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Geschichte von Schloßhof.
Cultur-historische Skizze
des k. u. k. Lustschlosses Schloßhof a. d. March
von
Oberstlieutenant Max Haller,
Commandant des k. u. k. Militär-Reit- und Fahrlehrer-Instituts in Schloßhof.
Mit 4 Vollbildern und 32 Text -Illustrationen.
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Wien, 1903.
Verlag der Buchhandlung Carl v. Hölzl.
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Vorrede.
Die Anregung zur Zusammenstellung der vorliegenden
culturgeschichtlichen Skizze ergab sich aus der Absicht des Ver-
fassers, ein Tagebuch des im October 1899 in Schloßhof neu
etablierten k. u. k. Militär-Reit- und Fahrlehrer- Institutes anzu-
legen, welches Tagebuch seinerzeit die Grundlage einer Geschichte
dieses Institutes bilden soll. Es stellt demnach diese Skizze den
historischen Theil, sozusagen die Einleitung dar zur künftigen
Instituts-Geschichte.
Die bei der Verfassung benützten Quellen erscheinen im
Texte angeführt.
Der Verfasser.
Geschichte von Schloßhof.
Um zu einer chronologisch aufgebauten Geschichte von
Schloßhof zu gelangen, erscheint es nothwendig, zunächst
nur im Gerippe die Entstehung des Schlosses zu schildern
und die einzelnen Besitzer der Herrschaft aufzuzählen. Da aber
das Schloß von einem Besitzer der Herrschaft Hof an der
March, dem gegenwärtigen Markthof, gegründet worden ist,
müssen wir vorerst den historischen Spuren dieser letzteren Ge-
meinde folgen.
Gerade der südöstliche Theil des Marchfeldes, nämlich der
am Einflüsse der March in die Donau gelegene und Marichort
(Marchort) benannte, ist ein uralter, historischer Boden.
Als das den Ungarn abgenommene Gebiet der Ostmark,
zwischen den Flüssen Donau, March und Thaya, vom Kaiser
Heinrich IV. an verschiedene Herren als Lehen verschenkt wurde,
erhielt auf dem Reichstage zu Regensburg am 6. März 1067 der
Bischof Altmann von Passau „ein Dorf Disinfurth, das Recht der
Überfuhr über die March, und unterhalb, die Ortschaften Poun-
garten, Stoutpharrich, Modzidala, welches ein Eigen des Mark-
grafen Ernst ist, und 50 königliche Hüben im Gau Ostricha in
der Mark des Markgrafen Ernst".
Das „Poungarten" dieser Schenkung ist „Baumgarten an
der March", „Stoutpharrich (Stutenpferch) das heutige Stopfen-
reith", „Modzidala" ist das ehemalige „Matzneusiedel" bei Probs-
dorf; der gegenwärtig in dieser Gegend nicht mehr vorkommende
Ort „Disinfurth" ist nach den Forschungen M. A. v. Beckers
an der Stelle des heutigen „Hof an der March" zu suchen.
1
— 2 —
Es wird angenommen, daß dieses „Disinfurth" sich bis un-
mittelbar an die March ausgedehnt habe, durch Überschwem-
mungen aber zugrunde gegangen ist; ein „Hof** auf dem etwas
höher gelegenen Gebiete des Ortes dürfte von der Zerstörung be-
wahrt worden sein und der dort entstandenen Feste „Hoff an
der March" und dem späteren Dorfe den Namen gegeben haben.
Diese Vertheidigungsfeste, gegen die Einfälle der Ungarn
erbaut, wird bereits nach der Mitte des XII. Jahrhunderts genannt
und gehörte sammt dem Dorfe — nach den Forschungen von
Wolf gang Laz — der Familie des adeligen Geschlechtes „von
Eckartsau" (Eckehertsawe), welcher das heutige Eckartsau als
Stammschloß diente. Diese Feste gewann nebst ihrer Lage an
der Landesgrenze auch noch dadurch an Bedeutung, weil durch
sie ein wichtiger, vielfach benutzter Übergang über die March
geschützt wurde : die Fürth, das „Urfahr", ein uraltes Privilegium,
das bis zu der Errichtung der ersten Brücke über die March
zwischen Schloßhof und Neudorf im Jahre 1771 ausgeübt wurde.^
Die Eckartsauer verblieben im Besitze von Hoff an der
March bis zum Jahre 1507, wo dieses Geschlecht mit Wilhelm
von Eckartsau im Mannesstamme erlosch. Durch die Ver-
ehelichung der Tochter dieses letzten Eckartsauers, Anna, gelangte
der Besitz an die Familie derer von Pollheim, welche ihn
wiederum in den fünfziger Jahren des XVI. Jahrhunderts an die
steierische Familie der Pranckh zu Rickerstorf verkauften.
Unter dem zweiten Herrn dieses Geschlechtes, Friedrich
von Pranckh (gestorben 1627), wurde anstatt der halbverfallenen
und wenig geräumigen Feste in Hoff an der March das
„Schloß Hoff" erbaut, allerdings noch nicht in jener Form und
Größe, wie wir es heute kennen.
Außer den soeben erwähnten Ursachen dürften die all-
zuhäufigen und großen Überschwemmungen, denen die alte Feste
ausgesetzt war, der Grund gewesen sein, warum sie keinen sehr
verlockenden Aufenthaltsort für einen Herrschaftsbesitzer abgegeben
haben mochte. Da die Baumaterialien für das neue Kastell von
^ Das alte „Urfahr" = Überfuhr, befand sich an jener Stelle oberhalb
von Markthof, wo heute noch die Statue des hl. Johannes von Nepomuk steht:
die gegenwärtige Überfuhr liegt mehr flußaufwärts bei Neudorf, bei der zerstörten
Marchbrücke.
— 3 —
der aufgegebenen, alten Feste genommen wurden, ist es erklär-
lich, daß von letzterer heute nur mehr sehr spärliche Überreste
existieren.
Der genannte Friedrich von Pranckh vermachte bei
seinem Tode die Herrschaft „Markt und Schloß Hoff" seiner
Tochter Elisabeth, durch welche dieses Besitzthum im Wege der
Ehe an die Familie der Freiherren von Gienger überging
und bis zum Jahre 1640 verblieb. Hans, Jakob von Gienger
verkaufte die Herrschaft an den Grafen Johann, Ehrenreich
Concin von Penna, dessen Familie schon längere Zeit früher
Niederweiden und Engelhartstetten besessen hatte.
Graf von Concin verkaufte „Markt und Schloß Hoff
an der March* im Jahre 1656 an Jakob, Grafen von Brandis;
nach dessen bald darauf erfolgtem Tode wurde die Herrschaft 1659
von Hans, Freiherrn von Lamberg von Orteneck und
Ottenstein gekauft. Derselbe behielt sie nur zwei Jahre; 1661
wechselte sie abermals ihren Besitzer, den wir in dem Grafen
Adam, Maximilian von Saint-Julien finden, welcher zugleich
Herr in Stopfe nreith war.
Die Familie der Grafen von Saint-Julien behielt Markt
und Schloß Hoff bis zum Jahre 1725, wo Prinz Eugen von
Savoyen die Herrschaft kaufte.
Mit der Übernahme der Herrschaft durch den Prinzen Eugen
von Savoyen, welcher nebst bedeutender Geldsummen auch seine
hohen, künstlerischen Bestrebungen auf den Ausbau des Schlosses,
des Parkes und der ganzen Umgebung verwendete, trat Schloß-
hof, dessen Area durch den Ankauf der Herrschaft Niederweiden
vergrößert wurde, in eine neue,glänzendePeriode der Entwickelung.
Der kunstsinnige Prinz konnte sich indeß nicht lange seines
mit reicher Erfahrung und verschwenderischer Hand ausgestatteten
Besitzes erfreuen; er starb am 21. April 1736 in seinem Wiener
Palais eines plötzlichen Todes.
Es entstand ein Streit um seine großartige Erbschaft; sie
fiel einer Nichte Eugens, der Prinzessin Maria, Anna, Viktoria,
der Tochter des Grafen Ludwig, Thomas von Soissons zu.
Dieselbe vermählte sich 1738 mit dem Prinzen Friedrich
Wilhelm von Sachsen-Hildburghausen und schenkte die
— 4 —
Herrschaften Schloßhof, Markthof und Engelhartstetten ihrem
Gemahl.
Die Kaiserin Maria Theresia besuchte mit ihrem Gatten,
Kaiser Franz L, 1754 Schloßhof und gewann an dem herrlichen
Besitz ein derartiges Gefallen, daß sie die genannten Herr-
schaften vom Prinzen von Sachsen-Hildburghausen ankaufte
und sie ihrem kaiserlichen Gemahl zum Geschenk machte.
Vorübergehend war noch der jüngste Sohn der großen
Kaiserin, Erzherzog Maximilian, Besitzer von Schloßhof, dem
es die Kaiserin nach dem Tode des Kaisers Franz I. schenkte;
seit jener Zeit aber verblieben die mehrgenannten Herrschaften
Schloßhof, Niederweiden und Eckartsau neben der Herr-
schaft Orth an der Donau im Besitze des österreichischen
Herrscherhauses.
Auf Grund dieser chronologisch zusammengestellten Daten
über die Besitzer und die damit im Zusammenhang stehende
bauliche und kulturelle Entwickelung von Schloßhof, wollen wir
die nachstehende Skizze in fünf Perioden eintheilen und darnach
behandeln.
I. Periode. Schloßhof bis zur Übernahme durch den Prinzen
Eugen von Savoyen (etwa 1605—1725).
IL Periode. Schloßhof im Besitze des Prinzen Eugen von
Savoyen und des Prinzen von Sachsen-Hildburghausen (1725— 1755).
III. Periode. Schloßhof unter Maria Theresia (1755— 1780).
IV. Periode. Schloßhof nach dem Tode Maria Theresias
(1780) bis zum Jahre 1898, d. h. bis zur Übernahme durch die
Heeresverwaltung.
V. Periode. Schloßhof im Jahre 1898 und 1899.
I. Periode.
Schloßhof bis zur Übernahme durch den Prinzen Eugen von
Savoyen (etwa 1605—1725).
" Wie bereits erwähnt, wurde das Schloß „Hoff an der
March" in den ersten Jahren des XVII. Jahrhunderts erbaut, als
die Herrschaft „Hoff an der March" im Besitze der freiherrlichen
— 5 —
Familie Pranckh von Rickerstorf sich befand. Als Erbauer des
Schlosses ist Friedrich von Pranckh zu betrachten, welcher
m niederösterreichischen „Gültenbuche" als Besitzer der genannten
Herrschaft im Jahre 1572 nominiert erscheint.
Dieser Friedrich von Pranckh war mit Rosina, geb.
Dörrin von Deutsch-Altenburg vermählt, welche am 10. Mai
1598 starb; bei diesem Anlasse ließ Friedrich von Pranckh für
seine Gattin und für sich selbst ein Grabdenkmal aus rothem Marmor
anfertigen, welches sein und seiner Gattin Wappen, über demselben
die Grabinschrift für Friedrich von Pranckh, unterhalb aber jene
für die Gattin enthielt Dieses Grabdenkmal ist heute noch in
der Pfarrkirche zu Markthof an der Nordwand der Kapelle der
vierzehn Nothhelfer zu sehen. ^
Es ist für uns nothwendig, dieses Grabdenkmal, namentlich
aber dessen Wappen als das der Familie von Pranckh zu
constatieren, weil es genau mit jenem Wappensteine überein-
stimmt, welcher — gleichfalls aus Marmor — im ebenerdigen
Bogengänge an der Ostseite des inneren Burghofes in Schloßhof
in die Mauer eingelassen ist.
Drei Forscher, Schweigkhardt, Arneth und Keiblinger
sehen dieses in Schloßhof befindliche Wappen für jenes der Frei-
herrn von Gienger an, und leiten auf Grund desselben und
auf Grund des Umstandes, daß dieses Schloß im Volksmunde
lange Zeit hindurch das „Gienger-Schlößchen" hieß, die An-
sicht ab, Schloßhof sei erst später von einem Freiherrn von
Gienger erbaut worden, dessen Familie in der Zeit von 1627 — 1640
im Besitze der Herrschaft Hoff an der March sich befand.
* Diese Grabinschrift lautet: ,Hie legt begraben der edl und gestreng
Herr Friedrich von Pranckh zum Hoff an der March, welcher in Gott seliglichen
entschlaffen ist den im 1 . . Jaer, deme und uns allen Gott
durch Christum ein fröhliche Auferstehung verieihen wolle. Amen." (Folgen zwei
Wappenschilde.)
,Hie ligt begraben die edl vill ehr- und tugendreiche Frau Rosina von
Pranckh geborne Dörrin vom Deutschen Altenburg, Herrn Friedrichen von Pranckh
zum Hoff an der March eheliche Gemahel, welche in Gott entschlaffen ist den
10, Dag May des 1598 Jares. Gott der allmächtig wolle Ihr und uns allen gnedig
und barmherzig seyen und eine fröhliche Auferstehung verleihen wollen. Amen."
Bis in die dreißiger Jahre des vergangenen Jahrhunderts befand sich
dieser Grabstein beiläufig mitten in der Kirche.
— 6 —
Es steht jedoch außer jedem Zweifel, daß nicht ein Frei-
herr von Gienger, sondern daß Friedrich von Pranckh als
der Erbauer von Schloßhof zu betrachten ist; nicht nur stimmt
das erwähnte Wappen im Schlosse mit jenem am Grabdenkmale
Friedrichs von Pranckh in der Markthofer Kirche völlig überein,
sondern auch in dem Urbarium^ vom Jahre 1639, welches
sich im Archive zu Schloßhof befand, ist diese Thatsache zu er-
sehen; es heißt nämlich darin wörtlich: „das Schloß Hoff an der
March, so von Weyl. Herren Friedrichen von Pranckh seel,
samt dem dabey liegenden Mayrhoff, Stall, Städl, Gärten und
Teuchteln erst zugericht und erbaut worden ......"
Auf Grund dieser Thatsachen müssen wir somit als den
Erbauer von Schloßhof Friedrich von Pranckh ansehen, und
da derselbe im Jahre 1627 starb, annehmen, daß das Schloß in
den ersten Jahren des XVII. Jahrhunderts erbaut worden ist.
Wir haben bereits darauf hingewiesen, daß als die veran-
lassende Ursache des Baues wohl der baufällige Zustand des
bisherigen Herrschaftssitzes, der alten Feste in Markthof, dann
die dort so häufig auftretenden Überschwempiungen zu betrachten
sein dürften, welche früher wohl noch schädlicher und lästiger
gewesen sein möchten. Der „Hofer Berg" bot für den neu zu
erbauenden Herrensitz infolge seiner vor den Fluten der Donau
und der March gesicherten Lage, durch die gesündere und freund-
lichere Gegend und die hübsche Fernsicht einen besonders ge-
eigneten Punkt. Außerdem war beim Schlosse die Jagd ergiebiger,
während in der Niederung das Wild sehr häufig vom Hochwasser
verscheucht und vernichtet wurde.
Über die Lage von Schloßhof lesen wir in M. A. v. Beckers
„Topographie" IL Band, nachstehend:
„Nördlich der Marchmündung, an der rechtsseitigen Thalsohle
des Flusses, erhebt sich in Gestalt eines schiefliegenden, gleich-
^ Dieses .Urbarium" ist ein Pergamentdocument, enthaltend auf 43 Folio-
seiten die bisherigen Besitzer der Herrschaft Hoff an der March und ein deut-
liches Bild des gesammten Besitzes „mit allen derenselben Herrlichkeiten, Obrig-
keiten, Land-Gerichten, Freyheiten, Mannschafften, Gülten, Dienst-Märkten und
Marckts-Freyheiten, Dörfern, Mayrhöffen, Weingärten, Wein- und Getraidt- wie
auch gross- und kleinen Zehendt, Gejaiden, Auen, Wüdt-Bahn, Wisen, Wiess-
diensten, Weyden, Höltzern, Mauth, Urfahr, Brait-Aecker, Fischweyden und andere
belehends und unbelehents, ihr jedes mit seinen Nutzungen, ein- und zugehörungen/
— 7 —
schenkeligen Dreieckes, dessen Scheitelpunkt nach Südost gekehrt
ist, eine Bank uralt angeschwemmten Bodens, circa 33 Meter
über der Thalsohle (Spiegel der March 137 Meter, höchster Punkt
der Bank 171 Meter) östlich steil ansteigend, westlich sanft ver-
laufend. Sie mag etwa 18 Quadratkilometer Flächeninhalt ent-
halten und ist theils mit kurzem Gehölz, zumeist mit Acker besetzt
und zeigt an verschiedenen Stellen, namentlich gegen Süden hin,
Hoff an^D£kMarch"
k:m^^
Schloßhof im XVffl. Jahrhundert.
(Aus Vischers Topographie vom Jahre 1672.)
unverkennbare Spuren von Befestigungen zu Kriegszwecken aus
älterer und neuerer Zeit."
Die damalige, ursprüngliche Gestalt des Schlosses ist uns
erhalten in einer Abbildung von Georg Matthäus Vischer
aus dem Jahre 1672.^
Das alte Castell bildet heute noch den Kern des Schloß-
^ „Topographia Archiducatus Austriae inferioris modernae, seu Conterfei
und Beschreibung aller Statt, Klöster und Schlösser wie sie anjetzo stehen in
dem Ertzhertzogtumb Unter-Oesterreich. Hervorgebracht im Jahre 1672 durch
mühsamen Fleiss Georgii Matthäi Vischer, Geogr.*
— 8 —
gebäudes und umfaßte mit seinen vier Fronten den heutigen
inneren Burghof.- Die beiden, gegenwärtigen Flügel des Schlosses
wurden erst unter Prinz Eugen angebaut. Das ganze Gebäude
war einstöckig, ringsumher lief eine Schanzmauer, die sich an
den Hügel anlehnte; sie war mit Schießscharten versehen, wie
denn das Schlößchen überhaupt — analog, wie die aufgelassene
Feste in Markthof — für Vertheidigungszwecke erbaut worden
war, wofür heute noch die Reste des Wallgrabens an der West-
seite des Schlosses und die bastionartigen Ecken auf der ersten
Parkterrasse sprechen. Das Volk will überdies von unterirdischen
Rettungsgängen wissen, welche vom Schloß bis nach Niederweiden
geführt haben sollen. Ein unterirdischer Gang ist übrigens heute
noch constatierbar; unter den Freitreppen der dritten Parkterrasse
beginnend, unterläuft er augenscheinlich das Schloß, führt dann
unter der gegenwärtigen Sommerreitschule, mit einem Eingang
unter der Brücke am Westausgange des Schlosses, und endigt
am Ende der hier weiterführenden Allee. Derselbe ist zum größten
Theile eingestürzt und verschüttet.
Auf dem Dache der Westfront des einstöckigen Schlosses,
wo sich jetzt die Uhr befindet, bemerken wir auf der Abbildung
Vischers ein Thürmchen. Innerhalb der Schanzmauer steht noch
ein kleines Nebengebäude, außerhalb derselben zwei kleine Häuser.
Auf der Abdachung des Hofer Berges befinden sich an Stelle des
heutigen Parkes und der Fasanerie Weingärten.
Dies also war das Bild von Schloßhof, wie es in den ersten
Jahren des XVII. Jahrhunderts von Friedrich von Pranckh
erbaut worden ist. Diese Gestalt behielt nun Schloßhof durch
mehr als ein Jahrhundert (bis 1725), wo die Herrschaft „Hoff
an der March" durch den Prinzen Eugen von Savoyen angekauft
wurde.
Zu bemerken wäre noch, daß am Ende des XVII. Jahr-
hunderts, als Schloßhof dem Grafen von St. Julien gehörte, im
Schlosse eine Kapelle eingerichtet wurde, welche Graf Johann,
Alb recht von St. Julien consecrieren ließ, ferner daß an der
Westfront eine Uhr angebracht worden ist, dieselbe, welche sich
heute noch daselbst befindet, und auf welcher das Jahr 1686 zu
lesen ist.
Bevor wir zu der epochalen Prinz Eugen-Periode von Schloß-
— 9 —
hof, der Periode seiner hervorragenden Verschönerung und Aus-
gestaltung schreiten, dürfte es nicht ohne Interesse sein, einen
Blick auf die geschichtlichen und culturellen Verhältnisse
jener Zeit zu werfen, insoweit sie mit unserem Schlosse in
Wechselbeziehung stehen. —
Als das geschichtlich früheste, bedeutendere Ereignis in
dieser Gegend ist die Schlacht von Groißenbrunn (Chressin-
prunnen), 12. Juli 1260 zu erwähnen.^
Unter Böla IV. König von Ungarn (1235—1270) hatten
die Steierer das ungarische Joch abgeworfen, weshalb die Ungarn
in die Steiermark und Österreich einfielen und daselbst heillos
wirtschafteten. Der böhmische König Ottokar IL zog den Ungarn
entgegen, und dann standen 200*000 Mann an den beiden Ufern
der March einander gegenüber. Der rechte Flügel der Böhmen
lehnte sich an Hof an der March an, die Front der weiteren
Aufstellung ging über Groißenbrunn, Marchegg, welches
damals „Maehrle"* hieß, bis Zwerndorf, wo die Mährer unter
Führung des Olmützer Bischofs Bruno standen. König Böla
ließ seine Truppen an der alten Markthofer Fürth der March
überschreiten und die Böhmen, welche sich auf die Höhen von
Groißenbrunn zurückgezogen hatten, angreifen; er selbst verblieb
am linken Marchufen Die Schlacht endete mit einem Siege für
Ottokar, die Ungarn flohen, sie verfehlten indessen auf die Flucht
die Fürth des Flusses, so daß in den Wellen der March
14.000 Mann ihr Grab fanden, und — wie König Ottokar in
seinem Briefe an den Papst Alexander IV. schrieb — „die
March nicht nur gleich dem Rothen Meere von ungarischem Blute
gefärbt, sondern so mit Leichen angefüllt war, daß dieselben den
Siegern als Brücke dienten zur Überschreitung des Flusses."
Mit B^las IV. Nachfolger, Stefan V. kamen neue Drangsale
für das Marchfeld. Die alten Einfälle der Ungarn in Österreich
* Die Weltgeschichte nennt sie die Schlacht im Marchfelde; ebenso wird
aber auch die Schlacht i. J. 1278 bezeichnet, welche in der Gegend von Stillfried
zwischen Rudolf von Habsburg und dem König Ottokar II. von Böhmen ge-
schlagen wurde, wobei letzterer den Tod fand.
2 Die Stadt- und Grenzfeste Marchegg wurde an Stelle des alten Ortes
„Mährle** von Ottokar II. i. J. 1268 gegründet; die Einwohner wurden vom
Könige aus Velehrad in Böhmen dahin berufen.
— 10 —
und der Böhmen in Ungarn wiederholten sich. Ottokar IL eroberte
Preßburg zweimal; im Jahre 1273 überbrückte er die Donau bei
Rottenstein, am rechten Donauufer, gegenüber von Markthof, um
den Krieg am rechten Ufer weiter zu führen. An derselben Stelle
überschritt im Jahre 1278 Rudolf von Habsburg die Donau,
zog längs der March hinauf bis Marchegg und Stillfried, wo
es am 26. August zur blutigen Schlacht zwischen dem genannten
t'^'i'
Marchegg.
(Aus Vischers Topographie vom Jahre 1672.)
Fürsten und König Ottokar II. von Böhmen kam; hier fiel Ottokar,
sein Leichnam wurde nach Marchegg gebracht.
Das folgende Jahrhundert, als für unsere Gegend nicht von
Bedeutung, übergehend, wollen wir mit einigen Worten des Raub-
ritterwesens erwähnen, unter welchem im XV. Jahrhundert auch
das Marchfeld schwer zu leiden hatte.
Nach dem Tode Kaiser Albrechts IL (1439) brachten die
Grenzfehden zwischen Mähren und Österreich Brandschatzungen
aller Art für das Marchfeld mit sich, in denen sich Janns von
Leuchtenberg zu Vöttau, der plündernd bis an die Donau
— 11 —
vordrang, besonders hervorthat; seinem Beispiele folgten andere
österreichische Standesherren, so Ritter Kyenbeiger, Leonhard
Arberger, die Herren von Jedenspeigen, Tobias der Rorer
und der ungarische Räuber Pankraz von St. Miklös. Die
schlimme Sache wurde noch ärger, als im Jahre 1446 die Ungarn
unter Johann Hunyädy in Österreich einbrachen, denn da gründete
Pankraz von St. Miklös, der sich unterdessen im Schlosse
Das Schloß in Marchegg.
(Aus Vischers Topographie vom Jahre 1672.)
Skalitz festgesetzt hatte, mit seinen Genossen im Marchfelde
einen förmlichen Räuberstaat, der sich längere Zeit erhielt. Die
Räuber überfielen das kaiserliche Schloß Orth an der Donau,
eroberten es nach tapferer Gegenwehr der Besatzung unter
Mittendorfer und dem Herrn von Aspern und zerstörten
es (1452).
Aber auch in der unmittelbaren Nähe des späteren Schloß-
hof war ein berüchtigter Räubersitz; in der Burg Grafenweiden,^
1 Das k. und k. Jagdschloß Niederweiden, wie wir es kennen,
wurde im Jahre 1685 von Ernst Rüdiger Graf Starhemberg erbaut und
— 12 -
deren Ruinen heute noch im Fasangarten von Niederweiden,
etwa fünf Minuten vom Jagdschlosse, zu sehen sind, hatte sich
der bereits erwähnte Raubritter Leonhard Freiherr von
Arberg, kurz der Arberger genannt, festgesetzt, nachdem er
diese Burg den Eckartsauern mit Gewalt weggenommen. Mit
der zügellosen Gertrud von Ror verheiratet, plünderte und
mordete er von hier aus die ganze Umgebung; als die nieder-
Schloß Orth an der Donau.
(Aus Vischers Topographie vom Jahre 1672.)
österreichischen Stände daran gingen, den Arberger zu vertreiben,
flüchtete er, während seine Gattin Gertrud die Burg vertheidigte,
aber capitulieren mußte; neuerdings von dem Raubritter über-
fallen und erobert, wurde die Burg im Jahre 1450 von den
ständischen Truppen zurückerobert und dem Landeshauptmann
später (nach 1725) vom Prinzen Eugen von Savoyen verschönert. (Siehe
Seite 66.) Die Ruinen der alten Burg Grafenweiden lassen noch einiger-
maßen den alten Bau erkennen, obwohl der mehrere Meter hohe Steinhaufen
mit Gesträuch und Bäumen bewachsen ist. Der Wassergraben und die Wälle
sind noch zu unterscheiden und auch ein Theil des Kellers ist noch vorhanden.
Diese Burg Grafenweiden, neben welcher auch eine Kirche gestanden sein soll,
dürfte im Jahre 1529, im ersten Türkeneinfall, zerstört worden sein.
— 13 -
Ulrich von Cilly zur Verwaltung übergeben. Leonhard Arberger
wurde in Wien enthauptet; sein Porträt wurde noch in den letzten
Jahren im Stiegenhause von Schloßhof gezeigt.
Die folgenden zwei Jahrhunderte, das XVI. und XVII., brachten
für das Marchfeld nichts historisch Bemerkenswertes mit sich;
sowohl die Türkenkriege, als auch der dreißigjährige Krieg
berührten das Marchfeld nicht.
Daß unser Schloßhof in den ersten Jahren des XVII. Jahr-
hunderts gegründet und erbaut worden ist, wurde bereits dar-
gestellt.
Die ersten Jahre des XVIII. Jahrhunderts brachten indessen
neuerdings Kriegszeiten für unsere Gegend, gelegentlich des
Aufstandes Franz IL Räkoczy, durch die Einfälle der Kurutzen.
Im Jahre 1703 fiel Graf Käroly in Niederösterreich mit
300 Insurgenten ein, indem er bei Markthof über die March
ging. Die ihm hier von den Landständen entgegengeworfene
Grenzbewachung, theils Militär, theils Bewohner des Marchfeldes,
wurde im Kampfe überwältigt, die gefangenen Bauern in das
Käroly *sche Schloß nach Stampfen gebracht, dort ausgeplündert
und dann entlassen. Die gefangenen Soldaten aber, fünfzig an
der Zahl, mit ihren Officieren Böringer, Posch mit Sohn,
Balman, Graf Opperstorff und der Verwalter — oder wie er
damals hieß der „Pfleger" — von Schloßhof, namens Matthäus
Leopold Fitsch, wurden als Gefangene nach Tyrnau trans-
portiert. Die Sieger plünderten die ganze Gegend; Markthof
wurde gebrandschatzt und dann angezündet, so daß nur die
Kirche und sieben anstoßende Häuser verschont blieben. Die
Kirche selbst wurde erbrochen, doch hatte man alles Wertvolle
vorher nach Wien in Sicherheit gebracht. In Schloßhof wurden
die unteren Räume arg hergerichtet, das Schloß geplündert und
der Verwalter, wie bereits erwähnt, als Gefangener weggeführt.
Groißenbrunn wurde ebenfalls geplündert, auch hier wurde die
Kirche erbrochen und die Häuser verwüstet.
Das folgende Jahr 1704 brachte nichts Besseres; 3000 Rebellen
unter Oezkay fielen in Österreich ein; bei Zwerndorf wurden
100 Schnitter, 13 Bauern, 2 Soldaten und 2 Knechte erschlagen
und die Orte Baumgarten, Breitensee und Oberweiden
geplündert.
— 14 —
Am 25, November 1704 wurden in Schloßhof der Zimmer-
mann Simon Mairer und der Gerichtsdiener Leopold Janik von
den Rebellen erschlagen. Am selben Tage plünderten die Kurutzen
aufs neue Groißenbrunn, Niederweiden und Schloßhof,
welches nun auch größtentheils durch Feuer zerstört wurde, nach-
dem es schon viermal ausgeplündert worden war.
Im Jahre 1706 wiederholten sich diese Gräuel; die Bewohner
von Markthof und Groißenbrunn waren im Jahre 1705 — 1709
ihrer Heimat ferne und lebten zerstreut, theils in den Donau-
auen, theils in benachbarten Orten, wie die Totenregister von
Hainburg, Marchegg und Eckartsau es nachweisen.
Die Regierung war auf die Invasionen der Kurutzen vor-
bereitet gewesen, hatte aber nur ungenügende Maßregeln getroffen.
Im December 1703 zog Graf Otto von Traun an die March,
und beabsichtigte besonders „derarten Linien ziehen zu lassen,
und solche Veranstaltungen an denen ungarischen Granitzen zu
verordnen, damit auf allen Fällen das Land wider die Anfälle
des rebellischen Räubergesindels verwahret und durch den in
Eile aufgebotenen Landmann herzhaften Widerstand antreffen
sollten."^ Auf diese Weise entstanden die an der March befind-
lichen, heute noch gut erkennbaren Schanzen, welche, bei Still-
fried beginnend, über Marchegg an der Schloßhofer Brücke vorbei
bis Theben führten. Stellenweise mußten sie im Laufe der Zeit
den Wellen des Flusses oder dem Pfluge des Landmannes weichen;
so ist diese Schanze in der Fortsetzung von Theben bis Stopfen-
reith nunmehr verschwunden, am anderen Donauufer aber bei
Deutsch-Altenburg beginnt sie wieder und führt über Rohrau
bis an den Neusiedler See. Überall finden wir an derselben
eingetheilte Flächen, Redouten und Sternschanzen,
Die Kurutzenkämpfe äußerten sich auch später in ihren
Consequenzen, indem 1710 in Groißenbrunn und Markthof die
Pest ausbrach. Auch von einer früheren Pest, im Jahre 1655,
spricht das Pfarrgedenkbuch von Groißenbrunn. An der Grenze
wurden die strengsten Maßregeln gegen die * Einschleppung
getroffen; so wurde beispielsweise der Hofmeister des Grafen
Kolonitsch, Oratio Turi, wegen Übertretung des „Contagions-
^ Aus „Mercurius Viennensis".
— 15 —
Patentes" durch vier Wochen in Schloßhof in Arrest und Contumaz
gehalten.
Aber auch die Sicherheit des Landes litt in der Folge durch
die vorhergegangenen Kurutzenkämpfe; eine Unzahl von Vaga-
bunden und schlimmer Gesellen durchzog das Marchfeld; es
wurde im Jahre 1721 eine «Verfolgung und Ausrottung als auf
dem Lande sich mehrenden Diebs-, Räubers- und anderen
gemeinschädlichen Gesindels" angeordnet. Dies geschah, indem
von der March aus eine Truppenmacht von 1063 Mann Cavallerie
und 315 Mann Fußtruppen nebst 1690 bewaffneten Landes-
bewohnern das Marchfeld durchstreiften, denen Beichtväter und
Henker mitgegeben worden sind, um besonders gefährliche Indi-
viduen gleich an Ort und Stelle hinrichten zu lassen.
Somit wären wir in historischer Richtung zu jenem Jahre
angelangt, in welchem der Prinz Eugen von Savoyen die
Herrschaft Schloß- und Markthof übernahm (1725).
Wir wollen nur noch einen Blick werfen auf die damaligen
culturellen Verhältnisse der Gegend, nämlich auf das
Verhältnis der Unterthanen zur Herrschaft und auf das
Gerichtswesen jener Zeit.
In dem bereits erwähnten „Urbarium vom Jahre 1639" wird
das. Verhältnis zwischen der Schloßhofer Herrschaft und ihren
Unterthanen nachstehend geschildert: „Zu obgedachtem Schloß
Hoff gehört der Markt Hoff, das Dorff Leomannsdorff, Stopfen-
reich, Höflein (am rechten Donau-Ufer), wie auch die Purg Rotten-
burg mit allen Freyheiten, Obrigkeiten, Robathen und Markts-
Freyheiten, auch mit Stock- und galgen und allen Malefiz- und
Landgerichts -Versehen, sambt dem Fischwasser auf der March
und den Seen. Item Wissmathem, Aeckern und dgl., mit allen
kleinen Zehendt und zweien drittl des Getreydt-Zehendts da-
selbsten."
An den Staat wurde beispielsweise in Markthof für 24 Häuser
je zwei Gulden und zwei Schilling gezahlt, die ins Landhaus
getragen werden mußten. Außerdem hatten die sogenannten
„gestifteten" Häuser jährlich ins Schloß sechs Gulden, sechs
Schilling und neun Pfennige zu zahlen und Hühner und Eier
zu geben, wie „landbräuchig". Hierzu kam nebst dem erwähnten
Zehent noch: „Gehorsam, Robath und andere der Herrschaft
— 16 —
zufallende Arbeit zu Hause und zu Feld mit „Verrichtung der
Hand-Robath, Tbungführen, als auch Ackern, Schneiden, Tretten,
Mähen und Einführung des Getreydts, Hey, Kraut und Rüeben
und was sonsten einer Herrschaft des Jahr durch fürfallet und
nothwendig ist."
Dafür erhielten die Unterthanen alle Wiesen um einen
„leidentlichen" Zins.
Das „Urfahr" und die Mauth wurden einer „vertrauthen
Person" übergeben; wöchentlich mußte ins Schloß Rechnung
gelegt werden.
Die Fischerei muß damals sehr ergiebig gewesen sein;
sie war um 40 Gulden verpachtet, und die Fischer mußten das
Schloß alle Freitage mit „einem guten Essen Fisch, sowol auf
des Herrn- als gesündt-Tisch versehen," oder einen Gulden
zahlen. Fiengen sie einen „Haupt-" oder sonst einen guten Fisch,
so mußten sie ihn zuerst der Herrschaft „andeuten und anfeilen".
Allerdings müssen damals noch mehr Fischwässer vorhanden
gewesen sein, als heute; denn es werden angeführt: die March,
der große See, die Königsrunsen, der See hinter dem Dorf (eine
Ausweitung des Stempfeibaches, heute noch „See" genannt),
Kirchgrueb, Mühlgrueb und der Hallasee.
Auf allen Gründen hatte die Herrschaft „alle Wildt-Baahn,
Roth- und Schwartz-Wild sambt dem Feder-Gejaidt." Auch
in dieser Richtung wurde Robot geleistet; so mußten beispiels-
weise im Jahre 1715 Eckartsau, Witzeisdorf, Stopfenreit und Hof
die Hälfte ihrer Leute hergeben um „Aichl zu glauben" für das
Schwarzwild; jeder mußte sich auf drei Tage mit Brot versehen.
