 lertbeilt der St. Ravensburg ein Priv., Juris⸗ 
diction betr, Lünig P. Sp. C. IV. T.II. 
222. 

s 27 ſertheilt dem Gotteshaus Lorch ein Privileg, Be- 
sold M. Würt. 465. 

s 28 |erläßt ein Edict de incbmpetentia Concilü in 
judicandis causis Principum. Lünig P. Sp. 

32 * 





Regeften und Stinerar des K. Sigmund, 





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s Aug. 
s [| 
[2 s 
= 8 
5 8 
Augsburg ⸗ 
⸗ 0) s 
7 


Jahr 1434. 


10 


C.1. 587. Gemeiner Reg. Chron. III. 53. 
Buchner VI. 281. Mansi XXIX. 600. 


Juli 28 |erläßt über biefe Sade ein zweites Schreiben an 


das Goncil. Goldast Const. Imp. III. 440 sq. 
gibt den Grafen v. Wirtemberg ein Diplom, die 
Griminaljuftiz betr. Sattler Sr. v. Wirt, 
IV. ©, 260. 
beftätigt die heſſiſch⸗ ſaͤchſiſche Erbverbrüderung. 
Müuͤller R. Theat. unter K. Marl. I. 1. 
S. 591. 
erlaͤßt einen Spruch gegen die Freudenberger u. 
das Zehingeriht, Gemeiner Reg, Chr. TI. 11. 
beftätigt die Privilegien bed Kl, Maulbronn, 
Besold 1. c. 517. 
beftätigt die Privilegien der Gt, Wörth. Lü- 
nig P. Sp. €. IV. T. I. 417. 
ruft die St. Negenöburg auf, gegen Herzog Lud⸗ 
wig v. Bayern zu ziehen. Gemeiner Reg. Chr, 
III. 50, * 
fordert die Reichsſtaͤnde auf, dem Herzog Ludwig 
von Bayern, der in der Reichsacht, Abſage⸗ 
Briefe zu ſchicken und fid ſodann bis zum 
8, Sept. bei ihm gewaffnet im Zelblager bei 
Aichach einzufinden; Lang Ludwig d. B. S. 167. 
beſtaͤtigt die Privilegien von Undersdorf. Mon. 
Boic. X. 289. ſſtatt Golme iſt zu leſen Vime.] 
nimmt die St, Wörth auf in den Schug der 
Städte Augsburg, Nürnberg, Nördlingen, 
Rothenburg. Koͤnigsdorfer Kl. hl. Kreuz zu 
Donauwörth I. 187. j 
ertheilt der St. Bopfingen ein Privileg, Juris⸗ 
diction betr. Lünig P. Sp. C.IV. T.I. 213. 
gibt den Herzogen v. Ols ein Zollprivileg. BB. 
Breslau. Gef. U. 419, 
gibt der St. Wörth ein Privileg, Lünig P. Sp. 
C. IV. T.L.418 | . 
hält fih am 14, u. 15. Aug. in Augsburg auf. 
Gassari ann. Augstb. bei Mencken p. 1584. 
beftätigt die Privilegien v. Braunfhweig. Hem- 
pel Inv. III. 123. 
wird auf der Reife von Ulm nach Regensburg 
von einem Ritter geplündert, Buchner Geſch. 








Regensburg 


r 


w 


Megeften und Stinerar des K. Sigmund. 501 


Jahr 1434, 


Aug, 3 


. 20 


‚Sept, 1 


von Bayern VI. 273. Gemeiner Reg. Ehr, 
II. 60, | 

reist von Augöburg über Münden nad Regens⸗ 
burg. Windel c. 191. 

verföhnt fi mit dem geächteten Herzog Ludwig 
v. Bayern, der 23,000 Ducaten, die er dem 
Kaifer geborgt, aufgibt und auf Donauwörth 
"verzichtet, welche Stadt des Kaifers in Bafel 
verfegtes Silbergeſchirr mit 5140 Gulden auds 
1ö6t und 13,000 Gulden Zehrungäfoften in 
Um bezahlt, Lang Ludwig d. B. S. 167. — 

Geſch. des Lechrains II. Urk. 133 

erklärt, daß die Pfandſchaft der Grafen v. Hanau 
auf das Geriht des Bornbeimer Bergs der 
Stadt Zrankfurt zu ihren Rechten auf Befes 
Kung eined oberften Richters zu diefem Gerichte 
Peinen Rachtheil haben foll, MS. v. Dlen⸗ 
ſchlager. 

gibt der St. Sulzbach ein Privileg. Chmel Reg. 
Fridr. IV. T. I. n. 1679. 

verbietet der Stadt Augsburg, von dem Clerus 
Pflaſterzoll zu erheben. Gassari annal. Augst- 
burg. p. 1587. 

ſchlichtet die Streitigkeiten zwifhen dem Herzog 
Ludwig von Bayern und mehreren Klöftern. 
Lang Ludwig d. B. S. 168, Mon. Boic, 
XIV. 283. 


‚läßt Schiffe auf der Donau bauen, Winde 


c. 204. 

unterbandelt bier heimlich mit den Huffiten. 
Windel 1. c. 

empfängt bier eine griechiſche Geſandtſchaft. 
Martene coll. ampl. VIII. 749. 

ertheilt dem Kl. Dobrilug ein Privileg. Lude- 

wis Rel. MSS. I. 467. 

beftätigt dad Urtbeil des Grafen Joh. v. Werte 
beim in Betr, des Keichergerichts. Privilegia 
u. Pacta v. Frandfurt S. 282. 

verbündet den bayrifhen Fürften u. Ständen eis 
nen neuen weltl, Frieden u, Stilftand. Lang 
Ludwig d. B. S. 168 . 

fhreibt an einige fraͤnkiſche Neihöftände wegen 


-502 Regeſten unb Itinerar bes 8. Sigmund. 


Jahr 1434, 


* 


Aufrechthaltung der Stirdyenfreiheiten zc. Gu- 
den Cod. dipl, Mog. II. 884. 


Regensburg | Sept. 23 | befichit, daß die Juden in Augsburg gelbe Ringe 


s 5 27 
⸗ ⸗28 
8 s s 
3 * 8 
⸗ ⸗29 
2 Detob. 1 
⸗ a ⸗ 
⸗ s 8 
. . , . 
z : ⸗ 
⸗ ⸗Lu. 2. 
⸗ ? 
⸗ ⸗ 8 


an den Kleidern tragen, damit man fie von 
den Shriften unterſcheiden koͤnne. Lünig P. Sp. 
6. IV. T.I. 103. Stetten Geſch. v. Augöb, 
I. 159, | 

beruft einen Reichſstag auf ct. Nicolaus 143 
nad) Frankfurt a. M. Eberhard Windeck c. 202. 
p- 1256. 

verpfändet feinem Kanzler Kafpar Schlick die St, 
Elbogen ꝛc. Lünig Sp. sec. II. 1179. 

beftätigt den zwifchen der &t, Frankfurt u, Fried⸗ 
berg wegen des Keichergerichts getroffenen 
Bergleig. Lünig P. Sp. C. IV. T.I. 62%. 

bejtätigt die Privilegien deds Dorfes Brüuͤflingen. 
Mon. Boic. XIII. 288, 

verpfändet feine Krone. Buchner Gef. von 
Bayern, VL 281, 

erhebt 4 Brüder des Kanzlers K. Schlick in den 
Zreiberrnftand, Lünig Sp. sec. II. 118% 

ſchreibt an den Hochmeifter des deutſch. Ordens 
wegen bed Streites mit den Johannitern. 
Boigt Geſch. Preuſſ. VII. 660, 

ertheilt der St. Negenöburg ein Privileg. Ge 
meiner Reg. Chr, IH. 59, 

ſchreibt 2 Briefe an das Basler Goncil über dad 
Forum imperiale und den griedhifhen Kaiſer. 
Martene coll. ampl. VIII. 749. 

verpfändet dem Kafpar Schlick, feinem Kanzler 
u. Burggrafen v. Eger u, Elbogen, die halbe 
Judenfteuer in Nürnberg, Chmel Reg. Fr- 
der, IV, T. I. n. 965. | 

gibt zwei Erklärungen über die lauenburgiſche 
Streitfahe. Müller RT, V. 467, Hem- 
pel Inv. III. 124. 

ſchreibt wegen J Bereinigung der griech. Kirät 
mit der röm.⸗kathol. an den Kaifer Johannes 
Paläologus. Martenel. c. VIII. 752. (mahrid 
1, Oct. 1434.) 

beiehnt den Brunorio de Ia Scala mit der Statt 
halterſchaft von Verona u, Bicenza und führt 








\ 


Regeſten und Itinerar bes 8. Sigmund, 503 


Jahr 1434, 
in deffen Haufe vie Primogenitur ein, Gold- 
ast Gonst. Imp. I. 395. Lünig C.J.D. II. 
501. Verci Marc. Trivig. XIX. doc. p. 49. 
n. 2100. 
Megensburg | Del. 12 |Helehnt den Grafen Reinhard v. Hanau mit dem 
Bornheimer Berg. Dienfhlager Bornheimer 
Proceßacten MS. 
. « 15 erklärt, daß die Belchnung ded Grafen Reinhard 
v. Hanau über den Bornheimer Berg den Zreis 
. beiten u. Rechten der St, Frankfurt nicht ſcha⸗ 
ven folle. Privilegia u. Pacta der St, Franck⸗ 
furt S. 281. 
Preßburg » 20 |gibt einen Lehenbrief für Reinprecht v. Wallſee 
über den Blutbann in allen feinen Herrſchaf⸗ 
ten. Ehmel Material. I. 1, ©, 21. 
[Regensburg] oe 28 |gibt den in der Acht befindlichen Stettinern einen 
Sühnebrief und überträgt dem Rath zu Kol 
berg die Ausgleichung. Barthold Geld, ©. 
Pomm. IV. 1. S. 102, (Ohne Angabe, wo 
die Urk. gedrudt ift. "Das Datum fiheint nicht 
richtig: denn am 28, Det. hatte der Slaifer bes 
reits Regensburg nicht nur verlaffen, fondern 
er war auch ſchon in Preßburg angefommen.) 
Preßburg Kov, 23 | beiehnt den Erzbiſchof Dietrich v. Mainz mit den 
Regalien. Lünig Sp. ecel. I. Fortf. 62. 


⸗ s = Ibeftätigt die Privilegien des Erzſtifts Mainz. 
Lünig 1. c. 68. 
eo. » = |beftätigt die Erbverbrüderung zwiſchen den ſäch⸗ 


ſiſchen, thüringifhen u. heſſiſchen Landgrafen, 
Guden C. D. M. IV. 214. | 

⸗ = 25 | gibt den Herren v. Iſenburg⸗Buͤdingen Freiheit 
von auswärtigen Gerichten, Rothes Bud im 
Iſenb.⸗Büd. Archiv. 

M beſtaͤtigt dem Erzſtift Mainz alle Gerichte, die 
ed in der Stadt Mainz bat, Senckenberg 
Meditat. p. 517. 

. Dec 6 |gibt dem Grafen Hand von Schaumburg einen 
Brief über die Mauth zu Eferding, Chmel 
Reg. Frider. IV. T. I. n. 1294, 

s (?) = = |gibt dem Hans Weider zu Görlig ein Wappen. 

- Berz. Oberlauf. Urkk. V. 38. [Der Ort Res 

gensburg iſt falſch.] 


504 


Preßburg 


Hainburg 


Bien 


8 


Regeften und Stinerar des K. Sigmund, 


Sahr 1434. 


