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Full text of "Gespräche Jesu mit seinen Jüngern nach der Auferstehung; ein katholisch-apostolisches Sendschreiben des 2. Jahrhunderts"

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ntersuchungen etc. 36, 3, 


Verlag: J. C. Hinrichs, Leipzig, 


EPISTOLA APOSTOLORUM 
Hrsg. von CARL SCHMIDT 


Br fipnelel oru — 


ISPRÄCHE JESU NIT SEINEN JUNGERN 
NACH DER AUPERSTEHUNG 


EIN KATHOLISCH-APOSTOLISCHES 
-SENDSCHREIBEN DES 2. JAHRHUNDERTS 


NACH EINEM KOPTISCHEN PAPYRUS 
Des ısstrrur DE LA MISSION ARCHEOL. FRANGAISE AU CAIRE 


— UNTER MITARBEIT VON HERRN PIERRE LACAU 
DER GEM GENERALDIREKTOR DER ÄGYPT. MUSEEN 


NEBST DREI EXKURSEN 
VON 


CARL SCHMIDT 
Se LICHTDRUCK-FAKSIMILE DER HANDSCHRIFT 


ÜBERSETZUNG DES ÄTHIOPISCHEN TEXTES τ᾿ 
von ei 
De. ISAAK WAJNBERG / ı\ , 


269 uf L 
1.5. 53 
LEIPZIG 


'J. ©. HINRICHS’scne BUCHHANDLUNG 
1919 


-ς 


AUSGABE DER ÄLTEREN CHRISTLICHEN 


DER GANZEN REIHE 43. BAND 


Vorwort. 


Leider muß ich das Vorwort mit einer Klage über die 
nge Verzögerung der Herausgabe des Werkes beginnen. Fast 
'hn Jahre liegen seit Beginn der Drucklegung zurück; zu- 
en hatte es den Anschein, als ob die Publikation noch auf 
‚e hinaus verschoben werden sollte. Denn der Weltkrieg, 
jer mich am Schlusse einer Expedition nach dem Sinai- 
"δὴ der Küste überraächte, raubte nicht nur die Arbeits- 
für die Drucklegung, sondern lähmte in noch höherem 
Be meine Schaffensfreudigkeit, da in seelischer wie in physi- 
ber Hinsicht des öfteren die Spannkraft des Geistes und des 
Örpers versagen wollte. Deshalb muß ich die Leser um Nach- 
; bitten, sollten -nicht alle Teile des Werkes gleichmäßig 
'faller sein, zumal da größere Zeiträume zwischen der Aus- 
einzelner Teile liegen !, 


daß die Untersuchuög von anderer Seite später aufgenom- | 
‚wird. Es handelt sich dabei in erster Linie um die Frege 
ı dem Verhältnis der apokalyptischen Offenbarungen über 


bung des Antichrist S. 61*f. χὰ dem in dem Testamentum 
aini nostri (ed. Rahmani p. XIV sq.) erhaltenen Stücke, spe- 
Ὁ eine der beiden Abhandlungen die andere benutzt hat 


VI Vorwort. 


Wenn ich zum Schluß meinem Werke noch ein Geleitwort 
auf den Weg geben darf, so möchte ich darauf hinweisen, daß 
es, wie das Titelblatt zeigt, ein Dokument der angeregten inter- 
nationalen Cooperation vor dem Völkerkriege bildet. Ich durfte 
mich der Mitarbeit des Ägyptologen Pierre Lacau, des heutigen 
Generaldirektors der ägyptischen Museen, erfreuen und zu ebenso 
großem Danke bin ich und die Wissenschaft dem Abb& Guerrier 
verpflichtet, der den äthiopischen Text aus der Verborgenheit 
gezogen und dadurch eine umfassende Untersuchung des lücken- 
haft erhaltenen koptischen Textes ermöglicht hat. Wahrschein- 
lich wäre mir diese Publikation entgangen oder wenigstens zu 
spät in meine Hände gelangt, wenn nicht Herr Montague Rhodes 
James mich in liebenswürdiger Weise auf einen Artikel von 
Herrn Guerrier aufmerksam gemacht hätte. So konnte Herr 
Dr. Wajnberg aus Warschau eine erneute Übersetzung des 
äthiopischen Textes vorlegen, und auf der anderen Seite haben 
die Wiener Gelehrten Bick und Hauler ein lateinisches Palimp- 
sestfragment beigesteuert. Niemals hätte also die vorliegende 
Publikation ohne jene tatkräftige Unterstützung dieser auswär- 
tigen Gelehrten diejenige Gestalt erhalten, in der ich sie heute 
der gelehrten Welt vorlegen kann. Die Fäden, welche uns mit 
der westeuropäischen Wissenschaft verbanden, sind seit fünf 
Jahren abgerissen, aber ich kann die Hoffnung nicht aufgeben, 
daß dieses Band doch wieder einmal angeknüpft wird. In dieser 
Aussicht wage ich mein Werk der internationalen Wissenschaft 
zu überreichen und ihrem Urteile zu unterbreiten. 2 


Berlin, im Juni 1919. 
Carl Schmidt. 


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᾿ * * , * - " * * - * * ” , - " * 43— - 


Index der koptischen σε... » x 2.» 2 τὸς 
"Index der griechischen Wörter - . = 2"... 
alyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. . 
on- und Wortregister . .. . .ὄ 


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Einleitung. 


' Die vorliegende Publication ist von mannigfachen Schick- 
salen schon vor ihrem jetzigen Erscheinen begleitet gewesen. 
Bereits im J. 1895, als ich als Stipendiat des Kaiserlich Archäo- 
logischen Instituts in Ägypten weilte, endeckte ich auf dem 
nstitut de la Mission Archeologique Frangaise au Caire die 
se] rift und legte einen kurzen Bericht 
ihren Inhalt der Königlich Preußischen Akademie der 
ı in den Sitzungsberichten der phil.-hist. Classe 
vom 20. Juni (Eine bisher unbekannte altehristliche Schrift in 
iptischer Sprache, S. 705 ff.) vor. Damals konnte ich nicht 
n, daß die in Aussicht gestellte Publication fast zwei Jahr- 
te auf sich warten lassen würde. Die Ursache für diese 
eb: Verzögerung waren verschiedener Natur. Zunächst 
March den Tod von Herrn Bouriant, dem damaligen Leiter 
Instituts, der mir die Benutzung und Bearbeitung des Textes 
gewohnter Liberalität gestattet hatte, ein weiteres Studium 
asgeschoben; erst später wurde mir dank der liebenswürdigen 
Vermittlung von Herrn Gaston Maspero, dem Generaldirektor 
der ägyptischen Museen, durch Herrn Chassinat, dem nach- 
)lgenden Direktor des Instituts, der ehrenvolle Auftrag zuteil, 
| mit dem hervorragenden Ägyptologen Pierre 
eine wissenschaftliche Veröffentlichung für die Texte und 
u en in die Hand zu nehmen. Auch wurde mir dank 
 versagenden Unterstützungsbereitschaft von Exzellenz 
tk, dem Vorsitzenden der Kirchenvätercommission, die 
ıkeit gegeben, zu verschiedenen Zeiten das Ms. an Ort 
Stelle einzusehen. Bei meiner Arbeit fand ich in Herrn 
einen unermüdlichen und überaus schätzenswerten Mit- 
' Seinen Nachforschungen in den Räumen des Instituts 


n wir es, daß außer re gg — zu vier 
ἊΝ —— 


2 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


bereits vorhandenen Blättern noch ein fast ganz erhaltenes neues 
Blatt und Stücke eines anderen Blattes ans Tageslicht gezogen 
wurden. Zu meinem lebhaften Bedauern mußte Herr Lacau in- 
folge Überbürdung mit anderweitigen wichtigen Publicationen 
auf ägyptologischem Gebiete die philologische Bearbeitung des 
koptischen Textes, wie sie ursprünglich geplant war, aufgeben. 
Jedenfalls hat sich Herr Lacau um die Constituierung des zum 
Teil lückenhaft überlieferten Textes mannigfache Verdienste er- 
worben, so daß die Publication als eine gemeinsame angesehen 
werden darf. Auf der anderen Seite freilich schien die Ver- 
öffentliehung dieser altchristlichen Schrift ein Wagnis zu sein, 
da sie von jeder anderweitigen Überlieferung verlassen war; 
nirgendswo lag ein Zitat vor, das eine Identifizierung ermög- 
liehte und eine Handhabe zu einer sicheren Bestimmung der 
Zeit und des Entstehungsortes bot. Und ich fürchte, wäre so- 
fort eine Publication erfolgt, man hätte das Werk für ein 
Provinzialerzeugnis der Kirche Ägyptens oder für ein gnosti- 
sches Geistesprodukt erklärt und im übrigen eine eingehendere 
Beschäftigung für unnötig erachtet. Nur Harnack lenkte die 
Aufmerksamkeit der Theologen auf den eigentümlichen Auf- 


erstehungsbericht in der Abhandlung: „Ein jüngst entdeckter » 


Auferstehungsbericht“ (Theol. Studien für Bernh. Weiß, Gött. 
1897 8. 58), und auch E. Hennecke nahm kurze Notiz davon 
in den Neutestamentl. Apokryphen 1, 38. Auf letztere Notiz 
stieß durch einen glücklichen Zufall Herr Bick, Bibliothekar an 
der k. k. Hofbibliothek zu Wien, als er bei der Bearbeitung der 
dort vorhandenen Palimpseste in dem Codex Palat. Vindobo- 
pensis 16, olim Bobbiensis, ein Blatt mit einem lateinischen 
Texte theologischen Inhalts endeckte und den entzifferten Text 
identifizieren wollte. Ich konnte seine Entdeckung nur bestä- 
tigen und im Anschluß an seine Publieation: Wiener Palimpseste, 
1. Teil: Cod. Palat. Vindobonensis 16, olim Bobbiensis (Sitzungsber. 
d. k. Akad. d. Wissensch. in Wien, phil.-hist. Klasse, 159. Band, 
7. Abteil.) den Fund näher beleuchten in meiner Abhandlung: 
„Eine Epistola apostolorum in koptischer und lateinischer Über- 
lieferung“ (Sitzungsb. d. Königl. Preuß. Akad. d. Wissensch. 1908, 
S. 1047ff.). In Anschluß an diese Arbeiten unterzog der be- 
kannte Palimpsestforscher Dr. Hauler in Gemeinschaft mit Bick 
das vorhandene Stück einer erneuten sorgfältigen Untersuchung 


EINE 3 


ἃ. ie —— seiner erfolgreichen Bemühungen in 
hr: besonderen Abhandlung vor: „Zu den neuen lateinischen 
Bruchstücken der Thomasapokalypse und eines apostolischen 
Sendschreibens im Codex Vind. Nr. 16“ (Wiener Studien, 1908, 
Bd. XXX, 5.. 308 6. Alles das spornte mich an, nun meiner- 
seits mit der Publication des koptischen Textes nicht länger zu 
gern. Im Frühjahr 1910 konnte ich das Ms. zum Druck ein- 
reichen. Die Drucklegung des koptischen Textes wie des Index 
war bereits beendet und der Druck der Übersetzung sollte ge- 
beginnen, als wiederum eine unerwartete Störung eintrat. 
Herr Montague Rhodes James, der rühmlichst bekannte Forscher 
_ auf dem Gebiete der Apokryphen, machte mich nämlich brief- 
_ lich auf eine mir entgangene Notiz des Abbe L. Guerrier in 
ἰ r Revue de l’Orient chretien (tom. II), 1907, 8. 1. aufmerk- 
sam: „Un testament (#thiopien) de Notre Seigneur et Sauveur 
Jesus Christ en Galilee*, wo ein Text in äthiopischer Sprache 
sp! sei, der mit dem von mir in den Sitzungsberichten 
jer Akademie behandelten die größte Verwandtschaft zeige. 
ne Correspondenz mit Herrn Guerrier bestätigte sofort die 
Vermutung von James. Der Äthiope enthielt nicht nur die in 
8 stehende Schrift, sondern, was vor allem von der größten 
ichtigkeit, zugleich den vollständigen Text, während im kop- 
jen Ms. größere Lücken vorhanden waren. Diese neue Eut- “ 
ckung ließ mich den Druck sofort unterbrechen; ich mußte, 
sollte meine Publication nicht gleich bei ihrem Erscheinen ver- 
altet sein, die Edition des Äthiopen abwarten. Leider hat sich 
diese schon für die nächste Zeit in Aussicht gestellte Publication 
dadurch auf mehrere Jahre verzögert, daß der Herausgeber als 
eelsorger an einem abgelegenen Orte in seiner wissenschaft- 
lichen Arbeit stark behindert war. Infolge dessen erschien die 
sgabe erst im Frühjahr 1913 in der Patrologia orientalis, 
rau . von Graffin und Nau, Bd. IX, Heft 3, unter dem Titel: 
 testament en Galilee de Notre-Seigneur Jösus-Christ. Texte 
pien. Edit# et traduit en frangais par L. Guerrier. Avee 
_ eoneours de S. Grebaut. Mit dieser Publication bat sich 
derr Guerrier ein großes Verdienst um die theologische Wissen- 
erworben, indem er das hohe Alter der Schrift erkannt 
> aus der Verborgenheit ans Lieht gefördert hat, während 
— der äthiopischen Sprache sie wahrscheinlich als ein 
ἃ 1: 


4 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


spätapokryphes Produkt einer Veröffentlichung nicht für wert er- 
achtet hatten. Schon Dillmann kannte den Text, wie aus der 
Verwertung einzelner Stellen für sein Lexikon hervorgeht. 
Dank dem liebenswürdigen Entgegenkommen des Verfassers, 
den ich auch an dieser Stelle meinen herzlichsten Dank aussprechen 
möchte, konnte ich die Reindruckbogen mit dem äthiop. Text und 
der Übersetzung schon vorher benutzen. Dabei zeigte sich nun, 
daß der koptische Text eine andere Bewertung der von Guerrier 
herangezogenen Handschriften notwendig machte. G. hatte 
nämlich seiner Textausgabe die Handschrift L zugrunde gelegt, 
die Varianten der übrigen Handschriften in die Anmerkungen 
verwiesen, obwohl gerade diese in vielen Fällen den ur- 
sprünglichen Text bieten. Aus diesem Grunde betraute ich 
Herrn Wajnberg, einen tüchtigen Kenner des Äthiopischen, mit 
einer Neuübersetzung ins Deutsche, die natürlich wieder längere 
Zeit in Anspruch nahm. 

Alles dies wird die langjährige Verzögerung der Publi- 
eation entschuldigen. Die Leser haben den unbestreitbaren 
Vorteil, daß ihnen jetzt das gesamte bisher bekannte Material 
vorliegt und sie sich eine viel umfassendere Kenntnis der Schrift 


verschaffen können. Ohne Zweifel wird eine lebhafte Discussion 


einsetzen, denn die Probleme sind so mannigfacher Art, daß sie 
schwerlich von einem Einzelnen gelöst werden können. 


I. Die handschriftliche Überlieferung. 
1. Beschreibung der koptischen Handschrift. 


Die Handschrift liegt noch heute auf dem Institut frangais. Sie 
wurde von Bouriant erworben, aber trotz eifrigen Nachforschens 
haben sich keine Notizen gefunden, wann und wo die Stücke er- 
worben worden sind. Doch aus früheren Ankäufen von koptischen 
Papyri in achmimischer Mundart wird man den sicheren Schluß 
ziehen können, daß auch unsere Handschrift einst zu den Bücher- 
schätzen des weißen Klosters, des sogenannten Schenute-Klosters 
in der Nähe von dem heutigen Sohag, gehört hat, einer Biblio- 
thek, die uns neben anderen wertvollen Stücken die Apokalypse 
des Elias und Sophonias, den 1. Clemensbrief und die noch 
unedierte Sapientia Salomıonis geliefert hat. Denn auch die 
vorliegende Handschrift bietet den Text in dem reinen alt- 


Beschreibung der koptischen Handschrift. 5 


τ΄ achmimischen Dialekt. Das Ms. ist ein Papyrusbuch, recto und 
_ verso mit je 14—15 Zeilen beschrieben. Aber leider ist es wie 
so viele andere koptische Handschriften nur fragmentarisch 
_ überliefert. Zum Glück war das ganze Werk paginiert; davon 
sind noch folgende Paginierungen erhalten: sa—ık (1 Blatt), 
se—ın (2 Blatt), ne—na (1 Blatt), nz—an (1 Blatt), na—$6 
(7 Blatt), also im ganzen 12 Blätter; dazu kommen $ Blätter, 
em Paginierung abgebrochen ist, die sich aber auf Grund 
des Inhaltes leicht einrangieren ließen; infolgedessen erhalten 
wir noch Blätter mit folgender Paginierung: e—ı (1 Blatt), 
se—ım (1 Blatt), na—n (1 Blatt), ne—ng (1 Blatt), ne— A; 
(4 Blatt. Ferner ermöglicht der äthiopische Text die Fest- 
stellung, daß die beiden auf 8. 25* gedruckten größeren Fragmente 
 aundb (mit Einschluß von e) ursprünglich zu einem Blatt ge- 
_ hörten, das die Nummer wo—n trug. Wir können also die 
Existenz von 21 Blättern nachweisen. Demgemäß sind die 4 Blätter 
zu Anfang a— verloren, ferner 10—x, dazu 6 Blätter Ar—un 
und der Schluß des Ganzen von $e ab, der höchstwahrscheinlich 
᾿ς μὺγ 4 Blätter bildete, wie sich aus dem äthiopischen Texte er- 
ἡ gibt. Der Umfang der Handschrift war also auf ca. 46 Blätter 
= 72 Seiten beschränkt; von denen sind 15 Blätter — 30 Seiten 
 werloren. Das Ganze macht den Eindruck, als ob das Ms. in 
' der Bibliothek des Klosters noch in ziemlich intaktem Zustande 
_ aufgefunden wurde, daß aber der Verkäufer oder der Antiken- 
händler, wie es sich noch an zahlreichen Beispielen nachweisen 
ες ΚΝ, einen Teil der Papyrusblätter zurückbehalten hat, um sie 


— fit Verkaufe höheres Geld herauszuschlagen hoffte. Frei- 
᾿ lich. sind bis jetzt keine weiteren Blätter, οὐρᾷ mir bekannt, 


Fragmente an einem verborgenen Orte * Klosters selbst. 
Was das Papyrusbuch anbetrifft, so zeigt es ein ‚kleines 
— Bu Bar re dem der ——— Wie es 
ἊᾺ Ῥεῖ, den übrigen Papyrusbüchern der Fall ist, war das Buch nicht 


von Doppelblättern in einander gelegt. Daraus erklärt 
„ daß mit den Blättern am Anfang auch zugleich 


6 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


die Schlußblätter verloren gegangen sind. Das Ms. stammt 
aus der Feder eines Schreibers, der seine Vorlage verhältnis- 
mäßig sorgfältig abgeschrieben hat. Daß das Ms. eine Abschrift 
einer älteren Vorlage darbietet, lehrt mit aller Deutlichkeit die 
Dittographie auf p. um, Z, 9, wo der Abschreiber durch das 
Wort wine auf den erst weiter unten, p. κο, Z.1 folgenden 
Satz smıyıme ze siyme hinüberglitt, aber bald seinen Irrtum 
bemerkte und die Dittographie durch Einklammerung beseitigte. 
Die Schrift ist eine zierliche kleine Buchschrift, deren Buch- 
staben aufrecht gerichtet sind; hierin unterscheidet sie sich bei 
aller Verwandtschaft von der mehr ceursiv gehaltenen Blias- 
apokalypse (vgl. die photographische Reproduktion einer Seite). 
Der Schrift nach möchte ich die Handschrift auf das Ende des 4., 
resp. Anfang des 5. Jahrhunderts datieren. Auf alle Fälle gehört 
sie zu den ältesten Literaturdenkmälern der koptischen Kirche, 
Der Abdruck des Textes schließt sich genau an die Hand- 
schrift an. Alle Zeichen sind in Rücksicht auf die sprachliche 
Wichtigkeit wiedergegeben, unsichere Buchstaben durch unter- 
gesetzte Punkte, Ergänzungen durch eckige Klammern gekenn- 
zeichnet. Da nun der Druck des koptischen Textes vor Auf- 
findung des äthiopischen Textes stattgefunden hat, so sind einige 
Änderungen erforderlich geworden; ein Teil der Ergänzungen 
wurde nicht bestätigt, andere konnten mit Sicherheit hinzu- 
gefügt werden. Ich habe diese Verbesserungen in den An- 
merkungen bei der Übersetzung nachgetragen. Den koptischen 
Text habe ich nebst Index an den Schluß gestellt, damit die 
Sprachforscher ihn als Ganzes benutzen können. 


2. Die äthiopische Überlieferung. 


Die hier folgende deutsche Übersetzung des von L. Guerrier 
in der Patrologia orientalis, Bd. IX, Heft 3 veröffentlichten und 
mit französischer Übersetzung und ausführlichen Bemerkungen 
nebst Vorwort versehenen äthiopischen Textes ist durch die 
Tatsache notwendig geworden, daß wir jetzt in der angenehmen 
Lage sind, die Ausgabe des entsprechenden koptischen Textes 
und seine Übersetzung von Prof. Carl Schmidt benutzen zu 
können. Der Vergleich mit dem koptischen Text, auf den in 
letzter Instanz wahrscheinlich durch das Medium einer arabischen 
Übersetzung die äthiopische Version zurückgeht, gibt uns die Mög- 


_ liehkeit, manche Stelle in dem von Guerrier gewählten Text der 
Londoner Häschr. anders aufzufassen, manche den anderen Hand- 
_ sehriften entnommene Variante an die Stelle der Lesart des Haupt- 
_ textes zu setzen und ihr zu gebührender Wertung zu verhelfen, 
_ endlich den relativen Wert der verschiedenen Handschriften ge- 
- nauer zu bestimmen. Da wir auch bei dem ersten apokalyptischen 
Teil dieses Werkes einige Stellen aus der syrischen Ausgabe von 
_ Ign. Rahmani’s „Testamentum domini nostri Jesu Christi“ (Mainz 
1899) und P.de Lagarde’s, Reliquiae juris eeclesiastiei antiquissimae, 
 syriace (Lpzg. 1856) zum Vergleich heranziehen und da wir außerdem 
noch eine von Guerrier nicht gekannte Stuttgarter Hdschr. be- 
nutzen konnten, so sind wir in den Stand gesetzt, den Wert der 
einzelnen Handschriften dadurch zu bestimmen, daß wir den 
‘ Grad der Übereinstimmung der verschiedenen Varr. mit dem 
 syrischen und Κορὲ. Text, welche beide sicherlich älter und 
_ ursprünglicher sind als die äthiop. Übersetzung, vergleichen. Es 
ergibt sich daraus in vielen Fällen die Überlegenheit der von 
_ Guerrier mit A und © bezeichneten Hdschrr. oder der soeben 
genannten Stuttg. gegenüber den von ihm B und L genannten. 
Wenn wir also häufig an der Übersetzung einer äthiop. 
Stelle bei Guerrier Kritik üben, so geschieht dies erstens auf 
_ Grund des Κορέ. Textes, den Guerrier nicht zur Verfügung hatte, 
infolgedessen er ausschließlich auf den äthiopischen Text und 
_ den eigenen Scharfsinn angewiesen war, zweitens auf Grund 
des Vergleichs mit dem syrischen Text des Rahmani'schen Testa- 
—— oder mit dem kleinen lateinischen Fragment bei C. Schmidt 
* .d. Preuß. Akad.d. W.,1908, XLIIL, S.1049f.), und drittens 
_ auf Grund der der Stuttg. Häschr. eninoımmenen Varianten. Der 
 äthiop. Text ist an vielen Stellen so lückenhaft, in allen Copien 
so schlecht erhalten und von den Abschreibern mit so tadelns- 
verter Nachlässigkeit behandelt, daß es nur bewundernswert 
ist, wie Guerrier, ohne im Κορέ. Text eine Unterstützung zu 
finden, es verstand, fast überall dem Sinn des Contextes ge- 
ἧς recht zu werden und die vielen Lücken sinngemäß auszufüllen. 
Der äthiop. Text ist nach einer im Brit. Museum befindlichen 
Copie (Or. 793, vgl. Wright, Catalogue of the ethiopie manuscripts 
in the British Museum, London 1877, p. 270, Nr. CCCLXI, be- 
zeichnet mit L) herausgegeben. In den Fußnoten sind die Varr. 
angegeben, welche in den anderen, in der Pariser Bibl. Nation. 


8 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


aufbewahrten Abschriften enthalten sind, nämlich in Nr. 51 der 
Colleetion d’Abbadie, welche Guerrier mit A bezeichnet, in 
Nr. 90 derselben Sammlung, bezeichnet mit B, und in Nr. 199 
= Ὁ. Dazu kommt die Copie Or. 795 des Brit. Mus. (Wright, 
Nr. CCCLXI). 

Die Hdschr. L, die sehr jungen Datums, d. ἢ. aus der Mitte 
des 18. Jahrhunderts stammt, enthält, wie man aus der Inhalts- 
angabe bei Wright schließen kann, von fol. 1 bis fol. 14a die 
äthiop. Übersetzung des von Rahmani herausgegebenen syrischen 
Textes. Von fol. 14a bis 15a bietet sie den ersten Guerrier- 
schen Text (als ersten Guerrierschen Text bezeichnen wir das 
eschatologische Stück, welches bei Guerrier von S. 37 bis 8. 47 
abgedruckt ist, als zweiten Guerrier'schen Text den zweiten 
Teil, der auch im Koptischen vorliegt); von fol. 15a bis 21a den 
zweiten Guerrierschen Text. 

Die Hdschr. Or.795 (vgl. auch Kent in The Dublin Review 1900, 
S. 245), welehe von Guerrier mit wenigen Ausnahmen nicht be- 
nutzt worden ist, zeigt große Verwandtschaft mit L, enthält aber 


verschiedene Varr., die nur zu einem kleinen Teil von Guerrier 


in seinem Vorwort angeführt sind und deren erschöpfende 
Ausbeute für die Wiederherstellung der ursprünglichen Gestalt 
des Textes wahrscheinlich von Wert gewesen wäre. Das Ms. 
soll ebenso wie L in der Mitte des 18. Jahrhunderts ge 
schrieben worden sein. 

Zu bemerken ist weiter, daß L (Or. 793) und Or. 795 noch 
einiges enthalten, was eigentlich Guerrier zum Vergleich mit 
den 8. 41 ff. abgedruckten Stellen heranziehen konnte, es aber 
leider unterlassen hat. Nämlich Or. 793 fol. 1b und 2a (Wright 
Nr. 361,5—6) und Or. 795 (W right Nr. 362, 5—6) enthalten eine 
andere äthiop. Redaktion einiger eschatologischen Stellen. Wir 
haben diese Lücke auszufüllen versucht, insofern es uns möglich 
war, die syr. Übersetzung derselben Stellen bei Rahmani X, XI zum 
Vergleich heranzuziehen und dadurch manche nützliche Winke 
zu erhalten; auch habe ich die Varianten aus dem äthiopischen 
Texte der Stuttg. Hdschr. verwertet. Leider stehen uns Or. 793 
und 795 zurzeit nicht zur Verfügung, was um so bedauerlicher 
ist, als hier nicht, wie im zweiten Teil des Guerrierschen Textes, 
eine kopt. Übersetzung vorhanden ist. 

Die drei Hdschrr. der Coll. d’Abbadie in Paris sind folgende: 


Die äthiopische Überlieferung. 4 


Nr. 51.der Coll. d’Abbadie in Paris — A 
* 90 - - * —=B 
7390. , ==, 


Diese Hdschrr. sind beschrieben von Antoine d’Abbedie in 
"seinem Catalogue raisonne des manusecrits @thiopiens, Paris, 1859 
p· 60, 100, 199, neuerdings von Chaine in seinem Catalogue des 
 manuserits &thiopiens de la colleetion Antoine d’Abbadie, Paris 
1912. Die Hdschr. Nr. 51 (A) wird beschrieben S. 34f. und 
| ‚soll nach Chaine aus dem 16. Jahrh. stammen; der Text folgt un- 
"mittelbar auf das Testamentum domini nostri von fol. 113” bis 
fol. 130°, Dem gleichen Jahrh. soll angehören Nr. 90 (= B), wo 
unser Text auf fol. $1” bis fol. 114: ebenfalls unmittelbar auf 
das Testamentum folgt (vgl. Chaine, 8.58). Die dritte Hdschr. 
199 (— ΟἹ ist mit B identisch und enthält den Text von fol. 39° 
bis fol. 57° (vgl. Chaine, S. 119). 
' Zu diesen von Guerrier angeführten fünf Hdschrr. tritt nun, 
schon erwähnt, ein bisher nicht bekannter Text aus einem 
Stuttgarter Codex. Ich wurde nämlich während des Druckes 
‚der äthiopischen Übersetzung auf eine versteckte Bemerkung von 
Dillmann in seinem Lexieon Aethiopieum p. VIII aufmerksam, 
 derzufolge in Stuttgart ein äthbiopischer Codex vorhanden wäre, 
der, abgesehen von anderen Stücken, ebenfalls ein Testamentum 
" domini nostri enthalte. Da nun Dillmann für sein Lexikon eine 
Reihe Stellen aus dem von Guerrier publizierten Texte u. zw. in 
abweichender Form verwertet hatte, und andererseits in den 
bisher bekannten äthiopischen Mss. stets die Guerrierschen Texte 
zusammen mit dem sogenannten Testamentum überliefert wurden, 
die Vermutung nahe, daß auch der Codex Stuttgartensis jene 
ir Frage stehenden Stücke enthalte. Eine Anfrage bei der Landes- 
‚bil in Stuttgart bestätigte das Vorhandensein dieses Codex, 
so daß ich ihn durch das freundliche Entgegenkommen der Ver- 
ung auf der Königlichen Bibliothek in Berlin einsehen konnte. 
Meine Vermutung hatte mich nicht getäuscht, Da nun diese Hdsehr. 
‚eichne mit S) nirgends in einem Kataloge beschrieben ist, 
ἕ ich hier eine nähere Beschreibung folgen. Die Hdschr., Cod. 
nt. fol., Nr. 49 der Stuttgarter Landesbibliothek (vgl. Drews, 
Studien u. Kritiken, Bd. 74, 8. 144) ist eine Pergament- 
shrift mit drei Kolumnen auf jedem Blatte. Der Einband 
t aus Holz, mit gepreßtem Leder überzogen; der Cod. ist 


10 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ganz intakt. Blatt 1r trägt die Überschrift IN4 « NYA : — 
„feiert den Gedächtnistag“ oder „das Fest“ (fehlt wahrscheinlich 
die Angabe des Festes oder eines Heiligen oder Engels). Dann 
folgt die Widmung von seiten des bekannten Afrikareisenden 
(von 1852 bis 1864) Dr. Heuglin: „Der Königlichen Bibliothek 
in Stuttgart. Gondar. 24. März 1853. Dr. Th. Heuglin“. Da 
fol. 1 und 2 nur spätere Eintragungen in arabischer und äthio- 
pischer Sprache enthalten, beginnt der Text u. zw. die äthiopische 
Übersetzung des Testamentum domini nostri auf fol.3 und reicht 
bis fol. 30r, Col. 2. Die Überschrift zu Anfang, mit roter Tinte 
wie alle andern Überschriften dieses Cod. geschrieben, lautet 
ähnlich der Überschrift dieses Textes in Or. 793 (Wright, Catal., 
Nr. CCCLI, I) 1,49 : HA11.h% - etc. Weiter: Ἀ95 θυ . ΤΉ 
Δ Ἀν ἽΝ AP NCHRN : Ἀ9 9 ὦ 1 ὦ ἈΠ ΟΝ : 
49} }.»".. Der Text schließt mit der wahrscheinlich fälschlieh 
von Guerrier an den Anfang seiner Ausgabe gestellten Ein- 
schaltung: @AFNA : CA, ı AP AThY ı usw. 

Auf fol. 30r, Col. 2 bis fol. 32”, Col. 1 steht der erste 
Guerriersche Text, dem sich unmittelbar von fol. 32, Col, 1 bis 
fol. 42”, Col. 3 der zweite Text anschließt. Dann folgt von 
fol. 43, Col. 1 bis fol. 118, Col. 3 der von Platt (The Ethiopie 
didascalia or the Ethiopie version of the apostolieal eonstitutions 
received in the church of Abyssinia, London 1834) herausgegebene 
Text der „Didaskalien der Väter* PPYCH : ἢ ENPAF ı HA 
N@- :; dazu ist auf fol. 118", Col. 3 noch ein kurzes Verzeichnis 
von bekannten äthiopischen Schriften beigefügt. Den Schluß des 
Ms. von fol. 119, Col. 1 bis fol. 173v Col. 2 bildet die Schrift 
Faus Manfasäwi (40- : @034.AP :) „die geistliche Heilung“; 
vgl. Littmann, Gesch. d. äthiop. Liter., i. d. Gesch. ἃ. christ]. Liter. 
d. Orients, Bd. 7, 8. 221), ein größeres theologisches Werk, aus 
dem Arabischen übersetzt, um das Jahr 1667. Das Ms. besteht 
mithin aus 174 Blättern, von denen die beiden ersten wie das 
letzte Blatt als Schutzblätter dienten. | 

Wie schon die Übersicht zeigt, sind verschiedene Werke in 
einem Bande vereinigt, aber auch äußerlich betrachtet, handelt 
es sich nieht um ein einheitliches Ganzes, vielmehr sind zwei 
ursprünglich getrennte Codd. zu diesem Sammelbande später ver- 
einigt worden. Deutlich lassen sich zwei verschiedene Hände 
unterscheiden, auch verschiedenes Material ist verwendet worden. 


Die äthiopische Überlieferung. 11 


In dem ersten Teile ist das Pergament dünn und von schlechter 
Qualität, die Schriftzüge sind nachlässig und klein, im andern 
Teile ist das Pergament dick und von guter Qualität, die Schrift- 
 züge größer und etwas monumentaler. Die erste Hälfte des 
Codex umfaßt das sogen. Testamentum domini nostri bei Rahmani, 
die beiden Guerrierschen Texte und die Didasecalia, die zweite 
Hälfte besteht nur aus einer einzigen Schrift, dem Faus 
Manfasäwi, die also zufällig mit jenem ersten Teile zusammen- 
- gebunden ist. Und wiederum innerhalb des ersten Teiles treten 
zwei getrennte Stücke uns entgegen. Während die ersten drei 
- Sehriften ohne jedes Intervall als zusammenhängendes Ganzes er- 
scheinen, auch dieselbe Überschrift 9,8% ı AM,A% ı — „Das 
Testament unseres Herrn“ usw. mit roter Tinte tragen, beginnt 
die vierte Schrift, die Didascalia, auf einer neuen Seite. Hier liegt 
; also der gleiche Tatbestand wie in den von Guerrier benutzten 
Häschrr. vor; die äthiopische Überlieferung kennt nur das Testa- 
mentum domini nostri in unmittelbarer Fortsetzung mit den 
_ beiden Guerrierschen Texten. 

Die Stuttgarter Hdschr. ist, soweit man aus der (Jualität des 
- Pergamentes und dem allgemeinen Aussehen der Schrift zu ur- 
teilen imstande ist, (wir haben dabei nur die erste Hälfte des 
- Codex im Auge) wahrscheinlich ins 18. Jahrh. zu datieren. Andere 
_ Merkmale behufs Zeitbestimmung (Gebete etc.) enthält die Hdschr. 
nicht; auch die Namen des Besitzers und vielleicht auch des 
Aschreibers sind beim Besitzwechsel ausradiert worden. Von 
_ einem Kidän spricht Ewald in seiner Beschreibung der von nr 
' erworbenen Tübinger Hdschrr. in der Ztschr. f. d. Kunde d. 
_ Morgenl., Bd.5, 5. 173, Nr. 16, sagt aber nichts Bestimmtes über 
_ den Inhalt des entsprechenden Μ8.", 

Alle bisher bekannten Hdschrr. scheinen sehr schlecht und 
 nachlässig geschrieben worden zu sein und stammen aus ganz 
später Zeit; denn in früheren Jahrhunderten hätte sich ein 
 abessinischer Abschreiber so viele Fehler und Verwechslungen 
von Buchstaben nicht zu Schulden kommen lassen. Die schlech- 
 keste scheint in manchen Fällen gerade die vielleicht durch 
Zufall von Guerrier seiner Edition zugrunde gelegte Hdschr. L 
zu sein. Selten gibt es äthiopische Copien, die so fehlerhaft 


1) Drews in seinem oben genannten Aufsatze hat irrtümlich 
diese Häschr. mit dem Stuttgarter Codex identifiziert. 


12 Schmidt-Wujnberg: Epistola apostolorum. 


sind. Es fehlen ganze Sätze, andere sind arg verstümmelt, so 
daß sowohl die französische Übersetzung von @uerrier als auch 
die von mir angefertigte deutsche oft nur auf Vermutungen, 
zweifelhaften Conjekturen und Ergänzungen auf Grund des all- 
gemeinen Sinnes (and die deutsche Übersetzung auch auf Grund 
des koptischen und syrischen Textes und auf Grund des Stuttg. 
Cod.) beruhen. Wie es mit den anderen Hdschrr. (ABC und 
Or. 795) in dieser Hinsicht steht, ist nicht ganz genau festzustellen, 
denn Guerrier scheint nicht absolut alle Varr. angegeben zu haben. 

Außerdem zeigen sämtliche Hdschrr. eine ungewöhnlich große 
Verwirrung in bezug auf die Unterscheidung der verschiedenen 
Guttural- und Zischlaute. Aber auch die grammatischen Kate- 
gorien werden nieht immer streng unterschieden. Der Ab- 
schreiber unterscheidet oft nicht den Verbalgrundstamm vom 
vermehrten Stamm, verwechselt also gatala mit gattala, tagatla 
mit tagattala, in den Formen, wie das Imperfeetum, wo diese 
Stämme durch Vokalunterschiede gekennzeichnet sind. Es werden 
also nicht allein ἃ), .h und 7, sondern sowohl A und ἢ), wieg und 
8 fast ohne irgendwelche Rücksicht auf die alte, regelrechte 
Schreibung der Vokabeln unzählige Male, in jedem Worte ver- 
wechselt. Die Abschreiber, wenigstens der Copist der L-Hdschr., 
scheint oft nur annähernd die grammatischen Formen skizziert 
und bloß die großen, groben Unterschiede berücksichtigt zu haben; 
das Bewußtsein der feineren grammatischen Unterschiede in der 
Rechtschreibung scheint ihnen längst abhanden gekommen zu sein, 

Im Allgemeinen sind ABC correcter als L(S), AC besser als 
B, S bedeutend correeter als L. Es gibt im Text eine größere 
Anzahl von Fällen, wo die drei Hdschrr. ABC das ‚Richtige 
gegenüber der Lesart in L(S) haben. Natürlich kann über die 
Richtigkeit einer Var. gegenüber den übrigen entweder der allgem. 
Sinn des Kontextes oder die Übereinstimmung mit der kopt. und 
syrischen Übersetzung und mit dem latein. Fragment entscheiden. 
Diese so oft wiederkehrende Übereinstimmung aller drei Hdschrr., 
ABund(, gegenüber L läßt eine nähere Verwandtschaft von ABC 
vermuten. Wir finden aber auch eine größere Zahl von Fällen, wo 
nur A und Ü das Richtige zu haben scheinen, Bund L aber das Un- 
richtige. Diese Übereinstimmung zwischen A und ( einerseits und 
BundL andrerseits ist jedenfalls bezeichnend und bemerkenswert, 

In manchen Fällen hat schon Guerrier den übereinstim- 


Die äthiopische Überlieferung. 13 


menden Lesarten von ABÜ gegenüber L den Vorzug gegeben 

und sie in den Text aufgenommen, so daß wir die verschmähte 

Var. L in den Fußnoten angegeben finden. In den meisten 

Fällen aber sind die besseren Varr. ABC in dem Apparat an- 

geführt, und die Übersetzung folgt L._ Ob es besser gewesen 

wäre, wenn Guerrier als Haupttext etwa A oder Ο gewählt hätte, 

ist allein auf Grund der Guerrierschen Ausgabe, ohne die Hdschrr. 

in der Hand zu haben, nicht leicht zu behaupten, obgleich wir 

jetzt im kopt. Text von Schmidt ein Mittel zur Klärung besitzen, 

welches Guerrier nicht zur Verfügung stand. Letzterer ist jeden- 

_ falls der Meinung, daß von allen Hdsebrr. L die beste ist. 

Zur Illustration der Verwandtschaftsverhältnisse der Hdschrr., 

besonders der Fälle, in denen ABC eine besondere Lesart 

haben, sollen hier einige Proben angeführt werden. 

In Übeinstimmung mit dem Kopt. und gegen L(S) finden 
wir in ABC folgende bessere Lesarten: 

Guerrier S. 70, 2.12 ABC ANA: ATANNE : gegen LS ßANA: 
sin 4 , BELTP ı gegen IS arrıTr 

ΤΩΙ φισυ.. 

„ 11, 4--ἅὅὸ add. AM,.A:; ebenso S 

. ὅ1,. 6 „ om. ΔΝ ἢ 

. ὅ8,. 2. ApPrt: μόρου IS Ay: 

„65. 9 „ Pam: „. ISALA“: 

„65, „11 „ πῆρ»: „ 15 unt:. 

8,57, 2.7 ABC om. Ak: ἢ vor “ἴσο. in Überein- 

stimmung mit dem lat. Fragment: „replen|t)es ministratione*“. 

Dem Kontext entsprechen die Varr. ABC besser in fol- 
genden Fällen: 

᾿ Guerrier 8. 13, 2.1 ABC re gegen LO FIPpN: S— 


"8, »Ἰδτς — gegen 1, AAN: (8 -- 
ABC) (vgl. auch 8, 39, Zeile 4, wo die 
Lesart von ABC in allen 5 Hdschrr. zu 
finden ist). 
„3%, .5 „ Ay: gegen IS AFrı 
(ABC wird auch durch 76, 9 AC bestätigt 
„77,. TABC DAN: gegen 1, ΘᾺ ΦΡἪ : 8 
ἈΦ Ή ı 
„77,.12 „ NAFEANe-: gegen IS NAFTAF: 


er ὦ ἃ 


14 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


(Guerrier S. 77, 2.12 ABC NAYFEANov-: gegen LS (AFTAUV 
0D* 
„s,.11 „ ΑΔ αν: gegen LS Ay 
Vav- ; (vgl. Kopt.) 
„82, .4 „ @BTNC:HRADF ı gegen L@ß7 
NC:HNZART : (ABC — Kopt.) 
S_ Br" ı RA”: 
» δ4,. 1... DNÖöN-an-: gegen L aA, heran»: 
(ABC — Kopt.) (S = ABC) 
und viele andere. 

Beispiele von Übereinstimmung der richtigeren Lesarten A 
und C gegenüber den weniger befriedigenden Varr. B und L: 
Gmerrier 8. 72,2. 2 AC @AWPPRZL: gegen LB DAPyE"-: 

(AC -- Kopt.) S— APPRL ı 
„9.9 „. NATA9T: Ar: (AC— Kopt.); anders 
LBS 
᾿ . ὃς 4 „ Amfiheao-: gegen BL βισηῇὴ βεσυ-: 
(AC — Kopt.) S= ὦ βισοὶ" ı 
Ν „64,.10 „ Ἀρρηδη" συ-:σορο ΒΑ, PP £Ynan-: 
(AC = Kopt.) S= ABAbT- ı 
„6%, ,.5 „ FwofAhrı gegen LB Δ ινΥ δὺ: S— 
ΤΟΥ ΔΎ : 
5 „15, δι, arMMEN: „ LBS DBNRA KH: 
A „76,28 „ Aa: gPhanz’z: gegen LBS AyPdan 
5%: (AC bestätigt durch 39, 3) 
„76, 9 gegen LB Ay: (AC bestätigt 
durch 39,5 ABC); S—= AC 
„40, . 1. ΡΜ: gegen LB 9Nn%F : (AC bestä- 
tigt durch alle 5 Hdschrr. 77, 4) S— 
AC, hier LB viell. ursprünglich. 
4 „82,. 4 „ $A9°7: LBS A,A9°7: (AC— Kopt.) 
89%. 6 .„ “ΔΉ: gegen BL uA,s1hh: (AC 
— Kopt.; BL haben eine Dittogr.) 
S— γ΄ ἢ : 
a „86, 2 „ Ar:AmMm.A:@A7: ml YP: gegen BL 
AM.A: Ar: a0lYP : (AC — Kopt.) 
S—AC usw. 

Was nun noch speziell die Stuttgarter Hdschr. anbetrifft, so 

geht aus der vorhergehenden Übersicht hervor, daß sie zu der 


Br N 
b: 

δι ἢ 
δ.» 


Die äthiopische Überlieferung. 15 


schlechteren Hdschrgruppe zu stellen ist, indem sie am nächsten 


sieh mit L berührt; aber eine noch größere Verwandtschaft zeigt 
sie mit Cod. Or. 795, den Guerrier, abgesehen von den in der 
- Einleitung $. 26f. angegebenen Varianten, für seine Textausgabe 
nieht verwertet hat. Dieses Verhältnis läßt sich jetzt auf Grund 
der von Wright (Catal. Nr. CCCLI) für das äthiopische Testa- 


mentum mitgeteilten Varianten durch Vergleich mit dem Texte 
des Testamentum in S über allen Zweifel sicher stellen; dadurch 
bietet S für andere Texte gewissermaßen einen Ersatz für den 
nicht verwerteten Cod. Or. 795. Zunächst führe ich die Fälle an, 
in denen S mit Or. 795 zusammengeht und den Lesarten in L 
gegenübersteht: 

S -α σε ı = Or. 795; L— 9% « Ralımani dama — 5 

„= @hhtCche ı — Or. 795; L— Ahtcher . Rahmani 

I υνυόδνο == L 


. = »} 1Ἵ» ı = Or. 795; L -- σ»}"917:» : (falsch!) Rahmani 
z2.N\hRKa — S 


B = PP ı — Or. 795; L= ΘΟ β Δ :. 


DI Or. 795 (PD; DL Pre 
-ΞΕὙΡ ı @ Re : — Οἵ. 795; L— bloß EYE? ». 
. -ε δοήγῇ : — Ir. 795; Le mid: 
. = @PaNhe®- ı —= Or. 795; L om.; Rahmani ς aa, A010 
= 8 
. = 0P.4.]101o®- : — Or. 795; L om.; Rahm. _aa\ δδυο 
== 8 


— ΘᾺ α ΠΆΩ υ- ı — Or. 795; 1 τα hard" ı Rahm. „use 


—8 

— — Or. 795; L= yFNA ı Rahmani = S — 
a hisorı 

8 fol.3 νι 1 (Wright, S. 270, Zeile 7 von unten) 


8 -α @h@-R3 ı — 0r. 795; L— Aanuf“ ı 


„= ΒΆΝ ı — Οὐ. 795; L= PAY, ı 


= ΤΆ 952. ı — Or. 79; L— FAFCH :. 


In der Überschrift des zwölften Abschnittes bei Rahmani: 


᾿ οὐρᾷ Neo ας, — Or. 795; L— Anett aot ε. 


An derselben Stelle einige Fälle von Übereinstimmung mit L 


gegenüber Or. 795: 


S om. @0P-57% ı — Rahmani. 


16 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


5 --- er s; L und Or. 795 — TEEN : Rahmani — 


— amade 
Due — : = L; Or. 795 — HAdAPo®- ; 
. Ξε A,P7 ı—L; 07.795 τὸ AP ı Rahmani = S — ἐξ 


- @% 6b ı = L; Or. 795 — @%°3% ı usw. 


Das sind meist Fälle wie S AdAWPa»- :, wo L gegenüber 
Or. 795 das Richtige bewahrt hat, aber es kommen auch um- 
gekehrte Fälle vor. Jedenfalls sind die Übereinstimmungen von 
S mit L viel seltener. 


Diese und zahlreiche andere Übereinstimmungen im ganzen 
Texte zwischen S und Or. 795 gegenüber L führen uns zur Ver- 
mutung, daß zwischen S und Or. 795 eine nähere Verwandtschaft 
vorliegt, daß aber auch L derselben Hdschrrgruppe zuzurechnen 
ist. Denn L, Or. 795 und S bieten nur zu oft. gemeinsame Lesarten 
gegenüber den Pariser Hdschrr. ABC. Wo aber gewöhnlich L 
das Falsche hat, da geht S zusammen mit ABC, häufiger bloß 
mit A und C, aber in diesen Fällen stimmt S, soweit man aus den 
wenigen bei Wright angegebenen Varr. von Or. 795 schließen kann, 
stets mit Or. 795 überein. Merkwürdig ist der in L vorkommende 
Schreibfehler @FYJı» » „und er war geduldig“ für @-fJw ı 
„und er wurde betastet“ (Wright, S. 270, Col. 2, Zeile 4). An 
sich ist dies keine Monstruosität; das % wird als unausge- 
sprochener Guttural ausgelassen oder manchmal viell, auch ein- 
geschoben. Aber in Or. 795 stand früher @P%Y7w» :, dann wurde 
das überflüssige % ausradiert und so das korrekte @-fJw» 1: er- 
halten. Diese eorrecte Form bietet S, ohne irgendwelche Spur von 
Verbesserung. Daß ein derartiger Schreibfehler unabhängig zwei 
Abschreibern unter die Feder geriet, ist wenig wahrscheinlich. 
Wahrscheinlicher ist es, daß L als Vorlage dem Kopisten des 
Or. 795 diente, welcher den Fehler zuerst abschrieb, dann aber 
das überflüssige % strich. Was S anbetrifft, so erlaubt das Nicht- 
vorkommen dieses Fehlers keinen Schluß über seine Beziehung 
zu L oder Or. 795. Einer Vermutung, daß Or. 795 als Vorlage 
dem S gedient hätte, stehen die Übereinstimmungen des $ mit L 
im Wege. Ein viel näherer Zusammenhang aber von S mit 
Or. 795 steht außer Zweifel. Zu beachten ist noch, daß sowohl 
L wie Or. 795 zu derselben Zeit verfertigt worden sind, nämlich‘ 
zwischen 1730—55 (vgl. Wright 275, Col.1 und 276, Col. 1), viel- 


leicht von demselben Abschreiber. Beide enthalten zum Teil 
dieselben Bücher: L den Rahmanischen Text, die beiden Guerrier- 
schen, den o@&,h2.: ἢ, TPM: „Das Buch des Senodos“ und die 
Didascalien, Or.795 bietet alle außer letzterem. Es sind alles Einzel- 
heiten, die die Vermutung, daß L als Vorlage für Or. 795 gedient 
hat, unterstützen. Von S unterscheiden sie sich beide in bezug 
Ä auf ihren Inhalt dadurch, daß S den Sinodos nicht enthält, dafür 
r den Faus Manfasäwi, der übrigens mit den Didascalien 
_ manchmal auch in anderen Häschrr. zusammengeht; vgl. Wright, 
Or. 752, Fol. 103a. 
Ganz anders sind die Copien der Pariser Bibliothek 51, 90, 199 
der Coll. d’Abbadie, welche weder Didascalien, noch Sinodos, 
noch den Faus Manfasäwi enthalten, insofern man nach den 
nieht sehr ausführlichen Angaben von d’Abbadie und Chaine 
in ihren Katalogen schließen kann. 
_ Wie sehon bemerkt, enthalten sämtliche Hdschrr., soweit sie 
jetzt bekannt sind, die beiden Texte in Verbindung mit der 
Bee Ühbsrseizung des von Rahmani aus dem Syrischen 
τὰ Testamentum Domini nostri, und zwar folgen 
sie unmittelbar der Übersetzung des Rahmanischen. Es wäre 
interessant, die arab. Hdschr. des Borgianischen Mus., die Rah- 
ni S. XIV erwähnt, genauer zu prüfen, ob nicht auch dort 
ein unserem von Guerrier abgedruckten äthiop. Text ent- 
Ἕ Inhalt vorhanden ist!. Jedenfalls scheint wenigstens 
‚der äthiop. Überlieferung ein engerer Zusammenhang zwischen 
allen —— dem Rahmanischen und dem ersten und zweiten 
‚ bestanden zu haben. Es ist zu bedauern, daß 
eier nicht mitteilt, ob die äthiop. Übersetzung des Rahmani- 
schen Textes mit den von ihm gedruckten Texten auch durch 
ndeine Übergangsformel verbunden ist, oder ob es einfach 
_ den abessinischen Copisten Usus geworden ist, dem Rah- 
nischen Text immer die beiden Guerrierschen folgen zu lassen, 
alle: drei viel Ähnliches und Gemeinsames besitzen; z. B. 
ießt sowohl der Rahmanische wie der zweite Guerriersche 
mit einer Beschreibung der Himmelfahrt Christi, nachdem 
Lehren und Prophezeiungen zu Ende geführt hat. Das 


- ἢ Einer andern Borgian. Häschr. sind entnommen die von I. und 
A. Perier in der Patrologia orient. Bd. 8, H. 4, 1912 veröffentlichten 
Canones Apostol., die mit unserem Texte nichts zu tun haben. 
nu U. "14: Schmidt-Wajnberg. 2 


18 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Zusammengehen der drei Texte im Äthiop. erlaubt dieselbe Tat- 
sache auch für das Syrische und Arab. zu vermuten, doch sagt 
Rahmani darüber nichts. In der von ihm seiner Ausgabe zu- 
grunde gelegten Mossulaner Hdsehr. scheint (mit Ausnahme von 
wenigen, von uns zum Vergleich herangezogenen Stellen) nichts 
dem Gwuerrierschen Text Entsprechendes vorhanden zu sein. 
Jedenfalls haben ursprünglich die drei Texte eine gesonderte 
Überlieferung gehabt, bis sie zu einem Ganzen in einem Sammel- 
buch vereinigt wurden. Der Archetypus im Äthiopischen läßt 
schon diese Zusammenstellung voraussetzen. Dagegen sprechen 
auch nicht die Varianten in den einzelnen Hdsehrr., aber das 
gegenseitige Verhältnis kann nur durch weiteres Studium der 
Hdschrr. selbst genau festgestellt werden. 

Was die Vorlage des Äthiopen betrifft, so vermutet — 
unter anderm die Möglichkeit einer Übersehrung aus dem Grie- 
ehischen auf Grund eines Verschreibens A7: für A%: im äth. 
Texte!, Übersetzungen unmittelbar aus dem Griechischen sind 
in der abess. Literatur wohl sehr selten, obwohl die Kenntnis 
des Griechischen nicht nur in älterer, vorchristlicher Zeit in 
Abessinien verbreitet war, sondern auch später, nach Islami- 
sierung des Ostens, den Mönchen nicht ganz abhanden gekom- 
men war, wie dies die in manchen äthiop. Hdschrr. vereinzelt 
vorkommenden Bruchstücke griechischer Gebete in äthiopischer 
Transeription beweisen. Guerrier vermutet in A7: das griech. 
ἐγώ; doch kann es auch einfach ein Verschreiben für A%: sein, 
ohne irgendwelchen Einfluß eines etwa dem Übersetzer vor- 
liegenden griechischen Originals zustande gekommen, da gerade 
ἢ und % sehr ähnlich sind, und es bedarf nur einer sehr ge- 
ringen Verlängerung des Horizontalstrichs in 4, um daraus ein 
7 entstehen zu lassen. Eine Verwechslung bis zur täuschenden 
Gleichheit beider Schriftzüge läßt sich unter der Feder solch 
fahrlässiger und sorgloser Abschreiber, wie die Copisten, welche 
unsere Mss. verfertigt haben, es gewesen sind, leicht denken. 
Daraus erklärt sich auch die Verwechslung von A und A, die 
in vielen anderen Stellen vorkommt. Angesichts des kopt, 
Textes von Schmidt und der Tatsache, daß die dem von Rah- 
mani herausgegebenen Texte entsprechende arab. Übersetzung, 


1) Var. B zu Guerrier 8. 73, Zeile 2 (s. u. Übers. 8, 98, Zeile 1). 


ἐ Die äthiopische Überlieferung. 19 


welche auch manche Stelle des ersten Guerrierschen Textes ent- 
hält (vgl. Rahmani, S. XIV), gleichfalls aus dem Κορέ. geflossen 
‚scheint es doch am wahrscheinlichsten zu sein, daß der äthiop. 
Text entweder aus dem Kopt. oder wie die Mehrheit der äthio- 
pischen Übersetzungsliteratur höchstwahrscheinlich aus der (jetzt 
nieht vorhandenen und unbekannten, falls sie nicht im Mus. 
Borg. vorliegt) arab. Übersetzung übertragen worden ist!. 

Der Text auf 5, 38, Zeile 11ff. entspricht zum Teil der 
Parallelstelle S. 76 ff, und ist einfach eine ungenaue Wieder- 
_ holung derselben. Wir machten uns diesen glücklichen Zufall 
χὰ Nutze und konnten auf diese Weise einige Winke für die 
——* eorreeterer, ursprünglicher Lesarten erhalten. 
Zum ersten Guerrierschen Text ist noch zu bemerken, daß 
er eine augenscheinlich originelle abessinische Schrift von ana- 
4 em Inhalt gibt, die bekannte &h4 : AP 
den: „Erklärung Jesu“ (hrsg. v.J. Wajnberg, St. Petersburg 1907); 
edoch lassen sich keine Beispiele finden für irgendwelchen 
Zusammenhang zwischen beiden Schriften, außer manchen land- 
läufigen und in der entsprechenden Literatur zu Gemeinplätzen 

gewordenen Ausdrücken und Bildern. 

Endlich sei noch bemerkt, daß die deutsche Übersetzung, die 
Fußnoten und die Einleitung von Herrn Prof. Schmidt durch- 


1) In diesem Zusammenhange verdient ein merkwürdiges Wort 
dem Anfang der äthiop. Version des Testamentum erwähnt zu 
werden. Dort steht in 8 αὐ δὴ . L und Or. 795 @F4.PA7 :, 
entsprechend dem syr. (Rahm. S. 2, Zeile 7) guahdrda „certiores 
᾿ς effeeti sumus“. Die Wurzel aber Z@A » hat nie im Geez die Be- 
- deutung von „überzeugen“, auch nicht in den neueren Dialekten, 
sondern immer „heilen“, was hier keinen richtigen Sinn gibt. Wie 

Ya —5 Übersetzer oder Abschreiber dazu gekommen ist, in einem 
— belegten und unbekannten Sinn ein Verbum zu benutzen, 
gerade mit der an derselben Stelle entsprechenden 
identisch ist, kann ich mir nicht erklären. Auch arab. 
Wurzel fws oder ähnl. mit der Bedeutung „über- 
kann entweder bloß ein grober und unerklärlicher 
oder aber ein Übertragen der syrischen Wurzel ins 
wenn —— die Vermutung einer Übersetzung des Testa- 
nt aus dem Syrischen ins Äthiopische zulässig wäre. Wir 
ıch diese Erörterung, weil der Ursprung der äthiop. Version 
les — 7— Textes mit derselben Frage bezüglich der beiden 
Guerrierschen Texte auch eng verbunden sein könnte, 


920 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gesehen und an zahlreichen Stellen verbessert worden sind; von 
ihm sind auch die Bibelzitate beigefügt. Noch will ich hinzufügen, 
daß die Übersetzung der Apokalypse, die ein viel späteres Pro- 
dukt und mit der sogenannten Epistola apostolorum in keinem 
ursprünglichen Zusammenhang stand, als Nachtrag am Schluß 
des Werkes gedruckt ist. 

Wir hoffen in absehbarer Zeit imstande zu sein, eine kri- 
tische Neuausgabe auch des äthiopischen Textes mit Benutzung 
der von Guerrier außer Acht gelassenen abessinischen und an- 
deren Hdschrr. folgen zu lassen. 


3. Die lateinische Überlieferung. 


Wie bereits in der Einleitung erwähnt, verdanken wir dieEnt- 
deekung einer lateinischen Übersetzung dem Scharfsinn von Herrn 


Dr. Bick, der mit bewunderungswürdiger Ausdauer den bisher 
niemals gelesenen Text so weit entziffert hat, daß eine Identifi- 
zierung möglich war. Dieser lateinische Text ist aufbewahrt in 
dem Palimpsesteodex Vindobonensis 16 olim Bobbiensis, den Bick 


in der oben angeführten Publieation eingehend beschrieben hat. | 
Es handelt sich leider nur um ein einziges Blatt (jetzt fol. 67); 


denn Herr v. Dobschütz konnte vermöge seiner ausgebreiteten 


Kenntnis der Apokryphen den Nachweis liefern, daß der auf 


den beiden ersten Seiten des Doppelblattes stehende Text (jetzt 
fol. 60) ein Stück der von ihm entdeckten sogenannten Revelatio 
Thomae enthalte. Auch ich hatte Herrn Biek gegenüber meine 
Zweifel an der Zusammengehörigkeit der beiden Texte geäußert; 
nur die nachdrückliche Betonung der Einheit von seiten des 
Herrn Biek ließ mich bestimmen, für die These der Zusammen- 
gehörigkeit einzutreten, zumal da die Bezeichnung Christi als 
pater omnium sich mit den christologischen Anschauungen der 
koptischen Schrift zu decken schien. Diese Stütze ist jetzt da- 
hingefallen, als es nach der neuesten Lesung ego sum pater 
omnium spirituum heißt, Das Einzelblatt hat nach den Angaben 
Bicks heute das Format 157 >< 215 mm, doch sind die Ränder 
stark beschnitten. Beschriftet ist jede Seite mit zwei Spalten 
von je 18 Zeilen, jede dieser durchschnittlich mit 15 Buch- 
staben. Die Schrift ist die schöne regelmäßige Unziale, die 
Dr. Bick dem. 5. Jahrhundert zuweisen möchte; Hauler scheint 


en 
πα σὰ ον δια νυν 4 & 


Die lateinische Überlieferung. 21 


eher auf das 6. Jahrhundert zu datieren. Auf jeder der 
n Verso-Seiten befindet sich die Überschrift: epistula, auf 
erem Blatte auf 67v; die Fortsetzung des Titels auf dem 
anderen Blattes fehlt infolge des Verlustes jenes 
Blattes, während die Überschrift auf fol. 60r durch Beschneiden 
des Randes weggefallen ist. So erweist sich das Doppelblatt 
Is ; das Anfangs- und Schlußblatt eines Quaternio der ursprüng- 
ehen Handschrift. Bick konnte nämlich auf fol. 67v die Qua- 
nionenzal vun oder va erkennen. Es ist also die mitt- 


j — οὐ αι S, 314 der ge zitierten Abhandlung 
' Wiener Studien, zum Abdruck; die 4 Spalten sind mit 


vi Fol. 67r, 
08 ı  (Qune il)le (manifes)- 
juo(d ve)re in —— (tavit sunt quae) di(eit) 
ire(xerat), ora(mus):? (nobis:) Dum yenio (per) 
ἘΠῚ 


(patrem omni)po/tente(m)) ? 
δ (transie)ns caelos, /sa)- 
(pientia ind)utu/s sulm)) 
(patris et t)um vir/tute) 
(spliritu)s san)e(ti pe)r yir- 
Kute(m)) 
(patris). Et (cora)m (arch)- 
w  <(angelis et) angelis p/er)- 
(trans)iens in simil(i)- 
(tudinem) effigies iKlo)- 
rum quasi unus ex (il)- 
lis vir(tutes) et pot(es)- 
.. 15  tgtes et prineipes (su(m)) 
6* (transgressus) e(t ei)- 
(us, qui me misit, p)os/se)- 
|, (di sapientiam). Ar/ch)- 


22 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


FAL, 
(ang)elus Michael et 1 
(G)abriel et Uriel et Ra- 
(f)ael palam comitati 
(s)unt mihi usque ad 
quintum caelum δ 
(p)utantes me esse unu(m) 
ex eis. Talis data est po- 
(t)estas mihi a patre 
et tune feci archan- 
gelos in stuporem 10 
voceis ducere® ipsos ad 
(a)ltareum ® patris” mei 
(s)ervientes et replen- 
(t)es ministratione(m), 
(u)sque quo irem ad eu(m); 16 
(s)ie feci per sapientia(m) 
(s)imilitudinis. Ego eni(m) 
(i)n omnibus omnia 


“vi.  Folom, 


fac/ultus sum, sim- 

ul ut voluntatem 

patris mei laudem, 

quia misit me iln]ta. An-!® 
no implente inter 
pentecosten et az- 

yma erit adventus 

patris mei. Nos aute(m) 


dieimus illi: D(o)m(in)e, qua 
do dicebas te nobis πῶ, ἐν 


venire? (Quomodo, 
ut dieis, qui te misit? 


Qui dieit nobis: Totus 


BE ν πιὰ ἡ - ΠΥ ν. 


ego in patre sum, Dieg!t % x 


illi: Quid est quod de- 
relinquis nos usque 

ad adventum tuu(m)? 
ubi autem possimus 


1) in... (ieg?)ne. — 2) r(oder n)esure..... o(oder e)ra... (3 oder 4 
Buchst., von denen der erste vielleicht auch t). — 3) Koder ΤΊ δ oder 
at)stor (oder p)um. — 4) nach 4—5 Zeichen essei (oder p)iunig.. (1-2 
Buchst.). — 5) Vielleicht am Ende der Zeile in mit 1 fg. Buchst. — 6) et 
(qui in me credunt). — 7) po (o eher als e). — 8) ducere (ob re in ns 
korr. ?). — 9) .ltareum (oder eat..). — 10) misit me (qu oder py)inta an 
(n oder b; gegen Zeilenschluß vielleicht 2—3 Buchstaben übergeschrieben); 
kaum für In{de) oder in(fr)a verschrieben. — 11) sieyt (t oder }, auch 


sum möglich) dico (oder uiso). 


Vorbemerkung. 


Ursprünglich sollte die Übersetzung des äthiopischen Textes 
von Wajnberg als besonderes Stück hinter der Übersetzung von 


Ko. gedruckt werden; wir haben uns jedoch, um dem Leser 
die Benutzung der ganzen Schrift zu erleichtern, entschlossen, 
beide Texte derartig drucken zu lassen, daß die parallel laufenden 


Stücke einander gegenüberstehen. — Die Entdeckung der Stutt- ῳ 
garter Handschrift, nachdem bereits der größte Teil der Über- 


setzung gesetzt war, zwang uns leider, um den Satz nicht völlig 


umzustossen,, eine Teilung der neu hinzukommenden Bemer-- 
kungen in der Weise vorzunehmen, daß die der Ausgabe γον. 
Guerrier entnommenen und im Apparat besprochenen B = 
kungen um die Varianten von S vermehrt, daß dagegen die τι 


Varianten von S allein in einer besonderen Rubrik zwischen 
den Zitaten und den textkritischen Bemerkungen eingeschoben 
wurden. Hoffentlich wird dadurch dem Leser keine 
Unbequemlichkeit bereitet. — Die im Apparat beig 


Zahlen beziehen sich bei den Zitaten und den Varianten von | = 
auf die Zahlzeilen, bei dem kritischen Apparat auf die Zahlen Bi 
im Texte. Ferner haben wir die Capiteleinteilung von Guerrier, 


obwohl sie sehr willkürlich ausgeführt ist, beibehalten, aber, 


da der apokalyptische Text besonders gedruckt ist, eine neue 
Numerierung der Capitel vorgenommen, jedoch die Zahlen von 
Guerrier in Klammern beigefügt. 


EEE WERTE LEN Μ 5 
De nl m π᾿ ΟΣ Ὄπ EN ἂν PU RT 


Äthiopisch 
— Cap. ı (12) Das Buch !, welches Jesus Christus seinen Jüngern 
offenbart? hat, und wie Jesus Christus das Buch wegen? des 
ep Collegiums der Apostel, der Jünger Jesu Christi, das Buch für* 
Alle, offenbart hat. Simon® und Cerinth, die falschen Apostel, 
über diejenigen | es geschrieben ward‘, damit sich niemand 
ihnen anhefte, denn es ist in ihnen eine List, mit welcher? sie die 


147 MC: ὦ : (Luh“ τὴ mamı ἃ 
ε τὰ ΤΥ Ἢ hehe ane u: Ὴ σοῦ, : „Das Ten 
ment, welches unser Herr Jesus Christus seinen Jüngern sagte und 
_ offenbarte und wie usw.* 2 add. AACAA,u ı post σὴ  ὴ : 
7 .. Christus seinen Jüngern ....“ 4 om. AfA» » „für Alle*, 
6 S das correctere ἢἢ » δῆ, 1} σθ- :, obwohl dem Sinn am genauesten 
- das erste von den beiden Worten in L, nämlich Aas®- » „in ihnen“, 
entsprechen würde; AdAW’a®- 1. ist vollkommen überflüssig. 


1) Com.se&hö4.: „das Buch“. 2) am hehe Ἀ ἢ 
Art: „welches Jesus ihnen offenbart hat“ oder viell. „wie Jes. Chr. 
seinen Jüngern das Buch offenbart hat und wie er...* 8) AC 
- baben nicht Ἀ 777 » „das (Buch) des Collegiums“, sondern QAYFF ı 
„das Buch wegen“ oder „in Sachen des Collegiums“, Diese letztere, 
von Guerrier nicht aufgenommene Bedeutung scheint die passendere 
zu sein, νοὶ] σο κ᾽ ἢ Ν 4: » „das Buch“ meines Wissens nie als Femininum 
vorkommt, A’3-f » ist aber Femininform des Relativpronomens. Doch 
vgl. unten PR'hA.T ı „ist geschrieben worden“ (Zeile 5) im Femin., 
falls es sich wirklich auf „das Buch“ bezieht. Vgl, folg. Note, 
4) Für ΔΎ 1 „das (Buch) der...“ haben AC yes „dieses ..... - 
Vgl. vorherg. Note, wo dasselbe Ἦ Ὑ ἢ » als unwahrscheinlich darge- 
stellt wird. 5) ABC haben AAYF = „.... wegen Simon und 
Cerinth .......“ Vgl beide vorherg Bemerkk. S AA, 4ΦΡὝ : mc. 
Fi: (mit Pausazeichen nach διῇ, 45: sic). Also einfach: „dies 
für Simon und Cerinth“. $AFFN : Qelentös erinnert etwas an 
mi: Qalömentös = Clemens. In BC wird Cerinth Φ Δ» 


ὦ 1: Qelönöthös, in Or. 795 ΦΩ͂ ἢ 1. Qirnöthös geschrieben. 


A om. FXMAVTOs ist geschrieben worden“. 7) Or. 795 hat 
HRPTFAP : „es kommt vor, daß sie (die Menschen) umbringen“, 
welche Variante aber ein Irrtum für AHRPFAPIa»- :) .ver- 


mittelst welcher sie usw. ....“. 


10 


28 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

Menschen zum Untergang bringen. (Das Buch ist geschrieben 
worden), damit ihr standhaft seiet, nicht wanket, nicht in Ver- 
wirrung kommet, nicht von dem Worte des Evangeliums ab- 
weichet!, das ihr gehört habt. Wie wir (es) gehört, im Gedächtnis 
behalten und für alle Welt aufgezeichnet haben. Wir empfehlen ? 
euch unsere Söhne und Töchter? in Freude, im Namen Gottes, 
des Vaters, des Herrschers der Welt! und Jesu Christi. Die 
Gnade mehre sich über? euch. 

Cap. 2 (13) (Wir) Johannes, Thomas, Petrus®, Andreas, 
Jacobus, Philippus, Bartholomaeus, Matthäus, Nathanael, Judas 
Zelotes und Cephas, wir schrieben an die Kirchen? des Ostens 
und Westens, Nordens und Südens (über Norden und Süden), 
indem wir euch verkünden und mitteilen, was unseren Herrn 
Jesum Christum betrifft, wie wir geschrieben haben(?)®, wie wir 
ihn hörten und berührten, nachdem er von den Toten aufer- 


2 Vgl. "hype τοῦ εὐαγγελίου Act. 15, 7. 3 vgl. 1. Joh. 1, 1. 
7 vgl. 1. Petr. 1,2; 2. Petr. 1,2. 14 1. Joh. 1,1; Job. 20, 27. 


S 11 @YZ2-N: „und Westen“, 14 nAJdgu-: „daß (oder 
>die<) wir ihn hörten“. 

1) C@TrFAfr : „und ihr abweichet“, ohne Negation, was aber 
syntaktisch dieselbe Bedeutung wie mit Negationspartikel gibt. 2) AC 
haben A949 Tpo0- : „wir haben euch empfohlen“, BLS A 
ὨἨ-Ὦσν- : „ich habe euch empfohlen“. 3) Oder, wenn das übliche 
Vokativzeichen 4} ausgelassen, „wir empfehlen euch (seil. der Gnade 
Gottes), o unsere Söhne und Töchter“, 4) AC om. ἈΠ: „des 
Vaters“. ABCS fügen "δε: vor YA9®: hinzu: „des Herrschers 
der ganzen Welt“. 5) BeyhnANne»-: „zwischen, unter euch“. 
6) Or. 795 σα), PEH: ὦ σὴ : und Petrus und Qömäs (Thomas). 
S Δ τ Phi: κι σὴ το... φιλὶ τ... ἢ τ gr 
»A: #59, τ DPU-A : ΟἾ,4. τ ΠΆΛΗ : „wir Johannes, 
Thomas .... Philippus .... Matthäus und Nathanael Zelotes und 
Jehuda und Cephas, die wir schrieben ete... .“ 7) ABCS sing, 
Abt: nCAt:PY: „an die Kirche“. 8) Chat @CA 7: Ah: 
„wie wir gesehen haben, schrieben wir“. Abweichend von Guerrier 
wird @A7dTU-: „und wir haben ihn gehört“ auf Jesum bezogen, 
wie das (in C) vorhergehende (δ. : (wir haben gesehen) und das 
folgende ρῶν: (wir haben ihn berührt). Mit Rücksicht auf 
1. Joh. 1,1 ὃ ἀκηκόαμεν..... ὃ ἐϑεασάμεϑα καὶ al χεῖρες ἡμῶν ἐψηλά- 
φησαν scheint die Variante C "richtig zu sein. Auch scheint der ganze 
Satz enger verbunden werden zu müssen, als es durch den Punkt in „.... 
nous avons entendu. Nous l’avons touch&....* bei Guerrier geschieht. 


— 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 91 


; Äthiopisch 
‚standen war, — und wie er uns Großartiges, Staunenerregendes 
und Wirkliches offenbart hat. 
Cap. 3 (14) Das wissen wir': unser Herr und unser Erlöser? 
(ist) Jesus Christus, Gott’, des Gottes Sohn, welcher von Gott 
gesandt ward, dem (der) Herrscher der ganzen Welt, dem (der) 
 Schaffer und Schöpfer, der mit allen Namen genannt wird #, der 
über sämtliche Mächte (hoch dasteht), dem Herrn (der H.) der 
Herren und Könige (König) der Könige, dem Gewaltigen ® (der 
Gew.) der Gewaltigen, dem Himmlischen (der H.), der über den 
3 » Cherubim und Seraphim ® (thront) und zur Rechten des Thrones 
- des Vaters sitzt”, der durch sein Wort den Himmeln (zu werden 
befahl), die Erde schuf und was in (auf) ihr ist, und dem Meere 
Grenzen bestimmte, damit* es (ihre Grenzen) nicht überschreite; 
‚der Abgründe (Wasserabgründe) und Quellen (schuf), damit 
‚sie über die Erde? rieselnd dahinfließen; der Tag und Nacht, 
"Sonne und | Mond !* gründete!! und die Gestirne am Himmel; 


-- 


6 vgl. Phil. 2,9. 8 1.Tim, 6, 15; Apoe. 17,14; 19, 16, 9 ναὶ 
Ὁ Ῥϑκηϊοῖ 8, δά. 10 vgl. Matih. 22, 44; 26,64; Marc. 16, 19; Act. 2, 83, 
-Hebr. 1,3: 8,1; 12,2 — Apost. Symbol. 12 vgl. Gen. 1, 1. 13 vgl. 
Gen. 1,9; Hiob 38, 10. 11; 1. Clem. 30, 6. 7. 15 vgl. 1. Clem. 20, 5. 
a θα. 1,5; 1. Clem.%,2. 16 vgl. Gen. 1, 16; 1. Clem. 90, 8. 


ΑΝ 8 8 S hat nach U ᾽ » Pausazeichen, auch fehlt 3A9°C : „wir 
— Es gehört somit ΝΎ *xum Ende des vorhergehenden 
Absatzes: „und wie er uns dies Großartige .... . offenbart hat. 
Unser Herr uw“ 7 aAdAr : aber 13 A,TT9R.0- : 
— überschreite“. 


| * A hat ANA: nach 3A9°C.ı „das wissen wir: 
‚Gott, unser Ἔχ 2) AC om. ον : „und 
unser a "9 In CS fehlt richtigerweise A dl: 
„Gott“. Das Attribut AM.AnNdh.l ı bezeichnet Gott den Vater 
und darf dem Sohne nicht beigelegt werden. 4) Guerrier anders: 
„dont le vr —— par tous les ötres“. 5) Or. 795 das 
 Fichtigere : Gewaltigen. 6) A om. Divi-d, A: und 
Seraphim. 7) Bezieht sich auf Jesum, während die vorhergehenden 

 nachfol Attribute auf Gott den Schöpfer abzielen. Beides 

hier unklar und verwischt. 8) ACom. ee: damit. 9) C om. 
Bent — 10) Jahr und Monat? 11) C om. 


5 


10 


98 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

der das Licht und die Finsternis trennte, die Hölle ins Sein 
hervorrief und im Augenblick den Regen im Winter, Nebel! 
und Hagel und Eis ordnet, und die Tage zu ihren jeweiligen 
Zeiten; der (die Erde??) erschüttert und (wiederum) befestigt; 
der die Menschen nach seinem Bild und Gestalt geschaffen und 
mit den alten Vätern und Propheten in Gleichnissen sprach® und 
in Wahrheit (in Wirklichkeit); von dem die Apostel predigten 
und den die Jünger berührten. Gott, der Herr, der Sohn 
Gottes, wir glauben, daß er das Fleisch gewordene Wort® ist, 
in Mariä, der heiligen Jungfrau®, Leib? getragen, vom heiligen 
Geist, nicht aber durch fleischliche Lust, sondern durch® den 
Willen Gottes, erzeugt, in Bethlehem eingewickelt und offenbart?, 

erzogen und reif geworden, indem wir (es) sahen. 


3 Vgl. Gen. 1, 14. 5 vgl. Gen. 1,4. 4 vgl. 1. Clem. 20,9. 
6 vgl. Gen. 1, 26. 7 vgl. Hebr. 1,1. 8 vgl. Joh. 20, 27; 1. Joh. 1,1. 
10 vgl. Joh. 1,14. 11 vgl. Matth. 1,20; Luc. 1,35 — Apostol. Symbol. 
12 vgl. Luc. 2,7. 


S 1 S das gramm. correctere Y7Yyao :. 6 @hPCPT : 
ΠΟ. 1 „.... in Gleichnissen sprach, und von dem die Apostel in 


Wahrheit (Wirklichkeit) predigten ...... εἰ 18 S correct @F 
hör : „erzogen“. 
1) Schnee? 2) Das Objektwort „Erde“ fehlt im Text. 


3) AC: DNFN,.PT:, Ο: Py74: „es ist gesagt worden“. Wenn wir 
die letzte Variante berücksichtigen, so müssen wir abweichend von 
Guerrier übersetzen „und durch die alten Väter und Propheten ist 
es verkündigt (gesagt) worden“. Dies scheint auch sonst passend, 
da die Präposition fl im Athiop. meines Wissens nie in der Be- 
deutung „mit jemandem“ in bezug auf Menschen gebraucht wird, 
oft aber nach 175]: „ward gesprochen“ den Vermittler, den göttlichen 
porte-parole bezeichnet. 4) A om. A’M,A: der Herr. 5) AC 
APPA : „von der Stimme“, vgl. folg. Noten. 6) Im Texte 
„von der heil. Jungfrau“, vgl. vorherg. u. nachf. Note. 5 σή θφο: 
pP-": 2-77 A: „von Maria, ἃ. heil. Jungfrau“, )Amfhırt: 
749% ı „in ihrem Leibe“. C A0949G : „von ihrem Leibe“, Zu 
diesem „von“ vgl. vorherg. Noten über diese in dem Satze einigemal 
notwendiger- oder überflüssiger Weise vorkommende Präpos.; wahr- 
scheinlich eine Dittographie. 8) CAP 4:7. 6})}" : von dem Willen, 
vgl. vorherg. Noten 9) ACom. 8 Y@-P : „und er ward offen- 
bart“. Anstatt dieses Wortes haben AC BP FPfA: „er wird 
getötet“, 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 29 


ἢ: Äthiopisch 

Cap. 4(15) Dies tat unser Herr! Jesus Christus, welcher 
von Joseph und Maria, seiner Mutter, in die Lehre geschickt 
worden war?, Und als derjenige, der ihn lehrte, ihm sagte ®: 
sprich „Alpha“, da antwortete erund sprach: „du sage mir zuerst, 
5 was Böta ist“. Diese Tatsache, die da geschehen, ist wahr- 

 haftig und wirklich ®. 

Cap. 5 (16) Darauf geschah eine Hochzeit in Kana von 
Galiläa. Und man lud ihn ein mit seiner Mutter und seinen 


5 vgl. Er. Thomae 6,3; 14,2 — Pseudo-Matth., Er. infant. 38,1 — 

Iren. c.h.1,20,1. 8 vgl. Joh. 2,1. Hier werden zu den Eingeladenen 
auch die Brüder gerechnet. Wellhausen, Job. Kommentar 8. 13 hat auf 
Grund von Vs. 12 dies für den ursprünglichen Text erklärt, 


m x s 2 {11 „um zu lernen“, 3 @UPrTLUCP : „und 
die ihn lehrten ....“ 4 ohne: —* 


οτος ΤΑΉΦ', ΕΙΣ ΊἽ ᾽,.. dieser unser Herr“ oder viell.*ya 
REı ÄAM.NH: „derjenige, welcher (ist) unser Herr“. S ayyFı 
ML ı Mark ı usw. „Und dieses tat derjenige, welcher ist (od. 
—— unser“) unser Herrete.“ 2) Aom. θά, ı (das Buch) und 
hat bloB HRYPUC ». Der Text lautet hier wörtlich: „welcher. ....... 
geschickt worden war, wo er das Buch (A om.) lernen könnte, und der 
ΝΗ; ..-.. ‘* 8) Com. A7N:2ZUC : „indem er ihn 
_ lehrte*. Im Text: „und derjenige, der ihn lehrte, sagte ihm, indem er 
- Ahn lehrte‘ (letzteres om. C). S om. A391: BLUE + (die 
beiden letzt. Worte fehlen auch in C) == „sagte ihm, indem er ihn 
᾿ς Jehrte“. Das Überspringen in S erklärt sich durch die Identität der 
beiden BF.UE ». 4) Bedeutung nur annähernd. DAYPy: ist 
unverständlich; und außerdem scheint mit Hinblick auf den Akkusativ 
des διῶ der ganze Satz eine Kontamination oder Ana- 
koluth von zwei Konstruktionen zu sein: „er (Jesus) hat diese wahr- 
'haftige und wirkliche Tatsache geleistet“ und „wahrhaftig und wirklich 
ist die Sache da, die geschehen ist“. Am besten würden wir den 
ganzen Satz zu der folgenden Erzühlung von der Hochzeit in Kana 
als deren Überschrift ziehen. Ο hat ΩΝ αν». YArYF : etc. „oder 
‚aber folgende wahrhaftige usw.“ Letztere Lesart scheint dem Sinn 
besser zu entsprechen und darauf hinzuweisen, daß der ganze Satz 
eine Überschrift der darauf folgenden Erzählung des Wunders von 
Kana ist. 5 DAN: ΠᾺ 70: Οὐ δι : NIC: MIN: viel. — 
‚und darauf in Wirklichkeit und wahr ist die Tatsache, welche 
vollzog“ (gehört natürlich zum folgenden Wunder der Kana- 
hochzeit). Der Accus. @YA@ » wird viell. dadurch erklärt, daß 
GUAD : (wie auch ἢ ΟῚ 1 Nominalprädikate zu einem zu er- 
 gänzenden a} » oder &yam-"} : („war“ oder „ist“) sind. 


30 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Brüdern. Und er verwandelte Wasser in Wein. Er rief die 
Toten zurück ins Leben und den Lahmen befahl er zu gehen, 
Demjenigen, dem die Hand verdorrt war, streckte er sie aus, und 
die Frau!, die bereits zwölf Jahre an Monatsfluß litt, berührte 
5 den Saum seines Kleides und ward zur selben Stunde genesen, 
Und indem wir über das Wunder, das er vollbracht, dachten 
und staunten, sprach er: wer hat mich berührt? Da sagten wir: 
das Menschengewühl hat dich berührt, Herr! Er aber erwiderte 
und sagte uns: ich erkenne, daß eine Kraft | von mir? ausge- 
10 gangen ist. Zu dieser Stunde trat jenes Weib vor ihn, sagte 
ihm® und sprach: Ὁ Herr, ich habe dich berührt. Und er 
antwortete und sprach zu ihr: geh, dein Glaube hat dich geheilt! 
Darauf? machte er die Tauben hören und die Blinden sehen; 
aus den (von Geistern Gequälten) vertrieb er die (sie plagenden) 
15 Unholde und die Aussätzigen reinigte er. Der in einem Manne® 
(innewohnende) Geist, (dessen Name) Legion (war), schrie Jesu 
entgegen und sagte: ehe die Zeit unseres Untergangs gekommen 
ist, bist du gekommen, um uns zu vertreiben®. Jesus, der Herr, 
schalt ihn aber und sprach: geh von diesem Manne heraus, ohne? 


2 vgl. Luc. 7, 14.15; 8, 498; Mare, 5, 35#f.; Joh, 11, 398, — vgl. 
Matth. 9, 2ff.; Marc. 2, 3ff, 3 Matth. 12, 13ff.; Mare. 3, 1ff.; Luc. 6, 10#. 
5 Luc. 8,43#.; Mare; ὅδ, 25 δ; Matth. 9, 208, 18 Vgl. Matth. 11,5; 
Luc. 7, 22, 14 vgl. Matth. 4, 25; 8, 16. 16 Mare, 5, 2#.; Luc. 8, 27#.; 
Matth. 8, 28. ; 


5. 2 DA97.% 2 2AR : βιάκα : ang etc. „und dem 
Lahmen befahl er zu gehen. Derjenige... usw“. 6 Ybh,: Bed. 
dass. 8. Ἰα: ἢ : ANA: ΟΊ» ἢ : mAnd.h : „die Leute 
haben dich gedrängt und angetastet und berührt“. 11 Jw re : 
„ich habe berührt“. 


1) Aadd.oANAAT:AFT: BDO hN: PP νον 7171 : NR: 
„und die Frau, welcher das Blut floß (welche ...... an Monatsfluß 
litt)“. 2) ACS APAdA,P : von mir hinunter; B AdA»P : über mir. 
3) AC om. DAD-/hF: „und sie sprach ihn an (antwortete 
ihm)“. 4) C om. @AYPH : „darauf“. Also: „die Tauben machte 
er hören usw.“. 5) HN: NAA, : wahrscheinlich statt ΠῚ 
Al: 6) C ΦΗΣῚ : um uns zu vertilgen. 7) Im Text 
AFH: AAN: HTANP:: „indem du ihm irgendetwas nicht an- 
richtest“. C hat YAFNA : TANP-: „ohne daß du ihm etwas an- 
richtest“. 


ΝΣ δ οὐ, νον 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 31 


Äthiopisch 
FE Unheil anzarichten !, Und (jener) ging? in die Säne hinein 
und ertränkte sie im Wasser, und sie wurden erstickt. 
ei Darauf ging er (einst) auf die See, und es bliesen ? die Winde. 
Und er schrie sie an, und es wurden die Meereswogen sanft *, 
5 Und als wir, seine Jünger, kein Geld hatten, fragten wir ihn ὃ: 
was sollen wir wegen des Steuereinnehmers? Und er sagte uns 
_ und antwortete: laß einer von euch die Angel® in die Tiefe 
werfen und einen Fisch hervorbringen, und er wird in seinem 
Innern einen Denar finden; den gebet dem Steuereinnehmer für 
106 mich und euch. Als wir darauf kein Brot hatten, nur bloß 
fünf Laibe und zwei Fische, da befahl er den Leuten sich hin- 
ο΄ zuseizen, und es war ihre Zahl fünf Tausend außer Kindern und 
- Frauen. Diesen legten wir Brotschnitte vor, und sie aßen und 
_ wurden satt, und es blieb noch übrig, und wir räumten zwölf 
5 volle Körbe Brotschnitte ab, indem wir uns einander fragten 


ν ei 3 Mare. 4, 35 δ᾽; Luc. 8, 22 δ΄; Matth. 8, 23, 10 Matth. 17, 248. 
15 Matth. 14, 118; Marc. 0, 886; Joh. 6, Of. 


02 Kom Al ı „Wasser. 5 366: „Geld“, wenig correeter 
Nominat. ul „wegen der — — 
- 8 @UMNP . correct: „und gebet ihn“. HA,P » „für den 
Herrn“ statt yA,rtı “far mich“. In ER Ener - aan 
der vorletzten —— „und 2 Fische“, καὶ ν ἐν 
„er befahl“ statt mh“ :. Δ Εν Ant » „diesen legten 

wir Brot vor, nachdem wir es zerschnitten“, De ΡΟ in 
den anderen Mss. könnte auch Dittographie des in der nächsten 
Zeile folgenden ἡ 4:7" ı sein. 


1) Hier fügen AC hinzu σοῖο (C αν.) : ah : 
95%: „und es ging (C es gingen) jener Geist hinaus“, welcher Satz 
im Text ausgelassen zu sein scheint. 2) C @nh-: und sie gingen 
hinein. — A fügt hinzu ΔΗ, ΚΓ » „alsdann“ (und sie gingen alsdann 

die Säue hinein. 3) A add. δδῆ, : nach s „und es 
die Winde über ihm“. 4) BCS ı „and er beruhigte 
Meereswogen“. δ) ABCS add. A,P: ὁ Herr (was sollen wir 
— 6) Im Texte stehen für Angel zwei Synonyme: 
Ppyı und epPaCcH ı AY3PC τ, welch letzteres Guerrier für 
eine Marginalglosse des Abschreibers hält. In dem AFPC : ver- 
mutet Guerrier das griech ἄγκυρα. Vel. Dillmann, Lexic. Aethiop. 
: Zusammenstellung mit 3B&/ „ausgestochen sein“ ‚ hebr. 9% 
μὰν Stelle wird daselbst 5. v. στρ PP’ 3 angeführt. 


32 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
und sprachen!: „was ist denn mit diesen fünf Brotlaiben?* Dies 
ist? das Sinnbild unseres Glaubens an das große Christentum ® und 
dies — an den Vater, den Herrscher des Weltalls, und an Jesum 
Christum, | unseren Erlöser°, an den heiligen Geist, den Paraklet®, 
5 an die heilige Kirche und an die Vergebung der Sünden. 

Cap. 6 (17) Dies offenbarte uns unser Herr und Erlöser und 

belehrte uns. Wir aber tun es wie er’, damit® ihr an der 


Ss 2 yepyaTy : „unseres Glaubens“. 4 8. correcter 
DYEN: EN » „und an den Geist, den Paraklet“, 

5 4). θ577 » etc. „und die Vergebung“. 7 @anyLy: „und be 
lehrte uns“ für D@Aan/2y — ΥὟ, τ. 


1) A om. @YNA : „und wir sprachen“, 2) A om. NA: 
dies ist, 5 @N@a-Ar : „und dies ist“ 3) ABC HCHEPYF : 
„Christen“ für ἨὨΓΩ ΤΑ : „Christentum“. Da aber im Satz Na» 
hr: Ava: ALFA: Narr: HR ε ὨΓΩΊ: ΘΚ auch 
in ABC das Adjektiv 901. &s im Sing. „gross“, unverändert bleibt, 
was keinen befriedigenden Sinn gibt, so müssen wir vielleicht den 
Stat. constr. Yf},@ vermuten; es würde dann heißen: „dies ist das 
Sinnbild unseres Glaubens an den Großen (d.h. etwa „den Herrn“) der 
Christen“, Vgl. den Parallelismus im folgenden Satze „und dies — an 


Ak, Herrscher des Weltalls“, 4) A om. AAN: „an den 
Vater“. 5) AC om. στρ θυ ἡ : „unsern Erlöser“. 6) ABC 
om. ἄ ζει Ῥ στὴ : „den Paraklet“, 7) ABCS add. Adam ı 


„euch“ vor 700: „wir aber tun es euch wie er, damit „.....“ 
8) Im Text wörtlich: „damit ihr Genossen (Mitteilnehmer) werdet 


Äthiopisch Ur 

Cap. 7 (18) Cerinth und Simon sind gekommen!, um die 
Welt durchzuwandern®?. Sie sind die Gegner des Herrn® Jesu 
Christi, sie, die in der Wirklichkeit diejenigen verführen, die 


Sı $eFFN: ἡ, 40: „Cerinth, Simon“. 


1) Im Text @Z'A« : „sind ausgegangen“. Mit Rücksicht aber auf 
das kopt. aveı muß hier enfh.: gestanden haben = „sie sind ge- 
kommen“ (so übersetzt auch Schmidt). Die Verschreibung @ für eo 
ist in den äthiop. Handschrr. überaus häufig. 2) Im Text BB: 
— „damit sie herumwandern, herumkreisen*. Im kopt. Text fehlt 

. hier das entsprechende Verbum, welches aber unzweifelhaft dieselbe 
Bedeutung gehabt zu haben scheint. 3) B om. ANMAN 
dl: Gottes. Dieses Wort als Attribut Jesu wäre wirklich über 
flüssig, da es im Äthiop. nur auf Gott, den Vater, bezogen wir, 
obgleich ein Schwanken in Bezug auf die Scheidung der Attribute 


ο΄] Äthiopisch 

Gnade unseres Herrn, unserem Gottesdienste und unseren Lob- 
teilnehmet, indem ihr an das ewige Leben denket. 
Seid fest und wanket nicht in der Erkenntnis und in der Er- 
 gründung unseres Herrn! Jesu Christi, und er wird Gnade 
5 tun? und (euch) retten immerdar und ewiglich®, bis in die Un- 
; zaumbkeil. 


s 4 αὐθιν" δι „und er wird Gnade tun“, 


der Gnade unseres Herrn usw.“ Guerrier übersetzt: afin que vous 
deveniez (nos) compagnons par la gräce du Seigneur“. Wir wür- 
‚den aber in diesem Falle eher die Form Arf4.2% : erwarten. ob- 
gleich die Präposition [ἢ in (3.23.5 1 für Guerrier's Auffassung spricht; 
vgl. auch C Mey: „unsere Genossenschaft, unsere Genossen“, 
ΙΒ hat ἡς.2.}. — „begründet“ (auf der Gnade Gottes begründet, 
— fest stehend fußend). S u=4.2.4 ı = B, aber correcte 
Form. S amaAıhhT? : anche : „unser Gottesdienst und 
eo m. Amcht Herrn“. 8. AMyh ı „des 
Be om, : == „unseres Herrn“. δὰ 
Herrn“, 2) AC add. BRPUC: ((ür ὦ en, „damit 


Ahle 3 lautähnlich, der grammatischen Form aber wegen nur == „und 
Ir 


- der Welt, bis zur endlichen Welt“; vgl. Matth. 28, 20. S AYAes » 
YA9° ı „ewig und immerdar“. 


Koptisch 


wanennnnenn 4 Blltfchlen ann · 4*2** 


τς (®) 
δ a. und Simon sind gekommen, um (zu wandeln) 
in der Welt (xöauos). Diese aber (δέ) sind (Feinde) 
unseres Herrn Jesu Christi, denn sie verkehren die (Worte) 


* "ἢ Dem Abschreiber war der Name des Cerinth {Κήρινϑος) un- 
en. — Auf Grund des aeth. ze „um die Welt zu durch- 


* ist an Jesum Christum, — aber der Ausdruck „ — 
n die Tat* scheint mir wenig passend. Guerrier übersetzt: qui 
T. u. U, 14: Schmidt-Wajnderg. 3 


34 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
an das wahre Wort und an die Tat!, das ist an Jesum Christum 
glauben. Habt also Acht und hütet euch vor ihnen, denn? 
Schmerz und Schmutz und Tod wird das πάρ des Verderbens 
und des Gerichtes sein. 


Cap. 8 (19) Wir haben nun also nicht gezögert mit dem 
wahren Zeugnis von unserem Herrn Jesu Christo!, Und in 


S 3 7h099° : oP7 : DEN: „Schmerz und Tod und Schmutz 
(Befleckung)*. 5 8. hat statt A, 1 ἐν ἢ δον : das leicht verwechsel- 
bare A, they: „Wir haben nun also nicht für geringfügig ge- 
achtet“, — NAT : ΗΠ Δι» ı etc. „wegen des wahren (wirk- 
lichen) usw.“ 


und Benennungen des Vaters und des Sohnes Gottes in der äthiop. 
Literatur gar nicht so selten ist. Die Var. B gibt aber keinen 
Sinn, weil sie das vorhergehende 9%. : „sein Feind“ unverändert läßt, 
und ein 9% : A PA : nCHPH: für 92: Ἀιθ (ἢ ν nch®n: 


oder etwa ἔθ. : AA PFh-A : nChFN: „der Feind Jesu Christi” ist 
unmöglich. Das Kopt. hat hier (1, 3) niizacıc, was ein äthiop. 


ΔΆ ἢ 7: oder *AN,Ay: vermuten läßt, 8 —9 — hr nt 


MA: NCHN: Are τ 0% τ συ. τ HA: Ban ἂν 
etc, „Unserem Herrn Jesu Christo sind sie Feinde, sie, die,.... os 
führen usw. ....“ 8. entspricht also unserer Vermutung eines AA 


Ἵ ἈΥ τ. 


1) Der kopt. Text und Schmidt’s Übersetzung weichen hier vom 
Äthiop. ab. Guerrier übersetzt: eux qui detourneront reellement ceux 
qui eroyaient au Verbe veritable et à ses oeuvres,. Das entspricht un- 
gefähr der äthiop. Version. Das Kopt. in Schmidt’s Übersetzung lautet: 
„denn sie verkehren die (Worte) und den Gegenstand“. Das äthiop. 
βισυ ,PP av- : (in Guerrier's Textausgabe) könnte ganz gut auch „ver- 


kehren“ bedeuten. Aber die Worte δ ἃ : A’ :— „die da glauben“ 
sind mit dem Koptischen nicht in Einklang zu bringen. Vielleicht 


wäre es besser, im Kopt. für das nur vermutete Ainmelse aba] 
eine andere Conjectur anzusetzen, denn gerade an dieser Stelle 
könnte gut etwas dem äthiop, Ah : 957. : Entsprechendes gestan- 
den haben. 5 HA737 : PA : () 9595] (1 : „an das wahre Wort 


und (die wahre) Tat“. Oder soll ἢ) 2.49" : zu ἢ, 95 7- : — 
„die an die Wirklichkeit glauben, an das wahre Wort..... 


2) AC add. Nav- : „durch sie“, also: „denn durch sie wird He 
usw. του wie im Kopt, (1, 6) orm10r vap [eqleoon προρηΐ 
πρητον — weil nämlich Tod sich befindet in ihnen (Schmidt). Also 
vielleicht besser mit dem kopt. ἢ σθες „in ihnen“, als mit Guerrier 
— dureh sie (par eux). 3) Guerrier — la fin de la perdition..... 


— 


BE —— 


wir 


το Koptisch 

! ‚den Gegenstand, d. h. Jesum Christum. (Ihr) nun 
haltet euch ferne von diesen, weil nämlich (γάρ) Tod 

befindet in ihnen und große (Befleckung) 

(und) Verderben, diesen, denen das Gericht (χρίσις) zuteil werden 
wird (und das) 

Ende und das Verlorensein ewiglich. Deswegen 
‚haben wir nicht gezögert euch zu schreiben in betreff des Zeug- 
τ΄ isses (μαρτυρία) 

en unserm Erlöser (σωτήρ), Christus, was er getan hat, während 
| wir r ihn (beständig) begleiteten, 


5 Rom 1. ἐχχλίνατε da’ αὐτῶν; Ignat. ad Trall. 7,1: φυλάτ- 
οὖν τοὺς τοιούτους — ibid. ad Smyrn. 7, 2. πρέπον οὖν ἐστὶν ἀπί- 
een. 6 ναὶ. Igmat, ad Trall. 11,1: φεύγετε οὖν τὰς 
— ——— τὰς γεννώσας χαρπὸν θανατηφόρον, οὗ ἐὰν γεύσηταί 
zap' αὐτὰ ἀποϑνήσχει. 10 vgl. Act, 1,21. 


n ee en. u oeuvres, c’est-ü-dire ἃ Jesus 
a m. Sinn geändert. Die Ergänzung 

von ππμιεῖπε! ist nicht zu bezweifeln. Das koptische Wort φωὲ 

ist vieldeutig, kann auch „Tat* neben „Sache, Gegenstand“ be- 


Letzteres scheint dem sn. des Satzes zu widersprechen. Schmidt's 
Conjectur üz|ug]se wird somit durch die äthiop. Version (CHA 
; Schmutz‘‘) gerechtfertigt, obwohl das Kopt. und das Äthiop. in 
Satz wenig übereinstimmen. Für As®-A%G : wäre vielleicht 
* ae „und Verderben“ zu vermuten (vgl. das kopt. 
die Guerrier'sche als meine Übersetzung scheinen nicht das 
—— — ———— 
' zu enthalten scheint. LAG: AN: m 4 „das 
e des Verderbens und des Gerichts“ (2), oder — Ver- 
en und — 4) Der äthiop, Variante B und Ὁ Dao 
4: „und unserem Erlöser“ neben AAnn. Δ » „unserem Herrn“ 
ht das koptische iinicop. Am nächsten steht dem Kop- 
n B, Am 3: an erster Stelle steht. S 99: Am 
: ὕτῃ IN » „Zeugnis von unserem Er- 
er und unserem Herrn. Und in betreff dessen usw. . 


diesem 
üireno, ganze Satz ist im Äthiop. corrumpiert, und 


3" 


οι 


36 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
betreff dessen, was unser Herr getan hat, indem wir es sahen, 
und wie er immer unsere Gedanken uns erklärte ....!. 

Cap. 9 (20) Wir legen Zeugnis ab und das wissen wir®, 
daß er gekreuzigt ward in den Tagen des Pilatus Pontius und 
Archelaos? des Fürsten, daß er inmitten der zwei Räuber ge- 
kreuzigt ward, und mit ihnen zugleich? nahm man ihn vom 
Holze des Kreuzes herab, und er ward in einem Orte, dessen 
Namen war Kranion (Karändjö) begraben®. Wohin sich drei 


S 4 3m. Pontius. 8 Mall: bestätigt das Ari] ı 
in L, welches wahrsch. statt (J’}} » „wohin“ steht. Vgl. A “ῇ :. 


— ινδὴ : ΑΎΣΪΝΤ : „drei Frauen“, 


1) Die Stelle ist dunkel, und wir möchten sie jedenfalls anders wie 
Guerrier übersetzen. Erstens faßt Guerrier im äthiop. Texte (8, 193, 
2.8) Η διά, : für das Verbum HAA. : „corrigere“, Schon der Unter- 
schied des Mittelvokals spricht dagegen; außerdem paßt dazu nicht 
das kopt. encant ποωΐ (bei Schmidt übersetzt: „während wir ihn 
beständig begleiteten“). HAA. könnte einfach das Adverbium 
HAA. „continuo, perpetuo“ sein. In Verbindung mit dem im Text 
fälschlich mit 74A,: verbundenen YA@-%: würde es den Sinn 
ergeben: „während wir beständig mit ihm waren“ (AFH : δα : 
gPndU-:). Letzteres PAAMU-: entnehmen wir der Variante C. 
Das 7A, : ist ja überhaupt unsicher (vgl. 744, in L). Der 
allgemeine Sinn des Absatzes wäre dann: „Und in betreff dessen, 
was unser Herr getan hat, während wir ihn beständig begleiteten, 
und wie er uns unsere Gedanken erklärte“. Ungefähr dasselbe 
bieten auch die kopt. Version und die äthiop. Varianten, Das von 
Guerrier in diesem Absatze übersetzte AuA9’% : θ,. 6». : würden 
wir lieber im Einklang mit dem Koptischen und mit Anwendung 
der äthiop. Variante C F7Nn@-F: für das von Guerrier gewählte 
®&h“ : zum folgenden Absatz ziehen. Wie auch anderwärts, scheint 
hier die Variante C richtiger den Urtext, der im allgemeinen mit 
dem Koptischen in Einklang ist, wiederzugeben. S Dyha ı 
HAG. : ἄνλ. Ὁ : N07 : = (mit Pausazeichen nach 4% 1) = 
„und wie immer(?) die Gedanken bei uns sind“(?) oder viell. mit 
Guerrier „und wie er uns die Gedanken richtig stellte“. 2) Eigent- 
lich vielleicht richtiger: „der, über den wir Zeugnis ablegen“. Da- 
für spricht das koptische πεῖ [ernp]wiitpe, welchem genau das sonst 
etwas unverständliche ἢ in ΔΗ ἢ 9" ἢ : entspricht. C hat ANUNY®Y : 
£ho-Fh:, „welcher dir zum Zeugen wird“. Dem Kopt. ent- 
sprechend könnten wir vermuten ein äthiop. ΔΗ 9 : Ynm-F : 
(Fho-7h) „dem wir Zeugen sind (du, dem wir Zeugen sind)“, falls 
das von Schmidt ergänzte Pron. der 1. pers. plur. [enp|wiirpe, dem 


/ 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 37 


- (und) noch mehr? (£rı) in den Gedanken und Werken, dieser, 
_ über den (wir) Zeugnis ablegen, daß der Herr ist dieser, der 
 (gekreu)zigt ist (σταυροῦν) durch Pontius Pilatus 

ο΄ <and) Archelaus inmitten des Räuberjoches ((ληστής), 


14 vgl. Matth. 27,38; Mare, 15, 27; Joh. 19, 18.. 


Ὁ 11 Der Anfang der Zeile zerstört, daher die Ergänzung sehr 
fraglich. Nach dem Äth.: „und wie er immer unsere Gedanken uns 


Die ——— [alpxeAaoc wird durch den Äth. bestätigt. 
Si _ Darnach hat der Verfasser den Matth. 2,22 genannten König Archelaus, 

Sohn Herodes’ des Großen und König von Judäa, der bereits im 
6 n. Chr. abgesetzt . mit seinem Bruder Herodes Antipas, dem 


* wie Antipas mit dem Familiennamen Herodes s. Schürer, Gesch. 
des jüd. Volkes 15, 8. 450 — ἐν μέσω τοῦ ξυγοῦ ληστῶν hat wahrscheinlich 
in der Vorlage gestanden; ζυγόν — Paar; Äth. „inmitten der zwei 


15 Der Äth. hat den Zusatz: „und man nabm ihn mit ihnen 


— — — — — — — ἀν ΑΕ 2 κεῖ 


Νὰ μεν: pers. plur. ent- 
‚sprechen, richtig ist, andy α γὴν. ΜΉ Ὁ Ὰ 

»(Σ » etc. (ohne Pausazeichen nach FF : damit wir dem- 
‚ der es gehört hat, zur Erläuterung werden. Das wissen 


usw...“ Zu C ner. 8) Ὁ hat 
hs Arkeljös. ΡΟ PN: Arkalawos. A AehAhh: 
 SAchAkd : Arkaläös 4) Cm ao. 1 fe 


As „und mit ihnen ward er gezählt“. 5) A Δι που}: 
Be kreuzigt*. 


38 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Frauen, Sarrha, Martha und Maria, begaben und mit sich Salbe 
nahmen, um sie auf Christi Leichnam zu gießen, indem sie 
weinten und trauerten über das Geschehene. Als sie sich aber 
dem Grabe genähert hatten, fanden sie den Stein, wo man ihn 
5 vom Grabe fortgerollt hatte; sie öffneten! den Eingang und | 
fanden nicht seinen Leichnam. 

Cap. 10 (21) Als sie jammerten und weinten, erschien 
ihnen der Herr und sprach zu ihnen: „Weinet nicht, ich bin 
es, den ihr suchet. Es gehe nun eine von euch zu euren 

10 Brüdern und sage ihnen ?: kommt, es ist unser Meister von den 
Toten auferstanden“. Maria kam zu uns und erzählte uns. Wir 
aber sagten ihr: „Was ist dir und uns, o Weib! Wer gestorben 
und begraben ist, kann denn der lebendig werden?“ Und wir 
schenkten ihr keinen Glauben, daß unser Erlöser von den Toten 

15 auferstanden wäre. Darauf kehrte sie zu unserem Herrn ἢ zurück 


S 2 Einf : fehlerhaft statt des besseren EP NN δ. mL. 
3 NG : „über das, was ihnen geschah (was sie geworden sind)“. 
9 om. Ahr: » „aber (nun)“ im Gegensatz zu Ko. II, 10 δᾶλα. 
10 A,P ı 32”: Ἀσυ-. "1 fly 3 „es ist der Meister bei uns 
von den Toten auferstanden“ in Übereinstimmung mit dem Κορ, 
ἃ ncag Twne etc. (II, 12) und teilweise auch mit C A I δ Ὁ 
Herr“: 12 σήλδιῦ : „was ist über uns!“ Vgl. Ko. Π 13 
ἀρεοσὼρ ὦ memen, 14 @A,haogY : correct statt 1, DA, 
A9°“ : „und wir schenkten ihr keinen Glauben“. 


1) A Ὡ 1" » „und es öffnete sich ...... “ 2)Ca 
(bA°7: „und sage ihnen (femin.)“ für @FPf, Ara» :. 3) BS 
N.A: A Pl: „zum Herrn Jesu“. Kopt. (III, 1) ya nmzaeıc. 


1 Auf Grund des Äth. muß [rpamı)on ergänzt werden. 

2 Nach dem Äth. sind die Namen der drei Frauen Sarah, 
Martha und Maria; Sarah ist sicherlich verderbt. Ob das kopt. „die 
zu Martha Gehörige“ richtig ist, bezweifle ich; es istm. Εἰ, st. Tamapea 
zu lesen δὸν mapea „und Martha“, samapea ist wohl eine Glosse, 
derzufolge unter Maria die Schwester der Martha und des Lazarus 
verstanden sein soll, 

3 Im Ms. steht „und sie haben gegossen“. 

6 Der Äth. bietet: „fanden sie den Stein, wo man ihn fortge- 
rollt hatte“ (vgl. Luc. 24, 2; Marc. 16, 4) und ferner: „sie öffneten 
den Eingang“, was ohne Parallele ist. Wahrscheinlich hat der Kopt. 
das Ursprüngliche und hat der Äth. den kurzen Bericht durch den 


‚Äthiopische und koptische Übersetzung. 39 
xXoptiseh 


ΗΠ 


(xgariov)). (Und) es sind gegangen zu jenem Orte 
(drei) Frauen: Maria, die zu Martha Gehörige, und Maria 
(Magd)alena, und sie nahmen Salbe, um sie zu gießen 
(auf) seinen Leichnam (σῶμα), indem sie weinten und trauerten 
 (Auxsiodeı) über 
δ das, was) geschehen war. Als sie aber (δέ) sich genähert hatten 
be {τάζφος)), blickten sie hinein und nicht fanden sie den Leich- 
nam (σῶμα). Wie (es) 
sie) aber (δέ) trauerten (λυπεῖσϑαι) und weinten, offenbarte sich 
der Herr 
und sprach zu ihnen: „Wen beweinet ihr? 
sht weinet mehr; ich bin’s, den ihr sucht, 
Aber (ἀλλά) möge eine von euch zu euren Brüdern gehen 

d sagen: Kommet, der Meister ist auferstanden von den Toten“. 
rtha kam und sagte es uns. Wir sprachen zu ihr: 
Vas wünschest (du) mit uns, ὁ (ὦ) Weib! Wer gestorben und) 
graben, ist es möglich, daß er lebt?“ Nicht haben wir 
‚geglaubt (πιστεύειν), daß der Erlöser (σωτήρ) von den Toten 
auferstanden wäre, 


1 Matth. 27, 33; Marc. 15,22; Lue. 23,33; Job. 19,17. Über das Be- 


a Magdalens und die andere Maria zum Grabe; nach Marc, 16, 1 die 
Frauen Maria Magdalenn, Maria des Jacobus und Salome; nach 


ms Mare; 16,1; Luc. 234,1. — ae a Ἀντὶ 
blicken in das Grab vgl, παραχύπτειν Joh. 30, δ. 11; Ev. des Petrus 
Harnsck τε δδ — οὐχ εὗρον τὸ σῶμα Luc. 3, 3. 7 Erscheinung 
jes Herrn am Grabe Joh. 20, 14f.; Mare, 16, 9. 8 τίνα κλαίετε vol. 
120,16. 9 ἐγώ εἰμι ὃν ζητεῖτε ναὶ. Joh. 20,15; 18,4. 10 Meldung 
die Brüder vgl. Matth. 28, 10; Joh. ®, 17. 11 ὑπάγετε, ὁ διδάσ- 
᾿ἠγέρϑη ἀπὸ τῶν νεχρῶν Matth. 95,7 18 τί ἡμῖν χαὶ vol, ὦ γέναι 
Joh. 2,4) entspricht wörtlich dem Koptisch. „was wünschest du mit 
wu. 15 Unglaube der Jünger Mare, 16, 11£.; Luc. 24, 11.41, 


ientext bereichert, da das „Hineinblicken“ ohne Erwähnung 
| ng des Grabsteins nicht möglich schien. 
"Sach dom ἀὰν geht Maria zu den Jane, 


οι 


1 


40 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Äthiopisch 

und sagte ihm: „Es hat mir Niemand von ihnen! wegen deiner 
Auferstehung glauben wollen“. Und er sagte ihr?: „Laß eine andere 
von euch hingehen, um es ihnen zu verkünden“ ®, Und Sarrha kam 
und brachte uns dieselbe Kunde. Wir aber straften sie Lüge. Und 
sie kehrte zu unserem Herrn zurück und erzählte ihm wie Maria. 

Cap. 11 (22) Da sprach der Herr zu Maria und ihren 
Schwestern: „Gehen wir zu ihnen hin!“ Und er kam und fand 
uns, indem wir verhüllt* saßen. Wir aber zweifelten und 
glaubten nicht. Wie ein Gespenst erschien er uns, und wir 
glaubten nicht, daß er es wäre. Er war es aber doch®,. Und 
er sagte uns so: „Kommt und fürchtet euch nicht! Ich bin 
euer Meister, den du, Petrus, dreimal verleugnet hast, bevor der 
Hahn krähte, und auch jetzt verleugnest du wiederum?* Und wir 
traten zu ihm hin, nachdenkend und zweifelnd, ob® er es wäre, 
Er aber sprach zu uns: „Warum zweifelt ihr und was sagt 


S2 ThC:=L Tal ı „laß.... hingehen...“ — hA 
Ar ı Δεν]: ı „eine andere = L A’ . ἢ“ :. 6 Bihir4 ı — 
L PENA: „... sprach. ...“ — ΒΒ σή. ΛΟ (1:1 im Gegen- 
satz zu Ko. III, 6 finapıa mil meckecone, 7 Yd«l κι γῆν ı 
„gehen wir. .... - 18 7 ἢδιθυε:..... willst du verleugnen ?* 
Mit Fragepartikel 9% statt Adverbium %, „auch, wiederum“, AA 7" 
NUP-7, : „wiederum wirst du nicht verleugnen“. 


1) ABC om. A9PzZyPav-: „von ihnen“ (im Gegensatz zum Kopt.). 
2) Ο 49 Ύ(), : „und wir sagten“. 3) ACom.hep: „um“. Der Satz 
würde also lauten: "3 77: AZH : I-NAvo»-: „indem sie dies ihnen 
sagen wird“, Der Text in 1, ist eine Contamination zweier, einander 
ausschließender Constructionen: ΗΠ Ὑ1" : pam : "-NAran-: „damit sie 
dies ihnen sagt“ und 477 : A3H : T-NAro9-: „indem sie dies 
ihnen sagt“ (wie in AC). 4) Guerrier hat hier: „et nous trouva 
en train de nous aveugler“. AC haben AZH : 72AN : (Dillm., 
Lexicon, col. 1138 nach 5: 77AMN:), welches nur „fischen“ be- 
deuten kann, und so versteht es auch Dillmann; also: „er fand uns, 
indem wir fischten“. Diese Variante geht zurück auf Joh. 21, 3 ff, 
Der kopt. Text (III, 8) hat: aqgsfiıne ngosn „und fand uns drinnen“ 
(Schmidt). 5) C om. &hrt::. Der Satz würde also nach © 
lauten Q@o-ArtA : one} : PAY: „.... wir glaubten nicht, daß 
er es wäre. Er aber sagte uns..... » 6) C om. Aa ;:; also viell, 
auch folgendermaßen: „nachdenkend und zweifelnd. Er aber sprach 
usw. ....“ (im Gegensatz zum kopt.). 7) ABCS om. NAYF : 
„wegen“, also „was zweifelt ihr“ statt „warum zweifelt ihr .,, .“ 
im Gegensatz zu kopt. (IV, 1): erbe o reriipascraze, 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 41 


Koptisch 
m 


— τὰ 
Darauf (τότε) ging sie (kehrte sie zurück) zum Herrn und sprach 
Pr gu ih: 

„Niemand von ihnen hat mir geglaubt (zıoreveır), daß du lebst“. Er 
sprach: „Möge eine andere von euch zu ihnen gehen und es 
_ ihnen wiederum sagen“. Maria kam und sagte es uns wiederum, 
und 
ὃ nieht haben wir ihr geglaubt (πιστεύειν). Sie kehrte zum Herrn 
zurück, und auch sie 
sagte es ihm. Darauf (τότε) sprach der Herr zu Maria 

und ihren andern Schwestern: „Laßt uns gehen zu 

ihnen!“ Und er kam und fand uns drinnen; er rief 
‚heraus; wir aber (δέ) dachten, es wäre ein 
Gespenst (φαντασία), und nicht haben wir geglaubt (πιστεύειν), 
daß es der Herr wäre. Darauf (τότε) 

(sprach er) zu uns: „Kommet, fürchtet euch nicht! Ich 
bin. euer Meister), dieser, du Petrus, den du 
(verleugnet (ἀρνεῖσϑαι)) hast dreimal, und jetzt wiederum 
verleugnest (ἀρνεῖσϑαιὴ du?* Wir aber (δέ) traten zu ihm, 
τς zweifelnd (διστάζειν) (in) 
unserm) Herzen, ob er es wäre, Da sprach er zu (uns): 


᾿ς  Böäow vgl. Joh. 20, 19. 26; Marc. 16, 14. 10 φαντασία vgl. 
Luc. 24, 37.39; φάντασμα Marc. 6,49; Matth. 14, 26. 11 ὑπάγετε" μὴ 
φοβεῖσθε Matth. 28, 10; vgl. Matth. 14, 27; Marc. 6, 50; Joh. 6, 20. 

12 dreimalige Verleugnung des Petrus Matth. 26, 84. 096. u. Parall. 

14 διστάζειν vgl. Matth. 28, 17; 14, 31. 

ἔνι 8. 


2 Der Äth. hat „wegen deiner Auferstehung glauben“ st. „ge- 


du lebst“, 

Äth. geht Saralı st. Maria, 

th. hat das ἔσω „drinnen“ resp. seine Vorlage nicht ver- 
da er übersetzt: „indem wir verhüllt saßen“; er denkt wohl 


12 Nach dem Äth. ist statt der von mir vorgeschlagenen Er- 
 gänzung anar Er ne nzsacıc]) „ich (nämlich (γάρ) bin der Herr“ 


ne netiicag]. 
18 Der Äth. hat sich auf — der Evangelienberichte den 


42 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

ihr? Wisset! ihr denn nicht, daß ich es bin, der euch von 
meinem Leibe, meinem Tode und meiner Auferstehung sprach? 
Damit ihr aber wisset, daß ich es bin, so lege, Petrus, deine 
Hand? in die Nägelmale meiner Hände, und du, Thomas, in 
5 meine Seiten®, da aber, Andreas, sieh’, ob mein Fuß die Erde 
berührt und ob | eine Fußspur bleibt. Denn es ist im Propheten 
geschrieben worden: »Die Erscheinung eines Gespenstes hat 

keine Fußspur auf der Erde«*“. 
Cap. 12 (23) Wir berührten ihn also (und überzeugten 
10 uns), daß er wahrhaftig im Fleisch auferstanden war. Alsdann 
fielen wir vor ihm auf unser Gesicht und huldigten ihm und 
baten ihn um Verzeihung, daß wir an ihn (ihm) nicht geglaubt 
hatten. Darauf sagte uns unser Herr und Erlöser: „Stehet auf, 


S3 @-Ark ı ngyepchpoo- : „daß ich euer Meister bin“ im 
Gegensatz zu allen anderen Mss. und zum Kopt. Vielleicht nur Ditto- 
graphie des @pg®ye:ppo®-s „euer Meister“ einige Zeilen früher. 
4 ἌΡ. ı „meiner Hand“ im Gegensatz zu Ko. IV, 5 finasız. — 
@ATTz: statt @AYT : „und auch du, Thomas usw“ 5 ἣν: 
— οὐ. 8HAhAfN ı: „welche hat keine Fußspuren usw.“ 18 m 


377: Art: Chr: .... Erlöser Jesus Christus“, 


1) Für 9" 1: NA: A, TAT : ham : Ay: ah : 
Ηὐ1(: “ἢ σνυ- : (LBS) = „und was sagt ihr? Wisset ihr denn nicht, 
daß ich es bin, der usw...... “ haben ACDPYF:(CAPFTN): 
HA.TA9®T : Ay: @hrk: etc. ...., was heißen würde, wenn wir 
in I ΤΟΎ : im Auslaut ein 9: für 4 lesen: „und warum seid ihr 
ungläubig? Ich bin es, der usw. .....“ Hier stimmen AC genau mit 
dem Kopt. überein (IV, 1): ers veriie farmaprte „.... noch und seid 
ungläubig“. Wenn das Kopt. und AC wirklich das Ursprüngliche 
bewahrt haben, so ist wahrscheinlich aus YA, TAY’F: das %: in 
das ihm äußerst ähnliche 4. mit Beibehaltung des %s durch den 
Abschreiber geändert worden, indem er das %:s nunmehr nicht als 
Auslautskonsonanten des Verbum A9®°%:, sondern als Fragepartikel 
7: auflaßte. 2) BC add. @A9F-NY,h: „deine Hand und deine 
Finger“. C bloß @()A9N%,h : „lege, Petrus, deine Finger“ in Über- 
einstimmung mit dem Kopt. (IV, 4—5) wre finentbe. 3) Anders 
der kopt. Text (IV, 6—7)...... AouxH finacmp.... „die Lanzen- 
stiche meiner Seite“. Der Äthiope hat nach Joh. 20, 27 conformiert. 


2 Der Äth. L setzt die Frage auch im zweiten Satze fort: 
„Wisset ihr denn nicht, daß ich es bin ....?*; aber nach der Var, 
AC ist dies ebensowenig ursprünglich, wie der Zusatz „und was sagt 
ihr?“ AC zeigt in Übereinstimmung mit Ko. das Richtige, 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 43 
optisch 


Ὁ τ. IV 
db). 
„Warum zweifelt (διστάζειν) ihr noch (ἔτ und seid un- 


nn, daß ich es bin, so lege, Petrus, deine 

5 Finger i in die Nägelmale meiner Hände, und du selbst, Tho- 
mas, lege deine Finger in die Lanzenstiche (λόγχης) meiner 
Seite; du aber (δέ), Andreas, betrachte meine Füße 

und sieh’, ob sie an der Erde haften. Denn (γάρ) es stehet ge- 
: — 7 im 

Ra (προφήτης): »Eines Daimonsgespenstes (daium»-par- 
οὐ τασία) 

u ‚haftet nieht auf der Erde«*. Wir aber (δῶ haben 
 (befühlt) ihn, damit wir wahrhaftig erkennten, ob (er aufer- 
standen wäre) 

im Fleisch (σάρξ), und wir fielen auf unser (Antlitz, indem wir) 
bekannten (ἐξομολογεῖσϑαιν unsere Sünden, daß wir (un-) 
gläubig gewesen seien. Da sprach der Herr, unser Erlöser 
(orig): „Erhebet euch, 


Luc. 94, 38f. — ἄπιστος vgl. Joh. 20,27; Marc. 16, 14. 
£ vgl. Joh. 30, 30. 37. 9. Das Zitat des Propheten unbekannt. Harnack 
(Theol. Studien ... B. Weiß zu seinem 70. Geburtstage dargebracht) will 
Ἢ ‚mit Bap. Salom. 18, 17 in Verbindung bringen, Guerrier fülsch- 
ἢ mit Dan. 14, 1Sff. — Über die doketische Vorstellung, daß die Fuß- 
pur Jesu auf der Erde sich nicht zeigt, vgl. Acta Joh. ed. Bonnet in den 
Act: apostol. apoerypha Il, 8.197,5f. 11 ψηλαφᾶν καὶ ἐδεῖν vgl. ἴχιο, 34,59 
1.Joh. 1,1; s. Ignat. ad Smyrn. 8,2. 15 ἔπεσαν ἐπὶ πρόσωπον αὐτῶν 
vgl. Matth. 17,6. 18 ἐξομολογεῖσθαι τὰς ἁμαρτίας Matth. 9,6; Mare. 1,5. 
4 ἐγέρϑητε Matth. 17, 7. 


11 „wahrhafig“ ⸗ ἀληϑῶς, ὄντω; ist wohl besser in Überein- 
immung mit Äth, in den Nebensatz zu stellen: „ob (da®) er wahrhaftig 
rstanden“ vgl. Luc. 24,34. Auch der Latein, — hier ist der 
εἴ des lat. Textes — bezengt dasselbe: Nos enim temptantes 
o(d ve)re in (car)ne resure(xerat). Der Lat. scheint nicht wie 
ἃ. Κο. zu haben: „wir fielen auf unser Antlitz“ wenn 
18) richtig gelesen ist, aber — As μέν νὰ 15 Zeilen 
ielt, muß der Lat. eine längere Fassung geboten haben. 
Ri esupae [anplegomor. „und wir bekannten“, 


or 


44 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
und ich werde euch enthüllen, was auf Erden ist und über den 
Himmeln ! und wegen eurer Auferstehung im Himmelreiche?, um 
dessen willen? mein Vater mich gesandt hat, damit ich euch 
hinaufführe und diejenigen, die an mich glauben‘, 

Cap. 13 (24) Dies ist nun, was er uns offenbarte, wie 
er (es) uns mitteilte: „Als ich vom Vater des Alls kam*, als 
ich durch die Himmel ging, in die Weisheit des Vaters ge- 
kleidet und in seine Kraft gehüllt, von seiner Kraft, war ich 


S 2 aNT7”1A.1n0°- : „und in eurem Auferstehen*, 
6 bloß AFH : A,RTFR@- : ohne ἧ σῇ 67" ı also „indem ich nicht 
überschritt“ oder „indem er nicht überschritt“ oder „übertrat“. 
Aber was ist nicht überschritten oder übertreten worden? 


1) ACDAh 2”: Anao-: HAFT ONmABAT:AMFT: 
„und ich werde euch enthüllen, was in den Himmeln und oberhalb der 
Himmel“. Dem Sinne nach entspricht das ΗΠ, 95 911 in LBS mehr 
dem Kopt. (V, 1—2): iineräinca[g]pe finnve als AC. 2) Abweichend 
von Guerrier, welcher übersetzt „et ce qui concerne le royaume des 
cieux“ (weder LS noch A rechtfertigen diese Auffassung) und in 
einstimmung mit dem Kopt. (V, 3): ergii ταιπτῇρο finnve. Nach Guer- 
rier, welcher YJNa®’%777”'-f 1 etc. nicht als Ortsattribut zu 9)" 7] 
}h,n00-: auffaßt, müßte weder ἢ ἢ ση 5]. 1 (1) noch ἢ" ση 5}: 
(A), sondern - 5]. : ἡ σῇ PT : gestanden haben. 8}4Ὶ ΠΠᾺ 
ὙὝΙ  ὮΉσυ-: „um euretwillen“. Guerrier übersetzt dieses Wort nicht. 
Es fehlt auch im Kopt. S HNAFTE:AP : „daß um meinetwillen“. 
4) So AC, während LBS haben A3ZH : μι : AN: An: 
„indem ich zum Vater ging“. Im Kopt. (V, 7) eemny aba‘ 
teıwt; es scheinen also AU das Richtigere zu enthalten. Guerrier 
übersetzt den ganzen Passus im Präsens, während wir die Ver- 
gangenheit wählten, in Übereinstimmung mit dem Koptischen (V, 6), 
wo der ganze Absatz durch ein acgwne ae „es geschah nun“ ein- 
geleitet wird, durch welche Formel im Koptischen keine präsen- 
tischen Prädikate eingeführt zu werden pflegen; auch weiter folgen 
sämtliche Verba in der Vergangenheit (acıpnnapare..... argwne ,...). 
Im äthiop. Text steht hier in den Hauptsätzen das Perfektum, in den 
Nebensätzen das Imperfektum als begleitende Zeitform, die in Ab- 
hängigkeit vom Hauptsatz ebensowohl Vergangenheit als irgendeine 
andere Zeit bezeichnen kann. Schmidt übersetzt am Anfang „als ich 
im Begriff war zu kommen usw.“ Ob das entsprechende äthiop. AZH : 
hapfh: so aufgefaßt werden könnte, muß dahingestellt bleiben. 
APAN: Ar: The : steht vielleicht statt Ay" : Al: IA : 
entsprech. ἃ. Kopt. V, 7: neıwr inmmpg (oder viell. Ye : zum 
folgenden: „indem ich alle Himmel durchging“ ?). 


᾿ Allee 8 F 
Koptisch 


ra «35 
will ich euch offenbaren das was oberhalb 

Himmels und das was im Himmel und eure _ 

Ruhe (ἀνάπαυσις), die im Himmelreich. Denn (γάρ) mein 
(Vater) hat mir die Macht (ἐξουσία) gegeben, euch hinaufzu- 

führen 

und die, welche an mich glauben (πιστεύειν)". Was er aber 

(de) offenbart hat, 

ist dies, was er sagte: „Es geschah aber (δέ), als ich im Be- 

war 

zu kommen her von dem Vater des Alls (und) 

vor (παράγειν) an den Himmeln, da zog ich an die 
Weisheit (σοφία) des 

'aters und ich zog an die Kraft (δύναμες) seiner Macht(?) Ich 


J — 


If ἀποχαλύψω ὑμῖν τὰ ἐπάνω τῶν οὐρανῶν χαὶ τὰ ἐν τοῖς οὖρα- 
; χαὶ τὴν ἀνάπαυσιν ὑμῶν (vgl. Matth. 11, 90; Hebr. 3, 18; 2. Clem. 5,5; 
ἐν τῶν οὐρανῶν. 2 βασιλεία τῶν οὐρανῶν aus Matth. 
f. ὁ πατήρ μου ἐν μοι τὴν ἐξουσίαν vgl. Joh. 1,12; 5,27; 10,18; 
‚2; Matth. 11, 27; 38,18 — ἀνάγειν ὑμᾶς χαὶ τοὺς πιστεύοντας εἰς ἐμέ 
vgl. Matth. 18,6; Joh. 6,35; 7,38; 11, 25. 26; 12,44.46; 14,1. 12. 

vgl. die Schilderung des Abstiegs Christi in der Ascensio 765. 10, Tff. 
Ἶ Ne 3,15. 


En Alb. it. L Mertimcafehpe ‚des was. eberhalb® τ 
τ „das was unterhalb“ 


6 Wörtlich: „was er sagt“ — wörtlich „als ich gegangen bin, 
indem ich kam“ vgl. Pistis Sophia ed. Schwartz $. 12, 1 arw nrepiei 


‚Eigentlich „durch den Vater“ 
8 „durchschritt die Himmel“ Lat. (transie)ns caelos. Man 
* den Hauptsatz schon beginnen: „da ging ich vorüber und 


Hinter δύναμις steht iinegsm, Das Wort zım ist unbekannt; 
immt noch einmal X, 5 vor. An beiden Stellen übersetzt der 
das Wort mit „Macht, Kae er hat also ein δύναμις ähn- 
el ——— wie z. B. ἰσχύς, κράτος. 


οι 


46 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
in den Himmeln ἢ und an den Engeln und Erzengeln ? ging ich 
vorüber in ihrer Gestalt und wie einer? von ihnen (war ich) 
unter den Ämtern, Herrschaften und Fürsten*. Ich durchsehritt 
sie, indem ich das Maß der Weisheit des Vaters® besaß, der mich 
gesandt hat. Und es folgten mir die Erzengel Michael, Gabriel, 
Rufael und Uriel (Uräöl) bis zum fünften Himmelsfirmament$, 


1) Guerrier übersetzt δ ἢ σἢ 197 s „aux ötres celestes“, indem er 
es zugleich mit den folgenden „Engeln und Erzengeln* als Objekt zu 
(Ἷν ἢ" : „je suis semblable“ auffaßt. Δῇσῃ 97" 1 heißt aber wörtlich 
„den Himmeln“ und nach Guerriers Übersetzung müßte ANAYPF : 
stehen. Zweitens heißt @yF : bloß „ich war“, und ist das 
„ähnlich“ (semblable) von Guerrier nur ergänzt. Das Kopt. (V,9) hat 


ausdrücklich aıgwne gi finnye „ich befand mich in den Himmeln*, 


Wir ziehen deshalb vor, dem Koptischen gemäß hier ἢ σ᾽ 7: 1: „in 
den Himmeln“ zu lesen und mAaoAhhT : etc. mit dem —— 
Satz in Zusammenhang zu bringen. 2) Da Guerrier (vgl. vorhergeh. 
Note) die „Engel und Erzengel“ mit dem vorhergehenden Satz 
verbindet, so muß er hier ein Objekt ergänzen „alors que je tra- 
verse (les cieux) sous leur aspect.....“ Som. @AA,PF: 

nT : „und Erzengeln“. Im Äthiop. ATYPPa»- ı „ich gehe 
an ihnen vorüber“ oder „ich gehe durch sie“, ohne genaue Bezeich- 
nung, auf welches von den vorhergehenden Dingen (Himmel, Engel, 
Erzengel) das „sie“ sich bezieht. 3) „Einer“ fehlt in L. Über- 
setzt nach ABCS Ach = bzw. 2. 4) Die entsprechenden äthiop. 
Substantiva =4,@D-J--f etc. stehen im Akkusativ; deshalb übersetzt 
Guerrier „je traverse les Fonctions, les Puissances, les Dominations*. 
Wir beziehen aber PP“ : „ich überschritt“ auf den nächstfolgenden 
Satz in Übereinstimmung mit dem Koptischen. Freilich müßte in 
diesem Falle τὴ] “σῷ »}"5}}" 1. etc. mit einer zu ergänzenden 
„unter, zwischen“ stehen. Das Kopt. (V, 12) hat ausdrücklich gi 
παρ H mit fiegovcıa. Ein gewisser Bedeutungsunterschied muß noch 
hervorgehoben werden zwischen 24,00 und Dr Amg-F : einer- 


seits, welche gewöhnlich das Amt bezeichnen, und Deo ander 


seits, welches den Würdenträger, nicht aber die von ihm getragene 
Würde bedeutet. Die zwei ersteren Substantiva entsprechen im Äthiop. 
genau dem kopt. Hapxn Mil fieZoscıa, das dritte fehlt überhaupt im 
Koptischen und wird von Guerrier „lesDominations“ übersetzt; die Stelle 
ist hier jedenfalls inkonsequent. Es ist auch noch zu erwägen, ob wir 
nicht das Substantiv Day, von den ersten beiden zu scheiden 
und mit dem folgenden Satz in Verbindung zu bringen haben, etwa 
„ich durchschritt die Fürsten“. Es wäre auch eine andere Auffassung 
möglich, die, wie es scheint, Guerrier angenommen hat, nämlich: „ich 


durchschritt die 7,00 -Jf :, die Δ» Δι“ 7} 1 und die op 4% :“, 


doch stimmt dies nicht zum Koptischen. Im Lateinischen steht hier 


en 


— 
—— 


| 


“των ν a ΤΥ, a" N N υ.-.- 


nie 


Δ Er ei 


ee 5 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 47 


Roptisch 

| mich im Himmel, und an den — (ἀρχάγγελος) 
und den 

Engeln (ἄγγελος) ging ich vorüber (παράγειν) in ihrer Gestalt, 

s gleichsam als (οὖς) 

μ᾿» ich einer aus ihnen unter den Herrschaften (ἀρχήν und 

 Gewalten (ἐξουσία). Ich 

1 durehschrit sie, indem ich die Weisheit (σοφία) dessen, der mich 

gesandt hat, besaß, 

| Der — (ἀρχιστρατηγός) der Engel (ἄγγελος) aber (δέ) 

ist Michäel 

15 und ΡΝ und Uriel und Raphael, sie 


ΥἹ 


zn) 
| (δὴ sind mir nachgefolgt bis zum fünften 
mament (στερέωμα), denn (γάρ) sie dachten in ihrem Herzen 
(bei sich), daß 


— Eph. 3,10; Kol. 1,16; 2,15; Tik. 3,1. 
15, πέμψας μὲ Joh. 4, 84 u. δ. 


— m Der Lat. in simil(itudinem) efügies iK/lo)rum, in Ko. scheint 
= Ähnlichkeit“ ausgefallen, da nur der Genitiv inoreme „ihrer 
* steht; eme kann in Ko. sowohl „Gestalt“ wie „Ähnlichkeit“ 


12 Wörtlich „einer mit ihnen“. 

|3 Das Durchschreiten ist wohl auf die Herrschaften und Ge- 
zu beziehen, nicht allein auf die Erzen und Engel. 

14) Nach Ko, hätte der griech. Text ὁ ἀρχιστρατηγὸς δὲ τῶν 
»» ἐστι Μιχαήλ gelautet, aber auffällig ist die beziehungslose 
zu der übrigen 3 Erzengel. Der Lat. bietet ar/chan)gelus, 
—* Erzengel“, 


333 et principes“. δ) AC add. DIBA- : (C richtiger a: 
2) ATI08 : „indem ich das Maß der Weisheit besaß und in die 
it hüllte des Vaters usw....“ Die hinzugefügten Worte fch- 
im Kopt. 6) Sowohl im kopt. wie im latein. Text steht Uriel 
* Raplıacl. — € om. F vor MY :, hat also einfach 
zum Dana — Vgl. das lateinische „usque ad quin- 


48 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
indem ich! ihnen gleichsam einer von ihnen schien, Solch’ 
eine Macht ist mir vom Vater verliehen worden. Darauf habe 
ich die Erzengel durch (meine) Stimme erbeben lassen ?, damit 
sie zum Altar des Vaters gingen und den Vater nach ihrer 
5 Art dienen®, bis ich zu ihm zurückkomme. So# tat ich nach 
der Art seiner Weisheit, denn ich war in Allem mit ihnen, da- 


1) BLS haben hier im Gegensatz zum Kopt. (VI, 3) anar ove etc. 
das unrichtige &emfj\eao-: „er schien ihnen“, falls in diesen Mess. 
nicht noch ein ἢν ı A% : vor & stand, so daß es hieß: „denn es schien 
ihnen, daß ich einer usw,...“ In ist wenigstens dieses ἢΩῖ αὶ er- 
halten. 2) Im Kopt. steht etwas auf den ersten Blick gänzlich Ver- 
schiedenes (VI, 5): δἴτοεπο fiiapxarveAoc gi orgpar finalge — 
„schmückte ich die Erzengel mit einer wunderbaren Stimme, it 
sie usw. ....* Obwohl ZAP: gewöhnlich „machen, veranlassen“ 
bedeutet und &£%7% : „zittern“, wäre es jedoch nicht unmöglich, den 
äthiop, Text dem kopt. anzupassen. ZAP: kann nämlich auch „mit 
etwas versehen, parare, vestes induere* heißen, und 774- heißt 
auch im Kausativ „Verwunderung erregend, wunderbar“. Es könnte 
also nach einer kleinen Änderung θ, 9. 75}θ.: als Attribut zu PA : 
aufgefaßt werden (oder vielleicht "9.9. 5190" : statt E&F770- 1 —= „ich 


ließ die Erzengel durch ihre Stimme Staunen erregen“?), und der 


Satz übersetzt werden „ich versah die Erzengel mit einer wunder- 
baren Stimme“. Darauf weist vielleicht auch hin die etwas ungewöhn- 
liche Stellung des &£,%J9-: vor „den Erzengeln“ anstatt dahinter, 
obwohl dieser Umstand gerade keine starke Stütze ist. Vgl. auch 
latein. „feci archangelos .... stuporem vocis“, 3) In ABC 
fehlt AAN: ἢ. Es bleibt mithin DRA-PYR : “(Ὁ στ΄ ı, welches 
nur übersetzt werden kann „und sie werden ihren Dienst dienen, aus- 
üben“. Hier, wie so oft, bewahren ABC das Ältere oder wenigstens das 
dem Kopt. genauer Entsprechende. Letzteres hat (VI, 7): cospsnupe- 


τεῦ dox cexwr aha Firararonsa — „und dienten und vollendeten den 


Dienst“. M? vo-: bedeutet nämlich sowohl „Art, Weise“ wie, was 
das gewöhnlichere ist, „Dienst, Amt“. Zur vollen Übereinstimmung 
des Athiop. mit dem Kopt. fehlt nur noch ein Verbum, dem ceswr ent- 
sprechend, zwischen D&-PPYP τ und Jl@ao-:. Die Konstruktion 
des Satzes schließt jedenfalls nicht die Möglichkeit aus, daß hier ein 
derartiges Wort ursprünglich gewesen sein könnte. Die Var. ABC wird 
auch durch das latein. „et replen|t]es ministratione“ bestätigt, wo eben- 
falls das Wort „dem Vater“ fehlt. 4) Aadd. ἢ" 7" : vornae} :, also: 
„dies tat ich so“, in Übereinstimmung mit dem Kopt. (VI, 8) ser τε 


sge etc. 5 “9 “5Ή : „undso....“ — Im übrigen lautet der ent- 


sprechende Satz im Kopt. etwas verschieden: res Te Tge ετοῖεες orın 
core jineme, was Schmidtübersetzt: „Also habe ich durch die Weis- 


ἀπ 3», — 
PH re ἐδ — J — Ba Zee 


ZA mat hayllechs: Ühiseshuung, 49 


Koptisch 

einer von ihnen wäre. Der Vater aber (δέ) hat mir ge- 
geben die 

Kraft (δύναμις) von dieser Beschaffenheit, und an jenem 


Ἔ Tage 
schmückte ich die Erzengel (ἀρχάγγελος) mit einer wunder- 


"Stimme, damit sie hineingingen zum Altar ἰϑυσιαστήρεο») 
‚des Vaters und dienten (ὑπηρετεῖν) und vollendeten 
es (διακονία), bis daß ich zu ibm (se, Vater) zurück- 


u keh 

Also habe ich durch die Weisheit (σοφία) die Ähnlichkeit (Gestalt) 
Ich 

— (γάρ) bin geworden alles in allem, da- 


6 ϑυσιαστήριον vgl. Apoe. Joh. 8, 37. 8 Rückkehr zum Vater vgl. 
Joh. 9,3; 14, 12.28 u. δ. 


ig Ko, hat m. E. das Richtige überliefert. Der Lat. bietet: et 
ὃ feci archangelos in stuporem vocis ducere ipsos ad (a)ltaneum 
pis mei, der Äth. „darauf habe ich die Erzengel durch meine 
Stimme erbeben lassen“; vgl. aber die ‚Bemerkung von Wajnberg. 
u. Äth. deuten auf ein 


aie Ähnlichkeit (Gestalt) gemacht“. Das Äthiop, — 
‚heißt zwar auch „Gestalt“, aber so wie der Text in allen Mss. 
‚aussieht, können wir nicht anders übersetzen als „ieh machte (tat) 
nach der Gestalt seiner Weisheit“. Vgl. auch "das latein, „sie 
ı feci per sapientiam [sjimilitadinis“, welches genauer dem 
t als dem Äthiop. entspricht. 5) Guerrier übersetzt: 
P.... je serai tonjours avec eux“. „Toujours* ist jedenfalls 
albiop, Text nicht direkt enthalten. Der Satz könnte eher 
. „denn ich war alles in allem mit ihnen“ in voller 
r aung mit dem Kopt. (VI, 9) anan vap a φῇ nrupg 
mid korrig Kırnpäl) ei ovan num, Allerdings ἔς t in ACS das 
Finmmpg entsprechende yes. Dafür finden wir 4 Kopt. kein 
‚Äthiop. PAAITen- ı = mit ihnen (A φοἢ Δ, ἢ σϑ- : = mit euch) 
itsprec Wort. Das Prädikat übersetzt Guerrier in der Zukunfts- 
sit „ie serai .... avec eux“; jedoch ist a’? » deutlich Präteritum 
och deutlicher das kopt. δἴφωπε. Vgl. auch das latein. „ego 
omnibus omnia facutus sum“. 
U. "16: Schmidt-Wajnberg. 4 


σι 


10 


50 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch E 
mit ich, nachdem ich den barmherzigen Willen des Vaters und 


die Herrlichkeit dessen, der mich gesandt hat, vollendet habe!, 
zu ihm zurückkomme. 