In der Schäferei befanden sich 700 Stück Schafe, für welche
der Schäfer jährlich 525 Gulden Bestandgeld zahlte und außer-
dem ins Schloß jährlich „14 Lämmer, 14 Kappen und anderthalb
Käse" zu liefern hatte.
Der Weingarten um das Schloß, an der Stelle des jetzigen
Parkes und der Fasanerie, lieferte 80—100 Eimer Wein; dasselbe
Quantum ergaben die im Thebener Weingebirge gelegenen,
gleichfalls nach Schloßhof gehörenden fünf Weingärten.
Die Fleischbank in Markthof hatte die Herrschaft einem
Fleischhauer überlassen; dieser mußte für das Schloß das Pfund
Rindfleisch um 10 Pfennige, das Kalbfleisch um 14 Pfennige,
17 -
ein „kälbemer Pauscher oder einen Kopf, oder eine gute Ochsen*
zunge um einen Schilling liefern. Außerdem gab er einen halben
Centner „ausgelassenes, gutes Rindenes Inslet" um Michaeli ins
Schloß.
Was das Gerichtswesen jener Zeit anbelangt,, so erhielt
bereits Jörg von Eckartsau (1443 — 1492) vom König Ladislaus
auf seinen Gütern, also auch in Hof, die höhere Gerichtsbarkeit,
ein Landgericht, so daß er über Leben und Tod richten durfte.
Schloß Eckartsau.
(Aus Vischers Topographie vom Jahre 1672.)
Bis dahin bestand in Markthof nur ein Dorfgericht, oder eine
Hofmarktgerichtsbarkeit, ein niederes Gericht, denn über Leben
und Tod wurde in Marchegg gerichtet. Dieses Landgericht, welches
insbesonders über Mord, Diebstahl, Nothzucht und Brandlegung
zu entscheiden hatte, verblieb fortan bei den Besitzern der
Herrschaft Hof. Als die Herrschaft dem Grafen Hans Jakob
Brandis gehörte, wurden im Jahre 1656 — wie aus einem auf
uns überkommenen «Landgerichts-Protokolle de anno 1656, der
Herrschaft Hoff an der March" zu entnehmen ist — die Hoch-
gerichte in Markthof auf dem sogenannten Kröndl neben der
2
— 18 —
Landstraße außerhalb des Marktes, dann das Hochgericht und
„Stockh" zu Stopf enreith, endlich der Galgen in Leomannsdorf
neu errichtet. Auch in Schloßhof ist heute noch eine Richtsäule,
am Feldweg zur Marchegger Straße, gegenüber dem Meierhofe
vorhanden. Die Landgerichte waren übrigens nicht gerade stark
in Anspruch genommen, besonders nicht mit Urtheilen über Leben
und Tod. Wir erfahren in dem genannten Landgerichts-Protokolle
vom Jahre 1656 von wenigen in Hof vollstreckten Justificierungen.
Einige seien hier verzeichnet.
Im Jahre 1624 ist ein Markthofer, namens Döller, „in das
Schloß allhier für einen Hexen eingezogen und in den Keller
imPreuhauss eingelegt worden"; derselbe erhenkte sich in diesem
Gewahrsam und sein Körper wurde hierauf am Hochgericht
geköpft, gevierteilt und auf dem Scheiterhaufen verbrannt.
Zur Zeit, als Niclas von Gienger Besitzer von Hof . war,
sind vier Ehefrauen aus Markthof, deren Männer Peter Rugger,
Wolf Pindter, Matthias Heißen und Matthias Priggl hießen, wegen
Hexerei „durch ein unparteiisch Recht vom Leben zum Todt durch
das Schwerth und Feier condamniert worden, welcher Actus
ingleichen auf ermelten Kröndl bei Hoff an der March geschehen."
Unter der Herrschaft des Herrn von Pranckh wurde in
Schloßhof ein junger Ungar gehenkt, welcher seinen Herrn in
Ungarn bestohlen und die Zeugin seiner That, ein kleines Mädchen,
mit einer Mistgabel am Halse schwer verwundet hat. Derselbe
war in Loimersdorf, wo er sich als Knecht verdingen ließ, ver-
haftet worden.
Bis vor zwei Jahren wurde in Schloßhof ein langes, breites
Schwert aufbewahrt, welches als Richtschwert in Verwendung ge-
standen sein soll.
Im Jahre 1690 wurde — um noch ein letztes Beispiel an-
zuführen — dem Pfleger und Landgerichtsverwalter in Schloßhof,
Johann Franz Krehan, eine Magd vorgeführt, welche ihr Kind
getötet hatte, indem sie demselben Stroh in den Mund steckte,
bis es erstickte. Das Gericht bestand aus dem Vorsitzenden und
acht Beisitzern. Das Urteil lautete: „Auf Abhör — und sattsamber
Vernembung die auf heuntigen Rechts-Tag fürgestellte Müss-
handlerin Magdalena Schen-Eckerin, zu Khohnitzberg des Landts
ob der Enns gebürtig, begangene Müsshandlung und Ermordung
— 19 —
Ihrer aigen Leibsfrucht, wie die Äussag ausführlicher vermag,
Erkhennt und verurtheilt diss ersötzt unpartheyische Gericht ueber
diese Deliquentin, dass sie mit dem Schwerth vom Leben zum
Tod hingerichtet werden solle. Dessen zu Urkhund haben wir
dises mit unseren gewöhnlichen Förthigungen und eigenen Handt-
unterschriften bekhrefftiget Geschehen: Schloss Hoff an derMarch
den 28. Januarii 1690 — dabei ist noch angemerkt: den ersten
Februar ist die Execution vollzogen worden."
Wir gelangen zur
IL Periode.
Schloßhof Im Besitze des Prinzen Eugen von Savoyen und
des Prinzen von Sachsen-Hlldburghausen (1725— 1755).
Als Prinz von Savoyen die Herrschaft Hof an der March
vom Grafen Albrecht von St. Julien-Wallsee im Jahre 1725 kaufte,
fand er in Schloßhof, wie wir gesehen haben, ein kleines ein-
stöckiges Gasten vor, im Quadrat gebaut, mit je einem Dutzend
Fenster an jeder der vier Seiten, umgeben von Schanze und
Graben, an den sich an den Abdachungen des Hügels, also an
Stelle des späteren Parkes und der Fasanerie, Weingärten
anschlössen. Eine Kapelle befand sich bereits im alten Schlosse,
doch war sie sehr klein, niedrig und höchst einfach.
Der Prinz ließ den Grafen von St. Julien alle Mobilien und
Bilder mitnehmen und faßte den Entschluß, ein Schloß in großem
Stile, ein Muster eines Herrenlandsitzes zu schaffen.
Ihn, der als blutjunger, gänzlich mittelloser Volontär im
Reitergefecht bei Petronell am 7. Juli 1683 sich die Sporen ver-
dient, mag es wohl gereizt haben, einen Herrschaftsbesitz zu
schaffen, der gegenüber von Petronell, dem Schauplatze seiner
ersten Attaque, und zugleich an der Grenze jenes Ungarn gelegen
ist, das in seiner ganzen Ausdehnung der Prinz den Türken ab-
genommen hatte. Nach dreißig gelungenen Feldzügen^ bedeckt
mit Narben von Pfeilgeschoß, Musketenkugel und blanker Waffe,
gekrönt vom Schlachtenruhm, der ihn einem Julius Caesar und
einem Napoleon an die Seite stellt, war der Eroberer von Ungarn,
dank der Freigebigkeit dreier Monarchen, zu einem für jene
2*
— 20 —
Zeiten riesigen Vermögen gelangt, das nach seinem Tode, wie
wir sehen werden, amtlich auf fast zwei Millionen geschätzt wurde.
Unverheiratet und ohne directe Erben, machte der kunstsinnige
Prinz von seinem Vermögen den vortrefflichsten Gebrauch, indem
er nach begonnener Anlage des Schlosses Belvedere, seines
Palais in der Himmelpfortgasse (heutiges Finanzministerium)
und seines Sommerpalais in der Gumpendorferstraße (in
dem sogenannten Eszterhäzygarten) das neuerworbene Schloßhof
zu einem Edelsitze vornehmster Art ausgestalten ließ.
Von Wien aus mit flinken Rossen und Pferdewechsel in
kaum einem halben Tage auf ebener Straße erreichbar, war
Schloßhof zu einem buen retiro für den fast 62jährigen, müden
Kriegshelden, der nunmehr eigentlich als ausgezeichneter Staats-
mann wirkte, wie geschaffen. Der Prinz sparte darum auch nicht,
das erworbene, halb verfallene Schloßhof bei seinem Wiederauf-
bau in reizendem Barockstil mit besonderem Luxus auszustatten.
Die Acten über die Bauthätigkeit des Prinzen sind leider
nicht erhalten, so daß man nicht mit Sicherheit den Künstler
nennen kann, welcher als Architekt der ganzen Anlage fungiert
und vor allem die Pläne des Baues verfertigt hat. Sachverständige
nehmen aber übereinstimmend an, daß es Meister Hildebrand
war, ein Schüler Fischers von Erlach, welch letzterer im
Jahre 1723 in Wien gestorben war. Dieser hatte nebst anderen
herrlichen Werken vorher schon dem Prinzen das Wiener Bel-
vedere erbaut, dessen Garten mit dem Schloßhofer-Park
so viel Ähnlichkeit aufweist. Die unvergleichliche Eigenart
dieses Künstlers finden kundige Augen in jedem Detail des
Schlosses, des Parkes und in der Zeichnung der berühmten
schmiedeeisernen Gitterthore heraus, mit denen Eugen den Park
schmücken ließ. Nach Hildebrands Entwürfen ist offenbar nicht
nur das Schloß in seiner inneren Ausgestaltung und Pracht ent-
standen, sondern auch der großartig in fünf Terrassen sich auf-
bauende Garten.
An der Fagade des Schlosses ließ sich wohl nicht viel machen,
wenn man sie mit jener des alten Castells in Harmonie bringen
wollte, umso verschwenderischer aber wurde das Innere des
Schlosses ausgestattet.
Wie Schloßhof, dieses Meisterwerk österreichischer Barock-
— 21 —
kunst, in der Eugen'schen Zeit- aüsgeseheri^^h^^^ siöht man an
vier Bildern des berühmteii Ganalettoi* welcher sie während
seines Aufenthaltes in Wien über Auftrag der Kaiserin Maria
Theresia gemalt hat. Diese Gemälden befinden sich im Wiener
kunsthistorischen Museum, unter jenen, welche das alte Wien
aus den Zeiten der großen Kaiserin darstellen.
Wenn man, wie gesagt, als die Seele des Baues, als den Ent-
werfer und Baudirector den Meister Hildebrand mit ziemlicher
Sicherheit annehmen kann, so sind anderseits viele Namen der
beim Schloß- und Parkbaue verwendeten Baumeister, Künstler
und Handwerker historisch nachgewiesen. Insbesondere enthalten
die pfarrämtlichen Bücher von Groißenbrunn, wohin damals
Markt und Schloß Hof eingepfarrt waren, nachstehende Namen:
Anton Zimmer, Garteningenieur und Ludwig Seibb, Feld-
ingenieur, welche, sowie Christian Willhammer, die günstigen
Terrainverhältnisse zur Anlage des Parkes ausnützten, ferner
Thomas Hiskhi, Steinmetzmeister, welcher die prächtigen Balu-
straden und Freitreppen, die Statuen, Vasen und Embleme im
Parke und an den Einfahrtsthoren schuf; endlich Christian
Krem er, Schlossermeister, welcher die Schmiedeeisenarbeiten
ausführen ließ, die vielleicht nirgends ihresgleichen hatten. Ein
Baumeister hieß Johann Georg Windpässinger, dessen Unter-
schrift auf einem Plane des Schlosses verzeichnet ist, ^welcher
im Schloßarchiv von Orth aufbewahrt wird.
Ein Heer von Arbeitern jeglicher Profession war beim Baue
beschäftigt; nachdem der Schloßbau und die Gärten in ihren
Hauptarbeiten schon nahezu fertiggestellt waren, beschäftigte der
Prinz noch immer mehr als 800 Personen, wie aus einem Schreiben
des damaligen Schloßverwalters Sebastian Fux zu ersehen ist,
womit dieser beim Passauer Consistorium um die Erneuerung der
Meßlicenz, welche mit dem Wechsel des Besitzers erloschen war,
einschritt, damit in der neuerbauten Schloßkapelle an Werktagen
für die hier „beschäftigten 800 Persohnen von Handwerksleuth
• Bernardo Beiotto, genannt Canaletto, (nach seinem Meister und
Oheim Antonio Canale) geb. 1724 in Venedig, gest. 1780 in Warschau, hat
diese in Zeichnung und Farbe gleich ausgezeichneten Gemälde in den Jahren
1758—1760 gemalt, somit bald darauf, als die Kaiserin Maria Theresia Schloß-
hof vom Herzog von Sachsen-Hildburghausen gekauft hatte.
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und Taglöhn^rn" die hl. -Messe gelesen werden dürfte, was auch
bewilligt wurde.
Auf diese Weise entstand unter Aufbietung des Kunstsinnes
des ritterlichen Prinzen und ganz enormer Geldsummen das
Schloß Hof im allgemeinen in jener Form, wie es bis auf uns
überkommen ist.
Das Schloß wurde von Grund auf umgebaut und stellte ein
einstöckiges,^ rechteckig angelegtes Gebäude im Spätrenaissance-
stil dar, mit einem hohen, doppelgiebeligen Dache, mit Hohl-
ziegeln gedeckt. Die Front steht nach Osten gegen den Park
zu, an der Westseite sind zwei mächtige Flügel vorgebaut*
Den Haupteingang ziert das große Wappen, der Giebel trägt eine
Uhr.* Dahinter befindet sich ein kleiner Thurm mit zwei Glocken,
die zur Messe rufen und auf denen die Uhr schlägt. Alle Fenster
des Schlosses trugen Jalousien; in der südöstlichen Ecke war
das Dach bis zur Höhe eines zweiten Stockwerkes erhöht, und
enthielt dieser Raum schon damals die hoch gewölbte Kapelle
und den Festsaal des Schlosses.
Die Ostfront ist in der Mitte mit Lisenen geziert, die Fenster
sind mit Kriegstrophäen, die an die Türkenkriege des Prinzen
erinnern, geschmückt, die Fagade wird von einem Frontispice ge-
krönt. Von der Schloßterrasse bietet sich eine liebliche Fernsicht
dar. Zu Füßen des Beschauers liegt der Schloßpark; weiterhin
schweift das Auge über fruchtbare Felder und Wiesen, von der
March getheilt in österreichisches und ungarisches Land. Jenseits
des Grenzflusses sieht man einige Orte Ungarns bis Malaczka,
* Auf den bereits erwähnten Gemälden von Canaletto welche in den
Jahren 1758—1760 gemalt wurden, erscheint Schloßhof einstöckig, das heutige
zweite Stockwerk wurde nach dieser Zeit unter der Kaiserin Maria Theresia
aufgeführt, da das Schloß für die große Suite, mit welcher die Kaiserin wieder-
holt in Schloßhof erschien, keine Räume hatte.
2 Von den vier Bildern über Schloßhof von Canaletto ist das erste von
H. Fischer als Radierung reproduciert worden. (Gesellschaft für vervielfältigende
Kunst in Wien).
Die Beschreibung dieser Gemälde, d. h. eine Abschrift aus dem großen
Katalog der kais. Gemäldegallerie von Eduard Ritter v. Engerth I. Band (Wien 1882)
zeigt die Beilage 2.
' Die Uhr ist dieselbe, welche heute noch besteht und im Jahre 1686
verfertigt worden ist» ein altehrwürdiges, sehr interessantes Werk.
— 25
— 26 —
dann im Bogen die bewaldeten kleinen Karpathen; ganz nahe
am linken Marchufer liegt der erste Höhenpunkt der Karpathen,
der Thebener Kogel; zu seinen Füßen bezeichnet die Ruine
von Theben und die hohe, seit 1896 stehende Milleniums-
Arpadsäule den Einfluß der March in die Donau. Nach Süd-
osten zu begrenzen die Höhen des Leithagebirgesbei Wolfs-
thal und Hainburg den Horizont, letzteres lieblich eingebettet
inmitten grüner Berge, überragt von der alten Hainburger
Schloßruine. Weiter nach Süden überblickt man einen großen
Theil des Marchfeldes, die Auen der Donau, Deutsch-Alten-
bürg mit seiner schönen, uralten, gothischen Kapelle unter dem
Türkenhügel, den Hundsheimer Kogel, die Höhen des
Wienerwaldes, und erst der zeitweilig klar sichtbare Schnee-
berg setzt dem Ausblicke eine Grenze.
Bevor wir zur Schilderung der Innenräume des Schlosses
schreiten, wollen wir die Außenbauten einer Beschreibung
unterziehen. —
Die alten Umfassungsmauern des alten, von Friedrich von
Pranckh erbauten und zu Vertheidigungszwecken eingerichteten
Castells wurden beim Umbau durch den Prinzen Eugen von
Savoyen beibehalten und kennzeichnen sich heute noch. Am
Westausgang mit dem Wallgraben beginnend, bilden sie nach
Süden und Norden die seinerzeitige fortificatorische Begrenzung
des Schloßgebietes, während gegen Osten die bastionartig vor-
springenden Mauern der obersten Parkterrasse den Abschluß bilden.
Von Westen her überschritt die von Niederweiden führende
herrliche Lindenallee auf einer Brücke den Wallgraben; dieser
Eingang ist als die seinerzeitige Hauptzufahrt zum Schlosse
zu betrachten. Kam man ja doch zu jener Zeit nicht von Marchegg
her nach Schloßhof, sondern von Wien aus über Groß-Enzers-
dorf, Orth, Engelhartstetten und Niederweiden. Diese
Haupteinfahrt war denn auch demgemäß wahrhaft imposant her-
gestellt. Dieseits des Wallgrabens standen rechts und links von
der Brücke zwei Thorwärterhäuschen; die Brücke selbst war mit
einem schmiedeeisernen Thore jener herrlichen Künstlerarbeit
abgesperrt, welcher wir auch weiterhin in Schloßhof noch begegnen
werden, und die von einer so außerordentlichen Schönheit und ,
— 27 —
einem Reichthum der Formen ist, daß selbst die ähnlichen Schmiede-
eisenarbeiten im Wiener Belvedere zurücktreten. Zwischen zwei im-
posanten, gemauerten Pfeilern, welche mit kriegerischen Trophäen,
an Eugens Siege erinnernd, und mit den mytholigischen Figuren der
Pallas und des Mars auf den Voluten der Pfeiler in schöner Stein-
metzarbeit geschmückt waren, befand sich das schmiedeeiserne Thor*
Die beiden Thorflügel waren von einem gleichfalls schmiede-
eisernen giebelförmigen Aufsatz in Barockform überragt, welcher
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Das Westthor in Schloßhof.
(Nach einer photographischen Aufnahme von Josef Wlha.)
nebst einem außerordentlich luftigen Gitterwerk in seiner Mitte
das Savoysche Kreuz^ oben die Herzogskrone trug. Die Füllungen
der ThorflügeUwaren mit kühn geschwungenen Formen, getriebenen
Masken, Früchtenkränzen, Blumen und .Blüten, Blättern und mit
reichen Ornamenten verziert Auch die Initialen des Prinzen, aus
Zweigen und Blüten gebildet, erschienen angebracht. Kunstkenner
erkennen in der kühnen Zeichnung dieser Ornamentik die Künstler-
hand Meister Hildebrands. Man könnte kaum glauben, daß
— 28: —
den Veriertigetn der Schloßhofer Gitterthore nur das starre Eisen
als Stoff zum Bilden vorgelegen ist.
Dieses Westthor, sowie die noch weiter zu erwähnenden
schmiedeeisernen Thore im Parke wogen ca. 260 Metercentner und
erregtenauf der Weltausstellung in Antwerpen im Jahre 1895,
wo sie vom k. u. k. Hofärar ausgestellt, den Ein- und Ausgang
den österreichischen Abtheilung bildeten, die allgemeine Auf-
merksamkeit, und Kenner behaupten, sie würden damals um
50.000 Franken viele Käufer gefunden haben.
Die Niederweidener-AUee fand im Inneren des Schloßgebietes
ihre Fortsetzung, indem eine vierfache Reihe von Linden —
welche sich glücklicherweise größtentheils noch auf der gegen-
wärtigen Sommerreitbahn erhalten haben — gegen das Schloß
zu führte. Auf zwei Rampen gelangte man, wie auf dem Canaletto-
schen Bilde (Seite 22) zu sehen ist, zum äußeren Schloß-
platze; die Ecken der Rampen waren mit sehr gut gearbeiteten
Steinfiguren im Barockstil geschmückt; zwischen den beiden
Rampen befand sich ein hervorragend schöner, monumentaler
Springbrunnen mit Neptun, auf einem Delphine stehend. Die
Rampen selbst trugen Steinbalustraden und Löwenfiguren.
Den übrigen Raum der heutigen Sommerreitbahn füllten
Rasenplätze aus; beiderseits standen damals schon die nach ein-
heitlichem Plane erbauten Stallungen mit sehr soliden und
geschmackvollen Bogenwölbungen. Das südliche Stallgebäude trug
noch nicht das Stockwerk; dieses wurde erst später unter Maria
Theresia aufgeführt.
Die Schloßeinfahrten von Norden, nämlich vom Meierhofe
aus und von Süden, von der heutigen Fasanerie aus, waren, gleich
dem Westeingange seinerzeit mit schmiedeeisernen Thoren abge-
schlossen; von dem Vorhandensein dieser Gitterthore zeugten noch
im Jahre 1899 die daselbst befindlichen künstlerischen Thorangeln.
Im Süden wurde das Schloß an Stelle der gegenwärtigen
Fasanerie von Weingärten begrenzt, welche an Markthofer
Bauern verpachtet waren. Den heutigen Schloßweingarten hat
aber Prinz Eugen selbst angelegt, indem er ihn mit den edelsten
Burgunderreben bepflanzte, die sich noch bis auf uns erhalten
haben. In diesem Weingarten stand an der Stelle des heutigen
Glashauses eine Schießstätte.
— 29 —
Auf der Süd-Terrasse, welche Eugen mit]vielen edlen Aprikosen -
bäumen bepflanzen ließ,, befand sich noch bis in die sechziger
Jahre des vergangenen Jahrhunderts ein kleines, freistehendes
Schloßtheater.
Analog wie die Süd-Terrasse, wurde auch die nördliche Terrasse
Schmiedeeisernes Thor auf der nördlichen Terrasse.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
ZU einem Obstgarten — hier mit Apfel- und Birnbäumen — um-
gestaltet.
Die Zugänge zu diesen beiden Terrassen vom Hofe aus
waren ursprünglich durch hölzerne Thore abgesperrt (siehe Ab-
bildung Seite 22), später wurden diese durch Drahtgitterthore ein-
— 30 —
fachet Art ersetzt, welche sich bis auf uns erhalten haben; auch
diese Thore waren mit Aufsätzen von Schmiedeeisen reich
verziert
Von Norden aus führte noch eine zweite Einfahrt direct in
den inneren Burghof; die Rampe war mit einem schmiedeeisernen
Gitter geschmückt und beiderseits durch ein zwar einfach aber
künstlerisch schön gearbeitetes Thor aus Schmiedeeisen abgesperrt.
Außerhalb des Schloßgebietes, an der Nordseite, stand schon
damals der herrschaftliche Meierhof, der zum Theile bereits
von Friedrich von Pranckh „sambt Stall, Stadt, Gärten und Teuch-
teln zugericht und erbauet wurde". (Schloßhof er Urbarium ex 1639).
Auch hier legte Prinz Eugen seine schaffende und verschönernde
Hand an, und heute noch ist die reiche, luxuriöse Ausstattung
der Stallungen und der sonstigen Gebäude im Meierhofe zu
constatieren.
Die längs der Nordseite zur Neudorfer Überfuhr führende,
900 Klafter lange Kunststraße, gegen die häufigen Über-
schwemmungen dammartig gebaut, hat gleichfalls Prinz Eugen
herstellen lassen.^ —
Bei der Anlage des Schloßparkes hatte Prinz Eugen Gelegen-
heit, die ganze Schönheit der französischen Gartenkunst sich
entfalten zu lassen. Der Garten ist terrassenförmig angelegt.
Die ganze Anlage weist eine auffallende Ähnlichkeit mit
dem Wiener Belvederegarten auf; hat doch letzteres Palais
Fischer von Erlach, Schloßhof aber sein genialer Schüler
Hildebrand entworfen. Im allgemeinen ist uns der Schloßpark
seiner ursprünglichen Anlage nach erhalten geblieben, wenn auch
eine lebhafte Phantasie und eine intensive Freude am Historischen
nothwendig ist, um sich aus den dürftigen Resten ein Bild zu
formen von der alten, bestandenen Pracht und Herrlichkeit, wie
sie uns die Canaletto'schen Bilder darstellen.
Unmittelbar an der Ostseite des Schlosses führt eine Platt-
form, von welcher man auf drei Treppen zur ersten Garten-
terrasse herniedersteigt. Diese, ringsum mit Sandsteingeländern
und Steinbalustraden von aneinandergereihten Vasen umgeben,
^ Eine Brücke über die March wurde erst unter Maria Theresia 1771
erbaut; sie wurde durch Hoch Wässer wiederholt zerstört, endgiltig im Jahre 1880
durch den Eisstoß der Donau. Seither ist sie leider nicht mehr hergestellt worden.
— 31 —
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— 82 —
welche vor dem Schloßausgange zwei mythologische Figuren
zierten, besitzt in der Mitte ein schwungvoll angelegtes steinernes
Bassin mit einer Najade, der ein mächtiger Wasserstrahl ent-
sprang. Diese Terrasse läuft in Bastionen aus, welche ebenfalls
mit Steinbalustraden geziert waren; Rosenbeete und Blumen-
parterres schmückten die Terrasse, von welcher man auf zwei
rampenartig gebauten Treppen, welche ein meisterhaftes, schmiede-
eisernes Geländer trugen, zur „Brunnen-Grotte" gelan gt.
Brunnen-Orotte.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Aus dem Maule eines Seeungeheuers plätschert Wasser über
drei Muscheln in ein Steinbassin, rechts und links stehen in
Nischen mit sehr stilvollen Deckenornamenten „Danubius" und
die „March" in hervorragender Barockarbeit. Diesen lauschigen,
kühlen Raum schloß gegen den weiteren Garten das bereits
erwähnte, zweite Gitterthor ab.
Dieses herrliche Schmiedeeisenthor, von massiven Pfeilern
mit schönen Steinvasen getragen, zeigt in veränderter, entzückend
— 38 —
schöner Form dieselbe, über alles erhabene Arbeit, wie wir sie
bei der Schloßeinfahrt im Westen bereits bewundert haben. Auch
hier ist* der kühn aufgebaute Aufsatz mit der Herzogskrone
geschmückt. Das Savoy'sche Kreuz, umrahmt von' einem Frucht-
kranze, umgeben äußerst schön geschwungene Ornamente, von
Gitterthor auf der zweiten Parkterrasse.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Hildebrands Meisterhand entworfen; die Thorflügel selbst weisen
das zierlichste Gitterwerk auf, voll harmonisch komponierter,
omamentaler Verzierungen.
Die Bastionen dieser Terrasse waren und sind heute noch
mit Obstspalieren verkleidet.
Zur zweiten Terrasse stieg man auf drei Freitreppen hinab,
3
— 34 —
von denen heute nurmehr die mittlere existiert; diese Treppen
waren mit Vasen und mythologischen Figuren geziert von hohem,
künstlerischem Werte. Die zweite Terrasse enthielt nebst einem
Springbrunnen in der Mitte große Beete mit Teppichgärtnereien,
an die sich je zwei Reihen von Orangebäumen anschlössen; den
übrigen Raum nahmen Laubengänge (Berceaux) aus Schmiede-
eisen ein, über welche sich ein dichtes Laubdach rankte und
tiefschattige Promenadewege ergab. Hier standen auch vier hoch-
Freitreppe im Parke.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
gewölbte Lusthäuser, vergittert, aus Schmiedeeisenarbeit, über
welche eine Rechnung existiert, wonach sie 8000 Dukaten ge-
kostet hatten. Auch diese Terrasse war nach Osten zu mit
steinernen Balustraden abgegrenzt, welche in der Mitte einen
Aussichtspunkt bieten, flankiert von überlebensgroßen, meister-
haft componierten, in Sandstein ausgeführten mythologischen
Gruppen. Diese letzteren sind uns noch erhalten geblieben, im
übrigen besitzt aber diese Terrasse heute nur noch zwei vier-
reihige Alleen herrlicher alter Linden und Kastanien, ein Bassin
— So-
und Rasenplätze mit selten schönem Buxus begrenzt, innerhalb
dessen Obstbäume stehen.
Auf zwei imposanten Treppen, abermals mit Steinvasen und
Kindergruppen aller Art verziert, gelangt man hinab auf die
dritte Terrasse, die neuerdings mit Blumenparterres, Orangen-
Amoretten- und Kindergruppe im Parke.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
bäumen und spalierartig gestuzten Laubwänden ausgefüllt war.
In allen Bosquets und den vielen lauschigen Plätzchen standen
Steinvasen und Figuren, die Terrassenmauer in der Mitte war
mit Steinplatten bedeckt, welche herrliche Haut-Relief bilde r
aus der Mythologie trugen, zwischen denen das Wasser in vier-
facher Cascade in ein Steinbassin herabstürzte.
3*
— 36 —
Die letzte Terrasse endlich, zu welcher gleichfalls zwei
Freitreppen hinabführten, enthielt ein mächtiges Bassin mit
Marmoreinfassung und einer wasserspeienden Tritonengruppe, eine
Wassercascade mit Drachenkopf und Vasen und war im übrigen
mit schönen Baumalleen und einem Labyrinth gestutzter Hecken,
Amoretten- und Kindergruppen im Parke.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Laubwänden und versteckten Pfaden ausgefüllt, welche jieuerdings
mit Statuen, Stein bänken und Sitzen überall geschmückt waren.
Den Abschluß des Parkes nach Osten hin bildete endlich
das dritte der berühmten Schloßhofer Eisenthore. In ebenso
schöner, jedoch wieder veränderter Form, wie die beiden bereits
beschriebenen, bestand dieses Thor aus zwei mit Kriegsemblemen
— 37 —
gezierten Steinpfeilern mit Voluten und aus der ganz hervor-
ragend gearbeiteten schmiedeeisernen Doppelthüre sammt Aufsatz.
Namentlich der letztere weist Barockformen von reizender Com-
position auf, während sich in den Füllungen der Thorflügel ein
zartes Gitterwerk und äußerst feine Ornamente befinden. Auch
Amoretten- und Kindergruppe im Parke.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
dieses Thor war von der Herzogskrone geschmückt, während hier
das Savoy'sche Kreuz fehlt.
Die geschilderte Pracht und Ausstattung, welche uns heute
noch auf den Canaletto'schen Bildern entzückt, macht es begreif-
lich, daß der Prinz Eugen Riesensummen auf denselben ver-
wenden mußte; aber ganz abgesehen von dem Kostenpunkte,
— 38 —
war eine so gewaltige Terrainbewegung von einem Privatmanne
nnr zu jener Zeit ansfährt)ar, wo nocb Robot und Leibeigensdiaft
die Riesenaibeit ennög^diten.
Noch die Wasserfrage ist zu erörtern. Die vielen Bassins
und Springtmmnen l)edurften einer großen Menge von Wasser;
Letztes Parkthor.
(Nach einer photog^aphischen Aufnahme von J. Wlha.)
die Trinkwasserleitung, von welcher noch später die Rede
sein wird, konnte zu diesem Zwecke selbstverständlich nicht heran-
gezogen werden. Prinz Eugen verwendete hierzu vielmehr das
Wasser aus den Groißenbrunner Teichen. Er ließ daselbst
ein hölzernes Schöpfwerk erbauen, welches das Wasser aus
den Teichen hinauf in das Wasserreservoir pumpte, dessen Dämme
— 39 —
sich heute noch auf dem Groißenbrunner Berge unversehrt er-
halten haben, und welche als das „Öde Wasserreservoir"
bezeichnet werden.
Wenn dieses Reservoir eine Klafter hoch gefüllt war, faßte es
231.552 Eimer. Von hieraus, also mit ziemlichem Hochdruck, wurden
die Bassins und Springbrunnen im Schloßgarten mittelst einer Röhren-
leitung gespeist. Das Schöpfwerk ging zu Ende des XVIII. Jahr-
hunderts zugrunde, dem Parke wurde kein Wasser mehr zugeführt,
die trocken liegenden Bassins wurden mit Erde ausgefüllt und als
Blumenbeete benutzt. Daß infolge des Wassermangels aber auch
der ganze Schloßpark nach und nach vertrocknete und verwilderte,
ist einleuchtend. Erst unseren Tagen war es vorbehalten, dem alt-
ehrwürdigen Parke mit theilweiser Benützung der aufgefundenen
Eugen'schen Trinkwasserleitung wieder Wasser zuzuführen. —
Bei der Beschreibung des SchLosses selbst muß voraus-
geschickt werden, daß es dem Verfasser dieser Studie unmöglich
war, die Widmung aller Räume zur Zeit des Prinzen Eugen
von Savoyen in Erfahrung zu bringen; diese Daten haben sich
nicht erhalten und es wurde auch die Bestimmung und Ver-
wendung der einzelnen Säle und Zimmer im Laufe der Zeit
abgeändert. Es wird sich demnach die vorliegende Studie in
dieser Periode im allgemeinen auf die Aufzählung und Schilderung
jener Kunstwerke beschränken müssen, welche vom Prinzen Eugen
geschaffen, von Maria Theresia übernommen worden sind und
sich — allerdings nur zum geringen Theile — bis auf unsere
Tage erhalten haben.
Von den kostbaren Schmiedeeisenarbeiten waren einige
auch im Inneren des Schlosses angebracht. Mehrere kleinere Gitter,
von denselben Meistern verfertigt, befanden sich bei den Stiegen-
aufgängen, und zwar sowohl vor der Haupttreppe, als auch
vor den beiden Seitenstiegen; auch die heute noch vorhandenen
Ober lichten der an der Stirnseite der Schloßflügel befindlichen
Hofthüren tragen geschmiedete Verzierungen mit dem Kreuze von
Savoyen. Das Treppengitter im Stiegenhause ist, im Einklänge
mit der Bescheidenheit der ganzen, in ziemlich engem Rahmen
gehaltenen Stiegenanlage, sehr einfach construiert.
Eine der größten Kostbarkeiten, welche Prinz Eugen auf
— 40 —
^ Schloßhof verwendete, sind die Kamine. Bei allen Stücken wird
die Kaminöffnung von einer schön geschwungenen Marmor-
Einfassung, roth, schwarz oder gelb, umrahmt; darauf ruht ein
monumental ausgeführter Aufbau aus italienischer Marmorimitation,
die als Umrahmung für ein Reliefbild dient, das in seiner Fein-
heit, Grazie und Originalität seinesgleichen sucht. Der Vorwurf
zu diesen Reliefbildern ist, wie dies auch bei dem statuarischen
Schmuck des Parkes der Fall ist, der Mythologie der Griechen
und Römer entnommen. Jeder Kamin ist anders, jeder ein Meister-
werk und hat sehr viel Geld, einer, wie wir sehen werden, sogar
20.000 Gulden gekostet. Zur Ausstattung dieser Kamine gehörte
je ein „Feuerhund" auf meist messingenem Gestelle mit Figuren
und Ornamenten, dann, nebst Feuerzange und Schaufel, ein
Schrägen zum Aufschlichten des Brennholzes und ein paravent-
artiger „Feuerschirm".
y Außer den Kaminen gehören die Prinz Eugen'schen Plafonds
aus Stuccaturarbeit zu den Specialitäten von Schloßhof. Sie haben
durchwegs mythologische Darstellungen zum Vorwurfe und sind
in der meisterhaften Ausnützung des Raumes, in ihrer künst-
lerischen Ausführung und der reizenden Omamentalzeichnung
einzig in ihrer Art. Besonders bemerkenswert ist die meisterhafte
Darstellung der Wolken an allen diesen Plafonds, ein Vorwurf,
der bei Haut-Reliefarbeiten große Schwierigkeiten bereitet. Von
diesen herrlichen Plafonds sind uns bis auf jenen im Sommer-
speisesaal des Prinzen, welcher ursprünglich offenbar viel reicher
ausgestattet war, alle erhalten geblieben; von den Kaminen sind
viele im Laufe der Zeit entfernt worden ; indessen sind uns noch
immer fünf herrliche Kamine verblieben.