Dec, 8 |beftätigt den Grafen v. Wertheim alle Privile⸗ 


gien 20. Aſchbach Geſch. d. Gr. v. Wertheim 
IL 19% ' 

ſchreibt am die St. Frankfurt über die Fehde mit 
Burgund. Frankfurt. St.Ardiv. 


= 29 | betätigt dem deutſchen Orden den Pfundzoll. 


Boigt VII. 674, [Das Jahr 1435 ift wohl 


unrihtig.] 


? 8% |fendet dem Ritter Johann von Blonay, Landoogt 


von Savoyen im Waadtland, feinen Draden- 
orden. Joh. v. Müller Geſch. Schw, Eidgen. 
Il. S. 180. 


Jahr 1435. 


San. 4 | gibt dem Muͤnzmeiſter Conrad v. Weinsberg eine 


Berfäpreibung. Albrecht R. Münzft. Urt, 19 
©. 79. 


= 6 Ifhreibt an das Basler Goncil. Martene coll. 


ampl. VIII. 789. 


«= & | beftätigt die Privilegien 2c. der Landſchaft Goͤr⸗ 


lid. Berz. Oberl. Urkk. V. 39, 


s 15 |trägt feinem Schwiegerfohne, dem Herzog W 


breit, auf, einen richterlihen Ausfprud zu 
thun in den Streitigkeiten der Biſchoͤfe vor 
Trient und Ghur, des Grafen Hans von Ur 
pfen, des Wilhelm von Starkenberg u. A. mit 
Herzog Friedrich von Tyrol, da über Deutſche 
und nad deutſchen Rechten in Ungarn nit 
gerichtet werden könne. F. Lichnowsky l « 
p- GCXCIV. Reg. nr. 3369. 


» 26 ſſchreibt an den Hochmeiſter de deutſch. Ord. über 


die Zriedensbedingungen mit Polen, Boigt 
Geld. Pr, VII. 662, 


Febr. 2 [ernennt Herzog Albrecht von ſtreich zum Goms 


nd 


miffarius, an feiner Statt in der Streitſache 
zwiſchen Jacob Johannes von Gaſtelroman, 
Lehrer der Arzneikunde, und den Gebrüdern 


- Paris und Anton von Lodron zu richten. 8. 


Lichnowsky 1. c. p. CCXCV. Reg. nr. 3373. 


3 |gibt einen Revers auf Herzog Friedrich d. jüng 


v. Oſtreich und Herzog Albrecht v. Dfreid, 


daß die ihm aus gutem Willen für die Juden⸗ 














Regeften und Itinerar bes K. Sigmund. 505 


Preßburg 


Budae (Dfen) 


Preßburg 





Jahr 1435. 


ſchaft gemachte Kroönungsehrung den ſtreich. 
Privilegien nicht nachtheilig ſeyn ſolle. Chmel 
Material, I. 1. S. 22. 

beftimmt, daß Straßburg nur vor den Städten 
Bafel, Worms oder Ulm belangt werden koͤnne. 
Lünig P. Sp. C. IV. T. II. 753. 

ſchreibt an die Stänte Zürch, Bern, Solothurn, 
Zucern und die Leute zu Schwyt, dem Herzog 
Friedrich v. Dftreih die Briefe und Regifter, 
die von ihnen auf dem Haufe zu Baden gefun⸗ 
den worden, zurüdzuftelen, F. Lichnowsky 
l..c. Reg. nr. 3375. 

f&preibt an den Math von Erfurt, Geſandte auf 
den Reihötag nad) Frankfurt zu ſchicken. Lü- 
nig P, Sp. C. IV. T. IL, Fortſ. 464. 

macht von ber Stadt Wien ein Anlehen von 
6000 Pf. und verpfändet dagegen fein mitges 
brachtes Silbergeſchirt. Chmel. Material. L 
&. 178. 

iſt noch anf Faſtnacht in Wien, Schlager Wie⸗ 
ner Skizzen S. 79. 

erläßt. einen Reichsabſchied, den Landfrieden in 
Ungarn betr. Goldast Const. Imp. IH. 442 
— 451. 

gibt eine Erklärung in der Sachſ. Lauenburg. 
Streitfahe. Müller R. %. V. 469. 

beftimmt auf einem Neihötag dad Kriegsweſen 
in Ungarn, Goldast Const. Imp. III. 452, 
Budae in fest. Gregorii. Pray Annal. Hung. 
I. 313 — 316. Nach Engel U. 351 mt 
richtiger Posonii (Preßburg) cf. Kovachich 
suppl. I. 463. 

Li & an den Hochmeiſter des deutſch. Ordens 

= über die Verhandlungen mit den polnifchen Ges 
ſandten. Boigt Geſch. Pr. VII. 662%, CE. 
Ind. Corpor. hist. dipl. Liv., Esth., Car. 
I. .294. 

ertheilt der St. Aachen das Privileg de non 
evocando et non arrestando. Lünig P. Sp. 
C. IV. T. I. 1454. ſunrichtig b. 3. 1434.] 

bewilligt dem Herzog Friedrich d. Alt. von Oſt⸗ 
reih, daß das bisher nur an einem Tage auf 


506 Negeften und Itinerar des K. Sigmund. 


Jahr 1435, 
dee Frauenau bei Enſisheim gehaltene Land» 
gericht jedesmal drei Tage hindurch gehalten 
werde. F. Lichnowsky 1. c. p- CGXCVL 
Reg. nr. 3387. 
Preßburg April 3 ſchreibt an das Stift zu Breslau, daß es nicht 

zulaffen follte, daß der Breslauer Biſchof das 
Schloß Otmachau zeritöre. B. Breslau Seid. 
II. 404, [unridtig b. 3. 1434.) 

⸗ s & |erlanbt der St. Schweidniß mit rothem Wachs 
zu fiegeln. Sommersberg scr, rer. Sil. IIL 
99, 

⸗ s s Igibt der St, Hamburg das Recht, goldene und 
füberne Münzen gu ſchlagen. Lünig P. Sp. 
C. IV. T.I. 948. 

⸗ s - 5 Iladet den Grafen Heinrich v. Goͤrz vor, fich 
wegen einer Anklage Leutolv’5 v. Stuben 
berg zu verantworten, Ehmel Material, L 1. 


2 6.22, 
⸗ May 8 ſertheilt der St. Duͤnkelsbuͤhl 3 Privilegien. Lü- 
nig P. Sp. C. IY. T. I. 469—471. 
. = s |belehnt den Abt v. Murbach. Lünig Sp. eccl. 
I. 992. 
. » 9 Jertbeilt der St. Hamburg sin Münzprivilegium. 


Lünig P. Sp. C. IV. T. I. 948, 
Tervaniae Strigon.| s 24 Jerklärt, daß trotz der Fehde mit dem Herz. Phi⸗ 
dioec. lipp v. Burgund das fidyere Geleit für das 
Basler Concilium beftehe und aufreht erhalten 
werbe, Goldast Const. Imp. III.453. Mansi 
Concil. XXIX. 603. 

* KBrünn ? Igibt der Stadt Schweibnig ein Privilegiem. 
Sommersberg scr. rer. Sil. III. 99. [oder ges 
bört die Urk. in den Juni oder Auli?l 

Trevaniae Strigon.| s 31 |ertheilt ie, welde zum Basler Goncil reis 





dioec. fen, Geleitäßeiefe. Lünig Sp. eccl. I. 256, 
Tirnawe Juni 7 Ifchreibt an Frankfurt und 
⸗ — — s s den Grafen Reinhard v. Hanau * 


naͤchſten Michaelistag vor ihm zu erſcheinen im 
Gericht, in Sachen des Streites über das Born 
beimer Gericht. MS. v. Dlenſchlager. 
Brünn Juli unterhandelt mit den Huſſiten. Windeck c. M 
u. 209. 
⸗ eb ſertheilt den Prager Einwohnern wegen der Res 








Ragzeſten und 
Jahr 1435, 


Suli 15 
(Preßburg ?) s 16 
Bruͤnn s 19 
‘a 7 
* Aug. 9 
⸗ ⸗11 
⸗ s 12 
Tirnaw =» 29 
Primariae Strigon| = 31 
dioec, 
Preßburg Sept. 17 
Großwardein 3 
Preßburg Oct. 3 
⸗ 4 
⸗ 6 
? 2 


Itinerar des K. Sigmund. 507 


ligion ein Privileg. Goldast De reg. Bok. 
App. II. 286. Lünig P. Sp. Cap. I. Zortf, 
p. 77. . 

ſchreibt an Sct. Gallen. Zellweger Appenzell, 
Geld, L 450, n. 280, . 

ſchreibt über litthauiſche ꝛc. Berhältniffe. Ind. 
Corp. bist. dipl. Livon., Esthon. etc. I. 295. 
[Dre Preßburg, der angegeben ift, falſch.] 

beftätigt die Privilegien des Kl. Herrenalb. Be- 
sold M. Würt. 106. 

fließt den Bertrag mit den boͤhm. Ständen, daß 
feine Amter an Fremde vergeben werben folls 
ten ımd die böhm. Laien den Kelch empfangen 
koͤnnten. Müller R. 3, IV. 236. Dumont 
u. 2. 297. 

ſchreibt über die Sachſen⸗Lauenburgiſche Sache. 
Müller R. T. V. 470, 

ſchreibt in derſelben Sache. Ibid. 

ſchreibt an die Herzoge v. Braunſchweig. Hem- 
pel Inv. III. 128, 

fhreibt dem Hochmeiſter des deutſch. Orb. wegen 
der polnifhen Streitigfeit, Voigt Geld. Pr, 
VII. 668, 

fließt mit Venedig gegen Mayland ein Bünde 
niß. Verci Marc. Trivig. XIX. Doc. p. 136. 
n. 2180. 

belehnt den Ritter Hamann v. Offenburg mit der 
Oberauffiht über das Hafnerhandwerk von Nas 
vendburg bis Straßburg. LünigP.Sp. C.IIL 
Abſchn. I. 150. 

kommt dahin. Engel Gef. v. Ung. IL 358, 
Bol, Windel c. 208. 

Berbandlungen der Zrankfurter u. Hanauer Abs _ 
geordneten vor dem Kaifer über das Bornhei⸗ 
mer Gericht. Dlenſchlager MS. 

erläßt einen Befcheid in diefer Sache zu weiteren 
Berhandlungen. Dlenſchlager MS. 

ſchreibt an den Hochmeifter des deutſch. Ord. über 
die poln. Sache u, Zitthauen 2c. Ind. Corp. 
hist. Livon., Esth., Cur. I. 295. ' 

erläßt auf einen Bericht des Herzogs Ernit von 
Bayern über die am 12. Oct, 1435 in Straus 


N 


508 Megeften und: Stinerar bed 8. Siommmb, 


Totis 
Villa Atata, vier 
Tagreiſen v. Wien, 
(Rotis?) 


Totis 


Preßburg 


Stuhlweißenburg 
(Alba Regalis) 


Jahr 1435. 