Cap. 14 (26) Wisset ihr nun denn, daß der Engel Gabriel | 


gekommen und Maria verkündigt hat?“ Und wir sagten: „Ja, 
Herr!“ Er aber erwiderte und sagte uns: „Erinnert ihr ench denn 
nicht, daß ich euch einst gesagt hatte, daß ich den Engeln einem 
Engel gleich geworden bin?“ Und wir sagten ihm: Ja, o Herr!* 
Er aber sagte uns: „Damals erschien ich der Jungfrau? Maria 


in der Gestalt des Erzengel Gabriel und redete mit ihr; ihr 


Herz nahm auf, sie glaubte? und lachte®, (Darauf) ging ich, 


1) Guerrier faßt pam : als Präposition „selon“ auf, nicht als ein 


leitende finale Konjunktion zum Hauptsatz ANA :. Dies ist wahr- 


scheinlich nicht zutreffend, erstens weil die entsprechende Präposition 


gewöhnlich p@® : lautet, zweitens spricht dagegen das Kopt, an ᾿ὰ 
N, 


“εἐκδὰς TOIRONOMIS TINEIwT finear MNETSGTEOTALI TAaXard 


Wenn die (Schmidt, Fußnote zum kopt. Text) Ergänzung „laudem“ nach en 
dem Lateiner richtig ist, müßten wir dementsprechend auch im ät — 


Text ein Verbum wie *Affldh oder dergl. vermuten (hinter AAN: 
Bei Guerrier ist, wie gesagt, die Gliederung des Passus eine ganz an 


mit dem Kopt. nicht übereinstimmende und auch wenig dem Äthiop. ent- 


sprechende. Bei Dillmann ist p@Ps als Präposition mit abhängigem 
Nomen nicht belegt, und scheint Guerriers Auffassung von στ; 4, PP. 
etc..... als selon le desir ete, ..... grammatisch undurchführbar zu 
sein. 2) Vgl. oben. Im Kopt. (VII, 4) noch außerdem δυβπτηρξί 
gi osarn mm, Spar: mahnt: aha: etc. — „wie die Engel 


und wie ein Engel ihnen geworden bin“. 3) ABC om. &379JA 3 


„Jungfrau“ in Übereinstimmung mit dem Kopt. (VII, 7) slorung 


aha‘ finapıa. SAPLNT: &F77A : „der heiligen Jungfrau. 
Der ganze Satz lautet im Kopt. etwas anders: gi boose vap 
ETIMMO ETaızı TMophn wabpınd etc. „an jenem Tage, wo ich 
angenommen habe die Gestalt des Gabriel ..... — 
A9°7T : „sie glaubte“*“, in Übereinstimmung mit dem Kopt. (VII, 9) 
acpnicrese, gegenüber LS (DAN: FONdT :) APYyF:— „(hr 


Herz nahm an) den Glauben“. Obwohl ABC sich hier auf das 
Koptische stützen, ist jedoch die asyndetische Verbindung von 
FonZ.: mit A9°YT : befremdend, besonders da die Subjeete der 
beiden Prädikate verschieden sind. 5) Dem Verbum „und sie lachte“ 


entspricht im Kopt. (VII, 9) ein Wort, welches Schmidt sipn[Alaccee 
fimai oder acpıA. liest und mit „ich formte mich“ übersetzt. Der 
Äth. resp. der arab. Übersetzer muß das kopt. nAacce mit weAacce ver- 
wechselt haben. Das Lachen hätte doch nur Sinn, wenn Maria nicht ge- 


5. Ätkiepische und koplische Übersetzung. 51 


Be. Koptisch 
nit ich die Veranstaltung (οἰκονομία) des Vaters (preise? und) 
- die Herrlichkeit dessen, 


Denn (γάρ) ihr wisset, daß der Engel (ἄγγελος) Gabriel ge- 
bracht hat 
er Maria die Botschaft“. Wir selbst antworteten: 


vu 


{ ie 
„Ja, ὁ Herr!“ Da (τότε) antwortete er und sprach zu uns: 
„Erinnert ihr euch denn nicht (μη), daß ich zu euch gesagt habe 
or einer kleinen Weile: »Ich bin geworden Engel (ἄγγελος) 
unter den Engeln (ἄγγελος), und ich bin geworden alles in allem « ?* 
ir (sprachen) zu ihm: „Ja, o Herr!* Da (τότε) antwortete er 
‚sprach zu uns: „An jenem Tage nämlich (γάρ), wo ich 
habe die Gestalt (μορφή) des Engel (@yyeAog)Gabriel, 
_ erschien ich 
Maria und (redete) mit ihr. Ihr Herz 

m mich auf und sie glaubte (πεστεύεεν); ich formte (πλάσ- 
ο΄ σεεν) mich 


11 δόξα τοῦ πέμψαντός μὲ vgl. Joh. 7,18; 17,4 — οἰκονομία ναὶ. 
, 1,25; Ephes. 1,10. 18 Sendung des Gabriel Lue, 1, 90 Ὁ, 

_ VIE 7 μορφή Phil. 2,6. 9. Über das Gespräch des Gabriel mit der 
ia und die eigene Zeugung durch das Eingehen der φωνή des Gabriel- 
tus vgl. Orac. Sibyll. VIII, 460#f.; Pistis Sophia e. 8 (Kopt.-gnost. 
iften ed. Schmidt, 8, 8,31f. u. 8.80, 31f.; dazu Reitzenstein, Zwei reli- 
ehichtliche Fragen, Straßb. 1901, 8. 110ff. 


— 11 Der kopt, Text ist nicht correct, da das Wort οἰχονομία 

 Verbum; der Lat. simul ut voluntatem patris mei laudem; der 

. „damit ich, nachdem ich den barmherzigen Willen des Vaters 

| die Herrlichkeit ... vollendet habe, zu ihm zurückkomme*, Auf- 

ist, daß Lat, und Äth. übereinstimmend vom „Willen des Vaters“, 

, „gnädigen Willen“ reden, andrerseits kann Ko. den Begriff 

yuia nicht erfunden haben. Ko. XIV, 12 hat Äth. den Aus- 
οἰκονομία mit „Barmherzigkeit, Gnade“ übersetzt. 

13 Man kann auch den Satz als Frage auffassen. 

Π 3f Diese Stelle geht m. E. zurück auf V, 10 und VI, 10. 

| Der Äth. fügt fälschlich hinzu „der Jungfrau“, 

Ὁ Wenn man liest acfn[Alacce nmaf heißt es: „sie formte 
h“ aber wohl kaum anzunehmen, da Christus als der Former 
er 4 


52 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostoloram. 


Äthiopisch 
das Wort!, in sie hinein und ward Fleisch, Ich war also 
mein eigner Bote und in der Gestalt eines Engels tat ich 80 5, 
So pflegte ich zu tun. Darauf ging ich zu meinem Vater 
zurück 3. 

Cap. 15 (26) Ihr aber feiert den Gedenktag meines Todes, 
das ist das Passah. Dann wird man einen von euch, die ihr 
vor mir dastehet*, ins Gefängnis® um meines Namens willen 
werfen. Und er wird bitterlich trauern und jammern, weil, 
während ihr das Passah feiert, wird er im Gefängnis sich be- 


S 2 n3n :AAh : „ich war mein eigener Bote“, 9 7" (ὧν 
1%. : ἈΎΤ᾽ συ. ı „während ihr... . feiert“, | 


glaubt hätte in Analogie zu Sarah (Gen. 18, 12), hier heißt es aber auch 

im Äth, unmittelbar vorher „und sie glaubte“. Vgl. aber die Note | 
von Schmidt, 1) AC regelrechter @PA : „und das Wort“, Fehlt | 
im Kopt. 2) BC mNAPAA: ΩΝ: mAhhn: „undindr 
Ähnlichkeit der Gestalt eines Engels“ in voller Übereinstimmung - 
mit dem Koptischen (VII, 12) gi orasoncıc fieıne TiauueAoc, 
gegenüber ALS, 3) Es wäre nicht undenkbar, daß dieser Satz, 
welcher in losem Zusammenhang mit dem vorhergehenden steht, zum 
folgenden gehört: „nachdem ich „... zurückgekehrt bin, tuet meine 
Gedenkfeier usw.“ Die Gliederung des entsprechenden kopt. Satzes 2 
gibt keinen sicheren Anhalt zur Entscheidung dieser Frage, 

4) AC &Ppm-ao- : „welche dastehen“. Fehlt im Κορέ, S om. 
“ΠΡ : „vor mir“, 5) ABCS richtiger fr : Pph: „Ge 
fängnis“ statt Ph: „Gefangenschaft“, 


seiner selbst gilt. Der Äth. bietet dafür in allen Hdd. „sie lachte“, 
als wenn ursprünglich im griech. Text gestanden hätte: ἐγέλασεν resp. 
ἐγέλασσεν. Das müßte dann schon im koptischen Text, der als Vor- 
lage für den arabischen resp. äthiop. Übersetzer gedient, gestanden 
haben, und eine Verlesung von πλασσεὲ und γελασσε war ja sehr 
naheliegend. Merkwürdig aber ist gerade von einem Lachen der 
Maria bei der Verkündigung des Michael in Orac. Sibyll. VII, 466 ff. die 
Rede, eine Stelle, die auch sonst mit unserem Text bemerkenswerte 
Übereinstimmung zeigt: αὖτις δ᾽ εὐφράνϑη καὶ ἰάνϑη κέαρ αὐδῇ! 
κουρίδιον δ᾽ ἐγέλασσεν, ξὴν δ᾽ ἐρύϑηνε παρειήν | χάρματι τερπομένη καὶ 
ϑελγομένη φρένας αἰδοῖ | καὶ οἵ ϑάρσος ἐπῆλθεν. Es handelt sich 
hier nicht um ein ungläubiges Lachen, sondern um ein Lachen der 
Freude. — Über das Lachen der Maria bei ihrer Reise nach Beth- 
lehem vgl. Protev. Jacobi ed. Tischend. c. 17 und beim Abendmahl 


 Koptisch 

| ging hinein in ihren Leib; ich wurde Fleisch (σάρξ), da (dxei) 
ı war mir allein Diener (dı@xovos) in bezug auf Maria 
einer Sichtbarkeit (αἴσϑησις) von Engelsgestalt (ἄγγελος-). 


erde ich handeln. Nach meinem Heimgang zum Vater, so 
‚gedenket ihr meines Todes. Wenn (ὅταν) nun 

‚das Passah (πάσχα) stattfinden wird, dann (τότε) wird einer 
vron euch 


ins Gefängnis geworfen sein um meines Namens willen, und er 
(wird sein) 
' mer ‚(Auxn) und Sorge, daß ihr feiertet (das) 


10 vgl. Joh. 1,14. 11 Über Christus als Diener seiner selbst vgl. 
. Sophia 8.890,31. 14 vgl. 1. Kor. 11,%. 15f. vgl. Act. 12,3, 
VII 1 ἕνεκεν τοῦ ὀνόματός μου Inc. 21, 12; vgl. Joh. 15,21; Apoec. 


"18 Wörtlich: „dies ist die Weise, wie ich tun werde“. Man 
nte auch die Worte: „nach meinem Heimgang“ zum Vorgehenden 
ἢ, ἃ. h. nach seiner Rückkehr wird Christus als Engel den 
erscheinen, wie er es einem der Jünger in Aussicht stellt. 
ν᾽ Satz würde dann beginnen: „Und ihr gedenket meines 
odes“, ‚Der ἅτ. bietet statt des Fut. „werde tun“ ein Imperf. „ich 

th. 


4 identifiziert direkt den Gedenktag des Todes mit 
Passah, aber dadurch fehlt der Vordersatz des folgenden Satzes. 
hat das U ;he bewahrt, wie auch die Beibehaltung der 


10 


54 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
finden!, und nicht wird er das Fest? mit euch mitmachen. Und 
ich werde meine Kraft in der Gestalt meines? Engels schicken, 
und es wird sich öffnen das Tor? des Gefängnisses®, und er wird 
zu euch kommen, um mit euch zu wachen und auszuruhen. 
Und wenn der Hahn kräht und ihr meine Agape vollendet 
und meinem Gedächtnis (Genüge getan habet), wird man ihn 
wiederum fortführen und zum Zeugnis ins Gefängnis zurück- 
bringen®, bis er frei geht und zu predigen (fortsetzt), wie 
ich euch befohlen habe.“ Und wir sagten ihm: „O Herr, hast 
du denn nicht selbst den Trank des Passah ’ vollbracht? Ist es 
denn notwendig, daß wir es wiederum vollbringen?“® Er ant- 


sont: mtr: Php: „ins Gefängnis“, 


1) Hier fügt A &ENM : „er wird besorgt sein“ hinzu, 
CBRENN: ΟΡ NY : „er wird in Sorge und Trauer sein“, im 
Gegensatz zu BLS und in Übereinstimmung mit dem Κορέ, (VIII, 4) 
quapArner vap. 2) In LBS Ahae : φυὴλισν- : A, TNd : 
„weil er mit euch nicht mitgemacht hat“, AC A,1Nd : an 3 
„weil er nicht das Passahfest gemacht hat mit euch“. C PA 
no» : A UM: Ο() ἃ. 74 : λ ἢ τ „weil er nicht war mit 
euch und das Passahfest nicht machte“, AC stimmen mit dem 
Kopt. überein (VIII, 4) fixe naqgeıpe em finnacxa etc. Das in C 
hinzugefügte A,UAe: „er war nicht (mit euch)“ entspricht vielleicht 
dem im Kopt. etwas früher stehenden ao» eqiinerm|haA] (VIII, 3) 
3) ABC mAAN: „eines (oder ‚des‘) Engels“ in Übereinstimmung 
mit dem Kopt. (VIII, 5—6) Tnarimar ..... HeahpınA narmeAoc, 
Der im Kopt. erwähnte Name des Engels (Gabriel) fehlt im Äthiop, 
4) Im Kopt. (VIII, 6—7) cenaoven fisı fipwor „und es werden sich 
öffnen die Tore“. Bei der Unbestimmtheit der syntaktischen Unter- 
scheidung des Plurals und Singulars im Äthiop. läßt es sich schwer 
bestimmen, ob ἈΦ, : „Tor“ oder „Tore“ bedeutet; gewöhnlich wird 
Ἀφ ῬΑ : als Plur. gebraucht, aber auch der Singular kann pluralische 
Bedeutung haben, zumal AFP&%': ursprünglich vielleicht schon ge- 
brochener Plural ist. Das Prädikat θβ,.7" ζ7 6)": ist tertiae „w*, 
und infolge des Schwankens der neueren Rechtschreibung bei diesen 
Verben zwischen @*: und @,: läßt uns auch hier dieses Mittel der 
Numerusunterscheidung im Stich. 5) AB fügen hier noch hinzu 
οὐδ ἧ : „und er wird hinausgehen und kommen“ in genauer 
Übereinstimmung mit Kopt. (VIII, 7) «τὴν aba‘ qı yapwrme, S bloß 
@P@dh τ „und er wird herausgehen“, 6) AB BRDNRP: 
„und man wird ihn nehmen“ statt des ähnlich lautenden PBRMP- 

#® :. Dem Kopt. (VIII, 11) cenarerg entsprechen genauer 51,0, 
7) ABCS &f,h : Passah. 8) Anders der Passus im Koptischen. 


(γάρ) er wird trauern (λυπεῖσϑαιὶ, daß er nicht feiert das 
Passah (πάσχα) 


* Er sprach zu uns: „Ja, eine Notwendigkeit 
‚ist es nämlich (γάρ) 


nie L „in der Gestalt meines Engels“ oder rich 
"ABO „... seines Engels“, mit Auslassung. des —— 


—— — 


18 Der Äth. bietet: „o Herr, hast du denn nicht selbst den 
ik des Passah vollbracht? Ist es denn notwendig, daß wir es 
eru ?“ Das geht wohl zurück auf Luc, 22, 18; ve. 
h. 26, 29; Luc, 22,18. In Ko, ist die Frage anders orientiert, 
: Jesus selbst Bezug zu nehmen. * 


10 


56 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
wortete uns: „Ja, bis ich vom Vater mit meinen Wunden ! 
zurück bin“. 
Cap. 16 (27) Da sagten wir ihm: „O Herr, groß ist dies, 
was du uns sagst? und uns enthüllest. Mit welcher® Kraft aber 


und in welcher Gestalt ist es dir bestimmt zu kommen?+ Und 


er sagte uns: „Wahrlich, ich sage euch, ich werde kommen | wie 
die Sonne in ihrem Aufgange, so werde ich auch in sieben- 
facher Glut aufleuchten in Herrlichkeit. Auf den Flügeln der 
Wolken in Glanz getragen, und indem mein Kreuz vor mir® 
einherschreitet, werde ich auf die Erde kommen, um die Leben- 
den und Toten zu richten“, οὗ 

Cap. 17 (28) Und wir sagten ihm: „O Herr, wieviel Jahre?“ 


S 7 nFAnAT : „in siebenfacher ... .* s Pl. N%4. : 
„auf den Flügeln“. 9 Apw-l: : „ich werde tragen“, 12 σὺ 
nz: ya ı „wieviel Jahre?* 


1) Im Kopt. (IX, 1) ya ὥοονε εἴπην ai nerargarbor erbur 
— „bis zum Tage, wo ich kommen werde mit denen, die um meinet- 
willen getötet sind“. S AZAATP : unbekanntes Wort für AXAd 
“fe » „meinen Wunden“. 2) Anstatt „was du uns sagst“ hat A 
Hhao : FINE : „was du tust“; B yham : PyNC : (von A nur 
durch den Unterschied der leicht zu verwechselnden 7 und ἡ ab- 
weichend) „wie du weilest“. Im Kopt. (IX, 2—3) neransaAnor 
τὰ nen figapıı oennas me. Mit Rücksicht auf figapii wäre es 
denkbar, vielleicht die Lesart B zu wählen und PyNd: als Hilfs- 
zeitwort zum folgenden @h/”TF τ zu betrachten: „was du uns 
(früher) zu offenbaren pflegtest“. Diese Bedeutung hat bekanntlich 
»Nd: im Amharischen. 3) C hat anstatt @NAß : „und mit 
welcher“ das lautlich etwas ähnliche @QYN,ß : „und mit großer“, 
was wahrscheinlich auf einem Diktatfehler beruht, da der fragende 
Charakter des Satzes sowohl durch das Koptische als auch durch den 
Sinn der Antwort Jesu bestätigt wird, und der Mangel einer Frage- 
partikel oder eines -Pronomens scheint im Äthiop. nicht üblich zu sein. — 
B wiederholt DNA : „mit welcher“ auch vor Ah: „Gestalt“, ent- 
sprechend dem zweimal im Kopt.stehenden πεῳ (IX,4). SONACAP: 
Im übrigen ist der kopt. Satz hier etwas vom Äthiop. verschieden, 
4) ABC haben den Indikativ Papa : statt des beim Hilfszeitwort 
üblichen und zu erwartenden Subjunktiv Pg®&A:. Mit Rücksicht 
auf die Einstimmigkeit aller drei Varianten und des Indikativs im Kopt. 
(IX, 3) πππὴν gũ ουσδλι etc. wäre es vielleicht nicht undenkbar, in 
uAmh: einen späteren Zusatz zu sehen und das Ganze mithin zu 
übersetzen „mit welcher Kraft .... wirst du kommen“. 6) Im 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 57 


᾿ξ 


Ἴων γάρ) ich ξ 
‚euch: Ich werde nämlich (γάρ) kommen in der Art der 


von Wolken mich (tragen?) 
m Glanz, und indem das Zeichen (σημεῖον) (des) Kreuzes (σταυρός) 
ie ich herabkommen auf die Erde, um zu richten die 


Ti die Toten?“ Wir aber (δέ) sprachen zu ihm: „O Herr, nach 


‚1 vgl. Apoc. Joh. 6, 9; 20, 4; Didache 16, 7; Apoc. des Elias ed. Stein- 
TU, N, F. II, 3a, 8. 108, 10. ΒΓ. vgl. Matth. 24, 30; Luc, 21, 27; 
rege 14, 62; Apoc. Joh. 1,7; Didache 16, 8; Ascens. Jes. 4, 147 
die Schilderung der Wiederkunft Christi in der Apoc. des Elias 
 Steindorff ibid. 8.87. 10 χρίνειν ζῶντας χαὶ νεχρούς ge 10, 42; 


μετὰ τῶν ἀποτεϑνηκότων ἕνεκεν ἐμοῦ vgl. Apoc. 20,4. Der Äth. 

arme Wunden“, Auch das ist eine alte Vorstellung, daß der 
Christus noch die Zeichen seines Todesleidens tragen 

6 vgl. Apoc. Joh, 19,18; Barnab. 7, 9 

τ 8 Der Satz: —— ———— kann. auch. zum Vorgeben- 

en u. Ζ. 10 lauten; „und ich werde herabkommen“. 
Bene „zugleich“ fraglich, vielleicht ist qu „tragen“ 


zum Koptischen hat A PAAP : συνῇ) Φδιῦ : „mit mir 


58 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopiseh 
Er sagte uns: „Wenn 150 Jahre vorbei sind, in den Tagen! des 
Passah- und Pfingstfestes, wird die Ankunft meines Vaters statt- 
finden“. Wir sagten ihm: „O Herr, jetzt sagst du uns: »Ich werde 
kommen, und du hast uns doch wiederholt gesagt: »Es wird 
5 kommen? derjenige, der mich geschickt hat«“. Und er erwiderte 
uns: „Ich bin ganz im Vater und der Vater in mir“, Darauf 
sagten wir ihm: „Wirst du uns wirklich bis zu deiner Ankunft 
verlassen? Wo werden wir einen Meister finden?“ Er aber er- 
widerte uns und sprach: „Wisset ihr denn nicht, daß wie ich bis 
10 jetzt hier war, so war ich auch dort bei dem, der mich geschickt 
hat?“ Und wir sagten ihm: „O Herr, ist es denn möglich, 
daß du hier und dort seiest”“ Er aber antwortete uns*: „Ich bin 
ganz im Vater und der Vater in mir, denn (ich bin) von seinem 
Ebenbild® und Gestalt, von seiner Macht und Vollkommenheit 
15 und von seinem Lichte®. Ich bin sein vollkommenes (oder: 
Wirkliehkeit gewordenes) Wort, 


S 3 om. ΟἽΗ, : „jetzt“. 10 VAD-M-: „war“. 12 MP: 
ΠΥ : „hier und dort“. 


7) AC haben YAhA : „zwischen dem Pfingst- und dm 
Passahfeste“, entsprechend dem kopt, (IX, 14) iirunre πτπεπτηκοο 
BR 5 ham ı 4.Za0 ı „Im 150ten Jahre, wenn die Tage ds 
Passah- und Pfingstfestes vorbei sind ....“ 2) AC om. Bam * 
Sh: „es wird kommen“, 3) Im Kopt. fehlt ein Stück von 
diesem Satze bis zu der gleichlautenden Stelle, welche Guerrier 
S. 60, Z.4 entspricht. Der Κορέ. Abschreiber hat sich durch die 
Wiederholung „ich bin ganz im Vater und der Vater in mir“ irre 
führen lassen und einige Zeilen übersprungen. 4) Bis hier die 
im Koptischen ausgelassene Stelle. 5) Im Text APAA- : „sein 
Ebenbild“; es ist aber sehr wahrscheinlich, daß ursprünglich *AgPA 
PA „von seinem Ebenbilde* gestanden hat, nur hat der Abschreiber 
die Präposition 49® ; „em“ infolge ihrer Ähnlichkeit zum Anlaut von 
„amsälü“ übersprungen, 6)B om. @AP-NCYT- : „und von seinem 


Lichte“. 7) AC DOAPE9-P: PA: „und vom vollkommenen 
Worte“ mit Auslassung des Pronomen „ich“, und in gewisser Über- = 
einstimmung mit dem Kopt. (X, 6) 307 ποι erssmr aba‘ if πορὰν 5 


— „und des vollkommenen Maßes und der Stimme“. Genau ist 
die Übereinstimmung nicht, ‘und es scheint der Fehler auf äthiopi- 
scher Seite zu liegen. Sowohl DAY: &4.9° ı PA: „und ich bin 
seine vollkommene Stimme“ wie auch das etwas richtigere DAPE 
8-9° : PA: in AC stehen in schroffem Gegensatz zu den fünf anderen 
vorhergehenden Substantiven. Es ist somit wahrscheinlich, daßursprüng- 


| Äthiopische und koptische Übersetzung. 59 
— Koptisch 
ijeviel Jahren wird dies geschehen?“ Er sprach zu uns: 
Wenn das Hundertundzwanzigstel vollendet sein wird, 
‚der Ungesäuerten wird stattfinden die Ankunft des Vaters“. 

* x 


F werde kommen — ne Wie (πῶς) sagst du: der, — 


mieh gesandt 
— ist der da kommen vird?“ Da (τότε) sprach er zu uns: 
leh bin ganz [sicht auf) 


En Sache), d. 


2 χαὶ πῶς λέγεις Joh. 12, 34. 3f. vgl. Joh. 10, 38; 14, 10. 11. 20; 
21.22.23 u. Acta Joh. ed. Bonnet p. 201, 11. 7 vgl. Joh. 1,1. 


„18 Wörtlich: „der hundertste Teil und der zwanzigste Teil“ — 
τὸ ἑκατοστὸν καὶ τὸ εἰκοστόν. Äth. abweichend „wenn 150 Jahre 
vollendet sind“. Der lat. Text setzt hier wieder ein, aber leider ist 
Zahlwort vor anno implente unleserlich, 
14 νι. L: „in den Tagen der Pentekoste u. des Passah“, aber 
bieten in Übereinstimmung mit Ko. u. Lat. (inter pentecosten et 
na) den richtigen Text green regen Bee 
Äth. „meines Vaters“ wie Lat. patris 
1 In Ko. ist die Anrede ὁ Herr“ erh et vgl. Äth. u. Lat. 
| qui te misit. 
hat Ko. eine Reihe Sätze übersprungen infolge des 
ppelten: „Ich bin ganz im Vater“. Dies scheint schon bei der Über- 
jung aus dem Griechischen stattgefunden zu haben. Der Äth. bietet: 
rauf sagten wir ihm: „Wirst du uns wirklich bis zu deiner Ankunft 
1586 werden wir einen Meister finden?“ Er aber erwiderte 
‚und sprach: „Wisset ihr denn nicht, daß wie ich bis jetzt hier war, 


τι es denn möglich, daß du hier und dort seiest?« Der 

Lat. lautet: Quid est quod derelinquis nos usque ad adventum tuum? 
i auten —— — damit endet die latein. Übersetzung. 

r Äth. übersetzt auch hier das unbekannte sım mit „Macht*. 


« 


ei 


60 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

Cap. 18 (29) Es war', nachdem? er gekreuzigt worden, ge- 
storben und auferstanden war, (als vollendet war) das Werk, 
das im Fleisch vollbracht ward *, und er gekreuzigt ward, und die 
Himmelfahrt am Ende der Tage’ geschah, da sagte er dieses®: 
„Die Wunder, die Symbole? und die ganze Vollendung werdet 
ihr sehen (oder: Alles werdet ihr genau sehen?) in mir infolge 
(wegen) der Erlösung, die durch mich ὃ stattfindet, und indem ich 
zu meinem Vater gehe, der im Himmel ist. Nun aber” gebe ich 
euch ein neues Gebot, daß!" ihr nämlich einander liebet und 


S 9 ‚h#%.A : „neues“ correcter als ἐμῇ : in L. 


lich für @A% : ein D@AJ® : (wie in AC), für &%.9° : ein entsprechendes 
Substantiv derselben Wurzel, etwa ἡ συν. und für PA sein mh 
φο Pf : gestanden haben könnten. Möglich und vielleicht wahrschein- 
licher ist die Vermutung, daß im äthiop. Text die dem Κορέ. ngı ers 
abaA M nepar entsprechenden Worte fehlen, und @AY : E2.9° ı 
PA : richtig ist, indem es dem weiter im Kopt. (X, 7) stehenden 
anar me nAovoc entspricht. Das Überspringen des Satzteiles (etwa 
DARPEZaO- : ( Δ 95 Δ" :) wurde dem äthiop. Abschreiber durch 
den Umstand ermöglicht, daß im Geez PA : sowohl „Stimme“ als 
„Wort“ (hier „Logos“) bezeichnet, und im ursprünglichen Text PA : 
zweimal nacheinander stand. S DAPEAZU : OHPFAI ı 
NCY/r-:@hy: PA: (ohne Interpunktion nach PA :) „von seiner 
Vollkommenheit und von seinem vollkommenen Lichte(?), und ich 
(bin) sein Wort“. Das @AY: PA- : im S entspricht fast genau dem 
Kopt. (X, 7) anar ne nAowoc. 1) Hier scheint eine spätere 
Einschaltung, von NA : ἣσν : PAPA: bs ἨΈ : NE 
707, :, enthalten zu sein, eine Stelle, die im Koptischen fehlt. 
Merkwürdig allerdings, daß die eingeschaltete Stelle gerade mit 
demselben ἬΝ » anfängt und auslautet; in solchen Fällen 
ist ein Übersprung im Kopt. wahrscheinlich, Aber hier in unserem 
Falle gibt die besprochene Stelle keinen Sinn und wird wohl doch 
ein späterer Einschub sein. 2) Für σης: pfPpA: hatA Ham : 
+APpA: „daß er gekreuzigt ward“. A und werden in den 
Mss. leicht und oft verwechselt, 3) Hier fügen AC yYF : 
ENnA: „dies sagte er“, LB AZH:NFT : RNA : „indem er 
dies sagte“ hinzu; der Satz scheint ein überflüssiger Einschub 
innerhalb der ganzen Einschaltung zu sein. 4) ABC FC : 
Hnao : 71 “724 : 179: „das Werk, wie es im Fleisch vollbracht 
ward“. Der Sinn und noch mehr der. Zusammenhang mit dem 


Context sind dunkel, aber merkwürdig diese Übereinstimmung dreier = 


Häschrr. S ΗΠ} 9 : „das im Fleisch“, Vgl. auch folgende Fuß- EL 
note. 5) ABC bloß 40% : AP“: mit Auslassung der 


61 


h..... (der Gedanke), vollendet im Ty- 

ag (röxog); ich bin geworden in (der) Acht/heit), welches ist 
die χυρια- 

er Die gesamte Vollendung aber (δέ) der Vollendung werdet ihr 
sehen infolge der Erlösung, die stattgefunden hat in bezug auf 
mich, und 

ihr werdet mich sehen, wie ich gehen werde nach oben zu 


A meinem Vater, der 
sich im Himmel befindet. Aber (ἀλλά) siehe nun, ich gebe euch 
‚ein neues Gebot (ἐντολή): »Liebet einander und 


urn. 1 Blatt fehlt PETE νυν ῳ 


— — 


ee E Dar die Bensichuung: der need ala den 8. Tagen vgl. Barnab. 18,8; 
Justin, Dial. c. 4. 41.138 (dazu Zahn, Skizzen aus d. Leben d. alt. Kirche, 
8.315, Anm. 30). Über die Gleichung ὀγδοάς — χυριαχή #, Clem. Al. exe. 
Ξ, ergo 63,1: ἡ μὲν οὖν τῶν πνευματιχῶν ἀνάπαυσις ἐν χυριαχῇ, ἐν 
τ δ) ἢ χυριαχὴ ὀνομάζεται ete.; vgl. auch Strom. VIL,57,5 und V,106,2—4. 
12 ὁ πατήρ μον ὁ ἐν τοῖς οὐρανοῖς Matth. 7,21 u. d. 14 Joh, 13,54 
—5 8, 33, 


* 8 Die von mir früher vorgeschlagene Ergänzung anar me sehr 
; möglich, daß statt [nmeo)re zu ergänzen ist [mye)ae — 
κα entsprechend dem Äth. „das vollkommene Wort“, aber Ko, 
aa dich Adsirack —— Der Äth. hat aus 


ae 
‚sinnlose Einschub; vgl. die Bemerkungen zum Äth. 
ἣν 11 Äth. ἡ πὰς mich*. 


Prüpos. 0. also , „das Ende der Tage“. 6) „geschah® u 
er dieses“ sind ergänzt und ist der Satz i 
der vorhergehenden Zeile entnommen (vgl. die drittletzte Fuß- 
je). Der ganze Absatz ist überhaupt dunkel. Da er eine spätere 
Einschaltung ist und im Kopt. fehlt, und da ferner auch das im 
#t, Vorhandene ebenfalls nicht ganz verständlich, resp. lücken- 
st, so ist auf eine erfolgreiche Rekonstruktion wenig Hof- 

ng In dem Ahlop. AER"T ı RAR: („in der Vollendung der 
scheint eine Reminiszenz des kopt, ersun aba gi mrrnoc 
enthalten zu sein. 7) CS ἈΦ ΛΔ. : „und ihre 
"ahran doch müßte eher "ἘΝ 9 ΔΛ 07: stehen. Soll 


d Schmidt das entsprechende wyapaf (kopt. Text, X, 11) über- 
ΕἾ bezug anf mich, 9) A om. Ah: — im Gegensatz 
kopt. (X, 13) aAAa ecre se etc. 10) B om. hen: „daß“. 


© Shmaiät-Wapnbeng: Apintela apestulerum. ὦ 


Äthiepisch 
einander gehorchet! daß immer Finede — euch —— ΓΙ ἐδ 
läebet eure Feinde, und was ihr nicht wollt, daß | man uch 
aufüge, das tat auch keinem andern, a 

Cap. 19 (30) Und dies? predigei auch ihr und lehrei die- 
jemigen, die an mich glauben, und prediget das Himmelreich 
meines Vaters’, und wie mein Vater? mir die Gewalt gabt 
damit ihr die Kinder meines himmlischen Vaters näher bringe, 
Ihr prediget, und sie sollen den Glauben gewinnen, daß ihr es 

SM u I KIM 4 Disc ἢ. ὃ; Asp KO 
Apostel. Opmet, VIR 1; ναὶ. Matth. 7, 1% Lac & 8, ἴ νρὶ. ἴα 3.8. 
γὸ τρὶ δ) διὃτ: MAR γα ὶ τρὶ Math δα 

δὰ MIT: „am ar Namen“ statt gPp: „an mich“ 


* 


Ninder naher bringer meinem u a Vater”, 8 
AA: Vaa-hen: „ .... und sie sollen den Glunben 1 
Ihr werd es, denen es bestimmt ist, wew, ....* 


1) AS om, ΦἸ ἈΝ. NNESThen: „und 
ander‘, ὃ) Guerrier gliedert NT a Ayten: 
ihr* dem Vorbergehonden an, was ihn zu ἃ Ἴ 
zwingt: et ce que vons (vonler qa ὍΝ vous fassen, faitene war 
S hat auch kein Interpanktionszeichen nach A Peer. 
‚aBcL ΘΗ δ ı Ay : ah : (in den —— 
mr. — re “ (im nenen Aa) 8) 
PETE TTR „das Reich meines Vaters“, 4 
At: mein Vater, — * — 
geben“ mach —22 L 


sid usw.“ uns * 
schiedenen — der — Nütge noch — 
per: ergänat = überseizt: „(ainsi je vous ia danme), poar 
u τοὺς (aper) ies Als de mon Püre oßleste‘, was 

einzelnen Sitze aus ihrem Gefüge zu reißen u 
zu versetzen, a N een Ze 


ger 
Kt 


᾿Ἰπδδδο ὧδ biytiecte Übsitnng, 63 


ο΄ Äthiopisch 
seid, denen es bestimmt ist, seine Kinder! dem Himmel zuzu- 
führen“. Und wir sagten ihm: „O Herr, dir ist es möglich, was 
du uns gesagt?, zu erfüllen?. Wie werden wir* es aber im 
- stande sein?“ Er sagte uns: „Wahrlieb, ich sage euch, prediget 
5 und verkündet, wie ich (es euch sage), (denn) ich werde mit euch 
 sein®, weil es mir wohl gefällt mit euch zu sein, damit ihr 
meine Miterben * werdet im Himmelreieb, (in dem Reich) dessen, 
der mich gesandt hat. Wahrlich, ich sage euch, ihr werdet 
mir Brüder und Genossen sein, denn es hat mein Vater an euch 
Ὁ Woblgefallen gefunden, und es werden sein, die durch euch an 
mich glauben’. Wahrlieb, ich sage euch: solch’ eine Freude 
und eine so große hat mein Vater® (euch) bereitet, daß die 
Engel und die (Himmels-)Mächte begehrten und begehren?, sie 
zu sehen und anzuschauen, es ist aber ihnen nicht vergönnt 
36 worden, die Herrlichkeit meines Vaters zu sehen '*“, Wir sagten 
" β: „O Herr, wie ist das, was du uns sagst? 


s Vol. Matth. 23,20. 7 Ve. Böm. 8,17. 13 Vgl. 1. Petr. 1,12. 


δ΄ 8 a ae: vor ἈΠ 6: ..... euch bereitet“. 16 iA 
Yr:9777 : Dh τ Abi: εἰς. „weshalb ist das (und) wie, was 


0.4) Ὁ om. AMP ı seine Kinder. AB @-AM-f.r die Kinder. 
ΟΦ CHuhCH : „was wirerwähnt haben“. 3)Im Texte FINC » „daß 
du erfüllest“, A hat ὙΠ: „daß wir erfüllen“. 4) C om. ah: 
wir. 5) Vielleicht wäre richtiger: „verkündet, daß ich mit euch sein 
werde, denn es gefällt mir wohl usw. ....“ Guerrier anders, mit 
manchen vielleicht zu vermeidenden Ergänzungen. δ᾽ BC ePpL 
ΔΊΣ » meine Miterben. 7) © om. mp : AHA : ΘΟ Ὑ. - nam: 
und es werden sein, die durch euch an mich glauben“. AS haben 


euch und an diejenigen, die durch euch an mich glauben“, Die 
'ar. AS ist augenscheinlich die richtigere. S om. ἢ σοι: „durch 
euch“, 8) B hat KUNG » „Gott“ anstatt AP s „mein 
Vater“, welches auch in © fehlt. 9) C 440% : @PAAIM. : 
„er hat mich gesandt (oder „er hat auch (2) gesandt“) und sie 
en gesandt* für Zr, : DEE : „sie begehrten und 
 begel: A hat Zr: „sie begehrten“; Pr: „sie be- 
ehren“ fehlt. Die Var, Ο 240: ὦ 14.7, τ ist wahrscheinlich 
aus einer Verwechselung mit dem ähnlich lautenden Zt. : ὦ, 
fo, « entstanden; die Verwechselung wurde noch erleichtert durch 

; usuelle Zusammengehen von ἈΠῸ » und Z3@% : in der oft 


64 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

Und er antwortete uns: „Ihr werdet ein Licht erblicken, das heller 
als das Licht leuchtet!, und vollkommener ist als die Vollkom- 
menheit. Und der Sohn wird? durch den Vater, das Licht, voll- 
kommen werden, denn vollkommen ist der Vater, der den Tod 
5 und die Auferstehung vollbringt?, — und eine Vollkommenheit, 
die vollkommener ist als das Vollkommene*, Und ich bin ganz® 

die Rechte des Vaters, in ihm, der vollkommen macht“ ®, 
Und wir Zwölf sagten ihm: „O Herr, in Allem wardst du uns 
zur Erlösung und Leben, und solch’ eine Hoffnung verkündest 
10 du uns!“ Und er sagte uns: „Seid getrosten Mutes und stark! 


S 10 @ATNO- : „seid .„.. stark!“ 


in diesem Texte wiederkehrenden Formel AM-f : H4.7@%: „mein 
Vater, der mich gesandt hat“, so daß das eine Wort bei dem 
Abschreiber unwillkürlich das andere unter die Feder drängt, SF 
@-nov- : DPRZT@,: „hat mein Vater euch bereitet, welche ihr 
begehrtet und es begehrten die Engel, usw.“ 10) C om. @A,PN 
@-hP συ. : HP: AhrP : RCAR : „es ist ihnen aber nicht ver- 
gönnt worden, die Herrlichkeit meines Vaters zu sehen“. B hat für 
die erste Hälfte des Satzes („es ist ihnen nicht vergönnt nase 
bloß CAP: „sehet!“ SD@A, PN@-han- : Ang: : ete.... „er (Gott? 
hat ihnen aber nicht vergönnt ete,...* | 
1) Guerrier erachtet diese Auffassung des Passus für möglich, 
gibt aber einer andern Übersetzung den Vorzug „voyez la lumiere 
(venant) de la lumiöre ete..... „Der koptische Text scheint diese 
letztere Deutung nicht zu bestätigen, Die entsprechende Stelle, die 
übrigens recht lückenhaft ist, lautet dort (XI, 1 4): .... asajeme 
sies er|zace anerporaceme ....... SWR ersnk ahba‘,...., was 
Schmidt übersetzt: „ein Licht „..., (das) erhabener ist als das, wel- 
ches leuchtet, .... die Vollendung, die vollendet in....* Letzterer 
Satz lautet im Äthiop. DEZ.D : APGE-FA.JP - — entweder „und 
vollkommener ist als die Vollkommenheit* oder mit Guerrier „le 
Parfait (venant) du Parfait“. Beides ist vom Koptischen verschieden. 
Hier kommt uns B zu Hilfe, indem es die Var. DE. ı 54.9: 
enthält, was entweder genau dasselbe wie das Kopt. bedeutet „und 
die Vollendung vollendet ....“ oder „und das Vollendete des Voll- 
endeten, das  Vollendetste*. Vgl. auch die drittfolgende Fußnote, 
5 FahR : „ihr werdet sehen“, 2) Ebenfalls futurisch aufgefaßt 
im Gegensatz zu Guerrier. Im Koptischen hier eine kleine Lücke. δὰ 
3) Abweichend Guerrier, welcher die Satzteile anders gliedert, manches 
ergänzt und übersetzt „le Pre qui rend parfait, qui de la mot 
(fait passer) ἃ la r&surrection“. Ergänzungen sind aber möglichst 
zu meiden. Guerrier gliedert den Satz gemäß dem Pausazeichen nach 


Sa Koptisch 


ΧΙ 

Ber, (na) 
isch zu uns): „Ihr werdet nämlich (γάρ) schauen ein Licht, 

is) erhabener ist als das welches leuchtet ...... 

᾿ εν die Vollendung, die vollendet in ....... 

D ich bin ganz die 

5 (Rechte) des (Vaters, der....) mich?, welcher ist die Vollkommen- 

heit“. Wir aber (δέ) sprachen 

{χα ihm: „O Herr,) in allen (Dingen) bist du geworden uns 

ea und) Leben, (indem du) uns verkündigst 

Er sprach zu uns: „Seid ge- 


8 ϑαρσεῖτε Matt 14,97; Joh 16, 33; Mare, 6, δῦ. 


“15 Mit Hilfe des Äth. kann man einige der zerstörten Stellen 
besser ergänzen: Z, 2 [nei erisace — 7. 3 τονίπδαι) — 7, 7 [πον- 
; mi] πωπί 9] — 7. 13 [Hrehiipnomwner en a — Z. 14 [aAda 
τῇ — 2.15 [ἀττέκο finacwr)], 
- 1 Die Vermutung von Guerrier, daß hier der Verfasser Kennt- 
; des Symbolum von Nicaea zeige, wird durch Ko. widerlegt; auch 
die zweite von G. vorgeschlagene Übersetzung der Stelle im kom- 
ativen Sinne die richtige. Äth. bietet einen längeren Text, der 
cht — — enthält, z. B. die Identifizierung Gottes mit 
| (vgl. XXIX, 1. 2). 
; Am Schluß der Zeile muß ein griech. Wort auf on gestanden 
‚ vielleicht [mreReılon -- „dem Vollkommnen*, 
5 * „mich“ vielleicht komparativisch zu fassen „als ich“, 
man ergänzt erzace „der erhabener“. — Äth, fälschlich: und 
Zwölf“, da ja die Offenbarungen nur den ΕἸ zuteil werden un- 
elba nach der Auferstehung. 
Viell. fragend: „verkündigest du uns eine solche Hoffnung ?* 
‚ „Hoffnung“ nach dem Äth. ergänzt. 


Ὁ, weiches Zeichen aber in 8 fehl. 4) Soll dieser Passus 
Ber (vgl. o, Anm. 1) im Κορὲ. haben (XI, 3) nzwr 
Γ ἐλ" δ) ἩΔΎΣ. ist wie im äthiop. Text über- 
t in Übereinstimmung mit dem kopt, anar Tupf τε tovjnau]. 
rrier bezieht es zum folgenden Satz. 6) Im Kopt. (XI, 4) ere 
vo me „welches ist die Vollkommenheit“. Daß hier nicht alles 
‚ist, —8 kopt. apaf, welches sich dem Äthiop. nicht recht 


10 


66 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Äthiopisch 

Wahrlich, ich sage euch: soleh eine Ruhe wird euch zuteil 
werden, wo es weder Essen noch Trinken, weder Trauer! noch | 
Sorge, weder irdische Hülle noch Vergehen gibt? Und ihr 
werdet Genossen nicht? der irdischen Schöpfung, sondern 
derjenigen meines Vaters*, die nicht verwest, damit ihr nicht 
vergehet5. Wie ich immer in meinem Vater (bin), so auch ihr in 
mir“. Und wir fragten ihn wiederum: „In welcher Gestalt (aber)? 
in der der Engel oder vielleicht im Fleisch?“ Und er beant- 
wortete uns darüber und sagte: „Ich habe euer Fleisch angezogen, 
in dem ich geboren, getötet, begraben® und auferstanden war 
durch meinen himmlischen Vater, damit erfüllet wird, was durch 
den Propheten David über meinen Tod und meine Auferstehung ἢ 
gesprochen ward: 


S 6 AYTo-% : „auch ihr“. 11 BT4AAIP ı „erfüllet 
wird“ fehlerhaft statt BZ.“ ». 


1) Das Kopt. hat hier (XI, 12) [ve]Au[A] „Jubel“, wir werden 
also besser DA,UAP-: (S @A,chAP-:) zu hAP : (manchmal 1 2) 
ziehen, also — „noch Gesang“, 2) Im Kopt. ineriigpni [gung] —= 
„denen, die in ihm“; 5. aber die Note zum kopt. Texte. 3) CS 
haben hier @A,FTZT :, ziehen also auch dieses Nomen zum 
Vorhergehenden: „weder Vergehen noch Schöpfung“, was sehr wahr- 
scheinlich ist. Der kopt. Text hat hier eine Lücke und gibt keinen 
Anhaltspunkt. A hat @NFPZLT : ohne Negation, was am wahr- 
scheinlichsten bloß auf einem Fehler beruht. Für A3h: (LB) = 
„also“ („ihr werdet also nicht Genossen usw.“) haben AS das ähnlich 
lautende Anh: („bis daß“ oder „so daß ihr Genossen werdet usw.“). 
In Ο fehlt die entsprechende Conjunction. 4) A AAN? : „der- 
jenigen, die in meinem Vater“. Vielleicht steht aber fJ nur für 
das leicht in der Schrift zu verwechselnde A, was „derjenigen meines 
Vaters“ hieße. Vgl. S 2.771 : AMP : „derjenigen meines Vaters“. 
5) Oder „ihr werdet unvergänglich werden“, In A fehlt "ἢ 
49.7.1. also „meines Vaters, die nicht verwest, die ihr nicht ver- 
gehen werdet“ (oder bloß eine bedeutungslose Dittographie mit an- 
gehängter Pluralendung?). 6) Dem ar Pr δι" : ot ΦΗΓ(Ὦ-: 
„ich bin getötet und begraben worden“ entspricht im Kopt. (ΧῊ 5) 
δον aypcraspos. 7)B@ONAFT:HTTNZ:NATT : ΡΛ: 
„und über das, was in betreff meiner Auferstehung geschehen war“. 
5 ΘΗ ὙΠῸ : „und in meiner Auferstehung*. 


11 Die Ergänzung {πτπ|εὲ fraglich; Äth. „solch’ eine Ruhe“. 
Ist vielleicht [itg]e „von dieser Art“ zu ergänzen? ; 


67 


; Koptisch 

trost (habt Vertrauen) und ruhet in mir! Wahrlich (ἀμήν) ich sage 
euch: Eure Ruhe (ἀνάπαυσις) wird stattbaben 

(oben?), an dem Orte nämlich (γάρ), wo es gibt (weder) Essen 
noch (oure) Trinken, weder (οὔτε) 

(Jubeln) noch (οὔτε) Trauern (λυπεῖσϑαιὺ noch (οὔτε) Vergehen 
dienen, die sind in 

(ihm. Ihr) nämlich (γάρ) habt nicht teil (zomworeir) an 

a δον εν ‚ (sondern (ἀλλά)) ihr werdet empfangen von der 

15 (Unvergänglichkeit meines Vaters. Wie ich mich) befinde in 
ΧΗ 


 Grerdet verdet ihr) selbst (euch befinden) in mir“. Wiederum (πάλιν) 


(sprachen 
Ge ihm: > — Gestalt? In der Art von Engeln (ἄγγελος) 
oder (ἢ 
auch (im Fleisch (s@g8)?* Er) antwortete und sprach zu uns: 
(Siehe, ich habe) 
angezogen (euer) Fleisch (σάρξ), in dem (ich) geboren 
d — (sravpoör) (und) aufer- 
standen bin durch meinen Vater, der (im Himmel), 
* ’erfüllet würde die Prophezeiung (προφητεία) (des) 
(προφήτης) David in betreff dessen, was (verkündigt) ist 
| ' mich und (meinen) Tod und meine Auferstehung, indem 


9 ἀμὴν λέγω ὑμῖν aus den Synopt. 11 vgl. Apoc. Joh. 7, 16. 
vgl. 1. Petr. 1,4. XII 1 vgl. Joh. 14,20; 15, 42, 9 vgl. Luc. 34, 44. 


12 Äth. „weder irdische Hülle noch Vergehen“. Der Äth, hat 


Sollte die Ergänzun „Jubel“ nicht rich 
δε. „Sorge“ bietet, so —— * [pls se) _ eg 


-3 Schluß ai. — Z. 4% Te[ti]capg — am Schluß πρητς — 2.6 statt 
— „der mich gesandt hat“ besser πετίοπ finnve]. 
| * 


10 


68 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
1) O Herr, wie viele sind, die mich bedrängen; 
Viele haben sich gegen mich erhoben; 
2) Viele sagen zu meiner Seele: 
Nicht gibt es (für ihn) Hilfe bei seinem Gott. 

3) Du aber, o Herr, bist mein Beschützer, 

(Du) — meine Ehre und der Erheber meines Hauptes, 

4) Meine Stimme erhebe ich zu Gott, 

Und von den Höhen seines Tempels erhörte er mich. 

5) Ich legte mich nieder und schlummerte ein 
Und stand auf, denn Gott hat mich ermuntert. 

6) Ich fürchte mich nicht vor den Tausenden von Menschen, 
Die mich umringen und sich gegen mich erheben. 

7) Erhebe dich, o Herr (und) mein Gott, und rette mich, 
Denn du hast alle gezüchtigt!, die mich umsonst hassen, 
Und die Zähne der Sünder hast du zerschlagen. 

8) Gottes ist das Heil, 

Über dein Volk ist dein Segen. 
Es ist also alles, was durch die Propheten gesagt worden, 
erfüllet und geschehen und durch mich vollendet worden?, denn 


20 ich habe ja durch sie gesprochen. Um wie viel mehr wird 


alles wahrhaftig verwirklicht werden, was ich euch selbst ver- 
kündet habe’, damit gepriesen werde derjenige, der mich ge- 


δ 3 add. A,P2-47h,: APAHNn, » nach AFP: — „.... zu 
meiner Seele: es wird dich dein Gott nicht erlösen und nicht * 


es usw.“. In der Polyglotte Waltons n. TEE 


ohne han N — AAN 3, also bloß — 
dein Gott nicht retten“, 5 AYTd : „Du aber ....“ wie in 


der Polyglotte. 6 Die Polyglotte hat omAdAr ı ΓΤ P 
„und die Spitze meines Hauptes“ oder „und über meinem Haupte“, 
11 Ay’hANE : „vor den Tausenden ,...“ wie in der Polyglotte, 

15 γι συ. : ΛΔ ἈΎ :ANCh : „Die Zähne der Sünder hast 


du zerschlagen“ wie in der Polyglotte (daselbst auch ἢ.» :, πο 


n?7E:. 18 ἨΗΤ Δ". ἀἴοβ, was....... gesagt worden .....* 


20 A@&:AFh: „um wieviel mehr nun“, 21 yAm-: 41ßh 


49. : „welches .... verwirklicht werden wird“, 


1) Ο mAßhnav-: „du hast sie niedergetreten, vernichtet“, Die 


Polyglotte hat in der "Psalmübersetzung Φφινηϊῃσν- ; wie ACL. | 
S Φφινηϊῃσν- : Area»: : —— etc. — „du hast sie alle 
gezüchtigt und niedergetreten, die mich ....* ᾿2) A bloß 44 


| Koptisch 

(0 1) © Herr, zahlreich sind geworden, die (streiten) 

mit mir, und viele haben sich erhoben wider mich. 

2) Viele sagen zu meiner Seele (φυχή): Nicht gibt es (für ihn 


bei Gott. 3) (Du aber (δέ), o Herr, bist) 
mein Beschützer, (du bist mein Ruhm und der erhebt) 
5 mein Haupt. 4) Mit meiner (Stimme schrie ich hinauf zum) 


ΧΠῚ 
ne 


Herrn, und — — 5) Ich legte mich nieder und ent- 

τ schlief; 

ieh stand auf, denn PR o Herr, bist mein Beschützer. 

6) Nicht werde ich mich fürchten vor Myriaden Volks (λαός), 
die ringsum sich mir widersetzen. 7) Erhebe dich, o Herr! Rette 

‚mich, mein Gott! Denn du hast niedergeschmettert alle, die 

mir feindlich sind ohne Grund; die Zähne der Sünder 

‚best du zerschlagen. 5) Dem Herrn ist das Heil und sein Wohl- 


gefallen 

über sein | Volk (λαός). — Wenn aber (δέ) alle Worte, die 
‚geredet sind sind durch die Propheten (προφῆται), erfüllet sind 
durch mich — ich (selbst) nämlich (γάρ) habe mich in ihnen 
befunden —, um 

* viel mehr (200@ μᾶλλονὶ wird das, was ich euch sage, wahr- 
haftig haftig (ὄντως) [das was ich euch sage] geschehen, damit 


OR. Paalm 3,1-8 XI 9 vgl Hebr. 1,1. 101. Petr. 1,1. 
ἵνα δοξασϑῇ ὁ πέμψας με vgl. Joh. 13, 31. 32. 
XII 108. Der Kopte hat den Psalmtext unverändert übersetzt, 
während der Äth. nach dem Grundtexte conformiert hat, 


8 Die noch die griechische Konstruktion wiedergebende 
» Übersetzung: Br ping ng nen here —— 


—* 


12 „das was ich euch sage“ ist Dittographie. 


Fi DIN: „gesagt und erfüllet“ . τα 8) AC Ἀῤηὸ 
s „ich habe euch —— —— pno»-: „ich 
le Amar name 


70 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
sandt hat, von euch! und denjenigen, die an mich 
glauben‘. 
Cap. 20 (31) Als? er dies zu uns gesprochen, sagten wir ihm: 
„O Herr, du warst uns in Allem gnädig und hast uns erlöset? 
5 und uns alles enthüllt‘, Noch | eins aber möchten wir dich 
fragen, wenn du uns gestattest‘‘. Und er antwortete und sagte 
uns; „Ich weiß, daß ihr aufmerksam vernehmet® und zu hören 
euch sehnt, worüber ihr mich zu befragen begehret. Nun fragt 
mich, behaltet (es) im Gedächtnis und höret, denn es ist mir 
10 angenehm mit euch zu sprechen‘, 


Cap. 21 (32) Wahrlich, ich sage euch: wie der Vater mich 
von den Toten auferweckt hat’, so werdet auch ihr im Fleisch® 


S 3 @YN, Ar ı „und wir sagten ihm“, 5 νην » „eins“. 
6 Er erwiderte uns und...“ 7 AAPCı „wisse“ 
(imper.), aber wahrscheinlich bloß Schreibfehler statt AA°C :. 


1) A ῃ:"η,ῆσν-: „bei euch“, BCS 95 “10, σν-: „von euch“, 
Sämtliche vier Varianten im Gegensatz zu AY’-jf,P: „von mir“ 
in L und in Übereinstimmung mit kopt. (XIII, 18) irernne, S hat 
nach AF®-YN,no®- : „von euch“ Pausazeichen. 2) C hat hier 
die richtigere Lesart DAFH:. S @AJ®N : „und darauf sagte er 
uns dies .. .* 3) A hat statt ( ἢ θ᾽“ 2 ΎΎΠ, : „du hast 
uns erlöset“ der übrigen Mss. die Lesart @AhPf@m-@-h:, eine 
corrumpierte Form, wahrscheinlich für ursprüngliches ἘΦ 
@-NY : „und hast uns wiederbelebt“. Dem koptischen (XIV, 1 
artoszan entprechen die anderen drei Hdschrr. 4) Abweichen 
von Guerrier (toi qui nous as révéle) und in Übereinstimmung 
mit dem koptischen (XIV, 1) aroswng aba, 5) Das Koptische 
hat hier (XIV, 4) vernags, was mit dem Äthiopischen nicht gut ver- 
einbar scheint. 6) Im Hinblick auf das Kopt. (XIV, 5) ετᾶε 
NETEINOFTAET De Wir ΡΟ δὸν Friamyexze neusrme naAwe „in 
betreff dessen aber, was ihr wünschet, fraget mich darnach, so werde 
ich mit euch in schöner Weise reden“ würden wir lieber QAFF : 
HTE.P8.:TAAArZ : „in betreff dessen, was ihr mich fragen wollet“ 
mit dem darauffolgenden Satz in Verbindung bringen, für TAhhZ : 
„daß ihr mich fraget* durch Änderung des ersten Buchstabens ein 
"AAN: „fraget mich“ reconstruieren und den ganzen Passus 
folgendermaßen übersetzen „in betreff dessen, was ihr wünschet, 
fraget mich ...... und es wird mir angenehm sein, mit euch zu 
sprechen“. In diesem Falle wäre Fe : AyTao-: FAArz:o FH 
n%- : 19° 0- : (AC om. ἢ 950. :, ΒΒ APP :) = „siehe, ihr fraget mich 


‚Äthiopische und koptische Übersetzung. τι 


: _ Koptisch 

des, welcher mich gesandt hat, verherrlicht werde von euch 
(und) denen die an mich glauben (zıorevew)“. Als er aber (δέ) 
Πα (a uns, sprachen wir zu) Im: „In allen Dingen hast du 


XIV 
Ed δα 
dich unser erbarmt und uns errettet und hast offenbart 
uns alles. Noch mehr (ἔτει) wünschen wir dich zu befragen, 
wenn du es uns gestattest“. Er sprach zu uns: 
je Bee να ὁὐδρ, ὧδ ὃν weriet tungen und. one Hozz 
00 zufrieden ist (Wohlgefallen hat), wenn 
Sr mich hört. In betreff dessen aber (δέ), was ihr wünschet, 
_ darnsch, so werde ich mit euch in angenehmer Weise (χαλῶς) 
reden. Wahrlich (ἀμήν) 
- nämlich (γάρ) ich sage euch: Wie mein Vater 
mich auferweckt hat von den Toten, also werdet auch ihr 


re 


7 vgl. Joh. δ, 21. 


15 Äth. fügt hinzu: „O Herr“, m. E. mit Recht. 

XIV 4 Äth.: „Ich weiß, daß ihr Acht gebet und zu hören euch 
- sehnt, worüber ihr mich befragt“. Dasabsolute vemmayı „ihr werdet 
tragen“ scheint nicht richtig zu sein. 


und erinnert euch, höret“ (in AC fehlt letzteres Wort; BS haben „seine 
Nachricht“) entweder als teilweise Dittographie oder späterer Ein- 
satz zu streichen oder aber irgendwie mit dem übrigen Teil des 


uh%-» „und erinnert euch“, w were einem Imperf. 
t gut angereiht werden kann. gg 5* 
8 dh: ori. APP: on 

“3 „nun fraget ihr mich und ihr bewahret im ei 
s; und was mir angenehm ist, das werde ich mit euch spre- 
7) C 997-hrz: „auferweckt mich“ oder „wird mich 
en“, wahrscheinlich unrichtig; kopt. (XIV, 7—8) era πδειωτ 
8) „Im Fleisch“ fehlt im Kopt. 


— 


σι 


10 


12 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
auferstehen!. Und er wird euch ? über die Himmel emporheben, 
an den Ort, von dem ich euch bereits früher gesprochen habe, 
welchen bereitet hat derjenige, der mich gesandt hat?. Deshalb 
habe ich alle* Gnade® vollendet®;: indem ich ungezeugt bin, 
wurde ich von einem Menschen geboren, indem ich ohne Fleisch 
bin, habe ich das Fleisch angezogen ? und bin gleich euch *® 
aufgewachsen®, die ihr in Fleisch geboren werdet, Und ihr 
werdet in eurem Fleisch von den Toten auferstehen in der 
zweiten Geburt!', ein Gewand, das nicht verwesen wird, zu- 
gleich mit allen, die da hoffen '! und glauben an den, der mich 
gesandt hat; denn so wünscht es mein Vater, daß ich euch 
und denjenigen, denen es mir beliebt, die Hoffnung des Reiches 
schenke‘ 12, Ἢ: 


Darauf sagten ‚wir ihm: „Großartig ist das, was!? du uns da 
hoffen läßt und sagst“. Und er antwortete und sagte: „Glaubet, 


9 Vgl. 1. Pet. 1, 8. 233, 9 vgl. 1.Kor. 15,53. 11 Joh. 5, 24. 38, 


S 1 @P93Cc7n0®- ı „und er wird euch... .. emporheben*, 
5 AANP : 299 : FI: ANAN- : „und indem ich kein 
Fleisch habe, habe ich das Fleisch angezogen“. 15 αἰ Δ Ὦ 
„und er erwiderte“, 


1) B fügt hier A9®@-J+7 : „von den Toten“ hinzu; fehlt im Kopt. 
(bloß vernarwne, XIV,9). 2) Cfügt hierhöfl : hinzu: „under wird 
euch wiederum hinaufnehmen“. 3)In Übereinstimmung mit dem Kopt. 


(XIV, 10) anua eraizooyg nmme,..... anna eraschrwrg. Anders 
Guerrier: „(au royaume) que, (comme) je vous l’ai expose..., a pr6- 
par& celui etc. ..... = 4) A om. Ye: „alle“ im Gegensatz 
zum Kopt. (XIV, 12—13) fomonowa mm. 5) Im Kopt. (XIV, 12) 
Hoskomoaa — „Veranstaltung“, aber das Todesopfer Christi wird ja 
nicht nur als vorbestimmte Veranstaltung Gottes, sondern als Akt 
der Barmherzigkeit in bezug auf die Menschheit betrachtet, deshalb 
der äthiop. Terminus 9PhZT : „Barmherzigkeit, Gnade“. 6) Im 
Kopt. ses Te Tge eeımasw[r] aba‘ οἷο, was Schmidt mit der Zu- 
kunftszeit übersetzt: „und also werde ich vollenden usw.“ Jesus 
spricht hier von seinem bereits geschehenen Tode, Auferstehung usw. 
Es wäre deshalb im Kopt. die Vergangenheitszeit, etwa „ich habe 
4116 Veranstaltung vollendet“ mehr sinngemäß. Die Stelle erinnert 
an den analogen Passus (kopt. Text VI, 11; bei Guerrier S. 57, Z.8—9), 
2 Im Kopt. (XIV, 14) nicht „angezogen“, sondern δἴρφορει, 

8) Anstatt „gleich euch“ (aufgewachsen) übersetzt Guerrier „afın 
de vous“, indem er ein „sauver“ ergänzt. Dies scheint zutreffend 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 13 
:3 Koptiseh 
_ auferstehen und hinaufgenommen werden zu dem obersten der 
Himmel, 
) zu dem Orte, von dem ich euch von Anfang an (zuvor) gesagt 
habe, zu dem Orte, den 
euch bereitet hat der, welcher mich gesandt hat. Und 
also werde ich vollenden alle Veranstaltungen (olxorouia:), 
der ich bin ungezeugt und (doch) gezeugt von Menschen, 
_ der ich bin ohne Fleisch (σάρξ), (und doch) habe ich getragen 
2 (φορεῖν) das Fleisch (σάρξ), denn 
2 15 en bin ich gekommen, damit ihr ....... 


—— —— ὃν ἡτοίμασεν ὑμῖν ὁ πέμψας με vgl. Matth. 20, 33; 
| oh 163. 137, vgl. Ignat. ad Eph. 7,2. 


| 9 Äth.: „auferstehen im Fleisch“ 
12 Äth.: „habe ich vollendet“ — Äth. übersetzt hier wie VI, 11 
das griech. οἰκονομία mit „Gnade“ 
000214 Äth: fügt hinzu: ” und ich bin gleich euch aufgewachsen, 
die ihr im Fleisch geboren seid“, dafür aber ausgelassen: „denn des- 
_ wegen bin ich gekommen“, 
15 Nach Äth. zu ergänzen: „damit ihr auferstehet von den Toten 
in eurem Fleisch“, 


Ὁ 9) Mit Rücksicht auf vorhergehende Note und kopt. 

πδῖει erde mei „deswegen bin ich kommen“ würde man statt @ 
Amkı „ich bin erzogen worden, aufgewachsen“ eher ein anderes 
VvVerbum mit der Bed. „kommen“ erwarten. 10) Vgl. vorletzte Fuß- 


“ Nom: übersetzt Guerrier „röellement“, genauer „in eurem 
* — AC haben 497" )»} ἃ, : 37h: „und damit ihr die 
stehung erhaltet“ in Gegensatz zu LBS. 11) Nach ABC, wäh- 
ἃ LS hier die merkwürdige, aber fehlerhafte Var. A PA.d.m* : 

Iche nicht hoffen“ haben. 12) ABC fügen hier noch hinzu HP 
fs „das Leben und die Hoffnung ..... “ 8 Auf : subj., 

> vielleicht „... denen es mir beliebt, ihnen die Hoffnung .... 
schenken“. 13) Nach ABC. L hat das etwas ähnlich lautende 
vielleicht nicht ganz unmögliche Yys „großartig ist, was du 
en zu lassen und zu sagen pflegtest.....- “*“ S yh7:hae: un- 
ΕἾΤ —* wie L. 


74 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 


daß alles, was ich euch sage, geschehen wird“ !. Wir antworteten 
und sagten: „Ja, o Herr!“ Er sagte uns: „Wahrlich, ich sage euch, 
daß ich die ganze Gewalt von meinem Vater erhalten habe, da- 
mit ich diejenigen, die in der Finsternis verweilen, ins Licht 
5 zurückführe, und die in Verderbnis sind, — in die Unvergäng- 
lichkeit, die auf Irrwegen — in die Gerechtigkeit, die im Tode — 
ins Leben, und damit diejenigen, die in Fesseln sind, losgebunden 
werden. Denn was den Menschen unmöglich ist, ist dem Vater? 
ein Mögliches. Ich bin die Hoffnung der Verzweifelten, der 
10 Helfer derer, die da ohne Retter sind, das Vermögen der 
Ar men?, Heil* der Siechen und Auferstehung der Toten“, 
Cap. 22 (33) Als er uns dies gesprochen, sagten wir ihm: 
„O Herr® ist es wahr, daß das Fleisch mit der Seele und dem 
Geist zugleich gerichtet werden wird, (die eine Hälfte) in dem 


6 vgl. 2. Tim. 1,10;1.Kor.15,53. 8 vgl. Matth. 19, 26; Mare. 10, 27; 
Luc. 18, 27. 9f. vgl. Act. Theel. c. 37 (ed. Lips. S. 264, 1#£.); Marcus-Lit. 
(Brightman, Liturg. East and West. 8. 127, 2#.) 


δι BT H- ı „sich freuen“ statt des lautähnl, 
“Jch- : „losgebunden werden“, Wahrscheinlich ursprüngl. ὌΝ 
ἀν... 12 BlbAd «HI αν... uns dies sagte . — 
Ychrz, τ „(sagten) auch wir (ihm) . 


1) Aus der darauffolgenden Antwort der Jünger müßte man 
schließen, daß dies ein Fragesatz ist: „glaubt ihr, daß alles, 
...., geschehen wird?“ Das Prädikat steht im Imperativ, und 
die übliche Fragepartikel fehlt. Andrerseits aber ist der Aus- 
laut des Verbums A@p%.: zufällig mit der Fragepartikel 7. gleich- 
lautend, und es ist die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß ur- 
sprünglich etwa ein *FAgPyYy: oder *FAomy.'y: stand, und der 
Abschreiber nicht nur das Präfix, sondern das andere % im Auslaut 
aus Versehen strich. In S fehlt nom : "δ": bis AnAne»-: 
einschließlich; es bleibt also: „glaubet, daß ich die ganze Gewalt 
usw. ...“ Der Abschreiber hat den Absatz wahrsch. übersprungen, 
durch die Gleichheit von pa : ἢ“) : und ae : yf- Ar :, von kopf. : 
und A@97% :, endlich von HAlkANe®- : und ANANaP- : irre- 
geführt. 2) A DNSN : AN. ἈΠ ἀν: „und bei Gott“ — 
anstatt DAPAN: AN: „und bei dem Vater“, 3) AC AY4 


-Äikiepieche und heptische Übersisung. 75 


Koptisch 
XV 


Es fehlen 10—11 Zeilen. 

ir aber (δέ) antworteten): „Ja, (ὦ Herr!“ Da (τότε) sprach er) 
(zu uns: „Wahrlich (ur) ich) sage (euch: Ich habe empfangen) 
(alle Gewalt (ἐξουσία) von (meinem Vater, damit die, welche) 
sich befinden in (der) Finsternis, ich (hinaufführe in das Licht) 


(me) 


Km) 
en Es fehlen 8—9 Zeilen. 
Heine © En ροῦν Ὁ (Als er aber (δέ) dies gesagt hatte) 


(zu uns, sprachen wir zu) ihm: (0 Herr, ist es wahr, daß ge-) 
(richtet wird das) Fleisch (σάρξ) (und die Seele (φυχή) und der 
Geist (reine), 


° 19Γ vgl. Matth. 28,18. 14 vgl. 1 Petr. 2,9; Od. Salom. 21,2; 42,22; 
«auch Ko. V,4; XXU, 15; ΧΧΠῚ, 9£. 
Ο ΣΥ͂Ι 12 vgl. 1 Thess. 5, 23. 


|. ΜΕ, Auf Grund des atiop. Texte können wir.Ko. ungefähr 
ΠΤ fanovwghe ae πε) sgle maarıc τοτὲ nazeq) 


[nen ze gaumm ἀϊκον mac nirme ze amı) 
[Hegoycıa πεμῇ πτοοτῆ πίπδειωτ zenaac mei er) 
[gloon τῆ [mjnene aillnaxııor δορηῖ anoracıne 


om 10f. Auf Grund von Äthiop. könnte man also lesen: 
een μὰ [(rapeyse πεῖ ae) 
[nen naxen ne) πίε ππδεὶς. ... +.) 
[cenatgen arkapg [ai τῴ νον μα — 
ἴδον ze gacme] wen cen/altan μον en] 
ἰτμιπτρρο Hünnv)e gfinen{eve] ae celmap] 
[|noAaze iuar αἰδαπηῖφε ἐνὰ πρὶ BIER, * 


adass 4) Übersetzt nach an ge und 8 FREE: 
Si „der Arzt ... ,* 5) C om. ἈἽἼΗ.Ἀ: 


76 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Himmelreich ruhen wird, die andere Hälfte aber lebendig ewig- 
lich bestraft wird?*! Und er sagte uns: „Wie lange noch? 
werdet ihr nun fragen und nachgrübeln ὃ" 
Cap. 23 (34) Wir sagten ihm wiederum: Ὁ Herr, es ist dies 
5 notwendig. Du hast uns? ja befohlen, daß wir predigen, ver- 
künden und lehren, damit wir, nachdem wir von dir genauf 
gehört haben, gute Boten werden und sie lehren an dich zu 
glauben. Deshalb befragen wir dich“, 
Cap. 24 (35) Er antwortete und sagte: „Wahrlich, ich 
10 sage euch, der Körper eines jeden Menschen wird [leben- 


1) Die Stelle ist etwas corrumpiert. Es fehlt das Subjekt zu 
E3C$- „wird ruhen“. In mehreren Stellen des „Testaments“ finden 
wir die Unterscheidung von Körper, Seele und Geist, nämlich außer 
dieser Stelle noch s. u. S. 78,1 (kopt. Text XVII, 11); ferner s. u. 
S. 82, 8.9 (kopt. XIX,14 und XX, 7) als 29,9, γηϊὴ : und σρΎ Ζ ἢ : 
im Äthiopischen, capz, \prxn und mis im Koptischen. Unsere 
Übersetzung wie die Besten ist frei, dem Sinne nach, Entweder 
ist vor Θ᾿ (141: „ruhen wird“ ein 0034, : „die eine Hälfte* (der 
Menschheit) zu ergänzen, was nicht undenkbar erscheint, da infolge der 
zufälligen großen Ähnlichkeit von @©844,N1: „Geist“ und mY4,.9ı 
„Hälfte“ ein Überspringen seitens des Abschreibers zum mindesten 
nicht unwahrschenlich ist. Das zu ergänzende 0084, : ist dem 
parallelen @e0’yZ,% : des darauffolgenden Satzes entnommen. Oder 
aber es ist vielleicht die Vermutung zu erwägen, daß es sich hier 
nicht um die beiden Hälften (die gerechte und sündhafte) der Mensch- 
heit, sondern um die beiden Bestandteile des einzelnen Menschen han- 
delt, den materiellen Körper mit der halbmateriellen Seele (Lebens- ς᾽ 
hauch, Lebenskraft) einerseits, und den göttlichen Geist, den Intellekt, 
andererseits. Es werden also am jüngsten Tage sämtliche drei Be- 
standteile des Menschen gerichtet werden, worauf der Geist der 
Sünder als göttlicher Bestandteil in den Himmel steigen wird, um zu 
seiner göttlichen Quelle, von der er sich einst losgelöst hatte, zurück- 
zukehren, der Körper aber und die Seele, die hienieden die einzige 
Ursache der Sünde sind, ewiglich gestraft werden. Und auf diesem 
Gericht findet die Scheidung zwischen unschuldigem Geiste einer- 
seits und verbrecherischem Körper und Seele andererseits statt. 

2) Abweichend von Guerrier, welcher übersetzt „de gräce, sur quoi 
m’interrogez-vous?“, indem er AAn- : 9577: liest. Wir geben 
hier den Vorzug der Var. C δῆ : P3F7-: „wie lange noch“ in 
Übereinstimmung mit dem Κορέ. ya eg iilgoo]ve „bis zu welchem 
[Tage]*. Zum Sinn paßt die Lesung C sicher besser. A ht (A 
7* : 9957}: „weshalb“, 3) In 1, fehlen „weil“ und „uns“, 
Ergänzt nach ABC Aa : Autuhy: und in Übereinstimmung 


| 77 


τος Koptisch 
ıd daß die einen) zwar (μέν) werden (ruhen in) 

(dem Reich der Himmel), die andern aber (δέ) (werden) 
(bestraft (χολάζειν) werden ewiglich) (noch) lebend?“ Er aber 
(68) sprach 


XVI 


χὰ uns: „Bis zu welchem (Tage) fragt ihr und 
_ grübelt ihr?* Wiederum (z&Aır) sprachen wir zu ihm: „O 
err, eine Notwendigkeit (ἀνάγχη) nämlich (γάρ) ist uns zu er- 


, dich und nützliche — werden 
ind (damit) die, welche durch uns belehrt werden, 
an dich gläubig (πιστεύειν) werden. Deswegen (ist es notwen- 


— daß wir dich befragen 
oftmals“. Er antwortete uns, indem er sagte: 
herzen (ἀμήν) ich sage euch: Die Auferstehung (ἀνάστασις) 


Äth. ausgel.: „zu erforschen durch dich“ 

ο΄ 41 Äth.: „du hast befohlen“; nach „predigen“ fügt der Äth. 
noch hinzu „verkünden und lehren“. 

5 Äth.: „nachdem wir von dir genau gehört haben“, 

th.: „und sie lehren an dich zu glauben“, 


10 Äth: „der Körper eines jeden Menschen... wird anferstehen“. 


— — — — 


— (XVII, 4) αϑδδλ ze — — —— 

— „du hast uns befohlen“. In Satze fehlt nach 
᾿ — δ gb rg Ἢ wahrscheinlich ein Verbum „fragen“ 
er „forschen“; vgl. Kopt. (X 11, 3) atfiıgme aßad grroom. Guer- 
τ bezieht PRP » auf DFIPUC : „et d’enseigner avec soin“. 
s scheint nicht zutreffend zu sein, wie man aus Var. ΒΒ nee ı 


orwpz [a herren schließen kann. 5) Für ı „damit 

ns "eh, rn 23) gun — — 
1satı "zum — δ. 

ichtigsten S ham : Ἀθη. : „ sie glauben“, Er 


“! 


78 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
dig!] mit einer Seele zugleich auferstehen und Geist“. Und 
wir sagten ihm: „Kann denn leben, was verwest und verstreut 
worden ist? Wir fragten, nicht daß wir es leugnen ?, sondern 
wir glauben ® wahrhaftig, daß, wie du sagst, so war es und so 
wird es sein“. Er erwiderte uns erzürnt: „O ihr Kleingläubige, 
wie lange noch werdet ihr nicht glauben®, mich befragen und 
nachforschen? Ihr wollt verstehen ohne Schmerz. Hütet® 
meine Gebote und befolgt, was ich euch sage, indem ihr nicht 
beschämet, niemand zu Schanden bringet’, und ohne Ansehen 


S ı συ ἢν „und seinem Geist“. 4 Ahao ; Fk . 
„wie du sagst“. 6 om. FA δ δ : ΟΡ». „werdet ihr 
mich befragen und nachforschen“, welches auch im Kopt. (XVII, 8) 
fehlt. 7 @uAFNA : — „und ohne“ (Schmerz usw. ...). 


1) In der Var. A fehlt das Wort HP@ » „lebendig“, was mit dem 
koptischen Text übereinstimmt und auch das Passendere und Ursprüng- 


lichere zu sein scheint; s. aber u. 8. 82,10. 2) ΟΠ Δ τ 


74%: „wir streiten nicht um zu veröffentlichen“ (oder; „um klar zu 
machen“) im Gegensatz zu kopt..... we ἐπε Hamcroc, 5 ΗΠ}: 
@HSTHÖN: „nicht daß wir leugnen und verkleinern (geringschätzen), 
sondern usw.....“ im Gegensatz zum Kopt. (XVII, 14): en/s]nos auar, 
3) Com. Aa0% : „wir glauben“. A hat dafür wahrscheinlich aus στοῦ ἡ 
entstelltes Ay: „ich“. 4) In AB fehlt A, tA9°F : „werdet ihr 
nicht glauben“, welches auch im Kopt. fehlt und sicherlich eine 
spätere Einschaltung ist. 5) Dem entspricht im Kopt. (XVII, 3) 
ein Satz mit einem andern Sinn, aber zweifellos mit dem Äthiop. 
identisch: aAAa πετετπουὸ οἱ axıc apal δου atar 907077 Trazoog 
apwrne orıyfipbooner. 6) AC hat huo: „daß“ nach Pf : „hütet 

— ein wahrscheinlich überflüssiges Wort, da das Verbum Pf: 
bloß entweder den Akkusativ oder die Präposition A9®%: regiert, 
keineswegs aber eine Conjunction, die einen Nebensatz einleitet, nach 
sich haben kann, 7) Im Text A434 : A, ΓΈ. : oA,  ἢ 
J59:4.: „indem ihr (niemand) verachtet (oder ‚verachtet we 

und beschämet“. An Stelle des ersten Verbs haben ABCS A, FT7 
he :, an Stelle des zweiten hat A A, TTrchd.%- :, was dem Satze 
eine ganz andere Wendung gibt: „indem ihr euch weder der Träg- 
heit hingebet noch euch schämet“; dies paßt gut zu dem Kopt. 
(XVIII, 9) aAAa& os yfizno 307 osıyfizıyme — „sondern ohne 
Zögern und ohne Scheu“ (Schmidt). Ohne Zweifel gehört den Varr. 
ABCS und A der Vorzug. Zu der Var. S vgl. den umgekehrten 
Unterschied zwischen S und L in der Var. zu Guerrier, 53,” LA, Ὁ 


hnßr7:— 5 A,ThPßr:. 


—— 
ἈΦ ναι 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 79 


4 Koptisch 
des Fleisches (σάρξ) wird statthaben, indem die Seele (φυχή) in 


— (ἄπιστος) fragen wir dich — [oder (ἢ) ist es un- 


0 möglich 
3 1 din) — sondern (ἀλλά) wahrhaftig (ὄντως) glauben (πιστεύειν) 
| wi, daß das, was du sagst, 


XVIII 


un 
> rar Und (er) zürnte uns, indem er sagte 
zu uns: „O ihr Kleingläubige (- πίστις), bis zu welchem Tage 
nn. ihr? Aber (ἀλλά) was ihr wünscht, sagt es mir, 
so werde ich selbst es euch sagen ohne 
; nur 
und tuet das, was ich euch sage, und nicht wendet 
er Antlitz von Jemandem ab, damit auch ich 
sicht abmende mein Antitebvon euch, nondern (ἀλλ 
ee en: 


σα DE 5 be δ EB ni 


Neid (φϑονεῖν); nur (μόνον) haltet meine Gebote (ἐντολή) 


u ; . (und) ohne Ansehen der Person dienet (διακονεῖν) 


2 ὀλιγόπιστοι vgl. Matth. 6, 30; 8,26; 14,81; 16,8. 5 μόνον 
τηρεῖτε τὰς ἐντολάς μου vgl. Joh. 14, 15. 21; 15, 10. 11 προσωπολημψφία 
BR, 11; Eph. 6,9, Kol: 8,36; Jacob. 2, 1; Lea. 20, 21. 


185 Äth.: „wir fragten, nicht daß wir es leugnen“, 

14 Die Worte: re Te 
»hub, der auch in Äth. fehlt. 

XVII 1 Äth.: „so war es und wird es sein“. 

2f. Äth. mehr paraphrasierend: „wie lange noch werdet ihr 
t glauben, fehlt in AB), mich befragen und nachforschen? Ihr 
1 tehen ohne Schmerz. Hütet meine Gebote und befolgt, 
5 ich euch sage“. Der Satz: „nicht wendet euer Antlitz von 
1 "ab, damit auch ich nicht abwende mein Antlitz von euch“ 


Äth.: „ohne Schmerz“. Stand ursprünglich ἀφϑόνως vgl. 
l. Salom. 3, 7; 7,4; 11,6; 15, 6; 17,12; 20, 7; 23, 4. 

- 9f. Im Ms. durch Versehen des Abschreibers eine Dittographie 
vom Abschreiber selbst eingeklammert. 


90 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
von Person! dienet auf dem engen, geraden und schmalen 
Wege. Und dadurch wird mein Vater an euch (seine) ganze 
Freude haben“, 
Cap. 25 (36) Wir sagten ihm wiederum: „O Herr, sieh, wir 
5 quälen? dich mit dem vielen Fragen“. Er erwiderte uns; „Ich 
weiß, daß ihr in Glauben und mit eurem ganzen Herzen mich 
befragt, und ich habe an euch meine Freude. Wahrlich, ich sage 
euch, ich bin erfreut?, und es wird sich mein Vater in mir 
freuen. Und daß ihr so nachforschet und fragt, ohne euch zu 
10 schämen, bereitet mir eine Freude* und euch gereicht es zum 
Leben“. Als er uns | dies gesagt hatte, wurden wir froh, 
denn wir haben in Demut gesprochen, und wir sagten ihm 
wiederum ®: „O unser Herr, in allen Dingen warst du uns gnä- 


S ı S(udB)AFFı 4: 7" ı „aufdem.... Wege*, — “ἢ ᾿ 
06.7937: συῶν. Ein CPYY ı ist im Geez bisher nicht 
belegt. Die Form scheint dem ἐῶ Ἢ ı nachgebildet zu sein 
und wird wohl Schreibfehler sein. B hat NN ı ΣῈ. m» 
97%, mit ebenfalls unbekannter Form P9Y% 5 (fem. eines Adj. 
4 Ἢ 17). 2 om. ἢ "δ" » „in Allem“ (in unserer Übersetzung 
ausgelassen), in Übereinstimmung mit dem Κορέ. 5 AAY°C ı statt 
AAYI°C : „ich weiß“. Denselben Fehler vgl. unsere Übers., 8, 70, 2.7. 
6 Statt PAAArZ ı „... ihr .... mich befragt“ hat S Dittographie _ 
MFAMM. 9 Alıh : „bis“ statt ὴἣσν „denn, daß“, 

11 &7”,h: 1%: „ward eine Freude* statt Ἦν « τ» ı „wur- 


den wir froh“, 


1) BC fügen @AFH : hinzu „und indem ihr keine Person 
ansehet, dienet usw. ... .*. 2) Bei Guerrier „nous delirons 
pour toi“. Das gibt keinen verständlichen Sinn. Das Koptische 
hat hier (XIX, 2): npkaper „wir belästigen“ (Schmidt). Soll hier 
*"GNr77d: „wir bringen zum Rasen“ gestanden haben? 3) Guer- 
rier: „.... se deleete“. Mit Rücksicht auf das Koptische (XIX, 6) 
amt nlonr..... wäre es viell, besser ANrF.h@-"N : als Verbum der 
Form IV, 1 anzusehen und mit „sich erfreuen“ zu übersetzen, 
4) A Bu: „ist besser“, an Stelle von „bereitet mir eine 
Freude“. 5 P%7»P% : „belohnt mich“ (im Gegensatz zum Kopt.). 
5) Oder mit Guerrier „denn er hat mit uns sanft gesprochen“. 
Ein *FE7C7: für PGrZLYyı würde besser dem kopt. 

(XIX, Z. 11) entsprechen. In Ο fehlt die ganze Stelle, vgl. das 
Koptische, wo „in Demut“ gleichfalls fehlt. 6) C om. HN: 
„wiederum“, in Übereinstimmung mit dem Kopt. (XIX, 11): δὸν 
saxen seq (doch könnte im Schmidtschen Texte vielleicht ein dem 


Er te 


Äthiopische und koptische Übersetzung. sı 
 Koptisch 

dem Wege, der gerade und eng und bedrängt (schmal) ist. 
; wird mein Vater selbst jubeln über 
“, Wiederum (πάλιν) sprachen /wir) zu ihm: „O Herr, 


XIX 
ι (ne) 
bereits nämlich (ἤδη γάρ) schämen wir uns, daß wir (dich) 


befragen 
oftmals und dich belästigen (βαρεῖν»)". Da (röre) antwortete (er) 
und sprach zu uns: „Ich weiß nämlich (γάρ), daß (in) 
Glauben (πέστες) und mit eurem ganzen Herzen ihr 
5 mich befragt. Deswegen freue ich mich über (euch); 
- denn (γάρ) wahrlich (ἀμήν) ich sage euch: Ich bin (erfreut) 
und mein Vater, der in mir, daß (ihr) 
mich befragt. Eure Unverschämtheit aber (δέ) (gereicht mir) 
m Frohlocken und gibt euch selbst Leben)“. 
Als er aber (δέ) dies zu uns gesagt hatte, wurden wir (erfreut, daß) 
wir ihn befragt haben, un wir sprachen zu ihm: („O Herr, 
ey allen 
Dingen machst du uns lebendig und erbarmst dich (unser. Jetzt) 


erg. 
nappncıaze] nach Äth. zu erppane ze]; sollte 
—* lesen re so würde ———— —— so 
Schluß ein dem Äth. „in Demut* entsprechendes Wort 


2 Hier steht das Präsens, während Äth. das Perfect. (doch 8 — Ko) 
in Übereinstimmung mit Ko. XIV, 1 und in der gleichen Reihen- 
τ „du warst uns gnädig und schenktest uns Leben“, 


2 entsprechendes Κορέ. Adverb in der Lücke gestanden haben. 
etwa am oder dergl., wenn die kopt. Wortfolge dies erlaubt. SA 
:hön 3 = ὁ Herr (vgl. Kopt. XIX, 11) [msaeıc]), wiederum 


2 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
dig! und schenktest uns Leben, denn alles, worüber wir dich be- 


. fragten, hast du uns beantwortet“. Darauf fragte er uns?: „Ist es 


or 


10 


das Fleisch oder® der Geist, welcher untergeht?*“ Und wir sagten 
ihm: „Das Fleisch“, Er erwidertet: „Was nun untergegangen 5, 
wird auferstehen, und was erkrankt ist, wird genesen, damit 
an diesem mein Vater gepriesen wird. Wie er es an mir getan 
hat, so werde auch ich an euch tun und an allen®, die an 
mich glauben. 


Cap. 26 (37) Wahrlich, ich sage euch: das Fleisch wird 
samt der Seele lebendig auferstehen, damit sie Geständnis ab- 
legen und nach der Gerechtigkeit gerichtet werden, den Taten 
gemäß?, die sie begangen, ob gut oder böse, damit es eine Wahl 
und ein Beispiel wird für® diejenigen, die geglaubt und das 


Sı ὦ θυ „und schenkst uns Leben“. 2 797 
dy 1 subj. = „beantwortest du uns“, 6 ANYFE : „an — 
7 hy: „auch ich“, 10 γι: ı „. . . seiner Seele“, 
die Var. 5 “σιν ἢ Ζ ἢ. ı im Gegensatz zu L in unserer Übers. Ἢ 
2.1. 12 460} s „eine Wahl“ statt des unbelegten eh: 1 


1) LB FıwYAg:, 5 ΤΡ ΔΎ τ = BL „war er uns gnädig“, 
2) ABC &1LAF : 99 71} : „fragte er uns: was? usw. „ viell: 
„was untergeht? der Körper oder usw. „...“ (im Gegensatz zum 
Kopt.). 3) BC om. 9) 5 σὺ: „oder“. Im Kopt. ist der Text lücken- 
haft, BC scheinen das Richtige nicht zu enthalten. Auch das Κορέ, 
entspricht ALS nicht. 4) A om, DAT: . und er erwiderte 
(sagte) uns“. 5. (ἢ 6,6), : „und er sagte“, 5) Besser buchstäblich: 
„was gefallen ist, wird aufgehoben werden“ , in Übereinstimmung mit 
dem Kopt. (XX, 1) neTapgeessEe ἀπδίτωπε) — „das, was gefallen ist, 
ἡ νον τον (Schmidt). 6) AB @Ar-Ahe-: Ad: σιν συ. : 
„und an euch allen, die ihr an mich glaubt“ in Übereinstimmung mit 
dem kopt. gılwinnje, 5 @AHAn-: AA: ἈσΡ ἢ συ- : „u 
an euch alien, die ihr mich bekannt habt“, 7) ABC om. 
„mit“, welches auch hier vollkommen überflüssig ist. 8) ἀλὰ:: 
ἈΚ“ des äthiop, Textes könnte auch als Genitiv aufgefabt und 
in Übereinstimmung mit dem Kopt. (XX,Z. 11 [orJerAoun Ainncroc) 
mit „(Auswahl und Musterbild) derjenigen, die glauben...“ über- 
setzt werden. A hat pop : &fyy«:4,2.4: „damit sie gut werden“, 


13 Man kann den Satz auch als Aussagesatz auffassen:- „Jetzt 
nun wirst du uns kundtun“. Äth, bietet auch hier das — 
„denn alles, worüber wir dich befragten, hast du uns beantwortet“. 


"Äthiopische und koptische Übersetzung. 83 


Koptisch 

wirst du uns kundtun das, was‘ wir (dich) tagen werden?“ 
᾿ — Mr τὸ uns: „Ist denn das Fleisch (σάρξ) ver- 
 gänglich (oder (n)) 

ist es (der) Geist (zreöue)?* Wir sagten zu ihm: „Das Fleisch 
a — ist — 

| XX 


9 

* (röre)) sprach er zu uns: „Das was gefallen ist, wird 
(aufersfehen), und das was verloren, wird gefunden, und das was 
(schwach), wird genesen, damit an diesen Sobeschaffenen | 
(offenbar werde) die Herrlichkeit meines Vaters, Wie 

δ (er).es an mir getan hat, so werde ich selbst es tun an 
(each): —— die da glauben (πιστεύειν). Wahrlich aber (ἀμὴν 


—— ‘Fleisch (σάρξ) wird auferstehen und die Seele (φυχή) 
—— — statthake ihre Verteidigung (Verantwortung) 


—— - ἃ δόξα τοῦ πατρὸς μου ναὶ. Joh. 7,18; 11,40; 
— 11 vgl. 1. Thess. 1,4; 2. Petr. 1, 10. 


Ist es das Fleisch 
?* Deshalb ist wohl [re]naeır „ver- 
14 am Ende zu streichen er; auch 


das ἊΝ verloren, wird gefunden“. 
lural πεῖ fitame als Neutrum auf- 
: „an diesem*, 

mein Vater gepriesen wird“, 

euch allen, die an mich glauben“. 
— zer wohl auch im Ko, statt 
MH na „mit dem Geiste* zu lesen 


Au: —— — —— — ———— 
nis ablegen und nach der Gerechtigkeit gerichtet werden“. 
δ: 


84 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Grebot meines Vaters, der mich gesandt, befolgt haben. Darauf 
wird das gerechte Gericht stattfinden, denn so will es mein 
Vater. Und er hat mir gesagt: »Mein Sohn, am Tage des Gerichts 
schäme dieh nicht vor dem Reichen und verschone nicht den 
5 Armen!, sondern einen jeden übergib? dem ewigen Gerichte 
seinen Sünden gemäß«. Diejenigen aber, die mich geliebt haben ὃ 
und lieben und meine Gebote befolgt haben, denen werde ich 
im Reiche meines himmlischen Vaters Ruhe und Leben gönnen, 
Nun sehet5, was für eine Gewalt er mir gnädig verliehen und 
10 gegeben hat, (damit ich tue), was ich beabsichtige und® was 


S 2 cCT6 : „das Gericht der Gerechtigkeit“. Kopt. XX, 13 gi 
osyosors. 4NÖdAz : „weder den Reichen“; correcter als LdA ». 
6 Admm-A,U- ı „seinen Sünden gemäß“, — ΘΛ Δα ı „Die- 
jenigen aber ....* 7 @7N%- » „und befolgen“, im Gegen- 
satz zum Kopt. (XXI, 5) eragepe — "ἈΝΉΡ ὡς ΡΟ: 


„mein Gebot und meinen Willen“, 


1) Guerrier übersetzt „ne confonds pas le riche, n’öpargne pas 
le pauvre“. Dies scheint dem Sinn nicht zu entsprechen, denn 
Gott der Vater kann unmöglich vom Sohn verlangen, daß er den 
Reichen nieht beschäme, während er doch den Armen nicht ver- 
schont. Auch hat 44,4: oder YEZı nie die transitive Be- 
deutung. Dazu steht Guerriers Auffassung im Gegensatz zum Κορέ. 
(XXI, 1—2), das übrigens arg verstümmelt ist. Für ἢ, 7 955 ἢ ı „ver- 
schone nicht“ haben BC das sehr ähnliche und deshalb leicht zu 
verwechselnde A, T9°AC : bzw. A,T9°UC ı „erbarme dich nicht“, 
was genauer dem kopt. οὐτε knan[ae] entspricht, 2) LB oma: 
„er hat übergeben“. 3) Bei Guerrier ausgelassen. AC om. 
@PL.P4-7,: „und mich lieben“, 4) Genauer: „werde ich 
ruhen lassen im Leben im Reich meines himmlischen Vaters“. C 
fügt hinzu HAYAJ® : „ewiges Leben“. C ῃσηνΎ 5], } ı 1 
„im Himmelreiche“. AB yNA9PF-: „welcher im Himmel“ (vgl, 
das Kopt.) S ἡῤ(4: : ῃσνγ7»"Ὲ}Ἐ ἈΠῸ : UNA7PT : o-ht : 
hß@T : „werde ich ruhen lassen im Reich meines Vaters im Him- 
mel im Leben“. 5) Bei Guerrier „ils verront“, ohne Grundangabe, 
aber in Übereinstimmung mit dem kopt. cenano, 6) Hier sind 
zwei bei Guerrier auseinandergerissene und in zwei Absätze geson- 
derte Stellen in Übereinstimmung mit dem koptischen Text zusam- 
mengelötet. Bei Guerrier: (Afin que j’accomplisse) ce que je veux, 
REP (neuer Absatz....) J’ai volu (lar&compense) pour ceux..... 
Im Κορέ. (8. 13, Z. 10): z[eraac emajespe ππεζονδοῖ δον Tate 
un[erajtynon] MM nersigasne ἅτε ner ...... — „[zu] tun, was 
ich wünsche, und zu geben, was [ich gelobt] und beschlossen habe, 


Äthiopische und koptische — 85 
wi. Koptisch 
— (Gebote (ἐντολή) meines) Vaters, der mich gesandt hat. Und also 
wird stattfinden das Gericht (χρίσις) in Strenge. 
Denn (γάρ) es sprach zu mir mein Vater: Mein Sohn, 


ΧΧῚ 
(Aa) 

am Tage des Gerichts (χρίσις) nämlich (γάρ) (wirst du weder 
δ (οὔτε) dich schämen (scheuen)) 
Fe den, Reichen noch (οὔτε) wirst du (Erbarmen haben mit) 
‚den Armen, sondern (ἀλ.24) entsprechend (χατά) der Sünde eines 
jeden wirst du (über-) 
geben (παραδιδόναι) ihn ewiger Strafe (χόλασις), (Meinen) 
——— aber (δέ) dagegen, die getan haben die Gebote (ἐν- 
ron) (meines Va-) 
N tem, der mich gesandt (hat), werde ich verleihen Ruhe (ἀνά- 
ο΄ σαυῦσσις) 
_ des Lebens in dem Reiche meines (Vaters, der im) 
Be, und sie werden schauen das, was er geschenkt (χαρέ- 
ζεσϑαιὺ) hat 
mir, und er hat mir die Macht (ἐξουσία) gegeben, (damit ich) 

e das was ich wünsche, und daß ich gebe das was (ich gelobt) - 


Γ᾿ τὰ Job. 15,10. XXI 1 ἡμέρῃ τῇς αρώρως Meith. 10, 15; 
1, 22.24; 2. Petr. 2,9; 3,7; 1.J0h.4, 17; Jud.6. 4 κόλασις αἰώνιος vgl. 
Matth. 25, 46. 5 ἐντολαὶ τοῦ πατρός μου vgl. Joh. 15, 10. Ἶ ἐν τ 
er τοῦ πατρός μου vgl. Matth. 36, 29.13 τόπος Μαζάρου vgl. Luc, 
23. — Über die Predigt Christi in der Unterwelt vgl. 1. Petr. 3, 19. 


18 Äth.: „darauf wird stattfinden das gerechte Gericht (Joh. 5, 30; 
15 Apoc. 16, 7), denn so will es mein Vater“. 
3 Äth.: „einen jeden übergib dem ewigen Gericht seinen Sünden 


in: „Diejenigen aber, die mich geliebt haben und... . 
ei ‚haben meine Gebote“. 

ee er mie ee 
gegeben hat 


en zu geben..... * (Schmidt). ae 
— „wie ich beabsichtige und beschlossen habe .. 
Rücksicht auf auf das kopt, are new wäre es vielleicht besser zu er- 
„damit ich (ihnen) gebe“ anstatt „tue“, Shat nach oyhanı 
beschlossen habe“ Pausazeichen. 


2 


80 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

ich beschlossen habe, sie hoffen zu lassen (ihnen zu ver- 
sprechen). | 
Cap. 27 (38) Deshalb bin ich herabgestiegen und habe zu 
Abraham, Isaak und Jakob, euren Vätern, den Propheten, ge- 
5 sprochen!, daß sie von unterhalb die Ruhe in die Himmel 
bringen?, und ich habe ihnen die rechte Hand dargeboten ®, die 
Taufe des Lebens und Erlaß und Vergebung alles Bösen, wie 
euch, so auch von nun an allen denjenigen, die an mich # glauben 
(werden). Wer aber an mich glauben wird und trotz seines 
10 Glaubens in meinem Namen mein Gebot nicht befolgt, | dem 
wird das zu gar keinem Nutzen. Umsonst‘ hatte er das be- 


S ı Adehn- : (B Ad. :) „ich habe hoffen lassen“, 
7 AI A: Δ Ὁ -. 8 ΟΦ ΘΙ ΛΗ, : „und jetzt“ statt DAR, 


AH. : „auch von nun an“, 


1) ACom. &F SICH : „undich habe....... gesprochen“, welches 
im Kopt. allerdings fehlt, obwohl hier das Kopt, und Äthiop,. auch 
sonst von einander abweichen. Im Texte steht das Verbum „gesprochen“ 
zweimal: „ich habe..... gesprochen und ihnen mitgeteilt, daß usw.“ 
A hat für das andere Verbum @@UNHPa»-ı „und ich habe 
- ihnen gegeben ...... “ was vielleicht ein Vorgreifen desselben, in 
der nächsten Zeile stehenden Wortes ist. 2) So lautet wörtlich 
der äthiop. Text, wenn wir P®Arh« :, nicht, wie es Guerrier zu tun 
scheint, als für ἔθισν γε ı stehend auffassen, sondern in seiner 
Bedeutung als Subjunct. von AY®&A : übersetzen. Die Guerrier- 
sche Auffassung ergibt einen besseren Sinn und stimmt mit dem 
kopt. Text (XXI, 12) überein, aber bloß dem allgemeinen Sinne nach. 
Bei Guerrier: „je leur ai annonce, aux enfers, le repos dans les 
cieux (oü) ils viendront“. An den subjunctiven Charakter des Pg® 
Zh«: erinnert im kopt. Text arover abaA „damit sie herauskom- 
men“ (Schmidt), was für das Äthiop. ein ursprüngliches *BgPgn« ı 
mit *®“ für P“ anstatt des von Guerrier wahrscheinlich heraus- 
gelesenen *B,oDf%h«: vermuten läßt. 5 Beoamfrh« : „sie werden 
kommen“, a» könnte auch für *B@&%h« : (sie [sollen] heraus- 
gehen) stehen. Diese Verba werden oft verwechselt in den Mss. 
3) Bei Guerrier: „de ma main droite je leur ai donn& ete.....“ Im 
Kopt. ist die Ergänzung unsicher. 4) ABC om. Ps „an mich“. 
5) Bei Guerrier wird AP : ἢ ἢ 90 0 : als Subject zum Prädikat 
AAN:HLNP*-P : aufgefaßt, also „sein Glauben an mich wird ihm 
keinen Nutzen bringen“. Der in der deutschen Übersetzung ge- 
wählte Ausdruck entspricht genauer dem Koptischen (XXI, 5) 
eaejppomo[Aores filnapen = „obwohl er hat bekannt meinen 


‚Äthiopische und koptische Übersetzung. 87 


Koptisch 

nd was ich beschlossen habe, ihnen ——— 

᾿(χαρίζεσϑαι)) 

ihnen. Deswegen nämlich (γάρ) — hinabgestiegen zu (dem 

Orte des) 

Lazarus und habe gepredigt (den Gerechten (dixaros) und) 

‚den Propheten (προφήτης), damit sie herauskommen aus der 

> Ruhe (ἀνάπαυσις), 

die unterhalb, und — zu der, die sich befindet (ober- 
Bm). 


XXI 

er am) 

(Und ich habe ausgegossen ? mit? — rechten (Hand) über sie 
“un. » ) des Lebens und Vergebung und Errettung. 
r) ‚allem (Bösen), sowie-.ieh es euch getan habe und . 
(denen, die) an mich glauben (πιστεύειν). Wenn aber (δέν einer 
δ ‚ glaubt (πιστεύειν) 
δ Br, 063) ich but meine Gebote (ἐντολή), obwohl er hat be- 
kannt (ὁμολογεῖν) meinen Namen, so hat er keinen Nutzen 


: * (ὠφελεῖν) davon und ist 
“ΠΗ δίκαιοι καὶ προφῆται vl Mat. 19,17: 10, ΧΙ δ) vgl. 


12 Äh: „zu ‚dems:Oktn:äss. Lenaenn® ET. ferner Z. 18: 
u Re, euren Vätern, den Pro- 
Syr. Didase. * XXVI, ed. Achelis und 


| - Gem), Das äthiop. AUF - MAPPE : kann seiner 
u am besten als Umstandsnebensatz aufgefaßt werden. 
A "add. ΩΝ „denn wa usw.* 


Ss Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

vorzugt, was ihm vorzüglich schien!. Sein Ende ist dem Ver- 
derben? bestimmt, der Strafe und dem großen Weh, denn er 

hat mein Gebot übertreten, 
Cap. 28 (39) Euch aber habe ich es gegeben, die Kinder des 
5 Lichtes dem Herrn? zu sein und rein von jedem Bösen und von 
jeder Gewalt der Strafe, und so werde ich auch denjenigen tun, 
die durch euch an mich glauben. Wie ich euch gesagt und ver- 
heißen habe, daß er (der, welcher an mich glaubt?) aus dem 
Gefängnis befreit, von den Fesseln losgebunden und von den 
10 Lanzen* und furchtbarem Feuerbrand gerettet wird“, Und wir 
sagten ihm: „O Herr, in allen Dingen hast du uns Freude be- 
reitet und Ruhe verheißen. In Treu und Wahrheit® hast du es 


S 7 @qhnoo-z ı „und .... auch durch euch. ..*. — AlbA 
1nov- ı correct — „.... ich euch gesagt .... habe“. — @AhZm- 
1-No®-; „und ich euch verheißen habe“. 


1) Guerrier: „en vain il prefere un genre de vie“. NRZ » heißt 
auch „eilen“. 5 Q%L: NRZ :, Verbum mit innerem Infinitiv als 
Objekt, entspricht genau dem Kopt. (XXII, 7) [aynwr gi olonwr 
(ebenfalls Verbum finitum mit innerem Infin.) „er lief einen eitlen 
Lauf“. 2) A hat AXÖC : „dem Schmerz“ für A5JA : „dem Ver- 
derben“. SN9ÖC:: „in (großem) Schmerz“. C om. ἢ ΔΊ ı „und der 
Strafe“, 3) ABM: AM.ANd.C : „die Kinder des Herrn*. 
Ὁ τ NL NCYH: DO-ML AM. hnNd,C: „die Kinder des 


Lichtes und die Kinder des Herrn“. Im Texte ..... ΠΗ ΔΉ 
εν: „die Kinder des Lichtes im Herrn“. Sämtliche Lesarten 
dem Kopt. nıynpe finwimg widersprechend. 4) OAPHTT : 


„von den Lanzen“ könnte gut, entsprechend dem kopt. |[i]jtapxon, 
die leichte Entstellung eines ursprünglichen @A®n 3777 : „und 
von den Herrschern, den Gewaltigen* sein. Das Wort fehlt in €. 
— Oder „vom Schwert“. 5) BNinao ı „wie“ anstatt ἢ “Δ: „in 
allen Dingen“ entsprechend dem kopt. wap. 6) Guerrier anders: 
„a cause de leur foi et de leur confiance*. Das Koptische ist hier 
lückenhaft. S oHuNAr7% : „und das Wahre“, 


7 Äth.: „umsonst hatte er das bevorzugt, was ihm vorzüglich 
schien“; ob die Ergänzung ay[nwr] „er ist gelaufen“ richtig, bleibt 
ungewiß. 

8f. Äth.: „sein Ende ist dem Verderben bestimmt, der Strafe 
und dem großen Weh, denn er hat mein Gebot übertreten“. 

10f. Äth.: „Euch aber habe ich es gegeben, die Kinder des 
Lichts dem Herrn zu sein und rein von jedem Bösen und von jeder 
Gewalt der Strafe“; s. die Note dazu. 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 89 
Koptiseh 

gelaufen einen) eitlen Lauf. Denn (γάρ) Derartige 

werden sich befinden in Verlorensein und 

ern weil sie haben) mißachtet (παρανομεῖν) meine Ge- 
bote (ἐντολή). 

Ben. so mehr aber (d£) ihr), die Kinder des Lebens, ich habe 


 <(emeh) von allem Bösen (xaxor) und von 
«der Gewalt (ἐξουσία) der) Archonten (ἄρχοντες), und einen 
jeden, der 
augen (πιστεύειν) (an) mich durch euch. Denn (γάρ) was ich 
— habe 


— (euch); werde (ich) auch ihnen geben, damit, wenn sie kommen 
— dem) ns und der Fessel der Archonten (ἄρχοντες) 


ΧΧΠῚ 
(Ar) 


an — gewaltigen Feuer“. Wir /antworteten und sprachen) 
ihm: „O Herr, du hast nämlich (γάρ) gegeben Ruhe des 
—— ——— uns) 

und hast gegeben ..... . in Wundern zur (Befestigung?) 

s Glaubens (πίστις), wirst du nun dieses selbst predigen 
(uns), nachdem (dxei)) du gepredigt hast den (Gerechten?) 


7 vgl. Gal. 2, 2; Phil. 2, 16. 12 ἄρχοντες vgl. Col. 2, 15. 
: XXIII 1 πῦρ vgl. Matth. 3, 10 u, 8. 


18f. Äth.: Win ii euch ame mul. verhalten habe, dab. 


armacı st, arıyacı zu lesen, also „damit sie kommen“. 

2f. Äth.: „in allen Dingen hast du uns Freude bereitet und 
'verheißen. In Treu und Wahrheit hast du es unsern Vätern 
‚Propheten verkündet, und so auch uns und Jedermann“. Da- 
wäre Z.2 zu ergänzen nen „uns“ st. new „ihnen“. In Z.3 wage 
ich keine Ergänzung des Substantivs. Der Äth. hat überhaupt keine 


5 st. me[m] „uns“ viell. zu erg. ne[v] „ihnen“. — st. #iamasoc] 
r Gerechten“ nach nach Äth, vielleicht zu ergänzen πίπειοτεὶ „unsern 
rn“; vgl. aber XXI, 13. 


90 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

unsern Vätern und Propheten verkündet, und so auch uns und 
Jedermann“ !. Und er erwiderte uns: „Wahrlich, ich sage euch: 
euch und alle diejenigen, die an den, der mich gesandt, glauben 
oder (einst) glauben werden, die werde ich in den Himmel empor- 
5 heben, (an den Ort) welchen der Vater den Erkorenen und Aller- 
auserwähltesten ? bereitet hat, damit er (ihnen) die Ruhe, die er 

verheißen, und das ewige Leben gebe. 
Cap. 29 (40) Diejenigen aber, die sich gegen mein Gebot 
vergehen®, Anderes lehren, etwas davon abziehen oder hinzu- 
10 fügen, für ihre eigene Erhöhung arbeiten und diejenigen, die an 
mich schlicht glauben, irreführen, —..........r.2..20% νὸς 
Und wir sagten ihm: „O ως, wird denn eine andere Lehre 
und Unheil vorhanden sein ?« Er erwiderte uns: „Die Bösen 
werden ebenso enthüllt werden wie die Guten und diejenigen, 


84 mAhA: statt DAN τ. 11 ΦΡΕΝῚ 
AA ı „und sie werden irreführen diejenigen, die ,...“ 


@- : „wird (denn) usw. ... 


1) A om. 49 ἢ σ 7: : Ad : @AT“A- : „und so auch uns und 
Jedermann“.  2)Fehlt in den Varr. AC in Übereinstimmung mit dem 
Kopt. 3) ABO AN = ATAHNE : ...... sich gegen mein Gebot 


vergangen haben“, wie im Kopt. nerappnapanonen, Eh: 
ATAHNE : „sich gegen mein Gebot vergehen“, Die Präposi 


h9°7 s nach And ı ist ziemlich selten, 4) Der Nachsatz fehlt 
in ABCL; S hat σά PPo»- : AchY-A : = „die werde ich dem 
Verderben überliefern“, was sowohl der Reconstruction Schmidt’s 
wie dem erhaltenen n kopt (XXIV, 4) fioskoAacıc widerspricht. 


7f. Äth.: „euch und alle, die... . glauben oder einst glauben 
werden“. Z. 8 am Ende ist wohl zu erg. [ner] oder [were] „die 
da werden glauben“, 

11f. Äth.: „den Auserwählten und den Allerauserwähltesten 
(om. AC), damit er (ihnen) die Ruhe, die er verheißen, und das ewige 
Leben gebe“, 

13 1. πίπδεπτολη) st. πίπεπτολη]. 

14 Die Ergänzung [#n&A] „außer“ (dem Geschriebenen), ebenso 
2.15 a[swor] ist zu streichen. Äth.: „etwas davon abziehen oder 
hinzufügen“ (vgl. Apoc. Joh. 22, 18. 19). 

15 Äth.: „für ihre eigene Erhöhung arbeiten“, Ko. dem Sinne 
nach ergänzt, 

XXIV 5 Äth.: „wird denn eine andere Lehre und Unheil vor- 
handen sein?* 


 Äthiopische und koptische Übersetzung. 91 
Koptisch 


hinauf in den Himmel, an den Ort, (den) mein Vater (be- 
τς reitet) hat 

‘den Auserwählten, und ich werde euch geben das Reich, 

das auserwählte, in der Ruhe (ἀνάπαυσις) und das ewige Le- 
ben. Die aber (δέ), welche ıfißachtet (παρανομεῖν) (meine) Ge- 
bote (ἐντολή) 

und gelehrt haben in andern Lehren, indem sie... ... 

das Geschriebene und hinzufügen, (indem sie erstreben) 


87 ΧΧΙΥ͂ 
; (Aa 
οι ass (Ruhm), (und die) lehren an andern Worten 


N ) sich durch Derartige zu Fall bringen lassen, 
rden sie empfangen) ewige Strafe (χύλασις)“. Wir sprachen 
— „O Herr, (werden) denn (μή) Lehren von 
“existieren, abgesehen von dem, was (du) uns gesagt 


1 zu) uns: „Es ist notwendig nämlich (γάρ), daß sie 


—— Und also wird offenbar werden 


ve. oh. 5.94; 1,44. 11 οἱ ἐχλεχτοί vgl. Matth. 24, 22. 94. 31; 
* 12 ἐγὼ δώσω ὑμῖν τὴν ζωὴν αἰώνιον vgl. Joh. 10, 28; 17, 2. 
a ® Υ 1 vgl. Röm, 16, 17. 4 χόλασις αἰώνιος Matth. 55, 326, 7Tf.vgl. 
— * 1; 1. Joh. 2, 19. 


— 2 | \th; hat den Vordersatz ganz weggelassen und den Finalsatz 
λα; „Und darauf wird ihnen ein gerechtes Gericht zuteil 


92 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
die Schönes tun!. Und darauf wird (ihnen) ein gerechtes Gericht ? 
zuteil werden, ihren Taten gemäß, gemäß dem, was sie begangen 
hatten, und man wird sie ins Verderben stürzen“?®, Und wir 
sagten ihm: „Selig sind wir, die wir dich schauen und hören, 
5 wie du uns (dies) verkündest, und deren Augen so viele Wunder 
ansehen, die du vollzogen hast“. Und er erwiderte und sagte uns: 
„Noch seliger aber werden diejenigen sein, die mich nicht sehen ® 
und dennoch an mich glauben, denn sie werden Kinder | des 
Reiches® und die Vollkommensten’ genannt werden, und ihnen 
10 werde ich ein ewiges Leben im Reiche meines Vaters sein“. Und 
wir sprachen zu ihm wiederum: „O Herr, wie wird man glauben 


S 4 HCA,Sh: @3A9°d : HISICh : „die wir dich schauten 
und hören (hörten), was du verkündet hast“, 5 “ΘΑ : 
„Wunder“. 


1) Com. ἣσϑ : „wie“, hat also: „die Guten und diejenigen, die Gutes 
tun, die Bösen ........ πε AC ἸΠΠΡῚ i * : DhMPß: „die- 
jenigen, die Böses und Gutes tun“. B hat NCPY ν᾿ : ἦλϑο: 
(“Θὰ θ, τ DAMP: „diejenigen, die Frieden, Gutes und Böses 
tun“. 5 weiß, : DAAY® » „Gutes und Frieden“, Aus allen diesen 
Varr. folgt, daß der ursprüngliche Satz etwa folgendermaßen lautete: 
„Er erwiderte uns: (die Guten) diejenigen, die Gutes oder Böses 
tun, werden enthüllt werden“. Da aber in diesem Zusammen- 
hange 4,2.%: „die Guten“ überflüssig und sinnstörend erscheint, 
und ferner mit Rücksicht auf das in ABLS vorhandene ἣσν » an 
oder „daß“ und auf das kopt. (XXIV, 7) dan Torgwne vap,.... 
könnte der Text vielleicht auch etwa so gelautet haben: .. has ı Π 
ἸηΠΙΡ τιν θ, τ DAN: ρ... ὁ ὦ 4 : „es ist gut (oder notwendig), 
damit diejenigen, die Gutes oder Böses tun, offenbart werden“. 2) B 
add. YA „jegliche gerechte Strafe (Gericht). 3) L ΘᾺ. 
Pao-; „und ich werde sie dem Verderben preisgeben“ im Gegen- 
satz zu kopt, (XXIV, 11—12) δον cenalpı]a ABC 
correct 40) 6," 2, S hat @A“ : wieL. Unsere er wie auch 
die Guerriers folgt ABC. 4) ABCS add. hil,a: „o Herr“ (νεῖ. 
das kopt. na[aJeıc). 5) C B4hR: „die sehen“. Ἂ ω 

„und geglaubt haben“; vgl. kopt. (XXV, 8) aspmcerese. 6)B —* 
PR. my] Pt: ἦσῃ 07: „Kinder des Himmelreiches“, Da das 
Wort „Himmel“ im Kopt. fehlt, so wäre vielleicht zu vermuten, 
daß in B Ae7PT : eine vorgreifende Dittologie unter Einfluß des 
folgenden etwas ähnlich lautenden βιῆσντ.: „sie werden genannt 
werden“ ist. 7) Im Texte: „vollkommen im (durch?) Vollkommenen 
(Gott?)*; es kann auch etwas anderes, verwandtes bedeuten; so- 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 93 


Koptisch 

(χρίσις) an denen, welche diese Werke tun, und 
(zar&) ihren) Werken werden sie gerichtet werden und 
werden 


weil wir) dich (sehen) und dich hören, wie du 
; (verkündigst) derartiges, denn unsere Augen haben gesehen diese 


| (Ne) 

— Wunder, die du getan hast“, Er (antwortete und sprach) 
zu uns: „Selig (μαχάριος) vielmehr (nämlich (yde)) 

ind die, welche nicht gesehen und (doch) geglaubt (πεστεύειν) 

Ἢ haben, denn 

Solche werden genannt werden (Kinder (Söhne)) 

des Reiches«, (und sie) werden sein vollkommen (τέλειος) (in?) 
jem Vollkommenen (τέλειος) (und) ich werde sein (ihnen) Leben 


ΤΙ vgl. Röm. 2,6. 12 vgl. Matth. 10,21; 3. Kor.4,11. 18 vgl. 
£th. 13, 16. 17; 1. Joh. 1,1 δ᾽. 

 XXV 2£. vgl. Joh. 20, 39 (1. Petr. 1, 8. 4 υἱοὶ τῆς βασιλείας vgl. 
ἐδ. 13,88. ὅ vgl. Matth. 5,48. 7 dv τῇ βασιλείᾳ τοῦ πατρὸς μοῦ 
Matth. 20, ©. 


erg. am Schluß [se ex), 


'äthiop. Text als auch die entsprechende Stelle im Κορέ, sind 


94 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopiseh 

können, daß du! uns verläßt?, wie du es auch sagst: es wird 
eine Zeit und Stunde kommen, wo du zu deinem Vater gehen 

mußt ?* 
Cap. 30 (41) Er antwortete und sagte uns: „Gehet und 
5 prediget den 12 Stämmen Israels und den Heiden, und dem 
Israel? und der Erde Israels im Osten und Westen, Norden und 
Süden, und es werden viele an mich, den Sohn Gottes, glauben*, 
Und wir sagten ihm: „O Herr, wer wird uns Glauben und wer 
wird uns Gehör schenken, und wie werden wir imstande sein zu 
10 tun, lehren und erzählen, wie du Wunder, Zeichen und Macht?* 
Er erwiderte und sagte uns: „Gehet, prediget und lehret die 


S 9 19% ı statt Dany. ı θ,ἤ 9 Οὗ 1, also „o Herr, wer wird 
unserem Zeugnis glauben, und wie werden wir usw. ...“, im Gegen- 
satz zum Kopt. XXVI, 4 n[mm nerjnacwrme apa, 9 mA: 
11.2: ΟΝ Ὑ 2 Κι ἢ σον ı etc. — „.... im Stande sein zu verkünden 
und zu lehren“, 47,4: und 7,4 sind leicht zu verwechseln. 
10 FAZ: „Wunder“. 11 @A@-/PAr: „under erwiderte uns“, 


1) Für „daß du“ hat A 77 : „dies“, add. AN. 
„o Herr“ nach „daß du“, wie im Koptischen (EXT, 8) naaeıc, 
S he: FAnVA : Al,h : „wie wird man glauben können, 
7 EEE 2) A 134 : chf.1% : „dies hast du uns 
zurückgelassen“ ‚ wahrscheinlich aus YAYF : durch Ausfall des h 
entstell. Doch könnten beide, NY: und YAFTt : gestanden 
haben: Az BAI-nVA: ἈΠ“ 1.1 My HAFT a ch: „wie 
kann man diesem Glauben schenken, (nämlich) daß du uns verlassen 
wirst“, Das Perfeectum ‚hß.7%: in A statt Imperf. scheint aber 
sicher ein Fehler zu sein; vgl. Κορέ, (XXV, 9) enuabor raane ποωκ 
(und die Fußnote in Schmidt's Text). 9) 5 ann : Ai 
ΒΝ : Atı-rA : AUT : ARM # etc. — „und prediget den 
12 Stämmen Israels zur Belehrung im Osten usw. ....* LB haben 
statt DAJP-Z: „und dem Lande“ das lautähnlice DAY 
(09-: „und zu ihrer Belehrung“. Das @AANL%A : „und dem 
Israel“ in ABCL scheint überflüssig zu sein; ebenso vielleicht auch 
manches im Kopt. S steht wahrscheinlich dem Urtexte am näch- 
sten, hat aber vielleicht zu wenig, denn “Δ ΙΗ : „und den 
Heiden“ könnte doch gut berechtigt sein. AY®yE : „zur Beleh- 
rung“ steht nicht im Kopt. und ist außerdem dem DAPPRL » „der 
Erde* verdächtig ähnlich. 


11 Äth.: „wo du zu deinem Vater gehen mußt“. ἄτι 
13 Man erwartet in Übereinstimmung mit Äth. „den zwölf Sram 


‚Äthiopische und koptische Übersetzung. 95 
Koptiseh 

und uns verlassen wirst, wie du (sagst) 

zu uns: »Ein Tag wird kommen (und eine Stunde), 

daß ich hinaufgehe zu meinem Vater«“. (Er) aber (δέ sprach 
rzu (uns): 

„Gehet ihr und prediget den 

zwölf Stämmen (φυλή) und prediget 

such den Heiden (ἔϑνος) und dem ganzen Lande Israels vom 


XV 


᾿ (hnfgang) b bis zum Untergang und vom 

Süden bis ‚zum) Norden, so werden viele glau- 

- ben (πιστεύει») (an den) Sohn Gottes‘. Wir sprachen aber (δῶ 

ον zu ihm: 

„0 Herr,) wer wird uns —— (πιστεύειν) oder (ἢ) 

5 (wer) wird auf uns hören (oder (ἢ) wer?) lehrt (... .) 

u: und Zeichen, die (du) getan (hast) und ds 
under?“). Darauf (τότε) antwortete er und sprach zu uns: 

„(Gehet) i ihr und prediget die Barmherzig- 


E Γύναι ἐμένα zul öga vgl. Joh. 4, 23; 5, 38. 38; 16, 26. 2. 
Σ ee 
14, 28 etc, 12 vgl. Matth. 28, 19; Marc. 16, 16, 13 vgl. Matth. 
WE: Ines: Act. 26, 7; Jacob, 1,1; Apoc. Joh. 21, 12. 
EN ee Lue. 13,20, 3 πιστεύειν εἰς τὸν υἱὸν 
τοῦ ϑεοῦ Joh. 9, 35; 12,37. Ὁ δυνάμεις, σημεῖα, τέρατα vgl. Act. 2, 95; 
τ. 18, 15: 2. These. 9,9; Hebr. 2, 4. 


| a nie „dem ganzen 
- Lande Israels“, wie. auch Äth. „und dem Israel und der Erde Israels“. 
Die Corraptel scheint schon schr alt zu sein. Ich vermute, daß ur- 
rünglich nur von den 12 Stämmen (vgl. Act, 26, 7) die Rede war 
—— Binde des Wert „Israels“ hi ‚ das dann 
die falsche Stelle geriet, denn Z.14 muß es : „und der 
ἢ Erde“. Oder werden hier die Jünger auf die Predigt unter den 
‚beschränkt, während Paulus als Apostel der Heiden erscheint? 
XXVI 1 Äth.: „im Osten und Westen, Norden und Süden“. 
8 Äth.: „an mich, den Sohn Gottes“, 
Ben. Ko, kleine Lücken, deren Ergänzung unbestimmt; viell. 
N » man am Schluß τὸ ergänzen zu τοίοτπεὶ = atooıme „ uns* 
ι — paraphrasiert: „und wie werden wir imstande sein zu tun, 
Ἔ wie du Wunder, Zeichen und Macht tatest?* 


σι 


96 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopiseh 
Ankunft meines Vaters und! seiner Gnade, Wie mein Vater 
mit mir? machte, so werde ich auch euch es machen, indem 
ich mit euch bin, und werde euch meinen Frieden, meinen Geist ὃ 
und meine Kraft geben; es wird euch zuteil werden*, damit 
man Glauben schenkt. Ihnen aber wird diese Kraft gegeben 
und als Erbe verliehen, damit sie sie den Völkern geben’, 


S 1 na ı — ynas : „wie“. 3 VDAD-F : „bin“. δὴ» 
@07, 1 „und ihnen“. 


1) InB sind die Worte @an,h% : AAFT : PAhE : @, und 
lehret die Ankunft und“ außerhalb des Textes gestellt, was auf ihre 
Auffassung als spätere Einschaltung hinweist und sehr genau dem 
Kopt. entspricht (XXV 1,8) [bo ftrw|rme reritamgeaeng Hraftıyan[orııg 
iina]eıwr — „gehet und prediget die Barmherzigkeit meines Vaters“. 
In AC fehlen diese Worte ganz. 2) A om. JE s „mit mir, in mir“. 
C fügt n9u- : ΑἸ: vor AfiCcı = „so werde auch ich euclı 
tun“, 3) C add. @EPZ : ἢ Ἀθ: „und meine Liebe“. 

4) B om. &Fjnoo-: „es wird euch zuteil werden“ wie im Kopt. 
In B fehlt auch das Pronom. H,AP: nach SPA: also — „ich 


werde euch ...... meinen Geist und eine Kraft geben“, wie im 
Kopt. (XXVI, 12): tnare nme forsan. 5) C DUN : 
„damit sie (den Heiden) gegeben wird. 

Äthiopisch 


Cap. 31 (42) Und sieh, ihr werdet einem Manne begegnen, 
dessen Namen ist Saul, was bedeutet Paul. Er ist Jude!, dem 
Gesetze gemäß beschnitten. Und er wird meine Stimme vom 
Himmel mit Schrecken, Furcht und Zittern vernehmen. Und 
seine Augen? werden erblindet und (seine Augen) durch eure Hand 
mit dem Zeichen des Kreuzes beschattet? werden. Tut ihm alles, 


2 Act. 13,9. — Act.21, 39; 22,3. 3 Phil.3,5. 4 Act. 9, 4; 22,7; 
26, 14. 5 Act. 9,8.9; 22. 11. 


S4 DLFR : 


1) BAFN: ARU-PPı „indem er Jude (ist)(?)*. Ου Ὁ: 
„von Juda“. 2) BC om. AdBRTFHU-: „seine Augen“ — „und 
er wird erblindet werden“. S @BßAAA : δοῦν. 3)L @£ßT 
ὠφῃν „und er wird gehütet werden“, entstellt aus @ ⸗ 
infolge der Ähnlichkeit von ᾧ und 7“; ABC haben 4.h: vor 


NA: „und mit Speichel von eurer Hand werden seine Augen 


usw. „...“, was mit Act. Cap. 9 nicht übereinstimmt, aber vgl. 


“ak ra * 


᾿ Δι βοριοιῶρ πο koptische Überseizung. 97 
Koptisch 

(meines) Vaters, und das, was er getan hat durch mich, 
ide 158) μεῖμαὶ an durch sach, indem ich mich befinde 


euch, (und) ich werde euch geben meinen Frieden (εἰρήνη), 
τὰ meinem Geiste (πνεῦμα) werde ich euch geben eine 


ihr prophezeit (προφητεύειν) ihnen zum ewigen Leben. 
— m 20 ern die dh 


##»##»#%#%# 0%» Lücke von 6 Blättern su aaa... 


10 vgl. Joh. 14,208. 11 εἰρήνην τὴν ἐμὴν δώσω ὑμῖν vgl. Joh. 14, 27; 
30,31. 12 vgl. Joh. 30, 22; Act. 2,17.18. 18 vgl. Ack. 2,17. 18. 


12 Äth.: „meinen Geist und meine Kraft*. 
ns Äh: „es - euch En damit man Glauben 
s. Note von Wajn man sTorwng St. arung, 
heißt es: „damit sie leben 
- τ Äth.: „Ihnen aber wird diese Kraft gegeben und als Erbe 
verliehen, damit sie sie den Völkern geben“. 


wie ich euch tat. Übertraget es den anderen!. -Und zur selben 
it? werden sich jenem Manne die Augen öffnen, und er wird 


2 Act. 9,18. 


„san Ar: anch > A . 2 @&h2”%+: „... wird jener 
als die anderen Mss.). 

En ee besonders 

der neuen Aussprache etwas ähnliche δ ἔφ. » „Hoffnung“, also = 

nd mit eurer Hoffnung (Verheißung) werden seine Augen bekreuzt 

den“. Die Erzählung von der Heilung Pauli u. hier durch 

B wahrscheinlich eingeschalteten Baiz „ tut ihm .... den anderen“ 


#1) Guerrier bezieht ds AhAA 3 : ur : auf Pau] und über- 
t: „convertissez-le pour les autres“ 2 heißt zwar bei Dill- 
nn —2 aber nur in malam partem, wie aus den dort an- 
ὍΝ: Beispielen hervorgeht. Soll es eine Interpolation sein und 
* auf das Wort Gottes beziehen, das die Apostel den anderen zu über- 
ragen, übermitteln haben? Letzteres ist nämlich die gewöhnliche Be- 
deutung von AdA@:. 2) Guerrier: „mais au temps —— 
— J 


— 
- 


10 


98 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisech 
den Herrn, meinen Vater im Himmel, lobpreisen. Er wird 
beim Volke eine Macht erlangen und predigen und belehren. 
Und viele, wenn sie ihn hören, werden Wonne empfinden und 
erlöst werden. Darauf aber wird man ihm gram werden! und 


5 ihn in die Hände? seiner Feinde ausliefern, und er wird vor 


sterblichen Königen Geständnis ablegen®, und es wird sein 
Ausgang sein*, daß er sich zu mir bekennt, anstatt daß er mich 
verfolgt hatte”. Er wird predigen, lehren und mit den Er- 
korenen® weilen, ein auserwähltes Gefäß und eine Mauer, die 
nicht umstürzt, der Letzte der Letztem wird zum Prediger den 


6 Act. 9,15; 1. Clem. 5, 7. 8 Act. 9,5; 22, 7.8; 26,14.15; Gal.1,13, 
9 Act. 9,15. 10 1. Kor. 15,9 — Jer.1,18; 15, 20. 


S3 DB: — N τ ὦ ἢ 1 ἐν .}}" : ἡ : 
= „.... und .... viele wird er belehren. Und sie werden mit 
Wonne ihn vernehmen ....“. 9 HA,R@L-P : „die nicht um- 
stürzt“ (bessere Var.). 10 ΔΒ 4. ΘΎ : (wahrsch, Schreibfehler), 
— Mnht : „Predigt“ statt „Prediger“, 


1) BßAAA: „er wird gehaßt werden“. 2) B om. Ak: 
„die Hände“. A hat Ak: Anh: >PrAY: „die Hände sünd- 
hafter Leute“. C ΔΈ: „seiner Feinde“, 3) B@PT 
Ἀλσυνγ : „und er wird sich vor sterblichen Königen zu mir 
bekennen“ (vgl. folg. Satz. BC om. ePF-P7Y: „sterblichen“ ; 
L hat das lautähnliche σὴ ΘΎ „or siegreichen 
Königen“. A mPFP7:@.hAFPF: „vor sterblichen und ver- 
gänglichen (Königen)*. C ῃῷ θυ : “ΠΛ: ΘΎ : 71} 7 1 „vor ver- 
gänglichen Königen“, 5 πρὸ ΘΎ : @FAFPTF : „siegreichen und 
vergänglichen“. Das Ursprüngliche scheint A zu enthalten. 

4) EAU: ATAPTTE : &nD-7: AdAU«: wird von Guer- 
rier anders übersetzt: „et il me confessera parfaitement*“. EA: 
ist aber gewöhnlich nicht „Vollkommenheit“, sondern „Ende, Ausgang“, 
Vielleicht auch: „die Erfüllung durch ihn (des Aktes des) Sich- 
bekennens zu mir“ (also mit der Bedeutung „absolutio, consummatio — 


Erfüllung, das Zuendebringen)*. 5) A NAR.RZ τ @AAhz : 
SPATZ: „anstatt daß er mich verfolgt hat und gehaßt, wird 
er sich zu mir bekennen und predigen usw. ....“ Dasselbe haben 


auch BC mit unbedeutender Änderung. S Aha® : 9971 : HÄR. 
27: @AAhZ τ @-hrt: : PAYPF7Z : „denn anstatt daß er mich 


verfolgt und gehaßt hatte, wird er sich zu mir bekennen etc.“ Die 
Var. A scheint bei Guerrier etwas anders angegeben zu sein (Druck- 
fehler?). 6) ABCS ἀφ. „mit meinen Erkorenen“, 


a 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 99 
Äthiopisch 

Völkern (Heiden), vollkommen durch! den Willen meines 
Vaters. Wie auch ihr aus der Schrift erfahren habt, daß eure 
Väter, die Propheten, von mir? gesprochen haben, und an mir 
- es wirklich erfüllt worden. Und er sagte uns?: so werdet 
auch ihr ihnen zu Wegführern, und alles, was ich euch sagte 
und ihr wegen mir schriebet * (erzählet ihnen nämlich), daß ich 
das Wort bin des Vaters? and der Vater in mir ist. So 
sollt ihr auch jenem® Manne sein, wie es euch geziemt. Be- 
lehret und erinnert? (ihn an das), was in der Schrift über 
mich gesprochen und erfüllt worden ist, und er wird nach- 
her den Völkern zum Heil“. 

Cap. 32 (43) Und wir fragten ihn: „O Meister, ist für uns 
und sie eine und dieselbe Hoffnung auf das Erbe?* Er ant- 
vortete und erwiderte uns: „Sind denn die Finger der Hand 
einander gleich, oder die Ähren im Felde, oder bringen die 


1 ρὲ %,21;Gal.1,16; 3,8, ὃ ναὶ. Βοεια. 3.19. 71.Joh.1,1. 
— Joh. 10,38; 14,20; =. ο. Κορέ. Χ,83.'ὁ 11 Act. 18, 47; 26,19; 28,28. 
vgl. Eph. 3, 6; Act. 26, 6. 


82 pas ı „daß“ fehlt. Also viell. „wie auch ihr aus den Schriften 
Väter, der Propheten, erfahren habt... .* 4 1790- : „so“. 
yro»L:ı. SA 2 „ihr“. 13 ΦΆΘ ΔΝ. „Und 
lerte...... ᾿- 14 AINö rt » „die Finger“. 15 E40 : 


Guerrier übersetzt: „et il sera parfait dans 
volonts de mon Pöre*“. Wir würden lieber das 4:33. 95 ı als 
but zu „Prediger“ auffassen, und fi: « ἢ! 4, 9 3.1 ΔΆ: 
ο n meines Vaters“ übersetzen. 2) A (Ark 
"3 „von euch“. 3) Aom. „und er sagte uns“, welches auch 
lü ist, da es die Rede Jesu bloß unterbricht. A hat auch 
 Pfibir ı mhi.Ra0 ı „daß sie von mir Wirkliches 
n haben, und es ist erfüllt worden* (wenn ich die Angabe 
ar. A richtig verstehe). S hat für das über- 
. Das ὦ in BCL ist vielleicht 
hie des @ im Auslaut von YA@ ı. 4) ACLS 
* oder „wegen euch“. Im Text 
B Ἧσν- ı. Ob aber 


7% 


100 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

Fruchtbäume gleiche Frucht? Bringt nicht ein jeder Frucht 
nach seiner Natur!?“ Und wir sagten ihm: „O Herr, willst? 
du zu uns wiederum in Gleichnissen sprechen?“ Da sagte er 
uns: „Jammert nicht; wahrlich, ich sage euch, meine Brüder 
5 seid ihr, meine Genossen im Himmelreich bei meinem Vater®, 
denn so hat es ihm gefallen‘. Wahrlich, ich sage euch, auch 
denjenigen, die ihr belehret® und die an mich (darauf) glauben, 
werde ich jene Hoffnung schenken ®*, 

Cap. 33 (44) Und wir fragten ihn wiederum: „Wann’ 


10 werden wir jenem Manne begegnen, und wann wirst du hin- 


gehen zu deinem Vater und unserem Gott und Herrn®?* Er 
antwortete und sprach zu uns: „Es wird jener Mann aus dem Lande 
Cyliecien herauskommen? nach Damaskus Syriens, um die Kirche 
(Gemeinde), die euch zu schaffen beschieden ist!%, auszuwur- 


1 vgl. Matth. 7, 17; 12, 33. 4 vgl. Matth. 13, 10. 5 vgl. Matth. 
12, 49; Marc. 3, 34, 6 Matth. 11, 26. 13 Act. 21, 39; 22, 3; 23,33. — 
Act.9, 2u.d.; 22, ὃ υ. ὅ.; 26, 12. 14 Gal. 1, 13. 23. 


Ss ı An :. 5 ἢ “Ἔ4.Ὑ : „und meine Genossen“. 


1) B hat das lautähnliche IN : AdhA-: „je nach seiner 
Rebe (Zweige) ?“ 2) A (ΘἼβ, ἢ» : AH,A AML- „und wir 
sagten ihm: o Herr, auch zu uns willst du usw.“ 3) ABC je» 
797,7 : ΛΆΠΟ : „in dem Reich meines Vaters“. S leo 
277 ı ἈΠῸ : (Bedeutung dieselbe). 4) C om. Allem : 
navy : wgy°Z : „denn so hat es ihm gefallen“, 5) Statt AA 
ΔΎ. : „auch denjenigen“ haben SL das lautähnlicke Akan“, : 
(σοι) 1 συ- :) — „und wenn (ihr sie belehret habt)...“ Dem Sinn 
entsprechen ABC besser, wie so oft, wo diese drei Hdschrr. sich 
L gegenüberstellen. 6) Für Au-Nav- : „ich werde ihnen 
schenken“ hat A AWP av- » „(die Hoffnung, das Versprechen) ihres 
Vaters“. Entweder ist Af-U’o®- » bloß durch Umstellung aus Ar 
Nav- : entstanden, oder es war ursprünglich Au-flav- : 7 ἢ 4. : 


AfN-V’oo- : „ich werde ihnen das Versprechen ihres Vaters erfüllen 
(geben)“, nur hat in allen Hdschrr. außer A der Abschreiber infolge 


der Lautähnlichkeit das Af«V’a®-: übersprungen, in A aber das AU 
na». 7) ABCS add. AJH,A : „wann, o Herr, werden wir.....“ 


8) AChat DamP-577 : „und (unserem) Erlöser“ anstatt „unserem 
Herrn“. .9) A Bamf&h: „es wird kommen“ für das lautähnliche 


E@%h : „es wird herausgehen“. 10) Anders Guerrier: „l’Eglise 


que vous venez ΟὟ fonder“. YA@ : ist bei Dillmann wenigstens Σ 


als Hilfszeitwort zur Bildung der Vergangenheit in Vergleich mit 


Ἢ 


— 

Pre 

— 
* 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 101 


Äthiopisch 

eln!, Ich bin es, der durch euch spricht; und er wird schnell 
kommen?, Und er wird stark ? werden in jenem Glauben, damit 
erfüllet wird das Wort des Propheten, welcher spricht: »Sieh, von 
Syrien aus* werde ich anfangen zusammenzurufen ein neues Jeru- 
δ salem, und Sion werde ich mir bezwingen, und es wird gefangen 
werden, und der Ort, der kinderlos ist®, wird Sohn und Tochter 


3 ἵνα πληρωϑῇ ὁ λόγος τοῦ —— Joh. 12, 38; (15, 25) vgl. Matth. 
18%;2,15.17.%ete. 4 Das Zitat ist ein Agraphon, 5 vgl. Apoc. Joh. 
8,12; 21,2.10; Hebr, 11, 22; Gal. 4, 26. 6 vgl. Gal, 4,27; Jer. 54, 1. 
6 Apoc. Joh. 21,2. 9. 