Außer den erwähnten Kostbarkeiten schmückte der schön-
y heitsliebende Prinz alle Wohn- und Repräsentationsräume mit
großen venetianischen Spiegeln, von denen einzelne bis
1000 Dukaten gekostet haben; dieser Preis erscheint erklärlich,
weil vor 175 Jahren die Spiegelindustrie, namentlich bei so
großen Stücken, noch bedeutenden Schwierigkeiten begegnete,
und weil der Transport dieser Spiegel von Italien bis hierher ja
per Achse geschah.
Von den Parterreräumen des Schlosses wurden die meisten
als Wirtschaftsräume, als Diener-, Jäger- und Schloß-
^-
— 41 — »
gärtnerwohnungen benutzt; in letzter Zeit befanden sich im
Südtrackte, neben der Garteneinfahrt, die Kanzleien der Guts-
verwaltung Schloßhof. Indessen sind von diesen Parterre-
räumen als interessant nur folgende zu erwähnen: die Schloß-
kapelle, die beiden Speisesäle und die Küche sammt Zucker-
bäckerei.
•"^ Prinz Eugen fand, wie bereits erwähnt wurde, im alten
„Gienger-Schlößchen" eine kleine Hauskapelle vor; wie er
aber alles auf seiner Herrschaft verbesserte und verschönerte, so
gestaltete er auch die Kapelle, die sich in der südöstlichen Ecke
des Schlosses befindet, zu dem jetzt noch erhaltenen Pracht-
raume. Sie wurde in den Jahren 1725 bis 1730 hergestellt.
Die Kuppel derselben reicht bis über das zweite Stockwerk
hinauf und ist mit Frescomalereien bedeckt, welche die Verherr-
lichung der heiligen Dreifaltigkeit darstellen; in den vier Ecken
enthält sie die Leidenswerkzeuge Christi, von Amoretten getragen,
auf Goldgrund gemalt. Die Wände sind mit kostbarer Marmor-
imitation weiß und roth- braun bedeckt und mit außerordentlich
reich vergoldeten Barockstuccaturen geschmückt, welche der
Veltiner Santino Bussi verfertigt hat.
Der Altar, aus rothem Marmor, hervorragend künstlerisch
gemeißelt, wird von einem Altarblatt gekrönt, die Kreuzabnahme
darstellend; Jährend die einen das herrliche Gemälde eine — -=
Copie nach Rubens nennen, dessen Originale Eugen in seinem
Wiener Belvedere besaß, halten es andere für eine Copie der
Kreuzesabnahme von Solimena in der Wiener Galerie.
j* ^^Die Kapelle besitzt zwei vom ersten Stockwerke zugäng- y
liehe Oratorien, deren Wände mit äußerst zart ausgeführten
Reliefs geschmückt sind, in Medaillons die vier Cardinaltugenden
darstellend. Den einen Plafond zieren in Stucco die Insignien
der priesterlichen Würde, den anderen Musikinstrumente, von
Engeln gehalten, wie sie zierlicher nicht bald wieder gefunden
werden. ^Auch- 4te -Sacrtstei besitzt einen bemerkenswerten-
^Plafond» Der Boden der Kapelle ist mit roten Marmorplatten
gedeckt. Das aus Holz geschnitzte, reich vergoldete Tabernakel,
mit gewundenen Säulenpaaren, Engeln und Engelsköpfen paßt
harmonisch mit der ganzen Einrichtung des Altars zusammen.
Während die bisher aufgezählten Kunstschätze der Schloßkapelle
— 42
uns erhalten geblieben sind, wurden die anderen Einrichtungs-
stücke, meist aus der Zeit des Prinzen Eugen stammend, bei
der Übergabe Schloßhofs an die Heeresverwaltung entfernt und
nach anderen kaiserlichen Schlössern überführt In der Kapelle
standen vier barock geschnitzte, aus neunerlei Holz eingelegte
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Der Altar in der Schloßkapelle.
(Am ateuraulnahme.)
Kirchenstühle, wahre Meisterwerke der Intarsienkunst, in der
Sacristei befand sich ein prächtiger, geschnitzter Paramenten-
kasten, dann kostbare Kirchen-Paramente und Meßgewänder, ein
sehr wertvoller kupfergetriebener Kessel mit einem Engelskopfe
als Verschluß, ein mit Eugens Wappen verziertes Meßbuch und
mehrere Heiligenbilder. Die beiden Oratorien waren mit je neun
— 43 —
rothdamastenen, aus dunklem Holze geschnitzten Tabourets aus-
gestattet. Von den Meßgewändern sind einige, aus der Zeit
Maria Theresias stammende, handgestickte Stücke, dann eine alter-
thümliche Orgel heute noch vorhanden.
Die Schloßkapelle macht auf jeden Besucher einen erhebenden
Eindruck, und wohl Manchen überkommt in dem prachtvollen,
stilvoll schönen und lichtgedämpften Räume die Empfindung,
Der kleine Speisesaal.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
als umwehten ihn hier fromme Gebete fürstlicher Geschlechter
aus .vergangenen Jahrhunderten.
^^^er heute als Lehrsaal in Verwendung stehende Raum diente
zur Zeit des Prinzen Eugen als Speisesaal für kleinere Gesell-
schaften, während große Tafeln in dem großen Speisesaale^ im
* Unter Maria Theresia diente der heutige Lehrsaal gleichfalls als Speise-
saal, während der heutige Officiersspeisesaal als Empfangssaal für Deputationen etc.
verwendet wurde.
— 44 —
ersten Stockwerke abgehalten wurden. Er liegt zwei Stufen unter
dem Niveau des Hofes und besaß gegen den Obstgarten hin
eine Thüre, die zum Schloßtheater führte.
Die schöne Wölbung dieses Raumes ist mit herrlichen
Ornamenten in Stucco bedeckt und trägt ein Hautreliefbild,
Amoretten darstellend, welche mit Falken der Reiherbeize obliegen.
Der Kampf der Falken mit den schönen Vögeln ist in dieser
äußerst schwierigen Mache meisterhaft dargestellt. Längs der
Wände tragen Säulen an ihren Capitälern Frauenbüsten en relief,
mitten im zartesten Gitterwerk in Stucco. Der Kamin, aus
schwarzem, weißgeädertem Marmor, besitzt einen kühn aufgebauten
Aufsatz in weißem Stuck, ohne Vergoldung, mit einem Reliefbild
in der Mitte, welches zwei Amoretten mit einem erbeuteten Reiher
darstellt. Vor der Übergabe des Schlosses ans Kriegsärar 1899
stand hier ein grüner, schöner Kachelofen, dem erwähnten Kamin
gegenüber; die in den Obstgarten führende Thüre wurde ver-
mauert, die Fenster — einem Lehrsaale entsprechend, vergrößert
und eine Schulzimmereinrichtung hineingestellt. Tempora mutanturl
Hier, wo einst der greise Prinz in trautem Freundeskreise nach
eingenommenem Mahle seinem täglichen Spielchen obgelegen
sein mochte, hier, wo später die große Kaiserin eine illustre Hof-
gesellschaft um sich versammelte, wo unter hellem Gläserklang
manch höfisch wohlgesetzte Rede gehalten worden sein dürfte, —
heute wird hier vom Lehrtische aus jene graue Theorie gelehrt,
die wohl mit Pferd und Reiten in Verbindung steht, mit der
seinerzeitigen Lust und Freude dieses schönen Raumes aber
Nichts mehr gemeinsam hat. V
Der heutige Garte nsalonnatte zu Eugens Zeit, und auch
später unter Maria Theresia, die Bestimmung als Sommer-
speisesaal, als welcher er auch heute zeitweilig verwendet wird.
Man nannte ihn Salla terrena; der Raum, welcher gleichfalls
zwei Stufen unter dem Niveau des Hofes liegt, und aus welchem
eine große Flügelthüre direct in den Schloßpark führt, muß jeden
Beschauer entzücken, ebenso das an diesen Salon anschließende
Cabinett. Dieses mochte wohl dazu gedient haben, um sich bei
kälterem Wetter nach Tische hierher zurückzuziehen. Stuccaturen
und Bildhauerwerke passen sich ganz den herrlich geschwungenen
Bogen der Wölbungen an und das Licht aus dem Garten dringt
— 45 —
sommerlich, aber gedämpft durch die tiefen, reichgeschmückten
Fensternischen herein. Im größeren Saale sind am Plafond auf
Wolken fliegende Amoretten in Stucco dargestellt, die Wände
sind durch Nischen und Säulen unterbrochen, in welchen Engel
mit Fruchtstücken angebracht sind.
Wandschmuck der Salla terrena.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Plafond und Wände haben hier übrigens stark gelitten; am
Plafond sind nur wenige Amorettengruppen mehr vorhanden, die
seinerzeit mit Marmorimitation belegten Säulen an den Wänden
sind übertüncht. In dem erwähnten anstoßenden Cabinet, welches
einen in Goldstuck reich verzierten Plafond mit zwei kleinen
reizenden Reliefmedaillons besitzt, befindet sich eine überaus
— 46 —
schön componierte Wanddecoration; in vergoldeter, kühn ge-
schwungener Ornamentstuccatur ist ein Medaillon eingelassen,
welches ein Amorettenpaar, eine Blumenvase haltend, zum Gegen-
stand hat.
Von dem ursprünglichen Ameublement der Salla terrena
Wandschmuck der Salla terrenna.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
ist nichts bekannt, vor der Übergabe des Schlosses an die Heeres-
verwaltung standen daselbst lediglich weiß lackierte Sessel mit
Strohgeflecht.
Die Schloßküche und Zuckerbäckerei sammt Speise-
und Geschirrkammern waren im ganzen Parterre des nörd-
lichen Schloßflügels untergebracht. Die Küche befand sich in
— 47 —
demselben Räume, wie die heutige Officiersküche, und besaß
eine ganze Reihe von Backöfen und Kochherden. Die Zucker-
bäckerei war in dem heutigen Motorraume und den an-
schließenden Zimmern untergebracht; in dem ersteren Räume
befand sich nebst vier Kochherden ein großer Backofen. Küche
Wanddecoration im Cabinet neben der Salla terrena.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
und Zuckerbäckerei des Prinzen Eugen war echt italienisch
eingerichtet^ mit kupfernen Kesseln und Eimern, Kannen, Kasse-
rolen, Wannen, Töpfen und Pfannen, die ein Gesammtgewicht
von mehr als einer Tonne ausgemacht haben sollen, mit Zinn
und Messing, das blank zu erhalten schon allein einen Diener-
und Mägdetroß erforderte, und welches eine ganze Wagen-
— 48 -
coloiHie beanspruchte, als es im Jahre 1899 aus Schloßhof weg-
geführt wurde.
Die Räume des ersten Stockwerkes im Nord- und Ost-
tracte waren vom Prinzen Eugen als Wohn- und Prunkräume
für den Schloßherrn, jene des Osttractes als Bildergallerie,
1 - - -
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7 1
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Marmorkamin im Hofdamenzimmer.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
«ndlich die Gemächer an den Enden der beiden Schloßflügel,
der „Pavillons", für die häufigen Gäste des Prinzen bestimmt
und demgemäß eingerichtet. Alle diese Zimmer waren mit hartem
Holze parkettiert; im Ost- und Nordtracte sind diese alten
Parketten zumeist heute noch erhalten, im Südtracte, wo sie
von der intensiven Sonne am meisten gelitten haben mochten,
— 49 — *
wurde gelegentlich der Adaptierung des Sciilosses im Jahre 1899
/"ein neuer Parkettboden gelegt.
(^ Jf Die gegenwärtige Garderobe des Officierskasinos führte
den Namen „HundesaaP, weil daselbst mehrere Gemälde mit
Thierstücken angebracht waren, darunter ein riesiger Hund, neben
welchem ein Knabe — Prinz Eugen als Kind — steht, ferner
ein zweites Bild, einen späteren Lieblingshund des Prinzen dar-
stellend; außerdem befanden sich hier mehrere Jagdstücke, dann
Bibelbilder, wovon eines Salomons Urtheil behandelte. Diese Bilder
wurden gelegentlich der Adaptierung in das kaiserliche Jagd-
schloß Eckartsau geschafft; überdies wurde aus diesem Räume
der schöne blaue Ofen entfernt, ebenso wie die kostbare Hänge-
laterne mit geschnittenen Gläsern. ^
^ J^ Das anschließende Zimmer, der heutige Frühstücksraum,
/ war mit geblümter Seide tapeziert und diente unter Maria Theresia
/ als Zimmer für zwei Hofdamen. Es war mit zwei seidenen Himmel-
betten, einem Tricktrackspieltisch, mit Kästen und weißlackierten
Stühlen eingerichtet. Vom Plafond hing ein sechsarm iger, Vene-
tianer Lustre. Die geschnitzte Holztäfelung am Sockel des ganzen
Raumes, über und in den Fenstern und Thüren — weiß mit grau-
braun — ist uns, ebenso wie der herrliche und kostbare Kamin
erhalten geblieben.
Dieser Kamin, sowie auch der Rahmen des Aufsatzes ist
aus grauweißem, rothgeädertem Marmor gemeißelt, mit reich ver-
goldeten stilvollen Ornamenten und Kränzen. Der Aufsatz endigt
oben in ein barockgehaltenes Capital und trägt in der Mitte ein
Reliefmedaillon, darstellend eine Göttin unter Palmen, welcher
Ganymed Speisen serviert. J(
Das heutige Billardzimmer war mit gelber Seide tapeziert,
enthielt unter Maria Theresia zwei Himmelbetten mit ge-
stickter gelber Seide und Atlas, zwei kostbare Tische mit Mosaik-
marmorplatten, mehrere mit gelber Seide bezogene Sessel und
Tabourets, einen Glaslustre, ein Gemälde des Kaisers Franz I.
und den heute noch vorhandenen venetianischen Wandspiegel.
Der Sockel der Wände, die Füllungen der Thüren und Fenster
und die Aufsätze über denselben sind mit Holz vertäfelt, weiß
mit hellgrau gehalten und mit stilvollen Holzschnitzereien ver-
ziert. Der Kamin ist aus diesem Räume entfernt worden und nur
4
und
— 50 —
der Kaminaufsatz in weißem mit grau verziertem Stuck, ist uns
geblieben; sein Medaillon stellt als Reliefbild wohl Mutius Scaev.ola
dar, die Hand am Feuerherd verbrennend. Die Plafondstuccatur
behandelt eine auf Wolken ruhende Göttin, von Amoretten um-
geben, welcher Mercur Bericht erstattet. J^
Der weitere Raum im Nordtracte, das einfensterige Zimmer
mit gehöhltem. Plafond diente als Dienerzimmer, das heutige
Dienstzimmer des Commandanten als Fremdenzimmer
Stuccplafond.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
resp. als Zimmer einer Hofdame. Letzteres war mit grünlicher,
geblümter Seide tapeziert und besaß an Meublement ein Himmel-
bett aus strohgelbem Taffet mit Seidenborten, eine mit gleich-
farbigem Damast bezogene Sitzgarnitur, Rococotische aus Roth-
eibenholz und einem Eckkasten mit Marmorplatte. Der Plafond,
einer der schönsten im Schlosse, stellt in Stuccatur im Mittel-
felde zwei griechische Göttinnen dar, umgeben von Amoretten,
auf Wolken dahinschwebend.
— 51 —
Dieses Reliefbild umgeben rings herum äußerst fein ge-
schwungene Ornamente; der ganze Plafond ist aufgewölbt, über
dem Gesimse stehend, mit schönen Rabatten in den vier Ecken.
Das heutige Adjutantenzimmer war ebenso, wie das
Schreiberzimmer, für die Dienerschaft bestimmt; beide Räume
waren unter Maria Theresia durch einen hölzernen Zwischenboden
in zwei über einander liegende Kammern getheilt, zu deren
oberen je eine kleine Holztreppe führte.
Das dazwischen liegende, einfensterige Zimmer, welches
gegenwärtig der Verwaltungs-Commission zugewiesen ist, war
ebenfalls ein Fremdenzimmer, und enthielt als bemerkenswerte
Stücke ein Himmelbett aus grünem Damast, ein gleichfarbiges
Sofa, Stühle und zwei Rococokästen; auch hier ist der Plafond
sehr beachtenswert: er ist mit einem besonders zarten und schön
componierten Ornament in Stucco geziert.
Von den am Ende des Nordtractes, im sogenannten Pavillon
befindlichen sechs Zimmern waren die beiden mittleren als
Fremdenzimmer, die vier Eckzimmer für die Dienerschaft be-
stimmt; diese letzteren waren durch Zwischenböden in zwei über-
einander liegende Gelasse getheilt; zur oberen Abtheilung führte
eine hölzerne Wendeltreppe. Das eine Fremdenzimmer — nach
Süden ^ enthielt ein Himmelbett von blauem, das andere —
nach Norden — ein solches von gelb und weiß geblümtem Damast.
Vom heutigen Frühstückszimmer uns nach rechts wendend,
betreten wir vorerst den dreifensterigen Speisesaal. Derselbe
war unter Prinz Eugen, wie bereits erwähnt wurde, demselben
Zwecke, gewidmet, als Speisesalon bei festlichen Anlässen, was ^
auch die bildhauerischen Darstellungen am Plafond und aip Kamin
bekräftigen; unter Maria Theresia wurde dieser schöne Raum als
Empfangssaal verwendet, wo wiederholt die Deputationen des
Preßburger Reichstages empfangen worden sind. Zur Zeit der
großen Kaiserin bestand die Einrichtung dieses Saales lediglich
aus Stühlen und Tabourets von weißem und schwervergoldetem
Schnitzwerk mit rothem Damast überzogen, aus zwei herrlichen
Marmortischen mit gedrehten Füßen aus braunem Holz und zwei
Glaslustern; an den Wänden waren mehrere große Spiegel in
Barockgoldrahmen angebracht und an der einen Wand stand ein
Thronhimmel mit einem reich geschnitzten Armsessel. Das, was
4*
— 52
uns in diesem Zimmer erhalten geblieben, ist die die ganzen
Wände bedeckende Holzverkleidung, weiß in Gold gehalten, mit
schönen Stabformen und vergoldeten Bouquets, was dem Räume
ein besonders vornehmes Gepräge gibt, dann der Plafond und
der ganz hervorragend schöne Kamin. Der erstere weist in
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Marmorkamin im großen Speisesaal.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Stuccaturarbeit eine Anzahl von Gruppen auf, bestehend aus je
zwei trinkenden und trunkenen Faunen und Amoretten.
Der Kamin, aus grau und weiß geflecktem, italienischem
Marmor, trägt in seinem Aufsatze zwei Säulen, die oben in ein
schön componiertes Gesimse auslaufen. Der ganze Aufbau ist
überaus rejch in kühner Ornamentik vergoldet; das im Aufsatze
— 53 -
eingelassene Reliefbild behandelt in selten lebendiger Composition
eine Scene trunkener und tanzender Faunen und Bacchanten.
Die zunächst gelegenen zwei Räume, das heutige Musik-
und das Lesezimmer, zählten bereits zu den Privatgemächern
des Prinzen Eugen und später der Kaiserin Maria Theresia.
Der erstere dieser Räume hieß „ehemaliges Arbeitszimmer
Seiner Majestät" und war mit persischem Zitz ausgeschlagen,
den Eugen den Türken im Lager von Zenta abgenommen hatte.
An Meublement standen daselbst zwei kostbare Marmortische,
ein Tischchen, welches Maria Theresia vom Kaiser von China
zum Geschenke erhalten, mit eingelegter Perlmutterarbeit, ein
Glaslustre, ein hoher, venetianischer Spiegel in weißem Rahmen,
ein Ruhebett nebst mehreren gleichfalls mit Zitz bezogenen
Stühlen. Auf uns ist bloß die in weiß und gold gehaltene Holz-
verschalung am Sockel und an den Fenster- und Thürfüllungen
überkommen, dann der in Stucco gearbeitete Plafond, endlich
der Kamin, unzweifelhaft der schönste von allen noch vorhandenen.
Der Plafond hat die Göttin der Musik zum Gegenstand, deren
Gesänge Mars in Waffen lauscht, während Amoretten auf meister-
haft dargestellten Wolken tanzen. Der herrliche Kamin, aus
purpurrothem, weißgesprengeltem Marmor soll 20.000 fl. gekostet
haben; in schönem Schwung umgibt das Marmorgesimse die
Kaminöffnung, welche mit einer Eisenplatte, der einzigen bei
allen noch vorhandenen Kaminen, abgeschlossen ist, auf der
das savoysche Wappen dargestellt erscheint. Der Aufsatz des
Kamins ist barock gehalten, altarmäßig aufgebaut und endigt in
ein schön construiertes Gesimse. Er trägt köstliche, vergoldete
Ornamente mit einem von Strahlen umgebenen Relief köpfe.'
Das Medaillon, umgeben von vergoldeten Bändern, stellt drei
Amoretten im Kriegsschmuck dar, mit Panzer, griechischem Helm
und Fahne. Der Gesammteindruck dieses Kamins ist der eines
hervorragenden Kunstwerkes und bildet ein wahres Cabinetstück
des Schlosses.
Das heutige Lesezimmer des Officierskasinos hieß
„ehemaliges Schlafzimmer Ihrer Majestäten", war ebenso
wie das vorhergehende mit persischem Zitz ausgeschlagen, und
enthielt zwei Himmelbetten, mit Vorhängen aus geblümtem Zitz,
einen Marmortisch, ein Sofa mit vier Sesseln und vier Tabourets
— 54 —
mit gleichem Gewebe, eine kostbare französische Stockuhr aus
Ebenholz mit einer Brohcefigur und einen Wandspiegel in weißem,
vergoldetem Rahmen. Hier stand ein wertvoller weiß mit Gold
verzierter Kachelofen; seine Stelle wird heute noch durch zwei
hohe goldbekränzte Marmorplatten bezeichnet, aus lichtem, gelb-
Marmorkamin im »ehemaligen Arbeitszimmer Sr. Majestät*.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)]
geädertem Stein, welche in die Mauer eingelassen sind. Der
Plafond dieses Zimmers hat zum Vorwurfe Minerva, welche
Amoretten mit Zweigen als fliegende Boten entsendet. Im Übrigen
ist der Raum am Sockel, an den Fenster- und Thürfüllungen
weiß in Gold ausspaliert und mit stilvollen Holzschnitzereien geziert.
Mit dem nun anstoßenden, in der nordöstlichen Ecke des
— 55 —
Schlosses gelegenen, vierfensterigen Salon beginnt die gegen
Osten liegende Flucht von Appartements, welche heute die
Wohnung des Instituts-Commandanten bilden, und auch
seinerzeit durchwegs die Wohnräume der Herrschaft, des Prinzen
Eugen und Maria Theresias darstellten. Die Fenster dieser Front
und der dazugehörige Balcon vermitteln die liebliche Aussicht
über den Park in die Berge.
Dieses erste Zimmer, „das Sitzzimmer Ihrer Majestät"
genannt, wurde zugleich als Spielzimmer verwendet. Es war mit
grauer Seide, durchwirkt von großen Rosen, sogenannten Gros
de Naple, tapeziert; zwei mit demselben Stoffe bezogene Ruhe-
sessel, ein Divan und eine Anzahl von Stühlen mit Goldstuccatur,
ein Damenbrett -Tisch und zwei Venetianer Spiegel bildeten das
Ameublement dieses schönen, lichten Raumes, den Plafond zierte
ein kostbarer, achtarmiger Lustre. Eine Fensterscheibe dieses Salons
zeigte bis in die letzten Jahre eine eingeritzte Inschrift, offenbar
eines Gastes des Prinzen: „Signora Marchesa Sardini, ma sovrana
1731". Heute ist nur noch die mit vergoldeten, geschnitzten
Kränzen gezierte, weiß in Gold gehaltene Vertäfelung des Sockels,
der Fenster- und Thürfüllungen und der Aufsätze erhalten, der
Plafond ist stilgerecht barock, aber einfach gehalten.
Zwischen diesem Eckzimmer und dem dreifensterigen
Balconzimmer befanden sich seinerzeit zwei Wohnräume und
ein schmaler Treppenraum, dessen Stiege direct aus dem Park
heraufführte. Der erste der Wohnräume diente als „Boudoir
der Kaiserin" war mit grüner Atlastapete ausgestattet und mit
einem Ruhebett, dann mit einem „Nachtzeugkasten" mit neun
Schubladen möbliert. Er zeichnet sich durch einen besonders
schönen in Haut-Relief gearbeiteten Plafond aus, wphl dem schön-
sten im Schlosse; die über dem Gesimse auf gewölbte Decke
ist mit äußerst schönen^ hochgearbeiteten Stuccaturomamenten
geziert, das mittlere Oval trägt ein Reliefbild, vier Amoretten
darstellend, welche auf Wolken ruhen und Tauben in die Welt
entsenden, während zwei weitere Amoretten Blumen streuen. Im
übrigen ist auch dieses reizende Boudoir mit weißem Sockel mit
Goldleisten, dann vertäfelten Thür- und Fensterfüllungen aus-
gestattet.
Der zweite Raum diente als Domestikenzimmer und war
\
— So-
mit einem einfachen, großen Bett, dann mit zwei grün und weiß
gestrichenen Kästen möbliert.
Bei der Adaptierung des Schlosses durch die Heeresver-
waltung im Jahre 1899, wurde der erwähnte Stiegen aufgang auf-
gelassen, die Treppenmündung im ersten Stocke abgemauert und
dadurch ein weiterer, kleiner Wohnraum geschaffen.^
Prinz Eugens Bett.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
An der Rückwand dieser drei Räume führt ein schmaler
Verbindungsgang, der zum Theile auch ursprünglich vorhanden
war, und vom Eckzimmer durch eine Spalierthüre getrennt war.
^ Vom Garten aus ist der noch übrig gebliebene, untere Theil dieser Treppe
durch eine kleine Thüre abgesperrt.
t
— hl —
Die Wände des anstoßenden, dreifensterigen Balkonzimmers,
welches „Prinz Eugen'scher Salon" hieß, waren mit chine-
sischen T2q)eten bekleidet; der Salon enthielt einen heute nicht
mehr vorhandenen Kamin, einen großen Wandspiegel, femer eine
Sitzgamitur von weißem Atlas mit Handstickereien und, nebst
Consolen und einem Damenbrettspieltisch aus Rotheibenholz, zwei
herrliche Marmortische. Heute sind noch die weiß-goldenen Ver-
täfelungen am Sockel, dann an den Thur- und PensterfüUungen
und Aufsätzen vorhanden, welche mit vergoldeten Holzschnit-
zereien, Stabformen und Kränzen geziert sind.
JfDev nun folgende Salon diente dem Prinzen Eugen als
Schreibzimmer; er war mit persischem Zitz tapeziert und
besaß ebenfalls einen kostbaren Kamin. Neben einem Marmortisch
und einem mit rothgeblumtem Zitz bezogenen reichgeschnitzten
Diyan, mehreren Lehnsesseln und einem großen geschweiften
Spiegel, einem vergoldeten, englischen Eisen-Lustre, mit sechs
Armen, enthielt dieser Raum noch den berühmten Schreibtisch
des Prinzen, ein herrliches Rococostück von eingelegter Arbeit
und einer Unzahl von Laden und Lädlein, für welchen ein Eng-
länder 5000 Pfund Sterling geboten haben soll. Zur Zeit Maria
Theresias wurde auch das Himmelbett des Prinzen in diesem
Salon aufgestellt. Heute sind hier nur mehr sehr schöne Ver-
täfelungen mit Thür- und Fensteraufsätzen vorhanden, die in
weiß mit grün gehalten, holzgeschnitzte Verzierungen aufweisen.
Die Küche der heutigen Commandantenwohnung war mit
einer spanischen Tapete bezogen und diente als Nebenraum,
welcher ein einfaches Bett mit geblümten, grünseidenen Vorhängen,
dann einen weiß lackierten Garderobekasten enthielt. Anschließend
daran befand sich noch ein kleiner Raum für Domestiken; hinter
demselben mündet die aus dem inneren Burghofe heraufführende
Wendeltreppe. r'\ , , . ; /i ^ . zf^
Wir übergehen die hier anschließende Kapelle, welche
bereits einer näheren Beschreibung unterzogen wurde und wenden
uns zur Südseite des Schlosses.
ap.-^ Eingeleitet wird die hier befindliche Zimmerreihe durch den
größten und schönsten Saal des ganzen Schlosses, den Fest-
saal. Er wurde unter dem Prinzen Eugen und unter Maria
Theresia als Spielsaal benutzt und war demgemäß eingerichtet;
58
übrigens wurde hier, trotz der Boden mit Steinfließen gedeckt
war, in späterer Zeit auch hie und da getanzt. Der imposante
Raum wurde 11 Klafter lang, 5 Klafter breit und 27 Schuh hoch
gebaut und umfaßt beide Stockwerke. Die oberen Fenster sind
oval, die romanischen Bogen der unteren Fenster sind mit Spiegeln
ausgefällt. Die reich mit Stuckdecor versehenen Wände weisen
bemerkenswerte Ornamente auf, pÄmentlich sehr fein ausgeführte
Embleme der Jagd und Musik/Dieser herrliche Saal repräsentiert
Festsaal in Schloßhof.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
in seinem mächtigen Eindrucke das Bild der Spätrenaissance
in ihrer schönsten, ursprünglichen Form und Ausschmük-
kung. Auch die Farbenabtönung von weiß und gelblich muß
als eine überaus glücklich gewählte bezeichnet werden. Der Plafond
dieses Raumes, welcher dem Künstler mit der vorhandenen Riesen-
fläche eine ganz colossale Schwierigkeit der Composition ent-
gegenstellte, wird von einem groß erdachten Reliefbild in Stucco
ausgefällt: Eos, die Rosenfingerige, entsteigt auf einem Wagen
dem Meere und bringt der Welt das Licht.
— 59 —
Die Einrichtung dieses wahrhaft fürstlichen Saales büBstand
aus zwei Billards, einem „Roulette-", einem runden „Molinarspiel-
tisch", vier „Tricktracktischchen", einem „Hanselspieltisch" und
einem Schachtisch. Außerdem standen daselbst vier große Marmor-
tische mit grüngefärbten, vergoldeten Füßen und in den Fenster-
nischen weißlackierte Stühle und Truhen. Vom Plafond hingen
drei herrliche Venetianer Glaslustres herab, und an den Pfeilern
waren zwölf kostbare Wandleuchter für je sieben Kerzen an-
gebracht. An den beiden Stirnseiten stand je ein Kamin aus
rothem Marmor, über demselben ein venetianischer Riesenspiegel
im Werte von je 1000 Dukaten. Die gesammte Einrichtung wurde
getegentlich der Adaptierung des Schlosses im Jahre 1899 fort-
genommen und nur die marmornen Kamineinfassungen sind
geblieben, vor welche in nicht gerade glücklicher Form zwei
moderne Füllöfen aufgestellt wurden. Anstatt der Steinfließen
wurde ein moderner Parkettboden gelegt. Wo seinerzeit die
erlauchte Hofgesellschaft nach eingenommenem Mahle sich in
luftigem Räume den die Verdauung befördernden Salonspielen
hingab, wo seinerzeit die festlichen Empfänge der Gäste und
Diplomaten stattfanden, wo ab und zu die in Seide gekleideten
Herren mit dem Galanteriedegen an der Seite die hochfrisierten
und weißgepuderten Damen tänzelnd zum zierlichen Menuet
führten, da kreuzen sich heute die Klingen der fechtenden Offi-
ciere, der Raum widerhallt von Klingenschlägen und Fechterlärm,
der Festsaal ist zum Fechtsaal geworden.
Aus diesem Saale betrat man eine Reihe von Zimmern,
welche dem Prinzen Eugen, und später der großen Kaiserin, als
Bildergallerie dienten, und heute die Wohnung des zweiten
Stabsofficiers bilden.
Der erste, dreifensterige Salon enthielt acht Schlachten-
bilder, gemalt von J. v. Huchtenberg, die Siege Eugens von
Savoyen darstellend; die Gemälde trugen Goldrahmen, überall
war der Prinz auf einem Schimmel dargestellt. An Meublement
war hier sehr wenig vorhanden: Sessel, aus grünen Wollbändern
geflochten ein englischer sechsarmiger Glas-Lustre und ein licht-
braun politierter Kasten, welcher, wenn aufgeschlagen, das Feld-
bett des Prinzen Eugen bildete; die Bettvorhänge waren aus
Seide mit orientalischem Muster, Vögel, Blumen und Drachen
— 60 -
darstellend. Die Wände sind durchwegs mit Holz vertafelt, weiß
mit grau gehalten, mit sbhönen barocken Holzschnitzereien und
Verzierungen, der Plafond stilgerecht aber einfach. Die Bilder in
diesem, wie auch in den folgenden Zimmern, dann die Spiegel
sind anläßlich der Adaptierüng des Schlosses im Jahre 1899
zumeist in das kaiserliche Jagdschloß Eckartsau überführt worden,
die betreffenden Füllungen an den Wänden wurden mit gobelin-
artigen Teppichstoffen überzogen.
Das folgende, weiß mit gold vollständig vertäfelte Zimmer
enthielt vier Gemälde aus der Zeit Maria Theresias: Kaiser
Josef mit seinen Schwestern Elisabeth und Marianne am
Klavier, zwei weitere Bilder mit den Portraits der Erzherzogin
Maria Christine und ihres Gemahls, des Prinzen Albert von
Sachsen-Teschen, endlich ein Familienbild mit der Königin
Maria Antoinette, deren Gemahl König Ludwig XVI. und
ihrem jüngsten Bruder, Erzherzog Maximilian. Außer diesen
Bildern enthielt der „weiße Salon" noch zwei Wandspiegel in
weißem Rahmen, einen vergoldeten Metall-Lustre, einen Rococo-
schreibtisch, eine spanische Wand in blauer Seide, einige weiß-
lackierte Sessel und ein Sofa.
Auch das folgende, weiß in grau vertäfelte Zimmer diente
als Bildersaal und waren hier vier große Familiengemälde
in weiß und grau possierten Rahmen aufgestellt: Der Herzog
von Parma mit Gemahlin und Kindern, die Familie des Königs
von Neapel, die großherzogliche Familie von Mailand, nämlich
Erzherzog Ferdinand, seine Gemahlin Beatrix und ihre Kinder,
Prinzessin Ludovica und Erzherzog Ferdinand von Este,
endlich der Großherzog Leopold IL von Toscana mit Gemahlin
und einer Schar lieblicher Kinder. Alle diese Bilder waren über
Auftrag der Kaiserin vom k. k. Kammermaler Josef Haünzinger
gemalt worden. Ein Spiegel in weiß-grünem Rahmen, ein Glas-
Lustre auf acht Kerzen, ein Tricktracktisch aus Eibenholz, eine
rothdamastene Sitzgarnitur, ein Marmortisch und ein Rococotisch
aus „türkischem Haselnußholz" vervollständigten das Interieur
dieses Raumes.
Das in der Flucht nächstfolgende Zimmer, welches sich
heute nur noch durch eine weiß mit grau gezierte Vertäfelung
am Sockel und an den Füllungen der Fenster und Thüren aus-
_ 61 —
zeichnet, war vom Prinzen Eugen als Fremdenziramer gedacht;
später diente es dem Erzherzog Josef, dem nachmaligen Kaiset
Josef IL, regelmäßig als Schlafzimmer und wurde auch das
„Kronprinzenzimmer** genannt. Es war grün tapeziert, ent-
hielt ein blumendurchwirktes Himmelbett aus persischem Zitz,
einen geschnitzten Nachtkasten mit Marmorplatte, einen geschnitzten,
runden Tisch und auf einer Wandconsole eine Repetierstockuhr
in schwarzem Kasten, noch aus dem Besitze des Prinzen Eugen.
Bemerkenswert war hier noch ein reizender, vierarmiger Lustre
aus Metall mit hölzernen Glöckchen und ein Portrait des Kaisers
Franz I. Eine Tapetenthür fährte in eine gewölbte Mauernische.
Das anschließende einfensterige Zimmer diente als Neben^^.
appartement, besaß einen Kamin und war mit einem großen
Spiegel in vergoldetem Rahmen, einem einfachen, kirschroth-
seidenen Himmelbett und einem politierten, vierflügeligen Kasten
möbliert.
Daran reihte sich ein Dienerzimmer mit einem Kochkamin
und einem mit Theegeschirr eingerichteten Kasten.