R 
eo - 


[ s 
. 2 
.: 28 
Ion. 6 
.: 8 
:= 
Mig 1 
: 2 


bing ftattgefundene Srtränfung der Agnes Ber 
nauerin eine Aufforderung an Herzog Albreqht 
von Bayern. Lang Ludwig d. B. S. 172. 
Buchner VI 285 u. 287. 

fhreibt dem Hocdmeifter des deutſch. Ord. in der 
polnifhen Angelegenheit. Boigt Geld. Pr 
VI. 671, 

hält fi bier auf, Engel Geſch. v. Ung. II. 358, 


I hält ſich bier zur Zeit des Basler Gonciliums (ed 


Imperator) piscationis et venationis caua 
auf. Epistola Ambros, Travexsari bei Mar- 
tene thes. anecd. III. 20, 

befiehit dem Kurf. Friedrich v. Brandenburg, des 
Klofter Langheim gegen die Gewalt des Bi 
ſchofs v. Bamberg zu ſchühen. Schultes il, 
Schr. &, 113, Ä 

befichtt eben dies dem Kurf. Friedrich v. Safer 
Ibid, 

ſchreibt über litth. Angelegenheiten 2, Com: 
hist. dipl, Livon. etc. I. 295. 

beftätigt dem deutſchen Orden die Erhebung de⸗ 
Hfundzolles, Boigt Geh. Pr. VII. 674. 


Jahr 1436, 


verfihert, die mit dem Basler Concil abgeſchloß 
fenen Artifel den Böhmen erfüllen zu woller. 
Leibhitz Mantiss. II, 141. Müller R. T. I. 
236, Dumont III. 1. p.1. Lünig P. Sp 
C. I. Abf. 75. 

beftätigt die den Huffiten durch das Basler Cor 
cil zugeftandenen Artifel, Dumontl.c. Pri 
Ann. H. 317 u. 319. Goldast C. I. Il. 
454. De regn. B. App. 246. Mansi Cor 
al. XXIX. 605. 

fpreibt dem litth. Großfürften Swidrigel, deß 
er mit den Polen keinen Frieden ſchließe. Boigt 
Sch. Pr. VII 677. 

beftätigt mehreren Kiöftern im Lüneburgifäen bie 
Privilegien. Hempel Inv. II. 130. _ 

empfängt eine Botſchaft des Hochmeiſters. Soigt 
vol. 681, 


s 14 |oidimirt die Bulle des Basler Gonciliumd vom 











Megeften und Stinerar bed 8. Sigmund. “ 509 


Jahr 1436, 

2. Maͤrzʒ 1436. Leibnitz C. I. G. Mant, II. 

145, 
Preßburg May 7 beſtätigt einen Tauſch in Betreff v. Grindau u, 
Obererlenbach zwiſchen Dietrich v. Ifenburg u. 
Eberhard v. Eppſtein. Lünig Sp. Sec. II. 1607, 
Wien s 18 |vergleidht den Grafen Reinhard v. Hanau mit der 
St. Zranffurt in Betr, des Streits über das 
Bornbeimer Gericht. Lünig P.Sp.C. II. %. III. 

, Ab. VI. 37. Franckf. Priv, u. Pacta 236, 

. e 23 |verpfändet dem Herzog Albrecht von Oſtreich Sa⸗ 
maria im Mofoner Gomitat und einige Befi⸗ 
gungen im Ddenburger Comitat. F. Lichnows⸗ 
#9 1. c. p. CCCXI. Reg. nr. 3570. 

Iglau Juni 9 |fordert von der Stadt Käsmarkt ein Darlehen 
für feinen Münzgrafen. Schönvisner Notitia 
Hung. rei numariae p. 325. 

. s 42 |befhmwört wiederholt die Gompactaten. Buchner 
Geſch. v. Bayern VI. 284, [Engel II. 361 
gibt den 7. Juni an.) 

. e 27 | gibt der St. Nürnberg eine Gonfirmation, daß ihre 
Bürger u, deren Güter nicht verpfändet werden - 
dürfen. Meufel Geſchichtforſchung IV. p. VIII. 

⸗ Juli 2 |befiegelt mit Herzog Albrecht v. ſtreich die Er⸗ 

| läuterungdurfunde einiger Puncte der Com⸗ 
pactaten. F. Lichnowsky 1. c. P. CCCXII. 
Reg. nr. 3590. 
⸗ ⸗S ſerklärt feine Zuſtimmung, daß die Böhmen in 
Ä Mähren das Abendmal_ unter beiden Geftals 
ten empfangen dürfen. Dumont III. 1. p. 8. 
Leibnitz Mantiss. II. 143. Lünig C. G. D. 
I. 1446, Goldast Constit. Imp. III. 454. 
[In dem Werke Goldaſt's: de regno Bohem. 
App. p- 132 wird fon vom 5, Juli 1434 
eine ſolche Urkunde mitgetheilt.) 
⸗ s 22 | geftebt den böhm. Städten zu, daß fie nicht gezwun⸗ 
gen werden follen, die vertriebenen Geiftlichen 
wieder aufzunehmen, Goldaft R.Satz. S. 143, 
Rousset J.2. p. 318. Lünig C. G. D.I. 1414. 
s s 23 |beftimmt, daß die Bilhofswahlen den böbm, 
. Städten frei gegeben werben. Goldast de 
reg.B. App. Il. 291. Lünig Sp. eccl, C. III. 
Zortf. 128. 


NRegeſten und Itinerar des K. Sigmund. 


* 





Aug. 


ahr 1436, 
Juli 23 Ibeftdtigt die Wahl des Erzb. Rokyczana. Then 


bad H. Kr. c. 85. 


«= 30 |gibt dem Herzog Albrecht von Oſtreich Bollmaqht, 


anftatt feiner in einem Streite der Herren von 
Darremon mit dem öftreid. Herzog Friedrich 
d. ält. zu entſcheiden. F. Lichnowsky J. c. 
p. CCCXV. Heg. nr. 3623. 

5 | beftätigt den Frieden zw. der Mainzer Geiſtliqh⸗ 
Peit u, Buͤrgerſchaft, die fogenannte Pfaffen⸗ 
rachtung. Schaab rhein. Städteb, I. S. 472. 
Würdtwein subsid. dipl. XII. 

9 ſchreibt an das Lantgeriht Nürnberg. Gemeiner 
Reg, Chr, I. 58 (unridtig 3. 1435 ange 
geben). 

11 |beurfimdet, daß ihm Herzog Albrecht von Dit 
rei eine Geldfumme gelichen, und febt den 
Termin, wann er fie zurüdzubezahleı verfpres 
he, F. Lichnowsky 1. c. p. CCCXVI. Reg, 
nr. 3630. 

23 hält dafelbft feinen: Einzug. Winde c. 208. 
Bartoss. Chr!’ p. 195. 

26 |1äßt fi von den Prager Städten huldigen. Pul- 
kav. Cont. p. 171. 

30 |ernennt den Recko zum Prager Bürgermeifter. 
Pulkav. Eont. 1. c. Balbin. Epit. 49%. 

% | beitätigt die Privilegien der Neuftadt Prag. Bal- 


bin ]. c. 


Sept. 2 | billigt, daß die Siebenbürger den Zehnten bezah⸗ 


ien. Kovachich suppl. I. 468. 

14 | erlaubt der St. Hagenau, neue Bürger aufzuneh⸗ 
men, und beftimmt, daß diefe nur vor den 
ſtaͤdt. Gerichten gerichtet werden, Chmel Reg. 
Frid. IV. T. I. n. 1097. 

45 | bejtätigt der St. Hagenau ein Privileg in Hit 
fiht des hl. Zorftee, Chmell. c. n. 1102. 

$ |beftätigt der St. Hagenau das Privileg der Frei⸗ 
beit vor fremden Gerichten. Chmel ibid. 

16 | beflehlt, daß in der St. Hagenau Niemand ohne 

| Bervilligung des dortigen Rathes einen Juden 
haufen fol, Urkunde in der v. Horrack'ſchen 


Sammlung. 





Megeften und Itinerar des K. Sigmund. 511 


P. Sp. €. IV. T. II. 3. 263. 

geftattet der St. Straßburg eine Meffe, Lünig 
P. Sp. C. IV. T. IL 754. 

gejtattet dem Markgr. v. Mantua (Joh. Franz), 
einen aus feinen Söhnen zu feinem Nachfolger 
zu wählen. Dumont C, D. III. 1. p. 12. 

gibt einen Urtheiläbrief über die Zinfen u, Ren⸗ 
ten ded Rob. v. Zune auf die Statt Breslau. 
Chmel Reg. Frid. IV. T. I. n. 1020. [Das 
Datum tft berichtigt. 

fchenft Dem Matthäus u, Kaſpar Schlick das Gut 
Zelfenau. Lünig Sp. sec. II. 1183. 

fhreibt an die Mannen u, Städte der Laufig, die 
Stadt Bitten gegen die Huffiten zu fügen. 
Oberlauſ. Urkf, V. 41. [entw. das 3. 1435 
oder der Ort Prag ift falſch.] 

gibt den Ständen ver Lande zu Wenden den Bes 
fehl, dem Kurf. Zriedrih v. Brandenburg zu 
huldigen. Lünig P. Sp. IN. 6. 

gibt feine Einwilligung zu einer Übereinfunft ta 
boritifcyer Priefter mit Rokyczana, dem Erzb. 
v. Prag ıc, Theobald H. Kir, c. 8b. 

erhebt die Grafen v. Cilly zu gefürfteten Grafen. 
Lünig C. G. D. I. 597. Ehmel Material, 
I. 1. &. 26. Hahn Mon. II. 687. 

beftätigt der St. Hildesheim ein Privileg de 
non evocando ad extr. judicia. Lünig P. 
Sp. C. IV. T.IL 5% 46. 

gibt der St. Braunſchweig ein Privileg, Hem- 
pel Inv. IIL 133. 

gebt eine Gonfirmationzc. Schöttgen Inv. 393. 

gibt der St. Rordhauſen ein Diplom, Schött- 

. gen Inv. 382. [das 3. 1427 ift falſch.) 

befiehlt dem Abt des Kl. Veßra, dem Herz. Otto 
v. Braunſchweig die Faiferl. Vorladung einzus 
bändigen. Schultes Geſch. des gräfl. Haufes 
SHemmeberg II. Urk. S. 233, [unridtig 1437.) 

ladet diefen Herzog vor, wegen einer von Seiten 
Henneberg‘5 gemachten Forderung. Schultes 
l.c 

% |gibt eine Reformatio ecclesiastica. Golbaft 





27 








512 Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 
Jahr 1436. 


* 7 


N.Satz. II. 110, Lünig Sp. ecct. 257. [If 
unädt: vgl. oben Anhang Beilage II.] 

% gibt eine Reformation des Polizeiwefend im röm. 
Neid, Lünig P. Gen. C. II. 238. [Iſt un 
ädt: vgl. oben Anhang Beilage II.] 


Jahr 1437. 


4 Ibefiehlt, daß der Graf v. Hanau im Bezirk des 
Bornbeimer Berggerichts Peine neuen Steuern 
einführen ſolle. Dlenſchlager MS. 

6 ernennt den Lorenz v. Hedervar zum Palatin ie 
Ungarn. Engel Ung. Gef. II. 362. 

? erlaubt dem Wolfgang Dornbadyer gegen Herzog 
Ludwig von Bayern, Pfalzgrafen bei Rhein, 
Mepreffalien auszuüben, weil er ibm widers 
rehhtlih Güter abgenommen, Ehmel Kegeft. 
K. Friedrichs IV. BB. I. S. 150, n. 1500, 
[Das Jahr ift nit ſicher.] 

% belehnt den Kanzler Kafpar Schlid mit der Graf⸗ 
ſchaft Toggenburg, Bgl. oben Kap. 16. R. 29, 

28 |beftellt in Prag das Landgericht, Pessina de 
Czechorod Mars Morav. p. 602. 


⸗ Febr. 2 [ertheilt dem Uri Chagrer einen Brief über die 


Saden, die er mit Herz. Ludwig v. Bayern 
zu verhandeln bat. Chmel Reg. Frid. IV. 
T. In. 1823. 
6 |beftätigt die Privilegien der St. Sommerfeld. 