— 4 ἢ 6 ς-ἡΔλ, ΦΟῪ «εἰν πῇ 1 correctere Form — „ein neues Jeru- 


einem anderen Geschehen in Verbindung mit dem Imperf. des Haupt- 
᾿ς verbums nicht belegt. Δ». Ὦσυ- ı ING: kann bedeuten ent- 
weder „ihr pflegtet zu gründen“ oder „ihr waret im Begriff zu 
nden; es stand euch bevor (war euch beschieden) zu gründen“. 
om. Art: „welche* und hat yAmhpam- ı „es ist euch be- 


u, 1 AB PP, „um sie zu überliefern“. B rt : 
und 1, θ᾿ ı „um sie irre zu führen, 2) ΑΟ ΦᾺΠΆΑ ἢν: 
4: „und ich werde schnell kommen“, 8) Aus der Var.C. Bei 
ist der Absatz anders übersetzt, nämlich das in der Var. C hinzu- 
 gefügte 3.7.2 : nicht berücksichtigt, ferner DEN : m 1 in 
einem Satz mit EA: » Y&e7T Ὑ 1 verbunden; ebenso Cno · 7 
mit ἣσν» 874.29 :.5 ΡΣ : 7&977 ı ὙΠΟ. ı „und 


eines ungelernten Abschreibers statt APP-Z : „aus dem 
Lande“, 5) C hat hier für @Aß- ı „Sohn“ eine sicher gute 
. 40 3 „kinderreich, viele Kinder gebärend“, die zweifellos 
den Text gehört, und unsere Auffassung des Wortes oh’: _ 
als Subst. in der Bedeutung „Ort“ muß der Guerrierschen Über- 

set: als Adj. „sterile* wahrscheinlich Platz machen. In anderen 
feilen aber ist die Übersetzung Guerriers vielleicht nicht ganz ein- 
wandfrei; er übersetzt: „elle qui &tait captive, störile, sans fils, elle 
| (f6eonde) en fils et.“ @rh@-7 : 2,m-@-F- » könnte 
auch wohl von dem Folgenden absondern und an den vorher- 
gehenden Text anlehnen: „ich werde Sion an mich ziehen (be- 
zwingen), und sie wird gefangen sein“ (d.h. in liebevoller Gefangen- 
schaft Gottes). @aohh : Ay : haft τ @-N£ : Ehrt: : Th 
D-7 : DAR : (nach ΟἹ ἀλη" : Alp : TAaof, — „und die 


10 


102 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

meines Vaters und meine Braut genannt werden ᾽ς, denn so hat es 
gefallen dem, der mich gesandt hat. Jenen Mann aber werde ich 
abwenden, damit er das böse Vorhaben nicht vollzieht?, und es 
wird durch ihn das Lob meines Vaters vollzogen. Nachdem ἢ 
ich aber weg bin und bei meinem Vater weilen werde, werde 
ich zu ihm vom Himmel sprechen, und es wird alles geschehen, 
wie ich euch früher inbetreff seiner? gesagt hatte*, 

Cap. 34 (45) Und wir sagten ihm wiederum: „O Herr, so 
viel Wichtiges hast du zu uns gesprochen® und uns enthüllt, 
was nie gesagt worden war, und in allem hast du uns Ruhe ge- 
schenkt und bist uns gnädig gewesen. Nach deiner Aufer- 
stehung offenbartest du uns Alles, damit wir wirklich erlöst 
werden. Du sagtest uns aber bloß, es® werden Wunder und 
seltsame Erscheinungen? geschehen im Himmel und auf der 


6 vgl. Act. 9,4; 21,7; 26,14. 10 8. o. kopt. XXL, 6 und XXX, 12. 


S 1 Statt „denn so hat es . . . . gesandt hat“ hat S pen : 
2.307, : u>9°Z. 1 mit Umstellung der beiden letzten Worte und Aus- 
lassung des H im Anlaut von 44.37@% » wahrsch, unter dem Ein- 
fluß des Ἢ im Auslaut von ὨΦΡΉ ı. 7 ham ı „wie“, 


Unfruchtbare, die kinderlos ist, wird kinderreich werden und 
Tochter ..... genannt werden“, Unsere Gliederung des Satzes wird 
durch den Nominativ @aeohy”y » („der Ort“ oder die „Unfruchtbare“) 
bestätigt, denn als Prädikat zu @Fn@-3. müßte Daohy : im 
Accus. stehen gleich ,m-@-F :. 

1) AA,TA: συγ : 7 Ὧ69-7 : „und mir wird sie zur Braut 
werden“; sonst wäre hier als Präd. "ὦ στο Θ, : vom vorhergehenden Satz 
heranzuziehen: „sie wird die Tochter meines Vaters genannt werden, mir 
aber — meine Braut“. 8 (ΘΔ, Ft: συ, : „und mir eine Braut“. 


. 2) Nach Var. A. Im Text: „damit er nicht hingeht und das böse Vor- 


haben vollzieht“, C @A, BAR : für das ähnliche @ (: 
„damit er nicht hingeht und zurückkommt“ (der böse ke? 
3) ABC add. δ᾽ισῃ : „denn nachdem ete. „...* 4) AAFL 
Ὦσυ- : wegeneuch. 5) ABCS add. @H,y@-h% : „und uns mitgeteilt“. 
6) Von dieser Stelle an geht der Text bis zu einem bestimmten 
Ort zum Teil gleichlautend mit dem im Kopt. gleichfalls nicht vor- 
handenen parallelen Teile des Testamentes (8. 38. Z. 11ff. bei 
Guerrier). 7) Hier “9 σϑ ὮΓ(Σ : „wunderlich, befremdend“, 
während S. 38, Z. 11 @apß-gPg® ; „Staunen oder Schweigen er- 
regend“, A hat 42) σῃ ἢ ς :. 


— — 


— 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 103 


er Äthiopisch 

Erde, noch bevor das Ende der Welt kommt'. Lehre uns nun, 
wie wir es erkennen“. Und er erwiderte uns: „Ich werde euch 
lehren? und nicht nur*, was euch geschehen wird, sondern 
_ auch denjenigen, die ihr belehren werdet und die glauben wer- 
ὃ den’, sowie auch denjenigen, die jenen Mann bören und an 
- mich glauben‘. In- jenen Jahren und Tagen’ wird es ge- 
schehen“. Und wir sprachen zu ihm wiederum: „O Herr, was 
1 vgl. Matth. 24; Marc. 13; Luc. 21. 4 vgl. Joh. 17, 20. 


S 6 £ha-3 : My : statt Eho-7N: 7 ΘΎβ,Δ": 9° 
TR: ἢ ἢ 6».7 : A,.A : ΔΙ τ „und wir fragten ihn: was 
ist dies, was wieder, o Herr, geschehen wird?* (Oder viell. gehört 
höf : „wiederum“ zum Folgenden: „und wiederum sprach er usw. ...“ 


2 1) 8. 38, Z. 11—12 HAMA: δι» 7: hAPT : „bevor es wird 
das Ende“ (oder „ohne daß dem [den Erscheinungen] ein Ende wird?) 
Anders freilich Guerrier. 2) 8.39, 2.1: ΘΎβ, Ar: ΔΝ 1. : 37 
40426 add. FACH :) = „und wir sagten unserem 
Herrn: sage uns und zeige uns“ (Ὁ add, ein Zeichen). Die erste Hälfte 
dieser Stelle (6 γ{},." : ΔᾺ ἽΗ ἈΥ 1) „und wir sagten unserem Herrn“) 
- ἰδὲ auch 5. 76, Z.3 zu ergänzen. Guerrier anders: Sachons-le donc, 
et enseigne-nous-le. 8) 8.39, 2.1—2; Δλῃσν-ἡ : nhov ·· 
eUydhoe- » (euch werde ich sagen und lehren). In A fehlt 
ΘᾺ ΖΦ σθ- ı „und sagen“, 4) Guerrier etwas anders: „non 
pas pourtant“. 8.39, 2.2 fehlt Ak» „nur“, also „nicht was mit 
euch geschehen wird, sondern mit denjenigen usw. ....“ Diese Stelle 
wird 5. 39 von Guerrier anders übersetzt, obwohl die beiden äthiop. 
‚Stellen fast gleichlautend sind; bei Guerrier (8. 33): ce n'est pas 
vous qui (verrez) ce qui arrivera; hier (8, 76): „ce qui surviendra, 
non pas pourtant dans votre (gönsration)*“. Diese letztere Über- 


5) 8.39 2.3 AA: PAY: NP : „die an mich glauben werden“. 
6) Die Stelle: @NAAN : MAN, : EA°O- : @PAI°r- τ fehlt in AS 

| in der Parallelstelle Guerrier, 8, 39, Z. 3. Sie ist auch viel- 

B späterer Zusatz, eventl. könnte das Fehlen dieser Stelle 
1 AS bloß eine Auslassung sein, durch das frühere @pAy°% : ver- 
a Guerrier übersetzt: il y a des hommes qui vous &couteront 
indem er den ganzen Satz vom vorhergehenden Text absondert, 

i » als Plural eines Pronomen und QAA, » als Plural auffaßt. 
ir würden lieber auf jeden Fall das Ἢ zu NAA, : hinüberziehen 
Be Helene Mann“), NAA, » als Singular auffassen (oder streicht 
. dieses Wort ganz?), anstatt fl ein {ἢ lesen und den Satz in 
Verbindung mit dem vorhergehenden Text setzen. 7) ΒΒ om. J@- 
:930.J5Y1ı@ „in jenen Jahren und“. C om. στ ἡ δὰ : Tagen, 


104 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
wird denn geschehen?“ Und er sprach zu uns: „Alsdann ! werden 
die Gläubigen und Ungläubigen ein Horn im Himmel sehen 
(hören)?, eine Vision großer Sterne, die am Tage? sichtbar 
werden, wunderbare Erscheinungen* im Himmel bis zur Erde 


2 σάλπιγξ Matth. 24, 31; 1 Kor. 15, 52; 1’Thess. 4,16. Ps, Sal. 11,1; 
IV Esra 6, 23; Did. 16, 6. 


S 2 Statt „die Ungläubigen“ hat S in der Parallelstelle (Guer- 
rier 39, 4) A.eh9°;.no- s „diejenigen, welche euch nicht glauben 


werden“. 3 @chet: 0 ΡῈ τ ἢ ΦΉ ΠΤ : „eine Vision — 
Sterne“, 


1) Übersetzt nach ACS An ı Pdang ı. LB haben A 
ῥσυς  .:. Diese unverständliche Lesart wird nicht durch die 
Parallelstelle S. 39, Ζ. 3 bestätigt, wo wir lesen h0e77 : has 
ΟὟ : „alsdann werden sowohl meine Gläubigen als auch usw. ...... 
2) A ΓΤ : “(Schreibfehler für 40" Ὁ 4: 1 : +C „sie 
werden sehen (hören) das Schlagen eines Hornes....... Bang 
„Schlagen“ ist vielleicht ein nicht ganz unglücklicher Schreibfehler 
für *Zg-%p : „Blasen“, welches wir auch in der Parallelstelle 
S. 39, Z. 4 finden: BCAR τ Yet: PH a Ah τ΄, εἶ 
werden sehen (C A, PB Ahf » sie werden nicht sehen) das Blasen 
eines Hornes vom Himmel“. Das APA7P, : „vom Himmel“ finden 
wir auch wieder in den Varr. ABCS zu unserem Text: ABCS AgyPA 
BP: SPBZARZ: „werdn .... mich sehen (als Horn vom 
Himmel??)* 3) ACS AZN : „während“ für ἢ, 77" : Dasselbe A371 : 
auch 5, 39, V. 5 als Var. von ABC. Außerdem haben ABC noch 
@-h: :. Beide Varr. erlauben uns den ursprünglichen Wortlaut 


zu rekonstruieren: A374: my AT: ah: „(..... großer Sterne, 
die sichtbar werden), obwohl es Tag sein wird “ SBFZLMR ı 


„werden sichtbar sein“, entspricht dem PfyF CAR : in der Parallel- 
stelle. 4) AS @f am’ : „und Drachen“. C hat ein sinnloses 
[Ao0”% :, welches aber sowohl dem »FAY®C : in BL wie dem 
oo” : in A ähnlich lautet und uns die Entstehungsweise beider 
Lesarten („Drache* und „wunderliche Erscheinungen“), die beide 
nicht schlecht sind, vergegenwärtigt. ΤΟΎ : hat wahrscheinlich 
zwischen -A9°C : und ἢ 0 : den Vermittler und die "Über- 
brückungsrolle gespielt. Daß es ursprünglich fre®% : lautete, und 
der Abschreiber des A oder sein Vorgänger ein A hineindichtete, ist 
wenig wahrscheinlich. Eher hat das Umgekehrte stattgefunden: der 
Abschreiber C hat aus ὙΦ ΩΣ =: unter dem Einfluß des ähnlich 
lautenden AP : oder FA@0”% : („du wirst glauben“ oder „be- 
kenne dich“) ein FAaD? : gemacht (vielleicht schwebte ihm auch 
das Verbum ἈΦ : „du wirst wissen“ vor), und erst aus diesem 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 105 


— Äthiopisch 

reichend!, Sterne, die auf die Erde fallen gleich Feuer?, und ein 
großer, starker Feuerhagel?. Die Sonne und der Mond, mit ein- 
ER kämpfend *, ein immerwährendes® Rollen und Getöse von 


τ΄ τ vgl. Apoc. 6, 13; 8,10; 9,1. 2 vgl. Apoc. 8, 7; 11,19, 16, 21. 
8 vgl. Apoc. 8, 5; 11, 19; 16, 18. 


S ὃ Bhf ı „Sonne“. 


(— bildete C durch Ausfall des A in der neuen Aussprache 

ein ao’ ı. Die Parallelstelle S. 39, Z. 4 fehlt. 
— 1) Die Worte „bis zur Erde reichend* stehen in einer etwas ver- 
schiedenen Redaktion (YE.NR’h: 99 ΡΖ 1 „auf die Erde gelangend“) 
in der Parallelstelle 8. 39, Z. 4, beziehen sich aber nicht auf die 
„wunderlichen Erscheinungen“ oder „Drachen“, sondern, was richtiger 
- erscheint, auf das Blasen des Hornes, welches vom Himmel bis zur 
- Erde erschallt, vom Himmel auf die Erde herabklingt. — Guerrier 
δι AC als „astres“ auf und übersetzt mit Ergänzung eines 
* fehlenden Prädikats „des astres (descendront) du ciel en touchant la 
terre“, 2) AC om. AA: ἣσν : s „die gleich Feuer sind“. 
839, 2.5 steht ὦ οιφι: : ῆσν : KAT : „(und sie 
werden sehen) den Fall von Sternen, die wie Feuer (sind)“. Das im 
Text auf NCE : bezogene (9 Ὁ) ,7. ı („ein großer Hagel“) scheint 
- mit dem Hagel nichts zu tun zu haben, und ist vielleicht eine 
xixezierte Wiederholung oder Dittographie des in der vorhergehenden 
Zeile stehenden 96}. :hPhhnT : In der Parallelstelle S. 39 
hier etwas ganz anderes, 8) ACHA:hmwı: AAr: „ein 
wie Feuer“. Das Relativum AA » steht im Plural und kann 
in einem schlechten Text wie dem unsrigen auf ς δ": bezogen 
werden. Die Pluralform des Relativpronomen macht es nur doppelt 
"wahrscheinlich, daß im Urtexte hier nicht von AZP- : „Hagel“, 
sondern von ANNE: NPHNT : Aa: ham ı AA: „großen 
Sternen die wie Feuer (sind)“ die Rede war. Vgl. vorhergehende 
Fußnote. 8 DINBT : NL . HAT : Ad ΄ τ entweder „und 
- großer, starker Feuerhagel* oder viell. „und großer Hagel, heftiges 
Feuer“. 4) Hier hat die Parallelstelle 8. 39, Z.7 ein ἀνῇ" : 


᾿-Ξ 7“, welches zwar in den Satz gut paßt („die Sonne und der 
Mond, die immerwährend miteinander kämpfen“), aber auch eine vor- 
_ greifende Dittographie des im nächsten Satze vorkommenden @F£. : 
sein könnte, wenn nicht das Umgekehrte der Fall ist, und @F4.: 
37% (Rollen)“ im folgenden Satz nicht eine regressive 
a. N g ist, was um so wahrscheinlicher ist, als @PZ : 
-  Adverb ist und als adjektivisches Attribut zu ὦ 65,3, 4. » nicht gut ver- 
wendet werden kann (es steht in dieser Verwendung S. 39 auch nur 
τς ἄπ Δ6, während es in BLS fehlt). 5) Die Parallelstelle (39, 7) hat 
ΟΠ ΠΩ DR YIL ı etc... „ein Entsetzen und Getöse ..... ᾿ 


106 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Donnern und Blitzen, Donner! und Erdbeben; Städte, welche 
niederfallen?, und bei deren Vernichtung die Menschen ihren 
Untergang finden, eine fortwährende Dürre infolge von Regen- 
mangel?, eine furchtbare Pest? und große Sterblichkeit, stark 
5 und frühzeitig’, so daß es den Sterbenden an Begräbnis fehlen 
wird. Und es wird das Hinaustragen von Geschwistern und Ver- 
wandten auf einer einzigen Bahre® geschehen müssen. Der Ver- 
wandte wird seinem Verwandten keine Beachtung schenken, und 


3 vgl. Apoc. 11, 13; 16, 19, 


S 2 In der Parallelstelle Guerr. 39, 8 hat S Boanm-$ ı „sie 
werden brennen, erhitzen* statt &om@m«J: : „werden .... sterben“ 
(wahrsch. bloß Schreibfehler). 


1) In der ParallelstelleS. 39, Z.7 noch @PZ : „immerwährendes 
Getöse*“, A om. @9%Ö5 : — Donner und Erdbeben“. A hat auch Dan 
NCEPT : Am, : „und Blitze folgen“; BC haben er APAP : Ὁ 
AB. ı:,.und ἧς und Erdbeben folgen (aufeinander) .....* 

2) Parallelstelle 39, 8 fehlt AFy:, also D@AFTC: θι θ' ἤν: „und 
Städte fallen“. 5) CDALFNGC : „Gebirge“ statt DANGC : „Dürre*. 
Parallelstelle (S. 39, Ζ. 9): ὦ ἢ APA#: @T2:NhAPT : ἽΒ : 
„und es werden immerfort Erdbeben stattfinden infolge des Ver- 
siegens von Wasser(?)*“. Die Wurzel „dbr“ heißt bekanntlich im 


Hebr. auch „Pest“, 4) S. 39, Z. 0 @Bßn@-7 : NEN : 
„und es wird eine....... Pohl... — 5) 8.39, 2.10: QAFF : 
Hd : „Sterblichkeit für Viele ..... “ BS “57: 3 
—— für viele Leute... .. “ S an unserer Stelle: : 


Dov@.mz, s correct „und stark und frühzeitig“. 6) Guerrier 
anders: et surviendra la söparation des enfants et des parents dans 
le meme lit. Vgl. aber Guerrier, äthiop. Text 85. 40, Ζ. 1, wo wir 
finden in LB9N%YF : = „Krieg“, von Guerrier auch „guerre* 
übersetzt. Die Variante 9-NQ%-f : scheint die ursprünglichere und 
richtigere zu sein. Also: „es wird ein Streit zwischen Kindern 
und Verwandten in demselben Bette“. Vgl. Mtth. 10, 21 und 
Mrc. 13, 12. Jedenfalls ist die entsprechende Stelle 5, 40, Z. 1 
correcter: DRND-F : ONYLF τ @- MR: PNA: ANA 1Γ αν. : 
„und es wird ein Streit der Kinder und ihrer Verwandten in einem 
Bette“. A add. AA : FPNe- : „die verstoßen wurden“ hinter 
02. : „Bett“. Wahrscheinlich eine vorgreifende Dittographie der- 
selben Worte in einem der nächsten Sätze. Auch das % in NP: 
spricht für ursprüngliches 9N%Y-f : statt AA-t:. Vgl. Guerr. 40, 1 
5: 9%: mit %:, wo auch das Überspringen eines σῇ wahrschein- 
lich ist beim Übertragen des Wortes in eine neue Zeile nach 9. 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 107 


τς Äthiopisch 

‚der Mann — seinem Nächsten!, Die Verstoßenen aber?, die ver- 
‚stoßen wurden, werden auferstehen und auf diejenigen hinschauen, 
‚die sie verstoßen haben, indem sie sie hinausschafften®. Denn 
es wird die Pest sein voller Haß, Schmerz und Neid. Man 


82 8 (Guerr. 40,3) AA : DA.P.ChE-Pom- : ..... 
werden nicht auferstehen und nicht auf..... hinschauen*, 4&Ahı 


=L&“ : „Haß“. 


| 1) ACS richtiger aan : Dr P- τ A, PTaoeF τ mm 
MR ı yanPp. : „es wird weder der Verwandte sein Kind noch 
das Kind seinen Verwandten beachten“, Soll hier yanP- ı „die 
- Eltern“ bedeuten, wie Guerrier es auffaßt? Am correctesten ist der 
Satz in der Parallelstelle S. 40, 2.2: Duo : amp ı Ph. 
PB: ANA:A,PTaopr ı „es wird der Verwandte seinen 
Verwandten mißachten, und der Mann wird seinen Mann nicht be- 
achten“. S (in der Parallelstelle 40, 2) @yan- ı yanf. ı θ,ἢ: 
MFE 3 etc. „und der. Verwandte wird verachten den Verwandten“. 
An unserer Stelle hat S noch @ANA : ANA : A, PTaopF ı „und 
es wird der Mensch den Menschen nicht beachten“. Sowohl das 
J gest : S. 77, 2. 4 wie auch die Var. A A, BT.PP . S. 40, 
2.2 sind fehlerhaft und nicht der Berücksichtigung wert. In A 
8.77 ist die ganze hier besprochene Stelle ausgelassen. 2) Fehlt 
„in der im allgemeinen correcteren Parallelstelle S. 40 (Z. 3). 
DB) A Ay: βου συ. ; „indem sie sie (hinein-)brachten“. 
Guerrier übersetzt hier „en les repoussant“ und die entsprechende 
Parallelstelle (S. 40, Z.3) „sans les tirer (de leur mal)*. Eine ver- 
schiedene Auffassung beider Stellen ist aber nicht zulässig, da sie 
lich zum Teil gleichlautend sind, jedenfalls aber den 
Sinn haben. Wir müssen für beide Stellen entweder die 
“sart 1, auf S. 77 und BC auf S. 40 annehmen und demgemäß 
übersetzen „indem sie sie hinausschafften, hinaustrieben (aus dem 
Bette oder dgl.)“, — oder aber wir müssen die Lesart 
auf S.40 auch für 5, 77, Z. 6 als entscheidend annehmen und 
übersetzen „indem sie sie nicht hinausbrachten“ (d. i. indem sie 
ihnen kein Begräbnis zukommen ließen, weil es an Begräbnis 
igelte; vgl. den äthiop. Text 77,3). Es ist noch zu bemerken, 
die besprochene Stelle in A 8. 40 ganz ausgelassen ist. 
4) A ΔΎ; συ. „sie alle“. Das Wort fehlt in der Parallel- 
‚stelle Guerrier, S. 40, Z.4. Guerrier übersetzt es als Attribut zu 
I. Σ „il y aura un cataclysme général“, was bloß eine 
οἷο Auffassung der Stelle ist. Genauer vielleicht: „denn die Pest 
wird sein voller Haß etc... ... “ Die Parallelstelle lautet: „denn 
‚ist eine Pest, ein Schmerz und Neid (C Schmerz und Haß und 
Neid). 8. 77, Z.6 ist noch die Var. AC zu beachten: „Schmerz 
d Mord und Neid“. 


108 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopiseh 


wird diesem wegnehmen und jenem geben!, Und es wird später 
noch schlimmer sein? wie bisher (9). 


1) Bei Guerrier wird diese Stelle anders übersetzt als die 
entsprechende Parallelstelle S, 40, Z. 4, obgleich beide ungefähr 
gleichlautend sind, S.40 übersetzt Guerrier: ...... aprös qu'elles 
se seront empardes (de l’homme), le mettront dans la haine, 8, 77 
aber: on prendra ἃ celui-ci, on donnera ἃ celui-lä. Es unterliegt 
wohl keinem Zweifel, daß die Übersetzung Guerriers auf 8. 77 
die einzig richtige ist. Für L (S. 77) Ag°y 1: ist sicher mit ABC 
DARIN: (vel. 5 A9°N 1 „und von dem (einen)* zu lesen, 
und ebenso gehört der Var. C 8,37”. : „man wird wegnehmen“ 
der Vorzug vor ABLS $%7”A : „er wird wegnehmen“, weil es 
besser dem Sinn entspricht; zweitens, weil es nicht nur in 
sämtlichen Varianten 85, 40, sondern auch in einer auf $, 77 zu 
finden ist; endlich spricht dafür die Analogie von &irfl- », dem 
Prädikat des nächsten, parallelen Sat2es, welches überall, sowohl 
S. 40 wie 77, in sämtlichen Varr. in der 8. Pers. plur. steht. Dem- 
entsprechend muß auch die Form 8,37”. : die ursprüngliche 
gewesen sein. Was die Var. &4,F: „man wird beschenken* 
anbetrifft, so kann es sowohl 3. Pers. sing. als plur. sein. — 
Für LS @ANBU-N- » ist zweifellos DAN : Ὁ 5Π}" : „und diesem 
wird man geben“ zu lesen: von vier Hdschrr. haben nur zwei, nämlich. 
LS, und nur an einer Stelle die Form @AH”: außerdem verlangt die 
Analogie zu DAN : #77" h« : mit Notwendigkeit die Form @AN : 
θυ 6γ..:. — 5. 77 hat Ο BU: NAAR : ὦ θ,.,7.: „man wird mit 
Haß geben und beschenken“. ZAA : ist hier wahrscheinlich eine 
Dittographie desselben Wortes in derselben Zele. — Der Satz in der 
Gestalt L „und von dem, was er wegnimmt, wird er diesem schenken“ 
ist zweifellos unrichtig. Es wird hier der Neid dadurch veranlaßt, 
daß man dem Einen wegnehmen und es dem Andern geben wird. 
2) C om. @PAh, : „und es wird schlimmer sein“ und hat noch 
außerdem die Var, APH : AN: @APPR-FLN :, was entweder 
mit dem vorhergehenden @B4,7}- : in Verbindung zu bringen ist und 
in diesem Falle übersetzt werden könnte: „und man wird auch später 
dem Einen schenken (was man) dem andern (genommen hat)“, was 
wenig befriedigend scheint, oder vielleicht mit Wiederherstellung des 
fehlenden @PAN, : „und es wird darauf dem Einen schlimmer er- 
gehen als dem Andern“. S (8. 77) AP : 77h: 3 „diesem wird 
er wegnehmen“ etc. — S.40 hat SAH : B 77h: DAN : θυ “ἢ: 
— „diesem wird er wegnehmen nnd jenem geben“. Das Inter- 
punctionszeichen in S (8. 77) läßt die Möglichkeit erwägen, ob nicht 
AI’N : 8.47°h : zum vorhergehenden Context gehört („Schmerz 
und Neid, daß man diesem wegnimmt“ etc.). — S hat außerdem 
eh, : „es wird schlimmer sein“ usw. | 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 109 


Äthiopisch 

RR Cap. 35 (46) Alsdann wird mein Vater über die Boshafüg- 

keit der Menschen zürnen, denn zahlreich sind ihre Vergehen, 

᾿ς und die Abscheu ihrer Unreinheit (wiegt) schwer über ihnen in 

dem Verderben ihres Lebens !*.b Und wir fragten ihn: „Was nun? 

δ denen, die auf dich hoffen?“ Er antwortete und sprach zu uns: 
„Noch seid ihr träge in eurem Herzen. Wie lange noch!* Wahr- 
lich, ich sage euch, wie der Prophet David von mir und den 
Meinigen spricht, so will er es auch für diejenigen‘, welche an 


— — — — 


6 vgl. Luc. 24, 25; 5. ο. kopt. xXVIl, 2. 


5. 2 05 „zürnte‘. 5 Bm . "αὶ, Bid: 
Ah: .... die auf dich vertrauen (hoflen)*. 6 Ay} : „wahr- 
lich“, 7 om. 3, » „der Prophet“. 


1) Änders die Parallelstelle 8. 40, Ζ. 6 Aloe : Kauf ı 
Grrdee- ε ΠΉ5 ε Aare + MAR ı (L) „denn durch die 
erderbnis ihrer Unreinheit sind zahlreich ihre Sünden“. Man 
sieht hier die wichtigsten Bestandteile unserer Stelle in einem 
Satz zusammengedrängt. Guerrier übersetzt S. 77 diese Stelle, 
indem er ἢ σοὴςφ : ἀνθ συν. 1 als verkürzten selbständigen 
Satz auffaßt und ihn ergänzt: „(car c'est dans la corruption (qu’est) 
leur vie“, Der Passus auf 8. 40, obwohl mit unserem zum Teil 
gleichlautend und auf gemeinsamen Ursprung zurückgehend, läßt auch 
eine andere Auffassung zu, z.B. „denn noch größer (zahlreicher, 
schlimmer) als d. Verderbnis ihrer Unreinheit sind die Sünden, nach 
denen sie getrachtet haben“. Aus Varr. A und BC kann man den Satz 
erhalten: Adam : Ag: CH do: AN : AANAUe»- : Mh 
A: „denn d. Verderbnis ihrer Unreinheit haben sie noch vergrößert 
_ durch die Sünden, nach denen sie getrachtet haben“, oder nach A 
J— : Cream : ar : HchAP- : „denn sie 
haben ihre Unreinheit noch vergrößert durch ihre Sünden, nach denen 
sie getrachtet“. Es wäre vielleicht auch noch mit Rücksicht auf S. 77 
Kam ı ιβια δῆσον... „von der Unreinheit ihres Lebens“ die 
Möglichkeit zu erwägen, ob S. 40 statt Ἀσνιὴ : συ. » „von 
᾿ς ἃ Verderbnis ihrer Unreinheit“ nicht etwa Am-NG : Chhtow- : 
„von ihrer eigenen Verderbnis“; y* und A werden infolge ihrer 
Ähnlichkeit in den schlechteren Hdschrr. leicht verwechselt. S fi 
S. C - Cirho®- ı ungefähr dasselbe wie L. 2) ABC add. 47 
2 „was nun, ὁ Herr, denen ....“ 3) Guerrier anders: 
jusqu’ä quand (serez-vous) encore lents de coeur? 4) Übersetzt 
nach ABC HE: NAAFLEAP: ....... NAhYFtAwo»- :. LS haben 
Nhrthne :....- NAFLAho®- : „wie der Prophet David von 
euch und den Meinigen spricht, so will auch Gott um euretwegen, 
welche glauben etc. ....“ Die Lesart LS scheint aus manchen 


ω 
τ 


— 
— — 


a 
ΙΝ 
ὍΝ 
Ε 
ὯΝ 
a 


110 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
mich glauben. Diejenigen aber, welche in der Welt Betrüger 
und Feinde der Gerechtigkeit werden!, an ihnen wird zur Ver- 
wirklichung gelangen die Prophezeiung von David, der sprach: 
Ihre Füsse sind rüstig zum Blutvergießen, ihre Zunge bringt 
Lästerung? hervor und unter® ihren Lippen ist Schlangengift. 
Ich sehe dicht, indem du mit Gaunern herumläufst®, und mit 
Huren ist dein Anteil®, ferner verweilest du, deinen Bruder 


2 vgl. Act. 13, 10. 5 Ps, 18, 8. 6 Ps. 49, 18. 7 Ps. 49, 20. 


S3 nT7N,T : „durch die (in der) Prophezeiung. 4 HR 
NA: „das schnell ist“ statt ἢ ῥ,»}, : NAA,Ah > der and. Mss. — „wel- 
cher spricht: schnell sind usw.“ S hat wahrsch. einen Schreibfehler: 
unter dem Einfluß des anlautenden f} in A,h : hat der Abschreiber 
das ἢ, im Auslaut von YA, : vergessen und so die beiden Worte 
zusammengeschmolzen. 6 @AFHN : PNA: „und indem mit 
Huren usw. ....“ wie sämtl,. Mss, zu Guerrier 40, 8. 


Gründen nicht richtig zu sein, auch weil es nicht Ο ἢ 95 7.1, sondern 
Ay’ : lauten müßte. S hat DAA : „und die glauben“ und 
£hw-Y. : „sie werden sein“. Das scheint die widersinnige Über- 
setzung zu verlangen: „.... so will er auch für euch. Und die- 
jenigen, die an mich glauben, werden überlistig usw.... 

1) Frei übersetzt. Wörtlich müßte es heißen: „und sie (es) 
werden in der Welt Betrüger und Feinde der Gerechtigkeit sein“, 
Der Text ist vielleicht entstellt, und unsere Übersetzung daher un- 
sicher. Statt AAP% : „Feinde“ haben AL Δ β΄ : „Lästerer 
(der Gerechtigkeit)‘. 5 @AAAPY: „und Feind ..... — 
2) AFöN,.T : „Stolz, Überhebung“. 8) BC —⸗ in (deinen 
Lippen). 4) Parallelstelle S. 40, Z.7; CA,Nn-h : „ich sah dich“, 
5) B: nam : w2.p : ἡ ζΖαὖ : „wie ein Dieb, läufst du herum“. 
ABC "P,h@-[. : „umgehst“; die entsprechende Psalmstelle 49, 18 
hat P&L@-%: „herumläufst,nachläufst*. 6) A in der Parallelstelle 
8.40. 2,8 A@9PP: „himmlisch“, ein gröbliches Versehen für yayp: 
„Hure“. AO (ebendort) F5 : „du läßt weilen“, für D@FYNE : 
Die entsprechende Psalmstelle lautet in der Polyglotte ähnlich L: 
Dh: σοῃ Δ ὀν ἢ 9 ἢ λυ) Φ ΡΎ:.... TG : (Ps.49, 188.) 
Doch könnte auch »}" (1 einen befriedigenden Sinn ergeben, zumal 
es in B unabhängig von dem ebenfalls vorhandenen "Fy-Q}£;: steht; 
also @AFH : PHA: HP: ὙΠ τ on2ATn : „und indem 
du dein Schicksal (Anteil) mit den Huren: weilen läßt (machst)*, 
Auf die Richtigkeit der Var. „NL. = weist auch der Akkusativ 
ansArtn: hin; bei FyNC : müßte regelrecht der Nom. enZ, 
ATh: stehen. Auch S hat 5, 77 JYNC : welches bier in allen 
anderen Mss. fehlt. 


 Äthiopische und koptische Übersetzung. 111 


DSH Äthiopisch 
_ scheltend !, und dem Sohne deiner Mutter stellst du Hindernisse. 
Was denkst du dir, ich werde dir gleich werden?« Nun sehet, 
wie der Prophet Gottes gesprochen hat von allem, damit? voll- 
bracht wird Alles, was er vorhergesagt hat ’“. 
Cap. 36 (47) Und wiederum sprachen wir zu ihm: „O Herr, 
_ werden denn die Völker nicht sagen: wo ist ihr Gott?* Und er 
antwortete und sagte uns: „Daran werden die Auserwählten * er- 
_ kannt, daß sie, von solchen Schmerzen geplagt, herauskommen“. 
Wir sagten: „Wird denn ihr Ausgang aus der Welt durch eine 
-10 Pest, die ihnen Schmerzen verursacht?“ Ererwiderte uns: „Nein, 


1 Ῥε, 40.231. 4=0.8.101,3. 6Pe.78.10. 9 vgl βαρ. 3,2, 


81 εν ῊΉ ἢ » Schreibfehler statt Ph” :- 2 (8.40, 
211) ἈΠ Πυ" 1 „ich werde dir gleich werden?“ A daselbst ἢ σῇ 
ui: „ich werde nun auch so werden ?* 6 A,PNA- τ statt 
Διυυλῶῦυ"-: PNA : „werden denn .„... nicht sagen ..... — 
ΟΦ. Ν : „Er antwortete“. 8 add. 099° nach Nanny N 
„von Schmerzen einer solchen Pein gequält, ....“, wie in der näch- 
_ sten Zeile in allen Hdschrr. 


1) Anders 8.40, Z. 8, im Widerspruch zur Psalmstelle 49, 20 
in der äthiopischen Bibelübersetzung. 8 "ἐν 9 5 9. : ΔΆ ἢ : 
„du schiltst deinen Bruder* und 5. 40 mL, » etc. „du be- 
-  schimpfst den Sohn deiner Mutter“. 2) Abweichend von Guer- 
Tier: „voyez que ce qu'a dit ....... a ὁϊό accompli, ainsi que tout 
66 qui a &t6 prödit“, Guerrier faßt nämlich das 974: (474 : 
urıh MAC 1) als Substantiv im stat. constr. auf (in unserer 
als Verb.), übersieht das ἣσν » vor EP4.AG® 1 und über- 
setzt das n in HAPL.ae ı mit „ainsi que“, während wir ΗΝ ιν : 

als Subjekt zu &4,49° » übersetzen. BSRPTF : (5 3." εὐ HN, : 
Prophet David“, 3) Oder „was vorhergesagt worden ist“, 


vorher gesagt usw. ....* 4) A “4 0ἷ1ἼΓ - „meine Aus- 


‚setzung wird der im Text stehende Singular AQuAa®’}P.No®- : nicht 
einem Plural korrigiert, die Präpos. ἢ] wird auf ἢ θ Ἢ δ᾿ : bezogen 
letzteres als Subjekt zu ΠΗ ἈσΡΎΡΙΕἢσυ- » aufgefaßt. Nach 
Guerriers Auffassung müßte für JH A@®7P.noo- : ein *AuNha£. 
— gestanden haben, also mit Änderung der Präposition und des 
Daß der Tod der Auserwählten nicht, wie Guerrier auffaßt, den 


112 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
aber wenn sie solche Schmerzen leiden, wird dies ihnen zur 
Prüfung, ob sie Glauben haben und ob sie dieser meiner Worte 
gedenken und meine Gebote erfüllen!. Diese werden aufer- 


2 vgl. Jac. 1,3; 1. Petr. 1,7. 3 Joh. 14, 15; 15,10, — vgl. Joh. 13, 
31. 32; 14, 18. 


S 2 El.hf- : „ob sie.... Worte sich erinnern“, 


Untergang ihrer Verfolger nach sich zieht, zeigt der darauffolgende Satz, 
welchen auch Guerrier übersetzt: lorsqu’ils furent tourmentes..... 
ce fut l’6preuve pour eux. Also die Auserwählten tragen selbst die 
Folgen ihrer eigenen Leiden, nicht aber ihre Bedrücker; die Leiden 
sind ihnen, nicht anderen, zur Prüfung geschickt worden. AC haben 
ht: APNTE (0 APNT:) YA: NNAmYFP.Nao- : (C bloß 
Aha θῃσνυ- :) NE-NP-:. Diese Varr. ergeben keinen vernünftigen 
Sinn, wenn wir sie so hinnehmen; aber besonders die Var. C Aa 
YP.No»- ; zeigt, daß NL-NL- : vielleicht gar nicht in den ur- 
sprünglichen Text gehört, und erlaubt uns, folgenden Rekonstruktions- 
versuch des ursprünglichen Wortlautes zu wagen: *DYlhAr: AAT : 
(nach AC, oder ἈΚ :) AM’ » (nach ΟἹ YAg® τ Amy P.Nan- ı 
(nach C) = „hat sie (nämlich deine Auserwählten) der Ausgang aus 
dieser Welt betrübt (ihnen Schmerz verursacht)?“ Die Frage ist im 
Munde der Apostel natürlich: sie geben dadurch ihrer Verwunderung 
Ausdruck, daß den Auserwählten Gottes der Tod eine Ursache von 
Trauer sein könnte, anstatt daß sie an ihrer Rückkehr in den Himmel 
ihre Freude haben (oder vielleicht meinen die Apostel, daß der Tod 
der Auserwählten mit irgendwelchen Qualen verbunden sein wird, 
was ihnen ebenfalls undenkbar erscheint?). Daß die Auffassung 
Guerriers nicht dem Sinn der Stelle gerecht wird, sieht man schon 
aus der Antwort Jesu, in der die Verfolger der Märtyrer gar nicht 


erwähnt werden, sondern erklärt wird, in welcher Weise die Leiden - 


der Gerechten zum Wohl ihrer eigenen Seele dienen. 

1) Bei Guerr. wird ein Teil dieses Absatzes durch die Vergangen- 
heitszeit übersetzt, also: non, mais lorsqu’ils furent tonrmentes d’une si 
grande douleur, ce {πὸ l’öpreuve pour eux. Zwar bezieht sich α, dabei 
auf Sap. 3, 3, wo wir finden: @4 AZ. Foo: FrfA:PFFMm.: Ar 
@0* :, Ausg. v. Dillm., καὶ ἡ ἀφ᾽ ἡμῶν πορεία σύντριμμα, aber in diesem 
Falle müßte G. auch in der unmittelbar vorhergehenden Frage der 
Apostel die Vergangenheitszeit gebrauchen, was er, und mit Recht, 


nieht tut. BS Am: PFanyP.f- : „falls (ob) sie....... leiden“, 


A Ah: } ΎΝ : „diese, indem sie... leiden“. C Am : AFH »- 
A hat 2.1: συ. : „indem sie geprüft werden“, was aber einen 
weniger befriedigenden Sinn ergibt. S QNaoımy N 1 „falls sie von 
solchen Schmerzen gepeinigt werden....* Von den Worten „ob sie 
Glauben haben“ etc. an faßt Guerrier den Text bis „Gebote erfüllen“ 


Ἄ 
* 
— 


— 


——— 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 113 


Ri Pfihtopisch 
= stehen! und kurz wird ihr Dasein ? dauern, damit gepriesen wird 
derjenige, welcher mich gesandt hatte, und ich mit ihm. Denn er 
hat mich zu euch gesandt, damit? ich euch dies sage, ihr es aber 
Israel und den Völkern mitteiltet*, und sie es hören und auch sie 
5 erlöset werden, an mich glauben® und dem Weh des Untergangs 
'entraten®. Wer aber aus dem Untergange des Todes heraus- 
- kommt, den wird man gefangen nehmen und im Kerkerhaus 
in Qualen wie diejenigen eines Diebes festhalten ’*. — Und wir 
sagten ihm: „O Herr, werden denn (sie, die Gläubigen) den 


— — — 


1 vgl. Joh. 13, 31; 14,13. 


J 2 ΟΣ : „und ich“. 7 @umxA: (= ABC) = „Wer 
herausgekommen ist, ee “ — ΔΗΠΟΡΉ : statt ΔΗ “" τ. — 


ἣν — Vordersatz zum folgenden Absatz auf, während diese Stelle in 
unserer Übersetzung als Nachsatz steht. Der Gliederung G.'s steht 
—— im’Wege nur das Pronomen AA :, aber das ist in einem so ver- 
worrenen Texte wie dem unsrigen kein unüberwindliches Hindernis. 
i — — A diese werden empfangen“, welches sich durch 
einen einzigen Buchstaben 7" von „auferstehen“ unterscheidet. 

- 2) Guerrier wohl richtiger: et peu nombreux seront les jours de 
- leur attente, obwohl ὙΠ ΖΦ » eigentlich nicht „Warten“, sondern 
eher „Zustand, commoratio, Verweilen“ heißt. 8) Oder vielleicht 
- richtiger mit Guerrier: „.... er hat mich gesandt. Dies sage ich 
euch, ihr es aber etc... ... "Die Richtigkeit der Guerrierschen 
Gliederung zeigt auch die Parallelstelle, die jetzt wieder nach 
Ἶ größerem Zwischenraum von neuem anfängt. Tu: ΗΥΤ τ Halb 
Me⸗* „sieh, dieses, was ich euch sage, ihr aber ete.....“ (S. 40, 
2.11). Vgl. den Anfang ἃ. Cap. 30 (41). — S hat mit "Umstellung 


den Heiden, damit sie hören*. — s vor O-: haben 
ABC. 4) ABC add. ae: O-:) „damit sie es 
*, wie 8.40, Z. 12. 5) Die Parallelstelle S. 40, Z. 12 hat 
eine sinngemäßere Anordnung &,N9°0- : ὦ, στ΄. : ἣσο ı 
25%: „... sie hören und glauben (so auch in ABC 8, 79 aus- 
"NE » an mich), damit sie gerettet werden ete.....* Statt 
: E25. 1 an dieser Stelle und ἣσν ı ERS (S. 40, 
ὁ S DPL-S) ı „und erlöset werden“. Parallel- 
* Z.12—13) anders: DETLE:RTATT : paogıh : 
ı@3P.ı Ad: „und dem kommenden (bevorstehenden) 
und schenke entraten“, 7) Anders Guerrier: comme 
&tait) un voleur. Ay : ist aber gewöhnlich Zeichen des 
_ Genitivs = zeigt, daß wZ.& » hier wahrscheinlich Attribut zu 
NM: 


Ἔα, δον ’14: Schmidt-Wajnberg. 8 


114 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Äthiopisch 
Ungläubigen gleich „...! und wirst du diejenigen bestrafen 2, 
die von der Pest? entkommen sind ?* 


Und er sagte uns*: „Wenn sie, in meinem Namen glaubend, 

den Sündern gleich handeln, so haben sie getan, als ob sie gar nicht 

5 glaubten“, Und wir sagten ihm wiederum: „O Herr, haben die- 
jenigen, denen ein solches Los zuteil geworden ist, kein Leben? *® 


4 vgl. 1. Joh. 2, 4. 


1) C om. d%4PY- ı „gleich“. S hat correct den pl, ὅζ. βγ 7... 
Das Fehlen des % in den anderen Mss. ist durch den Einfluß des 
drauffolgenden % zu erklären. L hat ein unbekanntes äthiopisches 
Wort Pbd4d τ. welches Guerrier unübersetzt läßt. FAZE» er- 
innert an dieses Wort, hat aber die Bedeutung „Ernte“, die hier 


nicht zu passen scheint. Sollte eine Bildung aus der Wurzel γ 949 : 
vorliegen (gleich sein)?? Diese Vermutung wird durch S vollkommen 
bestätigt, wo wir 4.9 ı „und gleich, ebenso“ finden. Aus diesem 
@d4%-® : oder einer ähnlichen Bildung ist ὁ ἐκ ı durch Schreib- 
fehler entstanden. 2) A 879.77 : „wird gerichtet werden“. 
3) C AWPFANL : NE-NL: » „von der Qual der Pest, des Unter- 
ganges“, 4) AC @RILAT : AM, : „und es sagte uns der Herr“. 
5) A hat hier .correeter PL : SPA: ᾧ αι ἈΤ τ 5 

Ἀγ) ὙΏζ. τ σον AA: ἃς 351. . AR: (auch BS haben Κι Ὁ) 
TE (wenn sie, in meinem Namen glaubend) das Werk der 
Sünder (C der Sünde) taten, so handelten sie wie die, die nicht 
glaubten“. Auch der Text in L ist vielleicht zu übersetzen 
»».. 80. handelten sie gleich denen, die nicht glauben“, Im 
Sinne der letzteren Auffassung wäre das Impf. in L passender 
als das Perf. in ABC, — Guerrier übersetzt ganz anders: „bien 
qu’ils aient cru en mon nom, ce qu'ont fait les p&cheurs ressemble 
ἃ ce qu’ont fait ceux qui ne croient pas“, was weder durch L noch 
durch die Varr, gerechtfertigt zu sein scheint, und nicht nur, weil 
diese Auffassung keiner Var. entspricht, sondern schon deshalb, weil 
es sich, wie aus der unmittelbar vorhergehenden Frage der Apostel 
hervorgeht, hier um einen Vergleich zwischen dem schlechten Lebens- 
wandel der heuchlerischen Frömmler und der offenen Liederlichkeit 
der Gottlosen handelt. Es ist also hier die Rede von Gläubigen, 
welche die Taten der Sünder verüben, obgleich sie selbst eigentlich 
keine Sünder zu sein scheinen oder scheinen wollen. S hat Pausa- 
zeichen nach AAY®P: „in meinem Namen“. 6) 5 AH,A%: „o unser 
Herr“. C @&(bA7: höll: AIN,A: „und wiederum sagte uns der 
Herr“. Dies scheint auf den ersten Blick sinnlos, da sowohl in der 


 Äthiopische und koptische Übersetzung. 115 
Äthiopisch 

ὧν erwiderte! und sagte uns: „Wer das Lob meines Vaters ge- 
tan hat, der ist meines Vaters Rähestätte ?“, 


Cap. 37 (48) Da sagten wir ihm: „O Herr?, lehre uns, was 
_ wird nachher geschehen!“ * Und er antwortete uns: „In jenen 


2 vgl. Joh. 14, 2, 
Ν 3 ὙΔ ὟΝ, : „auch wir“. 


a unmittelbar vorhergehenden wie folgenden Rede Jesus der Sprechende 
ist. πυλῶν με Ans Fehlen dan μόνο, Ἀν πῆμ „es 
erwiderte* des folgenden Satzes in A und die in der nächsten Fuß- 
note darzustellende Änderung in der Auffassung des ganzen Absatzes 
ist anzunehmen, daß der Satz AYNN: σν ἢ 4.ΔιἘ : „sc nich 
von den Jüngern gestellte Frage ist, rl iu e unun 
-  brochene Fortsetzung der laufenden Rede Jesu, denn dieses in 
1 en ne de, ve in δὲ τυ τοῖν. μα κα ἢ, ἐν. 
von den sprechenden Personen durch ihren Partner abgelöst wird, und 
die Auslassung dieses jeden neuen Redner einführenden Zeitworts zeigt, 
daß im ganzen Absatz Jesus der allein Redende ist. Vgl. übrigens 
Note, Es fehlt ferner in INN : ahd.AT . die Frage- 
_ partikel. Wir ziehen es deshalb vor, für (INN 1) — MANN :) und 
mit BAAA: anstatt AA: zu lesen und den ganzen Absatz möglicher- 
weise folgendermaßen zu übersetzen: „wenn sie, an mich glaubend, 
der Sünder taten, so haben sie sich benommen, als ob sie 
glaubten. Und ferner sagte uns der Herr: diejenigen, 
solchem Los gekommen sind (denen solches Los zuge- 
‚ die haben kein (ewi ges) Leben. Und weiter sagte er: 
Vaters ete,....* — Obgleich die Bedeutung 
erhalten, zum Los kommen“ des Verbum @dA : bei 
nicht belegt ist, dürfte diese Bedeutung diesem Zeitwort 
entsprech. hebr. Wurzel 9% Num, 33, 54 
NETTER DU a ἩΡΟΥΝ, ἘΌΡΡΕ 


Jos. y 4—6 u. öft. Vgl. ferner arab,. ZI — „so 

S ha hat A a IM s (Bedeut. wie L). 

1) Fehlt in A (vgl. Note 8. 2) Guerrier ergänzt richtiger: 
erg dans) la demeure de mon pöre“. Mit Rücksicht auf das 


hinzugefügte An . (ἈΠ Ὁ 1) könnte man vermuten: „derjenige 
op meinem Vater seine tätte (finden oder gl.)*. 


"11,4 Herr!“ L : AC 
aua τ san πήρας A om, ΦΡΎ re 


8: 


eine 
gt 


au 


116 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Jahren und Tagen wird Krieg über Krieg (entbrennen), die vier 
Enden der Erde! werden in Erschütterung geraten? und einander 
bekriegen. Darauf werden Wolkenerschütterungen, Finsternis’ 
und Dürre und Verfolgungen gegen diejenigen, die an mich 
glauben, (stattfinden), und gegen die Auserwählten‘, Darauf 
(wird kommen) Zweifel und Streit und Missetaten® gegen ein- 
ander. Und manche werden sein, die an meinen Namen glauben 


16 vgl. Luc. 21, 10f. 


S 1 A PH: wahrsch. Schreibfehler für Ay 4 ZN. — om. 
DrPAA : „und Tagen“. 3 pl. Zamgr : „Wolken“, 
4 @HP.T τ Nomin. „Verfolgung“, correct wie auch ANG » in 8. 
6 @any : „und Streit“. 


1) Im Text AYA9® : „der Welt“. A Ag’P-Cı „der Erde“. 
2) A PR-APA# : „wird in Erdbeben geraten“. 3) A Ζῶ: 
„und Zittern, Erbeben“. C @LLT : YNP : „ein großer Nieder- 
schlag“. Gemeint kann hier nach dem üblichen Gebrauch des Wortes 
GP. : sowohl der Niederschlag von heftigem Regen (vgl. vorher 
„Wolkenerschütterung“, also „Wolkenbruch“) oder auch der Nieder- 
schlag von Heuschrecken. Statt PN : „Finsternis“ hat S@FZ ı 
„immerwährend“, und And: » statt @YNZ »; also entweder „fort- 
währende Wolkenerschütterung“ oder (was weniger wahrscheinlich) 
„immerwährende Dürre“. Sollte @PZ » „immer“ das ursprüngliche 
gewesen sein, und $ANC » ‚‚Finsternis“. welches in ACS fehlt, nur 
infolge der Klangähnlichkeit des ANC ı ..Dürre* später vom Ab- 
schreiber an Stelle des 2) 2 : verschrieben worden sein? 
4) BaAdA: 44%: „und über die Auserwählten“. Ob ΘΔ: 
hier für  DAdA : „über“ steht oder für DAAA : (wie in derselben 
Zeile vor PAY :) ist schwer zu entscheiden. © 44. : „meine 
Auserwählten. 5 @AI-P7P : AdA : „und .... meine Aus- 
erwählten (über) ... .* 5) Für An: PINC : „Schlechtigkeit 
des Handelns“ haben ABC Ah : 75 N : „Boshaftigkeit des Lebens- 
wandels, der Lebensweise“. S PANNE : @7J5N : „Schlechtigkeit 
des Handelns und der Lebensweise“ (oder „Schl. d. Hand. und Streit“?) 
Ob hier auch das fast gleichlautende JAN : „Streit, Streitsucht“* 
in Betracht kommt, ist zweifelhaft. 


gehörten, das die Paginierung “e—ıı trug, u. zw. in derselben Reihen- 
folge, wie sie gedruckt sind, nur gehören die an zweiter Stelle als 
a2, b2, c? gedruckten Stücke zum Recto des Blattes, 


Koptisch 
XXVlla. 

Eh δ μα Tagen zus. 20 γεν ae 
+. (werden) Krieg (πόλεμος) führen (mit). . 

Ge Alan: — (die) Lichter (Sterne) werden (verfinstert?) 
“rs... . und die Lüfte (ἀή0) (werden erschüttert ὃ) 
NE ET EL a af 


52— ᾿Ξ REED “᾽ν ὃ ιν Ὁ δὲ αὐ ὰν δι ὦ. ὁ. ἃ τᾷ ὦ 
Α ἐν 


, 
- 
” 
” 


Ei en δὶ 9.6 a a ee he 
ee een een ee ie 


Bir ie nee ae ae a δι ne 


τον ET 
“αν EEE EUER φ δι ν ὁξ rien 


ὃς eitel und indem sie geben (Lehre) 


, 
* 
ΕΣ 
- 


nn. . ἤφοονε erlimo] ..... 


118 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
und (dennoch)! dem Bösen folgen und eitle Lehre verbreiten. 
Und man wird ihnen folgen und ihrem Reichtum, ihrer Ver- 
worfenheit, Trunksucht und Bestechung unterliegen?; und es 
wird zwischen ihnen ein Ansehen der Person stattfinden, 

Cap. 38 (49) Diejenigen aber, die das Gesicht? Gottes 
schauen wollen, die die Person der reichen Sünder nicht an- 
sehen und sich vor den Leuten, die sie verführen®, nicht 
schämen, sondern sie überführen werden®, — die werden vor 


S 3 @Ahhlo»- ı „und ihrer Trunksucht“, 6 Ἀλῆ: „die- 
jenigen aber“. 8 ana: 


1) Guerrier berücksichtigt nicht das @AA : (BFAm- ı A 

ὮΦ » etc.) und gliedert den Absatz anders. S Afk-P : (Bedeutung 
gleich L.) 2) Für ΘΙ. ΗΝ : „man wird gehorchen, unter- 
liegen“ hat C ὦ θ,ἤ" "1 „und man (oder sie) wird (werden) 
für ihren Reichtum sorgen, auf ihren Reichtum zurückschauen“. Es 
bleibt aber dunkel, ob die Verbreiter der eitlen Lehren selbst 
um ihren Reichtum besorgt sein werden, oder ob die anderen Leute 
auf den Reichtum der falschen Lehrer achten werden; wahrschein- 
licher das andere (vgl. den folgenden Absatz), Für @AICETPT 
V’oo- : haben AC D hl» f-oo-: „ihrem Verbot, Ritus, Religion“, 
also „man wird ihrer (falschen) Religion folgen“. 3) Für „sein 
Gesicht, Gottes“ hat C 7209- : MW, Πάν : (? 9) ihr Gesicht ..... 
4 Für AA: θὴιγ συν. : „welche ‚sie verführen“ haben SABC 
AA: Pit : „welche sich verirren“, 5) BC AA : „welche“ 
für AN: „sondern“. Das Subjekt des ‚KNAEPov- : würde in 
diesem Falle sein „die Leute, die da irren“ nicht wie in unserer und 
der Guerrierschen Übersetzung „die rechtschaffenen Leute“. Das 
wäre nur möglich, wenn wir EHAEPov- 5. nicht zum Verb YAd.: 
„reprehendere“ ziehen, wie es in beiden Übersetzungen geschieht, 
sondern dieses Verbum im Zusammenhang mit ἢ δά. : bringen, 
welches Dillmann übersetzt: ut videtur „temeritate rapi* vel „per- 
turbari“. Dann würde unsere Stelle lauten: „und sie werden sich 
nicht vor Leuten schämen, die da irren und voreilig, unachtsam sind“. 
Nur ist das Suffix am Ende des Verbs unerklärlich, und anscheinend 
scheitert daran unser Erklärungsversuch, umsomehr als gleich in 
der nächsten Zeile dieselbe Wurzel in der diesmal unzweifelhaften 
Bedeutung „reprehendere* und mit demselben Objektsuffix vor- 
kommt. Da letzterem gerade AA : „welche“ vorhergeht, so könnte 
die hier besprochene Var. BC vielleicht eine vorgreifende Ditto- 
graphie (oder umgekehrt?) sein. S BHAFPa»- ; „sie überführen 
werden“, 


119 


J—— 
πο πριν —— 


" 


ΧΧΥΤΙΡ. 


A ΕΣ 
ri ae ον δὼ «οὐ le ωυ 


κῆρ νυ κὼὶν (ὦ 8. Ansehen (der Person) . :. 
eu... . (Die) aber (δέ), (welche) wünschen zu (schauen) 
(das Antlitz Gottes), diese werden (nicht die Person ansehen)... . 
er Bänder. „u. oc. onesenen. 


Ἀν “ὦ ὦ BRD τα ER TEE EEE WERE γα 
BEER A EEE UT ET ER EEE TE FE EEE TR U 
πο er N Von  Φ a a δι ἃ ee 


MD a δι. δ᾽ ie ES iR DER EEE 


ihren) ihre Nächsten. Er (wird sein) 
(σάρ) ein Sohn) der Weisheit (σοφία), indem er (glaubt 


ın * (44) &x nieht)‘ ὧδ der Sohn (der Weisheit (σοφίαν), 
wird er hassen (seinen Bruder in) Hoch{mut, und wird ver- 
Mar XXVIIb. 


τὴν Ἱνετοίρωρε se πντνν εν νιν νι 
τὸ > εν men — en] “ΝΑ 


— 53 
11 Ko. geht in die 8. Pers. sing. über. Äth.: „sie sind 
der der Weisheit und des Glaubens“, aber auch im nächsten Satze 
‚der Äth. den Sing. „wer seinen Bruder haßt usw.“ 
3 N N „und ihm keine Be- 


120 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
dem Vater gekrönt! werden. So werden auch diejenigen er- 
löset, die ihren Nächsten ? züchtigen, (denn) sie sind Söhne der 
Weisheit und des Glaubens®. Wenn sie aber Kinder der 
Weisheit nicht geworden sind, wer seinen Bruder haßt, verjagt 
5 und ihm keine Beachtung schenkt, den wird (Gott) verachten # 
und ihn verwerfen. Diejenigen aber, welche in Gerechtigkeit, 
Wissen® und im Glauben an mich wandeln werden und Weis- 
heit, Erkenntnis und Geduld um der Gerechtigkeit willen be- 
sitzen, obwohl man sie verachtet, nach Armut streben und ge- 


10 duldig ertragen, groß ist ihr Lohn. Diejenigen, welche man 


verhöhnt, sie quält und sie verfolgt, während man sie ent- 


S ı AA: „welche (.... gekrönt werden)“ statt AA« = „diese*, 
2 nao : Δ : HAFPow- ı ἢ 200- ı „wie auch diejenigen, welche 
ihre Nächsten züchtigen (welche von ihren Nächsten gezüchtigt wur- 
den?)*. 3 ΘῈ σον Any : „Wenn er aber...... geworden ist, ....* 
— om. @hrt: : und hat &AAN :; also: „wenn er aber...... ge- 
worden ist, wird er gehaßt ....“ (oder viell. statt ΘΙ ΔΩ, ı „wenn 
er in Haß [mit seinem Bruder] lebt?)%. 7 ΘῊΡ. Ὧ 1. — 
9 Ad: (— ABC) βοῇ 34 Pao- ı Λλδ Ὁ BLTYP ı „diejenigen, 
welche die nach Armut Strebenden ..... verachten“. 10 474: £&H% 
1.“ συ. ; „während man sie verhöhnt“. — DPRAL“" ı ὦ θαυ 
ἡ 0." 7. „sie verfolgt und quält“, in Übereinstimmung mit dem Kopt. 
XXVII, 8 nernasnes iuar Δ λίπ inar, ΠῚ AFM: „wäh- 
rend“ (1, @* :). 


1) In allen vier Codd. steht hier P*fjA% » „verwundet, mit 
Schmerzen behaftet“, welches Guerrier in P4.A%: „gekrönt“ ver- 
bessert. Bei Dillm. ist das getül-Partieip in dieser Bedeutung nicht 
angegeben. S ΠΩ: Ar: BA-AY : „welche vor dem Vater mit 
Schmerzen behaftet werden“, 2) All,Zo®- : „ihren Nächsten“ 
fehlt inC. S Q,Aamı — 3) A aNYEFFT : „und im 
Glauben“. 5 Yß@Y“ , „der Glauben“. 4) Beziehen sich die letzten 
Verba auf Gott oder gleichfalls auf den Sünder? Der Kopt. Text 
(XXVII, 1) ist hier unvollständig. Die Zweideutigkeit des Subjekts 
wird noch durch die Var.S (9 θ,σἢ Ὑ 99 ı „und sie werden (man wird) 
ihn verwerfen“ verstärkt. Da S weiter AA » statt DAA« : hat, so 
wäre viell. zu übersetzen: „und es werden ihn verwerfen diejenigen, 
welche in Gerechtigkeit, Wissen usw.....“ Für 1, ΘΓ : 
oder ΒΟ @ßTA.@E : „er wird ihn verachten, vernachlässigen“ 
haben AS @B,F%PE : „er wird ihn tadeln, schelten“, 5) LS 
@hAyE : „und Wissen“, Correcter A @NAAYE : „und in 
Wissen“, BC NAAY°C : „in Wissen“. 


sun δὲ 


πο a ER, De, En a Er ἃ. ὦ 


— — 
— eine 
nmjcan gi ovaürsacıpm] . 


einen Nächsten, wird sich bemächtigen seiner (schleicht sich 
* Die dagegen wandeln (πολετεύεσϑαι) in 
_ Wahrheit: und in der Erkenntnis des Glaubens (πίστες), indem 
sie besitzen die Liebe (ἀγάπη) in bezug auf mich — sie haben 
erduldet (ὑπομένειν) 
5 nämlich (γάρ) Mißhandlangen (ὕβρις) — die werden sein sich 
' rühmend, 


ὡς sie wandeln in Armut und daß sie 
ertragen (ὑπομένειν) die welche sie hassen (und) die welche 
— Man hab:sio:(gequält) ut- 


| tere. Act. 23, 1; Phil. 1,27 — ἐν ἀληθείᾳ vgl. 2. Joh. 4; 
Joh. 4 — ἐν πίστει καὶ ἀληϑείᾳ ναὶ. 1. Tim. 2,7. 3 πίστις, ἀγάπη ναὶ. 
Eph. 6,23; 1. Thess. 3,6; 5,8; 1. Tim. 1,14; 6,11; 2. Tim. 1, 13: 3. 39; 
e. Joh. 2,19 γνῶσις τῆς πίστεως. 5 Sßgeic 2; Kor. 12,10 — καυχδδ. 
Ἷ 3; 9. Kor. 12,9. Τ μισεῖν Luc. 6, 2.27; Joh. 15, 18; 1. Joh. 
" Matth. δ, 11; Luce. 6,29. 


122 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

blößte!, während man über sie hochmütig war, und sie hungrig 
und durstig waren; und weil sie geduldig waren, — selig werden 
sie in den Himmeln sein und immerdar werden sie mit mir 
weilen. Wehe aber denen, welche sie haßten und verschmähten, 
und ihr Ende ist dem Verderben (geweiht)*. 

Cap. 39 (50) Und wir fragten ihn?: „O Herr, wird dies Allen 
geschehen?“ Er erwiderte uns: „Wie®, wird denn ein gerechtes 
Gericht den Sündern und den Gerechten zuteil werden?#* Wir 


S 2 1 (wahrsch. Schreibfehler, Wieder- 
holung des H aus dem Anlaut von YPYTo»- :). 3 ῃ συ 3 
A797: „im Himmelreich“, Ο pa : ἈΎΤ': ἤση δ. NA 0} : 
„wie Märtyrer im Himmelreich“. Infolge der Lautähnlichkeit von 
N°76T : und NAYPT- » könnte das erstere in den Hdschrr, über- 
sehen worden sein. 4 (σον θθοσυ.- ı Perf. „und verschmähten* 
(— C). 5 NRAZPao- : „deren Ende ist .... geweiht“. 


1) Im Kopt. esnaaxagnos (XXVII, 8—9) = „indem man sie ent- 
blößte“. Im Äthiop. ἈΎΝ : θ (41, bei Guerrier: „alors qu’ils 
ötaient nus“, Es scheint uns aber das Koptische besser dem Sinn 
zu entsprechen. Man braucht nur in ES%g$ : das Präfix lang 
(£“ ») anzusehen, um zu demselben Sinn zu gelangen. Es ist 
übrigens bloß Vermutung. Die Schmidtsche Conjectur (Z. 8) 
artära]le wird durch das äthiopisc DPD θυ συ. ı be- 
stätigt. 2) A @höfl : Fl, Ar : „und wiederum fragten wir 
ihn“, 8) 5 συ; — 4) In dieser Gestalt ist der Text 
natürlich widersinnig. Guerrier übersetzt frei: „comment, le möme 
jugement pour les pöcheurs et pour les justes serait-il juste?* Das 
Kopt., welches an dieser Stelle wenig correct ist, hat (XXVIII, 4) 
Ape TRPIcCI nagwne flieg fige H πϑίβοιος m nanıroc, Vielleicht 
könnte hier A zu Rat gezogen werden, wo AlfAra-:ı (Ὁ y: 
he: θη 69. : fehlt, so daß der Satz lautet: 49 γ6,,ῦ» : ATILA : 
Mr: BDO 2 πὴ AR: Δ Φ Ἀγ: DARL-PF: — „und 
wir sagten ihm: O Herr, wird nun dies ein gerechtes Gericht sein 
sowohl den Sündern als den Gerechten? Und (ferner) sagten wir: 
wird man dir an jenem Tage usw..... “ Zwar fehlt hier die Ant- 
wort Jesu, und zweitens ist hier die Auslassung in A wahrscheinlich 
nicht das Richtige, sondern durch die Wiederholung von &n@-7 : 
veranlaßt. Der Abschreiber übersprang vom ersten &@- : zum 
nächsten. Andrerseits jedoch ist hier die Antwort Jesu nicht not- 
wendig. Wir hatten schon oben einen Fall, wo 49 γὙ{},ῃ}" : einige 
Mal inmitten der fortlaufenden Rede der Apostel steht; außerdem 
gibt diese Conjectur einen vollkommenen befriedigenden Sinn, wie 
aus der Fortsetzung hervorgeht. Die Apostel geben ihrer Ver- 


— 


 Koptisch 

blößt (nackt), indem die Menschen hochmütig waren über 

Du sie wandeln in Hunger und Durst, aber (4224) 

nachdem (dxef) sie erduldet (ὑπομένειν) haben die(?) Seligkeit 

ο΄ {-- μακάριος) 

der Himmel, werden sie selbst mit mir sein ewig- 

lich. Wehe aber (δῶ dagegen denen, die wandeln in 
Hochmut und Prahlerei, denn ihr Ende 


u 
ist das Verlorensein (Verderben)‘. Wir aber (δέ) sprachen zu 
" ihm: „O Herr, 


ist dies das deinige, daß du uns verläßt, um zu kommen über 
sie?“ Er aber (δῶ antwortete und sprach zu uns: 

In welcher Weise wird das Gericht (χρίσις) stattfinden? ent- 
weder (7) der Gerechte (δίχαιος) oder (n) 

5 der Ungerechte (ἄδικος) Wir sprachen zu ihm: „O Herr, an 

7,10 λιμὸς καὶ δίψος 2. Kor. 11,27. 12 Vgl. Luc. 6, 390. 

ΟΠ ΧΧΥ͂ΠΠ 1 Vgl. Pbil.3,19; Röm.6,21. 4 Vgl. Act. 24,15. 


11 Ko. „erduldet haben die Seligkeit“ kann nicht richtig sein; 


wunderung Ausdruck, daß Jesus dieselbe Gerechtigkeit den Sündern 

tschaffenen widerfahren läßt, da doch der Mensch einen 
habe, und der Sünder und Gerechte dieselbe Freiheit 
verschiedener Weise ausnutzen. Die Apostel würden also die 
im Absatze von „o Herr, wird dies Allen usw.“ 
„das Böse und das Gute unterschieden“ sein. Es widerspricht 
dieser Auffassung das Koptische, welches das sprechende Subject 
wechseln läßt, keinen vernünftigen Sinn aber ergibt und deshalb an 
dieser Stelle nicht maßgebend und entscheidend ist. 


10 


— 


124 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
$agten ihm!: „Wird man Dir an jenem Tage nicht sagen?: Du 
hast die Gerechtigkeit und die Sünde geleitet®, die Finsternis 
und das Licht, das Böse und das Gute unterschieden?** Und 
er sagte: „Es ist Adam die Gewalt verliehen worden von ihnen® 
zu wählen, was er wollte, und er wählte das Licht und streekte 
seine Hände aus, nahm es®, verließ die Finsternis und entfernte 
sich ’ von ihr. Ebenso hat jeder Mann die Macht an das Licht 
zu glauben®, das ist an das Leben? des Vaters, der mich ge- 
sandt hat. Und wer an mich geglaubt hat, wird das Leben 
gewinnen, wenn er das Werk !® des Lichtes getan hat. Wenn er 
aber nicht geglaubt hat, daß es Lieht geworden ist, und weilt 


1) AC @Ylh Ar : AMM,A : „und wir sagten ihm: Ὁ Herr* 
2) 5 A, Pb ΔΉ. : „hat er denn dir nicht gesagt?* AC A &NA-hu- : 
„wird man dir nicht sagen?“ 1, A,&NAhu- : „wird er ete.... .?* 
Dem Kopt. (XXVIII, 6) cenaxooc ner entsprechen am genauesten 40. 
3) Guerrier übersetzt frei: tu (nous) as fait montrer la justice et le 
peche. Die Bedeutung aber „faire montrer“ kommt dem Verbum 
ἀφο! εἶν᾿ auf jeden Fall nicht zu. Eher würde es „leiten“ oder 
„leiten lassen“ heißen, wie die Grundform σοί ı. Der kopt, Text 
hat hier (XXVII, 6): ππεκπὼτ ce Tamlasocrn] mi [Tjaaınıa, 
welches zu übersetzen ist: „du folgtest nicht der Gerechtigkeit und 
der Sünde“ (du beachtetest sie nicht). Man könnte daher auch das 
äthiop. Verb. vielleicht übersetzen durch „folgen lassen“, aber den 
kopt. Text unterscheidet hier vom Äthiop. die Negation, die in 
letzterem fehlt. — S --- AWPZ.UN :. 4) ABC διῇ : „und 
du hast unterschieden“. L @Z2,mCh : „und du hast geschaffen“. 
Im Kopt. fehlt hier das Verbum. S @ZATh : NC“ ı Οὐ δι" ı 
AN“: @ wg“ : „und das Licht und die Finsternis, das Böse und 
das Gute unterschieden“. 5) ABC ApPhAAlVa»-: „von beiden“ 
—=Kopt. (XXVIII, 11) aba gft πο 6) A om. (Δ Ὦ : „nahm 
es“ wie auch im Κορέ. 7) A@@P-Pp: „und fiel (ab). S Ay" 
ZU« : „von ihm (sich)“ masc. Angesichts des Kopt. (XXVIII, 13) 
ΔΎ ΤΈΚΕ aba‘ finayg wäre viell. ein *Am-PP : zu reconstruieren: 
„und warf (scil. die Finsternis) von sich ab*. 8) ABC AP: 
ah: 5 PrPı ah δ". ΠΝ : (Bed. wieL). 9) In 
der so oft correcteren Var. A fehlt h&a@Ff:. Es wäre also zu 
lesen ἬΝ: Anl: Πάν : „das ist der Vater, der mich 
gesandt hat“, ganz entsprechend dem Kopt. (XXIX, 2) ere nei ne 
neıwr eragriinası. (Doch hat das. Kopt. in der vorhergehenden 
Zeile ein allerdings von Schmidt reconstruiertes ete nees ne mw] 
adr) ΠΕ ῸΣΝ A fügt auch hinzu Nh’k : „welches allein der Vater 


ist“ usw..... 10) 5 PaqZ :. 


τ —— und — — 195 


Ä Böstiseh 
Ἂν nämlich (γάρ) werden sie zu dir sagen: »Nicht hast 


— dem Bösen (xaxör) und dem Guten (aya#or)« *, 
Darauf (τότε) 
sprach er: „Ich werde ihnen antworten, indem ich sage: »Dem 
Adam wurde die Macht (ἐξουσία) gegeben, daß er sich auswähle 
eins von beiden; er wählte das Licht 
legte seine Hand darauf, die Finsternis aber (δέ) 
‚ließ er hinter sich und warf sie von sich«., Also 

haben alle Menschen die Macht (ἐξουσία), zu 


ΧΧΙΧ, 
ne 


(πιστεύειν) an das Licht, welches ist das (Leben) 


aber (δέν einer ist, der bekennt (dno2oysts), daß er gehört zum 
die Werke der Finsternis, ein Sol- 


τς ἢ φῶς und σχύτος Matth. 6, 23; Act.%, 18; Joh. 3, 19; 1. Petr. 3, 9. 
Sirach 15, 168, XXIX 1 πιστεύειν εἰς τὸ φῶς Joh. 12, 86 — 
1,4 — φῶς --- Vater vgl. 1. 30h. 1, δ. 4 ζήσεται ἐν αὐ- 


Hi 
5 


Er gibt Ko. keinen Sinn, da man erwartet, daß die 
Gericht Erschienenen die Schuld für ihre Fehltritte von sich 


also etwa: „Du hast unterschieden die Gerechtig- 
m ‚ngemchigkelt etc.“ Liegt eine Verwechslung von διώκειν 


σι 


10 


126 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
im Dunkeln '!, so ist er imstande, weder etwas zu seiner Recht- 
fertigung vorzubringen?, noch kann er® das Gesicht empor- 
richten und den Sohn, der ich bin, anschauen*. Und ich werde ihm 
sagen:> >du hast gesucht und gefunden, verlangt und genommen, 
was du (dennoch) nieht erhalten hast‘. Warum hast du dich 
meinem Reiche’ entfremdet? Du glaubtest an mich und hast mich 
verleugnet!< Nun sehet*®, wie jeder die Macht hat zu leben und 
zu glauben®, und wer meine Gebote erfüllt und hütet!%, wird !1 
der Sohn des Lichtes sein, das ist meines Vaters!?, und (so 
auch) denen 13, die befolgen und erfüllen. Deshalb 14 bin ich 


1) L, dem wir in der Übers. folgen, ist hier sicher corrumpiert. Das 
Richtige haben wiederum die verschmähten Varr. AC PA9®Y ı, ABC 
(0,740 τ} δὰ s „und er tut das Werk der Finsternis“ und S 
ὦ ΘΓ : ΠΑ Δ ı „und er weilt in der Finsternis“. L ist eine 
Contamination letzterer beiden Varr., von denen wahrsch. ABC die 
ursprüngliche ist. Der ursprüngliche Satz wird wohl gelautet haben: 
Ph: hP7:NC79: @EINC:HRAA@T- : „er bekennt, daß 
er zum Lichte gehört (oder „daß es Licht gibt“, wenn wir nicht ein 
*y-NcY7% 1 construieren) und tut (doch) das (Werk) der Finsternis“, 
genau entsprech. ἃ, Kopt. (XXIX, 4): eıgne oye δε ne egpgomoAower 
SE (HM AnNovacıne eqespe mnobnye jinnene „wenn aber einer 
ist, der bekennt, daß er gehört zum Lichte, und tut die Werke der 
Finsternis. Daß A,A9°% 1 corrumpiert ist, folgt daraus, daß es 
sich hier um den unsinnigen Gegensatz handelt, wo ein Mann, der 
an das Licht glaubt, dennoch das Werk der Finsternis bevorzugt. 
Die Nichtberücksichtigung des pP% : bei Guerrier gibt dem Satz 
einen ganz anderen Sinn. Gänzlich ausgeschlossen ist aber auch die 
Ursprünglichkeit der Var. S auch nicht: „er glaubt..... gehört, 
und weilt (dennoch) in der Finsternis“. Die eventuelle Verwechselung 
von D@RZNC: und DRIMEC : bei der Ähnlichkeit der Schrift- 
züge % und 7 ist ganz natürlich. — Die Wahrsch. der Var. ABC 
@PTI-NC . „und tut usw.“ wird durch den vorhergehenden Satz 
Ay°n@o : NZ: 72 : NCYY: „wenn er das Werk des Lichtes 
getan hat“ größer. 2) Sbeser@Ppf:. 3)SAPNA:. 4) Scor- 
ret ἡ 7: 5) S@hlbhe: „Und ich sagte ihm“. 6) Guerr.: 
„que n’as tu pas recu?“ Kopt. narpratatınwcke Mamas git o, Mit 
dem Kopt. übereinstimmend AC JAHNY : „was wirfst du uns vor?* 
und teilweise S 0 ἢ : „was wirfst du vor?“ — YA,yelhh : 
in L einfach Dittographie, 7) A richtiger APP : DA] 
Z”f@ : „von mir und meinem Reiche“ in gewisser Übereinst. mit 
Ko. XXIX, 12 arfiın aba‘ πλιοῖ, 8) Guerrier „on verra*. 
Äth. CAR: 9) Richtiger A und C; am genauesten, auch 
grammat. correct, C @Ban-7/, : — „(zu leben) und zu sterben“; 


Br Älhiepinche, uud: kopfipche Übeiickuung, 127 


— Koptisch 

_ eher besitzt keine Verteidigung (ἀπολογία) zu sagen, noch (οὔτε) 
_ wird er sein Antlitz erheben können, um (anzuschauen den) Sohn 
Gottes, welcher ich bin. Ich werde nämlich (γάρ) zu ihm sagen: 
10 »Als du suchtest, hast du gefunden, und als du batest (αἰτεῖν), 
hast du empfangen. Womit verdammst (zarayıroozeır) du mich, 
o (ὦ) Mensch ? 

Weshalb hast du dich von mir entfernt und hast verleugnet 
ο΄ (ἀρνεῖσϑαι) 

mich? Und weshalb hast du mich bekannt (ὁμολογεῖν) und 
wieh (doch) verleugnet (ἀρνεῖσϑαι)ῦ Hat denn nicht (ἄρα) ein Jeder 
15 die Macht (ἐξουσία) zu leben und zu sterben?» Wer nun hat 


XIX 


; nm 

meine Gebote (ἐντολή), wird sein Sohn des Lichtes, 

h. des Vaters, der sich befindet in mir. 

0. 6 ἔργα τοῦ σχότους vgl. Röm. 13,12; Eph. 5,11. 9 υἱὸς τοῦ ϑεοῦ 
vgl. Joh. 10,36. 10 vgl. Matth. 7,7; Luc. 11,9.10, 13 vgl. Tit. 1, 16. 
-- τηρεῖν τὰς ἐντολάς μου ναὶ. Joh. 14, 15: 21; 1. Joh. 2, 3; 3, 99 94, 
05 XXX υἱὸς (τέχνον) τοῦ φωτός Lac. 16,8; Joh. 12, 36; Ephes. δ, 8; 
1. Toe.5,5. 2 vgl. Joh. 14, 11. 30; «. ο. Σ, 3. 


8 Statt des von mir ergänzten δίφρηϊ ovhe] ist besser mit Äth. 
zu erg. —— a. 

ἘΣ ; th. „von mir und von meinem Reiche“, dagegen ausgelassen : 
' hast mich verleugnet“, 


Ko. XXIX, 15 awııg aor auor. 10) BOS φφόφνῃ :. — 
11) AC add. oNAFTN : „und deshalb wird er....“* 13) BC 
Haht% : AN: NP: „weicher ist Vater in mir“ erinnert an 
Kopt. (XXX, 2) ergoon figpni iger „der in mir sich befindet“. 

τ S besser @AA : „und diejenigen, die befolgen usw. .... 1440 


 Äinagexe ala ...... „um dererwillen aber, die meine Worte ver- 
 derben, bin ich hinabgekommen ...... “ Falls das Koptische das 
 Ursprünglichere hat, müßte @AAA : PI3PN- ı ὦ, 714- : (Th 

HNE :) in Verbindung mit dem nächsten, durch Interpunktion vom 
. vorhergehenden getrennten Absatz übersetzt werden. 


128 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
vom Himmel herabgestiegen, (ich)!, das Wort, bin Fleisch 
geworden und habe den Tod empfangen, indem ich lehrte und 
züchtigte?, sodaß (diese)? erlöset werden, (jene) aber ewiglich 
untergehen, indem sie im Feuer am Körper und Geist gestraft 
5 werden“, 

Cap. 40 (51) Und wir sagten ihm: „O Herr*, wahrlich, 
es jammert uns ihretwegen!*“ Und er sprach zu uns: „Ihr tut 
rechtschaffen. Denn so trauern die Gerechten ob der Sünder’ 
und beten und flehen zu Gott® und ersuchen ihn“, Und wir 
10 sagten ihm: „Ist denn Niemand, der dich, o Herr, anfleht?*? 
Und er erwiderte uns: „Ja, und ‚ich erhöre® das Gebet der 
Rechtschaffenen in ihrer Sache“. Wir sagten ihm: „O Herr, 
der du uns alles lehrtest und uns Leben und Gnade schenktest! 


1)SAY: PA : „Ich,dasWort“. 2)S@AHAF: 8) Kopt. 
METTADME . 2... δον ntercapme τος „die Geladenen .... und die Ver- 
irrten....“ SAYAI : ETIT A τ ὦ εἶν} τ AAT : RT neYr τ ec. 
— „damit diejenigen, die gerettet werden, ewiglich untergehen und 
im Feuer usw....“ (oder viell. „damit diese für ewig errettet 
werden, jene aber untergehen und im Feuer usw.“ ..... ACB @AA: 
0.75)» δ". AFH : art 1: etc. — „damit diese gerettet werden, 
jene aber ewiglich untergehen, indem sie im Feuer usw... ...“ Jeden- 
falls müssen wir statt AA » ursprüngliches AA : und DA ı 
annehmen, 4) A om. Δ." Ἀ : — 0 Herr (im Gegens. zum Kopt.) 
5) A fügt hier hinzu BEN: „es sorgt* (für BE: „sie 
sorgen“?). Scheint bloß eine Dittographie zu sein. 5 R&P#Yı 


ΡΘΗ" = mit Umstellung. 6) AC hat noch Afls in in- 
stimm. mit dem Kopt. (XXX, 13) escanch ππδειωτ, 7) Anders 
im Kopt. (XXX, 14) wıne our ..... „scheut sich vor dir“ (Schmidt). 


Dem Sinne nach, wie auch aus Jesu Antwort ersichtlich, hat hier 
der äthiop. Text das Richtige. Es wäre ratsam hier wme (rogare, 
obsecrari) zu lesen. B om. AH,A : „o Herr“. 8) 5 Ἀή9" δ: 


„ich erhöre“ (ohne „und“); vgl. kopt. (XXXI, 1) Xnacwrme, 


14 Ko. muß sich bei der Übersetzung aus dem Griechischen 
geirrt haben. Liegt eine Verwechslung von αἰσχύνεσθαι und αἰτεῖσ- 
ϑαι vor. Die Frage der Jünger ist veranlaßt durch die Aussage 
Jesu, daß die Gerechten den Vater für die Sünder bitten. Deshalb 
fragen sie, ob denn niemand vorhanden ist, der das Gebet direkt an 
ihn selbst richtet. Äth. zeigt eine bessere Überlieferung: „Ist denn 
niemand, der dich anfleht?“ 


Koptisch 


herabgekommen 
vom Himmel. Ich bin der Logos (λόγος), ich wurde Fleisch 


ο΄ (σάρξ), 

| 5 indem ich mich abmühte und lehrte: »Die Geladenen werden 

gerettet werden und die Verirrten werden verlorengehen ewig- 

lieh. Man wird sie (peinigen) lebendig und sie bestra- 

fen (χολάζει») an (ihrem) Fleisch (σάρξ) und ihrer Seele (wuynj)“. 
ΝΣ 


aber (δέ) sprachen zu ihm: „O Herr, wahrhaftig (ἀληϑῶῦς) wir 
tragen Sorge 

» um ihretwillen“. Er aber (δώ sprach zu uns: „Rechtschaffen 
| (καλῶς) nämlich (γάρ) 

handelt ihr, denn (γάρ) die Gerechten (δίκαιος) tragen Sorge 
um die Sünder und beten für sie, indem sie bitten 

meinen Vater“. Wiederum (πάλεν) sprachen wir zu ihm: „O Herr, 
weshalb nun scheut sich niemand vor dir?“ Er aber (δέ) sprach 


ΧΧΧΙ. 


π᾿. πε 

zu uns: „Ja, ich werde hören auf das Gebet der Gerechten 

ΠῚ (δίκαιορ), 

das sie für sie (sc. Sünder) vollbringen“. Als er dies gesagt hatte 
= aber (δέ) zu uns, sprachen wir zu ihm: „O Herr, in allen Dingen 

nämlich (γάρ) hast du uns belehrt und dich erbarmt 


9 | 4 vgl. Joh. 1, 14. 5 ol κλητοί (χεχλημένοι) vgl. Matth. 20, 16; 
2,14 etc. Apoc. Joh. 17, 14. XXXI 1 Gebet der Gerechten vgl. 
Ε΄; 5,16, 


3 Äth: „und so auch allen, die befolgen und erfüllen“ ist 
gegenüber Ko. nicht ursprünglich; das nachfolgende „deshalb“ steht 
gun 
| wmmrag entspricht griech. πονεῖν und πάσχειν, es ist also auch 
die Übersetzung „indem ich litt“ möglich; in diesem Sinne hat es 
der Äth. aufgefaßt. Andererseits wird man erinnert an das Logion 3 
Bell «. Hans The Oxyrynch. Pap. I): ἔστην ἐν μέσῳ ΒΡ μύρον 

ἐν σαρκὶ ὥφϑην αὐτοὶς ον κων καὶ πονεῖ ἡ ψυχή μου ἐπὶ τοῖς 
——— „und züchtigte‘* Zusatz, 
8 Äth.: „im Feuer“ ist m, E. späterer Zusatz. — Äth.: „und 
Geist“ st. Ko. „und Seele“, 
T. u. 0. "14: Schmidt-Wajnberg. 9 


130 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Äthiopisch 
Wir werden es (weiter) predigen, wem es geziemt.”? Wird aber 
uns von dir ein Lohn zuteil werden?“ 3 


Cap. 41 (52) Und er sagte uns: „Gehet und prediget und 
werdet gute Boten* und Knechte!“ Und wir sprachen zu ihm: „O 
Herr’, du bist ja unser Vater!“® Er erwiderte: „Sind denn 
Alle Väter, Alle Diener, Alle Meister?*” Da sagten wir ihm: 


2) Abweichend von Guerrier (welcher übersetzt „quant ἃ nous, 
ἃ qui il appartient de pröcher) und in Übereinstimmung mit dem 
Koptischen (XXXI, 5): zenaac anafkıprece finerünga ........ 
„damit wir predigen denen, die würdig sind... .* 3) C hat DR, 
ha-747 1 „und es wird uns zuteil werden“. Abgesehen vom über- 
flüssigen @ „und“ im Anlaut ist diese Var, wertvoll, weil sie die 
Fragepartikel des L nicht enthält. Die Frage ist hier dem Sinne 
nach überflüssig, schon aus dem Grunde, weil ihr keine Antwort 
folgt. Sie ist auch im Kopt. nicht vorhanden (XXXI, 6): aor τῆς 
τῷπο men πουδεκε gapınk' „und wir uns erwerben einen Lohn 
bei dir“. A hat BRLA@F : „es ziemt uns“ (der Lohn); diese Var, 
kann aber auch bloß als eine Art Dittographie unter dem Einfluß 
des gleich vorhergehenden ERAPo»- : verschrieben worden sein. 
4) S om. 4) ἢ“Ἶ- ı „und seiet“ im Gegens. zu -kopt. XXXI, 8 [509] 
sernagwne, Außerdem hat 5 @AAhY : „und Boten“. Dieses „und 
beweist, daß vor „Boten“ noch ein Wort gestanden hat, wahr- 
scheinlich das zu ergänzende *AN@ » „Väter“. C hat and ı 
„und Knecht“ statt plur. ἢ 7 (7 : im Gegensatz zu kopt. XXXI, 9 
περύδτης, Das an dieser Stelle im kopt. Texte von Schmidt er- 
gänzte (XXXI, 9) [δον πειωτὶ ist auch für den äthiop. Text not- 
wendig: denn soust wäre der Ausruf in der Antwort der Apostel 
unverständlich. Christus muß sie „Väter“ genannt haben, und sie 
lehnen diese nur Gott gebührende Würde mit frommer Scheu ab. 
Es ist also sicherlich zu reconstruieren etwa Di : 44.4: AN 
@: @Ahhr : ΟἽ ΠΟΤ : „und seid gute Apostel, Väter und 
Diener“. 5) C ἈΠ“ ΚΔ : „o unser Herr“ im Gegensatz zum 
Kopt. (ΧΧΧΙ, 13) msaex, 6) Der Κορέ. Text hat hier: „du bist 
es, der predigen wird durch uns“ (XXXI, 10): πτὸκ nermatagea- 
esıyg abaA οιτοοτπε Dem Sinn entspricht mehr das Äthiop. 
7) Abweichend von Guerrier: est-ce que tous (vous n’ötes pas) Peres 
δέν. 2 Jedoch ist die Übersetzung Guerriers, obwohl dem Text 
widersprechend, sinngemäß. Aus dem ganzen Absatz, aus der 
vorhergehenden und folgenden Rede der Apostel geht deutlich hervor, 
daß Christus ihnen etwas zumutet, was die Apostel mit frommer 
Scheu zurückweisen. Er sagt ihnen, daß Jedermann oder auch nur 
jeder von ihnen Vater und Apostel und Lehrer wäre, und die ver- 
wunderten Apostel antworten ihm darauf: „hast du denn nicht selber 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 131 


Koptisch 

und uns errettet, damit wır predigen (χηρύσσειν) 

denen, die würdig sind gerettet zu werden, und (damit) wir uns 
erwerben 

einen Lohn bei dir“. Er antwortete (aber (δέ) und sprach 
zu uns: „Gehet und prediget, (so) werdet ihr 

sein Arbeiter (ἐργάτης) (und Väter) und Diener (διάχονος)"“. 
Wir sprachen aber (δέ) zu ihm: „Du bist es, der predigen wird 
_ durch uns“. Da (τότε) antwortete er uns, indem er sagte: 
„Nicht seid Väter alle noch (οὐδέ seid Meister 

alle!“ Wir sprachen zu ihm: „O Herr, du bist es, der 


Ε 7 μισϑός vgl. Matth. 5, 12.46; 6,1; 10, 45; Joh. 4, 36. 9 ἐργάτης ναὶ. 
Matth. 9,37; 10,10 etc. — διέχονος vgl. Joh. 12,26. 144 Matth. 23, Sf. 


6 Äth, faßt das Ganze als Frage: „wird aber uns von Dir ein 
Lohn zuteil werden % 

9 St. δον fiewr kann man auch erg. a0r ficag „und Meister“, 
10 Äth.: „O Herr, du bist ja unser Vater“. Man könnte in Ko. 

den Satz auch als Frage auffassen: „Bist du es, der predigen wird 

durch uns?“ 

12 Man erwartet: „Seid ihr denn nicht alle Väter und alle 

Meister?“ Der Übersetzer hat ἐστέ als Imper. ἔστε aufgefaßt, 

13 Äth. fragend: „warest du es denn nicht, der gesagt hat“ 
. hat hier die drei Bezeichnungen: Väter... Diener ... Meister. 


gesagt, daß es keinen Vater auf Erden geben soll, und jetzt sagst 
‚, wir sollen Väter werden (Guerrier S.84, 2.1—2). Darauf recht- 

ertigt sich Christus und zeigt, daß gewisse Taten schon auf Erden 

ur Würde eines Vaters und Lehrers berechtigen. Es muß im Sinne 
; bisher Gesagten sowohl unsere Übersetzung als auch der äthiop. 
tt in Übereinstimmung mit Guerrier verbessert und vielleicht für 
überall %, „auch“ gelesen werden. Der kopt. Text (XXX, 12); 
EIWT ἃνσε OTac προδῷ are — „nicht seid Väter alle noch 

eid Meister alle“ (Schmidt) entspricht wohl dem äthiop. Text, aber 
ht dem Sinne des ganzen sowohl koptischen als äthiop. Ab- 
zes. — In S lautet der Absatz anders: AFF : ἈΠ΄. ὙΠ Δ᾽ ı 
Ὁ. 1 σοφοθ (Σ 1 ru : ἈΠ» : τσ τ ΔΝ ἢ 1 @RANLAT : 
ı @ He ı ἈΠ Ὁ s etc..... = „Und wir sprachen zu ihm: 
Tr, du, unser Vater, sagtest uns: >»ist denn jeder Lehrer, jeder — 
, jeder — Bote% Er antwortete uns: >ja« Da sagten wir ihm: 
ψν ἢ «“ Soll in dem ἈΠ“ » „unser Vater“ etwa ein 
er XXXI, 11 grroorne entsprechendes "ἢ » irgendwie 


* 9* 


10 


15 


132 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

„O Herr, warest du es denn nicht, der gesagt hat: »nennet Nie- 
mand auf Erden Vater und Meister!, denn nur Einer ist euer 
Vater? und euer Lehrer, nämlich der im Himmel?« Jetzt sagst 
du uns?, daß wir gleich dir vielen Kindern zu Vätern? werden 
sollen und Lehrern® und Aposteln!‘“ Und er antwortete und 
sprach zu uns: „Ihr habt richtig gesprochen. Wahrlich, ich 
sage euch: Alle die auf euch hörten und an mich® glaubten, 
werden das Licht des Kreuzes, das in meiner Hand, em- 
pfangen, und durch mich? werdet ihr Väter und Meister® 
werden“, 

Cap. 42 (53) Und wir sagten ihm: „O Herr, wie können 
diese drei in Einem stattfinden?“ Und er erwiderte® und sagte 
uns: „Wahrlich, wahrlich, ich sage euch: Väter werdet ihr 
genannt werden, weil ihr ihnen liebevoll und barmherzig!? die. 
Dinge des Himmelreichs!! offenbart habt, und daß!? sie von 


1) A All: 7 :n1%.Nn: PC: „nicht saget, wir haben 
einen Vater auf Erden...“ BC Alla : (All- :) = „Väter“. 
2) C AN: amg®" ,; „.... ist Vater und euer Lehrer“ im Gegen- 
satz zum Text der äthiop. Evang.-Übers. Matth. 23, 9—10 (ed. Platt). 
3) ὦ ΙΗ . TNA7 : ἈΎΤ' : συν : „und jetzt wiederum sagst 
du uns, daß....“ 4) S All: @F7n-7 :. — All: könnte noch 
als Sing. „Vater“ angehen, aber @Y”% » ist sicher fehlerhaft und 
augenscheinlich hat der Abschreiber hier einfach in AN@® ı 77 : 
der and. Mss, das @ aus dem Auslaut des ersten Wortes in den 
Anlaut des anderen übertragen, 5) Nach kopt. XXXIH, 3 δον 
ποδῷ. Smang°yL, : „und zum Lehrer“. LABC @amgPyLz : 
dass.), welches aber viell. aus *@eng®yy2.4 1: corrumpiert ist, da 
Nw .: „Väter“ und @AAh% : beide im Plural und ohne Par- 
tikel 2 stehen, 6) A om. JE = „an mich“, im Gegens. zu kopt. 
XXXI,7 apaf, 7) Fehlt in A und im Kopt., s. Bemerkung dort. 
8) BCS add. "2.4 : „vortreffliche“ (Meister); fehlt im Kopt. Soll 
es eine Dittographie des Auslauts von DapgPyZ.Y 1: (nach neuerer 
Aussprache) sein? 9) BC om. DAD-Z"Ah : „und er erwiderte* 
in Übereinst. mit dem Kopt. 10) Abweichend von Guerrier („vous 
rövelerez. ... les choses de l’amour“) und in Übereinstimmung mit dem 
Kopt. (XXXII, 14): ἐπεὶ gii osguTt egqpuyer af ovarann.,..— „weil 
mit löblichem Herzen und Liebe ihr ihnen offenbart habt“. Eben- 
falls abweichend von Guerrier ist hier, wie im Koptischen, das Verbum 
im Präteritum. 11) Besser entspricht dem Kopt. und dem ursprüngl. 
Sinn die Lesart A ἢ θ᾽} 1 : ἤση) Pr : — Die and, Hdschrr. 
HN“ = „die (Dinge) im Himmel usw.“ 12) Im Kopt. hier hinzu- 
gefügt (XXXIH, 1): δον cenauoste Apwrıe ze Draronoc — „und 


TERN und Leflinke Ühähntsung: 133 


Koptisch | 
gt hat zu uns: »Nicht nennet (Jemand) Vater (für) euch 
‘Erden, einer nämlich (γάρ) ist euer Vater, der 


| XXXI 

(ας) 

) Himmel, und euer Meister- — warum sagst du 
uns jetzt: >Ihr werdet sein Väter 

vieler Kinder und Diener (διάχορος) und Meister?“ 
r antwortete aber (δέ) und sprach zu uns: „Sowie (χατά —) 
— Wahrlich nämlich (ἀμὴν γάρ) ich sage 
Wer auf euch hören wird und glauben (πεστεύειν) wird 
mich, der (wird empfangen von) euch das Licht des 


134 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
meiner Hand! die Taufe des Lebens und die Vergebung der 
Sünden empfangen werden. Und (Meister werdet ihr genannt 
werden), weil ihr ihnen mein Wort ohne Schmerz übergeben 
und sie zurechtgewiesen? habt, und sie haben sich bekehrt (in 
5 den Dingen), in denen* ihr sie zurechtgewiesen habt®. Und 
ich werde ihnen sagen®: ihr schämtet euch nicht vor ihrem 
Reichtum und sahet keine Person an, sondern ihr folgtet 
dem Gebote des Vaters und vollzoget sie. Und es wird euch’ 
Lohn von meinem himmlischen Vater, jenen aber wird Ver- 
10 gebung der Sünden und ewiges Leben® und Anteil am Reich 
zuteil werden“?, Und wir sagten ihm: „O Herr, hätten sie 
einen tausendfachen 10 Mund, sie würden nicht imstande sein 


1) Im Text „durch meine Hand“. 2) C richtiger AdA 
@-n9°Pov- ; „ihr habt ihnen übergeben“ — koptisch XXXIH, 5 
arent .... ner. — A AdAeir ı „ich habe übergeben“. Zur 
Bedeutung vgl. Guerrier 73, 2 AdAm-P ı. — Gleichfalls rich- 
tiger ist C RXHYPPa»- : „.... sie zurecht gewiesen“ — kop- 
tisch areriipnoseerer Mmar (ibid.), — Statt 079° ı „Schmerz“ 
hat S home, ı (dass); A YPy% : „Strafe, Qual“. 3) Kopt. 
XXXII, 7) δὸν Tapereriimar — „als ihr sie....* Ο QunA® 

συν: „in denen ihr zurechtgewiesen habt“. 4) Bei Guerrier der 
ganze Absatz futurisch (vous aurez exprim6...... il se seront con- 
vertis....). Das Kopt. hat überall wie in unserer Übersetzung die 
Vergangenheitszeit. 5) Anstatt DAfhAro®- : — „und ich werde 
ihnen sagen“ haben ABCS die richtigere Lesart @Nd » „und 
vor ihrem Reichtum (schämtet ihr euch nicht)“, in Übereinstimm. 
mit dem Κορέ. (XXXIII, 8): fineriiyme οητὸ πτουλιπτραιλιδ οἱ. Daß 
die Var. ABCS hier das Richtige hat, wird wohl keinem Zweifel 
unterliegen. Guerrier berücksichtigt diese u. E. vortreffliche Var. 
nicht und übersetzt: „je leur dirai: vous n’avez pas rougi (de moi). 
6) A om. AA: „sondern“, wider den Sinn u. ἃ, kopt. Tex. 7)C hat 
ur noch das zu vermissende „und es wird euch“ @pa®- ı in Über- 
einst. mit ἃ. Kopt. (XXXIII, 11) .... stme.... 8) 8 Accus. 
ΘΑ ΘΟ} : „und Leben“. Soll deshalb viell. OINCNaP- : — „und 
ihr habt erworben“ (Lohn .... und ihnen Vergebung usw. ....) 
corrigiert werden? Vgl. vorherg. Bem. 9) 5 E&h@-% : „und 
sie werden Genossen des Reichs“ — kopt. XXXII, 13 a0» cenap- 
Komwser efl..... 10) In Übereinstimmung mit dem Kopt. ovıha 
wäre es vielleicht besser zu übersetzen „zehntausendfachen Mund*, 
hA®F: : hat ja bekanntlich beide Bedeutungen. Guerrier übersetzt 
„des milliers de bouches“. Anstatt Na®- z „hätten sie* haben AC 
nF: : „hätte er“. Keine der äthiop. Hdschrr. stimmt mit dem Kopt. 


 Koptisch 


reiches. Und ihr werdet genannt werden 


οἴνων Neid —— und sie ern (νουϑετεῖν), 
: und als ihr sie zurechtgewiesen habt, haben sie sich bekehrt. 
ieht habt ihr 

euch gescheut vor ihrem Reichtum (und vor) ihrem 

᾿ Angesicht, sondern (ἀλλά) ihr habt gehalten (die Gebote (ἐντολή) 
meines Vaters 

und. habt sie vollbracht. Und (ein) großer Lohn wird zuteil 


na bei meinem Vater, der i im Himmel, und 


Ὁ βίπτιομα ες ζωῆς u ἄφεοις τὸν ἁμαρειῶν «8 BAU 
häufig bei Paulus. 10 μισϑός νεῖ. Matth. δ, 12; Luc. 6, 33; 


* „großer“ ausgelassen. — vgl. XXXI, 7. 
 Äth.: „hätten sie einen tausendfachen Mund, würden sie. 


136 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
dich würdig zu preisen.“ Er antwortete und sprach zu uns: 


„Ich sage euch (dies?), damit ihr tun sollet, wie ich euch getan 
habe!, 


Cap. 43 (54) Und seid wie die klugen Jungfrauen, die 

5 Licht anzündeten und nicht schlummerten und mit ihren Lichtern 
den Herrn, den Bräutigam, empfingen und mit ihm in das 
Gemach des Bräutigams traten?. Die Törichten aber, sagt man 
(oder: „wie man sie nennt“)°?, konnten nicht wachen, sondern * 
schliefen ein“. Und wir sprachen zu ihm: „O Herr, welche 
10 sind die Klugen, und wer sind die Törichten?“ Er sagte uns: 
„Die Klugen sind fünf®, die® der Prophet die Töchter Gottes 
nennt und deren Namen man hört“’. Wir aber wurden traurig 
und jammerten® über die, die ausgeschlossen geblieben waren. Da 
sprach er zu uns: „Die ὃ Klugen sind: Glaube, Liebe, Freude®, 


1) C om. PNCH- : „getan habe“. 2) A om. ana: 9" ἢ δοευῦυ" : 

o-ht : ACch: @olYP : „und mit ihm in das Bräutigamsgemach 
traten“. Sowohl A wie die übrigen Hdschrr. weichen hier vom Kopt. 
ab, am meisten die Var. A. Das Kopt. hat hier (XXXIV, 6): erar- 
paeıc finosiinare aAAa [areı) abad gaperz finzacıc" anmanıyedcer 
„die gewacht und nicht geschlafen haben, sondern herausgegangen 
sind zu dem Herrn in das Brautgemach“. 8) S &-NA°77 : „die er 
nennt“. B AFH : θυ ΔΡΎ ı „indem er sie nennt“. "ξ hat AA: 
„diejenigen, die (einschlafen). 5) S mit Umstellung: 
nat : AFFE : 6) So ABC. — LS haben hier noch das 
überflüssige AZ : „Amen“, welches auch im Kopt. fehlt. 
7) Im Kopt. (XXXIV, 13): cwrme Se anospen — „höret ihre Namen“, 
8) Im Text eigentlich „wir aber waren besorgt und traurig und 
jammerten“. In C fehlt @,hH% : „und wir waren traurig“ in Über- 
einst. mit ἃ. Kopt. (XXXIV, 14) anaı δὲ nanpıne ne 807 nan- 
MaRg HOHT, 9) Gegenüber dem Kopt. χάρις. Äthiop. 7” h : 
— nur „Freude, Trost, Wohlfahrt“ (seltener. 5. @E&PL : @E 
ch. — 


13 Äth.: „Töchter Gottes“; das ist auch ursprünglich, da die 
Bezeichnung >Töchter Gottes sich sowohl auf die Klugen wie die 
Törichten bezieht. Ko. XXXVIII,4 ebenfalls „Töchter Gottes“. 

XXXV 1 Äth.: „welche ausgeschlossen geblieben waren“, 

2 Vgl. Hermas Vis. III, 8. 

3 Äth. „Freude“ st. „Gnade“; es liegt Verwechslung von χαρά 
und χάρις vor. 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 137 
| Koptisech 
XXXIV 


— Zungen zum Reden, — danksagen 
ο΄ (εὐχαριστεῖν) können 

dir, der du uns derartiges verheißest“. Darauf (τότε) 
antwortete er, indem er zu uns sagte: „Nur (μόνον) 

das, was ich euch sage, tuet, wie ich selbst 

δ auch es getan habe, so werdet ihr sein wie die klugen 

᾿ς Jungfrauen (παρϑένος), die gewacht und nicht geschlafen 
BR. ἘΣ (ἀλλά) heraus(gegangen sind) zu dem Herrn 


: ; Dragon (Die Törichten) dagegen (δέ) sind nicht imstande 


zu — sondern (ἀλλά) (haben) geschlafen“. Wir sprachen 
‚aber (de) zu ihm: 

'„O Herr, wer sind die Klugen und wer sind die 

_ Törichten ?* Er sprach zu uns: Fünf Kluge 

und fünf Törichte, diese nämlich (γάρ), bezüglich deren der 
Prophet (προφήτης) 

geredet hat: »Söhne Gottes sind sie Höret 

nun ihre Namen!“ Wir aber (δώ weinten und waren 


XXXV 


über die, welche geschlafen hatten. Er sprach er 

zu uns: „Die fünf Klugen nämlich (γάρ) sind der Glaube (πίστις) 
iebe (ἀγάπη) und die Gnade (χάρες), der Friede (εἰρήνη) und 
die Hoffnung (ἐλπίς). 


1 Vgl. Theophil. ad Autol. 2, 16. οὐδὲ εἰ μυρία στόματα ἔχοι καὶ μυρίας 
γλώσσας. 4 vgl. 7108. 13,15. δῆ, Matth.25,1. 13 vgl. Ps. 81,6; . 
- Matth. 5, 9; Röm. 8, 14. 

= 4 Äth. hat den Text etwas geändert, insbesondere im Nachsatz 
„euch“ 

6 Äth. hat m. E. auf Grund des Evangelienberichtes den Text 
—— 


12 Ath. ausgelassen: „und fünf Törichte“. 


— 
— 


10 


138 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
Friede und Hoffnung!. Diejenigen? aber, welche dieses besitzen, 
unter denen, die an mich glauben®, werden zu Wegweisern 
werden denjenigen, die an mich glauben und an den, der mich 
gesandt hat. Ich bin der Bräutigam, der Herr‘. Mich haben 


5 sie empfangen, mit mir sind sie in das Haus des Bräutigams 


getreten und haben sich mit dem Bräutigam (zur Tafel) hin- 
gelegt und sich gefreut. Die fünf Törichten® aber haben ge- 
schlummert, und als sie erwachten, kamen sie zum Haus des 
Bräutigams und klopften an die Türe, denn sie waren 

schlossen worden’. Und sie weinten, weil sie (aus-)geschlossen 
worden sind“. Und wir fragten ihn: „O Herr, diese® ihre 
Schwestern nun, die Klugen, die da im Gemach, hatten sie denn 
ihnen nicht geöffnet? und nicht um ihretwillen getrauert?* Er 
erwiderte uns: „Ja, sie trauerten und waren besorgt um ihret- 


1) 5 aFN# :. 3) ABCS richtiger AAFE : (S AA“ 1). 
3) Abweichend von Guerrier (welcher übersetzt: ceux qui croient en 
moi les possödent) und in Übereinstimmung mit dem Koptischen 
(XXXV, 3): nere osıter πεῖ De gi πετρπιστενε Für NP: 
„an mich“ hat C ἢ 99 Ὁ : „an meinen Namen“, 4) Guerrier 
bringt das Wort AH,A : „der Herr“ in Verbindung mit dem vor- 
hergehenden Satz: ..... au Seigneur qui m’a envoy6. Es ist aber 
wahrscheinlicher, daß AH.A : zum Folgenden gehört, erstens weil 
so der kopt. Text lautet (XXXV, 6): anar vap me mzaeıc efc,.; 
zweitens, weil die Varr. AC eine Lesart 4%: Δ, Δ: ΟΝ Υ : 
anl.YyP : haben, die das AH,A : deutlich von dem vorhergehenden 
Satz trennen und genau dem eben genannten kopt. Passus ent- 
sprechen: „ich bin der Herr und ich bin der Bräutigam“. 5. Ἀγ: 
ΔΗ ἮΝ : usw. (Bed. ungefähr dasselbe wie AC), Für ΔΗ Δ, γ᾽ : 
„und an den, der mich gesandt hat“ hat A die grammatisch cor- 
rectere Form @flH : 6.47 @%, :. 5) Kopt. XXXV, 8—9. Beide 
Conjecturen, finn[arıyeAeer] und .... espemye werden durch das 
äthiop. bt : σε : und .... 4} 4. ch : bestätigt. 
6) 5 ANATA :. — 7) 409@0-P’y : „sie sind (aus-)geschlossen 
worden“ soll sich auf die von dem Brautgemach ausgeschlossenen 
Jungfrauen beziehen, wie auch Guerrier übersetzt. Das Richtigere 
scheint aber zu sein, wenn wir es auf die Tür beziehen: „sie sind 
verschlossen worden“ (nämlich die beiden Türhälften). So auch im 
Kopt. XXXV, 12): ne aswpx tap apwor me. Doch steht das Wort 
für „Tür“ hier im Sing., während das Verbum für „schließen, aus- 
schließen“ im Plur. ist, und außerdem ist weiter unten für YFY5P : 
Ἐδῶ : die Beziehung auf die Jungfrauen sehr wahrscheinlich, 
obwohl das Koptische auch hier vom Verschließen der Tür spricht. 


hlkiesiechn νοῦ Sytinhe Überiunng: 139 


Koptisch 
aber (δέ) unter den Gläubigen (πιστεύειν), welche dieses be- 
sitzen, werden 
5 Wegweiser sein denen, die geglaubt (πεστεύει») haben an mich 
und an den, der mich gesandt hat. Ich nämlich (γάρ) bin der 
Uerr und 
ieh bin der Bräutigam, den sie empfangen haben, und 
sie sind hineingegangen in das Haus des (Bräutigams) und haben 
᾿ς mit mir im (Braut)gemach, (indem sie sich freuten). Die fünf 
1 Törichten dagegen (δέ), als (sie) geschlafen, und (als) sie auf- 


gewacht, 
kamen sie an die Tür des Brautgemachs und klopften 
an, denn (γάρ) sie (sc. die Türen) waren verschlossen. Da (τότε) 
'  weinten sie 
und trauerten (zevdei»), daß ihnen nicht geöffnet wurde“. Wir 
 sprac aber (δέ) zu ihm: „O Herr, und ihre klugen 
western, die drinnen im Hause des Bräutigams, 


jetrauert (λυπεῖσθαι) um ihretwillen oder (7) hatten sie nicht 
| ΤΩΝ χορ den 

Pr 5 ἀδγγύο νει. Μοὶ. 15,14; 938,34. 7f.Matth. 55,10. 12 Matth. 25,10 

εἰσϑη ἡ ϑύρα. 


y 4 Äth: — alien; 
gs. erpeuye kann man auch ergänzen avpewye „sie haben sich 


δ Äth, ausgelassen: „und trauerten“, feıner: „weil sie (aus)- 


haben ARPF : „er hat sie verschlossen“. Diese Var. ist zu 
ten, weil A und C oft das Richtige haben, wenn sie sich L 
. gegenüberstellen. 8) 8 AA sr. — A om. 9) Guerrier 
den ganzen Absatz in der Zukunftszeit. A hat AdPp? : 


140 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

willen! und baten den Bräutigam, konnten aber nichts für sie 
erlangen“?. Wir sagten ihm: „O Herr?, wann werden ihre 
Schwestern hineinkommen?** Er antwortete uns: „Diejenigen 
(oder „derjenige“ ?), die ausgeschlossen sind, sind ausgeschlossen“, 
Da sagten wir ihm: «Ὁ Herf®, ist nun dies bestimmt?? Wer 
sind also diese Törichten?* Er antwortete uns: „Höret: Ver- 
ständnis, Erkenntnis, Gehorsam, Geduld, Barmherzigkeit. Diese 
haben geschlafen unter denen®, die geglaubt und mich bekannt? 
haben, indem sie aber meine Gebote nicht erfüllten, 


1) A om. @&IbAF : hm : Fang: ὦ β ΣῊ τ Mara 
v7: „und er erwiderte uns: ja, sie trauern und jammern um 
ihretwillen“. Eine wichtige Variante, denn sie erlaubt uns den 
äthiopischen Text, der in L mit dem Koptischen auseinandergeht, 
mit dem letzteren in Übereinstimmung zu bringen. Mit Aus- 
lassung dieser Worte erhalten wir den ganzen Absatz in folgender 
Gestalt: @Ylb Ne ı ἈΠ : AA: Ἀ7ἢ Abe: 00} : 
AA: ad: ἈΠ ΦΙΡ, αὶ DAFT = ΠΆΎΕΆ 
v7: ὦ ἢ ΓΦ. νυ: : λον : .... „und wir fragten ihn 
„o Herr, ihre Schwestern nun drinnen, die Klugen, die da im Gemach, 
hatten sie denn ihnen nicht geöffnet und nicht um ihretwegen ge- 
trauert und den Bräutigam gebeten...... “ entsprechend dem Kopt. 
(XXXV, 13): naxen ze πεὶ se ππδεὶς 807 πούυζωπε πρλίπρετε 
nei eriigosm finns finarye‘eer |alyFor ne orıyfi-eosen ner 807 
πε anospArner ετδητου ἡ ne Mnorchcn narye‘cer ErbHTor.... 
— Erst hier, mit den Worten ἢ : „und sie vermochten nicht“. 
fängt die Antwort Jesu auf die Frage der Apostel an, 2) B add. 
9,3 „noch“. Der ganze Satz entspricht genau dem Kopt. (XXXVI, 4): 
SE ππδτουστσδαι FiXI-pmar erbnror' (wenn wir in diesem Satz 
das Verbum xs-gmar abweichend von Schmidt nicht auf die törichten 
und zu begnadigenden Schwestern beziehen, sondern auf die Klugen, 
die für die Törichten bei dem Bräutigam Fürbitte tragen (vgl. 
Peyron 353 1-gmor „gratiam invenire“). 3) BAMm.ANKl : 

„o Gott“ (AN.ANd.l : wird im Äthiop. gewöhnlich bloß auf Gott 
den Vater bezogen). 4) A YAH. : θη. Ὦ : NhFt : Ad 
ἜΎ7 : = „wann werden sie um ihrer Schwestern willen hinein- 
kommen“, in genauer Übereinstimmung mit ἃ. Kopt. (XXXVI, 6): 

. SI1ahwRr Aagosıı erke noscwne, — Chat AAFLEAUF: „um 
ihretwillen“ ‚ was gleichfalls genauer als der Haupttext dem Sinn 
entspricht. 5) Dem Kopt. nach wäre hier die Rede von ver- 
schlossenen Türen, nicht aber von ausgeschlossenen Jungfrauen. Vgl. 
die Fußnote zu 39@-P7F : oben. — 5 Η}7 ὦ : τω 8 τ 

„was (oder »wer«) ausgeschlossen worden, ist ausgeschlossen“ (oder 

„ verschlossen“). 6) AB om. AM,A : „o Herr“. 7) Für 


 Äthiopische und koptische Übersetzung. 141 
— Koptisch 

"Bräutigam, daß er ihnen öffne?“ Er antwortete, 

δ indem er zu uns sagte: „Noch nicht waren sie fähig begnadigt 
zu werden um ihretwillen“. Wir sprachen zu ihm: „O Herr, 


an welchem Tage werden sie hineingehen um ihrer 
Schwestern willen?“ (Da (röre)) sprach er zu uns: „Es ist 


0. ausgeschlossen 
der, welcher (ist ausgeschlossen)“. Wir aber (δῶ sprachen zu ihm: 
10 O Herr, dieses (Wort ...... )? Wer nun sind 


_ die Törichten?* Er sprach zu uns: „Höret ihre Namen: 

die Erkenntnis (γνῶσις) ist es und die Einsicht, der Gehorsam, 

die Langmut und das Mitleid (Barmherzigkeit). Diese nämlich 

| (γάρ) sind es, die 

geschlafen haben unter denen, die geglaubt (πιστεύειν) haben, 
und haben bekannt (ὁμολογεῖν) 

15 mich, aber (δέ) meine Gebote (ἐντολή) nicht getan. Wegen derer 

4 (dureh die), 


5 4 In Äth. geht vorher: „Ja, sie trauerten und jammerten und 

baten den Bräutigam“. Wahrscheinlich ist dies in Ko. ausgefallen, 

_ andererseits fehlt im Äth. das letzte Glied der Frage: „oder hatten 
sie nicht gebeten den Bräutigam, daß er ihnen öffne?“ 

wa 5 zıpmar „Gnade empfangen, erwirken“ bezieht sich wohl auf 
_ die Fürbitten der Klugen. 

8 Die Lücke wage ich nicht auszufüllen; apfi verlangt ein 

Substantiv garen —— —— steht im Plural, im Ms. ner, 

zu erg. wohl in —S „diejenigen, die ausgeschlossen 

‚sind, sind ausgeschlossen 


9 Αἰ: „ist dieses Wort bestimmt?“, Var. A: „was ist 
deutet) dieses” Wort?*, demnach also meine Ergänzung 
— BE as West haben — 
11 Die Namen der törichten Jungfrauen lauten griechisch: 
γνῶσις, σύνεσις (resp. φρόνησις), ὑπαχοή, μακροϑυμία, ἐλεημοσύνη (ἔλεος). 


2 „bestimmt, beschlossen“ hat A Pyp% ı „was?“. Im 
„ist hier eine Lücke. 8) Guerrier: „qui ont dormi en ceux 
eroient....“ Guerrier scheint unter „ceux“ nicht die Gesamt- 
der Jungfrauen, der klugen und der törichten, gemeint zu haben, 
sondern die Menschen überhaupt, diejenigen, die sündigen, obwohl 
sie glauben. Dies scheint aus der Form der 3, Pers. fem. 4.107 : 
nicht νον chen (KRXVI 15). πὶ wie es scheint, auf die Ge- 
samtheit Menschen (XXXVI, 13): neragfinate gi neragprucrere, 
9) Richtiger statt Guerrier: „qui ont contiance — moi“. Im Kopt, 
VI, 18): aypgomoAoveı "inet „und haben mich bekannt“. 


142 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

Cap. 44 (55) Durch! die aber, welche geschlafen haben, 
werden sie außerhalb des Reiches und? der Hürde des Schaf- 
hirten bleiben. Wer aber außerhalb der Hürde bleibt, den 
wird der Wolf fressen. Und obwohl er (die Lehre) vernommen, 
5 wird er in vielen Leiden sterben; Ausdauer und Geduld werden 
ihm nicht zuteil werden ὃ, und obgleich er böse gepeinigt wird, 
zerfleischt und von langer, schlimmer Qual verzehrt, (dennoch) 
wird er nicht einen schnellen Tod erlangen können“, 

Cap. 45 (56) Und wir sagten ihm: „O Herr, du hast uns 


10 alles gut enthüllet!* Er sprach zu uns: „Wisset und verstehet 


diese Worte“. Da sagten wir ihm: „O Herr, es sind ihrer 


1) Guerrier „(il y en a) qui ont dormi et se sont tenus.....*, 
indem er AC fiäA : verwendet. Letzteres scheint aber für QAA: 
„durch diejenigen“ zu stehen, wie aus dem Kopt. (XXXVI, 14) or 
nerasfikare ersichtlich. 2) A hat bloß 9 0. : „werden sie 
außerhalb der Hürde... .* 3) Guerrier: „et bien qu’il ait entendu 
.... Il mourra; et de grandes douleurs et le tourment et le support (des 
adversitös) seront en lui..... “, Dem @A7FH : β,ἦ 95 ὁ : entspricht im 
Kopt. eine Lücke; ob letztere durch etwas Entsprechendes („obwohl er Ὁ 
hören wird“) ausgefüllt war, ist fraglich mit Rücksicht auf die Varr. AC, 
wo £.A9°d : („er wird hören“) fehlt. Var. C (@AFN : Bamm-T ı 
„indem er stirbt“) entspricht am genauesten dem Kopt. (XXXVII, 8): 
δά ..... Für @-NH-h : dh”79® » „und viele Leiden“ lese ich 
in Übereinstimm, mit dem Κορέ. fiosgıce enamwgqg lieber (NH-Ah : 
ἤισ 955 : „in vielen Leiden“. — Statt Guerriers: „....et le su 
port .... seront en lui....“, wähle ich lieber die Var. A hr 
AT τ „und nicht Geduld ...“, in Übereinstimmung mit dem 
Kopt. ni os[marn]ec mi orgFnomonn magwne ,... (XXXVI, 3). 
Noch ist zu bemerken, daß bei Guerrier ἢ “Ὧι: dh”79® », nicht wie 
in unserer Übersetzung und im Kopt. auf ßBonm« :ı „er wird 
sterben“ als Begleiterscheinung des Sterbens bezogen wird, sondern 
als drittes Subject des &hp@m-F% : „wird zu Teil werden“ (oder 
richtiger viell. „wird nicht zu Teil werden“) aufgefaßt wird. Drei 
Varr. sind noch zu beachten: A hat DAY : 49. : „und 
darauf wird er sterben“; C hat @A3H : BA : ET9.77 ı 
DP,aDW-- 1 „und obwohl er gehört hat, wird er gerichtet (be- 
straft) und wird sterben“. Endlich haben ABC hier die richtigere 
Form AdAU«: „über ihm, in ihm“ für 1, AdA,V’o®-: „über ihnen“, 
also: „nicht wird ihm Ausdauer und Geduld..... ,—- 4986 
1-£ :. — Die Form @NAN-ß : in den anderen Mss. ist viell. 
eine Dittographie desselben Wortes in der vorherg. Zeile. 5) 8. rich- 
tiger PFZTFF:DRTZNC : (eitiert auch bei Dillm., Lexic.). Cfehler- 
haft BFFHN 2. — 6) Im Gegensatz zum Ausdruck desselben 


 Äthiopische und koptische Übersetzung. 143 


Koptisch 
geschlafen haben, werden sie nämlich (γάρ) bleiben außer- 


XXXVll 


F <a 
:hes und der Hürde (αὐλή) des (Hirten) und seiner Schafe. 


(δέν bleiben wird außerhalb (der Hürde (αὐλή)) der Schafe, 
‚den werden die Wölfe 

ehren, und er wird. ..... ‚indem er stirbt in vielen 
iden; nicht wird (Ruhe) und Ausdauer (ὕπομονή) 

ı) ihm sein, und man (wird) peinigen 

böse (κακῶς), damit (ἵνα) er...... ‚ (und man wird 
strafen (χολάζει»)) 

ın in großen (Strafen (χόλασις), und er wird) sich befinden 
ıte ΠΣ (βάσανος)". (Wir sprachen aber (δέ) zu ihm:) 


4 | ὃ ᾿ψμαλῶρ hast du (uns) alles offenbart“. Darauf (τότε) 
'jortete er, indem er (sagte) zu uns: „Be- 

ihr nieht diese Worte?“ Wir sprachen zu 
ihm: „Ja, 


αὐλὴ τοῦ ποιμένος καὶ τῶν προβάτων Joh. 10,1. 3. 2 λύχοι vgl. 
7,15; 10,10; Joh. 10, 12; Act. 20, 29. 4 ἀνάπαυσις — ὑπομονή 
oe. Joh. 14, 11. 12, 8 βάσανοι vgl. Apoc. Joh. 14, 10. 11. 

ἐν γαῖ. Marc. 8, 17. 


Äth: „des Hirten der Schafe“. 

2 Äth.: „der Wolf“. 

3 Ko. eine Lücke, die ich nicht zu ergänzen wage. 

ἢ die Worte des Äth.: ha Sense ung Om 
ung mit Var. A nicht im ursprünglichen Text 

t Var. C „er wird verurteilt werden, indem er stirbt“, 
: „und obgleich er böse gepeinigt wird, zerfleischt und 
schlimmer Qual verzehrt, dennoch wird er nicht einen 


gen 
Vielleicht besser nicht in Frageform: „ihr begreift nicht 
Worte“. . ἅμ, fälschlich: „wisset und verstehet diese Worte“. 


Zi Kopt. (XXXVII, 10): „begreift ibr denn nicht diese 
2 en finıyexe'), 


144 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Äthiopisch 
fünf!, denen es gegeben ist in dein Reich zu kommen, und fünf, 
vor denen die Tore verschlossen wurden®, und die draußen, 
außerhalb deines Reiches, blieben®, Diejenigen aber, die 
wachten und mit dem Herrn, dem Bräutigam, hineintraten, 
5 werden ja doch keine Freude genießen® wegen derjenigen, die 
eingeschlummert waren“,° Und er sprach zu uns: „Sie werden 
sich freuen, denn sie kamen mit dem Herrn hinein, und sie 
werden trauern um diejenigen, die eingeschlummert waren, 
denn es sind ja ihre Schwestern’, und die Töchter Gottes® sind 
10 es, die zehn“. Da sagten wir ihm: „O Herr, deiner Herrlich- 
keit geziemt es, ihren Schwestern Gnade angedeihen zu lassen“, 
Da erwiderte er uns: „Dies ist nicht eure Sache®, sondern des- 


1) A hat hier die wahrscheinlich richtige Variante ἢ ἢ σ} 7" : 
„diese fünf Namen“. Der koptische Text hat davon keine Spur. 
2) AC haben hier die grammatisch correetere Form &fiA : gegen- 
über ΘΗΝ. : im Text. 3) Im Texte: „die ausgeschlossen 
worden sind“, 4) ABC AA: ΠΈ : Ah: Pia ı han 
77>Fh : „welche dadurch(?) außerhalb deines Reiches blieben“, 
AA: ΠΈΈ : und ΔΎ : können auseinander durch Verwechs- 
lung von ll und Ἢ in irgend einer Richtung entstanden sein. 
Im Koptischen finden wir hier keinen Anhalt, weil dort gerade 
dieser Satz fehlt. — S mit Umstellung AA : σε" : etc... 
5)S APT4 hr : „diejenigen aber, .... werden sie sich 
denn nicht freuen?* Daß die Auffassung in S als Fragesatz rich- 
tig ist, folgt aus der Antwort Christi. A B&T&./”ch » „werden 
sich freuen“ falsch; vgl. kopt. XXXVJI, 15 cepeye en. C das 
gleichfalls falsche “ἢ ἢ » „er wird usw. .. .* 6) S om. nA 
rt: AA: 707 : „wegen derjenigen, die eingeschlummert waren“ 
im Gegensatz zu kopt, XXXVII, 15 iineravfira[Tje, 7) Ss 358 
17 „ikre Brüder“. Denselben Fehler hat A in Guerrier 86, 5 
8) A om. ohATITYE : AA: „und diese sind“, also: „denn es 
sind ja ihre Schwestern, die Töchter Gottes, diese zehn“. 8 hat 
dafür AA : „die, welche ...... “ ABC APAS.U- : ΔΆ ἢ 
εἰν τ Alf: "ik : „denn sie sind ja die zehn Töchter Gottes, 
des Vaters“ eutsprechend den kopt. (XXXVII, 4): figeepfe .. ἦ 
ποντε newr ne --- S T statt AT : TE :. -- 9) Wir 
würden hier erwarten ein „dies ist nicht meine Sache, sondern 
dessen, der mich gesandt hat“, da die Apostel Jesu um Gnade 
für- die törichten Jungfrauen bitten. Vielleicht hat Act. 1, 7 ein- 
gewirkt. Das Koptische hat hier gerade eine Lücke und läßt uns 
im Stich. 


* 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 145 


Koptisch 
pr! Durch die fünf werden sie (wird man) hineinkommen 
dein Reich; fürwahr (μέντοι γε) die welche gewacht haben, 
‚gewesen mit dir, dem Herrn und Bräutigam, 

uch wenn sie sich nicht freuen wegen derer, die geschlafen 


XXXVIN 

* SE 

Er sprach zu uns: „Sie freuen sich) freilich (μέν), daß sie 
sind mit dem Bräutigam, dem Herrn, und sie 
trauern (λυπεῖσϑαι) wegen derer, die (geschlafen) haben, weil 
es sind ihre Schwestern. 

Die zehn nämlich (γάρ) sind die Töchter Gottes, des Vaters“. 

> (Da (τότε) sprachen) wir zu ihm: „(O Herr,) ist es deine Sache, 
daß du — 

(a  erweisest (χαρίζεσθαι) ihretwegen ihren Schwestern)?“ 
Er sprach zu uns: 


(4 νυμφίος vgl. Matth, 9, 15; 3, 1 u. 6; Job. 3,29. 


190 Äth: „es sind ihrer fünf, denen es gegeben ist in dein 
ch zu kommen, 2, und: flnf, vor denen: die Toro verschlossen wurden 


| ne Freude genießen“. Ko, scheint nicht correct zu sein, da man 
irtet: „durch die fünf (die gewacht) geht man ein in das Reich, 
ABEL σον bleibt man außerhalb des Reiches“; 


a ee Ne ἐάν. 

th.: „sie werden sich freuen“. 

en ist z. 1. taste u, statt [eman een 
Äth.: —*— Herrlichkeit geziemt es“; man könnte in Ko. 
übersetzen: „es ist deine Sache“, wörtlich: „das deinige 


χα: „ihren Schwestern Gnade willfahren lassen“, demgemäß 
> man ergänzen; STRp[Xapıze ππονοωΐπε, aber der Umfang 
größer, daher wohl zu —— —55 e erÄntor ππου- 
πε οὐ, atkp[Xapıze πὲν ετὸς noscwjne „ du ihnen Gnade 
veisest um ihrer Schwestern willen“. 

T. u. U. '16: Schmidt-Wajnberg. 10 


— 


146 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 
jenigen, der mich gesandt hat, und! ich stimme mit ihm 
überein. 

Cap. 46 (57) Ihr aber? gehet hin und prediget wahr und 
rechtschaffen und lehret ohne? Ansehen von Person und ohne 
(Jemand) zu fürchten, insbesondere die Reichen, an denen es 
offenbar wird (oder: an denen gefunden wird), die (daß sie) meine 
Gebote nicht erfüllen und in ihrem Reichtum schwelgen #*, 
Und wir sagten zu ihm: „O Herr, sprichst du zu uns nur bezüg- 
lich der Reichen?“ Er sprach zu uns: „(Auch) von demjenigen ®, 
welcher nicht reich ist; wenn er dem Besitzlosen gibt und ihm 
nichts verweigert (nach Conjecetur von Littmann), so wird er 
bei den Leuten Wohltäter genannt werden’. 


1) ABCS @A%Y% : (S Ay“ :) ἈΎΗ : (A om.) „und auch ich, indem 
(A om.) ich mit ihm übereinstimme“, 2) 5 AYTao-A :. — 

3) 5 any: AAN:HTAAm,: — 4) Im Kopt. (XXXVII, 14) 
aa cehAade gi Torniirpinao wird dem äthiop. Text gemäß 
δλδιλε wohl „schwelgen“ bedeuten (vgl. die Fußnote im kopt. Text). — 


AS E40: 2 0 ,4.51" τ. — Den Satz ANdAT : AA: BT 
ENN : NAdAIP ao» : AA: RING : TANNE : übersetzt Guer- 


rier: „... des riches qui se trouvent être contre ceux qui accom- 
plissent mon commandement. Abweichend davon Kopt. (XXXVIH, 12): 
Äpinaacı SE MNETMMO Tap ceeıpe en finaentoAn „.... vor den 
Reichen, denn jene tun nicht meine Gebote“ (Schmidt), Gegen die 
Guerriersche Fassung spricht außer dem kopt. Text noch die Mehr- 
heit der äthiop. Varr.; nämlich BCLS haben A,P71N% : „sie 
werden nicht tun“. Außerdem wird die Präposition JAdA : nach 
dem Verb. ZN : für die Person, an der etwas vorgefunden oder 
getadelt wird, gebraucht. (Vgl. die Beispiele bei Dillm. 8, v. 71" 4 Ἠ[] :), 
und, letztens, müßte nach Guerrier eher ZN : hier gestanden 
haben. Doch vgl. Var. S &’PZhM- : „welche vorgefunden werden“ 
und A BYN%G- 2 „... die.... erfüllen“, beide zugunsten der Auf- 
fassung Guerriers. 5) SAML.A: Δη Poor :. — ACom FT, 
A? : „sprichst du zu uns“, welches auch im Kopt. fehlt. 6)8 .A%2 : 
„auch uns“, viell. Dittogr.d.folg.g. 7) Abweichend von Guerrier und 
in gewisser Übereinstimmung mit dem Kopt. _Guerrier übersetzt den 
Absatz ganz anders, indem er nach (cfur welches die 
Var. A @Ah@e : sicher vorzuziehen ist) ein „le riche“, und vor 
7N& : ein dem „en vain“ entsprechendes Wort einschiebt. Das 
Kopt. hat (XXXIX, 3): [πε egwnie o]se erpinao en ne esnilrg που- 
πον unbioe gt fineryaar [nit Monne] Fpwme nanorTe apag 
[ze ospegpnerjnanosg — „[wenn] jemand, der nicht reich ist und 
der besitzt [ein kleines] Vermögen, den Bedürftigen gibt und den 
Armen, so werden die Menschen ihn nennen Wohktäter)“ (Schmidt) 


— 


EEE 9 


‚Äthiopische und koptische Übersetzung. 147 
Koptisch 
3. ist. vie.it meine Sache), sondern (ἀλλά) die Anni; ‚der 

‚ich selbst) bin übereinstimmend (συνουδοκέεν) 

nit ihm. Ihr dagegen (δέ) aufrichtig (in Gradheit) 
(and) schön (καλῶς) prediget und lehret, 
indem ihr euch vor niemand scheuet und indem ihr 
each vor niemand fürchtet, besonders aber (δέ) (vor) den 
Reichen, denn (γάρ) jene tun nicht meine Gebote (ἐντολή), 
sondern (ἀλλά) sie schwelgen(?) in ihrem Reichtum“. 


— — 
Wir aber (66) sprachen zu ihm: „O Herr, (sage uns) ob die 
Reichen 


* allein/ sind“. Er antwortete, indem er sagte 

{χὰ uns: „Wenn) Jemand, der nicht reich ist und der besitzt 
_ <ein kleines) Vermögen (βίος), den Bedürftigen gibt 

(und den Armen), so werden die Menschen ihn nennen 


rer Hermas, Sim. 9,20. 14 vgl. Herm. Vin. 1,1,8: yav- 
ἐν τῷ πλούτῳ αὐτῶν; ΡΣ u 


—— ärtet aber „das ist nicht meine Sache“, 
πε vgl. Joh. 7, 16. ge α ΤΑ 


τ 


5 


148 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

Cap. 47 (58) Wenn aber jemand unter der Last fällt, 
nämlich der Sünde, die er (an der Person seines Nächsten !) be- 
gangen hat, dann soll ihn sein Nächster zurechtweisen in betreff 
dessen, was er seinem Nächsten angetan hatte?, Wenn ihn nun 
sein Nächster zurechtgewiesen, und er sich bekehrt hat, wird 
er erlöst werden; der ihn aber zurechtgewiesen hat, wird ewiges 
Leben erlangen. Wenn er aber Jemanden, der ihm (Gutes) 
tat, sündigen sieht? und sucht ihm zu gefallen (und weist ihn 
nicht zurecht), so* wird er mit großer Strafe gezüchtigt, denn 


10 wenn ein Blinder einen Blinden leitet, fallen sie beide in die 


15 


Grube. 

Ebenso werden sowohl der Schmeichler®, der die Person 
ansieht, als auch derjenige®, dessen Person man ansieht und 
dem man schmeichelt, beide einer Strafe unterliegen’. Wie der 
Prophet spricht: »Wehe® den Schmeichlern, die den Sünder um 
des Geschenkes willen rechtfertigen, deren Bauch ihr Gott ist«, 


1) Die Worte „der Person seines Nächsten“ fehlen in AC und im 
Kopt. 2) Som. BHAL: : ἢ, 3.00 7104 1 3. : 0,2. : „soll 
sein Nächster ihn zurechtweisen in betreff dessen, was er seinem Näch- 
sten angetan hat“ — ausgelassen in S infolge des zweimaligen [ἢ “3. : 
vor BHÄAG; » und am Schluß dieses Satzes. 3) Abweichend von 
Guerrier (welcher übersetzt: mais si [le prochain] agit contre [le 

&cheur]) en péchant et en le maltraitant ...... ) und in näherer 
bereinstimmung mit dem Kopt. (XXXIX, 12): ospwme vap eqiyaar 
Ayyano aner[algeıpe ne Hosnermanorg epnable] δον grismag 
——— Einen Fingerzeig gibt auch die Lesart in ABC [ἢ 4: 
„sie werden sehen“ und 5 &4AP- : „er wird ihn sehen“; zweitens 
kann @PP.A- » nicht heißen „en le maltraitant“, sondern im Gegen- 
teil, „indem er ihm zu gefallen sucht“. Am richtigsten ist wahr- 
scheinlich die Lesart in S = kopt. XXXIX, 12—13 aqıyano, 
4) 85 ΦΗὮΡΉ :. — 5)SmRAP:CmpAPz,: Bam 
AP : A durch Verwechselung von @® in (2 und von θ" in 
und vielleicht auch unter dem Einfluß des in den nächsten Zeileu 
zu ergänzendem DPA : = DBRAM-z : „wehe dem, der die 
Person ansieht“. Im Koptischen fehlt das entsprechende Wort. 
6) C add. AN: BAA, : AFH ı Pin: „wenn er ihn sündigen 
sieht“, Statt des uncorrecten @AANY : in LB haben die anderen 
Hdschrr. bessere Formen: S @yZ, : (am richtigsten), A @AH »; 
C o@Anu! :- 7) S correct BTHIR:. — 8) ABC haben 
hier @PfhAea®- : „und er sagte ihnen“. Dies gibt keinen ver- 
nünftigen Sinn und ist am wahrscheinlichsten zu lesen DA : 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 149 


Koptisch 
(Jemand unter der) Last wegen der Sünden, die er hat 
(begangen), (so möge) sein Nächster ihn zurechtweisen anstatt 


des Guten, das) er getan hat seinem Nächsten, 
Wenn ihn (nun zurechtgewiesen hat) sein Nächster und er sich 
ὙΜΩ͂Ν 


wird er errettet werden; (und) der welcher ihn zurechtgewiesen 
hat, wird Lohn 
— leben (ewiglich). Denn (γάρ) ein bedürftiger Mensch, 


—— 


5 lt (hleppt) 
n Blinden, so fallen sie (beide) in (eine) 

1086, und wer die Person ansieht um (ihret)willen, (der wird 
sein wie) 

— wie (xara-) der Prophet (προφήτης) (gesagt) 


na XL 1 vgl. Matth. 15, 14 (Luc. 6,39) δ vgl. 


σι 


150 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch | 

Ihr werdet schauen, daß ihnen ein solches Gericht! zuteil wird, 
Wahrlich?, ich sage euch, an jenem Tage werde ich mich weder 
vor dem Reichen scheuen noch mit dem Armen Mitleid haben ὃ, 

Cap. 48 (58) Wenn* du mit deinen Augen siehst, wie (Je- 
mand) sündigt®, züchtige ihn unter vier Augen‘. Wenn er dir 
gehorcht, so hast du ihn gewonnen’. Wenn er aber auf dich 
nicht hört, so strafe deinen Bruder in Zweien oder in Dreien®, 
Wenn er (auch dann) auf dich nicht hört, nun, so sei er dir wie 
ein Heide oder ein Zöllner. 