Während die Räume im Nordpavillon nur als Fremden-
zimmer gedient haben, waren die correspondierenden Räume im
südlichen Pavillon unter Maria Theresia als Wohnungs-
gemächer Ihrer Majestät selbst in Venvendung, und ver-
brachte die Kaiserin speciell in diesen Zimmern nach dem Tode
ihres Gemahls, des Kaisers Franz L, ihre Trauerzeit.
Die vier Eckräume waren für die Dienerschaft bestimmt,
und analog, wie dieselben Räume im Nordpavillon, mit hölzernen
Zwischenböden und Treppen versehen. Das mittlere, nach Süden
gelegene Zimmer führte die Bezeichnung „Witwen -Zimmer
der Kaiserin"; es war in gelber Seide tapeziert, dabei dunkel
getäfelt und enthielt nebst einer Garnitur aus gelbem, gesticktem
Atlas, einem geschnitzten Nachtkästchen und einem schönen,
schwedischen Ofen ein wundervolles Himmelbett.
Dieses, von Sachverständigen auf 10.000 Gulden geschätzt,
war mit einer Decke aus schwerstem, gelbem Atlas bedeckt, die
mit Blumen von Seidenstickerei von so hervorragender, künst-
lerischer Arbeit geziert war, daß ihre Wirkung selbst der ge-
schickteste Pinsel nicht erreichen konnte. Ebenso war die Atlas_-
draperie mit Seidenstickerei bedeckt.
— 62 —
Das gegenüber liegende Gemach, mit der Aussicht nach
Nord, hieß das „blaue Zimmer"; es besaß blaue Seidentapeten
und enthielt eine blauatlassene Möbelgarnitur aus dunklem Holz
mit hochlehnigen Sesseln und einen besonders wertvollen dunkel-
blauen Ofen; später war hier noch ein Himmelbett mit blauem
Damasthimmel und Couvertdecke aufgestellt.
Der Verbindungstract der beiden Schloßflügel, die West-
front des Schlosses ober der Einfahrt enthielt zur Zeit Maria
.Witwenzimmer Ihrer Majestät".
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Theresias drei Fremdenzimmer und ein Dienerzimmer. Dennoch
finden wir in Kaltenbäcks Schilderung der Festivitäten in
Schloßhof im Jahre 1754 ^ die Thatsache, daß^in diesen Zimmern
Kaiser Franz I. gelegentlich seines zweiten Besuches im Sep-
tember 1754 logiert, und aus den Fenstern dieser Zimmer einer
auf dem Hofe producierten Bauernfestivität zugesehen hat. Später
* Siehe Seite 75.
— 63 —
standen in diesen Zimmern einfachere Himmelbetten und Möbel-
gamituren aus Wollstoff.
Wenn wir endlich beifügen, daß in den Corridoren des Erd-
geschosses und des ersten Stockwerkes sich Glaslaternen befanden,
welche, in Blech gefaßt, eine vergoldete Krone trugen und von braun-
gestrichenen Postamenten, die in die Wand eingelassen waren, ge-
tragen wurden, daß im Stiegenhaus große dreieckige Laternen
auf steinernen Postamenten mit vergoldeten Kronen und Leisten
Das „blaue Zimmer".
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
angebracht waren, und daselbst überdies vom Plafond eine Glas-
laterne herabhing, wenn wir endlich constatieren, daß alle Fenster
mit kleinen Glasscheiben — analog wie gegenwärtig in den
Gängen des inneren Burghofes — dann mit Fensterläden und
Jalousien versehen waren, so glauben wir alles bemerkenswerte
von den Räumen des Schlosses erwähnt zu haben.
Im ersten Stockwerke — Kapelle und Festsaal nicht ge-
rechnet — befinden sichr 42, im Parterre 41 bewohnbare Räume.
— 64 -
Das gesammte Erdgeschoß ist gewölbt, im ersten Stockwerke sind
die Plafonds auf Dippelbäume aufgezogen. Jene Räume, wo sich
keine Kamine befanden, wurden durch Öfen geheizt, deren Feuerung
von den Corridoren aus geschah; meist besaßen je zwei Zimmer
eine gemeinschaftliche Heizstelle. Eine Canalisierung bestand
nicht, ebenso wenig Aborte; in den dicken Mauern (95 bis 110 cm)
waren Nischen ausgemauert, in welchen Zimmerciosets unter-
gebracht waren; so befanden sich im ersten Stocke 19 derlei
secrete Räume, im Erdgeschoß nur einer.
Zu erwähnen wäre noch die Wasserversorgung von Schloßhof.
Über die für den Park bestimmte Wasserleitung, welche Prinz
Eugen mit Zuhilfenahme eines hölzernen Schöpfwerkes und des
Wasserreservoirs nächst Gröißenbrunn gebaut hat, wurde bereits
berichtet. Außer diesem Nutzwasser ließ aber der Prinz auch
Trinkwasser in das Schloß und den herrschaftlichen Meierhof
leiten. Diese Wasserleitung besteht heute noch; am Nordausgang
von Gröißenbrunn und seiner drei Teiche steht eine Brunn-
stube, in welche fünf daselbst aufgefundene Quellen eingeleitet
worden sind; ihr Wasser wird in Röhren längs der erwähnten
Teiche, dann im Dorfe zwischen Kirche und Pfarrhaus, sodann
längs des Abhanges der Groißenbrunner Hutweide geleitet. Die
Wasserleitung übersetzt dann die Niederweidener Chaussee, führt
im Hauptdurchschlag der Fasanerie weiter, biegt hierauf gegen
das Schloß ab, durchschneidet den Weingarten und geht längs
der bastionierten Mauer der zweiten Gartenterrasse in den Schloß-
hofer Meierhof. Im Weingarten ist der Theilungsschacht für die
Schloß- und die Meierhofwasserleitung. Außer dieser Leitung stand
und steht heute noch ein Pumpbrunnen im inneren Burghofe
und an der Rückseite des südlichen Stallgebäudes.
Die gelieferte Schilderung von Schloßhof schließt, wie bereits
eingangs erwähnt, den Vorwurf des stellenweisen Anachronismus
nicht aus; und erhebt auch nicht den Anspruch auf Genauigkeit;
wir haben uns, so weit die vorhandenen, ziemlich spärlich er-
haltenen Quellen Auskunft geben oder Schlüsse zulassen, bestrebt,
ein allgemeines Bild des Schlosses zu liefern, wie es unter seinem
— 66 —
Exbauer, dem Priilieii Eugen, dättn unter der Kaiserin Maria
Theresia ausgesehen haben und benutzt worden sein mochte.
Der Prinz hatte an seinem Schlöflhof auch eine solche
Freudej daß er es in jedem Jahre mehrmals besuchte. Zu längeren
Reisen nach seinen weit entfernten ungarischen Güternj Bellye
und Raezkeve, hatte der in seinem Alter durch langjährigen
Husten gequälte und durch schlaflose Nächte geschwächte, ein-
silbig gewordene Prinz auch wohl weder Lust noch Muße. Aber
auch die ihm vom Kaiser Karl VI. im Jahre 1725 „zu seiner
beliebigen Excursion und Landtsdistraction" geschenkte Herrschaft
Ober-Siebenbrunn^ besuchte Eugen, obwohl sie näher zu
Wien gelegen war, viel seltener, als sein geliebtes Schloßhof, wo
er seinen ganzen, feingebildeten Schönheitssinn und seine großen
Erfahrungen auf allen Gebieten der Kunst in so epochaler Weise,
ganz nach seiner eigenen intiutiven Eingebung bethätigte.
;V Er kam gewöhnlich mit sehr großem Gefolge und mit zahl-
reichen Gästen, die in dem weitläufigen Schlosse gut unter-
^bracht wurden; schon lange bevor Schloßhof fertiggestellt war,
übte der Prinz eine ausgedehnte Gastfreundschaft, und gerade
dm Werden der Schönheiten und die rege Arbeit der verschiedenen
aligestellten Künstler erweckten das Interesse kunstsinniger Gäste.
Oberdies besaß er bei dem Schlosse Niederweiden einen sorg-
fältig gehegten Fasangarten, die Auen der March und der
Dpnau, wie auch die Gefilde der Herrschaft boten vielfach Gelegen-
heit, dem Vergnügen der Jagd sich hinzugeben. Auch der Prinz
nahm an der Jagdunterhaltung theil, ohne jedoch dabei ernstere
Dinge zu vernachlässigen.
In den pfarrämtlichen Büchern von Groißenbrunn finden
wir die Aufzeichnung, daß von den vielen Arbeitern des Prinzen
Eugen manche in den Jahren 1729 bis 1732, während des Baues
von Schloßhof, von Krankheiten arg heimgesucht wurden. Es
* Kaiser Karl VI. kaufte Ober-Siebenbrunn sammt den benachbarten
-Dörfern Lassee und Oberweiden um 200.000 Gulden vom Wiener Erzbischofe
Sigismund Graf Kpllonitsch; nach dem Tode des Prinzen Eugen kaufte
dieser die Herrschaft wieder zurück. Dieselbe gelangte in neuester Zeit (1863),
nach dem Tode des letzten Grafen KoUonitsch, testamentarisch neuerdings an
das Wiener Erzbisthum.
5
^ m —
starben von ihnen aii „Petechien^ und Ruht** so Viele, daß der
Friedhof in Qroißenbrünn zweimal erweitert wei-den mußte. Viele
der Kranken bekamen auch Lungensucht, Auszehrung und Wasser-
suchtMän Vermuthete die Schuld daran in den dumpfen Wohnungen,
in der Feuchtigkeit, in den vielen Winden und in der alten Ge-
wohnheit^ alles mit Kiesstaub und Kalksand abzureiben.
Der großmütbige Prinz ließ übrigens auch Groißenbrunn,
obwohl dieses nicht zu seinem Besitze gehörte, an seiner Muni-
ficenz participieren. Beim sogenannten „Brünndel" ließ er eine
K. u. k. Jagdschloß Niederweiden.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Kapelle erbauen, worin ein wunderthätiges Muttergottesbild verehrt
wurde, welches aus Schloßhof stammte, und welches hier ein
Tartare im Jahre 1683 durch einen Stich verletzt hatte. Neben
dieser Kapelle ließ er ein Wasserreservoir bauen, aus dem die
Sprii^brunnen in Niederweiden gespeist wurden, wo er aus dem
Walde neben dem Schloß einen „Spaziergarten" machen ließ.
Die Kapelle ging im Jahre 1771 zugrunde und das Marienbild
^ Petechien = kleine Blutungen in Form von braunroten Pünktchen unter
der Haut, besonders bei Scorbut und Typhus.
— 67 —
sowie das vom Prinzen Eugen gespendete schmiedeeiserne Gitter
gelangten in die Groißenbrunner Pfarrkirche.^
Prinz Eugen vergrößerte seinen Besitz im Jahre 1727 durch
den Ankauf der Herrschaft Engelhartsstetten. Ernst Rüdiger
Graf von Starhemberg hatte dieselbe im Jahre 1685 vom
Grafen von Concin gekauft, um sich im Landleben von den
Strapazen der Jahre 1683 und 1684 (Starhemberg hatte bei der
mißglückten Belagerung Ofens die Artillerie commandiert) zu er-
holen und an Stelle der zerstörten Burg Grafenweiden das
jetzige reizende Jagdschloß Niederweiden erbaut.
Prinz Eugen legte nun auch hier seine verschönernde Hand
an. Er hat dafür 177.000 Gulden rheinisch gezahlt.
Nicht lange, nur 11 Jahre, konnte sich Prinz Eugen seines
mit reifer Erfahrung und verschwenderischer Pracht ausgestatteten
Lieblingsbesitzes von Schloßhof erfreuen; am 21. April 1736 nachts
starb er in seinem Palais in der Himmelpfortgasse; er war am
Abend zuvor zwar stark hustend, aber im übrigen wohl zu Bette
gegangen, am Morgen fand ihn seine Dienerschaft tot in seinem
Zimmer auf.
Er hinterließ prachtvolle Paläste, herrliche Schlösser, die
schönsten Kupferstich-, Gemälde- und andere Sammlungen, darunter
eine kostbare Bibliothek. Der Wert dieser Hinterlassenschaft betrug
nach V. Ameths Forschungen 1,870.000 Gulden; auf 600.000 Gulden
wurden seine beiden Güter im Marchfelde geschätzt (400.000 Gulden
Schloßhof, 200.000 Gulden Ober-Siebenbrunn); zwei Paläste in
Wien, jeder 100.000 Gulden, die Bibliothek 150.000 Gulden, das
Silbergeschirr 170.000 Gulden, die Juwelen 100.000 Gulden, die
Gemälde 100.000 Gulden und in der Bank im baren 206.000 Gulden.
Drei Verwandte des Prinzen Eugen erhoben Anspruch auf
sein Erbe. Als berechtigte, vom Kaiser selbst begünstigte Erbin
ging aus diesen Rechtsstreitigkeiten Eugens Nichte, Maria,
^ Die heutige kleine Kapelle beim .Brünndel* mit einer hölzernen Mutter-
gottesstatue und dem Jesuskind wurde 1848 von der Gattin des Schloßhof er
Verwalters Friedrich Stenzl gestiftet. Das Wasserreservoir besteht heute noch,
und unterhalb der Statue strömt das — namentlich bei Augenleiden — als
wunderthätig gepriesene Wasser aus einem Rohre hervor.
5*
- 68 -
Anna, Viktoria, die Tochter des Grafen Ludwig Thoraas von
Soissons hervor.
Dieselbe, 1683 in Turin geboren, war eine größere Freundin
des Geldes al? der Künste,^ für welche die Zeit in Schloßhof
überhaupt vorüber war. Die Kunstwerkstätten in Schloßbof, deren
Meister und bedeutendsten Werke wir kennen gelernt haben, und
welche, so lange Prinz Eugen gelebt hat, ununterbrochen im
Betriebe waren, wurden nun wieder aufgelassen. War aber die
Zeit des Prinzen Eugen für Schloßhof die Zeit, seines Werdens
und seiner verhältnismäßig stillen Ausgestaltung, so zog mit der
neuen Besitzerin eine Periode des lauten Glanzes, rauschender
Feste und lärmender Feierlichkeiten in Schloßhof ein.
Sofort nach Eugens Tode wurde über die Herrschaft Hof
ein Inventarium aufgenommen (am 30. April 1736) und alle
Mobilien dem Schloßverwalter Jakob Hegenauer übergeben.
Den Unterthanen wurde am 4. November 1737 ihr Besitzstand
vergrößert, indem man Herrschaftswiesen von minderer Qualität
zu Äckern machte und diese den Bauern — jedoch in der be-
rechnenden Absicht — schenkte, dadurch die Abgaben im Baren
zu steigern.
Die mit einemmale so reich gewordene Prinzessin Victoria
entschloß sich, trotz ihres vorgeschrittenen Alters (55 Jahre) zu
heiraten; sie erwählte sich zum Gemahl den kaiserlichen Feld-
zeugmeister und späteren Führer der Reichsarmee im sieben-
jährigen Kriege (1756— 1763), Prinzen Josef Friedrich Wilhelm
von Sachsen-Hildburghausen,* welcher sich ebenfalls schon
in vorgerückten Jahren befand.
^ An das Thor ihres Palais wurden nächtlicherweile die Spottverse an-
geheftet:
,Est-il possible, que du Prince Eugene la gloire
Soit ternie par une si vilaine Victoire?*
2 Derselbe ein Sohn des Herzogs Ernst und der Gräfin Sophie
Henriette zu Wal deck, war Ritter des goldenen Vließes, 1735 Commaxidant
in Komom, 1739 königl. ung. und kaiserl. Generalfeldmarschall, des hh röm;
Reiches General-Feldzeugmeister und geheimer Rath. Er erhielt 1743 das Ober-
dh'ectorium und Generalcommando in den innerösterreichischen Ländern, in den
Warasdiner und Karlstädter Generalaten, wie auch von Licca, Corbaw und den
Militär-Grenzen, welches er 1749 niederlegte. (Schumanns Europ. genealogisches
Handbuch, Leipzig 1754.)
— 69 —
Die Vermählung fand auf der neuererbten Herrschaft Schlofi-
hof am 17. April 1738 um 7 Uhr abends in der Schloßkapelle
statt; die Trauung vollzog der Passauer Official in Wien, Graf
von Attems, und wohnten derselben viele Repräsentanten des
Hochadels, darunter zwei Herzöge von Lothringen bei. Schloß-
hof war bei dieser Gelegenheit der Schauplatz glänzender Feste,
über welche sich jedoch keine näheren Daten erhalten haben.^
Bei der Hochzeit schenkte die Prinzessin Victoria die Herrschaft
Schloßhof und Engelhartstetten ihrem „jungen" Gatten, und
drei Tage später — am 20. April 1738 — leisteten in Schloßhof
die Unterthanen dem neuen Grundherrn den Huldigungseid.
Während an den Baulichkeiten von Schloßhof und seiner
inneren Einrichtung unter den neuen Besitzern nichts geändert
wurde, ward die Parcellierung der Herrschaftsgründe behufs
Steigerung der Geldeinnahmen fortgesetzt, wie denn ihr Bestreben
überhaupt dahin gerichtet war, vorerst die Einnahmen der Herrschaft
zu potencieren und sie dann später völlig zu Geld zu machen.
Unter den Reformen, die der Prinz von Sachsen -Hild-
burghausen auf seiner neuen Herrschaft schuf, ist wohl die
interessanteste jene, daß er die heute noch namentlich in der
Gegend von Loimersdorf ansässigen Kroaten aus Bosnien
hierher verpflanzt haben soll, wie der Preßburger Senator Georg
Gyurikovits (im Jahre 1833) nachgewiesen hat. Als der Prinz
nämlich im Jahre 1737 von der Belagerung der Festung Ban-
jaluka in Bosnien durch die Türken zum Rückzuge gezwungen
wurde, flehte ihn ein Schwärm Uskoken, am bosnischen Ufer
der Save, zwischen der Drina und der Verbas wohnend, um
Schutz an, und wollte mit Hab und Gut nach Slavonien zum
Anbau der dortigen Wüsteneien übergehen. Bei dieser Gelegen-
heit hat der Prinz dieselben auf seine Herrschaften im iMarch-
felde übersiedelt und so wären die Vorfahren der hiesigen Kroaten
bosnische Uskoken, die römisch-katholisch waren, so wie ihre
österreichischen Nachkommen es gleichfalls sind.
Der Prinz von Sachsen- Hildburghausen war sehr gottes-
fürchtig und ein Gönner der Kirche von Groißenbrunn, wohin
* Die Ehe war nicht glücklich; die Gatten trennten sich und im Jahre
1758 begab sich Prinzessin Victoria wieder nach Turin.
^ i70 —
Schlpßhof damals eingepfarrt war; er verrichtete da&elbst seine
Andachisübungen^— so 1744, und 1745 in der Osterwoche —
und spendete dieser Pfarrkirche viele kostbare Paramente, unter
anderen ein Ornat im Werte von 1000 Gulden, ein Rauchfaß,
einen Kelch, Opferkannen und Silberglöckchen* . Anläßlich der
Grundsteinlegung der neuen Kirche verfertigte er, ein' sehr ge-
schickter und passionierter Amateurdrechsler, ein kunstreiches
Medaillon von Elfenbein und schenkte es dieser Kirche; es wird
im Melker Stifte aufbewahrt.^
In Schloßhof übte er große Gastfreundschaft aus; unter
den hohen Gästen, die er daselbst bewirtete, waren die erlauchtesten
die Kaiserin Maria Theresiaund ihr Gemahl Kaiser jFranz.
Mit ihrem Hofstaate waren sie am 1. October 1743 nach Schloß-
hpf gekommen, wo sie „unter Lösung von Stück^ am Abend
um 7 Uhr eintrafen. Die Prinzessin Viktoria war den Majestäten
bis Niederweiden entgegengefahren. Alles war prächtig beleuchtet;
die Bäume und das Schloß waren mit Tausenden von Lampen
geschmückt und alle Wege mit Fackeln besetzt Um 8 Uhr abends
speisten die Majestäten mit noch 24 Herrschaften im beleuchteten
großen Saale öffentlich mit Tafelmusik bis 9 Uhr. Am nächsten
Vormittage wurde eine Segenmesse gelesen, der Nachmittag wurde
mit Spiel und Jagd zugebracht. Am 3. October wurde früh aber-
mals eine Messe gelesen und nach d^m darauf folgenden Früh-
mahl verließen der Kaiser und die Kaiserin wieder unter Kanonen-
donner Schloßhof, um nach Schönbrunn zu fahren.
Hatte der Prinz und die Prinzessin von Sachsen-Hildburg-
hausen bei diesem ersten kaiserlichen Besuche alles aufgeboten,
um die Majestäten würdig aufzunehmen, so entfalteten sie bei
einer zweiten Gelegenheit, auf welche wir noch ausführlich zu
sprechen kommen, einen Aufwand, der fast ans Unglaubliche
streift, und bei dessen Schilderung uns heute unwillkürlich die
Überzeugung befällt, daß dieses AufgebotvonPracht und rauschender
Feste nur darauf angelegt war, um die Majestäten zum Ankaufe
von Schloßhof zu beeinflußen und zu bewegen.
.^ Schlofihof .besaß damals noch keinen Geistlichen; die Messe durfte
nur an gewissen Tagen der Woche von Wanderpriestern gelesen, die Sacramente
aber überhaupt iji(;ht erthejlt werden. » .
2 Pfarrgedenkbuch in Groißenbrwnn^ ... ; ,
— 71 —
Über die culturellen Verhältnisse jen^r Zeit iindei^siqh
im Pfarrgedenkbueh in Groißenbmnn vielfache Daten.
/Im Jahre 1740 herrschte in Österreich eine sehr große
Theuerung, so daß wegen dieser und wegen, der versperrten Pässe
nach Ungarn kirchlicherseits sogar die Dispens ertheilt wurde von
der Enthaltung von Fleischspeisen, im Jahre 1743 kam eine
andere Heimsuchung über die Herrschaft, indem am 13. Juli der
untere Theil von Markthof binnen sieben Viertelstunden bi^ auf
ein Haus niederbrannte. Das nächste Jahr brachte wieder ein
anderes Unglück^ indem die Donau und. March so heftig aus-
traten und. solch eine Menge von Eis mit sich führten, daß der
Pfarrer von Groißenbmnn^ der sich: wegen einer kirchlichen Hand-
lung gerade in Markthof aufhielt, mehrere Tage daselbst zu
bleiben genöthigt war, und erst am vierten Tage mit einer großen
Zille nach Schloßhof gebracht werden konnte.
Am 4, April 1744 brannte fast ganz Groißenbrunn ab; der
Prin? von Sachsen-Hildburghausen ließ deshalb am Ostersonntage
80 Dukaten vertheilen und sorgte -auch für die beiin Brand Ver-
wundeten* Im selben Jahre wüthete in unserer Gegend am 19^ Juli
ein furchtbares Ungewitter, welches von 9 Uhr abends bis 4 Uhr
morgens, dann am nächsten Tage von 9 Uhr vormittags bis
9 Uhr abends anhielt, dreimal hatte der Blitz in Groißenbrunn
und 23mal sonst eingeschlagen. Man hatte aber auch am 3; Jänner
und am 22. Februar dieses Unglücksjahres einen Kometen gesehen.
Das Jahr 1746 brachte neues Unglück, indem eine Seuche
fast alles Vieh hinwegraffte; als diesfalls eine Wallfahrt nach
Maria Thal in Ungarn unternommen wurde, war die March so
seicht, daß 40 Paare dieselbe ohne weiteres durchwaten konnten.
Das Jahr 1749 brachte eine neue Art von Unglück^ dessen
authentische Schilderung uns interessant genug erscheint, um
hier vollinhaltlich aufgenommen zu werden.^
„Es seynd den IL August 1749 gegen den Abend ohn-
gefehr umb 6 Uhr gmz unvermuth von Wolfsthal über das Gebürg
neben dem alten Thebener Schloss ein dergestalt grosse menge
deren Heuschröcken aus Ungarn. augekommen, dass man an-
* Entnommen' dem „Angederikbuch über Mörkwtirdigen Vorfallenheiten
b6y der höclifürstl. Heirsehaft Hoff<im der March;" aus dem ehemaligen SchloÖ-
h(>ferAfchiVi' .. -• ' •.,.;: f •,;,.;-•-•..•;- -c^ ;•• , ■ ,. .^ .-:..:
— 72 —
fäiigHch den Schwärm vor einen trüben Rauch einer Feuersbrunst
angesehen, nachher aber erfahren müssen, dass es jenes Urithier
seye, welches schon lang vorhin besorget worden. Solcher Schwärm
hat sich also gegen 7 Uhr ohngeachtet dass man selben mit
Schüssen und anderen Gewöhr begegnet auf dem Herrschaft
Hoferischen Terrain, nemblich im sogenannten Grözl und dort
herumbliegenden Wüsen, wie auch umb das Schloss auf deren
Feldern und Gebüschen, besonders aber in dem grossen Herrschafts-
garten und den daran stossenden Weingebürgel solchergestalten
niedergelassen, dass man weder Erden noch Laub gesehen, massen
sie einen guten Schuh hoch über einander gelegen und gehangen,
welches bei Jedermann die Haare zu Berg stehen gemachet,
waren also auch diesen Abendt nicht mehr weithers zu bringen.
In der Nacht aber hat man die ganze Herrschaft mittelst einem
Circular aufgeboten und mit anbrechenden Tag auf dieses Uur
geziefer marschieret, gegen solche ohnaufhörlich mit kleinen
Geschützen geschossen (weilen kein grosses vorhanden war) los-
gefeuert, darein geschlagen und anderes Getös gemachet, bis
sie sich endlich gegen 9 Uhr vormittag gehoben, und ihren Flug
über Marchegg dem Wieselandt zu vortgesetzet; hierorths haben
sie ausser das Rohr und Bümbsen wenig Grünes angegriffen,
auch weitheres keinen Schaden gemacht, als dass viele Baumber,
besonders in dem sogenannten Grözl vor der Meng und Schwere
zertrucket worden. Dieses Thier ist eines kleinen Finger lang
aber nicht so dick: hat vier Flügel, deren die unterste viel breiter
und rundlichst, die oberen aber laglicht und schmall mit vielen
characteres gleich einer griechischen oder hebräischen Schrifft,
jedoch ist nichts hievon zu eruiren: theils seynd röthlich, theils
grüne und theils grau, haben ein ungemein starkes Leben und
zahn gleich einer Maus, jedoch respectu ihrer grosse, wodurch
sie dann (zu sagen) in einem Augenblick Alles, was sie angegriffen,
zernagen und auffressen."
„Den 19. August ist abermahl eine erstaunliche Menge aus
Hungarn über das Pressburger Gebürg herübergekommen, da-
gegen man wiederumb alle Veranstaltung gemacht und ohngeachtet
sie von den bei Neudorff auf dortigen Morästen geschlagenen
Lager sich des anderen Tags, als den 20. August gegen 9 Uhr
früh über die March herübergewendet, hat man sie gleichwoWen
— 73 —
vom hiesigen Terrain ohne verursachten Schaden abgetrieben und
seynd nach Obersiedenbrunn zugeflogen."
„Evdem hat sich auch ein Schwarmb, so ebenfalls von einer
ungemeinen Grösse waren, von Wolfsthal an der Donau neben
denen Auen heraufgezogen auch bei Stopfenreuth herüber auf
Dasig- und Engelhartstetterischen Feldern gewendet, die man
aber auch (Gott seis höchster Dank) wiederum weithers vertrieben.*
Der Schlofihofer Verwalter war jedoch mit den herrschaft-
lichen Unthertanen bei diesen Heuschreckenüberfällen nicht zu-
frieden gewesen, und erließ ein . Tadelsschreiben mit genauen
Vorschriften für die Zukunft bei ähnlichen Anlässen, welchem
zufolge, „wann ins künftige bey Tag oder Nacht ein Aufbot oder
Zusammenrufung beschichet, wenigstens von jedwedem Haus zwei
ernsthaffte und starkhe Personen mit Glockhen, Schellen oder
anderen getöshaften Instrumenten auf das accuratiste an Orth
und Stelle wohin man sie verlanget, erscheinen sollen.** Un-
gehorsamen würden zur Strafe ein Eisen an den Fuß gelegt und
sie würden durch acht Tage zur öffentlichen Herrschaftsarbeit
angehalten werden.
Im Jahre 1854 fand in Schloßhof aus Anlaß der Anwesen-
heit des kaiserlichen Hofes die bereits angedeutete, mehr-
tägige Festlichkeit statt. In der Mitte des vorigen Jahrhunderts
hielt sich der kaiserliche Hof gerne auch zeitweilig in Holics
auf. Wenige Sommer vergingen, ohne daß die Kaiserin Maria
Theresia dieses Gut besucht hätte. Das that sie denn auch im
Sommer 1754. Auf der Rückreise nach Wien folgte sie der Ein-
ladung des Prinzen von Sachsen-Hildburghausen, wieder Schloß-
hof zu besuchen, und langte daselbst am 23. September an.
Während wir im nachstehenden die Festlichkeiten nur kurz
erwähnen, liefern wir in der Beilage 1 die vollständige Abschrift
des im Austria-Kalender 1844 erschienenen, nach einer gleich-
zeitigen Handschrift verfaßten Aufsatzes von Kaltenbäck: „Die
Festivitäten zu Schloßhof im Jahre 1754**; wir thun dies einer-
seits des localen und unmittelbaren Interesses wegen, anderseits,
um eine Probe zu liefern des damals herrschenden phrasenvollen>
weitschweifigen und übertriebenen devoten Stiles.
Mit dem Kaiserpaare kamen Erzherzog Karl und die
Erzherzoginnen Maria Anna und Maria Christine, am darauf-
— 74 —
folgenden Tage kam auch noch der Kronprinz, Eifzherzog Josef,
aus Wien an. Am 23. September speisten die - Herrschaf teti mit
ihren Gastgebern und dem Gefolge an zwanzig Tafeln, auf denen
noch das prächtige Silbergeschirr Eugens zu sehen war, das
dessen Nichte bald darauf zu Geld machte^ Nach der Tafel begab
man sich nach Niederweiden, bei dessen ganz in französischem
Stile erbauten Schlosse, wie bereits erwähnt^ ein reizender Garten
sich befand.. Eine Sehenswürdigkeit des Gartens war das Theater,
aus Rasen und zugestutzten Baumspalieren, das man. erst ent-
deckte, wenn man darin war. Hier wurde ei^ie Serenade von
Metastasio von den Sängerinnen Vittofia Tesi und Therese
Hennisch vorgetragen, zu der die Bauern und Bäuerinnen der
Herrschaft den Chor in wälscher Sprache sangen. Im Schloß-
theater in Schloßhof wurde dann abends noch die Oper „Isola
disabitata* aufgeführt.
Am darauffolgenden Tage fand am Ufer der March eine
außerordentliche Jagd statt Man hatte am Thebener Kogel
800 Hirsche zusammengetrieben, die von einigen hundert Bauern
über den kahlen Berg heruntergejagt wurden. Über den Fluß
war eine Brücke in Form eines Triumphbogens erbaut, durch
welchen sich die Hirsche, welche auf die Brücke liefen, ins
Wasser hinunterstürzen mußten. Der. Hof kam flußabwärts auf
einem prächtigen Schiffe, das dem venetianischen Bucentauro
nachgebildet war; auf anderen Schiffen waren fünfzig unaufhörlich
aufspielende Musikanten. Die anwesenden Kavaliere hatten nun
die , Hirsche im Wasser voii kleinen Kähnen aus mit Spießen err
stechen sollen; die Kaiserin gab aber nicht zu, daß das bis zum
Tod erschreckte, gehetzte Wild getötet werde^ sondern schenkte
ihm die Freiheit, denn „dero mitleidiges Herz kann nicht zu-
sehen^ dass einem armen Thiere wehe geschehe".
Ein zweiter Theil dieser Jagd brachte eine noch größere
Überraschung» In einem eigens erbauten Pavillon waren 1000 Hasen,
130 Füchse und 60 Wildschweine eingesperrt worden, die.theils
über die Treppen, theils an^ der äußeren Mauer herabliefen, und
ßo zum Schusse kamen. Das Jagdpersonal war französisch, die
Gondoliere venetianisch gekleidet^ es i waren aber alles Leute aus
<ler Umgebung* Am darauffolgenden, dem dritten Tage^. wurde
eine Hühnerjagd in den .Weingärten i abgehalten und eine. Nau-
— 75 —
machia, ein Wassergefecht, auf den Groiflenbmnner Teichen
arrangiert. Zuletzt schwamm eine Insel mit einem exotischen
Garten bis zu den Füßen der Kaiserin heran. In Atlas und Silber
gekleidete Gärtner luden den Kaiser und die Kaiserin ein, die
Insel zu besuchen und die Früchte daselbst zu kosten. An den
Bäumen und Sträuchern hingen aber Zuckerwerk und Gefrorenes;
Fischerinnen gaben der Kaiserin silberne Netze, mit welchen sie
aus einem Bassin Forellen fing. Die Kaiserin lobte die Wasser-
künste als „eine noch nie gesehene, particulär erdachte Invention."
In Schlofihof war am Vorabend der Abreise große Illumina-
tion; als Erzherzog Josef das Centrum einer Scheibe auf der
Schießstätte traf, entzündete er dadurch ein Feuerwerk, das „Vivat
Franciscus" in die Luft schrieb, und als hierauf der Hausherr
abermals einen Schuß ins Schwarze abgab, entzündete sich die
Flammenschrift: „ Vi vat. Maria Theresia!" Auch des Kronprinzen
Namen und der seiner Schwestern wurde noch herausgeschossen.
Als Abschiedsfeierlichkeit gab es ein großes Volksfest, an
dem 350Unterthanen theilnahmen. Es war ein Bacchanal im wahrsten
Sinne des Wortes.
In der Voraussetzung, daß sich der freundliche Leser der
allerdings nicht geringen Mühe unterzieht, die Originalbeschreibung
dieser Festivitäten (Beilage 1) durchzulesen, wollen wir einige
für die damalige Einrichtung des Schlosses Zeugenschaft ablegende
Punkte erwähnen. Unsere Annahme, daß unter Eugens Zeit drei
Speisesäle sich in Schloßhof befanden, und zwar der große Speise-
saal (gegenwärtiges Officiersspeisezimmer),' der Sommerspeisesaal
(salla terrena), und der kleine Speisesaal im Erdgeschoß (heutiger
Lehrsaal), finden wir bestätigt.
Die in dem Berichte als so überaus herrlich und appart
geschilderten Confituren- und Zuckerbäckereien entstammten der
von uns bereits als besonders wohl assortiert geschilderten Prinz
Eugen'schen italienischen Zuckerbäckerei -Einrichtung im
Schlosse.
; Der Bericht enthält eine Beschreibung des auf der südlichen
Gartenterrasse bestandenen Schloßtheaters; namentlich daß es
.„mit sonderbarem Gusto zugerichtet und mit Gemälden und anderen
Auszierungen artig ins Auge fiel; das Parterre. war dergestalt ge-
macht^, dass es. da§ Ansehen hat,, als wenn es mit einer Qallerie
— 76 —
und einer Menge auf dieser sich befindlichen, in allerhand Masken
verkleideten Zuschauern garniert wäre.*
Wir finden in der Beschreibung ferner bestätigt^ daß der
Südabhang des Schloßberges an Stelle der heutigen Fasanerie
* damals noch mit Weingärten bepflanzt war.
Die von uns bereits erwähnte Schießstätte — an Stelle des
heutigen Glashauses — findet auch in diesem Document ihren
Existenznachweis.
Wir finden weiters darin die Beschreibung des Abschlusses
der heutigen Sommerreitschule gegen den äußeren Hof des
Schlosses, des von uns bereits an gehöriger Stelle erwähnten hier
befindlichen Monumentalbrunnens und der mit Steinbalustraden
gezierten Rampen ; endlich finden wir die interessante Thatsache,
daß der kaiserliche Hofstaat der Abschiedsfeierlichkeit am Hofe
aus den Fenstern des Mitteltractes, der heutigen Reitlehrer-
wohnung, zugesehen hat, und daß diese Räume damals vom Kaiser
Franz bewohnt wafen.