Worbs Inv. d. Lusat. J. 251. 

40 ertheilt dem Herrn v. Dube ein Diplom. Ober⸗ 
lauf. Urkk. V. 43, 

11 |täßt feine Gemahlin Barbara zur ‘Königin von 
Böhmen krönen. Bartoss, Chron. p. 197. 

17 ſchreibt an feinen Vogt Thime v. Goldicz in der 
Lauſitz. Dberlauf, urkk. V. 43, 

20 ſchreibt an die St. Frankfurt über das Bornhei⸗ 
mer Berggeriht. Beſchr. d. Hanau = Wüngenb, 
Lande, Doc. 36, ©, 71. 

21 |fohreibt an die Herzoge v. Meklenburg. Hem- 
pel Inv. II. 134. 

22 |ertheilt dem KL, Dobrilug eine Urt. Worbs 1. c. 
251. 


Megeflen und Itinerar des K. Sigmund, 513 


Jahr 1437, . 
Drag Febr. 22 Jertheilt der St. Regensburg einen Pflaſterzoll. 
Gemeiner Reg. Chr. III. 79, 
. März 4 Inimmt das Stift S. Peter bei Mainz in feinen 


Schus und ertheilt den Geiftlihen desſelben 
das Zranffurter Buͤrgerrecht. Thomas Zranff. 
Dberbof ©. 584. . 
s .« z beruft die Neichöftände wegen der Handhabung 
des Landfriedens auf Pfingften zu einem Reichs⸗ 
tag nach Eger (Schreiben an die Stadt Speyer). 
Lehmann Speir. Ehr. S. 830, 


⸗ ⸗7 ſcſchreibt dem Hochmeiſter des deutſchen Ordens. 
Voigt Geſch. Pr. VII. 693. 
⸗ s 15 |beftätigt die Privilegien der St. Zittau, Ober⸗ 


lauf, Urkk. V. 38, [Es ift dort das 3.1434 
angegeben, was unrichtig ift.] 


.» s = |verbietet der St. Goͤrlitz, in ihrer Stadt falſche 
Tücher verkaufen zu laffen. Ibid. 43. 
⸗ ⸗190 fest die flüchtigen Bergleute von Kuttenberg wie⸗ 


der in ihre alten Rechte ein. K. Sternberg 
Geſch. d. böhm. Bergwerke J. Abth. J. S. 112. 
⸗ s 21 bewilligt, daß Machna v. Wartenberg über alle 
ihre Güter teftiren dürfe, Lünig C, G.D. 
II. 403. | | | 
⸗ April 6 ertheilt dem Magiſtrat von Buchhorn ein Diplom 
über Griminaljuft. Lünig P. Sp. C. IV. 
T. I 312. 
⸗ gibt eine Ausſteuer für die Braut ſeines Kanzlers 
K. Schlick, die ſchlefiſche Herzogstochter Agnes, 
Lünig Spic. secul. II. 1184. Hormayr Ar⸗ 
bio 3, 1827, N. 115. ©. 631. 
:(}) ? beſtätigt die am 10. April 1437 gemachte Arns⸗ 
burger Reformation der weſtphäl. Gerichte, 
Ufener die Frei» u, beiml, Gerichte Weſtpha⸗ 
| lens S. 14fl. 
⸗ = 25 fchreibt in Sachen einer Streitigkeit des Raths 
von Goͤrlitz. Dberlauf. Urk. V. 43. 
⸗ = 26 lertheilt der St. Nordhauſen ein Privileg, Lü- 
nig P. Sp. C. IV. T. IL. 72. [unridtig 2. 
1436.] 
⸗ s 27 |beftätigt die Privilegien von Zittau. Oberlauſ. 
Urkk. lc 
Aſchbach K. Sigmund, IV. | 83 





514 


Regeſten und Stinerar des K. Sigmund. 


Jahr 1437. 
Prag April 29 ſchreibt an das Land und die Stäbte der Laufis. 
Ibid. ſunrichtig ijt dad X. 1435.] 

⸗ May 10 belehnt die Abtiſſin v. Quedlinburg. Lünig Sp. 
eccl. III. v. d. bt. 250, 

3 » 31 |fopreibt an den Herz. Zriedrid v. Oſtreich, daß 
er die Srafen von Cilly als Reichsfürſten ach⸗ 
ten, ihm aber feine Sprüde an fie zum Aus⸗ 
trag vorbehalten bleiben ſollen. Chmel Mar 
terial. I. 1. S. 28, 2, ©, 45._ 

. uni 13 |beftätigt die Privilegien der Abtei Andlau, Lü- 
nig Sp. eccl. III. %. 121. 

. « 25 [reist von Prag nad Eger und verweilt da fünf 
Woden. Bartoss. Chronic. p. 138. 

Eger Juli 5 ſſchreibt an feinen Geſandten beim Basler Goncil, 


den Biſch. v. Straßburg, über die falſche Bulle 
der Berlegung des Goncilö nad) Florenz. Mar- 
|  tene coll. ampl. VIII. 930. 

⸗ s 9 erlaubt dem Pfalzgrafen Otto die Hälfte der 
Pfandſchaft auf Ortenberg, Offenburg, Gens 
genbad u, Zell von dem Stift Straßburg eins 
zulöfen. Hugo Mediatif, d.R.Städte S. 315. 


.. s 10 jentfcheivet, daß die Nürnberger von fremden Ge⸗ 
richten frei feyen. Hist. Norimb, II. 607. 
. ®  s |befichit den Städten Ortenberg, Dffenburg, Gen⸗ 


genbach u. Zell, dem Pfalzgrafen Dtto zu hul⸗ 
digen. Hugo 1. c. 323, 

P «= n |befiehlt dem Biſch. Wilhelm v. Straßburg, die 

genannten Städte zu Löfen zu geben. Hugo 

1. c. 319, 

« () % |gibt dem Brunorio de la Scala die Anwartfchaft 
auf die Grafſchaft Görz. Ehmel K. Zriedr, IV. 
Bd. I. ©, 285, 

= (?) 2 dvverleiht demfelben Brunorio u, feiner Gemahlin 
Anna, Gräfin von Görz, Athyna in Slave 
nien. Ibid, 


DE = 18 |gibt ein Branffumpt über den von den Brüdern 


v. Wenden u, Herrn v, Werle dem Kurf. Zried- 
rih I. 0. Brandenburg gegebenen Reveröbricf. 
Dumont C, D, III. 1. p. 20, Lünig P. Sp. 
II. 3. . 

⸗ ⸗20 verleiht der St. Frankfurt ein Privileg, bie 





Regeften und Stinerar des K. Sigmund. 915 





Jahr 1437, 
| Hellquelle Soden betr. Frandf. Priv. u. Pacta 
» 286, . 
Eger Juli 20 |gibt einen Beſcheid in dem Streit‘ zwiſchen den 
Grafen v. Schwarzburg u, der St, Frankfurt. 
Tranff, Stadtarchiv. 
» ⸗ Tbelehnt den Kurfürften von der Pfalz, Windeck 
c. 215. 
> se Ibelchnt die Grafen von Mansfeld, Lünig C.D. 
G. I. 1274. 
⸗ » 21 ſchreibt an das Basler Concil wegen der Gonfir: 
mation des boͤhm. Concordats. Lenfant II.58. 
- - 25 |erläßt ein Mandat an die Herzoge von Dftreid, 
worin er verbietet, die Erzbiſchoͤfe von Salzs 
burg vor die Landſchrannen (Gerichte) in 
Steyermark, Kärnthen und Krain zu laden. 
Chmel Friedr. IV. Bd. J. &, 296, 
⸗ . = terläßt ein Schreiben an die Reichsſtaͤnde in Bes 
zug Salzburgd. Ibid. 
s «= = |Schreiben an die Stände in Ungarn ꝛc. Ibid. 
s e 27 erlaubt dem Stift Bamberg, daß es feine Herrs 


Ihaft in Kärnthen an Herz, Friedrich v. Dft- 
reich verkaufe. Ehmel Mater, I. 1. &, 29, 

Seh. K. Friedrichs IV. Bd. I. ©, 309, 
⸗ « 29 |beftätigt der St. Speyer ein Priv, v. 1349 u 
gibt ihr ein neues, Schiffsmühlen im Nhein 

betr, Lünig P. Sp. C. IV. T. IT. 504. 


. I = = |beftätigt einen Kauf zwiſchen der St, Schwein 
fert u. dem deutſch. Orden. Lünig 1. c. 406, 
- ”= = gibt der St. Frankfurt ein Privileg in Bezug 


auf die warme Duelle von Soden, Lünig 
l. c. T. I. (XII) 622, 
⸗ Aug. 1Üüberläßt dem Kaſpar Schlick (dem Kanzler) und“ 
feinen Erben Lichtenſtadt. Lünig Sp. sec. II, 
1185. | 
⸗ ‘= s Lbeftätigt die Statuten des deutſch. Hochmeifters, 
" Werner’ v. Drfelen. Jaeger cod. dipl. ord. 
Tenton. an. 1437. Vgl. Boigt 1. c. G. 699, 
⸗ ⸗2 jerläßt einen Befehl an die Stadt Zürd,-den Can⸗ 
tonen Schwytz und Glarus die freie Zufuhr von 
‚Getreide nit zu ſperren. Tſchudi Helv. Chr, - 
1.255 
53 * 


916 


Regeſten und Stinerar des K. Sigmund, 


Jahr 1437. 
Aug. 33 Jertheilt der St. Negendburg ein 
meiner Reg. Chr. III. 80. 


« = |gebietet dem Bild. v. Fuͤnfkirchen, den vertrie= 
benen Minoriten Zacob wieder in feine Diöced 
aufzunefmen. Koller hist. episc. Quinquec- 


cles. III. 359. 


s 30 gibt dem Kaſpar Schlick ꝛc. ein Münzprivileg. 
Lünig 1. c. 1186. Hormayr Arch. x. 1826. 


S. 460. 


Sept. 6 beſtätigt die Privilegien der Abtei Altaha. Ge- 
vold ad Hund M. Salisb. II. 33. 

« 40 ſchreibt dem Hocmeilter des deutſch. Ord., daß 
dieſer die durch die Huffiten entriffenen Güter 

wieder erhalte. Voigt Geld. Pr, VII. 696. 

» 13 |belchnt Gerhard v. Juͤlich mit d. Herzogth. Gels 
dern u. Zütpben. Lünig C. G. D. II. 1010. 

= 25 |belehnt zwei Bürger v. Nürnberg mit dem Amts⸗ 
bof ꝛc. zu Wendelſtein. Hist. Norimb. II. 


609 


Det. 16 ertheilt den Unterthanen v. Hitreih das Privileg, 
daß fie nicht vor fremde Gerichte gezogen wer⸗ 
den, Lünig P. Sp. C.L %. 1. Wſchu. IV. 


26. 


30 erhebt feinen Kanzler Kaſp. Schlick zum Grafen 
v. Baffano (Paflaun), wobei er deffen Ver⸗ 
dienfte aufzaͤhlt. Hormayr Archiv J. 1826. 
S. 461. — Boecler dipl. ad Aen. Sylv. 
hist. Frid. IT. p. 85-88. Lünig P. Sp. 


Contin. I. Zortf, S. 100. 