1) Der kopt. Text hat hier (XL, 6) owntıcıc, Das ist wohl ein Fehler 
des kopt. Abschreibers für osrpscıc. Das äthiop. yfy% : heißt entweder 
„Gericht“ oder „Strafe“. Die Var. C, wo P&Ah&U* : fehlt, hat nicht das 
Richtige (vgl. das kopt. no δε πε οἷο"), C add. 87-177. » „mit wel- 
chem Gericht sie gerichtet werden“. S om. yhe» : „was für“. — 
2)S Ἀσ77 1. 3) Abweichend von Guerrier (welcher übersetzt: _ 
„je n’avilirai pas celui qui n’est pas riche et je ne serai pas miseri- 
eordieux pour celui qui n’est pas pauvre*) und übereinstimmend mit 
dem Kopt. (XL, 9): ..... osse Tnayyınle onTos ππρλιλιδο οὐτε 
tnianae ππίρηκε! .... — Die doppelte Negation ἢ δὴ : A,h> 
[6 : @A, 730 : Δ. ΛΘ ΟἿ, : bezieht sich lediglich auf das Verbum, 
nicht aber auf die Subst. dA : und γῆ :. — AC APDUC : bloß 
mit einer einzigen Negatiouspartikel, und ΒΒ die grammatisch ge- 
wöhnlichere Form A,B9PYC τ; so auhSA PIC. — 980 
aan: — 5) ACAHA : Bi N : „diejenigen, welche sündigen“. 
Die entsprechende Evangeliumstelle (Matth. 18, 15) hat hier den Sing. 
(@A@0r, ı ANA: Ah: Ausg. von Platt). 6) Im Text eigent- 
lich „in deiner Einsamkeit“; A hat ANMtTino%- : „in eurer 
Einsamkeit“ in Übereinstimmung mit dem Evang. 7) AC om. 
Aa : ἤφοθῇῃ : ZNihh : „wenn er dir gehorcht, so hast du ihn 
gewonnen“ im Gegensatz zum Evang. und in Übereinstimmung mit 
dem Κορί, S Dh ı etc. ... — 8) ABCS δι τ. 


Äthiopisch 
Cap. 49 (60) Wenn du gegen deinen Bruder etwas hörst, 
schenke keinen Glauben (oder: schenke k. Gl. dem Sagenhören 
in betreff deines Bruders?), verleumde nicht und lieb es nicht !, 
Verleumdung anzuhören. Denn so ist es geschrieben: »Erlaube 


5 deinem Ohr nichts gegen ? deinen Bruder zu vernehmen«, sondern, 


2 vgl. Sir. 19, 4 ff. 3 vgl. Jac. 4, 11; Sir. 7, 12, 6 Guerrier ver- 
weist zweifelnd auf Eccles. 7, 12 (verdruckt: statt Sir. 7, 12). 


1) S corret @A,FFPC :. — 2) S richtiger ABA :. — 


-Ätbiopische und koptischo Übersetzung. 151 
Koptisch 

"Bauch. Sehet nun, daß ein Gericht (ihnen zuteil wird): 

un (γάρ) wahrlich (ἀμήν) ich sage (euch: An) jenem 

werde ich mich weder (οὔτε) scheuen (vor den) 

ı noch (οὔτε) werde ich Mitleid haben mit den (Armen). 


—— 
| ‚siehst einen Sünder, so (weise ihn zurecht) zwischen dir 


ihm. Wenn er aber (δέ) nicht er dich) hört, (so nimm, einen 
andern 

mit dir bis zu drei und belehre deinen Bruder; wiederum 
ο΄ {πάλων) 

_ wenn er nicht auf dieh hört, so stelle ihn hin vor dir wie 


are nnne Schluß fehlt zur ar. + 


: πε Matth. 18, 15f. (Lac. 17, 3). 


ΕΟ De Verbännert Verden. PER. 
inte man auch entsprechend dem griech. βλέπετε mit „hütet euch“ 
Äth.: „ihr werdet schauen, was für ein Gericht ihnen 


hinzu: „wenn er dir gehorcht, so hast du ihn gewonnen“. 
‘14 Hier bricht der Text ab; ergänze den Satz: novgeemmoc 
πον» „wie einen Heiden und Zöllner“. 


En:  Äthiopisch 

on du (etwas) siehst, weise ihn zurecht, züchtige ihn! und be- 
ehre ihn“. Und wir sagten ihm: „O Herr, du hast uns in 
Allem belehrt und gewarnt. Aber, o Herr, was die Gläubigen 
etrifft, diejenigen, denen es beschieden ist, der Predigt deines 
‚ens Glauben zu schenken, ist es bestimmt, daß auch unter 
Ἢ Zweifel und Zwietracht, Eifersucht, Verwirrung, Haß und 
‚stattfinden? ? Denn du sagst: sie werden einander tadeln 


En 4 „und züchtige ihn“. AS (8 "ὁ 
8) — ) und BC ὕλωυ: ΕΝ order ἐὺ 


ar 


152 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum., 


Äthiopisch 

und die Person ansehen! derer, die sündigen, und diejenigen 
hassen, die sie züchtigen!?“ Und er antwortete und sagte uns: 
„Wie wird nun* das Gericht stattfinden, damit man das Korn 
in die Speicher sammelt und seine Spreu in das Feuer wirft? 

Cap. 50 (61) Diejenigen, welche solches hassen und welche 
mich lieben und welche diejenigen, die meine Gebote nicht er- 
tüllen®, züchtigen, die werden gehaßt, verfolgt”, verachtet und 


4 Matth. 3, 12; Luc. 3, 17; Matth. 13,30. 7 vgl. Matth. δ, 11; 10, 22; 
s.0.8.116, 4. 


1) ABC A, £elh« » „sie werden nicht .... ansehen“. LA % 
Ph : „sie haben nicht .... angesehen“, S 24". 1 „sie haben 
die Person ... angesehen“. Obwohl ein Schreibfehler leichter 
durch die Auslassung eines anfangenden A, als durch seine Hinzu- 
fügung zustande kommt, würden wir lieber die vereinzelte Var, S 
wählen: das Ansehen der Person wird in diesem Text überall als 
Sünde geschildert, und hier handelt es sich um Gerechte, die in 
die Sünde geraten sind. Anders Guerrier. So wenigstens was die 
Varr. sämtlicher Hdschrr. außer B betrifft. B hat, wenn wir Guer- 
riers Angabe richtig deuten, A, 72” ἦν ı HRZZ”Zan- : „sie sehen 
nicht die Person derer an, die sie züchtigen“. Hier wäre das nega- 
tive Prädikat am Platze., 2) Die richtigere Variante scheint nicht 
die für den Haupttext gewählte, sondern vielmehr C zu sein, die wir 
auch hier übersetzen. Der Fragesatz, den Guerrier für seine Über- 
setzung gewählt hat, ergibt hier keinen befriedigenden Sinn, und die 
entsprechende Partikel 7% steht nur in einer Variante, Auch kann 
FTh« ı nicht heißen „n’auront-ils pas?“ A hat AA: βάν ἕν: 
DRDAH-: HPTZ”PPaoo-: „welche sündigen (zur Sünde verleiten?) 
und meiden(?) diejenigen, die sie zurechtweisen“. 3) 5 Al,A: 
ἈΦ΄ Δ : „der Herr erwiderte*, 4) ABC add. AFh ı „nun“. 
5) Die möglichst correcte Form hat hier C: σι:  ΩΩ , ..... 
ETOLPR:OhwE :..... PP τ. da rg: als Satzsubjekt 
im Nominativ, @Awf® : aber als Objekt im Akkusativ steht. — 
Statt @Awf ı hat S @,hACA 1 (wie Matth. 3, 12 und Luce. 3, 17; 
die Form @Awf® : ist in der äthiopischen Evangelienübersetzung 
nicht belegt). Die entsprechenden Stellen lauten Matth, 3, 12 und 
Lue. 3,17 @PAT INA : CT: ad: IN: ὦ εν ( ἢ : 
Pw-, τ (Luc. 3, 17 θα, :) NAAAT- : und Matth. 13,30 @AC. 
PN: ἈΝΤ. NA: @- AT : σθ 7.0 10 : (so in der Ausg. v. Platt). 
6) Übersetzt nach der Var. S A PTN% : „.... nicht erfüllen“. 
Alle anderen Hdschrr. haben &,7-N%« : „die... . erfüllen“. Die Auf- 
fassung Guerriers entspricht der Var. aller anderen Hdschrr. außer S, 
berücksichtigt aber das A in AAA: nicht und zwingt zu Ergänzungen 
(celui qui reprendra [son prochain], ceux qui accompliront mon com- 
mandement,. 7)Bom.@ßAP.%.: „werden verfolgt“. 


Äthiopische und koptische Übersetzung. 153 


er Äthiopisch 
 verhöhnt werden‘. Man wird sagen, was nicht wahr ist, mit 
Absicht; man wird sich zu einem Verband zusammenschließen 
gegen diejenigen, die? mich lieben. Sie aber werden jene züch- 
tigen, damit sie erlöst werden, Diejenigen aber, welche sie züch- 
δ tigen ?, strafen und warnen werden, die werden sie hassen, bei- 
seite schieben und verachten, und werden sich fernhalten von 
Ὁ πω die ihnen Gutes wünschen*, Diejenigen aber, die sol- 
2. ches ertragen, werden bei dem Vater den Märtyrern gleich ® 
sein, denn sie haben um die Gerechtigkeit geeifert®, nicht aber 
10 den Eifer um das Verderben haben sie geeifert“. Und wir 
fragten ihn: „Wird, o Herr’, solches unter uns sein?“ Und 
er antwortete uns: „Fürchtet nicht, es wird nicht in vielen sein, 
sondern in wenigen.“ Wir sagten ihm®; „Sage uns doch, in 
welcher Weise (wird das stattfinden)? Und er sprach zu uns: 
15 „Es wird? eine andere Lehre und eine Verwirrung vorkommen, 
und indem sie ihre eigene Erhöhung erstreben werden, wer- 
3 den sie eine unnütze Lehre vortragen τ, Und es wird darin 
ein tödliches!! Ärgernis sein, und sie werden (es) lehren und 
diejenigen, < die an mich glauben? ?, von meinem Gebote!’ abwenden 


8 vgl. Matth. 10, 39; 5,1. _9vgl.1. Tim. 6, 11; 2. Tim, 2, 29. 
15 vgl. Röm. 10, 17. 16 Joh. 7,18; =. 0. 8. 90,10; 118,1. 


1)S@813T7-Y7- : „und sie werden („man wird“ oder „er wird“ ?) 
sie verhöhnen“. Die ganze Stelle ist zweifelhaft, die Prädikate stehen 
bald im Passiv, bald im Aktiv, und das Subjekt des Satzes ist nicht 
ganz sicher. 2) SA. 3) C om. ἣσν : P, Pb : wmAhA : 
i BLHAFPO»- ı („damit sie erlöst werden. Diejenigen aber, welche 
᾿ς siezüchtigen*),, SBHAFPom-:. 4) Bwgf : 11% ı „Gutes 
_ erwiesen“. 5) ABC correct Ar: AA: ao : Yo» : ao ı 
rt: ἤσηδῖὶ' ....... 6) ABC richtiger das Perf. ΦΎρ.: wie 
| f370=:1. Τὴ ΑΒΟ om. AMl,A: „o Herr!“ 8) 8 72ι}:. 
om. Eho · ı „es wird“. 10) ΒΒ ἈΎΝ ı Papzch« : „indem 
| ihre eigene Erhöhung erstreben und eine unnütze Lehre vor- 
bringen werden“. 11) ABLS ygPF : „des Todes“. C Yan ı 
Eu Dane also „Ärgernis der Unzucht*. Letzteres scheint das 
᾿ς Richtigere zu "sein; auch ist das Verschreiben der beiden so ähnlich 
 lautenden Vokabeln leicht zu verstehen. 12) ABC hier Ἀ95" 1. ı 
„geglaubt haben“ correcter als LS EA9°% » „werden glauben“. — 
S ANY. : „auch die“. 13) S ἈΦ ἈΜΉΡ 4. vielleicht zu- 
molzen aus APFAHH τ ἢ ἈΦ : infolge der Ähnlich- 

ἊΝ des Auslautes des ersten Wortes mit dem zweiten. 


ee Ne Ὁ ΦΎΣΗ ΝΞ 
—— F * 


Er 


— 


2 
J 


5 


10 


15 


RE 


154 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Äthiopisch 

und von dem ewigen Leben entfernen!. Wehe aber denjenigen, 
welche dies mein Wort und mein Gebot fälschen und den- 
jenigen, die ihnen gehorchen, von dem Leben der Lehre? ab- 
weichen und sich von dem Gebot des Lebens entfernen®, Sie*t 
werden mit jenen zusammen dem ewigen Gerichte anheimfallen“. 

Cap. 51 (62) Nachdem’ er dies gesagt und das Gespräch 
mit uns beendet: hatte, sagte er uns wiederum: „Sehet, am 
dritten Tage und in. der dritten Stunde ® wird derjenige kommen, 
der mich gesandt hat, damit ich mit ihm weggehe*. Und als 
(wie) er dies sprach, geschah Donner und Blitz und Erdbeben, 
und es rissen sich die Himmel auf, und es erschien eine lichte 
Wolke, die ihn emportrug. Und (es ertönten) die Stimmen 
vieler Engel’, indem .sie jubelten und lobpriesen und sagten: 
>Sammele uns, ὁ Priester, zum Lichte der Herrlichkeit!“ Und 
als sie dem Firmament sich genähert”, vernahmen wir seine 
Stimme: „Gehet hin in Frieden“. 

1 Matth. 24, 5#f.; Röm. 16, 18. 10 vgl. Matth. 28,2.3. 18 Act. 1,9. 
14 vgl. Hebr.8,1;10,12;1.Clem.36,1. 16 vgl. Marc.5,34; Act. 16,36; Jac. 2,16. 


1) Nach Var. C ὦ ΨΩ, συ. : oder B DPMRh- :, die 
hier vorzuziehen sind der Lesart 1, @PR@A%h«: „und sie werden 
sich entfernen“, Das Satzsubjekt sind hier somit nicht die Irre- 
geführten, sondern die falschen Lehrer. 2) C vielleicht. rich- 
tiger AFPUCFav- : „durch ihre Lehre“, also: „die sich durch 
ihre Lehre von dem (wahrsch. ewigen) Leben entfernt hatten“, 
5 @AhA : RCinE ı APTAPCT τ 0A : „welche sich vom 
Zeichen des Lebens“. Die Lesart S scheint nicht das Richtige 
zu haben. 3) In ABOS fehlt der Satz AAA : BCE: AP 
TAHH : chP&@T : „welche sich von dem Gebot des Lebens ent- 
fernen“. : Es läßt sich nicht leicht bestimmen, ob bier die Ab- 
schreiber von ABCS durch das zweimal wiederholte (0,42) " 1 sich 
irreführen ließen und den Satz strichen oder, umgekehrt und wahr- 
scheinlicher, der Abschreiber der L-Copie sich eine Dittographie hat 
zuschulden kommen lassen. 4) S @Am-YH/, : „und sie ..... 
auch ..... 5 5) BC weniger richtig @AJ’N : „und darauf“. 
6) 5 eh: AYT: DwAn: mpAA : Ah-l . „in der dritten 
Stunde und am dritten Tage werde ich gehen usw.“ Daß die Um- 
stellung (im Vergleich mit den anderen Hdschrr.) sekundär ist, sieht 
man aus der falschen Congruenz des mask. wpAr«fj : mit ἠσ1.: 
und pwAN: mit mPdA :. — Auch A αν ἢ : 7)  :. — 

7) C add. A95% : „und die Stimmen vieler Engel vernahmen wir“. 


8) BCS rflchrtsV« : „seiner Herrlichkeit“. 9) BL PeN: „als 


er sich näherte“, — ABCS add. Ar : „in, zu“. 


Eis und Lei υϑδως 155 


 Äthiopisch 

in Namen unseres Herrn Jesu Christi, beendigt ΜᾺ das 
Buch des Bundes, im Frieden des Herrn. Möge er bewahren 
seinen Diener Abösälom, ewig und immerdar!. Amen. 


= .. 1) A schließt folgenderweise: „Beendigt ist das Testament unseres 
- Herrn Jesu Christi in seinem Frieden, ewig und immerdar. Amen. 


- Desjenigen, welcher es geschrieben hat, desjenigen, welcher es schreiben 
ließ, es las und seine Worte anhörte, — Gott möge sich uns aller bei- 


τ heiligen Kirche ist die Gerechtigkeit. Und er sagte ihnen: 
; = | Hide euch, Kinder des Friedens“. C — „Amen und Amen“. 


23 DIPNA: 

: Ya9° ı ἈΡΧΎ: ΘᾺ: ΛΡΊΜΎ : MR. — 
[᾿ς ‚usw. (wie in B) ... Liebe. Beendigt ist das Buch des Testa- 

_ mentes. Und der Name usw. .... (wie in B) ... Kinder des Frie- 
Und der Friede Gottes ‚sei mit uns. Seine Gnade und Barm- 
gkeit seien mit seinem Geliebten (Name ausradiert) und mit 
seil Mutter (Name ausradiert) ewig und immerdar. Amen und Amen. 
80 sei es. So sei es“. 


Untersuchungen. 


1. Titel und Umfang des Werkes. 


Guerrier hat, als er die erste Notiz über den von ihm entdeckten 
Text veröffentlichte!, das Werk unter dem Titel Testament 
de Notre Seigneur et Sauveur Jesus Christ en Galil&e in 
die Literatur eingeführt und diesen Titel auch für die Publikation 
beibehalten. Vergebens sucht man in seinem Avant-Propos nach 
einer Rechtfertigung dieses Titels, denn in der handschriftlichen 
Überlieferung selbst ist eine derartige Bezeichnung nicht ohne 
weiteres gegeben. Deshalb erscheint es notwendig, sich zunächst 
noch einmal ein klares Bild über den handschriftlichen Befund 
zu verschaffen. 

Wajnberg hat in der Einleitung bei der Besprechung 
der äthiopischen Handschriften die Tatsache festgestellt, daß in 
allen bisher bekannten Mss. der von Guerrier publizierte Text 
ein untrennbares Ganze mit einem von Rahmani? aus dem Sy- 
rischen edierten Texte, dem sogenannten Testamentum Domini 
nostri bildet. Dies gilt nicht allein für die Hdd. ABC der 
Colleetion d’Abbadie, die neben dem Testamentum nur den 
Guerrier'schen Text enthalten, sondern auch für L (Or. 79), 
Or. 795 und S, die noch andere Abhandlungen hinzufügen. Da 
niemand behaupten wird, daß das Testamentum inhaltlich mit 
dem Guerrier’schen Texte zusammenhängt, kann es sich nur um 
eine mehr oder weniger zufällige Zusammenstellung handschrift- 
licher Natur handeln. Auch wäre es mehr wie merkwürdig, daß 
in einem Bande zwei verschiedene Testamente Christi vereinigt 
wären. Daher taucht der Verdacht auf, ob nicht die Bezeichnung 
„Testament“ von dem einen Werk auf das andere übertragen ist. 


1) Revue de l’Orient chrötien (tom. IT), 1907, 8. 1fl. — 
2) Testamentum Domini nostri Jesu Christi nunc primum edidit ... 
Ignatius Ephraem II Rahmani, Moguntiae 1899. 


Titel und Umfang des Werken. 157 


"Betrachten wir die handschriftliche Überlieferung des von 
Rahmani publizierten Testamentum, so ist dieselbe leider trotz 
der umsichtigen und die Bemerkungen Rahmani’s weit über- 
holenden Nachprüfung von Baumstark ! in vieler Hinsicht noch 
» Dunkel gehüllt, insbesondere hatte damals das von Guerrier 
| ierte Stück noch nicht die Aufmerksamkeit der Gelehrten 
| gerufen. Daher darf man aus dem altum silentium noch 
nieht mit absoluter Sicherheit den Schluß ziehen, daß in allen 
_ von Baumstark angeführten Hdd. dieses Stück überhaupt nicht 
- als Anhang vorhanden gewesen ist, zumal da es sich um einen 
- kleinen Text handelt, der bei flüchtigem Einblick leicht über- 
sehen werden kann. Aber soviel steht jedenfalls über allem 
Zweifel fest, daß die syrische Überlieferung der pseudoaposto- 
lischen Rechtsliteratur den Guerrier'schen Text nicht kennt. 
Denn in der von Rahmani seiner Edition zugrunde gelegten Hd. 
aus der Metropolitanbibliothek der katholischen Syrer in Mossul ? 
_ und in einer zweiten im Museum Borgianum zu Rom aufbe- 
wabrten Hd.? bildet die δεαϑήκχη das erste und zweite Buch eines 
Oktateuchs, das dem Clemens Romanus zugeschrieben wird. Eine 
_ dritte syrische Hd., die mit der Hd. von Mossul wesentlich iden- 
tisch zu sein scheint, da auch hier das Testament im Anhange 
= ἢ Überlieferung und Bezeugung der διαϑήχη τοῦ κυρίου ἡμῶν 
= —— Röm. Quartalschrift (XIV), 1900, 8. 1f. — Funk, 
᾿ Testament unseres Herrn und die verwandten Schriften, 1901. 

5 Die nichtgriechischen Paralleltexte zum achten Buch 
ἥν Apost. Konstitutionen, Oriens christian. I, 8, 98 ff. 2) Der 
Vollständigkeit halber bemerke ich, daß die Hd. von Mossul i. J. 
1963 der Griechen (= 1652 n. Chr.) geschrieben ist und nach den 
Angaben von Rahmani p. X. sq. noch folgende Stücke enthält: Buch ΠῚ 
die apostol. Kirchenordnung, Buch IV Cap. 1 u. 2 des achten Buches 
_ der apostol. Konstitutionen, Buch V—VII weitere Exzerpte aus dem- 
achten Buche, Buch VIII die Apostol. Kanones, Dem Okta- 
 teuch geht am Anfang vorher eine Gesamtausgabe des A. u. N. Testa- 
mients. 9) Die zweite syrische Hd., Mus. Borg. elenco separato 5, 
gleichfalls jungen Datums; sie stammt aus dem J. 1887 der 
Griechen (— 1576 n. Chr.). Hier steht die διαϑήκη nach den An- 
gaben von Baumstark inmitten kirchenrechtlicher Stücke, indem die 
sog. syrische διδασκαλία dem achtteiligen pseudoklementinischen Rechts- 
buche vorangeht; letzterem folgen die von den syrischen Monophysiten 
als Lehre des Addai bezeichnete orientalische Apostellehre, eine 
große Sammlung von Synodalbeschlüssen und kanonischen Briefe, ein- 
geleitetdurchdie in zahlreichen syrischen Codices erscheinenden 51 τέτλοι 


158 Schniidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


einer Bibelhandschrift steht, wird von Harris, On the origin of 
the Ferrar- Group p. 11f. als auf der Universitätsbibliothek zu 
Cambridge befindlich erwähnt. Die bei weitem älteste und wert- 
vollste Hd., derSangermanensis 38, saec. VIII (Bibl. nat. Syr. 62, vgl. 
Zotenberg Catalogues des Manuscrits syriaques et sabeens de la 
"Bibliothöque Nationale, 1874, 8. 22ff.), aus dem Lagarde seinen Text 
in den Reliquiae iuris ecelesiastiei antiquissimae syriace, 1856 p. 2 ff. 
und in griech. Rückübersetzung Reliquiae iuris eceles. antig. 
graece p. SOff. veröffentlicht hat, bietet nur einen Auszug aus dem 
syrischen Oktateuch. In den beiden zuerst genannten Hdd. lesen wir 
folgende Subseriptio: „Übertragen aus der griechischen Sprache in 
die syrische von dem armen (Sünder) Jacobus im Jahre der Griechen 
998 (= 687 n. Chr.)*. Unmittelbar daran schließt sich als drittes 
Buch die apostolische Kirchenordnung. Daraus folgt, daß bei 
der Übersetzung im J. 687 n. Chr., — damals kursierte die 
διαϑήχηῃ noch als selbständige Schrift —, ebenso wie bei der 
Übernahme in den syrischen Oktateuch das Guerrier’sche Stück 
noch nicht angehängt war. Überhaupt ist das letztere in der 
syrischen Literatur bis jetzt nicht nachgewiesen; wohl aber muß 
es der Verfasser der griechischen διαϑήχη gekannt haben, da 
er, wie wir noch sehen werden, eine eingehende Kenntnis zeigt 
und dem apokalyptischen Stücke große Partien entnommen hat. 
Da nun. dieser Verfasser in Syrien gelebt hat, so muß der 
Text dort wenigstens im griechischen Gewande existiert haben. 

Es ist daher leicht möglich, daß eine syrische Übersetzung 
plötzlich auftaucht. Es besteht sogar die Möglichkeit, daß 
dem Kompilator der διαϑήχη das ganze Guerrier'sche Stück 
vorlag, da er auch die Epistola in der Einleitung benutzt hat. 
Von den syrischen Monophysiten ist die διαϑήκχη auch zu den 
Monophysiten Ägyptens gelangt. Freilich in der älteren Pe- 
riode scheint sie in der koptischen Kirche unbekannt geblieben 
zu sein; denn weder in der 1006 n. Chr. geschriebenen sahidischen 
Hd. des British Museum Orient. 1320, die von Lagarde, Aegyp- 
tiaca (1883) p. 209 ff. veröffentlicht wurde, noch in der von 
Tattam, The Apostolical Constitutions or Canons of the Apostles 
in Coptie (1848)! herausgegebenen bohairisch-arabischen Hd. 


1) Vgl. 6. Horner, The Statutes of the Apostles or Canones 
Ecelesiastici, 1904. 


εὐ Titel und Umfang des Werkes. 159 


in Orient. 519 ist sie in die kirchliche Rechtsliteratur auf- 
‚genommen. Dagegen war sie in späterer Zeit, als die Kopten 
‚sich eifrig mit der Literatur der übrigen monophysitischen Kirchen 
beschäftigten, nicht unbekannt geblieben. Wir kennen eine auf 
hem Boden entstandene Übersetzung ins Arabische. Die 
betreffende Hd., gleichfalls im Museum Borgianum zu Rom unter 
Signatur K iv 24 befindlich, stammt nach der Subseriptio ans 
dem J. 1064 der Märtyrer (— 1348 n. Chr.). Das Testamentum 
steht hier an erster Stelle (fol. 2 v’—fol. 26 r") von sieben pseudo- 
apostolischen Rechtsbüchern, als welche nach den Angaben von 
Baumstark (Röm. Quart. XIV, S. 3) erscheinen: 1. eine von der 
gewöhnlichen stark abweichende Gestalt der sog. arabischen 
διδασχαλία, 2. die von Lagarde, Reliquiae syriace p.32 ff. syrisch 
herausgegebene Apostellehre des Addai, 3. die apostolischen 
Kanones, 4. Exzerpte aus dem achten Buche der apostolischen 
Konstitutionen, 5. die ägyptischen Kanones der Apostel, 6. Ka- 
nones des Clemens-Brief des Petrus. Die Überschrift lautet ein- 
fach „Testament“, gleich daraufin ausführlicher Fassung: „Testa- 
ment unseres Herrn Jesu Christi, unseres Gottes, das er mit 
seinen Jüngern nach seiner Auferstehung von den Toten er- 
'riehtete, betreffs des Endes dieser Welt und der Zeichen, die 
auf Erden sein werden, und der Erscheinung des Pseudo-Christus 
"und betreffs der Gesetze der Kirche'. Die Buch- und Kapitel- 
‚einteilung des syrischen Textes fehlen, statt dessen sind Abschnitte 
it sachlichen Überschriften ohne jede Numerierung gebildet. 
‚Hinter dem Testament fol. 26 τὸ findet sich eine Subseriptio, die 
Ba 'k leider nicht wörtlich anführt, die aber im wesent- 
‚liehen mit der ausführlichen Subseriptio am Schluß des Ganzen, 
‚fol. 183 v0—184r° übereinstimmen soll. Darnach stammt die 
aus der Feder eines gewissen Aba Ishaq ibn Fadl- 
der für seine Arbeit eine im J. 643 der Märtyrer (= 927 
u. Chr.) auf Bestellung des alexandrinischen Patriarchen Cosmas 
ὃ koptische Vorlage benutzte. Da weder Rahmani 
Baumstark irgendwelche Bemerkung machen, daß der Sub- 


— y Offenbar haben den Verfasser der Überschrift die ersten 
14 Kapitel apokalyptischen Inbalts mehr interessiert als die kirchen- 
‚rechtlichen Bestimmungen. 2) Diese Subseriptio ist teilweise bei 


160 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


scriptio ein anderer Schluß wie im Syrer vorausgeht, schließe 
ich daraus, daß im koptischen Texte des Abü Ishaq das Guer- 
rier'sche Stück noch nicht mit dem „Testament“ vereinigt war. 

Nun existiert noch eine zweite Überlieferung des Testaments 
in arabischer Sprache innerhalb der ägyptischen Kirche, auf die 
zuerst Baumstark 1. e. S. 9f. aufmerksam gemacht hat, nämlich 
in dem Nomokanon des Mönches und Presbyters Makarios, der 
eine umfangreiche Sammlung kirchenrechtlicher Quellen im J. 
1088 der Märtyrer (= 1372 n. Chr.) herausgab'!. In dieser Samm- 
lung bildet das Testament das erste Buch des Oetateuchus Cle- 
mentinus unter dem Titel: „Buch des Testaments unseres Herrn 
Jesu Christi nach seiner Auferstehung von den Toten und seiner 
Anrede an die Apostel“. Schon vor Makarios hatte das Testa- 
ment als erstes Buch des Clementinischen Oktateuchs Aufnahme 
gefunden in der Enzyklopädie des Abu-l-Barakät (} 1363) „Lampe 
der Finsternis“ ?, In der Einleitung heißt es nach Riedel, 1. e. 
S. 66#.: „Es sprach der ausgezeichnete Vater, der Presbyter 
Sams al Ri’äsah — Gott gebe seiner Seele Ruhe! —: Ich habe 
mich mit einem Buche beschäftigt, welches die Grundlagen der 
Canones enthält und worin sich die Abschrift eines kommen- 
tierten Testamentes befindet, in dessen Anfange das Testament 
unseres Herrn an seine Jünger nach seiner heiligen Auferstehung 
steht, zusamt dem, was er ihnen und den Frauen, die mit ihnen 
waren, eröffnete. Der Titel desselben lautet al Dasqualijjah, 
d. h. die Lehre (dıd«oxaite)“?. Auch hier suchen wir vergebens 
nach dem Guerrier'schen Stück. 

So bleibt also tatsächlich nur die äthiopische Rezension 
übrig. Hier wird abweichend von der syrischen und der kop- 
tisch-arabischen Überlieferung das Testament nicht mit Clemens 
in Verbindung gebracht, ebensowenig bildet es einen Bestandteil 


1) B. weist je eine Hd. in arabischer Sprache auf der Biblio- 
thek zu Paris, Rom und Oxford nach (vgl. auch Oriens christ. I, 102 f.). 
Weitere Angaben über Hdd. und Inhalt bei Riedel, Die Kirchen- 
rechtsquellen des Patriarchates Alexandrien, (1900), 8, 122f. 

2) Dieses Werk hat bereits Makarios gekannt. 3) Dazu bemerkt 
der Verf. am Rande, daß nach einer Hd. das Testament nicht die 
Didaskalia sei. — Offenbar war diese Bezeichnung des Werkes irr- 
tümlich von einem Späteren beigefügt, der wirkliche Titel lautete: 
„Testament unseres Herrn“. 


τς Mitel und Umfang des Werkes. 161 


ktateuchs. In Cod. A geht dem Testament die Apologie 
3 bekehrten Juden zur Zeit des Kaisers Heraclius voraus, und es 
folgen dem Guerrier’schen Texte eine Offenbarung Christi an Petrus 
sr seine Ankunft und zweitens eine Offenbarung an denselben 
‚betreffs des Gerichtes über die Sünder und das Mitleid Gottes 
gegen Adam '!. Gesondert überliefert ist das Testament mit dem 
‘Guerrier'schen Texte in Cod. Bund C, dagegen bringt der Stutt- 
garter Codex das Ganze bereits mit der Didascalia der Apostel 
ia Verbindung und die Hdd. L und Or. 795? lassen das äthio- 
 pische Rechtsbuch, den Synodos und die Didascalia der Apostel 
sich anschließen. Ohne Zweifel zeigen Cod. B und C noch den 
ursprünglichen Zustand, d.h. es hat eine Zeit gegeben, wo das 
 Vestament mit dem Guerrier'schen Texte im Äthiopischen als 
ein zusammenhängendes Werk für sich zirkulierte. Dagegen 
ἅδε sich aus der handschriftliehen Überlieferung nicht der Nach- 
s führen, daß die Äthiopen das Testament zu irgendeiner Zeit 
16 diesen Anhang besessen haben, wie es bei den Syrern und 
Kopten der späteren Zeit der Fall gewesen ist. Demgemäß 
lt der Äthiope aus dem Rahmen der sonstigen Überlieferung 
heraus; er repräsentiert trotz des sehr jungen Datums der Hdd. 
en selbständigen Zweig der Überlieferung, steht vor allem 
dem bisher bekannten Typ der ägyptischen Rezension in 
keiner Beziehung. | 
Das wird bestätigt durch die weiteren Untersuchungen von 
ıstark über die arabischen Texte der dıadjxn?. Wie er 
Grund der tiefgehenden Umgestaltung des Textes im Ver- 
h zum Syrer nachweist, ist die Übersetzung des Abü Ishaq 
Bearbeitung der διαϑήχη auf ägyptischem Boden; sie lag 
solehe schon in der koptischen Vorlage aus dem J. 927 dem 
ischen Übersetzer vor. Ob aber der von dem Kopten be- 
itzte griechische Text diese Bearbeitung bot, wie B. vermutet, 
‚ich bezweifeln; vielmehr ist es wahrscheinlicher, daß die 
beitung bei der Übersetzung ins Koptische oder später 


1) Schluss des Ms. fehl. 2) Or. 795 stimmt in der Anord- 

üng wie im Umfang fast ganz mit 1, überein, ist daher eine Kopie 

n L. Beide Hdd. stammen aus der Regierungszeit des Königs 

11(1730/55). 8) Die arabischen Texte der διαϑήχη τοῦ κυρίου, 

Quartalschr. (1900) XIV, S. 291 ff. und Oriens christ. I, S. 102. 
ἃ. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 11 


162 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


bei der Aufnahme in den Nomokanon vorgenommen ist. Über- 
haupt erhebt sich die Frage, ob die διαϑήκη nach Ägypten noch 
in der griechischen Originalsprache oder bereits in der syrischen 
Übersetzung gelangt ist. Für letztere Annahme spricht die Tat- 
sache, daß der Oktateuch unter dem Einfluß des syrischen ele- 
mentinischen Oktateuchs entstanden ist, während die in den 
koptischen Hdd. überlieferten Kanones in gar keinem genetischen 
Zusammenhange mit dem ägyptisch-arabischen Oktateuch stehen !. 
Der jüngeren Rezension des Abü Ishaq steht gegenüber die ältere 
des Makarios. Auch sie ist keine Übersetzung, sondern eine 
Überarbeitung, die nach Baumstark auf einem bohairischen Texte 
frühestens des $,, spätestens des 10. Jahrhunderts zurückgehen soll. 
“ Diese Überarbeitung ist viel konservativer gehalten wie diejenige 
bei Abü Ishaq, da die Abweichungen vom syrischen Texte nicht 
so tiefgreifend sind. Das führt zu der Vermutung, daß die Be- 
arbeitung von dem Redaktor des ägyptisch-arabischen Oktateuchs 
vorgenommen ist, d. h. ebenfalls auf ägyptischem Boden. Daß 
die ägyptische Kirche bereits zwei verschiedene Rezensionen des 
Testaments in griechischer Sprache besessen haben soll, kann 
ich nicht glauben. Leider läßt sich auf diese Frage keine be- 
stimmte Antwort geben, solange eine textkritische und sprach- 
liche Untersuchung des ganzen ägyptischen Oktateuchs aussteht. 

Woher stammt nun die äthiopische Version? Da die Über- 
setzung erst in ganz später Zeit erfolgt ist, — nach dem Urteil 
eines Kenners wie Littmann zeigt die Syntax bereits Einflüsse 
des Amharischen —, kann ein griechisches Original nicht in Be- 
tracht kommen, vielmehr kann es sich nur darum handeln, ob 
sie aus dem Koptischen oder dem Arabischen geflossen ist. Für 
die Beantwortung dieser Frage sind wir auf Vermutungen an- 
gewiesen, da alle Mittelglieder fehlen. Zunächst zeigt die äthio- 
pische Übersetzung der διαϑήχη gar keine Verwandtschaft mit 
den beiden arabischen Übertragungen; sie ist keine Bearbeitung, 
sondern eine direkte Übersetzung der Originalschrift, wie sie uns 
im Syrer vorliegt. Diese Übereinstimmung betrifft nieht nur die 
Textgestalt, sondern auch die Kapiteleinteilung. Daraus folgt 
mit Evidenz, daß der Äthiope letzten Endes auf einen griechi- 
schen Text fußt, der auch dem syrischen Übersetzer im J. 687 


1) Vgl. Baumstark, Oriens christ. 1, 5, 106. 


Titel und Umfang des Werkes. 163 


=. Chr. vorgelegen hat. Oder ist das Mittelglied icht das 
griechische Original gewesen, sondern die syrische tzung? 
Denn es unterliegt keinem Zweifel, daß die διαϑήκη den ägyp- 

tischen Monophysiten von Syrien übermittelt ist. Ferner müssen 

wir annehmen, daß das Werk in Originalfassung ins Koptische 
übertragen worden ist, ob ins Sahidische oder Bohairische, ist 
wiederum nicht zu ermitteln; ebensowenig ist bekannt, ob irgend- 
eine arabische Übersetzung neben der in den Nomokanones vor- 
 handenen Überarbeitung existiert hat. Sollte die Beobachtung 
auf $. 50,11 zu Recht bestehen, daß der Übersetzer des äthio- 
pischen Textes ein im koptischen Text originales nAsacce mit 
veNacce verwechselt, so wäre wenigstens die Existenz einer kop- 
_ tischen Vorlage gesichert. Und weiter, da der Äthiope in allen 
 Hdd. den Guerrier'schen Text als untrennbare Einheit mit 
dem Testament überliefert, ist der Schluß nicht abzuweisen, daß 
der Äthiope diese Kompilation bereits vorfand. Es wäre ge- 
_ radezu ein Rätsel, wie der Äthiope auf gut Glück von sich aus 
zu diesem Anhang gelangt wäre, da wir, wie wir noch sehen 
a werden, im Ganzen drei Schriften vor uns haben, die einst ge- 
- -sondert überliefert wurden, und die außerdem noch in einem 
δ' literarischen Abhängigkeitsverhältnis zueinander stehen, wobei 
die me Sehrift, d. b. die διαϑήχη, an der Spitze steht, die 
älteste Schrift, d. h. die Epistola, den Schluß bildet. Jedenfalls 
ist eine derartige Kompilation mehr als ein neckischer Zufall. 
"Aber ebensogut könnte ein arabisch schreibender Kopte die Über- 
tragung vom Koptischen ins Arabische gemacht haben, und zuletzt 
‚aus dem Arabischen die äthiopische Version hergestellt sein. Wie 
‚schon gesagt, es fehlen hier alle Mittelglieder. Für eine sahidische 
orlage des Äthiopen plädiert Baumstark, Röm. Quart. XIV, S. 20. 
Haben wir trotz mancher hypothetischer Behauptungen die 
 Überlieferungsgeschichte der διαϑήχη und des mit ihr zusammen- 
"hängenden Guerrier'schen Textes im Allgemeinen richtig gezeich- 
net, so bleibt als sicherstes Resultat die Tatsache bestehen, daß 
in der äthiopischen Überlieferung ein umfangreicher Text vor- 
‚handen ist, dessen gesonderte Existenz wir im Griechischen, 
Syrischen und Koptisch-Arabischen verfolgen können und der 
‚stets unter dem Titel „Testament unseres Herrn Jesu Christi“ 
‚erscheint. Nun finden wir auch im Äthiopen (ACLS) eine 


Niederschrift in roter Schrift, die übereinstimmend lautet: „Das 
„> 


164 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Testament unseres Herrn und unseres -Erlösers Jesu Christi“ !. 
Wie haben wir diese Worte zu deuten? Haben wir darin eine 
Unterschrift oder eine Überschrift zu erkennen? Guerrier hat 
gar kein Bedenken getragen, die Worte bei der Abtrennung 
von dem Vorhergehenden an die Spitze des von ihm publizierten 
Textes zu setzen, ohne die Erwägung anzustellen, ob nicht hier 
eine Subseriptio des vorhergehenden Textes zu suchen sei, da 
doch gewöhnlich der eigentliche Titel eines Werkes am Schlusse 
steht. Er faßt auch die darauf folgenden Worte: „Ich habe ge- 
schaut von innen nach außen, ihr Aussehen und ihr Wesen be- 
fremdend und wunderbar, ihre beiden Seiten, das Gericht je den 
Taten gemäß“ als Prolog auf. Aber dieser Satz kann unmög- 
lich zum ursprünglichen Texte gehört haben, — selbst Guerrier 
findet ihn sehr dunkel —, er gibt überhaupt nur dann einen 
Sinn, wenn man ihn als Randbemerkung eines Lesers auffaßt, 
der Offenbarungen über das Schicksal der Sünder und Gerechten 
nach dem Gericht vor sich gehabt hat?. Jedenfalls ist der Satz 
eine Glosse, die später von einem Abschreiber in die Hand- 
schrift als Text aufgenommen ist, oder besser, die Worte sind 
die Beischrift eines Lesers, wie wir sie häufig am Schluß von 
Abhandlungen finden, sobald ein leerer Raum auf der letzten 
Seite übrigbleibt. Ein späterer Abschreiber hat sie gedanken- 

los dem Text hinzugefügt. Da vier Handschriften die Worte 
überliefern, ist es ein Beweis, daß sie auf einen gemeinsamen 
Archetypus zurückgehen. In Codex B freilich fehlen die Worte 
samt dem vorgehenden Titel, aber das ändert an der Sachlage 
nichts. Nun liefert die handschriftliche Überlieferung im Sy- 
rischen und Koptisch-Arabischen den Nachweis, daß der Titel 
„Testament unseres Herrn Jesu Christi“ mit der διαϑήχη aufs 
engste verknüpft ist, so daß von vornherein das gleiche für den 
äthiopischen Text vorausgesetzt werden kann. Die Verbindung 
des Testaments mit Clemens Romanus ist deutlich eine spätere 
Mache des Kompilators des Oktateuchs. Auch erhebt das Werk 
selbst an verschiedenen Stellen den Anspruch als „Testament“ 


1) Die Auslassung der Worte: „Das Testament unseres Herrn 
und“ in A beruht auf einem Versehen des Abschreibers. 2) Wahr- 
scheinlich bezieht sich diese Bemerkung auf die im Guerrier’schen 
Text enthaltene Apokalypse, besonders auf Cap. 10 und 11. : 


Titel und Umfang des Werkes. 165 


ingesehen zu werden. So heißt es in I, 17 (Rahmani p. 21): Amen 
dieo — is, qui vim praecepti huius et testamenti huius 
noverit servaveritque, quae ibidem sunt praescripta, similis erit 
angelis, und gegen Ende .(II, 26 Rahm. p. 147) redet der Herr 
za den Aposteln also: „Vos autem potissimum, Joannes, Andreas 
_ et Petre, scitis modo omnia, quae vobis dixi, cum vobiscumque 
 essem, quemadmodum et quae per testamentum hoc, quod 
cum tradetis gentibus, omni tempore adimplebitur patris mei 
_ woluntas permanens. Demgemäß schließt das Werk mit den 
Worten: Hoc testamentum seriptis consignarunt Joannes, Pe- 
trus et Matthacus Hierosolymisque miserunt exemplaria per Dosi- 
᾿ς thaeum, Sillam, Magnum et Aquilam, quos elegerunt mittendos 
_ ad omnes mansiones. Amen. 
En Erhebt nun das von Guerrier publizierte Stück den gleicben 
Anspruch auf den Titel „Testament“? Zunächst scheint der 
äußere Befund die-Meinung von Guerrier zu bestätigen. Denn 
in L schließt das Ms. mit den Worten: „Im Namen unseres 
Herrn Jesu Christi, beendigt ist das Buch des Testaments, im 
Frieden des Herrn. Möge er bewahren seinen Diener Abesslom 
ewig und immerdar. Amen“, Wir haben hier nicht einen Titel 
des Werkes, sondern eine der üblichen Nachschriften eines Ab- 
‚schreibers mit Namen Absolom vor uns. Dasselbe gilt von 
_ dem Abschreiber des Cod. A: „Beendigt ist das Testament un- 
seres Herrn Jesu Christi in seinem Frieden, ewig und immerdar. 
᾿ Desjenigen, der es geschrieben hat, desjenigen, der es 
'sehreiben lassen, es las und seine Worte anhörte, — Gott 
& sich uns aller beisammen erbarmen und uns das Himmel- 
‚erben lassen mitsamt allen Heiligen, ewig und immerdar, 
ı und Amen“. Nun müssen wir uns daran erinnern, daß 
' Kopist von L und A nicht allein den Guerrier'schen Text 
teschrieben hat, sondern mit diesem zusammen auch den Text 
 Testamentum Domini nostri des Rahmani, ja letzterer bil- 
» die Hauptarbeit für ihn, da z. B. nach L dieser Text fol. 1 
[0]. 14a beansprucht, der Text von Guerrier nur fol. 14a 
fol. 21a, mithin der erste Teil doppelt so großen Umfang 
hat als der zweite. Was liegt also näher als die Annahme, daß 
e Nachschrift des Kopisten sich auf das Ganze bezieht, und 
‚er als Titel der von ihm gemachten Abschrift wählte: „Te- 
ment unseres Herrn Jesu Christi“, weil er zu Anfang ein Werk 


166 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


kopiert hatte, das diesen Titel mit aller Deutlichkeit an der 
Stirne trag. Denn in allen Hdd. wird das Werk in roter Schrift 
als Überschrift unter diesem Titel eingeführt. Bei dem von 
Guerrier publizierten Stück fand er dagegen am Schluß keinen 
Titel vor. Dies beweisen die mit A verwandten beiden Hdd. 
B und ©. Die Hd. B überliefert folgenden Schluss: „Das Band 
seiner Vollkommenheit ist die Liebe. Und der Name der hei- 
ligen Kirche ist die Gerechtigkeit. Und er sagte ihnen: Friede 
euch, Kinder des Friedens“. Diese Nachschrift spinnt die letzten 
Worte des Urtextes „Gehet hin in Frieden!“ fort, weiß von 
einer Subseriptio am Schluß nichts. Und noch kürzer faßt 
sich der Schreiber von C, indem er, wenn ich die Notiz von 
Guerrier richtig verstehe, den Worten: „Gehet hin in Frieden!“ 
nur hinzufügt: „Amen, Amen“. Dagegen hat der Kopist der 
Stuttgarter Hd. verschiedene Nachschriften miteinander kombi- 
niert, vor allem aus einer Vorlage den Satz: „Beendigt ist das 
Buch des Testamentes* aufgenommen, wenn es heißt: „Das Band 
seiner Vollkommenheit ist die Liebe. Beendigt ist das Buch 
des Testamentes!. Und der Name der heiligen Kirche ist die 
Gerechtigkeit. Und er sagte ihnen: Friede euch, Kinder des 
Friedens. Und der Friede Gottes sei mit uns. Seine Gnade 
und Barmherzigkeit seien mit seinem geliebten (Name ausradiert) 
und mit seiner Mutter (Name ausradiert) ewig und immerdar. 
Amen und Amen. So sei es, so sei es“, 

Sind demnach die Schlußworte auf das Konto des Kopisten zu 
setzen, so wäre uns der Guerrier’sche Text namenlos überliefert, 
sollte auch der von G. an den Anfang gesetzte Titel der διαϑήχη 
angehören. Die äthiopischen Abschreiber scheinen keinen be- 
sonderen Titel vorgefunden zu haben, so daß wahrscheinlich bei 
der Zusammenstellung mit dem Testament das kleinere Stück 
seine Über- resp. Unterschrift einbüßte. So sind wir auf den 
Text selbst angewiesen und müssen versuchen, von hier aus die 
Frage zu lösen. 


Der Anfang des Guerrier’schen Stückes lautet. „Das Wort?, 


1) Dieser Satz stört geradezu den Zusammenhang, wie er in 
Cod. B richtig vorliegt, gibt sich also als Einschub an unpassender 
Stelle deutlich zu erkennen. 2) Bei der Hd. S wirkt noch der 
angebliche Titel nach, da hier statt „Wort“ der Ausdruck „Testa- 
ment“ eingesetzt ist. 


— — 


Titel und Umfang des Werkes. 167 


‘welches unser Herr Jesus (Christus) zu seinen elf-Jüngern ge- 
sprochen hat in Galiläa, nachdem er von den Toten auferstan- 
den war“!. Es handelt sich also hier um eine Rede Jesu an 
seine Jünger nach der Auferstehung, u.zw. wird auf Grund von 
Maitth. 28, 16f.; Mare. 16, 7; Joh. 21 Galiläa als Schauplatz der 
Unterredung des Auferstandenen bezeichnet. Die Zahl der 
2 wird nach den Hdd. ABC und Or. 795 auf 12 angegeben, 
während L und S die Zahl 11 bieten. Welche Überlieferung 
die richtige ist, kann nicht ohne weiteres entschieden werden: 
_ denn man könnte mit Paulus 1. Kor. 15,5 und in Überein- 
stimmung mit der späteren kirchlichen Anschauung die δώδεκα 
als Collegium bezw, als Amtsbezeichnung fassen und doch nur 
die 11 Jünger darunter verstehen; L und S hätten demzufolge 
mach Matth. 28, 16; Marc. 16, 14 korrigiert. Aber es könnte 
auch das Umgekebrte der Fall und die Zahl 11 die ursprüng- 
liehere sein, zumal wenn der Verfasser eine Schrift benutzt 
hat, nach der, wie wir noch sehen werden, nur 11 Jünger um 
den Herrn nach der Auferstehung versammelt sind®. Die Rede 
Jesu beginnt: „Höret, Kinder des Lichtes, und vernehmet die 
- Stimme eures Vaters. Und ich werde euch enthüllen, was in 

der Welt geschehen wird, damit diejenigen, die an mich glauben, 
nachdem sie gehört, sich fürchten. Diejenigen aber, die an mich 
nicht glauben, dieSünder, die werden meine Zeichen nieht erkennen, 
sondern meine Geliebten allein. Jene werden in die Feuersbrunst 
der Strafe getrieben werden und dem Feuer preisgegeben, (wel- 
ches) ihre Gedanken züchtigen wird“. Jesus kündigt seinen 
— Offenbarungen über die zukünftigen Geschehnisse in der 


1) Dieser Text ist in neuer Übersetzung von WajnbergS. 49* bis 66* 
abgedruckt. 2) Wie früh die von der Evangelienerzählung übernom- 
ἢ derZwölf in der Tradition sich festgesetzt hatte, lehrt neben der 
das Kerygma Petri, wo der Herr nach seiner Auferstehung die 
iger also anredet: ἐξελεξάμην ὑμᾶς δώδεχα μαϑητάς (Clem. Alex. Strom. 
6, 48). Auch die Gnostiker haben diesen Sprachgebrauch sich ange- 
vgl. 2. Buch Jeü: „Es sprach Jesus zu seinen Jüngern, 
— * versammelt waren, zu den Zwölfen und den Jüngerinnen“ 
Berne. Schriften Bd. I, 8. 303 in den Griech. Christl. Schriftst. 
‚ersten 3 Jahrh.).. 8) Sonst freilich bieten L und S gegenüber den 


165 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Welt an u. zw. in der Endzeit mit dem Auftreten des Antichrist 
und den furchtbaren Katastrophen unmittelbar vor der zweiten 
Parusie. Diese Wehen der Endzeit werden im Einzelnen — 
und darin besteht das Charakteristische unseres Textes — illustriert 
durch Weissagungen über Syrien und die Gebiete Kleinasiens, 
Cilieien, Kappadokien, Phrygien, Lykaonien, Armenien, Pontus, 
Bithynien, Pisidien, Phamphylien; dazu kommen Phönizien und 
Judäa. Das Ganze schließt in Cap. 11 mit dem Ausbliek auf 
das Gericht über die Gottlosen und die Gerechten; von letzteren 
heißt es: „Und es werden die Gerechten, die den Weg der Ge- 
rechtigkeit gegangen waren, die Herrlichkeit Gottes erben. Und 
es wird ihnen seine Kraft gegeben werden, welche kein Auge 
gesehen hatte noch ein Ohr gehört, Und sie werden sich in 
meinem Reiche freuen“. Was sonst Autoritäten des A, u. N. 
T's. in den Mund gelegt wird, wird hier ohne Scheu von dem 
Verfasser auf Jesus selbst übertragen. Wir können geradezu 
von einer Apokalypse Jesu über die Endzeit sprechen, die ihr 
Vorbild hat an der kleinen apokalyptischen Rede Matth. 24 
(Mare. 13; Lue. 21). Und wenn wir den Gesamtinhalt von 
Cap. 1—11 überschauen, werden wir uns des Eindruckes nicht 
erwehren können, ein abgeschlossenes Ganze vor uns zu haben. 
Aber in allen Hdd. folgt noch ein größeres Stück im Umfange 
von 51 Kapiteln, nach der Abteilung von Guerrier Cap. 12—62. 
Handschriftlich wird dieser Übergang nicht überall besonders 
markiert. Nach Guerrier, Avant-Propos S. 20, Anm. 3, bietet 
L zwischen Cap. 11 u. 12 eine coupure marquee, ἃ und © 
zeigen kleine Intervalle, nur B setzt den Text unmittelbar fort, 
indem der erste Buchstabe dieses neuen Ineipit der letzte Buch- 
stabe einer Zeile ist. Auf jeden Fall wird ein gewisser Absatz 
angedeutet, aber eine Aufschrift fehlt in allen Hdd. 
Merkwürdigerweise beginnt das Stück in Cap. 12 mit einer 
neuen Praefatio!. Diese lautet: „Was Jesus Christus als einen 
Brief seinen Jüngern offenbart hat? und wie Jesus Christus den 


- 1) Diese Praefatio bietet dem Übersetzer größere Schwierig- 
Keiten, wie die abweichenden Übersetzungen zeigen. Herr Professor 
Littmann hat die große Güte gehabt, die Übersetzung von Herrn 
Dr. Wajnberg noch einmal mit mir durchzugehen. Ich gebe daher 
hier und an anderen Stellen zuweilen einen etwas abweichenden Text. 
2) S hat wiederum wie zu Anfang des ersten Stückes: „Das 


Titel und Umfang des Werkes. 169 


rief durch die (in der) Versammlung der Apostel, der Jünger 
Jesu Christi, offenbart hat, welcher (Brief) ist für alle, welcher 
schrieben ist wegen Simon und Cerinth, der falschen Apostel, 
damit sich niemand mit ihnen verbinde, denn es ist in ihnen 
eine List, mit welcher sie die Menschen töten, und damit ihr 
standhaft seid, nicht wanket, nicht in Verwirrung kommt, nieht 
vom Worte des Evangeliums abweichet, das ihr gehört habt, 
_ wie. wir (es) gehört, im Gedächtnis behalten und für alle Welt 
_ aufgezeichnet haben. Wir haben euch, ὁ unsere Söhne und 
Töchter, anvertraut der Freude, im Namen Gottes des Vaters, 
des Herrschers der Welt, und Jesu Christi, Die Gnade mehre 
_ sieh über euch“. Wohl handelt es sich bier wie im vorigen 
- Stücke um Offenbarungen Jesu an seine Jünger, aber schon aus 
der neuen Praefatio ersieht man deutlich, daß sie nicht als Fort- 
setzung der vorhergehenden Apokalypse gedacht sind. Während 
in der ersten Abhandlung keine direkte polemische Abzweckung 
_ hervorgehoben wird, sind hier zwei falsche Apostel mit Namen 
Simon und Cerinth eingeführt, gegen die das Folgende geschrieben 
sein will, damit die Gläubigen vor Verführung und Abfall von 
der apostolischen Wahrheit bewahrt werden. Hier liegt die 
_ antibäretische, speziell antignostische Tendenz offen zutage. 
Und auch die literarische Form ist eine spezifisch andere. Das 
erste Stück bewahrt von Anfang bis zu Ende mit Ausnahme von 
 _ Öap. 4 den Charakter einer Rede, ohne daß .die Person des Ver- 
fassers irgendwie hervortritt, hier dagegen bezeichnen sich die 
Apostel selbst als diejenigen, welche die empfangenen Offen- 
barungen niedergeschrieben haben. Sie haben dazu das litera- 
rische εἶδος des Briefes gewählt. Der Brief ist gerichtet an 
» Söhne und Töchter, d. h. an die geistigen Kinder der Apostel, 
und endet mit dem bekannten Briefgruß: χάρις ὑμῖν πληϑυνϑ είν 
(li. Petr. 1,2; 2. Petr, 1,2). So liefert uns diese Praefatio alles 
das, was wir zu wissen begehren, 1. die Verfasser, welches sind 
die Apostel, 2. die Adressaten, welches sind die wahren Christen 
in ihrer Gesamtheit, 3. die Veranlasser, welches sind die häre- 
scher Eindringlinge Simon und Cerinth, 4, den Inhalt, welcher 
ht aus Offenbarungen Jesu an die versammelten Jünger, 
ie _Bnbere Einkleidung, welches ist die Form eines Briefes. 


170 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Nach dieser vollständigen Praefatio lesen wir die Worte 8. 26, 9 δ΄: 
„(Wir) Johannes, Thomas, Petrus, Andreas, Jacobus, Philippus, 
Bartholomäus, Matthäus, Nathanael, Judas Zelotes und Cephas, 
wir schreiben ! an die Kirche? des Ostens und Westens, Nor- 
dens und Südens (über Norden und Süden), indem wir euch 
verkündigen und mitteilen das, was wir über unsern Herrn Jesum 
Uhristum, wie wir ihn gesehen haben (nach ΟἿ, aufgeschrieben 
haben und (wie) wir ihn hörten und berührten, nachdem er von 
den Toten auferstanden war, und wie er uns Großartiges, Stau- 
nenerregendes und Wirkliches offenbart hat“. In diesem zweiten 
Proömium stellen sich die mit Namen angeführten 11 Apostel 
als Verfasser vor; als neue Adresse erscheinen die Gemeinden 
resp. die ἐχχλησία der vier Weltgegenden und als Inhalt wird be- 
zeichnet die Mitteilung dessen, was die Apostel von Christus nach 
der erfolgten Auferstehung als Offenbarung empfangen haben. 
Das ist das Großartige und Staunenerregende; in diesem Schrei- 
ben sind Spezialoffenbarungen aufgezeichnet, die über das aus 
der früheren irdischen Wirksamkeit Übermittelte weit hinaus- 
gehen. Aber der Brief beginnt nicht sofort mit diesen Offen- 
barungen, sondern zuvor wird die präexistente Wirksamkeit 
Jesu Christi in einem besonderen Glaubensbekenntnis zu dem 
Sohne Gottes als dem Weltschöpfer geschildert (S. 27, 3.6) und 
am Schluß an dieses Bekenntnis der Glaube an den früher in 
den alttestamentlichen Propheten wirksamen, jetzt im Fleisch 
erschienenen, von Maria durch den heiligen Geist und den Willen 
Gottes in Bethlehem geborenen Logos angeschlossen G. 28, 8 ff.). 
Darauf folgt eine ausführliche Zusammenstellung von Wunder- 
taten Jesu, sei es als Knabe nach dem apokryphen Kindheits- 
evangelium des Thomas (S. 29, 1 ff.), sei es während seines Ver- 
kehrs mit den Jüngern nach den von diesen aufgezeichneten 
Berichten (S. 29, 7ff.). Erst in Cap. 6 8. 32, 6ff.) wird der 
Faden von Capitel 2 (— S. 36, 9ff.) mit den Worten wieder auf- 
genommen: „Dies offenbarte uns unser Herr und Erlöser und 
belehrte uns. Wir aber tun es wie er, damit ihr an der Gnade 
des Herrn, unserm Gottesdienst und unsern Lobgesängen teil- 
nehmet, indem ihr für das ewige Leben Sorge traget. Seid fest und 

1) Im Original stand ἐγράψαμεν. 2) Die Hdd. ABCS bieten 


übereinstimmend: „an die Gemeinde“ resp. „an die Kirche“, L und 
Or. 795: „an die Gemeinden“. ; : 


— 


Titel und Umfang des Werkes. 171 


 wanket nicht in der Erkenntnis und in der Erforschung unseres 
Herrn Jesu Christi, und er wird Gnade tun und (euch) retten 
immerdar und ewiglich bis in die Unendlichkeit“. Damit schließt 
die ganze Introduetio ab. Wiederum hören wir die Mahnung 
wie in der Praefatio, im Glauben festzustehen und nicht zu 
_ wanken, um nicht verlustig zu gehen der Gnade Christi, d. h. 
des ewigen Lebens, und um zunächst hier auf Erden Teilhaber 
zu bleiben an dem Gemeindegottesdienst mit seinen Lobgesängen. 
Nor allem kommt es auf die richtige Erkenntnis des Herrn Jesu 
Christi an. Aber noch immer nicht wird der Inhalt der Offen- 
 barungen vorgelegt, vielmehr wird noch einmal die Veranlassung 
des Briefes wie in der Praefatio, aber detaillierter, bekannt ge- 
_ geben. Cerinth und Simon sind die beiden Häretiker, die in 
der Welt ihr Unwesen treiben, indem sie einerseits die Worte 
des Herrn verkehren, andererseits über die Person des Herrn 
falsche Meinungen verbreiten. Wiederum werden vor diesen die 
Gläubigen eindringlich verwarnt: „Ihr nun haltet euch ferne von 
_ diesen, weil nämlich Tod sich — in ihnen und große Be- 
_ fleckung und Verderben, diesen, denen das Gericht zuteil werden 
' wird und das Ende und das Verlorensein ewiglich“ (S. 34, 2f. 
—=Ko.1,4f.'). Und weil eine große Gefahr für die Christen 
von diesen Häretikern droht, „deswegen“, so heißt es, „haben 
vir nicht gezögert euch zu schreiben inbetreff des Zeugnisses 
von unserm Erlöser Christus, was er getan hat, während wir 
ihn (beständig) begleiteten, und noch mehr(?) in den Gedanken 
_ und Werken, dieser, über den wir Zeugnis ablegen, daß der 
; Herr ist dieser“ (S. 34, 5£.— Ko. I, $f.). Dieses besondere Zeug- 
nis über den κύριος beginnt mit der Kreuzigung und dem Be- 
— und mündet aus in einem ausführlichen Auferstehungs- 
bericht, der die Erscheinung des Auferstandenen vor den dreiFrauen 
Grabe und den Unglauben der Jünger in lebhaften Farben schil- 
t, bis letztere sich durch persönliche Berührung überzeugen, 
ß ihr Herr wirklich im Fleische auferstanden ist. Damit ist 
n die doketische Anschauung der Gegner widerlegt, zugleich 
aber die äußere Situation für die Unterredung des Auferstan- 


| ἐν S. mit nachfolgender Zahl bedeutet die Seite und Zeile der 
ath. ng. Ko. die entsprechende kopt. Übersetzung. Ich 
nt ag stets nach dem Kopten, da er die ältere und über- 
wiegend beste Überlieferung repräsentiert. 


172 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


denen mit seinen Jüngern gewonnen. Am Auferstehungstage 
unmittelbar im Anschluß an seine Erscheinung vor den Jüngern, 
die wegen ihres Unglaubens auf ihr Antlitz gefallen sind und 
ihre Sünden bekannt haben, gibt der Herr ihnen die Verheißung: 
„Erhebt euch, so will ich euch offenbaren das was oberhalb der 
Himmel und das was in den Himmeln und eure Ruhe, die im 
Himmelreich. Denn mein Vater hat mir die Macht gegeben, 
euch hinaufzuführen und die, welche an mich glauben“ (S. 42, 
13 ff. —= Ko. IV, 14 ff... Und diese Spezialoffenbarungen nach der 
Auferstehung werden eingeleitet mit den Worten: „Was er aber 
offenbart hat, ist dies, was er sagte“ (8.44,5—=Ko.V,5). Sie 
erfolgen aber nicht in Form einer fortlaufenden Ansprache, son- 
dern in Form eines Dialoges. Die Apostel richten gewöhnlich 
bestimmte Fragen an den Herrn, die dieser jedesmal beantwortet. 
Das Ganze bewegt sich bis zum Schluß zwischen den stereotypen 
Formeln: „wir sprachen zu ihm“ und „er antwortete und sprach 
zu uns“, Man könnte daher die Schrift betiteln: „Gespräche 
Jesu mit seinen Jüngern nach seiner Auferstehung“ oder „Offen- 
barungen Jesu an seine Jünger nach seiner Auferstehung“. Kaum 
ist das Gespräch beendet, so erfolgt die Himmelfahrt (S. 154, 6 ff.) 
und die Schrift endet mit den Worten: „Und als sie (se. die 
Engel) dem Firmament sich genähert, vernahmen wir seine 
Stimme: »Gehet hin in Frieden«* (S. 154, 14 ἢ). 

Diese kurze Analyse des Inhalts gibt den unumstößlichen 
- Beweis, daß der von @uerrier publizierte Text nieht eine, son- 
dern zwei ganz verschiedene Abhandlungen umfaßt, wenn auch 
beide für die erfolgte Offenbarung die Zeit nach der Auferstehung 
angeben. In der ersten Abhandlung ist der Schauplatz nach 
Galiläa verlegt, in der zweiten nach Jerusalem. Deshalb durfte 
Guerrier das Ganze nicht „Testament en Galil&e* betiteln, da 
diese Ortsbezeichnung auf den zweiten Teil gar nicht zutrifft. 
Dazu hebt sich diese zweite Abhandlung auch äußerlich von 
der ersten ab, als in letzterer die Dialogform nur ein einziges 
Mal in Cap. 4 (--- 3. 52*—53*) angewendet wird. Und betrachten 
wir dieses Capitel etwas genauer, so machen wir die über- 
raschende Entdeckung, daß die dort gegebene Schilderung der 
Wehen vor Anbruch des Endes fast wörtlich mit den Ausfüh- 
rungen auf S. 102, 11 ff. übereinstimmt. Es ist doch unmöglich, 
daß ein und derselbe Schriftsteller dasselbe Thema in gleicher 


Titel und Umfang des Werkes. 173 


eise behandelt hat. So bleibt nur die Frage übrig, wo wir 

_ den Benutzer zu suchen haben, Und diese Frage ist mit ab- 
 soluter Sicherheit dahin zu beantworten, daß in der zweiten 
Abhandlung das Original vor uns liegt (s. den Beweis weiter 
unten). Auch wird niemand, der die von uns abgelöste zweite 
Abhandlung durchliest, Ieugnen, daß sie ein abgerundetes Ganze 
bildet. Freilich Guerrier scheint anderer Meinung zu sein, wenn 
er Avant-Propos p. 18 am Ende schreibt: On a sans doute 
-  remargus combien mangquait d’unit® la doctrine du Testament, 
᾿ς tamtot orthodoxe tantöt heterodoxe, tour ἃ tour gnostique, par 
 exemple, et antignostique. De plus, si nous exceptons la pre- 
_ miere partie (1 ἃ 12) qui offre assez d'unité, on sent ἃ chaque 
instant que la trame du r6eit et des idöes est fröquemment rom- 
pue, mais — chose importante — pour ötre reprise plus loin. 
A partir du paragraphe 12 le texte ne se suit plus, C’est un 
_ enchevötrement de fragments de caractöre tout different, Daß 
der von ibm publizierte Text zwei ineipit enthält, ist ihm schlieb- 
_ lieh nicht entgangen: Nous avons deux incipit: celui qui ouvre 
le Testament, puis, aprös le passage sur le sort des justes et 
des möchants, un nouvel incipit que rien ne r&clamait et que 
rien ne justife. C'est ἃ partir de lü que le texte parait boule- 
_ verse, et dans lequel nous avons toute une partie qui ne répond 
plus ἃ la promesse de Jesus; „Je, vous rövelerai ce qui arrivera 
- dans le monde afin que, l’apprenant, ceux qui eroient en moi eraig- 
ment“, alors que l’autre partie realise encore cette promesse (S. 19). 
= — ungünstige Beurteilung betreffs der Anordnung des Stoffes 
führt sich auf die Nichtbeachtung der Tatsache zurück, daß 
i einem Dialoge das Thema nicht so streng logisch durch- 
* zu werden pflegt wie bei einer Abhandlung. Dazu übt 
bei @uerrier noch der Umstand seine Nachwirkung aus, daß er 
ursprünglich das Ganze als Einheit angesehen hat und seine An- 
ὁ nachträglich, als er von der Existenz des koptischen Textes 
fuhr, in etwas geändert, aber es nicht über sich gebracht hat, 
ese rundweg aufzugeben. Die Hypothese von der Vereinigung 
— zwei verschiedenen Texten hält er für soutenable. Le Testa- 
‚ment, fügt er erläuternd hinzu, prösenterait un texte eschatolo- 
gique (E), dans lequel aurait étẽ insere, par fragments divises, 
un texte historique et moral (H) sous forme de Lettre des apö- 
es, texte s’ouvrant aprös le second incipit, par la recomman- 


174 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


dation de se tenir en garde contre Simon et Cerinthe, ou par 
la liste des apötres; nous lui croirions une tendance antignosti- 
que et antidocete. Les traits gnostiques ne pourraient-ils 
pas etre attribues au compilateur lui-meme de ces deux do- 
cuments? (S, 20). So nimmt G. hier, um wenigstens die Ein- 
heit der beiden Abhandlungen in der äthiopischen Überlieferung 
behaupten zu können, zu dem unbekannten Kompilator seine 
Zuflucht. Aber noch unglücklicher ist sein Einfall, einen G@no- 
stiker für diese Kompilation verantwortlich zu machen, dessen 
Zeit auf das Ende des 2. oder den Anfang des 3. Jahrhunderts 
angesetzt wird. Und so schließt er in resigniertem Tone mit 
den Worten: „Apres avoir pr@sente ces conclusions, nous ne 
nous dissimulons pas tout ce qu’elles ont de provisoire sans 
doute, C'est ἃ M. Schmidt, qui pourra desormais comparer le 
texte copte, 4} a decouvert, avec le texte @thiopien, qu'il 
appartiendra de donner des conclusions plus fermes, en confor- 
mite ou en opposition avec les nötres“ (8, 22). Leider muß ich 
das letztere feststellen, da Guerrier die elementarsten Regeln 
der Literarkritik außer acht gelassen hat und Schwierigkeiten 
aufgetürmt, wo keine vorhanden sind. Er hat insbesondere das 
Problem dadurch kompliziert, daß er auf die einfache Frage, 
ob in der eschatologischen Partie (Cap. 4 und 45. 46) eine Be- 
nutzung von seiten eines der beiden Verfasser vorliegt, gar nicht 
einmal zur Diskussion gestellt hat. Überhaupt ist es mir un- 
verständlich, wie Guerrier an dem wirklichen Tatbestande so 
nahe vorbeistreifen konnte, wenn er. S. 20, Anm. 3 schreibt: A 
premiere vue, on inelinerait peut-&tre ἃ penser qu’un document 
nouveau commence, mais il est diffieile de le eroire; iln’ya pas 
de titre reel ἃ cet endroit, et le fragment 1—12 ne peut étre 
isol&E du reste, car les mömes idees sont reprises, la forme, 
lallure de ce commencement se continue par endroit jusqu’ä la 
fin qui maintient le titre et donne l’explieit du Testament. 11 
semble que 1—12 ainsi que l’apocalypse du T. R. (= Testamen- 
tum Rahmani) derivent d’une source ecommune traitee librement 
par chacun, mais ce texte commun a dü ötre utilise par le com- 
pilateur lui-möme de notre texte ethiopien. Il aura pu introduire 
la Lettre des apötres au milieu de l’autre, afin de moins attirer 
l’attention et d’essayer de donner plus d’apparence d’unite, Die 
Einführung des ominösen Kompilators wacht wirklich die Sache 


ΓΙ ne Kae FE rc EA I ZZ ΨΥ ΤΡ a Ze 


6666 


Titel und Umfang des Werkes. 175 


nicht einleuchtender, denn was müßte das für ein wunderlicher 


Kompilator gewesen sein, der für seine eschatologischen Aus- 
zweimal denselben Stoff verwendet! Oder sollte er 

so — gewesen sein, wenn er tatsächlich in beiden Ab- 
handlungen dasselbe vorfand, dies nebeneinander stehen zu lassen ? 
Man sollte doch aufhören, den angeblichen Kompilatoren jeden 
Unverstand zuzutrauen. Überhaupt verrät Guerrier nicht deut- 
lich, wie die beiden verschiedenen Abhandlungen ineinander ge- 
schoben sind. Freilich brauchen wir uns darüber heute nicht 
mehr den Kopf zu zerbreehen, denn durch den neu entdeckten 
koptischen Text haben wir den urkundlichen Beweis in den 
Händen, daß das von Guerrier Cap. 12—62 publizierte Stück 


einst als selbständiges Werk überliefert wurde. 


In der koptischen Übersetzung ist ja leider der Anfang 
nieht erhalten, es fehlen 4 Blätter = $ Seiten. Auf diesen 
$ Seiten kann aber unmöglich der gesamte Text der ersten Ab- 
handlung Cap. 1—11 noch gestanden haben, vielmehr reichen 


sie gerade aus, um den überlieferten äthiopischen Text von 


Cap. 12—17 (inel.) wiederzugeben. Das zeigt eine einfache Be- 
rechnung. Denn der gedruckte äthiopische Text umfaßt 64 Zeilen 


in der Publikation von G., mithin würden je 8 Zeilen äthiopi- 


schen Textes je einer Seite koptischen Textes entsprechen. Diese 
Zahl würde sich für die Seite um 1 resp. 2 Zeilen erhöhen, 
wenn wir für den Titel des Werkes im Koptischen einen größern 


Raum ansetzen müßten, obwohl ieh vermute, daß der Titel wie 


in allen alten Hdd. am Schluß gestanden hat. Das eben ge- 


᾿ς fundene Verhältnis entspricht genau demjenigen, das wir bei 


einem Vergleich der erhaltenen Seiten des koptischen Textes 
mib denen des äthiopischen Textes konstatieren können. Da 


nun der Kopte in allen erhaltenen Partien denselben Text bietet 
_ wie der Äthiope, so waltet kein Zweifel darüber ob, daß zur 
Zeit, als der Text vom Griechischen — denn griechisch war das 


Original — ins Koptische übersetzt wurde, dieser denselben Um- 


E fang hatte. Hat diese Übersetzung bereits im 4. Jahrh. statt- 
᾿ς gefunden, so erweist sich die @uerrier'sche Annahme eines gno- 
stischen 


ompilators am Ende des 2. Jahrh. als Phantasie. Und 
nicht nur die koptische Übersetzung, sondern auch das von Bick 
entdeckte lateinische Fragment erhebt dagegen Protest. Denn 
der Anfang: nos enim temptantes quod vere in carne resurrexerat 


176 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. — — 


entspricht einem Satze in Ko, IV, 10, der am Schluß eines mit 
τὸ paginierten Blattes steht. Demgemäß würden 12 dem kop- 
tischen Text entsprechende Seiten verloren gegangen sein. Da 
nun, wie 8. 21 bemerkt ist, in dem lateinischen Codex dıe mitt- 
lere Lage von 3 Doppelblättern — 12 Seiten ausgefallen ist, für 
den Text der vorhergehenden Apokalypse des Thomas höchstens 
6 Seiten beansprucht werden, blieben noch 6 Seiten für den 
Anfang der lateinischen Übersetzung übrig. In diesem Falle 
kann der lateinische Übersetzer resp. Abschreiber Cap. 1-11 
des äthiop. Textes nicht gekannt haben. Damit ist der voll- 
gültige Beweis geliefert, daß der äthiopische Text von Cap. 19 ἢ. 
in der altehristlichen Literatur ein gesondertes Dasein geführt 
hat, die handschriftliche Zusammenstellung mit der διαϑήχη und 
der Apokalypse einer viel späteren Zeit angehört. 

Wie lautete nun der wirkliche Titel dieser Schrift, wenn 
die Benennung mit „Testament“ ausgeschlossen ist? Im Äthio- 
pischen ist der Titel bei der Verbindung mit der διαϑήκη unter- 
drückt, im Koptischen infolge des Verlustes des Anfanges und 
des Schlusses verloren gegangen; im Lateinischen liest man auf 
den beiden Versoseiten die Überschrift Epistula, während die 
Fortsetzung des Titels auf den Rectoseiten durch Beschneidung 
des Randes weggefallen ist, Nun trägt ja der Eingang der 
Sehrift unverkennbar den Charakter des Briefes an der Stirn; 
alles was zum antiken Schema des Briefes gehört, finden wir 
in der Adresse beisammen, selbst der .Segensgruß fehlt nicht. 
Als Briefschreiber sind an der Spitze die elf Apostel genannt, 
in einem Wirbericht teilen sie die empfangenen Offenbarungen 
durch den vorliegenden Brief mit und noch einmal S. 34,5 — 
Ko. 1,9 heben sie den Anlaß ihres Schreibens hervor. Es ist 
also ein Brief und zwar ein katholischer im wirklichen Sinne 
des Wortes, da er nieht nur von der Gesamtheit der Apostel 
verfaßt, sondern auch für „alle“ Christen bestimmt (S.24, 4), d. h. 
an die Gemeinden der vier Himmelsriehtungen gerichtet ist. 
Deshalb werden wir wohl kaum in die Irre gehen, wenn wir 
die Schrift unter dem griechischen Titel ἐπιστολὴ τῶν ἀποστό- 
λων einführen. Denn eine längere Bezeichnung kann im Latei- 
nischen auf epistula nicht gefolgt sein, da der Raum auf dem 
oberen Rande der Rectoseite sonst nicht ausreichen würde Wir 
würden also eine analoge Überschrift wie bei der διδαχὴ τῶν Ὁ 


Ra ee ὸς 


Integrität des Textes. ἢ 177 


δώδεχα ἀποστόλων besitzen. Freilich ist diese Epistola aposto- 
"lorum nicht identisch mit derjenigen Schrift, auf die Origenes 
hom. in Lev. 10! anspielt, da das von ihm angeführte Zitat sich 
in unserer Schrift nicht findet. Der jetzt vollständig vorliegende 
_ Text bestätigt meine frühere Vermutung nicht. Aber selbst wenn 
man jenen Titel nicht gelten lassen will, die Hauptsache bleibt, 
daß uns eine altchristliche Schrift von hohem Alter und un- 
gemein hervorragender theologischer Bedeutung von neuem ge- 
ο΄ sehenkt ist. Die nachfolgenden theologischen Untersuchungen 
- werden sich ausschließlich auf diese Epistola erstrecken; auf die 
Apokalypse betreffs des Weltendes werde ich nur ganz kurz am 
Sehlub eingehen. 


ἥ II. Integrität des Textes. 
τ. Bevor ich die theologischen Untersuchungen in Angriff neh- 
men kann, muß noch eine Vorfrage erledigt werden, ob und 
᾿ς wieweit der ursprüngliche Text der Epistola uns aufbehalten 
ist. Denn wir besitzen ja nicht den griechischen Urtext, sondern 
sind ganz auf die Versionen angewiesen. Was den koptischen 
und lateinischen Text anbetrifft, so geht die Überlieferung auf 
ein hohes Alter zurück, indem die Abschrift des ersteren bereits 
aus dem Ende des 4. resp. Anfang des 5. Jahrh., die des letz- 
teren aus dem 5. resp. 6. Jahrh. stammt. Aber vom lateinischen 
- Text besitzen wir ja nur ein einziges Blatt und überdies noch 
in einem schwer lesbaren Palimpsest. Die koptische Version 
zeigt nicht nur am Anfang und Schluß, sondern auch in der 
Mitte bedeutende Lücken, und noch dazu an Stellen, die für die 
theologischen Untersuchungen von besonderem Werte sind. So 
liegt das Werk vollständig nur in der äthiopischen Version vor, 
durch ganz junge Hdd. repräsentiert wird, welche über das 
Jahrh. nicht hinausgehen. Als weiterer ungünstiger Umstand 
kommt hinzu, daß die äthiopische Version nicht wie die kop- 
tische und Inteinische auf das griechische Original zurückgeht, 
ern eine Afterversion ist, vielleicht gar durch zwei Mittel- 


glieder von dem Urtext getrennt ist. 


3 Ὁ) Sed est et alia adhuc religiosa (ieiunandi ratio), cuius laus 
quorun apostolorum litteris praedicatur, invenimus enim in quo- 
libello ab apostolis dietum: Beatus est, qui etiam ieiunat pro 


T. u. 0, ’14: Schmidt-Wajnberg. 12 


175 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Nun lehrt eine flüchtige Vergleichung des koptischen und 
äthiopischen Textes, daß, auf die Substanz des Stoffes gesehen, 
keine irgendwelche in die Augen springenden Differenzen vor- 
liegen. Den besten Prüfstein bilden die von den Aposteln ge- 
stellten Fragen. Ihre Zahl wie die Reihenfolge decken sich’ 
vollständig in beiden Versionen. Nur an einer Stelle habe ich 
einen Zwiespalt der Überlieferung bemerkt. In Ko. X, 3ff. näm- 
lich heißt es: „Da sprach er zu uns: Ich bin ganz in meinem 
Vater und mein Vater ist in mir in Rücksicht auf die Ähnlich- 
keit der Gestalt und der Macht(?) und der Vollkommenheit und 
des Lichtes und des vollkommenen Maßes und der Stimme. Ich 
bin der Logos“. Dagegen bietet der Athiope 8. 58, ὃ δι: „Und 
er sagte zu uns: Ich bin ganz im Vater und der Vater in mir. 
Darauf sagten wir zu ihm: Wirst du uns wirklich bis zu deiner 
Ankunft verlassen? Wo aber werden wir einen Meister finden? 
Er aber erwiderte und sprach zu uns: Wisset ihr denn nicht: 
wie ich bis jetzt hier war, so war ich auch dort bei dem, der 
mich gesandt hat? Und wir sagten zu ihm: Ὁ Herr, ist es denn 
möglich, daß du hier und dort seiest? Er sprach zu uns: lch 
bin ganz im Vater und der Vater in mir, denn (ich bin) von 
seinem Ebenbild und Gestalt, von seiner Macht und Vollkom- 
menheit und von seinem Lichte. Ich bin sein vollkommenes 
Wort“. Offensichtlich überliefert der Athiope den ursprüng- 
lichen Text, denn vorher hatte der Herr von der Parusie des 
Vaters gesprochen und die erstaunte Frage der Jünger hervor- 
gerufen, wie seine frühere Aussage, er selbst werde kommen, 
sich zusammenreime mit der jetzigen: „der, welcher ihn gesandt 
hat, werde kommen“, Das Rätsel löst der Herr durch seine 
Identität mit dem Vater in der Formel: „Ich bin ganz im Vater 
und der Vater in mir“. Jetzt stellen die Jünger die Frage, ob 
er wirklich sie bis zu seiner Ankunft verlassen wolle, worauf 
der Herr an sein gleichzeitiges Sein auf Erden wie beim Vater 
hinweist, und diese Identität illustriert er auf den Einwurf der 
Jünger, wie ein solches gleichzeitiges Sein möglich sei, noch 
eingehender, indem er an. die früheren Worte: „Ich bin ganz 
im Vater usw.“ anknüpft. Das kann von einem späteren Inter- 
polator unmöglich herrühren; dazu sind die dahinter liegenden 
theologischen Anschauungen viel zu singulär, Daß der ku iope 
hier den ursprünglichen Text überliefert, bestätigt auch der 


Integrität des Textes, 179 


Lateiner, bei dem wir noch die Worte lesen: Quid est quod dere- 
linquis nos usque ad adventum tuum? ubi autem possimus. Der 
Defekt des Kopten kann auf ein Versehen des Abschreibers basieren, 
indem sein Auge von dem ersten Satze: „Ich bin ganz im Vater usw.“ 
auf den gleichlautenden Anfang des zweiten Satzes hinüber- 
sprang, oder was vielleicht noch wahrscheinlicher ist, dieser 
Lapsus ist bereits dem Übersetzer des achmimischen Textes pas- 
siert. Der Kopte ist trotz seines hohen Alters kein absolut zu+ 
verlässiger Zeuge; in späterer Zeit werden noch andere Über- 
setzungen nach dem griechischen Text! stattgefunden haben, 
auf die indirekt der Äthiope zurückgeht. Daraus erklärt es sich, 
daß der Äthiope trotz seiner Jugendlichkeit an manchen Stellen 
den ursprünglichen Text bietet. lch will noch ein zweites Bei- 
᾿ς —_ &piel anführen. Ko. XXVIII, 5f. lesen wir: „O Herr, an jenem 
Tage werden sie zu dir sagen: Nicht hast du getrachtet nach 
der Gerechtigkeit und der Ungerechtigkeit, dem Licht und der 
Finsternis, dem Bösen und dem Guten“, dagegen im Äthiopischen 
8.124, 1f.: „Werden sie dir an jenem Tage nicht sagen: Du hast 
den Weg gezeigt zur Gerechtigkeit und zur Sünde, die Finsternis 
und das Licht und das Böse und das Gute unterschieden?“ Hier 
hat bereits der Übersetzer aus dem Griechischen die Fragenega- 
tion fälschlich in den Aussagesatz gestellt und ferner die ihm 
bekannte Phrase διώχειν τὴν δικαιοσύνην statt διαχρίνειν ein- 
gesetzt. Derartige Übersetzungsfehler finden sich mehrfach. 
Aber auf das Ganze gesehen, überragt der Kopte seinen Rivalen 
an Güte nicht allein deshalb, weil er noch den Originaltext vor 
sich hatte und noch an zahlreichen Stellen den griechischen Ur- 

t beibehalten hat, sondern auch darin, daß die koptische 
Sprache eine viel getreuere Übersetzung zuläßt als die äthio- . 
pische. Der Äthiope hat sich viele Mühe bei der Übersetzung 
er Vorlage gegeben, aber die Vorlage muß bereits manche 
'Verderbnisse erlitten haben; von sich selbst aus scheint er sich 
keine größeren Eingriffe in den Text erlaubt zu haben, aber 
die Übersetzung ist unbeholfen, Andererseits zeigen die uns 


ἢ Denselben Sachverhalt konnte ich bei der Übersetzung des 
1. Clemensbriefes konstatieren, wo die jüngere Straßburger Hd. einen 
andern Übersetzungstypus gegenüber der alten Berliner Hd, zeigt 
und au manchen Stellen den ursprünglichen Text aufbewahrt hat; 
vgl. - meine Ausgabe in den TU, Bd. 32, H. 1, 8. 14£. 
Ü 12* 


180 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


vorliegenden jungen Hdd. eine große Verwilderung. Leider 
konnte Wajnberg eine kritische Ausgabe auf Grund einer ein- 
gehenden Untersuchung über das gegenseitige Verwandschafts- 
verhältnis der Hdd. nicht in Angriff nehmen, da eine Kenntnis- 
nahme derselben abgesehen von der Stuttgarter Hd. nicht 
möglich war, auch’müßte die Untersuchung sich auf das vorauf- 
gehende Testament erstrecken. Soviel ist m. Εἰ, sicher, daß alle 
Hdd. trotz aller Abweichungen im einzelnen auf einen gemein- 
samen Archetypus zurückgehen, der bereits eine Reihe Altera- 
tionen des ursprünglichen Textes erfahren hatte. Als Beleg dafür 
mögen einige Beispiele dienen. Nach dem Kopten (Ko. I, 2) 
sind die drei Frauen, die zum Grabe wandern, Maria, Martha 
und Maria Magdalena, nach dem Athiopen Sarrha, Martha und 
Maria Magdalena (S. 38, 1); nach dem Kopten (Ko. II, 12u. Ko. III, 4) 
schickt der Herr Martha und Maria zu den Jüngern, um ihnen die 
Kunde von der Auferstehung zu bringen, nach dem Äthiopen 
(S. 38, 11 u. 40, 3) sind es Maria und Sarah. Der Name der Sarah 
als einer der Myrophoren ist ganz unbezeugt in den Evangelien- 
berichten — er kommt im N. T. überhaupt nicht vor —, ein Ver- 
sehen der Schreiber kann nicht vorliegen, da der Name ja zwei- 
mal vorkommt und die Hdd. an keiner Stelle schwanken. Es 
muß also dieser Name im Archetypus gestanden haben; nur 
bleibt auffallend, daß keiner der Abschreiber den Versuch 
gemacht hat, den unevangelischen Namen zu verbessern', 
Ein zweites Beispiel finden wir Ko. VII, 8: „Ihr Herz nahm 
mich auf und sie glaubte; ich (resp. sie) formte mich und ich 
ging in ihren Leib hinein“. Im Äthiopen $. 50, 11 lesen wir: 
„ihr Herz nahm mich auf, sie glaubte und lachte. Darauf ging 
ich, das Wort, in sie hinein“. Wiederum überliefern alle äthio- 
pischen Hdd. übereinstimmend „sie lachte“. Im Kopt. ist noch 
das griechische Originalwort nAacce beibehalten. Daher muß der 
äthiopische Übersetzer oder seine Vorlage statt nAacce das Wort 
weAacce gelesen resp. verlesen haben. Und noch ein drittes 
— In Fortsetzung der oben angeführten christologischen 


1) BS überliefern S. 40, 6 statt des richtigen Textes: „Da sprach 
der Herr zu Maria und ihren Schwestern“ die Worte „zu Maria und 
Martha“. Das ist sicherlich eine Verbesserung, indem der Schreiber 
den Plural „ihren Schwestern“ nicht verstand und statt „ihrer 
Schwester“ sofort den Namen Martha einsetzte. 


Adresse und Zweck der Epistola. 181 


‚lesen wir in Ko. X, 7ff.: „Ich bin ihm geworden ein Etwas 
d.h.... (der Gedanke?) vollendet im Typus; ich bin geworden 
in der Achtheit, welches ist die χυρεαχή. Die gesamte Voll- 
endung aber der Vollendung werdet ihr sehen infolge der Er- 
lösung“. Dafür steht im Äthiopen Folgendes (S. 60, 1#.): „Dieser 
ist, der, nachdem er gekreuzigt, gestorben und auferstanden ist, 
80 redet, und das Werk, das vollbracht ist im Fleische, nach- 
dem er gekreuzigt ist, und seine Himmelfahrt, diese sind in der 
| Vollendung der Zahl. Die Wunder, die Symbole und die ganze 
‚Vollendung werdet ihr sehen in mir infolge der Erlösung“ '. 
Die Ausdrücke ὀγδοάς und χυριαχή, überhaupt die christologi- 
schen Vorstellungen tragen ein so altertümliches Gepräge, dal 
sie von einem Übersetzer oder Korrektor im 4. Jahrh. gar nicht 
erfunden sein können. Das Ganze mußte bei späteren Lesern 
berechtigten Anstoß erregen, und so ist es durch einen neuen 
Satz ersetzt, der sich schon dadurch als Einschub zu erkennen 
‚gibt, daß der Text von der Ichrede unvermittelt in ein farbloses 
Referat der dritten Person übergeht. Der Äthiope muß diesen 
Ersatz schon in seiner Vorlage vorgefunden haben, da alle Hdd,, 
abgesehen von einigen unbedeutenden Varianten, den gleichen 
Text überliefern. Jedenfalls müssen wir uns bei den schwie- 
rigen Stellen von Fall zu Fall für diese oder jene Lesart ent- 
scheiden. Das gilt besonders für die Partien, welche uns im 
Koptischen nicht erhalten sind, d. h. Capp. 1—6, 31—37 und 
49—51 nach der Zählung der vorliegenden Publikation. Immer- 
hin ist die äthiopische Überlieferung an diesen Stellen nicht von 
‚solcher Verwilderung, daß sie für die Untersuchung ausgeschaltet 
werden müßte, vielmehr können wir sie im großen und ganzen 
mit Vertrauen benutzen. 


III. Adresse und Zweck der Epistola, 


Während manche urchristliche Schriften erst umfangreichere 
‚Untersuchungen erfordern, um die Adresse und ihre Veranlas- 
zu eruieren, ist dies bei unserer Epistola nicht nötig. Denn 
irücklich wird in dem Briefeingange bemerkt, daß die von 
Aposteln mitgeteilten Offenbarungen Jesu für alle bestimmt 
I, d.h. für alle durch die Predigt der Apostel für den Glauben 


ee * ae 
ae ai —— 
——— N ΤΉ 


δὴ Die Übersetzung nach Littmann verbessert. 


182 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


an Christus gewonnenen Vollehristen. Denn das Wort des Evan- 
geliums ist von den Aposteln in der Welt verkündigt, u. zw. 
nieht nur mündlich, sondern auch schriftlich ist es für alle Welt 
aufgezeichnet. So wenden die Apostel sich in der Anrede „unsere 
Söhne und Töchter“ (S. 26, 6) an ihre geistigen Kinder, wie 
Paulus 1. Kor. 4, 14 und Gal. 4, 19 die Korinther und Galater 
als seine τέχνα bezeichnet. Wir werden dabei an das Proömium 
des Barnabasbriefes erinnert: χαίρετε, υἱοὶ χαὶ ϑυγατέρες, ἐν 
ὀνόματι κυρίου τοῦ ἀγαπήσαντος ὑμᾶς, ἐν εἰρήνῃ. Während 
aber dieser Brief eine oder mehrere Gemeinden im Auge hat, 
ist unter den geistigen Kindern der Apostel die damalige Chri- - 
stenheit zu verstehen. Denn wir haben die echtkatholische Vor- 
stellung vor uns, daß die Urapostel die Weltmissionare gewesen 
sind!. Im Einklang mit jener alten Vorstellung wird 5, 26, 11 
hervorgehoben, daß der Brief an die ἐχχλησία des Ostens und 
Westens, Nordens und Südens gerichtet ist. Das setzt voraus, 
daß nach der Meinung des Verfassers das Christentum noch zu 
Lebzeiten der Apostel in der ganzen Welt festen Fuß gefaßt 
hat. Aber was versteht denn unsere Epistola unter der Ge- 
samtheit der Christenheit? Die frühere Forschung der altchrist- 
liehen Literatur stand unter dem Zeichen: Heidenchristentum 
oder Judenchristentum. Diese Fragestellung hat die Kontro- 
versen, oft noch bis in die neueste Zeit, beherrscht, ist aber 
heute zu gunsten des Heidenchristentums entschieden, indem 
das Judenchristentum als Faktor der kirchengeschichtliehen Ent- 
wicklung ausgeschieden ist. Unsere Epistola nimmt nun eine 
einzigartige Stellung ein, als sie noch das Bewußtsein verrät, 
daß die Christen aus den Heiden und aus den Juden eine Ein- 
heit bilden. Wie Matth. 28, 19 dem Auferstandenen der Mis- 
sionsbefehl an alle Völker in den Mund gelegt ist (vgl. den 
unechten Marcusschluß 16, 15), so ergeht auch hier der Ruf aus 
dem Munde des Herrn an die Apostel (S. 94, 4f.— Ko. XXV, 12f.): 
„Gehet ihr und prediget den zwölf Stämmen und prediget auch 
den Heiden und dem ganzen Lande Israels? vom Aufgang bis 
zum Untergang und vom Süden bis zum Norden, so werden 
viele glauben an den Sohn Gottes“. Was hier in der Form der 


—— Vgl. von Harnack, Die Mission und Ausbreitung des Chri- 
stentums II®, 5. 15fl. 2) Man könnte das originale χαὶ — καὶ 
mit „sowohl — als auch“ übersetzen, 


Be BR περ σίας 
π΄ Adresse und Zweck der Epistola. 183 


F verkündet wird, das ist zu Lebzeiten des Verfassers 
_ der Epistola Tatsache geworden. Viele haben durch die Pre- 
digt des Evangeliums den Glauben an den υἱὸς τοῦ ϑεοῦ ge- 
wonnen. Wie aber setzen sich die vielen Christgläubigen zu- 
sammen? Während Matth. im allgemeinen von πάντα τὰ ἔϑνη 
(vgl. Matth. 24, 14; 10, 18; Mare. 13, 10; 1. Tim. 3, 16 — Mare. 16, 15 
ὁ χύσμος ἅπας; vgl. Röm. 1, 8; Kol. 1, 6) redet, wird bier das Mis- 
sionsgebiet in zwei Teile zerlegt. An der Spitze stehen die zwölf 
Stämme; die äthiop. Hdd. fügen in Erinnerung an Matth. 19, 28; 
Lue, 22, 30; Apoe. 21, 12) hinzu „Israels“. Unter den zwölf Stäm- 
men können doch wohl nur die Juden, speziell die Juden Palä- 
stinas im Sinne von Matth. 10, 6; 15, 24 (vgl. Act. 26, 7; 1. Clem. 
55,6; 31, 4; Justin, Dial. e. Tryph. e. 126; 355) verstanden 
werden, nicht wie bei Barnabas 8, 3! und Hermas Sim. IX, 17, 
1. 22 (vgl. Jacob. 1, 1?; Apoe. 21, 12) im geistigen Sinne das 
ehristliche Volk als das wahre Israel. Dagegen spricht schon 
die besondere Aufforderung, auch den ἔϑνη zu predigen. Mit 
dieser zweiten Gruppe ist eng verbunden „das ganze Land Israels“. 
leh vermutete anfangs eine Korruptel des Textes, indem Israel 

an falscher Stelle eingefügt sei, so daß es heißen müsse „der 
Br Erde vom Aufgang bis zum Untergang usw.“, aber der 

thiope hat einen gleichen Text vor sich gehabt, wenn er auch 
damit nicht, hat viel anfangen können, denn wir lesen: „und 
dem Israel und dem Lande Israels“, Demnach muß im grie- 
ἊΝ en Originaltext gestanden haben: κηρύσσετε καὶ τοῖς ἔϑ- 
ο γεσὲ χαὶ πάσῃ τῇ γῇ (τοῦ) Ἰσραήλ. Das ist ein seltsamer Aus- 
_ druck, aber zu meiner rraschung finde ich den gleichen 
Ausdruck in der Nachschrift eines Lesers des gnostischen Codex 
Brucianus am Schlusse der Pistis Sophia‘, Hier heißt es: „Sie 
zogen aus zu dreien nach den vier Himmelsrichtungen (— χλί- 


RE 


1) Οἱ δαντίζοντες παῖδες of εὐαγγελισάμενοι ἡμῖν τὴν ἄφεσιν τῶν 
καὶ τὸν ἁγνισμὸν τῆς καρδίας, οἷς ἔδωκεν τοῦ 


᾿ ἐδώδεκα) φυλαί εἰσιν ol κατοικοῦσαι ὅλον τὸν Fa —— οὖν 
εἰς ταύτας ὁ υἱὸς τοῦ ϑευῦ διὰ τῶν ἀποστόλων. 8) LB bietet „zu 
ihrer Belehrung“ statt „und dem Lande“; S „und prediget den zwölf 
‚Stämmen Israels zur Bekehrung im Osten usw.“ 4) 8, meine 
Übersetzung in den koptisch-gnostischen Schriften Bd. I, 8. 254. 


184 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


were) und predigten das Evangelium (εὐαγγέλιον) vom Reiche 
in der ganzen Welt (χόσμος), indem Christus mit ihnen wirkte 
(ἐνεργεῖν) in dem Worte der Bekräftigung und den Zeichen, 
die sie begleiteten, und den Wundern. Und also haben sie er- 
kannt das Reich Gottes auf der ganzen Erde und in der 
Welt (κόσμος) Israels zu einem Zeugnis für alle Völker (ἔϑνος), 
die vorhanden vom Aufgang bis zum Untergang“. Wir haben 
in diesem Stücke den Schluß eines Werkes vor uns, wahrschein- 
lich eines apokryphen Evangeliums, in dem der unechte Mareus- 
schluß (vgl. Mare. 16, 20. 21) benutzt ist. Der Titel ist leider 
von einem Späteren ausradiert. Diese Stelle zeigt bemerkens- 
werte Berührungen mit der Epistola, zumal da die Jünger die 
besorgte Frage stellen, wer denn auf sie hören wird, da sie 
nicht im Besitz der Kräfte, der Zeichen und Wunder sind, die 
der Herr getan hat. Das Reich Gottes wird verkündigt auf 
der ganzen Erde und in der ganzen Welt Israels. Wenn wir 
den Ausdruck Israels nicht im übertragenen Sinne aufzufassen 
haben, sondern als einen geographischen Begriff, so wäre es 
entschieden eine rhetorische Übertreibung, sollte das kleine Land 
Palästina bezeichnet werden als die „ganze Welt Israels“. Wird 
dies noch dazu in Parallele gestellt zu der ganzen Erde, so ist 
doch ohne Zweifel das große Gebiet gemeint, das ausschließlich 
Palästina von den Juden resp. von den Diasporajuden bewohnt 
wird. Ihnen gegenüber stehen die 29», die sich befinden vom 
Aufgang bis zum Niedergang (unechter Marcusschluß ἀπὸ ἀνα- 
τολῆς καὶ ἄχρι δύσεως vgl. Luc. 13, 29. Matth. 8, 11)!. Auch in 
der Epistola bilden die Heiden mit dem ganzen Lande Israel 
eine Einheit, denn die Aufforderung „prediget“ steht nicht vor 
dem dritten Gliede; auch muß sich der Ausdruck vom Aufgang 
bis zum Niedergang und vom Süden bis zum Norden sowohl 
auf die Heidenwelt wie auf das ganze Land Israels beziehen; 
dazu heißt es nicht einfach „und dem Lande Israels“ 2, sondern 
„dem ganzen Lande Israels“ wie in der Pistis Sophia „in der 
ganzen Welt Israels“. Ist nun im ersten Gliede unter den zwölf 


1) Nach 1. Clem. 5, 6 war Paulus κῆρυξ ἔν re τῇ ἀνατολῇ καὶ 
ἐν τῇ δύσει. 2) Unter ἡ γῆ (τοῦ) ᾿Ισραήλ verstanden freilich die 
Juden und Judenchristen Palästina auch nach der Zerstörung Jeru- 
salems (vgl. Matth. 2, 20 und die Mischna, s. Zahn, Einleitung ins 
N.T. 11, 57, Anm. 7. 


— EUER 185 
tämmen das von Juden bewohnte Palästina zu verstehen, so 
inter dem zweiten Gliede m. E. die gesamte Heidenwelt und 
das Diasporajudentum !. Oder bedeutet „das ganze Land Israel“? 
soviel wie Gesamtisrael und schließt die Diasporajuden und die 
τ nsischen ‚Juden geographisch zusammen? Dann würden 
die zwölf Stämme mehr eine ethnographische Bedeutung baben 
im Sinne von „Volk“, also würde die Aufforderung lauten: Pre- 
diget den Juden sowohl wie den Heiden. 
| Wie man auch immer entscheiden mag, soviel ist sicher, 
daß der Herr die Urapostel nieht nach Matth. 28, 19 mit der 
᾿ς Mission an alle ἔϑνη, d. h. Heidenvölker betraut, wie er sie in 
seinem früheren Missionsbefehl Matth. 10, 6; 15, 24 ausschließ- 
lieh zu den verlorenen Schafen des Hauses Israel gesandt, viel- 
miehr sind die Juden wie die Heiden als zwei verschiedene Gruppen 
deutlich unterschieden. Aber nicht dies ist das Auffällige, son- 
- dern vielmehr die Anführung der Juden an erster Stelle, wäh- 
rend die Mission der Heiden gewissermaßen als eine Nebenauf- 
gabe erscheint, um den Gedanken der Weltmission zum Aus- 
druck zu bringen. Hier muß eine bestimmte Absicht des 
Verfassers vorliegen. Und in der Tat klären uns die folgenden 
_ Ausführungen darüber genügend auf. Denn der Herr verheißt 
seinen Jüngern, sie mit seinen Kräften auszurüsten, damit sie 
wie er gläubige Aufnahme finden. „Gehet ihr und prediget 
die Barmherzigkeit meines Vaters, und das was er getan hat 
durch mich, werde ich selbst tun durch euch, indem ich mich 
efinde in euch, und ich werde euch geben meinen Frieden und 
von meinem Geiste werde ich euch geben eine Kraft, auf dab 
prophezeit ihnen zum ewigen Leben“ (S. 94, 11f. — Ko. XXVI, 
. Plötzlich fährt er aber fort: „Den andern aber selbst werde 
auch geben meine Kraft, auf daß sie lehren die übrigen 
Völker“®. Wer sind denn „die andern“, die der Herr mit der 
gleichen Kraft ausrüsten will wie die Urapostel u. zw. zu dem 
‚ die anderen Völker zu lehren? Sind denn nicht eben 


1) Act. 4, 27 ἔϑνη und λαοὶ ᾿Ισραήλ zusammengestellt. 2) Act. 
‚20 πᾶς 6 kaög ᾿Ισραήλ. 8) Der Äthiope hat die feine Nuance 
Σ verwischt: „ich werde euch meinen Frieden (und) meinen 
st geben und meine Kraft soll euch zuteil werden, damit sie 
ıben; auch ihnen wird diese Kraft gegeben und als Erbe ver- 
en, damit sie sie den Völkern geben“. 


186 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


erst die Urapostel mit dem Mandat der Heidenmission betraut 
worden? Reichen ihre Kräfte nicht aus? Hier scheint tatsäch- 
lich die dogmatische Theorie betreffs der Weltmission der Ur- 
apostel von der historischen Reminiszenz an die Tätigkeit anderer 
Apostel unter den Heiden durchkreuzt zu werden. Es existieren 
also neben den um den Herrn versammelten Aposteln noch 
andere Missionare, die auf den Ehrentitel „Apostel“ Anspruch 


“ machen 'können, da auch in ihnen der Geist und die Kraft Christi 


wirksam ist, ohne daß sie unmittelbar von ihm berufen und 
Zeugen seines Erdenwandels gewesen sind. Noch. ist die Be- 
zeichnung „Apostel“ nicht ausschließlich auf die ἕνδεκα resp. 
δώδεχα beschränkt. Der Herr spricht von diesen weiteren 
Aposteln in der Mehrzahl, Ob nun unser Verfasser dabei wie die 
Didache cap. 11,3 an das noch existierende Institut der missio- 
nierenden ἀπόστολοι denkt oder an Paulus und seine Mitarbeiter, 
ist im letzteren Sinne zu entscheiden. Denn unmittelbar darauf 
führt der Herr den Paulus als den von ihm ausgerüsteten Heiden- 
apostel ein. Während die uns bekannten altchristlichen Schrift- 
steller über die Controversen zwischen Paulus und den Ur- 
aposteln mit Stillschweigen hinweggleiten und nicht deutlich zu 
erkennen geben, ob sie bei Anführung der dodex« Paulus unter 
die Zwölf begreifen oder als Dreizehnten hinzurechnen, hat 
unser Verfasser den von Paulus um die Anerkennung seines 
Apostolates gegen die Urapostel geführten Kampf an der Hand 
der Acta und der Paulusbriefe noch lebhaft empfunden. Nicht 
ohne bestimmte Abzweckung wird hier in einem längeren Exkurse 
dieses Thema angeschnitten. Wiederum gibt unser Verfasser die 
einfachste Lösung, indem er sie in die Hand des Auferstandenen 
legt. Christus selbst stellt in Form einer Weissagung den Paulus 
den Uraposteln als ihren zukünftigen Collegen vor und malt 
ihnen seine Persönlichkeit und seine Schicksale mit Benutzung 
der Berichte der Apostelgeschiehte vor Augen, damit sie schon 
jetzt orientiert sind, Freilich die Kernfrage, um die es sich bei 
der Auseinandersetzung zwischen den Uraposteln und Paulus 
handelt, die Frage nach der Gesetzesfreiheit der Heidenchristen, 
wird nicht berührt; das braucht ihnen der Herr nicht direkt zu 
sagen, auch wird bei den Lesern der Epistola die Kenntnis 
der Sachlage als bekannt vorausgesetzt. Paulus wird als Jude, 
der den Gesetzen gemäß beschnitten ist, eingeführt. Das wird 


— 


* 


Adresse und Zweck der Epistola. 187 


mit besonderer Absicht betont, damit die Jünger nicht von vorn- 
herein von innerer Abneigung gegen den Neuling erfüllt sind. 
Es ist also ihr Volksgenosse, dessen Bekanntschaft sie machen 

sollen. Von ihm wird weiter in Aussicht gestellt, daß er nach 
seiner wunderbaren Bekehrung beim Volke eine Macht erlangen 
wird und daß viele, die ihn predigen hören, Wonne empfinden 
werden (S. 98,2). Unter dem Volke kann doch wohl nur das 
Volk Israel gemeint sein. Es wird damit erinnert an die Mis- 
= sionstätigkeit des Paulus unter den Juden, wie ja auch Paulus 
in seiner Verteidigungsrede vor König Agrippa sich auf diese 

seine Mission am Volke beruft (Act. 26, 20). Um so mehr ist 
man überrascht zu hören, daß sie dem Paulus gram werden und 
ihn in die Hände seiner Feinde ausliefern werden. Also aus 
[ ᾿. ‚der Zahl der ag Volksgenossen kommt der Haß, der sich 
| in die Hände der feindlichen Obrigkeit zu 
er Welches der Grund dieses Hasses ist, wird 
wiederum mit Stillschweigen übergangen. Jetzt erst wird mit- 
geteilt, gleichsam als wenn eine neue Periode des Wirkens be- 
ginnt, daß Paulus predigen und lehren wird, daß er als aus- 
Gefäß, als der Letzte der Letzten den Heiden zum 

(8. 98, 8), resp. den Heiden zum Heil wird (S. 99, 11). 
in 
sond 


IH 
= 


Amt als Heidenapostel ist nicht von ihm selbst an- 
ern ihm durch den Willen des Vaters Christi über- 
(8. 99, 1; vgl. 1. Kor. 1,1; 2. Kor. 1,1; Röm. 1,1; θα]. 
1,15. 16); ds Stimme des Erhöhten vom Himmel (S. 102, 6), auf 
e der historische Paulus sich so oft berufen, ist seine Beglau- 
Das ersetzt vollkommen die Nichtbekanntschaft mit 


— —— ins Feld geführt wurde. Sein Erfolg unter den 

ὃ wird als Erfüllung eines sonst unbekannten Propheten- 
a ger „Siehe, von Syrien aus werde ich anfangen 
menzurufen ein neues Jerusalem, und Sion werde ich mir 
gen, und es wird gefangen werden, und die Unfruchtbare, 
kinderlos ist, wird kinderreich werden und Tochter meines 
rs und meine Braut genannt werden“ ! (S. 101, 3f.). Syrien, 
Damaskus?, ist das neue Zentrum der von Paulus inau- 

'en Heidenmission. Der Erfolg ist ein ungeahnter. Ein 


Τὴ 8. die Bemerkung von W. zum Texte. 2) Ohne Zweifel 
hwebt auch Antiochien vor. 


188 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


neues Jerusalem wird zusammenberufen an Stelle des alten, das 


von auswärtigen Feinden vernichtet und in Gefangenschaft ge- 
führt wird. Der Gedanke, den Paulus Gal. 4, 27 durch Jes. 54, 1 
belegt hat, daß die Einsame viele Kinder hat, mehr als die, die 
einen Mann hat, wird hier in anderer Variation aufgenommen. 
Die geschichtliche Tatsache, daß die Zahl der Christen aus den 
Heiden die aus den Juden bei weitem überragt!, wird auf einen 
Ratschluß Gottes zurückgeführt, indem es im Anschluß an das 
Prophetenwort heißt: „denn so hat es gefallen dem, der mich 
gesandt hat“ (S. 102, 1). Offenbar schweben dem Verfasser die 
Worte des Galaterbriefes 2, 7 vor Augen, daß Paulus mit dem 
Evangelium für die Unbeschnittenen von Gott betraut ist, die 
Urapostel mit dem Evangelium für die Beschnittenen. Die Mis- 
sionsgebiete beider sind voneinander getrennt. Es gibt Christen, 
die von den Uraposteln missioniert und zum Glauben an Chri- 


stus gebracht sind (8. 100, 7; 103, 4), und Christen, die auf Paulus 


gehört haben und für das Evangelium gewonnen sind (8. 103, 5); 
die ersteren rekrutieren sich ausschließlich aus Juden, die letz- 
teren aus den Heiden. So erscheinen die Urapostel als die be- 
rufenen Repräsentanten des Judenchristentums und in diesem 


Sinne richten sie an den Herrn die Frage: „O Meister, ist für _ 


uns und sie ein und dieselbe Hoffnung auf das Erbe?“ ($. 99, 12). 
Aus diesen Worten tritt uns die judaistische Anschauung ent- 
gegen, daß die ἐλπὶς τῆς κληρονομίας resp. τῆς ἐπαγγελίας 
(Act. 26, 6) nur den Messiasgläubigen aus dem auserwählten 
Volke zuteil werden könne, da die Verheißungen Gottes auf das 
Volk Israel abzielen, die Heiden dagegen nicht, wie Paulus 


Ephes. 3, 6 behauptet, Miterben und Leibesgenossen und Teilneh- 


mer der Verheißung in Christo Jesu wären. Der Herr weist 


diese Anmaßung, indem er sich ganz auf den Standpunkt des 
Paulus stellt, in zarter Anspielung mit der Gegenfrage zurück 
(8.99, 14f.): „Sind denn die Finger der Hand einander gleich oder 
die Ähren ‘im Felde, oder bringen die Fruchtbäume gleiche 
Frucht? Bringt nicht ein jederFrucht nach seiner Natur?“ Anihren 


Früchten sollt ihr sie erkennen (Matth. 7, 16), an diesem Maß- 


ΩΣ 
u 


1) Auf diese Tatsache weist auch Justin, Apol. I, 53, 5 hin (vgl. 
Iren, adv. haeres. I, 10,3; Clemens, Alex. Protrept. cap. 1, 9, 5), während 
der Verf. des 2. Clemensbriefes 2, 3 in Jes. 54, 1 die zahlenmäßige 


Überlegenheit der Heidenchristen über die Juden geweissagt findet. τ 


Adresse und Zweck der Epistola. 189 


abe gemessen, wird den Heiden der Vorrang zugesprochen; 
die Predigt unter ihnen hat, von der Zukunft in die Gegenwart 
übertragen, größeren Ertrag gehabt wie unter den Juden. Das 
Volk der Verheißung hat sich in der überwiegenden Mehrzahl 
‚abseits gestellt; damit ist die Prärogative des jüdischen Volkes 
im Gottesreiche aufgehoben und die Heiden sind als das wahre 
Israel die Erben geworden. Die Jünger wollen diese Andeutungen 
- nieht verstehen, sie antworten: „O Herr, willst du zu uns wieder- 
um in Gleichnissen sprechen?“ (S. 100, 2 vgl. Matth. 13, 10; Joh. 
16,25). Jetzt wird der Herr deutlicher, ohne aber das Juden- 
volk als solches zu nennen, indem er spricht: „Jammert nicht!“ 
Es hilft eben nichts, über die Halsstarrigkeit des Volkes zu 
- trauern und zu wehklagen, mögen auch die Apostel als An- 
gehörige dieses Volkes innerlich davon noch so schwer betroffen 
werden. Ihnen selbst, die an ihn glauben, gibt der Herr die 
᾿ς  trostvolle Versicherung: „Wahrlich, ich sage euch: Meine Brüder 
seid ihr, meine Genossen im Himmelreich bei meinem Vater, 
denn so hat es ihm gefallen“ (S. 100, 41), Und diese Versiche- 
rung dehnt er auch auf die von den Uraposteln bekehrten Juden 
aus mit den Worten: „Wahrlich, ich sage euch: auch denjenigen, 
die ihr belehret und die an mich glauben, werde ich jene Hoff- 
nung schenken“ (S. 100, 6). Die Judenchristen sind also trotz 
ihres Festhaltens am Gesetz Vollbürger des Reiches — hier 
zeigt sich der Herr als treuer Sohn seines Volkes, der Glaube 
ihn ist die Hauptsache —, das Gesetz hat die heilsmittlerische 
Bedeutung verloren, aber das Verhältnis hat sich entschieden 
ert. Hat Paulus für die Heidenchristen die Berechtigung 
; heiß erkämpfen müssen, als Miterben des Reiches Gottes 
rk zu werden, so sind jetzt die Judenchristen in die 
— Stellung der Heidenchristen gerückt und müssen sich 
das Gastrecht durch den Mund des Herrn verschaffen, 
Diese ganze Episode hat nur dann einen Sinn, wenn die 
andersetzung zwischen Heidenchristentum und Judenchri- 
stentum noch im Flusse ist; vor allem gilt es, den Apostolat 
des Paulus gegen alle Angriffe sicherzustellen. Die Angriffe 
tehen sicherlich von Judenchristen aus, denn nach übereinstim- 
Bericht der Kirchenschriftsteller war ihr Haß gegen 
ılus im Laufe der Zeit in keiner Weise gemildert; er blieb 
ihren Augen der Apostat des Nationaljudentums und Ver- 


190 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ächter des mosaischen Gesetzes (vgl. Iren, I, 26, 2; Origenes ce. 
Cels. V, 65; Eusebius h. e, III, 27, 4 und die Pseudoklementinen), 
Zwecks ihrer Widerlegung wird Paulus als Heidenapostel durch 
den Auferstandenen feierlichst proklamiert, er wird als durch 
Gottes Willen bestellter Apostel den Uraposteln an die Seite 
gestellt und gewissermaßen in das Collegium der δώδεκα auf- 
genommen. ‚Jetzt nachdem er vom Herrn als das auserwählte 
Rüstzeug prophetisch angekündigt ist, kann kein Mißtrauen mehr 
von seiten der Jünger bestehen gegen den einstigen Verfolger 
der Messiasgemeinden. Im übrigen ist von einem inneren Gegen- 
satz zwischen den Uraposteln und Paulus keine Rede; auf dem 
Gebiete der Lehre herrscht vollständige Einstimmigkeit. In 
dieser Beziehung rückt der Verfasser der Epistola weit von 
dem überspannten Paulinismus des Marcion ab; hier zeigt er 
sich voll und ganz wieder als Vertreter der altkatholischen Kirche, 
für die die Einstimmigkeit der Apostel feststehendes Axiom ist, 
Das was Tertullian de praeser. haeret. c. 23 mit besonderer Energie 
gegenüber den Marcioniten betont, es habe stattgefunden nur 
eine distributio offieii, nicht eine separatio evangelüi, nee ut aliud 
alter, sed ut aliis alter praedicarent, Petrus in eircumeisionem, 
Paulus in nationes, ist auch der Standpunkt unseres Verfassers '. 
Zu diesem Zwecke greift er zu der Fiktion, daß die Urapostel 
bereits bei der Bekehrung des Paulus eine Rolle gespielt haben. 
Nicht nur wird die Gründung der Gemeinde von Damuskus auf 
die Urapostel zurückgeführt (S. 100, 14), sondern sie werden auch 
gegenwärtig gedacht, als der erblindete Paulus dorthin gelangt 2, 
Denn es heißt S. 96,5 u.: „seine Augen werden durch eure Hand 
bekreuzigt?. Ταῦ ihm alles, was ich euch tat“. Die Person des 
Ananias wird also ganz ausgeschaltet, die Urapostel nehmen die 
Heilung des Erblindeten vor, u. zw. erfolgt sie nicht durch Hand- 
auflegung, sondern durch Speichel, wie der Herr den Blind- 
geborenen sehen machte (Mare. 8, 23; Joh, 9, 6), dabei wird auch 
das Kreuzzeichen resp. die σφραγίς als christliches Heilmittel 
zur Anwendung gebracht‘, Dazu kommt die Taufe als Sünden- 


1) Vgl. Iren, adv, haeres, III, 13, 1f. 2) Hat der Verf. dies 
aus Act. 9, 19 geschlossen, daß Paulus μετὰ τῶν ἐν Auuaoxo μαϑη- 
τῶν einige Tage nach seiner Heilung verweilte? 3) Die besten 
Hdd. ABC bieten: „und mit dem Speichel mit eurer Hand werden 
seine Augen bekreuzigt“, 4) Vgl. Tertullian, Scorpiace c. 1: Nobis 


Adresse und Zweck der Epistola. 191 


΄ 


vergebung, die von den Aposteln an Paulus vorgenommen wird: 
„Tut ihm alles, wie ich euch tat“, denn diese Vorstellung, daß 
Christus die Jünger getauft, finden wir bereits vorher 8.6, 6f. = 
Ko, XII, 3f.: „Und ich habe ausgegossen (?) mit(?) meiner rechten 
Hand über sie die Taufe(?) des Lebens und Vergebung und Er- 
zeitung von allem Bösen, sowie ich es euch getan habe und 
denen, die an mich glauben“. Leider ist nicht klar, was die folgenden 
Worte S. 97, 1 u. besagen, da der äthiopische Text nicht richtig 
- überliefert zu sein scheint, auch die Übersetzer sie verschieden 
wiedergeben. Guerrier übersetzt: Convertissez-le pour les autres, 
᾿ς  Wajnberg: „übertraget es den andern“, Littmann schlägt vor: 
„erhebt ihn für die andern“. M. E. steckt dahinter der Gedanke, 
daß die Urapostel gewissermaßen dem Paulus das Amt des 
-  Apostolates für die Heiden übermitteln sollen, denn unter „den 
᾿ς andern“ sind die Heiden zu verstehen, wie Christus die Urapostel 
ΟΠ selbst mit seinem Geiste für die Mission unter den Juden aus- 
Ε.- hat. So verdankt Paulus den Uraposteln nicht allein 
- seine leibliche Heilung, sondern auch sein geistiger Besitz ist 
_ am ihre Vermittlung geknüpft, wenn auch die Berufung selbst 
durch Christus erfolgt ist. Dazu ist vor allem die persönliche 
- Berührung notwendig und der Herr leitet die ganze Episode 
mit den Worten ein: „Und siehe, ihr werdet einem Manne be- 
 gegnen, dessen Namen ist Saul, was bedeutet Paulus“ (S. 96, 1 u.), 
und dazu erhalten die Jünger auf die Frage: „wann werden wir’ 
jenem Manne begegnen?“ G. 100, 9) die Antwort: „er wird bald 
kommen“. Der katholische Traditionalismus kann mit der so 
energisch von Paulus Gal. 1, 1 verfochtenen These, daß er sein Evan- 
gelium nicht ἀπ᾿ ἀνθρώπων, sondern selbständig δεὰ Ἰησοῦ Χρι- 
ῦ χαὶ ϑεοῦ πατρὸς τοῦ ἐγείραντος αὐτὸν ἐχ νεχρῶν empfangen, 
nichts anfangen; er ignoriert vollständig die bestimmte Mitteilung 
Gal. 1, 16, daß Paulus erst mehrere Jahre nach seiner Bekehrung 
ut den Aposteln bzw. mit Petrus und Jakobus in Jerusalem in 
Berührung getreten ist. So wird Paulus zum gelehrigen Schüler 
der Urapostel herabgedrückt, wenn sie den Auftrag erhalten: 


ädes praesidium, si non et ipsa percutitur diffidentia, signandi sta- 
δὲ adurandi et unguendi bestia calcem. 

1) Die Hdd. AC bieten fälschlich: „und ich werde schnell kommen“, 

en langen Intervall zwischen der" Himmelfahrt Christi und dem 

— des Paulus hat also der Verfasser nicht angenommen, 


192 Schwidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


„wie auch ihr aus den Schriften erfahren habt, daß eure Väter, 
die Propheten, von mir gesprochen haben, und an mir ist es 
wirklich erfüllt worden, so werdet auch ihr ihnen zum Führer, 
und alles, was ich euch gesagt habe und ihr über mich ge- 
schrieben, daß ich das Wort des Vaters bin und der Vater in 
mir ist, so sollt ihr auch zu jenem Manne sein, wie es euch 
geziemt; belehret und erinnert (ihn an das), was in den Schrif- 
ten über mich gesprochen und erfüllt worden ist, und er wird 
nachher den Völkern (Heiden) zum Heil“ (S. 99, 2ff.). In dem 
ersten Teil scheinen die Urapostel mehr als Missionare der 
Heidenwelt gewertet zu sein, wenn wir unter „ihnen“, denen 
sie als Wegweiser dienen sollen, die Heiden zu verstehen haben, 
aber es braucht nur im allgemeinen an ihre Mission, ohne direkte 
Beziehung auf Heiden oder ‚Juden, gedacht zu sein. Der Haupt- 
gedanke liegt im zweiten Teil, daß sie speziell den von ihnen 


bekehrten Paulus in das Verständnis der alttestamentlichen ἡ 


Sehriften einführen sollen. Denn diese Schriften des Propheten 
zeugen von Christus und legen zugleich Zeugnis dafür ab, daß 
das, was sie über ihn geweissagt haben, wirklich in dem Er- 
schienenen erfüllt ist. In dieser Gestalt erhalten die Jünger den 
Auftrag, den Paulus mit dem Weissagungsstoff bekannt zu machen 
und ebenso als Augen- und Ohrenzeugen der Worte und Taten 
des auf Erden Erschienenen die-wahre Erkenntnis über den gött- 
liehen Logos zu übermitteln. So ausgerüstet kann Paulus den 
Heiden das wahre Evangelium verkünden und das Heil bringen, 
Irgendwelche Disharmonie unter den Verkündern des Evange- 
liums herrscht nicht, vielmehr beruht auf der solidarischen Ein- 
heit der gesamten apostolischen Überlieferung der Wahrheits- 
besitz der Großkirche gegenüber den gnostischen Sekten (vgl. 
Clemens Alex. Strom. VII, 17; Tertullian, de praeseript. c. 32). 
Die Apostel sind bereits eine ganz objektive Größe geworden !. 


1) Sehr geschickt hat der Verfasser des Kerygma Petri sich 
dem Dilemma: Weltmission oder Judenmission durch die Annahme ent- 
zogen, daß die Urapostel sich zwölf Jahre hindurch auf Geheiß des Herrn 
auf die Mission der Juden beschränkt und danach erst ihre Weltmission 
angetreten haben, eine Ansicht, die auch von Tertullian de praeser. 
haer. c. 20 geteilt wird: apostoli primo per Judaeam contestata fide 
in Jesum Christum et ecclesiis institutis, dehine in orbem profeeti 
eandem doctrinam eiusdem fidei nationibus promulgaverunt. Von. 


> Adresse und Zweck der’ Epistols, 193 


Des inneren Widerspruches zwischen der Weltmission der Ur- 
apostel und ihrer speziellen Mission unter den Juden ist auch 
unser Verfasser in seiner Tragweite sich nicht mehr bewußt ge- 
wesen. Schon kündigt sich hier der Successionsbegriff an: der 

Herr, die Jünger, Paulus. Die schlagendste Parallele bietet der 
Verfasser der Paulusakten, der in ganz naiver Weise den Paulus 
selbst an die Korinther ungefähr also schreiben läßt: ἐγὼ γὰρ 

ἐν ἀρχῇ παρέδωκα ὑμῖν ἃ παρέλαβον ἀπὸ τῶν πρὸ ἐμοῦ ἀπο- 

στόλων, οἱ ἐν παντὶ χρόνῳ συνῆσαν Ἰησοῦ Χριστῷ (vs. 4 im 

apokryphen Sendschreiben nach der Rückübersetzung von Har- 
nack), eine Erklärung, die genau entspricht dem Berichte der 

Korinther an Paulus in bezug auf die Lehre des Simon und 

Cleobius: οὐδέποτε γὰρ ἠκούσαμεν οὔτε παρὰ σοῦ τοιαῦτα 

οὔτε παρὰ τῶν ἄλλων ἀποστόλων, ἀλλ᾽ ἃ παρὰ σοῦ καὶ τῶν 
ἄλλων ἐλαβόμεν κρατοῦμεν (vs.4.5). Hier lesen wir in kurzen 
Worten: 1) Paulus hat sein Evangelium von den Begleitern des 
Herrn empfangen, 2) er hat seinen Besitz unverändert tradiert, 
und 3) die ἄλλοι, d.h. die Urapostel, sind gleichfalls wie Paulus 
in den heidenchristlichen Gemeinden als Missionare aufgetreten. 

Aber noch ragt in den Horizont des Verfassers der Epistola das 
Christentum jüdischer Observanz!, es ist noch eine lebendige 
Größe. Mag es in der Lehre sich nicht unterscheiden, so aber 
in der Sitte. Zu den Vertretern dieser jüdischen Observanz, 

gewissermaßen zu den Häuptern des Judenchristentums werden 
die Urapostel gezählt. Aber dieses starre Festhalten am Gesetz 

involviert noch keinen Bruch mit dem Heidenchristentum. Für 
‚unsern Verfasser, der offensichtlich Heidenchrist ist und sich 
zur Majorität bekennt, liegt das Judenchristentum auf der glei- 
chen Linie; er erkennt sie als seine Brüder an und macht ihnen 
die Teilnahme am Reiche Gottes nicht streitig; die Hoffnung 
ıf das von Gott verheißene Erbe ist ihnen verblieben. Dabei 


der Judenmission hat der Verfasser des Kerygma scheinbar keine 

® Meinung gehabt, wenn er den Herrn sagen läßt: ἐὰν μὲν οὖν 
ns ϑελήσῃ τοῦ ᾿Ισραὴλ μετανοήσας διὰ τοῦ ὀνόματός μου πιστεύειν 
εἷς τὸν ϑεόν, ἀφεϑήσονται αὐτῷ ai ἁμαρτίαι. 

1) Auch der Verfasser der Paulusakten hat sich mit dem Juden- 
christentum und mit der Stellung des Paulus zum Gesetz beschäf- 
igt, wie die Fragmente 8. 68 meiner Ausgabe der Acta Pauli 
| deutlich verraten. 

Tea. U. ’14: Schmidt-Wajnberg. 13 


194 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


wird auf die Stellungnahme der Judenchristen zu den Heiden- 
christen nicht weiter reflektiert; sie gelten als eine Einheit, Es 
macht den Eindruck, als ob der Verfasser nicht mit solchen 
Judenchristen in Berührung gekommen ist, die die absolute Ver- 
bindlichkeit des mosaischen Gesetzes behaupteten und das Chri- 
stentum im national-partikularistischen Sinne festhielten. Er 
denkt wohl in erster Linie an ‚Judenchristen milder Observanz, 
wie sie uns Justin im ‚Dialog c Tryph. ς. 47; 266 B schildert: 
᾿4λλ᾽ ἐὰν αὐτοὶ διὰ τὸ ἀσϑενὲς τῆς γνώμης χαὶ τὰ ὅσα δύναν- 
ται νῦν ἐχ τῶν Μωυσέως, ἃ διὰ τὸ σχληροχάρδιον τοῦ λαοῦ, 
νοοῦμεν διατετάχϑαι, μετὰ τοῦ ἐπὶ τοῦτον τὸν Χριστὸν ἐλπί- 
ζειν χαὶ τὰς αἰωνίους καὶ φύσει δικαιοπραξίας καὶ εὐσεβείας 
φυλάσσειν βούλωνται καὶ αἱρῶνται συζῆν τοῖς Χριστιανοῖς καὶ 
πιστοῖς, ος προεῖπον, μὴ πείϑοντες αὐτοὺς μήτε περιτέμ- 
νεσϑαι ὁμοίως αὐτοῖς μήτε σαββατίζειν μήτε ἄλλα ὅσα τοιαῦτά 
ἐστι τηρεῖν καὶ προσλαμβάνεσθϑαι καὶ κοινωνεῖν ἁπάντων, οἷς 
ὁμοσπλάγχνοις καὶ ἀδελφοῖς, δεῖν ἀποφαίνομαι. Jedenfalls 
ist die brüderliche Gemeinschaft nicht aufgehoben, der Zusam- 
menhang mit der Kirche nicht gelöst; das verschiedene Volks- 
tum bildet keine Trennungslinie. Deshalb dürfen wir nicht be- 
haupten, daß als Adressaten nur die Heidenchristen gemeint 
sind. Denn der Brief ist doch verfaßt von den Uraposteln, 
deren Judenchristentum nicht geleugnet wird; . Ihr Schreiben 
trägt einen ökumenischen Charakter. Wie sie den Auftrag er- 
halten, in die Welt zu gehen und zu predigen den zwölf Stäm- 
men und den Heiden und dem ganzen Lande Israels vom Auf- 
gang bis zum Untergang und vom Süden bis zum Norden, so 
ist ihr Brief gerichtet an die Kirche des Ostens und Westens, 
des Nordens und Südens. Die ἐχκχλησία umschließt in ihrer Ge- 
samtheit Heidenchristen wie Judenchristen, mögen auch erstere 
an Zahl den Vorrang haben und für den Verfasser als Heiden- 
christen diese Gegenstand seiner besonderen Sorge sein. 
Welches sind nun die Gründe, die die Apostel zur Ab- 
fassung ihres Schreibens an die Gesamtchristenheit bewogen 
haben? Auch hierüber gibt der Brief volle Aufklärung. Das 
von den Aposteln in der ganzen Welt begründete Christentum 
sieht sich aufs ernstlichste bedroht durch die gnostische Be- 
wegung, die hier durch zwei namentlich angeführte Personen, 
nämlich Simon und Cerinth, repräsentiert wird. Ausdrücklich 


ες Adresse und Zweck der Epistola. 195 


en diese beiden in der Praefatio als ψευδαπόστολοι" (8.25, 4) 
Diseichnet Sie treten als Konkurrenten der von Christus aus- 
 gesandten Apostel auf und dehnen ihre Tätigkeit in der Nach- 
folge dieser nicht auf einzelne Provinzen, sondern ebenfalls auf 
die Welt aus. Von ihnen heißt es S. 32, 1u.=Ko.1l, 1: „Ce- 
rinth und Simon sind gekommen, um zu wandeln in der Welt“, 
Sie werden zugleich charakterisiert als „Feinde unseres Herrn 
Jesu Christi“, u. zw. deshalb, weil sie „die Worte und den Gegen- 
stand, d. h. Jesum Christum, verdrehen“. Demzufolge richtet 
das pseudoapostolische Sendschreiben seine Spitze nicht gegen 
Montanisten oder Marcioniten, sondern gegen entschiedene Ver- 
treter der guostischen Häresie. Dabei handelt es sich nicht um 
die Bekämpfung der Sekte der Simonianer und Cerinthianer, 
vielmehr sind diese beiden Namen nur Typen der Gesamterschei- 
nung. Denn nicht ohne bestimmte Absicht sind gerade Simon 
und Cerinth ausgewählt. Sollte nämlich die Fiktion aufrecht 
erhalten werden, daß die Apostel selbst als Bekämpfer der gno- 
stischen Häresie auftreten, so mußte der Verfasser Häretiker der 

- apostolischen Zeit namhaft machen. Als solche gelten von jeher 
Simon Magus auf Grund. von Acta 8, 9ff., der Vater der Gnosis, 
and Cerinth nach der Tradition der Rivale des Apostels Johannes 
in Kleinasien (vgl. Iren. adv. haer. I, 26, 1; III, 11,1). Ein ähn- 
_ liches gnostisches Paar? hat der Verfasser der Paulusakten in 
dem Briefwechsel des Paulus mit den Korinthern unter dem 
Namen des Simon und Cleobius eingeführt. Auch diese sind 
nur -Typen der gnostischen Häresie, auch sie sind als Konkur- 
renten des Paulus gedacht, die durch ihre Mission die Gemeinde 
‚von nd teilweise für sich gewonnen haben. In den Acta 


δὴ * —— Kor. 11, 13; Didache c. 11, 4. Betreffs der Gnostiker 
Hegesipp bei Eusebius h.e. IV, 22,6: ἀπὸ τούτων ψευδό- 
= ψευδοπροφῆται, ψευδαπόστολοι, οἵτινες ἐμέρισαν τὴν ἕνωσιν 
τῆς ἐκκλησίας φϑοριμαίοις λόγοις κατὰ τοῦ ϑεοῦ καὶ κατὰ τοῦ Χρι- 
στοῦ αὐτοῦ und Tertullian, de praescript. haer, e. 4: Qui pseudopro- 
ο΄  phetae sunt, nisi falsi praedicatores? Qui pseudoapostoli, nisi adulteri 
— evangelizatores? Qui antichristi, nisi Christi rebelles? 2) Solche 
| von Paaren sind in der Literatur sehr beliebt. In den 
Theclae (Acta Pauli) erscheinen als Gegner des Paulus Demas 
Hermogenes, in 2. Tim. 1, 15 Phygelius und Hermogenes oder’ 
— und Philetus. Das sieht zum Teil nach literarischer 


13* 


196 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Pauli werden die gemeingefährlichen Lehren der gnostischen 
Missionare im einzelnen also charakterisiert: 1) οὐ δεῖ τοῖς προ- 
φήταις χρῆσϑαι 2) οὔτε τὸν ϑεὸν εἶναι παντοχράτορα 3) οὔτε 
ἀνάστασιν εἶναι τῆς σαρχός 4) οὐτὲ πλάσιν τὸν ἄνϑρωπον 
εἶναι τοῦ ϑεοῦ 5) οὔτε ἐν σαρχὶ τὸν Χριστὸν ἐληλυϑέναι οὔτε 
γεγεννῆσϑαι ἐκ Μαρίας 6) οὔτε τὸν κόσμον εἶναι τοῦ ϑεοῦ 
ἀλλὰ τῶν ἀγγέλων. In unserer Schrift werden die Sonderlehren 
nicht direkt hervorgehoben; sie sind vielmehr in den Gespächs- 
stoff verwoben. Dabei beschränkt sich der Verfasser auf die 
unter Nr. 3 und 5 berührten Punkte über die Auferstehung des 
Fleisches und über die Person Christi, Nicht dem gnostischen 
Dualismus mit seinen kosmologischen Spekulationen und seinen 
Äonensystemen, sondern dem gnostischen Spiritualismus und 
Doketismus gilt die entschlossene Abwehr. Man könnte das 
Thema des Briefes noch kürzer dahin zusammenfassen, daß es 
sich um die Verteidigung der gesamten urchristlichen Eschato- 
logie handelt, in der die Hoffnung auf die Wiederkunft Christi 
und auf die Auferstehung des Fleisches? den Mittelpunkt bildet. 
Dadurch wird wiederum bestätigt der Satz von Harnack (Dog- 
mengeschichte 14, S. 289, Anm. 1), daß „in der Eschatologie sich 
neben der Verwerfung des A. T.s und der Trennung des Welt- 
schöpfers vom höchsten Gott die stärkste Abkehr des Gnosti- 
zismus von der Überlieferung darstellt“. „Feinde unseres Herrn 
Jesu Christi“, damit sind die Gnostiker im allgemeinen charak- 
terisiert, speziell werden sie beziehtigt der Verkehrung der Worte 
und der Person Jesu. Der Vorwurf des διαστρέφειν, μεταστρέ- 
φει», παραχαράσσειν τοὺς λόγους (τὰ λόγια) τοῦ Χριστοῦ 
wurde stets von den Ketzerbestreitern gegen die Gnostiker er- 
hoben®. Die zweite Sondermeinung hat die Person Jesu zum 
Gegenstand, indem die Gegner einer doketischen Auffassung 
huldigen. Ihre Propaganda muß große Verwüstung in den Ge- 


1) Auf diese beiden Hauptpunkte, geht auch die Polemik des Poly- 
karp Philipperbr. 7,1: Πᾶς γὰρ, ὃς ἂν μὴ ὁμολογῇ; ᾿Ιησοῦν Agı- 
στὸν ἐν “σαρκὶ ἐληλυθέναι, ἀντίχριστός ἐστιν" καὶ ὃς ἂν “μεϑοδεύῃ τὰ 
λόγια τοῦ κυρίου πρὸς τὰς ἰδίας ἐπιϑυμίας καὶ λέγῃ, μήτε ἀνάστασιν 
μήτε κρίσιν εἶναι, οὗτος πρωτότοκός ἐστι τοῦ Σατανᾶ. 2) Auch in 
dem Korintherbriefwechsel bildet die Lehre von der Auferstehung 
des Fleisches das Hauptthema. 3) S. die vorher zitierte Stelle bei 
Polykarp. Auch Paulus im apokryphen Korintherbriefe nennt Simon 
und Cleobius „Verkehrer der Worte Christi“ (vs. 8). 


— 


Adresse und Zweck der Epistola. 197 


' meinden angerichtet haben. Offen wird dies zugestanden, wenn 
- wir S.116,7f.—=Ko.XXVlla, 12f.lesen: „Und unter ihnen werden 
Leute sein, die an meinen Namen glauben und (dennoch) dem 
Bösen folgen und eitle Lehre verbreiten. Und viele (so nach 
‚dem Kopt.) werden ihnen folgen und ihrem Reichtum, ihrer 
Verworfenheit, Trunksucht und Bestechung unterliegen; und es 
wird unter ihnen ein Ansehen der Person stattfinden“. Simon 
und Cerinth werden weiter geschildert als solche, in denen 
„eine List ist, mit der sie die Menschen töten“ (S. 25, 6) oder 
wie es S.34,3—=Ko.1,5 heißt: „Tod befindet sich in ihnen 
und große 'Befleckung und Verderben“. Sie nehmen von dem 
Geschriebenen weg und fügen hinzu (vgl. Apok. Joh. 22, 18. 19), 
das treibende Motiv ist dabei das „Streben nach eigenem Ruhm“ 
ς΄ 48. 90, 98. -- Ko. XXI, 15f.; 8. 153, 16; vgl. Joh. 7, 18). Und 
als die Jünger ängstlich fragen: „O Herr, werden denn Lehren 
_ vom andern existieren, abgesehen von dem, was du uns gesagt 
ο΄ -hast?“, bezeichnet der Herr die Existenz von Häretikern als ein 
-  notwendigesÜbel,indem er antwortet: „Es ist notwendig,daß sie exi- 
stieren, damit die Bösen und die Guten offenbar werden“ (S. 90, 12. 
— Ko. XXIV, 5ff.)'. Ihnen droht für ihren Abfall vom Glauben 
-das Gericht und die ewige Verdammnis, wenn es heißt: „denen 
‚das Gericht zuteil werden wird und das Ende und das Verlorensein 
—  —ewiglich“ (8.34,3=Ko. 1,7 vgl. Philipp. 3,19; 1,28), und die gleiche 
Strafe trifft die Verführten, sie werden empfangen ewige Strafe 
48. 90, 11 = Ko. XXIV, 4). Und wie der Verfasser im Proömium 
‚seinen Kampf gegen die Pseudoapostel ankündigt, so schließt er 
sein Werk mit den Worten Jesu ab (S. 153, 158): „Es wird eine 
andore Lehre und eine Verwirrung vorkommen, indem sie ihre eigene 
Erhöhung erstreben und eine unnütze Lehre vorbringen werden (BS). 
Und es wird darin ein Ärgernis des Todes sein, und sie werden (es) 
_ lehren und diejenigen, die an mich geglaubt haben, von meinem 
Gebote abwenden und von dem ewigen Leben entfernen. Wehe 
aber denjenigen, welche dies mein Wort und mein Gebot fäl- 
schen, und denjenigen, die ihnen gehorchen und von dem Leben 
‚der Lehre abweichen (C „die sich durch ihre Lehre von dem 


* Damit tröstet auch Justin Dial. ce, Tryph. ce. 35; 253B seine 
Leser, ebenso Tertullian de praeser. haeret. c. 4: et ideo haereses 
quoqus oportebat esse, ut probabiles quique manifestarentur; dazu 
1. Kor. 11, 19; Luc. 17, 1; 1. Joh, 2, 19. 