Dieser kaiserliche Besuch war für Schloßhof von großen,
bis auf unsere Tage sich ausdehnenden Folgen begleitet; die
Wirkung der großartigen, sozusagen märchenhaften Gastfreund-
schaft des Prinzen von Sachsen-Hildburghausen und seiner Ge-
mahlin, der Prinzessin Victoria, einer Gastfreundschaft, welche
mit den sie begleitenden rauschenden Festen rundweg eine
tendentiöse genannt werden muß, blieb nicht aus. Der heißeste
Wunsch der geldgierigen Prinzessin ging in Erfüllung. Schloß-
hof wurde von der Kaiserin Maria Theresia gekauft.
III. Periode.
Schlofihof unter Maria Theresia 1755—1780.
Die Kaiserin kaufte Schloßhof für ihren Gemahl, Kaiser
Franz L, um 400.000 Gulden.
Der Verwalter der Herrschaft, J. J. Maluska, wurde in
kaiserliche Dienste übernommen und erhielt den Befehl: „der-
selbe hat ganz in der Stille noch vor der Uebergäbe, die den
1. April erfolgen wird, zu berichten und zu sehen, dass nichts
von dem Fundus instructus hinwegkomme, wozu auch der Winter-
^ 77 —
anbau gehört, z. B. Möblen, Schlosseinrichtung etc. etc* Seiner
Durchlaucht dem Prinzen von Sachsen-Hildburghausen ist vermög
geschlossenjen Coqtract nichts resecviert. worden, als seine Ge-
wehre, , Equip^gje, , Bücher, Qrexlerei und was jüngsthin zur Be-
dienung des höchsten, Hofes Ihrer Majestäten des Kaisers und"-^
der Kaiserin ist beygeschaffet worden. Auch die Ausstände der
Unterthanen und die Cautionsgelder sind genau anzugeben, damit
man. sehen könne, ob etwas daran abgehe, w^s dann von dem
Kaufschilling ebenfalls zu decortiren seye.*
Schloßhof wurde somit an die kaiserliche Familie übergeben,
wie es lag und stand, und wurde bis zum Jahre 1797 als eigene
kaiserliche Herrschaft von einem in Schloßhof stationierten Ver-
walter besorgt. Nach dem genannten J. J. Maluska waren Verwalter
in Schloßhof: Paul Süssenbeck 1763, Franz Josef Donat 1772,
Völkhl 1784, Franz Weissenbacher 1788, Wischkozill 1795. Seit
dem Jahre 1797 erscheint die k. u. k. Familiengüter-Direction
mit Schloßhof — als zur kaiserlichen Herrschaft Orth gehörig —
im ständischen Gültenbuche. . .
Schloßhof wurde nun von der kaiserlichen Familie sehr
häufig besucht und bildete — wie Kaiblinger (Melk II) sagt —
»den Sitz tausenfältiger Freuden und den Lieblingspalast des
Hofes, und war daher auch im Sommer von dem Adel aus
Preßburg sehr besucht."
Noch im Jahre des Ankaufes besuchte der Kaiser und die
Kaiserin mit einem Hofstaate von fast anderthalb hundert Personen
ihren neuen, rasch liebgewonnenen Besitz und verweilten hier
vom. 8. bis zum 22. Juli (1755). Es dürfte nicht uninteressant
sein, das Gefolge der Majestäten anläßlich dieser Anwesenheit
in Schloßhof aufzuzählen, wie es in einem Document des Archivs
der Gutsyerwaltung Orth angeführt erscheint.
. „Beilage VI Anmerkung über bey Allerhöchster Anwesen-
heit J. Key. Kön. May. Anwesenheit zu Schloßhof mitgewesenen
Hof- und Hofstaatspersonale vom 8. — 22. Juli 1755.
Hofpersonale.
Ihro May. der Kays. etc. etc. .
Bei Allerhöchst , deroselben Kammerdiener . 2
Leib-Loquayen . , . 16
— 78 —
Ihro May. die Kays. etc. etc.
Bey Allerhöchst deroselben
Gammerfrau 1
Cammermensch . 1
Cammerdienerin 2
Untermenscher .......;. 4
Cammerheizer Stackl . 1
sein Bedienter 1
Nro. 1«°-
Hofcavalier mit ihrer Suite:
J. Excell. Obristhofmeisterin Gräfin v. Bar 1
Cammerjungfrau 1
Bediente 2
Hausknecht 1
J. Durchlaucht Fürst v. Auersperg sammt dero Frauen Gemahlin 2
Cammerdiener 1
Cammerjungfrau 1
Heyducken 2
Loqueyen 4
Läufer 1
J. Excell. Graf Logi sammt dero Frauen Gemahlin .... 2
Cammerjungfrau 1
Stubenmensch 1
Heyducken 2
Loqueyen 4
J. Excell. Feldmarschall Graf von Dann sammt dero Frauen
Gemahlin 2
Cammerdiener
Cammerjungfer
J. Gn. Hr. Baron von Toussaint
Bedienter . . '
Kay. Bibliothekarius
Leibmedicus Nro. 2^^-
Bedienter
Hofcontralor . . . .•
Bedienter
— 79 -
Nro. 3 Ober-Officiere.
Hofmedicus 1
Leibchirurgus . . . . ... . . . . ... . . . . . . 1
Bediente . 2
Couriers 3
Contralor Amtsschreiber 1
Küchen-Inspector 1
Sumelier 1
Silber-Diener ..:... 1
Erster Zuckerbäcker 1
Tafeidecker 1
Erster Tafelaufwärter 1
Bratenmeister 1
Bachmeister 1
Sattlknecht 1
Nro. 4 Unter-Officiere.
Contralorschreiber 1
Trabant . 1
Apothekersgehilf 1
Tapeziergehilf . 1
Büchsenspanner . 1
Zuckerbäckergehilf 1
Kellerdiener 1
Kellerbinder 1
Meisterkoch 1
Bratenmeistergehilf 1
Bachmeistergehilf 1
Nro, 5.
Silberjung 1
Sumelierjung 1
Ziergarten] ung , . . . . 1
Küchljung 12
Bratenwender 2
Kesselreiber 1
Büchsenspann erjung ; - • 1
— 80 —
Stahlmeisters Stab:
Heubinder . ^ . . 1
Schmied . 1
Leibpostillon . 1
Futtermeister . . . . . . ..... . . .1
Postillons' . . V . > 4
Summar Hofpersonalis - . .129
Hiezu kommen noch:
Reitknecht ., . ..... . .. . 25
Pferde:
Reitpferde 25
Postpferde - - . • 28
Pirutschpferde ^ •. • • • • • - • • ^
Staphetpferde • . • •• • • r. 2
Landgutscherpferde . . . ... . . . ... . . . ■ . ■ 62
125
Im Jahre 1757 im Frühjahr weilten die beiden Majestäten
neuerdings durch längere Zeit in Schloßhof. Bei diesem Anlasse
fand am 19. Mai in Markthof eine militärische Feierlich-
keit statt. Für das neuerrichtete Husarenregiment', welches auf
der Haide zwischen Markthof und Schloßhof campierte, wurde
an diesem Tage eine neue Fahne geweiht. Die Feierlichkeit sollte
im Freien abgehalten werden, ein heftiger Regen verhinderte aber
dieselbe; die Fahne, von der Kaiserin dem' Regimente gespendet,
war „von sonderbarer Schönheit und Zierde". Das neue Regiment
wurde auf der genannten Haide vom Kaiser in Begleitung von
elf Generalen mit Officieren besichtigt. Mittags fand in Schloßhof
große kaiserliche Tafel statt, zu welcher eine Anzahl von Offi-
cieren des neuen Regiments geladen war.
Im Jahre 1760 jagte Kaiser Franz in Schloßhof; der Ver-
walter Süßenbeck erhielt die Weisung, „daß Seine Majestät am
15. und 16. Dezember in Schloßhof jagen wolle, gleich beim
Scheidewege solle gewartet werden, da tlie Jagd alsbald nach
der Ankunft 2u beginnen hätte; es sollen in den kleinen Remisen
und Gebüschen" vorzüglich Schweine gejagt werden, welche durch
^ Pirutsche oder Barutsche vom ital. ,biroccio" oder „baroccio*: in
Italien zweirädriger Karren, während zu jener Zeit in Wien eine zweirädrige
Halbchaise' so genannt wurde.
81
Schutt des Futters angelockt werden müssen. Fürst Auersperg
und vier Kämmerer werden den Kaiser begleiten, für welchen
die kleine Wohnung z\x heizen wäre**.^
Am 2. bis 4. Juli 1761 kam Kaiser Fran2 neuerdings nach
Schloßhof und im August desselben Jahres waren beide Majestäten
mit großem Hofstaate anwesend. Im März dieses Jahres wurden
in den Weingärten an der Südseite des Schlosses 400 Maulbeer-
bäume gesetzt, sechs Schuh von einander entfernt, um eine
Allee zum Spazierengehen dadurch zu schaffen; dies war der
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Schloßhof (Westseite) nach dem Jahre 1760.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
erste Schritt zur Cassierung dieser Weingärten; mehrere Jahre
später ließ die Kaiserin an Stelle der Weingärten eine Fasanerie
anlegen, wie sie sich bis auf uns erhalten hat. Da diese Wein-
gärten aber seit der Ameliorierung durch den Prinzen von Sachsen -
Hildburghausen zumeist Eigenthum der Unterthanen waren, so ging
die Kaiserin mit denselben einen Tausch ein, indem dieselben
die Au an der March, im sogenannten „Steinort", für die ab-
* Unter der „kleinen Wohnung" ist aller Wahrscheinlichkeit nach die
gegenwärtige Reitlehrerwohnung im I. Stock des Mitteltractes zu verstehen,
welche Kaider Franz bereits während der Festivitäten im Jahre 1754 bewohnt hatte.
6
— 82
getretenen Weingärten erhielten. Etliche kleine Remisen — nament-
lich die heutige „Wirtshausremise" — erhielt bei dieser Gelegen-
heit gleichfalls die Herrschaft, um den Fasanen Standplätze zu
schaffen. Die aufgelassenen Weingärten ergaben übrigens nur
eine mindere Fechsung; so wurden im Jahre 1760 in Schloßhof
zwar 42 Eimer Wein geerntet, jedoch von so minderer Qualität,
daß er nur auf 1 fl. und 30 kr. geschätzt wurde, der Händler
aber nicht einmal ein Angebot machte. Es wurde dieser Wein daher
Schloßhof (Ostseite) nach dem Jahre 1760.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
auf ein Lager von Bösinger Wein gegeben, von dem man in den
Schloßhofer Kellern 524 Eimer liegen hatte.
In die Zeit nach dem Jahre 1760 fällt ein bedeutungsvoller
Umbau in Schloßhof, indem auf das bisher einstöckige Schloß-
gebäude ein zweites Stockwerk aufgesetzt wurde. Jedenfalls
erwies sich das Schloß zur Unterbringung des vielen Gefolges
und der Dienerschaft anläßlich der häufigen Besuche des Hofes
als zu wenig geräumig. Das zweite Stockwerk wurde aus leichtem
Mauerwerk — mit Ausnahme der weiter ausgebauten Feuermauem
— gebaut, die einzelnen Räume, deren es 57 gibt und deren
— 83 —
nahezu jeder einen eigenen Eingang besitzt, — wurden zum
größten Theile durch einfache Holz- oder Riegelwände getrennt.
Das bisher sehr hohe, giebelförmig geformte Dach, welches dem
einstöckigen Schlosse einen specifisch barocken Charakter ver-
liehen hatte, erhielt eine einfache, nüchterne Form, welche nur
an den Stirnseiten der beiden Flügel noch eine Giebelform auf-
weist, wo sich je zwei Mansarden befinden, die zu Wirtschafts-
zwecken gedient haben. An der Ostseite wurde ein auf massiven
Säulen stehender Balkon angebaut.
Zur Unterbringung der zahlreichen Dienerschaft ließ die
Kaiserin auch auf das südliche Stallgebäude ein Stockwerk
mit vielen, kleinen Wohnräumen aufführen.
Die mehrerwähnten drei Gemälde von Canaletto im kunst-
historischen Museum in Wien, wurden erwiesenermaßen in den
Jahren. 1758—1760 gemalt; sie stellen das Schloß noch einstöckig
dar, sodaß der Aufbau des zweiten Stockwerkes nach dem
Jahre 1760 erfolgt sein mußte. Historische Quellen ließen sich
diesfalls nicht auffinden.
Am 20. September 1762 war der kaiserliche Hof abermals
— „mit kleinem Gefolge** — in Schloßhof und im nächsten
Jahre, 1763, wurde zweimal, und zwar im Juli und anfangs
September hier der Sejour gehalten. In diesem Jahre (28. Juni 1763)
kam in Schloßhof ein Erdbeben vor, gerade zu einer Zeit, wo
im Schlosse Reparaturen und Renovierungen der Dachstühle, dann
der Malereien und Vergoldungen vorgenommen wurden.^
* Über dieses Erdbeben schreibt ein gleichzeitiger Bericht: „Anheunt,
den 28. Juny 1763 frühmorgens um V2^ ^^r praecise wurde allhier im Kay.
Schloß und übrigen Wirths- und Bräuhaus, dann Mayerhofsgebäuden ein heftiges
Erdbiben von mehristen Inwohnern beobachtet, welches die anwesenden Wiener:
Mahler, Vergolder Stuccatorer und Tagwerksleuth in solche Verwirrung gesetzt,
daß die auf den Gerüsten gestanden und unterhalb geweste einer vorgehabten
Stürtzung beschuldiget und theils mit Lamentieren über das Geprassel deren
Dachstühlen von ihrer Arbeit gelauffen, theils Leuthe aus denen Bethen auf-
gesprungen. Ich Verwalter und mein unten mitgefertigter Schreiber hatten es
auch wohl wahrgenommen. Bey der Pfarrkirch zu Groißenbrunn, welche actu ob
der zu seicht gelegten Grundfeste untermauert wird, ist auch eine Erschütterung
beschehen, daß die Mauerer und Tagwerksleuth mit Erstaunung von der Arbeit
gesprungen. ProtocoUiert zum Andenken, Schloß Hof an der March. Paul Wenzel
Süßenbeck. Sebastian Fröhlich. Außer diesem Naturereignis wird berichtet, daß
in demselben Jahre 1763 am 15. Juli ein entsetzlicher Sturmwind haustey der
6*
— Si-
lin April 1765 kam Kaiser Franz mit seinem Bruder
Carl und einer Anzahl von Cavalieren aus Preßburg nach
Schloßhofi
. Im October 1765 kam Prinz Albrecht von Sachsen und
der Herzog von Zweibrücken mit einem größeren Gefolge nach
Schloßhof, um zu jagen; bei diesen Jagden wurde das gesammte
Schwarzwild abgeschossen und 200 Fasanen ausgesetzt.
Die Anwesenheit des Kaisers Franz in Schloßhof im Früh-
jahre 1765 war seine letzte; denn am 18. August desselben Jahres
starb derselbe unverhofft in der Innsbrucker Burg.
Der Tod des Kaisers machte eine Verschiebung der Hoch-
zeit der Erzherzogin Maria Christine, der Lieblingstochter der
Kaiserin mit dem Prinzen Albert von Sachsen-Teschen noth-
wendig; derselbe war bereits als erklärter Bräutigam im October
1765 in Schloßhof gewesen, und es hatte die Vermählung noch
in jenem Jahre stattfinden sollen. Nach der Beisetzung des Kaisers
zog sich Maria Theresia in tiefster Trauer nach Schloß-
hof zurück, welches ihr Gemahl so lieb gewonnen hatte, und
verbrachte hier in vollster Zurückgezogenheit ihre Trauerzeit.
In diese Zeit fällt auch eine interessante Aufzeichnung der trauern-
den Kaiserin; A. Wolf berichtet in seinem großen Werke „Maria
Christina, Wien 1863 I. Band«, daß sich in dem Gebetbuche,
welches die Kaiserin in Schloßhof in Gebrauch hatte, und welches
nach ihrem Tode auf den Befehl ihres Sohnes, Kaiser Josefs durch
„einen kayserlichen Hausknecht" in die Cabinetskanzlei über-
bracht worden war, um der Erzherzogin Maria Christine als
Andenken übergeben zu werden, ein Zettel befand, auf welchem
die Kaiserin eigenhändig geschrieben hatte: „Kayser Franciscus
mein Gemahl hat gelebt 56 Jahr 8 Monat 10 Tage, ist den
18. Augusti 1765 gestorben halb 10 Uhr Abends. Also gelebet
monate 680, wochen 2958, tage 20778, stunden 496992; mein
glücklicher ehstand war 29 jähr, 6 monat, 6 tage um die näm-
aber den eben anwesenden Kaiser Franz nicht hinderte, in Niederweiden eine
Hirschjj^d abzuhalten. Femer wird berichtet, daß am 15. August ein furchtbares
Gewitter herrschte, wobei der Blitz in den Thurm von Grolßenbrunn einschlugt
den Glockenstuhl zerschmetterte, und die „Wetterläuter« zu Boden warf. „Dem
Blasi List wurde der Rücken versengt, sein Häubl und Leibl zerrissen«*, dem
anderen Läuter schlug der Blitz ein Loch in den Hut.
— 86 —
liehe Stunde, als ihm die Hand gegeben, auch an einem sonntag,
ist er mir plötzlich entrissen worden, macht also jähr 29, monat 335,
tage 10781, stunden 258744;meineregierungsjahre,28 jahr,2 monate,
12 tage, also monat 354, wochen 1471, tage 1030Ö0, stunden
247200. So viele pater nostre, ave, requiem, gloria patri zn beten .
oder so viel Almosen zu geben ''.
Nach Ablauf der Trauerzeit verließ die Kaiserin Maria
Theresia Schloßhof, und kehrte in die Hofburg zurück, um den
Kronprinzen Josef als Kaiser Josef IL als Mitregenten anzunehmen,
dem sie übrigens nur das Kriegswesen überließ» und um die Ver-
mählung ihrer unsagbar geliebten Tochter Maria Christine ins
Werk zu setzen,* Die Heirat war durchaus keine Convenienzsache,
sondern wurde von beiden Seiten aus spontaner, inniger Neigung
geschlossen, und demgemäß war die Ehe bis zum Tode des
Prinzen Albert (IK Feber 1822) eine überaus glückliche.
Die Kaiserin ernannte den Prinzen am 26. December 1765
zum Feldmarschall, Qeneralcapitain und Statthalter von Ungarn.
In der Wiener Burg bestimmte sie ihre eigene Wohnung für
das künftige Ehepaar, in Laxenburg wurde ein eigenes Haus
und in Prefiburg das Schloß für dasselbe hergerichtet Am
2. April 1766 wurde die officielle Veriobung gefeiert.*
* Prinz Albert von Sachsen, geboren am 11. Juli 1738 somit als
Bräutigam 27 Jahre, Erzherzogin Maria Christine 23 Jahre— war mit seinem
Bruder Clemens in die österreichische Armee eingetreten und hatte den Feld-
zttg gegen Preufien mitgemacht. Qemens war krank geworden, trat aus den
Reihen der Armee und wurde OeisUicher; 1763 wurde er Bischof von Freisingen
und Regensburg, 1764 Coadjutor von Augsburg und 1768 Erzbischof von Trier.
Prinz Albert blieb Officier, erhielt 1760 ein Kürassierregiment und machte die
Feldzüge 1761 und 1762 als Feldmarschall-Lieutenant mit. ' Am Wiener Hofe
lernte er die Erzherzogin Marie Christine kennen. Er hatte sich um die Würde
des Großmeisters des deutschen Ordens beworben, die Kaiserin verweigerte dies,
indem sie ihm zugleich noch mehr gab: die Hand ihrer Lieblingstochter.
* Die Erzherzogin erhielt außer den 100.000 fl, die als Heiratsgut für
jede Prinzessin bestimmt waren, noch vier Millionen Gulden theils in Gütern,
theils in Geld. Das Herzogthum Teschen, welches aus der Verlassenschait Franz I.
an Kaiser Josef tibergegangen, wurde an Christine und ihre Decendenz über-
tragen; sie und ihr Gemahl sollten davon Titel und Wappen führen. Christine
erhielt ferner die Herrschaften Altenburg und Mannersdorf und, um die
4 Millionen zu ergänzen, 666.821 fl. in Bankobligationen. Für Mannersdorf und
das Geld wurden ihr einige Monate später die — seinerzeit Eugen'schen Herr-
schaften Bellye und Raczkeve Überlassen.
— 86 —
In der Absicht, das Hochzeitsfest in ländlicher Eirisamkeit
2u begehen j bestimmte die Kaiserin hiefür Schloßhof, das nun
wieder der Schauplatz herrlicher Festlichkeiten wurde.
Am 7i April fuhr die Kaiserin mit der Erzherzogin Maria
Anna voraus nach Schloßhof; am Nachmittag desselben Tages
kam Kaiser Josef mit seiner Gemahlin und der Braut, Erz-
herzogin Marie Christine, am 8^ April folgten der Bräutigam,
Herzog Albert und sein Bruder Clemens, der Bischof. Ein
großes Gefolge begleitete ihn: Fürst Carl Dietrichstein, Fürst
K. u. k. Jagdschloß Eckartsau.
(Nach einer photographischen Aufnahme von J. Wlha.)
Carl Pälffy, die Gräfinen Losi, Berchthold, Linden, Vasquez,
Salmour, Goös, Wallis und Sztaray. Am 9. April kamen
Fürst und Fürstin Batthyany, Fürst Kaunitz, der Judex curiae,
Leopold Graf Pälffy, der ungarische Kanzler Eszterhäzyj Graf
Grassalkovich und die Gräfin Bethlen. Die Kaiserin selbst
hatte sich diese vornehme Gesellschaft auserwählt. Die Herren
trugen die Hofuniform in Trauer, grau und schwarz, die Damen
Taffet mit schwarzen Bändern, nur die Braut allein hatte kein
Zeichen der Trauer; sie trug ein weißes, mit Silberblumen ge-
sticktes Musselinkleid mit vielen Edelsteinen.
— 87 —
Am 8t April abends um 6 Uhr vollzog in der Schloßhofer
Kapelle der Bruder des Bräutigams, Bischof Clemens, die Tr auung
des Brautpaares.
Vom 9. bis 13. April wurden nun in Schloßhof prachtvolle
Feste gefeiert, welche denen glichen, die der Prinz von Sachsen-
Hildburghausen zu Ehren des Kaisers Franz und der Kaiserin
Maria Theresia im Jahre 1754 gegeben hatte; es wechselten ein
Garoussell und eine Bauernhochzeit mit Tanz und Musik. Auch
das Schloß Niederweiden mit seinem prächtigen Garten wurde
wieder besucht.
Maria Theresia ging dann nach Preßburg, um den Empfang
des neuen Statthalters in Ungarn vorzubereiten; das neuvermählte
Paar folgte ihr am 13. April nach. Ungarische Magnaten erwar-
teten sie an der March, und begleiteten sie in das Preßburger
Schloß. Auch Kaiser Josef kam auf einen Tag nach Preßburg
und reiste dann mit Maria Theresia nach Wien zurück.
Herzog Albert von Sachsen und Marie Christine kamen
auch später mit ihrem Hofstaate wiederholt nach Schloßhof; es
finden sich darüber Aufzeichnungen in den Jahren 1768, 1771,
1773 u. s. w.
Zur Erinnerung an die Trauung Marie Christinens ließ die
Kaiserin in der Schloßhofer Kapelle an der rechten Wand die
heute noch vorhandene Gedenktafel aus schwarzem Marmor
mit folgender Inschrift anbringen;
„Maria Christina, archidux Austriae, Albertus dux Saxoniae,
regius princess Poloniae, serenissimi sponsi, in hoc sacello uniti
ecclesiae ritum peragente demente, duce Saxoniae, regio principe
Poloniae, episcopo Frisingensi, die VIII aprilis MDCCLXVI".
Die Kaiserin Maria Theresia kam auch nach der Vermählung
ihrer Tochter öfters nach Schloßhof und hatte ihre besondere
Freude am Fahren mit Schiffen auf der Donau und der
March. So hat sie im Jahre 1770 drei, im Jahre 1776 ein viertes
Lustschiff in Eckartsau bauen lassen; zwei dieser Schiffe waren
für die Jagd bestimmt, zwei nach türkischer Art gebaut, zu Ver-
gnügungsfahrten ; sie waren mit Stangen, Fahnen und Wimpeln,
Vorhängen und Polstern ausgestattet und mit je acht Ruderplätzen
eingerichtet. Die Schiffe wurden auf der Donau hinab in die
March geführt und während des Winters in Theben aufbewahrt.
~ 88 —
Eine wichtige, den allgemeinen Verkehr über die ungarische
Grenze unmittelbar berührende Mafiregel traf die Kaiserin im
Jahre 1771, indem sie die erste Brücke über die March bei
Schloßhof errichten ließ. Bisher war als Übergang nur das Ur-
fahr bei Markthof benutzt worden. Die Brücke war 210 Klafter
lang. Zur Erinnerung an diesen Bau wurde auf dem Neudorfer
Brückendamme, am Beginne der Briicke, eine Tafel von rothem Mar-
mor mit folgender Gedenkschrift versetzt: »Mar. Theres. Aug. ob
Austriam publici commeatus causa Hungariae ponte junctam
MDCCLXXP. Diese Brücke hatte aber infolge der Hochwässer
vielfache Schicksale zu bestehen.^
Die Kaiserin hat auch für die Versehung des Gottes-
dienstes in der Schloßhofer Kapelle ausreichend gesorgt;
nicht nur daß sie diese mit Kirchenparamenteii und kostbaren
Meßgewändern beschenkte, von welch letzteren heute noch
mehrere herrlich gestickte, wertvolle Stücke in der Sacristei auf-
bewahrt werden, sie schuf auch, für Schloßhof die Stelle eines
Schloßkaplans. Die betreffende Licenz wurde im Jahre 1755
ertheilt; während bisher nur an Werktagen die Messe gelesen
werden durfte, wurde dies mit dieser Licenz auch für Sonn- und
Feiertage erlaubt Der Schloßkaplan hatte anfangs zwei-, später
drei-, ja vierhundert Gulden Gehalt nebst freiem Quartier und
Holzdeputat; dafür mußte er „täglich die hl. Messe in der Schloß-
^ Zu Ende des Winters und bei sonstigen Hochwassern wird die March
durch die nahe Donau zurückgestaut, und selbst der Eisstoß, der an die Felsen
der Ruine Theben anprallt, wird noch in das Bett der March hinein und darin
stromaufwärts getrieben. So war es auch am 29. Januar 1809. Die Eismassen der
Donau erfüllten das Bett der March, rissen die Brücke weg und trugen sie nach
aufwärts bis Hochstetten. Die zerstörte Brücke lag darnieder bis 1813-, im
Sommer dieses Jahres stellte der ungarische Reichskanzler, Fürst Carl Pälffy,
als Besitzer der Herrschaft Theben, wohin die Hälfte der Marchbrücke gehörte,
binnen sechs Wochen eine sehr feste, 150 Klafter lange Brücke mit einem Kosten-
auf wände von 102.000 fl. her, worauf die Herrschaft Hof den ihr zukommenden
Theil der Brücke baute. Auch diese neue Brücke wurde wiederholt durch die
Hochwässer und den Eisstoß schwer beschädigt, jedoch immer wieder aus-
gebessert, bis sie im Jahre 1880 durch den Donaueisstoß neuerdings weggerissen
und stromaufwärts getragen worden ist. Die Brücke ist seither bis heute nicht
mehr hergestellt worden und Niemand empfindet diesen Mangel mehr, als
die heutigen Insassen von Schloßhof, denen der directe Verkehr mit dem so
nahen Preßburg bedeutend erschwert, sehr häufig aber ganz unmöglich gemacht
wird, wenn die primitive Überfuhrplätte nicht functioniert.
— 89 —
kapeile zu einer denen Beamten und Arbeitsleuthen bequemen
Stunde lesen* und drei davon auf die Intention des Kaisers
aufopfern,^
Auch der Pfarrkirche in Markthof wandte Maria Theresia
ihre Munificenz zu. Sie ließ die Kirche zum größten Theile um^
bauen * und spendete 1759 diesem Gotteshause zwei neue Seiten-
altäre, die im nächstfolgenden Jahre mit zwei neuen Altarblättern,
den hl. Leonhard und Mariahilf darstellend, geschmückt wurden.
1766 wurde die neuhergestellte Kirche vom Passauer Bischof
Leopold Grafen Firmiaa consecriert, welcher Weihe damals
(10. October) die Kaiserin, Kaiser Josef, Prinz Albert von Sachsen-
Teschen, seine Gemahlin Marie Christine und viele Herrschaften
beiwohnten. Der Kapellmeister von St. Stephan in Wien dirigierte
die aus Preßburg hierher berufene Hofmusik.
Auch die Pfarrkirche in Groißenbrunn besuchte Maria
Theresia gerne und ließ sich, um ungestört der Predigt und dem
Gottesdienste beiwohnen zu können, ein Oratorium bauen. Sie
sowohl, wie auch der Herzog Albert von Sachsen-Teschen be-
* Der erste Schloßkaplan von Schloßhof war Josef Richter, sein Nach-
folger 1756 Ignaz Rechberger, 1762 Bernhard Kroner, 1782 Johann
B. Kerschner, 1783 der mit seinem Titel und Gehalt nach Schloflhof versetzte
Wiener Hofkaplan Josef Mayer; da er doppelten Gehalt hatte, lebte er „auf
honettem Fuß" und unterstützte die Armen, baute einigen Unterthanen neue
Scheunen etc. Im Jahre 1798 folgte ihm auf seinen Posten Franz Wiesinger,
diesem 1803 Georg Wtirzinger. Da er französisch sprach, leistete er dem
Verwalteramte, als in Schloflhof im Jahre 1805 der französische Generalstab
lagi gute Dienste. Sein Nachfolger war 1808 Arnold von Emmersdorf, ein
niederländischer Franciscaner, 1818 Johann ßo"- Stiebar, 1824 Leopold
Gartier, bis dahin Pfarrer in Witzeisdorf, welcher diese Pfarre wegen Brand-
schadens und Weigerung der Gemeinde, die Zulagen an Geld und Naturalien
zu leisten, verlassen hatte. Hochbetagt starb er als Jubelpriester 1852 in Schlofl-
hof. Ihm folgte Friedrich Wittmann, welcher seit 1842 Regimentskaplan ge-
wesen und als solcher die Feldztige in Italien mitgemacht hatte; wegen Augen-
schwäche pensioniert, war er durch acht Monate Schloßkaplan in Schloßhof, wurde
dann reactiviert und neuerdings Regimentskaplan beim Regiment „Prinz Eugen»*.
Er war der letzte Schloßkaplan in Schloßhof. Eine wöchentliche Stiftungsmesse
wurde dann vom jeweiligen Groißenbrunner Pfarrer, später, bis auf unsere Tage,
vom Pfarrer von Markthof gelesen.
' Das Presbyterium zeigt ältere Formen, die noch darauf hinweisen, daß
es dereinst in gothischem Baustil errichtet war. Das Kirchenschiff aber und die
links angebaute Kapelle sind ohne Zweifel einer jüngeren Ära angehörig.
~ 90 —
sehenkten diese Kirche mit wertvollen Gegenständen, die noch
heute theilweise vorhanden sind*^
Was Schloßhof selbst anbelangt, so traf die streng con-
servative Kaiserin hier im allgemeinen keine Veränderungen,
sondern beließ im großen ganzen Alles so, wie es Prinz Eugen
errichtet und sie es käuflich erworben hatte; eine Ausnahme macht
.nur der bereits erwähnte Aufbau des zweiten Stockwerkes und
die Umgestaltung der Weingärten in die gegenwärtige Fasanerie.
Sie sorgte aber auch in pietätvoller Weise für die Erhaltung der
Schloßhofe'r Kunstschätze durch Berufung einschlägiger Künstler
und Handwerker, Stuccaturer, Vergolder und Steinmetze. Die
Bildersäle ließ sie durch Gemälde der Familienmitglieder des
Kaiserhauses schmücken, der Park wurde sorgfältig gepflegt und
brachte erstclassiges Obst und herrliche Blumen für die kaiser-
liche Tafel. Die Gemächer des Schlosses ließ die Kaiserin nach
ihrem Wunsche möblieren^ was sich namentlich auf die Auf-
stellung der erwähnten herrlichen Himmelbetten bezieht; trotz-
dem wurden aber die historischen Stücke aus des Prinzen Eugens
Zeit nicht entfernt. Auch die Widmung der einzelnen Säle
und Gemächer wurde dem nunmehrigen Bedürfnisse angepasst,
was wir bereits in der Schilderung des Schlosses berücksichtigt
haben.
Einige Jahre nach des Kaisers Franz Tode schenkte Maria
Theresia Schloßhof ihrem jüngsten Sohne, dem Erzherzog Maxi-
milian;* dies bezeugte eine ehemals auf der Ostseite des Schlosses
befindliche Inschrift: „Eugenius Pr. Sabaudiae extruxit, Imp. Caes.
^ Die Kirche von Groißenbrunn ist geräumig und freundlich und erhielt
ihre heutige innere Gestalt im Jahre 1774. Der Hochaltar trägt das Bildnis des
hl. Aegidius, die beiden Seitenaltäre jenes des hl. Franz v. Assisi und der
hl. Theresia, der Patrone des Kaiserpaares. Auf dem Hochaltar befindet sich auch
das 1771 dorthin übertragene Muttergottesbild (siehe Seite 65), das ehemals in
der Brünnlkapelle sich befand. Im Jahre 1775 wurde es vom Maler Karl Kolo-
nitsch restauriert Die Wände sind mit zwei großen Gemälden,, den hl. Augustin
und den hl. Nikolaus darstellend geschmückt. Außer dem schon erwähnten Eisen-
gitter sind aus der Prinz Eugenschen Zeit noch zwei Leuchter von künstlerischer
Schmiedearbeit vorhanden.
2 Derselbe war 1756 geboren; 1769 wurde er zum Coadjutor des deut-
schen Ordens gewählt, 1780 wurde er Hoch- und Großmeister dieses Ordens,
1784 Erzbischof zu Köln und Bischof zu Münster.
— 91 —
Franciscüs delegit, levando imperii curis animo, M. Theresia Aug.
dedit filio Maximil., ut herois et patris exempla imitetur". An der
Ostfront des Schlosses sieht man am Giebel unter einer von zwei
Genien gehaltenen Vase eine Steinplatte^ worauf sich jene In-
schrift aus Metallbuchstaben befand, welche vor einigen 20 Jahren
herabgenommen wurde, weil sie schadhaft geworden war.
Zu erwähnen wäre in dem Zeitabschnitte „Maria Theresia*
noch das Schulwesen in Schloßhof. Bis zum Jahre 1770 waren
die Schloßhof er Kinder von einem Kanzelisten unterrichtet worden;
nun wurde nach dem Normalschulgesetze auch in Schloßhof eine
Schule errichtet und der erste Schulmeister, Bartolomäus Parg-
frieder (27. November 1771) angestellt; er bezog 200 fl. und
ein Holzdeputat. Auch die Kinder von Niederweiden besuchten
die Schloßhof er Schule. Diese Normalschule wurde im Jahre 1855
geschlossen und 1867 als Volksschule wieder neu errichtet.
Für ihre Unterthanen in Schloßhof war die Kaiserin stets
von Mitleid und Fürsorge beseelt. So wollte sie den Bewohnern
von Markthof, die so viel von den Überschwemmungen durch
die March und die Donau zu leiden hatten, dadurch helfen, in-
dem sie ihnen in Schloßhof einen Platz anbot, wo sie sich hätten
ansiedeln können, und wo sie von aller Wassergefahr verschont
geblieben wären; Die Markthofer blieben aber ihren alten, wenn
auch oft bedrohten Penaten treu, angeblich, weil sie sonst einen
zu weiten Weg auf ihre Äcker zu machen gehabt hätten.
Am 29. November 1780 starb die große Kaiserin in der
Wiener Hofburg, die Begründerin des österreichischen Gesammt-
staates, welcher unter ihr den Übergang vom mittelalterlichen
zum modernen Staate vollzog.
IV. Periode.
Schlofihof nach dem Tode Maria Theresias (1780) bis zum
Jahre 1899.