Nov. 1 |beftätigt dem Herzog Friedrich d. ält, von Dfte 
rei und feinem Sohne Sigmund alle Priviles 
gien, Rechte und Freiheiten, die fie von ihren 
Borfahren am Reich erhalten, 3. Lichnows⸗ 
ky 1. c. p. CCCXXXII. Reg. mr. 3816. 
(Dieje kaiſerl. Beftätigungsurfunde wurde dem 
oͤſtr. Herzoge ohne Zweifel wegen der Toggen⸗ 
burgiſchen Streitſache mit den Eidgenoſſen ge⸗ 
geben. Wenige Tage ſpaͤter (12. Nov.) ver⸗ 
mittelte das Basler Concil die Verlängerung 
des am 20. Juni 1437 abgeſchloſſenen Waffen⸗ 
ſtillſtands zwiſchen H. Friedrich u. den Eidge⸗ 
noſſen. Vgl. Brandis Tirol unter Friedr. v. 





\ 


Regeften und Stinerar des K. Sigmund, 517 


Zahr 1437, 
Dftr, S. 181 fU. Lihnowößyl.c. V. NOsqq. 
und Regest. p. CCCXVII sqg., befonders 
nr. 3736 u. 3830.) 
Nov, 10 kommt Sonntag vor ©, Martin von Prag nad 
3naym. Bartoss. Chr. p. 199. 
Prag = 25 jertheilt der St. Regensburg ein Privileg, Ges 
| meiner R. Chr, II. 80. [ft der Ausftellort 
wirdih Prag? oder bat Gemeiner Znaym 
in Prag geändert? Bielleiht iſt die Urkunde 
auch zu Prag 25. Nov, im 3. 1436 audge- 
| ftellt worden.) 

- Inaym Dec, 7 macht der Oberlaufig befannt, daß er feine Toch⸗ 
ter und ihren Gemahl zu feinen Erben einge⸗ 
fest. Berz. Oberlauf. Urkk. V. 45. Anton 
dipl. Beitr, 56. Dberlauf. Nachr. (1771) 286, 

⸗ ⸗O 9 Iftirbt daſelbſt. Windeck c. 218. 


Beilage IX. 


Nachtraͤge zu dem Itinerar und den Regeſten K. Sigmund's für die 
Jahre 1413 — 1431. 


1413, 
Trieſt märz 10 verbietet dem Landrichter zu Nothweil und allen 
andern Landrichtern, des Herzog Friedrich v. 
Oſtreich Unterthanen vor cin Fönigliches Land⸗ 
gericht zu laden. F. Lichnowsky Geſch. des 
Hauſes Habsburg V. p. CXXVI. Reg. 1383, 


Gremona Zuni 17 ſſchreibt an die elfaffifchen Städte. Schaab Geſch. 
des rhein. Städtebundes (Mainz 1843) S. 430 
Briren Zuli 28 |beiehnt den Biſchof von Briren mit den Rega⸗ 
lien. Sinnacher Beitr, z. Geſch. v. Süben u. 

Brixen VI. 45. 
Meran Aug. 7 |gibt dem Domkapitel vom Hochſtift Brixen einen 


Schutzbrief. Ibid. 

« 11 Ibeftätigt einen Zreiheitöbrief für die St. Kemp⸗ 
ten. Haggenmüller Geld. d. St. Kempten J. 
242, [Iſt vielleicht anftatt Freitag nad) Six⸗ 
tus, zu lefen Zreitag vor Sistus, d. i. 4, Aus 
guft?] 


‘ 
ER. 
ne —. ——— — —— — 


30 


Conſtanz 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 


Jahr 1415. 


May 20 ſſchreibt an alle Städte und Unterthanen des oͤſtr. 


Runi 3 
; 4 
:s 7 
: 8 
= 14 
» 17 
22 


H. Friedrich, die zu des Königs und des Reichs 
Handen geſchworen, ihm gegen die Eidgenof= 
fen, die gegen ihr Berfpreden Rappersweil 
und Winterthur behalten wollen, beizuftehen. 
3. Lichnowsky 1. c. p. CXLI. ur. 1557. 

beftätigt die Freiheiten der St, Breifah und vers 
fihert, fie niht vom Reihe zu veräußern. 
Hugo Mediat, d, R.Städte S. 219, 

ftellt dem Herz. Heinrich v. Landshut den Belch- 
nungöbricf über alle feine Befisungen aus, 
Buchner Geſch. v. Bayern VI. 231. nad Frei⸗ 
berg Samml. I. 71. 

befiehlt der frübern oͤſtreich. Stadt Prülingen, 
dem Grafen Hans von Lupfen an feiner Statt 
zu huldigen. F. Lichnowsky 1. c. p. CXLIL 
Reg. nr. 1562. 

bejtätigt die Zreiheiten der &t, Nadolfözell und 
verſpricht, fie nit vom Reiche zu veräußern, 
Hugo a. a. D. S. 360, 

weist dem H. Ludwig von Bayern= Ingolftadt 
23,000 Ducaten an, Buhnerl.c. [(S. Res 
geft. v. 4 Jun., wo nad Lang Ludwig der 
Bärt. diefe Urf, Ihon vorkommt. 

nimmt die St, Aheinfelden zum Reihe auf und 
beftätigt ihre Privilegin. Hugo a. a. O. 
S. 363, 

ebenfo die St, Schaffhauſen. Hugol.c. S. 373, 

ebenfo die Städte Endingen u, Kenzingen, Hugo 
1. c. &, 90 (ohne Dat), 

(Friedrich, Herz. zu Oſtreich, verſchreibt (Bozen 
22. Jun. 1415) dem K. Sigmund die Graf: 
ſchaft Tyrol / worauf dieſer dann die Tyroler 
anmeist, deſſen Bruder Ernſt zu huldigen. 
v. Hormayr Geſch. v. Tyrol u. hiſt. Taſchenb. 
1845. &, 406.)] 


Juli 8 |deftätigt die zw. Herz. Friedrich v. Oſtreich und 


Graf Eberhard v. Kirchberg gefchloffene Theis 
digung wegen der Anweifung der Morgengabe 
ber Gemahlin des Leptern auf die Befte Ro⸗ 
tenberg im Innthale. Brandis Tirol unter 





Gonftanz 


Baſel 


Paris 


4‘. 


[2ondon) 


Göln 


Conſtanz 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 


521 


Jahr 1415. 


Friedrich v. Hſterreich S. 391. F. Lichnows⸗ 
ty L. c. or. 1569. 


Juli 8 faällt einen richterlichen Spruch gegen Herz. Fried⸗ 


u 


ri v. Oſtreich zu Gunften des Grafen Hans 
zu Lupfen. %. Lichnowsky 1. c. nr. 1570. 
» Jſentſcheidet für den Biſchof Georg v. Trient gegen 
Herzog Friedrich v. Oſtreich. Brandis Tirol 
unter Friedrich v. Dftr. ©. 393. 
21 Inimmt die Städte Breifah und Neuenburg zum 
. Ride aufe Hugo a. a. O. S. 38. 

22 beurkundet, daß er die zum Reiche gebraten 
Städte Baden, Mellingen, Bremgarten und 
Surfee nebft den zu Baden gehörigen Beften 
dem Rathe von Zürch um 4500 Gulden ver: 
pfändet habe, Archiv f. Schweiz. Geſch. I. 
(3ürd 1844) ©. 85. | 

23 |beftätigt der St. Baden alle Freiheiten, Ibid. 
©, 86. 

? |beftätigt die Freiheiten von Surfer, (Bol. Joh. 
v. Müller Schw. Eidg. IIL. S. 194, Not, 209.) 

2 |beftätigt fo ohne Zweifel auch die Zreiheiten von 
Mellingen und Bremgarten. 


1416, 


März 21 ſchreibt an die böhm. u. mähr, Herren, Palacky 


* 


x; Archiv. Cesky I. p. 6. n. 2, 
30 ſchreibt an diefelbigen. Ibid. p. 7. n. 3. 


Aug, 11 |befichit den Mainzer Bürgern, das Bündniß mit 


ihrem Erzbifhof Johann aufzuheben. Schaab 
Geſch. d. rhein. Städtebundes I. ©, 433, 


Dec, 22 |belehnt den Grafen Conrad von Lindenhorft mit 


der halben Grafihaft und Freigraffhaft Dort» 
mund, Thierſch Hauptft, d. weſtph. Vemger. 
zu Dortmund S. 90. 


1417. 


März 12 jerläßt einen Befehl an alle Lehen⸗ und Pfandin⸗ 


haber in H. Friedrichs von Oſtreich Landen zu 
Schwaben, Eljaf, am Rhein und Breidgau, . 
daß, nachdem fie von der Treue und dem Ges 
borfam gegen denjelben losgefproden worden, 
fie diefe Lchen und Pfandſchaften von ihm als 


522 


— 


u 


% 


Regeften und Stinerar bes K. Sigmund. 
Jahr 1417, 


römifgem König empfingen. F. Lichnowsky 
Geſch. des H. Haböburg V. p. CLIU. Reg. 
nr. 1691. 


März 27 verſpricht, die St. Winterthur nicht vom Reiche 


zu veräußern. Hugo a. a. D. S. 439. 

ertbeilt der Reichsſtadt Rappersweil einige Pri⸗ 
vilegin. Hugo a. a. O. S. 444. 

beftätigt dem Grafen v. Wertheim alle Privife- 
gien, Aſchbach Geſch. der Graf, v. Wertheim 
I. ©, 191, 

belehnt den pommeriſch. Herzog Wartislaus IX. 
Barthold Geſch. v. Nügen u, Pommern IV. 
1. &, 29, 

beiehnt ten Bifhof von Gamin. Ibid.. 

belehnt den Landgrafen Ludwig v. Heſſen. Estor. 
Origin. jur. publ, Hass, p. 144. 

beiebnt den Herzog Dtto von Stettin, Raumer 
cod. dipl. Brandenb, I. 88, 

beflätigt dem Herzog Wartislav von Pommern- 
Wolgaſt die Lehenbriefe und überträgt ihm 
Nügen ald Reichslehen. Greinir Rachleſe zc. 
I. 167. Barthold 1. c. S. 31, 

gibt einen Geleitöbrief dem Herzog Friedrich von 
Dftreih, zu ihm nad) Gonftanz zu kommen. 
Z. Lichnowsty 1. c. p. CLVII. Reg. nor. 1725. 

erflärt Billingen zur Reichsſtadt. Hugo L c. 
S. 39, 

quittirt der &t. Willingen den Empfang von 2000 
Gulden für die Erhebung zur Reichsſtadt. Hu⸗ 
90 1. c. &, 396, 

erklaͤrt Rapperswil zur Reichsſtadt. Hugo L c. 
S. 130, 

ſchreibt nah Böhmen, Palacky Arch. Ceskyl. 
p. 9. n. 4. 

beftätigt einen Spruch für die Abtei Kempten. 
Haggenmüller Gef. d. St. Kempten I. 247, 

ſchreibt dem Domkapitel von Werden, daß es fei- 
nem Biſchof Heinrich v. Hoya Gehorfam leifte. 

. Hartzheim Concil. Germ. V. 732. [unridtig 
ift dort 1418 angegeben.) 

befiehlt, daß Herz. Wilhelm v. Braunſchweig⸗ 





Regeften und Itinerar des K. Sigmund. 523 
Jahr 1417. 
Lüneburg die Befte Rodenburg an den Biſchof 
vor Berden zurüdgebe, Hartzheim l. c. 
Sonftanz Sept 238 |fopreibt an die elfaffifhen R.Staͤdte in Betreff 
des Herz. Friedrich v. Oſtreich. Mainzer Ar⸗ 
chiv. 