198 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Leben entfernen“)!, Sie werden mit jenen zusammen dem ewigen 
Gerichte anheimfallen“?, So schleudert noch-am Schluß der 
Verfasser sein furchtbares Verdikt auf die Betrüger und auf die 
Betrogenen herab. Das sind Töne, die wir bei den Verfassern 
der Pastoralbriefe und der katholischen Briefe in ihrem Kampfe 
gegen die häretischen Sonderlehrer vernehmen. Zu ihnen ge- 
sellt sich Ignatius, der insbesondere in seinen Briefen an die 
(Gemeinden zu Ephesus, Tralles und Smyrna die Leugner der 
realen Leiblichkeit Jesu und die Bestreiter des Glaubens an die 
ἀνάστασις τῆς σαρχός mit glühendem Fanatismus bekämpft und 
nicht müde wird, die Gemeindemitglieder vor diesen Wölfen in 
Schafskleidern auf das dringendste zu warnen. Diesen Kämpfern 
im Dienste der Kirche wollte sich auch unser Verfasser an die 
Seite stellen. Sein pseudoapostolisches Sendschreiben soll dureh- 
aus keine Apologie zur Widerlegung der Gnostiker sein, es ist viel- 
mehr auf die Befestigung des Glaubens der Katholiken berechnet. 
Die Gläubigen sollen vor Abfall bewahrt werden. Darum der 
dringende Appell: „Seid standhaft, wanket nicht, kommt nicht 
in Verwirrung, weicht nicht ab vom Worte des Evangeliums, 
das ihr gehört habt!“ (8.26, 2f.. Und in. gleicher Weise die 
Mahnung S. 33, 3f. o.: „Seid fest und wanket nicht in der Er- 
kenntnis und in der Erforschung unseres Herrn Jesu Christi, 
und er wird Gnade tun und (euch) retten immerdar und ewig- 
lich bis in die Unendlichkeit* und S. 34, 2= Ko. I, 5: „haltet 
euch ferne von diesen“. 

Aber bei dieser Verteidigung des christlichen Aufonikekuihee- 
glaubens und bei dieser Bekämpfung doketischer Anschauungen 
betreffs der Person des auf Erden Erschienenen erhob sich das 
Problem, mit welehen Mitteln der Glaube der Kirche sicher- 

1) L fügt noch hinzu: „die sich vom Gebot des Lebens ent- 
fernen“, 2) Nach dieser Stelle scheint die Zahl der Abgefallenen 
nicht so groß zu sein, wie man nach den früheren Aussagen ver- 
muten möchte, denn als die Jünger fragen: „Wird, o Herr, solches 
unter uns sein?“ antwortet der Herr: „Fürchtet nicht, es wird nicht 
in vielen sein, sondern in wenigen“ (8, 153, 11f.). Soll damit ge- 
sagt sein, daß die Zahl der Häretiker, die aus den christlichen Ge- 
meinden stammen, im Verhältnis zu den treuen Söhnen der Kirche 
keine wesentliche ist? Überhaupt ist bei diesen Ausführungen mehr 


an Abtrünnige infolge ihres sittlichen Verhaltens als — πη 
abweichenden Lehrmeinung gedacht. 


werden sollte. Die Position der Gegner war doch eine 
— — als daß sie leichter Hand erschüttert und siegreich 
' überwunden werden konnte. Mit einfachen Behauptungen durfte 
man schwerlich auf Erfolg hoffen. Der christliche Gemeinde- 
glaube von der leiblichen Auferstehung war ja ein Erbstück 
aus der jüdischen Vergangenheit, daher war er bereits beim 
Eintritt des Christentums in den Kreis des Hellenismus, ehe 
"überhaupt die gnostische Krisis auftauchte, zum Gegenstand von 
Erörterungen innerhalb der Heidenchristen erhoben geworden, 
‘wie wir aus den Ausführungen des Paulus 1. Kor. 15 und 2. Kor. 
-5, 1ff. ersehen. Und seit dieser Zeit war dieser Satz des christ- 
3 liehen Bekenntnisses nicht mehr aus der Diskussion geschwun- 
den. Nicht nur die Schriften der apostolischen Väter wie der 
4, Clemensbrief (cap. 24—27) und die Briefe des Ignatius, ab- 
von einzelnen Bemerkungen bei Barnabas, Polykarp, 

2% Olemensbrief, haben ihr Augenmerk auf die Verteidigung 
3 ‚dieses Glaubensstückes gerichtet, sondern vor allem die Apolo- 
‚geten haben ihre Feder in den Dienst der Sache gestellt!. Stam- 
men die in den SS. Parallela des Joh. Damascenus enthaltenen 
umfangreichen Fragmente ? wirklich von Justin, so hat dieser be- 
reits eine Schrift unter dem Titel περὶ ἀναστάσεως gegen die 
Gmnostiker verfaßt. Ihm gesellt sich hinzu Athenagoras in seiner 
ο΄ Spezialschrift περὶ ἀναστάσεως νεχρῶν, und auch Irenäus hat 
im fünften Buche seines ketzerbestreitenden Werkes die christ- 
liche Auferstehungslehre im Zusammenhang mit der urchrist- 
liehen Eschatologie eingehend beleuchtet. Und daß noch im 
3. Jahrh. das Thema lebhaft die Geister beschäftigte, lehren Ab- 
_ handlungen Tertullians de resurrectione carnis und de came 
Christi, ferner die nicht erhaltene, der ‚Kaiserin Julia Mammaea 
 gewidmete Schrift des Hippolyt περὲ ἀναστάσεως (xal ἄφϑαρ- 
᾿ σίας) und die bis auf wenige Fragmente verloren gegangenen 
zwei Bücher περὶ ἀναστάσεως des Origenes. Ignatius sucht 
bekanntlich die Häresie zu beschwören durch eindringliche Mah- 
nungen zum Zusammenschluß der einzelnen Gemeindemitglieder 
um den monarchischen Bischof als Repräsentanten Gottes und 


we) Vgl. Haller, Die Lehre von der Auferstehung des Fleisches 

auf Tertullian, "Zeitschr. f. Theol. u. Kirche, 1892, 8. 274. 293 ff. 
Br Vgl. Holl, Fragmente vornicän. Väter aus den Sacra Parallela 
| U, N.F'V, 2 5. 868. 


200 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Inhaber des charisma veritatis; im übrigen ruht sein Glaube auf 
der persönlichen Gewißheit und Sicherheit der geschichtlichen 
Tatsachen. Die Apologeten und antignostischen Väter haben 
mit philosophisch-rationellen Argumenten einerseits und mit den 
Autoritäten der heiligen Schriften andererseits die gemeinkirch- 
liche grobsinnliche Auffassung der Auferstehung zu beweisen 
gesucht. Gerade in der Verwertung neutestamentlicher Zeug- 
nisse müssen die Gnostiker Meister gewesen sein; ihre Haupt- 
stütze fanden sie abgesehen von andern evangelischen und 
apostolischen Zeugnissen in dem Satze des Paulus 1. Kor. 15, 50: 
„Fleisch und Blut können das Reich Gottes nicht ererben“, 
Id est, sagt Irenäus adv. haeres. V, 9, 1, quod ab omnibus haere- 
tieis profertur in amentiam suam, ex quo et nos retardare et 
ostendere conantur, non salvari plasmationem dei. Irenäus sucht 
mit krampfhaftem Bemühen diese Waffe den Gnostikern aus 
der Hand zu winden, indem er die Ausdrücke „Fleisch und Blut“ 
auf das des göttlichen Geistes und des heiligen Wandels bare, 
somit tote Fleisch deutet (vgl. Tertullian, de resurr. e. 48—51). 
Aber mit solchen gewaltsamen Interpretationen war nicht viel 
zu erreichen, der Streit auf Grund der Schrift mußte stets, wie 
auch Tertullian in seiner Abhandlung de praeseriptione haereti- 
corum richtig bemerkt hat, einen wenig befriedigenden Eindruck 
hinterlassen, da jeder der Gegner seine Interpretation als die 
allein wahre hinstellte und da insbesondere die aus Paulus ent- 
nommenen Zeugnisse durchaus nicht die Kirchenlehre einwands- 
frei bestätigten. In dieser Notlage hat der Verfasser der Acta 
Pauli zu einer pia fraus seine Zuflucht genommen, indem er in 
dem von ihm erdichteten Briefwechsel des Apostels mit den 
Korinthern der Kirche einen Paulus zeichnen wollte, der als 
entschiedener Gegner der Gnosis die Lehre der katholischen 
Kirche über die Auferstehung des Fleisches in jeder Beziehung 
sich zu eigen gemacht hatte. Gegen diesen Pseudopaulus mußte 
jeder Feind die Waffen strecken. Und das, was diesem Presbyter 
der Kirche Kleinasiens im Herzen bewegt hat, — darum er mit 
Recht, als er wegen seines Unterfangens vor einer Synode zur 
Verantwortung gezogen wurde, sich damit entschuldigen konnte: 
amore Pauli id se fecisse (Tertullian de baptismo e. 17), er hätte 
mit gleichem Rechte behaupten können: amore ecclesiae catho- 
licae id se feeisse — das hat auch unser Verfasser zur Erdieh- 


ung ä 

"Worten Jesu, in den —— Berichten der .. und 
' in der übrigen apostolischen Briefliteratur suchte er vergebens 
- nach beweiskräftigen Zeugnissen für die kirchliche Lehrtradition, 
- and doch waren der Herr und die Apostel in seinen wie in den 
BE Augen der Kirche die einzigen untrüglichen Zeugen der Wahr- 
beit im Kampfe wider die Irrlehre. Was Wunder, wenn er den 
kühnen Entschluß faßte, die so schmerzlich empfundene Lücke 
der Überlieferung durch eine Fälschung auf den Namen der Ur- 
x auszufüllen. Das konnte er aber nur auf dem Wege er- 
reichen, daß er dem schriftlich fixierten, auf die Autorität der 
Apostel gestützten Evangelium — denn, wie wir noch sehen 
werden, lagen ihm die vier Evangelien bereits vor — ein neues 
Evangelium an die Seite setzte, das speziell die eschatologische 
Gedankenwelt in den Mittelpunkt der Unterweisungen Jesu an 
seine Jünger setzte. Diese Unterweisungen in die von den Evan- 
‚gelien behandelte Periode des Erdenlebens Jesu zu verlegen, 
verbot freilich die Existenz der von der Kirche approbierten 
Evangelien, wenigstens hat unser Verfasser es nicht gewagt, 
eine esoterische Geheimtradition neben der öffentlichen Verkün- 
Ε΄. ‚digung für die Zeit vor der Auferstehung zu statuieren. Ge- 
rade einer solchen Geheimtradition rühmten sich die Gnostiker 
und suchten ihre eigenen Geistesfabrikate unter dieser Maske 
 einzuschmuggeln'. Freilich standen sie in dieser Beziehung 
nieht so isoliert da, wie die Großkirchler zu behaupten pflegten, 
denn auch ein Mann wie Clemens Alexandrinus stellt die von 
ihm gelehrte Gnosis unter den Schutz der apostolischen Geheim- 

; ion, der besonderen παράδοσις @yoapos?. 
Der Autor unserer Epistola verlegt die Offenbarung auf die 
; nach der Auferstehung oder richtiger ausgedrückt auf den 


1) Vgl. Iren, adv. haer. I, 25,5 bezüglich der Carpokratianer: 
ἐν μυστηρίω τοῖς μαϑηταῖς αὐτοῦ καὶ ἀποστόλοις 
κατ᾽ ἰδίαν λελαληκέναι und ‚bezüglich der Valentinianer vgl. Clem. 
x, Exc. ex Theodoto 66: ὁ σωτὴρ τοὺς ἀποστόλους ἐδίδασκεν, τὰ 
ν πρῶτα τυπικῶς καὶ μυστικῶς, τὰ δὲ ὕστερα “παραβολικῶς καὶ ἦνιγ- 

γως, τὰ δὲ τρίτα σαφῶς καὶ χυμνῶς κατὰ μόνας. 2) Vgl. 
VI, 7,61: ἡ γνῶσις δὲ αὕτη ἡ κατὰ διαδοχὰς εἰς ὀλίγους ἐκ 
ἀγφράφως παραδοϑεῖσα κατελήλυϑεν und VI, 15, 131: 

διδάξαντος. τοῦ σωτῆρος τοὺς ἀποστόλους ἡ τῆς ἐγγούφου ἃ ἄγρα- 
@05 ἤδη καὶ εἰς ἡμᾶς διαδίδοται παράδοσις. 


202 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Auferstehingstag selbst. Sofort in der Praefatio wird der In- 
halt des Briefes als Offenbarung Jesu an seine um ihn versam- 
melten Jünger gekennzeichnet und im Proömium wird weiter 
als Zeitpunkt dieser Offenbarung die Auferstehung von den Toten 
(S. 26, 15) angegeben; damals habe er Großartiges, Staunenerregen- 
des und Wirkliches ihnen offenbart (S. 27, 1). Demgemäß leitet 
Jesus in unmittelbarem Anschluß an die Auferstehungsszene, die 
die Jünger zu der Überzeugung von‘ der realen Erscheinung 
des Auferstandenen im Fleische gebracht hat, seine Gespräche 
mit den Worten ein: „Erhebet euch, so wit ich euch offen- 
baren das was oberhalb der Himmel und das was in den Him- 
meln und eure Ruhe, die im Himmelreich. Denn mein Vater 
hat mir die Macht gegeben, euch hinaufzuführen und die, welehe 
an mich glauben“ ($. 42, 13f.— Ko. IV, 144. Und diesem 
fügen die Apostel die Worte hinzu: „Was er aber offenbart 
hat, ist dies, was er sagte“ (S.44,5—=Ko.V,5). Also Spezial- 
offenbarungen des Auferstandenen, mitgeteilt von den ‚Jüngern 
in Form eines Briefes!! Damit streift der Verfasser auf das 
bedenklichste die pseudepigraphische Schriftstellerei der Gmosti- 
ker, die neben der allgemeinen Unterweisung während der öffent- 
lichen Lehrtätigkeit mit besonderer Vorliebe die Zeit nach der 
Auferstehung für ihre Spezialoffenbarungen sich ausgesucht hatten. 
Da der neue Stoff zu umfangreich war, begnügten die Gnostiker 
sich nicht mit der kirchlichen Tradition von 40 Tagen, sondern 
dehnten den Verkehr des Auferstandenen mit den rn 


1) Immer von neuem betonen die Jünger den Empfang rd 
Offenbarungen. Wie der Herr sie ihnen mitgeteilt, wollen sie sie 
weiter tradieren, da es 8. 32, 6f. heißt: „Dies offenbarte uns unser 
Herr und Erlöser und belehrte uns. Wir aber tun es euch wie er, 
damit ihr an der Gnade des Herrn, unserm Gottesdienst und unsern 
Lobgesängen teilnehmet“. Dazu vgl. S. 56, 3 —= Ko. IX, 2: „oO Herr, 
was du nämlich uns zuvor offenbart hast, ist groß“. — =. 70, 4 
— Ko. XII, 15f.: „In allen Dingen hast du dich unser erbarmt und 
uns errettet und hast uns alles offenbart“. — 8. 102, 8f.: „O Herr, 
so viel Wichtiges hast du zu uns gesprochen und uns mitgeteilt, 
und hast uns offenbart, was nie gesagt worden ist, und in allem 
hast du uns Ruhe geschenkt und bist uns gnädig gewesen. Nach 
deiner Auferstehung offenbartest du uns alles, damit wir wirk- 
lich erlöst werden“. — S. 142, --- Ko. XXX VII, 9: „O Herr, schön 
hast du uns alles offenbart®. 


— 
BET 


Adresse und Zweck der Epistola. 203 


15 Monate, ja sogar auf zwölf Jahre aus. Den besten Beweis 
für diese gnostische Schriftstellerei liefern uns die in koptischer 
Sprache erhaltenen Originalwerke. Die Pistis Sophia beginnt 
mit den Worten: „Es geschah aber, nachdem ‚Jesus von den Toten 
 auferstanden war, da verbrachte er elf Jahre, indem er sich mit 
seinen Jüngern unterredete“ ?— und die nun die folgenden Blätter 
ausfullenden Geheimoffenbarungen sind. in das zwölfte Jahr verlegt. 
Auch das letzte in der Pistis’Sophia enthaltene Buch hat fol- 
genden Anfang: „Es geschah nun, als unser Herr Jesus gekreu- 
οὐ zigt und von den Toten am dritten Tage auferstanden war, da 
versammelten sich um ihn seine Jünger usw.“° Hier wie in 
‘der, Epistola sind die Offenbarungen auf den Auferstehungstag 
‚verlegt. Ohne Zweifel hatten auch die beiden Bücher Jeü des 
‚Codex Brucianus dieselbe literarische Einkleidung. In dem ersten 
Buche wird Jesus der „Lebendige“ genannt, im zweiten Buche 
‘sind die zwölf Jünger und Jüngerinnen um Jesus versammelt, 
‘als er ihnen die großen Mysterien des Lichtschatzes offenbaren 
will, und wird von ihnen ausdrücklich gesagt, daß sie ihm zwölf 
E —— gefolgt waren‘. In dem noch unedierten gnostischen 


} ἘΠῚ γεὶ. Iren. adv. haer. I, 8, 2 von den Valentinianern: καὶ τοὺς 
—— δεκαοκτὼ αἰῶνας φανεροῦσϑαι διὰ τοῦ μετὰ τὴ ν ἐκ νεχρῶν 
ἀνάστασιν δεκαοκτὼ μησὶ λέγειν διατετριφέναι οὐτὸν σὺν τοῖς 
᾿μαϑηταῖς und von den Ophiten ibid, I, 30, 14: remoratum autem eum 
post resurrectionem XVIII mensibns et sensibilitate in eum 
descendente didieisse quod liquidum est; et paucos ex discipulis suis, 
4005 sciebat capaces tanutorum mysteriorum, docuit haee. Aber auch 
unter den Großchristen müssen ähnliche Ansichten zirkuliert haben, 
die Notiz des christlichen Bearbeiters der Ascensio Jesaiae c. 
9,16 zeigt: et cum depecnlatus est angelum mortis, ascendet [surget] 
Jesus tertio die et manebit in isto mundo DXLY dies, Vgl. Harnack, 
i ..d. Berl. Akad. 1912, S. 677 ἢ. 2) 8, meine Aus- 

al * koptisch-gnostischen Schriften Bd. I, S. 1 [Die griech. christl. 
Schriftst. der ersten 3 Jahrh.. 3)ibid. S.232. 4) ibid. S.306,5-. 
2A ist nicht deutlich, ob die hier angegebenen zwölf Jahre den Ver- 
- kehr vor der Kreuzigung einschließen. Die Normierung auf zwölf 
re könnte auf Zahlenspielerei in Analogie zu den zwölf Äonen 
bei den 18 Monaten beruhen, oder, was vielleicht noch näher 
egt, auf Benutzung einer falsch verstandenen urchristlichen Tradi- 
tion — — wie sie uns im Kerygma Petri vorliegt, derzufolge 


204 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


"Evangelium der Maria‘ enthält der erste Teil Unterredungen 
mit seinen Jüngern nach der Auferstehung, das zweite in dem- 
selben Berliner Codex aufbewahrte ‚Apokryphon Johannis‘ bietet 
Offenbarungen des Erhöhten an den Apostel Johannes, die dieser 
nach den Schlußworten seinen Mitjüngern mitteilt, und das dritte 
Öriginalwerk, die ‚Sophia Jesu Christi‘, beginnt mit den Worten: 
„Die Sophia Jesu Christi, nachdem er von den Toten auferstan- 
den war, als seine zwölf Jünger und sieben Jüngerinnen hinauf- 
gegangen waren nach Galiläa, auf dem Berge, der genannt wird 
er und Freude ....... ‚ da offenbarte sich der Erlöser 
ihnen“. Wie man sieht, verfügen die Gnostiker über ein reiches 
Repertoire. Als Ort dient bald Jerusalem, bald Galiläa, als 
Empfänger der Geheimgnosis ist bald die Gesamtheit der Jünger, 
bald ein einzelner Jünger oder eine Jüngerin vorausgesetzt, und 
als Offenbarungsmittler erscheint bald der Auferstandene, bald 
der Erhöhte. Und die Großkirche selbst mußte ihnen notge- 
drungen auf diesem Wege folgen, wollte sie den Angriffen der 
Gegner ein Paroli bieten. Ging sie darauf aus, den Gesamt- 
besitz ihrer Glaubensurkunden auf die evangelisch-apostolischen 
Schriften zu reduzieren, mußte sie zu der Erkenntnis der Man- 
gelhaftigkeit resp. der Lückenhaftigkeit der ihr zur Verfügung 
stehenden Schriften kommen und diesen Mangel durch Produk- 
tion neuer Schriften von gleicher Autorität zu heben suchen. 
Und sie konnte dies mit gewisser Berechtigung tun, solange sie 
sich im Vollbesitze des Geistes Christi wähnte und den Glauben 
an eine fortgehende Prophetie, durch welche neue Erkenntnisse 
der Gemeinde übermittelt, noch nicht verloren bzw. ausgemerzt 
hatte. Dabei braucht man durchaus nicht die Meinung zu ver- 
treten, als habe der Kampf mit der Häresie ausschließlich diese 
Produktion hervorgerufen; diese mußte vielmehr spontan ein- 
treten, sobald die geistigen und religiösen Interessen umfassender 
wurden und die bestehenden Zustände auf dem Gebiete der Ver- 
fassung, des Kultus und der Lehre als apostolisch legitimiert 
werden sollten, um jeden Gedanken einer fortschreitenden Ent- 
wieklung von vornherein abweisen zu können. Deshalb ist die 
christliche pseudapostolische Literatur durchaus kein Ableger 


seiner Streitschrift wider die Montanisten bei Euseb, ἢ. 6. V, 18 und 
der Verfasser der Acta Petri (p. 49, 22 ed. Lipsius, Apostol. Apo- 
erypha Bd. D. Dazu von Dobschütz, Das Kerygma Petri 8. 53. 


Adrömo und Zweck der Epistola. 205 


F ———— vielmehr beide gehen nebeneinander her, da sie 
aus gleichen Nöten geboren sind; nur ist die gnostische Produk- 
Ὁ viel intensivere, da die Neuheit des Stoffes zu neuen Öffen- 
| anreizte, während die kirchlichen Schriftsteller durch 


᾿ sowohl wie Großkirchler, konnten sich für die angeblichen Son- 
 deroffenbarungen Jesu nach seiner Auferstehung auf den Ge- 
4 ben berufen, daß erst der auferstandene Herr die 
letzten und höchsten Offenbarungen seinen Jüngern übermittelt 
᾿ hätte; denn nach Act. 1, 4 hatte er sich nicht auf bloße Erschei- 
während der 40 Tage beschränkt, sondern bis zu seiner 
Himmelfahrt die Belehrung fortgesetzt, insbesondere τὰ περὶ 
τῆς βασιλείας τοῦ ϑεοῦ behandelt, oder nach Luc, 24, 45 ihnen 
den Verstand ‘zur Einsicht in die Schriften geöffnet. Das alles 
setzt also keinen stummen Verkehr voraus. So hatte auch unser 
- Verfasser freie Bahn für seine Gespräche Jesu mit den Jüngern 
und brauchte nicht zu befürchten, sofort als Verfälscher der 
 Sehrift entlarvt zu werden. Von einem Evangelium quadraginta 
3 dierum hat er abgesehen; die Gespräche sind auf den Auf- 
᾿ς erstehungstag beschränkt, denn nach S. 154, 10f. folgt dem Ab- 
‘ schlaß der Unterredung die Himmelfahrt auf dem Fuße nach. 
_ Bereits bei Justin Apol. I, 67, 8 finden wir die Vorstellung, daß 
Jesus am Auferstehungstage seinen Jüngern besondere Erkennt- 
- nisse mitgeteilt habe!, und ohne Scheu hat Clemens Alex. die 
_ Ansicht geäußert, der Herr habe die γνῶσις nach der Auf- 
_ erstehung seinen Lieblingsjüngern, nämlich Jakobus dem Ge- 
rechten, Johannes und Petrus übermittelt?. Jedenfalls darf der 
Verfasser der Epistola wegen der von ihm vertretenen Geheim- 
offenbarung nach der Auferstehung nicht zu den Gnostikern 
16 weiteres gerechnet werden. Wie wenig die Großkirche 
; als solchen angesehen hat, zeigt nicht nur die Übernahme 
die ehristlich-koptische Literatur — das würde nicht so hoch 
‚bewerten sein —, sondern noch mehr die Übersetzung ins 
) καὶ τῇ μετὰ τὴν χρονικήν, ἥτις ἐστὶν ἡλίου ἡμέρα, φανεὶς ὄ 
ὃς τοῖς ἀποστόλοις αὐτοῦ καὶ μαϑηταῖς ἐδίδαξε ταῦτα, ἅπερ εἰς 
σκέψιν καὶ ὑμὶν ἀνεδώκαμεν. 2) Vgl. Επβοὺ, h. e. II, 14 aus dem 
Buche der „Hypotyposen: ᾿Ιακώβῳ τῷ δικαίῳ καὶ ᾿Ιωάννῃ καὶ Πέτρω 
, — ν ἀνάστασιν παρέδωκεν τὴν γνῶσιν κύριος, οὗτοι τοῖς 
Ἢ ἀποστόλοις παρέδωκαν, ol δὲ λοιποὶ ἀπόστολοι τοῖς ξβδομήκοντα, 
ὧν εἷς ἦν καὶ Βαρναβᾶς, 


206 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Lateinische. Ja, wie wir noch sehen werden, hat sein Beispiel 
auf das εἰδος der kirchenrechtlichen Literatur maßgebenden Pins 
tluß ausgeübt. 

Das führt uns dazu, noch einen — Blick auf die — 
rische Form zu werfen. Wie wir oben festgestellt haben, ist 
die Epistola den katholischen Briefen zuzurechnen, aber das ist 
nur äußerlich. In Wahrheit geht der Brief von 8.44,6=Ko. 
V,6 in eine Apokalypse über, die die Form von Gesprächen 
zwischen Jesus und seinen Jüngern angenommen hat. Diese 
literarische Einkleidung war ebenfalls bei. den Gnostikern sehr 
beliebt. Die Pistis Sophia liefert dafür ein klassisches Beispiel. 
Die Gesprächsform wird auch in den beiden Büchern Jeü, in 
dem ‚Evangelium der Maria‘ und in der ‚Sophia Jesu Christi‘ be- 
nutzt. Die von den sogenannten /yoorıxoi fabrizierten ἐρωτή- 
σεις Μαρίας μεγάλαι und μιχραί (Epiph. h. 26, 8) verraten sich 
schon durch ihren Titel als Fragen der Maria Magdalena an 
Jesus und waren sicherlich au ch auf die Zeit nach der Auf- 
erstehung verlegt. Auch bei andern gnostischen Schriften, die 
den Titel von Apokalypsen und Evangelien tragen, werden wir 
dasselbe vermuten können. Aber diese Gesprächsform ist keine 
Erfindung gnostischer Schriftsteller, vielmehr bildet die Vor- 
stufe die jüdische Apokalyptik, die die Form von Unterredungen 
des Engels mit dem Apokalyptiker angenommen hatte. Auf. 
dem Boden der Kirche bietet abgesehen von der Apokalypse 
des Petras der Hirte des Hermas die schlagendsten Parallelen. 
in Gestalt der Gespräche zwischen Hermas und der Kirche einer- 
seits und mit dem Hirten andererseits. Einzelheiten mögen dies: 
noeh näher beleuchten. Bevor die Jünger die Offen | 
empfangen, heißt es in der Epistola S. 42, 11f. — Ko. IV, 12f.: 
„Wir fielen auf unser Antlitz, indem wir unsere Sünden be— 
kannten, daß wir ungläubig gewesen seien“. In ähnlicher Weise 
legt Hermas vor Empfang seiner Offenbarungen ein Sünden- 
bekenntnis ab nach Vis. I, 1, 3: τειϑῶ τὰ γόνατα καὶ ἠρξάμην. 
προσεύχεσϑαι τῷ κυρίῳ καὶ ἐξομολογεῖσϑαί μου τὰς ἁμαρτίας". 
Besonders . zeigt das Frage- und Antwortspiel in beiden Apo- 


1) Vgl. Vis, I, 1,2: τιϑῶ za “γόνατα καὶ ἠρξάμην προσεύχεσϑαι. 
τῷ κυρίῳ καὶ δυξαξων αὐτοῦ τὸ ὄνομα und Vis, II, 1,5: eig τὰ 
γόνατα ἐξωμολογούμην τῷ κυρίῳ πάλιν τὰς ἁμαρτίας κω ὡς καὶ 
πρότερον. ΠΕΡΊ Εἰ 


Adresse und Zweck der Epistola. 207 


en eine auffallende Übereinstimmung, vor allem in kleinen 
en. So z. B. begründen die Jünger in .der Epistola 
Ahr anhaltendes Fragen mit den Worten: „O Herr, eine Not- 
a wendigkeit nämlich ist uns zu erforschen durch dich, weil du uns 
᾿ς befiehlst zu predigen, damit wir selbst mit Sicherheit durch dich 
erfahren und nützliche Prediger werden, und (damit) die, welche 
dareh uns belehrt werden, an dich gläubig werden“ (S. 76, 4f. 
f — Ko, XVII, 3f.). In gleicher Weise führt Hermas seine an- 
dauernde Fragestellung nieht auf die Befriedigung eigener Wiß- 
begierde zurück, sondern motiviert dies Vis, III, 3, 1: Ναί, κυρία, 
ἵνα, τοῖς ἀδελφοῖς ἀναγγείλω καὶ ἱλαρώτεροι γίνωνται καὶ 
᾿ς ταῦτα ἀχούσαντες γινώσχωσιν τὸν κύριον ἐν πολλῇ δόξῃ. 
| Das bewegt ihn, auch alles genau zu erfragen!. Dabei stellen 
die Fragesteller den Befragten durch ihren Unverstand oder 

i Zweifel auf eine harte Probe und erregen oft Unwillen. So 
spricht Jesus S. 76, 2 = Ko. XVII, 1: „Bis zu welchem Tage fragt 
ihr und grübelt ihr?“ — ferner S, 78, 5 = Ko. XVIIL, 1: „Und 

‘ er zürnte uns, indem er zu uns sagte: O ihr Kleingläubige, bis 
8 zu welchem Tage fragt ihr?“ und 8,109, 6: „Noch seid ihr 
träge in eurem Herzen. Wie lange noch?“ Den gleichen Vor- 
Ξ wurf mub Hermas über sich ergehen. lassen in Vis. ΠῚ, 6, 5: 
᾿ ἕως 2 πότε μωρὸς εἰ καὶ ἀσύνετος καὶ πάντα ἐπερωτᾷς καὶ οὐδὲν 
᾿ οεῖς; oder Vis. III, 10, 9: μέχρε τίνος ἀσύνετοί ἐστε; oder Si- 
mil. IX, 14,4: ἔτι, φησίν, ἄφρων εἶ καὶ ἀσύνετος; Auf der 
_ andern Seite ist der Herr über die stetige Belästigung nicht 
angehalten, vielmehr beruhigt er die Jünger mit den Worten: 
ως weiß nämlich, daß in Glauben und mit eurem ganzen Herzen 
Y ihr mich befragt. Deswegen freue ich mich über euch, denn 
ich ich sage euch: Ich bin erfreut und mein — der 
* daß ihr mich befragt. Eure Unverschämtheit aber ge- 
cht mir zum Frohlocken und gibt euch selbst Leben“ G. 80, 5ff. 
Ko. XIX, 3f.). Auch Hermas muß den Vorwurf der Unver- 
m heit über sich ergehen lassen Vis. III, 3, 2: ἀλλ᾽ οὐ παύσῃ 
ὕἡμενος ἀποκαλύφῳς: ἀναιδὴς γὰρ el oder Simil, V, 4, 2: 


) Vgl. Mand. IV, 2,8: διὰ τοῦτο οὖν, κύριε, ἐξαχριβάξομαι παρὰ 
ἜΑ Simil. V, 4, 5: κύριε, ἐγὼ ἔχων σὲ μεϑ᾽ ἑαυτοῦ ἀνάγκην 
σὲ αἰτεῖσϑαι καὶ σὲ ἐπερωτᾶν. Dazu Mand. IV, 8, 3: ἐπεὶ δὲ πάντα 


βάξῃ, καὶ τοῦτό σοι δηλώσω und Simil. IX, 18, 6: ἐπειδὴ πάντα 
καὶ ἀκριβῶς ἐξετάξεις, ἄχουε. 


208 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


αὐϑάδης εἶ λίαν εἰς τὸ ἐπερωτᾶν und ib. 5, 1: εἶπόν σοι καὶ 
ἄρτι, ὅτι πανοῦργος εἶ καὶ αὐϑάδης, ἐπερωτῶν τὰς ἐπιλύσεις 
τῶν παραβολῶν. Trotz alledem soll Hermas seine Fragen fort- 
setzen, ihre Beantwortung wird ihm in Aussicht gestellt Vis. ΠῚ, 
3,3: ὃ ἂν οὖν ϑελήσῃς, ἐπερώτα περὶ τοῦ πύργου, καὶ ἀπο- 
καλύψω σοι, ἵνα χαρῇς μετὰ τῶν ἁγίων. Desgleichen sagt auch 
der Herr zu den Jüngern: „In betreff dessen aber, was ihr wün- 
schet, fraget mich danach, so werde ich mit euch in angeneh- 
mer Weise reden“ (S. 70, 7f. = Ko. XIV, 5f.), als sie ihn bitten: 
„Noch mehr wünschen wir dich zu befragen, wenn du es uns 
gestattest“. Und zuletzt, die Fragesteller sind voll Verwunderung 
über die großartigen Offenbarungen, wenn sie ausrufen: „O Herr, 
was du nämlich uns zuvor offenbart hast, ist groß (herrlich)“ 
(S. 56, 3 -- Ko. IX, 2) und S. 102, 8: „O Herr, so viel Wichtiges 
hast du zu uns gesprochen und uns mitgeteilt, und hast uns ent- ἢ 
hüllt, was nie gesagt worden ist“ (vgl. S. 27, 1). Dazu vergleiche 
man Simil. V, 5, 4: κύριε, μεγάλως καὶ ϑαυμαστῶς πάντα ἐστὶ 
καὶ ἐνδόξως πάντα ἔχει oder Simil. IX, 14, 4: τὰ γὰρ πάντα 
μεγάλα καὶ ἔνδοξά ἐστι oder Simil. IX, 18, 4: μεγάλως, κύριε, 
καὶ ἐνδόξως πάντα ἔχει. Eine literarische Verwandtschaft zwi- 
schen Hermas und unserer Epistola ist mithin nicht zu leugnen, 
wenn man nicht noch weiter gehen und eine gegenseitige Be- 
nutzung statuieren will. 


IV. Stellung zum A. und N. Testament. 


Bei einer Fiktion, die Offenbarungen Jesu an seine Jünger 
zum Gegenstand hat, wird man nicht von vornherein erwarten 
können, daß alttestamentliche Stellen angeführt werden, und 
doch wird man durch die Tatsache überrascht, daß die Epistola 
wiederholt Zitate aus dem A. T. bringt, und zwar, was sehr 
charakteristisch ist, stets im Munde Jesu. Dies entspricht der 
Gesamthaltung der Schrift, alle Erkenntnis auf den Offenbarungs- 
träger zurückzuführen und zugleich den auf Erden erschienenen 
Logos mit dem im A. T. durch das Medium der Propheten 
Redenden zu identifizieren. Am deutlichsten tritt die Stellung 
des Verfassers in dem Zitate des dritten Psalms uns entgegen. 
Dieses Zitat wird von Jesus mit den Worten eingeleitet: „Siehe 
ich habe angezogen euer Fleisch, in dem ich geboren und ge- 


Stellung zum A. und N. Testament. 209 


_ kreuzigt und auferstanden bin durch meinen Vater, der im 
mmel, damit erfüllet würde die Prophezeiung des Propheten 
David * betreff dessen, was verkündigt ist über mich und 
_ meinen Tod und meine Auferstehung, indem er (sc. David) sagte* 
(8. 66, 9#. — Ko. XII, 3ff.). Darauf wird der ganze dritte Psalm 
zitiert. Was zunächst den Text anbetrifft, so liegt eine wört- 
_ liche Übersetzung des Septuagintatextes vor; nur in vs. 1 ist die 
Frage in eine Aussage verwandelt und durch χαὶ mit dem zweiten 
 Satzgliede ἐπανίστανται resp. ἐπανέστησαν verbunden; in vs. 4 
sind die Worte ἐξ ὄρους ἁγίου ausgelassen‘. Der Inhalt des 
 Psalms wird gedeutet als eine Weissagung des Propheten David 
auf die Geburt, den Tod und die Auferstehung und zwar auf 
die wirkliche menschliche σάρξ des Herrn zur Widerlegun 
gnostischen Doketismus. Die Einführungsformel lautet in Über- 
einstimmung mit den ntlichen und altehristlichen Schriftstellern: 
ἵνα (ὅπως) πληρωϑῇ ἡ προφητεία τοῦ Δαυεὶδ τοῦ προφήτου. 
Somit verlegt der Verfasser diese Formel des Weissagungs- 
᾿ς beweises, wie sie sonst der Reflexion der Schriftsteller entsprang, 
- in den Mund des lebendigen Jesus; ja noch mehr, indem er dem 
) Zitate die Versicherung Jesu hinzufügt: „Wenn aber alle Worte, 
᾿ς die geredet sind durch die Propheten, erfüllet sind durch mich 
_ — ieh (selbst) nämlich habe mich in ihnen befunden —, um 
wieviel mehr wird das, was ich euch sage, wahrhaftig geschehen, 
- damit der, welcher mich gesandt hat, verherrlicht werde von 
euch und denen, die an mich glauben“ (S. 68, 18f. — Ko. MI, 
δῷ) — läßt er den Gemeindeglauben, daß der auf Erden Er- 
_ schienene bereits in der vorchristlichen Zeit durch den Mund 
- der Propheten zu den Menschen geredet habe, ausdrücklich be- 
 stätigen und bekräftigen. Mit allem Nachdruck wird das A.T. 
' für das Christentum reklamiert und die negative Stellung der 
_ gnostischen Gegner rundweg abgelehnt. Schon diese eine Stelle 
ar genügen, um den großkirchlichen Charakter der Schrift 
festzulegen. Auch sonst betont der Herr den Weissagungs- 
οἱ or des A. T.s auf ihn, wenn er spricht: „Wie auch ihr 
‚den Schriften erfahren habt, daß eure Väter, die Propheten, 
mir gesprochen haben, und an mir ist es wirklich erfüllet 
worden‘ πο, 2f.) und gleich darauf: „Belehret und erinnert 


1 ee) Der Äthiope hat nach dem offiziellen Bibeltexte konformiert. 
Tu, U. '14: Schmidt-Wajnberg. 14 


210 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


(ihn an das), was in den Schriften über mich gesprochen und 
erfüllet worden ist“ (S. 99, 8). 

Eine zweite Psalmstelle im Munde Jesu finden wir 5. 110, 1ff.: 
„Diejenigen aber, welche in der Welt Betrüger und Feinde der 
Gerechtigkeit sind, an ihnen wird zur Verwirklichung gelangen 
die Prophezeiung von David, der sprach: »Ihre Füße sind rüstig 
zum Blutvergießen, ihre Zunge bringt Lästerung hervor und 
unter ihren Lippen ist Schlangengift. Ich sehe dich, wie du 
mit einem Diebe herumläufst, und mit einem Hurer deinen An- 
teil, und ferner wie du sitzest, indem du deinen Bruder schmähst 
und wie du dem Sohne deiner Mutter Hindernis stellst. Was 
dachtest du dir, daß ich werde sein wie du?«“ Leider fehlt hier 
die Kontrolle des Kopten, so daß wir den genauen ‘Wortlaut: 
nicht mehr feststellen können. Es handelt sich um eine Kom- 
binierung von Ps. 13,3 mit Ps. 49, 18f. Die erste Stelle zeigt 
eine Umstellung einzelner Satzglieder, da der Urtext lautet: 
τάφος ἀνεῳγμένος 6 λάρυγξ αὐτῶν, ταῖς γλώσσαις αὐτῶν 
ἐδολιοῦσαν" ἰὸς ἀσπίδων ὑπὸ τὰ χείλη αὐτῶν, ὧν τὸ στόμα 
ἀρᾶς καὶ πιχρίας γέμει" ὀξεῖς οἱ πόδες αὐτῶν ἐχχέαι αἷμα. 
Noch freier ist Ps. 49, 18f. behandelt: 18) εἰ ἐϑεώρεις κλέπτην, 
συνέτρεχες αὐτῷ καὶ μετὰ μοιχῶν τὴν μερίδα σου ἐτίϑεις. 
[19) τὸ στόμα σου ἐπλεόνασε κακίαν καὶ ἡ γλῶσσά σου περι- 
ἕπλεχκε δολιότητα.) 20) χαϑήμενος χατὰ τοῦ ἀδελφοῦ σου 
κατελάλεις. καὶ κατὰ τοῦ υἱοῦ τῆς μητρός σου ἐτίϑεις σχάν- 
δαλον. 21) ταῦτα ἐποίησας καὶ ἐσίγησα, ὑπέλαβες ἀνομίαν ὅτε 
ἔσομαί σοι ὅμοιος. Auch hier wird die Erfüllung der Weissagung 
besonders hervorgehoben, wenn hinzugefügt wird: „Nun sehet, 
wie der Prophet Gottes gesprochen hat von allem, damit erfüllet 
wird alles, was er vorhergesagt hat“ (S. 111, 2f.). 

Einem dritten Zitate begegnen wir mit der solennen Ein- 
führungsformel χαϑὼς 6 προφήτης εἶπεν auf S. 148, 15f. — 
Ko. XL, 4f.: „Wehe denen, die die Person ansehen und die recht- 
fertigen den Gottlosen um Geschenke willen, diese, deren Gott 
ihr Bauch ist“. Es handelt sich um Jes. 5, 23: οἱ δικαιοῦντες 
τὸν ἀσεβῆ ἕνεχεν δώρων, das οὐαί ist den vorhergehenden Versen 
entnommen. Das erste Satzglied „denen, die die Person an- 
sehen“ steht nicht an der betreffenden Jesaiasstelle; man kann 
im allgemeinen vergleichen Ps. 81, 2; Sir. 4, 27; 42,1. Guerrier 
zieht ohne Grund Jes. 10, 1 zur Vergleichung herbei: οὐαὶ τοῖς 


Stellung zum A. und N. Testament. 211 


γράφουσι πονηρίαν... 2) ἐχχλίνοντες χρίσιν πτωχῶν. Der 
Sehlußteil stammt überhaupt nicht, aus dem A.T., sondern wahr- 
scheinlich aus Philipp. 3,19: ὧν ὁ ϑεὸς ἡ ποιλία 

= Dazu kommt eine Reihe von Zitaten, die in der angeführten 
Form nicht nachweisbar sind. 

SB) Auf S. 42, 6 — Ko. IV, 5 führt der Herr mit der Zitations- 
formel γέγραπται γὰρ ἐν τῷ προφήτῃ den Spruch an: „Eines 
Dämonsgespenstes (δαίμων -- φαντασία) Fuß haftet nicht auf der 
Erde“ ', Guerrier vermutet eine Anspielung an Daniel 14, 18 
(Bel und der Drache), indem aus der Bemerkung des Königs, daß die 
ἔχνη im Tempel von Männern, Frauen und Kindern herrühren, 
indirekt zu folgern sei, daß Götter keine ἴχνη hinterlassen, aber 
schwerlich hat unsere Stelle damit etwas zu tun, ebensowenig 
mit Sap. Salom. 18, 17, worauf Harnack (Theolog. Studien ...., 
B. Weiß zu seinem 70. Geburtstage dargebracht) verweist?, da 
bier von φαντασίαι ὀνείρων die Rede ist. Vielleicht ist der 
Prophetenspruch von dem Verfasser selbst komponiert; er ist an 
die Stelle von Luk. 24, 39: πνεῦμα σάρχα χαὶ ὀστέα οὐχ ἔχει 
gesetzt. Die Vorstellung von dem Nichthaften der Fußspur eines 
göttlichen Wesens liegt auch dem Berichte in den Johannesakten 
e. 93 (ed. Bonnet 1898, 8. 197) zugrunde: ἐβουλόμην δὲ πολλάκις 
σὺν αὐτῷ βαδίζων ἴχνος αὐτοῦ ἐπὶ τῆς γῆς ἰδεῖν εἰ φαίνεται" 
ἑώρων γὰρ αὐτὸν ἀπὸ τῆς γῆς ἑαυτὸν ἐπαίροντα' καὶ οὐδέ- 
ποτε εἶδον ὃ. 

2) Auf S. 101, 2ff. lesen wir in bezug auf Paulus: „Und er 
wird stark werden in jenem Glauben, damit erfüllet wird das 
Wort des Propheten (ἵνα πληρωϑῇ τὸ ῥητὸν τοῦ προφήτου): 
»Siehe, von Syrien aus werde ich anfangen zusammenzurufen 
ein neues Jerusalem, und Sion werde ich mir bezwingen, und 
es wird gefangen werden, und die Unfruchtbare, die kinderlos, 
vird kinderreich werden und sie wird die Tochter meines Vaters 
— ‚genannt werden, mir aber — meine Braute*. Nirgendswo findet 
sich ein ähnlicher Spruch bei einem alttestamentlichen Propheten. 
Die Dee Vorstellung von dem „neuen Jerusalem“, das am Ende der 


1) Der Äthiope: „Ein Dämonsgespenst hat keine Fußspur auf 
‚der Erde“. 2) τότε ποραχφῆμα φαντασίαι μὲν ὀνείρων δεινῶς ἐξετά- 
| —* αὐτούς, φόβοι δὲ ἐπέστησαν ἀδόκητοι. 3) Über den Aus- 
druck φάσματα δαιμόνων vgl. Acta des Karpus, Papylus und Agatho- 

nike vs, 6 ed. v. Gebhardt, Acta martyrum selecta p. 13. : 
14" 


212 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Tage vom Himmel auf die Erde herabkommt, lesen wir Apoc. 


Joh. 3, 12; 21, 2 (vgl. Gal. 4, 26; Hebr. 12, 22). Hier hat der 


Verf. das irdische Jerusalem im Auge, das zerstört und dessen 
Bewohner in Gefangenschaft geführt werden; ihm stellt er gegen- 
über das „neue Jerusalem“, das im Gegensatz zu dem alten 
Jerusalem eine ideale Größe bildet, da es erst zusammengerufen 
werden muß. Von Syrien aus wird nämlich der Apostel im Auf- 
trage Gottes durch seine Mission unter den Heiden ein neues 
Gottesvolk zusammenbringen, d. h. an die Stelle des alten ver- 
nichteten Judentums wird das neugewonnene Heidentum treten, 
Offenbar schwebt dem Verfasser Gal, 4, 25. 27 vor; das zeigt 
deutlich die Bezugnahme auf Jes. 54, 1, die Paulus dort vor- 
nimmt. Die Unfruchtbare, die kinderreich werden wird, ist eben 
das Heidentum. Der Nachsatz; „sie wird Tochter meines Vaters 
genannt, mir aber meine Braut, denn so hat es gefallen dem, 
der mich gesandt hat“ verrät ohne weiteres seinen späten Ur- 
sprung. Daher vermute ich, daß auf Grund der Jesaiasstelle 
das ganze Agraphon, das in der vorliegenden Form m. E. vom 
Verfasser selbst gebildet ist, einem Propheten des A, T.s zuge- 
schrieben wird. 

3) 8. 136, 11 = Ko. XXXIV, 12f.: „Diese (sc. die zehn Jung- 


frauen) nämlich, bezüglich deren der Prophet geredet hat: 
»Töchter Gottes sind siee“. Der Kopte bietet dafür: „Söhne 
Gottes“, er denkt offenbar an Ps. 81, 6: ϑεοί ἐστε χαὶ υἱοὶ 


ὑψίστου πάντες resp, Röm. 8, 14: οὗτοι υἱοί εἰσιν ϑεοῦ. Für 
die Ursprünglichkeit von ϑυγατέρες spricht auch S. 144, 9—= Ko. 
XXXVII, 4, wo die zehn Jungfrauen als die „Töchter Gottes, 
des Vaters“ bezeichnet sind. Der Prophetenspruch wird eben- 
falls ein freies Gebilde des Verfassers auf Grund der vorher an- 
gegebenen Stelle sein. 

4) S. 150, u. 1f.: „Beim Hören einer Rede glaube nicht gegen 


deinen Bruder, verleumde nicht und lieb es nicht, Verleumdung 
anzuhören. Denn so ist es geschrieben: »Lasse nicht hören dein 
Ohr gegen deinen Bruder«, sondern wenn du (etwas) siehst, 


weise ihn zurecht, züchtige ihn und bekehre ihn“. Bei dem 
mit γέγραπται eingeleiteten Zitat verweist Guerrier zweifelnd 


auf Eecles. 7, 12; das ist wohl ein Druckfehler für Sir. 7, 12: 


μὴ ἀροτρία ψεῦδος ἐπ᾿ ἀδελφῷ σου μηδὲ φίλῳ τὸ ὅμοιον ποίει, 


aber dies deckt nicht das Zitat. Eine sichere Parallele kann 


Stellung zum A. und N. Testament. 913 


ieh nicht nachweisen, nur für die Einleitung finde ich eine Über- 
 einstimmung mit Hermas, Mand. II, 2: πρῶτον μὲν μηδενὸς 
᾿ χαταλάλει μηδὲ ἡδέως ἄχουε χαταλαλοῦντος. 
Unsere Zusammenstellung läßt keinen Zweifel darüber ob- 
_ walten, daß der Verfasser der Epistola das A. T. stets als heilige 
Sehrift mit den bekannten solennen Formeln ' zitiert. Auffallend 
ist dabei, daß nur zwei Zitate, die ausdrücklich auf den Pro- 
* David zurückgeführt werden, sich als solche nachweisen 
lassen, die überwiegende Mehrzahl dagegen als Agrapha be- 
zeichnet werden muß; bei diesen hütet sich der Verfasser wohl- 
ο΄ weislich, den Namen des Propheten anzugeben. Was im A.T. 
steht oder angeblich stehen soll, ist durch die Propheten ver- 
kündigt. Wenn also die gnostischen Gegner nach dem Ver- 


Γ΄ fasser des apokryphen Korintherbriefwechsels lehren: οὐ δεῖ τοῖς 
3 προφήταις χρῆσϑαι, so nimmt die Epistola den entgegengesetzten 
Standpunkt in Übereinstimmung mit der Großkirche ein. 
E Wenden wir uns nun zum N.T. 
0 Der Verfasser des pseudoapostolischen Sendschreibens hatte, 
wie wir gesehen haben, sich die Aufgabe gestellt, Offenbarungen 
des Auferstandenen an seine Jünger zur Mitteilung zu bringen. 
Es sollten ja nicht eigene Gedanken sein, wie sie die Gnostiker 
_ ihren Lesern auftischten, sondern die Lehren, wie sie von der 
 rechtgläubigen Kirche vertreten und ihren Gliedern als die 
᾿ς alleinige Wahrheit überliefert, sollten direkt auf den Religions- 
 stifter resp. auf die Apostel zurückgeführt werden. Mochte der 
- Stoff in maucher Beziehung ein anderer sein, die Sprache, die 
Haltung, das ganze Kolorit durfte keine Abweichung zeigen, 
um zu verhüten, daß die Fiktion vom Leser auf den ersten Blick 
durchschaut würde. Nun kannten die Leser die Kirchenlehre 
nicht allein aus der öffentlichen Verkündigung, sondern sie hatten 


1) Nur ein einziges Mal, nämlich S. 111, 6, scheint eine alt- 
testamentliche Stelle ohne jedes äußere Zeichen eingeführt zu sein: 
„Werden denn die Heiden nicht sagen: Wo ist ihr „Gott?“ Vgl. 
:. 78, 10: un more εἴπωσιν ἐν τοῖς ἔϑνεσι Ποῦ ἔστιν 6 ϑιὸς αὐτῶν; 
er es handelt sich hier mehr um ein geflügeltes Wort als um ein 
tat. Wir finden es während der gallischen Verfolgung im Munde 
er Heiden (vgl. Euseb. ἢ, e. V, 1, 60), dazu die Anspielungen bei 
Justin Apol. II, 5, 1: Clemens Alex. Strom, IV, 78, 1 u. 80, 1, Bd. II, 

En" Stählin; Minucius Felix, Octav. 12, 2; Lactant. de ira 


214 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


das schriftlich fixierte Evangelium zur Hand, .Mit Nachdruck 


verweisen die Briefschreiber in dem Proömium $. 26, 3f, auf 
diese beiden Quellen, indem sie die Adressaten auffordern, nicht 
vom Worte des Evangeliums, das sie gehört haben, abzuweichen, 
und andererseits betonen, daß sie selbst das Wort des Evange- 
liums in der Gestalt, wie sie es gehört und im Gedächtnis be- 
halten, für alle Welt aufgezeichnet haben!. Um alle Differenzen 
zwischen den offiziellen Urkunden und dem neuen Evangelium 
der Offenbarung zu verwischen, hat der Verfasser sich in die 
ihm vorliegenden Evangelien versenkt — er war ohne Zweifel 
kein Laie, sondern ein kirchlicher Amtsträger, dem die ntlichen 
Schriften zu Gebote standen — und hat es meisterhaft verstan- 
den, mit Hilfe der dort fixierten Worte und Gedanken einen 
Jesus zu schaffen, der in vieler Beziehung dem Jesus der Evan- 
gelien ähnelt. Auf Schritt und Tritt begegnen wir Phrasen und 
Anspielungen, auch der ganze Ton ist vorzüglich getroffen, so 
daß man über den pseudepigraphischen Charakter der Schrift 
oft hinweggetäuscht wird. Derartig ist dem Verfasser das 
schriftliche Evangelium in Fleisch und Blut übergegangen, daß 
er mit souveräner Beherrschung des alten Stoffes den neuen for- 
muliert. Ich habe mich bemüht, in den Anmerkungen auf die 
Parallelen hinzuweisen, aber ich mache auf Vollständigkeit keinen 
Anspruch; auch habe ich in den nachfolgenden Untersuchungen 
noch zahlreiche Parallelen hinzugefügt. — 

Betrachten wir nach diesen allgemeinen Bemerkungen das 
Einzelne, so haben wir zunächst zu konstatieren, daß Jesus das 
schriftliche Evangelium bereits in den Händen der Jünger be- 
findlich voraussetzt. Nach der ganzen Anlage konnte der Autor 
an diesem Hysteron Proteron nicht so leicht vorbeikommen, 
S.50,4—=Ko. VI, 13 sprieht der Herr: „Denn ihr wisset, daß 
der Engel Gabriel der Maria die Botschaft gebracht hat. Wir 
selbst antworteten: Ja, o Herr“. Dieses „Wissen“ um das Fak- 


1) Man könnte freilich den Satz: „wie wir gehört, im Gedächt- 
nis behalten und für alle Welt aufgezeichnet haben“ auch auf den 
Stoff der Epistola beziehen. Ebensowenig ist klar, ob die Worte 
8.99, δ: „und alles, was ich euch gesagt habe und ihr über mich 
geschrieben, nämlich daß ich das Wort bin des Vaters und der Vater 
in mir ist“ auf das schriftliche Evangelium, insbesondere auf das 
Johannesevangelium zu deuten sind, 


. Stellung zum A.’und N. Testament. 2415 


der Gabrielsendung ist in Wirklichkeit ein Hinweis auf die 
hlung bei Luc. 1, 26ff.! Daß es sich um einen gegebenen 
Stoff handelt, zeigt weiter die besondere Deutung, die der Ver- 
‚fasser dieser Gabrielerscheinung in betreff der Empfängnis des 


gibt. 
2) 8.102, 8ff. sagen die Apostel: Ὁ Herr, so viel Wich- 
tiges hast’du zu uns gesprochen und Uns mitgeteilt, und hast 
uns offenbart, was nie gesagt worden war...... Nach deiner 
Auferstehung offenbartest du uns alles, damit wir wirklich er- 
löst werden. Du sagtest uns aber bloß, es werden Zeichen und 
Wunder geschehen im Himmel und auf der Erde, noch bevor 
das Ende der Welt kommt. Lehre uns nun, auf daß wir es 
also erkennen“. In unserer Schrift kommt eine derartige Aus- 
sage Jesu, auf die sich die Jünger berufen könnten, nicht vor. 
3 inlich ist an die sogenannte kleine Apokalypse Matth. 24; 
- Mare. 13 und Lue. 21 gedacht, wo die Jünger nach den Zeichen 
der Ankunft Jesu und des Endes der Welt fragen. Die dort 
gegebene Auskunft hat also nicht befriedigt. Die Zeichen und 
Wunder im Himmel und auf Erden sind Matth. 24, 29ff. und 
Par. geschildert. 
— 3) 8. 92, 11 --«- Ko. XXV, Sf. sprechen die Apostel: „O Herr, 
in welcher Weise wird man glauben können, daß du gehen und 

‚uns verlassen wirst, wie du zu uns sagst: »Es wird ein Tag 
kommen und eine Stunde, daß ich hinaufgehe zu meinem Vater«*. 
Von seinem Heimgang zum Vater hat Jesus verschiedentlich ge- 
redet (vgl. S. 48, ὃ - Ko. VI, 8; 8. ὅ0, 3 = Ko. V1, 12; 8.52, 3 
= Ko, VL, 13; 8. 60, 8 -- Ko.X, 12), aber niemals in der hier 
gegebenen Form von Zeit und Stunde. Das ἴοχεται ἡμέρα καὶ 
ὥρα ist m. E. dem johanneischen ἔρχεται ὥρα (vgl. Joh. 4, 21. 
5, 25. 28; 16, 2. 25. 32) nachgebildet, wie auch das zweite 
glied ὑπάγω (πορεύομαι) πρὸς τὸν πατέρα μου aus Johan- 
es geflossen ist (vgl. Joh. 16, 10. 17 usw.). 
| 4) 8. 130, 5f. — Ko. XXXI, 12 spricht Jesus: „Seid ihr 
n nicht alle Väter und alle Meister?* Darauf antworten die 
ter: „O Herr, bist du es nicht, der zu uns gesagt hat: »Nicht 
inet (Jemand) Vater euch auf Erden und Meister, denn einer 
euer Vater, der im Himmel und euer Meister«“. : Wiederum 


) Matth. 1, 20 ist nur von einem „Engel Gottes“ die Rede. 


216 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


suchen wir vergebens in unserer Schrift nach einem derartigen 
Ausspruche, dagegen finden wir ihn Matth. 23, 8. 9. 

Betrachten wir die eben aufgeführten Stellen noch etwas 
genauer, so springt in die Augen, daß es sich bei den Nr. 1. 
3. 4 um Anspielungen handelt, die nur in je einem Evangelium 
vorkommen; die Gabrielerzählung findet sich nur bei Lucas, 
der Ausspruch in Nr. 4 nur bei Matthäus, hinter Nr. 3 steht 
Johannes. Daraus erhellt mit Evidenz, daß unser Verfasser den 
Vier-Evangelienkanon besessen hat. Dieses Resultat wird durch 
die weitere Detailforschung aufs beste bestätigt. 

S. 29, Tff. geben die Apostel einen kurzen Abriß — 
dertaten des Herrn während ihres Verkehrs mit ihm vor der 
Kreuzigung. Sie schöpfen dabei aber nicht aus ihrer persön- 
lichen Kenntnis, sondern wie jeder andere Christ aus dem N. Τὶ, 
Sie beginnen ihre Aufzählung mit der Hochzeit zu Kana, die 
bekanntlich nur in Joh. 2, 1ff. mitgeteilt wird und zwar wie 
hier als Anfang der Wundertaten. Ausdrücklich heißt es ἐν 
Kara τῆς Γαλιλαίας, nur werden neben der Mutter zu den 
Eingeladenen nicht die Jünger, sondern die Brüder des Herrn 
gerechnet. Ob letztere Notiz in dem benutzten Texte stand, 
möchte ich bezweifeln, da er dies aus vs. 12 selbständig ent- 
nehmen konnte, Daß die Jünger dabei waren, brauchte nicht 
besonders erwähnt zu werden, da sie ja für alles Geschriebene 
als Augenzeugen gelten. 

Die weitere Notiz, daß Jesus Tote auferweckte und die 
Lahmen gehen machte, ist zu allgemein gehalten. Spezieller 
ist schon die Heilung des Mannes mit der verdorrten Hand, die 
von den Synoptikern (Matth. 12, 13ff.; Mare. 3, 1f.; Lue. 6, 104) 
überliefert wird. Daran wird angeschlossen eine ausführliche 
Schilderung von der Heilung der Blutflüssigen, die wir eben- 
falls nur bei den Synoptikern lesen. Matth. 9, 20ff. kann nicht 
in Betracht kommen, da hier die Nebenzüge nicht angeführt 
werden, auch Mare. 5, 25ff, nicht, da nur vom Berühren des 
Gewandes die Rede ist, während in unserm Texte die Berührung 
des Saumes (der Quaste) des Kleides hervorgehoben wird. Das 
berichtet uns aber Luc, 8, 44 und gleichfalls stammt daher die 
Aussage vs. 46 ἐγὼ γὰρ ἔγνων δύναμιν ἐξεληλυϑυῖαν ἀπ ᾿ ἐμοῦ, 
während Mare. 5, 30 referiert ἐπεγνοὺς ἐν ἑαυτῷ τὴν ἐξ αὐτοῦ 
δύναμιν ἐξελϑοῦσαν. Da die Jünger bei dieser Erzählung 


> Stellung zum A. und N. Testament. 317 


Es folgt eine Aufzählung von Wunderheilungen ohne be- 
stimmte Angaben: „er machte die Tauben hören und die Blinden 
sehen, aus den Besessenen vertrieb er die Geister und die Aus- 
aateigen reinigte er“. Wir werden dabei an Matth. 11, 5 und 
‚Lue. 7, 22 erinnert. 

2 Beskimmtere Färbung nimmt wieder die Erzählung von der 
"Wundertat im Lande der Gerasener an: „Und ein Mann, in wel- 
chem der Geist Legion war, traf Jesam und schrie und sagte 
usw.“ Matth. 8, 28ff. scheidet aus, da hier von zwei Dämoni- 
schen die Rede ist; Marc. 5, 1ff. und Luc. $, 26ff. berichten da- 
gegen nur von einem Besessenen und benennen den Dämon 
- übereinstimmend „Legion“. M. ΕἸ ist auch hier wieder Lucas 
die Quelle. Und so wird auch wohl die kurze Notiz von dem 
‚Seewunder darauf zurückgehen, obwohl neben Lue. 8, 22ff. noch 
Maith. 8, 23ff. und Mare. 4, 35ff. dasselbe überliefern. Alle drei 
Synoptiker bringen die Erzählung von der stürmischen Meer- 
fahrt vor der Gerasenergeschichte, es ist daher das einleitende 
- „darauf“ nicht zu pressen !. 

σ΄] ‚Festeren Boden betreten wir mit der Geschichte vom Denar 
im Fische für den Steuereinnehmer, denn diese ist allein Matth. 
17, 24ff. überliefert. Der Stoff ist frei behandelt; wieder treten 
die Jünger als „wir“ auf, obwohl nach dem Grundtext die Sache 
zwischen Jesus und Petrus sich abspielt. Dieser Sachverhalt 
᾿ς sehimmert auch noch deutlich durch, denn Jesus spricht: „Laß 
einer von euch die Angel in die Tiefe werfen“. Damit ist Petrus 
gemeint. Auch für das Speisungswunder kommt m. Εἰ, ebenfalls 
nur Matth. 14, 17ff. in Betracht, denn die Angabe, daß die Ge- 
speisten fünf Tausend außer Kindern und Frauen betrugen, findet 
nur dort vs. 21 (vgl. Mare. 6, 44; Luc. 9, 14; Joh. 6, 13 gibt 
Zahl der Gesättigten). 

Damit schließt der Bericht über die Wundertaten. Soviel 
‚klar, Matth. und Lue., nicht Mare. sind die Quellen für unsern 


| pilator. 


4) Das „darauf“ kehrt auch 5. 29, 7: 80, 13 (fehlt freilich bei ΟἹ 
und 31, 10 wieder. Es ist m. E, nicht im Sinne der Zeitbestim- 
mung, sondern der Aneinanderreihung aufzufassen. 


218 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Den kompilatorischen Charakter beleuchtet am besten eine 
eingehende Analyse des Leidens- und Auferstehungsberichtes 
(S. 36, 4ff. — Ko. 1, 13ff.)!. Zunächst wird als Zeugnis der Apo- 
stel überliefert, daß Jesus gekreuzigt ist durch Pontius Pilatus 
und Archelaus? inmitten des Räuberjoches. Am meisten wird 
man erstaunt sein über den Namen des Archelaus? statt des 
geschichtlichen Herodes (Antipas),. Pilatus und Herodes werden 
zusammen genannt Act. 4, 27; Ignatius ad Smyrn. 1, 2; Justin, 
Apol. I, 40, 6 und Dialog. e. Tryph. e. 103; 331 At. Der Name 
des Archelaus als König von Judäa und Sohn Herodes’ (des 
Großen) konnte dem Verfasser aus den Evangelien nur durch 
Matth. 2, 22 bekannt sein*, Es wäre m. E, vergebliche Mühe, 
nach einer besonderen Quelle zu forschen, aus der unser Ver- 
fasser geschöpft hätte, denn auf apokryphe Zusätze von eigner 
Hand muß man bei einem Kompilator gefaßt sein, 

„Inmitten des Räuberpaares* (oder Räuberjoches) entspricht 
Maith. 27, 38 (Mare. 15, 27), da Iue. und Joh. den Ausdruck 
λησταί nicht gebrauchen. Der Äthiope fügt noch hinzu: „und 
er wurde mit ihnen zugleich vom Holze des Kreuzes herab- 
genommen“. Das scheint mir aber ein späterer Zusatz zu sein. 

Als Ort des Begräbnisses wird angegeben κρανίου λεγόμενος 
τύπος“. Die Schädelstätte gilt nach den Evangelien als der 
Ort der Kreuzigung, aber Joh. 19, 41 heißt es ausdrücklich, daß 


1) Vgl. darüber Harnack: Ein jüngst entdeckter Auferstehungs- 
bericht (Theol. Studien Bernh, Weiß zu seinem 70. Geburtstage dar- 
gebracht, 1897, S. 1ff.). — Arnold Meyer, Die Auferstehung Christi 
5. sıfl. 2) Der Äthiope bietet: „in den Tagen des Herodes“, also 
ἐν ταῖς ἡμέραις Ἡρώδου nach Luc. 1, δ; Matth. 2, 5, aber schwerlich 
ursprünglich. Vielleicht ist das koptische ουτῖ — διὰ, ὑπό aufzu- 
fassen als ἐπί — unter. 3) Der Äthiope fügt „Fürst“ hinzu. 
4) Der König Herodes spielt bekanntlich im Petrusevangelium als 
Richter Jesu eine bemerkenswerte Rolle. 5) Justin, Dialog. c. 
Tryph. ec. 103; 331 A nennt Archelaus Nachfolger Herodes des Großen, 
des Kindermörders von Bethlehem, und unterscheidet richtig von 
letzterem den Herodes (Antipas), der als Nachfolger des Archelaus 
die Gewalt in Judäa übernahm, In der sogenannten Anaphora des 
Pilatus (Tischendorf, Evangelia apoerypha? p. 439. 446) erscheint 
Archelaus neben seinen beiden Brüdern Herodes und Philippus und 
den Hohenpriestern Annas und Kaiphas als Überlieferer des gefan- 
genen Jesus in die Hände des Pilatus. 6) Vgl. Matth. 27, 33; 
Mare. 15, 22; Luc. 23, 33; Joh. 19, 17. #1 


Stellung zum A. und N. — 219 


Garten des Begräbnisses an dem Orte lag, wo Jesus ge- 
reuzigt ward!; demgemäß konnte der Autor den Ort des Be- 
gräbnisses und der Kreuzigung identifizieren. Daß der Begräb- 
nisplatz ein Garten war, wird nicht hervorgehoben. 
Zu diesem Orte begeben sich drei Frauen; dabei wird nicht 
gesagt, zu welcher Tagesstunde und an welchem Tage dies ge- 
 schehen. Die Kenntnis der Evangelienüberlieferung wird wieder 
vorausgesetzt. Es wird ferner die Zahl der Myrophoren auf 
drei angegeben. Das stimmt mit den Angaben von Mare. 16, 1 
und Lue. 24, 10 überein, aber die Namen differieren. Unser Ver- 
- _fasser nennt Maria, Martha und Maria Magdalena ?; nach Mare. 
sind es Maria Magdalena, Maria des Jacobus und Salome (vgl. 
16,49), nach Luc. Maria Magdalena, Johanna und Maria des 
 Jaeobus, während Matth. 28, 1 (vgl. 27, 61) nur Maria Magdalena 
und die andere Maria anführt und Joh. 20, 1 allein die Maria 
Magdalena überliefert, desgleichen auch Aristion-Mareus 16, 9°. 
Aus dieser Zusammenstellung wird ersichtlich, daß Maria Magda- 
-  lena übereinstimmend von der Überlieferung zu den Myrophoren 
4 gerechnet wird, daß aber das Geschwisterpaar Maria und Martha 
- nur in unserer Epistola genannt wird 4. 
Ε΄ Als Motiv des Ganges wird die Salbung des Leichnams wie 
Mare, 16, 1 (Inc. 24, 1; Petrusev. vs. 54) angegeben. Während 
- ihres Ganges weinen und trauern sie über das Geschehene. Der 
* Ausdruck des Weinens und Trauerns scheint aus Aristion-Marec. 
: 10,10 entnommen zu sein, wo dasselbe von den Jüngern be- 


Bi. „Als sie sich aber dem Grabe genähert hatten, bliekten sie 
- hinein und nicht fanden sie den Leichnam“, Von der Sorge 


1) Matth. 27, 60; Mare, 15, 46; Luc. 23, 53 sprechen nur von 
einem neuen Grab im Felsen, aber sie setzen seine Nähe von der 
richtungsstätte voraus. 2) Über die Namen Sarah, Martha und 
ıria Magdalena beim Äthiopen 5. ο. 8. 180. 3) Das Petrus- 
angel. nennt vs. 50 Maria Magdalena mit ihren Freundinnen, je- 
; ohne Angabe der Zahl, die syrische Didascalia (c. 21 p. 107, 2 

ἢ, Achelis u. Flemming) Maria Magdalena und Maria, Tochter des 
; * obus (vgl. die Apostolischen Constitutionen V, 13). ἢ Über andere 
en ugnisse s. u. $. 232 f. 5) Im Potruser. vs. 59 heißt es 
von den zwölf Jüngern wie hier von den Frauen ἐχλείομεν καὶ ἐλυ- 
πούμεϑα ... διὰ τὸ συμβάν. 6) Der Äthiope im Nachsatz: „fan- 
‚den sie den Stein, wo man ihn vom Grabe fortgerollt hatte, sie 
‚öffneten den Eingang und fanden den Leichnam nicht“. 


220 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


um das Abwälzen des großen Steines (vgl. Mare. 16, 3; Petrusev. 
vs. 53) ist keine Rede — das finden wir auch Luc, 24, 1. 2; Joh. 
20, 1 nicht —, überhaupt wird der abgewälzte Stein wieder 
bei den Lesern vorausgesetzt. Von einem direkten Betreten des 
Grabes (Mare. 16, 5; Luc. 24, 2; Joh. 20, 6. 8) wird nichts be- 
richtet, sondern nur von einem Hineinblieken (παρακχύπτειν Joh. 
20, 5. 11 vgl. Luc. 24, 12; Petrusev. vs. 55. 56). Dabei überzeugen 
sich die Frauen, daß der Leiehnam nicht mehr vorhanden ist 
(Lue. 24, 3.23). Abweichend von der Gesamtüberlieferung der 
Evangelien ist jede Erscheinung eines Engels (Matth. 28, 5; Mare. 
16, 5; Petrusev. vs. 55. 56) oder zweier Engel (Luc. 24, 4. 23; Joh. 
20, 12) übergangen. Statt dessen erscheint der Herr den trauern- 
den und weinenden Frauen in eigener Person außerhalb des 
Grabes. Denn das Interesse des Verfassers hängt nicht an dem 
leeren Grabe — das Fehlen des Leichnams konnte ja die jüdische 
Verleumdung, die Jünger hätten den Leichnam gestohlen (Matth. 
27, 62—66; 28, 13. 15), nicht widerlegen —, sondern an der Er- 
scheinung des Auferstandenen ἐν σαρχί. Deshalb wird die jüngste 
Überlieferungsphase der Evangelien weiter ausgesponnen, die 
die erste Erscheinung nicht allein nach Jerusalem auf den Tag 
der Auferstehung verlegt, sondern sie unmittelbar beim leeren 
Grabe erfolgen läßt, nur mit dem Unterschiede, daß diese Er- 
scheinung nicht, wie bei Joh. 20, 14 und Aristion-Mare. 16, 9, 
der Maria Magdalena allein zuteil wird oder nach der Erweite- 
rung bei Matth. 28, 9. 10 der Maria Magdalena und der andern 
Maria auf dem Heimwege vom Grabe, sondern allen drei Myro- 
phoren unmittelbar am Grabe. Die Vorlage dafür hat unzweifel- 
haft das Ev. des Joh. gebildet. Schon die Anrede des Auf- 
erstandenen: „Wen beweinet ihr? Nicht weinet mehr; ich bin’s, 
den ihr suchet“ erinnert an Joh. 20, 15: τί κλαίεις; τίνα ζητεῖς; 
Auch die Aufforderung, zu den Brüdern mit der Meldung von 
der Auferstehung des Meisters zu gehen, stammt wohl aus Joh. 
20, 17 — doch in Kombination mit Matth. 28, 7. 10 —, ebenfalls 
der Ausdruck διδάσχαλος aus Joh. 20, 16. Welchen Eindruck 
die Erscheinung des Auferstandenen auf die Frauen macht, dar- 
über wird nicht weiter reflektiert. Nun werden im direkten 
Gegensatz zu der Überlieferung bei Matth. 28, 7. 10; Marc, 16, 7 
die Jünger nicht nach Galiläa gewiesen, um der Erscheinung 
des Auferstandenen gewürdigt zu werden, sondern auch sie sollen 


Stellung zum A. und N. Testament. 221 


m Grabe selbst die Gewißheit erlangen, deshalb der Auftrag: 
Kommet, der Meister ist von den Toten auferstanden“. Aber 
τὰ zeigt sich, daß diese Kunde bei den Jüngern keine gläubige 
Aufnahme findet, eine zweimalige Mission hat keinen Erfolg. 
Martha sowohl wie Maria kehren mit der Meldung zurück: „Nie- 
mand von ihnen hat mir geglaubt, daß du lebst“ (vgl. Lue. 24, 11; 
'  Aristion-Mare. 16, 11). Infolgedessen begibt sich der Herr selbst 
ὡς mit den Frauen nach Jerusalem; er findet sie drinnen (Joh. 20, 26), 
d.h. wohl aus Furcht vor den Juden halten sie sich verborgen (Joh, 


20, 19 vgl. Petruser. vs. 26). Der Herr tritt nun nicht bei ver- 
- schlossenen Türen (Joh. 20, 19. 26 vgl. Luc, 24, 36) ein, sondern 
- ruft sie heraus, Aber auch dadurch ist der Unglaube der Jünger 
nicht überwunden, sie halten die Erscheinung für ein Gespenst 
- (vgl. Ime, 24, 37), wie sie es einst beim Wandel des Herrn auf 


- dem See getan hatten (Matth. 14, 26; Mare. 6, 49; Joh. 6, 20), des- 
- halb auch die Aufforderung: „Kommet, fürchtet euch nicht!“ ! 
‘ Darauf stellt sich Jesus als ihr Meister vor und ruft den Petrus 
seine dreimalige Verleugnung ins Gedächtnis zurück (Matth. 36, 
34.69. u. Parall.). Als die Jünger noch immer zweifeln, daß 
es wirklich der Herr wäre, redet er sie mit den Worten an: 
„Warum zweifelt ihr noch und seid ungläubig? Ich bin’s, der 
euch gesagt hat inbetreff meines Fleisches und meiner Aufer- 
stehung“. Damit sie sich von der Realität seines Leibes über- 
zeugen, fordert er den Petrus auf, die Finger in die Nägelmale 
seiner Hände zu legen, den Thomas, die Finger in die Lanzen- 
stiche seiner Seite zu legen, und den Andreas, seine Füße zu 
betrachten, ob sie die Erde berühren oder nicht? Da haben 
deutlich eine Kombination von Luc, 24, 37ff, u. Joh. 20, 20 
' uns. Die Thomasgeschichte, die nach Joh. erst acht Tage 
ı der ersten Erscheinung stattfindet, wird in Übereinstimmung 
Ἶμιο. auf den Auferstehungstag verlegt, und während Tho- 
s nach Joh. seinen Finger in die Nägelmale und seine Hand 
‚Seite legt, werden nach Luc, 24, 39 auch die Füße zum 
s herangezogen und die körperliche Berührung auf die 


) Auch die Frauen redet Jesus nach Matth. 28, 10 mit den 
rten an: μὴ φοβεῖσϑε. 2) Über die zahlreichen Parallelen zu 
. zellen LIT 27 ——— Resch, Außerkanonische Paralleltexte zu den 
192 


222 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


drei Zeugen Petrus, Thomas und Andreas verteilt. Und zu dieser 
Kombination tritt als dritte Quelle die Überlieferung bei Aristion- 
Mareus von dem Unglauben der Jünger trotz der Meldung von 
seiten der Maria Magdalena und der Emmausjünger. Auch hier 
müssen die Jünger erst durch den Herrn selbst zum Glauben an 
den leibhaftig Auferstandenen gebracht werden. 

Der vorliegende Auferstehungsbericht, obwohl er sich als 
der authentische Bericht der Apostel ausgibt, trägt — darüber 
wird wohl niemand im Zweifel sein — einen durchaus sekun- 
dären Charakter an sich. Und nicht nur dies, der Bericht ist, 
wie Harnack mit Recht hervorhebt, eine literarische Komposi- 
tion. Alle vier Evangelien haben zum Ganzen beigesteuert. 
Deshalb braucht man aber nicht anzunehmen, der Verfasser 
habe mechanisch, gleichsam mosaikartig diesem oder jenem 
Evangelium seinen Stoff entnommen, vielmehr hat er sieh durch 
eifrige Lektüre der betreffenden Partien der Evangelien eine 
solche Kenntnis des Materials verschafft, daß er ganz frei über 
den überlieferten Stoff verfügen und mit Hilfe der eigenen Phan- 
tasie etwas Neues schaffen konnte. Die Tendenz, die ihn zu 
diesem neuen Auferstehungsbericht trieb, liegt offen zutage: alle 
doketischen Vorstellungen, die sich an die Person des Gekreu- 
zigten und Auferstandenen knüpfen, sollen durch diesen authen- 
tischen Bericht der Apostel für immer aus der Welt geschafft 
werden. Nicht die Auferstehung als solche steht in Frage, son- 
dern die Beschaffenheit des Auferstandenen, ob σάρξ oder πγεῦμα. 
Deshalb schließt das Ganze mit den Worten ab: „Wir aber 
haben ihn befühlt, damit wir erkannten, ob er wahrhaftig im 
Fleische auferstanden wäre“. Das Befühlen! läßt an der Tat- 
sache der vollen Leiblichkeit nicht mehr zweifeln, und so fallen 
die Apostel auf ihr Antlitz und bekennen ihre Sünden, daß sie 
ungläubig gewesen seien (S. 42, 9 — Ko. IV, 104. Und in 
den Dienst dieser Apologetik wird die Zahlensymbolik gestellt 


1) Bereits im Proömium betonen die Apostel dieses Berühren 
zur Widerlegung des Doketismus. Vgl. S. 26, 13f.: „indem wir 
euch verkünden und mitteilen das, was wir über unsern Herrn Jesum 
Christum aufgeschrieben haben, wie wir ihn (sahen), hörten und be- 
rührten, nachdem er von den Toten auferstanden war“ und 8, 28, 7: 
„und von dem die Apostel in Wahrheit predigten und den die Jün- 
ger berührten“. Das ἀληϑῶς gehört auch zum zweiten Satze, 


Stellung zum A. und N. Testament. 223 
dem Grundsatze von Matth. 15, 16; 2. Kor. 13, 1 (Deuteron, 
19,15): ἐπὶ στόματος δύο μαρτύρων καὶ τριῶν σταϑήσεται 
πᾶν ῥῆμα. Drei Frauen gehen zum Grabe und diese drei er- 
leben die Erscheinung des Auferstandenen. Eine dreifache Mis- 
sion (zweimal der Frauen, das dritte Mal des Herrn selbst) an 
die ungläubigen Jünger ist notwendig, dazu eine Berührung von 
᾿ seiten dreier Jünger und außerdem in dreifacher Weise. Erst 
die Berührung der Hände, der Seite und der Füße erbringt den 
endgiltigen Beweis für die leibliche σάρξ. So gibt die Dreizahl 

‚das Schema für die Gruppierung des Stoffes ab, und dieses 
Schema ist von dem Verfasser frei erfunden. 

Konnten wir in dem Auferstehungsberiehte eine Kompila- 
tion aus allen vier Evangelien konstatieren, so tritt an andern 
Stellen die eklektische Methode wieder zutage. Aus Matth. 25, 1ff. 
ist die Parabel von den fünf klugen und fünf törichten Jung- 
frauen (S. 136, 4ff. — Ko, XXXIV, 5ff.) entnommen, freilich nicht 
ohne bewußte Veränderung der Vorlage (s. u.). Demselben Evan- 
gelium (Matth. 15, 14, nicht Luc. 6, 39) verdankt der Verfasser 
den Gedanken von dem Blinden, der einen Blinden führt, so daß 

4 beide in eine Grube fallen (S. 148, 10 = Ko. XL, 1), und das- 
3 selbe gilt von dem Satze (S. 150, 4ff. = Ko. XL, 11ff.): „Wenn 
du einen Sünder siehst, so weise ihn zurecht zwischen dir und 
ihm!. Wenn er aber nicht auf dich hört, so nimm einen andern 
| mit dir bis zu drei und belehre deinen Bruder; wiederum wenn 
er nicht auf dich hört, so stelle ihn vor dir hin wie (einen Hei- 
den und Zöllner)“. Hier kann 'nur Matth. 18, 15f. in Frage 
kommen. Ferner ist der Gedanke, daß beim Gericht das Korn 
(Weizen) in die Speicher gesammelt und die Spreu in das Feuer 
geworfen wird (S. 152, 3), wohl durch Matth. 13, 12, nieht durch 
Lue. 3, 17 veranlaßt. Dazu kommt noch eine Reihe von Phrasen, wie 
z.B. „mein Vater, der sich in den Himmeln befindet (S. 60, 8 = Ko. 
- Χ 12 vgl. Matth. 7, 21 u. ö.), oder „das Himmelreich“ (S. 44, 2 
Ko. V,3u.ö.), oder das häufig wiederkehrende „wahrlich, ich 
- sage euch“ oder „am Tage des Gerichts“ (S. 84, 3—= Ko. XXI, 1 
vgl. Matth. 10, 15; 11, 22. 24) und anderes mehr. 


1) Der Äthiope fügt in Übereinstimmung mit dem Grundtexte 
hinzu: „wenn er dir gehorcht, so hast du ihn gewonnen“. Es ist 
möglich, daß der Kopte diesen Satz aus Versehen ausgelassen hat. 


224 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Man kann also durchaus nicht mit Guerrier, Avant-Propos 


S. 4 behaupten: Il semble que dans les details des faits evange- 


liques l’auteur suit de preference le texte de S. Luc. Matthäus. 


und Lucas haben vielmehr in gleicher Weise ihren Beitrag ge- 


liefert, wie wir bereits beim Auszuge aus den Wundertaten Jesu 


konstatierten. Als direktes lukanisches Gut möchte ich die Er- 
wähnung des Ortes des Lazarus hinzufügen, zu dem der Herr 
nach seinem Tode herabsteigt (Ko. XXI, 12; der Äth. 8, 86, 4 
hat geändert), denn die Geschichte von Lazarus im —— 
finden wir bekanntlich nur Lae. 16, 22f, 


Merkwürdig ist, daß die „goldene Regel“ nicht in der Fas- 


sung von Lue. 6, 31 (Matth. 7, 12) gegeben ist, sondern in der 
negativen Form: ὅσα μὴ ϑέλετε ἑαυτοῖς γίνεσθαι, ἑτέρῳ μὴ 


ποιεῖτε, wie in Cod. D zu Act. 15, 28. 29, der Didache 1, 2, Ari⸗ 


stides, Apol. 15, 6, Iren. adv. haer. III, 12, 14, 


Das Ev. des Mareus scheint keinen besonderen Beitrag ge- 
liefert zu haben, obwohl die Kenntnis desselben nicht geleugnet 


werden kann. Nur beim Auferstehungsberichte ließ sich Be- 


nntzung des unechten Mareusschlusses konstatieren. 


Auf Grund der vorgetragenen (Beobachtungen würde man. 


zu der Ansicht geneigt sein, den synoptischen Typus unserer 


Schrift zu betonen, aber dies würde ein ganz falsches Bild geben. 
Denn es ist doch nicht mehr der auf Erden wandelnde Jesus, 
der hier zu seinen Jüngern redet, sondern der Erhöhte, der 


κύριος, wie er im Glauben der Gemeinde lebt. So ist /denn 
auch das Christusbild mit johanneischen Farben gemalt. Schon 


die Stellung des Apostels Johannes an die Spitze des Apostel- 
kollegiums (8. 26, 9) ist eine Singularität (s. u.), ebenso gibt die 
Anführung der Hochzeit zu Kana am Anfang der Wunderwirk- 
samkeit Jesu wichtige Fingerzeige. Und überfliegen wir den 


ganzen Text, so stoßen wir auf Schritt und Tritt auf johannei- 


sches Sprachgut, auf bekannte johanneische Gedanken. Ja, man 
kann geradezu die Behauptung aufstellen, daß, sollte unsere 
Epistola im 2. Jahrhundert entstanden sein, in —— der uns 


überlieferten Schriften des 2. Jahrhunderts eine — starke 


1) Vgl. Resch, Das Aposteldekret, 1905, 8,185 ἢ; ders. Aurapla, 
S.60 und Außerkenonische Paralleltexte Il, 85, 80. 


4 


z Stellang zum A. und N. Testament. 225 


ung des Johannesevangeliums hervortritt wie in der vor- 
Be ‚Das Glaubensbekenntnis zu dem präexistenten Logos, 
wie es 
ist, hat 


en Reflexion des Evangelisten entsprungen 
sich der Auferstandene selbst zu eigen gemacht. Feier- 


ΐ it er 8.58, 15 - Κο. Χ, 7: „Ich bin der Logos“ 
amd noch deutlicher mit Joh. 1, 14 $. 128, 1= Ko. XXX, 4: „Ich 
bin der Logos, ich wurde Fleisch“. So hat der dogmatische 
Christus den historischen Jesus verdrängt. Stetig redet er von 
seinem Vater, der ibn gesandt hat (8. 46; 4 = Ko. V, 13 u. ὅ. 
vgl. Joh. 4, 34; 6, 44 u. ö.) und von seinem Heimgang zum Vater 
(8. 48,5 = Ko. VI, 8; 5.52, 3— Ko. VII, 13 usw. vgl. Joh. 7,33; 

14, 12. 28 u. ö.). Johanneischen Ursprungs sind Ausdrücke wie 

„die δόξα dessen, der mich gesandt hat* (S. 50, 2 = Ko. VI, 11 

vgl. Joh. 7, 18) resp. „die δόξα des Vaters“ (8.82, 6 — Κο. ΧΧ, 4), 

das „Halten der Gebote des Vaters“ (S. 84, 1 = Ko. XX, 12 u. 

Ko. XX1,5 vgl. Joh. 15, 10) neben „Halten meiner Gebote“ (3. 78,8 

—= Ko. XVIll, 5; 8. 56, 10 — Ko. XXI], 5u. ö. vgl. Joh. 14, 15. 21: 

ο΄ 10, 10); dazu πειστεύειν εἰς τὸ φῶς 8. 124, 7 = Ko. XXIX, 1 
(vgl. Joh. 123, 36). Echt johanneisch ist das mystische Verhältnis 
- (65 Vaters zum Sohne, wenn es heißt 8. 58,6 = Κο. Χ, 3: „Ich 


bin ganz in meinem Vater und mein Vater ist in mir“ (vgl. 
—8.66,6—Ko. ΧΙ, 15; 80, 8 — Ko. XIX, 7) nach Joh. 10, 38; 14, 
10.11, ein Verhältnis, das sich auch auf die Jünger ausdehnt, 
- die sich in Christus befinden (S. 66, ὃ = Ko. ΧΙ, τ: 96, 3 = Ko. 
- ΧΥΧΥ͂Ι, 10 vgl. Joh. 14, 20; 15, 4). Es ist der johanneische Chri- 
 —-stus, der zu uns mit den Worten redet $. 60, ὶ — Ko.X, 13: 
- „Aber siehe nun, ich gebe euch ein neues Gebot: Liebet ein- 
ander“ (Joh. 13, 34) oder S. 96, 3 --- Ko. XXVI, 11: „Ich werde 
euch geben meinen Frieden“ (vgl. Joh. 14, 27) oder 8.92,7 = 
‚Ko. XXV, 2: „Selig vielmehr sind die, welche nicht gesehen und 
doch geglaubt haben“ (vgl. Joh. 20, 29). Auch das Bild von der 
Hürde des Hirten und seinen Schafen 8. 142, 2 = Ko. XXV1l, ı 
wird wohl aus Joh. 10, 1f. entnommen sein. Ja, das Johanneser. 
ist scheinbar in den Augen des Verfassers das Evangelium, wel- 
‚ches die wahre Erkenntnis von Christus übermittelt. Denn S. 99, δ. 

sen wir: „und alles, was ich euch gesagt habe und ihr über 
mie geschrieben, nämlich daß ich das Wort bin des Vaters 
und der Vater in mir ist“. In diesem Sinne sollen die Apostel 
auch dem Paulus zum Führer sein und ihn belehren, d. h. die 
T. α. U. "τὰ: Schmidt-Wajnberg. 15 


226 Schmidt-Wajnberg:; Epistola apostolorum. 


johanneische Theologie über den Logos Christus soll die Richt- 
schnur der Lehre bilden. 

Diese Zusammenstellung, die noch bedeutend vermehrt wer- 
den kann, wird genügend die einzigartige Schätzung des Johan- 
nesevangeliums illustrieren. Es ist mithin in der Epistola synop- 
tisches und johanneisches Gut bunt durcheinander gemischt. 
Man könnte daher die Vermutung hegen, daß der Anonymus 
eine Evangelienharmonie, speziell die Evangelienharmonie des 
Tatian benutzt hätte. Aber eine Benutzung des Tatian ist nicht 
nachweisbar, denn dort, wo man sie am besten kontrollieren 
könnte, ἃ, h.in dem Auszuge der Wundertaten, ist die Reihen- 
folge eine verschiedene; z, B. steht nach der Rekonstruktion von 
Zahn (GK 11, S. 539 ff.) die Geschichte der Speisung in $ 34; das 
in der Epistola vorher angeführte Fischwunder in $ 45. Auch 
das chronologische Verhältnis ist einer Benutzung nicht günstig, 
sollte die Epistola bereits vor 170 verfaßt sein. So werden wir 
bei dem Resultat stehen bleiben, daß der Verfasser der Epistola 
selbst aus den vier getrennten Evangelien seinen Stoff auf eigene 
Faust komponiert hat. 

Das braucht nun die Benutzung anderer außerkanonischer 
Evangelien nicht auszuschließen; wenigstens muß diese Frag 
erörtert werden, zumal da von anderer Seite die Kenntnis eines 
außerkanonischen Evangeliums behauptet ist. 1 
Da treffen wir 8.29, 1ff. zwischem dem Berichte über die 
Geburt von Bethlehem und die Hochzeit zu Kana eine auch 
sonst bekannte Erzählung aus der Kindheit: „Dies tat unser 
Herr Jesus Christus, welcher von Joseph und Maria, seiner Mut- 
ter, geschickt worden war, wo er lernen könnte das Buch (om. A). 
Und als derjenige, der ihn lehrte, ihm sagte: sprich Alpha, da 
antwortete er und sprach: du sage mir zuerst, was Beta ist. Diese 
Tatsache, die geschehen ist, ist wahrhaftig und wirklich“ (nach 8: 
„und eine wahre und wirkliche Tat ist es, die er getan hat“). 

Diese Geschichte wird uns im sogen. Thomasevangelium ! 
e.6, 3 (längere Rezension) überliefert: χαὶ εἶπεν (sc, Ζακχαῖος) 


1) Den Text des Evangeliums besitzen wir in einer längeren 
griechischen Rezension (Tischendorf, Evangelia apoerypha?, 1876, 
p. 140—157) und einer kürzeren (ibid. p. 158—163). Dazu kommt 
eine lateinische Version (ibid. p. 164—180) und ein Stück auf einem 
Palimpsest aus dem 5. Jahrh. (ibid. Prolegom. p. XLIV sq,), ferner 


Stellung zum A. und N. Testament. 227 


= πάντα τὰ γράμματα ἀπὸ τοῦ a los τοῦ © μετὰ πολλῆς 
| ἐξετάσεως τρανῶς. ἐμβλέψας δὲ τῷ καϑηγητῇ Ζαχχαίῳ λέγει 
αὐτῷ" Σὺ τὸ ἄλφα μὴ εἰδὼς κατὰ φύσιν, τὸ βῆτα πῶς ἄλλους 
de ἐς; “ὑποχριτά, πρῶτον εἰ οἶδας δίδαξον τὸ ἃ, καὶ τότε 
00 πιστεύσομεν περὶ τοῦ Bund e. 14, 2: εἶπε δὲ αὐτῷ ὁ Ἰησοῦς" 
ο΄ Νὴ ὄντως διδάσκαλος εἶ, χαὶ εἰ οἶδας χαλῶς τὰ γράμματα, εἰπέ 
᾿ς μοι τοῦ ἄλφα τὴν δύναμιν, χἀγώ σοι ἐρῶ τὴν τοῦ βῆτα. Ähn- 
lich lesen wir im Evangelium des Pseudo-Matthäus ce. 38: Fac- 
tum est secundo, ut Joseph et Maria rogarentur a populo ut Jesus 
doceretur litteris in schola. Quod et facere non negaverunt, et 
᾿ς secundum praeceptum senioram ducebant eum ad magistrum, 
ut doceretur ab eo scientia humana. Et tune coepit magister 
-,  imperiose eum docere diecendo Die Alpha. Jesus vero dixit ei: 
- Ta mihi die prius quid sit Betha et ego dicam tibi quid sit Alpha. 
Sehon die Marcosier des Irenäus adv. haer. 1, 20, 1 kannten die 
Geschichte, wenn er von ihnen berichtet: Προσπαραλαμβάνουσι 
ο δὲ εἰς τοῦτο κἀχεῖνο τὸ ῥᾳδιούργημα og τοῦ κυρίου ὑ τὰ dar! 
roõ διδασχάλου αὐτῷ φήσαντος, καϑὼς ἔϑος ἐστίν, εἰπὲ ἄλφα, 
ἀποχρίνασϑαι τὸ ἄλφα. Πάλιν τὲ τὸ βῆτα τοῦ διδασχάλου 
᾿ς κελεύσαντος εἰπεῖν, ἀποχρίνασϑαι τὸν κύριον" σύ μοι πρότερον 
= εἰπὲ τί ἐστι τὸ ἄλφα καὶ τότε σοι ἐρῶ τί ἔστι τὸ βῆτα. 
Vergleicht man die verschiedenen Textüberlieferungen, so 
ist angesichts des Textes bei Irenäus soviel m. E. evident, daß 


ur Version aus dem 6, Jahrh. bei W. Wright, Contributions 
> the apocryphal literature of the New Testament, London 1865, 
11—16 (syr. Text) und p. 6—11 (englische Übersetzung). Auch 
es ein Evangelium infantiae Salvatoris arabicam in lateinischer 
zung von Fleischer (Tischend. p. 1831—209) und eine freie 
ische Bearbeitung des Stoffes in dem sogen. Evangelium Pseudo- 
| i (ibid. p. 51—112). Vgl. die Übersetzung bei Edg. Hennecke, 
estamentliche Apokryphen 8. 67 ff. 
ὃ, Die Stelle ist verdorben, vielleicht ᾿παιδὸς 5 ὄντος καὶ μανϑά- 
ντὸος τὰ γράμματα, 2) Das sit auch von dem verkürzten griech. 


τάλ | ΤΣ ΕΣ τῷ —— λέγει" Σὺ τὸ ἄλφα μὴ "side 
= 15* 


298 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ist der Nachsatz: et ego dieam tibi quid sit Alpha, ausgelassen. 
Auch darin sind beide identisch, daß ausdrücklich hervorgehoben 
wird, der Knabe sei von Joseph und Maria in die Schule ge- 
schiekt worden!, nach den andern Texten ist es Joseph allein. 
Irenäus redet unmittelbar vor Anführung der Kindheitsgeschichte 
von einem ἀμύϑητον πλῆϑος ἀποχρύφων καὶ νοϑῶν γραφῶν, 
die die Marcosier εἰς χατάπληξεν τῶν ἀνοήτων καὶ τὰ τῆς 
ἀληϑείας μὴ ἐπισταμένων γράμματα verfaßt hätten, aber daß 
dieselben Gnostiker auch die Verfasser der apokryphen Schrift 
waren, sagt er nicht. Mit Recht betont Zahn (GK ], 746, Anm. 2), 
daß der Ausdruck προσπαραλαμβάνουσι nur besage, die Marco- 
sier nähmen außer den vorher genannten selbstverfaßten Schriften 
auch noch diese leichtfertige Erfindung anderer zu Hilfe. Offen- _ 
sichtlich benutzten die Mareosier die angeführte Stelle für ihre 
Interpretation; nicht der Wortlaut, sondern erst die Exegese 
macht die Erzählung den Gnostikern schmackhaft, wie auch Ire- 
näus dies hervorhebt: χαὶ τοῦτο ἐξηγοῦνται ὡς αὐτοῦ μόνου 
τὸ ἄγνωστον ἐπιστάμενον, ὃ ἐφανέρωσεν ἐν τῷ τύπῳ τοῦ ἄλφα. 
Die Mareosier stehen einem ihnen fremden Stoff gegenüber, dem 
sie genau so wie den von Irenäus in den vorhergehenden und 
nachfolgenden Kapiteln angeführten zahlreichen Stellen des A. 
und N. T.s durch ihre geistige Interpretation die gnostischen 
Geheimnisse resp. die beliebte Zahlenmystik entlocken. Ich muß 
deshalb, abgesehen von dem sonstigen Inhalt, in Übereinstim- 
mung mit Zahn den gnostischen Charakter dieses Thomas-Evan- 
geliums durchaus bestreiten. Der Verfasser der Epistola wenig- 
stens, der doch sonst so energisch gegen die Gnostiker zu Felde 
zieht, ist sich nicht bewußt gewesen, ein gnostisches Buch in 
Händen zu haben. Was dem Irenäus als ὁᾳδιούργημα gilt — 
dieses ungünstige Urteil ist wohl einerseits durch die Benutzung 
von seiten der Gnostiker mitbeeinflußt, andererseits durch die 
zum Teil läppischen Erzählungen —, ist in seinen Augen eine 
Tatsache, die wahrhaftig und wirklich geschehen ist. Indem 
der Verfasser aber diesen Zusatz macht?, bestätigt er, daß er 


1) Diese Übereinstimmung zwischen Epistola und Pseudo-Mat- 
thäus kann m. E. nur auf eine gemeinsame griechische Überlieferung 
zurückgehen, die wir bis heute nicht kennen. 2) Wajnberg hat 
mit Unrecht diesen Satz als Überschrift zu der folgenden Erzählung 
von der Hochzeit zu Kana aufgefaßt. R 


Stellung zum A. und N. Testament. 229 
> schriftliche Quelle benutzt bat, die nach seiner Meinung mit 
den Evangelien nicht auf gleiche Stufe zu stellen ist, sondern 
_ erst noch einer besonderen Versicherung ihres Wahrheitsgehaltes 
bedarf. Die Apostel — das ist von besonderem Interesse — 
approbieren die Schrift, weil sie in großkirchlichen Kreisen zur 
Erbauung gelesen wird. Daß unser Verfasser der Schrift gerade 
das Schulmotiv entnahm, hat wohl seinen Grund in der beson- 
deren Beliebtheit dieser Episode. Für ihn war die Erzählung 
im antignostischen Siane wichtig als Beleg für die volle Mensch- 
heit Christi. Es soll die natürliche Entwicklung des Knaben 
geschildert werden, nachdem unmittelbar vorher die Geburt in 
Bethlehem, die Erziehung und Reifwerdung gestreift ist. Der 
Gedanke von Lue. 2, 40, daß das Kınd wuchs und erstarkte und 
voll Weisheit ward, soll durch die Schulgeschichte illustriert 
werden, und da die Evangelien, abgesehen von der Erzählung 
des 12jährigen Knaben im Tempel, keinen Stoff aus der Jugend- 
zeit liefern, sah sich unser Verfasser notgedrungen nach einer 
andern außerkanonischen Quelle um. Die Schulgeschichte ist 
᾿- nur ein Ersatz für Luc. 2, 41ff.; sie legt Zeugnis ab für die 
göttliche Natur des in der menschlichen σάρξ erschienenen Logos. 

— Die Benutzung eines apokryphen Kindheitsevangeliums bildet 
‚nun ohne Zweifel ein günstiges Präjudiz für die Annahme der 
Benutzung außerkanonischen Stoffes. Jüngst hat A. Baumstark 
auf Grund der Publikation von Guerrier in einer besonderen 
Abhandlung unter dem Titel: Alte und neue Spuren eines außer- 
 kanonischen Evangeliums (vielleicht Ägypterevangeliums) [Z. f. 
᾿ς ntliche Wissenschaft 1913, Heft 3, 5. 232ff.), den Nachweis zu 
führen versucht, daß der Verfasser der Epistola ein außerkano- 
nisches Evangelium, höchstwahrscheinlich das Ägypterevangelium 
benutzt habe, und hat für seine These etwas voreilig die Zu- 
‚stimmung von F. Haase [Z. f. ntliche W. 1915, H. 1.2, 8. 1066) 
— Baumstark ea auf zwei Punkte, 


In dem bisher nur äthiopisch erhaltenen Anfang der Epistola 
‚werden als Verfasser des apostolischen Sendschreibens elf Apo- 
‚stel namentlich aufgeführt und zwar in folgender Reihenfolge: 
‚Johannes, Thomas, Petrus, Andreas, Jacobus, Philippus, Bartho- 
_ lomäus, Matthäus, Nathanael, Judas Zelotes und Kephas. 


230 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Aus den ntlichen Sehriften kann diese Liste nicht geflossen 


sein, denn dort stehen folgende Reihen: 


Ὁ ὦ - ὦ σιν. ιν - 


ῷ ὦ ον συν Φρῖν μα 


Matth. 10, 2—4 


. Simon Petrus 

. Andreas 

. Jacobus Zebedaei 
. Johannes 


Philippus 
Bartholomäus 
Thomas 


. Matthäus 

. Jacobus Alphaei 

. [Lebbäus) Thaddäus 
. Simon Kanan. 

. Judas Iscariot 


Lue. 6, 16 


. Simon 

. Andreas 
. Jacobus 
. Johannes 


Philippus 


. Bartholomäus 

. Matthäus 

. Thomas 

. Jacobus Alphaei 
10, 
11. 
12. 


Simon Zelotes 
Judas Jacobi 
Judas Iscariot 


oSo-coou»omn m 


Mare. 3, 16—19 


. Simon Petrus 
. Jacobus Zebedaei 
. Johannes 


Andreas 


. Philippus 
. Bartholomäns 


Matthäus 


. Thomas 

. Jacobus Alphaei 
. Thaddäus 

. Simon Kanan. 

. Judas Iscariot 


Act. 1, 13 
Petrus 


. Johannes 
. Jacobus 


Andreas 


. Philippus 

. Thomas 

. Bartholomäus 

. Matthäus 

. Jabobus Alphaei 
10. 
11. 


Simon Zelotes 
Judas Jacobi 


Im Vergleich zu diesen kanonischen Listen zeigt die Epistola 
nachstehende ‚Besonderheiten: 1) Stellung des Johannes an die 
Spitze des Apostelkollegiums statt des Petrus, 2) Ausfall des 
Jacobus Alphaei und des Simon Zelotes, 3) Einführung des 
Nathanael und Kephas, 4) Nennung des Judas Zelotes statt 
Judas Jacobi resp. Thaddäus. Nun besitzen wir aber in den 
Eingangsworten der sogenannten Apostolischen Kirchenordnung 
eine Apostelliste, die mit derjenigen der Epistola die auffallendste 
Übereinstimmung zeigt. Sie hat folgende Reihenfolge, der ich 
zum besseren Vergleich die Jiste der Epistola gegenüberstelle: 


Stellung ’zum A. und N. Testament. 231 


stol. Kirehenordnung Epistola 


1. Johannes 1. Johannes 
2. Matthäus 2. Thomas 
3. Petrus 3. Petrus 
4. Andreas 4. Andreas 
5. Philippus 5. Jacobus 
e, 6. Simon 6. Philippus 
E) 7. Jacobus 7. Bartholomäus 
Ε΄ - 8. Nathanael 8. Matthäus 
Bi 9. Thomas 9. Nathanael 
010. Kephas 10. Judas Zelotes 
11. Bartholomäus 11. Kephas. 


Die beiden Listen stimmen nicht nur was die Zahl, sondern 
auch was die Namen anbetrifft abgesehen von einem einzigen 
Namen vollständig überein, nur die Reihenfolge — das ist aber 
irrelevant — ist etwas geändert. Gerade die Singularitäten der 
Epistolareihe kehren hier wieder: Johannes zu Anfang, Natha- 
nael und Kephas als zwei Apostel. Baumstark will nun die ein- 
᾿ς zige Namensdifferenz, Simon (Ap. KO.) und Judas Zelotes (Epi- 
᾿ς stola) durch folgende Erwägungen beheben. In der äthiopischen 
Ἷ ng der Ap. KO. werde die Zwölfzahl der Apostel da- 
durch gewonnen, daß unter die Sprechenden hinter Nathanael 
Judas eingefügt und auf beide der in der sonstigen Überlieferung 
dem Nathanael allein zugeschriebene Spruch verteilt würde. 
_ Diese Veränderung wäre erst auf äthiopischem Boden entstanden, 
"da sie nicht nur dem Koptischen, sondern auch dem Arabischen 
md sei. Nun wäre es gewiß nicht zufällig, daß auch in der 

des „Testaments“ (= Epistola) Judas sich gerade an Natha- 
| anschlösse. Bei der Bedeutung der Apostol. KO. als Anfang 
‚großen pseudo-apostolischen Rechtsbuches Ägyptens wäre 
» Korrektur der Liste des Testamentes (= Epistola) nach der 
ostelliste des äthiopischen Textes der Apostol. KO. nur zu 
reiflich. Ursprünglich wäre Judas auch der Liste des äthio- 
her Testamentes fremd gewesen und erst nachträglich unter 
ı Einfluß der äthiopischen KO. eingefügt. Wenn nun aber 
lieser Judas im „Testament“ den in keinem Text der apo- 
ol. KO. ihm gegebenen, in der kanonischen Überlieferung viel- 
ehr dem zweiten Simon beigelegten Beinamen des Zeloten 
führe, so wäre andererseits klar, daß seiner Liste dieser heute 


232 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


in ihr fehlende Simon Zelotes angehört haben müsse, Nachdem 
Judas hinter Nathanael und vor Simon Zelotes eingefügt worden 
wäre, sei entweder durch ein bloßes Schreibversehen der Name 
Simon ausgefallen, oder es habe ihn die Hand eines Redaktors 
absichtlich getilgt, um die bloße Elfzahl der Apostel wieder 
herzustellen. Durch die Substituierung des Simon für Judas 
würde sich im Namenbestand eine vollständige Übereinstim- 
mung zwischen der Epistola und der Apostol. KO. ergeben. 

Auf der andern Seite ist aber auch nach Baumstark die 
Anordnung in beiden Dokumenten eine so willkürlich verschie- 
dene, daß es kaum angehen dürfte, das eine als Quelle des 
andern zu betrachten oder beide aus einem dritten noch älteren 
Denkmal urchristlicher Literatur abzuleiten. Vielmehr glaubt 
Baumstark den merkwürdigen Befund strengster Überein- 
stimmung im Namenbestand und weitestgehender Selbständig- 
keit in der Reihenfolge der Namen nur so erklären zu müssen, 
daß beide Listen unabhängig voneinander auf Grund einer Quelle 
entworfen wurden, welche selbst die elf Namen nicht im 
Rabmen eines festgeschlossenen Apostelkataloges bot, sondern 
wie das Johannesevangelium gelegentlich erwähnte. Diese Quelle 
— so schließt B. — könne dann aber nur ein außerkanonisches 
Evangelium gewesen sein, das unter Ausschluß der drei kano- 
nischen Synoptiker, die ja ihnen eine fertige Liste geboten 
haben würden, von den Verfassern der Apostol. KO. und der 
Epistola gelesen wurde, 


Das führt nun B. zu dem zweiten Punkte, zu dem Aufer- 
stehungsberichte, wo Maria, Martha und Maria Magdalena als 
die drei Myrophoren erscheinen. Auch B. hält diese Reihe statt 
der äthiopischen Überlieferung von Sarah, Martha und Maria 
Magdalena für die ursprüngliche. Nun geht B. von der Tat- 
sache aus, daß Martha in keiner der kanonischen Erzählungen 
als eine der Myrophoren auftritt. Dagegen verweist er auf ein 
_ aus Ägypten stammendes altehristliches Amulett!, das überein- 
ander den Gang der Frauen zum Grabe und die Kreuzigung dar- 
bietet und die beiden Frauen mit Maria und Martha bezeichnet. 


1) Aufbewahrt im Cabinet des Mödailles der Bibliotheque Natio- 
nale zu Paris, abgebildet bei J. Reil, Die frühchristlichen Darstellungen 
der Kreuzigung Christi, Leipzig 1904, Taf. I, Fig. 1. 


τ Stellung zum A. und N. Testament. 233 


Dazu kommt ein bildlieher Randsebmuck in einer noch un- 
‚edierten syrischen Evangelienhandschrift (saee. VI) Biblioth. Nat. 33 
wit der Beischrift: „Maria, die Mutter unseres Herrn, und Martha, 
da sie gekommen waren, auf daß sie das Grab unseres Herrn 
versiegelten‘. Hier blicke noch die Überlieferung von den 
Schwestern durch, indem die Maria in die Mutter Gottes ver- 
wandelt sei. Zu diesen beiden Zeugnissen stellt B. noch ein 
᾿ς hiturgisches aus dem Missale Ambrosianum, wo in dem Post- 
kommunionsgesang der Hauptmesse des Freitags in der Oster- 
oktav folgendes gesungen wird: „Maria und Martha dum veni- 
rent at monumentum, angeli splendentes paruerunt dicentes: 
Quem quaeritis? Viventem inter mortuos? Non est hie! Venite, 
videte loeum, ubi iacuit. Cito euntes dieite diseipulis eius, quia 
surrexit dominus,. Hallelujah“,.! 
Auf Grund dieser drei Zeugnisse, in welchen Maria und 
Martha und zwar nur diese als Myrophoren erscheinen, glaubt 
B. einen außerkanonischen Paralleltext zu Matth. 28, 1—$8; Mare. 
46, 1—8 und Luc. 24, 1—10 statuieren zu können. Mit diesem 
bringt er auch unsern Äuferstehungsbericht in Verbindung, aber 
-  Ietzterer soll die tendenziöse Überarbeitung des andern sein, 
und weiter diese so rekonstruierte Ostergeschichte soll dem- 
ο΄ jenigen außerkanonischen Evangelium angehören, auf welches 
die Apostellisten der Epistola wie der Apostol. KO. zurückgehen. 
_ Die tendenziöse Überarbeitung in der Epistola soll darin bestehen, 
daß ihr Verfasser die Erzählung von der Engelbötsehaft unter- 
schlagen und dem Myrophorenpaare Maria und Martha die Maria 
Magdalena beigesellt habe. Für jenes außerkanonische Evange- 
' lium möchte nun B. nicht die eigentümliche Erzählung von der 
rül des Auferstandenen durch Petrus, Thomas und Andreas 
der Epistola reklamieren, wohl aber den Abendmahlsberiecht 
‚der Apostol. KO. c. 26, der wiederum das Geschwisterpaar 
Maria und Martha auftreten läßt?. Schon Harnaek hatte für 
zteres auf das Ägypterevangelium ὃ verwiesen, und seinen Spuren 


1) Offensichtlich liegt hier eine Kontamination von Luc. 24, 6 
mit Matth. 28, 5ff. vor. Wie Baumstark wegen τίνα ζητεῖτε und τὸν 
οἶδπον ὅπου ἔκειτο noch auf das Petrusevangelium verweisen kann, 
mir unbegreiflich. Der Zusatz ὁ κύριος Matth. 28, 6 fehlt ja in 
den besten Hdd. _ 2) Μάρϑα εἶπεν" διὰ Μαρίαμ, ὅτι εἶδεν αὐτὴν 
μειδιῶσαν. Μαρία εἶπεν" οὐκέτι ἐγέλασα. 8) Harnack, Lehre der 


234 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


folgend möchte auch B. in der außerkanonischen Quelle eben- 
falls das Ägypterevang. erblicken. Auf Ägypten weise 1) die 
Anführung des Kephas, da Clem. Al. im fünften Buche der Hypo- 
typosen (Euseb. ἢ. 6. 1, 12, 2) den Gal. 2, 11 erwähnten Kephas 
nicht mit Petrus, sondern mit einem der Siebzig identifiziert. 
2) die Darstellung auf dem Amulett, 3) der Gesang in dem Mai- 
länder Missale, dessen enge Beziehungen gerade für den Kultus 
der Osterwoche M. Heer (Patrol. Orient. IX, S. 144) nachgewie- 
sen habe, 

Soweit die Ausführungen von Baumstark. Ich muß be- 
kennen, so scharfsinnig seine Argumente im ersten Augenblick 
erscheinen, so wenig vermögen sie einer ernsten Kritik stand- 
zubalten. Bereits hat sich B. veranlaßt gesehen, seinem früheren 
Aufsatze einen Nachtrag unter dem Titel: „Hippolytos und die 
außerkanonische Evangelienquelle des äthiopischen Galiläa-Testa- 
ments“ [Zeitschr. f. ntliche Wissenschaft 1914, H. 4, 5, 332 ff.] 
folgen zu lassen. B. wurde nämlich von Bonwetsch auf die Tatsache 
aufmerksam gemacht, daß im Hippolytkommentar zum Hohenliede 
bei der Erklärung von cap. 3, 1—4 sich in cap. 24. 25 ein Aufer- 
stehungsbericht befindet, der eine auffallende Parallele zu dem Mai- 
länder Transitorium bietet. Denn nicht nur werden hier in Über- 
einstimmung mit Matth. 28, 1 gegen Mare.16, 1 und Luce. 24, 9 zwei 
Myrophoren eingeführt, sondern was die Hauptsache, sie tragen den 
Namen Maria und Martha; ferner erscheinen in Übereinstimmung 
mit Luc. 24, 4 ἢ, den Frauen Engel in der Mehrzahl, nicht ein 
Engel, wie Matth. 28, 2 ff. und Mare. 16, 5. Im Transitorium endet 
der Gesang mit der Aufforderung der Engel, die Meldung von 
der Auferstehung eilends den Jüngern zu bringen (Matth. 28, 7), 
im Hippolytkommentar folgt noch eine Erscheinung des Aufer- 
standenen, so daß für dieses Stück kein Vergleich möglich ist. 
Aber um es gleich hinzuzufügen, diese Episode ist ganz auf 
‚Joh. 20, 14ff. aufgebaut, nur was hier von der Maria Magdalena 
alles berichtet wird, wird auf die beiden Frauen übertragen. 
Es heißt e. 25: „Als sie sich umwandten und weggingen, da be- 
gegnete ihnen der Erlöser“ (Joh. 20, 14) — „der Erlöser aber 
antwortete und sagte: Martha, Maria!* Jene sagten: „Rabbuni, 


zwölf Apostel in den TU II, H. 1/2, 8. 215, Anm. 37 und derselbe, Die 
Quelle der sogenannten apostol. Kirchenordnung TU II, H. 5, S. 30, 
Anm. 13. 


Stellung zum A. und N. Testament. 235 


was in n Übersetzung bedeutet: Mein Herr!“ (Joh. 20, 16) — „Und 

er spricht zu ihnen: Rühret mich nicht an, noch bin ich nicht 
zu meinem Vater“ (Joh. 20, 17). Aber nun wendet 
sich der Text wieder den Synoptikern zu, denn die Meldung an 
die Jünger lautet nicht wie Joh. 20, 17: „Ich steige auf zu mei- 
nem und eurem Vater“, sondern sie ist den Engeln in den Mund 
gelegt nach Matth. 28, 7 (Mare. 16, 7): „Gehet hin und sagt den 
Jüngern: Er geht vor euch hin nach Galiläa. Dort werdet ihr 
ihn sehen“. Hier ist also die Harmonisierung der Evangelien- 
berichte über die Auferstehung mit Händen zu greifen; Matth., 
Lme. und Johannes haben das Material geliefert. Dasselbe hatten 
wir auch für den Auferstehungsbericht der Epistola konstatiert; 
aber wie verschieden ist diese Harmonisierung ausgefallen! Von 
Übereinstimmung keine Spur, jeder der beiden Verfasser geht 
seine Wege. Trotzdem sucht B. beide zu vereinigen. Zunächst 
wendet er sich gegen die von Bonwetsch brieflich geäußerte 
Vermutung, daß die Mailänder Liturgie irgendwie mit Hippolyts 
Werk zusammenhänge, welches Ambrosius so viel benutzt habe. 
Auf diese Benutzung hatte Bonwetsch bereits in seinen Studien 
zu den Kommentaren Hippolyts zum Buche Daniel und Hohen 
Liede (TU, N.F. 1, H. 2, S. 10f.) und Hippolyts Kommentar zum 
-  Hohenlied (TU, N.F. VIII, 2, 8. 13f. u. S. 60, Anm. zum Texte) 
- hingewiesen und speziell für den Auferstehungsbericht auf Am- 
bros., De Isaac et anima 42: et quoniam per evangelium in terris 
videmus caelestia mysteria figurata, veniamus ad illam Mariam, 
veniamus et ad Magdalenam. eonsideremus, quemadmodum Chri- 
stum in eubili corporis sui, in quo defunctus iacebat in noc- 
tibus quaesiverint, quando dixit illis angelus: lesum, qui eruei- 
fixus est, quaeritis. non est bie; surrexit enim. quid igitur 
‚quaeritis viventem cum mortuis? quid quaeritis in sepulchro 
qui iam in caelo sit? quid quaeritis in vineulis sepulturae 
iversorum vincula solventem? non sepulchrum huie sedes, sed 
ΐ | est. et ideo dixit una ex his: quaesivi eum et non in- 

‚veni enm. tamen dum vadunt apostolis nuntiare, miseratus quae- 
) oceurrit eis [6808 dicens: havete. illae autem accesserunt 
En sic teneri, quia fide tenetur., Daß Ambrosins. den 
| imentar Hippolyts benutzt hat, ist evident und wird auch 
von B. nicht bestritten, nur urgiert er, daß Ambrosius bezüglieh 


336 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


der Namen der beiden Myrophoren nach Matth. 28, 1 korrigiert 
hat, ebenso auch bezüglich der Angabe des einen Engels nach 
Matth. 28, 5, wie besonders der Satz zeige: lesum qui erueifixus 
est, quaeritis. non est hie; surrexit enim. Für die Korrektur 
kommt also ausschließlich Matthäus in Betracht!; das bestätigt 
auch noch die Einfügung der Anrede Jesu nach Matth. 28, 9: 
havete mit dem Nachsatze: illae autem accesserunt et tenue- 
runt pedes eius et adoraverunt eum. Und zuletzt, diese bewußte 
Veränderung einer Vorlage, die die johanneische Tradition be- 
nutzt hatte, zu Gunsten des Matthäus, wird noch deutlicher durch 
die Worte: denique in alio libro habes, quia tenentibus pedes 
et adorantibus dixit: nolite timere, wenn wir damit die vorher- 
gehenden Worte vergleichen: et si dieat: noli me tangere ... 
nondum enim ascendi ad patrem meum, dixit semel. dixit: noli 
me tangere, quando resurrexit: ‚aut forte illi dixit quae putabat 
furto esse sublatum et non virtute propria resuscitatum. 

Gibt dieser Befund nun die Berechtigung mit B. zu be- 
haupten, daß das Mittelglied, das zwischen dem Mailänder Oster- 
gesang und dem Hippolytkommentar zum Hohenlied anzusetzen 
wäre, so vollständig als möglich versage? Ich muß diese Frage 
verneinen. Es ist doch auch der Fall möglich, daß Ambrosius 
die Vorlage an der einen Stelle korrigiert, an der andern voll 
akzeptiert habe. Für den Ostergesang eignete sich eine harmo- 
nisierte Evangelienerzählung viel besser. Aber wollte man den 
Zusammenhang zwischen dem Ostergesang und Hippolyt leugnen, 
so könnte doch nur die gemeinsame Abhängigkeit von einer 
andern außerkanonischen Quelle behauptet werden. Diese müßte 
dann, sollte an der früher von B. |behaupteten Abhängigkeit des 
Auferstehungsberichtes der Epistola festgehalten werden, auch 
hier das Ägypterevangelium gewesen sein. Dieser zwi 
Schluß macht aber doch B. stutzig; eine unmittelbare Abhängig- 
keit des Hohenliedkommentars von der außerkanonischen Evan- 
gelienquelle der Epistola hält er in Rücksicht auf die Stellung 
Hippolyts, des Verfassers der Philosophumena?, zum Ägypter- 


1) Der Wortlaut der Engelfrage quid igitur quaeritis viventem 
cum mortuis? ist nicht, wie B. annimmt, nach Luc. 24, 5 korrigiert, 
sondern behält den Wortlaut des Hippolyt bei, wie die folgenden 
mit quid quaeritis beginnenden Fragen zeigen. 2) Vgl. Refut. V, 
7, 9; 8.81, 1 ed. Wendland, — 


Stellung zum A. und N. Testament. 237 


—8— für ausgeschlossen. Den Kommentar dem Hippolyt 
abzusprechen, wagt er angesichts der durchaus glaubwürdigen 
Überlieferung nicht, dagegen sucht er aus der Sackgasse, in die 
_ er geraten, durch die Vermutung zu entschlüpfen, daß die für 
᾿ς Hoh. 3, 1—4 gegebene Erklärung durch Hippolyt aus einer noch 

älteren exegetischen Behandlung dieser Stelle übernommen sein 
könnte, deren Heimat Ägypten wäre. Er verweist dabei auf 
die Forschungen von E. Schwartz und Schermann bezüglich der 
sog. ägyptischen KO., denen zufolge in ihr Hippolyt alexandri- 
nisches Gut auf —— Boden verpflanzt hätte. 

Aber wo bleibt dann die Quelle für den Ostergesang? Liegt 
auch hier derselbe ägyptische Import vor? Offenbar hat B. das 
Geschwisterpaar Maria und Martha oder besser gesagt das Vor- 
kommen der Martha zu seinen seltsamen Thesen verführt. Er 
selbst sieht sich zu dem Bekenntnis 8. 334 gezwungen, daß man, 
wäre nicht der Name Martha, die Ineinanderarbeitung von Matth. 
28,9 und Joh. 20, 16f. auf das Konto des Hippolyt selbst setzen 
könne, ja fast müsse; nur weil jener Name seine Abhängigkeit 
von einem außerkanonischen Bericht außer Frage stelle, sei es 
zweifellos geratener, die Kontamination der Matth.- und Joh.- 
Erzählung bereits in dem letzteren vollzogen zu denken. 

Aber diese ganze außerkanonische (Quelle ist ein Phantom. 
Mit Entschiedenheit möchte ich zunächst an dieser Stelle die 
50 häufig befolgte Methode ablehnen, bei vorhandenen Singu- 
laritäten sofort auf besondere Quellen zu fahnden, statt sich die 
Frage ernstlich vorzulegen, ob nicht der betreffende Verfasser 
‚selbst der Macher sei. Von jenem unkritischen Standpunkt 
müsste man z.B. zu der Annahme gelangen, daß der Verfasser 
en Testamentum Domini nostri, der in seiner Einleitung den 
denen von Thomas, Matthaeus und Johannes berührt 
sein läßt, eine Evangelienquelle derartigen Inhalts benutzt habe, 
würden wir eine Evangelienerzählung statuieren müssen, 
der die drei Apostel Thomas, Matthaeus und Johannes die 

aftige Auferstehung des Herrn bezeugt haben, und eine 
‚ die wir in der Epistola vor uns haben, nach der Petrus, 
as und Andreas die drei Zeugen waren. Nun haben wir 
aber oben S. 223 festgestellt, daß die Aufstellung von drei Zeugen 
 apologetischen Tendenzen des Verfassers der Epistola entsprungen 
— Auch der Verfasser des Testamentes Domini nostri huldigt 


238 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gleichen Tendenzen, denn nicht nur bei der Berührung des 
Herrn werden drei Zeugen genannt!, sondern auch für die 
schriftliche Fixierung des Testamentes werden drei Jünger nam- 
haft gemacht, nämlich Johannes, Petrus und Matthaeus. Ferner 
werden von Jesus Johannes, Andreas und Petrus als diejenigen 
Jünger bezeichnet, die ihm während seines irdischen Lebens am 
nächsten gestanden haben. Und nach Buch 1, 16 sind es drei 
Frauen, die in der Umgebung des Auferstandenen mit den J 

weilen und an den Herrn mit einer Frage herantreten?, Die 
Namen der drei Frauen sind Martha, Maria und Salome. Es 
läßt sieh nieht die Möglichkeit bestreiten, daß beide Verfasser 
unabhängig voneinander die Dreizahl eingeführt haben können, 
aber andere Momente sprechen dafür, daß der Verfasser des 
Testamentes dieses Motiv dem Verfasser der Epistola abgeguckt, 
dabei aber die Namen absichtlich geändert hat. Dazu tritt eine 
Benutzung der apostolischen Kirchenordnung, denn es ist auf- 
fallend, daßim Testament die Verfasser und Übersetzer des Werkes 
genau in derselben Reihenfolge aufgeführt werden wie die ersten 
Redner in der apostol. Kirchenordnung. Und weiter ist zu beachten, 
daß die Digression in ο, 16 betreffs der Frauen unter dem Ein- 
fluss von ὁ. 26 der apostol. Kirchenordnung entstanden ist, der- 
zufolge Martha und Maria eine Rolle im Jüngerkreise gespielt 


1) Hinweisen will ich darauf, daß nach den Angaben von Baumstark, 
Röm. Quartalschr. 1900, S. 11, Anm. 1 in der von ihm nachgewiesenen 
koptisch-arabischen Rezension im Nomokanon des Presbyters Maka- 
rios der Anfang abweichend von der syrischen, äthiopischen und 
arabischen (aus der Übersetzung des Abü Ishag) Version also lautet 
„Es geschah, nachdem unser Herr Jesus Christus von den Toten 
auferstanden und Petrus, Johannes und Matthias, den Frauen und 
den übrigen allen insgesamt erschienen war usw.“ Diese Verände- 
rung geht zurück auf c. 15, wo die Apostel Petrus, Johannes, Tho- 
mas, Matthäus, Andreas, Mathias und die Übrigen um Mitteilung von 
Belehrung bitten. Der Bearbeiter hat einfach diese Liste exzerpiert, 
indem er die beiden an der Spitze genannten Apostel Petrus und 
Johannes und den am Schluß genannten Matthias aufnahm, aus c. 16 
die Frauen einschob und das Ganze wieder abschloß wie c. 15 mit 
„den Übrigen“. 2) Tune Martha, Maria et Salome, quae nobis- 
cum erant, responderunt dicentes: Sane domine noster, edoce nos, 
ut sciamus, quid faciendum sit, ut tibi vivant animae nostrae. Baum- 
stark ist diese Stelle, soviel ich sehe, entgangen. Er müßte anneh- 
men, daß auch der Verfasser des Testamentes das außerkanonische 
Ev. benutzt und von sich aus die Salome hinzugefügt hätte. 


£ 
= 
Bar: 
κ᾿ 
“ἢ 
᾿ 


Stellung zum A, und N. "Testament, 234 


n !; der Name Salome ist vom Verfasser des Testaments bei- 
en auf Grund von Mare, 16, 1 resp. 15, 40, um die Dreizahl 
voll zu machen 2. Irgendein Evangelium kommt für diese apo- 


kryphen Züge wieder nicht in Frage. 

Wie steht es nun mit Maria und Martha? Ist darunter stets 
das. Geschwisterpaar zu verstehen? In der Epistola ist ohne 
Zweifel das Geschwisterpaar gemeint, da die Maria Magdalena 
daneben ausdrücklich genannt ist, aber ob an den übrigen von 
Baumstark angeführten Stellen, wo nur eine Maria erscheint, 
stets die Schwester der. Martha und nicht zuweilen die Maria 
Magdalena zu verstehen ist, die ja nach dem einstimmigen Be- 
rieht der Evangelien zu den Frauen am Grabe gehörte, bleibt 
eine offene Frage. Denn in der älteren Zeit begriff man unter 
dem einfachen Namen Maria sehr häufig die Maria Magdalena, 
Das erkennt man am besten an dem Sprachgebrauch bei den 
Gostikern. In der Pistis Sophia bildet bekanntlich Maria Magda- 
lena die Hauptperson als Sprecherin®, diese wird in der über- 
ragenden Mehrzahl der Stellen ohne jeden Zusatz Maria genannt. 
- In dem noch unveröffentlichten Codex Berolinensis finden wir 
- an erster Stelle ein εὐαγγέλεον χατὰ Μαρίαμ. Darunter ist 
wieder die Maria Magdalena zu verstehen. Und hören wir bei 
-  Epiphanius h. 26, 8 von „kleinen und großen Fragen der Maria“, 
My die von den sogen. Gnnstikern fabriziert sind, so kann es sich 
im Hinblick auf die Pistis Sophia ebenfalls nur-um die Maria 
Magdalena handeln. Auch keine andere Maria wird hinter der 
᾿Διαριάμμη resp. Μαριάμνη zu suchen sein, auf der die Naassener 
nach Hippolyt, Refut. V, 7,1 und X, 10, 1 ihre besonderen Ge- 
beimlehren zurückführten, die sie ihrerseits von Jacobus, dem 
| des Herrn empfangen haben sollte. Von dieser bei den 
ikern in hohem Ansehen stehenden Maria muß auch Celsus 
Kunde erhalten haben, wenn er (Origenes, c. Celsum V 6, 2) 


1) In dieser Reihenfolge: Martha und Maria werden sie auch 
m T ntum angeführt. Das ist wohl zu beachten. 2) Mit 

u Ägypterevangelium, wie Harnack: Vorläufige Bemerkungen zu 
dem jüngst syrisch und lateinisch publizierten „Testamentum domini 
nostri lesu Christi“ (Sitzungsber. der Akad. ἃ, Wiss. zu Berlin, phil.- 
1899, S. 890) vermutet, hat dies nichts zu tun. 
) Vgl. meine Gnostischen Schriften in koptischer Sprache aus dem 
‚odex ans 1892, 8. 4521. 


240) Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum 


behauptet, daß gewisse Sekten ihren Ursprung von einer ge- 
wissen αριάμμη, andere von Martha herleiten. Dies will so- 
viel besagen, daß bei diesen Gnostikern Maria (— Maria Magda- 
lena) und Martha! eine besondere Rolle als Vermittler von Offen- 
barungen Jesu spielen. Liegt also bei den Gnostikern die Iden- 
tität von Maria und Maria Magdalena offen zu tage, so werden 
wir auch dasselbe bei den Großkirehlern voraussetzen dürfen, 
Dann begreift man auch, wie die Maria Magdalena in der Tra- 
dition fälschlich mit der Maria von Bethanien in eins σ᾽ 
werden konnte; dies trat um so leichter ein, sobald ihr Name 
neben dem der Martha gesetzt wurde; in diesem Falle mußte 
die Kontamination sich von selbst einstellen?, Aber daß bereits 
in einem Evangelium die beiden Marien identifiziert sein sollten, 
wo Maria und Martha allein als Myrophoren auftreten, halte ieh 
für ausgeschlossen. 


Viel deutlicher liegt die Sache bei der Apostelliste. Soviel 
ist über jeden Zweifel erhaben, die Aufführung der beiden 
Apostelnamen Nathanael und Kephas in zwei verschiedenen 
Listen kann nur durch eine gemeinsame Quelle oder durch gegen- 
seitige Abhängigkeit ihre Erklärung finden; zwei Verfasser können 
unabhängig voneinander unmöglich die gleiche Singularität aus- 
geklügelt haben. Untersuchen wir zunächst den Tatbestand. 
Der Name des Nathanael verrät die Benutzung des Johannes- 
evangeliums, denn nur dort kommt er vor, aber auch der Name 
des Kephas findet sich in den Evangelien nur Joh. 1, 43 — hier 
freilich als Beiname des Petrus —, als selbständigen Namen 
könnte der Verfasser ihn nur aus 1. Kor. und Gal. 2, 9 entnom- 
men haben. Daß Johannes und nicht Petrus an der Spitze des 
Apostelkollegiums steht, habe ich bereits o. 8. 224 beleuchtet. 
Ferner möchte ich darauf aufmerksam machen, daß Simon Ka- 
nanites resp. Zelotes in unserm Katalog fehlt; dasselbe gilt auch 
für das Johannesevangelium. Dagegen kennt das Joh.-Ey. 14, 22 
einen Judas ohne Beinamen; ausdrücklich wird hinzugefügt: 
οὐχ ὁ Ἰσκαριώτης, während in dem Katalog des Lucas und der 
Acta ein gewisser Judas Jacobi an 11. Stelle hinter Simon Zelotes 


1) Auch in der Pistis Sophia tritt Martha neben der Salome 
wiederholt als Sprecherin auf; s. meine Gnostischen Schriften ἜΝ « 
S. 454. 2) Vgl. Acta Sanctorum ad XXI. Juli. 


‘ Stellung zum A. und N. Testament. 241 


nn wird, der mit Thaddäus-Lebbäus des Matthäus und Marcus 
zu identifizieren ist. Woher nun in der Epistola der Name des 
Judas Zelotes stammt, wage ich nicht mit Sicherheit zu sagen. 
Am nächsten liegt die Annahme, daß der Verfasser dem Judas 
den Beinamen seines Vorgängers in der Liste gegeben hat, mit- 
hin eine willkürliche Mache vorliegt. Aber nun findet sich 
merkwürdigerweise dieser rätselhafte Judas Zelotes in der Mat- 
thäusliste 10, 2—4 statt Thaddäus in den altlateinischen Hdd. a (Ver- 
cell. saee. IV), b (Veron. saee. V), g (Monae. saec. VII) an 9. Stelle 
hinter Jacobus Alphaei oder in den Mischhdd. g (Cod. Gig. Holm.), 
bh (Claromon. saec. V—VII) und gat (Ev. zu St. Gatien) an 10. Stelle 
hinter Jacobus Alphaei!. Eine befriedigende Erklärung für diese 
ο΄ Singularität hat weder Sabatier noch Hort und Schermann ge- 
geben; es bleibt nur übrig, den Tatbestand zu buchen. An einen 
Zusammenhang zwischen dieser Liste und derjenigen der Epi- 
stola ist angesichts der sonstigen Differenzen m. E. nicht zu 
denken. 

Betrachten wir die Apostelliste der Epistola in ihrer Sonder- 
heit, so springt die starke Beeinflussung durch das Joh.-Ev. in 
die Augen. Das schließt freilich die Kenntnis und Benutzung 
der Listen in den Synoptikern von seiten eines Kompilators 
nicht aus. Die Namen der Apostel Johannes, Bartholomäus und 
Matthäus kommen im Joh.-Ev. nicht vor, also sind sie von 
anderer Seite bezogen. Sollte nun der Verfasser der Epistola 
eine fertige Vorlage benutzt haben, müßte der Einfluß des Joh.- 

Er. bereits für diese Vorlage statuiert werden. Ob Baumstark 
diesen Einfluß im Ägypterevangelium nachzuweisen imstande ist, 
möchte ich bezweifeln. Umgekehrt hatten wir die Vorliebe des 
Verfassers der Epistola für das Joh.-Ev. bei der Kompilation des 
e hen Stoffes festgestellt. Sollte es da nicht von vorn- 
"herein glaubhaft erscheinen, daß die Komposition der Liste aus- 
‚schließlich auf sein Konto zu setzen ist? Und unsere Vermutung 
wird zur Gewißheit, da in der Liste unmittelbar hinter Johannes 
die Apostel Thomas, Petrus und Andreas folgen, eine Zusam- 
menstellung, die sich sonst nirgends findet. Gerade diese drei 
Namen treten uns in dem Auferstehungsberiehte als Zeugen der 


=: BORN Schermann, Propheten- und Apostellegenden TU Bd. 31, 


Eu Ὁ. 14: Schmidt-Wajnberg. 16 


242 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


leiblichen Auferstehung entgegen. Unser Verfasser glaubte auch 
hier auf eigene Zutaten nicht verziehten zu dürfen, um seiner 
Selbständigkeit nichts zu vergeben. Seine Fiktion liegt auf der 
gleichen Linie wie Pilatus und Archelaus — Maria, Martha und 
Maria Magdalena. Eine solehe Fiktion ist unnachahmlich. 
Wenden wir uns nun der apostol. KO, zu und vergegen- 
wärtigen uns wieder die Überlieferung !, so votieren die Apostel 
einzeln die ihnen zugeteilten ethischen Vorschriften e. 4—14. 
Ihre Reihenfolge ist: Johannes, Matthäus, Petrus, Andreas, Phi- 
lippus, Simon, Jacobus, Nathanael, Thomas, Kephas, Bartholo- 
mäus? Es werden also elf, nicht zwölf Apostel aufgezählt. 
Dem entsprechen in dem Proömium die gleichen Namen in der- 
selben Reihenfolge; nur wird noch ein zwölfter Apostel mit 
Namen Judas Jacobi hinzugefügt, aber dieser Name steht nur 
im Cod. Vindob., in der kopt.-thebanischen und äthiopischen Version 
— im Cod. Ottob., Mosq. und in der syrischen Übersetzung fehlt 
dieses ganze einleitende Stück bis einschließlich cap. 2. Der 
Äthiope hat Judas Jacobus zerlegt in „Judas und Jacobus, die 
Brüder des Herrn“. Aber daß die Hinzufügung dieses zwölften 
Apostels ein späterer Zusatz ist, lehrt nicht nur die Stellung am 
Schluß, sondern vor allem die Tatsache, daß der Name des Judas 
unter den Rednern e. 4—14 überhaupt nicht vorkommt. Nur 
der Äthiope hat, da er in seiner Vorlage den Namen bereits 
vorfand®, auch ihm einen Spruch zuschreiben wollen und hat 
den Spruch des Nathanael in zwei Stücke zerschnitten, dabei 
aber ganz übersehen, daß er dem Anordnungsprinzip zufolge 
den Judas an letzter Stelle hätte zu Worte kommen lassen müssen. 
Wenn Achelis (Protest. REneyklop.® Bd. 1, S. 732) der Meinung 
ist, daß das Fehlen des Judas Jacobi nur auf der mangelhaften 
handschriftlichen Überlieferung beruhe und die verlorene Partie 
in dem Schluß des Ottob. stecke, so gibt die abweichende Über- 


1) Über diese Liste vgl. die Bemerkungen von Lipsius, Apo- 
kryphe Apostelgeschichten I, 21f.; Harnack, Didache S. 217, Anm, 28; 
Schermann, Eine Elfapostelmoral S. 21f. und derselbe, Propheten- 
und Apostellegenden S. 205f. 2) In dem zweiten kirchenrecht- 
lichen Teile ο, 15—80 ist diese Reihenfolge nicht beibehalten. Die 
Namen von Simon, Nathanael und Thomas kehren nicht wieder; 
Johannes hat dem Petrus weichen müssen, dagegen bleibt Kephas 
von Petrus geschieden. 3) Die Spaltung des Judas Jacobi lag da- 
mals noch nicht vor. 


Stellung zum A, und N. Testament. 243 
srung in der Rede des Bartholomäus kein Recht, hier einen 
Unterschlupf für Jacobus zu suchen. Der Tatbestand ist folgen- 
‚der: Cod. Vindob., der Kopte, Äthiope und Syrer bieten in 6. 14 
als Rede des Bertholomäus: ᾿ΒΕρωτῶμεν ὑμᾶς, ἀδελφοί, ὡς ἔτι 
χαιρός ἐστι καὶ ἔχετε εἰς οὖς ἐργάζεσθε usd’ ἑαυτῶν, μὴ ἐχλί- 
πῆτε ἐν μηδενί, ἐξουσίαν ἐὰν ἔχητε. ἐγγὺς γὰρ ἡ ἡμέρα κυρίου, 
ἐν ἡ συναπολεῖται πάντα σὺν τῷ πονηρῷ ἥξει γὰρ ὃ κύριος 
zei ὃ μισϑὸς αὐτοῦ. ἑαυτῶν γίνεσϑε νομοϑέται, ἑαυτῶν γί- 
 veode σύμβουλοι ἀγαϑοί, ϑεοδίδαχτοι᾽ φυλάξεις ἅπερ ἔλαβες 
μήτε προσϑεὶς μήτε ὑφαιρῶν. In einer andern Handschriften- 
klasse, die durch Cod. Ottob. gr. 405. (saee. XV), Cod. Paris. 
gr. 1555 A (saec. ΧΙΝ) und Cod. Nap. il c 34 repräsentiert wird, 
lesen wir: Οὐχ ἄρῃς τὴν χεῖρά δου ἀπὸ τοῦ υἱοῦ σου οὐδὲ ἀπὸ 
τῆς ϑυγατρός σου, ἀλλ᾽ ἅμα ἀπὸ γεύτητος διδάξεις αὐτοὺς 
τὸν φόβον τοῦ χυρίου. Ἐξομολογήσῃ τὰ παραπτώματά σου, 
οὐχ ἐγκαταλείφῃ ἐντολὰς κυρίου, οὐ προσελεύσῃ ἐν προσευχῇ 
σου ἐν συνειδήσει πονηρῦ. μισήσεις πᾶσαν ὑπόκρισιν καὶ πᾶν 
ὃ μὴ ἀρέσχει κυρίῳ, φυλάξῃ δὲ ἃ παρέλαβες μήτε προστιϑεὶς 
μήτε ὑφαιρῶν. Αὕτη ἐστὶν ἡ ὁδὸς τῆς ζωῆς. Hier liegt also 
die merkwürdige Tatsache vor, daß nach der einen Rezension 
die Sätze aus dem Barnabasbriefe cap. 21, 2—4, 6 und e. 19, 11 
entnommen sind, nach der zweiten aus der Didache cap. 4, 9. 
14a. 13a. 14b. 12. 130. 14c. Wie man nun immer zu diesem 
Problem Stellung nehmen mag, ob man die erste längere Rezen- 
sion mit Harnack für die ursprüngliche und die kürzere für 
einen späteren Auszug hält oder umgekehrt mit Schermann die 
kürzere für eine ältere selbständige Bearbeitung der ursprüng- 
lieh jüdischen Schrift der beiden Wege!, so ist dies für unsere 
Frage irrelevant, denn für das Stück selbst kommt kein anderer 
Redner in Betracht als Bartholomäus. Die Liste schloß in beiden 
alten mit diesem Apostel, und der Cod. Mosq. zeigt wie auch 
δὴ andern Stellen seinen sekundären Charakter darin, daß er 
ῷ e Rede vor cap. 12 stellt und die beiden sisgulären Namen 
has und Kephas einfach ausmerzt. Die Elfzahl der 
stel ist von dem ersten Teil der apostol. KO. nicht zu 


1) Ich für meine Person kann den Nachweis von Schermann 
t für gelungen erachten; vgl. auch die Anzeige von v. der Goltz, 
Literaturzeitg. 1905, Nr. ® Spalte 75f. 
16* 


244 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Nun ist durch die Untersuchungen von Harnack und anderen 
m. E. der Nachweis erbracht, daß die apostol. KO. ihre Existenz 
der Arbeit eines Redaktors verdankt. Zu den von dem Redaktor 
für die capp. 4—14 verarbeiteten Quellen rechnet Harnack die 
Didache und den Barnabasbrief, dagegen das Proömium, wie 
die Verteilung der einzelnen Satzgruppen an die einzelnen Apo- 
stel setzt er auf das Konto des Redaktors; doch auch hier nimmt 
er die Benutzung eines alten Apostelverzeichnisses an, fügt nur 
zweifelnd hinzu, ob aus einer Schrift? 