Mit dem Tode Maria Theresias war auch für Schloßhof die
Zeit des Glanzes und des in seinen fürstlichen Räumen herr-
schenden Lebens vorübeu
Die Schilderung dieses Abschnittes der „Geschichte von
— 92 —
Schloßhof" wird trotz des gewaltigen Zeitraumes von n^beau
110 Jahren dem Verfasser dieser Studie leicjit gemacht infolge
der Dürftigkeit der inzwischen gefallenen Vorkommnisse,
Josef IL in dessen Besitz Schloßhof übergegangen war, wo
er als Kronprinz so häufig und so gerne geweilt, daß der von
ihm immer bewohnte Raum eigens den Namen „das Kronprinzen-
zimmer** führte, kam als Kaiser nicht mehr heraus nach Schloß-
hof. Seine überaus angestrengte Thätigkeit, seine alle Gebiete des
Staatswesens umfassenden Reformen brachten es mit sich, daß
er seine gesammte Arbeitskraft den Regierungsgeschäften widmete,
und in seinem Schaffensdrange keine Zeit fand, an Erholung und
Ruhe zu denken.
Nichts destoweniger machte dieser freiheitlich denkende,
große Geist, auch auf der Herrschaft Hof den Versuch, die Herr-
schaftsrobot — wenigstens zum großen Theile — abzuschaffen.*
Er überließ im Schloßhofer Rayon 66% Joch herrschaftlicher
Äcker, welche bisher von den Hofer Bauern robotweise bearbeitet
werden mußten, den „Ganzlehnem und Hofstattlem* in Markthof
so zu sagen in Pacht, für welche nun im Ganzen 642 fl. an die
Gutsverwaltung in zwei Jahresraten zu zahlen waren ; die Abgabe
des Zehents blieb aber aufrecht. Auch mit den anderen Unterthanen
schloß die Herrschaft ähnliche Contracte ab, so in Engelharts-
stetten, Groißenbrunn, Stopfenreith, Loimersdorf, und Witzeisdorf.
Femer verringerte der für das Wohl aller Menschen so sehr
bedachte Kaiser Josef noch in seinem letzten Lebensjahre die
Urbarialgiebigkeiten von 9874 fl. 27^ kr. auf 1552 fl. 36% kr.
Die Gerichtsprotokolle jener Zeit erzählen von mancher-
lei Vergehen der herrschaftlichen Unterthanen, so von Holzdieb-
stahl, Liedlohnverkürzungen, von Anschießen bei Jagden, Gewalt-
thätigkeiten, Schulden und Raufereien; das Urtheil der Herrschaft
war gewöhnlich nicht gar streng, ausgenommen gewisse Ver-
gehen; so z. B. fanden bei der Überschwemmung im Februar
1789 elf Unterthanen zwei Hirsche im Eis, wie angenommen
wurde, lebend. Da sie das Fleisch derselben gegessen hatten, so
* „Robot-Abolitions und Herrschaft. Grundpachtkontrakt auf der k. k.
Familienherrschaft Hof an der March". (Originaf mit des Kaisers Unterschrift Im
Archiv zu Orth a/D).
— aa —
muBteti sie 300 Pfund ä 3 kn bezahlen und. kämen auf eine
Woche in den Arrest.
Die Herrschaft hatte unter Kaiser Josef wiederholt unter
Hochwasserschäden zu leiden. Im Jahre 1785 trat zweimal
Hochwasser ein; das erstemal vom 21. bis 27. April, bei welcher
Gelegenheit die Überschwemmten Mehl, Brot und Viehfutter in
SchloShof erhielten. Eine Gräfin Batthyäny brachte ihnen aus
Hainburg Brot und sonstige Eßwaren. Am 21. Juni wurde Markt-
hof neuerdings derart überschwemmt, daß der dortige Localkaplan
Martin Brosenics seinen Bestimmungsort nur zu Schiff erreichen
konnte. Das gesammte Vieh von Markthof wurde nach Schloßhof
gerettet; die Brücke und der Straßendamm wurden, obgleich mit
Steinen und Sandsäcken beschwert, arg mitgenommen. Am 20. Juli
1786 ertrank der herrschaftliche Revierjäger Franz Fritz beim
Nachhausereiten aus der Au infolge Austretens der March. Die
ärgste Überschwemmung fand im November 1787 statt; zwei
Joche der Brücke wurden weggerissen und das Wasser floß fünf
Schuh hoch über den Straßendamm. Es erlitt damals die Herr-
schaft Hof einen Schaden von mehr als 10.000 fl.
Auch von einem anderen Unglück war damals unsere Gegend
heimgesucht; im Herbste 1786 raffte eine Viehseuche fast den
gesammten Viehstand hin, so in Engelhartstetten allein 230 Stück.
In Schloßhof selbst wurden unter Kaiser Josef II. nicht
nur keine verbessernden Neuerungen in baulicher oder cultureller
Richtung vorgenommen, sondern die Erhaltungskosten wurden
— im Einklänge mit den durch die theilweise Aufhebung der
Robot restringierten Renten — sogar verringert.
Als Sejour des Hofes wurde Schloßhof nach dem Tode der
Kaiserin Maria Theresia überhaupt nicht mehr in Combination
gezogen; dies erhellt am allerdeutlichsten aus der Verfügung
Kaiser Josefs II. im Jahre 1788, mit welcher die Schloßhofer herr-
schaftlichen Stallungen dem Beschäl-Departement von Nieder-
österreich dauernd eingeräumt wurden. Die Hengste bezogen
auch sofort die Schloßhofer Stallungen, ein Theil wurde in das
Schloß Eckartsau verlegt. Das Beschäldepartement — anfangs
unter dem Gommando eines Rittmeisters Benings — verblieb nun
mit kurzen Unterbrechungen während der französischen Kriege,
wo es nach Ungarn verlegt wurde, und im Jahre 1848, wo es
— 94 —
vorübergehend in Mistelbach stationiert war— durch volle 69 Jahre
in den Schloßhof er Stallungen; im Jahre 1857 wurden die Schloß-
hof er Staatshengste nach Stadl-Lambach in Oberösterreich
gebracht, wo sich heute noch das Staatshengstendepot für Nieder-
und Oberösterreich befindet.^
Dem gesegneten, durch Reformen aller Art erfüllten Leben
des Kaisers Josef IL machte der Tod nach nicht ganz zehnjähriger
Regierungszeit ein allzu frühes Ende; er starb am 20. Februar
1790, kaum 49 Jahre alt.
Sein Bruder bestieg als Kaiser Leopold IL den Thron
und übernahm auch zugleich die Herrschaft SchloßhoL Während
seiner nur zweijährigen Regierungszeit besuchte Kaiser Leopold
seinen Landsitz am 13. October 1790 mit kleinem Hofstaate und
verweilte hier drei Tage, in denen er sich dem Vergnügen der
Jagd hinab; die Auslagen dieses kurzen Aufenthaltes wurden
genau verzeichnet, sie betrugen 5786 fl. 12 kr. 2 Pfennige.
Am 1. März 1792 starb Kaiser Leopold II, in noch jüngeren
Jahren als sein kaiserlicher Bruder, 45 Jahre alt; sein ältester
^ Aus der dem Verfasser von Seite des „Inspectorats der k, u. k. Pferde-
zuchtsanstalten " gelieferten Daten aus der Geschichte des Staatshengstendepots
Stadl-Lambach wäre noch hervorzuheben, daß anläßlich der Anwesenheit des
russischen Kaisers in Wien im Jahre 1815, und ebenso im Jahre 1818, 30 der
schönsten Schloßhofer Hengste nach Wien einrücken mußten, um nicht nur zu
Besichtigungen, sondern zu förmlichen Reitproductionen vor den Allerhöchsten
Herrschaften zu dienen. Im Jahre 1825 wurde der Schloßhofer Hengstendepot-
posten vom Kaiser Franz und unmittelbar darauf vom Erzherzog Ferdinand be-
sichtigt und das Hengstenmaterial sehr gelobt.
Im Jahre 1834 wurden die bisher mit Holz gedielten Pferdestände in den
Schloßhofer Stallungen in „gestampfte Lehmstände" umgewandelt.
Im Jahre 1848 verblieb nur nur kleines Depot von Hengsten in Schloß-
hof, wo ein Marodehaus etabliert wurde; Lieutenant Leöbner war Commandant
von beiden genannten Anstalten.
• Vom Jahre 1851 bis 1857 befand sich auch der Stab des Beschäldeparte-
ments in Schloßhof; ob die betreffenden Gestütsofficiere im Schlosse selbst unter-
gebracht waren, konnte der Verfasser nicht in Erfahrung bringen.
Im Jahre 1857 endlich wurden alle Hengste für Nieder- und Oberösterreich
nach Stadl-Lambach gebracht und in ein Hengstendepot vereinigt. Seither
standen die Schloßhofer Stallungen leer; zwar waren in den 80er Jahren einzelne
Kreise, namentlich die VI. Section der landwirtschaftlichen Gesellschaft in Wien
eifrig bemüht, die niederösterreichische Hengstenabtheilung von der oberöster-
reichischen zu trennen, und von Stadl wieder nach Schloßhof zu verlegen, doch
sie drangen nicht durch.
— 95 —
Sohn, Franz, übernahm als 24 jähriger Mann den habsburgischen
Thron als Kaiser Franz II.
Schon im nächsten Jahre, 1793 besuchte der junge Kaiser
Schloßhöf und kam in der Folge mehreremal im Herbste zu den
Jagden hierher und zu kurzem Aufenthalte bei Reisen nach Ungarn,,
welche besonders zur Zeit der Reichstage in Preßburg stattfanden.
Gewöhnlich wurden hierbei die Magnaten auf einige Stunden nach
Schloßhof eingeladen und begleiteten dann den Kaiser nach
Preßburg. Auch auf der Rückreise wurde derselbe bis nach Schloß-
höf von den Ungarn begleitet Für derartige Empfänge war der
Festsaal als Thronsaal hergerichtet
Im übrigen geschah für Schloßhof nichts, außer was dessen
Erhaltung in gutem Bauzustande nothwendig machte. So wurden
im Jahre 1796 die Blitzableiter des Schlosses durch den Schlosser
Matema aus Stockerau um den Betrag von 121 ft 46 kr. repa-
jiert. Man hatte früher die Unvorsichtigkeit begangen, die Leitung
durch die Dachböden zu führen. Der Park fand indessen keine
besondere Berücksichtigung mehr, das Eugensche hölzerne Wasser-
schöpfwerk, zunächst der Groißenbrunner Teiche, war im Laufe
der Zeit zugrunde gegangen, und wurde nicht mehr in Stand
gesetzt, der Park erhielt kein Wasser mehr und ging in seiner
Cultur demgemäß zurück.
Die französischen Kriege zogen auch Schloßhof in Mit-
leidenschaft; während der ununterbrochenen Kriegsrüstungen war
in Schloßhof ein Vorrathsmagazin errichtet und eine Bäckerei
etabliert; das Beschäldepartement mußte vorübergehend Platz
machen und wurde nach Szentes im Csongroder Comitat verlegt
Im Jahre 1805 war der französische Generalstab durch
mehrere Wochen in Schloßhof einquartiert; der damalige Local-
kaplan von Markthof, Johann Georg Bohn machte sich um
seine Gemeinde und um Schloßhof sehr verdient, indem er, als
gebürtiger Elsässer der französischen Sprache mächtig, von der
Herrschaft so viel Übel abwendete, als nur möglich war. Was
ihm während dar dreimonatlichen Besatzung von Markthof durch
das fünfte französische Dragonerregiment gelungen war, glückte
ihm aber 1809 unter dem französischen General Valentin nicht
mehr. Markthof wurde zum Theile geplündert, der Verwalter von
Schloßhof wurde von den Feinden mißhandelt; der größte Theil.
— 96 —
der Burg Theben wurde mit Pulver gesprengt, damit die Donau
durch diesen festen Punkt nicht gesperrt werden könnte. Seit
jener Zeit liegt die Thebener Burg vollends in Schutt.
Der französische General Durette requirierte Pferde, Hafer,
Heu und Stroh namentlich aus Schloßhof, das mit „Militärpferden
wie gepflastert war*. Endlich zog der Feind über die Märch-
schiffbrücke ab.
Im Jahre 1825 brannte Engelhartstetten ganz nieder und
erlitt einen Schaden von 17.000 fl. ; die Herrschaft leistete Unter-
stützungen und Vorschüsse, und lieferte auch Baumaterialien.
Im Jahre 1825 besuchte Kaiser Franz und bald darauf
Erzherzog Ferdinand Schloßhof um die hier eingestellten,
neu angekauften Staatshengste zu besichtigen; die Rückreise
wurde am selben Tage noch zurückgelegt.
Im Jahre 1831 war in Ungarn die Cholera ausgebrochen;
die Grenze wurde abgesperrt und bei Schloßhof Contumaz-Hütten
errichtet. Viele wollten gewaltsam durchbrechen, sie wurden stand-
rechtlich erschossen, was bei Schloßhof einem Tabak-Schwärzer
geschah. Das Vieh' mußte über die Grenze durch die March ge-
schwemmt werden, um die Verschleppung der Krankheit zu ver-
hüten. Diese Contumaz-Anstalten standen hier unter der Leitung
des Obersten Gf. Cecopieri, dessen - Regiment am Marchuf er
campierte. Die Contumäz wurde am 18. October 1831 aufgehoben,
da sie nunmehr zwecklos war; die Cholera wüthete bereits in
Niederösterreich und namentlich in Wien. In Markthof und
Schloßhof fiel in diesem Jahre kein einziger Cholera-
fall vor, obgleich die Krankheit im ganzen Umkreise grassierte;
dafür brach sie im Jahre 1832 auch in Markthof aus, wo 20 Men-
schen daran erkrankten, aber nur 6 starben.
Im Jahre 1833 (23. October) wurde der neue, noch heute
bestehende Friedhof außerhalb von Markthof eingeweiht, bisher
befand sich der Friedhof im Markte selbst, rings um die Kirche.
Aus der Regierungszeit des Kaisers Franz ist nur noch die
überaus große Überschwemmung im Jahre 1830 zu erwähnen,
welche im ganzen Marchfelde bedeutenden Schaden anrichtete.
Überhaupt waren die damaligen Hochwässer böser und weit
schädlicher als heute, weil in Ermangelung des gegenwärtigen
Donauschutzdammes, damals das Wasser — namentlich zur Zeit
- 97 —
des Eisstoßes — „über Land" kam, sobald die Donau schon
weiter aufwärts bei Orth oder Groß-Enzersdorf aus ihrem Bett
brach und das Marchfeld verwüstete. Heute ist es wenigstens
kein wühlendes und alles niederreißendes Wasser mehr, unter
welchem unsere Gegend zu leiden hat, da das Gebiet nur meist
vom Rückstauwasser der March, von der angeschwollenen Donau
zurückgedrängt, heimgesucht wird; allerdings treten diese Über-
schwemmungen heute häufiger auf, als seinerzeit. Gelegentlich
der erwähnten Überschwemmung im Jahre 1830 befand sich die
Landungsstelle der Überfuhrplätte an der Schloßhofer Parkmauer,
wie dies die Marken an der nordöstlichen Ecke diese Mauer
heute noch zeigen.
Unter Kaiser Ferdinand L, der nach dem Tode des Kaisers
Franz IL im Jahre 1835 die Regierung antrat, wurde die durch
freiwillige Concurrenz erbaute Commercialstraße von Florids-
dorf über Schloßhof nach Preßburg vollendet.
Das Jahr 1848 warf auch seine Wellen in unsere Gegend;
in Schloßhof und Markthof wurden Nationalgarden errichtet.
Die ungarischen Feldzüge 1848 und 1849 berührtenSchloß-
hof nur insoferne, als das zweite Stockwerk des Schlosses,
sowie auch Eckartsau als Militärspital eingerichtet wurden.
Die Hengste aus Schloßhof wurden nach Mistelbach dirigiert und
in Schloßhof ein Verpflegs-Filialmagazin errichtet. Die im Schloß-
hofer „Marodenhaus* damals verstorbenen Soldaten wurden
bei Schloßhof auf einem eigenen Friedhofe beerdigt, den heute
noch ein hölzernes Kreuz auf der kleinen Hutweide vor der West-
seite des Schlosses, an der Groißenbrunner Straße, kennzeichnet.
Der kaiserliche Hof kam unter Kaiser Ferdinand nicht
mehr nach Schloßhof; nur gelegentlich der Herbst-Hofjagden be-
suchten es ab und zu ganz vorübergehend einzelne Mitglieder
des Kaiserhauses. Im verlassenen Schloßhof machte sich natur-
gemäß der Zahn der Zeit sehr geltend; der verwilderte, wasser-
lose Park konnte nicht mehr in seiner ursprünglich köstlich
schönen Anlage erhalten werden. Die überflüssig und zwecklos
gewordenen Fontainen und Wassercascaden auf der dritten und
vierten Park -Terrasse, sowie die Steineinfassung des Bassins auf
der letzten Terrasse, dann die meisten Gitterthore und Treppen
wurden entfernt und in andere kaiserliche Lustschlösser über-
7
— 98 —
führt?, dasselbe Schicksal traf auch den schönen Monumental-
brunnen am äußeren Schloßplätze, ebenso wie die kostbaren Relief-
platten auf der dritten Park -Terrasse, dann die eisernen Lauben-
gänge und Lusthäuser im Parke. Daß die Blumenbeete und
Teppichgärtnereien, die spalierartig beschnittenen Alleen, ' die
Labyrinth-Hecken und Orangerien zugrunde gingen oder auf-
gelassen wurden, erscheint nach dem Gesagten selbstverständlich.
Über den Dornröschenschlummer Schloß hofs schreibt
Adam Wolf („Maria Christine«, Wien, 1863) im Jahre 1859:
„Die Zeiten von Schloßhof sind vorüber, wo die glänzenden
Hofgesellschaften sich vergnügten; damals kamen die Couriere
gesprengt, die Wachen zogen mit klingendem Spiele und flatternder
Fahne auf, die Hofherren und Damen gingen in seidenen Kleidern
durch den Garten, die Bäume warfen tiefe Schatten über die
Wege, die Musik klang durch die Nacht und die Freude rauschte
durch alle Räume. Nun ist die Wirtschaft verfallen, das Schloss
verödet, der Garten schlecht gepflegt, die Wasserwerke zerstört,
die Statuen Ruinen. Hier steht ein Amor mit gebrochenem Arme
unter einem dürren Apfelbaum, dort eine bemoste Amphitrite in
einem versumpften Bassin. Ein prachtvolles Eisengitter am unteren
Thor zeugt noch von der alten Herrlichkeit; das Savoysche Kreuz
erinnert noch an den edlen Helden, der hier Burgunderwein und
edle Obstarten gepflanzt."
Die Ursache der Vernachlässigung von Schloßhof ist un-
zweifelhaft darauf zurückzuführen, daß der kaiserliche Hof die
näher an Wien gelegenen und bequemer erreichbaren Lustschlösser
Schönbrunn und Laxenburg dem entlegenen Schloßhof vorzog,
und daß auch für einen Sejour im Hochsommer die durch die
Bahnen nun leicht zugänglichen Alpenländer ungleich mehr
Reiz und Erquickung boten. .
Schloßhof blieb verlassen und träumte umso stiller dahin,
als, wie bereits erwähnt, im Jahre 1857 das Beschäldepartement
aus Schloßhof nach Stadl-Lambach verlegt wurde.
Das Jahr 1866 brachte bekanntlich den Kriegslärm in die
Gegend von Schloßhof, indem noch unmittelbar vor dem Ab-
schlüsse des Waffenstillstandes, dem der Friedensschluß folgte,
am 22. Juli, das Treffen bei Blumenau geliefert wurde. Im
Rahmen der vorliegenden Skizzen bleibend, ist diesfalls nur ,zu
erwähnen, daß vom Armee -Obercommando am 17. Juli der zur
Deckung Preßburgs bestimmten Brigade Mendel telegraphisch
befohlen worden ist, die Eisenbahnbrücke von Marchegg und
die Jochbrücke zwischen Schloßhof und Neudorf zu zerstören.
Die Vorbereitungen zum Sprengen waren am 18. Juli morgens
vollendet. Mit Rücksicht auf den Wert der Brücken und das fort-
währende Fallen des Wasserstandes, wodurch zahlreiche, für alle
Waffen brauchbare Furten entstanden, wäre die Sprengung viel-
An der Schloßhofer March-Fähre.
(Nach einer Amateur-Aufnahme.)
leicht nicht nöthig gewesen; über erneuerten Befehl aber wurde
sie am 18. Juli nachmittags durchgeführt. Das rechte Marchuf er
war von österreichischen Truppen nicht besetzt und auch der
Feind zog nur in einer Nebenkolonne von circa 300 Mann über
Marchegg-Schloßhof nach Markthof, wo diese Seitenhut am 22. Juli
nächtigte, indess schon am nächsten Tage hinter die festgesetzte
Deraarcationslinie „Marchegg Eisenbahnbrücke - Bisternitz " , auf
Grund des geschlossenen Waffenstillstandes, abmarschieren mußte.*
* Österr. Oeneralstabswerk: .Österreichische Kämpfe 1866* (Wien 1869,
IV. Band). 7*
— 100 —
Pfarrer Josef Maurer behauptete in seiner „Schloßhofer
Geschichte* (Wien 1889), daß sich Bismarck in Schloßhof auf-
gehalten habe, was sich aber historisch nicht nachweisen läßt
und umsomehr zu bezweifeln ist, als das preußische Haupt-
quartier sich seit dem 18. Juli in Nikolsburg befand und der
damalige Graf Bismarck beim Hauptquartier des Obercommandos
eingeteilt war.
Die gesprengten Brücken wurden noch im selben Jahre
wiederhergestellt; die Schloßhof-Neudorfer Brücke existierte
sodann bis zum Jahre 1880, wo sie — wie bereits erwähnt — vom
Donau-Eisstoße zerstört wurde, indem zwei Dritttheile derselben
weggerissen und stromaufwärts getragen worden sind. Seither
ist die Brücke nicht mehr hergestellt worden und leider ist auch
gegenwärtig wenig Aussicht vorhanden, daß dieses gerade für
Schloßhof so überaus wünschenswerte Object vor durchgeführter
Marchregulierung erbaut werden dürfte.
Im Jahre 1882 brannten in Markthof während des sonn-
täglichen Gottesdienstes die Kirche, das Pfarrhaus, zwölf Wohn-
häuser und fünf Scheunen ab.
Die Ökonomie in der Schloßhofer Herrschaft wurde bereits
seit Jahren nicht mehr in eigener Regie betrieben, sondern war
verpachtet, das Schloß selbst wurde von der Gutsverwaltung von
Orth aus verwaltet, stand leer und vernachlässigt da und fristete
infolge Zuweisung von unzureichenden Erhaltungsmitteln ein
kümmerliches Dasein. Ein Zimmerwärter hauste allein im Schlosse,
dem seit einigen Jahren der hierher exponierte Gendarmerieposten
Gesellschaft leistete. Die Räume ober dem südlichen Stallgebäude
wurden von pensionierten Hofbediensteten und deren Witwen
bewohnt.
V. Periode.
Schloßhof im Jahre 1898 und 1899.
Die General-Direction der Allerhöchsten Privat- und Familien-
fonde hatte bereits seit mehreren Jahren mit Allerhöchster Ge-
nehmigung den Entschluß gefaßt, Schloßhof bei passender
Gelegenheit der Heeresverwaltung behufs Unterbringung einer
Heeresanstalt pachtweise zu überlassen, da die Erhaltungskosten
— 101 —
dieses ja seit einem Jahrhundert zwecklos dastehenden Lust-
schlosses erspart werden könnten, und eine in Bälde nothwendig
werdende gründliche Restaurierung bedeutende Summen be-
ansprucht hätte. Die Kriegs-Verwaltung, welche die Pachtung zu
acceptieren bereit war, trug sich bis zum Jahre 1897 mit ver-
schiedenen Plänen bezüglich Unterbringung einer geeigneten
Heeresanstalt in Schloßhof. So war anfangs die Verlegung einer
Cadettenschule aus Wien in Aussicht genommen, welches Project
aber wegen der für diesen Zweck allzu beschränkten Räume
fallen gelassen wurde; auch die Verlegung des Invalidenhauses
und der Militär-Irrenanstalt aus Tyrnau wurde in Combination
gezogen, doch wurde auch dieser Plan aufgegeben, weil die für
nervöse Kranke nicht zuträglichen heftigen Luftströmungen von
Schloßhof dagegen sprachen.
Im Jahre 1898 nahm aber das Project, Schloßhof Armee-
zwecken zu widmen, eine greifbare Form an.
Von Seite des k. und k. General-Artillerie-Inspectors,
Feldmarschall-Lieutenant Alfred Ritter von Kropatschek,
wurde dem Reichs-Kriegsministerium der Antrag unterbreitet, für
die Artillerie- und Traintruppe ein eigenes Reitlehrer-Institut
zu schaffen und dieser neuen Anstalt Schloßhof einzuräumen.
Als die wichtigsten Beweggründe zur Aufstellung eines neuen,
eigenen Reitlehrer-Institutes für die Artillerie wurden namhaft ge-
macht: der dringende Bedarf an tüchtigen, methodisch aus-
gebildeten Reitern für die Artillerie einerseits, und die Unmög-
lichkeit einer Erhöhung des Erequentanten-Standes im Wiener
Reitlehrer-Institute anderseits, was durch die beschränkten Räume
des alten Hauses und durch den Umstand begründet erschien, daß
die dortigen einzelnen Reitabtheilungen quantitativ ihr Maximum
bereits erreicht hatten und eine Vermehrung der Reiter in denselben
der Übersicht und der Detailausbildung geradezu schädigend ent-
gegenstehen würde. Femer wurde die größere Betonung des
Fahrunterrichtes angeführt, als dies im Wiener Hause möglich
war. In der betreffenden Eingabe wurde endlich der Stand des
beantragten neuen Institutes, für welches der Titel „Artillerie-
Central-Equitations-Institut" in Vorschlag war, anOfficieren, Mann-
schaften und Pferden antragweise angegeben, und zwar im All-^
gemeinen in jenen Ziffern, wie sie später bei der Creierung der
— 102 —
neuen Anstalt auch acceptiert worden sind. Als Standort wurde
Totis, Salzburg und Schlofihof in Combination gezogen, dabei
aber Schloßhof der Vorzug gegeben, wofür hauptsächlich der
Umstand sprach, daß dieser Besitz dem Reichs-Kriegsminlsterium
bereits zur Verfügung gestellt worden ist, und daß die Baukosten
infolge der schon bestehenden Wohnungs- und Stallräume wesent-
lich vermindert würden, im Vergleiche zum Aufbau eines com-
pletten Etablissements in Totis, wo allerdings die Verhältnisse
in Bezug auf den Reitboden und die Nähe vieler Pferdezüchter
und Gestüte günstiger liegen würden.
Der k. und k. Reichs-Kriegsminister General der Ca-
vallerie Edmund Freiherr von Krieghammer ging auf diese
großangelegten, bahnbrechenden und organisatorisch bedeutsamen
Vorschläge des k.und k.GeneraI-Artillerie-Inspectors ein; dasReichs-
Kriegsministerium unterbreitete in einem allerunterthänigsten
Vorschlag die pachtungsweise Überlassung von Schloßhof mit
der Widmung zur Aufstellung eines neuen,- für die Artillerie und
die Traintruppe bestimmten Reitlehrer-Institutes an Seine Majestät,
Allerhöchst welcher mit der Entschließung vom 6. August 1898
in munificenter und für die Armee fürsorglicher Weise die Aller-
höchste Genehmigung zur Überlassung von Schloßhof für den
genannten Zweck zu ertheilen geruhte.
Die Durchführung der Idee folgte der Allerhöchsten Ge-
nehmigung auf dem Fuße; da es sich darum handelte, die neue
Anstalt so bald wie nur möglich ins Leben zu rufen, ordnete
das Reichs-Kriegsministerium die sofortige Inangriffnahme der
Adaptierungen in Schloßhof an.
Noch im selben Jahre, 1898, mußten die Neubauten
fertiggestellt werden, während das Frühjahr und der Sommer 1899
zur Durchführung der sonstigen baulichen Adaptierungen in Be-
tracht gezogen und zugleich festgesetzt wurde, daß die neue
Anstalt im Herbste desselben Jahres ihre Thätigkeit zu beginnen
haben werde.
Diesem Plane gemäß wurde mit den nöthigen Neubauten
sogleich begonnen.
An den Stirnseiten der alten Stallungen wurden zwei voll-
, kommen egale Winterreitschulen von 80 Schritten Länge und
35 Schritten Breite derart angebaut, daß sie mit den Stallungen
— 103 —
durch einen Gang verbunden sind, so daß die Pferde aus dem
Stall direct in die Reitbahnen gebracht werden können.
Ferner wurden an der Nord- und Südseite an die alten
Stallgebäude je eine Stallung zu 20 Pferdeständen sammt Futter-
boden, Sattel- und Haferkammem angebaut, femer Fuhrwerks-
schupfen mit Geschützremisen und besonders praktisch angelegten
Düngerablagerungsstätten.
An weiteren Neubauten wurde noch an der Südseite, in der
Fasanerie, ein Pferde-Marode- und ein Contumaz-Stall mit
Boden und den nöthigen Nebenräumen, endlich an der Nordseite
eine modern ausgestattete Beschlagschmiede mit einer ge-
räumigen Beschlagbrücke, zwei Werkstätten und zwei Neben-
räumen errichtete
Mit dem Baue dieses Objectes nach den vom Obersten
Rudolf Gall, Militär-Bau-Direktor des 2. Corps, verfertigten
Plänen wurde die Preßburger Firma Soos & Haerlin betraut.
Neben diesen Neuherstellungen wurde in Schloßhof eine
Anzahl von Demolierungen durchgeführt.
Die oft erwähnten schmiedeeisernen Gitterthore — eines an
der Westeinfahrt und zwei im Parke — wurden von Seite des
k. und k. Hofärars entfernt und nach Schönbrunn, respective in
das Wiener Belvedere gebracht. Die beiderseits der Brücke am
Westeingang zum Schlosse befindlichen Thorwärterhäuschen wurden
demoliert. Am äußeren Schloßplatze wurde zwischen den beiden
Rampen eine Terrasse erbaut, wodurch der Raum für die
Sommer-Reitschule bedeutend vergrößert wurde.
Aus dem Schlosse selbst wurde alles Transportable entfernt,
die im II. Abschnitt dieser Studie erwähnten manigfaltigen Kunst-
gegenstände, das ehrwürdige Mobiliar, wurden zum größten Theil
nach Schönbrunn, Eckartsau und ins Wiener Belvedere gebracht.
So wurden außer den Möbeln, Spiegeln, Lustres der Küchen-
und Zuckerbäckereieinrichtung, den Vorräthen an Wäsche und
Service auch die kostbaren Kapellengegenstände fortgeführt. An
Objecten von künstlerischem oder historischem Werte verblieben
im ganzen Schlosse nur solche, welche nach dem Ausspruche
der Sachverständigen überhaupt nicht entfernbar waren: jene
Stuckplafonds, einige der schönen Eugen'schen Kamine, das
Altarbild, die Frescomalereien und Vergoldungen in der Kapelle
— 104 —
nebst dem schönen Tabernakel und mehreren alten, kostbaren
Meßgewändern. Diese wenigen zurückgelassenen an den seiner-,
zeitigen Glanz von Schloßhof mahnenden Kunstreliquien wurden
bereits (im IL Abschnitt) aufgezählt und geschildert. Das Schloß
stand somit leer und harrte nun der weiteren Adaptierungen.
Aber auch an den altehrwürdigen, wenn auch verfallenen
und ganz und gar vernachlässigten Schloßpark wurde sichtend
Hand angelegt. Erscheint die Entfernung des Mobilars aus dem
Schlosse mit Rücksicht auf dessen nunmehrige Bestimmung,
Officierswohnräume zu bilden, vollkommen gerechtfertigt, so muß
die Entfernung nahezu des gesammten ehrwürdigen künstlerischen
Schmuckes im Parke tief bedauert werden. Abgesehen von den
Gitterthoren, die in Ansehung ihres hohen künstlerischen und
effectiven Wertes eine andere, ebenso richtige Verwendung fanden,
wie in Schloßhof, wurden aber nicht nur nahezu alle Schöpfungen
der Bildhauerkunst, welche in Form von Kriegstrophäen, Statuen,
Vasen und Brunnenschmuck den Garten zierten, sondern auch
beinahe alle vorhandenen steinernen Balustraden aus dem Parke
entfernt und in endlosen Wagencolonnen nach Schönbrunn über-
führt. Es ist begreiflich, daß diese nahe zwei Jahrhunderte alten,
aus weichem und verwittertem Sandstein gemeißelten Stücke kaum
eine Ortsveränderung, geschweige denn einen 50 Kilometer weiten
Wagentransport vertrugen; und so dürften denn auch diese histo-
rischen Überbleibsel als zerfallene Trümmer an ihrem Bestimmungs-
ort angelangt sein. Der geplünderte Schloßpark wurde in sehr
nüchternem Stile hergestellt; dort wo die herrlichen Gitterthore
gestanden, wurden kahle Mauern und hölzerne Lattenthüren an-
gebracht, die Stellen, wo Statuen und Trophäen sich befanden,
wurden vermauert und übertüncht, an Stelle der schönen, so
stilgerechten Steinbalustraden wurden Drahtgitter einfachster Art
gesetzt, welche dem schönen Park seinen historischen Eindruck
benahmen. Das Wenige, was an Schöpfungen der Bildhauerkunst
noch durch die persönliche Intervention des k. und k. General-
Artillerie-Inspectors gerettet wurde, ist bereits an früherer Stelle
erwähnt und beschrieben worden; außerdem finden sich nur noch
einige kunstlose Figuren im Schloßparke vor, die lediglich ein
historisches Interesse bieten.
Und doch wenden heute die gegenwärtigen Bewohner von
— 105 —
Schlofihof in warmem Dankbewußtsein zu Seiner Majestät,
Allerhöchst dessen Munificenz den alten kaiserlichen
Besitz der Armee widmete, den wenigen Überbleibseln im
Schloß und Park die liebevollste Obsorge und eine Pietät zu,
die auch viel besserer und wertvollerer Objede würdig wäre.
Im nächsten Jahre, 1899, wurde der „Bestandvertrag"
zwischen der General-D irection der Allerhöchsten Familien-
fonde und zwischen der Heeresverwaltung abgeschlossen.
Dieser Bestandvertrag setzt die Dauer der Verpachtung von
Schloßhof an das Kriegsärar auf 90 Jahre fest, gegen einen jähr-
lichen Zins von 10 Dukaten und eine alle zehn Jahre zu
bestimmende Summe an Stelle des bisherigen Ertrages von
Schloßhof, gegenwärtig 1000 Gulden jährlich; der Vertrag setzt
femer die Grenzen der verpachteten Area fest, regelt den Wasser-
bezug aus der Groißenbrunner Wasserleitung, überweiset die
Stiftungsmesse an das Kriegsärar, ebenso die auf Schloßhof
lastenden Steuern, verpflichtet die Heeresverwaltung für die Er-
haltung der Baulichkeiten in gutem Zustande, dann für die
richtige Bewirtschaftung der Remisen, Gärten und sonstigen
Culturen, und regelt endlich das beiderseitige Rechtsverhältnis.
Dieser „Bestandvertrag" wird noch durch ein am 5. Juni 1899
aufgenommenes ProtocoU ergänzt, in welchem insbesondere jene
Gegenstände im Schlosse von künstlerischem Werte angeführt
sind, welche der Heeresverwaltung eigens übergeben wurden,
und für deren sorgsame Conservierung und eventuelle kunst-
gemäße Reparatur dieselbe vertragsmäßig verpflichtet ist; dies
sind die Kamine, Plafonds und die Kapelle sammt Einrichtung.
Unterdessen wurden die Adaptierungsarbeiten fortgesetzt und
umsomehr beschleunigt, als das Kriegsministerium die Eröffnung
des neuen Institutes bereits für den Herbst des Jahres 1899 an-
geordnet hatte.
Es gab sehr viel zu leisten. . Die Winterreitbahnen wurden
besandet, die Kobel eingerichtet
Die Stallungen, die schön gewölbt und luftig noch aus
der Eugen'schen Zeit stammen, wurden zum Belage von 168 Pferden
hergerichtet; die Anbringung der Sattelhalter und der Zaumnägel
muß als eine besonders praktische anerkannt werden, wie denn
überhaupt diese alten Stallräume wirklich tadellose Stallungen
— 106 —
repräsentieren. Sie enthalten sammt den beiden neuen Zubauten
208 Pferdestände, Innerhalb der Stallungen wurden Sattel-, Ge-
schirr- und Haferkammem praktisch und modern eingerichtet.
Die Sommer-Reitschule, auf welcher glücklicherweise die
meisten der alten Lindenbäume belassen worden sind, wurde
beschottert und mit einer Holzbarriere umgeben.