E Det 5 ſchreibt der St. Lüneburg, daß fie dem Ulrich 
von Seccau, früher Bifhof von Werden, die 
Gefälle der Verdener Dioceſe verfloffenen Jah⸗ 
red bezahle. Hartzheim I. c. p. 734. 

beftätigt die Privilegien der Reichsſtadt Deven- 
ter. Dumbar Keskelyken vereltyk Deven- 
ter p. 564. “ 
beftätigt der St. Baden alle Zreibeiten und Pri⸗ 
vilegien, und erklärt, daß fie nicht verpfändet 
werden dürfe. Arch. f. Schweiz. Gef. I. 
Guͤrch 1844) ©. 89, 
s s 8% \fähnlihe Urkunden für Surfee, Mellingen und 
" Bremgarten wurden gegeben. Bon Surfee ers 
wähnt Joh. v. Müller Schweiz. Geſch. UI. 
S. 1%, not. 209 zwei Urkunden v. J. 1417.] 
⸗ Dec. 23 ſchreibt an den Luͤneburger Stadtrath, daß der⸗ 
ſelbe mit dahin wirke, daß der Herzog Hein⸗ 
rich v. Braunſchweig die Burg Rodenburg an 
den Biſchof Heinrich von Verden übergebe. 
Hartzheim 1, c. 734. 


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—2 


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* 
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er 


Jahr 1418, 


⸗ Jan. 31 laͤßt durch Markgr. Friedrich v. Brandenburg ei⸗ 
nen Urtheilsſpruch gegen den oͤſtreich. Herzog 
Friedrich fällen. F. Lichnowsky Geſch. des 
H. Habsburg V. p. CLXI. Reg. ur. 1772. 
⸗ Febr. 14 |gibt dem Grafen Friedrich v. Henneberg den Le⸗ 
henbrief über die Regalien. Henneberg. Archiv. 
= » 23 gibt einen Geleitöbrief für den Grafen Albrecht 
| | u v. Werdenberg und die andern Raͤthe des oͤſtr. 
- ‘ Herz. Friedrich's, die nach Gonftanz Fommen. 
. 3. Lichnowsky 1.1. nr. 1776. 

s 1 März 4 befiehlt der Start Schelklingen, die von dem 
öftr. Herz. Zriedrih an ihn gefommen, dem 
Haupt v. Pappenheim zu des Reihe Handen 

zu. buldigen. F. Lichnowsky 1. 1. nr. 1778. 
⸗ 7 gibt ſicheres Geleit für den oͤſtr. Herz. Friedrich 


524 Megeften.und Stinerar bes 8. Sigmund. 


Jahr 1418, 


Gonftanz März 19 


⸗ April 19 
May 8 
⸗ s 10 
⸗ s 12 
 Bafel . 3 
⸗ Juni 4 


und ſeine Begleiter nach Bludenz oder Tett⸗ 
nang. F. Lichnowsky 1.1. or. 1779. 

gibt ficheres Geleit dem oͤſtr. Herz. Friedrich nach 
Tettnang. F. Lichnowsky 1.1. ar. 1782. 

verlaͤngert das dem Herz. Friedrich nach Tettnang 
gegebene ſichere Geleit. F. Lichnowsky J. J. 
p. CLXII. nr. 1788. 

belehnt den oͤſtr. Herz. Friedrich mit allen ſeinen 
Fürſcenthümern, Landen, Leuten ꝛc., die von 
ihm und dem Reiche rühren. Brandis Tirol 
unter Friedrich v. Oſtreich S. 429. F. Lich⸗ 
nowöki 1. 1. or. 1796. 

beftätigt demfelben alle Privilegien. F. Lich⸗ 
nowöfy 1. 1. ar. 1797. 

theidiget weiter mit dem oͤſtr. Herz. Friedrich. 
Zirol, Almanach 1804, S. 129. F. Lichnowsky 
L. ]. or. 1806. 

bewilligt dem öftr, Herz. Friedrich, die ihm im 
Ober⸗Elſaß, Sundgau und Breisgau abge» 
nommenen und an Andere verfesten Städte u. 
Schlöſſer wieder an ji zu löfen, ausgenom⸗ 
men was die Eidgenoffen inne haben. F. Lich⸗ 
nowöfy 1.1. p. CLXIII. Reg. nr. 1809. 

verſpricht dem öſtr. Herz. Zriedrid alle mit ihm 
geihloffenen Verträge, die nur mit dem klei⸗ 
nen Siegel verfehen worden, noch nahträglid 
mit dem Majejtätöfiegel auszufertigen. 5, 
Lichnowsky 1. 1. p. CLXIV. Reg. nr. 1819. 

befiehlt der St. Gonjtanz, dem öſtr. Herz. Fried: 
rich die Bogtei Frauenfeld gegen die Pfand: 

: fumme zurüdzugeben. F. Lichnowsky 1. L 
nr. 1821. 

befiehlt dem Marfgr. Berndard von Baden, die 
Städte und Schlöſſer, die bei dem oͤſtr. Herz. 
Friedrich bleiben wollen, ihrer Reichspflicht 
ledig zu laflen, 3. Lichnowsky 1.1. nr. 1822, 

gibt einen gleihen Befehl wegen der Stadt zum 
bi, Kreuz an den Pfalzgr. Ludwig. F. Lich⸗ 
nowsky L 1. or. 1823. 

befiehlt den Gemeinden Rheineck, Bernau, Mars 
bad, im Rheinthal und Bregenzerwald, dem 











Bafel 


Breiſach 


Straßburg 


Hagenau | 


Dforzheim 


Weingarten 


| Ulm 


Paſſau 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 525 
Jahr 1418. 


Herz. Friedrich v. Oſtr. wieder zu huldigen. 
F. Lichnowsky 1. 1. ar. 1824. 

Juni 4 gibt einen gleihen Befehl an die oͤſtreich. Städte 
und Ämter im Elſaß. F. Lichnowsky 1.1. 
nr. 1825. 

ebenfo den Städten im Breisgau. Ibid. nr. 1826. 
oe lbefiehlt dem Reichsmarſchall Haupt v. Pappen⸗ 

beim, die in feinem Berwahr befindlichen Ur⸗ 
theildbriefe gegen den öftr. Herz. Friedrich 
demfelben auszuliefern. F. Lichnowsky J. 1. 
p. CLXV. nr. 1830. 

» 22 |bewilligt, daß der öfter, Herz. Friedrich ihm im 
Krieg gegen Benedig anftatt mit ganzer Macht 
nur mit 300 Reitern und 1000 Zußgängern 
beiftehe, F. Lichnowsky 1. 1. nr. 1834. 

Juli 11 verſpricht, die elfaffiihen Reichsſtaͤdte nicht vom 
Reiche zu entfremden. Mainzer Stadtarchiv. 

will im Anfang Auguft von Baden über Nuͤrn⸗ 
berg gegen Böhmen ziehen, ändert aber jeis 
nen Entfhluß und reiöt über Pforzheim 
in’s Wirtemberger Land. Schreiben im Frank⸗ 
furter Archiv. 

s 9 Jerlaubt der St. Lucern gleich andern Reihöftädten 
füberne Münzen zu ſchlagen. Haller Schweiz, 
Münzs u, Medaill.-Kabinet. 1.409. Schweiz. 
Geſchichtsfreund (Einſied. 1843) I. 1. S. 9, 

» 29 jerflärt Lucern aus der Acht, in die es wegen 
Hand Gruber gefallen war, und befreit es 
von neuem von fremden Gerichten. Geſchichts⸗ 
freund 1. c. 

Sept. 14 [erlaubt der St, Lucern das Umgeld zu erheben 

für die Unterhaltung der Brüden. Ibid. S. 10, 

s 17 |gibt der Stadt Lucern eine Erklärung wie vom 
29, Auguſt. Ibid. 

? 2 erlaubt der St. Zucern die Zehen, die es von 
Oſtreich an ſich gebracht, zu verleihen im Na⸗ 
men des Reichs. Ibid. 

Dec, 4 ſchreibt an feinen Bruder den bähm. König Wen⸗ 

zel. Palacky Arch. Cesky I. p. 10. n.5. 

s 31 jerlaubt dem Marfgr, Bernhard v. Baden die 
Reichspfandſchaft auf Offenburg, Gengenbach, 
Drtenberg von dem Bild. v. Straßburg ein⸗ 


526 Negeſten und Ittusae dei K. Sigmuub. 


Jahr 1418. 


Breslau Febr. 35 


Wiſſehrad Juni 12 


Soit ⸗20 
Mu 30 
Su 1 


Gzaslau Aug. 28 


Kuttenberg 
⸗ Nov. 4 
* Dec. 27 


8 
= 
s 
I 


Seefeld März 24 


zalöfen. Gugo a.a.D. S. 314. (des Jeht 
1419 ift dort falſch.) 


Jahr 1419. 


gibt eine Urkunde über die Zreibeiten von Szasz 
Keszd. Marienburg Geogr. v. Siebembürg. 
I. 2364, 

erhebt den Herrn Johann von Gar, Landammanz 
zu Obwalden und Herrn von Bellinzona, zum 
Grafen von Mafor. Tſchudi Heivet, Ghronit. 
(Bel. Joh. v. Müller Schweiz. Geld. IIL 
©. 1%. Not. 211.) 

beftätigt die am 12. Rov. 1419 geftiftete Uni» 
verfität Moftod. Bulla fundat. acad. Ro- 
stock. et Ferdinand, Imp. Conf. ejusd, 
Rostock. 1620. 4. 


Jahr 1420. 


gibt der Stadt Lucern eine Urkunde in Betreff 
der neugewonnenen oͤſtreichiſchen Lehen. Ge⸗ 
ſchichtsfreund. Einſiedl. 1843. I. 1. S. 10. 

ſchreibt an Ulrih v. Roſenberg. Palacky Arch. 
Cesky I. p. 12. n. 7. 


ſchreibt an Utrich v. Nofenberg. Palacky lc. 
p. 13 4q. n.8— 11. 


gibt einen Urtheilsbrief zu Gunften des Grafen 
Hand v. Lupfen gegen den oͤſtr. Herz. Fried⸗ 
rich. F. Lichnowsky L1. p. CLXXVI. Reg. 
ar. 1966. 

ſchreibt darüber an den öfter, Herz. Friedrich. 
Ibid. nr. 1967. 
ſchreibt an Ulrich v.Nofenberg. Palacky L. c. 

p. 15. n.12 u, 13. 

gibt der St. Mainz ein Münzprivilege. Schaab 

Geſch. des rhein. Stäbtebund. S. 445, 


Jahr 1421. 
beftätigt dem öjtr. Herz. Albrecht alle Zreiheiten, 


Rechte ꝛc., auch in Betreff der Juden. F. 
Lichnowsky 1.1. p. CLXXX. Reg. nr. 2011. 


Regeften und Stinerar bes K. Sigmund. 327 


Jahr 1421. 

Iglau Dec, 10 gibt dem oͤſtr. Herz. Albrecht einen Pfandbrief auf 
Budweis. F. Lichnowsky L1. p. CLXXXIV. 
Reg. nr. 2049, 

„ ss !gibt demfelben einen andern Pfandbrief auf maͤh⸗ 
riſche Städte, Ibid. nr. 2050. 
Jahr 1422, 

Scalis März 8 |beitätigt einen zwiſchen dem Magiftrat von Bop⸗ 
part und den Minijterialen dafelbft geſchloſſe⸗ 
nen Vertrag. Wigand Weplar, Beitr. II. 
Heft 1. 