Heute können wir diesen Zweifel beheben, denn die Quelle 
des Redaktors der apostol, KO. war unsere Epistola. Von hier 
hat er nicht nur die Elfzahl der Apostel entnommen, sondern 
auch die beiden singulären Namen Nathanael und Kephas. Auch 
die Stellung des Johannes an der Spitze des Apostelkollegiums 
übernahm er unbesehens!, aber wie es bei allen Redaktoren zu 
geschehen pflegt, er hat die Reihenfolge der Namen im übrigen 
geändert und statt des rätselhaften Judas Zelotes? den Namen 
des Simon eingefügt. 

Daß nun wirklich unsere Epistola dem Bearbeiter der apo- 
stol. KO. vorgelegen habe, und nicht beide auf eine gemeinsame 
Quelle zurückgehen, dafür sprechen folgende Gründe: 1) Das 
Apostelverzeichnis fand der Redaktor bereits in einer Briefadresse 
vor. Das hat ihn überhaupt erst auf die Idee gebracht, seiner 
Kompilation die Form eines Briefes zu geben. Ist auch der Ein- 
gang: χαίρετε, υἱοὶ καὶ ϑυγατέρες, ἐν ὀνόματι κυρίου Ἰησοῦ 
Χριστοῦ durch Barnabas veranlaßt, so las er doch eine ähnlich 
klingende Anrede unmittelbar vor dem Apostelverzeichnis in der 
Epistola (vgl. S. 26, 5f.: „Wir empfehlen euch, o unsere Söhne 
und Töchter, in Freude, im Namen Gottes .„.. und Jesu Christi). 
2) Nicht nur die Briefform ist dem Redaktor von außen zuge- 
flossen, sondern auch der Gedanke, die ganze apostolische Ge- 
setzgebung auf Spezialoffenbarungen des Herrn zurückzuführen. 


1) Daß auch in dem sog. Ebionitenevangelium der 12 Apostel 
der Herr bei der Aufzählung der Apostel den Johannes zu Anfang 
nennt, will ich nicht unerwähnt lassen, ebenso die Tatsache, daß im 
ursprünglichen Kanon der koptischen Kirche das Ev. Joh. an erster 
Stelle stand. 2) Wenn Simon nicht in der Reihe der Sprecher 
vorkäme, würde man vermuten, daß der Name des Judas Jacobi an 
die Stelle des Judas Zelotes gesetzt wäre, 


Stellung zum A. und N. Testament. 245 


Auch in dieser Beziehung gab ihm die Epistola die Direktive. 
Nur darin weicht er ab, daß er diese Offenbarungen nicht an 
einen bestimmten Ort und an eine bestimmte Zeit knüpft; er 
scheint Bedenken getragen zu haben direkt auszusprechen, daß 
diese Offenbarungen in der Zeit unmittelbar nach der Aufer- 
stehung stattgefunden haben. Daher verschiebt er das Apostel- 
konzil auf eine spätere Zeit; der Herr weilt nicht mehr persön- 
lieh unter ihnen, sondern übermittelt seine Offenbarungen durch 
den heiligen Geist. Aber indem der Verfasser die Apostel auf 
die Zahl elf beschränkt, also das Kollegium durch Matthias nicht 
vervollständigt sein läßt, zeigt er mit aller Deutlichkeit seine 
Abhängigkeit von einer Quelle, derzufolge die Apostel nach der 
Auferstehung um den Herrn versammelt waren und die neuen 
Offenbarungen empfingen. Und dazu kommt 3) der Charakter 
eines katholischen Briefes. Die Schrift soll, wie es heißt, auf 
Befehl des Herrn geschiekt werden εἰς ὅλην τὴν οἰχουμένην. 
Als katholisches: Sendschreiben an alle christlichen Gemeinden 
gab sich auch die Epistola aus. 
Wird man angesichts derartiger Übereinstimmungen eine 
Benutzung von seiten des Redaktors der apostol. KO. noch leug- 
men können? Oder werden Skeptiker auftreten und, indem sie 
die Differenzen hervorheben, uns wieder auf eine unbekannte 
Schrift vertrösten? Die literarkritischen Untersuchungen der 
letzten Jahrzehnte auf dem Gebiete der altchristlichen Literatur 
_ haben m. E. oftmals durch solche übel angebrachte Skepsis 
schweren Schaden erlitten. In unserm Falle wird man vom 
 ehronologischen Standpunkt keinen Einspruch erheben können, 
_ wenn die Epistola im 2. Jahrhundert verfaßt sein sollte, die Re- 
_ daktion der apostol. KO. dagegen frühestens in die erste Hälfte 
des 3. Jahrhunderts verlegt werden darf. Und zuletzt, wir werden 
später den Nachweis erbringen, daß die Epistola noch für andere 
_ Erzeugnisse der pseudapostolischen Kirchenrechtsliteratur von 
_ maßgebender Bedeutung’ gewesen ist. Erst ihre Entdeckung gibt 
uns wichtige Fingerzeige, das Dunkel in manchen Punkten auf- 
 zuhellen. Schon jetzt kann man ‚sagen, daß die Verlegung der 
Abfassung der apostol. KO. nach Ägypten, wie sie mit Berufung 
auf die Spaltung des Petrus und Kephas bei Clem. Alex. und 
auf das Vorkommen der Maria und Martha cap. 26 geschehen ist, 
‚nicht mit der bisherigen Sicherheit vertreten werden darf, denn 


246 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


die Heimat der Epistola ist nicht Ägypten, sondern Kleinasien. 
Das schließt freilich nicht aus, daß der Redaktor der apostol. KO. 
in Ägypten gelebt hat, nachdem die Epistola dorthin gelangt 
und hohes Ansehen erworben hatte. Auf alle Fälle werden wir 
zu großer Vorsicht ermahnt. Als Resultat dieser langen Digres- 
sion bleibt fest bestehen, daß der Verfasser der Epistola neben 
den vier Evangelien kein außerkanonisches Ev., speziell nicht 
das Ägypterevangelium benutzt hat. 

Es gilt nun weiter zu untersuchen, ob und welche ntlichen 
Schriften außer den vier Evangelien benutzt sind. Zunächst 
können wir die interessante Tatsache feststellen, daß zum N.T. 
unseres Verfassers auch die Apostelgeschichte gehörte. Der 
Herr verkündet nämlich 8. 52, 6ff, = Ko. VIII, 1ff. seinen Jün- 
gern, daß einer aus ihrer Mitte, gerade wo die übrigen das 
Passahfest feiern, sich im Gefängnis befindet um des Namen 
des Herrn willen und in tiefer Trauer darüber ist, daß er an 
der Feier nicht teilnehmen kann. Da will der Herr seine Kraft 
in Gestalt des Engel Gabriel schieken, die Tore des Gefängnisses 
werden sich öffnen, der Gefangene wird sich zu den Mitjüngern 
begeben und eine Nachtwache zubringen, bis der Hahn kräht. 
Nach Vollzug der Feier wird der Betreffende wieder ins Ge- 
fängnis geworfen werden. — Diese Erzählung ist unzweifelhaft 
auf Grund von Act. 12, 3ff. gebildet. Der „eine von euch“ ist 
Petrus; so wurde er auch $. 31, 7 bezeichnet bei der Denar- 
geschichte. Petrus wird ja von Herodes ins Gefängnis geworfen 
in den Tagen der Ungesäuerten (vs. 3), um ihn nach dem Passah- 
feste (vs. 4) dem Volke vorzuführen. Durch die Erscheinung des 
Engels des Herrn wird er in der Nacht befreit (vs. 7 f.), indem 
die Tore sich öffnen (νυ. 10). Der Verfasser der Epistola ver- 
legt die Befreiung auf die Passahnacht, während nach vs. 6 das 
Fest der Ungesäuerten schon vorüber gewesen sein muß, der 
Engel wird wie bei der Geburtsgeschichte direkt mit Gabriel iden- 
tifiziert. Freilich ist die Befreiung nur eine temporäre, d. h. für 
die betreffende Passahnacht. Daß also Petrus sich dem Gericht 
des Herodes entzieht und Jerusalem heimlich verläßt, wird unter- 
drückt und die unmögliche Situation geschaffen, daß er nicht 
freiwillig in der Nacht ins Gefängnis zurückkehrt, sondern von 
neuem ergriffen wird, um Zeugnis für seinen Herrn abzulegen, 
Wie lange die Haft dauert, wird nicht gesagt. Man könnte auf 


εἰ 
Ε.. 
da 

| ; 

Εἰ 


δι δον — 


le se 


Stellung zum A. und N. Testament. 947 


den Gedanken kommen, daß der Verfasser die Einkerkerung des 


Petrus und Johannes von seiten der Juden Act. 4 chronologisch 
hinter cap. 12 gestellt habe, weil ihm eine doppelte Gefangen- 
schaft bekannt war. Jene erste Gefangennahme endete ja mit 
der freiwilligen Entlassung, und auf eine solche scheint zu deuten 
der Ausdruck „zum Zeugnis*, denn bei dem Verhör nach der 
ersten Verhaftung hat Petrus Zeugnis abgelegt von dem Messias, 
An diesem Beispiel sieht man wieder deutlich, wie frei der Ver- 
fasser mit dem gegebenen Stoff umspringt. Eine außerkano- 
nische Quelle kommt absolut nicht in Frage; alles fremde Bei- 
werk ist der Phantasie des Autors entsprungen. 

Ein ebenso instruktives Beispiel für die Arbeitsweise des 
Verfassers ist die Erzählung von der Einsetzung des Paulus zum 
Apostel der Heiden S. 96 ff., Kap. 31—33, die leider nur im 
Äthiopen erhalten ist, so daß die Überlieferung an manchen Stellen 
nicht gesichert ist. Schon die Einführung des Apostels als Σαῦλος 
ὃ χαὶ Παῦλος stammt aus Act. 13, 9. Seine Bezeichnung als 
Jude ist dem Selbstzeugnisse des Apostels Act. 21, 39; 22, 3 
entnommen. Phil. 3, 5; Röm. 11, 1 bezeichnet sich Paulus als 
Hebräer oder Israelit. Seine Herkunft aus Cilizien 8. 100, 13 
wird ebenfalls Act. 21, 39; 22, 3 (23, 34) betont, ferner sein 
Kommen nach Damaskus in Syrien zur Auswurzelung der dor- 
tigen Gemeinde $. 100, 14 nach Act. 9, 2; 22, 5; 26, 12. Die 
Bekehrung des Paulus wird 8.96 u.3 ff. kurz also skizziert, daß er 
die Stimme Jesu vom Himmel vernehmen! (Act. 9, 4; 22, 7; 
26, 14) mit Schrecken, Furcht und Zittern, und daß er erblinden 
wird (Act. 9, 8; 22, 11), jedoch seine Augen wieder sehend 


* werden. Weiter wird die große Missionstätigkeit des Apostels 


mit seinen Erfolgen unter den Heiden hervorgehoben; er ist 


das auserwählte Gefäß (S. 98, 9, vgl. Act. 9, 15), der Prediger 
᾿ς derHeiden und dient ihnen zum Heil (8. 99, 1. 11 vgl. Act. 13,47: 
26, 17; 28, 28). Nach diesem großartigen Erfolge wird auch 
seines Lebensendes gedacht, daß man nämlich dem Apostel gram 


werden und ihn in die Hände seiner Feinde ausliefern wird. Er 


: "wird dann vor sterblichen Königen Geständnis ablegen (Act. 9,15; 
ἯΙ 26, 1 ff.) und sein Ausgang wird sein, daß er sich zu Jesus be- 


1) Vgl. auch 8. 102, 4f.: „Nachdem ich aber weg bin und bei 
meinem Vater weilen werde, werde ich zu ihm vom Himmel sprechen“. 


248 ’ Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


kennt, anstatt daß er ihn verfolgt hatte (Act. 9, 5; 22, 7. 8; 
26, 14.15) — es ist wohl besser, an das mutige Bekenntnis vor den 
Richtern in Palästina als an seinen Märtyrertod in Rom zu denken. 
Wer ihn den Feinden überliefert, aus welchem Grunde dies ge- 
schehen, wird mit Stillschweigen übergangen. Der Verfasser setzt 
die Kenntnis der Tatsachen bei seinen Lesern voraus, deshalb er nur 
alles streift. Dabei ist nun das Ganze in die Form einer Weissagung 
aus dem Munde Jesu eingekleidet, aber dadurch gewinnt der Be- 
richt nicht an historischer Treue. Aus den Worten 5, 100, 12 δ΄: 
„Es wird jener Mann aus dem Lande Cilizien herauskommen nach 
Damaskus Syriens, um die Gemeinde, die euch zu schaffen be- 
stimmt ist, auszuwurzeln“, würde ein Unkundiger die Meinung 
herauslesen, daß Paulus direkt von Cilizien nach Damaskus ge- 
kommen, nicht von Jerusalem im Auftrage der Hohenpriester, 
auch daß die christliche Gemeinde in Damaskus eine Gründung 
der Urapostel wäre. Ohne apokryphe Züge kann es nicht ab- 
gehen. Wie ich oben S. 190 bemerkt, scheinen die Urapostel den 
blinden Paulus geheilt und in sein Apostelamt eingesetzt zu 
haben, indem sie ihn tauften. Die Figur des Ananias ist ganz 
ausgemerzt. 

Ist nun Paulus als der von Christus eingesetzte Heiden- 
apostel anerkannt und gilt als vollgültiges Glied des Apostel- 
kollegiums, so wird sein literarischer Nachlaß ebenfalls zum 
ntlichen Kanon unseres Verfassers gehört haben. Natürlich kann 
die Benutzung paulinischer Briefe bei der vom Verfasser ange- 
nommenen Fiktion nicht so stark wie die der Evangelien hervor- 
treten. Freilich liegt die geringe Verwendung nicht an der 
Kenntnis der Paulinen, sondern in der völligen Verständnislosig- 
keit der theologischen Gedankenwelt des Paulus. Die eigenen 
theologischen Gedanken des Verfassers sind von jenem Schatze 
ganz unberührt geblieben, nur der Eindruck einer großen Per- 
sönlichkeit auf Grund der Schriften und seiner hervorragenden 
Erfolge als Missionar ist im Gedächtnis haften geblieben. Das 
deckt sich ja mit Beobachtungen, die man bei den übrigen 
Schriftstellern des 2. Jahrhunderts gemacht hat. Ich habe mich 
darauf beschränkt, in den Anmerkungen zum Text einzelne Pa- 
rallelstellen anzuführen, ohne dafür einzutreten, daß die ent- 
sprechende Paulusstelle wirklich angezogen ist. Ich verweise 
auf einzelne Phrasen wie z. B. „ihr Ende ist das Verlorensein* 


Stellung zum A. und N. Testament. 249 


(8. 122, 5=Ko. XXVII, 1; vgl. Phil. 3, 19) oder „deren Gott 
ihr Bauch ist“ (5. 148, 16 --- Ko. XL, 6; vgl. Phil. 3, 19); dazu 
der Gedanke von der Unfruchtbaren, die viele Kinder hat in 
Verbindung mit der Gefangenschaft Zions in dem apokryphen 
Prophetenspruche (8. 101, 5; vgl. Gal. 4, 27). Auf 1. Kor. 15, 9 
scheint die Bezeichnung des Paulus als des „Letzten der Letz- 
ten“ G. 98, 10) zurückzugehen und die Hervorhebung seiner 
Beschneidung (S. 96, u. 3) auf Phil. 3, 5. Auch muß der Ver- 
fasser. aus der Lektüre der Paulinen den Eindruck von einem 
Kampfe des Apostels für sein gesetzesfreies Evangelium gewonnen 
haben, ohne aber die Tiefe dieses Gegensatzes wirklich zu er- 
fassen, da er, wie wir gesehen haben, den Paulus zum gelehrigen 
Sehüler der Urapostel herabdegradiert. 

ἢ Wie weit die Pastoral- und katholischen Briefe Einwirkungen 
hinterlassen haben, läßt sich nicht feststellen; mit ihnen teilt die 
᾿ς  Epistola den Kampf gegen den Doketismus und Leugnung der Auf- 
ο΄  erstehung. Am auffälligsten ist das Verhältnis zu der Apokalypse 
Johannis. Bei einem Autor, der ganz von der Eschatologie be- 
herrscht ist, sollte man in erster Linie Verwertung der kano- 
nischen Apokalypse erwarten; aber in den Schilderungen der 
Wehen und des Endgerichtes S. 104, 1 ff. sind außer allgemeinen 
Gedanken direkte Berührungen nicht nachzuweisen, vor allem 
die ganze Begriffsmythologie, d. h. die Gestalt des Antichrist, 
der Gedanke des Kampfes Christi und seiner Engelschaaren gegen 
den Satan und die bösen Weltmächte, der Weltenbrand, das 
tausendjährige Reich, fehlt gänzlich. Wir brauchen daraus nicht 
zu schließen, daß die Apokalypse dem Verfasser unbekannt 
gewesen ist, aber soviel ist wohl anzunehmen, daß die orienta- 
lisch-jüdischen Phantasien ihm als Heidenehristen und Schüler 
der Apologeten ebensowenig sympathisch gewesen sind wie den 
; τ μὰς Vertretern der griechischen Kirche. 

ἐπ So können wir das Resultat unserer Untersuchungen dahin 
; — daß der Autor das A. T. als heilige Schrift an- 
_ erkannt und daß ihm zugleich ein Komplex von ntlichen' Schriften 
- vorgelegen hat, der im großen und ganzen dem Umfange ent- 
_ sprochen hat, den wir bei Irenäus konstatieren können. Aber 
am den heiligen Buchstaben hat er sich niebt gebunden gefühlt. 
Wi er neue Prophetensprüche erfindet, so gestaltet er auch 
den evangelischen Stoff nach freiem Ermessen, Außerkanonische 


250 Schmidt-Wajnberg: Epistola aostolorum. 


Schriften haben abgesehen von dem nichtgnostischen Kindheits- 
evangelium keine Verwendung gefunden. 


V. Die Autoritäten. 


In Anbetracht der vorhergehenden Beobachtung über die 
Benutzung des A. und N. T’s haben als die Autoritäten zu gelten 
die Propheten und die Apostel. Im Grunde gibt es freilich nur 
eine einzige Autorität, d. i. der λόγος oder χύρεος, wie er sich 
in der vorchristlichen Zeit den Propheten und bei seinem Er- 
scheinen auf Erden den Aposteln offenbart hat. 

Das ganze A. T. und die Propheten bilden eine Einheit; 
auch der Pentateuch wird nicht nach seinem gesetzlichen Inhalt, 
sondern nach seiner prophetischen Seite gewertet. Die Bedeu- 
tung liegt ausschließlich in der Weissagung auf Christus. Im 
Zeitalter der Erfüllung ist vollendet, was die Propheten so 
wunderbar vorausgesagt haben. In diesem Sinne gilt der dritte 
Psalm als eine Weissagung auf die leibliche Geburt, Tod und 
Auferstehung Christi. Unser Verfasser bewegt sich hier auf ge- 
wohnten Geleisen, denn der 6. Vers des 3. Psalms spielt in dem 
altchristlichen Weissagungsbeweis eine große Rolle. Bereits 
der 1. Clemens ce. 26, 2 zitiert ihn als Unterpfand der christ- 
lichen Auferstehungshoffnung. Justin Apolog. I, 38, 5 deutet 
ihn auf Tod und Auferstehung! und in voller Übereinstimmung 
mit unserer Stelle heißt es in der ἐπίδειξις des Irenäus ce. 73: 

„Und wiederum sagt David über den Tod und die Auferstehung 
Christi also: »Ich legte mich nieder und entschlief; ich bin er- 
wacht, denn der Herr hat sich meiner angenommen«. Das hat 
David nicht über sich selbst gesagt, denn er ist nicht aufer- 
standen, nachdem er gestorben ist, sondern der Geist Christi ist 
es, der auch durch andere Propheten, jetzt aber durch David 
über ihn sagt: »Ich legte mich nieder und entschlief; ieh bin 
erwacht, denn der Herr hat sich meiner angenommen«. Mit 
(dem Schlaf meint er den Tod, denn er ist auferstanden“2, Der 


1) Vgl. Justin, Dial. c. Tryph. c. 97; 324B. 2) Nach Iren. 
adv. haer. IV, 31, 2 haben bereits die Presbyter diese Stelle ver- 
wertet: Venit enim, inquit, filius hominis manducans et bibens; et. 
quum recubuisset, obdormivit et somnum cepit. Quemadmodum ipse 
in David dieit: Ego dormivi et somnum cepi. — Clemens Alex., Strom, 


Die Autoritäten, 251 


Vers gehört also zum eisernen Bestande des Weissagungsbeweises. 
Bei Irenäus finden wir nun nicht allein die Deutung auf den 
Tod und die Auferstehung, sondern zugleich die Vorstellung, 
‚daß der Geist Christi wie die andern Propheten, so hier David 
inspiriert habe. Und jetzt lese man die Worte, die der Aufer- 
ΟΠ βέαπάοπο seinem Zitate beifügt ($. 68, 18f.—=Ko. XII, 8f.): „Wenn 
aber alle Worte, die geredet sind durch die Propheten, erfüllet 
sind durch mich — ich selbst nämlich habe mich in ihnen be- 
funden — um wie viel mehr wird das, was ich euch sage, wahr- 
haftig geschehen“. An die Stelle des Propheten David tritt 
.auch hier der ganze Chorus der Propheten. Alle ihre Worte 
haben ihre Erfüllung durch und in Christus erfahren und zwar 
in den drei Hauptstücken seines Lebens: in der Geburt, dem 
° Leiden und der Auferstehung. Unser Verfasser begnügt sich 
mit einem einzigen Psalm, während die altchristlichen Schrift- 
steller sonst über einen umfangreichen Apparat verfügen, der 

in stereotype Formen weiter tradiert wird. Ich will nur auf 

die beiden Hauptrepräsentanten, auf Justin und Irenäus, ver- 
weisen. Fast immer handelt es sich um jene drei Zentralpunkte 
der christlichen Lehre, um γέννησις, πάϑος und ἀνάστασις; im 
᾿ Kampfe gegen den Gnostizismus steht das ἀληϑῶς ἐν σαρχί 
im Mittelpunkt der Diskussion. Das A. T. ist das grosse Weis- 
sagungsbuch. Christus ist sowohl Objekt wie Subjekt der alt- 
testamentlichen Offenbarung (vgl. S. 99, 2f.; 99, 9 ἢ. und 28, 6). 
Diese dogmatische Theorie der Kirche läßt der Verfasser des 
ο΄ χήρυγμα “Πέτρου durch die Apostel vertreten: ἡμεῖς δὲ ἀναπτύ- 
᾿ς ξαντες τὰς βίβλους ἃ ἃς εἴχομεν τῶν προφητῶν, ἃ μὲν διὰ παρα- 
Ε΄. βολῶν, ἃ δὲ δι αἰνιγμάτων, ἃ δὲ αὐϑεντικῶς καὶ αὐτολεξεὶ 
= τὸν Χριστὸν Ἰησοῦν ὀνομαζόντων εὕρομεν καὶ τὴν παρουσίαν 

᾿ αὐτοῦ, χαὶ τὸν ϑάνατον χαὶ τὸν σταυρὸν χαὶ τὰς λοιπὰς 
᾿ κρλάσεις πάσας ὅσας ἐποίησαν αὐτῷ οἱ Ἰουδαῖοι. χαὶ τὴν 
᾿ ἔγερσιν καὶ τὴν εἰς οὐρανοὺς ἀνάληψιν πρὸ τοῦ “Ἱεροσόλυμα 
᾿ ᾿κριϑῆναι, καϑὼς ἐγέγραπτο ταῦτα πάντα, ἃ ἔδεε αὐτὸν παϑεῖν 
᾿ς καὶ μετ᾽ αὐτὸν ἃ ἔσται. Aber befähigt waren die Propheten 
. zu solchen ee nach dem Verfasser der Epistola nur 
— daß der präexistente Logos, d. h. Christus selbst durch 


3 —— 14, 105 deutet die Stelle sowohl auf die ἀνάστασις wie auf die 
Bi: εἰς σάρκα. 


252 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ihren Mund geredet hat. Damit proklamiert sich der auf Erden 
Erschienene zur Offenbarungshypostase Gottes im A.T. Was die 
christlichen Apologeten ' und antignostischen Väter? stetig vor- 
tragen, daß das προφητιχὸν πνεῦμα resp. das πνεῦμα ἅγιον 
durch die Propheten geredet und daß dieses πρεῦμα mit Christus, 
dem Logos identisch sei, wird hier kurzer Hand dem Aufer- 
standenen direkt in den Mund gelegt. Einen derartigen christo- 
zentrischen Standpunkt kann nur ein Schriftsteller vertreten, 
der mit aller Entschiedenheit für die Einheitlichkeit des göttlichen 
Offenbarungsprinzipes im A. u. N. T. eintritt. Damit ist zu- 
gleich die gnostische These von der Verschiedenheit des von 
Christus verkündeten höchsten Gottes und des von den Propheten 
verkündeten Gottes definitiv erledigt. Die antignostische Ge- 
schichtsauffassung z. B. des Irenäus, daß das N. T. eine gerad- 
linige Fortsetzung der alttestamentlichen Offenbarungszeit ist, 
hat sich der Verfasser durch den Auferstandenen selbst bestä- 
tigen lassen. Freilich insofern wird doch ein gewisser Grad- 
unterschied in der Wertung der beiden Testamente angenommen, 
als das A. T. erst der Erfüllung bedarf und als der persönlich 
erschienene Logos höher steht als der in den Propheten redende. 
Deshalb überragen die eigenen Kundgebungen die früheren, 
da die höchste und letzte Stufe der Offenbarung eben der Er- 
schienene selbst ist und dieser für die von ihm ausgehenden 
Öffenbarungen die absolute Bürgschaft übernimmt, Denn der 
Auferstandene fügt hinzu: „um wie viel mehr wird das, was 
ich euch sage, wahrhaftig geschehen, damit verherrlicht werde 
der, welcher mich gesandt hat, von euch und denen, die an mich 
glauben“. Die Zeit der alttestamentlichen Propheten hat ihr 
Ende gefunden in Christus, der die Weissagungen an sich und 
durch sich erfüllt hat. Von jetzt ab tritt Christus als Bürge 
für die zukünftigen Heilsgüter ein; seine lebendigen Worte er- 


1) Vel.z.B. Justin, Apol. I, 86, 1: Ὅταν δὲ τὰς λέξεις τῶν προ- 
φψητῶν λεγομένας ὡς προσώπου ἀκούητε, μὴ ἀπ᾽ αὐτῶν τῶν ἐμπεπνευσ- 
μένων λέγεσϑαι νομίσητε, ἀλλ᾽ ἀπὸ τοῦ κινοῦντος αὐτοὺς ϑείου λόγου 
— Apol. II, 10, 8: λόγος γὰρ ἦν καὶ ἔστιν 6 ἐν παντὶ ὧν καὶ διὰ τῶν 
προφητῶν προειπὼν τα μέλλοντα γίνεσϑαι. 2) Vgl. z. B. Irenaeus 
adv. haer. IV, 10, 1: Inseminatus est ubique in scripturis eius filius 
dei, aliquando quidem cum Abraham loquens, cum eodem comesurus, 
aliquando cum Noö, dans eis mensuras, aliquando autem — 
Adam ete. 


sich unser Verfasser für die zweite Parusie, für die Auferstehung 
von den Toten und das Gericht nicht mehr auf die Propheten 
zu berufen, wie es Justin, Apolog. 1, 52, 1 f. tun muss’, Unser 
Verfasser könnte mit Ignatius ad Philad. 9, 2 schreiben: ἐξαί- 
ρθετον δέ τι ἔχει τὸ εὐαγγέλιον, τὴν παρουσίαν τοῦ “σωτῆρος, 
κυρίου ἡ ἡμῶν Ἰησοῦ Χριστοῦ, τὸ πάϑος αὐτοῦ καὶ τὴν ἀνάστασιν. 
οἱ γὰρ ἀγαπητοὶ προφῆται κατήγγειλον εἰς αὐτόν, τὸ δὲ εὐαγ- 
γέλιον ἀπάρτισμά ἐστιν τῆς ἀφϑαρσίας. — Jedenfalls zeigt sich 
der Verfasser der Epistola in seiner Schätzung des A. Ts. als 
entschiedener Gegner der Gnostiker. Dann versteht man auch 
die auf den ersten Blick etwas rätselhaften Worte S. 128, 1f. 
— Ko. XXX, 3 ἢ: „Um derentwillen aber, die meine Worte ver- 
derben, bin ich herabgekommen vom Himmel. Ich bin der Logos, 
ich wurde Fleisch, indem ich mich abmühte und lehrte, damit 
die Geladenen gerettet werden und die Verirrten verloren gehen 
ewiglich“,. Nicht Gottes barmherzige Liebe zur sündigen Mensch- 
heit hat den Sohn erscheinen lassen, sondern die Verdrehung 
seiner Worte, die im A. T. niedergelegt waren, hat Christus 
zur Herabkunft veranlaßt, um seine Lehre von der Verderbnis 
zu reinigen. Da die sonst so geläufigen Anschauungen von der 
Verführung der Menschen durch die bösen Dämonen oder durch 
den Teufel in der Epistola nicht vorgetragen werden, werden wir 
wahrscheinlich mit den Verderbern das halsstarrige Volk Israel 
zu verstehen haben, das nach Stephanus Act. 7, 52 die Propheten 
verfolgt und getötet? und sich durch Übertretung der Gebote 
von Gott abgewandt hat. Auch wäre möglich, daß an die Phari- 
säer gedacht ist, die das Volk unter das starre Gesetz gebeugt 
haben. Auf jeden Fall musste der Logos in eigener Person im 
Fleisch erscheinen und das Amt des Lehrers an Stelle der Pro- 


1) Ἐπειδὴ τοίνυν τὰ γενόμενα ἤδη πάντα ἀπεδείκνυμεν πρὶν ἢ " 
Ey προχεχηρύχϑαι διὰ τῶν προφητῶν, ἀνάγκη καὶ περὶ τῶν 

Ὡς Io προφητευϑέντων, μελλόντων δὲ γίνεσθαι, πίστιν ἔχειν ὡς πάν- 
ἷ Be Feet. Ὃν γὰρ τρόπον τὰ ἤδη γενόμενα προκεκηρυγμένα 
2: καὶ ayvoovusva ἀπέβη, τὸν αὐτὸν τρόπον καὶ τὰ λείποντα, χἂν ἀγνο- 

Hear καὶ ἀπιστῆται, ἀποβήσεται. 2) Nach dem Verfasser der Acta 
Pauli ist der böse Archon der Feind der Propheten gewesen; vgl. 
Korintherbrief vs. 11: ὁ δὲ ἄρχων, ἄδικος ‚or, ὅτι ϑεὸς 
| εἶναι, ἐπιβαλὼν τὰς χεῖρας ἀπέκτεινεν αὐτούς [καὶ] οὕτως 
᾿ πᾶσαν τὴν σάρχα τῶν ἀνθρώπων τῇ ἐπιϑυμίᾳ . 


ee ne > m DE 


254 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


pheten übernehmen!. Besonders hebt der Herr hervor, daß er 
sich abgemüht habe, als er mit seiner Predigt auftrat. | 
Aber diese Predigt Jesu hatte nur einen beschränkten Wir- 
kungskreis gehabt, das Judenvolk als solches hatte sie abgelehnt, 
ein kleiner Kreis von Jüngern war das einzige Resultat gewesen. 
Weder hatte Jesus seine Worte schriftlich fixiert, noch hatte 
er unter den Heiden Mission getrieben. Das sind zwei Tat- 
sachen gewesen, die von den Heidenchristen peinlich empfunden 
wurden. So treten auch in unserer Schrift die Apostel als die- 
jenigen Autoritäten auf, auf die die geschichtlichen Tatsachen 
des Lebens Jesu und seine Worte zurückgeführt werden. Was 
für die vorchristliche Zeit die Propheten waren, das bedeuten 
für die nachehristliche die Apostel?. In dem Proömianh werden 
sie bald als Jünger (8, 25, 1. 3; 28, 8), bald als Apostel Jesu 
Christi (S. 25, 3; 28, 7) bezeichnet. Man kann einen bewußten 
Unterschied in der Bezeichnung konstatieren; denn wenn es 
S. 28, 7 heißt: „von dem die Apostel predigten und den die 
Jünger berührten“, so ist im ersten Falle an das Berufs- 
verhältnis zur Welt, im zweiten an das persönliche Verhältnis 
zum Herrn gedacht®. Unser Verfasser ist ein echter Vertreter 
des altkatholischen Traditionsprinzipes, indem die Apostel 
als die einzigen Autoritäten und Garanten für die auf Christus 
zurückgeführte Kirchenlehre gelten. Zunächst bilden sie ebenso 
wie die Propheten‘ eine Einheit; wie sie nach der Aufer- 
stehung um den Herrn versammelt waren (8. 25, 3), so 
sind sie auch nach seinem Heimgang zum Vater nicht von 
einander getrennt. Sie können gemeinsame Kundgebungen er- 
lassen. Der Name eines einzelnen Apostels genügt nicht, mag 


1) Vgl. Hermas, Simil. V, 6, 2: καὶ αὐτὸς (se, ὁ υἱὸς τοῦ ϑεοῦ) 
πολλὰ κοπιάσας καὶ πολλοὺς κόπους ἠντληκώς. οὐδεὶς γὰρ ἀμπελὼν 
δύναται σκαφῆναι ἄτερ κόπου ἢ μόχϑου. — Grenfell und Hunt, The 
Oxyrynch. Pap. I, Log. 3: ἔστην ἐν μέσῳ τοῦ κόσμου nal ἐν σαρκὶ 
ὥφϑην αὐτοῖς... καὶ πονεῖ ἡ ψυχή μου ἐπὶ τοῖς υἱοῖς τῶν ἀνϑρώ- 
πων. 2) Vgl. 2. Petr. 3, 2: μνησϑῆναι τῶν προειρημένων ῥημάτων 
ὑπὸ τῶν ἁγίων προφητῶν καὶ τῆς τῶν ἀποστόλων ὑμῶν ἐντολῆς τοῦ 
κυρίου καὶ “σωτῆρος — Polycarp ad Philipp. 6, 8: ‚nudag αὐτὸς ἐν- 
ετείλατο καὶ οἵ «εὐαγγελισάμενοι ἡμᾶς ἀπόστολοι καὶ οἵ προφῆται οἵ 
προκηρύξαντες τὴν ἔλευσιν κυρίου ἡμῶν. 8) ‚Vgl. Kerygma Petri 
bei Clemens, Alex. Strom. VI, 6, 48: ἐξελεξάμην ὑμᾶς δώδεκα 
κρίνας ἀξίους μου... καὶ ——— πιστοὺς ἡγησάμενος εἶναι. 


Die Autoritäten. 255 


‘er auch noch so hohes Ansehen genießen; will man Eindruck 
machen, so spricht man von οἱ ἀπόστολοι. Sie bilden gewisser- 
maßen ein Kollegium, wie Ignatius ad Magn. 6, 1 von einem 
συνέδριον τῶν ἀποστόλων oder ad Trall. 3, 1 von einem σύν- 
deouos τῶν ἀποστόλων redet!. Der Grund liegt darin, daß die 
" heidenchristliche Kirche eine persönliche Berührung mit den 
Jüngern Jesu kaum gehabt hatte. 

Die räumliche Einheit? der Apostel verdichtet sich weiter 
dogmatisch zu der Vorstellung von ihrer Einstimmigkeit in der 
Lehre. Gerade diese Einstimmigkeit spielt im Kampfe gegen 
die Häretiker eine große Rolle; alle Differenzen, die von den 
Gegnern hervorgehoben werden, werden nivelliert rep. rund 
weggeleugnet. Und so wundern wir uns nicht, wenn die Apostel 
S. 26, 4 ἢ, die Versicherung abgeben, daß sie das, was sie gehört 
und im Gedächtnis behalten, schriftlich aufgezeichnet haben. Das 
bezieht sich nicht allein auf die in dem vorliegenden Send- 
schreiben niedergelegten Offenbarungen, sondern auch auf die 
Evangelien (S. 99, 6). Die Namen der einzelnen Schriftsteller 
verschwinden hinter der Gesamtheit der Apostel; auf gewandene 
Erklärungen, wie sie bei Papias, beim Verfasser des Kanon 
Muratori und der Monarchianischen Prologe vorliegen, um den 
apostolischen Ursprung jedes der vier Evangelien zu erweisen, 
läßt unser Autor sich nicht ein. Alle vier Engangelien, die er 
kennt, sind, um mit Justin zu reden, ἀπομνημονεύματα τῶν 
ἀποστόλων"; sie selbst sind die Verfasser dieser Denkwürdig- 
keiten‘. Dazu waren sie vor allen anderen befähigt, weil sie 
E Zee sind. Auf dieses ihr Zeugnis berufen sie:sich, weil sie 
den Herrn beständig begleitet haben G. 34, 2 = Ko. 1, 10). 
Sie sind nicht nur Zeugen für seine Wundertaten, sondern auch 


a ν᾽. >, Δα a a ΝΕ 
en ρον 


3 1) Vgl. auch Ignat. ad Trall. 2, 1; ad Philad. 5, 1 u. ad Smyrn. 
8,1, wo die Apostel mit dem Presbyterkollegium verglichen werden, 
E der Titel der Schrift διδαχὴ τῶν ἀποστόλων. 2) Vgl. die 
alte Legende, daß die Jünger noch zwölf Jahre in Jerusalem geweilt, 
bevor sie die Mission angetreten haben. 3) Vgl. Apolog. I, 67, 3; 
1, 88, δ; Dial. c. Tryph. c. 100; 327 B; c. 102; 329C; ce. 103; 8310: 
sg Vgl. ‚Apolog. I, 66, 3: οἵ γὰρ ἀπόστολοι ἐν τοῖς γενομένοις ὑπ᾽ 
᾿ αὐτῶν a ἀπομνημονεύμασιν, ἃ καλεῖται εὐαγγέλια, οὕτως παρέδωκαν. Der 
_ gleiche Gedanke liegt auch den Worten des Petrus in den Acta Petri 
- ©. 20 ed. Lipsius, Acta apostol. apoerypha I, p. 67, 2 zugrunde: 


ἃ ἐχωρήσαμεν, ἐγράψαμεν. 


256 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


für seine Worte, die sie gehört und im Gedächtnis festgehalten 
haben. Durch die Apostel ist also das ὑπὸ τοῦ χυρέου ἢ λεχ- 
ϑέντα ἢ πραχϑέντα der Christenheit überliefert worden. 

Zu dieser vermittelnden und verbürgenden Stellung kommt 
hinzu die Tätigkeit als Weltmissionare. Unser Verfasser ist ganz 
beherrscht von dem Gedanken, daß die Jünger von Jesus für 
die Mission in der Welt ausersehen sind. Sie sollen nicht so 
sehr als Schriftsteller die vom Herrn empfangenen Offenbarungen 
weiter tradieren, sondern ihre Hauptaufgabe besteht darin, die 
evangelische Wahrheit durch mündliche Verkündigung der Mensch- 
heit zugänglich zu machen. Deshalb richtet der Herr an sie den 
Missionsbefehl: „Gehet ihr und prediget den zwölf Stämmen und 
prediget auch den Heiden und auch dem ganzen Lande Israel 
vom Aufgang bis zum Untergang, vom Süden bis zum Norden, so 
werden viele an den Sohn Gottes glauben“ (S. 94,4f,— Ko, XXV, 
12 f.). Und bereits vorher (S. 62,4 ff.): „Und dies prediget auch ihr 
und lehret diejenigen, die an mich glauben, und prediget vom 
Himmelreich meines Vaters, und wie mein Vater mir die Gewalt gab, 
so werde ich (sie) euch geben, damit ihr meinem himmlischen Vater 
die Kinder näher bringet. Ihr sollt predigen, und sie sollen den 
Glauben gewinnen, daß ihr es seid, denen es bestimmt ist, 
seine Kinder dem Himmel zuzuführen“. Und als die Apostel 
zweifelnd ob der Größe der gestellten Aufgabe fragen: „O Herr, 
dir ist es möglich, was du uns gesagt hast, zu erfüllen. Wie 
werden wir es aber imstande sein?“ — da erhalten sie die Ant- 
wort: „Wahrlich, ich sage euch: prediget und verkündet wie 
ich, und ich werde mit euch sein, weil es mir wohlgefällt mit 
euch zu sein, damit ihr meine Miterben werdet im Himmel- 
reich, (im Reich) dessen, der mich gesandt hat. Wahrlich, ich 
sage euch: Ihr werdet mir Brüder und Genossen sein, denn es 
hat mein Vater an euch Wohlgefallen gefunden und an die- 
jenigen, die durch euch an mich glauben“ ($. 63, 4 ff). So sind 
die Apostel voll und ganz Vikare Christi. Für ihren Missions- 
beruf rüstet der Herr sie mit der gleichen ἐξουσία aus, mit der 
der Vater seinen Sohn in die Welt gesandt hat. Unter dieser 
ἐξουσία ist in erster Linie die Wundermacht (vgl. Matth. 10, 1; 
Mare. 3, 15; Luc. 9, 1) zu verstehen, wie wir am besten aus der 
Szene 8. 94, 8 ff. — Ko. XXVI, 4 ff, ersehen, als die Apostel aus- 
rufen: „O Herr, wer wird uns glauben oder wer wird auf uns 


Die Autoritäten. 257 


hören, oder wer(?) lehrt .... die Kräfte und Zeichen, die du 
getan hast, und die Wunder?“ Darauf erwidert derHerr: „Gehet 
ihr und prediget die Barmherzigkeit meines Vaters, und das, 
was er getan hat durch mich, werde ich selbst tun durch euch, 
- indem ich mich befinde in euch, und ich werde euch geben 
_ meinen Frieden, und von meinem Geiste werde ich euch geben 
- eine Kraft, auf daß ihr prophezeit ihnen zum ewigen Leben.“ 
Zeichen und Wunder, mit diesen Kräften hat sich Jesus als der 
Sohn Gottes auf Erden legitimiert; aber auch jetzt noch ist das 
Christentum die Religion der Wundermacht, wie sie sich in 
seinen Jüngern dokumentiert. Vor allem ist der Geist Christi 
in ihnen wirksam; darunter ist ganz besonders zu verstehen 
der Geist der Propheten, der noch lebendig in den Gemeinden 
waltet. So illustriert unsere Stelle am besten die Worte in 
Heb.. 2, 3: ἥτις (sc. σωτηρία) ἀρχὴν λαβοῦσα λαλεῖσϑαι διὰ 
τοῦ χυρίου, ὑπὸ τῶν ἀχουσάντων εἰς ἡμᾶς ἐβεβαιώϑη, συνεπι- 
μαρτυροῦντος τοῦ ϑεοῦ σημείοις τε χαὶ τέρασιν καὶ 
ποιχίλαις δυνάμεσιν καὶ πνεύματος ἁγίου μερισμοῖς 
(vgl. Mareusschluss 16, 17 f.). Es besteht in Anlehnung an johan- 
neische Vorstellungen gewissermaßen eine mystische Gemein- 
schaft zwischen dem Herrn und seinen Aposteln, die der mysti- 
‚schen Gemeinschaft zwischen dem Vater und dem Sohne ent- 
spricht. „Wie ich mich befinde in ihm (sc. Vater), also werdet 
ihr selbst euch befinden in mir“, heißt es S. 66, 6 — Ko. XI, 15. 
Deshalb ist auch ihre ganze Tätigkeit kein Ausfluß selbständigen 
Handelns, sondern sie sind nur Instrumente der Wirksamkeit 
Christi. Denn S. 130, 3ff.—= Ko. XXI, 8ff. lesen wir: „Gehet und 
prediget, so werdet ihr sein Arbeiter und Väter und Diener. Wir 
sprachen aber zu ihm: Bist du es, der predigen wird durch uns? 
Da antwortete er uns, indem er sagte: Seid ihr denn nicht alle 
Väter und alle Meister? Wir sprachen zu ihm: Ὁ Herr, bist 
du esnicht, der gesagt hat zu uns: Nicht nennet (Jemand) Vater 
euch auf Erden, einer ist nämlich euer Vater, der im Himmel, 
und euer Meister — warum sagst du uns jetzt: Ihr werdet sein 
᾿ς Wäter vieler Kinder und Diener und Meister? Er antwortete 
' aber und sprach zu uns: So wie ihr es gesagt habt. Wahrlich 
nämlich ich sage euch: Wer auf euch hören wird und glauben 
wird an mich, der wird empfangen von euch das Licht des 
Siegels durch mich und die Taufe durch mich; ihr werdet 
ο΄ ἽΝ α. U. '14: Schmidt-Wajnberg. 17 


258 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


τὴν Väter und Diener und Meister“. Und gleich darauf heißt 

. 134, 1 = Ko. XXXIU, 1: „Und ihr werdet genannt werden 
— weil sie empfangen werden die Taufe des Lebens und 
die Vergebung ihrer Sünden von meiner Hand durch euch*. 
Ist aber das Verhältnis zwischen Christus und den Aposteln 
ein derartiges quidproquo, dann brauchen die Heiden sich nicht 
darüber zu beklagen, daß der Herr selber unter ihnen keine 
Mission getrieben hat. In den Aposteln ist er ja selbst ihnen 
gegenwärtig. Und dazu hat er den Uraposteln noch als ein 
besonderes Gefäß seiner Gnade den Paulus für die Heidenmis- 
sion zur Seite gegeben. Denn nicht Matthias wird den Elfen 
beigesellt, sondern Paulus ist berufen, das Kollegium der Zwölf 
mit seiner Person zu ergänzen. Der Mangel einer Zeugenschaft 
auf Grund des persönlichen Verkehrs wird ersetzt einerseits 
durch die Berufung des Paulus von seiten des Erhöhten vom 
Himmel her (S. 96 u. 3; 102, 6), andererseits durch die Ein- 
führung in das Verständnis der alttest. Schriften und der Evan- 
gelien durch die Urapostel (S. 99, 8f.). Dazu wird auch er mit 
den gleichen Kräften ausgerüstet wie die Urapostel G. 96, 5 
— Ko. XXVI, 15). Auf diese Weise wurzelt der geistige und reli- 
giöse Besitz des Heidenchristentums letztlich in dem χύριος, 
der durch seine Apostel, speziell durch Paulus sein Evangelium 
ihnen verkünden und die Erlangung der Heilsgüter in sichere 
Aussicht stellen läßt. 


VL. Vorstellungen von Gott. 


Wollen wir an die Aufgabe herantrsten, ein Bild von dem 
Christentum unseres Verfassers zu entwerfen, so müssen wir 
uns bewußt sein, welche besonderen Schwierigkeiten diesem Unter- 
nehmen entgegentreten. Wir besitzen doch nur eine Abhandlung 
von geringem Umfang aus der Feder eines Autors, dessen ein- 
seitige Interessen deutlich zu Tage treten. Deshalb dürfen wir 
von vornherein nicht erwarten, einen vollständigen Einblick in 
den Gesamtbesitz der religiösen Gedankenwelt zu erhalten; wir 
kommen an vielen Punkten über gewisse Andeutungen nicht 
hinaus und müssen mehr zwischen den Zeilen lesen als uns lieb 
ist. Besonders wird man sich hüten müssen, aus dem argu- 3 
mentum e silentio allzu gewichtige Schlüsse zu ziehen; ve. i 


δ᾽. 


Vorstellungen von Gott, 259 


stens ist man nur dann dazu berechtigt, wenn das Stillschweigen 
über gewisse Vorstellungen geradezu auffällig erscheint. Die 
zweite Schwierigkeit liegt in der völligen Abhängigkeit von dem 
- δὰβ dem N. T. entnommenen religiösen Begriffsmaterial. Man muß 
sich inamer wieder fragen, ob und in wie weit die Sätze selb- 
ständig verarbeitet oder nur zur üblichen Phraseologie zu rechnen 
- sind, um den Evangeliencharakter der Reden Jesu festzuhalten. 
Und dazu kommt als dritter Übelstand die mangelhafte Über- 
ο΄ lieferung. Gerade die Hauptstellen, welche besonders altertüm- 
ο΄ liehe Gedanken darbieten, sind teils stark korrumpiert, bzw. 
im koptischen Ms. lückenhaft überliefert, teils liegen sie pur in 
dem verwilderten äthiopischen Text vor, so daß der ursprüng- 
Ε liche Wortlaut nicht wieder hergestellt werden kann. Aber 
E diese Schwierigkeiten können die Abzweckung der nachfolgenden 
Untersuchungen nicht ernstlich in Frage stellen, denn unsere 
- Hauptaufgabe liegt in einem Doppelten: Es gilt auf Grund einer 
eingehenden Analyse des Inhalts den positiven Nachweis zu 
Ε liefern, daß die vorliegende Schrift weder aus häretisch-gnosti- 
sehen noch aus christlich-separatistischen Kreisen stammt, son- 
dern inihrer Totalität zu den großkirchlichen Schriften zu rechnen 
ist. Und eng verknüpft ist damit der andere Zweck, nämlich 
diehere Unterlagen für die chronologische Fixierung der Schrift 
zu gewinnen. Um dieses Beides zu erreichen, wird es notwendig 
sein, die übrigen literarischen Erzeugnisse der Kirche, besonders 
die des zweiten Jahrhunderts, herbeizuziehen, sollte meine These 
- sich bewahrheiten, daß die Epistola ebenfalls dem zweiten, nicht 
dem dritten Jahrhundert angehört. 
Betrachten wir zunächst die Gottesvorstellungen. Die stehende 
Bezeichnung Gottes im Munde des Auferstandenen ist ὁ πατήρ 
μου. Zu ihm weiß er sich in einem besonderen Verhältnis 
als „dem, der ihn gesandt hat“ (S. 46, 4 =Ko. V, 13 u. ö.), 
„in welchem er sich befindet“ (S. 66, 6 = Ko. XI, 15; 80, 8 
= Ko. XIX, 7; 126, 9 = Ko. XXX, 2). Stets spricht er von 
seinem Vater im Himmel (S. 60, S=Ko. X, 13; S. 62, 7; 8.66, 11 
—— Ko. XIl, 6; 3. 98, 1; S. 134, 9 —= Ko. XXXIH, 11), und von 
— Heimgang zum Vater (8. 48,5 = Ko. VI, 8; 52, 3 
- Ko. VII, 13 ete.). Zugleich leitet er alle Heilsgüter, die Gott 
ı Menschen zuteil werden läßt, von diesem seinem Vater ab, 
ἢ er von dem „Reich des Vaters“ (S. 62, 5; 63, 7; 84, 8 
: 17% 


260 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


— Ko. XXI, 7; 92, 10 — Ko. XXV, 7; 100, 5) redet oder von 
der „Barmherzigkeit des Vaters“ (8. 96, 1 --- Κο. XXVI, 8), oder 
von dem”„Heilsplan des Vaters“ (S. 50, 1= Ko, VI, 11). Offen- 
sichtlich liegt hier eine Nachahmung des Sprachgebrauches in 
den Evangelien vor, besonders der johanneische Gott-Vater 
wird reproduziert. Die Gemeinde preist in Gott den πατὴρ 
Ἰησοῦ Χριστοῦ. Aber es hat nicht den Anschein, als ob der 
lebendige Gottesglaube, wie er in den Evangelien vorliegt, wirk- 
lich erfaßt ist. Der Auferstandene reflektiert bei dem Begriff 
„Vater“ doch in erster Linie auf das persönliche Verhältnis des 
präexistenten υἱός, nicht auf das religiös-ethische Verhältnis 
zwischen Gott und den Menschen, denn es ist bezeichnend, daß 
der Ausdruck „euer Vater“, der z. B. bei der Phrase „Vater, 
der im Himmel“ so naheliegend war, nirgends vorkommt, bder, 
wo dies ein einziges Mal der Fall (5, 132, 3 = Ko. ΧΧΧΙ͂Σ 15), 
handelt es sich um ein Zitat aus Matth. 23, 91. Anderseits 
ist nicht zu leugnen, daß der Kindschaftsgedanke in den 
Reden Jesu noch deutlich festgehalten wird, denn die Gläubigen 
heißen die „Kinder des himmlischen Vaters“ (S. 62, 7), die dem 
Himmel zuzuführen die Apostel berufen sind (S. 63, 1); sie 
werden weiter genannt „Kinder des Lebens“ („Lichtes“) (S. 88,4 
—= Ko. XXIl, 10; vgl. 5. 126, 9 = Ko. XXX, 1) resp. „Kinder 
des Reiches“ (S. 92, 8= Ko. XXV, 4) oder „Kinder der Weis- 
heit“ (8. 120, 2), aber auch hier ist der Einfluss ntlicher Stellen 
unverkennbar. Der Gemeindeglaube dagegen, wo er von den 
Aposteln vertreten wird, verehrt in Gott den ϑεὸς πατὴρ παντο- 
χράτωρ. So heißt es im Proovemium des Briefes 5, 26, 6: „im 
Namen Gottes des Vaters, des Herrschers der (ganzen) Welt 
und Jesu Christi“2, Auch im Kerygma über Jesus Christus wird 
Gott als „der Herrscher der ganzen Welt“ (8, 27, 5) bezeichnet. 
Die Formel geht auf die ->gula fidei zurück. Dies beweist die 
Stelle S. 32, 2 ἢ, wo die fünf Brote bei der wunderbaren Speisung 
als Abbild des christlichen Glaubens gedeutet und darunter ver- 
‚standen wird der Glaube an den Vater, den Herrscher des | 
Weltalls — an Jesum Chriebum, unsern Erlöser —an. den Heiligen ᾿ 


1) Dasselbe läßt sich ja auch für das Johannesevangelium kon- 
statieren, wo nur ὁ. 20, 17 ein πατὴρ ὑμῶν vorkommt, 2) Die 
Hdd. AC haben „des Vaters“ ausgelassen; ABCS übersetzen — 
κράτωρ mit „Herrscher der ganzen Welt“. F 


Vorstellungen von Gott. 261 


den Parakleten — an die heilige Kirche — an die Ver- 
 gebung der Sünden!, So wird in reinstimmung mit der 
 Großkirche bei dem Vaternamen Gottes an sein Verhältnis zur 
Welt gedacht; er ist der Weltschöpfer, der Vater aller Dinge. 

Diesen kosmologischen abstrakten Gottesbegriff offenbart die 
Stelle S. 44, 6 = Ko. V, 7, wo der Herr gleichsam aus der 
- Rolle fällt und, statt wie sonst schlechthin von seinem Vater zu 
- reden, die Worte gebraucht: „es geschah aber, als ich im Be- 
- griff war zu kommen her vom (durch den) Vater des Alls*. 

- Da haben wir den bei den Apologeten, besonders bei Justin 
- üblichen Ausdruck πατὴρ τῶν ὅλων resp. ὃ πάντων πατήρ 
- vor uns, und diese eine Stelle besagt mehr als alle übrigen, daß 
- im Gemeindeglauben jene Anschauung sich fest eingebürgert 
- hat. Im übrigen verschwindet an den Stellen, wo die Apostel 
- das Wort führen, das Prädikat „Vater“ und wird ersetzt durch 
" ϑεύός, Für sie ist Christus der „Sohn Gottes“ (8. 27, 4; 28, 8), 
- und von ihrem Standpunkt gebraucht Christus den Ausdruck 
„Antlitz Gottes“ (S. 118, 5) oder „Prophet Gottes“ (S. 111, 3), 
- auch nennt er sich selbst „Sohn Gottes“ (S. 94, 7= Ko. XXVI, 3; 
- 126, 3 = Ko. XXIX, 8). 

Ε Neben diesen beiden Prädikaten πατήρ und ϑεός ist aus 
- Johannes übernommen die Wesensbezeichnung „Licht und Leben“. 
Wie der Logos im Prolog als „Licht und Leben“ eingeführt und 
das Wesen Gottes selbst schlechthin als „Licht und Leben“ be- 
- stimmt wird (vgl. 1. Joh. 1, 5. 7; 5, 20), so werden auch hier 
Licht, Leben und Vater identifiziert”. Das bezeugen die Worte: 
 μπιστεύεεν an das Licht, welches ist das Leben und welches ist 
der Vater, der mich gesandt hat G. 124, 7 = Ko, XIX, 1), 
ferner „wer nun hat gehalten meine Gebote, wird sein Sohn 
des Lichtes d. h. des Vaters, der sich befindet in mir“ (S. 126, 8 
= Ko. XXX, 1). Dem entsprechend begegnen wir auch des 
hanneischen Gegensatzes von φῶς χαὶ ox0rog. Der Gläubige 


Über das benutzte Symbol s. u. 2) Vgl. Iren. V, 17, 2: 
δὲ ϑεοῦ ζωὴ καὶ φὼς καὶ ἀπόλαυσις τῶν παρ᾽ αὐτοῦ ἀγα- 
ϑῶν. Über den Terminus „Licht und Leben“ vgl. die Bemerkun- 
gen bei Bousset, Kyrios Christos 5. 208 f., dazu die Monographie 
von Wetter, Phös (®wg). Eine Untersuchung über hellenistische 
n keit, zugleich ein Beitrag zum Verständnis des Manichäis- 

>. 


262 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


tut die Werke des Lichtes, der Ungläubige die Werke der 
Finsternis und gehört nicht zum Lichte G. 124, 10 £.— Ko. XXIX, 
3f.), dazu „Adam hat das Licht gewählt und die Finsternis 
hinter sich gelassen“ (S. 124, 5 —= Ko. XXVII, 11). Das sind 
keineswegs nur symbolische Ausdrücke, sondern es verbinden 
sich damit ganz realistische Vorstellungen. Gott ist das Licht!; 
sein Reich ist das Lichtreich, in das die Christen nach dem End- 
gericht geführt werden, wenn es S. 74, 3—=Ko.XV, 12 heißt: „Ich 
habe empfangen alle Gewalt von meinem Vater, damit ich die, 
welche sich befinden in der Finsternis, hinaufführe in das Licht“. 
Hier werden sie die Herrlichkeit des Vaters schauen ($. 63, 15), und 
diese wird näher also beschrieben: „Ihr werdet nämlich schauen 
ein Licht, das erhabener ist als das, welches leuchtet... . . die 
Vollendung, die vollendet in... . 3, ich bin ganz die (Rechte) 
des Vaters, der.... mich? (als ich), weleher ist die Voll- 
kommenheit“ (S. 64, 1f. = Κο. ΧΙ, 1f.). Leider ist die Stelle 
im Koptischen stark zerstört, und auch das Äthiopische bringt 
keine Hilfe, da augenscheinlich der Text verändert ist und eine 
verschiedene Auffassung bei der Übersetzung zuläßt. Wajnberg 
übersetzt: „Ihr werdet ein Licht erblicken, das heller als das Licht 
leuchtet und vollkommener ist als die Vollkommenheit. Und der 
Sohn wird durch den Vater, das Licht, vollkommen werden, denn 
vollkommen ist der Vater, der [den Tod und die Auferstehung] ® 
vollkommen macht, und eine Vollkommenheit, die vollkommener 
ist als das Vollkommene. Und ich bin ganz die Rechte des 
Vaters, in ihm, der vollkommen macht“. Bei Guerrier lesen 
wir: Voyez la Lumiöre (venant) de la Lumiere qui brille, le 
Parfait (venant) du Parfait*, (car) le Fils est rendu parfait par 


1) Vgl. dazu 1. Tim. 6, 16; 1. Petr. 2, 9; Col. 1,12. 13, ferner 
Athenag. Suppl. ed. Schwartz p. 17, 7: φῶς ἀπρόσιτον ---- p. 42,7: πάντα 
δὲ φῶς αὐτὸν (sc. ϑεὸν) ὄντα. Clemens Al. Protrept. XI, 114 (8. 80, : 
141. ed. „Stählin): τὸν ὄντως ὄντα ϑεὸν ἐποπτεύσωμεν.͵ ταύτην αὐτῷ 
πριῶτον ἀνυμνήσαντες τὴν φωνήν" χαῖρε φῶς: 2) Da im Koptischen 
am Schluß der Zeile ein griechisches Wort auf ον gestanden hat, 
könnte man vielleicht nreAeson ergänzen, also „in dem Vollkom- 
menen“, 3) Diese Worte sind nach Littmann als Glosse zu strei- 
chen. 4) Guerrier vergleicht unter Vorbehalt den Ausdruck φῶς 
ἐκ φωτός im Nicänischen Symbol, aber in der Anmerkung sehlägt 
er die richtige Übersetzung im comparativischen Sinne vor: „Voyez 


Vorstellungen von Gott. 263 


(ei est) 1a Inmiäre, car Is Parfait c'est le’ Pre qui 


rend parfait, qui de la mort (fait passer) ἃ la r&surrecetion, 


et (dont) la perfection surpasse toute perfection. Je suis la 


 droite du Pöre, je suis tout entier en lui, qui rend parfait. 


Trotz dieser Unsicherheit des Textes scheint mir so viel 
sicher, daß das Wesen des Vaters, seine δόξα, als Licht ! ge- 
dacht ist, das alles andere Licht überragt. Gott ist χατ᾽ ἐξοχήν 
der τέλειος", der an Vollkommenheit 5. alles übertrifft, an dessen 
Vollkommenheit der Sohn teilnimmt. Eine weitere Parallele 
zu der eben behandelten Stelle findet sich 8. 58, 12 f.=Ko.X\X, 
3 ἢ, wo der Herr sein metaphysisches Verhältnis als Sohn zum 
Vater schildert: „Ich bin ganz in meinem Vater und mein Vater 
ist in mir von wegen (in Rücksicht) der Ähnlichkeit der Gestalt 
und der Macht(?) und der Vollkommenheit und des Lichtes und 
des vollkommenen Maßes und der Stimme. Ich bin der Logos“. 
Auch hier gehören zu den Wesensprädikaten Gottes die Voll- 
kommenheit und das Licht; zugleich wird aber im anthropo- 
morphen Sinne von einer μορφή und Stimme gesprochen. Auf 
alle Fälle erkennt man, daß unser Verfasser nicht von spekula- 
tiven Interessen beherrscht ist; er braucht hier wie auch sonst 


2 ihm bereits überlieferte Formeln und Anschauungen, und was 


die Hauptsache, er steht ganz auf dem Boden der Großkirche, 
die an der Einheit des Schöpfer- und des Erlösergottes festhält. 
Im Gegensatz zu den Gnostikern ist der Vater Jesu Christi iden- 
tisch mit dem πατὴρ τῶν ὅλων resp. dem ϑεὸς πατὴρ παντο- 


κράτωρ di des Taufsymbols. 


la μ Yamlire qui brille plusque (toute) lumiöre, et le Parfait qui est 


plus parfait que (tout) parfait. 
1) Die Vorstellung Gottes als Licht ist ja nicht etwas spezifisch 


Christliches; sie findet sich in den hellenistischen Mysterienreligionen 
und bei den Gnostikern. 2) Vgl. Clemens Alex. Paedag. I, 7; 
121,25 ed. Stählin: μόνον δὲ εἶναι τέλειον τὸν πατέρα τῶν ὅλων — 
᾿ς Tatian Orat. 16, 20: ἄσαρκος οὖν ὁ τέλειος ϑεός. 3) Es ist nicht 
deutlich, ob der Begriff der Vollkommenheit im Sinne der Apologeten 
- dahin gefaßt ist, daß Gott als das Selbstseiende, Ewige, die Fülle 
alles Seienden ist, der keines Dinges bedarf. Tatian bezeichnet Gott ᾿ 


sehr häufig mit τέλειος ϑεός (vgl. Orat. ed. Schwartz p. 5, 12; 13, 26; 


ee ἀπρύσιτον, κόσμος τ 


16,20; 19, 18; 27, 5 — Athenagoras, Supplic. ς. 16: ὁ δὲ κόσμος οὐχ 
ὡς δεομένου 


τοῦ ϑεοῦ a πάντα γὰρ 6 ϑεὸς ἔστιν αὐτὸς αὐτῷ, 
, πνεῦαα δύναμις λόγος. 


264 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


VII. Christologie. 

In den Gesprächen ist die stehende Anrede des Auferstan- 
denen von seiten der Jünger χύριε. Dieser Titel war seit Paulus 
Ehrenprädikat des Erhöhten geworden und seitdem war dieses 
Wort von dem Gott des A. 1.5 auf den Erhöhten übertragen 
und ausschließliche Bezeichnung für Christus geworden. Der 
κύριος Χριστός bildete den Mittelpunkt des heidenchristlichen 
Gemeindeglaubens. Deshalb wenden auch die Apostel an allen 
den Stellen, wo sie über Christus referierend schreiben, den 
solennen Titel ὁ κύριος an!. Im dem Auferstehungsbericht wird 
stets von dem „Herrn“ berichtet: „der Herr ist der, der ge- 
kreuzigt ist“ (S. 36, 4—= Ko. 1, 12) — „der Herr offenbart sich 
ihnen“ (S. 38, 8=Ko. Il, 7) — „sie kehrte zum Herrn zurück“ 
(S. 38, 15; 40, 5=Ko, Ill, 1. 5 — „der Herr sprach“ (8. 40, 6 
= Ko. III, 6) — „nicht haben wir geglaubt, daß es der Herr 
wäre“ (S. 40, 10 — Ko. Ill, 10). Auch in dem zusammen- 
fassenden Bericht über die Wundertätigkeit Jesu ist‘ der Titel 
ὁ χύριος eingedrungen; nicht allein die Jünger, sondern auch 
das blutflüssige Weib gebraucht ihn in der Anrede (S. 30, 11; 
vgl. 30, 8), und so wundert man sich auch nicht über die Zu- 
sammenstellung „Jesus, der Herr“ (S. 30, 18), die doch eine 
andere Nüance hat als das in der Apostelgeschichte vorkom- 
mende ὁ χύριος Ἰησοῦς (Act. 1, 21; 8,16; 15, 11 ete.). Im üb- 
rigen finden wir die volltönende paulinische, in das Symbol 
aufgenommene Formel ὁ χύρεος ἡμῶν Ἰησοῦς Χριστός (8. 26, 13; 
27, 3; 29, 1; 32,2 u. = Ko. I, 3) und daneben das in den 
ntlichen Briefen auftauchende ὁ σωτὴρ ἡμῶν (8. 27, 3; 32, 42; 
34,6 = Ko. I, 103; 44, 13 —= Ko. IV, 14; vgl. ὁ σωτήρ 8. 38, 14 
— Ko. I, 15. Auch das alleinstehende „Jesus Christus“ kommt 
vor (8. 25, 1. 2; 26, 7;34,1=Ko.], 4; der bloße Name „Jesus“ 
nur S. 30, 16 in Anlehnung an die synoptische Erzählung, ebenso 
das Prädikat διδάσκαλος 8. 38, 10 —Ko. II, 11:40, 13 τες Κο. 1, 12. 
(vgl. S. 58, 8), das der Auferstandene von sich gebraucht. 


1) Abgesehen von den altchristlichen Schriften ist in der spä- 
teren Evangelienliteratur der Gebrauch des Titels allgemein geworden, 
vgl. besonders das Petrusevangelium. 2) Hier und an den vorher- 
gehenden Stellen fehlt in AC dieser Titel, 5) Im Kopt. steht 
„unser Erlöser, Christus“, vielleicht ist „Jesus“ ausgefallen. Be- 
trefis des Äth. 5, die Varianten. 4) Im Äth. „unser Erlöser“, 


Ist Christus der Gemeinde gegenüber ihr χύριος und σωτήρ, 
80 dem Vater gegenüber der υἱὸς τοῦ ϑεοῦ. Dieser υἱὸς τοῦ 
ϑεοῦ hat im Kerygma resp. im Symbol seinen festen Platz. 
Der Herr selbst fühlt sich in seinem Selbstbewußtsein als Sohn 
Gottes; er redet von einem „Glauben an den Sohn Gottes“ (S. 94,7 
—= Ko. XXV1, 3)und einem „Schauen des Sohnes Gottes“ (S. 126, 3 
4 — Ko. ΧΧΙΧ, 5) und betont ausdrücklich seine Identität mit 
diesem. Von eigenartigem Reiz ist das Kerygma von Jesus 
3 Christus!, das die Apostel an die Spitze ihres Briefes S. 27, 3 ff. 
stellen und als ihr Glaubensbekenntnis den Gemeinden über- 
᾿ mitteln resp. als das Glaubensbekenntnis der Gemeinden voraus- 
b setzen, denn es wird eingeleitet mit den Worten: „das wissen 
wir“ -- οἴδαμεν. Der von ihnen verkündete χύριος καὶ σωτὴρ 
ο΄ ἢησοῦς Χριστός ist ϑεός, υἱὸς ϑεοῦ. Diese beiden identischen 

Titel für ein und dasselbe Wesen beziehen sich nicht auf den 

historischen Jesus als υἱὸς τοῦ ϑεοῦ χατὰ σάρκα, noch auf den 

zum Sohne Gottes eingesetzten und erhöhten Christus χατὰ πνεῦμα, 
sondern auf den präexistenten Gottessohn. Dass das Sohnesprädikat 
_ nieht erst von der durch übernatürliche göttliche Mitwirkung 

erfolgten Geburt ins Fleisch abgeleitet wird, erhellt aus dem 

wiederholteu Bekenntnis am Schluß $. 28,8: „Gott, der Herr, der 

Sohn Gottes, wir glauben, daß er das Fleisch gewordene 

Wort ist“. Da haben wir die vier höchsten Prädikate neben- 

einander: ϑεός, κύριος, υἱὸς ϑεοῦ und λόγος. Damit erkennen 
vir in dem Verfasser der Epistola einen Vertreter der indirekten 
᾿ς theologia Christi. Die Formel ϑεός, ϑεοῦ υἱός ist sehr alt; dem 
- Justin ist sie ganz geläufig, besonders in seinem Dialog e. Tryph.?, 
und sie muß bei den Christen so verbreitet gewesen sein, daß 
-  Celsus den Juden (Origenes ce. Cels. II, 30) sagen läßt: ϑεὸν δὲ 
᾿ καὶ ϑεοῦ υἱὸν οὐδεὶς ἐχ τοιούτων συμβόλων καὶ παραχουσμά- 


4) Leider ist dieses Glaubensbekenntnis nur im äthiopischen 
- Texte erhalten, daher ist der Wortlaut im einzelnen nicht ganz ge- 
sicher. 2) Die Hd. A läßt κύριος aus. Über die solenne Formel 
Peg κύριος vgl. Apost. Constit. VII, 26 u. VIII, 12; Asc. Jes. 9, 5. 
fe ἢ. 126: ἐπεὶ εἰ νενοήκατε τὰ εἰρημένα ὑπὸ τῶν προφητῶν, οὐκ 

ν ἐξηρνεῖσϑε αἰτὸν εἶναι ϑεόν, τοῦ μόνου καὶ ἀγεννήτου καὶ 
ἀῤῥήτου ϑεοῦ υἱόν --- c. 127: ἐκεῖνον τὸν κατὰ βουλὴν τὴν ἐχείνου 
; καὶ ϑεὸν ὄντα, υἱὸν αὐτοῦ, — c. 128: καὶ ὅτι κύριος ὧν ὁ Χρι- 
org καὶ ϑεὸς ϑεοῦ υἱὸς ὑπάρχων. Dazu Apol. I, 68, 18: υἱὸς 
— ὃς λόγος καὶ πρωτότοκος ὧν τοῦ ϑεοῦ καὶ ϑεὸς Unapye 


266 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


τῶν οὐδ᾽ ἐξ οὕτως ἀγεννῶν τεκμηρίων συνίστησιν". In den Augen 
der Juden ist die göttliche Verehrung des gekreuzigten Menschen 
Jesus die größte Blasphemie und Torheit, umgekehrt ist bei den 
Heidenchristen die Gottheit Christi die festeste Grundlage ihres 
Glaubens. Die Bezeichnung und Verehrung als Gott hat eine 
doppelte Wurzel, einmal in dem Glauben an den von Gott-Vater 
zu göttlicher Macht und Ehre erhöhten χύριος, zu dem die 
Christgläubigen sich in einem besonderen religiösen Verhältnis 
stehend fühlen und auf den sie ausschließlich reflektieren, wenn 
sie an die ihnen gebrachten und noch von ihnen zu erwartenden 
Heilsgüter denken. Diese theologia Christi finden wir in Hymnen 
und Psalmen, in Liturgien und Gebeten, in Predigten und in 
Schriften des Popularchristentums, insbesondere in den soge- 
nannten apokryphen Apostelakten. Hier ist das Bekenntnis des 
Thomas ὁ χύρεός μου καὶ ὁ ϑεός μου zum Gemeindebekenntnis 
geworden; der naive Glaube unterscheidet zwischen ὁ ϑεός und 
ϑεός überhaupt nicht mehr, letzlich ist Christus ὁ μόνος ϑεός", 
Das ist der Gott des christlichen Kultus, von dem Plinius in 
seinem Briefe redet. Eine zweite Wurzel für die Anschauung 
der Gottheit Christi liegt in der theologischen Reflexion, die in 
erster Linie an den präexistenten Gott-Christus, den υἱὸς ϑεοῦ, 
denkt und zugleich von kosmologischen Ideen beherrscht ist. 
Das ist der von Gott vom Himmel herabgesandte υἱὸς ϑεοῦ, 
1) Vgl. Celsus selbst 1, c. IV, 2: Χριστιανῶν τινες καὶ ᾿Ιουδαῖοι͵ οἵ 
μὲν καταβεβηκέναι (λέγουσιν), οἵ δὲ καταβήσεσϑαι εἰς τὴν γῆν τινα 
ϑεὸν ἢ ϑεοῦ viov. In der späteren Altercatio Simonis et Theophili 
wird die Formel „Christus deus dei filius“ ausschließlich gebraucht, 
2) Vgl. Petrusakten p. 68, 14 ed. Lipsius in der ‚Doxologie auf 
Christus: hic est omnia et non est alius maior nisi ipse; ipsi laus 
in omnia saecula saeculorum, amen — p. 98, 10 ff.: αἰνοῦμέν σε, ev- 
χαριστοῦμέν _ σοι καὶ ἀνθομολογούμεϑα, δοξάξοντές σε ἔτι ἀσϑενεῖς 
ἄνϑρωποι, ὅτι σὺ ϑεὸς μόνος καὶ οὐχ ἕτερος, ᾧ ἡ δόξα χαὶ νῦν καὶ 
εἰς πάντας τοὺς αἰῶνας τῶν αἰώνων" ἀμήν. Ferner in den Gebeten 
der Thecla (Paulusakten) p. 268, 8 ἢ. ed. Lips.: ö ϑεός μου (ἡμῶν 
καὶ τοῦ οἴκου τούτου, Χριστὲ ö υἱὸς τοῦ ϑεοῦ ... αὐτὸς εἶ ϑεὸς καὶ 
σοὶ ἡ, δόξα εἰς τοὺς αἰῶνας ἀμήν oder p. 258, 3: κύριε ὁ ϑεὸς a ἐγὼ 
πιστεύω. Besonders stark tritt diese theologia Christi in den Johan- 
nesakten hervor; vgl. p. 189, 25 ed. „Bonnet (Acta apostol. apocryph. ID: 
σὺ μόνος ϑεὸς καὶ οὐχὶ ἕτερος, ᾧ τὸ ἀνεπιβούλευτον κράτος καὶ τ 
καὶ εἰς τοὺς ἅπαντας αἰῶνας τῶν ᾿αἰώνων᾽ ἀμήν oder p. 198, 18 
μόνος καὶ νῦν καὶ ἀεί. 


Christologie. 267 


wie ihn Johannes und Paulus eingeführt haben, — das Prinzip 
der Weltschöpfung und der Offenbarung Gottes in der Welt, 
wie ihn die Apologeten in die christliche Glaubenslehre einge- 
_  bürgert haben. Auch hier sucht man, um dem Vorwurf des 
Ditheismus zu entgehen, eine Unterscheidung zwischen ὁ ϑεός 
für Gott-Vater und ϑεός für Gott-Christus vorzunehmen, aber 
nur zu oft verwischen sich die Grenzlinien, zamal wenn der Gott 
des A. T.'s mit dem ἕτερος ϑεός identifiziert wird!. Und da 
die Christen diesem ἕτερος ϑεός nach Justin neben dem δη- 
μιουργὸς καὶ πατὴρ τῶν πάντων und ἀγέννητος ϑεός die προσχύ- 
νήσις zuteil werden lassen?, so befinden sich Gemeindeglaube 
und Theologie in diesem Punkte in vollem Einklang. Diese zwie- 
fache Wurzel deckt bereits der Verfasser des kleinen Labyrinths 
auf, wenn er schreibt (Euseb. h. ὁ. V, 28, 4): χαὶ ἀδελφῶν δέ 
τινων ἴστιν γράμματα... . ἃ ἐχεῖνοι καὶ πρὸς τὰ ἔϑνη 
ὑπὲρ τῆς ἀληϑείας καὶ πρὸς τὰς τότε αἱρέσεις ἔγραψαν, λέγω 
δὲ Ἰουστίνου καὶ Μιλτιάδου καὶ Τατιανοῦ χαὶ Κλήμεντος καὶ 
E ἑτέρων πλειόνων, ἐν οἷς ἅπασιν ϑεολογεῖται ὁ Χριστός. τὰ γὰρ 
ἔ Εἰρηναίου τε χαὶ Μελίτωνος καὶ τῶν λοιπῶν τίς ἀγνοεῖ βιβλία, 
ο΄ ϑεὸν καὶ ἄνϑρωπον χαταγγέλλοντα τὸν Χριστόν, φαλμοὶ δὲ 
ὅσοι καὶ ὠδαὶ ἀδελφῶν ἀπ᾽ ἀρχῆς ὑπὸ πιστῶν γραφεῖσαι τὸν 
λόγον τοῦ ϑεοῦ τὸν Χριστὸν ὑμνοῦσιν ϑεολογοῦντες:; Unleugbar 
ist der Verfasser der Epistola der zweiten Gruppe zuzurechnen. 
Sein ϑεὸς", ϑεοῦ υἱὸς ist nicht nur der vom ϑεὸς παντοχράτωρ 
Gesandte, sondern — und das ist höchst bezeichnend — auf 
ihn wird das Gemeindegebet, das dem Schöpfergott dargebracht 


1) Über die theologia Christi vgl. die Bemerkungen von Har- 

It, S. 206, Anm. 4; Bousset, Kyrios Christos 

IB 801 ἢ. 2) Vgl. Justin, Dialog. c. 38 den Vorwurf des Trypho 
᾿ς =. Justin: βλάσφημα γὰρ πολλὰ λέγεις, τὸν σταυρωϑέντα τοῦτον 
Ν πείϑειν ἡμᾶς γεγενῆσϑαι μετὰ Μωυσέως καὶ ᾿Δαρὼν καὶ λελα- 
= ng αὐτοῖς ἐν στύλω νεφέλης, εἶτα ἄνϑρωπον γενόμενον σταυρωϑῆναι 
| ἀναβεβηκέναι εἰς τὸν οὐρανόν, καὶ πάλιν παραγίνεσθαι ἐπὶ τῆς 
| 2 καὶ προσκύνητον εἶναι, dazu c. 68: ἃς δ᾽ ἂν λέγωμεν αὐτοῖς 
κΚ9 a τὸν Χριστὸν καὶ παϑητὸν καὶ προσκυνητὸν 
᾿ καὶ ϑεὸν ἀποδεικνύουσι. 8) Wajnberg hat an dem Attribut An- 
stoß genommen, da dieses im Äthiop. nur den Gott-Vater bezeichne, 
und will deshalb mit CS das Wort „Gott“ streichen, aber mit Un- 
Im griech. Original wird eos und nicht ὁ θεός gestanden 


ΤῊΣ 


268 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


wurde, voll und ganz übertragen. Dieser Jesus Christus ist an 
die Stelle des alttestamentlichen Gottes gesetzt und deshalb wird 
auch der solenne Titel desselben ihm an erster Stelle erteilt. 
Er ist „der Schaffer und Schöpfer“!, der mit allen Na- 
men genannt wird, ἃ. ἢ, alle die verschiedenen Namen, mit 
denen im A.T. von Gott geredet wird, sind nicht zu beziehen auf den 
ϑεὸς παντοχράτωρ, sondern auf den Gott-Christus. Unser Ver- 
fasser wandelt also in den Bahnen der Apologeten, besonders des 
Justin, der in seinem Dialoge nicht müde wird, diese Theorie 
gegenüber seinem Gegner Trypho zu verteidigen?, 

Hat nun dieser Gott-Christus die Würde des alttestament- 
lichen χύρεος übernommen, so steht er von Anfang an über 
allen Mächten* (Ephes. 1, 21; Col.2,9; Röm. 9, 5); er ist mit 
Ps. 23, 10 der χύριος τῶν δυνάμεων und deshalb werden ihm 
folgende Namen und Prädikate beigelegt: 


1) Selbst bei den Apologeten ist das Prädikat ποιητὴς (κτίστης) 
καὶ δημιουργύς dem πατὴρ τῶν ὅλων reserviert, wenn auch die 
Schöpfung selbst dem viog resp. dem λόγος zugeschrieben wird, Da- 
ber könnte man auch dieses Prädikat noch mit dem vorhergehenden 
παντοκράτωρ in Verbindung bringen. Aber selbst Irenaeus adv. haer. 
1II, 11, 8 redet von einem τῶν πάντων τεχνίτης λόγος ὃ καϑήμενος 
ἐπὶ τῶν Χερουβὶμ καὶ συνέχων τὰ πάντα. Auch der Verfasser des 
Diognetbriefes c. 7, 2 nennt den von Gott Gesandten τεχνίτης καὶ 
δημιουργὸς τῶν ὅλων. 2) Wörtlich: „der mit allen Namen, 
welcher genannt wird“. Guerrier übersetzt mit Berufung ' auf 
Exod. 9, 16: dont le nom est prononc6 par tous les éêtres, doch 
handelt es sich nicht um den Lobpreis, sondern um die Würde- 
bezeichnungen. Vgl. Ephes. 1, 21; Phil. 2, 9; Hebr. 1, 4. 3) ‚Un- 
ablässig betont Justin, daß die Ausdrücke ϑεός, ἄγγελος, κύριος 
bei den Theophanien und den Reden sich auf den ἕτερος ϑεός, den 
υἱὸς τοῦ ϑεοῦ beziehen (c. 56 fl. u. 126 fl.); 8. c. 58 ὁ ὀφϑεὶς τοῖς 
πατριάρχαις λεγόμενος. ϑεὸς καὶ ἄγγελος καὶ χύριος λέγεται; α. 61: 
δόξα κυρίου ὑπὸ τοῦ πνεύματος τοῦ ἁγίου καλεῖται, ποτὲ δὲ. υἱός, 
ποτὲ δὲ σοφία, ποτὲ δὲ “ἄγγελος, ποτὲ δὲ ϑεός, ποτὲ δὲ κύριος 
καὶ λόγος, ποτὲ δὲ ἀρχιστράτηγος ἑαυτὸν λέγει oder ὁ. 84: ὁ γὰρ Χρι- 
στὸς βασιλεὺς καὶ ἱερεὺς καὶ ϑεὸς καὶ κύριος καὶ ἄγγελος καὶ ἄνϑρω- 
πος καὶ ἀρχιστράτηγος etc. vgl. Apol. I, 68. 4) Vgl. Acta Joh. ed. 
Bonnet p. 170, 31: ὁ ϑεὸς ö ὑπὲρ πάντων “λεγομένων ϑεῶν ὑπάρχων 
ϑεός u. p. 202, 28 f.: ϑεὸν πάσης ἐξουσίας ἀνώτερον καὶ πάσης δυνά- 
μεως καὶ ἀγγέλων πάντων καὶ χτίσεων λεγομένων - καὶ αἰώνων ὅλων 
πρεσβύτερον καὶ ἰσχυρότερον. 


Christologie. 269 


4. Herr der Herren (χύριος τῶν χκυριευόντων resp. zuplon)', 

τ» Be der Könige (βασιλεὺς τῶν βασιλευόντων resp. Baoı- 

ων»), 

3. Gewaltiger der Gewaltigen (δυνάστης τῶν δυναστέων), 

4. Himmlischer (ἐπουράνιος). Vgl. 1. Kor. 15, 48; Mart. Polye. 
14, 3: διὰ τοῦ αἰωνίου καὶ ἐπουρανίου ἀρχιερέως Ἰησοῦ 
Χριστοῦ; 1. Clemens 61, 2 von Gott: δέσποτα ἐπουράνιεε 
βασιλεῦ τῶν αἰώνων, : 

ὅ, der über den Cherubim und Seraphim ®, 

6. sitzend zur Rechten des Thrones des Vaters”. 


1) 1. Tim. 6, 15 scheint die Vorlage gewesen zu sein, nicht 
Apoc. Joh. 11, 14 (κύριος κυρίων καὶ βασιλεὺς βασιλέων), da ein drittes 
Paar δυνάστης τῶν δυναστέων angeführt wird. Vgl. Deuteron. 10, 17. 
2) Seraphim nach Jes. 6, 2. Die Hd. A. läßt Seraphim aus, viel- 
leicht mit Recht, da nach Ps. 79, 2; 98, 1; 2. Daniel 3, 54 stets nur 
‚von dem ὁ χαϑήμενος ἐπὶ τῶν Χερουβίμ die Rede ist. In den Litur- 
gien wird dieses Epitheton dem alttestamentlichen ϑεὸς πατήρ bei- 
μοῖρ (vgl. Marcus-Lit. bei Brightman, Liturgies Eastern and Western 
‚137,1; Jacobus-Lit. ibid. I, 58, 25), aber sobald die Psalmstellen 
messianisch gedeutet wurden wie bei Justin, Dial. e. Tryph. ce. 37; 
2564; c. 64; 288 A und Iren. adv. haer, III, 11,8, mußte das Epitheton 
auf den vorweltlichen Christus bezogen werden. In einem dem Me- 
lito zugeschriebenen Kerygma wird Christus genannt auriga Cheru- 
bim (vgl. Otto, Corpus Apolog. IX, 4). Die syrische Didascalia c. 26 
ed. Achelis u. Flemming |TU., N. F., Bd. X, H. 2, 5, 145] überliefert 
im Kerygma: „der zum Himmel aufstieg durch die Kraft Gottes, 
seines Vaters und des heiligen Geistes und zur Rechten des Thrones, 
des allmächtigen Gottes über den Cherubim sitzt. 3) ὁ καϑή- 
μενὸς ἐν δεξιᾷ τοῦ ϑρόνου τοῦ πατρός. Ob im Urtext ἐν δεξιᾷ nach 
dem Symbol oder ἐκ δεξιῶν nach der Vorlage Ps. 110, 1 gestanden 

‚hat, bleibt unbestimmt, ersteres wahrscheinlich, da Christus sich 
8. 64,7 = Ko. XI, 5 als die rechte Hand des Vaters bezeichnet. Der 
Zusatz τοῦ ϑρόνου findet sich bereits Hebr. 8, 1; 12,2 (vgl. Polyc. 
ad. Philipp. 2, 1 καὶ δόντα αὐτῷ δόξαν καὶ ϑρόνον ἐκ δεξιῶν αὐτοῦ). 
Im übrigen s. die Zusammenstellung bei Kattenbusch, Apostol. Sym- 
bol IT, S. 653 u. Harnack bei Hahn, Bibliothek der Symbole u. Glau- 


τς  bensregeln®, 5. 3885. Von Anfang seiner Existenz hat der Sohn an 
der Weltregierang teilgenommen, nicht erst seit seiner Erhöhung 
sitzt er zur Rechten seines Vaters. Das Wort des κύριος zu seinem 

᾿ς φύριος: κάϑου ἐκ δεξιῶν μου kann ebensogut auf die Vergangenheit 


wie euf die Zukunft gedeutet werden. Justin, Apol. I, 45, 2; Dial. 
e. Tryph. c. 32; 249E. 9500; ce. ὅδ; 277 B; c. 83; 309 A usw. deutet 
die Stelle im Sinne des Symbols und des N. T.s auf den Erhöhten; 


270 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Dieser vorweltliche Christus ist in erster Linie der Schöpfer 
der Welt (vgl. Joh. 1, 3; Col. 1, 16; Hebr. 1, 1) und deshalb ist 
er es, der in Genesis 1 handelt und spricht. Ausführlich wird 
diese Schöptertätigkeit also beschrieben: 


der durch sein Wort den Himmeln (zu werden) befahl!, 

der die Erde schuf und was in (auf) ihr (ὁ ποιήσας τὴν 
γῆν καὶ τὰ ἐν αὐτῇ), 

der dem Meere Grenzen bestimmt, damit es seine Grenzen 
nieht überschreite?, und damit Abgründe und Quellen 
über die Erde rieselnd dahinfließen ὃ, 

der Tag und Nacht, Sonne und Mond gemacht und die 
Gestirne am Himmel*, 

der das Licht und die Finsternis trennte, 

der die Hölle ins Dasein hervorrief, 

der im Augenblick den Regen im Winter, Nebel und Reif 
und Hagel befiehlt und die Tage zu ihren jeweiligen 
Zeiten, 

der bebend macht und befestigt, 

der den Menschen nach seinem Bilde und nach seiner Ähn- 
lichkeit geschaffen hat. 


Es unterliegt keinem Zweifel, daß der Verfasser diesen 
Hymnus der Schöpfermacht® der Gemeindeliturgie entlehnt hat. 
Am besten kann man als Illustration das alte liturgische Gebet 
auf den κύριος ϑεὸς παντοχράτωρ herbeiziehen ’, denn auch 
hier wird in der Epiklese Gott unter anderm gepriesen als βασι- 
λεὺς τῶν βασιλευόντων καὶ κύριος τῶν χυριευόντων, ὃ κα- 


Iren. Apodeixis c. 48 bezieht den Psalm, besonders in Rücksicht auf 
vs. 3 ἐκ γαστρὸς πρὸ Ewopogov ἐγέννησά os, auf den von Anfang her 
Seienden. 

1) Vgl. Ps. 32, 7; Ignatius ad. Ephes. 15, 1: εἶπεν καὶ ἐγένετο 
In Wahrheit war der Satz auf Gott-Vater geprägt, der durch sein 
Wort, d.h. durch seinen Logos den Himmel und die Erde schuf, 


2) Vgl. Prov. 8, 29; Hiob 38, 10. 11; 1. Clem, 20, 6 ft. 3) Vgl. 
Prov. 8, 28; 1. Clem. 20, 10. 4) Vgl. 1. Clem. 20, 2. 3. 5) Vgl. 
1. Clem. 20, 9. 6) In den Acta Johannis c. 112 ed. Bonnet 


S. 212, 1f. lesen wir in der Epiklese an den ϑεὲ Ἰησοῦ: ὃ τῶν ὑπερ- 
ουρανίων πατήρ᾽ ὁ τῶν ἐπουρανίων δεσπότης" ὃ αἰϑερίων νόμος καὶ 
τῶν ἀερίων δρόμος. 7) 5. altchristliche Texte, hrsg. von Schmidt 
und Schubart [Berliner Klassikertexte, Heft VI, 8. 114, Sof) 


Christologie. 2371 


ἘΣ ϑήμενος ἐπὶ τῶν Χερουβίν, ὁ κτίσας τὸν οὐρανὸν χαὶ τὴν γῆν 
zei τὴν ϑάλασσαν χαὶ πάντα τὰ ἐν αὐτοῖς, ὁ ποιήσας τὸν 
᾿ς ἄνϑρωπον κατ᾽ εἰχύνα zei za ὁμοίωσιν. Indem nun der 
. Verfasser dieses Gemeindegebet auf Christus überträgt, steht 
_ für ihn im Hintergrande der Logos der Apologeten und der 
_ antignostischen Väter. Und in der Tat schließt das Kerygma von 
dem vorweltlichen Sohn Gottes mit dem Bekenntnis ab: „Gott, 
der Herr, der Sohn Gottes, wir glauben, (daß er) das Fleisch. 
gewordene Wort (ist).“ Gerade der σαρχοποιηϑεὶς λόγος spielt 
bei Justin ? eine große Rolle; man möchte beinahe glauben, 
unser Verfasser hätte seine Schriften vor Augen gehabt. Des- 
halb ist es mehr denn eine johanneische Phrase, wenn der Auf- 
erstandene zweimal feierlichst verkündet: „Ich bin der Logos“ 
(S. 58, 16 = Ko. X, 8; 128,1 = Ko. XXX, 4. Was der Ver- 
fasser das Johannesevangeliums in dem Prolog als das Resultat 
seines Nachdenkens vorangestellt hat, was die Apologeten und 
antignostischen Väter an der Hand der alttestamentlichen Zeug- 

. nisse mühsam zu beweisen suchen, daß der auf Erden erschienene 
- Bohn Gottes die schaffende Vernunft Gottes, der Logos, ist, wird 
hier in das Selbstbewußtsein Jesu verlegt. Und dieser Logos 
ist nicht als σύμβουλος bei der Schöpfung tätig gewesen, son- 
dern ist im wahren Sinne des Wortes der ποιητὴς καὶ δημιουρ- 
705 τοῦ χόσμου. Jenes Glaubensbekenntnis ist von den Apolo- 

τς geten übernommen, nach denen der überweltliche und unver- 
änderliche ϑεὸς παντοχράτωρ nur als das Kausalitätsprinzip 
zu gelten hat, der in seiner absoluten Transzendenz mit 
der Welt in keine unmittelbare Berührung tritt, während 


1), Vgl. auch die Marcus-Lit. bei Brightman I, 125, 25£: ooi 
τῷ ποιήσαντι τὸν οὐρανὸν καὶ τὰ ἐν τῷ οὐρανῷ, γῆν καὶ τὰ ἐν τῇ γῇ, 
πηγὰς ποταμοὺς λίμνας καὶ πάντα τὰ ἐν αὐτοῖς, σοὶ τῷ 
ποιήσαντι τὸν ἄνϑρωπον κατ᾽ ἰδίαν εἰκόνα καὶ nad ὁμοίωσιν. 
ke 1,8810: ἡ δὲ πρώτη δύναμις μετὰ τὸν πατέρα πάντων 
: καὶ δεσπότην ϑεὸν καὶ υἱὸς ὁ λόγος ἐστίν" ὃς τίνα τρόπον σαρχο- 
= ποιηϑεὶς ἄνϑρωπος γέγονεν — ibid. 66, 2: διὰ λόγου ϑεοῦ σαρκο- 
τς πριηϑεὶς Ἰησοῦς Χριστός; besonders im Dialog. c. Trypb. vgl. c. 45,. 
264 A: σὺν τοῖς ἐπιγνοῦσι τὸν Χριστὸν τοῦτον τοῦ ϑεοῦ υἱόν, ὃς καὶ 
ο΄ πρὸ ξωσφόρου καὶ σελήνης ἦν, καὶ διὰ τῆς παρϑένου ταύτης. 
. γεννηϑῆναι σαρκοποιηϑεὶς ——— dazu ὁ. 84, 310B; c. 87, 314B: 


272 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


der Logos Christus die Welt! sowohl wie die Men:chen? ge- 
schaffen hat. 


Dieser Logos-Christus ist aber zugleich das Prinzip der Heils- 
offenbarung innerhalb der geschichtlichen Entwicklung der 
Menschheit®. Denn nicht Gott, sondern der Logos ist derjenige, 
der durch die alten Väter und Propheten in Gleichnissen geredet 
hat (S. 28, 6). Das ist nicht allein der Ausdruck des Gemeinde- 
glaubens resp. der theologischen Anschauungen der Apologeten, 
sondern, wie wir gesehen haben, bekennt der Herr selbst, daß er 
durch den Mund der Propheten gesprochen hat. Hier wird 
hinzugefügt „in Gleichnissen“. Aber auch diesen Gedanken hat 
Justin wiederholt in seinem Dialog vorgetragen. 


1) Vgl. Justin, Apolog. I, 59, 5: ὥστε λόγῳ ϑεοῦ ἐκ τῶν ὑποπει- 
μένων καὶ προδηλωϑέντων διὰ Μωῦσέως γεγενῆσϑαι τὸν πάντα κόσ 

. καὶ ἡμεὶς ἐμάϑομεν, dazu c. 64, 5; 1,6,3 — ‚Theophilus ad ai 
I, 10 f.; Tatian, Orat, c, 5: τοῦτον (sc. λόγον) ἴσμεν τοῦ κό 
ἀρχήν. "Über die Auslegung von ἐν ἀρχῇ Gen. 1, 1 — ἐν löya (υἱῷ 
der altchristlichen Literatur s. den Exkurs bei Harnack, er den 
nis et Theophili TU. 1, 3, S. 130 ff. und dazu Iren. ἀπόδειξις €. 48, 
Athenagoras, Supplic. c. 6 (p. 7, 18 ed, Schwartz), c. 10 (p. 10, 26£.). 
2) Über die Schöpfung des Menschen durch den Logos vgl. die Aus- 
legung von Genes. 1, 26 bei Justin, Dial. ὁ, Tryph, ὁ. ‚62; Theo- 
philus ad Autol, II, 18. Tatian, Orat, ὃ. ἢ: λύγος γὰρ ὁ ἐπουράνιος 

. κατὰ τὴν τοῦ γεννήσαντος αὐτὸν πατρὺς μίμησιν εἰκόνα τὴς 
ἀϑανασίας τὸν ἄνϑρωπον ἐποίησεν... ... ὦ μὲν υὖν λύγος πρὸ τῆς 
τῶν ἀνθρώπων κατασκευῆς ἀγγέλων δημιουργὸς γίνεται — Iren. adv. 
haer. V, 12, 6: Fabricator enim universorum dei verbum, qui et ab 
initio plasmavit hominem, oder ibid, IV, 31, 2 mit Berufung auf 
Deuteron, 32, 6: pater autem generis humani verbum dei. Daneben 
vertritt Irenaeus die Vorstellung, daß der Mensch durch die Hände 
Gottes geschaffen sei, ἃ. h. durch den Sohn und den Geist, resp. durch 
das Wort und die Weisheit, Vgl. adv. haeres. IV, 20, 1: Adest ei 
semper verbum et sapientia, filius et spiritus, per quos et in quibus 
omnia libere et sponte fecit, ad quos ei loquitur dicens: Faciamus 
hominem ad imaginem et similitudinem nostram,. Dazu ibid. V, 1, 3; 
6, 1; 28,1; IV, praef. c.4. Beides „zusammen in eins gefaßt bei 
Clemens Alex. Paedag. I, ὁ. 2; 6,2: ὁ δὲ ἀγαϑὸς παιδαγωγός, ἡ 
φία, ὁ λόγος “οὔ πατρός, 6 δημιδυρφγήσας τὸν ἄνϑρωπον. ὃ vol 
Acta Johannis c. 112 ed. Bonnet 8. 211, 2: ὁ δείξας ἑαυτὸν διὰ τοῦ 
νόμου χαὶ τῶν προφητῶν" ὃ μὴ ἠρεμήσας πώποτε ἀλλὰ ἀεὶ σαᾷζω. 
ἀπὸ καταβολῆς κόσμου τοὺς “δυναμένους σωϑῆναι. 4) Vgl.c. 5, 
2710: ἐν παραβολῇ ὁὲ καὶ παρακεκαλυμμένως τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον 
διὰ τοῦτο αὐτὰ ἐλελαλήκει, — c. 77, 303 A: ἐπίστασϑε γὰρ τοιαῦτα, 


Christologie. 273 


Wird nun die Inspiration der Propheten nicht auf das πνεῦμα 
προφητικόν oder πνεῦμα ἅγιον, sondern auf den Logos zurück- 
geführt, so steht dem πνεῦμα kein eigentümliches Gebiet der 
Wirksamkeit in der vorchristlichen Epoche zu. Der heilige Geist 
ist gleichsam mit dem Logos identisch. Und doch stellt der 
Verfasser ebenso wie die Apologeten! den heiligen Geist als 
eine besondere Größe neben Gott dem πατὴρ παντοχράτωρ und 
Jesus Christus hin und zwar in Abhängigkeit von dem kirch- 
lichen Gemeindeglauben. In dem Glaubenssymbol S. 32, 4 führt 
er den heiligen Geist als Parakleten? ein. Offensichtlich sieht 
er in ihm nicht so sehr den in den Gläubigen wirkenden Geist der 
Wiedergeburt und des sittlichen Lebensprozesses, sondern den 
Geist der Prophetie, wie 5. 96,3. — Ko. XXVI, 11 f. der Herr den 
Jüngern verheißt: „Ich werde euch geben meinen Frieden und von 
meinem Geist werde ich euch geben eine Kraft, aut daß ihr prophe- 
zeit ihnen zum ewigen Leben“. Bezieht sich diese Kraft auf den 
verheißenen heiligen Geist (vgl. auch Act. 1, 8), so unterliegt es 
keinem Zweifel, daß dieser Geist der Geist des Erhöhten ist, der 
in den Jüngern als prophetische Kraft wirksam ist. Damit ist 
tastächlich der heilige Geist der Paraklet des Johannesevange- 
liums; an eine besondere Hypostase in kosmologischer Fassung 
ist nicht gedacht. 

Wie nun ist das Verhältnis des vorweltlichen Logos zu dem 
ϑεὸς πατὴρ παντοχράτωρ zu verstehen? Auch darauf erhalten 
wir eine Antwort aus dem Munde des Auferstandenen mit den 
Worten: „Ich bin ganz in meinem Vater und mein Vater ist in 
mir von wegen (in Rücksicht auf) der Ähnlichkeit der Gestalt 
und Macht(?) und der Vollkommenheit und des Lichtes und des 
vollkommenen Maßes® und der Stimme. Ich bin der Logos, ich 


am: ἐν παραβολαῖς καὶ ὁμοιώσεσι πολλάχις λαλοῦν τὸ ἅγιον 


ἢ Über den heiligen Geist bei den Apologeten vgl. Engelhardt, 
Das Christentum Justins des Märtyrers S. 142f. und Harnack, Dog- 
mengeschichte 14 S. 532, Anm. 1. Über den heiligen Geist im Symbol 
vgl. Kattenbusch, Apostol. Symbol II S. 663 ff. 2) Da die besten 
Hdd. ABC die Bezeichnung „Paraklet“ auslassen, könnte man geneigt 
sein, dies als späteren Zusatz zu streichen, aber m. E. hat die Er- 
innerung an das apostolische Glaubenssymbol die Auslassung bewirkt. 
Die Bezeichnung „Paraklet“ zeigt altertümliches Gepräge. 3) Bei 
dem Ausdruck „vollkommenes Maß“ wird man an das von Iren. adv. 

T. u. U. '14: Schmidt-Wajnberg. 18 


274 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


bin ihm geworden ein Etwas (eine Sache), ἃ. h. . . der (Ge- 
danke), vollendet im Typus; ich bin geworden in ‚der Achtheit, 
welches ist die χυριαχή“ (8. 58, 12ff.—= Ko. X, 3ff.). Zunächst 
beachte man die große Differenz, die zu Tage tritt zwischen dem 
johanneischen Christus und dem Christus der Epistola. Wird 
dort die Einheit des Sohnes mit dem Vater (Joh. 10, 38; 14, 10. 
11. 20; 17, 21 £.) sittlich und religiös als eine Einheit im Gedanken 
und Willen, als das Resultat der stetigen Lebens- und Gesin- 
nungsgemeinschaft hingestellt, so wird sie hier rein metaphysisch 
auf das Verhältnis des Logos zum Gott-Vater gedeutet. Der Sohn 
bezw. der Logos ist demnach wie Kol. 1, 15 das vollkommene 
Ebenbild Gottes oder wie Hebr. 1, 3 der Abdruck seines Wesens, 
und zwar nicht nur rein äußerlich in Rücksicht auf die Gestalt 
und Stimme, sondern auch in Rücksicht auf die göttliche Macht 
und Vollkommenheit und Lichtfülle. Diese Wesensidentität ist 
in jeder Hinsicht eine absolute. Das ist die ἕνωσις, von der 
Ignatius redet, wenn er Christus einerseits als ἐν πατρὶ ὧν 
(ad Rom.3,3) resp. παρὰ πατρί (ad Magn.6,1) bezeichnet, andrer- 
seits ihn in untrennbarer Einheit mit dem Vater verbunden weiß 
(ἡνωμένος ὧν ad Magn. 7,1 und πνευματικῶς ἡνωμένος τῷ 
πατρί ad Smyrn. 3, 3)4. Eine gleiche Aussage über seine eigene 
Person finden wir in den Acta Joh. e. 100 ed. Bonnet 8. 201, 11: 
γίνωσκε γάρ μὲ ὅλον παρὰ τῷ πατρὶ καὶ τὸν πατέρα παρ᾽ 
ἐμοί. Aber das alles hebt den Personenunterschied nicht auf; der 
Logos ist nieht der πατήρ, ebenso wenig wie der πατήρ mit dem 
Logos identisch ist. Modalistische Anschauungen lassen sich nir- 
gends aufspüren. War auch der Logos ursprünglich in dem ϑεὸς 
πατήρ immanent vorhanden, so ist er aber als Sohn aus ihm in 
gesonderter Existenz herausgetreten. Ausdrücklich sagt Christus: 
„Ich bin ihm geworden ein Etwas“, also ein τί oder, um mit 
Justin zu reden, ein ἄλλος τις 2 resp. ein ἕτερος ϑεὸς ἀριϑμῷ 3. 


haeres, IV, 4, 2 zitierte Wort des Presbyters erinnert: ipsum immen- 
sum patrem in filio mensuratum esse, mensura patris filius, quoniam 
et capit eum. 

1) Vgl. auch Iren, adv. haeres. III, 6, 2: filius est in patre et 
habet in se patrem. 2) Vgl. Dial. ὁ. Tryph. c. ὅθ, 277 B: ἐκ παν- 
τὸς τρόπου ὁμολογεῖν ἔδει ὅτι καὶ παρὰ τὸν νοούμενον ποιητὴν τῶν 
ὅλων ἄλλος τις κυριολογεῖται ὑπὸ τοῦ ἁγίου πνεύματος. 8) Vgl. ‚Dial. 
c. Tryph. ce. 62, 285C auf Grund von Genes, 1, 26—28: ἐξ ὧν ἀναμ- 


Christologie. 275 


Dieser hypostasierte Logos scheint auch mit dem νοῦς resp. der 
ἔννοια Gottes identifiziert zu sein, doch könnte das zerstörte 
koptische Wort ebenfalls zu [nıyelse = „Wort“ ergänzt werden!, 
obwohl es auffällig wäre, daß der Übersetzer den griechischen 
Terminus λόγος nicht beibehalten hätte. Was uns hier in mehr 
populärer Form vorgetragen wird, finden wir in theologischer 
Formulierung bei Athenagoras, Supplic. e. 10 (p. 11, 2 ff. ed. 
Schwartz): ἀλλ᾽ ἐστὶν ὁ υἱὸς τοῦ ϑεοῦ λόγος τοῦ πατρὸς ἐν 
ἰδέᾳ καὶ ἐνεργείᾳ" πρὸς αὐτοῦ γὰρ καὶ δι᾽ αὐτοῦ πάντα ἐγέ- 
vero, ἑνὸς ὄντος τοῦ πατρὸς καὶ τοῦ υἱοῦ. ὄντος δὲ τοῦ υἱοῦ 
ἐν πατρὶ καὶ πατρὸς ἐν υἱῷ ἑνότητι καὶ δυνάμει πνεύματος, 
γοῦς χαὶ λόγος τοῦ πατρὸς ὁ υἱὸς τοῦ ϑεοῦ. Jedenfalls das, 
was dem Logos mangelt, ist das Prädikat πατήρ. Der Vater 
ist die Ursache seines Seins; ob diese Ursache als ein Zeugen 
= Schaffen oder als eine Kraftausstrahlung zu denken ist, bleibt 
ungeklärt, ebenso ob der Logos erst behufs der Weltschöpfung 
zu persönlicher Selbständigkeit gelangt ist. Das Gewordensein 
insolviert aber unbedingt ein Entstehen in der Zeit. Ja, unser 
Verfasser bestimmt als den Ort der Entstehung die Achtheit, 
d. h. die Ogdoas, welches ist die χυριαχή. 

Diese Aussage hat bereits mit Berufung auf ein Zitat bei 
Clemens Alex. Excerpta ex Theodoto 63?, Veranlassung gegeben. 
‚die ganze Epistola für ein gnostisches Produkt zu erklären ?. 
Allerdings ist die Gleichung Ogdoas — χυρεαχή auf den ersten 
Blick eine frappante. Nach Theodot handelt es sich um die 
bekannte gnostische Lehre von der Mutter, d. h. der sogenannten 
Sophia, Barbelo oder Achamoth, die in der Ogdoas, dem Orte 
der der μεσότης, ihren Wohnsitz hat, und von der Hebdomas, 


anne πρός τινα καὶ ἀριϑμῷ ὄντα ἕτερον καὶ λογικὸν ὑπάρχοντα 
— αὐτὸν ἐπιγνῶναι ἔχομεν — 5. auch c. 128, 3580; c. 129, 
359 
1) Im „Äthiopen steht: „Ich bin sein vollkommenes Wort“. 
2) Ἧ μὲν οὖν τῶν πν ὃν ἀνάπαυσις ἐν κυριακῇ, ἐν ὀγδοάδι, ἣ 
κυριαχὴ —— παρὰ τῇ μητρί, ἐχόντων τὰς ea τὰ ἐνδύματα, 
συντελείας, al δὲ ἄλλαι πισταὶ ,Ῥυχαὶ παρὰ ιουργῶ, περὶ 
τὴν συντέλειαν ἀναχωροῦσι. καὶ αὖται εἰς ὁ Tlodde. * τὸ δεῖπνον 
κοινὸν πάντων τῶν σωζομένων, * ἂν ἀπισωϑῇ πάντα 
ber γνωρίσῃ. 8) Dölger, Ichthys, das Fischsymbol in früh- 
christl. Zeit S. 279 meint, daß dies wohl in den gnostischen Gedanken- 
kreis einzureihen sei, nicht aber in das kirchliche Christentum. 
18* 


276 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


d. h. den sieben Planetenmächten unter der Herrschatt ihres Soh- 
nes, des Demiurgen Jaldabaoth oder Sabaoth !. An jenem Orte der 
Ogdoas finden die Seelen der Pneumatiker bis zur Vollendung 
des Alls ihre Ruhestätte, die Seelen der Psychiker in der Hebdo- 
mas beim Demiurgen, von wo sie bei der συντέλεια in die Og- 
doas hinaufrücken, während die Pneumatiker samt der Mutter 
durch den Erlöser in das Pleroma zum Hochzeitsmahle ein- 
gehen 3, 

Aber diese Vorstellung von den sieben oder acht Himmeln 
war durchaus nicht den Gaostikern eigen, vielmehr gehörte sie 
zur damaligen allgemeinen Weltanschauung; gnostisch wurde sie 
erst durch ihre spezifische Ausprägung in Gestalt der Mutter, 
des Demiurgen und der bösen Planetenwelt. In dem Testament 
der XII Patriarchen werden die sieben Himmel genau beschrie- 
ben (vgl. Testament des Levi ο. 2. 3 in Kautsch, Apokryphen 
und Pseudepigraphen des A. T.'s II, 465f.). In dem christlich 
bearbeiteten Teile des Ascensio Jesaiae wird mit den sieben 
Himmeln wie mit gegebenen Größen operiert; dabei wird der 
Aufenthalt Gottes und seines Geliebten in den siebten Himmel 
verlegt? und der Herabstieg und der Aufstieg Christi durch die 
sieben Himmel genau beschrieben. In der griechischen Baruch- 
apokalypse werden nur fünf Himmel beschrieben, die Beschrei- 
bung der beiden übrigen Himmel ist am Schluß ausgefallen (vgl. 


James, Texts and Studies V, 84ff. und Kautsch, Apokryph. und 


Pseudepigr. d. A. T.s II, 449 ff... In der -Sophoniasapokalypse 
wird der Prophet in den fünften Himmel vom Geiste getragen 


1) Vgl. Bousset, Hauptprobleme der Gnosis, S. 9 ff. und Anz, Zur 
Frage nach dem Ursprung des Gnostieismus 5. 11 ἢ, 2} Irenaeus 
adv. haeres. I, 17,1. 5 (Valentinianer) — Origenes c. Cels. VI, 31 (Ophi- 
ten) — Epiphanius haer. 26, 10 (Gnostiker). Gnostischen Charakter 
tragen die Anschauungen in den Acta Thomae c. 27 (p. 20, 20 ed. 
Bonnet): 249: ἡ μήτηρ τῶν ἑπτὰ οἴκων, ἵνα ἡ ἀνάπαυσίς “σοι εἰς τὸν 
ὄγδοον οἶκον γένηται und c. 47 (p. 860, 8 ed. Bonnet): ἐλϑὲ ἡ ἀπόκρυ- 
φος μήτηρ... καὶ παρέχουσα χαρὰν καὶ ἀνάπαυσιν τοῖς συνημμένοις 
αὐτῇ. Vor allem vgl. den Hymnus auf das Hochzeitsmahl c. 6. 7. — 
Ferner Clemens Alex. exc, ex Theod. 80, 1: ὃν γεννᾷ ἡ μήτηρ, εἰς 
ϑάνατον ἄγεται καὶ εἰς κόσμον, ὃν δὲ ἀναγεννᾷ Χριστός, εἰς ζωὴν 
μετατίϑεται, εἰς ὀγδοάδα. 3) Vgl. Hennecke, Ntliche Apokryphen, 


Bd. I, S. 295, 1; 296, 20; 301, 11 ft. 4) Vgl. Hennecke, 1. c. 5. 808, 


20 ff. 


— — 


— 


ΝΞ 


ΤΗΣ τον. ὙΥΜΤ ae 


Christologie. 277 


Re (vgl. Clemens Alex. Strom. V, 77, 2). Auch Aristo von Pella, der 


Verfasser des Dialogs zwischen Jason und Papiscus, ohne Zweifel 
ein Judenchrist, hat nach dem Zeugnis des Maximus Confessor 
die Theorie von den sieben Himmeln vertreten. Und wenden 
wir uns rückwärts zu Paulus, der nach 2. Kor. 12,2 in den 
dritten Himmel, in das Paradies, entrückt sein will, so werden 
wir mit der Annahme nicht fehlgehen, daß auch bei ihm das 
Himmelsbild aus einer Reihe von übereinander liegenden Sphären 
besteht. Überhaupt begegnet die Vorstellung von den sieben 
Himmeln durchweg bei den jüdischen Rabbinen (vgl. Eisen- 
menger, Entdecktes Judentum I, 460 und Weber: Altsynagogale 
Theol. S. 158). Selbst Irenäus, der sich sonst über die Ogdoas 
und Hebdomas der Gnostiker lustig macht, schreibt in seiner 
Epideixis c.9: „Die Welt ist aber von sieben Himmeln umgrenzt, 
in denen Mächte und Engel und Erzengel wohnen, indem sie An- 
betungsdienst leisten Gott dem Allherrscher und dem Schöpfer von 
Allem“. Wenn diese sieben Himmel von den Engelmächten be- 
völkert sind, wird Irenäus wahrscheinlich den Wohnsitz Gottes 
in die darüber liegende Himmelswelt verlegen. Freilich Origenes 
will solche Anschauungen nicht anerkennen. In seiner Polemik 
gegen Celsus (VI, ο. 31) leistet er sich den Satz: Ἑπτὰ δὲ οὐρα- 
νοὺς ἢ ὅλως περιωρισμένον ἀριϑμὸν αὐτῶν al φερόμεναι ἐν 
ταῖς ἐχκλησίαις τοῦ ϑεοῦ οὐχ ἀπαγγέλλουσι γραφαὶ ἀλλ᾽ οὐρα- 
νούς, εἴτε τὰς σφαίρας τῶν παρ᾽ Ἕλλησι λεγομένων πλανήτων 
εἴτε χαὶ ἄλλο τι ἀποῤῥητότερον ἐοίχασι διδάσκειν οἱ λόγοι 
und versichert gleich darauf e. 23: ἴστο δὲ Κέλσος καὶ οἱ ἐν- 
τυγχάνοντες αὐτοῦ τῷ βίβλῳ ὅτι οὐδαμοῦ τῶν γνησίων καὶ 
ϑείων πεπιστευμένων γραφῶν ἑπτὰ εἴρηνται οὐρανοί" οὔτ᾽ ἀπὸ 
Περσῶν ἢ Καβείρων λαβόντες ἡμῶν οἱ προφῆται λέγουσί τινα 


οὐδ᾽ οἱ τοῦ Ἰησοῦ ἀπόστολοι οὐδ᾽ αὐτὸς ὁ υἱὸς τοῦ ϑεοῦ. 


Origenes spielt sich hier als Schrifttheologe auf. Unzweifelhaft 
ist die Anschauung von den sieben Himmelssphären unbiblisch, 
aber deswegen ist sie, wie vieles andere, nicht unchristlich; nur 


die besondere Ausprägung, die sie bei den Systemen der Gno- 


stiker gefunden hat, kann mit Recht als unchristlich beanstandet 
werden. Sie gehörte zu den allgemeinen Überzeugungen der da- 
maligen Zeit. Derselbe Origenes kennt de prineipüs II, 3, 6 
Christen, die unter den Planetenmächten Welten verstehen und 
die darüber liegende ἀπλανὴς σφαῖρα — das erinnert an die 


278 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Ogdoas und Hebdomas der Gnostiker — ebenfalls als Welt 
bezeichnen. Sie berufen sich auf das Zeugnis des Propheten 
Baruch, der von sieben Welten oder Himmeln redet !. 

Viel näher hätte es für Origenes gelegen, sich einmal bei 
seinem Lehrer und Meister umzusehen. Denn Clemens kennt 
einen Aufstieg der Seele des christlichen Gnostikers ganz in 
Analogie zu der häretisch-gnostischen Himmelsreise durch die 
„heilige Hebdomas“ in die πατρῴα αὐλή und spricht über- 
raschender Weise von einem Eingange in die χυρεαχὴ μονῇ 3. 
Die Ausdrücke αὐλή und μονή sind ohne Zweifel aus Joh. 10, 16 
bezw. aus Joh. 14, 2 entlehnt; beide Ausdrücke besagen das- 
selbe, nur ist im ersten Falle an den πατήρ, im zweiten an den 
Sohn, den χύριος, gedacht. Vater und Sohn weilen beisammen 
und bei ihnen finden die Seelen der Frommen nach dem Tode 
ihre ἀνάπαυσις. Dieser Ort der ἀνάπαυσις befindet sich nun ober- 
halb der Hebdomas, die hier im Gegensatz zu der bösen Arehonten- 
welt der Gnostiker als die „heilige* bezeichnet wird, da die 
Engel dem Gott-Vater und dem Sohne dienen und lobsingen ®. 
Demgemäß versteht auch Clemens unter der πατρῴα αὐλή und 
der χυριακὴ μονή den Ort der Ogdoas. Das wird bestätigt durch 
seine Ausführungen Strom. VI, 14; 108, 1f.4, wo er von einer 


1) Erwähnen will ich noch einen christlichen Zaubertext bei 
Jacoby, Ein neues er ae 8. 32, wo wir Z.8f. von Chri- 
stus lesen: ὁ ἀνελϑὼν εἰς τὸν ἕβδομον οὐρανόν, ὁ ὁ ἐλϑὼν ἐκ δεξιῶν 
τοῦ πατρός. 2) Vgl. Strom. VII, 10; 57, 5: μετὰ γοῦν τὴν ἐν σαρκὶ 
τελευταίαν ὑπεροχὴν ἀεὶ κατὰ τὸ προσῆκον ἐπὶ ὶ τὸ κρεῖττον μετ 
λων, εἰς τὴν πατρώαν αὐλὴν ἐπὶ τὴν ,κυριακὴν ὄντως διὰ τῆς ἁγίας 
ἑβδομάδος ἐπείγεται μονήν, ἐσόμενος, ὡς εἰπεῖν, φῶσ ἑστὸς καὶ μένον 
—— πάντῃ πάντως ἄτρεπτον. 8) Vgl. Strom. VI, 16; 143, 1: 

ἑπτὰ μέν εἰσιν οἵ τὴν μεγίστην δύναμιν ἔχοντες πρωτόγονοι ἀγγέλων 
ἄρχοντες, ἑπτὰ δὲ καὶ οἵ ἀπὸ τῶν μαϑημάτων τοὺς πλανήτας εἶναί 
φασιν ἀστέρας τὴν περίγειον διοίκησιν ἐπιτελοῦντας. 4) Οἱ τοιοῦτοι 
κατὰ τὸν Δαβὶδ »καταπαύσουσιν ἐν ὄ ὄρει ἁγίω ϑεοῦςε, τῇ ὁ ἀνωτάτω ἐκκλησίᾳ, 
χαϑ᾽ ἣν οἵ φιλόσοφοι συνάγονται τοῦ ϑεοῦ, οἵ τᾷ ὄντι ᾿Ισραηλῖται ol 
καϑαροὶ τὴν καρδίαν, ἐν οἷς δόλος οὐδεὶς, οἵ μὴ καταμείναντες ἐν EB- 
δομάδι ἀναπαύσεως, ἀγαϑοεργίᾳ δὲ ϑείας — εἰς ὀγδοα- 
δικῆς εὐεργεσίας κληρονομίαν ὑπερκύψαντες,, ἀκορέστου ϑεωρίας 
εἰλικρινεῖ ἐποπτείᾳ προσανέχοντες, »ἔστιν δὲ καὶ ἄλλας, φησὶν ὃ κύ- 
φίος,, »πρόβατα, ὃ ἃ οὐκ ἔστιν ἐκ τῆς αὐλῆς ταύτηςε, ἄλλης αὐλῆς καὶ 
μοιῆς ἀναλόγως τῆς πίστεως κατηξιωμένα. Vgl. weiter unten: ἀπο- 
ϑέσϑαι τὰ πάϑη ἀνάγκη τοῦτον, ὡς εἰς τὴν μονὴν τὴν οἰκείαν 
χωρῆσαι δυνηϑῆναι. 


Christologie. 279 


— ἀναπαύσεως und ὀγδοαδικῆς εὐεργεσίας κληρονομία 
und daneben im Anschluß an Joh. 10, 16 von einer αὐλή resp. μονή 
spricht, mithin für die Christen verschiedene Stufen der Seligkeit 
statuiert!. Mit Hilfe der allegoristischen Methode findet Clemens 
sogar in der Stelle des Clemensbriefes e. 22, 3? das μυστήριον 
γνωστιχὸν ἑβδομάδος χαὶ ὀγδοάδος (Strom IV, 17; 109, 2) und 
scheut sich nicht, ein Zitat aus Platos Republ. X, p. 618" folgender- 
maßen christlich zu interpretieren: λειμῶνα μὲν οὖν axovordo» 
τὴν ἀπλανῆ σφαῖραν ὡς ἥμερον χωρίον καὶ προσηνὲς καὶ 
τῶν ὁσίων χῶρον, ἑπτὰ δὲ ἡμέρας ἑκάστην κίνησιν τῶν ἑπτὰ 
καὶ πᾶσαν τὴν ἐργαστικὴν τέχνην εἰς τέλος ἀναπαύσεως. σπεύ- 
δουσαν" ἡ δὲ μετὰ τοὺς πλανωμένους πορεία ἐπὶ τὸν οὐρανὸν 
ἄγει, τουτέστι τὴν ὀγδόην κίνησίν τε καὶ ἡμέραν (Strom. V, 14; 
106, 26... Hier werden die Sphären der sieben Planeten mit 
den sieben Tagen der Woche identifiziert, während der Himmel, 
d. h. die achte Sphära dem achten Tage resp. der ἡμέρα xv- 
ρεαχή entsprechen soll. Eine ähnliche Deutung über die sieben 
Tage und den achten Tag und ihre Verbindung mit der zu- 
künftigen ἀνάπαυσις finden wir im Anschluß an Ezech. 44, 26 
und Δεν. 25, 8 in Strom. IV, 25; 159, 2: εἴτ᾽ οὖ» ὁ χρόνος 
εἴη ὁ διὰ τῶν ἑπτὰ περιόδων τῶν ἀριϑμουμένων. εἰς τὴν 
ἀκροτάτην ἀνάπαυσιν ἀποκαϑιστὰς εἴτε ἑπτὰ οὐρανοί, οὕς 
τινες ἀριϑμοῦσι xar’ ἐπανάβασιν, εἴτε καὶ ἡ ἀπλανὴς χώρα ἡ 
πλησιάζουσα τῷ νοητῷ κόσμφ ὀγδοὰς λέγοι To‘, πλὴν ἐξανα- 
δῦναι γενέσεώς τε καὶ ἁμαρτίας χρῆναι λέγει τὸν γνωστικχόν. 
ἐπὶ γοῦν ταῖς ἑπτὰ ἡμέραις τὰ ἱερεῖα ὑπὲρ ἁμαρτιῶν ϑύεται, 
ἔτι γὰρ τροπῆς εὐλάβεια καὶ τῆς ἑβδόμης ἅπτεται περιφορᾶς. 

Wie ist nun die Gleichung χυριαχή und ὀγδοάς zu er- 
klären? Sie führt sich zurück auf die urchristliche Bezeich- 
nung des Auferstehungstages als der χυριαχὴ ἡμέρα (Apoc. 
Joh. 1, 10), der im Gegensatz zu dem jüdischen Sabbat als der 
8. Tag gezählt wurde, weil er auf den Sabbat, dem 7. Tag der 


1) Über die verschiedenen μοναί vgl. Strom. VII, 2; 9, 4. 
_ 2) παῦσον τὴν γλῶσσάν σου ἀπὸ κακοῦ καὶ χείλη σου τοῦ μὴ λα- 
λῆσαι δόλον" ἔκκλινον ἀπὸ κακοῦ καὶ ποίησον ἀγαϑόν, ξήτησον εἰρήνην 
καὶ δίωξον αὐτήν (Ps. 38, 14. 18. 3) ἐπειδὴ δὲ τοῖς ἐν τῷ λειμῶνι 
ἑκάστοις ἑπτὰ ἡμέραι γένοιντο, ἀναστάντας ἐντεῦϑεν δεῖ Ξ ὀγδόῃ πο- 
ρεύεσϑαι καὶ ἀφικνεῖσϑαι τεταρταίους. 4) Vgl. Strom. V, 6; 86, 3: 


εἴτ᾽ οὖν ὀγδοὰς καὶ ὁ νοητὸς κόσμος. 


980 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


jüdischen Woche folgte. Die ältesten Christen betrachteten den 
Anfang der nächstfolgenden Woche zugleich als den Schluß der 
vorhergehenden. Schon Barnabas ce. 15, 8. 9 läßt die Jesaias- 
stelle 1, 13 von Gott also deuten: οὐ τὰ νῦν σάββατα ἐμοὶ δεκτά, 
ἀλλὰ ὃ πεποίηκα, ἐν ᾧ καταπαύσας τὰ πάντα ἀρχὴν ἡμέρας 
ὀγδόης ποιήσω, 6 ἐστιν ἄλλου κόσμου ἀρχήν und fügt dann die 
Notiz hinzu: διὸ καὶ ἄγομεν τὴν ἡμέραν τὴν ὀγδόην εἷς εὐφρο- 
σύνην, ἐν ἡ καὶ 6 Ἰησοῦς ἀνέστη dx νεχρῶν καὶ φανερωϑεὶς 
ἀνέβη εἰς οὐρανούς. Justin, Dialog. ο. Tryph. e. 34: 341 Ὁ spricht 
von einem Mysterium des 8. Tages! und sieht in dem 8, Tage 
der Beschneidung (Gen. 17,12) den Typus der durch die Aufer- 
stehung des Herrn bewirkten wahren Beschneidung, indem er be- 
merkt: μία γὰρ τῶν σαββάτων, πρώτη μένουσα τῶν πασῶν ἡμε- 
ρῶν, κατὰ τὸν ἀριϑμὸν πάλιν τῶν πασῶν ἡμερῶν τῆς κυχλο- 
φορίας ὀγδόη καλεῖται καὶ πρώτη οὖσα μένει (Dial. 6. Tryph. ο. 41; 
2300 C). An einer andern Stelle erklärt er die 8 Insassen der Arche 
Noahs als Symbol für den 8. Tag, ἐν ἡ ἐφάνη ὁ Χριστὸς ἡμῶν ἀπὸ 
νεχρῶν ἀναστάς (ibid. e. 138; 367C). Auch Clemens Alex. Strom. 
VI, 16; 138, 1ff. weiß tiefsinnige Betrachtungen über diesen 7. und 
8. Tag, über die ἑβδομάς und ὀγδοᾶς anzustellen, indem er sie mit 
den Worten einleitet: ἡ ἑβδόμη τοίνυν ἡμέρα ἀνάπαυσις κηρύσ- 
σεται, ἀποχῇ κακῶν ἑτοιμάζουσα τὴν ἀρχέγονον ἡμέραν τὴν τῷ 
ὄντι ἀνάπαυσιν ἡμῶν, ἣ δὴ καὶ πρώτη τῷ ὄντι φωτὸς γένεσις, 
ἐν ᾧ τὰ πάντα συνϑεωρεῖται καὶ πάντα κληρονομεῖται. 

Dadurch wird evident, daß die Vorstellung von der χυρεαχή 
auf christlichem Boden erwachsen ist und sich erst hier die Ge- 
danken über die χυρειαχὴ ἡμέρα als Auferstehungstag Christi 
und als Feier- und Ruhetag für die lebenden Christen ver- 
bunden haben mit der kosmischen Weltanschauung von den 8 
Himmeln? resp. von dem 8. Himmel, dem Sitz Gottes und seines 
Sohnes und dem Aufenthalt der verstorbenen Christen in der 

1) καὶ τοῦτο μὲν οὖν δυνατὸν ἦν ἡμῖν ἐπιδεῖξαι, ὦ ἄνδρες, ἔλε- 
γον, ὅτι ἡ ἡμέρα ἡ ὀγδόη μυστήριόν τι εἶχε κηρυσσόμενον διὰ τούτων 
ὑπὸ τοῦ ϑεοῦ μᾶλλον τῆς ἑβδόμη. 2) Kannten die ältesten Chri- 
sten eine kosmische Ogdoas, so fällt auch ein Hauptstützpunkt für 
den angeblichen gnostischen Charakter der Johannesakten, indem 
man sich auf die Worte p. 198, 6 ed. Bonnet beruft: ᾿Ογδοὰς μία 
ἡμῖν συμψάλλει. "Aunv. "O δωδέκατος ἀριϑμὸς ἄνω χορεύει. ’Aurv. Mit 
der valentinianischen Ogdoas und Dodekas hat dies nichts zu tun 
(5. meine Petrusakten S. 127 £.). 


Christologie. 281 


ewigen ἀνάπαυσις. Wenn Theodotus seine Ogdoas mit der χυ- 
ριαχή identifiziert, so hat er einfach einen altchristlichen Ausdruck 
sich angeeignet; spezifisch gnostisch wird die Ogdoas erst dadurch, 
daß sie zum Wohnsitz der μήτηρ kreiert wird. Dann ist aber 
unser Verfasser weit davon entfernt, bei den Gnostikern eine 
Gedankenanleihe gemacht zu haben; nur ist der Ausdruck alter- 
tümlich. Seit Clemens Alex. scheint er nicht mehr angewandt 
zu sein und legt indirekt auch ein Zeugnis für das hohe Alter 
der Epistola ab. Der Ausdruck ὀγδοάς-χυριακή ist nun bei beiden 
Sehriftstellern nicht zeitlich, sondern örtlich zu fassen, d.h. es 
ist nicht ἡμέρα, sondern μονή zu ergänzen. So will also Christus 
an der besagten Stelle verkündigen, daß er entstanden ist durch 
den Vater und als ein selbständiges Wesen im 8, Himmel seinen 
Wohnsitz gehabt hat. Als der Logos resp. als die ἔννοια des 
Vaters bildet er diesem gegenüber von dem Momente seines 
Entstehens eine Sonderexistenz, mag auch die Wesensähnlichkeit 
eine noch so absolute sein. 

Dieses Wesen ist nun zugleich identisch mit dem auf Erden 
erschienenen Christus, der sich ja-selbst, wie wir gesehen haben, 
als den transzendenten Logos den Aposteln vorgestellt hat. Stets 
führt der Herr die Phrase in dem Mund: „mein Vater, der mich 
gesandt hat“. Diesen Gedanken der Sendung kleidet der Ver- 
fasser in eine plastische Darstellung ein. Denn er läßt den Auf- 
erstandenen — und dies geschieht m. E. nicht ohne besondere 
polemische Absicht — seinen Abstieg aus der oberen Welt in 
detaillierter Weise schildern und läßt zugleich damit die Offen- 
barungen an die Apostel beginnen, Es heißt 5,44, 6ff. — Ko. V, 6 ff. 
also: „Es geschah aber, als ich im Begriff war zu kommen von 
dem Vater des Alls! und vorüberging an den Himmeln, da zog 
ich an die Weisheit des Vaters und ich zog an die Kraft seiner 
Macht (Ὁ). Ich befand mich in den Himmeln und an den Erz- 
engeln und den Engeln ging ich vorüber in (der Ähnlichkeit) 
ihrer Gestalt gleichsam als wäre ich einer von ihnen unter den 
Herrschaften und Gewalten. Ich durchschritt sie, indem ich die 
Weisheit dessen, der mich gesandt hat, besaß. Der Oberanführer 
der Engel aber ist Michael und Gabriel und Uriel und Raphael, 
sie aber sind mir nachgefolgt bis zum fünften Firmament, denn 


1) Wörtlich: „durch den Vater des Alls“, 


282 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


sie dachten in ihren Herzen (bei sich), daß ich einer von ihnen 


wäre, Der Vater aber hat mir gegeben die Kraft von dieser 
Beschaffenheit und an jenem Tage schmückte ich die Erzengel 
mit einer wunderbaren Stimme, damit sie hineingingen zum Altar 
des Vaters und dienten und vollendeten den Dienst, bis daß ich 
zu ihm (sc. Vater) zurückkehre. Also habe ich durch die Weisheit 
die Ähnlichkeit (Gestalt) gemacht. Ich nämlich bin geworden 
alles in allem, damit ich die Veranstaltung des Vaters (preise? 
und) die Herrlichkeit dessen, der mich gesandt hat, vollende 
und zu ihm zurückkehre“!, 

Wiederum erinnert uns diese Schilderung an bekannte gno- 
stische Phantasien über den Abstieg des himmlischen Aeon Christus 
durch die untere Archontenwelt behufs Erlösung der Menschheit?. 
Auch die Gnostiker vertreten die Anschauung, daß der Erlöser 
sich in die Gestalt der unteren Mächte verwandelt habe, um un- 
erkannt von den bösen Archonten auf Erden erscheinen zu können. 
Von Simon behaupten nach Iren. adv. haer. I, 23, 3 die Simo- 
nianer: descendisse eum transfiguratum et assimilatum virtutibus 
et potestatibus et angelis (vgl. Hippolyt, Refut. VI, 19, 6), und 
betreffs des Simon teilt Epiphanius h. 21, 2, 4 einen angeblichen 
Ausspruch mit: ἐν ἑχάστῳ δὲ οὐρανῷ μετεμορφούμην, φησίν, 
χατὰ τὴν μορφὴν τῶν ἐν ἑκάστῳ οὐρανῷ, ἵνα λάϑω τὰς ἀγγε- 
λικάς μου δυνάμεις καὶ κατέλϑω ἐπὶ τὴν Ἔννοιαν (vgl. ibid. 


1) Der äthiopische Text lautet: „Als ich vom Vater des Alls 
kam, als ich durch die Himmel ging, in die Weisheit des Vaters 
gekleidet und in seine Kraft gehüllt, von seiner Kraft, war ich 
vorübergehend an den Himmeln und den Engeln und Erzengeln in 
ihrer Gestalt und wie einer von ihnen durchschritt ich die Ämter, 
Herrschaften und Fürsten, indem ich besaß das Maß der Weisheit 
(+ AC und in die Kraft mich hüllte) des Vaters, der mich gesandt 
hat. Und es folgten mir die Erzengel Michael, Gabriel, Rafael und 
Uriel bis zum fünften Himmelsfirmament, indem ich ihnen gleichsam 
einer von ihnen schien. Solch eine Macht ist mir vom Vater ver- 
liehen worden. Darauf machte ich, daß die Erzengel durch eine 
Stimme erschracken und daß sie zum Altar des Vaters gingen und 
dem Vater nach ihrer Art dienten, bis ich zu ihm zurückkomme., 
So tat ich nach der Art seiner Weisheit, denn ich war in Allem 
mit ihnen, damit ich, nachdem ich den barmherzigen Willen des 
Vaters und die Herrlichkeit dessen, der mich gesandt hat, vollendet 
habe, zu ihm zurückkehre“. Siehe auch den lateinischen Text 
S. 21f. 2) Vgl. den Naassenerhymnus bei Hippolyt, Refut. V, 10. 


ΕΝ ΥΨΨΡ Ze 


ae ΡΟ a Ars rk 


Christologie. 292. 


6, 6,1). Dieselbe Vorstellung finden wir auch bei den Gnostikern 


des Iren. adv. haer. I, 30, 12: descendisse autem eum (86. Christum) 
per septem coelos, assimilatum filis eorum dieunt et sensim 
eorum evacuisse virtutem. Nach den Basilidianern (Iren. adv. 
haer. 1,24, 5. 6) hat der Erlöser unter dem geheimnisvollen Namen 
Calacau die 365 Himmel, unerkannt von den Engeln und Mächten, 
durchschritten‘. Und zuletzt findet sich eine schlagende Paral- 
lele in der Pistis Sophia: „Und als ich mich zur Welt aufgemacht 
hatte, kam ich in die Mitte der Archonten der Sphaera und hatte 
die Gestalt des Gabriel, des Engels der Aeonen, und nicht haben 
mich die Archonten der Aeonen erkannt, sondern sie dachten, 
daß ich der Engel Gabriel wäre“. 