Die Herrichtung der für die Mannschaft bestimmten
Kasernräume im Stockwerke ober den Südstallungen beschränkte
sich auf die Einrichtung der Küche, der Waschräume und der
Aborte. Im allgemeinen wurde die vorgefundene Eintheilung der
Räume beibehalten, welche in ihrer Anlage zwar viele und kleine,
aber gesunde und freundliche Mannschafts- und Unterofficiers-
Zimmer, dann ein ärztliches Ordinations- und ein Maroden-
zimmer ergeben.
Die Adaptierungen im Schlosse selbst waren im großen
ganzen keine besonders bedeutenden. Die Räume wurden zu
Wohnungen des Commandanten, der Lehrer und der Frequen-
tauten adaptiert, was hauptsächlich die Anbringung von Meißner
und Meidinger Öfen, die Tapezierung, respective das Ausmalen
und stellenweise die neue Parkettierung umfaßte. Wo nöthig,
wurden Zwischenwände aufgeführt oder entfernt, Thüren angebracht
oder vermauert, in den Corridoren Windfänge in Form von Glas-
thüren aufgestellt; die Fenster wurden durchwegs neu erzeugt, die
Jalousieen entfernt und dafür Jalousie-Roulleaux angebracht.
Ferner wurden für die Kanzleien des Instituts die am besten
entsprechenden Zimmer hergerichtet und die nachstehenden
wichtigeren Adaptierungen durchgeführt.
Im Parterre: Die Herrichtung des Motorraumes und die
Aufstellung des Wassergasmotors, die Etablierung der Officiers-
küche und die Vermauerung der aus dem Garten in die
Commandantenwohnung führenden Treppe; im ersten Stockwerke:
das Durchbrechen der Fenster .an den Stirn-Fronten der beiden
Flügel und die Schaffung eines Zimmers in der Wohnung des
Instituts-Commandanten an Stelle der oberwähnten Gartenstiege.
Ein ganz besonderes Augenmerk wurde einer ebenso aus-
reichenden, praktischen und geschmackvollen Möblierung der
Diensträume, sowie der Wohnungen der Frequen tauten zugewendet;
mit besonderer Sorgfalt wurde das Officierskasino, und zwar
— 107 —
sowohl was die Möblierung der Räume als auch die Ausstattung
der Küche anbelangt, bedacht Seine Excellenz der Herr Feld-
marschall-Lieutenant Ritter von Kropatschek hat mit wahr-
haft väterlicher Fürsorge jedes einzelne Möbelstück der Frequen-
tantenwohnungen und des Officierskasinos, den Bilderschmuck,
jeden Gegenstand des Speiseservices und der Officiersküche per-
sönlich fürgewählt und hierbei sowohl die Bedürfnisse des Einzelnen
als auch das Interesse des Ganzen so fürsorglich berücksichtigt,
daß es ein Gebot der Dankverpflichtung ist, Seiner Excellenz
auch an dieser Stelle den wärmsten Dank im Namen Aller aus-
zusprechen, welche sich an dieser mit vieler Mühe und reicher
Erfahrung verbundenen Schöpfung Seiner Excellenz heute und
in Hinkunft erfreuen und sich in den so geschaffenen Privat-
und Kameradschafts-Räumen wohl und behaglich fühlen.
Das Spielzimmer der Officiersmenage wurde mit einem vor-
trefflichen Billard und einer Anzahl von Spieltischen ausgestattet,
das vornehme Speisezimmer erhielt ein geschmackvolles Speise-
service, das gemüthliche Musikzimmer ein vorzügliches Ciavier
nebst sehr gefälligem Meublement, das Lesezimmer endlich
Bibliotheks-Kästen. Das ganze Officierskasino bietet in seiner
fünfzimmerigen Flucht einen äußerst vornehmen Eindruck, und
es dürfte kaum ein zweites Officierskorps über derart schöne,
stilgerechte, überdies vom Nimbus der Geschichte umwehte Räume
verfügen.
Die Officiersküche wurde mit zwei Kochherden ausgestattet,
in das Officierskasino wurde ein Speisenaufzug hergestellt
Für den Sommer -Speisesaal wurden Speisetische und Cre-
denzen beschafft, der Lehrsaal wurde mit Schultischen und Vitrinen
ausgestattet
Weitere Räume wurden als Fechtsaal, als Post- und Tele-
graphenlocale, als Officierswannenbad, Douchebad,
Waschküche, Rollkammer, Vorrathsräume der Menagever-
waltung, ein Zimmer für den Friseur und als Mannschafts-
can t ine gewidmet
An Wohnungen wurden adaptiert:
Eine Wohnung der VI. Diätenclasse, eine Wohnung für den
zweiten Stabsofficier, fünf Hauptmanns-, zwei Subaltem-Officiers-
.wohnungen, 34 Frequentanten-Zimmer mit zehn gemeinschaftlichen
— 108 —
Diener-Zimmern, mehrere Fremdenzimmer, endlich vier Wohnungen
für verheiratete Unteroffiziere.
Alle Wohnräume sind zweckentsprechend und vornehm aus-
gestattet.
Mit der Adaptierung des Schlosses wurde der Preßburger
Baumeister Franz Huber betraut, welcher seine Aufgabe sehr
gewissenhaft löste.
Außerdem wurde eine Anzahl von Arbeiten, so der Mauer-
verputz an den Umgebungsmauern des Schloßgebietes, das Aus-
malen des Stiegenhauses und der Corridore, das Zimmern und
Aufstellen der Umfassungsbarriere der Sommerreitschule, einem
eigenen Arbeits-Detachement unter Leitung des Oberlieutenants
Eduard Bergmann übertragen. Nach seinen Plänen und unter
seiner Anleitung wurde auch die geschmackvoll ausgeführte, wenn
auch in etwas zu großen Dimensionen gehaltene Kegelbahn
erbaut.
Es erübrigt nur noch, die Ciosetanlagen, dann die Anlagen
für die Wasserversorgung, die Beleuchtung und die Canalisation
zu besprechen.
Wie bereits früher erwähnt, besaß Schloßhof wie alle alten
Schlösser keine Aborte. Um solche herzustellen, wurden vier An-
baue, davon zwei im äußeren und zwei im inneren Schloßhofe
erbaut, welche Closets für das Parterre und die beiden Stock-
werke enthalten; sie sind nach dem Torfmull-System mit geruch-
losem ölabschluß eingerichtet Die Installierung besorgte die
Wiener Firma Kastl & Wentzke.
Zur Wasserversorgung wurde die alte Eugen'sche, im
Jahre 1843 restaurierte Wasserleitung herangezogen, welche aus
der Brunnstube zunächst der Groißenbrunner Teiche ein vortreff-
liches Trinkwasser nach Schloßhof leitet.
Die Leitung wurde vom Theilungsschacht im Weingarten in
zwei Stränge getheilt, wovon jeder die Hälfte des immer sehr
reichlich zuströmenden Wassers faßt, und einerseits den kaiser-
lichen Meierhof, anderseits das Schloß mit Wasser versorgt. Der
für das Schloß bestimmte Strang leitet das Wasser über die süd-
liche Auffahrtsrampe in ein am äußeren Schloßplatz vor dem
Motorraume angebrachtes unterirdisches Reservoir von 20 Cubik^
meter Fassungsraum; dasselbe besteht aus einer Vorkammer,
— 109 —
wo sich die mitgeführten Theile absetzen, und aus einer Haupt-
kammer, wo das so gereinigte Wasser angesammelt wird. Von
hier pumpt es ein zweipferdiger Gasmotor hinauf unter das Dach
des Nordflügels, wo es in zwei eisernen, außen mit Holz ver-
kleideten Reservoirs von 8500 Liter Inhalt gesammelt wird. Von
diesen Hochreservoirs wird nun das Wasser in Leitungsröhren
sowohl im Schloß als auch in den Stallgebäuden zu den Auslauf-
hähnen geleitet. Auf diese Weise sind die Bewohner von Schloß-
hof nicht nur mit sehr bequem erlangbarem und reichlichem,
sondern auch mit vortrefflichem Trinkwasser versehen. Auch der
Dampfkessel des Officiersbades und die Douchen werden von
dem Dachreservoir aus gespeist. Ferner versorgt dieses Dach-
reservoir mit seinem Hochdruck noch eine Anzahl von Hydranten
und zwar je einen am Dachboden der beiden Stallgebäude, je
zwei an deren Außenseite zum Besprengen der Sommerreitschule,
je einen in den beiden Winterreitbahnen, einen Hydranten mit
Straßenkasten am äußeren Schloßplatz und endlich einen am
Wasserbassin auf der obersten Parkterrasse. lAußer der durch den
Motor betriebenen Kraftpumpe kann das Wasser aus dem Tief-
reservoir auch durch eine Schachtpumpe mit Handbetrieb sowohl
in das Dachreservoir hinaufgepumpt, als auch am Hof einfach
brunnenartig gewonnen werden. Neben dieser erwähnten Wasser-
anlage befindet sich im inneren Burghof und hinter dem süd-
lichen Stallgebäude noch ein Pumpenbrunnen. Die verfallene
Wasserleitung im Parke, welche die Bassins des Gartens seiner-
zeit gespeist hat, wurde durch Aufgrabungen aufgefunden, deren
Herstellung aber einem späteren Zeitpunkte vorbehalten.
Was die Beleuchtung anbelangt, so entschloß sich die
Heeresverwaltung von der veralteten Petroleumbeleuchtung ab-
zusehen und für das Institut eine eigene Wassergas-Anlage zu
etablieren. Dieselbe wurde nach dem System des Dr. Hugo
Strache von der Wiener Firma Kurz, Rietschel & Henneberg aus-
geführt. Zu diesem Zwecke wurde an der Südseite des Schlosses,
in der Fasanerie, ein eigenes Gaswerksgebäude mit einer Kohlen-
kammer und dem Gasbehälter erbaut, von wo das Wassergas
vorerst in die Hauptleitung zu einer Schieberkammer vor der
Rampe am äußeren Schloßplatz geleitet wird. Daselbst theilt sich
die Leitung in jene für das Schloß, dann in jene für die Stallungen
— 110 —
und die Reitschulen. Mit diesem hell und dabei sparsam brennen*
dem Gas werden nun alle Räume des Institutes beleuchtet, mit
Ausnahme der Zimmer der Frequentanten und ihrer Diener.
Die Canalisation des Institutes, gleichfalls von der Wiener
Firma Kastei & Wentzke ausgeführt, hat die Bestimmung, das
Abfallwasser aus allen Muscheln der Wasserleitung, der Ausgüsse,
der Bäder und der Dachrinnen aufzunehmen. Sie besteht aus
Steinzeugröhren, welche in die Erde versenkt sind und behufs
Reinigung zahlreiche Schächte nach aufwärts mit eisernen Deckel-
verschlüssen besitzen. Das Hauptcanalrohr führt aus dem Schlosse
unter der südlichen Rampe in eine Sickergrube, welche am Be-
ginne der Fasanerie angelegt ist und eine Berieselung der letzteren
vermittelt.
Der Verfasser der „Geschichte von Schloßhof" hat hiermit
seine Aufgabe beendigt.
Dank der großherzigenMunificenz unseres Allergnädigsten
Herrn und Kaisers, dank der Vorsorge und Opferwilligkeit
des k. u. k. Reichs-Kriegsministeriums um die hippische
Wohlfahrt der Artillerie und Traintruppe, dank der Initiative und
der wahrhaft väterlichen Obsorge, welche der k. u. k. General-
Artillerie-Inspector seiner Waffe entgegenbringt, ist aus dem
alten Schloßhof eine Anstalt erwachsen, bei welcher alle Bedin-
gungen gegeben sind, um der Reit- und Fahrkunst eine wahre,
neue Pflegestätte zu bieten.
Und so mag diese bescheidene Skizze mit den Worten von
Karl L. Kurz geschlossen werden, welche im Jänner 1900 in einem
Feuilleton der „Reichswehr" erschienen sind:
„So ist Neu-Schloßhof aus dem fast ein Jahrhundert lang
in Vergessenheit und Verlassenheit versunkenen Alt-Schloßhof
als eine wichtige, für unsere Feldartillerie und die Traintruppe
äußerst wertvolle, modernste Heeresanstalt erstanden. Aus dem
ganzen Reiche sammeln sich die schneidigsten Reiter, welche die
zwei Jahre des Curses hier in dem Schlosse verbringen und die
Räume endlich wieder bevölkern, in welchen der unvergleichliche,
alternde Kriegsheld gewohnt hat, während hippische Feste jene
weltabgeschiedene Einsamkeit unterbrechen werden, welche seit
den Festtagen Maria Theresias in Schloßhof und Umgebung eiur
— 111 —
gezogen ist. Es gibt Stimmen, welche es beklagen, daß Schloßhof,
dieses Muster- und Musealstück des Barockstiles, seiner Bestimmung
entzogen, zu einem Profanbau einer Heeresanstalt umgewandelt
wurde; nun, wir können es dagegen nur aus vollster Überzeugung
begrüßen, daß aus einem dem Verfalle geweihten Schlosse,
mit seinen halbvermoderten, schlecht schließenden Fenstern,
den gesprungenen Wandspalieren und Parketten, noch ein
lebensvolles, nützliches Institut der Armee entstanden ist, daß
die Mumie, zu welcher das Gebäude in seiner Verlassenheit ver-
witterte, nach Entfernung der kostbaren, zu conservierenden Re-
liquienstücke aus einem nutztosen, gänzlich vergessenen Dasein
dem Leben und der Nützlichkeit wiedergegeben wird. Es dient
dies doch nur zum Besten unserer Armee und zum Segen jenes
mit dem Schloßgebäude zugleich eingeschlummerten, halbver-
gessenen und in seinem Verkehre vernachlässigten Landes, das
zwischen der Donau und March die Grenze gegen Ungarn bildet.
Die Antiquare und Liebhaber alter Schlösser mögen darum nur
klagen; die Welt gehört gottlob doch nicht ihnen, sondern dem
Leben; darum: Alt - Schloßhof ist tot; es lebe Neu-
Schloßhof, das neue Reitlehrer-Institut!"
Beilage U
Die Festivitäten zu Schloßhof im Jahre 1754.^
(Nach einer gleichzeitigen Handschrift.)]
(Aus dem österreichischen Universal-Kalender „Austria" für das Schaltjahr 1844.)
Der tägliche Verlauf derselben bestand in Folgendem: Montags,
den 23. September 1754, zur Mittagszeit trafen beide kaiserliche
und königliche Majestäten, sammt dem Erzherzoge Karl und den
Erzherzoginnen Maria Anna und Maria Christina, von Holitsch
aus, ein. — Allerhöchst dieselben wurden von dem Prinzen bei
dem Absteigen aus den Kutschen empfangen, und gerade in das
für Ihre Majestäten zugerichtete Parade-Apartement hinaufgeführt,
die allergnädigsten jungen Herrschaften aber in die für dieselben
bestimmten Zimmer geführt. Nachdem die sämmtlichen allerhöchsten
Herrschaften nur ein wenig allda sich verweilet hatten, geruheten
sie sich in den großen Saal, allwo eine Tafel auf 32 Personen
für allerhöchst dieselben und dero Gefolge zubereitet war, zu
begeben. Außer dieser waren zur Bewirthung noch mehrerer
Fremden in der magnifiquen Sala terrena noch eine andere Tafel
auf 40 Couverts und endlich noch eine dritte zugerichtet. Sämt-
1 ich diese, wie nicht minder noch 17 andere für den kaiserlichen
Hofstaat gewidmete Tafeln wurden recht sumtuos und mit aller-
hand fremden Weinen bedient.
Das kostbare Dessert auf der kaiserlichen Tafel stellte dieses
Mal die 12 Monate mit einer jedem beigegebenen Zubehörde
vor, welches, da Alles von purem, ausgestreuetem Zucker, wie das
schönste Gemälde verfertigt war, einen ungemeinen Beifall fand.
Nach aufgehobener Tafel verfügten sichsämmtliche allerhöchste
Herrschaften mit dero ganzem Gefolge in das eine Viertelstunde
* Gehörte damals dem Herzog Joseph Friedrich zu Sachsen-Hildburghausen
8
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von Hof bei dem fürstlichen Schlosse zu Niederweiden gelegene,
sogenannte Wäldl. Dieses ist ein mit lauter großen Bäumen der-
gestalt bewachsenes Terrain, daß man in der allerwärmsten Mittags-
zeit im heißen Sommer allda spazieren gehen und unausgesetzt
den schönsten Schatten haben kann. Sothaner Wald ist mit Alleen,
die mit Spalieren besetzt sind, fast wie ein Irrgarten, durch-
schnitten, und gleichwie der Anleger dieses ansehnlichen Wald-
gartens von aller Gelegenheit, wo etwa ein Gang aus einem
großen Baume zutrifft, profitieret, und selbige mit einem bald
erhöhten, bald vertieften Rasen-Werk in allerhand Formen, um-
geben, auch sonsten das ganze Wäldel mit allerhand Cabinetten
von Bäumen und Rasen garnieret hat, so ist auch erst kürzlich
ein ganzes, aus buchenen Spalieren und Rasen bestehendes, über-
aus artiges Theatrum allda, jedoch mit einer solchen Finesse an-
geleget worden, daß man das ganze Wäldel ausgehen, ja dicht
bei erwähntem Theatro vorbei passieren, und gleichwohl das-
selbe nicht ehender vermerken kann, bis man wirklich den Platz
der Zuschauer betreten hat. Auf diesem Schauplatze war eine
überaus herzrührende, aus der künstlichen Feder des sinnreichen
und weltberühmten Hofpoäten, Herrn Abbe Metastasio herge-
flossene, Omaggio betitulte, und eine durchaus auf die Allerhöchste
Anwesenheit beider k. k. Majestäten alludierende Serenade ver-
anstaltet.
Gleichwie nun obenerwähntermaßen dieses Theatrum ganz
verborgen ist; so geschähe es auch, daß gedachte Allergnädigste
Herrschaften mittlerweile, da sie mit dem Prinzen im besten
Discours verknüpft waren, im währenden Spazierengehen sich
mitten in dem Schauplatze befanden, ehe dieselben nur vermerkt
hätten, daß sie sich einem Theatro näherten. Bei dero erstem
Anblick aber wurde sogleich mit der Ouvertüre der Anfang ge-
macht, folglich das ganze Singspiel durch die berühmte Madame
Victoria Tesi und Mademoiselle Theresia Hennisch auf das An-
nehmlichste producieret.
Waren nun die Allerhöchsten Herrschaften sowohl, als die
n dero Gefolge sich befindenden Dames und Cavaliers durch
die oberwähnte Erblickung eines allda niemalen vermutheten
Theatri suprenieret, so war dero Verwunderung noch weit größer^
als in dem letzten Duetto die agierenden Nymphen durch die
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Worte: Selvaggi abitatoril Selvaggi abitatrici! venite! gleichsam
alle Einwohner der Wälder zur Ablegung ihrer Huldigungspflicht
einladeten, die Ohren dieser allerhöchst und hohen Zuschauer,
mittelst vier in der Weite sich hören lassender Echo von Wald-
hörnern, Trompeten und Hautbois auf einmal entzückt wurden;
jedoch auch hiermit hatte es noch kein Ende, sondern dasjenige,
was jedermann in eine rechte Stimmung setzte, war dieses, daß,
ohnerachtet man vorhero in durchwanderung des Waldes nicht
einen einzigen Menschen, außer jene von dem Gefolge der aller-
gnädigsten Herrschaften, erblickt hatte, in einem Augenblicke
alle Büsche und Alleen mit Bauern, Bäuerinnen und Kindern
ganz unvermerkt und ohne den mindesten Tumult angefüllt, alle
diese populace aber abgerichtet waren, die letzten Worte: Tutti
in omaggio il cuor, mit zusingen und solchergestalten nicht allein
hren Wunsch für die beständige Erhaltung und Prosperität der
allerhöchsten Monarchen und des Allerdurchlauchtigsten Erzhauses
mit dem durch den Mund der singenden Nymphen aufgeopferten
inbrünstigen Voto ihres Grundherrn zu vereinbaren, sondern auch
jene durchdringenden Ausdrückungen, mittelst welcher der Prinz
sein dem Hause Österreich von zarter Jugend an gewidmetes
treu devotes Herz beiden k. k. Majestäten durch eben diese an-
muthigen Stimmen nochmals zu Füßen zu legen, und als ein
wahres Opfer darbieten wollen, mit ihrem einstimmigem Chore
beitraten, und gleichsam als ewige Zeugen zu bestätigen. Es
haben auch dieselben nicht allein in der Musik, der Intonierung
vollkommen mit dem Orchester und den Actricen ohne das Tempo
zu verlieren, oder sonsten die mindeste Dissonanz oder Fehler
merken zu lassen, eingetroffen, sondern auch oberwähnte Worte
in wälscher Sprache so klar und deutlich, als geborene Italiener,
ausgesprochen, wobei denn sonderlich der Eifer, mit welchem
auch die kleinsten Kinder von 7 und 8 Jahren sothane Expres-
sionen mit vollem Halse herausschrieen über alle Maßen zärtlich
anzuhören und allen Umstehenden andurch das Herz gerühret
war, umsomehr, als man die aufrichtige Gesinnungsart des
Prinzen bei dieser Gelegenheit recht offenbar in seinen Augen
las. Während sothaner Cantate kam der allerdurchlauchtigste
Krön- und Erbprinz Erz-Herzog von Wien, gegen 5 Uhr Abends,
allda an, und nach abgestattetem Handkuße bei Ihro Majestäten
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wurden in ebendiesem Garten die köstlichsten Erfrischungen
ausgetheilet. Nach geendigter Musick erhoben sich allerhöchst
dieselben zurück in das Schloß, und kurz darauf in das auf ganz
sonderbarem Gusto zugerichtete und sowohl an Gemälden als
anderen Auszierungen, artig in das Auge fallende Theatrum, in
welchem unter anderem das Parterra dergestalt gemacht ist, daß
es das Ansehen hat, als wenn es mit einer Gallerie und einer
Menge auf solcher sich befindenden, in allerhand Masken ver-
kleideten Zuschauern garniert wäre.
Auf diesem Theatro wurde von schon erwähnten beiden
Virtuosen, als nämlich Madame Tesi und Madamoiselle Hen-
nisch, auch dem Herrn Frübart, Tenoristen, eine ebenmäßige
von dem Herrn Abbe Matastasio verfertigte, und gleich wie obiges,
von dem kaiserlichen Hof-Compositore Herrn Bonno in die Musik
gesetzte Opera unter dem Titel La Isola dishabitata aufgeführet,
welche nicht nur allein von beiden k. k. Majestäten, sondern
auch von allen Zuschauern über alle Maßen gelobet wurde.
Nach solcher beliebten die allerhöchsten Herrschaften die
Abendmahlzeit einzunehmen, bei welcher sie hauptsächlich über
die kostbare und sehenswerthe Erfindung deren Glorie des Aller-
durchlauchtigsten Erz-Hauses Österreich in vielen durchschimmern-
den Sinn-Gemälden, mit Inschriften vorstellenden Confecturen, dero
Allergnädigstes Vergnügen bezeugten. Hiemit wurde denn der
erste Tag derer alldasigen Lustbarkeiten beschlossen.
Dienstag, den 24. September beschäftigten sich Ihro Majästeten
Vormittags mit ein und anderen Landes-Angelegenheiten. Der
Nachmittag hingegen war bestimmt, die allerhöchsten Herrschaften
mit einer hier Landes noch nie gesehenen, ganz besonderen
Jagd zu belustigen.
Die Jagd wurde an dem Ufer der March, welche allda über
100 Klafter breit ist, gehalten, und gleich wie gegen Sonnenauf-
gang jenseits des Flusses ein hoher Berg, einem Grafen gehörig
(so da Kobel genannt wird) sich befindet, sothaner Berg aber zu
Anstellung eines magnifiquen Jagd-Spectaculs recht, als wenn er
mit Fleiß dazu geschaffen wäre, situiret, Gestalten derselbe auf
der Höhe dick mit Bäumen und Holz bewachsen und ä proportion,
daß er sich dem Fluße nähert, ganz von Buschen entblöst ist:
so haben Ihro Durchlaucht der Prinz sothanen Ort zu ersagter
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Recreation auserkiesen, als nach erhaltener Bewilligung des Eigen-
thums-Herrn, eine Menge von 800 Stück Hirschen und Wildpret
aus dero herwärts liegenden Auen, mittelst des hohen Jagdzeugs
oder Blasen hinübertreiben lassen. Unten am Fuße des erwähnten
Berges war auf einer Distanz von 14 Klaftern in den Fluß hinein
ein 36 Klafter in der Breite und 16 Klafter in der Höhe habendes,
prächtiges und auf das zierlichste gemachtes Gebäude in Form
einer Triumpfpforte errichtet. Dieses hatte 9 Triumpf-Bogen, in
dem ersten und dritten derselben in dem zweiten Stocke die
Statua der Diana auf einem Piedestal in den Neben-Arcaden aber
ein Chor Trompeten und Pauken postieret war. Zumal nun das
Wasser vor der Facciade des Gebäudes eine Tiefe von zwei
Klaftern hatte, so ist leicht zu erachten, mit welcher Mühe das-
selbe, gestalten es (wie nachher folgen wird) eine Last von einigen
100 Stücken Rothwildbrets zu tragen destiniret war und auf lauter
Pilotagen stund, umso mehr, als von sothaner Facciade an bis
an Felsen des Berges eine Brücke, zu der alleine 2000 Doppel-
Pfosten verbraucht worden sind, geleget war. An dem dieseitigen
Ufer der March war der Schieß-Schirm der Gloriette von grünem
Laubwerk zierlich zugerichtet, und die obere Etage zur Bedienung
der allergnädigsten Herrschaften und dero Gefolges von Dames
und Cavaliers, das unterste Parterra aber für andere Zuschauer
gewidmet. Und gleichwie die gnädigsten Herrschaften zu Wasser
ankommen sollten so hatte man eine Brücke so weit in die
March hinein verfertigen lassen, als nötig war, mit dem großen
Schiff bequem anlegen zu können. Gegen Sonnenuntergang war
nun abermal ein anderes, wohlgemachtes Gebäude in Gestalt
eines Gartenpallastes, 36 Klaftern in der Breite und 1 1 Klaftern in
der Höhe, aufgerichtet. Demnach stund der Kaiserliche Schieß-
schirm in der Mitte, das eine Gebäude über dem Wasser, und
jenes auf dem dieseitigen Territorio im Prospekte habend.
Nach aufgehobenem Mittagsmahl begaben sich die alier-
gnädigsten Herrschaften mit dem ganzen Gefolge an das dem
fürstlichen Schloßgarten gerade gegenüber in der Nähe liegende
•Ufer der March. Allda stunden nicht allein für die Bedienung
derselben ein großes auf Art eines Venetianischen Buccentauri
zugerichtetes, mit vergold- und versilberten Auszierungen und
einem Reif mit silbernen Fransen ringsumher an den Bord bis
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an das Wasser hinabhangendem Teppich so artig, als prächtig
versehenes Schiff, — sondern auch zwei andere von der näm-
lichen Größe, davon ein jedes auf unterschiedene Art, mit grünem
Laub auf das Zierlichste gedeckt, und das erste mit einem Chor
von etlichen und 50 musikalischen Virtuosen nebst vielen habilen
Sing-Stimmen besetzt, das dritte aber zur Bedienung des Kaiser-
lichen Hofstaates gewidmet war. Wie denn auch endlich sechs
kleinere, ebenmäßige, mit rothen bis zum Wasser hinabhängenden
Teppichen bedeckte Schiffe, wovon ein Jedes mit einem Steuer-
mann und vier Ruderknechten versehen war, das Ansehen der
Flotille vermehrten. Die Schiffer auf dem kaiserlichen und jene
auf den letzterwähnten sechs kleineren Fahrzeugen waren ins-
gesammt, jedoch mit einiger Distinktion, in roth und gelben, auch
mit Silber verbrämten venetianischen Barcarol-Kleidem angelegt,
und führten auf ihren Hauben schöne Federbüsche. Die anderen
Schiffer hatten ungallonierte Kleider, die sämmtlichen Musici aber
rothe und gelbe Masken-Habits, auch mit schönen Federn auf
den Köpfen und die Singstimmen waren als Nymphen gekleidet
Sobald die kaiserlichen Majestäten dero Schiff betraten,
fing die Musik an sich hören zu lassen um Allerhöchst dieselben
mittelst Absingen expresse hiezu kombinierter und dero Voll-
kommenheiten vorstellender Chöre zu bewillkommen. Hierauf
wendete sich dieses musikalische Schiff auf die Seite, wo die
Jagd angestellt war. Das kaiserliche folgte demselben nach und
wurde, um die Majestäten durch die Bewegung der Ruder nicht
zu inkommodieren und das Anhören der Musik nicht zu behindern
durch die erwähnten sechs kleinen Schiffe gezogen, und das
große, für den Hofstaat bestimmte Schiff machte den Beschluß.
Auf diese Art langte man also unter beständigem Schall
derer abwechselnden Trompeten und Pauken und anderer In-
strumenten und dazwischen abgesungenen Chöre bis zu dem
Auflösen des über die ganze March gestellten hohen Jagdzeuges
an, und dieser wurde mittelst Umdrehung eines Flosses der-
gestallten ä tempo geöffnet, daß die Flotille ohne den mindesten
Aufenthalt auf den zum Abschließen gewidmeten Platz bis an
die Brücke des Kaiserlichen Schieß-Schirms hineinfahren konnte.
Es ist nicht zu beschreiben, was die Einfahrt dieser Schiffe für
ein süperbes Coup d'oeil gegeben hat.
Die anmuthige Bekleidung der grünen Schiffe, die Mägni-
ficenz des Kaiserlichen, welches, da die Sonne mittelst ihres
Glanzes jenen der silbernen Festons schillern machte, über die
Maßen prächtig, ja nicht anders zu sehen war, als wenn gleich-
sam dieses Schiff wegen der Ehre, die es hatte, solche große
und unvergleichliche Monarchen zu fahren, recht stolz und über-
müthigeinhergienge; der Anblick der allergnädigsten Herrschaften
selbst, mit deren Gefolge von Dames und Cavaliers, die vielerlei
wohldisponierten Farben der verkleideten Musikanten, Barcarolen
und Schiffleute, der Prospekt beider oben angeführten, prächtigen
Gebäude, die angenehme Situation, die ungemein dieseits und
jenseits des Wassers sich ausgetheilten Zuschauer, von denen
sonderlich das dem Kaiserlichen Schießhaus gegenüber liegende
Gebirge recht bedeckt war: alles dieses zusammen hatte in Wahr-
heit ein solch prächtiges und schönes Ansehen gegeben, welches
unmöglich zu beschreiben ist.
Sobald nun oft genannte allergnädigste Herrschaften in den
erwähnten Schieß-Schirm eingetreten und sich auf das Stockwerk
begeben hatten, wurde von dem Prinzen das Zeichen, daß die
Jägerei zu Holtze ziehen sollte, ertheilt. Hierauf hörte man nicht
allein Hifft- und Waldhörner nebst dem Waldgeschrei der Jägerei
erschallen, sondern sähe auch das Blendtuch heben, und etliche
Hundert durchaus roth und gelb gekleidete Bauern, die rothe und
weiße, das österreichische Wappen vorstellende Fahnen in Händen
hatten, mit zahlreichen Jägern in schönster Ordnung aus dem
Gebüsche heraustreten und eine ungemeine Menge Hirsche und
Wildpret den Berg herunterjagen. War der Anblick der Herein-
fahrt der Flotille schön und prächtig gewesen, so stellte dieses
nun erwähnte Spectacel denen Zuschauern wiederum ein ganz
neues, besonderes Objektum dar. Denn gleichwie Anfangs er-
wähnter Maßen der Berg obenher bewachsen und ä proportion,
daß er sich dem Wasser nähert, von Büschen ganz entblößt ist;
so sähe man erstlich von weitem in den oberen Gebüsche das
Wildpret halb verdeckt, gleich hernach aber dasselbe in vollem
Lauf insgesammt über den kahlen Berg herab springen und die
Jäger mit den Treibern demselben in bester Ordnung folgen.
Das Absehen war nun dahin gerichtet, und alle Veranstaltungen
getroffen, daß dieses Wildpret über die erwähnte von dem Berg
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an bis an die Facciade des Gebäudes errichtete, mit Wasser be-
deckte und durchaus mit Bäumen umsteckte Brücke hinunter-
gesprengt, und also gezwungen werden sollte, sich durch die
Arcaden in das Wasser hinab zu stürtzen. Allein die gegenüber
stehenden Gebäude, Leute und Tumult verursachten, daß im
ersten Anfange dieses Wild nicht hervorkam, sondern durch die
Jagdleute zurückbrechen wollte; anstatt aber daß dieser Umstand
etwas an dem Spasse verdorben hätte, wurde andurch denen
Zuschauern eine Veränderung gemacht, maßen es unvergleichlich
schön und gleichsam, als wenn die Cavallerie die Infanterie
attaquirte, anzuschauen war, als die Hirsche gegen die mit
ihren fliegenden Fahnen in Uniform dastehenden Jagdleute an-
prellend, mit Gewalt durchbrechen, diese sie aber nicht durch-
lassen wollten, und daher mit den Fahnen sich bestens wehrten.
Es gelang ihnen auch, die Hirsche wieder herfür zu treiben;
und gleichwie von der habilen Jägerei des Prinzen dieser Um-
stand schon vorhergesehen, und dahero ein Quertuch an einem
Graben mit Reisern verdeckt war, mithin ernannte Jägerei nur
suchte, das Wild einmal über solches herein zu bringen, dieses
auch derselben gelungen; so sähe man in dem Augenblicke, da
die Hirsche herüber waren, sothanes Quertuch in die Höhe
heben und stellen. Und siehe, denn kaum rückten die Jagdleute
abermals in voriger Ordnung an, so kamen die Hirsche und
Wildpret in großer Menge und völligem Lauf über den Rest des
Berges herunter über die Brücke hinab gesprengt, und stürzten
sich durch die Arcaden von einer zweiklafterigen Höhe in die
March, schwammen alle einige Zeit in ersagtem Fluße herum,
stiegen ans Land, liefen- bei dem Schießhause vorbei, legten sich
wieder ins Wasser und stellten sich auf diese Art alternative,
bald zu Wasser, bald zu Lande, den Augen des Zuschauers vor.
Es war zwar die Intention des Fürsten, daß die anwesenden
Cavaliers sich auf die eigen dazu bestimmten und mit vielen
obenher mit Federbüschen garnierten Darts versehenen kleinen
Schiffe begeben, und die Hirsche und Wildpret in währendem
Schwimmen auf der March, dardieren sollten, allein Ihro Majestät
die Kaiserin, dero mitleidiges Herz nicht einmal, daß einem
Thiere wehe geschehe, zusehen kann, haben nicht allein ersagtes
Dardieren nicht zugegeben, sondern auch weder selbsten auf das
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hohe Wild schießen, noch Anderen solches zu thun, erlauben
und vielmehr haben wollen, daß man ihnen die Freiheit schenken
solle; mithin ist nicht allein dieses Wild durch die auf Aller-
höchsten Befehl geöffneten Jagdtücher hinaus gelassen, sondern
auch der zweite Theil, in welchem noch über 600 Stück Wildpret
waren, um so vielmehr suspendiert worden, als es schon anfieng,
spät zu werden und auch ein anderer Actus der Jagd zu-
rücke war.
Nach wiederum gemachtem Jagen aber ist dieser vorge-
nommen, und die kleine Jagd auf besondere Art producieret
worden. Man hat anfänglich erwähnet, daß auf der Landseite
gegen Sonnen-Untergang ein großer wohlgemachter Gartenpalast
erbauet war; dieser war uun solcher Gestalt zugerichtet, daß
mehr als 1000 Hasen, 100 und etliche 30 Füchse und über
60 wilde Schweine allda ihre Rolle spielen mußten. Solche kamen
erstlich auf dem höchsten Dachstuhle, da aber auf italienische
Art wie ein Estrich gemacht war, nach und nach hervor, liefen
durch die eigen dazu eingerichtete Stiege in den mittleren Stock
hinab, kamen allda wieder durch die Fenster und Thüren heraus
auf die Gallerie, liefen abermal von dannen weiter herunter in
den unteren, von wannen sie alsdann ebenmäßig durch die
Fenster hinabsprangen, und so fort über breite sichtbare Stiegen
in dem Jagdlauf herunter liefen. Viele von diesen Thieren haben
solche ihre so bequemlich zugerichtete Straße observieret, sehr
viele aber und vornehmlich die ersteren, sind gerade von oben
herunter gesprungen, und haben sich immediate todt gestürzet.