Kicolsburg » 23 übergibt dem Herz. Albrecht v. ſtreich als ſei⸗ 
| nem Statthalter die Markgrafſchaft Mähren, 
Lichnowsky l.I. p. CLXXXVI. Reg. ar. 2072. 
Groß⸗Wardein Zunt 5 |gibt den Kronftädtern eine Urkunde, daß fie fi 
der Rechte, Gelege und Gewohnheiten der fies 
‚ ben Sige der Sachſen erfreum follten. Ma⸗ 
rienburg Geogr. v. Siebenbürg. IL 214, und 
Engel Ungar, Geſch. V. 368, 

Ebersberg Juli 14 ſchreibt an Ulxich v. Roſenberg. Palacky L. c. 

p. 16. n. 14. 
Kürnberg - 2 I|gibt der St. Zreiburg im Uechtland megen ber 
Dienfte, die fie ihm geleiftet bei der Rückkehr 
aus der Lombardei, ein Münzprivileg, Bel. 
Joh. v. Müller Schweiz. Geſch. II. &, 177. 

not. 116. 

s Aug. 15 |fordert die pommerifhen Herzoge Dtto u. Wars 
tiölao IX auf, dem deutihen Orden gegen 
feine Zeinde zu Hülfe zu Tommen. Däbnert’s 

J Samml. Suppl. I. S. 11, Barthold Geſch. 
v. Pommern IV. 1, S. 61. 

⸗ » 21 gibt eine Entſcheidung in den Streitigkeiten zwi⸗ 
ſchen dem Elerus und den Bürgern von Speyer. 
Lehmann Speir. Ehronik. S. 813. 

r Sept. 2 |sibt dem Erzb. Gonrad von Mainz, als feinem 
Statthalter in Deutfchland, 10,000 Gulden 
auf den MWaflerzoll zu Würzburg. Guden 
Cod. dipl. Mog. IV. 148, und Schaab rhein, 
Städteb. I. 451, 


Jahr 1423, | 
Kaſchau May ? gibt für die unmündigen Kinder des verſtorbe⸗ 


528 Regeften und Stinerar des K. Sigmund. 
Jahr 1423, — 
nen Grafen von Bitſch eine Verficherungsur⸗ 

kunde. Windeck Leben Sigmund’ c. 116, 

ffegrad Aug. 5 ıfhreibt an den Bifhof Georg von Paffau, At 
" miniftrator des Graner Erzitiftd, die orn dem 

. Salzburger Erzbifhof gegen den öftr. Herz. 
Ernft erlaffenen Ercommunications -Sentenzen 
zu erequiren. FJ. Lichnowsky 1. L. p- CXCII. 
Reg. nr. 2134. 

Dfen Sept. 29 |gibt zwei Nürnberger Senatoren eine UrPunde 
über fein Vorhaben, die Reichskleinodien an 
die Stadt Nürnberg zur Aufbewahrung aud« 
liefern zu wollen. v. Murr Zoumal z. Kunft- 
geſch. u. Litt. XII. 76 fl. 

Oct. 4 |befichlt dem R. Marſchall v. Pappenheim gegen 
den oͤſtr. Herz. Zrievrihd den Zriedensftörer 
zu ziehen. 3. Lichnowsky 1.1. p. CXCIIE. 

nor. 2149. (Vgl. Regeſten Sigmund’: 17. 
Juli 1423.) 

Nov. 30 ſſchreibt Ulrich von Roſenberg. Palacky Arch. 

Cesky I. p. 17. u. 15. 


Fahr 1424, 


nngeriſd Wiffehrad] Jan. 20 |fhreibt dem Ulrich v. Roſenberg. Palacky I. 1. 
p- 17. n. 16. 

Dfen Zebr. 8 |geftattet den Zürdern, Windel und Gajter an 

das gemeine Wefen zu löfen. Joh. v. Müller 
l. c. p. 171. 

9 |gibt der St. Kürnberg eine Urkunde über die 
Aufbewahrung der Reidhöfleinodien. v. Murr 
Journal 3. Kunftgefh. XIL S. 86. [Das 
Dat. 10, Zebr, ift unridtig, Wölckern hist. 
dipl. Norimberg. II. 559. gibt richtig ven 
9, Febr.) 

⸗ s 17 |gibt dem pommeriſchen Herzog Kaſimir einen 

Lehenbrief. Bartbol 1. c. &, 69. 
März 17 bevollmaͤchtigt den oͤſtr. Herz. Albrecht, die Stadt 
ODſtroh in Mähren in feine Gewalt zu bringen. 
3. Lichnowsky 1.1.p. CXCVI. Reg. nr. 2178. 

Aprit 14 ſchreibt an Ulrich v. Roſenberg. Palacky l. c. 
p. 18. n.17. 

? geſtattet der Stadt Zuͤrch, die Graffhaft Kyburg 
zu löfen. Tſchudi Helvet. Chron. II. 153. 


Belgrad 


s g 


Krakau 


Dſtrahome 


Dfen ⸗ 


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Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 5% 


Jahr 1424. 

Ofen May 25 laͤßt durch Herz. Albrecht v. Dftr. und mehrere 
ungariſche Prälaten und Barone beurkunden, 
daß er feiner Gemahlin mehrere Schlöffer ans 
gewiefen. 3. Lichnowsky p. CXCVII, Reg. 
nr. 2202. 

« Suni 2 |bejtätigt als König und Kurfürft von Böhmen 

4 in einer Urkunde die Übergabe der Reichsklei⸗ 
nodien an die St. Nürnberg zur Aufbewahrung, 
v. Murr Sournal 3. Kunſtgeſch. XI. 98, 

⸗ s ſſchreibt an P. Martin V und erſucht ibn, der 
St. Nürnberg bei der Ausſtellung der Reichs⸗ 
beiligthümer eine Indulgenz zu ertheilen. 
v. Murr 1. c. S. 101. 

⸗ Juli 11 ſſchreibt dem Gr. Friedrich von Toggenburg, die 
ihm verpfändete Grafſchaft Feldkirch und das 
Land zu „Sant Gans“ (Sargans) dem oͤſtr. 
Herz. Friedrich nit zu Iöfen zu geben, F. 
Zihnowöfy 1. L p. CXCVIII. Reg. nr. 2215, 


Tate De, 10 
ie ſchreibt an Ulrich won Roſenberg. Palacky 
» 283 
. a. p. 18 sqq. n. 18— 20. 


Jahr 1425, 

Win?) ° | März 11 ſchreibt an den Erzb, von Bremen, den Biſchof 
von Hildesheim, die Herzz. von Braunſchweig, 
Sachſen, Medienburg, Stettin, die Dithe 
marſchen u. A. ihm gegen die der beieidigten 
Majeftät ſchuldigen Grafen von Holjtein, im 
Fall fie nicht widerriefen, Beiſtand zu leiften 
und die Befehle der römifhen Curie in Bezies 
hung auf die genannten Grafen nicht zu ad: 
ten. Noodt Beitr, z. Erl. der Civil⸗Kirchen⸗ 
und gelehrt. Hiſt. der Herz. Schleswig und 
Holft. II. 438. Dablmann Gef. v. Dännes 
mar? LIT, 120, 

Tottes = 22 |gibt dem oͤſtr. Herzog Friedrich zurüd: die halbe 
Bogtei Frauenfeld und ſchreibt deßhalb an Her- 
mann von der hoben Landenburg. F. Lich⸗ 
nowsky 1. 1. p. CCIV. Reg. nr. 2278. 

. = s gibt dem öftr. Herzog Friedrich zurück: bie Beite 
Rinecke, Altftetten, das Rheinthal und einen 
Theil des Bregenzerwaldes und ſchreibt deß⸗ 
halb an Hand von Bodmen. Ibid. 
Aſchbach K. Sigmund, IV. 34 


530 Regeften und Stinerar des K. Sigmund. 


Jahr 1425. 
Tottes März 22 Igibt dem oͤſtr. Herzog Fricdrich zuruͤck: die Vog⸗ 


‘ 


Beiffenburg 


Pu 
u 


April 


Zuni 24 


tei über die Städte Lauffenbirg, Sedingen, 
Waldshut, Winterthur zc. und ſchreibt deß⸗ 
balb an denfelben. Ibid. 

gibt dem öſtr. Herzog Zriedrih zurüd: das 
Schloß Rheinfelden. Ibid. 

gibt dem öſtr. Herzog Friedrich zurück: die Vog⸗ 
tei Dieſſenhofen und Stadtſteuer daſelbſt. Ib. 

gibt dem oͤſtr. Herzog Friedrich zurück: die Vog⸗ 
tei Schaffhauſen, Zoll 2c. dafelbft. Ibid. 

gibt dem öftr, Herzog Friedrich zurüd: das 
Landgeriht Frauenfeld, dad an Gonftanz ver⸗ 
pfändet war, Ibid. 

gibt dem öfter. Herzog Friedrich zurüd: die 
Herrſchaft Kyburg, die an Zürd verpfändet 
war, Ibid. 

gibt dem oͤſtr. Herzog Friedrich zurüd: Rotem⸗ 
berg, Gaftelberg 2c., melde an den Grafen 
v. Spa verpfändet waren. Ibid. 

gibt dem öftr. Herzog Friedrich zurüd: die Stadt 
Brüfingen, welde an Graf Hans v. eupfen 
verpfändet war, Ibid. 

gibt dem oͤſtr. Herzog Friedrich zurück: die Stadt 
Ahe, die an Graf v. Nellenburg verpfändet 
war, Ibid. 

gibt dem öftr. Herzog Friedrich zurüd: bie 
Schlöſſer Schelklingen und Ehingen, die an 
den Herz. Ulrich v. Ted verpfändet waren. Ibid. 

gibt dem öfter, Herzog Friedrich zurüd: die Stadt 
bi. Kreuz im Elfaß, die an den Pfalzgrafen 
Ludwig verpfändet war, Ibid. 

erläßt Befehle an die genannten Städte und Orte, 
ſich dem öftr. Herzog Zriedrid wieder zu uns 
terwerfen. Ibid. 

gibt dem Sigmund Stromer einen Brief, worin 

er ihm bezeugt, daß derfelbe die NReihein» 
fignien richtig nad Nürnberg überbradht habe, 
v. Murr Journal zc, X. 115 fill. 

zeigt dem öftr. Herzog Friedrich an, daß er den 
Herzog Ernft von Bayern zum Schiedsrichter 
in feiner Streitfadhe mit Wilhelm von Star⸗ 











Regeſten und Itinerar bes K. Sigmund. 531 


Eywanczicz 


in Mähren 


Pohofelic 
Dalecicich 
s 


geld bei Draffau 
Scalicz 


Preßburg 
Tate 


: &ron 


Gran. 


Kaſchau 


Jahr 1425. | 
Fenberg ernannt babe.’ F. Lichnowsky 1.1. 
p- CCVI. Reg. nr. 2319. 

? 7 ſſchreibt an die Städte Bern, Lucern und Solo» 
tburn, ven Grafen Friedrich v. Toggenburg 
anzubalten, Feldkirch dem Herzog Zriedrid 
v. Oſtreich zu löfen zu geben. F. Lichnowsky 
l. 1. p. CCXII. Reg. nr. 2380. 

Oct. 9 ſchreibt an Uri v. Roſenberg. Palacky 1. c. 
12 | p- 21. n.21 u. 22. 

vs Ifhreibt an Maternus v. Wozicz. Ib. p. 23. n. 23. 


s 


ſchreibt an Ulrich v. Rofenberg. Ibid. p. 23 sqg. 
n. 24 — 26. 


Jahr 14%. 