So drängt sich die Frage auf, ob wirklich der Verfasser 
der Epistola einen gnostischen Mythus verwertet hat. Aber trotz 
aller instimmungen muß ich dies entschieden verneinen. 
Schon im Johannesevangelium heißt Christus ὁ dx τοῦ οὐρανοῦ 
καταβάς (Johannes 3, 13 vgl. 6, 33 u. ö.), daher mußte die Aus- 
malung dieses χάϑοδος sich ganz von selbst einstellen, sobald 
die Phantasie sich mit diesem Stoffe beschäftigte. Das erkennen 
wir am besten aus der Ascensio Jesaiae, die freilich Bousset 
(Hauptprobleme der Gnosis S. 241) für ein gnostisches Produkt 
erklärt?. Hier hört der Seher die Worte des Höchsten, des Vaters 
des Herrn: „Geh und steige hinab durch alle Himmel und steige 
hinab zum Firmament und zu dieser Welt bis zum Engel im 
Totenreich .... Und du sollst gleich werden dem Bilde aller, 
die in den fünf Himmeln sind, und der Gestalt der Engel 
im Firmament wirst du mit Fleiß gleichen und auch den 
Engeln, die im Totenreiche sind. Und keiner von den Engeln 
dieser Welt wird erkennen, daß du mit mir zusammen der Herr 
der sieben Himmel und ihrer Engel bist. Und sie werden nicht 


— — —— — 


1) Vgl. auch die „Gnostiker“ bei Epiphanius haer. 26, 9: ἐγώ 
εἰμι ὁ Χριστός ἐπειδὴ ἄνωθεν καταβέβηκα διὰ τῶν ὀνομάτων τῶν τξε' 


ἀρχόντων. 2) Etwas anders lautet das Urteil S, 260, daß die 
Schrift in gemeinchristlichen Kreisen gelesen und nicht spezifisch 


 gnostisch sei. Auch Harnack, Altchristl. Lit. II 578 hält die Er- 


zählung für nicht großkirchlich, sondern gnostisierend, wenn auch 
nicht häretisch im strengen Sinne, Mit Recht fügt er hinzu: „Der 
‚descensus Christi durch die Himmel ist ein viel behandeltes, an den 
Grenzen der kirchlichen Spekulation liegendes Thema“, 


284 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


erkennen, daß du zu mir gehörst, bis ich mit der Stimme der 
Himmel ihre Engel und ihre Lichte rufen und die gewaltige 
Stimme bis zum sechsten Himmel hin erschallen lassen werde, 
daß du richten und vernichten sollst den Fürsten und seine Engel 
und die Götter dieser Welt. — — Und dann wirst du von den 
Engeln des Todes zu deinem Platze aufsteigen und dich nicht 
verwandeln in jeden Himmel, sondern in Herrlichkeit wirst du 
aufsteigen und zu meiner Rechten sitzen. Und dann werden 
dich die Fürsten und Mächte dieser Welt anbeten“ (s. die Über- 
setzung bei Hennecke, Neutestl. Apokryphen 1, S. 303). Im An- 
schluß daran (e. 10, 19 #.) wird die Verwandlung des Herrn und 
sein Herabsteigen aus dem siebten Himmel von Jesaia geschaut, 
aber erst vom fünften Himmel ab nimmt er das Ansehen der 
jeweilig dort befindlichen Engel an, so daß diese, da er ihnen 
gleicht, ihn nicht als den Herrn lobpreisen, zugleich gibt er 
vom dritten Himmel ab den Hütern der Pforte auf ihr Verlangen 
das Losungswort, um nicht erkannt zu werden. Und in e. 11, 
23 ff. wird uns entsprechend den an den Sohn gerichteten Worten 
des Vaters die Himmelfahrt des Auferstandenen geschildert. 
Jetzt erkennen ihn die Engel und die Mächte, da er ihnen un- 
verwandelt in seiner Herrlichkeit erscheint, und rufen erstaunt 
aus: „Wie ist unser Herr herabgekommen über uns und wir 
merkten nicht die Herrlichkeit, die, wie wir sehen, sich über 
ihn befand vom sechsten Himmel her?* 

Gnostiker wie Großkirchler bewegen sich bei diesem Thema 
auf gleichem Boden; nur ist bei beiden die Ausführung eine ver- 
schiedene, da der Personenapparat in diesem Drama von einander 
abweicht. Dies illustriert am besten die Pistis Sophia, wo wir 
cap. 11f. (s. S. 12ff, meiner Ausgabe in den Koptisch-gnosti- 
schen Schriften Bd. I) die Himmelfahrt des Auferstandenen mit 
dem Lichtkleide geschildert finden. Auch hier ist Christus, un- 
erkannt von den Archontenmächten auf die Erde herabgestiegen, 
und jetzt bei seinem Aufstieg rufen sie sämtlich ebenfalls er- 
staunt: „Wie hat uns der Herr des Alls durchwandert, ohne 
daß wir es wußten?“, aber diese Archontenwelt ist doch eine 
ganz andere als die Welt der Engel in den verschiedenen Him- 
meln. Dieser Vorstellung von dem unsichtbaren Abstieg und dem 
sichtbaren Aufstieg huldigt sogar ein Ketzerbestreiter wie Irenäus, 
wenn er in der Epideixis e. 84 schreibt: „Weil aber das Wort 


’ 
ἢ 


ER 
Ἢ 
Ei: 
er 


Christologie. 250 


in einer für die Geschöpfe unsichtbaren Weise herabgestiegen 
ist, so ist ihnen davon nichts kund geworden. Nun war das 
Wort Fleisch geworden, und sichtbar stieg es hinauf.“ Unser 
Verfasser bewegt sich hier in jüdischen Vorstellungen, wie sie 
vom Christentum übernommen sind. Darauf weisen auch die 
Namen der vier Erzengel Michael, Gabriel, Uriel und Raphael !, 
Michael wird als ἀρχιστράτηγος bezeichnet?. Diese Erzengel 
sind mit dem Lobpreis des Vaters betraut, freilich mit der eigen- 
tümlichen Abweichung, daß sie nicht von Uranfang an dieses 
Amt besitzen, sondern erst beim Abstieg von Christus, nachdem 
sie ihn bis zum fünften Firmament begleitet, mit einer wunder- 
baren Stimme ausgerüstet werden, um an seiner Statt bis zu 
seiner Heimkehr den Altardienst beim Vater zu übernehmen. 
Auch der Altardiest der Seraphim resp. der Erzengel und Engel 
erinnert an jüdische Vorstellungen (vgl. Jes. 6, 3; Henoch e. 39, 
12. 13; dazu Apok. Joh. 4, Sff.; 5,9 ff. Und nicht zuletzt mutet 
uns jüdisch-christlich an der Gedanke, daß Christus bei seinem 
Herabstieg die Weisheit des Vaters angezogen und durch die 
Weisheit seine Gestalt geschaffen habe. Denn diese Weisheit 
hat nichts zu schaffen mit der bekannten gnostischen Figar der 
Sophia®, sondern ist die personifizierte Hypostase, die bereits Paulus 
1. Kor. 2, Tf. (vgl. 1. Kor. 1, 24 ϑεοῦ δύναμις καὶ ϑεοῦ σοφία) 
kennt, von der er aussagt, daß sie verborgen und selbst den 
Archonten dieser Welt unbekannt wart. Besonders bei den 
Apologeten spielt Prov. 8, 22ff. eine große Rolle zum Beweise 
dafür, daß der göttliche Logos als die Weisheit Gottes vor der 
Weltschöpfung von Gott gezeugt sei und die Welt geschaffen 
habe, deshalb Christus neben anderen das Prädikat σοφία zu- 
komme, Clemens Alex. nennt daher an vielen Stellen den Logos 


1) Vgl. Äthiop. Henoch ce, 9, 1; S. 28 ed. Flemming und Rader- 
macher. 2) In der Ascens, Jes. c. 3, 16 erscheint Michael als 
Oberster der heiligen Engel, bei der Auferstehung Christi als Öffner 
des Grabes. 3) Es wäre ganz verkehrt, sich auf die Gnostiker 
des Iren. adv, haer. I, 30, 12 zu berufen: descendentem Christum in 


hune mundum induisse primum sororem suam Sophiam. 4) Vgl. 


Windisch, Die göttliche Weisheit der Juden und. die paulinische 
Christologie (Neutestam. Studien Georg Heinrici zu seinem 70. Ge- 
burtstage dargebracht, 1914, 8. 220 ἢ... 5), Justin, Dial. c. Tryph. ᾿ 
ὁ. 61; 284 A: ἀρχὴν πρὸ πάντων τῶν κτισμάτων ὁ ϑεὸς γεγέννηκε 
δύναμίν τινα ἐξ ἑαυτοῦ λογικήν, ἥτις καὶ δόξα κυρίου ὑπὸ τοῦ πνεύ- 


286 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ohne weiteres Weisheit. Werden hier λόγος und σοφία identi- 
fiziert, so läuft daneben eine andere Vorstellung, die in gewisser 
Unterscheidung von dem Logos die σοφία mit dem πνεῦμα ἅγιον 
der Trinität in Verbindung bringt. Wir haben gesehen, daß Irenäus 
den λόγος und die σοφία als die Hände Gottes bei der Schöpfung 
mit dem υἱὸς τοῦ ϑεοῦ und dem πνεῦμα ἅγιον gleich setzt! (5, ο. 
S.272, Anm. 3), indem beide zugleich als Kräfte und Eigenschaften 
erscheinen?. Aber von einer streng begrifflichen Scheidung ist 
auch hier nicht die Rede, so daß πνεῦμα und υἱός wieder als 
identische Größen gelten können, da man mit dem πνεῦμα ἅγιον 
als gesonderte Hypostase neben Christus bezw. Logos nichts an- 
zufangen weiß?®. Ähnliches scheint bei unserm Verfasser vorzu- 
liegen. Wenn der präexistente Christus resp. Logos die Weisheit 
des Vaters anzieht, so muß er sie vor seinem Abstieg nicht be- 
sessen haben, sei es daß die σοφία immanent im Vater war, sei 
es daß sie gesondert neben dem Logos als A Kraft 


ei 
- .. 


ματος τοῦ ἁγίου καλεῖται͵ ποτὲ δὲ υἱός, ποτὲ δὲ σοφία .... — 
ὧν οὗτος ὁ ϑεὸς ἀπὸ τοῦ πατρὸς τῶν ὅλων γεννηϑείς, καὶ καὶ 
σοφία καὶ Övvauıc καὶ δόξα τοῦ γεννήσαντος ὑπάρχων. -- - 
lus ad Autol. II, 10: οὗτος οὖν πνεῦμα ϑεοῦ καὶ ἀρχὴ καὶ σοφία 
καὶ δύναμις ὑψίστου. 

1) Bereits für den Verfasser der Sapientia Salomon. sind σοφία 
und πνεῦμα identisch (vgl. 1, 4. 5. 7; 7,24. 28; 8, 1 usw), 2) Von 
hier aus empfängt die etwas unklare Stelle in der ἐπίδειξις c. 26 
ihr Licht: „Und in der Wüste empfängt Moses von Gott das Gesetz, 
die zehn Worte auf Steintafeln geschrieben mit dem Finger Gottes; 
der Finger Gottes aber ist das, was vom Vater zu dem heiligen Geist 
ausgestreckt ist“. 3) Theophilus ad Autol. II, 10 läßt den λόγος 
und die σοφία gleichzeitig zu besonderer Existenz aus Gott hervortreten 
und nennt II, 15 als Personen der Trinität: θεός, λόγος αὐτοῦ, σοφία 
αὐτοῦ, aber eine besondere Wirksamkeit der Weisheit weiß auch er 
nicht anzugeben, vielmehr sind beide ebenso wie bei Irenäus die Or- 
gane Gottes bei der ‚Schöpfung der Welt und des Menschen. Vgl. 
17: ὁ ϑεὸς διὰ τοῦ λόγου αὐτοῦ καὶ τῆς σοφίας ἐποίησε τὰ πάντα 
— II, 18: οὐκ ἄλλω δέ τινι εἴρηκεν Ποιήσωμεν, ἀλλ᾿ ἢ τῷ ξαυτοῦ 
λόγῳ καὶ τῇ ξαυτοῦ σοφίᾳ. Die σοφία hätte auch ebensogut fehlen 
können, da sie als der schöpferische und ordnende Weltgedanke nur 
‚eine Dublette des Logos ist, aber um der trinitarischen Glaubens- 
formel braucht man noch eine dritte Person. Im übrigen ist der 
Logos der hellenistischen Religionsphilosophie identisch mit der Sophia 
der jüdischen Weisheitsliteratur einerseits und dem πνεῦμα ἅγιον des 
N. T.s andererseits; es sind nur verschiedene Namen. 


N 
2 


Christologie. 287 


existierte. Von jetzt ab sind beide in dem einen Wesen vereinigt. 


Damit verliert die σοφία = πνεῦμα ihre Sonderexistenz und der 
heilige Geist ist, wie wir noch bei der Menschwerdung sehen 
werden, der Logos in eigener Person. Offensichtlich operiert 
unser Verfasser mit Vorstellungen, die ihm von anderer Seite 
zugetragen sind und von ihm in populärer Form verarbeitet 
werden. Er gleicht mehr einem Prediger, der schwer verständ- 
liche dogmatische Begriffe seinen Zuhörern plastisch vor die 
Augen führt. Dazu kommt beim Mangel von festen Formulie- 
rungen die Unbeholfenheit, den Gegenstand begrifflich zu erfassen. 
Das alles bringt den Verfasser in die Gefahr, der Phantasie die 
Zügel schießen zu lassen und den gnostischen Phantastereien ver- 
wandte Gedanken zu produzieren. Von hier aus klingt die Ver- 
wandlungsgeschichte harmloser als sie auf den ersten Blick er- 
scheint. Vielleicht schwebt das Wort des Paulus in 1. Kor. 15, 28 
πάντα ἐν πᾶσιν vorAugen. Ausdrücklich sagt Christus von sich: 
„ich bin geworden alles in allem“, und wiederholt dies S. 50, 7 
—= Ko. VII, 3 in der Deutung: „Ich bin geworden Engel unter den 
Engeln und bin geworden alles in allem“. Auch Origenes, Jo- 
hanneskommentar I, 31, 217; S. 38, ed. Preuschen, kennt diese 
Deutung: ὁ τοίνυν σωτὴρ ϑειότερον πολλῷ ἢ Παῦλος γέγονε 
»τοῖς πᾶσι πάντας... καὶ σαφῶς γέγονεν ἀνθρώποις 
ἄνθρωπος καὶ ἀγγέλοις ἄγγελος". Theologisch am nächsten 
steht unserer Stelle ein dem Irenäus zugeschriebener, von Timo- 
theus Aelurus aufbewahrter Hymnus?, wo es unter anderm heißt: 
„Und daß dieser ist der vollkommene Intellekt, Gottes Wort, 
der vor dem Morgenanzeiger geboren ist, der Mitschöpfer des 
Alls, der Bildner des Menschen, der in allem alles Gewordene: 
unter den Patriarchen Patriarch ... ., unter den Propheten 
Prophet, unter den Engeln Engel, unter den Menschen 
Mensch“. Freilich ist an den beiden genannten Stellen nicht an 


1) Vgl. ibid. c. 31, 225: καὶ ἐ —— e διὰ τὸ »ἀχρογωνιαῖονε 
»λίϑονε τὸν χριστὸν τῷ σώματι τῶν σωξομένων 
τὸ » Πάνταε γὰρ καὶ er πᾶσιε Χριστὸς ὁ μονογενής, 


ὡς μὲν ἀρχὴ ἐν ᾧ ἀνείληφεν ἀνθρώπῳ, ὡς δὲ τέλος ἐν τῷ τελευταίῳ 


τῶν δηλονότι τυγχάνων καὶ ἐν τοῖς μεταξύ. Ferner Orig. de 
prince, IV, c. 4; dazu die Anathemat. VII der Constantin. Synode ἃ, 543 
und Justinian, Epist. ad Mennam, Anathemat. 4. 2) Jordan, Arme- 
nische Irenaeusfragmente, TU. 36, H. 8, 8. 57. 


238 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


die Verwandlung beim Abstieg gedacht, sondern, wie bei den 
Apologeten, an die alttestamentlichen Theophanien, in denen der 
Engel Jahwe’s mit dem Logos identifiziert wird, aber jener Ge- 
danke an die Erscheinung bei der Menschwerdung ist nur ein 
kleiner Sprung. 

Auf diese Weise wird Gabriel, der ἄγγελος κυρίου, zu 
einer Erscheinung des Logos-Christus bei der Verkündigung 
der Menschwerdung gestempelt, und wir werden uns nicht mehr 
wundern, wenn der Auferstandene die evangelische Erzählung 
von der Botschaft des Gabriel an die Maria in folgende Form 
kleidet: „An jenem Tage nämlich, wo ich angenommen habe die 
Gestalt des Engel Gabriel, erschien ich der Maria und redete 
mit ihr. Ihr Herz nahm mich auf und sie glaubte; ich formte 
mich und ging in ihren Leib. Ich wurde Fleisch, da ich war 
mir allein Diener in Bezug auf Maria in einer Sichtbarkeit von 
Engelsgestalt“ (S. 50, 9ff. = Ko. VII, 6 ff). Demnach ist der 
Engel Gabriel nur die sichtbare Erscheinung des Logos, wie 
auch bei der Befreiung des Petrus aus dem Gefängnis Gabriel nichts 
weiter als die Kraft Christi ist (S. 54, 2= Ko. VII, 5). Dabei 
wird die Geburt nicht nur angekündigt, sondern die Verkündigung 
selbst wird als der Akt der Empfängnis in den Mutterleib der 
Maria betrachtet. Die Stimme des Gabriel ist das Medium und 
der Glaube der Maria die Vorbedingung für die Empfängnis. 
Wie bei der Weltschöpfung der Logos das sprechende Schöpfer- 
wort, so ist er bei seiner eigenen Gestaltung das sprechende 
Zeugungsprinzip. Offen gibt der Herr das Geheimnis seiner 
Konzeption preis mit den Worten: „Ich formte mich ! und ging 
in ihren Leib ein“, 

DieseErklärung des Wunders der Empfängnis klingt wiederum _ 
rein gnostisch, In der Pistis Sophia (S. 8, 28 ff. meiner Aus- 
gabe der koptisch-gnostischen Schriften) berichtet Jesus, nach- 
dem er vorher die Erschaffung Johannes’ des Täufers in der von 
ihm angenommenen Gestalt des Engel Gabriel geschildert hat, 
von sich selbst folgendes: „Es geschah nun darnach, da blickte 
ich auf Befehl des ersten Mysteriums auf die Welt der Mensch- 


1) Es könnte auch heißen: „sie formte mich“, aber nicht wahr- 
scheinlich. Über den 'äthiop. Text „sie lachte“ vgl. die Anm, in der 
Übersetzung. | 


"heit herab und fand Maria, welche meine Mutter- gemäß dem 
materiellen Körper genannt wird. Ich sprach mit ihr in der 
Gestalt des Gabriel, und als sie sich in die Höhe nach mir ge- 
wandt hatte, stieß ich in sie hinein die erste Kraft, welche ich 
von der Barbelo genommen hatte, d. h. den Körper, den ich in 
der Höhe getragen habe. Und an die Stelle der Seele stieß ich 
in sie hinein die Kraft, welehe ich von dem großen Sabaoth, 
dem Guten, der sich in dem Orte der Rechten befindet, ge- 
nommen habe“. Und dem zufolge gibt Maria 5. 80, 29 ff. dem 
Psalmwort 84, 11: »Die Wahrheit sproßte aus der Erde hervor 
und die Gerechtigkeit blickte vom Himmel herab« die allego- 
rische Deutung: „Während der Zeit, da du dir selber gedient 
hast, hattest du die Gestalt des Gabriel und blicktest auf mich 
vom Himmel herab und sprachst mit mir. Und als du mit mir 
gesprochen hattest, sprosstest du in mir auf, d. h. »die Wahr- 
_ heit«, d. h. die Kraft des Sabaoth, des Guten, die sich in deinem 
materiellen Körper befindet, welches ist »die Wahrheit, die aus 
der Erde aufsprosste-“. Die Übereinstimmungen zwischen der 
Epistola und der Pistis Sophia sind nicht zu leugnen, besonders 
markant ist der Satz: „ich war mir allein Diener (dı@xovo;) 
in bezug auf Maria“ und derjenige der Pistis Sophia: „während 
der Zeit, wo du dir selbst gedient (διαχονεῖν) hast!“. Aber dies 
darf uns nicht irre machen, denn es ist ein ganz verkehrter 
Standpunkt, eine Vorstellung, die man bei den Gnostikern findet, 
unbesehen für spezifisch gnostisch zu erklären, ohne dabei zu 
erwägen, ob nicht umgekehrt die Gnostiker eine bei den Groß- 
ο΄  kirehlern verbreitete Ansicht in ihrem Sinne verwendet haben. 
; Für unsere Stelle können wir nun den positiven Nachweis führen, 
dab von den Apologeten her die Vorstellung bei den Vertretern 
der Kirehenlehre herrschte, der Logos wäre der Erzeuger seiner 
menschlichen Geburt gewesen und der Zeugungsakt hätte bei 
der Verkündigung des Gabriel stattgefunden. 
Ich begnüge mich, zunächst auf einige Stellen zu verweisen, 
die Reitzenstein, Zwei religionsgeschichtliche Fragen, 1901, S. 120 
— herbeigezogen hat. Bei Origenes, Homil. in Luc. XIV (tom. V, 


in — 1) Nach Clemens Alex., Exc. ex Theodoto 16 nannten die Basili- 
‘ dianer die Taube bei der Taufe den dıaxovog. Vgl. Strom. II, c. 8, 
88,1: καὶ παρέλκει 6 διάκονος αὐτοῖς καὶ τὸ κήρυγμα καὶ τὸ βάπ. 
τισμα. 

T. u. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 19 


290 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


p. 137 ed. Lommatzsch) lesen wir: audeo quid loqui, quia et 
in eo, quod seriptum est „Spiritus dei veniet super te et virlus 
altissimi obumbrabit te“ principium seminis et conceptus 
fuerit. Im Evangelium des Pseudo-Matthäus e. 10 bezeichnen 
die der Maria beigegebenen Jungfrauen als Ursache der Konzep- 
tion der Jungfrau direkt den Engel Gabriel: Nam si suspieionem 
nostram tibi vis ut pandamus, istam gravidam nemo fecit nisi 
angelus domini. Hier gilt Luc. 1, 35 als das Zeugungswort. 
Andere saben in der φωνή des Engels Lue. 1, 28 die Hypostase 
des ϑεὸς λόγος, die σάρξ wurde. Gegen sie wendet sich Pseudo- 
Athanasius εἰς τὸν εὐαγγελισμὸν τῆς ὑπεραγίας ϑεοτόκου (I, 

338 A ed. Bened.): ἠσπάξετο ταύτην λέγων᾽ χαῖρε, κεχαριτῶ- 
μένη" ὁ κύριος μετὰ σοῦ. — κἀνταῦϑα πάλιν ϑεωροῦμεν, ὅτι 
ἡ μὲν φωνὴ τοῦ ἀγγέλου κατὰ προφορὰν πνεύματος ἀπηχήσεως 
αὐτοῦ διερμηνευομένη, οὐχ αὐτὴ δὲ ἦν ἡ τοῦ υἱοῦ ὑπόστασις 
οὐδὲ αὐτὴ γέγονε σάρξ. ἀλλὰ κατ᾽ αὐτὴν τὴν φωνὴν. ἑτέρα 
οὖσα κατὰ τὴν ὑπόστασιν ἰδιότης τοῦ λόγου καὶ υἱοῦ τοῦ ϑεοῦ 
ἅμα ἐπεφοίτησεν ἐν τῇ κοιλίᾳ τῆς παρϑένου. καὶ βλασφη- 
μοῦσιν οἱ λέγοντες, ὅτι αὐτὴ ἡ φωνὴ τοῦ ἀρχαγγέλου 
ἦν ἡ ὑπόστασις τοῦ ϑεοῦ λόγου, διὸ καὶ ἐσημειωσάμεϑα τὸν 
τύπον, ὧν αβαλλόμενοι τῆς βλασφημίας τὴν κατάκρισιν. ἑτέρα 
τοίνυν παρὰ τὴν φωνὴν τοῦ ἀρχαγγέλου οὖσα ἡ ὑπόστασις τοῦ 
λόγου zul υἱοῦ τοῦ ϑεοῦ ἅμα, ὡς προδιανοιχϑείσης τῆς 
ἀχοῆς τῆς παρϑένου διὰ τῆς ἀρχαγγελικῆς φωνῆς, 
εἰσῆλϑεν εἰς αὐτὴν ἡ ϑεία τοῦ υἱοῦ ὑπόστασις, ὡς 
αὐτὴ μὲν ἡ παρϑένος οὐχ οἶδεν, οἷδε δὲ ὁ εἰσελϑών, ὕπως 

εἰσῆλϑε. διὸ καὶ as μὴ εἰδυῖα τοῦ μυστηρίου τὴν ἔχβασιν 

διεταράχϑη ἐπὶ τῷ λόγῳ τοῦ ἀγγέλου. lch möchte diesen 
Stellen ein sicherlich unverdächtiges Zeugnis des Epiphanius 
hinzufügen, der ebenfalls Christus für die menschliche Geburt 
sein eigener Erzeuger sein läßt und in der Rede des Gabriel den 
Konzeptionsakt erbliekt; vgl. Ancoratus ce, 66, 6; 5, 80, 10 ed. 

Holl: Χριστὸς ἐν ἀγγέλῳ λαλεῖ, ἀναπλάττει δὲ ἑαυτὸν ἐν τῇ 
ἑαυτοῦ πλάσει ὁ δεσπότης -μορφὴν δούλου λαβώνε, καὶ Μαρία 
μὲν ἀνιμᾶται τὸν λόγον εἰς σύλληψιν, εἷς ὑετὸν ἡ γῆ, ἑαυτὸν 
δὲ καρπὸν ἅγιον ἀποδείκνυσιν ὁ τοῦ ϑεοῦ λόγος, προσλαμβα- 
γόμενος ϑνητοῦ φύσιν!. Und was hier die Theologen in den 


rn 5. auch Apostol. Konstit. ἀνέπλασσε δ᾽ ἑαυτῷ σῶμα ἐκ παρ- 
ϑένου.... ὡς δημιουργός. Dazu Pseudo-Ignatius, Heron. 4, 8: ἔπρεπε 


291 


Evangelientext hineinexegisieren, das formt der Dichter der Sibyl- 
_ Jinen in seiner Weise, wenn er VIII, 456 ff., S. 171 ed. Geffken 
die Geburt des göttlichen Logos also besingt: 
ὑστατίοις τε χρόνοις χϑόν᾽ ἀμείψατο καὶ βραχὺς ἐλϑών 
παρϑένου ἐχ Μαρίας λαγόνων ἀνέτειλε νέον φῶς, 
οὐρανόϑεν δὲ μολὼν βροτέην ἐνεδύσατο μορφήν. 
πρῶτα μὲν οὖν Γαβριὴλ σϑεναρὸν δέμας ἁγνὸν ἐδείχϑή" 
δευτέρα καὶ κούρην ἀρχάγγελος ἔννεπε φωνῇ" 
‚sa ἀρχάντοισι ϑεὸν σοῖς, παρϑένε, κόλποις;. 
ὡς εἰπὼν ἔμπνευσε ϑεὸς χάριν "ἠδ᾽ αἰεὶ" κούρῃ" 
τὴν δ᾽ ἄρα τάρβος ὁμοῦ ϑάμβος ϑ᾽ ἕλεν εἰσαΐουσαν, 
στὴ ὁ᾽ ἄρ᾽ ὑποτρομέουσα᾽ νόος δὲ οἱ ἐπτοίητο 
παλλομένης xagding ὑπ᾿ ἀγνώστοισιν ἀχουαῖς" 
αὖτις δ᾽ εὐφράνϑη χαὶ ἰάνϑη κέαρ αὐδῇ, 
κουρίδιον δ᾽ ἐγέλασσεν, ἑὴν δ᾽ ἐρύϑηνε παρειήν 
χάρματι τερπομένη καὶ ϑελγομένη φρένας αἰδοῖ, 
zei οἱ ϑάροος ἐπῆλϑεν. ἔπος δ᾽ εἰσέπτατο νηδύν, 
σαρχωϑὲν δὲ χρόνῳ καὶ γαστέρε ζῳογονηϑέν 
ἐπλάσϑη βροτέην ἰδέην καὶ κοῖρος ἐτύχϑη 
ο΄ σπαρϑενιχοῖς τοχετοῖς. 
| Bei andern Theologen wird zwar im Anschluß an die Rede 
des Engels und an das Glaubensbekenntnis die Figur des heiligen 
Geistes eingeführt, aber eben dieser heilige Geist ist nichts wei- 
teres als der Logos selbst. In ihren Augen ist die von Gabriel 
verkündete Empfängnis durch den heiligen Geist identisch mit 
‚der Bildung des Leibes in der Maria durch den Logos. In der Apo- 
log. I, 33 gibt z. B. Justin an der Hand der Schrift den Beweis 
für die christliche Lehre von der jungfräulichen Geburt des Logos. 
Ausgehend von Jes. 7, 14: ἰδοὺ ἡ παρϑένος ἐν γαστρὶ ἕξει 
deutet er diese Worte im Lichte von Luc. 1, 35 also: on- 
ualvsı οὐ συνουσιασϑεῖσαν τὴν παρϑένον συλλαβεῖν" εἰ γὰρ 
᾿ ἐσυνουσιάσϑη ὑπὸ ὁτουοῦν, οὐχ ἔτι ἦν παρϑένος" ἀλλὰ δύνα- 
is ϑεοῦ ἐπελϑοῦσα τῇ παρϑένῳ ἐπεσχίασεν αὐτήν, καὶ κυο- 
᾿ς φορῆσαι παρϑένον οὖσαν πεποίηχε. Damit verbindet er die 
Beoisehaft des Engels an die Jungfrau in folgender Fassung: 
— bon ουλλήψῃ ἐν γαστρὶ ἐκ πνεύματος ἁγίου καὶ τέξῃ υἱόν, 
= καὶ υἱὸς καὶ υἱὸς ὑφίστου χληϑήσεται zei καλέσεις τὸ ὄνομα αὐτοῦ 


. —— * un ἢ συνήϑει ἀποχρήσασϑαι γεννήσει, ἀλλὰ τῇ 
ne lesen ὃς. 


10» 


292 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Ἰησοῦν, αὐτὸς γὰρ σώσει τὸν λαὸν αὐτοῦ ἀπὸ τῶν ἁμαρτιῶν 
αὐτῶν. Ohne darauf weiter einzugehen, ob Justin den vorliegen- 
den Text aus einem nichtkanonischen Evangelium geschöpft oder 
von sich aus die Erzählung Luc. 1, 31. 32 mit Matth. 1, 20. 21 
kombiniert hat, — er beruft sich ausdrücklich auf die ἀπομνημο- 
γεύσαντες πάντα τὰ περὶ τοῦ σωτῆρος ἡμῶν — 80 liegt für 
ihn der Schwerpunkt in dieser Stelle auf 2x πνεύματος ἁγίου " 
Denn erst jetzt kann er die Gleichung von πνεῦμα und δύναμις 
aussprechen und folgenden Schluß ziehen: τὸ πνεῦμα οὖν 
zal τὴν δύναμιν τὴν παρὰ τοῦ ϑεοῦ οὐδὲν ἄλλο νοῆσαι 
ϑέμις n τὸν λόγον ὃς καὶ πρωτότοχος τῷ ϑεῷ ἔστι. .... 
χαὶ τοῦτο ἐλϑὸν ἐπὶ τὴν παρϑένον χαὶ ἐπισκίασαν οὐ διὰ συν- 
ουσίας ἀλλὰ διὰ δυνάμεως ἐγκύμονα κατέστησε. Demgemäß ver- 
tritt Justin die Anschauung', daß das Prinzip, das nach der Schrift 
in der Jungfrau wirksam ist und πνεῦμα ἅγιον bezw. δύναμις ge- 
nannt wird, der präexistente Logos ist. Das, was aus Maria geboren, 
ist das Geschöpf des Logos; somit ist der Logos der Erzeuger seiner 
selbst und macht sich selbst zum Menschen. Dies besagt auch der 
Satz c. 66, 2: διὰ λόγου ϑεοῦ σαρχοποιηϑεὶς Ιησοῦς Χριστὸς ὃ 
σωτὴρ ἡμῶν καὶ σάρχα καὶ αἷμα ὑπὲρ σωτηρίας ἡμῶν ἔσχεν. 
Eine ähnliche allegorische Deutung von Lue. 1, 35 liegt vor 
in einer leider textkritisch nicht gesicherten Stelle bei Clemens 
Alex., Exc. ex Theodoto 60: τὸ οὖν »πνεῦμα ἅγιον (ἐπελεύσεται 
ἐπὶ σὲε τὴν τοῦ σώματος τοῦ κυρίου (γένεσιν) 2 λέγει, »δύναμις 
δὲ ὑψίστου ἐπισχιάσει 601 τὴν μόρφωσιν δηλοῖ τοῦ ϑεοῦ, ἣν 
ἐνετύπωσεν τῷ σώμαίτι) ἐν τῇ παρϑένῳ. Jedenfalls vertritt 
auch Clemens die Anschauung, daß der präexistente Christus, 
der πνεῦμα und λόγος zugleich ist, den Menschen Jesus in dem 
Leibe der Maria schafft. Ausdrücklich betont er Strom. V, 3; 


1) Das ist die Konsequenz aus der Parallelisierung von δύνα- 
wıs und λόγος Apol. I, 23. 32; Dialog. c. Tryph. c. 105; 832 C. 

2) Ruben ergänzt οὐσίαν, Hilgenfeld, Ketzergeschichte Anm. 843 
ὕφασιν, Liechtenhan, Die Offenbarung im Gnosticismus 5, 120? γέ- 
veoıw, ebenso der Herausgeber Stählin, Sylburg σύλληψιν. Sollte 
vielleicht σάρκα zu ergänzen sein? Vgl. ‚Paedag. 1, 6; 48, 2: σάρκα 
ἡμῖν τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ἀλληγορεῖ, καὶ γὰρ ὑπ᾽ «αὐτοῦ ᾿δεδημιούργηται 
ὴ σάρξ᾽ αἷμα ἡ ἡμῖν τὸν λόγον αἰνίττεται... .... ἡ κρᾶσις δὲ ἡ ἀμφοῖν 
ὃ κύριος, ἡ τροφὴ τῶν νηπίων" ὁ κύριος πνεῦμα καὶ λόγος. ἡ τροφή, 
τουτέστιν ὁ κύριος ᾿Ιησοῦς, τουτέστιν 6 λόγος τοῦ ϑεοῦ, πνεῦμα σαρ- 
κούμενον, ἁγιαζομένη σὰρξ οὐράνιος. 


Christologie. 293 


16, 5: προελϑὼν δὲ ὁ λόγος δημιουργίας αἴτιος, ἔπειτα καὶ 

᾿ξαυτὸν γεννᾷ, ὅταν 6 λόγος σὰρξ γένηται, ἵνα καὶ ϑεαϑῇ. 
: Angesichts dieser Zeugnisse wird man genötigt sein, die 
Aussagen Christi über seine Konzeption in der Epistola trotz 
ihres zunächst fremdartigen Charakters für großkirchlich zu er- 
klären; von gnostischer Exegese und Theologie, wie uns Dölger, 
Ichthys S. 284 glauben machen will, kann keine Rede sein. 
Die Idee von der Identität des Gabriel mit dem Logos und 
von der eigenen Erzeugerschaft des Logos in der Maria ist also den 
Gnostikern und den Großkirchlern gemeinsam, aber an der Aus- 
führung erkennt man wieder den verschiedenen Geist. Bei den 
christlichen Schriftstellern handelt es sich um die Erklärung des 
Wunders der jungfräulichen Geburt des göttlichen Logos, bei 
den Gnostikern um die höhere Konstitution des mit dem Men- 
schen Jesus vereinigten himmlischen Aeons. Indem der Verfasser 
der Pistis Sophia den Körper, den Christus in der Höhe getragen 
hat, und die Kraft des Sabaoth, des Guten, letztere an Stelle 
der menschlichen Seele, die bei den übrigen Menschen von den 
Archonten gebildet wird, in den Mutterschoß der Maria durch 
Gabriel-Christus hineinsenken läßt, wird er zum Gnostiker, der 
die gnostische Unterscheidung zwischen dem Menschen Jesus 
und dem himmlischen Christus vertritt und in der irdischen Er- 
scheinung ein verborgenes Gebilde der oberen Welt erblickt, 
wenn er auch nicht wie andere Gnostiker' jede leibliche Geburt 
leugnet und doketische Vorstellungen nicht direkt durehblicken 
läßt. Wir werden dabei beispielsweise erinnert an Gedanken, 
wie sie Apelles vorgetragen hat, daß nämlich Christus bei seinem 

Abstieg den Körper aus den vier Elementen der Welt gebildet, 
τς πὶ diesen beim Aufstieg in seine himmlischen Bestandteile wieder 
ο΄  aufzulösen?, oder ich möchte verweisen auf das wunderbare 


4) Zu den ausgesprochenen Doketen sind zu rechnen Satornil 
- (ren. I, 24, 2), Basilides (Iren. I, 24, 4, Epiph. h. 24, 3), Cerdo (Epiph. 

5.40, 1), die sogen. Gnostiker (Epiph. b. 26, 10), Kassian (Clemens 
- ΑΙ. Strom. III, 17), Marcion, gegen den Tertullian de carne Christi 
- & 1 den Vorwurf erhebt: Marcion ut carnem Christi negaret, negavit 
 etiam nativitatem, aut ut nativitatem negaret, negavit et carnem, scilicet 
86 invicem sibi testimonium responderent nativitas et car... 2) Vgl. 
Ἢ er Refut. VII, 38; S. 224, 10f. ed. Wendland: τοῦτον (sc, Xgı- 
᾿ στὸν) δὲ οὐκ ἐκ παρϑένου γεγενῆσϑαι οὐδὲ ἄσαρκον εἶναι (τὸν) φανέντα 
᾿ λέγει, ἀλλ ἐκ τῆς τοῦ παντὸς οὐσίας μεταλαβόντα μερῶν σῶμα πεποι- 


294 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Gebilde, das die Valentinianer dem irdischen Christus beilegten!. 
Und wo wir eine allegorische Erklärung der Worte des Gabriel 
Lue. 1, 35 bei den Gnostikern finden, trägt diese ihren gnostischen 
Ursprung deutlich an der Stirn. Hippolyt, Refut. VI, 35, 3.4 be- 
richtet von den Valentinianern: γεγέννηται 6 ᾿Ιησοῦς διὰ Μαρίας 
τῆς παρϑένου κατὰ τὸ εἰρημένον » Πνεῦμα ἅγιον ἐπελεύσεται ἐπὶ 
of --- πνεῦμά ἐστιν ἡ Σοφία --- »xal δύναμις ὑψίστου ἐπισκιά- 
σει 001 — ὕφιστός ἐστιν ὁ δημιουργός — »διὸ τὸ γεννώμενον 
ἐχ σοῦ ἅγιον κληϑήσεταιε. γεγέννηται γὰρ οὐχ ἀπὸ ὑψίστου μόνου, 
ὥσπερ οἱ κατὰ τὸν Adau κτισϑέντες ἀπὸ μόνου ἐχτίσϑησαν τοῦ 
ὑψίστου, τουτέστι τοῦ δημιουργοῦ" ὁ δὲ Ἰησοῦς ὃ καινὸς ἄνϑρω- 
πος, ὃ ἀπὸ Πνεύματος ἁγίου (καὶ τοῦ ὑψίστου), τουτέστι τῆς 
“Σοφίας χαὶ τοῦ δημιουργοῦ, ἵνα τὴν μὲν πλάσιν καὶ κατασκευὴν 
τοῦ σώματος αὐτοῦ ö δημιουργὸς καταρτίσῃ, τὴν δὲ οὐσίαν τὸ 
Πνεῦμα παράσχῃ τὸ ἅγιον καὶ γένηται λόγος ἐπουράνιος ἀπὸ 
τῆς ὀγδοάδος γεννηϑεὶς διὰ Μαρίας. Inähnlicher Weise hören 
wir von den Vertretern des anatolischen Valentinianismus, von 
Axionieus und Bardesanes, die Lehre: πρευματικὸν ἦν τὸ σῶμα 
τοῦ σωτῆρος" Πνεῦμα γὰρ ἅγιον ἦλϑεν ἐπὶ τὴν Μαρίαν, τουτ- 
ἐστιν ἡ Σοφία, καὶ ἡ δύναμις τοῦ ὑψίστου, ἡ δημιουργικὴ 
τέχνη, ἵνα διαπλασϑῇ τὸ ὑπὸ τοῦ πνεύματος τῇ Μαρίᾳ δοϑέν 
(Hippolyt, Ref. VI, 35, 7). 

Im Gegensatz zu diesem siderischen oder pneumatischen 
Jesus-Christus der Gnostiker verkündet der Herr in der Epistola 
feierlichst: „Ich wurde Fleisch“ (S. 52, 1 Ko. VII, 10), oder im 
Anschluß an Johannes: „Ich bin der Logos, ich wurde Fleisch* 
(S. 128, 1 = Ko. XXX, 4). Mit diesem Bekenntnis, das nicht 


weiter über die verschiedenen Naturen reflektiert, stellt sich der 


Verfasser fest auf den Boden der Großkirche. Man beachte, er 
läßt den Herrn nicht sagen: „Ich wurde Mensch“, denn mit der 
Formel ἄνϑρωπος konnten sich auch die gnostischen Gegner 
abfinden, aber der Begriff σάρξ schließt jede doketische Vor- 
stellung aus, und eben deshalb ist der Gedanke, daß ein himm- 


ηκέναι, τουτέστι ϑερμοῦ καὶ ψυχροῦ καὶ ὑγροῦ καὶ ξηροῦ καὶ ἐν τούτω τῷ 
σώματι λαϑόντα τὰς κοσμικὰς ἐξουσίας βεβιωκέναι. Dazu Epiph. h. 44,2; 
Pseudo-Tertull. ec. 19: Tertullian de carne Christi c. 6 8; adv. Marc, 
III, 11. 


1) Vgl. Iren. adv. haer. I, 6,1; 7,2; III, 11,3 — Clem, Alex., 


Exc. ex Theod. 59 — Tertullian, de carne Christi c. 15. 


ἐδ... 


Christologie. 295 
lisches Wesen sich mit der Materie, dem Fleische, verbunden 
haben sollte, für Gnostiker unannehmbar, da das Fleisch als 

Produkt der bösen Archontenwelt etwas Widergöttliches und 

die Inkarnation mit der Erhabenheit und Heiligkeit göttlicher 

Natur unvereinbar ist. So richtet sich die Spitze gegen doke- 

tische Irrlehrer, die die γέννησις und die σάρχωσις leugnen. 

Nur die σάρξ verbürgt die volle Realität des Menschseins, wie 

ja auch Ignatius nicht müde wird, diesen Terminus in seinem 

Kampfe gegen die Doketen zu gebrauchen!. Und mit beson-, 

derem Nachdruck betont Christus auf die Frage der Apostel, 

ob er bei der Parusie zum Gericht in Engelsgestalt oder im 

Fleisch erscheinen werde: „Ich habe angezogen mein Fleisch, 

in dem ich geboren bin“ (S. 66, 9 = Ko. XIl, 4. Von diesem 

Gesichtspunkte aus haben wir auch zu werten die Worte S. 72, 4f. 

== Ko. XIV, 12f.: „Also werde ich vollenden alle Veranstaltungen 

(olxovouieı)?, der ich bin ungezeugt und doch gezeugt von Men- 

schen, der ich bin ohne Fleisch, (und doch) habe ich getragen 

das Fleisch“. Die Menschwerdung des Logos gehört zur Ökonomie 
des Vaters (vgl. Ko. VI, 11). Deshalb ruht der Hauptton nicht 
auf dem ersten, sondern auf dem zweiten Gliede der beiden 

Antithesen; das ἀγέννητος und ἄσαρχος bezieht sich auf die 

der Menschwerdung vorangehende Existenz; dieser gegenüber 

soll die reale Wirklichkeit des Menschen Jesus Christus bei aller 

Anerkennung der überzeitlichen und göttlichen Seinsweise des 

Präexistenten in den Vordergrund gerückt werden. Wir haben 

hier gleichsam einen Ausschnitt aus den hymnenartigen Anti- 

thesen vor uns, wie wir sie bei Ignatius ‚Ephes. 7, 2 lesen: εἷς 
ἰατρός ἔστιν σαρκικός τε καὶ πνευματικός, γεν νητὸς καὶ ἀγέν- 
γνητος, ἐν σαρχὶ γενόμενος ϑεός, ἐν ϑανάτῳ ζωὴ ἀληϑινή, καὶ 
ἐκ Μαρίας καὶ ἐκ ϑεοῦ, πρῶτον παϑητὸς καὶ τότε ἀπαϑής, 
. Ἰησοῦς Χρι Χριστὸς ὃ κύριος ἡμῶν 3. 
1) Ephes. 7, 2: ἐν σαρκὶ γενόμενος ϑεός.. — ibid. 20, 2: ἐν ᾿Ιησοῦ 
Χριστῷ ro κατὰ ὀάρκα — Smyrn. 1,1: ἀληϑὼς ὄντα ἐκ γένους Aaßid κατὰ 
᾿ σάρκα, υἱὸν ϑεοῦ κατὰ ϑέλημα καὶ δύναμιν ϑεοῦ γεγενημένον ἀληϑῶς 
: παρϑένου und 5, 2: τί γάρ με ὠφελεῖ τις, εἰ ἐμέ ἐπαινεῖ, τὸν δὲ 


κύριόν μου βλασφημεῖ, μὴ ὁμολυγῶν αὐτὸν σαρκοφόρον; ἃ. andere 
‚Stellen. 2) Das ist nach Iren. III, 17, 4 der σαρκωϑεὶς ἐν av- 
ϑρώπω καὶ πᾶσαν τὴν κατὰ ἄνϑρωπον οὐκονομίαν ἐχπληρώσας 
8) Vgl. Ign. ad Polyc. 3, 2 und Tertullian, de carne Christi c. 5: Ita 


: utriusque substantiae census hominem et deum exhibuit, hinc natum, 


296 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Offensichtlich bemüht sich unser Verfasser, das Problem der 
Menschwerdung des Logos in seiner Weise verständlich zu machen 
und zugleich das Kerygma von Christus zu explizieren. Dieses 
offizielle Kerygma lautet nach 8. 28, 8f.: „Gott, der Herr, der 
Sohn Gottes, wir glauben, (daß er) das Fleisch gewordene Wort 
(ist), von Maria, der heiligen Jungfrau, in ihren Leib getragen, 
durch den heiligen Geist, nicht aber durch fleischliche Lust, sondern 
durch den Willen Gottes gezeugt“. Leider fehlt für diese wichtige 
Stelle die Kontrolle des Kopten, deshalb bleibt eine Unsicherheit 
des überlieferten Textes bestehen. Ein himmlisches Wesen, das 
ϑεός, κύριος, ϑεοῦ υἱός und λόγος genannt wird} ist Fleisch ge- 
worden. Das ist der λόγος σαρχο τοιηϑείς des Justin (8. 0. 8. 271), 
der nach Ignatius, Ephes. 18, 2 ὑπὸ Μαρίας ἐχκυφορήϑη ". Die Ge- 
burt aus der Jungfrau wird in Anlehnung an das Symbol behauptet; 
das Epitheton „heilig“ ist ohne Zweifel ein späterer Zusatz. Hier 
erscheint die παρϑένος an erster Stelle, an zweiter Stelle der 
heilige Geist. Die Anordnung ist also eine umgekehrte wie im 
Symbol?, sie hat wohl ihren Grund in der Angliederung an das 
Folgende: „nicht durch fleischliche Lust, sondern durch den Willen 
Gottes gezeugt“. Diese letzte Bemerkung macht einen jüngeren 
Eindruck, aber bereits Ignatius Smyrn. 1, 1 hat in seinem Kerygma 
die Formel: ουἱὸν ϑεοῦ κατὰ ϑέλημα καὶ δύναμιν ϑεοῦ ἀληϑῶς 
γεγεννημένον ἐκ παρϑένου. Besonders nahe berührt sich das 
Kerygma wiederum mit Gedanken des Justin®, der das Moment, 


inde non natum, hine carneum, inde spiritalem, hine infirmum, inde 
praefortem, hine morientem, inde viventem. 

1) Vgl. den Zaubertext bei Jacoby, Ein neues Evangelienfragment, 
1900, 8.32: ὁ ἐλθὼν διὰ τοῦ Γαβριὴλ ἐν τῇ γαστρὶ τῆς Μαρίας τῆς 
παρϑένου. 2) Die gleiche Umstellung finden wir auch bei Ori- 
genes, Hippolyt und anderen. Vgl. die Bemerkungen von Katten- 
busch, Apostol. Symbol II, 251, Anm, 14; 5, 623, Anm. 232. Dazu 
Ignatius, Ephes. 18, 2 und Apokryph. Korintherbrief (Acta nr II, 5. 
3) Vgl. Apolog. I, 21, 1: τῷ δὲ καὶ τὸν “λόγον ὅ ἐστι πρῶτον 
τοῦ ϑεοῦ, ἄνευ ἐπιμιξίας φάσκειν ἡμᾶς γεγεννῆσϑαι --- 28, 2: καὶ 
᾿Ιησοῦς Χριστὸς μόνος ἰδίως υἱὸς τῷ ϑεῶ γεγέννηται. λόγος αὐτοῦ 
ὑπάρχων καὶ πρωτότοκος καὶ δύναμις, καὶ τῇ βουλῇ αὐτοῦ γενόμενος 
ἄνϑρωπος — 88, 6: καὶ τοῦτο (Sc. πνεῦμα, ἐλϑὸν ἐπὶ τὴν παρϑένον 
καὶ ἐπισκιάσαν οὐ διὰ συνουσίας, ἀλλὰ διὰ δυνάμεως ἐγκύμονα κατ- 
ἔστησε. - 68, 10: νῦν δὲ διὰ ϑελήματος ϑεοῦ..... ἄνϑρωπος 
γενόμενος — 68, 14: διὰ παρϑένου ἄνϑρωπος γενόμενος κατὰ τὴν 
τοῦ πατρὸς βουλήν. Ferner Apol. II, 6, 5; Dialog. ce. Tryph. ο. 23; 


Christologie. 297 

Christus sei gemäß dem Willen Gottes Mensch geworden, stets 
᾿ς hervorhebt. Der sarkischen Davidssohnschaft im Anschluß an 
den biblischen Zusatz ἐκ σπέρματος Δαβίδ oder 2x γένους Δαβίδ 
(Röm. 1, 3; 2. Tim. 2, 8; Joh. 7, 42) wird nicht gedacht, da ja auch 
dieses Stück in dem Symbol fehlt!. Aufmerksam möchte ich noch 
machen auf die Diskrepanz, welche nach der Epistola zwischen 
dem fixierten christologischen Glaubensbekenntnis der Gemeinde 
und der theologischen Explizierung herrscht. Dort wird bei der 
jungfräulichen Geburt gemäß der Schrift der heilige Geist einge- 
führt, hier kann man mit dieser Figur nichts anfangen und sucht 
das Problem mit Hilfe der phantasievollen Ausdeutung zu lösen. 
Da nun die Spitze des Kerygmas gegen den gnostischen 
Doketismus gerichtet ist, so wird zum Erweise, daß es sich um 
keine Scheingeburt handelt, im Anschluß an die evangelische 
Erzählung Luc. 2, 4f. das historische Faktum der Geburt in 
Bethlehem betont und weiter, daß das Kind (in Windeln) ein- 
gewickelt und als solches von den Hirten erkannt wurde?, Und 
dieser fleischgewordene Logos hat auch insofern die volle Menschen- 
natur angenommen, als das Kind nach Luc. 2, 40 die natürliche 
Entwicklung des Menschen durchmacht; es wird erzogen, wird 
von den Eltern in die Schule geschiekt und reift zum Manne 
heran (S. 28, 12 f.)?. Aber bereits als Schüler wird offenbar, 
daß er kein gewöhnlicher Mensch, sondern der im Fleisch er- 


241B — c. 43; 2610 — ς. 48: 2670 — 0.68; 2868 — e. 75; 
801 A — e. 76; 302B — ec. 877814B. 
1) Die Davidssohnschaft wird von Ignatius sehr häufig im anti- 
ο΄  doketischen Interesse betont; vgl. Smyrn. 1, 1; Ephes. 18,2; Röm. 7,2; 
® Trall. 9,1. Dazu Acta Theclae et Pauli (Acta Pauli) e. 1; 8. 286, 
Apparat ed. Lipsius und Apokryph. Korintherbrief (Acta Pauli) 1, 5. 
2) Im Kerygma 5. 28, 12 heißt es: „in Bethlehem eingewickelt 
and erkannt“. Wajnberg übersetzt „offenbart“, Guerrier „s’est 
᾿ς manifest6“, Littmann „erkannt“. Ich glaube, daß an die Besich- 
ΒΝ des Kindes durch die Hirten gedacht ist. Vgl Zaubertext 
bei Jacoby, 1. c. 8. 32: ὁ γεννηθεὶς ἐν Βηϑλεὲμ καὶ τραφεὶς ἐν Ναζαρέτ. 
8) Nach ustin, Apolog. 1, 31, 7 gehört auch der ἀνδρούμενος zu den 
in den prophetischen Büchern geweissagten Stücken, er führt im 
 Schriftbeweis c. 35, 2 dafür Jes. 9, 6 an. Im Dialog c. 88; 8180 
kehrt dies in folgender Fassung wieder: καὶ αὐξάνων κατὰ τὸ κοινὸν 
— τῶν ἄλλων ἁπάντων ἀνθρώπων, ,ἀρώμενος τοῖς ἁρμόζουσιν, ἑκάστῃ 
ze τρεφόμενος τὰς πάσας τροφάς. Vgl. Ire- 
4. 
, 


" 


298 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


schienene göttliche Logos ist (S. 29, 1f.), und nun gar seine 
Wundertaten (S. 29, 7 ff.), die er unter den Augen der Apostel 
vollbringt! Bezeichnender Weise wird die Taufe Christi mit 
Stillsehweigen übergangen!, Auch dafür scheint ein antihäre- 
tisches Moment zu sprechen, da die Gnostiker gerade auf der 
Johannestaufe ihre Zweinaturenlehre begründeten?, Andererseits 
liegen unserm Verfasser, der an die Menschwerdung des Sohnes 
Gottes das neue Heilsgut knüpft, adoptianische Vorstellungen, 
wie sie in weiten christlichen Kreisen verbreitet waren und sich 
mit der Taufe des Johannes verbanden, fern. Hieran können 
wir von neuem konstatieren, daß er zu den Logostheologen im 
Sinne der Apologeten gehört?. 

Traten für die Wundertaten des Herrn die Apostel als Augen- 
zeugen auf, da sie ihn ständig während seines Erdenlebens beglei- 
teten, so sind sie es in noch höherem Maße für die Tatsachen der 
Kreuzigung und Auferstehung. Denn gerade dagegen richten 
sich die Angriffe der beiden Pseudoapostel Simon und Cerinth, da 
alles nur Schein gewesen* sei. Um jede doketische Vorstellung 


1) Ignatius erwähnt die Taufe in seinem christologischen Ke- 
rygına Smyrn. 1, 1; Ephes. 18, 2. 2) Diese Anschauung von der 
Vereinigung des himmlischen Christus mit dem irdischen Jesus bei 
der Taufe finden wir bei Cerinth (Iren. I, 26, 1), bei den Barbelo- 
Gnostikern (Iren. I, 30, 18), bei den Valentinianern (Iren, I, 7, 2), bei 
den Marcosiern (Iren. I, 15, 3), bei Heracleon und Ptolemäus ( ippo- 
Iyt, Refut. VI, 35, 6). Erst nach dieser Ausrüstung durch den Tauf- 
akt war die Wundertätigkeit möglich; vgl. Iren. I, 26, 1; 30,13. 
3) Wie wenig die evangelische Erzählung von der Herabkunft des 
heiligen Geistes bei der Taufe in den sonstigen Rahmen paßte, er- 
kennt man am besten aus den gewundenen Erklärungen Justins im 
Dialog. c. Tryph. ce. 87. 88. Tryphon erhebt nämlich den Einwand, 
daß der σαρκοποιηϑεὶς ϑεός doch der von Jes. 11, 1—3 verheißenen 
Kräfte nicht mehr bedürfe, sonst wäre er ὡς ἐνδεὴς τούτων, Justin 
gesteht die Schwierigkeit des Problems ein, indem er sagt: » νουνεχέ- 
orara μὲν καὶ συνετώτατα ἠρώτησας" ἀληϑῶς γὰρ ἀπόρημα δοκεῖ εἶναι. 
Nach ihm ist das Niederlassen der Kräfte das Zeichen des Abschlusses 
des alttestamentlichen Prophetentums in Christus und die Herab- 
kunft des Geistes bei der Taufe und die himmlische Stimme nur 
eine äußerliche Beglaubigung Christi als des Sohnes durch den Vater 
um der Menschen willen, die in dem zur Taufe Schreitenden den 
Sohn des Zimmermanns erblickten. Vgl. Engelhardt, Das Christen- 
tum Justins des Märtyrers, 5. 286 f. 4) Vgl. Ignatius, Trall. c. 10: 
Ei δέ, ὥσπερ τινὲς ἄϑεοι ὄντες, τουτέστιν ἄπιστοι, λέγουσιν, τὸ δο- 
zeiv πεπονθέναι αὐτόν, αὐτοὶ ὄντες τὸ δοκεῖν. -. Smyrn, c. 2: 


Christologie. 299 
bsuwähren, legen die Apostel feierlichst Zeugnis dafür ab, daß 


derselbe Herr, den sie begleitet, am Kreuze gestorben und be- 


graben sei. Zugleich weisen sie auf die geschichtliche Tatsache 
bin, daß die Kreuzigung auf Veranlassung des Pontius Pilatus 
und des Archelaus erfolgt sei und zwar inmitten von zwei 
Räubern, und daß das Begräbnis auf der Schädelstätte statt- 
gefunden habe (S. 36, 3f. =Ko. 1, 12f.). Denn nicht darauf 
reflektiert der Verfasser, welchen Heilswert der Tod am Kreuze 
für die Menschheit involviere, sondern darauf, daß der Tod und 
die Kreuzigung in Wahrheit geschehen. Und noch höher steht 
die leibhaftige Auferstehung des Herrn, da von ihr die Hoffnung 
auf die eigene Auferstehung im Fleische abhängt. Zu diesem 
Zwecke wird ein ausführlicher Auferstehungsbericht vorgelegt; 
das Selbstzeugnis der Apostel muß die leibliche Auferstehung 
bekräftigen. Nicht ein φάντασμα ist den Frauen und den Aposteln 
erschienen, nicht ein irgendwie pneumatischer Leib, sondern der 
Herr in der leiblichen Vollständigkeit, die er vor seiner Kreu- 
zigung besessen. Nachdem die drei Apostel, Petrus, Andreas 
und Thomas durch die Berührung sich überzeugt haben von der 
Körperlichkeit des Auferstandenen, legen die Apostel insgesamt 
das Bekenntnis ab: τὸ» χύριον ἀληϑῶς ἐν σαρχὶ ἀναστῆναι". 
Indem der Auferstandene den zweifelnden Jüngern den apo- 
kryphen Prophetenspruch entgegenhält: „Eines Dämonsgespenstes 
Fuß haftet nicht auf der Erde“?, wird die Theorie von der Er- 
scheinung eines zvsüöue durch den Mund des Herrn rundweg abge- 
lehnt. Das einfache Bekenntnis zu dem ἀναστάντα ἐκ νεχρῶν des 


 Teürae γὰρ πάντα ἔπαϑεν δι᾿ ἡμᾶς, ἵνα σωθῶμεν" καὶ ἀληϑῶς 
᾿ ἔπαϑεν, ὡς καὶ ἀληϑῶς ἀνέστησεν ἑαυτόν, οὐχ ὥσπερ ἄπιστοί τινες 

‚ro δοκεῖν αὐτὸν πεπονϑέναι und ib. c. 4, 2: εἰ γὰρ τὸ 
ΘΝ ταῦτα ἐπράχϑη ὑπὸ τοῦ κυρίου ἡμῶν κἀγὼ τὸ δοκεῖν δέδεμαι. 
Nach Basilides hat sich Jesus bei der Kreuzigung in die Gestalt des 
Simon von Cyrene verwandelt (Iren. I, 24, 4; vgl. ibid. III, 16, 1: alii 
᾿ς vero putative eum passum naturaliter impassibilem existentem), nach 
anderen Gnostikern hat der obere Christus, der sich bei der Taufe 
auf den Menschen Jesus herabgelassen, sich vor der Kreuzigung ent- 
 fernt Be I, 26, 1; III, 17, 5; Clemens Alex.. Exc, ex Theod. 61, 6; 
62,2). Über den Doketismus des Marcion vgl. Hippolyt, Refut. I, 19,3. 
1) Vgl. das Glaubensbekenntnis des Ignatius, Smyrn. 8, 1: ᾿Εγὼ 
ἊΝ οὖν μἀὰ τὴν ἀνάστασιν ἐν σαρκὶ αὐτὸν olda καὶ πιστεύω ὄντα. 
Ignatius nennt daher Smyrn. c. 2 die doketischen Irrlehrer ἀσώ- 


22 | 


300 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Symbols genügt nicht mehr, da der Spiritualist oder Doket mit 
dieser Formel schon fertig werden kann, aber das ἐν σαρχὶ 
macht allen Ausflüchten ein Ende. Deshalb legen die Apostel auf 
dieses Berühren des Herrn im Proömium besonderes Gewicht 
(S. 26, 15), es gehört gewissermaßen zum Kerygma ($.28,8)1. Die 
γέννησις ἐν σαρχί und die ἀνάστασις ἐν σαρκί sind gegenüber dem 
gnostischen Doketismus die Eckpfeiler der christlichen πίστις 
und ἐλπές; beide fallen oder stehen miteinander. Ganz zutreffend 
hat Tertullian diesen engen Zusammenhang hervorgehoben, wenn 
er de resurrect, carnis, e. 2 schreibt: Atque ita sequitur, ut salutem 
eius substantiae excludant cuius Christum eonsortem negant, 
certi illam summo praeiudicio resurrectionis instructam, si iam in 
Christo resurrexit caro. Propterea et nos volumen praemisimus 
‚De carne Christi‘, quo eam et solidam probamus adversus phan- 
tasmatis vanitatem et humanam vindicamus adversus qualitatis 
proprietatem, cuius conditio Christum et hominem et filium 
hominis inseripserit 3, — 

Ihren Abschluß findet die sarkische Existenz des Logo: 
durch seine Heimkehr zum Vater. Dem χαταβαίνειν entspricht 
ein ἀναβαίνειν. Zu wiederholten Malen erinnert der Herr die 
Apostel an diesen Moment des Abschiedes (S. 48,5 —Ko. VI, 8; 
50, 3 — Ko. VI, 12; 562, 3=Ko. VII 18; 0, 8 = Κὸ Χ 2; 
94, 2 = Ko. XXV, 11; 5. 102, 5). Und in der Tat schließt die 
Unterredung des Herrn (S. 154, 7f.) mit den Worten: „Sehet, 
am dritten Tage und in der dritten Stunde wird derjenige kommen, 
der mich gesandt hat, damit ich mit ihm weggehe“. Man könnte 
diese Zeitbestimmung dahin deuten, daß die Himmelfahrt auf 
den dritten Tag nach der Auferstehung verlegt wäre, aber in 
diesem Falle läge wohl näher der Ausdruck „nach drei Tagen“. 
Vor allem reimt sich damit nicht der weitere Text: „Und als 


1) Vgl. die apokryphe Erzählung bei Ignatius, Smyrn. 3,2: Καὶ ὅτε 
πρὸς τοὺς περὶ Πέτρον ἦλϑεν, ἔφη αὐτοῖς" λάβετε, ψηλαφήσατέ με καὶ 
ἴδετε, ὅτι οὐκ εἰμὶ δαιμόνιον ἀσώματον. καὶ εὐϑὺς αὐτοῦ ἥψαντο 
καὶ ἐπίστευσαν κραϑέντες τῇ σαρκὶ αὐτοῦ καὶ τῷ πνεύματι. 2) Vgl. 
de carne Christi c, 1: Qui fidem resurrectionis ..... ita student in- 
quietare, ut eam spem negent etiam ad carnem pertinere, merito 
Christi quoque carnem quaestionibus distrahunt, tamquam aut nullam 
omnino aut quoquo modo aliam praeter humanam, ne, si humanam 
eonstiterit fuisse, praeiudicatum sit adversus illos eam resurgere 
omni modo, quae in Christo resurrexerit. 


Christologie. 301 


‚dies gesprochen hatte, geschah Donner und Blitz und Erd- 
beben und es rissen sich die Himmel auf, und es erschien eine 
liehte Wolke, die ihn emportrug“. Denn diesen Worten ge- 
mäß erfolgt doch die Himmelfahrt unmittelbar im Anschluß an 
das beendete Gespräch, fällt also auf den Auferstehungstag, da 
nirgends angedeutet ist, daß diese Offenbarungen des Auferstan- 
denen sich auf mehrere Tage erstreckt haben. M. E. wird die 
Formel τῇ τρίτῃ ἡμέρᾳ, die nach den Evangelien und dem Sym- 
bolsich auf die Auferstehung bezieht, gedankenlos auf die Himmel- 
fahrt übertragen, da beide Geschehnisse für den Verfasser der 
Epistola zusammenfallen. Letztere Ansicht ist trotz Act. 1, 3 
keineswegs unbiblisch; der Verfasser könnte mit einem Schein 
des Rechts als Vertreter der älteren Anschauung gelten, die in 
Lue. 24, 51 (vgl. Marcusschluß 16, 19; Joh. 20, 17) die Himmel- 
fahrt auf den Auferstehungstag verlegen. Za ihnen gehört 
auch Barnabas 15, 9: διὸ χαὶ ἄγομεν τὴν ἡμέραν τὴν ὀγδόην 
εἰς εὐφροσύνην, ἐν ἡ καὶ ὁ Ἰησοῦς ἀνέστη ἐκ νεχρῶν καὶ φανε- 
ρωϑεὶς ἀνέβη εἰς οὐρανούς". Auf jeden Fall hat der Verfasser 
kein weiteres Interesse für einen längeren Verkehr des Aufer- 
standenen mit den Jüngern gehabt. Merkwürdig dagegen ist, 
daß die Zeit der Himmelfahrt bestimmt auf die dritte Stunde 
verlegt ist. Dem würde nach jüdischer Rechnung die Zeit 9 Uhr 
morgens entsprechen?. Aber es macht doch den Eindruck, als 


— —— — τὸ -ὦ 


V Vgl. Petrusev. vs. 56: ἀνέστη γὰρ καὶ ἀπῆλθεν ἐχεῖ ὅϑεν ἀπ- 
ἐστάλη. 2) Nach Mare. 15, 25 ist Jesus in der dritten Stunde ge- 
kreuzigt worden. — An die dritte Stunde der Nacht nach griechi- 
scher Zählung kann nicht gedacht werden. Nur möchte ich darauf 
hinweisen, daß nach dem sogenannten Evangelium der syrischen 


4 f Didaskalia der Herr am dritten Tage in der dritten Stunde der Nacht, 
- beim ersten Hahnenschrei auferstanden ist (vgl. S. 112, 1. 22; 144, 2 


- ed. Achelis-Flemming), eine Zeitbestimmung, die später allgemein ak- 


zeptiert ist. Mit dieser Datierung muß man m. E. in Verbindung 


3 bringen den seltsamen Einschub i in der aus dem 5. Jahrh. stammenden 


 brae diei factae sunt per En orbem terrae et descenderunt de 

 eaelis angeli, et surgent in claritate vivi dei, simul ascenderunt cum 

00, et —— lux facta est. tunc ‚illae accesserunt ad monimentum 
et \ 


302 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ob die dritte Stunde ohne jede weitere Bedeutung im Paralle- | 


lismus zum dritten Tage gewählt ist. Die genaue Fixierung des 
Tages und der Stunde geht m. E. zurück auf den Ausspruch 
des Herrn S. 94, 23 — Ko, XXV, 10: „Ein Tag wird kommen 
und eine Stunde, daß ich hinaufgehe zu meinem Vater“. 

Die Vorgänge bei der Himmelfahrt werden nach der Epi- 
stola eingeleitet durch große Naturerscheinungen wie Blitz, 
Donner und Erdbeben; denn auch die Natur muß an dem Auf- 
stieg ihres Herrn teilnehmen, wie sie es auch bei der Auf- 
erstehung tut (Matth. 28, 2; Ev. d. Petrus vs. 35; Anaphora Pilati, 
S. 440. 447). Die Himmel öffnen sich (vgl. Ev. d. Petr. vs. 36) 
und eine Lichtwolke kommt herab. Das erinnert an den Vor- 
gang bei der Taufe (Matth. 3, 16; Luc. 3, 21) und zugleich an 
die φωτεινὴ νεφέλη bei der Verklärung Matth. 17,5, während 
Act. 1,9 eine Wolke den Herrn den Augen der Jünger entzieht. 
Diese Lichtwolke hat aber eine besondere Bedeutung, denn der 
Herr hat verkündet, daß der Vater, der ihn gesandt, kommen 
und mit ihm weggehen würde. Sie ist also gleichsam die δόξα 
des Vaters, mit der der Sohn in das Lichtreich einzieht. Des- 
halb ist auch der Herr jetzt bei seinem Aufstieg nicht mehr wie 
beim Abstieg eine unbekannte Größe, vielmehr begleiten ihn 
Jubel und Lobpreis der Engel wie bei der Schilderung der Him- 
melfahrt in der Ascensio Jes. 6. 11,22 ff. Sie bitten ihn zugleich, 
sie zu sammeln in das Licht der Herrlichkeit!, denn auch sie 
harren, da sie nicht zu den reinen Geistern der oberen Welt 
gehören, der Erlösung (Kol. 1,30; 1. Kor. 6,3; Ignat., Smyrn. 6, 1)2, 


Christus in der Herrlichkeit des lebendigen Gottes aufersteht und 
die Engel mit ihm hinaufsteigen. Inzwischen ist die Finsternis ge- 
wichen, und so können die Frauen beim Herannahen zum Grabe den 


abgewälzten Stein erblicken (vgl. Arnold Meyer, Die Auferstehung _ 


Christi S. 78 und Resch, Agrapha? S. 41). Daß es sich um die dritte 
Stunde in der Auferstehungsnacht handelt, beweist ferner die Glei- 
chung des kanonischen Ausdrucks ὀψίας γενομένης τῆς μιᾶς τῶν σαβ- 
βάτων mit der τρίτη ὥρα τῆς νυχτὸς in der sogen. Anaphora Pilati 
(Tischendorf, Evangelia apocrypha 2, S. 440. 447), indem die Sonne um 
diese Zeit wunderbarerweise im hellsten Licht den Erdkreis beleuchtet, 
1) Vgl. im eucharistischen Gebet der Didache e. 9, 46 συναχϑήτω 
σου ἡ ἐκκλησία ἀπὸ τῶν περάτων τῆς γῆς εἰς τὴν σὴν βασιλείαν. 


2) 8. 68, 13 heißt es: „die Engel und die Mächte begehrten und be- 


gehren sie zu sehen und anzuschauen, es ist aber ihnen nicht ver- 
gönnt worden, die Herrlichkeit meines Vaters zu sehen“, 


ΝΥΝ ΣΕ Δ ann u τὸ he urn τς te, 


+ 
u, | * 


Chrivtologie. Ὁ 303 


Vie für die Menschen !, so ist er auch für die Engel von jetzt 
Ab im Himmelreich der Hohepriester?. Ohne Zweifel vertritt der 
Verfasser die Anschauung, daß der Erhöhte zur Rechten des 
‚Vaters thront, denn der Herr nennt sich selbst die Rechte des 
"Vaters (8. 64, 7=Ko. XI, 5), auch nach dem Kerygma (5. 27, 10) 
sitzt er zur Rechten des Thrones des Vaters und verbleibt in dieser 
Siellung, bis er bei der zweiten Parusie als Richter der Leben- 
- digen und Toten erscheint (8, 56, 10 — Ko. IX, 10). Auch hier 
schließt der Verfasser sich dem Taufsymbol an. 
Werkfen wir noch einmal einen Rückblick auf die christolo- 
4 gischen Vorstellungen, so kann der Verfasser der Epistola trotz 

mancher Absonderlichkeiten, die aber in dem hohen Alter der 
Schrift begründet sind, mit vollem Recht für sich den Anspruch 
erheben, ein Vertreter der altkatholischen Kirche zu sein. Als 
erbitterter Gegner jeder doketischen Christologie heftet sich sein 
Glaube an das Bild des geschichtlichen Christus, wie es in den 
Evangelien und im Kerygma vorliegt. Im übrigen ist er als 
Vertreter der wissenschaftlichen Theologie zu den Logoschristo- 
χὰ rechnen, die von den Apologeten beeinflußt sind. Des- 
halb ist und bleibt Christus trotz der starken Betonung seiner 
᾿  sarkischen Existenz während seines Erdenwandels doch der 
göttliche Logos, nicht allein insofern, als er alle Gewalt von 
dem Vater empfangen hat (8. 44,3 = Ko. V, 3; 62,6; 74,1 -- 
Ko.XV, 12; 84, 9 = Ko. XXI, 9), sondern auch als er seiner Natur 
nach sich infolge der menschlichen Geburt und der Annahme 
der σάρξ nicht verändert hat; er ist, um mit Ignatius zu reden, 
ein ϑεὸς ἐν σαρκὶ γενόμενος (Ephes. 7, 2) oder ein ϑεὸς ἄνϑρω- 
᾿ς πίνως φανερούμενος (Ephes. 19, 3). Das erkennt man aus der 
Antwort, die der Herr auf die Frage der Apostel gibt: „Wirst 
‚du uns wirklich bis zu deiner Ankunft verlassen? Wo werden 
_ wir einen Meister finden?* (S. 58, 17). Die Antwort lautet: 
„Wisset ihr denn nicht: wie ich jetzt hier war, so war ich dort 
dei. dem, der mich gesandt hat?“ Und als sie wiederum zweifelnd 
— 


1) Vel. die Schilderung des neutestl. ἀρχιερεύς im Hebräerbrief; 
‚dazu 1. Clem. c. 61, 8; 64; Ignat. Philad. 9, 1; Polycarp, Philipp. 12,2; 
Ih Polyc, 14, 3. 2) Dagegen Tertullian, de carne Christi 
δ. 14: nullam mandatum de salute angelorum suscepit Christus a patre. 
Quod pater neque repromisit neque mandavit, Christus administrare 
non potuit,- 


304 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


fragen: „O Herr, ist es denn möglich, daß du hier und dort 
seiest?“, gibt er zur Antwort: „Ich bin ganz in meinem Vater 
und mein Vater ist in mir usw.“ Das eigentliche Thema hat 
sich etwas verschoben, denn man erwartet doch, daß die Jünger, 
die von Sorge erfüllt sind, daß sie bis zur Wiederkunft des 
Herrn gänzlich verlassen sind, im Sinne von Matth. 28, 20 be- 
ruhigt werden!. Statt dessen behandelt der Herr sein meta- 
physisches Verhältnis zum Vater in Rücksicht auf die völlige 
Gleichbeschaffenheit des Sohnes mit dem Vater, da er vorher 
die Ankunft des Vaters an einem bestimmten Termin in Aus- 
sicht gestellt, dadurch aber die Apostel zu der berechtigten 
Frage veranlaßt hatte, wie sich damit seine frühere Aussage 
reime, daß er selbst kommen würde. Zwischen Vater und Sohn 
besteht eine enge Wesensgemeinschaft, dies paßt sowohl auf die 
Zeit des präexistenten wie des postexistenten Logos, daher kann 
man auch Vater und Sohn miteinander vertauschen, ohne daß 
damit im modalistischen Sinne jede Unterschiedenheit der Per- 
sonen aufgehoben ist. Diese Wesensbeschaffenheit dehnt aber 
Christus auch auf seine irdische Existenz aus. Während er hier 
auf Erden weilte, war er zugleich oben beim Vater. Der Logos 
ist auf Erden erschienen, aber trotzdem ist der Vater nicht ohne 
Logos gewesen, wie der Logos nicht ohne den Vater existierte. 
Dem Logos kommt eine gewisse UÜbiquität zu. In diesem Sinne 
sucht der Verfasser das Problem der Vereinigung des Göttlichen 
mit dem Menschlichen in Jesus Christus zu lösen. 


VIII. Soteriologie. 


Die christliche Gemeinde erkennt in Jesus Christus ihren 
Erlöser, deshalb legt sie ihm neben den andern göttlichen Attri- 
buten den Titel ὁ σωτὴρ ἡμῶν (s. ο. 8.264) bei. Was versteht 
aber unser Verfasser unter dem Begriff des Erlösers? Man sollte 
erwarten, daß ein christlicher Schriftsteller, der in Paulus das 
auserwählte Werkzeug Gottes für die Heidenmission verehrt nd 
wit dessen literarischem Nachlass wohl bekannt ist, die pauli- 
nischen Gedanken von dem Kreuzestode in den Mittelpunkt 

1) Diese Versicherung, daß er nach seinem Heimgang die Jün- 


ger bei ihrer Mission unterstützen und mit ihnen sein werde, finden 
wir S. 63, 48 


Soteriologie. 305 


seiner soteriologischen Anschauungen gestellt oder wenigstens in 
Form verwendet hätte; aber vergebens suchen wir 
nach einem Worte des Auferstandenen, in welchem er auf sein 
_ Leiden und Sterben im Zusammenhang mit der dadurch be- 
wirkten Versöhnung der sündigen Menschheit mit Gott hinweist. 
Freilich redet er von seinem Tode, aber dieser ist nur wichtig 
in Rücksicht auf die Erfüllung der prophetischen Weissagungen 
(8. 66, 11£.— Ko. XII, 7 £.); auch wird die Tatsache der Kreu- 
zigung unter Pontius Pilatus und Archelaus erwähnt (S. 36, 4 
= Κο. 1, 13), doch handelt es sich dabei um das historische 
Faktum der Realität des Kreuzestodes gegenüber doketischen 
Verflüchtigungen. Es wäre jedoch verkehrt zu glauben, dem 
Verfasser wären Gedanken vom Heilswerte des Kreuzes ganz 
unbekannt gewesen, denn er läßt den Herrn die solenne Feier 
seines Todes zum dauernden Gedächtnis in Gestalt der Passah- 
vigilie mit Abendmahlsfeier und Agape einsetzen (8. 54,5 = Ko. 
ὙΠ], 10). Im Kultus wird also ohne Zweifel das Bild des lei- 
denden und sterbenden Christus eine gewisse Bedeutung gehabt 
haben, aber eine Blut- und Kreuzestheologie kennt unser Ver- 
fasser auf keinen Fall, denn an keiner Stelle lesen wir etwas 
von dem Blute Christi, von Sühne und Versöhnung, von Opfer 
und Überwindung der Todenmischt. Die Stellen, an denen von 
der Erlösung und Errettung die Rede ist, sind ganz allgemein 
gehalten (vgl.S.60,7 = Ko. X, 11; S. 98, 4; 102, 12; 113, 5), oder 
die Erlösung bezieht sich auf die „Errettung von allem Bösen“ 
(8.86, 7 = Ko. XXII, 2. 11) und „von der Gewalt des Archonten* 
- (888,6 Ko. XXI, 12). Diese Erlösung hängt aber mit der 
Taufe zusammen, die zugleich die Vergebung der Sünden be- 
᾿ς wirkt. Das konnten auch die Gnostiker unterschreiben. So ge- 
- hört unser Verfasser zu denjenigen Theologen, die an den Kreuzes- 
tod das christliche Heilsgut nicht geknüpft, die die paulinische 
Gedankenwelt nicht in sich aufgenommen haben. Die Ursache 
liegt zunächst in der Anschauung, daß der von der Maria Ge- 
borene der präexistente Logos selbst ist. Dieser Logos ist ja, 
"wie wir gesehen haben, nicht allein das Prinzip der Weltschöpfung, 
sondern auch der Gottesoffenbarung. Diese Gottesoffenbarung 
hat nicht erst seit der Erscheinung Christi auf Erden statt- 
gefunden, wie die Gnostiker behaupten, um die absolute Neu- 
heit der Offenbarung in Christo zu betonen und dadurch den 
Tu U. "4: Schmidt-Wajnberg. 20 


306 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Zusammenhang zwischen altem und neuem Testament zu negie- 
ren, sondern bereits in der vorchristlichen Epoche. Freilich in- 
sofern folgt unser Verfasser nicht den Spuren der Apologeten, 
als er in dem Logos nicht die allgemeine Weltvernunft erblickt, 
auch auf die Heidenwelt resp. auf die griechische Philosophie 
keinen Seitenblick wirft; er ist christlicher Theologe in der Art 
des Ignatius und des Irenäus, die die vorchristliche Offenbarungs- 
geschichte ganz im Rahmen der alttestamentlichen Entwicklung 
betrachten. Wir erinnern uns, daß der Herr ausdrücklich ver- 
kündet, er habe durch den Mund der Propheten gesprochen. 
Deshalb sind alle Aussprüche der Propheten Kundgebungen des 
Logos; in ihnen sind niedergelegt die Weissagungen auf den 
zukünftigen Erlöser. Aber es wäre einseitig, diese Offenbarungs- 
tätigkeit des Logos ausschließlich auf die Weissagungen zu be- 
schränken, so große Bedeutung sie auch für die Wahrheit der 
christlichen Religion haben mögen. Es handelt sich im letzten 
Grunde um die religiösen und sittlichen Wahrheiten, die durch 
die Propheten als Gebote Gottes den Menschen kundgetan sind. 
Und nicht nur Propheten im engeren Sinne, sondern auch Moses 
wird zu ihnen gerechnet. Freilich berührt unser Verfasser 
die brennende Frage nach dem Werte und der Gültigkeit des 
mosaischen Gesetzes direkt mit keinem Worte, aber indem er 
auch den am mosaischen Gesetze festhaltenden Judenchristen die 
Hoffnung auf das himmlische Erbe nicht abstreitet, wird das 
Gesetz zu den besonderen Heilsveranstaltungen Gottes gestempelt; 
auch dieses muß auf das Konto des Logos gesetzt werden. Noch 
weiter rückwärts datiert; sich die Heilstätigkeit des Logos in den 
Erscheinungen, die den Patriarchen zuteil geworden sind, ja sie 
hat bereits am Uranfange der Menschheitsgeschichte bei Adam ein- 
gesetzt. Die Worte, mit denen Moses das Gesetz dem Volke 
zur Annahme nach Deuteron. 30, 15. 19 vorlegt; ἰδοὺ πρὸ προσ- 
ὦπου σου τὸ ἀγαϑὸν καὶ τὸ κακόν, ἔκλεξαι τὸ ἀγαϑόν, werden 
in. gewisser Weise bereits auf Adam gedeutet, wenn es heißt 
(S. 124, 4f. = Ko. XXVIL, 10£.): „Dem Adam wurde die Macht 
gegeben, daß er sich auserwähle eins von beiden; er wählte das 
Licht und legte die Hand darauf, die Finsternis aber ließ er 
hinter sich und warf sie von sich“. Der Schöpfer des Menschen 


1) Vgl. die Ausführungen des Justin, Apol. I, 37. 38. 44, 


Soteriologie. 307 


ist zugleich der Offenbarer des göttlichen Heilswillens, der Über- 
 mittler des natürlichen Sittengesetzes, wie es in der Entschei- 
dung für Licht und Finsternis, Gut und Böse vorliegt. So war 
‚der Herr in der Zeit vor seiner Erscheinung der νόμος καὶ 
λόγος, wie er im Kerygma Petri genannt wird; er war der 
ο΄ διδάσκαλος, dessen Lehre den Menschen seit Adam bekannt war. 
Und weil die Gebote Gottes resp. des Logos im A. T. schriftlich 
fixiert waren, konnte es bereits Gläubige und Täter der Gebote 
Ἶ in der vorchristlichen Epoche geben. Das sind die Gerechten, 
die Patriarchen und Propheten, die nicht nur Instrumente der 
göttlichen Offenbarung, sondern zugleich Erfüller des göttlichen 
Heilswillens waren!, deshalb sie auch zum Lohn für ihre Be- 
währung nach ihrem Tode in den Ort der ἀνάπαυσις, der sich 
unterhalb befindet, geführt sind (S. 86, 5 Ko. XXI, 14). 

War also die Kenntnis der durch die Propheten offenbarten 
sittlichen und religiösen Wahrheiten zur Herstellung eines ge- 
rechten und tugendhaften Lebens auf Erden vorhanden, so ent- 

f steht die Frage, weshalb dann die Ankunft des Erlösers not- 
wendig war und worin das spezifisch Neue bestand, das der Logos 
durch seine Erscheinung über das in der vorchristlichen Zeit 
vorhandene Heilsgut hinaus gebracht hat. Auf die erste Frage 
gibt der Herr selbst die Antwort (S. 128, 1f. — Ko. XXX, 300, 
wenn er sagt: „Um derentwillen aber, die meine Gebote ver- 
derben, bin ich vom Himmel herabgekommen. Ich bin der 
Logos, ich wurde Fleisch, indem ich mich abmühte und lehrte, 
damit die Geladenen gerettet und die Verirrten verloren gehen 
ewiglich“. Deutlicher kann das Motiv der Herabkunft nicht 
formuliert werden. Es handelt sich nicht um die Hingabe seines 
unsehuldigen, kostbaren Lebens behufs Versöhnung der sündigen 
Menschheit mit Gott, sondern um die Reinigung seiner Lehre 
von menschlicher Verdrehung. Dann ist der ursprüngliche Zu- 
° stand wiederhergestellt und kann der Mensch aus eigener Ini- 
_  fiative und aus eigener Kraft die Gerechtigkeit erwerben. 
᾿ς Nieht als Entsühner, sondern als Lehrer ist Christus aufgetreten; 
_ ausdrücklich hebt er hervor, daß er, der fleischgewordene 
un sich abgemüht und — habe. Somit ist die Lehre 


N Vgl. Ignat., Magen, 8, 2; Philad. 5,2 — Hermas, Simil. IX, 
’ 4. 


308 Schmidt-Wajuberg: Epistola apostolorum. 


Christi gewissermaßen nur ein χαινὸς vöuog!, und von der Stel- 
lung zu diesem hängt die Errettung wie die ewige Verdammnis 
der Menschen ab. Dann haben wir unter denen, die die Worte 
Christi verdreht haben, wohl nicht an die Dämonen zu denken, 
durch deren Macht die Einsicht der Menschen verdunkelt ist, 
sondern an die Juden, in deren Mitte die Gebote Gottes durch die 
Propheten verkündet sind. Unser Verfasser steht vielleicht auf 
dem Standpunkt des lrenäus, daß das mosaische Gesetz durch die 
Auslegungen der jüdischen Ältesten, Schriftgelehrten und Phari- 
säer Entstellungen und Alterationen erfahren habe und daß das 
Bestreben Christi auf die Beseitigung und Befreiung des Gesetzes 
von diesen ungehörigen Zusätzen gerichtet gewesen sei?, Somit 
ist das, was Christus als Gesetzgeber bringt, nur eine von den 
menschlichen Schlacken gereinigte Gesetzesreligion; es sind die 
alten ἐντολαί in neuem Gewande. Die soteriologische Eigenart 
des Neuen Testamentes ist verkannt. Nur ein einziges neues 
Gebot fügt der Herr im Anschluß an Joh. 13, 34; 15, 12. 17 und 
Lue. 6, 27. 31 hinzu, das ist das Gebot der Feindes- und Näch- 
stenliebe (S. 60, 8Sf. — Ko.X, 13f.). Die Summe dieser ἐντολαί 
macht das Evangelium aus. Deshalb legt der Herr den größten 
Nachdruck auf das Halten seiner Gebote, die mit den Geboten 
des Vaters identisch sind®, Der Glaube ist nichts anderes als 
das Halten seiner resp. seines Vaters Gebote, der Unglaube be- 
deutet das Gegenteil (vgl. S. 86, 10 = Ko. XXI, 5; 88,3—Ko, 
XXII, 9; 90,8 = Ko. XXI, 13; 146,7 —= Ko. XXXVILL 135 152,6; 
154, 2). Davon hängt der Empfang oder der Verlust des Heils- 
gutes ab, 

Wie ist nun dieses Heilsgut beschaffen? Der Herr stellt 
dieses gleich an die Spitze seiner Offenbarungen, indem er nach 
der Auferstehungsszene die Jünger also anredet (8, 44, 1f.— Ko. 
V,1f.): „Ich will euch offenbaren das, was oberhalb der Him- 


1) Barnab. 2, 6; Justin, Dial. c. Tryph. e. 11; 228 Ε; c. 18; 236 A; 
c. 34; 2510. 2) Man lese nur seine Auseinandersetzungen mit 
den Gnostikern über den Heilswert des Gesetzes in adv. haer. IV, 12 ff. 
3) Vgl. 8.78, 7f.— Ko. VI, 5: „nur haltet meine Gebote und tut 
‘ das, was ich euch sage“ und 8, 126, 10 = Ko. XXIX, 15f.: „Wer 
nun hat gehalten meine Gebote, wird sein Sohn des Lichtes, d. h. des 
Vaters, der sich .befindet in mir“, 4) Vgl. Bousset, Kyrios Chri- 
stos 8. 268f. 


Soteriologio. 309 

‚mel und das, was in den Himmeln und eure Ruhe, die im 
' Himmelreich. Denn mein Vater hat mir die Macht gegeben, 
' euch hinaufzuführen und die, welche an mich glauben“. In der 
Hinaufführung der Gläubigen in das Himmelreich, bzw. in die 
ἀνάπαυσις besteht die σωτηρία. An diese Tatsache knüpft sich 
in erster Linie der Titel σωτήρ; es ist nicht ohne Absicht, daß 
‚der vorher zitierte Satz mit den Worten eingeleitet wird: „Da 
sprach der Herr, unser Erlöser“. Und wie ein roter Faden 
durchzieht die ganze Epistola der Gedanke an diese Aufgabe 
N des Erlösers. So lesen wir S. 90, 2f. = Ko. XXI, 17: „Wahr- 
5 lich ich sage euch: Alle die geglaubt haben an mich und die 
2 da glauben an den, der mich gesandt hat, werde ich hinauf- 
J führen in den Himmel, an den Ort, den mein Vater bereitet hat 
den Auserwählten, und ich werde euch geben das Reich, das 
auserwählte, in der Ruhe und das ewige Leben“. Und noch 
deutlicher bringt er dies mit den Worten zum Ausdruck (8. 74, 2ff. 
= Ko. XV, 12 δ}: „Wahrlich ich sage euch: Ich habe empfangen 
alle Gewalt von meinem Vater, damit die, welche sich befinden 
£ -in der Finsternis, ich hinaufführe in das Licht, und die in der 
Verderbnis sind, in die Unvergänglichkeit — die auf Irrwegen 
- ἀπ die Gerechtigkeit, — die im Tode ins Leben —, und damit 
diejenigen, die in Fesseln sind, losgebunden werden. Denn was 
den Menschen unmöglich ist, ist dem Vater ein Mögliches. Ich 
bin die Hoffnung der Verzweifelten, der Helfer derer, die ohne 
Retter sind, der Reichtum der Armen, der Arzt der Siechen und 
die Auferstehung der Toten“. Der gegenwärtige Zustand ist 
ὕχότος, φϑαρτόν, πλάνη, ϑάνατος, das Heilsgut besteht in φῶς, 
ἀφϑαρσία, δικαιοσύνη, ζωή". Wir würden aber sehr irren, 
wollten wir den Heilsbesitz bereits als einen gegenwärtigen be- 
trachten. Schon der Umstand, daß nirgends von einer religiös- 
ο΄ sittlichen Erneuerung des inneren Menschen, von dem Zustande 
der Seligkeit in Gott die Rede ist, läßt vermuten, daß der Ver- 
fasser den Besitz des Heilsgutes erst von der Zukunft erwartet. 
An allen Stellen nimmt Christus die Rolle der Zurückführung 


F 


1) Vgl. Barnab. 14, 5: ἐφανερώϑη, ἵνα... ἡμεῖς διὰ τοῦ κλη- 

᾿ φονομοῦ διαϑήκην κυρίου ᾿Ιησοῦ λάβωμεν. ὃς εἰς τοῦτο ἡτοιμάσϑη, 
ἵνα αὐτὸς φανεὶς τὰς ἤδη δεδαπανημένας ὑμῶν καρδίας τῶ ϑανάτῳ 
καὶ παραδεδομένας τῇ τῆς πλάνης ἀνομίᾳ λυτρωσάμενος ἐκ τοῦ σκότους, 
διάϑηται ἐν ἡμῖν διαϑήκην λόγω. 


310 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


der an ihn Glaubenden für sich in Anspruch; dabei handelt es 
sich nicht um einen rein geistigen Akt, sondern um eine lokale 
Veränderung, nämlich um die Hinaufführung von einem niederen 
Ort in einen höheren, der bald „Reich des Vaters“ (S. 62, 5; 
84,9 — Ko. XXI, 7; 92, 10 — Ko. XXV, 7; 100, 5), bald „Him- 
melreich“ oder „Licht“ genannt wird. Das, was den dorthin 
Gelangenden wartet, ist die ἀνάπαυσις (8. 44, 2=Ko, V, 3; 
66, 1 = Ko, ΧΙ, 10; 84, 8 = Ko. XXI, 6; 90, 6 —= Ko, XXIU, 12), 
die ζωή (8. 92, 10 = Ko. XXV, 6) resp. die ζωὴ αἰώνιος (8. 90, 7 
— Ko. XXI, 12; 134, 10 = XXXI, 13) oder, beides zusammen- 
gefaßt, die „Ruhe des Lebens“ (S. 84, 8 = Ko. XXI, 6; 88, 13 — 
Ko. XXI, 2). 

Diese Termini sind uns aus den altehristlichen Schriftstellern 
als Ausdruck der christlichen ἐλπίς genugsam bekannt; sie 
weisen über das irdische Leben hinaus und stehen in engster 
Verbindung mit der Hoffnung der Auferstehung von den Toten. 
Deshalb spricht der Herr S. 70, 11 ἢ, τες Ko. XIV, 7f.: „Wie mich 
mein Vater auferweckt hat von den Toten, also werdet auch 
ihr auferstehen und hinaufgenommen werden zu dem obersten 
der Himmel, zu dem Orte, von dem ich euch von Anfang an 
gesagt habe, zu dem Orte, den bereitet hat der, welcher mich 
gesandt hat“. Die Hinaufführung in den vom Vater bereiteten 
Ort kann also erst nach der Auferstehung von den Toten erfolgen, 
mithin wird das Heilsgut selbst erst von der zweiten Parusie 
erwartet, wo der Herr zum Gericht erscheint. Erst dann emp- 
fangen die Gläubigen aus den Händen von Christus das Gnaden- 
geschenk des ewigen Lebens; bei der ersten Parusie begnügt er 
sich nur mit der Verheißung im Namen seines Vaters, denn „der 
Vater hat mir die Macht gegeben, damit ich tue, was ich wünsche, 
und daß ich gebe das, was ich gelobt und was ich beschlossen 
habe ihnen zu geben und ihnen zu schenken“ (S. 84, 9f.—Ko. 
XXI, 91) und 5, 72, 11: „denn so wünscht es mein Vater mit 
euch, und denjenigen, denen es mir beliebt, werde ich die Hoff- 
nung des Reiches geben“. 

Diese Hoffnung des Reiches hat aber einen spezifisch ob- 
jektiven Inhalt. Sie setzt nicht die Auferstehung der Toten als 
solche voraus, sondern die realistisch gedachte Auferstehung des 
Fleisches. Wie bei allen altchristlichen Schriftstellern, so ist auch 
für unsern Verfasser der menschliche Leib das eigentliche Ob- 


ἀν λιν"... u, —— ΟΝ ὦ. 


ΤΥ 66 


| Soteriologie, 311 
:t des Heilsgedankens Gottes. Es handelt sich nicht um eine 


religiöse Gemeinschaft mit Gott auf Grund des Gebetsverkehrs 
oder des Kindschaftsverhältnisses, sondern um die Teilnahme 


des Fleisches am Wesen Gottes, d.h. um das Eingehen der 
‚menschlichen Natur in die göttliche Existenzweise. Dabei denkt 
‚aber unser Verfasser nicht wie Irenäus an die Vergottung des 
sterblichen Leibes hier auf Erden, sondern die Teilnahme an 
die Unvergänglichkeit wird ausschließlich beim Eintritt in die 
zukünftige βασιλεία erwartet. Mit dem Eingehen in die obere 
ἀνάπαυσις legt der Mensch das Sterbliche ab und wird mit 
göttlicher Unsterblichkeit bekleidet. Das besagen die Worte 
5, 66, 1f.—=Ko. XI, 10f.: „Eure Ruhe wird statthaben (oben(?)), 
an dem Orte nämlich, wo es gibt (weder) Essen noch Trinken, 
weder (Jubeln(?)) noch Trauern noch Vergehen denen, die sind 
in (ihm(?). Ihr) nämlich habt nicht teil an...., (sondern) ihr 
werdet empfangen von der (Unvergänglichkeit meines Vaters)“ !, 
Infolge dieser substantiell-naturhaften Auffassung des Heils- 
gedankens hat auch der paulinische Begriff der Wiedergeburt 
seine sittlich religiöse Bedeutung, die sich dokumentiert in der 
inneren mit der Sündenvergebung sich vollziehenden Herzens- 
umwandlung und dem Anziehen des neuen Menschen, eingebüßt; 
sie wird auf das zukünftige unverwesliche Gewand bei der Auf- 
erstehung bezogen, wenn es S. 72, 8 heißt: „Und ihr werdet in 
eurem Fleisch auferstehen in der zweiten Geburt (in) einem Ge- 
wand, das nicht verwesen wird“. Und auch der Gedanke der 
Gotteskindschaft hat eine Verschiebung im naturalistischen 
Sinne erfahren, als es sich nicht um das Bewußtsein handelt, 
einen gnädigen Vater im Himmel zu besitzen, sondern um das 
Kindschaftsverhältnis als Anwärter und Inhaber des Gottesreiches. 
Deshalb führen die Gläubigen die Titel: „Kinder des Lebens“ 
S. 88, 4—= Ko. XXII, 10), „Kinder des Reiches“ ? (S. 92,8 — Ko. 


1) Im Äthiopen: „Solch eine Ruhe wird euch zuteil werden, wo 


Ε. es weder Essen noch Trinken, weder Trauer noch Sorge, weder 
 jrdisches Gewand noch Vergehen gibt. Und »ihr werdet Genossen 
dieht der irdischen Schöpfung, sondern derjenigen meines Vaters, 


die nicht vergeht, und ihr werdet unvergänglich werden“. 
2) Vgl.8.62,9f.: „Und wie mein Vater mir die Macht ge- 


| . geben hat, so werde ich (sie) euch geben, damit ihr meinem himm- 


lischen Vater seine Kinder näher bringt. Ihr sollt predigen und sie 


312 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ΘΕῈ 
Ϊ ἐ.- 


ΧΧΥ͂, 4), „Kinder (Söhne) des Lichtes“ (8, 136, 9 — Ko. ΧΧΧ, 1). 


Mit dem Empfang der ἀφϑαρσία ist weiter verbunden das Schauen 


der Herrlichkeit Gottes; das ist der höchste Genuß, dessen nicht 
einmal Engel und Himmelsmächte trotz ihres heißen Begehrens 
gewürdigt werden (S. 63, 12). In der ewigen Anschauung des 
Liehtes, der Vollkommenheit Gottes findet das Heil seinen Ab- 
schluß, und auf diesem Wege werden die Menschen mit dem 
Sohne Gottes Erben des Himmelreiches (S. 63, 7; 100, 5). 

Dieses vorhandene Heilsgut ist nun unlöslich mit der Person 
Christi verbunden. Für den Augenblick liegt nur ein V 
chen dieser Zukunftsgüter vor, deshalb der Herr den Glauben 
an ihn im Sinne des Vertrauens verlangt: „Glaubt ihr, daß alles, 
was ich euch sage, geschehen wird?“ (S. 74,1). Die Frage be- 
jahen die Apostel mit einem kräftigen Ja, und ihrem Beispiele 
folgen die Christen, da die Erscheinung Christi in ihnen die 
Überzeugung befestigt hat, daß alle Weissagungen der Propheten 
über ihn sich als wahr erwiesen, d. h. ihn als den Gesandten und 
Sohn Gottes beglaubigt haben. Daher lebt der Christ der leben- 
digen Hoffnung, daß die von Christus seinen Gläubigen gegebenen 
Verheißungen absolute Wahrheit sind, und harrt in diesem un- 
erschütterlichen Vertrauen der baldigen Erfüllung bei der Wieder- 
kunft. Diesen Gedanken bringt der Herr durch die Worte zum 
Ausdruck: „Wenn aber alle Worte, die geredet sind durch die 
Propheten, erfüllet sind durch mich ...., um wieviel mehr wird 
das, was ich euch sage, wahrhaftig geschehen, damit der, wel- 
cher mich gesandt hat, verherrlicht werde von euch und denen, 
die an mich glauben“ (S. 68, 18f.—= Ko. ΧΙ], 8 ἡ. 

Aber dies alles würde noch nicht genügen, um zu der felsen- 
festen Gewißheit zu gelangen, daß Christus wirklich der Spender 


des Heilsgutes ist, es müssen doch bestimmte Tatsachen oder . 


Leistungen vorliegen, durch welche das Heil realisiert wird. 
Wir haben ja konstatiert, daß das Heilsgut nicht in der Er- 


sollen den Glauben gewinnen, daß ihr es seid, denen es bestimmt 
ist, seine Kinder dem Himmel zuzuführen“. 

1) Am besten würden diese Gedanken durch Iren. ady. haer. V, 
31, 2 illustriert werden: Animae abibunt in invisibilem locum, de- 
finitum eis a deo, et ibi usque ad resurrectionem commorabuntur, 


sustinentes resurrectionem; post recipientes corpora et perfecte re- 


surgentes, hoc est, corporaliter, quemadmodum et dominus resurrexit, 
sic venient ad conspectum dei. | 


Soteriologie. 318. 


ng der Menschheit von dem Sünden- und Todesverhängnis 
besteht, daher auch dem Leiden und Sterben des Sohnes Gottes 
keine zentrale Stellung im Heilswerke eingeräumt wird. Wird 
aber das Heilsgut ausschließlich in der Auferstehung des Flei- 
sches und in der Teilnahme des Menschen an der göttlichen 
ἀφϑαρσία begriffen, so muß das Heil ebenfalls in der natur- 
haften Ausstattung der Erlöserpersönlichkeit gesucht werden. 
Uad in der Tat hat unser Verfasser die Menschwerdung des 
ristus und seine Erscheinung im Fleische als die er- 
lösende Tat betrachtet. Daß der wahre Gott ein wahrer Mensch 
geworden ist, darauf beruht die einzigartige Bedeutung der Er- 
löserpersönlichkeit. Deshalb lesen wir 8, 72, 4f.=Ko.XIV, 12f.: 
„Und also werde ich vollenden alle Veranstaltungen, der ich bin 
ungezeugt und (doch) gezeugt von Menschen, der ich bin ohne 
Fleich (und doch) habe ich getragen das Fleisch, denn deswegen 
bin ich gekommen, damit ihr in eurem Fleisch auferstehen wer- 
det in der zweiten Geburt, (in) einem Gewande, das nicht ver- 
wesen wird“ und gegenüber allen doketischen Verflüchtigungen 
wird daran festgehalten, daß das Fleisch, welches der Herr an- 
gezogen hat, identisch ist mit dem allgemeinen Fleische und 
dab hei der Geburt, dem Tode und der Auferstehung kein Wesens- 
ο΄ mmnterschied gewesen ist (S. 60, 9 ἢ, --- Ko. XII, 4f.). In der Mensch- 
. werdung sieht unser Verfasser die Vollendung des Heilsplanes 
 Gottes!; der Begriff der οἰχονομία spielt bei ihm dieselbe wich- 
tige Rolle wie bei Irenäus. Für letzteren ist ja die Leugnung 
der Ökonomie der Fleischwerdung gleichbedeutend mit Verwer- 
"fung des Sohnes Gottes, deshalb er die Gnostiker als diejenigen 
 brandmarkt, die evertunt omnem dispositionem dei, quantum in 
ipsis est (Iren. V, 13, 2)?. 
Mit den gleichen Waffen führt auch unser Verfasser den 


„D Vgl. 8. 48, 6f. = Ko. VI, 10f.: „Ich bin geworden alles in 

damit ich die οἰκονομία des Vaters (preise(?) und) die Herr- 
N ὁ dessen, der mich gesandt hat, vollende“. 2) Iren. Apo- 
ἐ deixis e. 99: „Andere wiederum verachten die Herabkunft des Sohnes 
Gottes und die Ökonomie seiner Fleischwerdung, die die Apostel 
 werkündigt und die Propheten vorhergesagt haben, daß damit die 
* unserer Menschheit stattfinden sollte. Vgl. adv. haer. V, 
2,2%: vani autem omni modo, qui universam dispositionem dei con- 
temnunt et carnis salutem negant et regenerationem eius spernunt, 
‚dicentes non eam capacem esse incorruptibilitatis. 


314 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Kampf gegen die Häretiker. Jetzt begreifen wir, weshalb der 
Herr so ausführlich seine Herabkunft und seine Menschwerdung 
in der Maria schildert, denn für den Christen ist die Incarnatio 
des Logos eine fundamentale Heilstatsache, Die Erlösung der 
Menschheit konnte nur insofern stattfinden, als der ἀγέννητος 
und ἄσαρχος wirkliche σάρξ angenommen hat. Diesen Gedan- 
ken hat der Verfasser der Paulusakten in dem apokryphen Ko- 
rintherbriefe III, 5. 6 in die Worte gekleidet: ὁ χύριος ἡμῶν 
’Insoög Χριστὸς 2x Μαρίας x σπέρματος Δαυεὶδ ἐγεννήϑη 
πνεύματος [ἁγίου] ἐξαποστείλαντος ἐκ τοῦ οὐρανοῦ ἀπὸ τοῦ 
πατρὸς εἰς αὐτήν, ἵνα ἔλϑῃ εἰς τοῦτον τὸν κόσμον καὶ ἐλευ- 
ϑερώσῃ τὴν σάρχα διὰ τῆς σαρχὺς αὐτοῦ! καὶ ἀναστήσῃ ἡμᾶς 
ἐν σαρχὶ ἐκ τῶν νεχρῶν, ὡς καὶ αὐτὸς ἑαυτὸν τύπον ἡμῖν 
ἀπέδειξεν. Und auch sonst zeigt der Verfasser der Acta Pauli 
die gleiche theologische Haltung, als er von der Menschwerdung 
sofort auf die Auferstehung von den Toten überspringt, das 
Leiden und Sterben am Kreuze soteriologisch gar nieht wertet. 
Der christliche Glaube ist in der Hoffnung auf die leibliche 
Auferstehung verankert, resp. nach den Worten Tertullians, 
de resurr. carn. 1: Fiducia Christianorum resurreetio mortuo- 
rum; deshalb hängt auch von der Konstitution des Auferstan- 
denen die Realität der eigenen Auferstehung ab. Von hier aus 
wird verständlich, weshalb der Bericht über die Auferstehung _ 
Christi einen so breiten Raum in der Epistola einnimmt. Sind 
die Apostel durch die Berührung des Auferstandenen zu dem 
Bekenntnis gezwungen, daß der Herr wahrhaftig im Fleisch 
auferstanden ist, so ist er wirklich der σωτὴρ καὶ ἀρχηγὸς 
ἀφϑαρσίας (2. Clem. 20,5) und Bürge für die Osterbotschaft: 
„wie mich mein Vater auferweckt hat von den Toten, also 
werdet auch ihr auferstehen“ (S. 70, 11 = Ko. XIV, 7). Des- 
halb bedarf es auch nicht weiterer Analogiebeweise für unsere 
leibliche Auferstehung, wie sie von den Apologeten und anti- 
gnostischen Vätern? vorgetragen werden; der beste und sicherste 
Beweis ist der auferstandene Herr selbst ὃ, 


1) Vgl. vs. 16: διὰ γὰρ τοῦ ἰδίου σώματος ᾿Ιησοῦς Χριστὸς πᾶσαν 
τὴν σάρκα ἔσωσε. 2) Im apokryph. Korintherbriefe werden eben- 
falls Argumente aus der Natur und Geschichte (A. T.) vorgebracht, 
aber am Schluß heißt es vs, 31: πόσῳ μᾶλλον ὑμᾶς, οἱ πεπιστεύκατε 
εἰς Χριστὸν ᾿Ιησοῦν, ἀναστήσει, ὡς καὶ αὐτὸς ἀνέστη. 8) Vgl.Iren. Ὁ 


Aber bereits besitzen die Christen ein sicheres Unterpfand 

für ihre Rettung und ihren Aufstieg in das Reich des Vaters 

dureh eine dritte Heilstatsache im Leben des Erlösers, näm- 

lieh durch seine Herabkunft in das Reich der Toten nach 

seinem Tode am Kreuz. Was der Herr seinen Gläubigen als 

Gaadengeschenk bei seiner zweiten Parusie verheißen hat, das 
᾿ hat er tatsächlich den vorchristlichen Frommen bereits geschenkt. 
In dieser Hinsicht ist von besonderer Bedeutung das Wort des 
Herrn S. 86, 3 ff. — Ko. XXI, 12ff.: „Deswegen nämlich bin ich 
herabgestiegen zu (dem Orte des) Lazarus und habe gepredigt 
(den Gerechten(?) und) den Propheten, damit sie herauskommen 
aus der Ruhe, die unterhalb, und heraufgehen zu der, die sich 
befindet (oberhalb). (Und ich habe ausgegossen(?) mit(?) mei- 
ner) rechten (Hand) über sie .... des Lebens, und Vergebung 
und Errettung (vor) allem (Bösen), sowie ich es euch getan 
habe und (denen, die) an mich glauben“, 

Leider ist die Stelle im Koptischen lückenhaft überliefert 
und sind infolgedessen die von mir gegebenen Ergänzungen zum 
Teil unsicher. Auch der äthiopische Text zeigt zahlreiche Män- 
gel; hier lautet die Stelle also: „Deshalb bin ich herabgestie- 
gen und habe zu Abraham, Isaak und Jakob, zu euren Vätern, 

den Propheten gesprochen und ihnen kundgetan, daß sie drunten 
die Ruhe in die Himmel bringen, und ich habe ihnen mit der 
rechten Hand gegeben die Taufe des Lebens und Erlaß und Ver- 
 gebung alles Bösen, wie euch und von jetzt und denen, die 
an mich glauben“. Aber trotz dieser Differenzen im einzelnen, 
ist der Gedanke selbst mit voller Sicherheit festzustellen. 
Zunächst redet Christus von einem Herabstieg. Dieser 
_ Herabstieg kann zeitlich sich nur auf den Zeitraum zwischen 
Tod und Auferstehung beziehen. Wie schon oft, setzt der Ver- 
_ fasser dies ohne weiteres bei seinen Lesern voraus. Räumlich 
hat der Herabstieg von der Erde nach unten in das Totenreich 
stattgefunden. Dabei wird keine der in den neutestamentlichen 
und altchristlichen Schriften gebräuchlichen Wendungen benutzt 
„wie εἰς üdov, εἰς τὰ χκαταχϑόνια, εἰς τὰ κατώτερα μέρη τῆς 
ἘΠ -- 
Ε μος 38: „Somit hat er die Auferstehung erwiesen, indem er 
Ε΄.- der Erstgeborene von den Toten wurde und in sich den ge- 


5 ze auferweckte, ihn nach oben, nach dem obersten Teil 
des Himmels zur Rechten der Herrlichkeit des Vaters hinaufführend*. 


J as u in ar Due: ὑοῦ DE u‘ 


316 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


γῆς, sondern in Erinnerung an die Lucaserzählung 16, 23 der 
Ort als der des Lazarus bezeichnet. Der Äthiope hat diesen 
ursprünglichen Text dahin verändert, daß er statt der Lokalität 
die drei Erzväter Abraham, Isaak und Jakob! einführt, von 
denen ja in der Lazarusgeschiehte Abraham direkt genannt wird. 
Unser Verfasser unterscheidet also wie der Evangelist in der 
Scheol unterhalb der Erde eine Abteilung, wo die alttestament- 
lichen Frommen weilen, von einer andern, die als Aufenthalt 
der Gottlosen gilt, zugleich bezeichnet er den Ort des Lazarus 
mit dem christlichen Terminus ἀνάπαυσις, speziell als die ἀνάπαυ- 
σις, „die unterhalb“, im Unterschied von einer ἀνάπαυσις, „die 
oberhalb“, Diese obere ἀνάπαυσις ist ohne Zweifel identisch 
mit der von den christlichen Schriftstellern und auch in der 
Epistola oft erwähnten ἀνάπαυσις im Himmelreich, die der Herr 
seinen Jüngern und allen denen, die an ihn glauben, für die 
Zeit nach ihrer Auferstehung verheißt, spricht doch er wieder- 
holt von einem Hinaufführen (s. ο. S. 309). Diese Parallele zieht 
der Herr selbst gleich im Anschluß an unsere Stelle auf die Frage 
der Apostel: „Wirst du nun dieses selbst predigen (uns), nach- 
dem du gepredigt hast den (Gerechten(?) und den Propheten?*, 
indem er antwortet: „Wahrlich nämlich ich sage euch: alle die 
geglaubt haben an mich (und die da) glauben an den, der mich 
gesandt hat, werde ich hinauf/führen) in den Himmel, an den 
Ort, (den) mein Vater den Auserwählten (bereitet) hat, und ich 
werde euch geben das Reich, das auserwählte, in der Ruhe und 


das ewige Leben“ (S. 88, 12 ff. — Ko. XXIU, 4 6). So gehenalso 


die alttestamentlichen Frommen in die ewige Seligkeit ein. Daß 
sie natürlich vorher der leiblichen Auferstehung wie ihr Herr 
und Meister teilhaftig werden müssen, wird nicht weiter berührt, 
ebenso wird der Schleier des Geheimnisses darüber ausgebreitet, 
ob sie sofort bei seiner Auferstehung ihm gefolgt sind und mit 
ihm zugleich in die obere ἀνάπαυσις eingehen. 

Während nämlich der zu der unteren ἀνάπαυσις ER, | 
gefahrene bei den Gerechten und Propheten? weilt, bleibt er 2 


1) In ähnlicher Weise heißt es im Kerygma von Christus am 
. Schlusse der syrischen Didascalie (ed. Achelis u. Flemming 8.145): 
„der entschlief, um Abraham, Isaak und Jakob und allen seinen 
Heiligen von der Vollendung der Welt und der Auferstehung, die 
den Toten bevorsteht, zu predigen“. 2) Ob im Originaltext δίκαιον. 


317 


untätig, sondern benutzt die Zeit bis zu seiner Auferstehung 
dazu, das auf Erden begonnene Heilswerk fortzusetzen, indem 
er den dort Versammelten predigt. Der Ausdruck χηρύσσειν 
wird hier absolut gebraucht, ohne daß der Inhalt der Verkün- 
A digung genauer angegeben wird. Nun kann es sich ja nicht 
um eine Missionspredigt im eigentlichen Sinne handeln, nicht 
᾿ς am eine Bekehrungspredigt, derzufolge die verstorbenen Seelen 
die Heilsbotschaft annehmen oder ablehnen können, noch weniger 
um eine Gerichtsverkündigung, denn der Kreis der Zuhörer be- 
ο΄ sehränkt sich ausschließlich auf die Väter und Propheten, die 
bereits Herolde des Glaubens an Christus durch ihren gerechten 
Wandel und durch ihre Weissagungen Instrumente des gött- 
liehen Logos gewesen sind. Sie haben ja seine Ankunft so 
sehnsüchtig erwartet, aber nicht mehr auf Erden erlebt, Des- 
halb haben sie auch noch nicht den Lohn für ihre Gerechtig- 
keit empfangen. Jetzt stellt sich nach seinem Tode am Kreuz 
der Herr ihnen persönlich vor und bringt ihnen als Lohn für 
ihre Bewährung das in Aussicht gestellte Heil. Aber wie nach 
altehristlicher Auffassung nur diejenigen zur ἐχχλησία τοῦ Χρι- 

᾿ στοῦ gehören, die nicht nur die Predigt gläubig angenommen, 
- sondern auch die Taufe empfangen haben — denn die Taufe 
gilt als die heilsnotwendige Grundlage für den Eintritt in die 
Gemeinde und den Empfang der dort vorhandenen Heilsgüter —, 
so wird von Christus selbst der Taufakt an den alttestament- 

' lichen Frommen in der Unterwelt vorgenommen. Das besagen 
die Worte: „(Und ich habe ausgegossen (?) mit(?) meiner) rech- 
4 ten (Hand) über sie (....) des Lebens und Vergebung und Er- 
zeitung (vor) allem (Bösen)*. Mag man nun mit dem Äthiopen 
ergänzen „Taufe“ des Lebens oder z. B. „Wasser“ des Lebens, 
jedenfalls handelt es sich um die Taufe, denn nur von dieser 
wird die Vergebung der Sünden erwartet. Dies wird bestätigt 
durch die Worte S. 134, 1 Ko. XXXIII. 1: „Und ihr werdet 
genannt werden Diener, weil sie empfangen die Tanfe des Lebens 


τ 

- 

τὰ 
jr 
= 
ΑΝ 
: 


der πατέρες gestanden hat, bleibt unsicher, da an der Parallelstelle 
8.90, 1 = Ko. XXIII, 5 der Kopte einen Defekt hat. Der Äthiope 
bietet freilich auch hier „Väter und Propheten* und da es auch 
8. 28, 6 vom Logos heißt „der durch die alten Väter und Propheten 
in gesprochen hat“, wird man geneigt sein, auch im 
Kopt. zu lesen „Vater und Propheten“, 


318 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


und die Vergebung ihrer Sünden von meiner Hand durch euch“, 
So erscheint Christus nicht nur als Prediger in der Unterwelt, 
sondern auch als Spender der Taufe; wiederum steht diese Hand- 
lung in Parallele zu seiner irdischen Berufstätigkeit. Überdies 
fügt der Herr ansdrücklich hinzu: „sowie ich es euch getan 
habe und denen, die an mich glauben“, Somit hat der Herr 
nicht nur die Taufe gestiftet, sondern sie auch während seines 
Erdenlebens an seinen Jüngern und Gläubigen persönlich voll- 
zogen! (vgl. Joh. 3, 22. 26; 4, 1). Dabei wird vorausgesetzt, daß 
er mit der rechten Hand die Taufe dem Täufling appliziert ?, 
Der Vollzug der Taufe war notwendig, weil nach christlicher 
Auffassung ohne deren Empfang niemand in das Himmelreich 
eingehen kann, und andererseits, weil die alttestamentlichen 
Frommen trotz ihrer Gerechtigkeit als sündige Menschen vor- 
gestellt sind, die wie jeder andere Mensch der Sündenvergebung 
bedürfen, ehe sie des Eingehens in die definitive Seligkeit gewür- 
digt werden können?, So sind denn die Heiligen der Vorzeit 
durch Predigt und Taufe in den Jüngerkreis und die Gemeinde 
Christi aufgenommen und können als solche das Heil sofort in 
Empfang nehmen, indem sie durch Christus in die obere ἀνά- 
zavoıg geführt werden. Damit liefert uns die Epistola einen 
wichtigen Beitrag für die gemeinchristliche Auffassung der Hades- 
fahrt Christi, denn ohne Zweifel kommt an unserer Stelle der 
schlichte Gemeindeglaube zum Ausdruck; sicherlich haben wir 
kein von des Gedankens Blässe angekränkeltes Theologumenon 


1) Tertullian scheint diesen bequemen Ausweg noch nicht ge- 
kannt zu haben, da er sich de baptismo c. 12 mit der Frage ab- 
quält, ob die Apostel getauft worden sind oder nicht. 2) Die Be- 
deutung der rechten Hand lernen wir auf den ältesten monumentalen 
Darstellungen der Taufe Christi kennen, wo regelmäßig die rechte 
. Hand auf dem Haupte des Täuflings ruht (vgl. Kraus, Realencyel. der 
christlichen Altertümer, Artikel Taufe und Strzygowski, Ikonographie 
der Taufe Christi), Deshalb heißt es in der syr. Didascalie (ed, 
Achelis-Flemming 8. 48, 281): „Darum, o Mensch, erkenne deine 
Bischöfe, durch die du Gott zum Sohne geworden bist, und die 
Rechte als deine Mutter und liebe den, der nächst Gott dein Vater 
und deine Mutter geworden ist“. 8) Über die Verfehlungen der 
Gottesmänner und deren Vergebung durch die Taufe während des 
Aufenthaltes Christi in der Unterwelt vgl. die ee aus 
Presbyters bei Irenaeus adv. haer, IV, 27 ff, 


Soteriologie. 319 


jr uns, wie es jüngst Bousset in seinem Kyrios Christos 8. 32ff. 
nachzuweisen gesucht hat. Daher werde ich in einem beson- 
deren Exkurs auf Grund des neuen Materials die altchristlichen 
Anschauungen über die Hadesfahrt näher beleuchten und zu den 

Thesen von Bousset Stellung nehmen. 
Durch den Descensus wird von neuem zum Ausdruck ge- 
bracht, daß das direkte Heilsgut ausschließlich mit der Person 
Christi verknüpft ist. Nicht Gott, sondern Christus ist der Brin- 
ger und Verleiher des Heils, wenn er auch die Macht dazu vom 
Vater erhalten hat (S. 84, 9f. = Ko. XXI, 9 ὅλ. Diese Macht be- 
steht darin, daß er alles das, was er den Seinigen gelobt hat, 
in Wirklichkeit auch zur Ausführung bringt, d. h. ihnen gibt 
und schenkt. Der Verfasser wendet hier den Ausdruck χαρίέ- 
Ceodaı an, der ja an paulinische Wendungen erinnert, aber wir 
würden mit der Annahme in die Irre gehen, daß das Heilsgut 
dem Einzelnen ohne sein Verdienst aus Gnaden geschenkt wird. 
Das Heilsgut wird, wie die Worte besagen, erst in der Zukunft 
für diese liegt es als ein von Gott resp. Christus be- 

reitetes Geschenk vor, 

Wie nun eignet sich denn der Mensch das Heilsgut persön- 
lich an? Zunächst muß er die an ihn gerichtete Missionspredigt 
ig aufnehmen und den Entschluß fassen, Christ zu werden. 
Die christlichen Missionare wenden sich an den Einzelnen mit 
der Mahnung zur Umkehr von dem früheren Leben. Die Auf- 
gabe der Missionare besteht in der Offenbarung der Dinge des 
Himmelreiches, in der νουϑεσία und der Mitteilung der Taufe. 
Auf diese Weise werden die Herolde des Glaubens „Väter vieler 
- Kinder und Diener und Meister“. Zugleich gibt der Herr die 
Erklärung dazu: „Wer auf euch hören wird und glauben wird 
an mich, der wird empfangen von euch das Licht des Siegels 
dureh mich und die Taufe durch mich“. Und als die Apostel 
am Auskunft bitten, wie diese drei Titel in einer Person ver- 
diuigt sein könnten, erhalten sie die Antwort: „Ihr werdet Väter 
’ werden, weil ihr mit löblichem Herzen und in Liebe 
ihnen die Dinge des Himmelreiches offenbart habt!. Und ihr 


9) Sonst wird der Vollzieher der Taufe ebenfalls „ Vater“ ge- 
nannt, Vgl. die vorher zitierte Stelle aus der syr. Didascalie, Doch 
ist die Funktion der Unterweisung und der Taufe ja gewöhnlich in 
einer Hand vereinigt. 


* ἊΝ in ιν λό. ἀν νος Tr ar 1x5 —— 
ne 4 = ᾿ a αι, Ὁ 


320 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


werdet Diener genannt werden, weil sie empfangen die Taufe 
des Lebens und die Vergebung ihrer Sünden durch mich. Und 
ihr werdet genannt werden Meister, weil ihr ihnen das Wort 
gegeben habt ohne Neid und sie zurechtgewiesen, und als ihr 
sie zurechtgewiesen habt, haben sie sich bekehrt“ (S. 132, 13 ff. 
= Ko. ΧΧΧΙΙ, 14 ff). Der Empfang des Siegels des Lichtes und 
der Taufe — beide Ausdrücke besagen ja dasselbe! — ist das 
äußere Zeichen für den Eintritt in die christliche Gemeinde. 
Von jetzt ab gehört der Betreffende zu den „Kindern des Lich- 
tes“ (8, 126, 9 —= Ko, XXX, 1) oder zu den „Kindern des Lebens“ 
(5. 88, 4 — Ko, XXII, 10), denn zunächst sind die vorher began- 
genen Sünden ausgetilgt, und ist die Anwartschaft auf das ewige 
Leben und das Himmelreich gegeben. Deshalb spricht er auch 
von der „Taufe des Lebens“ (S. 134, 1 = Ko. XXXII, 2; 86,7 
= Ko. XXI, 2). Mit der Vergebung der Sünden ist verbunden 

die Errettung von allem Bösen (χαχόν) (8. 86, 7= Ko. XXI, 2) 
oder noch deutlicher 5.88, 4 ff. = Ko. XXI, 10 ff.: „(Um so mehr 
aber ihr), die Kinder des Lebens, ich habe (euch) errettet von 
allem Bösen und (von der Gewalt der) Archonten, und einen 
jeden, der glaubt (an) mich durch euch. Denn was ich gelobt 
habe (euch), werde (ich) auch ihnen geben, damit sie kommen 
(aus dem) Gefängnis und der Fessel der Archonten und dem 
gewaltigen Feuer“. Man wird sofort an die gnostischen Vor- 
stellungen von der Befreiung aus den Händen der bösen Ar- 
ehonten, den Herrschern der Planeten erinnert, unter deren 
Druck die Menschheit sich befindet, aber die Gedanken unseres 
Verfassers scheinen doch in eine andere Riehtung zu deuten, 
Denn es ist zugleich die Rede von einem „gewaltigen Feuer“ 
und von einem „Gefängnis“. Im Munde Jesu würde man ünter 
dem gewaltigen Feuer in erster Linie an das den Gottlosen an- 
gedrohte höllische Feuer denken und unter dem „Gefängnis“ 
nıcht den Körper als das Gefängnis der Seele nach platonisch- 


1) Vgl. die Ausdrücke φωτίζειν und φωτισμός für die Taufe, dazu 
φωτεινὴ σφραγίς in den Acta Philippi c. 38. — Über σφραγίς vgl. 
neben Dölger, Sphragis 1911 neuerdings Heitmüller, Zpgayig in den 
NTlichen Studien, Georg Heinriei zu seinem 70. Geburtstage, 85, 40ff. 
2) Der Äthiope: „Wie ich euch gesagt und verheißen habe, daß er 
aus dem Gefängnis befreit, von den Fesseln losgebunden und von 
Lanzen(?) und furchtbarem Feuerbrand gerettet wird“. 


Soteriologie. 321 


bellenistischer Auffassung verstehen, sondern die Unterwelt bzw. 
die Gehenna, die sowohl innerhalb des Spätjudentums wie bei den 
Christen als φυλακή oder earcer bezeichnet wird!, daher φυλαχή 
(φρουρά) und ἅδης häufig promiseue gebraucht werden?. In- 

n werden auch die Verstorbenen „Gefangene“? ge- 
nannt, weil sie eingeschlossen sind, während sonst unter den 
Gefesselten im allgemeinen die ungehorsamen, gottfeindlichen 
Mächte und die Menschen, deren Fleisch durch die Sünde ge- 
fesselt, zu verstehen sind*. Andererseits ist aber doch nicht zu 


1) Vgl. Weish. Salom. 17, 15; Henoch 10, 13; 69, 38 — Tertul- 
lian, anima c. 7: Igitur si quid tormenti sive solatii anima prae- 
cerpit in carcere seu diversorio inferum, in igni vel in sinu Abrahae, 
probata erit corporalitas animae, ebenso c. 35: et ille (sc. angelus 
executionis) te in carcerem mandet infernum und c. 55: Ceterum 
quod n ethnicorum et Christianorum si carcer mortuis idem? 
Vgl. auch 1. Petr. 3, 19. 2) Vgl. Clemens, Alex. Strom, VI, 47, 8: 
Athanasius, Epist. ad Epict. 5, 6; Pseudo-Athanasius contra Apollin. 
U, 8; Gregor v. Nyssa, Testimonia in adventu domini in carne ad- 
versus Iudaeos, ed. Morelli II, 161. Vgl. Migne, P. Gr. XLVI, 231. 
3) Ode Salom, 17, 11: „Und ich ging zu allen meinen (l. seinen) Ge- 
fangenen, sie zu lösen, daß ich keinen übrig ließe, der gebunden 
wäre oder der bünde“. Testam, der 12 Patriarchen (Test. Dan. ce. 5): 
„Und er wird die gefangenen Seelen der Heiligen dem Beliar ab- 
nehmen“, 4) Hierbei spielt Ps. 68, 19 resp. Ephes, 4, 8 eine große 
Rolle, Vgl. Iren. adv, haer. III, 28, 1: solutus est autem condemna- 
tionis vinculis, qui captivus ductus fuerat homo, Der Mensch ist 
infolge der Sünde Adams durch die Schlange resp. den Teufel in 
Gefangenschaft geraten und gefesselt, jetzt durch Christus befreit. 
161,20, 3: et dominus quidem per passionem mortem destruxit et 
solvit errorem corruptionemque exterminavit et ignorantiam destruxit. 
In der Epideixis c. 83 deutet Iren. Ps. 68, 19: „Unter Gefangenen 
_ meint er nun die Vernichtung der Herrschaft der empörerischen 

Engel“. Dagegen heißt es c. 38: „Er sandte das schöpferische Wort, 
welches gekommen, um uns zu erretten, an denselben Orten und in 
- derselben Mitte sich aufhielt, in welcher wir das Leben verloren 
haben, indem er die Bande jener Fesseln löste. Und sein Licht 


= ist erschienen und hat die Finsternis des Gefängnisses zunichte 


gemacht und unsere Geburt geheiligt und den Tod vernichtet, da er 


- eben die Fesseln, in denen wir gefangen saßen, zerbrach“. 


Letztere Stelle erinnert an den Ausspruch des Herrn in der Epistola 
5. 74, 2ff.: „Wahrlich ich sage euch: ich habe die ganze Gewalt von 
meinem Vater empfangen, damit ich diejenigen, die in der Finsternis 
veilen, ins Licht zurückführe, und die in Verderbnis sind, in die 
-  Unvergänglichkeit, die auf Irrwegen in die Gerechtigkeit, die im 
= Του. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 21 


322 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


leugnen, daß der Verfasser gnostische Terminologien Christus in 
den Mund legt, denn die Ausdrücke ἐξουσία τῶν ἀρχόντων und 
δεσμὸς τῶν ἀρχόντων sind bei den Gnostikern ganz gebräuch- 
lich, insbesondere wird das Böse nicht wie sonst bei den christ- 
lichen Theologen auf die Dämonen, sondern auf die Archonten ! 
* zurückgeführt. Man sieht daraus, daß die — Luft auf 
ihn nicht ohne Einwirkung geblieben ist, 

Ist nun die Erteilung der Sündenvergebung mit ἀῶ Emp- 
fang der Taufe verknüpft, so liegt der Empfang des eigentlichen 
Heilsgutes, des ewigen Lebens, von der Haltung des Menschen 
nach seiner Taufe ab. Dieses ewige Leben wird nicht aus reiner 
Gnade von Gott geschenkt, sondern durch den Menschen auf 
Grund von Leistungen erworben. Denn jedem Getauften liegt 
die Verpflichtung ob, die Gebote Gottes resp. Christi zu halten. 
Deshalb wird der Herr nicht müde, seinen Aposteln und den 
von ihnen Bekehrten zuzurufen: Haltet meine Gebote und die 
meines Vaters, bzw. „die dessen, der mich gesandt hat!“? Der 
Herr kennt nur zwei Kategorien von Menschen: die Gläubigen, 
die seine Gebote halten (τηρεῖν), und diejenigen, welche sie nicht 
halten resp. mißachten (παρανομεῖν) ὃ, obwohl sie seinen Namen 
gekannt haben. Das ganze Christentum setzt sich, wie wir ge- 
sehen haben, zusammen aus einem Komplex von ἐντολαί; es sind 
die Gebote, die früher durch den Mund der Propheten, jetzt 
durch Christus der Menschheit kundgetan sind. Wir spüren 
hier den johanneischen Christus, dessen Worte reproduziert wer- 
den. Noch deutlicher erkennt man dies daran, daß der Herr 
die sittlichen Forderungen in das Gebot der: Liebe zusammen- 
faßt. Denn als ein neues Gebot proklamiert er das Gebot der 
wechselseitigen Bruderliebe (Joh. 13, 34; 15,.12. 17; 1. Joh. 3, 23; 
2,7.8; 2.Joh.5) als Zeichen des christlichen Gemeinschafts- 
geistes und verbindet damit das Gebot der Feindesliebe des 


Tode ins Leben, und damit diejenigen, die in Fesseln sind, 
losgebunden werden“. 

1) Aber auch Justin, Dial. e. Tryph. c. 124; 3530 nennt die 
Schlange εἷς τῶν ἀρχόντων; ἀρχαί kennt ja auch Paulus, 2) Vgl. 
5. 78,7 = Ko. XVIN, 5; 84, 1=Ko.XX, 12; 84,7 = Ko. XXL 5; 
126, 8— Ko. XXX, 1; 134, 8 --- Κο. ΧΧΧΠΙ, 9, 8) Vgl. 8. 86,10 
— Ko. XXII, 5; 88, 3—Ko. XXII, 9; 90, 8 = Ko, XXI, 13; 146,7 
— Ko. XXXVIH, 13. 


Soteriologie. 323 


᾿ς synoptischen Christus (S. 62, 2): „Liebet eure Feinde, und was 


ihr nicht- wollt, daß man euch zufüge, das tut auch keinem 
andern (vgl. Luc. 6, 27. 35. 31; Matth. 5, 44; 7, 12). Ausdrücklich 
fordert der Herr die Apostel auf: „Und dies prediget auch ihr 
und lehret diejenigen, die an mich glauben“ (S. 62,4). An die 
Stelle der Liebe zu Gott tritt der Glaube an Gott bzw. im jo- 
hanneischen Sinne der Glaube an Christus, Dem entspricht, daß 
der Herr fast ausschließlich von dem Glauben an ihn persön- 
lieh redet!, aber im Grunde ist der Glaube keine innere Her- 
zensgesinnung zu Christus resp. Gott, vielmehr Glaube ist die 
Hoffnung und Erwartung, daß der Herr resp. Gott das, was er 
versprochen hat, auch erfüllen werde, nämlich die Belohnung 
der Gerechten und Bestrafung der Gottlosen. Am Tage des 
Gerichtes werden die Menschen den Lohn für ihr Verhalten auf’ 
Erden erhalten, die einen „Ruhe des Lebens im Reiche seines 

Vaters“, die andern „ewige Strafe“ 2, Von diesem Gesichtspunkte 
ist der Glaube nichts anderes als Erfüllung der Gebote, die den 
wohlverdienten Lohn zur Folge hat. 

Wie aber kann der schwache, sündige Mensch die Gebote 
erfüllen? Fällt er nicht immer wieder trotz des Empfanges des 
Gmadengeschenkes der Sündervergebung bei der Taufe in Sünde 
zurück und geht der Gotteskindschaft verlustig? Wir wissen, 
in welchem Sinne Paulus die brennendste aller religiösen Fragen 
beantwortet hat, wir wissen aber zugleich, daß die Apologeten 
und antignostischen Väter ganz im entgegengesetzten Sinne dem 
Christen die Herstellung der Gerechtigkeit vor Gott kraft der 
Freiheit seines Willens zumuteten und ihm ausschließlich die 
Verantwortlichkeit für sein sittliches Handeln aufbürdeten. Wir 
werden daher von vornherein voraussetzen, daß auch der Ver- 

 fasser der Epistola diesem christlichen Gemeingeiste seinen Tribut 
⸗ollt und seinen Christus den Gedanken von der Freiheit des 
- menschlichen Willens zum Ausdruck bringen läßt. Das Problem 


“ἢ Vgl. 8. 44,4 = Ko, V, 5; 62, 5; 68, 10; 70, 1 ==Ko, XIII, 14; 
76,7 = Ko. XVII, 8; 86, 8— Ko. XXI, 4; Ko. XXI, 13; Ko. XXIII, 8; 
90, 11=Ko. XXIV, 2; 110, 1; 120, 7; 132,7 = Ko. XXXII, 6; 138, 3 
= Ko. XXXV, 5. Viel spärlicher tritt auf der Ausdruck „glauben 
- am den, der mich gesandt hat“; s. S. 72, 10; 90,3 = Ko. XXII, 9; 
1883 Ko. XXXV, 6. 2) Vgl. 8.84, 6f.—=KoXXI 5f.; 88, 1f. 
ΓΙ o = Ko. ZI, 7f.; Ko. XXI, 4. | 


21" 


324 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


selbst ist ihm ohne Zweifel durch die Gnostiker aufgedrungen. 
Er läßt den Herrn unvermittelt als Fragesteller an die Stelle 
der Apostel treten und die Frage aufwerfen (S. 122,7 —=Ko. 
XXVII, 4): „Wie kann ein (gleiches) Gericht für Sünder und 
Gerechte ein gerechtes sein?“! Die Apostel geben folgende 
Antwort (S. 124, 1f.= Ko. XXVIH, 6£.): „Wird man dir an jenem 
Tage nicht sagen: Du hast gezeigt den Weg zur Gerechtigkeit 
und zur Sünde und hast die Finsternis und das Licht und das 
Böse und das Gute unterschieden?“ 2, Die Gottlosen wälzen also 
am Tage des Gerichtes die Schuld von sich auf den Richter ab. 
Wie Christus als der Logos nach dem Schöpfungsbericht das 
Licht und die Finsternis als zwei entgegengesetzte Mächte von- 
einander geschieden hat, so hat er auch bei der Erschaffung 
"des Menschen die δικαιοσύνη und ἀδακία, das ἀγαϑόν und χαχόν 
als die natürliche sittliche Ordnung mitgeschaffen. Gott trägt 
an dem Entstehen des Bösen in der Welt wenigstens die Mit- 
ursächlichkeit. Somit kann die Sünde nicht als freie Tat des 
Einzelnen gelten, denn nicht durch seinen bösen Willen ist er 
zu Fall gekommen, sondern durch ein tragisches Verhängnis, 
das gewissermaßen unverschuldet von Anfang an auf der Mensch- 
heit ruht. Das Böse und das Gute gehört zur natürlichen Aus- 
stattung der Welt. Wie also kann der Einzelne für seine Un- 
gerechtigkeit zur Verantwortung gezogen werden? Sicherlich 
wäre das kein gerechtes Gericht zu nennen. Dann ist auch die 
Gerechtigkeit Gottes als Richter in Frage gestellt. Und gerade 
die christliche Lehre vom Endgericht gilt es zu rechtfertigen, 
wie aus der Fragestellung des Herrn zu ersehen ist. Diese und 
ähnliche Gedanken werden wohl den Worten der Apostel zu- 
grunde liegen. Sie sind nicht direkt dem gnostischen Gedanken- 
kreise entnommen. Denn die bekämpften Gnostiker faßten be- 
kanntlich das Gute und Böse als physikalische Potenzen auf und 
leugneten strikte die Freiheit des menschlichen Willens, indem 
sie das sittliche Handeln auf die Konstitution des Menschen 
zurückführten und in der Materie den Grund alles Bösen sahen. 


1) So nach dem Äthiopen und der Übersetzung von Littmann. 
Im Kopten steht: „In welcher Weise wird das Gericht stattfinden ? 
entweder der Gerechte oder der Ungerechte?* 2) Auch hier 
ist der äthiopische Text der bessere gegenüber dem Kopten; 8, 0. 
5. 179. * 


ΟΡ en 0 a ee 


* PIE ΩΣ 


Soteriologie, 325 


2 Der Mensch ist ein Geschöpf des unvollkommenen Demiurgen 


resp. der Archonten und steht vollständig unter dem Banne der 
bösen Planetenwelt. Daher ist auch die Verantwortlichkeit aus- 
geschlossen, sein sittliches Handeln ist überhaupt indifferent. 
Für seine angeborene Natur kann niemand zur Rechenschaft 
gezogen werden; ist er von Natur aus Pneumatiker, so ist es 
gut, ist er dagegen Hyliker oder Psychiker, so muß er auch 
damit zufrieden sein. 

An unserer Stelle richtet sich die Anklage nicht gegen den 
Demiurgen, sondern gegen den christlichen Logos als den Schöpfer 
der Welt und des Menschen. Der Verfasser der Epistola hat 
höchstwahrscheinlich neben den Gnostikern großkirchliche Kreise 
im Auge, die antiken Stimmungen zugänglich waren und in 

an die stoische Schicksalslehre den Gedanken einer 
persönlichen Schuld des Sünders zurücktreten ließen gegenüber 


liehsten aus den Ausführungen Justins. Unermüdlich bekämpft 


an dem Bösen, das der Mensch vollbringt, nicht er selbst, son- 
dern eine außerhalb seiner Macht liegende Naturnotwendigkeit 
schuld, daher die Sünde als ein notwendiges Übel zu betrachten 
sei. Er stellt demgegenüber als Grunddogma fest: „Gott hat von 
Anfang an das Menschengeschlecht mit Vernunft begabt und 
befähigt erschaffen, das Wahre zu wählen und das Gute zu tun, 


Wesen erschaffen wurden“'!. Nicht wie nach stoischer Lehre 
geschieht alles xa#’ εἱμαρμένης ἀνάγχην, sondern ὅτε αὐτεξού- 
σιον τότε τῶν ἀγγέλων γένος καὶ τῶν ἀνθρώπων τὴν ἀρχὴν 
ἐποίησεν ὁ ϑεὸς δικαίως ὑπὲρ ὧν ἂν πλημμελήσωσι τὴν Tuuo- 
θέαν ἐν αἰωνίῳ πυρὶ κομίσονται. Γενητοῦ δὲ παντὸς ἥδε ἡ 
φύσις καχίας καὶ ἀρετῆς δεχτιχὸν εἶναι" οὐ γὰρ ἂν ἦν ἐπαινετὸν 
οὐδὲν αὐτῶν, εἰ οὐχ ἂν ἐπ᾿ ἀμφότερα τρέπεσϑαι καὶ δύναμιν 
εἶχε". Die vernünftige Anlage und damit aufs engste zusammen- 


1) Justin, Apol. 1, 28,8. 2) Apol. II, 7,5. 6. 


326 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


hängend die Wahlfreiheit sind nach Justin die höchsten Güter, 
die Gott dem geschaffenen Menschen mit auf den Weg gegeben 
hat. Dieser Glaube an die unbedingte Freiheit des Menschen in 
sittlieher Beziehung bleibt ihm eine unerschütterliche Grund- 
wahrheit der christlichen Religion, ohne daß ihm selbst dabei 
zum Bewußtsein kommt, diese moralistisch-rationalistische Ethik 
von der griechischen Philosophie bezogen zu haben!, Anerschat- 
fene Gerechtigkeit oder gar von Gott aus Gnade und Barmherzig- 
keit zuerkannte kennt Justin nicht, sondern nur eine Gerechtig- 
keit, die eine Leistung des Menschen auf Grund einer freien 
Entscheidung für das Gute in sich schließt. Der menschliche 
Wille ist das Entscheidende. Tugend beruht auf der freien, 
selbständigen Tat, nur das frei Gewollte hat Wert vor Gott. 
Dadurch unterscheidet sich eben der Mensch von den Bäumen 
und den Vierfüßlern, daß Gott ihn geschaffen hat, alles aus 
freiem Willen zu tun (Apol. I, 43, 8). Nur so glaubt Justin das 
Problem der Gerechtigkeit Gottes in der Belohnung des Guten 
und der Bestrafung des Bösen rational lösen zu können. Die 
Allverantwortlichkeit des Menschen und die Gerechtigkeit des 
richtenden Gottes sollen gegen alle Einwürfe sichergestellt wer- 
den. Man lese nur die beiden Kapitel 43 und 44, um zu er- 
kennen, daß bei diesen Ausführungen der Gedanke der Theodicee 
in dem Mittelpunkt steht. Was dem Justin die christliche Reli- 
gion über alle anderen Religionen erhebt, ist die Erkenntnis, 
daß der Gott der Christen sich wirklich die Fürsorge für die 
Welt angelegen sein läßt und am Ende der Tage einem jeden 
zart’ ἀξίαν τῶν πράξεων (Apol. 1,43, 2; 44, 11) vergelten wird 2, 
Und weiter: diese Naturausstattung mit Vernunft und Willens- 
freiheit, d. h. die Fähigkeit, Gott und die Wahrheit zu erkennen, 
das Gute und das Böse zu unterscheiden und zwischen beiden 
aus eigener Kraft und Initiative zu wählen, ist ein unverlierbares 
Gut. Das gilt nicht allein von den Christen, sondern von allen 
Menschen der vor- und nachchristlichen Epoche, die mit den 
λογικαὶ δυνάμεις von Gott beschenkt sind. Diese ethisch gute 


1) Freilich begrüßt Justin, Apol. I, 44, 8 den Satz des Plato 
(Republ. X, 617 E): αἰτία ἑλομένου, ϑεὸς δ᾽ ἀναίτιος, aber behauptet 
frischweg, Plato habe die Weisheit von Moses bezogen, um auf 
diesem Wege platonische Gedanken in das A.T. hineininterpretieren zu 
können, 2) Vgl. Apol. II, 7,5; 8, 8. 