Nachdem nun die allergnädigste junge Herrschaft mit ganz
besonderer Geschicklichkeit ein und andere Stücken von diesem
Wilde sowohl mit Pürschstutzen als Flinten im vollen Laufe
erleget, und sich hiermit diese herrliche Jagdergötzung — (während
welcher zugleich sämmtliche allerhöchst und hohe Anwesende
mit denen köstlichsten Erfrischungen bedienet wurden) — ge-
endigt hatte, fuhren dieselbe zu Land wieder zurück nach dem
Schlosse, und geruhten allda der zweiten italienischen, ebenfalls
von dem Herrn Abbe Metastasio verfertigten und von dem
fürstlichen Kapellmeister Herrn Glück in Musik gesetzten Opera
,Le Cinese" betitult, beizuwohnen.
Bei dem Anblicke der Schaubühne erblickte man ein
chinesisches Cabinet von so künstlicher und hie Landes noch
nicht gesehener theatralischer Erfindung, daß kein Zuschauer
so leicht begreifen konnte, auf welch eigentliche Art diese Vor-
stellung zusammengesetzt war, dieweilen solche aus einer un-
gemeinen artigen Architektur von Säulen und dazwischen an-
gebrachten chinesischen Figuren bestand, annebst aber durchaus
mit dicht aneinander gehefteten Glasröhrlein in köstlicher Ordnung
beleget war, welches mittelst des allerseitigen Wiederscheines
derer zwischen den Scenen sich befundenen häufigen Wachs-
lichter so prächtig in die Augen fiel, daß es insonderheit von
allen inniglich bewundert, und nach geendigter Opera von denen
Allerhöchsten Herrschaften, (welche dessentwegen sogar auf das
Theatrum sich zu verfügen geruhten) in der Nähe angesehen
und dem Angeber, Herren Angelo Pompeati, die allerhöchste
Genehmhaltung allergnädigst zu erkennen gegeben wurde. Man
kann sowohl den Herrn Compositoren, als sämmtlichen Acteurs
und Actricen das Lob nicht benehmen, daß die Ersten in Setzung
einer harmonieusen und ungemein wohl in die Ohren klingenden
Musik das Äußerste gethan und sich selbsten recht übertroffen,
die Anderen aber sowohl in Action und Repräsentierung als
auch der Geschicklichkeit des Gesanges, über alle Maßen und
dergestalten sich signalisieret haben, daß beide kaiserl. Majestäten
ihnen Lobsprüche zu erheben sich gleichsam nicht ersättigen
konnten, und zu Bezeigung Ihrer sonderbaren Zufriedenheit, alle
insgesammt reichlich beschenkten, und der Madame Victoria ein
Präsent von 300 Stück Dukaten Werths, dem Herrn Frübart eine
goldene Uhr, denen Mademoiselles Hennisch, Statzerin, jeder
50 Dukaten in Gold, nebst einer schönen Nippe, dann jedem
Meister eine goldene Tabatifere verehret haben. Nach solch
chinesischer Opera verfügten sich die Allerhöchsten Herrschaften
in einen mit sehr vielen Spiegeln und krystallenen Wandleuchtem
auf das herrlichste ausgezierten und ungemein prächtig be-
leuchteten Saal, in welchem dieselben sich einige Stunden mit
Tanzen unterhielten; nach dem Ball und abermaligen Souper
aber sich zur Ruhe begaben.
Mittwoch, den 25. ergötzten sich Vormittags Se. Majestät
der Kaiser außerhalb des Schlosses in denen dasigen Weingärten
mit Hasen-, Fasan- und Feldhühner-Schießen. Die durchlauch-
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tigste jungen Herrschaften aber in dem Schloßgarten mit gleich-
mäßiger Jagd. — Zu Mittag machte den Schluß des herrlichsten
Traktaments ein abermalig ungemein kostbar und zierliches
Desert, welches die ganze obbeschriebene Jagd des vorigen
Tages vorstellte. Nachmittags fuhren die Allerhöchsten Herr-
schaften und alles übrige Gefolge von Schloßhof nach dem
Dorfe Großen Baum, zu dem allda in »einer ganz besonderen
angenehmen Gegend liegenden Teich.
Dieser Teich war ringsherum mit grünen Laubbogen, und
unter diesen für die Menge der Zuschauer mit angeordneten
Sitzbänken umgeben. An der Seite gegen Mittemacht war ein
überaus sauberes gleichfalls mit Laubwerk gedecktes Lusthaus
in einer- kleinen Insel zu Ende des Teiches erbauet, auf beiden
Seiten aber giengen wohlbefestigte und ebenmäßig mit grünen
Bogen und Laubwerk bekleidete Brücken hinein. Gegenüber
diesem Lusthaus an der Mittagseite zeigte sich ein gemachter
Prospekt, von Cypreßbäumen, zu dessen Füßen abermal ein
Amphi-Theatrum (welches über den ganzen Teich reichte und
mehr als 500 Personen auf solchem saßen) errichtet war. In der
Mitte des Teiches aber erhob sich ein aus neun hohen Schwib-
bogen bestandenes Gebäude, welches von dem einen Ufer dieses
Teichs bis an das andere reichte. Auf dessen Mitte sähe man
eine Gallerie, darauf allerhand roth und gelb gekleidete und
hohe Federbüsche auf den Hüten habende musikalische Virtuosen
nebst zwei Chören Trompeten und Pauken unaussetzlich sich
hören ließen. Mitten aus dem Teiche vor der Brücke ragten in
zweien Reihen 6 Felsen-Gipfel hervoj. Auf diesen zeigten sich
2 große Uhu als Arlequins, 2 Bären als Policinellen, und Geiß-
böcke als Pantalons, mit bei sich zur Seite habenden zweien
Füchsen als Hanswürsten und zwei Wölfen als Doctoren gekleidet,
welches umso mehr ein sehr artiges und lustiges Ansehen machte,
weil diese Thiere sich immer bewegten und, um los zu werden,
allerhand närrische Posituren vorstelleten, sonderlich aber die
Bären, deren wunderliche Gestus mit ihrem schönen Gesänge
immerhin begleiteten. Dieses Fest stellete vor eine Nachahmung
der bei den Römern und Griechen in Brauch gewesenen Nau-
machie, welche aber das Auge der Zuschauer zu belustigen auf
komische und lächerliche Art in ein Wasser-Caroussel reducieret
— 124 —
war. Zwei Quadrillen, jede von 4 Schiffen waren diejenigen, so
mit einander certieren mußten und sowohl deren Ritter als Ruder-
knechte (welche in den Masken, Scaßin, Pierot, Pantalons, Dottori,
Arlequins, Brighelle, Scaramozzi, Pollicinelles verkleidet waren)
bestanden in lauter Bauern.
Auf ein gegebenes Zeichen mit den Trompeten rückten
denn allezeit 2 und 2; das ist von jeder Quadrille, ein Schiff
hervor. Diese fuhren unter denen Schwibbogen hindurch und
nachdem sie eine Menge Wendungen rechts und links, ja
ordentliche Volten, wie sie nur immer ein Ritter zu Pferd exe-
quiren kann, gemacht hatten, wurde von den Rittern anstatt nach
Ring und Köpfen zu rennen, nur auf die Felsen geschlagen, und
augenblicklich fuhren aus solchen bald Füchse, Hasen, Wölfe,
Frischlinge, Gänse und Enten heraus, wovon die einen davon-
flogen, die anderen aber auf dem Wasser herum schwammen
und solchergestalt wurde mit dem Caroussel so lange continuieret,
bis alle Schiffe der Quadrillen ihre Tour machten.
Als man aber vermuthete, daß es nunmehr ein Ende hätte,
gieng der Spaß erst von Neuem an, denn nicht allein die ganzen
Quadrillen rückten insgesammt in der besten Ordnung mit allen
Schiffen zugleich hervor und machten die schönsten und künst-
lichsten Wendungen, sondern nachdem den Rittern im durch-
fahren unter den Schwibbogen unvermerkt Lanzen ausgetheilt
wurden, hielten sie eine ordentliche Art eines Seetreffens, indem
sie theils in gerader Linie, theils im Vorbeifahren einander auf
, verschiedene Art attaquirten, sich auf der Stelle umwandten und
wieder von Neuem auf einander trafen, und zumalen alle die
Lanzen als wie Spritzen zugericht waren und der Teich genüg-
same Munition zu dieser Art Chargierung darreichte, einander
rechtschaffen mit Wasser spritzten, und also ein Gelächter ver-
ursachten.
Allein auch dieses war noch nicht das beste, sondern jenes,
was alle Zuschauer in eine rechte Verwunderung setzte, war das
prächtige Finale, welches eine von sich selbst anhero schwimmende
Insel machte. Kaum hatten die oberwähnten Quadrillen-Schiffe
ihre Volten und Attaquen angefangen, so sah man in der Mitte
des obgemeldeten Prospekts eine magnifique Insel nach und
nach hervorkommen, und ohne daß man einiges Rudern oder
— 126 —
was sonst zur Schiffahrt erforderlich ist, ja nur die Bewegung
eines Menschen wahrnehmen können, dieselbe bis unter den
großen mittleren Schwibbogen hervorrücken, und sich dorten so
lang verweilen, bis die Quadrillenschiffe ihren Cours völlig ge-
endet und sich gleichsam zur Begleitung dieser Insel zurück
begeben hatten.
Diese stellte nun einen anmuthigen Garten vor, in dessen
Parterre Se* Majestät der Kaiserin hohe Namen in verzogenen
Chiffern von Buchsbaumlaub formieret, mit farbigem Sand aus-
gestreuet, ringsherum mit Blumen eingefasset und oben her mit
der kaiserlichen Krone gekrönet war; auf beiden Seiten wurden
vermittelst zweier Reihen Orangebäume, die mit Trillagen künstlich
zusammengehängt waren gleichsam eingeschlossen und am Ende
sähe man einen 18 Schuh hohen Felsen, welcher eine Cascade
von 5 Muscheln, von denen die untersten 10 Schuhe breit, und
ein schönes Bassin vorwärts bedeckte... Oben auf der Spitze dieses
Felsens präsentierte sich dementia und Justitia, als das Sym-
bolum unserer allergnädigsten Monarchen, in Colossal- Größe.
Die dementia hatte die Justize völlig entwaffnet, womit dann
angezeigt werden sollte, daß Ihro Majestäten alle Bedienung in
Schloßhof mit nichten nach Justiz abwägen, sondern nach der
demenz mit indulgenter Großmuth ansehen möchten. Besser
abwärts lagen beide, die Schloßhofer Herrschaft bewässernden
Flüße, Donau und March, welche aus ihren Armen einen Strom
Wassers auf die Cascade gössen. Am Fuße des Felsens etwas
abwärts dem Bassin sähe man auf der einen Seite den Gott
Mars, welcher den Neid unter die Füße trat und von der Fama
gekrönt, auf der anderen Seite hingegen Herculem den Zorn und.
das Laster calpestrieren, der von der Pallas gekrönet wurde.
Beide diese Statuen warfen ein Ils d'eau bis auf die oberste
Muschel der Cascade hinauf und solcher gestalten würden mittelst
jenen aus den Armen der Flüsse heraus schießenden Ströme,
jetzt zweien Ils d'eau ein so häufiges Wasser auf die Cascade
geführt, daß dieselbe vollkommen damit angefüllet und sonderlich,
wenn die Sonnenstrahlen hinein leuchteten recht schön anzu-
sehen war. Die Orangenbäume hatte der Prinz durchaus zwischen
ihren natürlichen Früchten mit Gefrornen behängen lassen, gleich
wie auch im übrigen die schöne Insel mit einer Menge Zucker-
^ 126 ~
Sachen, Gefrornen und allerlei kostbaren Erfrischungen in zier-
licher Eintheilung an allen Orten und Enden, in reichem Uiber-
fluß gleichsam besäet war.
Die berührte schwimmende Insel, der man den Namen
einer Isola incantata beilegen dürfte, rückte nun endlich vor dem
mittleren Schwibbogen hervor, und schwamm unter Begleitung
aller Quadrillenschiffe in einer ununterbrochenen Bewegung bis
in das grüne Lusthaus, wo sich die allerhöchsten Herrschaften
befanden; allda öffnneten sich alsbald zwei Wände, und nachdem
der Prinz (unerachtet die Insel vollkommen sicher war — ) den-
noch zum Uiberfluß der für die gnädigsten Herrschaften tragenden
Vorsorge, bei ihrer Ankunft nicht allein vornen an das Fundament
des Lusthauses angehängt, sondern auch rückwärts, auf jeder
Seite ein Pfeiler bis an den Grund des Teiches hinabgelassen,
in solchergestalten die Insel vorne und hinten auf festen Grund
gesetzet wurde, traten 5 prächtige in Atlas und Silber gekleidete
Gärtner aus der Orangerie hervor und luden die allerhöchsten
Herrschaften ein, ihren so künstlich angelegten Garten mit der
hohen Gegenwart zu begnadigen. Allerhöchst dieselben wurden
auch sodann durch Se. Durchlaucht den Prinzen selbsten hinein-
geführet und mit Herablangung einiger obbesagten an den Bäumen
hangenden gefrorenen Früchte allerhöchst denenselben aufge-
wartet, wie auch die Dames und Cavaliers durch erwähnte
Gärtner mit allerhand Erfrischungen bedienet. Hiemächst auch,
als sich die allergnädigsten jungen Herrschaften dem Bassin
näherten, kamen 2 als Fischer und 2 als Fischerinnen in Atlas
und Silber mit umhängenden silbernen Fischnetzen bekleidete
Knaben und Mägdlein hervor, welche Netze sie den allerhöchsten
Herrschaften darreichten, und womit denn auch dieselben aus
dem obberührten, mit einer Menge der schönsten Fische ange-
füllten Bassin, Karpfen, Forellen und allerhand Fische heraus
fischten.
Ihro kaiserliche Majestäten geruhten auf dieser schönen
Insul sich eine geraume Zeit aufzuhalten und sowohl über die
zierliche Anordnung als auch insonderheit über die Kunst, das
natürliche Wasser in einer solchen Menge unaufhörlich nicht
allein über die Cascade herabfallend, sondern auch von unten
hinauf bis 3 Klaftern hoch aus denen Maulern der Statuen
^<M7 ^
springen zu machen, als eine noch nie gesehene, particulär
erdachte Invention, dero ausnehmendes Wohlgefallen zu bezeugen,
wie auch dem kaiserlichen Hauptmanne Herrn Baron Mengen
(dem des Prinzen Durchlaucht die Ausführung sothaner dero
vortrefflichen Erfindungen aufgetragen hatte) solches mit denen
allergnädigsten Ausdrückungen zu erkennen zu geben.
Sobald die allerhöchsten Herrschaften sothanes kleine Paradies
verlassen hatten wurde allen übrigen Anwesenden der freie Ein-
tritt dahin verstattet, und zugleich die darauf noch vorhanden
gewesenen Erfrischungen und Confecturen, nebst Blumen Preis
gegeben. Ihro Majestäten kehrten indessen nebst dem übrigen
hohen Adel nach Schloßhof zurücke.
Nach 7 Uhr Abends wurde die nächst dem Schloß ange-
legte Schießstatt mit lauter zwischen dem grünen Gebüsch ver-
borgenen Lampen dergestalt künstlich beleuchtet, daß man von
allen diesfälligen etlichen 1000 Lichtern nicht die mindeste
Flammen sähe, und dennoch der gantze Platz gleichsam wie bei
hellem Tage, mit dem angenehmsten Schein erfüllet war. Sämmt-
liche allerhöchsten Herrschaften geruheten allda auf die Scheibe
zu schießen. Bei dieser Ergötzung war der Allerdurchlauchtigste
Erb- und Kronprinz, Erzherzog Joseph der erste, welcher das
schwarze Centrum träfe, womit er zugleich ein auf jedwedes
schwarz treffende hinter der Scheibe zubereitetes Kunstfeuer
anzündete, dabei man die Worte: „Vivat Franciscusl* in schönen,
weißen lebendigen Feuer brennen sähe. Auf gleiche Weise
zündete eben Se. Durchlaucht durch einen abermaligen Kreis-
schuß die Worte: „Vivat Theresia 1", sohin aber Ihro Durchlaucht
die Erzherzogin Maria Anna die Worte: „Vivat Josephus**, dann
Se. Kaiserliche Majestät die Worte: „Vivat Maria Christina** an,
und während der Zeit, daß nach einem sothanen Treffer die
Maschinen zu einem abermaligen Schuß gestellet wurden, war
die Luft von einem unausgesetzten Feuerwerke, von Raketen,
Girandolen, Luft- und Regenkugeln, Feuerrädern, Schwärmer-
fässern und dergleichen unaufhörlich beleuchtet.
Hierauf folgte das Souper, wobei wiederum die Confecturen
besonders sehenswürdig waren; die allerhöchsten Herrschaften
aber begaben sich hierauf nach einem kleinen Spiele zur Ruhe.
Donnerstag, den 26. war der bestimmte Tag, allwo Ihro
— 128 —
Kaiserlichen Majestäten das angenehme Schloßhof verlassen und
sich wiederum zurück in dero Residenz zu begeben entschlossen
waren. Allein Ihro Durchlaucht der Prinz von Sachsen-Hildburg-
hausen, wollten dieselben keines Weges von dannen aufbrechen
lassen, ohne Ihnen zuvor noch einigen Zeitvertreib zu machen.
Und gleich wie dieser Herr den Anfang aller Festivitäten mit
deme gemacht hat, daß er oberwähnter Maßen die sämmtliche
Unterthanen gleichsam mit ihme intressieren wollen, um ihre an
dessen, mittelst der in dem Lustwäldl zu Niederweiden gehaltenen
Kantate, exprimierten treuherzigen Wunsche und aufrichtigen
Devotions-Erklärungen genommenen Antheil durch einhellige Bei-
stimmung zu manifestieren und in einer so angenehmen Be-
gebenheit recht causam communem mit ihm zu haben, so hat
er auch zum Beschluße dieser Feste erwähnten seinen Unter-
thanen an jener unaussprechlichen Freude, welche die hohe
Gegenwart der allergnädigsten Herrschaften und dero untersten
Bedienung bezeugte allermildeste Zufriedenheit in ihm erwecket
hat, ihren Antheil und vorzüglich die Gelegenheit geben wollen,
sich dieser angenehmen Tage fernerhin öfters zu erinnern.
Zu diesem Ende war ein vollkommenes Bachantenfest an-
gestellt, welches sich mit Preisgebung einer Menge Victualien
und einiger Eimer Wein geendigt hat, wie folgt.
Gegen 10 Uhr in der Früh wurden die Allergnädigsten
Herrschaften gebeten, sich in seiner Majestät des Kaisers Retirade
an die Fenster zu begeben; sogleich hernach sah man in der
großen Allee zwischen den Ställen eine in 2 Quadrillen abge-
theilte Bachanten-Gesellschaft in folgender Ordnung anrücken:
Zur rechten Hand: Zur linken Hand:
1 Herold ^
1 Pauker \ zu Pferd.
4 Trompeter J
8 Waffenträger zu Fuß.
4 Ritter zu Pferd.
1 Bachuswagen mit 5 Satyren,
die den Dudelsack, Schal-
mayen und Fagot bliesen
und Bachus auf dem Fasse.
1 Herold \
1 Pauker i zu Pferd.
4 Trompeter j
8 Waffenträger zu Fuß.
4 Ritter zu Pferd.
8 dergleichen mit dem Sileno
auf dem Fasse.
— 129 —
Diese wurden jeder von 4 neben einander gespannten
schönen weißen, mit grünem Laub und vergoldeten Hörnern
zierlich aufgeführten Ochsen gezogen. Neben jedem dieser
2 Wagen giengen 8 Nymphen mit Kränzen und hinterher folgten
4 paare Nymphen und Bachanten, welche unaufhörlich tanzten.
Hinter allen diesen aber käme in der Mitte ein ungemein hoher
und breiter, ein prächtiges Schiff mit vielen Masten vorstellend,
zierlich gemachter Triumphwagen; dieser wurde von 8 eben so
schön wie die obigen geputzten Ochsen gezogen, inwendig war
derselbe mit einem Chor wohlgekleideter Musikanten besetzt,
rings umher aber, wie auch von einem Mastbaum zum anderen,
mit einer unzähligen Menge Federvieh, Gänsen, Enten, Indianischen
und anderen Hühnern, ganzen Hirschen, ganzen Wildschweinen,
Hasen, Fasanen und Feldhühnern, sodann gantzen Speck, Salame,
Würsten, Käsen, Brod und dergleichen Victualien nicht sowohl
behangen, als vielmehr überdeckt, von vierthalb Hundert Bauern
begleitet, welche insgesammt in jenen, bei allen denen vorher-
gegangenen Ergötzlichkeiten emplojierten, theils reichen mit
Silber verbrämten, theils anderen Masquen verkleidet waren. Die
Ritter und Waffenträger, wie auch die Herolde, Pauker und
Trompeter waren mit leibfarber Leinwand angezogen und auf
Bachantenart um den Kopf und Leib mit Kräntzen von Laub-
werk umgeben; die Mädchen waren als Nymphen, und die
Musikanten auf denen Bachuswagen als Satyren, Bachus und
Silenus aber auf die Art, wie es ihrer Person gehöret, angeleget.
Solchergestalten dann ginge der Zug in erwähnter Ordnung
durch die Allee hindurch. Als er nun zu dem Bassin (wo der
Neptun auf der Delphine steht und der Weg in zwei mit
steinernen Balustraden eingeschlossenen Rampen sich theilt)
einträfe, giengen die Quadrillen auseinander, und nahm eine
ihren Weg rechter, die andere hingegen linker Hand, hielten
ihren Einzug auf den Hofplatz unter jenem Fenster, wo die
allergnädigsten Herrschaften zusahen, vorbei, machte einige
Wendungen, wo sie bald einander begegneten; bald neben-
einander marschierten, und sich zugleich separierten, und nach
gehaltenem Einzug stellte sich dann eine jede Partie auf den
ihr angewiesenen Platz; mittlerweile der Anfangs mentionierte
und mit Victualien bedeckte Triumphwagen oben über dem
9
— 130 —
Bassin mit aller seiner Begleitung stehen blieb, und nach dem
Spectacle ein recht süperbes Ansehen gemacht wurde.
Der ganze Hof war mit einer mit grünem Laub bedeckten
Barriere eingeschlossen, an deren rechter und linker Seite sah
man einen Satyr auf dem Ast eines Baumes liegen; inwendig
in dem Hofe waren vier Statuen des Bachus auf Fässern, die
auf Satyrs Füßen ruheten, aufgesetzt. Gleichwie nun dieses
Bachanale mit einem Caroussel comique seinen Anfang nehmen
sollte, ialso verfügten sich auf gegebenes Zeichen mit der Trompete,
allezeit 2 und 2 Ritter, nebst ihren Waffenträgern auf ihren zum
Caroussel gehörigen Platz, und machten, sobald mit Trompeten
und Pauken der Marsch angestimmt wurde, ihren Cours. Da gab
es nun abermals genug zu lachen; anstatt die Ritter nach Köpfen
(wie bei serieusen Carousselen) rennen zu sehen, so erblickte
man allerhand Begebenheiten. Jene Satyrs-Statuen, so auf den
angehauenen Stöcken standen, boten den Rittern einen Kranz,
in welchen ein Ritter placieret war, dar. Denjenigen, so das
Glück hatten, sothanen Ring sauber und reinlich hinweg zu
nehmen, widerfuhr kein Abentheuer, jene aber, die nur ein wenig
den Kranz berührten, bekamen einen derben Streich, welchen
ihnen der Satyr, der sich auf der Stelle umdrehete, nachdrücklich
auf den Buckel gab. Mit denjenigen auf dem Ast des Baumes
hatte es eine fast eben gleiche Bewandniß, angesehen, dieser
eine Schalle Wasser in Händen hatte, welche er umkehrte und
dem ungeschickten Ritter, so einen unten angemachten Ring
verfehlte, brav mit Wasser begoß. Nach diesem Cours gaben die
Ritter im währenden Lauf die Lanzen hinweg und empfierigen
dagegen von ihren Waffenträgern lange, mit Laub umwundene
Bachantenstäbe, sonsten Tirsi genannt; mit diesen mußten die-
selben nach denen in der Mitte des Rennplatzes stehenden
Bachus-Statuen, und auf eine, hinter dem Rücken sothaner
Bilder befindliche Muschel theils schlagen, theils stoßen- Gleich-
wie nun die Fässer, worauf erwähnte Statuen saßen, nicht allein
inwendig mit allerhand verkleideten Thieren angefüllet, sondern
auch dergestalten künstlich zugerichtet waren, daß, wenn die
obgedachten Muscheln getroffen wurden, sich dieselben öffneten
und die Thiere herausfielen; so sah man gar bald den gantzen
Hof mit Wölfen, Füchsen, Markasinen, Hasen, Indianischen und
^ :i31 —
aijderen Hühnern, auch anderen dergleichen (welche alle lächerlich,
iheils mit vollkommenen Habits, theils mit Schlittenzeüg und
Schellen equippieret, und mit ihren Reitern von allerhand Figuren
versehen waren) angefüUet. Nachdem nun alle Ritter ihren Cours
vollendet, und den Zuschauern genugsam Occasion zum Lachen
gegeben, ließen sich die Satyren auf denen Bachuswägen mit
Dutelsäcken und anderen Instrumenten hören und alsbald sähe
man, dass alle in Bachantenhäbit angelegte Bauern mit denen
Jbei den Wägen befindlichen Nymphen einen figurierten und
.wohl concertierten Tanz anfiengen ; da hätte nun Jedermahil
vermeinen sollen, es würde auf einen guten Bauern-Tanz heraus-
kommen; allein es war, etwas ganz anderes zu sehen, maßen
die sonst so ungeschickten Leute dergestalt gut abgerichtet
waren, daß sie die schönsten Figuren auf dem Theatro produ-
cieren können, formieret, die Anfangsbuchstaben der hohen
Namen der beiden kaiserlichen Majestäten recht sauber vorge-
stellt, und zuletzt mit Niedersenkung derer in Händen habenden
Tirsen und Laubbogen in einem Tempo- die kniebeugende
Reverentz vor allerhöchst besagten kaiserlichen, königlichen Ma-
jestäten so gut und vollkommen gemacht haben, als wenn sie
ihr Lebtage in einem beständigen Exercitio desfalls gewesen
wären.
Der Prinz hat also manifeste dargezeiget, daß man nicht allein
politte und habile, sondern auch ungeschickte Leute (wenn man
nur damit umzugehen weiß) zu allem abrichten kann, maßen er
aus seinen Bauern in einer Zeit von 3 Monaten italienische
Sänger, künstliche Engländer, Matrosen und adroits französische
Tänzer gemacht hat. .
Nach Endigung dessen, zogen die Quadrillen in der nämlichen
Ordnung, wie sie eingezogen waren, wieder ab, während deme
stiegen die Musikanten von den Triumphwägen herunter und es
wurde die von denenselben innen gehabten Plätze mit mehreren
frischen Flügel- und anderen Eßwaaren angefüUet, dann rückte
dieser Wagen in Begleitung des sämmtlichen Volks, besser
hervor unter die Fenster, an denen die Allerhöchsten Herrschaften
sich befanden, und allda wurde selbiger, nach gegebenem Zeichen,
von dem in unzählbarer Menge dabei sich eingefundenen Bauern-
volk geplündert, und gleichwie die Fässer auf den Wägen, wo
— 182 —
Bachus und Silenus saBen, mit weiflem und rothem Wein ange-
fället waren, solche ebenfalls preis gegeben, schleich die Gesundheit
beider Majestäten, von Grund des Herzens unter vielem Vivat-
Geschrey getrunken.
Ihro kaiserliche und königliche und durchlauchtigste Herr-
schaften begaben sich sammt dem hohen Adel zur Mittagstafel
wobei, wie mehrraalen, das letzte Desert den sehenswürdigen
Schluß machte, da nemlich selbiges gleichsam eine gantze
Armee und Feldlager von kleinen, sich bewegenden und ordentlich
zu- und abmarschierenden Figuren bei einer belagerten Festung
vorstellten, welche Festung nach einiger Weile augenblicklich in
einen Friedenstempel sich verwandelte, auch die Soldaten ver-
schwanden und in ihren Laufgraben natürliches Wasser herum
zu fließen anfieng.
Nach aufgehobener Tafel geschah der Aufbruch, und die
allerhöchsten Herrschaften reisten, nachdeme sie nicht allein
oberwähntermaßen, die Virtuosen und Capellmeister, sondern
auch alle übrige Sr. Durchlaucht dem Prinzen angehörige Haus-
officiers, Jägerei und Bedienten reichlich beschenket hatten, nach
3 Uhr von dannen ab und kamen Abends glücklich nach Schön-
brunn zurück.
Ihro kaiserliche Majestäten und alle andere hohe Anwesende
bezeugten über alle diese, so prächtige als seltsame und sinn-
reiche Erfindungen und genossene ungemeine artige Ergötzungen
nebst denen darbei observierten guten Anstalten und Ordnungen,
vornehmlich aber daß bei so großen und vielfältigen Dispositionen,
und Unternehmungen alles in dero Hofstat so still und ohne
mindesten Embarras, als wenn gleichsam nichts zu thun wäre,
zugegangen, und endlich über den allerseitigen Uiberfluß, ein
ganz besonderes Vergnügen und konnten nicht ermüden, bei
dero Zurückkunft mit denen Anwesenden sich immerhin davon
zu unterhalten.
benage 3.
Beschreibung^
der vier Gemälde über Schlofihof von Canaletto im Wiener k, u. k. kunst-
historischen Museum 1758—1760.
(B«niardo BelotU, gtomiiit Ctaalet^ geb. Ventdlg nm 1720; geat Wafscbaa 17. Odober ITSOi)
„llT.DaskaiserlicheLustschloB Schlofihof (Hofseite).
Man sieht hier die der Straße zugewendete Seite des in
Niederösterreich am rechten Ufer der March in der Nähe ihrer
Mündung in die Donau gelegenen Schlosses: einen Bau mit zwei
Seitentracten, die den Hof bilden. Ober dem Haupteingange das
kaiserliche Wappen, im Giebel eine Uhr. Vor dem Schlosse ein
Springbrunnen und eine Neptunstatue und eine Rampe, mit
Figuren und Löwen geziert. Auf der Steineinfassung des Bassins
sitzt ein Bauer, eine Carosse fährt in den Hof. Verschiedene
Leute stehen gruppenweise herum. Im Vordergrunde steht ein
Herr mit zwei Damen; letztere tragen grüne Hüte, die eine ein
gelbes, die andere ein rothes Kleid, ein kleiner Hund liegt neben
ihnen. Rechts im Hintergrunde Aussicht auf die March und
Ruinen der Burg Theben.
Leinwand;hochl38Centimeterbreit,257Centi!neter,36 Figuren,
groß 27 Centimeter.
Die Nachrichten über das interessante Schloß reichen bis
zum Jahre 1572 zurück, zu welcher Zeit ein Herr von Prank an
derselben Stelle ein Schloß: „Hof an der March" besaß. Im
Jahre 1640 übernahm Hans Jakob Freiherr von Gienger den
Besitz und erbaute »Schloßhof am Berge". 1727 erwarb dieses
Prinz Eugen von Savoyen, von welchem es zu einem reizenden
*) Abschrift aus dem grofien Katalog der kaiserlichen Oemälde-Galerie von
Eduard Ritter v. Bngerth. I. Band. Wien 18S2.
— 134 —
SominersGiilosse umgestaltet wurde. Im Jahre 1755 endlich kam
„Schloßhof" durch Kauf in den Besitz der Kaiserin Maria Theresia.
Radierung von H. Fischer, hoch 21*8 Centimeter, breit
42*3 Centimeter (Gesellschaft für vervielfältigende Kunst in Wien).
118. Dasselbe Schloß (Gartenseite).
Der Beschauer steht am untersten Ende des Gartens und
sieht über den aufsteigendeti Terrassenbau zum hochstehenden
Schlosse hinauf. Ein großes g^chteckiges Bassin mit Steingruppen
uÄd Wasserstrahl auf! einejn runden, grün umpflanzten ' rtatze
nimmt den Vordergrund ein. Eine Mittelallee führt zu einer
anderen Wasserkunst. Über dieser auf der nächsten Teirasöe ein
Blumenparterre; zur Seite Orangerien und geschnittene Hecken,
in der Mitte der abschließenden Rampe ein Wasserfall und an
d^r : BassSipjeinfassung Steinfigure^; Darüber die SteiObalustrade
einer dritten Terrasse, die in ähnlicher Weise bepflanzt ist. Oben
das. Schloß. E3 hat auf dieser Seite nur fünfzehn Fenster in der
Front; und zwei niedere Flügelbauten, außerdem sieht man einen
kleinen Theil der weitläufigen Nebengebäude. Einige; Herren und
Damen lustwandeln im Schloßgarten; Arbeiter sind mit dem Rein-
halten der Wege beschäftigt.
Leinwand; hoch 136 Centimeter, breit 239 Centimeter,
63 Figuren, groß 14 Centimeter.
119. Dasselbe Schloß (Seitenansicht).
Die Seitenansicht zeigt die Niveauunterschiede des Gartens
und die Art, wie sie zu dem prächtigen Terrassenbau benützt
wurden. Oben steht das Schloß, die schmale Front dem Garten und
der March zukehrend. Drei Treppen führen auf die nächste große
Terrasse. Die Rampenmauer ist aus Ziegeln gebaut, mit Stein-
balustraden umgeben, vielfach gekantet und mit drei bogenförmigen
Ausbauchungen versehen, in der Mitte ein Bassin mit Spring-
brunnen. Drei breite Steintreppen führen zur nächsten Terrasse,
die ebenfalls von großer Ausdehnung ist. In der Mitte derselben
ein Blumenparterre; zu beiden Seiten laubige Gänge und Lust-
häuschen. Der unterste Theil des Gartens ist durch den Baum-
schmuck dieser Terrasse zum Theil gedeckt. Einzelne Paare lust-
wandeln auf den Wegen. Über den Garten hinaus sieht man die
March und auf deren anderem Ufer die Ruinen von Theben. Im
— 135 -
Vordergrunde fährt eine halb offene Equipage mit vier Pferden
zum Schlosse hinan; eine Frau treibt Gänse, Hirten lagern bei
ihrem Vieh, ein Mann in rothem Rocke reitet einen Schimmel.
Leinwand; hoch 136 Centimeter, breit 238 Centimeter,
48 Figuren, groß 12 Centimeter.
120. Die Ruinen von Theben.
Die alte befestigte Burg Theben in Ungarn, an der öster-
reichischen Grenze, am Einflüsse derMarch in die Donau gelegen.
Den linken Vordergrund bildet das linke Ufer der March, zu
einem Hügel ansteigend, mit den Resten des alten Schlosses,
Der große Thurm, dessen Mauerwerk damals noch stand, jetzt
zum größten Theile zerfallen ist, wird von geborstenen Mauer-
fronten umgeben, welche sich, mit Schießscharten versehen, den
Hügel herab zum Flußufer hinziehen. Im unteren Theile dieser
Mauer zeigt sich eine kleine Herde und ein Mann in rothem
Rocke reitet auf einem Schimmel dem Thore zu. In der Mitte
des Vordergrundes wendet sich die Straße, große Steinblöcke
liegen am Wege, aus niederem Strauchwerk ragt ein Baumstamm
empor, und an diesem ist die zerrissene Leinwandplache eines
Zeltes befestigt, das hier eine ungarische Zigeunerfamilie auf-
geschlagen hat. Die Frau gibt dem Kinde die Brust, der Mann
steht neben ihr; ein Zigeunermädchen nähert sich einem sitzenden
Hirten, auf dem Hügel werden Kühe und Schafe von einem
Mädchen gehütet, ihr zur Seite ein Hund. Der Abend beginnt
zu dämmern, der Vordergrund liegt im Schatten. Rechts im
Hintergrunde sieht man über der March, von einem letzten
Sonnenblicke beleuchtet, das kaiserliche Lustschloß „Schloßhof",
Leinwand; hoch 137 Centimeter, breit 216 Centimeter.
10 Figuren, groß 30 Centimeter. Radierung von A. Peisker,
hoch 26*5 Centimeter, breit 41 Centimeter."
i
■^