Zebr, 9 |; Schreibt an Ulrich v. Roſenberg. Palacky l.c. 
May 28 p-85 sq. n.27 u, 28. 
s 12 [unterbandelt wegen des Friedens mit Zlorenz u. 
Venedig. Archivio storic, Ital. IV (Firenze 
| 1843). p. 277. | 
Det, 23 Ifopreibt an Ulrich v. Roſenberg. Palacky 1. c. 
p- 27. n.29. 


Jahr 1427, 


März 20 ſſchreibt an Hans v. Bodmen, die ihm verpfändete 
Bogtei zu Rheinfelden an den öſtr. Herzog 
Friedrich zu löfen zu geben. Lichnowsky 1.1. 
p. CCXXIII. Reg. nr. 2530. 
s: = |fihreibt an die Stadt Zell am Unterfee, den öftr, 
Herzog Zriedrid wieder zu buldigen. Ibid. 
nr. 2531. 
April 7 erläßt für einige Stettiner Bürger ein Pönal⸗ 
Mandat gegen den Stettiner Rath ıc. Bart⸗ 
hold Gef. v. Pommern IV. 1, ©, 84, 
Suli 2 gibt den Hanfeftädten einen Befehl zur Einftels 
lung des Krieg gegen Dänemark, Barthold 
l. c. S. 78 [mo Einiges fid) genauer angeges 
ben findet ald bei Wagner 1. c. (beim 2, Juli 
1427 in den Negeften)]. 


’ Jahr 1428, 


Gebr. 28 |gibt dem Nicolaus Saracheni und dem Türken 
34* 


932 


Totes 


Preßburg 


Fiſermunde 
Wiedni 
Preßburg 


* 


Tirnqu 
Kotſee 
Nürnberg 


Nov. 19 


März 17 


Aug. 1 


St. 7 
= 22 
s 17 
Kor, 4 
Dec. 11 


Tan, 1 


Maͤrz 16 
uni 19 
Sept. 29 


2* 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 
Jahr 1428. 


or 


Joſua ein Diplom. Katona hist. crit. reg. 
Hungar. XII. 603. v. Hammer Geſch. des 
osman. Reichs I. 648, 


erläßt für einige Stettiner Bürger ein zweites 


Poͤnal⸗Mandat gegen den Stettiner Magiftrat. 
Barthold 1. c. S. 86. 


Jahr 1429. 


erklaͤrt, daß das Kloſter Langheim nicht unter 
dem Biſchof von Bamberg, ſondern unter dem 
Schutze des Reiches ſtehe. Schultes hiſtor. 
Schrift. S. 109. 

gibt dem Kloſter die peinliche Gerichtsbarkeit. 
Schultes 1. c. S. 110. 

verbietet dem Biſchof Friedrich von Bamberg, ſich 
dad Schirmrecht über das Kloſter Langheim 
anzumefen. Schultes J. c. S. 111. 

bewilligt dem oͤſtr. Herz. Friedrich, das Landgericht 
zu Elſaß in die Naͤhe der Stadt Enſisheim zu 
verlegen. F. Lichnowsky 1.1. p. CCXLU. 
Reg. nr. 2756. 

erläßt einen Achtsbrief gegen die Stadt Stettin. 
Barthold 1. c. S. 86, 
ſchreibt an Nlrih von Nofenberg, Palacky 

l. c. p. 28 sqqg. n.30— 33. 


erhebt den Reinhard Herrn von Hanau und feine 
Nachkommen in den Neihögrafenftand, Bes 
fhreib, der Hanau-Münzenberg. Lande, Doc. 
XXVII. &, 24, 


Jahr 1430, 

ladet den oͤſtr. Herzog Friedrich auf den Reichs⸗ 
tag nad Nürnberg vor, um fi wegen ber 
Herrſchaft Heiligenberg zu verantworten. Lich⸗ 
nowöfy 1. 1. p. CCIL. Reg. nr. 2833. 
ſchreibt an Ulrich v. Roſenberg. Palacky I. c. 

p.· 30. n. 34 u, 35. 

gibt den Mainzer Bürgern eine Urkunde, Schaab 
rhein. Stäpteb, I. 459, 

feent den Bürgern von Speyer ihre Freiheiten 





Überlingen 


Tübingen 


Nürnberg 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 533 


Jahr 1430. 


Kov. 30 


Der, 13 


April 4 


und Rechte ber, die fie durch die parteiiſche 
Rachtung des Mainzer Erzbiſchofs Conrad vers 
Ioren hatten. Lehmann Speir. Chr. S. 819, 

erneuert dem Abt v. Sct. Gallen den Zehenbricf. 
30h. v. Müller Geſch. d. Schw. Eidgen. II. 
cap. 2. not. 123. 

erfaubt dem Abt von Sct. Gallen, in der Stadt 
Wyl 12 Blutrichter zu dem Reichsvogt zu 
wählen. Ibid. not. 127. 

übergibt den Blutbann in der Stadt Sct. Gals' 
len lehensweiſe dem Nat, Ibid. not. 129. 


Jahr 1431, \ | 

wird hier von dem Grafen von Tübingen bewirs 
thet. Trithem. Chron. Hirsaug. II. 379. 

beftätigt der Stadt Speyer die Jagdgerechtigkeit. 
Lehmann Speir. Ehr. S. 824, 

gibt eine Berichtigung der Rachtung, die durch 
den Mainzer Kurfürften zwiſchen dem Clerus 
zu Speyer und der Bürgerfchaft dafelbft ge= 
fhloffen worden, Lehmann Speir, Chron, 
S. 820, 

beftätigt mit einer Pönigliden goldenen Bul⸗ 
ie die Freiheiten der Grafen von Detingen. 
Meufel Geſchichtforſch. IV. S. 128. [Im 14, 
u. 16. Jahrhundert kommen gewoͤhnlich nur 
kaiſerliche (ſelten königliche) goldene 
Bullen vor, Lang bat bei Meufel a, a. O. 
eine Abhandlung über diefe Sigmundiſche kö⸗ 
nigliche goldene Bulle geliefert und fie audy 
abbilden Laffen.] 

ertheilt der St. Nürnberg das Privilegium, eis 
nen Jahrmarkt bei der Auöftellung der Reichs⸗ 
heiligthümer zu halten. v. Murr Zournal z. 
Kunſtgeſch. XII. 135. 

befreit die zur Meſſe nah Nürnberg Reiſenden 
von den Reichszöllen. v. Mur lc. S. 138, 

erflärt Diedrich Syde von Speyer in die Reichs⸗ 
acht. Lehmann Speir. Chr. S. 824, 

ernennt den Abt Nicolaus von Langheim zu fei- 
nem Caplan und gibt ihm einige Privilegien, 
Schultes biftor, Schrift, &. 112, 


334 


Bamberg _ 


Kürnberg 


Feldkirch 


Regeſten und Itinerar des K. Sigmund. 


Jahr 1431. 


Juni 8 ſchreibt an Ulrich von Roſenberg. Palacky 1. c. 


p. 32. n. 36. 


Auli 2 |verfihert Allen, die das Basler Concilium beſu⸗ 


Det, 


* 


Sept. 24 


5 


27 


chen, des Reichsſchuhes. Martene coll. ampl. 
VIII. 12. 

ordnet das Roͤthige an für die Ruhe und Sicherheit 
des Basler Gonciliumd. Martene J. c. p. 13. 


ſchreibt an Ulrid von Roſenberg. Palacky 
l. c. p. 32. n. 37 — 39. 


gibt eine Entſcheidung auf den Bericht von der 
Baufälligfeit des Kaiferfaals und eines Thurms 
in Gelnbaufen: die Pfandderren follen unver 
züglid Geld zum Bau geben. Hundeshagen 
K. Friedrich's I Pallaft in der Burg z. Gelns 
haufen (1819). ©. 40. 
gibt der Stadt Surfee den Befehl, der Rath 
ſolle nicht rihten, wenn ſchon zwei Drittheile 
des Tages verfloffen. Joh. v. Müller J. c. 
n. 209. 
erlaubt der Stadt Surfee den Abzug des 20ſten 
Pfennigs. Ibid. 
gibt einen Geleitsbrief für die Geſandten des oͤſtr. 
Herzogd Zriedrihd an ihn. F. Lichnowsky 
l. 1. p. CCLXV. Reg. nr. 3029. 
macht einen Stillftand in den Irrungen zwiſchen 
dem Bifhof Joh. v. Chur und dem öftreid. 
Herz. Friedrich. Lichnowsky 1. 1. nr. 3032. 
vermittelt einen folden Stillftand zwiſchen dem⸗ 
felben Herzog und dem Biſchof Aler. v. Trient. 
Brandis Tirol unter Friedrich von Oſtreich. 
S. 545. 
fdyreibt an den Herz. Philipp v. Burgund wegen 
deffen Fehde mit dem öſtr. Herzog Friedrich, 
und ermahnt ihn zur Förderung des Basler 
Goneiliumd. Plancher hist. d. Bourg. IV. 
.Preuv. 9%. nr. 83. 
beurkundet, daß ihm der oͤſtr. Herzog Friedrich 
12,000 Ducaten bezahlt habe, und fagt ihn 
deßhalb von. allem Zuzuge bei der Nömerfahrt 
108. F. Lichnowky 1. 1. p- CCLXVI Reg. 
or. 3044. 


’ 





Regeften und Stinerar bed K. Sigmund. 535 


Jahr 1431. 

Feldkirch Dct. 27 bewilligt dem oͤſtr. Herzog Friedrich, daß bei 
feinem Landgerichte zu Enfisheim im Elfaß der 
vorfisende Richter, der immer ein Graf oder 
Edelmann ſeyn fol, im Zalle es an Nittern 
fehlte, das Gericht mit rittermäßigen Edelleu⸗ 
ten halten möge. F. Lichnowsky 1.1. nr. 3045. 


⸗ ⸗28 ſertheilt der Stadt Baden den Blutbann. Archiv 
f. Schw. Geſch. IL (Zürch 1844.) S. 102. 
⸗ s 30 Ifhreibt an den Herzog von Burgund wegen des 


Zriedend mit dem oͤſtreich. Herzog Friedrich 
und wegen des Schutzes der nah Bafel zum 
Goncilium Reifenden. Martene coll. ampl. 
VII. p. 4. 


Drudfehler. 


Saite 37 Zeile 17 von oben anftatt bie lic der. 
26 


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⸗ = einwirfel, einwirfte 
unten = zegl. 309. 

= nab an ift das Komma zu ftreihen. 
2 anftatt denn I, dann. 
oben iſt' es zu ſtreichen. 
unten anftatt gaben I. geben. 


⸗ »s denl, dem, 

⸗ z Ratisburg I, Ratisbon. 
⸗ s denL,dem 

⸗ = Helving ll Helwing. 

⸗ ⸗ Bücnerl. Buchner. 


⸗ s cer|, rer. 
oben nah Bürgerfhaft fehlt ausgebrochen. 
⸗ = Krieg fehlt lebte. 
unten anftatt lavans I, levans. 
⸗ s Bipentfhaftl, Vigentſchaft. 
⸗ s naribus l. navibus. 
⸗nach und fehlt ver ſprach. 
oben anſtatt Wladislaus IIII. Wladislaus III. 
unten = Brüder , Bruder, 
oben = denL,der 
= nah nun fehlt an. 
⸗ = und ⸗»woraufman. 
⸗ anftatt den , dem. 
unten peratissimus |, paratissimus. 
= saxior |, sanior. 
Pr s dictim |, dietim. 
s dictim superpiret lies dietim 
superbiret. 
⸗ e zumlyur 
oben =» Eger. Egen 


1} 











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