Ber Soteriologie. 327 


_ Veranlagung des natürlichen Menschen steht freilich in Wider- 


spruch mit der Tatsache, daß die Sünde eine Massenerscheinung 
ist, daß die bösen Dämonen bzw. der Teufel mit seinen Engeln 
die Menschen unterjocht haben und stetig zum Bösen verführen, 
so daß sie die Freiheit zum Guten verloren haben, mithin nicht 
für ihre Schuld verantwortlich gemacht werden können. Justin 
sucht diesem Dilemma durch die Einführung des Logos zu ent- 
gehen. An dem Logos, dem Erstgeborenen Gottes, hat von An- 
fang an das ganze Menschengeschlecht Anteil gehabt, deshalb 
ist die wahre Gotteserkenntnis und das wahre Sittengesetz zu 
keiner Zeit unbekannt gewesen. Infolgedessen gab es auch vor 
der Erscheinung des Logos auf Erden Leute, die der Vernunft 
gemäß gelebt haben, daher mit Recht Χριστιανοί genannt wer- 
den. Unter den Heiden sind es Philosophen wie Sokrates und 
Heraklit und andere ihresgleichen ', unter den Barbaren, d.h. 
den Juden, Abraham, Ananias, Azarias, Misael, Elias und viele 
unzählige andere. Neben diesen Logosmännern, die die Kon- 
tinuierlichkeit der göttlichen Logosmitteilung und der göttlichen 
Vorsehung bezeugen, gab es in vorchristlicher Zeit auch Leute, 
die ohne Vernunft gelebt haben, darum ἄχρηστοι καὶ ἐχϑροὶ 
τῷ Χριστῷ καὶ φονεῖς τῶν μετὰ λόγου βιούντων 2. Infolge- 
dessen gilt auch für diese das Gesetz der gerechten Vergeltung; 
irgendwelche Unverantwortlichkeit können sie nicht für sich in 
Anspruch nehmen. Daß Justin® mit diesem Betonen der mensch- 
lichen Freiheit und der allgemeinen Erkenntnis von Gut und 
Böse den common sense der christlichen Theologen vertritt, er- 
sehen wir aus den Bemerkungen des Tatian *, des Athenagoras ὃ 
und des Theophilus®. Und auch für die antignostischen Väter ist 
das liberum arbitrium im Menschen gegenüber dem gnostischen 
Determinismus und Fatalismus ein noli me tangere. Das können 
wir am besten an Irenäus illustrieren, wenn er adv. haer. IV, 4, 3 
schreibt: homo vero rationabilis et secundum hoe similis deo, 
liber in arbitrio factus et suae potestatis, ipse sibi causa est, ut 


1) Vgl. Apol. II, 7, 8; 8, 1 (Heraklit und Musonius). 2) Vgl. 


 Apol. 1, 46, 2 ff. 8) H. Windisch, Die Theodizee des christlichen 
Apologeten Justin, Dissert. der Leipz. philos. Fakultät, 1906. 4) Orat. 


ed. Schwartz p. 7, 12f._ 5) Supplic. c. 24, p. 32, 11 ff. ed. Schwartz. 
6) Ad Autol. II, 27: ἐλεύϑερον γὰρ καὶ αὐτεξούσιον ἐποίησεν ὁ ϑεὸς 
τὸν ἄνϑρωπον. 


328 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


aliquando quidem frumentum, aliquando autem palea fiat. Qua- 
propter et iuste condemnabitur, quoniam rationabilis factus amisit 
veram rationem et irrationabiliter vivens adversatus est iustitiae 
dei oder IV, 37, 1: Illud autem, quod ait: Quoties volui col- 
ligere filios tuos et noluisti? veterem legem libertatis ho- 
minis manifestavit, quia liberum eum deus fecit ab initio, haben- 
tem suam potestatem sieut et suam animam ad utendum sententia 
dei voluntarie et non ceoactum deo ....... Posuit autem in 
homine potestatem eleetionis, quemadmodum et in angelis — et- 
enim angeli rationabiles —, uti hi quidem qui obedissent, iuste 
bonum sint possidentes, datum quidem a deo, servatum vero ab 
ipsis. Qui autem non obedierunt, iuste non invenientur cum 
bono et meritam poenam percipient!, Und ohne irgendwelche 
Seitenblicke auf die Schwäche der menschlichen Natur und des 
menschlichen Willens und der dadurch bedingten menschlichen 
Sündhaftigkeit und auf der andern Seite dadurch notwendigen 
göttlichen Erlösung und Unterstützung heißt es kategorisch: 
Dedit ergo deus bonum, ..... et qui operantur quidem illud, 
gloriam et honorem pereipient, quoniam operati sunt bonum, 
cum possint non operari illud; hi autem, qui illud non ope- 
rantur, indieium iustum exeipient dei, quoniam non sunt operati 
bonum, cum possint operari illud. Im Anschluß daran macht 
Irenäus energisch gegen die gnostische Prädestinationslehre Front: 
Εἰ φύσει οἱ μὲν φαῦλοι οἱ δὲ ἀγαϑοὶ γεγόνασιν, οὐὔϑ'᾽ οὗτοι 
ἐπαινετοί, ὄντες ἀγαϑοί, τοιοῦτοι γὰρ κατεσχευάσϑησαν᾽ οὔτ᾽ 
ἐχεῖνοι μεμπτοί, οὕτως γεγονότες. ᾿4λλ᾽ ἐπειδὴ οἱ πάντες τῆς 
αὐτῆς εἰσὶ φύσεως, δυνάμενοί τε κατασχεῖν καὶ πρᾶξαι τὸ 
ἀγαϑόν, καὶ δυνάμενοι πάλιν ἀποβαλεῖν αὐτὸ καὶ μὴ ποιῆσαι" 
— οἵ μὲν ἐπαινοῦνται καὶ ἀξίας τυγχάνουσι μαρ- 
τυρίας τῆς τοῦ καλοῦ χαϑόλου ἐκλογῆς καὶ ἐπιμονῆς οἱ δὲ 
καταιτιῶνται καὶ ἀξίας τυγχάνουσι ζημίας τῆς τοῦ καλοῦ καὶ 
ἀγαϑοῦ ἀποβολῆς ΑΥ̓͂, 31,3). Und in Übereinstimmung mit 
den Apologeten behauptet er die unverlierbare Wahlfreiheit 
seit Adams Sündenfall und trotz der allgemeinnn Herrschaft 
der Sünde vor Christi Auftreten kennt er Menschen, die sich 
Gerechtigkeit vor Gott erworben haben und Jünger des Herrn 
geworden sind, da die naturalia legis in vorchristlicher Zeit 


1) Vgl. adv. haer. IV, 37,5 u. V, 27,1. 


Soteriologie. 329 


ΕΣ den waren, per quae homo iustificatur, quae etiam ante 


ia Au Ze a 


legislationem eustodiebant, qui fide iustificantur et placebant deo 
(IV, 13, 1), nur mit dem Unterschiede, daß er als Schrifttheologe 
diese vorchristlichen Jünger nur auf das Judenvolk beschränkt, 
von heidnischen Frommen der Vorzeit nichts weiß. 

‚Angesichts dieser Anschauungen der zeitgenössischen Theo- 
logen wird man gespannt sein, in welchem Sinne der Verfasser 
der Epistola durch den Herrn selbst das angeregte Problem 
lösen läßt. Es ist nun selbstverständlich, daß der Herr nicht 
mit allgemeinen rationalen Erwägungen beginnt, sondern das 
Problem von der Schrift aus anpackt, indem er von dem Bei- 
spiel des Protoplasten ausgeht. „Dem Adam wurde die Macht 
(ἐξουσία) gegeben, daß er sich auswähle eins von beiden“ 
(S. 124,4 = Ko. XXVIL, 10). Ohne Zweifel hat Adam diese 
Fähigkeit von seinem Schöpfer empfangen, d. h. von dem Logos, 
der ja als Schöpfer des Menschen betrachtet wird. Er wurde 
also mit der Befähigung der Wahlfreibeit ausgerüstet, und zwar 
wurde er, wie der Schöpfer Liebt und Finsternis im Kosmos 

hatte, vor die Wahl gestellt, sich entweder für das 
Licht oder für die Finsternis zu entscheiden, d. h. im eigentlichen 
Sinne für das Gute oder für das Böse, Das ist ganz im Geiste 
der Apologeten und antignostischen Väter gedacht, denn auch 
Justin läßt, wie bereits bemerkt, das Wort des Moses an das 
Volk Israel, Deuteron. 30, 15. 19 an den Protoplasten gerichtet 
sein (Apol. I, 44, 1). Aber ganz überraschend folgt als Resultat 
der Wahl: „Er wählte das Licht und legte seine Hand darauf, 
die Finsternis ließ er hinter sich und warf sie von sich“. Denn 
man sollte doch annehmen, daß in christlichen Kreisen, denen 
der Bericht der Genesis bekannt und in denen die Briefe des 
Paulus gelesen wurden, allgemein die Ansicht verbreitet gewesen 
sei, daß durch Adams Ungehorsam die Entfremdung von Gott, 
die Sünde und damit der Tod als ein Verhängnis über die Mensch- 
heit gekommen, die Gottesebenbildlichkeit und Gotteskindschaft 


᾿ς werloren und alle Nachkommen Adams unter den Fluch der 


Sünde geraten wären, bis Christus als der zweite Adam dieses 
Todesverhängnis durch seinen Gehorsam am Kreuze aufgehoben 
und die Versöhnung der Menschheit mit Gott angebahnt hätte. 
Nichts von alledem hören wir aus dem Munde des Herrn. Nun 
wissen wir aber, daß diese Gedanken bei den Theologen des 


330 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


2. Jahrhunderts, überhaupt auch später bei den griechischen Vätern 
keinen fruchtbaren Boden gefunden, vielmehr erst durch das 
kirchliche Dogma von der Erbsünde seit Augustin im Abend- 
lande tiefere Wurzeln gefaßt haben. Was uns am meisten über- 
rascht, ist die Tatsache, daß Adam nach diesen Worten über- 
haupt keine Ungehorsamstat gegen Gott begangen hat, da er 
sich ja kraft der ihm geschenkten Wahlfreiheit ohne Schwanken 
für das Licht, d. h. für das Gute entschieden und mit klarem 
Bewußtsein die Finsternis von sich zurückgewiesen hat, So hat 
Adam auf Grund der in ihm niedergelegten guten Veranlagung 
die Probe bestanden; auf ihn kann als Massenerscheinung das 
moralisch Böse in der Welt nicht zurückgeführt werden. Vor- 
nehmlich ist die Freiheit des Willens zum Guten niemals durch 
Adams Schuld verloren gegangen, die Erkenntnis des wahren 
Gottes und der wahren Sittlichkeit von Gut und Böse keines- 


wegs verdunkelt. Dann aber steht die sündige Menschheit nicht _ 


unter einem Zwange; der individuelle Schuldeharakter kann 
nicht geleugnet werden. Deshalb fährt auch der Herr in Kon- 
sequenz dieses Gedankens fort: „Also haben alle Menschen die 
Macht (ἐξουσία), an das Licht zu glauben, welches ist das Leben 
und welches ist der Vater, der mich gesandt hat“. Ausdrück- 
lich heißt es „alle Menschen“; von Adam an bis jetzt hat ein 
jeder die eigene Verantwortung für sein sittliches Handeln, das 
mit dem Glauben an Gott identisch ist, zu tragen. Freilich be- 
schränkt inkonsequenter Weise der Verfasser diese Wahlfreiheit 
auf diejenigen Menschen, die wie Adam sich für das Licht ent- 
schieden haben, aber in ihrem sittlichen Verhalten vom Glauben 
wieder abgefallen sind. Denn es heißt $. 124, 9ff. — Ko. XXIX, 
2ff.: „Ein jeder aber, der glaubt (und) der tut die Werke des 
Lichtes, wird in ihnen leben. Wenn aber einer ist, der bekennt, 
daß er gehört zum Lichte und tut die Werke der Finsternis, 


ein Solcher besitzt keine Verteidigung zu sagen, noch wird er 


sein Antlitz erheben können, um anzuschauen den Sohn Gottes, 
welcher ich bin. lch werde nämlich zu ihm sagen: Als du 
suchtest, hast du gefunden, und als du batest, hast du empfan- 
gen. Womit verdammst du mich, o Mensch? Weshalb hast 
du dich von mir entfernt und hast mich verleugnet? Hat denn 
nicht ein jeder die Macht zu leben und zu sterben?“ Hier ist 
die spezielle Frage nach der Verantwortlichkeit der Menschheit 


Ti er a ον 


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Soteriologie. 331 


w bei der Entscheidung für den Glauben und Unglauben zu gun- 


sten der Spezialfrage in bezug auf die Schuld der vom Glauben 
Abtrünnigen verschoben. Doch gilt Adam als Repräsentant des 
Menschengeschlechtes, indem alle Menschen, vor die gleiche Ent- 
scheidung gestellt, aus eigener Kraft die gleiche Entscheidung 
für das Gute treffen können. Das ist unzweifelhaft die 
schroffste Antithese zu den Adam-Christus-Spekulationen des 
Paulus Röm. 5, 12ff. und 1. Kor. 15, 21f. 

So entsteht die Frage, ob die eben skizzierten Gedanken 
überhaupt auf großkirchlichem Boden gewachsen sind!. Ver- 
raten sie nicht gnostischen Geist wie manches andere vorhin 
Berührte? Die Gnostiker begrüßten tatsächlich in der Unge- 
horsamstat des Adam den Sieg des Lichtprinzipes im Menschen, 
des von der Mutter Sophia heimlich ohne Wissen des Demiur- 
gen in den Menschen eingesetzten pneumatischen Samens; sie 
priesen den angeblichen Sündenfall als den Abfall vom bösen 
Weltschöpfer, indem der Genuß vom Baume der Erkenntnis 
die wahre Gnosis zum Durchbruch gebracht hätte (Iren. adv. 
haer. I, 30,7). Noch näher läge es, an die eigentümlichen An- 
schauungen der in den Pseudoklementinen verarbeiteten ebioni- 
tisch-gnostischen Grundschrift zu erinnern. Denn hier gilt der 
Urmensch Adam als der Träger der reinen und vollendeten 
Gottesoffenbarang; in ihm bat sich der wahre Prophet inkar- 
niert, wie er auch zu den andern wahren Propheten kommt 
(Hom. 2, 52, 3, 20; 18, 13—14. Ree. 1, 27—43) und zuletzt in 
Christus selbst erscheint (Hom. 2, 52; 3, 20—24. Ree. 1, 47. 52). 
Unter der Herrschaft des Adam durchlebte die Welt am Anfang 
ein goldenes Zeitalter, denn er lehrte wie ein Vater seine Kin- 
der die Gottesliebe und gab der Welt ein ewiges Gesetz, das 
von keinem verfälscht, nirgends verborgen gehalten, sondern 
überall gelesen werden soll (Hom. 8, 10); zugleich hat Adam 
die Menschen zur Sündlosigkeit erzogen (Hom. 2, 52; Rec. 2,47), 
infolge dessen das Menschengeschlecht bis zur 8, Generation 


1) Die Arbeit von L. Troje, 444M und ZH. Eine Szene 


der altchristlichen Kunst in ihrem religionsgeschichtlichen Zusam- 


menhange [Sitzungsber. ἃ, Heidelberger Akademie d. Wissensch., 
philos.-hist. Kl. 1916, 17. Abhandl.) hat das patristische Material auf 
Kosten der religionsgeschichtlichen Erörterungen stiefmätterlich be- 
handelt. 


332 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


sündlos gewesen ist (Hom. 8, 11ff.; Ree. 1, 29), wie überhaupt 
alles Pneumatische von ihm stammen soll (Hom. 20, 2; 3, 25), 
während Eva als die Stammmutter alles Schleehten und Mangel- 
haften in der Welt gilt (Hom. 3, 17. 22. 42; 16, 6). Entsprechend 
dieser Verherrlichung des Adam wird der Sündenfall aus der 
Geschichte gestrichen, die Erzählungen vom Baum der Erkennt- 
nis des Guten und Bösen und von der Versuchuug des Adam 
durch die Schlange werden zu Legenden gestempelt; es sind 
falsche Perikopen auf Anstiften des Bösen (Hom. 2, 52; 3, 17. 
48). Rundweg wird die Behauptung aufgestellt: οὔτε Adau 
παραβάτης ἦν ὁ ἀπὸ τῶν τοῦ ϑεοῦ χειρῶν κυοφορηϑείς (Hom. 
2, 52). Dabei wird ebenfalls die Willensfreiheit des geschaffenen 
Menschen betont!, daher habe jeder Meusch die Freiheit ent- 
weder dem guten Könige durch gute Handlungen oder dem 
bösen König durch Sünden zu dienen und könne auch sein Zu- 
künftiges Schieksal in der Endzeit bestimmen (Hom. 20, 3). 
Vergleichen wir aber unsere Stelle mit den Ansichten der 
Gnostiker und Ebioniten?, so fällt der große Unterschied sofort 
in die Augen. Denn es handelt sich nicht um die Inkarnation 
des Urmenschen und um den wahren Propheten Gottes, auch 
nicht um die Gegnerschaft des Adam gegen den Demiurgen, 
sondern ausschließlich um das Problem der Gerechtigkeit des 
riehtenden Gottes und im Zusammenhang damit um das von 
Gott geschenkte Gut der Wahlfreiheit. Zu diesem Zwecke wird 
auf das Verhalten des Protoplasten rekurriert. Sein eigener 
Schöpfer, aber nieht der gnostische Demiurg, sondern der christ- 
liche Logos gibt ihm die Befähigung, nach freiem Willen sich 
für das Gute oder für das Böse zu entscheiden. Nun erinnern 
wir uns, daß die Apologeten dasselbe Problem mit Hilfe von 
rationellen, philosophischen Gedanken zu lösen suchten. Aber 
dabei springt in die Augen, daß bei ihnen der christliche Ge- 
danke von dem Verlust des Ebenbildes Gottes und von der all- 
gemeinen Sündhaftigkeit durch den Fall Adams garnicht zur 
Geltung kommt. Justin® bringt es fertig, in den Apologien von 


1) Vgl. Hom. 20, 2: τὸν οὖν ἄνθρωπον αὐτεξούσιον ἐποιήσεν ἐπι- 
τηδειότητα ἔχοντα νεύειν πρὸς ἃς βούλεται πράξεις, 2) Über ähn- 
liche Anschauungen betreffs des Adam bei den verwandten Elkesaiten 
vgl. Epiph. haer. 30,3; 53,1. 8) Die andern Apologeten hüllen sich 
in betreff des Sündenfalls Adams ebenfalls in Schweigen. 


si 2 ee a, 


Soteriologie.. 233 


Bi Sünde in der Welt zu reden, ohne überhaupt des Abfalls 
Adams von Gott zu gedenken, denn die Sünde Adams verträgt 


sich wenig mit der auch nach der Katastrophe behaupteten 
Willensfreiheit, deshalb er die Schuld an der Sündhaftigkeit 
der Menschen den bösen Dämonen in die Schuhe schiebt, die 
das menschliche Geschlecht mittelst trügerischer Zauberkünste 
und Schriften zum Abfall von Gott und zum Götzendienst ver- 
führen und alles Unsittliche verursachen (Apol. II, 5; I, 10, 6; 
12,5). Es ist doch mehr als auffallend, daß er an der einzigen 
Stelle, wo er des Protoplasten gedenkt (1, 44, 1), die Wahl- 
freiheit aus der Deuteronomiumstelle 30, 15. 19 mit der Losung 
belegt: ἔχλεξαε τὸ ἀγαϑόν. Aber ob Adam seine Wahlfreiheit 
zum Guten oder zum Bösen wirklich ausgeübt hat, darüber geht 
er mit Stillschweigen hinweg. Daß die Freiheit intakt geblieben, 
ist für ihn die Hauptsache, die Geschichte vom Sündenfall kann 
er seinen heidnischen Lesern nieht vortragen, sie würden ihn 
sofort auf den inneren Widerspruch aufmerksam machen. Da- 
gegen bemüht sich Justin im Dialoge, wo er einem Juden sich 
sieht, die jüdisch -ehristlichen Anschauuungen 

über Adams Fall mit dem Dogma der Willensfeiheit in Ein- 
zu bringen. Hier lesen wir e. 58; 315 Ὁ ἔν: Καὶ οὐχ os 

ἐνδεᾶ αὐτὸν (sc. Χριστὸν) τοῦ βαπτισϑῆναι..... οἴδαμεν αὐτὸν 
ἐληλυϑέναι ἐπὶ τὸν ποταμόν, ὥσπερ οὐδὲ τὸ γεννηϑῆναι αὐτὸν 
καὶ σταυρωϑῆναι ὡς ἐνδεὴς τούτων ὑπέμεινεν, ἀλλ᾽ ὑπὲρ τοῦ 
γένους τοῦ τῶν ἀνθρώπων ὃ ἀπὸ τοῦ ᾿Αδὰμ ὑπὸ ϑάνατον 
καὶ πλάνην τὴν τοῦ ὄφεως ἐπεπτώχει, παρὰ τὴν ἰδίαν αἰτίαν 
ἑχάστου αὐτῶν πονηρευσαμένου. Βουλόμενος γὰρ τούτους ἐν 


ἐλευϑέρᾳ προαιρέσει, καὶ αὐτεξουσίους γενομένους, τοὺς τε 


ἀγγέλους χαὶ τοὺς ἀνθρώπους, ὁ ϑεὸς πράττειν ὅσα ἕχαστον 
ἐνεδυνάμωσε δύνασθαι ποιεῖν, ἐποίησεν, εἰ μὲν τὰ εὐάρεστα 
αὐτῷ αἱροῖντο καὶ ἀφϑάρτους καὶ ἀτιμωρήτους αὐτοὺς τηρῆ- 
σαι, ἐὰν δὲ πονηρεύσωνται, οἷς αὐτῷ δοχεῖ, ἕχαστον κολάζειν. 
Man ersieht aus diesen Ausführungen, daß die kirchlichen Ge- 
danken über Adam dem Justin wohl vertraut sind, die Verfüh- 
rung durch die Schlange und die παράβασις des Adam wird 
zugestanden ! (vgl. 6. 94; 322 A), aber sofort bricht er diesem die 


1) Im übrigen wird sonst die Verführung auf die Eva be- 
schränkt (vgl. c. 79; 306 A — c. 100; 327C — ce. 124; 353D. An 
letzterer Stelle ist von der παρακοὴ τῶν ἀνθρώπων, d. h. des Adam 


334 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Spitze ab, indem er hinzufügt, daß jeder Mensch aus eigenem 
Antriebe das moralisch Böse tut. Darauf ruht der Hauptaccent, 
Wenn also der Mensch seit Adam! sündigt, so folgt er nur dem 
Beispiele Adams, ohne daß aber die Sünde Adams die Ursache 
seiner eigenen Sünde ist. Die ἐλευϑέρα προαίρεσις und αὐτεξ- 
ovoi« hat keine Beschränkung erfahren. Für jedes einzelne 
Adamskind bleibt der Satz in Geltung: αἰτία ἑλομένου, ϑεὸς 
ἀναίτιος und Gott ist ein gerechter Richter. 

Wenden wir uns jetzt zu dem Verfasser der Epistola, so 
ist ersichtlich, daß er aus den gleichen Motiven wie Justin die 
absolute Wahlfreiheit der Menschen statuiert, aber indem er die 
generelle Willensfreiheit zum Guten in ihrer geschichtlichen 
Tatsächlichkeit auch bei Adam bestehen läßt und die Geschichte 
vom Sündenfall ignoriert, haut er mit einem Schlage den gor- 
dischen Knoten durch, der sich zwischen der rationalen und 
der religiösen Gedankenreihe befindet. Hat Adam wirklich das 
Gute gewählt, so ist auch jedes Adamskind befähigt, sich 
für das Gute zu entscheiden und ist voll und ganz verantwort- 
lich für seine bösen Taten, da es ja das Gute kennt. Eine 
pessimistische Weltbetrachtung liegt unserm Verfasser fern. 
Dem Einwande, daß bei dieser Sachlage die Herabkunft Christi 
zur Erlösung der Menschheit gar nicht notwendig gewesen wäre, 
begegnet er mit den Worten: „Um derentwillen, die meine 
Worte verderben, bin ich herabgekommen vom Himmel. Ich 


und der Eva die Rede. Aber auch hier wird der Schuldcharakter 
jedes einzelnen Meuschen betont, indem Justin Ps. 81, 6. 7 folgender- 
weise interpretiert: τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον ὀνειδίζει τοὺς ἀνθρώπους, 
τοὺς καὶ ϑεῶ ὁμοίους ἀπαϑεῖς καὶ ᾿ἀϑανάτους, ἐὰν φυλάξωσι τὰ προσ- 
τάγματα αὐτοῦ, γεγενημένους καὶ κατηξιωμένους ὑπ᾿ αὐτοῦ υἱοὺς 
αὐτοῦ καλεῖσϑαι, καὶ οὗτοι ὁμοίως τῷ Adau καὶ τῇ Εὔα ἐξομοιούμενοι 
ϑάνατον ξαυτοῖς ἐργάζονταν ἐνόν καὶ οὕτως ἀποδέδεικται ὅτι ϑεοὶ 
κατηξίωνται γενέσϑαι καὶ υἱοὶ. ὑψίστου πάντες δύνασϑαι γενέσϑαν 
κατηξίωνται καὶ παρ᾽ ξαυτοὺς καὶ κρίνεσϑαι καὶ καταδικάζεσϑαι μέλ- 
λουσιν, ὡς καὶ ᾿Αδὰμ καὶ Eva, 

1) Man beachte, Justin schreibt ἀπὸ τοῦ ’Adau, nicht διὰ τοῦ 
"Adau, 2) Auch dem Irenäus, der ja als entschiedener Schrift- 
theologe den Sündenfall anerkennen muß, ist derselbe für die be- 
hauptete unverlorene Willensfreiheit zum Guten ein unbequemes Erb- 
stück; daher sucht er Adam möglichst zu entlasten, indem er die 
Schuld dem Verführer zuschiebt. Vgl. Werner, Der Paulinismus. un 
Iren. S. 1321. 


bin der Logos, ich wurde Fleisch, indem ich mich abmühte und 
lehrte, damit die Gefallenen gerettet werden und die Verirrten 
verloren gehen ewiglich* (8. 128, 1f.— Ko. XXX, 83). Also 
am Anfang stand die Uroffenbarung des Logos; die wahre Got- 
teserkenntnis und die göttlichen Sittengebote waren allen Men- 
schen bekannt, und doch muß zugegeben werden, daß der alte 
Zustand nieht mehr vorhanden ist, daher die Erscheinung des 

im Fleische eine Notwendigkeit war. Eine Verderbnis 
der Worte des Logos war nämlich von irgendwelcher Seite ein- 

; so mußte das ewige Gesetz wieder von neuem verkün- 
det, die Menschheit von dem Irrtum befreit werden. Der gött- 
liche διδάσκαλος hat seine Mission vollbracht; von jetzt ab kann 
noch weniger die Verantwortlichkeit der Menschen geleugnet 
werden. Deshalb trifft sie auch die gerechte Strafe und so 
schließt der Herr diese Episode mit den Worten ab: „Man wird 
sie peinigen lebendig und sie bestrafen an ihrem Fleisch und an 
ihrer Seele“ (S. 128, 3 ---. Ko. XXX, 7), 

Das alles atmet den Geist der Apologeten. Der enge Zu- 
sammenhang der Logoschristologie und des Dogmas der Willens- 
freiheit speziell mit Justin ist unverkennbar. Dann kann ich in 
der entschiedenen Ableugnung des Sündenfalles nur eine Über- 

der rationalistischen und moralistischen Theologie auf 
. das religiöse Gebiet erblicken, zu deren Gunsten jeder Gedanke 
der Entschuldbarkeit ausgemerzt werden sollte. Der radikale 
Pessimismus der Gnostiker ist somit überwunden und jede Be- 
hauptung, daß das moralisch Böse eine Frucht der Natur- 
beschaffenheit des Menschen sei, a limine abgewiesen. Daß 
der Verfasser einen derartigen Gedanken, der der biblischen 
Tradition direkt ins Gesicht schlägt, überhaupt durch den Mund 
des Herrn verkünden lassen konnte, ist m. E. ein Zeichen hohen 
Alters der Schrift; nach der Epoche des Irenäus! wird sie 
kaum entstanden sein. 

Nun soll der sittliche Ernst keineswegs verkannt werden, 
der aus den Worten des Herrn entgegentönt, wenn der mensch- 
liche Wille zur alleinigen Ursache aller Tugenden und Laster 


1) Bei Irenäus sind wenigstens die paulinischen Gedanken von 
Adam-Christus, wenn auch nicht in genuiner Fassung, verwertet (vgl. 
Werner, Der Paulinismus des Iren. S. 128 ff.). 


336 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


proklamiert wird, aber von dem Jesus der Evangelien verspüren 
wir wenig. Es herrscht nur der rigoristische Standpunkt, der 
den Abtrünnigen die furchtbarsten Strafen in Aussicht stellt. 
Selbst die Jünger sind über diesen Rigorismus erschrocken und 
können ihr Mitgefühl mit dem Schicksal der Unglücklichen 
nicht unterdrücken, indem sie sprechen ($. 128, θ΄, = Ko. XXX, 
9f.): „Wahrhaftig wir tragen Sorge um ihretwillen“. Daran 
schließt sich folgender Epilog. Der Herr antwortet: „Recht- 
schaffen handelt ihr, denn die Gerechten tragen Sorge um die 
Sünder und beten für sie, indem sie meinen Vater bitten“. Dies 
veranlaßt die Jünger zu der Frage: „Ist denn niemand, der dich, 
o Herr, anfleht?*! Und sie erhalten die Antwort: „Ja, ich 
werde hören auf das Gebet der Gerechten, daß sie für sie (sc. die 
Sünder) vollbringen“. Wir werden erinnert an den christlichen 
Brauch, daß die Christen Fürbitte einlegen bei Gott für die Sün- 
der?, da sie von Trauer erfaßt sind über begangene Sünden, 
noch mehr aber über die furchtbaren Strafen, die den verstor- 
benen Sündern drohen®. Dabei wird die andere Frage ange- 
schnitten, ob der Christ sein Fürbittengebet neben Gott auch an 
Christus richten soll. Es scheint noch eine Unsicherheit darüber 
zu herrschen. Denn der Herr selbst weist die Fürbitter an 
seinen Vater, andererseits spielt aber im Gebetsleben der ältesten 
Christen das Beten zum erhöhten Herrn eine große Rolle, 
Daher die Frage der Jünger betreffs der Wirkung der Fürbitte an 
ihn. Der Herr nimmt hier nicht für sich die Stellung eines ver- 
mittelnden Hohenpriesters in Anspruch, sondern tritt vollständig 
an die Stelle des Vaters, indem er von sich aus die Gebete der 
Gerechten für die Sünder erhören will, denn er ist ja der Rich- 
ter über die Lebendigen und Toten und von seinem Urteils- 
spruche hängt das definitive Schicksal der Menschen ab. 


IX. Eschatologie. 


Hatten die Gnostiker mit der Ablehnung der zweiten Pa- 
rusie Christi den gesamten eschatologischen Ideenkomplex über 


1) Der Kopte bietet fälschlich: „O Herr, weshalb scheut sich 
niemand vor Dir?* 2) 1. Joh. 5, 16; Jac. 5, 16; Act. 8, 24; Igna- 
tius, Smyrn. 4, 1; Justin, Dial. ec, Tryph, e. 35; 254 B. 3) Aristi- 
des, Apolog. c. 15. 4) Vgl. von der Goltz, Das Gebet 8, 127 ft, 


— Eschatologie. 337 
Bord geworfen, so werden wir in der Annahme nicht fehlgehen, 


daß in einem antignostischen Werke diese Fragen der christ- 
lichen Hoffnung in den Vordergrund gerückt sind. Und in der 
Vat durchzieht die ganze Epistola wie ein roter Faden das eseha- 


tologische Problem. Da der Verfasser den Gemeindeglauben 
verteidigen will, bemüht er sich auf dem Wege der Offenbarung 
die Lücken der Erkenntnis auszufüllen und durch den Mund 
des Herrn alle Einwendungen zu beseitigen. 

Die christliche Gemeinde verehrt in Christus nicht so sehr 
den gegenwärtigen, nach der Himmelfahrt zur Rechten des Va- 
ters sitzenden χύριος, sondern im Anschluß an die regula den 

i vom Himmel herabkommenden Richter der Leben- 
digen und der Toten (S. 56, 10 — Ko. IX, 10). Diesen erwartet sie 
mit voller Inbrunst als den Inhaber der βασιλεία und den Brin- 
ger aller göttlichen Gnadenverheißungen. Um so mehr versteht 
man das dringende Verlangen, die Zeit zu erkennen, wann der 
Moment der zweiten Parusie eintreten wird, Die Verheißungen 
Jesu, daß noch dieselbe Generation seine Wiederkunft erleben 
werde (Matth. 16, 28 u. Par.; Matth. 24, 34 u. Par.), die Hoff- 
nung des Paulus, noch selbst Zeuge der Parusie zu sein (1. Kor. 
15, 51; 1. Thess. 4, 15f.), die Prophezeihungen des Apokalyp- 
tikers Johannes (Apok. Joh. 22, 20) waren nicht in Erfüllung ge- 

Aber trotzdem gehört unser Verfasser nicht zu den- 
jenigen, die infolge dieser Verzögerung in ihrem Glauben wan- 
kend geworden sind (2. Petr. 3, 4; 1. Clem. 23, 2ff.), auch ge- 
hört er nicht zu denjenigen, die die Wiederkunft in eine nebel- 
hafte Zukunft rücken oder sich beruhigen mit den Worten Jesu 
Matth. 24, 36; Mare. 13, 32; Luc. 12, 40; Act. 1, 7 (Vgl. auch 
1. Thess. 5, 1f.; 2. Petr. 3, 10; Apok. Joh. 3, 3; 16, 15), viel- 
mehr möchte er eindringen in das den Menschen verborgene 
Geheimnis. Deshalb richten die Apostel, als der Herr verheißt, 
auf die Erde herabzukommen, um zu richten die Lebendigen 
und die Toten, sofort die Frage an ihn: „O Herr, nach wieviel 
Jahren wird dies geschehen?“ (S. 56, 12 — Ko. IX, 11). Man 
sollte erwarten, daß der Herr diese vorwitzige Frage zurück- 
weisen würde, statt dessen die prompte Antwort: „Wenn der 
hundert und zwanzigste Teil vollendet sein wird, zwischen der 
Pentekoste und dem Fest der Ungesäuerten wird stattfinden die 


3 Ankunft des Vaters“. Eine derartige bestimmte Angabe von 
Ε 22 


T. u. U. 4: Schmidt-Wajnberg. 


338 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Jahr und Tag wird man in der bisher bekannten altchristlichen 
Literatur vergebens suchen. Der Herr stellt seine Ankunft auf 
Grund des koptischen Textes nach Verlauf von 120 Jahren in 
Aussicht oder, rechnen wir die 30 Jahre seiner Lebenszeit hinzu, 
verlegt sie in den Zeitraum nach 150. Indem uns dieses Datum 
noch weiter bei der chronologischen Fixierung der Epistola be- 
schäftigen wird, möchte ich hier nur die Angabe über den Tag 
der Wiederkunft näher beleuchten. Dieser Tag wird auf die 
Zeit zwischen der Pentekoste und dem Tage der Ungesäuerten 
verlegt. Zunächst ist zu beachten, daß die jüdischen Bezeich- 
nungen beibehalten werden. Denn unter πεντηχοστή ist der 
Tag des jüdischen Festes für die Erstlinge der Natur (Tob. 2, 
1; Act. 2, 1; 1. Kor. 16, 8) zu verstehen, wie auch die ἄζυμα 
als die siebentägige Festwoche von dem Passah unterschieden 
werden. Die Christen. dagegen verstanden unter Pentekoste 
den ganzen Zeitraum vom Auferstehungstage bis zur Feier der 
Ausgießung des heiligen Geistes und warfen die Azyma mit dem 
Passah zusammen. Unserm Verfasser sind also die jüdischen 
Festtage bekannt; um somehr wundert man sich, daß er das 
zeitliche Verhältnis umdreht, da die Pentekoste-als 50. Tag 
auf das Passahfest folgt, während hier der Termin auf die 
Zeit zwischen Pentekoste und dem Fest der Ungesäuerten ver- 
legt wird. Welche Motive den Verfasser zu dieser Zeitbestim- 
mung bewogen haben, ist sein Geheimnis, wie es überhaupt un- 
gewiß bleibt, ob ihm. wirklich ein bestimmter Tag vorge- 
schwebt hat. 

Ist nun scheinbar die Neugierde der Jünger nach dem zeit- 
lichen Termin befriedigt, denn sie knüpfen keine weiteren 
daran, so kommen sie an einer andern Stelle auf die Vorzeichen 
der Ankunft Christi und des Endes der Welt zurück. Diesmal 
sind es die Andeutungen, die nach den evangelischen Berichten 
(Matth. 24 u. Par.) Jesus in den Mund gelegt sind, aber zu un- 
bestimmt und dunkel! gehalten sind. Die Apostel sprechen 8. 
102, 8ff.: „O Herr, so viel Wichtiges hast du zu uns gesprochen 
und uns enthüllt und hast uns mitgeteilt, was nie gesagt wor- 


1) Ich mache darauf aufmerksam, daß die Schilderung der 
letzten Dinge nur in der äthiopischen Übersetzung erhalten ist. Für 
ein kurzes Stück kommt noch die Kontrolle in der angehängten Apo- 
kalypse 8. 52*f. hinzu. | 


Eschatologie. 339 
den war, und in allem hast du uns Ruhe geschenkt und bist 
uns gnädig gewesen. Nach deiner Auferstehung offenbartest du 
uns alles, damit wir wirklich erlöst werden. Du sagtest uns 
aber bloß, es werden Zeichen und Wunder geschehen im Him- 
mel und auf der Erde, noch bevor das Ende der Welt kommt'. 
Lehre uns nun, auf daß wir es also erkennen“, Der Herr zeigt sich 
zur Offenbarung dieser Dinge bereit, kündigt aber zugleich an, 
daß die Wehen selbst von den Jüngern nicht mehr erlebt wer- 
den, sondern von der nächsten Generation. So wenigstens 
glaube ich die Worte deuten zu müssen: „Ich werde (es) euch 
lehren, nicht jedoch an euch (zu eurer Zeit) wird es geschehen, 
sondern an denjenigen, die ihr belehren werdet und die glauben 
werden, sowie auch an denjenigen, die diesen Mann hören (se. 
Paulus) und an mich glauben. In jenen [Jahren und) Tagen wird 
es geschehen“? (S.103,2ff.). Die Zeit der Apostel wird vorübergehen, 
aber die von ihnen und von Paulus gewonnenen Christen sollen 
Zeugen der letzten Wehen sein. Also auch hier scheut der 
Verfasser sich nicht, eine bestimmte Zeit anzugeben, und dies ist 
wiederum ein wichtiger Fingerzeig für die Entstehung der Epi- 
tola. Als Zuschauer der Geschehnisse sind Gläubige und Un- 
© länbige gedacht und als Zeichen der Endzeit werden 8. 104, 
2. folgende angeführt: 
— 1. das Vernehmen eines Blasens der Trompete vom Him- 
- mel her*. (Vgl. Matth. 24, 31; 1. Kor. 15, 52; 1. Thess. 4, 16; 
Did. 16, 6; 1V. Esra 6, 23) 

2. Auflösung aller bestehenden Ordnungen in der Gestirn- 
‚welt: 
a) Erscheinen großer Sterne am Tage. 


h) Wunderbare Zeichen vom Himmel bis zur Erde reichend. 
0.0) Fall von feurigen Sternen auf die Erde (Vgl. Matth. 
00.24, 29; Apok. Joh. 6, 13; 8, 10; 9, 1; Sibyll. VIII, 341). 
d) Großer starker Feuerhagel. 

e) Gegenseitiger Kampf der Sonne und des Mondes (Sibyll. 
V, 5128... 


1) Betreffs des Ausdruckes συντέλεια τοῦ αἰῶνος vgl. Matth. 13,39. 

40.49; 24,3; 28,20. 2) Diese lange Anrede leitet gewissermaßen 

‚ein neues Thema, den zweiten Teil der Epist. ein. 3) In der apoka- 

Iyptischen Zeitsprache heißt es immer: ἐν ταῖς ἡμέραις ἐκείναις. 4)So 

ist der — nach A und der Parallelstelle S. 52*, 10 herzustellen. 
22 ” 


340 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


3. “πόκον Naturereignisse auf Erden: 
a) Fortwährendes Donnern und Blitzen und Erdbeben (Vgl. 

Matth. 24, 7; Marc. 13, 8; Luc. 21, 11; Sibyll. III, 341). 

b) Zusammensturz von Städten mitsamt ihren Bewohnern 
(Vgl. Sibyll. III, 341). 

ce) Dürre infolge Regenmangels und Hungersnot (Vgl. Syr. 
Bar. 27, 6; Henoch 80, 2; Sibyll. III, 539 — Maith, 
24, 7 u. Par.).! 

d) Pest und ungeheure Sterblichkeit, so daß keine 
keit zum Beerdigen verhanden; dazu starke — 
der Menschen, besonders der nächsten Angehörigen, die 
sich um die Toten nicht kümmern 2, 


So lastet der Zorn Gottes schwer auf die Menschen wegen 
ihrer Boshaftigkeit und zahlreichen Sünden (S. 109, 1f.). Da 
erheben die Apostel die Frage, was denen geschehe, die auf 
den Herrn hoffen (S. 109, 4). Offenbar steckt hinter dieser Frage 
der Zweifel an Gottes Gerechtigkeit, weil auch die Gläubigen 
von der gleichen Plage dahingerafft werden und die Heiden mit 
gewissem Rechte den Christen entgegenhalten, wo denn ihr 
Spezialgott sei (S. 111, 6), auf den sie so sehr pochen. Für den 
wahren Christen ist aber nach der Antwort des Herrn das Lei- 
den kein wirkliches, sondern dient nur zur Prüfung des rechten 
Glaubens (S. 111, 7; 112, 2; vgl. Jac. 1, 3; 1. Petr. 1, 7). Noch 
aber sind alle diese Plagen nur der Anfang der Wehen; neues 
Unheil droht denen, die der Pest entronnen sind. Es naht die 
letzte Phase vor dem Weltgericht (8.116, 1ff.). Krieg über Krieg 
wird stattfinden (vgl. Matth. 24,7 u. Par.), die vier Eeken der Erde 
werden mit einander Krieg führen (Apok.20,8), die Lichter werden 
verfinstert (vgl. Matth. 24, 29), die Lüfte erschüttert, Finsternis 
und Dürre werden eintreten. Dazu kommen Vertolgungen der 
Auserwählten (vgl. Matth. 24, Sf. u. Par.; 2. Thess. 1, 4f.); ja 
selbst unter den Gläubigen erhebt der Zweifel und der Streit 


1) Nach der Parallele 5, 53*, 5 versiegen die Wassergründe, 
trocknen die Flüsse aus und tritt das Meer zurück. 2) Dieses 
lieblose Verhalten der Heiden beim Wüten der Pest in Ä 
schildert Dionysius von Alex, bei Euseb, h. 6, VII, 22, 10: καὶ νοσεῖν 
τε ἀρχομένους ἀπωϑοῦντο καὶ ἀπέφευγον τοὺς — χὰν ταῖς ὑδοῖς 
ἐρρίπτουν ἡμιϑνῆτας καὶ νεχροὺς ἀτάφους ἀπεσκυβαλίξοντο. Vgl.Cyprian 
ad Demetr. c. 10: Pontius, Vita Cypr. c. 9 u. Euseb. h. 6, IX, 8, 14. 


Eschatologie. 341 
‘ das Haupt (vgl. Matth. 24, 10 u. Par.), infolge dessen macht sich 
der Abfall breit. Zahlreiche Irrlehrer werden auftreten und 
eitle Lehre verbreiten (vgl. Matth. 24, 11 u. Par.; 2. Thess. 2, 3), 
und mancher der Gläubigen wird ihnen anheimfallen!. Dann 
aber folgt das Gericht, indem der Herr im Auftrage des Vaters 
er zum zweiten Male auf der Erde erscheint. 
ἃ In weleher Gestalt wird nun der Herr kommen? Auch diese 
Ε Frage möchten die Apostel in ihrer Wißbegierde gern beantwortet 
wissen. Sie sprechen daher also: „O Herr, was du nämlich uns zu- 
vor offenbart hast, ist herrlich. Wirst du nun kommen in Kraft von 
irgemiwelcher Beschaffenheit oder in Wahrnehmbarkeit irgend- 
welcher Art?“ G. 56,3f. — Ko. IX,2f.). Diese Frage, ob Christus in 
leiblich sichtbarer Gestalt, d. h. ἐν αἰσϑήσεε, oder in göttlicher 
Kraft, d. h. ἐν δυνάμει 3 erscheinen werde, ist durchaus keine rein 
akademische, vielmehr steht im Hintergrunde eine realistisch 
; gestimmte Strömung, die wie Irenaeus® und Tertullian® im An- 
2 schluß an Act. 1, 11 vermeint, daß Christus in demselben Fleische 
ᾷ wieder erscheinen werde, in welchem er vor seinem Aufstieg 
zum Vater auf Erden wandelte. Demgegenüber versichert der 
Herr: „Wahrlich nämlich ich sage euch: Ich werde nämlich 
kommen in der Art der Sonne, die aufgegangen ist, und ich 
bin leuchtend siebenmal mehr als sie (sc. Sonne) in meinem 
Glanze. Indem die Flügel von Wolken mich (tragen?) im Glanz, 
und indem das Zeichen des Kreuzes vor mir her ist, werde ich 
herabkommen auf die Erde“ (8. 56, 6f. = Ko. IX, δῖ). Diese 
Schilderung des herabkommenden Messias ist ohne Zweifel nicht 
dem Kopfe unseres Verfassers entsprungen, sondern geht auf 
ältere apokalyptische Vorbilder zurück, ist also traditionelles 
Gut. In der sogenannten Apokalypse des Elias® begegnen wir 
z.B. einer Darstellung, die frappante Züge der Übereinstimmung 
zeigt, indem es heißt: „Wenn der Gesalbte kommt, so kommt 
er wie eine Taubengestalt (?), indem der Kranz von Tauben ihn 


1) Vgl. die ähnliche Schilderung der Zustände innerhalb der 
 <hristlichen Gemeinden vor dem Endgericht in der Asc. Jes. c. 3, 21 fl. 
f ΤᾺ Vgl. Matth, 24, 30 u. Par. μετὰ δυνάμεως καὶ δόξης πολλῆς. 
3) ady. haer. III, 16, 8: ὃς καὶ ἐν τῇ αὐτῇ σαρκί, ἐν ἡ καὶ ἔπαϑεν, 
τὴν δόξαν ἀποκαλύπτων τοῦ πατρός. 4) adv. Prax. c. 30: 
Hie et venturus est rursus super nubes caeli qualis et ascendit. 
5) ed. Steindorff, TU, N. Ε΄. Bd. II, H. 3a, 8. 87. 


342 Schmidt-Wajnherg: Epistola apostolorum. 


umgibt, indem er geht auf den Wolken des Himmels, und in- 
dem das Zeichen des Kreuzes vor ihm herzieht, indem die ganze 
Welt ihn sehen wird wie die leuchtende Sonne von den Gegen- 
den des Sonnenaufganges bis zu den Gegenden des Sonnenunter- 
ganges. Also wird er kommen, indem alle seine Engel ihn 
umgeben“. Bei der zweiten Parusie ist demnach der Messias 
mit göttlicher Majestät bekleidet, die er bei seiner ersten An- 
kunft vor den feindlichen Mächten verborgen hatte, um uner- 
kannt sein Erlösungswerk durchführen zu können. Er kommt 
in eigener δόξα, die sicherlich mit der δόξα des Vaters identisch 
ist, Sie wird sinnfällig mit der leuchtend aufgehenden Sonne 
verglichen ἢ, ja überstrahlt sie noch siebenmal. Die Verwen- 
dung der heiligen Siebenzahl ist ebenfalls ein traditioneller Zug. 
So überliefert Clemens Alex. (Strom. V, 77,2; Bd. II, 8. 377 ed. 
Stählin) folgendes Zitat aus der Sophonias-Apokalypse: χαὶ av- 
ἐλαβέν μὲ πνεῦμα καὶ ἀνήνεγκέν μὲ εἰς οὐρανὸν πέμπτον καὶ 
ἐϑεώρουν ἀγγέλους καλουμένους κυρίους... καὶ ἦν ἑκάστου αὐτῶν 
ὁ ϑρόνος ἑπταπλασίων φωτὸς ἡλίου ἀνατέλλοντος 3. 
Daß der Herr auf den Wolken des Himmels herabkommt, ist 
eine auf Grund von Dan. 7, 13 feststehende Vorstellung?. Sie 
gehört ebenso zum Kerygma über Christus wie sein Kommen 
ἐν δόξῃ". Nur der himmlische Hofstaat, d. h. die Heerscharen 


1) So glaubt der Apokalyptiker in dem großen Engel, dessen 
Antlitz wie die Strahlen der Sonne in seiner Herrlichkeit leuchtet, 
Gott den Allmächtigen vor sich haben; s. Apok. des Sophonias ed. 
Steindorfi, 1. c. S. 51. 2) Vgl. Slav. Henoch (Bonwetsch, Abh.d, 
Gött. Ges. d. Wissenschaften, philol.-hist. Kl. 1896, Neue Folge I, 3) 
c. 66, 7: Selig sind die Gerechten, welche entfliehen dem großen Ge- 
richt, weil sie leuchten werden mehr denn die Sonne siebenfach. 
Desgleichen in der neuen Apokalypse S. 63*, 7: „und es wird ihr 
(se. der Geliebten) Gesicht siebenfach mehr leuchten als die Sonne“. 
3) Vgl. Matth. 24, 30 u. Par.; 26, 64; Apok. Joh. 1, 7;-Jacobus bei 
Hegesipp nach Euseb. ἢ, 6. II, 23, 13; Didache c. 16, 8; Justin, Apol, 
I, 51, 9; Dial. c. 14; 232D — c. 31; 247 Ὁ — c. 120: 348 D; Iren. 
adv. haer. V,30, 4; Tertullian adv. Prax. c.30. 4) Vgl. Matth. 16, 27 
u. Par.; 24, 30 u. 'Par.: 25, 31; Justin, Apol. I, 50, 1; 51, 8; 52, 8; 
Dial. e. 14: 232D — e. 31; 247D u. ö., Hegesipp bei Euseb, h. e. 
III, 20, 4; Polykrates im Briefe an Victor bei Euseb, ἢ. 6. V, 24, 2; 
Martyrium des Paulus (Acta Pauli) p. 115, 1 ed. Lipsius, Act. apost. 
apocr. I — 2. Clemens e. 17, 5; Iren. περὶ ὀγδοάδος bei Euseb. ἢ. e. 
V, 20, 2; adv. haer. I, 10, 1; ΤΙ, 4, 2; 5,3; 16, 8; V, 80,4; Tertul- 
lian, de praescr. haer. 6. 18. 


Eschatologie. 343 


der Engel, von denen der Messiaskönig sonst bei seiner Herab- 
 kunft umgeben ist!, wird nicht ausdrücklich an dieser Stelle er- 
 wähnt, und doch kommt dieser nicht allein, denn kurz vorher 
(S. 56,1 = Ko. IX,1) hat er verkündet: „ich werde kommen mit 
denen, die um meinetwillen getötet sind*?, Das sind die Märty- 
rer, die in Übereinstimmung mit dem Glauben des Popular- 
ehristentums sofort mit Christus in seinem Reiche vereint wer- 
den und jetzt bei seiner Herabkunft sich ihm anschließen, um 
gleichsam als Richter und Ankläger gegen ihre Peiniger aufzu- 
treten (vgl. Apok. Joh. 20, 4). Diese felsenfeste Überzeugung 
bringt der Verfasser der Paulusakten in den letzten Worten des 
Paulus an seine Henker zum ergreifenden Ausdruck: εἰ ἤδεεν 
ὅτε ἀποϑνήσχω ἐποίησα αὐτό, Aöyys καὶ Κέσχε, ἐπεὶ δὲ ζῶ 
τῷ ϑεῷ καὶ ἐμαυτὸν ἀγαπῶ, ὑπάγω πρὸς τὸν κύριον, ἵνα 
ἔλϑω μετ᾽ αὐτοῦ ἐν τῇ δόξῃ τοῦ πατρὸς αὐτοῦ. 
Ohne Zweifel bilden die Märtyrer nur einen Teil der Begleit- 
mannschaft des Herrn, denn auch sonst bören wir von Scharen 
der „Heiligen“, wie z. B. in der Ascens, Jes. c.4, 14: „Und nach 
eintausenddreihundert und zweiunddreißig Tagen wird der Herr 
mit seinen Engeln und mit den Heerscharen der Heiligen aus 
dem siebenten Himmel kommen“. Hier werden die @yıo: deut- 
lich von den Engeln unterschieden; es sind nach e. 9, 7f. die 
 alttestamentlichen Gerechten von Adam an, die sich im sieben- 
ten Himmel befinden und teilweise mit dem Auferstandenen 
dorthin gelangt sind und ihre Throne und Kronen empfangen 
haben. Von hier aus hat man „alle seine Heiligen“ in 1. Thess. 
3, 13 zu erklären, indem der Ausdruck „alle Heiligen“ im wei- 

teren Sinne sowohl Engel wie alttestamentliche Gerechte umfaßt 5, 


1) Vgl. Matth. 16, 27 u. Par.; 24, 31; 25, 31; Mare. 8, 38; 

2. Thess. 1, 7; Jud. 14; Justin, Apol. I 52, 8; Dial. ec. 34; 247D. Für 
die jüdische Apokalyptik vgl. Volz, σά, Eschatologie S. 261. 

2) Der äthiopische Text überliefert übereinstimmend: „Ja, wann ich 


vom Vater mit meinen Wunden komme“, Wir finden diese Vor- 


stellung, daß der kommende Messias noch die Zeichen seines Todes- 
- leidens trage, bereits Apok. Joh. 19, 13 (vgl. Barn. 7, 9). Sie geht 
- zurück auf die christliche Interpolation von Zach. 12, 10 ὄψονται εἰς 
ὃν ἐξεχέντησαν Joh. 19, 37; Apok. Joh. 1, 7 (vgl. Justin, Apol. I, 52, 12; 
Dial. c. 82: 2490 — c. 64; 288D — c. 118; 345D. 3) Ursprüng- 
lich verstand man im Judentum unter „Heilige“ die Engel (vgl. 
Bousset, Religion des Judentums? 5, 369 Anm, 3), und in diesem Sinne 


344 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


denen sich in der christlichen Zeit die Märtyrer anreihen!, 
Daß der herabkommende χύρεος identisch ist mit dem Gekreu- 
zigten, werden die Menschen erkennen an dem σημεῖον τοῦ 
σταυροῦ, das ihm vorausgeht. Das ist das σημεῖον τοῦ υἱοῦ 
τοῦ ἀνθρώπου, welches nach Matth. 24, 30 am Himmel erscheint, 
das abgesehen von der soeben zitierten Stelle aus der-Apoka- 
lypse des Elias auch sonst in der späteren christlichen Literatur 
erwähnt wird? Wir ersehen aus alledem, daß der Verfasser 
die traditionellen Gedanken verwertet, ohne sie von sich aus 
zu bereichern. 

Der Zweck der zweiten Parusie ist ja das Gericht oder, in- 
dem der Herr den solennen Ausdruck der regula fidei in den 
Mund nimmt, das Gericht über die Lebendigen und die Toten 
(S. ὅθ, 10 = Ko. IX, 10)%, Der Hauptakzent liegt dabei auf dem 
letzten Gliede, denn die Mehrzahl der zu Richtenden besteht 
aus den Toten. Soll aber ein Gericht über die Toten stattfinden, 
so hat dies zur Voraussetzung die Auferstehung. Hier aber setzt 
die Leugnung und der Zweifel ein. Bereits im Auferstehungs- 
berichte war das Problem, was die Person des Herrn anbetrifft, 
dahin erledigt, daß der Erlöser von den Toten auferstanden 
wäre u. z. ἐν σαρχί. Es müßte also, wenn der Herr wirklich 
der πρωτύότοχος dx τῶν νεχρῶν gewesen, auch jeder Zweifel 
der Jünger an der ἀνάστασις τῆς σαρχός geschwunden sein. 
Aber weit gefehlt, die leibliche Auferstehung des Herrn gibt noch 
keineswegs die Gewähr für dieses allen rechtgläubigen Christen 


hat man zunächst die Grundstelle Sach. 14, 5 καὶ ἥξει κύριος 6 ϑεός 
μου καὶ πάντες ol ἅγιοι μετ᾽ αὐτοῦ zu deuten, Der Verfasser der 
Didache c. 16, 7 hat die Sacharjastelle auf die auferweckten Toten 
bezogen; darunter sind schwerlich, wie Harnack bemerkt, die Chri- 
sten zu verstehen, sondern die Gerechten der vor- und nachchrist- 
lichen Zeit. Der Verfasser des Judasbriefes vs. 14 denkt bei den 
ἅγιοι μυριάδες nach dem Zitat aus Henoch ohne Zweifel an die Engel- 
scharen (vgl. Hebr. 12, 23; Apok. Joh. 5, 11). 

1) Über die Teilnahme der Märtyrer im Judentum an dem End- 
heil vgl. Volz, Eschatologie 85, 239 f. 2) S. die Stellensammlung 
bei Bousset, Antichrist S.154f. Es sind auch biblische Darstellungen 
dieser Szene vorhanden. Nach dem Evangelium des Petrus geht be- 
kanntlich das Kreuz dem auferstandenen Christus voraus. 3) Vgl. 
die Stellensammlung bei Harnack, Patres apost. I, p. 140 u. Katten- 
busch, Symbol II S. 657 ἢ. 


— eu a, 2: — 


3 
2 


Eschatologie. 345 


so — Heilsgut. Der Widerspruch der Gnostiker — den 
Verfasser als Apologet des Auferstehungsglaubens aufzutreten. 


"Deshalb ist der erste Teil der Spezialoffenbarungen dieser Frage 
‚gewidmet, und so sollen die Gläubigen aus dem Munde des 
Meisters, in dem sie den Erfüller aller prophetischen Weissagun- 
‚gen kennengelernt haben, auch die absolute Gewißheit für die 
der Zukunft vorbehaltenen Heilsgüter empfangen. Feierlichst hat 
der Herr den Aposteln zugerufen: „Wenn aber alle Worte, die 
durch die Propheten geredet sind, durch mich erfüllet sind, um 
wie viel mehr wird das, was ich euch sage, wahrhaftig gesche- 
hen, damit der, welcher mich gesandt hat, verherrlicht werde 
von euch und denen, die an mich glauben“ (S. 68, 18ff. — Ko. 
XII, 88... Als darauf die Apostel antworten: „In allen Dingen 
hast du dich unser erbarmt und uns errettet und hast uns alles 
offenbart. Noch mehr wünschen wir dich zu befragen, wenn 
du es uns gestattest* — da errät der Herr sofort den Gegen- 
stand ihres Zweifelns und Fragens, und, nachdem er seine Be- 
reitwilligkeit zur Auskunft bekannt gegeben, verkündet er: 

„Wahrlich ich sage euch: Wie mein Vater mich auferweckt hat 
von den Toten, also werdet auch ihr auferstehen!.... Deswegen 
bin ich gekommen, damit ihr in eurem Fleische von den Toten 
auferstehet in der zweiten Geburt (mit) einem Gewande, das nicht 
verwesen wird, zugleich mit allen, die da hoffen und glauben an 
den, der mich gesandt hat“ (S. 70, 11ff. — Ko. XIV, 6ff.). Wie 
also der Herr selbst im Fleische auf Erden erschienen ist und 


- dadurch das Fleisch mit der Gottheit in seiner Person vereinigt, 


so sollen die Menschen bei der Auferstehung eine zweite Geburt 


- erleben und soll ihr Fleisch mit einem unverweslichem Gewande 

bekleidet werden, um die Hoffnung des Reiches zu erhalten. 
Die Apostel begrüßen diese Verheißung mit den Worten: „Groß- 
artig ist das, was du uns hoffen läßt und sagst“ (S. 72, 14). 
Aber aus diesen Worten hört der Herr den Zweifel heraus und 
-  ziehtet die Frage an sie: „Glaubt ihr, daß alles, was ich euch 
sage, geschehen wird?“ — er erhält die prompte Antwort: „Ja, 
_ © Herr“. Daraufhin proklamiert sich der Herr als von seinem 
- Vater zu diesem Werke der Erlösung Bevollmächtigten: „Wahr- 


. Ἵ Im äthiop. Text ist hinzugefügt „im Fleisch“; vielleicht ur- 
sicherlich entspricht es dem Kontexte, 


346 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


lich ich sage euch: Ich habe empfangen alle Gewalt von meinem 
Vater, damit ich die, welche sich befinden in der Finsternis, hin- 
aufführe in das Licht, und die in der Verderbnis sind, in die 
Unvergänglichkeit, und die auf Irrwegen, in die Wahrheit, die 
im Tode ins Leben, und damit die, welche in Fesseln sind, los- 
gebunden werden. Denn was den Menschen unmöglich 
ist, ist dem Vater möglich. Ich bin die Hoffnung der Ver- 
zweifelten, der Helfer derer, die ohne Retter sind, der Reichtum 
der Armen, der Arzt der Siechen und die Auferstehung der 
Toten (S. 74, 2ff. — Ko. XV, 11f.), Der Hauptnachdruck liegt 
auch hier auf dem letzten Satzglied: „Auferstehung der Toten“ 
(vgl. Joh. 11, 25), mit der ja die Hinaufführung in das Lichtreich 
verbunden ist. Auf die Auferstehung bezieht sich das Schlag- 
wort, das die Apologeten und antignostischen Väter den Leug- 
nern des Auferstehungsglaubens entgegenhielten: „Was den Men- 
schen unmöglich ist, ist dem Vater möglich“ (Vgl. Lue. 18, 27; 
Matth. 19, 26; Mare. 10, 27)!, Mit diesem Schlagwort sind die 
Jünger keineswegs zufriedengestellt, denn sie richten die Frage 
an den Herrn: „O Herr, ist es wahr, daß gerichtet wird das 
Fleisch und die Seele und der Geist, und daß die einen ruhen 
werden im Reich der Himmel, die andern aber bestraft werden 
ewiglich (noch) lebend?“ (85, 74, 13f. = Ko. XVI, 10f.). Mit 
dieser Frage ist ganz unzweideutig der Kardinalpunkt, um den 
der christliche Auferstehungsglaube sich bewegt, in das Zentrum 
der Diskussion gerückt, daß nämlich der Mensch in allen seinen 
Teilen, d.h. sein Fleisch, seine Seele und sein Geist, der Auf- 
erstehung teilhaftig werden soll. Gerade gegen diesen Punkt 
richtet sich der Ansturm der Gegner und nicht zuletzt der Zwei- 
fel im eigenen Lager. Schon in der Fragestellung: „ist es wahr?* 
bekunden die Jünger, auf wessen Seite sie stehen. Daß die 
Seele und der Geist die Unsterblichkeit erlangen, wollen sie gern 
——— aber daß das Fleisch, der Sitz aller bösen Leiden- 


1) Vgl. Justin, Apol. I, 18, 6; 19, 6; Athenagoras, de resurr. 
c. 9; Iren., adv. haer. ΙΝ ἊΣ Tertull,, de resurr. carnis c. 11; Pseudo- 
Justin (?),de resurr.; vgl. Holl, Fragmente vornie. Kirchenv. $. 40,125. 
Der scharfen Beobachtung des Celsus ist bei seiner Polemik dieser 
Einwurf der in die Enge getriebenen Christen nicht entgangen: 
οὐδὲν ἔχοντες ἀποχρίνασϑαι καταφεύγουσιν εἰς ἀτοπωτάτην ἀνοχώφησιν, | Ἧ 
ὅτι πᾶν δυνατὸν τῷ ϑεῷ (Orig. c. Cels. V, 14). 3 


Eschatologie. . 347 


"schaften und Begierden, der gleichen Ehre teilhaftig werden soll, 
dies ist ein horrendum. Vom Standpunkt des Polemikers hat 


der Verfasser der Epistola die Jünger auf die Gegenseite gestellt, 


u a Tr a a er ern 


μ᾿ 
τι 
ε΄. 


um genau wie bei der leiblichen Auferstehung des Herrn mit 
um so größerem Nachdruck die Zweifler überzeugen zu können, 
Der Herr verweist die Frage zunächst tadelnd als vorwitzig zu- 
rück: „Bis zu welchem Tage fragt ihr und grübelt ihr?“ In 
seinen Augen sind es unnütze, unfruchtbare Grübeleien, die doch 
zu keinem Resultat führen und den Glauben nicht kräftigen. 
Aber die Jünger lassen nicht locker; sie begründen ihr Fragen 
mit dem Hinweis: „Eine Notwendigkeit ist es uns, zu erforschen 
durch dich, weil du uns zu predigen befiehlst, damit wir selbst 
mit Sicherheit erfahren durch dich und nützliche Prediger wer- 
den und (damit) die, welche durch uns belehrt werden, gläubig 
werden. Deswegen (ist es notwendig), daß wir dich oftmals be- 
fragen G. 76, 4f.—= Ko. XVII, 22. Dem liegt die Erfahrung 
zugrunde, daß der christliche Missionar gegenüber den Argu- 
menten der Gegner einen schweren Stand hat; der heidnische 
wie der christliche Unglaube'! weist die Lehre von der ἀνάστα- 
σις τῆς σαρχός mit Hohn und Spott zurück, wie wir es an dem 
klassischen Beispiel des Celsus und der Haltung der Gnostiker 
ersehen, die nach Celsus diese Meinung als μιαρὸν χαὶ ἀπόπυσ- 
τον καὶ ἀδύνατον zurückweisen. Unser Verfasser läßt sich auf 
Beweise nicht weiter ein; für ihn ist das Wort des Herrn die 
höchste Autorität: „Wahrlich ich sage euch: Die Auferstehung 
des Fleisches wird statthaben, indem die φυχή in ihm (sc. dem 
Fleische) und das zveüue* (S. 76, 10f.— Ko. XVII, 10f.). Der 
Mensch besteht also aus drei Teilen, aus einem äußeren Teile, 
ἃ, i. Fleisch, und aus zwei inneren Teilen, d. i. Seele und Geist, 


aber man kann auch die beiden letzten Teile als das Innere, 


e in eins zusammenfassen, so daß die trichotomische 


7 | und dichotomische Auffassung wechseln, denn an einer spä- 
- teren Stelle heißt es: „Das Fleisch wird auferstehen und die 


Seele“ (S. 82, 9—= Ko. XX, 7), nachdem vorher gesagt ist: „Ist 
denn das Fleisch vergänglich oder ist es der Geist?“ (S. 82, 2 
= Ko. XIX, 14)?. Das ist gerade das Spezifische des christlichen 


1) Athenagoras, de resurr. c. 1 unterscheidet drei Klassen: völlig 
Ungläubige, Zweifler und Schwankende, 2) Dieses Schwanken be- 
merken wir auch bei Pseudo-Justin(?) (Holl, Fragmente Nr. 107, 


348 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Realismus, daß er eine vollständige Wiederherstellung des be- 
treffenden Menschen bei der Auferstehung von den Toten vor- 
aussetzt, damit er jetzt, zum neuen Leben erwacht, den seinen 
früheren Taten entsprechenden Lohn empfängt, sei es im Him- 
mel, sei es in der Hölle. Aber der Unglaube kann es nicht 
fassen, daß die σάρξ, welche der niederen vergänglichen Welt 
angehört und im Tode der Vernichtung anheimfällt, wieder in 
alter Gestalt erstehe. Das ist das ἀδύνατον, auf das sich die 
Gegner mit besonderem Nachdruck berufen, mögen sie auch 
nach antiker Auffassung die Unsterblichkeit der Seele resp. des 
Geistes annehmen!. Deshalb richten die Jünger die Frage an 
den Herrn: „O Herr, ist es denn möglich, daß das, was aufge- 
löst und vernichtet ist, heil werde?“ (8. 78, 2—= Ko, XVII, 12), 
aber, um sich zu salvieren, fügen sie gleich hinzu: „Nicht wie 
Ungläubige fragen wir dich, sondern wahrhaftig glauben wir, 
daß das, was du sagst, geschehen wird“. Nicht also auf Grund 
einer dualistischen Weltanschauung, wie es bei den Gnostikern 


5. 45): τί γάρ ἐστιν ὁ ἄνϑρωπος ἀλλ᾽ ἢ τὸ ἐκ ψυχῆς καὶ σώματος 
συνεστὸς ξῶον λογικόν; μὴ οὖν καϑ᾽ ἑαυτὴν ψυχὴ ἄνϑρωπος; οὔ, ἀλλ 


ἀνθρώπου ψυχή" μὴ οὖν καλοῖτο σῶμα ἄνϑρωπος; οὔ οὔ, ἀλλ᾽ } 

σῶμα καλεῖται. εἴπερ οὖν κατ᾽ ἰδίαν μὲν τούτων οὐδέτερον ἄ — 
ἐστιν, τὸ δὲ ἐκ τῆς ἀμφοτέρων συμπλοκῆς καλεῖται — 

δὲ 6 ϑεὸς εἰς ζωὴν καὶ ἀνάστασιν τὸν ἄνϑρωπον, οὐ τὸ μέρος 

τὸ ὅλον κέκληκεν, ὅ ὅπερ ἐστὶ τὴν ψυχὴν καὶ τὸ σῶμα. Dagegen Enge. 
Nr. 109: οἶκος γὰρ τὸ σῶμα ψυχῆς, πνεύματος δὲ ψυχὴ οἶκος. τὰ 
τρία δὲ ταῦτα τοῖς ἐλπίδα εἰλικρινῆ καὶ πίστιν ἀδιάκριτον ἐν τῷ Deo 
ἔχουσι σωϑήσεται. Nach Irenadus adv. haer. V, 9, 1 besteht der * 
fectus homo aus carne, anima et spiritu, et altero quidem salvante 
et figurante, qui est spiritus, altero quod unitur et formatur, quod 
est caro; id vero quod inter haec est duo, quod est anima, Vgl. 
auch adv. haer. V, 6, 1. 

1) Vgl. Pseudo-J ustin(?), de resurr. (Holl, Fragment Nr. 109): 
τί λοιπὸν ἀνεχόμεϑα τῶν ἀπίστων καὶ σκανδάλων ,λόγων καὶ λανϑάνο- 
μὲν ἑαυτοὺς ἐπιστρέφοντες εἰς τοὐπίσω, ὅπόταν ἀκούσωμεν ὅτι ἡ “μὲν 
ψυχὴ ἀϑάνατός ἐστι, τὸ δὲ σῶμα φϑαρτὸν καὶ οὐκέτι δυνάμενον ἀνα- 
ξῆσαι; ᾿ ταῦτα γὰρ καὶ πρὸ τοῦ μαϑεῖν τὴν ἀλήϑειαν παρὰ Πυϑαγόρου καὶ Ἢ 
Πλάτωνος ἠκούομεν. εἰ οὖν ταῦτα ἔλεγεν ὁ σωτὴρ καὶ μόνης ns 
ψυχῆς τὴν ζωὴν εὐηγγελίξετο, τί καινὸν ἡμῖν ἔφερε παρὰ IR 
καὶ Πλάτωνα καὶ τὸ τούτων χορόν; νῦν δὲ τὴν καινὴν καὶ ξένην εὖ- 
αγγελιξόμενος 1 ἦλϑεν ἀνϑρώποις. ἐλπίδα. ξένον δὲ ἄρα ἦν καὶ καινον 
τὸ τὸν ϑεὸν ὑπισχνεῖσϑαι μὴ τῇ ἀφϑαρσίᾳ τὴν ἀφϑαρσίαν τηρεῖν ἀλλὰ 3 
τὴν φϑορὰν ἀφϑαρσίαν ποιεῖν. Ri 


ı lieh eh u ran Fa Se ΣΝ 


? Eschatologie _ 349 
der Fall ist, wird die Wiedererweekung des Fleisches geleugnet, 
vielmehr der einfache Menschenverstand, die communes sensus 


 (Tertullian, de resurr. carn. e. 3) resp. die communio sensuum 


(ibid. 6. 4), weist auf die physische Natur des Leibes hin, der im 
Grabe verwest und aufgelöst wird!. Deshalb rechnet der Herr 
die Jünger nicht zu den @xıoror, sondern zu den oAryorıoror; 
sein Zorn trifft nicht verhaßte Ketzer, sondern aufdringliche, 
nicht im Glauben befestigte Fragesteller, wenn es heißt: „Und 
er zürnte uns, indem er zu uns sagte: Ὁ ihr Kleingläubige, bis 
zu welchem Tage fragt ihr? Aber was ihr wünscht, sagt es mir, 
so werde ich selbst es euch sagen ohne Neid“ (S. 78, 5ff. — 
Ko. XVIll, 1ff.).. Nachdem die Jünger ihre Scham über die Be- 
lästigung mit den vielen Fragen zum Ausdruck gebracht haben 


und der Herr ihre gute Absicht mit den Worten bestätigt hat: 


„Ich weiß, daß in Glauben und mit eurem ganzen Herzen ihr 
mich befragt. Deswegen freue ich mich über euch, denn wahr- 
lich ich sage euch: Ich bin erfreut und mein Vater, der in mir, 
daß ihr mich befragt. Eure Unverschämtheit aber gereicht mir 
zum Frohlocken und gibt euch selbst Leben“ (S. 80, 5ff. — Ko. 
XIX, 3ff.) — fassen die Jünger neuen Mut mit dem Bekenntnis: 
„O Herr, in allen Dingen machst du uns lebendig und erbarmst 
dich unser. Jetzt nun, wirst du uns kundtun das, was wir dich 
fragen werden?* (S. 81, 13£.— Ko. XIX, 11f.). Diesmal nimmt 
der Herr ihnen die Frage, die ihnen so schwer auf dem Herzen 


1) Vgl. Tertullian, de resurr. carn. e.4: An aliud prius vel 
magis audias ab haeretico quam ab ethnico? et non protinus et non 
carnis, in originem, in materiam, in casum, in 
omnem exitum eius, immundae a primordio ex faecibus terrae, im- 
mundioris deinceps ex seminis sui limo, frivolae, infirmae, crimino- 
sae, onerosae, molestae, et post totum ignobilitatis elogium caducae 
in originem terram et cadaveris nomen... in omnis iam vocabuli mor- 
tem? Hancne ergo vir sapiens et visui et contactui et recordatui 


[ἢ 


tuo ereptam persuadere vis, quod se receptura quandoque sit in 
integrum de corrupto, in solidum de casso, in plenum de inanito, in 


aliquid omnino de nihilo? — Pseudo-Justin(?) de  resurr. (Holl, 


Ε΄ Fragment Nr. 107: ἀδύνατον γὰρ εἶναι φϑειρομένην καὶ διὰ 


ταύτην συναχϑῆναι εἰς τὸ ——— — Tertull. de resurr. 
—— 6. 11: a etiam dei ipsius potentiam et potestatem et 
licentiam recensere debemus, an tantus sit, qui valeat dilapsum et 
devoratum et quibuscunque modis ereptum "tabernaculum carnis re- 


= aedificare atque restituere? 


350 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


liegt, aus dem Munde: „Ist denn das Fleisch vergänglich oder 
ist es der Geist?“ (S. 82, 3= Ko. XIX, 14). Die Antwort kann 
natürlich nieht anders lauten als: „Das Fleisch ist vergänglich“, 
Darauf erfolgt die Erklärung: „Das was gefallen ist, wird auf- 
erstehen, und das was verloren, wird gefunden, und das was 
schwach, wird genesen, damit an diesen Sobeschaffenen offenbar 
werde die Herrlichkeit des Vaters. Wie er es an mir getan hat. 
so werde ich selbst es tun an euch allen, die da glauben. Wahr- 
lich aber ich sage euch: Das Fleisch wird auferstehen und die 
Seele lebendig, damit statthabe ihre Verantwortung an jenem 
Tage inbetreff dessen, was sie getan haben, sei es Gutes, sei es 
Böses, auf daß stattfinde eine Auswahl der Gläubigen, die getan 
haben die Gebote meines Vaters, der mich gesandt hat. Und 
also wird stattfinden das Gericht in Strenge“. (S. 82, 4ff.—Ko. 
XX, 1ff.). 

Da haben wir vor uns die grobmassive Anschauung von 
dem Auferstehungsleibe in Übereinstimmung mit den offiziellen 
Vertretern der Großkirche; jede pneumatische Vorstellung des 
Leibes — vom σῶμα ist nicht die Rede, sondern nur von der 
σάρξ —, wie es bei Paulus oder bei den Alexandrinern der Fall, 
ist ausgeschlossen. Unser Verfasser argumentiert vom Begriff 
der ἀνάστασις aus, da nur das, was gefallen, auferstehen könne, 
Die σάρξ ist das πεπτωκός, von der Seele kann man nicht das 
gleiche aussagen. Dieses Argument ist dem Schatze der Apolo- 
geten entnommen, denn bei Pseudo-Justin (?), de resurr. (Hol. 
Fragm. Nr. 109) lesen wir: ἀνάστασίς ἐστι τοῦ πεπτωχότος 
σαρχίου, πνεῦμα γὰρ οὐ πίπτει und Tertullian, de resurr. carn. 
ὁ. 18: Cum audio resurrectionem homini imminere, quaeram 
necesse est quid eius cadere sortitum sit; siquidem nihil resur- 
gere expectabit nisi quod ante suceiderit. Qui ignorat carnem ca- 
dere per mortem, potest eam nec stantem nosse per vitam.... 
Atque adeo caro est quae morte subruitur, ut exinde a cadendo 
cadaver renuntietur. Anima porro nec vocabulo cadit, quia nee 
habitu ruit.... Non potest cadere quae suseitabit ingressa; non 
potest ruere — elidit egressa !. 


1) Vgl. Tertull. adv. Marc. V, 9: Sic et resurrectionis vo cabulum ὦ ᾿ 
non aliam rem vindicat quam quae ceeidit. — Ebenso Motbodina, ἡ ἣν 
de resurr. I, 51, 5: ἀνάστασις γὰρ οὐ ἐπὶ τοῦ μὴ πεπτωκότος. : 


Eschatologie. 351 


„Das was verloren, wird gefunden“, beides ist nach Iren. 
adv. haer. V, 12, 3 identisch: Οὐ γὰρ ἄλλο τὸ ἀποϑνῆσχον καὶ 
᾿ς ἄλλο τὸ LmorovVuerov' og οὐδὲ ἄλλο τὸ ἀπολωλὸς καὶ 
ἄλλο τὸ ἀνευρισκόμενον᾽ ἀλλ᾽ ἐχεῖνο τὸ ἀπολωλὸς πρόβα- 
τὸν ἦλθεν ὁ κύριος ἀναζητῶν. Die im Tode getrennten Teile 
verbinden sich zu neuem Leben!. Dabei kann man auch an den 
Einwurf der Auferstehungsleugner denken, daß die Stücke des 
Körpers, die durch irgend welchen Zufall bei Lebzeiten verloren 
gegangen sind, unmöglich bei der Auferstehung dem Körper 
beigefügt werden könnten 3, 


„Und das was schwach (krank), wird genesen“, bezieht sich 
wohl auf die Frage, ob die σάρξ mit ihren irdischen ἐλαττώματα 
auferstehen würde, indem angenommen wird, daß der aufer- 
standene Mensch frei von allen Mängeln und Gebrechen sein 
werde, 


ἀγαγεῖν πρὸς * τῶν αὐτῶν ἀνθρώπων σύστασιν. Dazu Justin, Apol. 
E 19, 4: A v ΄ % " " * 


καὶ ἀφϑαρσίαν ἐνδύσασϑαι οὐκ ἀδύνατον. 2) Vgl. Athenagoras, de 
resurr. ὁ, 4; Tertullian, de resurr, carn, c. 4. 3) Vgl. Pseudo- 
Justin(?), de resurr. (Holl, Fragm. Nr. 107, Z. 108 4): εἰ οὖν ἡ σάρξ 
αἱ, καὶ τοιαύτη ἀνίσταται ὁποία κλιϑήσεται" ὥστε εἰ μονόφϑαλ- 
κλιϑήσεται, μονόφϑαλμος ἀνίσταται, εἰ χωλὸς χωλός, εἰ ἄλλο τι τοῦ 
ag κραμδα εἴη, τούτου καὶ ἐλάττων ὁ ἄνϑρωπος ἀναστήσεται. Die 
Antwort lautet: εἰ γὰρ ἐπὶ τῆς γῆς τὰς ἀσϑενείας τῆς σαρκὸς ἰάσατο καὶ 
ὁλόκλ ἐποίησε τὸ σῶμα, πολλῷ μᾶλλον ἐν τῇ ἀναστάσει τοῦτο ποι- 
ἤσει E καὶ ἀκέραιον καὶ ὁλόκληρον ἀναστῆναι τὴν σάρκα" τὰ μὲν 
οὖν παρ᾽ αὐτῶν νομιξόμενα ἄπορα, τοῦτον τὸν τρόπον ἰαϑήσεται. --- 
Justin, Dialog. c. Tryph. c. 69; 296 A: Αὐτὸς δὲ καὶ ταῦτα ἐποίει 
πείϑων καὶ τοὺς ἐπ᾿ αὐτὸν πιστεύειν μέλλοντας, ὅτι, κἄν τις, ἐν λώβ 
τινὶ σώματος ὑπάρχων, φύλαξ τῶν παραδεδομένων ὑπ᾽ αὐτοῦ διδαγμά- 
τῶν ὑπάρξῃ, ὁλόκληρον αὐτὸν ἐν τῇ δευτέρᾳ αὐτοῦ παρουσίᾳ μετὰ τοῦ 
καὶ ἀϑάνατον καὶ ἄφϑαρτον καὶ — ποιῆσαι ἀναστήσει. Dazu 
Tertullian, de resurr. carn. c. 4 u. 57 ἃ. Iren, adv. haer. V, 18,1. 


TR — ten 


352 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Was also dem Menschen undenkbar erscheint, wird durch 
Gottes Allmacht vollbracht und zugleich wird seine Herrlichkeit 
an den Auferstandenen offenbar. Freilich tritt Gottes Aktivität 
zurück, da nicht Gott, sondern Christus der Auferwecker von den 
Toten ist!, Und demgemäß erscheinen die Menschen, ἃ. h. Fleisch 
und Seele, vor seinem Richterstuhle am Tage des Gerichts be- 
hufs Verantwortung für ihre Taten während ihres Erdenwandels, 
Nicht ohne Grund wird das Epitheton „lebendig“ hinzugefügt ? 
und nochmals betont „Fleisch und Seele“. Denn der Mensch, 
der für sein Tun verantwortlich ist, soll im gerechten Gericht 
den gebührenden Lohn oder die gebührende Strafe erhalten ὃ, 
Ein gerechtes Gericht dehnt aber die Vergeltung auf die Doppel- 
natur des Menschen aus; weder die Seele allein darf den Lohn 
einstecken für das, was sie mit Hilfe des Leibes vollbracht?, 
noch auch der Leib allein, vielmehr der ganze Mensch, der wäh- 
rend seines Lebens aus Fleisch und Seele bestand, wird bei der 
Auferstehung in gleicher Gestalt erscheinen und für seine Hand- 
lungen den entsprechenden Lohn empfangen. Deshalb lesen wir 
bei Athenagoras de resurr. c, 18, da keine Vergeltung weder in 
diesem Leben noch nach dem Tode bemerkbar sei: ὅτε δεῖ κατὰ 
τὸν ἀπόστολον τὸ φϑαρτὸν τοῦτο καὶ σχεδαστὸν ἐνδύσασϑαι 
ἀφϑαρσίαν ἵνα ζωοποιηϑέντων ἐξ ἀναστάσεως τῶν νεκρωϑέν- 
τῶν καὶ πάλιν ἑνωϑέντων τῶν κεχωρισμένων ἢ καὶ πάντη 
διαλελυμένων, ἕχαστος κομίσηται δικαίως ἃ διὰ τοῦ σώματος 
ἔπραξεν εἴτε ἀγαϑὰ εἴτε χαχά. Sollte die Seele nicht gerichtet 
werden, so ist nicht mehr voll und ganz derjenige da, der ge- 
recht oder gesetzlos gehandelt hat, denn der, welcher im Leben 
alle Werke vollbracht, war der Mensch, nicht die Seele allein 
für sich; das Gericht entbehrt mithin des Merkmals der Gerech- 
tigkeit, wenn der Täter des Rechten oder Schlechten nicht in 
seiner Wesensidentität zu haben ist”. Werden die guten Hand- 


1) Gott als Auferwecker der Toten nach 2. Kor. 1, 9, dagegen 
Christus Joh. 5, 21. 25f.; 6, 40.44; Phil. 3, 21; 1. Thess. 2 14. 
2) Vgl, auch Ko, XXX, 7 u. 8 76, = Ko, XV, 15. 3) Vgl. Ter- 
tullian, de resurr, carn, c, 14: Haee erit tota causa, immo necessitas 
resurreetionis, congruentissima scilicet deo destinatio iudieii, 
4) Vgl. Tertullian, de resurr. carn, c. 8: non possunt ergo operari 
in mercede quas opera conjungit, 5) Vgl. „Athenag,, de resurr., 
c. 20: Οὐ πρόσεστι δὲ τῇ κρίσει τὸ δίκαιον, μὴ σωζομένου τοῦ δια- 


Eschatologie. 353 


lungen belohnt, so geschieht dem Leibe Unrecht, denn er mußte 


mit der Seele an allen Mühen teilnehmen, die die guten Hand- 


lungen voraussetzen, ohne dafür den Lohn zu erhalten, mit dem 
die guten Handlungen gekrönt werden. Umgekehrt, werden die 
Verfehlungen abgeurteilt, so kommt die Seele nicht zu ihrem 
Rechte, wenn sie allein büßen sollte, was sie auf Drängen des 
Leibes hin, der sie zu seinen eigenen Begierden und sündhaften 
Regungen herabzog, gefehlt hat. Deshalb müssen die nämlichen 
Leiber den nämlichen Seelen zurückgegeben werden, und so er- 
hält jeder Einzelne τιμὴ ἢ dien ὑπὲρ τῶν εὖ ἢ καχῶς βεβιω- 
μένων". Dagegen sträuben sich die Gegner der leiblichen Auf- 
erstehung, den tatsächlichen Zusammenhang zwischen Fleisch und 
Seele bei der Ausführung der Handkıngen anzuerkennen, um 
dadurch um so leichter dem Fleische die Zubilligung des gött- 
lichen Lohnes abzuerkennen?. Nach den Gnostikern ist das 
Fleisch nur das Gefäß der Seele, deshalb könne das Gefäß nicht 
der Gegenstand des Richterspruches sein, sondern ausschließlich 
die Seele, die sich des Leibes als des Gefäßes bediene?, Auf 
diesem Hintergrunde wird uns verständlich, was es heißt, daß 


„Fleisch und Seele“ für ihre Taten Rechenschaft ablegen müssen. 


Wir erkennen daraus von neuem, daß der Verfasser der Epistola 
mit den Kontroversen voll und ganz vertraut ist und ihm die 
geistigen Waffen der Apologetik zur Verfügung stehen. Er kann 
freilich ja nur mit einigen lapidaren Sätzen auf den Streit der 
Meinungen eingehen. 

Das Gericht ist von unerbittlicher Strenge, denn also lautet 
der Auftrag des Vaters zum Sohne: „Mein Sohn, am Tage des 
Gerichts wirst du weder dich schämen vor den Reichen noch 
πραξαμένου τὴν δικαιοσύνην ἢ τὴν ἀνομίαν᾽ ὅ γὰρ διαπραξάμενος 

τῶν κατὰ τὸν βίον, ἐφ᾽ οἷς ἡ κρίσις, ἄνθρωπος ἦν, οὐ ψυχὴ 
καϑ᾽ ἑαυτήν. 

1) Vgl. Athenag., de resurr. c. 24. 2) Vgl. Tertullian, de 
resurr. carn, c. 15: Age iam scindant adversarii nostri carnis ani- 


- maeque, contextum prius in vitae administratione, ut ita audeant scin- 


dere illud etiam in vitae remuneratione. Negent operarum societa- 
tem, ut merito possint etiam mercedem negare, 98) ibid. c. 16: Itaque 
animae solius iudicium praesidere, qualiter usa sit vasculo carnis, 
vasculum vero ipsum non esse sententiae obnoxium, quia nec calicem 
damnari, si quis eum veneno temperarit, nec gladium ad bestias pro- 
nuntiari, si quis eo latrocinium fuerit operatus, 

T. u. U. 4: Schmidt-Wajnberg. 23 


354 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


wirst du Erbarmen haben mit den Armen“ (S. 84, 3f.=Ko. 
XXI, 1f.). Alle menschlichen Rücksichten hören auf, es gibt 
kein Ansehen der Person!, jede natürliche Scheu vor den Rei- 
chen und jede mitleidige Stimmung gegen die Armen hat ein 
Ende (vgl. S. 150, 1f.—= Ko. XL, 7f.). Jeder erhält seinen Lohn 
für seine Taten (S. 84, 5f. — Ko. XXI, 3f.; 92, 2—= Ko, XXIV, 
11). Der Lohn für die Bösen ist „ewige Strafe“ (S. 76, 1 = Ko. 
XVI, 15; 84, 5 = Ko. XXI, 4; Ko. XXIV, 4), d. h. sie werden 
lebendig gepeinigt und gestraft an ihrem Fleisch und ihrer Seele 
(5.128, 4 — Ko. XXX, 73. So ist ihr Schicksal der „Tod“ 
(8. 92,3 = Ko. XXIV,12) und das „ewige Verlorensein und Ver- 
derben“ (5. 84, 3=Ko. 1, 8; 88, 1= Ko, XXI, 8). Der Ort, 
in dem die Sünder die furchtbaren Strafleiden erhalten, wird 
nicht genannt; der Verfasser hat ohne Zweifel Schilderungen vor 
Augen, wie wir sie in der Apokalypse des Petrus finden. 
Demgegenüber besteht der Lohn der Gerechten in der Ver- 
leihung ewigen Lebens (S. 90, 7 = Ko. XXIU, 12; Ko. XXVI, 13; 
134, 10 — Ko. XXXII, 13; 148, 6— Ko. XXXIX, 12). Das ist 
die ἀνάπαυσις, die den Kindern des Lebens im Himmelreich zu- 
teil wird (85. 44, 2= Ko, V, 3; 66, 1 --- Κο. XI, 10; 76, 1=Ko, 
XVI, 13; 84, 8 --- Ko. ΧΧΙ, 6; 90, 6 = Ko. XXIII, 12). Dieser 
Ort ist vom Vater zubereitet (S. 72, 2—= Ko. XIV, 10; 90, ὅ — 
Ko. XXIII, 10), auf daß die Insassen Teilhaber seiner Unvergäng- 
lichkeit (S. 66, 5=Ko. XI, 15) und Genossen und Miterben 
Christi (S. 63,7; 100,5) werden. An jenem Orte hören sämtliche 
irdischen Verhältnisse auf; es gibt weder Essen noch Trinken, 
weder Jubeln noch Trauern noch Vergehen (S. 66, 2—= Ko. ΧΙ, 
11f.). Dort werden sie gewürdigt, die Herrlichkeit Gottes, ἃ, h. 
sein Licht zu schauen (S. 63,15; 84,9 = Ko. XX1,8). Diese Be- 
lohnung erfolgt unmittelbar im Anschluß an die Auferstehung 
und das Gericht. Christus selbst führt seine Geliebten von der 
Erde hinauf (8. 72, 1 -- Κο, XIV, 9; 74, 4—=Ko.XV, 14; 90,4 


1) Vgl. Henoch 63, 8: „Am Tage unserer Not und Trübsal rettet 
er uns nicht, und wir finden keinen Aufschub, daß wir unsern Glau- 
ben bekennen, daß unser Herr in allem seinem Tun, Richten und 
Rechten wahrhaftig ist, und seine Gerichte die Person nicht an- 
sehen“. Dazu Buch der Jubiläen ce. 5, 16; Baruch 18, 8. 2) ‚Vgl. 
Justin, Apol. 1, 20, 4: πολάξεσϑαι ἐν αἰσθήσει und c. 8, 4: τοῖς αὐτοῖς 
σώμασι μετὰ τῶν ψυχῶν γινομένων καὶ αἰωνίαν κόλασιν κολασϑησομένων; 


Eschatologie. 355 


— —Ko. Νὰ Bo gehen dem: die: Hrwähllen κὲ dem 
in das Brautgemach ein (S. 138, 5 = Ko. XXXV, 8; 
144, 7 = Ko. XXXVII, 2) und nehmen an den Freuden des 


°  Hochzeitsmahles teil. Die βασιλεία τοῦ ϑεοῦ befindet sich im 


Himmel; von einem irdischen Reich mit seinen Freuden der 
messianischen Zeit ist nirgends die Rede. Auch erscheint Chri- 
stus nicht als der Vernichter der widergöttlichen Mächte — die 
beliebte Figur des Antichrist resp. des Satans mit seinen Tra- 
banten fehlt gänzlich —, sondern ausschließlich als Richter über 
die Lebendigen und die Toten. Der Christus der Epistola ist 
ebensowenig ein Chiliast wie der Christus der Evangelien und 
hält sich von allen phantastischen Exzentrizitäten fern; die glü- 
henden Farben der jüdischen Apokalyptik finden keine Verwen- 
dung. Solche Haltung ist bei einem Kleinasiaten des zweiten 
Jahrhunderts, zu denen wir unsern Verfasser rechnen, auffällig, 
wenn wir an Papias von Hierapolis (Iren. adv. haer. V, 33, 3ff.; 
Euseb. h. 6. III, 39), an Melito von Sardes (Euseb. ἢ. ὁ. V, 24, 5), 
an Irenäus (adv. haer. V, 32ff.) und nicht zuletzt an die Monta- 
nisten denken. Diesen Einflüssen hat sich selbst der sonst nüch- 
terne Justin nicht entziehen können, wenn er im Dialog. e. Tryph. 
e. 80; 307 B zur vollen Orthognomonie den Glauben an das tau- 
sendjährige Reich in Jerusalem rechnet; freilich muß er einge- 
stehen, daß bereits zu seiner Zeit πολλοὶ τῶν τῆς χαϑαρᾶς καὶ 
᾿ς εὐσεβοῦς ὄντων Χριστιανῶν γνώμης (ibid. 306, ΟἹ diese Ansicht 
᾿ς nicht teilen. Aber es ist bezeichnend, daß derselbe Justin als 
Apologet des Christentums gegen das Heidentum diese christliche 
- Lehre mit Stillschweigen übergangen hat, wie auch die übrigen 
Apologeten, z. B. Tatian, Athenagoras, Theophilus keinerlei chi- 
-  liastischen Gedanken huldigen. Somit können wir auch in der 
; ᾿ Esehatologie den Verfasser der Epistola zu den Schülern der 
E — stellen. 

Zum Schluß erübrigt sich noch die Frage, ob der Verfasser 
- eine allgemeine Auferstehung, d. h. sämtlicher Toten seit Adam 
᾿᾿ - animmt!, oder diese nur auf einen Teil beschränkt. Zunächst 


1 ig Allgemeine Auferstehung bei Justin, Apolog. I, 52, 3; Dial. 
c. Tryph. ἃ. 86; 2540 κριτὴς πάντων -- c. 49; 268 B — c. 118; 
346 A κριτὴς ζώντων. καὶ νεκρῶν ἁπάντων — 6. 182; 862 Α πάλιν 
᾿ς παραγενησάμενον κριτὴν πάρτων ἁπλῶς ἀνθρώπων μεχοὶς αὐτοῦ ᾿4δάμ. 
Ἢ „Aber als Chiliast unterscheidet Justin mit Berufung auf Apok. Joh. 

ἵν 28. 


356 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


scheint er die gesamte Menschheit im Auge zu haben, wenn es 

ganz allgemein heißt, daß Fleisch und Seele sich an jenem Tage 
des Gerichtes verantworten sollen. Aus der Zahl der Auferstan- 
denen wird eine Auswahl der Gläubigen stattfinden, d. ἢ. der- 
jenigen, die die Gebote Gottes und Christi getan haben (8, 82,12 
— Ko, XX, 14). Dies setzt voraus, daß allen Menschen die 
Gebote Gottes bekannt gewesen sind, und in der Tat hatten wir 
gesehen, daß unser Verfasser in Übereinstimmung mit den Apo- 
logeten allen Menschen seit Adam die Wahlfreiheit zum Guten 
und Bösen zuerkannt hat, daher jeder Mensch die Macht haben 
soll, sich zu entscheiden für das Leben oder für den Tod (8, 126, 
7= Ko. XXIX, 15). Aber unwillkürlich wird doch der Gesichts- 
kreis auf das Gottesvolk resp. auf die Christen im engeren Sinne 
beschränkt. Unter den Sündern, die der ewigen Strafe anheim- 
fallen, stehen in erster Linie diejenigen, welche bekannt haben, 
daß sie zum Lichte gehörten, aber die Werke der Finsternis ge- 
tan haben (S. 124, 11 — Ko. XXIX, 5); sie haben Christum ge- 
funden und bekannt und später wieder verleugnet, indem sie sich 
von ihm entfernt (S. 126, δὲ, = Ko. XXIX, 12f.); infolgedessen 
war auch ihr Lauf ein vergeblicher, obwohl sie an Christum ge- 
glaubt haben (S. 86, 9 — Ko. XXU, 6). Das sind die Verirrten 
(S. 128, 4— Ko, XXX, 5) oder die Christen, die unter den tö- 
richten Jungfrauen begriffen werden als solche, welche sich zum 
Herrn bekannt, aber die geschlafen und seine Gebote nicht getan 


20, 4 die erste Auferstehung der Gerechten für das —— 
Reich von der allgemeinen Auferstehung und dem Gericht Nee 

Tryph. c. 81; 308B). Derselbe Zwiespalt zeigt sich auch Ire- 
näus, dessen Kerygma adv. haer. I, 10, 1 lautet: καὶ ἀναστῆσαι πᾶσαν 
σάρκα πάσης ἀνθρωπότητος, und doch kennt er als Anhänger des 
Chiliasmus ein mysterium iustorum resurrectionis et regni, quod 
est principium incorruptelae, das der allgemeinen Auferstehung und 
dem Weltgericht voraufgeht (adv. haer. V, 32, 1). Deshalb ist nicht 
mit Bestimmtheit zu behaupten, daß der Verfasser der Didache 
e. 16, 7 nur eine Auferstehung der Gerechten kennt. Das Gleiche 
gilt vom Verfasser der Paulusakten, der im Martyrium des Paulus 
(ed. Lipsius, Acta ‚apost, apoer. I, p. 115, 6) schreibt: Πιστεύσατε τῷ 


ζῶντι ϑεῷ, τῷ καὶ ἡμᾶς καὶ τοὺς πιστεύοντας αὐτῷ ἐκ νεκρῶν ἐγε- 2 


govrı und im apokr. Korintherbriefwechsel II, 24: οἵ δὲ λέγοντες ᾿ 
ἀνάστασιν οὐκ εἶναι τῆς σαρκὸς τούτοις ἀνάστασις οὐκ ἔσται. ἷ 
die verschiedenen Ansichten im Judentum vgl. Volz, Jüd. Eschatol. 
240 ff. 


357 


haben (5. 140, Sf. — Ko. XXXVI, 14f). Zu ihnen gesellen sich 


ne Yen nut u an  . ie a 
sn Be er 


die Häretiker aus eitler Ruhmsucht, die andere Lehren verbrei- 
ten und Christen zum Abfall verführen (S. 90, 9£. — Ko. XXIH, 
14f.; 5, 153, 14ff.).. Daraus ist ersichtlich, daß beim Verfasser 
der Gedanke an ein Weltgericht, an ein Gericht über die Heiden- 
welt zurückgedrängt wird durch die Reflexion auf die Menschen 
der nachchristlichen Zeit, denen die Gebote Gottes resp. Christi 
verkündigt sind. Wir hören nur von einem Gericht über die 
Menschen, die im Glauben verharrt oder abtrünnig geworden 
sind; der Gedanke an das Gericht über die Welt, an die Ver- 
nichtung der Welt wird nicht berührt. 


X. Benutzung der Schrift. 


Vergebens suchen wir nach äußeren Zeugnissen der vorlie- 
genden Schrift; bei keinem christlichen Schriftsteller läßt sich ein 
direktes Zitat nachweisen, obwohl doch die Verbreitung der Epi- 
stola, wie aus ihrer Übersetzung ins Lateinische hervorgeht, 
keineswegs auf eine einzelne Kirchenprovinz beschränkt gewesen 
sein kann, Wenn nun auch Kirchenschriftsteller angesichts des 
besonderen Charakters der Schrift keine Veranlassung fanden, 
direkte Zitate zu überliefern, so hat unsere Epistola durchaus 
kein Dornröschenleben geführt. Bereits S. 244f. glaube ich den 
Nachweis gebracht zu haben, daß der Verfasser der Apostol. 
Kirchenordnung die Schrift benutzt und von ihr wertvolle An- 
regungen empfangen hat. Aber auch der Verfasser eines zweiten 
kirchenrechtlichen Werkes, nämlich der Verfasser des Testamen- 
tum Domini nostri, kann nicht unbeeinflußt geblieben sein. Schon 


die äußere Einkleidung ist m. E. nicht von ihm selbständig er- 


funden, sondern einer anderen Vorlage nachgebildet. Ich will 
kein Gewicht legen auf die Fiktion, die den Gesamtinhalt des 
Werkes auf Offenbarungen Jesu an die Jünger nach der Auf- 


Ξ erstehung zurückführt, denn diese Einkleidung fand der Ver- 
_ fasser bereits bei seinen kirchenrechtlichen Quellen vor, aber 


die genauere Fassung, daß der Herr nach der Auferstehung von 
drei Jüngern, von Thomas, Matthäus und Johannes, berührt 
worden ist, damit sie sich überzeugten, daß er wahrhaftig von 
den Toten auferstanden, konnte von dorther nicht stammen; 
hier bildet m. E. der Auferstehungsbericht der Epistola die 


358 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Quelle, wie auch das ganze Fragespiel der gleichen Quelle ent- 
nommen sein muß. Auch das Auftreten der drei Frauen Martha, 
Maria und Salome in e. XVI erinnert an die drei Myrophoren 
Maria, Martha und Maria Magdalena der Epistola, indem die 
mystische Zahl der drei Zeugen wiederkehrt. Doch könnten 
diese Besonderheiten aus der vom Verfasser benutzten Apoka- 
lypse übernommen sein. Jedenfalls sind diese Spuren zu un- 
bestimmter Natur, um daraus weitere Schlüsse ziehen zu können. 

Sicheren Boden betreten wir erst mit der unserer Epistola 
in der äthiopischen Überlieferung voraufgehenden „apokalyp- 
tischen Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa*. Wie ich schon 
S. 172 bemerkt habe, sind die in cap. 4 (= 5, 52*—53*) ge- 
schilderten Wehen vor Anbruch des Endes vollkommen iden- 
tisch mit den Ausführungen 8. 102ff. der Epistola, und es ent- 
steht die Frage, wie wir diesen Befund zu erklären haben. Zu- 
nächst ist in der erstgenannten Schrift schon auffällig, daß 
gerade an dieser Stelle die Dialogform auftaucht. Denn wenn 
auch in der Einleitung die äußere Situation dergestalt gedacht 
ist, daß der Herr selbst die Offenbarungen über die Endzeit den 
nach seiner Auferstehung um ihn versammelten Jüngern mit- 
teilt, so beteiligen letztere sich nicht aktiv an der Debatte, viel- 
mehr tritt ihre Person ganz in den Hintergrund; als Zuhörer 
erscheinen nicht sie, sondern ganz allgemein die „Söhne des 
Lichtes“ (S. 49*, 3 u. 54*, 1). Die Schrift ist von Anfang bis 
zu Ende nur ein Monolog. So fällt schon äußerlich e. 4 aus 
dem Rahmen des Ganzen, wenn es plötzlich heißt: „Und es 
sprach zu uns unser Herr: Es werden Zeichen und Wunder ge- 
schehen am Himmel und auf der Erde, ehe das Ende kommt. 
Und wir sagten zu unserm Herrn: Sage uns und zeige uns“. 
Vergleichen wir damit die Parallelstelle in der Epistola 8, 102, 
Sff., so lesen wir dort: „Und wir sagten zu ihm wiederum: 
Ö Herr, so viel Wichtiges hast du zu uns gesprochen und uns ent- 
hüllt, was nie gesagt worden ist, und hast uns in allem Ruhe 
geschenkt und bist uns gnädig gewesen. Nach deiner Auf- 
erstehung offenbartest du uns alles, damit wir wirklich erlöst 
werden. Du sagtest uns aber bloß, es werden Zeichen und Wun- 
der geschehen im Himmel und auf der Erde, noch bevor das 
Ende der Welt kommt. Lehre uns nun, wie wir es erkennen“. 
Die einleitenden Worte, die hier uns in der äthiopischen Über- 


Ξ: 

” 
Ἢ 
πὶ 


ER 
— 
SR 


EEE 


Benutzung der Schrift. 359 


u lieferung vorliegen, entsprechen ganz den sonst gebräuchlichen, 


wie wir sie S.70, 4f. = Ko. XI, 11; 80, 13f. — Ko. XIX, 11f.; 
88, 11f. = Ko, XXI, 2f.; 128, 12f. = Ko. XXXI, 3f. vorfinden, 
nur sind sie etwas umfangreicher ausgefallen, da ein neuer Ab- 
schnitt der Offenbarungen beginnt, die die Endzeit betreffen. Die 


Frage der Jünger nach den Geschehnissen der Endzeit wird mit 


dem Hinweis auf die bisherigen allgemeinen Andeutungen des 
Herrn motiviert, wie sie in den Evangelien vorliegen. Diese An- 
deutungen, daß Wunder und Zeichen im Himmel und auf der 
Erde geschehen werden, genügt ihnen nicht, sie verlangen nach 
Spezialoffenbarungen über diesen Gegenstand. Das steht in vollem 
Einklang mit der Tendenz dieser Schrift, eine Ergänzung zu den 
Berichten der Evangelien über die letzten Dinge, über Auf- 
erstehung und Gericht zu bringen. In der apokalyptischen Rede 
Jesu ist der Hinweis auf die Zeichen und Wunder vor Eintritt 
der συντέλεια in den Mund des Herrn gelegt und werden da- 
durch die Jünger zur Bitte um weitere Erläuterungen veranlaßt. 
Wo wir das Original zu suchen haben, kann nicht zweifelhaft 
sein. Dazu kommt insbesondere, daß das Kapitel 4 den straffen 
Zusammenhang des Textes unterbricht. Denn vorher heißt es: 
„Das Reich des Morgenlandes wird erobert werden und in Trauer 
sich hüllen, und der Westen wird sich bereit halten. Der Süden 
wird erbeben und sich emporrichten, der Norden hat vernom- 
men und ist zerronnen. Das übrige wird geschehen, wenn das 
Gericht herannaht, wenn die Schrift erfüllet wird und die Zeit 
da ist“!, Hier wird also auf zeitgeschichtliche Ereignisse an- 
gespielt, aber nur im allgemeinen wird von den Schicksalen 
der Länder des Ostens und des Westens, des Nordens und des 
Südens geredet, indem die Schilderung der besonderen Ereig- 
nisse erst der Darstellung des herannahenden Gerichts vorbehal- 
ten wird. Diese Darstellung beginnt mit cap. 5; doch als Ein- 
leitung dazu dienen die Worte am Schluß von cap. 4 = 8. 54*, 
18: „(Nun) höret auch dies, o Kinder des Lichtes, von dem 


- 1) Guerrier übersetzt: „Le royaume d’Orient sera detruit et 
sera revötu de deuil, et l’Occident se pr&parera lui-m&eme (ἃ la 
ruine), le Midi sera öpouvantö et le Nord se tiendra aux écoutes, 


'et sera dösagröge. Les autres (pays) qui resteront, seront (dötruits), 


lorsque sera approch6 le jugement (AC om.), lorsque les Ecritures 
s’accompliront et lorsque les jours approcheront“, 


360 Schwidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


was geschehen wird. Wenn der Herr herannaht, werden die 
Engel sich von den Früchten, den Flüssen, den Wasserabgrün- 
den und den Bäumen entfernen usw.“ Diese Worte knüpfen 
unmittelbar an die Schlußworte von cap. 3 an. So stellt sich 
der dazwischen liegende Text rein äußerlich als Fremdkörper 
dar und, was die Hauptsache, dieser Zwischentext geht zurück 
auf den in der Epistola S. 102, 8---113, 6 vorliegenden Gedan- 
kenkomplex. Der Verfasser dieses Stückes hat nämlich sich für 
seine Zwecke auf eine verkürzte Bearbeitung beschränkt. Dies 
mögen einige Proben illustrieren. Da lesen wir z. B. zu Anfang 
S. 52*, 6f.: „Und er sprach zu uns: Euch werde ich sagen und 
euch lehren, nicht was an euch geschehen wird, sondern an den- 
jenigen, welche ihr gelehrt habt, die an mich glauben“. Im 
Originaltext lautet die Stelle also: „Und er sprach zu uns: Ich 
werde (es) euch lehren, nicht jedoch an euch (zu eurer Zeit) 
wird es geschehen, sondern an denjenigen, die ihr belehren 
werdet und die glauben werden, sowie auch an denjenigen, die 
diesen Mann hören und an mich glauben“. Der Bearbeiter hat 
das letzte Satzglied ausgelassen, da er nicht mehr verstehen 
konnte, wer unter „diesen Mann“ zu begreifen seit. Nur aus 
den vorhergehenden cap. 31—33 hätte er entnehmen können, 
daß es sich um die durch den Heidenapostel Paulus für Christus 
gewonnenen Gläubigen handelt, die von den durch die Urapostel 
Bekehrten unterschieden werden. Ferner hat in der Epistola 
S. 110, 6ff. das Psalmzitat folgenden Text: „Ihre Füße sind 
rüstig zum Blutvergießen, ihre Zunge bringt Lästerung hervor, 
und unter ihren Lippen ist Schlangengift. Ich sehe dich, wie 
du mit einem Dieb herumläufst und mit einem Hurer deinen 
Anteil (sehe ich), und ferner, wie du sitzest, indem du deinen 
Bruder schmähst, und wie du dem Sohne deiner Mutter Hinder- 
nis stellst. Was dachtest du dir: werde ich denn sein wie du?* 
Hier sind also die beiden Psalmstellen 13, 3 und 49, 18. 20. 21 
miteinander kombiniert. In der „apokalyptischen Rede“ S. 53*, 
21 ff. dagegen ist die erste Psalmstelle ganz weggefallen, und 
auch das zweite Zitat ist scheinbar nach dem Grundtexte kon- 
formiert. Daran schließen sich die Worte: „Dies nun, was ich 


fehlt. 


1) Bemerken will ich, daß auch in den Hdd. AS dieser Satz 


u Ds 0 ας νος μὲ a τὰς 


Er 
ἘΠ 


᾿ 
3 
Be 
N 


᾿ 
3 
Ἃ 
E: 
- 
ἢ 


— 


Ort und Zeit der Epistola. 361 


euch sage, teilet auch dem Israel und den Heiden mit, damit 


sie es hören und glauben, damit sie gerettet werden und dem 
herannahenden Zorn und der Feuerbrunst entkommen“. Sie bil- 
den zugleich den Abschluß des von dem Bearbeiter benutzten 
Textes der Epistola. Hier lautet der Text aber also S. 113, 2f.: 
„Denn er hat mich zu euch gesandt. Dies sage ich euch, ihr 
aber saget es Israel und den Völkern (Heiden), auf daß sie es 
hören und auch sie erlöset werden, an mich glauben und der 
Qual des Unterganges entkommen“. In der ersten Abhandlung 
haben die Worte gar keine Beziehung, da nirgends von einem 
Predigtauftrage Jesu an Israel und die Heiden die Rede ist, 
wohl aber in der Epistola, wo wir 5: 94, 4f. = Ko. XXV, 12f. 
lesen: „Gehet ihr und prediget den zwölf Stämmen und prediget 
auch den Heiden und dem ganzen Lande Israels“. 

Damit ist der Beweis erbracht, daß der in Rede stehende 
Text 8. 52*, 3—53*,29 aus der Epistola geflossen ist, und weiter, 
daß er nicht zum ursprünglichen Texte der „apokalyptischen 
Rede“ gehörte. Es entsteht der Verdacht, daß die Interpolation 
erst bei oder nach der Zusammenstellung der beiden Abhand- 


lungen stattgefunden hat. Wann und wo dies geschehen ist, 


läßt sich leider nicht feststellen. Infolgedessen können wir nur 
die Benutzung konstatieren, ohne irgendwelche chronologische 


Anhaltspunkte für die Epistola zu gewinnen. 


XI. Ort und Zeit der Epistola. 


Bei der Bestimmung des Ortes und der Abfassungszeit unserer 
Schrift treten uns die gleichen Schwierigkeiten entgegen, wie sie 
bei fast allen altchristlichen Schriften des 2. Jahrhunderts vor- 


liegen. Es fehlt uns an sicheren Maßstäben; dabei müssen wir 


unsere Beobachtungen durch innere Gründe zu stützen versuchen. 
Bei der Epistola liegt die Sache um so schwieriger, als wir, wie 
wir gesehen haben, über keine äußeren Zeugnisse bei altchrist- 


lichen Schriftstellern verfügen. Das vorhin behandelte Zeugnis 


aus der „apokalyptischen Rede Jesu“ hilft uns nicht weiter, da 
es sich um eine spätere Interpolation handelt. Und sollte es 
feststehen, daß der Verfasser des Testamentum Domini nostri 
die Epistola gekannt hat, so würde diese Tatsache nur ein 


362 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


mageres Resultat liefern, denn das Testamentum wird von Baum- 
stark auf die zweite Hälfte des 5., wenn nicht auf den Beginn 
des 6. Jahrhunderts datiert!. Einen wirklichen Schritt vorwärts 
kämen wir, wenn der Verfasser der Apostol. Kirehenordnung in 
seinem Apostelverzeichnis als Vorlage die Epistola benutzt hätte, 
Freilich in chronologischer Hinsicht bewegen wir uns auch hier 
auf etwas unsicherem Boden. Nach den Untersuchungen von 
Harnack ? stammt die Kompilation um 300 aus Ägypten; Funk 
verlegte sie bereits in die erste Hälfte des 3. Jahrh.®, um sie 
später in die erste Hälfte des 4. Jahrh. zu verweisen und als 
Entstehungsort neben Ägypten auch Syrien in Betracht zu ziehen ", 
Mit Recht macht aber Ehrhard (Die altchr. Literatur ete. II, 85, 530) 
gegen diese späte Datierung geltend, daß der von Hauler heraus- 
gegebene lateinische Palimpsesteodex von Verona, welcher den 
Schluß der Apostol. Kirchenordnung (von cap. 17 ab) erhalten 
hat, bereits dem letzten Drittel des 4. Jahrh. angehört, so daß 
die griechische Vorlage wenigstens in der Mitte des 4. Jahrh. 
existiert haben muß; auch sei es wenig wahrscheinlich, daß ein 
Schriftstück, welches in der ersten Hälfte des 4. Jahrh. im Orient 
erst entstand, in der Mitte desselben im Abendland schon be- 
kannt war. Auch Achelis tritt für ein höheres Alter ein, doch 
wagt er keine nähere chronologische Fixierung; nur im allge- 
meinen verlegt er die Schrift zwischen Didache (ca. 100 resp. 
ca. 140) und Apostol. Konstitutionen (ca. 400 resp. ca. 360). Der 
Spielraum ist also groß. Als Heimat der Apostol. Kirchenord- 
nung nimmt er ebenfalls Ägypten oder Syrien mit Beschlag®, 

Ganz eigenartige Wege ist jüngst Schermann ? gegangen. 


1) Auch Harnack, „Vorläufige Bemerkungen zu dem jüngst syrisch 
und lateinisch publizierten Testamentum Domini nostri Jesu Christi“ 
(Sitzungsber. ἃ. Berl. Ak., phil.-hist. Kl. 1899 S. 878 ff.) verweist die 
Schrift in das 5. Jahrh., ebenso Achelis, Theol. Lit.-Ztg. 1899, Sp. 704 ff. 
2) Ausgabe der Didache in den TU II, 1 S. 218f. und die Quellen 
der sogen. apostol. Kirchenordnung, TU II, 5 85. 6; vgl. Altchristl. 
Literaturgeschichte II, 1, S. 532. 3) Zur Apostellehre und Apost. 
Kirchenordnung, Theol. Quart.-Schr. Bd. 69 (1887), 8. 364 ff. 

4) Die Apostol. Kirchenordnung in den kirchengesch. Abhandlgn, u. 
Unters. 2 (1899) 5. 236. 5) Didascaliae Apostolorum fragm. 
Veronensia latina, accedunt canonum qui dicuntur Apostolorum et 
Aegyptiorum reliquiae, Lipsiae 1900, p. 101 ft. 6) Real-Encykl, f. 
prot. Theol. 15, 731 ff. 7) Die allgemeine Kirchenordnung, früh- 


— U 


Ort und Zeit der Epistola. 363 


Nach ihm, wohl im Anschluß an die Untersuchungen von Alfred 


Seeberg, ist das Apostelverzeichnis der Apostol. Kirchenordnung 
einem uralten Apostelkatechismus entnommen, und dieser Kom- 
pilator soll entweder mit dem Verfasser des Barnabasbriefes iden- 
tisch sein, oder der letztere soll bereits aus der vereinigten 
Apostol. Kirchenordnung geschöpft haben. Letzteres scheint ihm 
noch als das wahrscheinlichere, so daß der Kompilator vor 130 
gelebt haben müßte. Ich glaube kaum, daß Schermann für diese 
luftigen Thesen irgendwelche Abnehmer finden wird; es fehlt 
jede solide Basis. Dabei weiß Sch. keine Erklärung für die 
Stellung des Johannes an der Spitze des Apostelkollegiums zu 
geben; er stellt die seltsame Vermutung auf, daß Johannes zur 
Zeit der Entstehung des Apostelkatechismus noch der einzig 
lebende Apostel gewesen wäre. Ganz anderes Gesicht bekommt 
die Sache, wenn wir die Epistola als die Quelle für das Apostel- 
verzeichnis der Apostol. Kirchenordnung statuieren, da in ersterer 
Johannes an der Spitze der Briefschreiber steht. Daraus folgt, 
daß die Apostol. Kirchenordnung erst später als die Epistola 
verfaßt sein kann, letztere also höchstwahrscheinlich vor 300 
entstanden sein muß. Sollte der Verfasser der Apost. Kirchen- 
ordnung wirklich in Ägypten gelebt haben, so nimmt die Be- 
nutzung der Epistola nicht weiter Wunder, denn die koptische 

liefert den urkundlichen Beweis, daß die Schrift in 
griechischem Gewande zu der altehristlichen Literatur Ägyptens 
gehörte. Ihre hohe Wertschätzung in christlichen Kreisen er- 
gibt sich mit Evidenz daraus, daß sie jenen altchristlichen Schrif- 
ten, wie den Acta Pauli, dem 1. Clemensbriefe, Hermas, Ignatius 
u.a. zugesellt wurde, die in das Corpus der ältesten koptischen 
Literaturdenkmäler einverleibt worden sind. Und dieses Ansehen 
genoß sie nicht nur in der ältesten Zeit, sondern auch noch 
später muß sie in sahidischer Übersetzung verbreitet gewesen 
sein, da sonst ihre Übernahme in die äthiopische Literatur un- 
erklärlich wäre. Das uns erhaltene Papyrusmanuskript wird auf 


' die zweite Hälfte des 4. resp. Anfang des 5. Jahrhunderts zu 


datieren sein, und dabei ist unser Ms. bereits eine Abschrift einer 


christliche Liturgien und kirchliche Überlieferung, Teil III, 601 ft. 
(Die Be. berlieferung des zweiten Jahrhunderts, Paderborn, 
1916 £ 


364 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


älteren Vorlage. Und das gleiche gilt von dem lateinischen 
Palimpsest, das ja dem 5. resp. 6. Jahrh. angehört. Wir müssen 
demnach mit dem griechischen Originale viel weiter zurück- 
gehen. Jedenfalls steht soviel fest, daß unsere Schrift eine Ge- 
schichte innerhalb der Kirche Ägyptens erlebt hat. Aber dies 
darf uns nicht dazu verleiten, ebenfalls Ägypten als Entstehungs- 
ort zu proklamieren. Sua fata habent libelli! Das hat man bei 
den Untersuchungen mancher altehristlichen Schrift m. E. nieht 
genügend beachtet. Die Wertschätzung einer Schrift innerhalb 
einer Kirchenprovinz ist noch kein sicheres Argument für ihre 
Provenienz aus derselben Kirche. 

Beginnen wir zunächst mit der Frage nach dem Entstehungs- 
orte. Allgemeine Erwägungen führen zu keinem Resultate, wie 
es Guerrier tut, der kurzerhand Ägypten als Ursprungsland für 
die von ihm statuierte Kompilation bezeichnet, aber sofort hinzu- 
fügt: peut-tre la Palestine. Aber weder das eine noch das 


andere Land kann in Betracht kommen, vielmehr erblicke ich 


in der Epistola ein Erzeugnis der Kirche Kleinasiens. Freilich 
muß dies auch bewiesen werden. 

Wir haben festgestellt, daß die Schrift sich selbst als eine 
antihäretische Streitschrift legitimiert. Die wahren Apostel treten 
mit der Niederschrift ihrer von Christus nach der Auferstehung 
empfangenen Offenbarungen den falschen Aposteln entgegen. 
Als diese φευδαπόστολοι sind sowohl im Proovemium wie im 
Eingang des Auferstehungsberichtes ausdrücklich ‘Simon und 
Kerinth oder besser Kerinth und Simon genannt. Der Name 
Simon bietet nichts Charakteristisches, da Simon Magus in den 
Augen der Großkirche als der Vater aller gnostischen Häresien 
gilt, wohl aber der Name des Kerinth. Denn Kerinth gehört 
ja zusammen mit Simon Magus nicht nur zu den Häretikern 
des apostolischen resp. nachapostolischen Zeitalters, sondern 
wirkte nach dem Zeugnis des Irenaeus adv. haer. I, 26, 1 in 
der Provinz Asia. Derselbe Irenaeus berichtet uns von einer 
Begegnung des Kerinth in einem Badehause zu Ephesus mit dem 
Apostel Johannes auf Grund mündlicher Mitteilung des Polycarp 
(adv. haer. III, 3, 4; vgl. Euseb. h. e. IV, 14, 6 u. Ill, 28, 6). 
Ferner bringt er die Nachricht, daß Johannes sein Evangelium 
behufs Ausrottung des von Kerinth verbreiteten Irrtums verfaßt 
habe (adv. haer. III, 11, 1). Selbst wenn man alle diese No- 


Ort und Zeit der Epistola. 365 


_ tizen des Irenaeus als unhistorisch verwerfen wollte, dies eine 
wird man nicht ableugnen können, daß im 2. Jahrh. die klein- 
asiatische Tradition sich mit der Person eines Häretikers namens 
Kerinth beschäftigte. In Syrien, Palästina, Agypten hatte diese 
Persönlichkeit kein Interesse. Clemens Alex. und Origenes haben 
den Kerinth keiner Erwähnung würdig befunden. Der erste 
Zeuge in Ägypten über ihn und seine Sekte ist Dionysius von 
Alexandrien (ὑ 265) in seiner gegen den chiliastisch gesinnten 
Bischof Nepos gerichteten Schrift περὶ ἐπαγγελεῶν, u. z. im 
2. Buche (Euseb. h. e. VII, 25, 2. 3. vgl. III, 28, 4), aber er 
‘kennt ihn nur als Vertreter des judaistischen Chiliasmus und 
als angeblichen Verfasser der Johannesapokalypse, ist dabei, wie 
er selber eingesteht, von der Meinung anderer (τερὲς τῶν πρὸ 
ἡμῶν) abhängig. Wiederum werden wir durch diesen literarischen 
Streit nach Kleinasien gewiesen, wo unter den Gegnern der Mon- 
tanisten, die wegen ihres Chiliasmus glühende Verehrer der Apo- 
kalypse des Johannes waren, die sogenannten Aloger (um 160) 
erscheinen. Letztere verwarfen den gesamten literarischen Nach- 
laß des Johannes, d. h. das Evangelium und die Apokalypse, 
und setzten ihn auf das Konto des Häretikers Kerinth. Daß 
diese These ein verzweifelter Ausweg war, um die Schriften in 
den Augen der Gläubigen zu diskreditieren, ohne daß irgend- 
welche historische Tatsachen zu Gebote standen, bedarf keiner 
weiteren Erörterung. Aber die Aloger wären schwerlich auf 
den Namen des Kerinth verfallen, wenn nicht die Tradition 
um 160 verbreitet gewesen wäre, daß ein gewisser Kerinth in 
Kleinasien eine häretische Wirksamkeit ausgeübt hätte. Unmög- 
lich kann Kerinth ein Phantasieprodukt gewesen sein, wie uns 
Ed. Schwartz in einem Aufsatze: Johannes und Kerinth (Z. f. 
ntliche Wissenschaft, 1914, H. 2, S. 210ff.) glauben machen will. 
Denn wir können doch nicht annehmen, daß der Verfasser der 
Epistola aus Irenaeus oder von den Alogern den Namen be- 


zogen hätte. Überdies hätte er sich bei seinen Lesern lächer- 


lich gemacht, würde er eine fingierte Persönlichkeit den Aposteln 
gegenübergestellt haben. Das hieß gegen Windmühlen kämpfen! 
Nein, der Häretiker Kerinth muß für die Kleinasiaten eine histo- 
rische Persönlichkeit gewesen sein. Freilich die Überlieferung 
bei den Ketzerbestreitern über ihn ist eine zwiespältige, und 
deshalb wird es notwendig sein, in einem Exkurs die von Ed. 


366 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Schwartz behandelten Fragen von neuem zu beleuchten. Auf 
alle Fälle kann der Verfasser der Epistola m. E. nur als Glied 
der kleinasiatischen Kirche den Namen des Ketzers aufgegriffen 
haben. Für ihn und seinen Kreis hatten Namen wie Satornil, 
Valentin und Basilides keine Bedeutung, wenn es galt, der Hydra 
der häretischen Gnosis den Kopf abzuschlagen. 

Sehen wir uns nach weiteren Spuren um, die den behaup- 
teten kleinasiatischen Ursprung unterstützen, so tritt uns die 
besondere Vorliebe des Verfassers für den Apostel Johannes und 
für dessen Evangelium entgegen. Wir haben bereits die Stel- 
lung des Johannes an der Spitze des Apostelkollegiums und die 
Aufführung der Hochzeit zu Kana am Anfang der Wundertätig- 
keit Jesu, ferner die starke Beeinflussung des Evangeliums 
Joh. in Sprache und theologischer Haltung konstatiert (s. o. 
S. 224. Da erhebt sich denn die Frage, in welcher Kirchen- 
provinz wir in der altchristlichen Zeit eine derartige Hoch- 
schätzung der Person und des Evangeliums voraussetzen dürfen. 
Die Antwort kann nicht zweifelhaft sein: in Kleinasien. Man 
mag über die Johannesfrage denken, wie man will, die Tradi- 
tion von dem greisen Johannes in Ephesus, dem Lehrer des 
Polycarp in Smyrna, hat nicht erst Irenaeus in Kurs gesetzt, 
wie Ed. Schwartz in dem eben erwähnten Aufsatze behauptet. 
Man kann den Irenaeus wohl eines Irrtums zeihen, aber nicht 
einer raffinierten Unwahrhaftigkeit, um sich selbst die Gloriole 
eines indirekten Apostelschülers ums Haupt zu legen. Clemens 
Alex. (Quis dives salv. 42, 1ff.; vgl. Euseb. h. e. III, 23, 6 ff.) 
kennt keinen andern Apostel Johannes, der nach dem Tode des 
Tyrannen von der Insel Patmos nach Ephesus zurückkehrte und 
von dort aus Reisen in die benachbarten Provinzen unternahm, 
um als Missionar neue Gemeinden zu errichten und Bischöfe 
einzusetzen. Ein Kleinasiat war es, der sich um ὁ. 160—170 
unterfing, den Apostel Johannes zum Helden eines großangeleg- 
ten Apostelromans zu machen, und der mit diesem Romane die 
Reihe der apokryphen πράξεις einzelner Apostel inaugurierte. 
Leueius — unter diesem Namen führt der Verfasser sich zu- 
gleich als Begleiter des Apostels em — gruppiert die Erzählung 
über seinen Helden um Ephesus als Mittelpunkt seines Wirkens 
und erdichtet eine Rundreise von dort an die Gemeinden der 
Provinz Asia. Die Namen dieser Gemeinden entnimmt er den 


a ἐδεβ ας 


—— 


Ort und Zeit der Epistola. 367 


᾿ς Sendschreiben der Apokalypse. In seinen Augen ist also die Apo- 
kalypse ein Werk des Apostels Johannes, aber auch an dem 
pneumatischen Evangelium hat er sich berauscht und von dort 
sein Christusbild bezogen, wenngleich er es noch im monarchia- 
nischen Sinne überboten hat, indem der von ihm gezeichnete 
Logos nieht Gott neben Gott, sondern der Gott schlechthin ist. 
Ist also aus diesen und andern Zeugnissen die hohe Wert- 
schätzung des Apostels Johannes in der kleinasiatischen Kirche 
.evident, so werden wir mit großer Wahrscheinlichkeit auch den 
Verfasser der Epistola zu diesem Kreise rechnen dürfen, zumal 
wenn wir in Erwägung ziehen, daß die Kleinasiaten auf dem 
Gebiet der altchristlichen Schriftstellerei die Führerrolle über- 
nommen hatten. 

Und dazu kommt als weiteres Moment die doketische Stim- 
mung, die sich in der Epistola bei der Frage nach der leib- 
lichen Auferstehung des Herrn wie nach der der Christgläubigen 
bemerkbar macht. Der Verfasser hat m. E. keineswegs aus- 
schließlich gnostische Häretiker im Auge, wenn er die Apostel 
selbst an der Auferstehung des Herrn ἐν σαρχί zweifeln läßt, 

wenn die Apostel nar widerstrebend zur Anerkennung des 
ο΄ ehristlichen Dogmas von der ἀνάστασις τῆς σαρχὸς bewogen 
werden. Doketische Anschauungen müssen auch innerhalb kirch- 
licher Kreise weit verbreitet gewesen sein. — Nun lese man die 
Johannesakten, deren Verfasser sich nicht scheut, einem aus- 
gesprochenen Doketismus zu huldigen! Da hören wir ce. STff. 
von den Verwandlungskünsten Jesu bei der Auswahl der Jünger 
und bei der Verklärung auf dem Berge oder vernehmen in ce. 93 
die Mitteilung, daß dem Apostel Johannes der Herr bald ὑλώδης 
und παχύς, bald ἄδλος und ἀσώματος erschienen sei, und daß 

beim Gehen sich keine Fußspur auf der Erde gezeigt habe. Und 
dazu stelle man das, was der Verfasser von Spezialoffenbarungen 
des Herrn an Johannes über sein Leiden am Kreuze zu berich- 
ten weiß, daß nämlich ein Gott nicht leiden könne, sein Leiden 

_ vielmehr nur ein scheinbares sei; während das unwissende Volk 
nur auf Grund der äußeren Erscheinung urteile, wäre der Pneu- 
matiker imstande, Wesen und Erscheinung zu unterscheiden 
(6. 98). Das hat keineswegs ein Gnostiker niedergeschrieben, 
wie man gewöhnlich annimmt, sondern ein Mann, der eine 
doketisch gerichtete Partei innerhalb der Großkirche Kleinasiens 


368 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


vertritt. Wir finden diesen Doketismus sowohl in den beiden 
ersten Briefen des Johannes, wie in den Briefen des Ignatius, 
der speziell diese doketischen Irrlehrer in seinen Briefen an die 
Epheser, Traller und Smyrnaeer mit aller Energie bekämpft. Und 
diese Strömung, die durchaus nicht überwunden, vielmehr in 
dem naiven Modalismus seine Stütze fand, hat auch unser Autor 
im Auge gehabt, als er den Aposteln die Rolle der Leugnung 
des leiblichen Auferstehungsglaubens zuwies, Freilich beschränkte 
sich dieser Doketismus nicht allein auf Kleinasien; wir treffen 
ihn auch in Syrien — ich verweise auf das Petrusevangelium 
und auf die Doketen in der Gemeinde von Rhossus (vgl. Euseb. 
h. e. VI, 12) — und in Ägypten (vgl. Clemens Alex. Adumbrat. 
zu 1. Joh 1 und Strom. VI, 9, 71). 

So komme ich zu dem letzten Argument für den klein- 
asiatischen Ursprung der Epistola, nämlich zu der eigentümlichen 
Passahfeier. Ich habe bereits S. 246 die auf Grund von Act. 
12, 3ff. gebildete Erzählung von dem gefangenen und wunderbar 
befreiten Apostel, d.i. Petrus, behandelt. Gerade am Tage des 
Passahfestes befindet er sich im Gefängnisse und ist voll Trauer, 
daß er das Fest im Kreise der andern Mitjünger nicht feiern 
kann. Da wird er durch den Engel Gabriel plötzlich befreit 
und erlangt dadurch die Möglichkeit der Teilnahme, indem er 
bis zum Hahnenschrei verbleibt. Als Gegenstand dieses Passah- 
festes wird besonders hervorgehoben die Gedächtnisfeier an den 
Herrn und die Agape (S. 52, 5ff. — Ko. VII, 14ff.). Es handelt 
sich also nicht um das jüdische Passah, sondern offensichtlich 
um ein christliches Passah, das in solenner Weise hier eingesetzt 
wird. Denn es ist gar nicht verständlich, aus welchem Grunde 
diese ganze Erzählung eingeflochten ist; sie erfolgt ganz abrupt, 
da unmittelbar vorher der Herr von seiner Geburt aus der Maria 
berichtet hat. Es muß unbedingt eine bestimmte Abzweekung 
damit verbunden sein, zumal da das Ereignis erst für die Zu- 
kunft angekündigt wird. Nun leitet der Herr die Erzählung 
mit den Worten ein: „Nach meinem Heimgang zum Vater, so 
gedenket ihr meines Todes“ (8. 52, 5 —= Ko. VII, 131). Der 
Tag seines Todes soll auch in Zukunft durch eine Gedächtnis- 


1) Im Äthiopen: „Ihr aber feiert den Gedenktag meines Todes, 
das ist das Passah“, 


Ort und Zeit der Epistola. 369 


feier festlich begangen werden, u. z. am 14. Nisan, wo die Juden 
das Passah feiern. Unser Verfasser kennt kein Osterfest im 
Sinue der späteren Kirche, sondern wie ohne Zweifel die Ur- 
apostel mit den Juden das jüdische Passah alljährlich feierten, 
80 soll es auch für die christliche Gemeinde gelten als Feiertag, 
an dem Christus als Osterlamm am Kreuze gestorben ist. So- 
mit zeigt sich der Verfasser als Vertreter des Quartodecimanis- 
mus. In diesem Falle ist der Schauplatz, auf dem die Schrift 
entstehen konnte, viel enger geographisch umschrieben. Denn 
neben den Gemeinden von Syrien und Mesopotamien (Athanasius 
epist. ad Afrie. 2; de Synod. 5; Epiphanius h. 70, 9) und Per- 
sien (Aphraates, hom. XII, 8) kommt als Hauptvertreter dieser 
Praxis nur die kleinasiatische Kirche in Betracht, hatte sie doch 
im Passahstreite gegen Rom die Führerrolle übernommen. Für 
Syrien als Ursprungsland könnte der apokryphe Prophetenspruch 
sprechen: „Sieh, von Syrien aus werde ich anfangen zusammen- 
zurufen ein neues Jerusalem“ (S. 101,3) und die besondere Be- 
tonung „Damaskus Syriens* (S. 100, 13); es würde hier ein ge- 
wisser Lokalpatriotismus zum Vorschein treten, aber ebensogut 
kann man daraus entnehmen, daß der Verfasser diesem Lande 
fernsteht. Unterdrücken will ich nicht den Hinweis auf die 
eigentümlich milde Beurteilung der Judenchristen, die für einen 
. syrischen Christen bei der großen Menge der Judenchristen inner- 
halb der Kirche Syriens erklärlich wäre, andererseits müssen 
wir auch für Kleinasien in Hinblick auf die umfangreiche jü- 
dische Diaspora zahlreiche Judenchristen voraussetzen (s. u.). So 
bleibe ich, wenn ich an die besondere Wertschätzung des Apostels 
Johannes und seines Evangeliums denke, bei der These stehen, 
dab der Verfasser ein Glied der kleinasiatischen Kirche gewesen 
ist. Indem er die Erzählung Aet. 12,3ff. aufgriff, wollte er in 
᾿ς polemischer Abzweckung die Praxis seiner Kirche gegenüber einer 
abweichenden Sitte durch die höchste Instanz in Sachen des 
Glaubens und der Sitte beglaubigen lassen. Denn der greise 
_ Polycarp hatte auf Bischof Anicet von Rom keinen Eindruck 
gemacht, als er sich auf die Haltung des Johannes, des Jüngers 
des Herrn, und der übrigen Apostel berief, da Anicet sich mit 
gleichem Nachdruck auf die συνήϑεια τῶν πρὸ αὐτοῦ πρεσβυ- 
ο΄ τέρων stützte (Euseb. h. 6. V, 24, 16). Und dieselbe Erfahrung 
hatte Polyerates von Ephesus gemacht, als er in seinem Streite 
T. u. U, 14: Schmidt-Wajnberg. 24 


— 


ΡΜ ΡΤ DE a Be 
N ol Σὰ WEN 


370 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


mit Vietor von Rom auf die großen Lichter Asiens hinwies, auf 
den Apostel Philippus von Hierapolis und seine drei Töchter, auf 


Johannes, der an der Brust des Herrn lag, auf Polycarp von * 


Smyrna, 'Thraseas von Eumenes, Sagaris von Laodicea, Papirius 
von Smyrna und Melito von Sardes (Euseb. h. 6, V, 24, 2ff.), 
denn Vietor führte gegenüber dieser Wolke von Zeugen die in 
Rom verstorbenen Apostelfürsten Paulus und Petrus ins Feld, 
Hier stand apostolische Tradition gegen apostolische Tradition. 
Da gab es nur noch ein Mittel, alle Angriffe abzuweisen, d. h. 
man mußte über die Autorität der Apostel hinaus zu der letz- 
ten und höchsten Instanz seine Zuflucht nehmen. Diesen Ver- 
zweiflungsschritt hat der Verfasser der Epistola getan und 
dadurch die kleinasiatische Passahfeier mit dem Nimbus der 
direkten Einsetzung durch den Herrn umkleidet. Für die chrono- 
logische Frage wird dieser Punkt nicht unwichtig sein. Aber 
die eigentliche Bedeutung unserer Stelle liegt in der authen- 
tischen Aufklärung, die sie uns über die kleinasiatische Passah- 
feier gewährt, denn in dieser Beziehung herrscht ja unter den 
Gelehrten bis heute keine Übereinstimmung. Daher werde ich 
in einem Exkurse die übrigen Nachrichten im Lichte dieser neuen 
Quelle würdigen. 

Sind wir uns über den kleinasiatischen Ursprung der Epistola 
im klaren, so kommen wir jetzt zu der Frage nach der Zeit 
ihrer Entstehung. Wer die zahlreichen Differenzen unter den 
Forschern auf dem Gebiete der altchristlichen Literatur kennt, 
wird an die chronologische Fixierung mit einer großen Skepsis 
herantreten, zumal da die Gefahr besteht, daß bestimmte sub- 
jektive Anschauungen betreffs der allgemeinen Entwicklung der 
christlichen Kirche das objektive Urteil trüben können. Wir 
haben hier die Frage zu stellen: Gehört die Epistola dem zweiten 
oder dem dritten Jahrhundert an? 

Ich beginne zunächst mit allgemeinen Erwägungen. 

1. Die vorliegende Epistola enthält Spezialoffenbarungen 
Jesu an seine Jünger nach der Auferstehung. Diese Art der 
christliehen Schriftstellerei war wohl im zweiten Jahrhundert 
noch angängig, aber seit dem Kampfe mit dem Gnostizismus 
und Montanismus wurde in dieser Beziehung energisch gegen 
jede Bereicherung der Offenbarungsliteratur Front gemacht. Die- 
jenigen altehristlichen Schriften, die eine Spezialtradition neben 


Pa et A Ὁ .“- 


ni Dias ln al a ———— 


Ort und Zeit der Epistola. 371 


den Evangelien vertreten, wie z. B. das Kerygma Petri und die 


Apokalypse des Petrus, gehören ohne Ausnahme dem zweiten 
Jahrhundert an. Clemens Alex. ist der letzte, welcher noch 
ganz ungeniert von einer Übermittlung der Geheimtradition an 
gewisse Lieblingsjünger des Herrn redet. Im dritten Jahrh. 
hätte wohl schwerlich ein Mann der Kirche den Kanon der 
ntlichen Schriften um ein pseudepigraphisches Produkt zu ver- 
mehren gewagt, nachdem bereits der anonyme Antimontanist 
um 190 n. Chr. bekannt hatte, wie gefährlich jede Art theolo- 
gischer Schriftstellerei wäre!. Ich will nur daran erinnern, wie 
schlecht dem Verfasser der Acta Pauli in der ersten Hälfte des 
zweiten Jahrh. seine gutgemeinte Schrift von der Kirche belohnt 
worden ist, indem er seines Presbyteramtes entsetzt wurde. 
Hier handelte es sich um Paulus, in der Epistola um den Herrn 
selbst, auf den gerade die Gnostiker ihre vermeintlichen Ge- 
heimtraditionen zurückzuführen beliebten. Unserm Verfasser 
scheint noch gar nicht zum Bewußtsein gekommen zu sein, in 
welcher gefährlichen Gesellschaft er sich bewegte. Das ist m. B. 
ein Fingerzeig für die Entstehung im zweiten Jahrhundert. Man 
könnte gegen dieses Argument den Einwand erheben, daß die 
kirchenrechtliche Literatur, die doch unbedingt einer späteren 
Zeit angehört, unter apostolischer Maske eingeführt ist. Aber 
der älteste Typus dieser Literaturgattung, die Didache, erhebt 
nur im Titel den Anspruch auf apostolischen Ursprung, indem 
die Apostel als Vermittler der Herrenlehre gelten; nirgends er- 
scheinen die Apostel selbst als die Autoren der Schrift. Aposto- 
lisch ist der Inhalt der Schrift in demselben Sinne, wie auch _ 
sonst der gesamte Besitz der christlichen Kirche an Lehre, Sitte 


und Verfassung nach allgemeiner Anschauung auf die Autorität 


der Apostel zurückgeführt wird. Schon einen Schritt weiter in 
dieser Richtung geht die sogen. Apostolische KO. Hier werden 


Ε | die Apostel als Autoren namentlich angeführt und ist das Ganze, 
wie die Einleitungsworte in Nachahmung des Barnabasbriefes 
eeigen, in Form eines Briefes gedacht. Ein Apostelkonzil hat 


u auf Befehl des Herrn gebildet — wann und wo wird nicht 


— Euseb. h. 6. V, 16, 3: δεδιὼς καὶ ᾿ἐξευλαβούμενος μή πῃ δόξω 
τισὶν ἐπισυγγράφειν ἢ ἐπιδιατάσσεσθαι τῷ τῆς τοῦ εὐαγγελίου καινῆς 
διαϑήκης λόγῳ. 


945 


372 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gesagt —, um Verordnungen kirchenrechtlicher Natur an die 
gesamte Ökumene zu erlassen. Diese Verordnungen sind aber 
nicht das Produkt gemeinsamer Überlegung, sondern Offen- 
barungen des Erhöhten an den Einzelnen vermittelst des heiligen 
Geistes. Die Einkleidung selbst ist im geringen Maße durch die 
Didache beeinflußt; nach dieser Richtung hin ist, wie wir ge- 
sehen haben, die Epistola von maßgebender Bedeutung ge- 
wesen. Auf der gleichen Linie bewegt sich der Verfasser der 
διατάξεις τῶν ἀποστόλων, der sogen. syrischen Didascalie; die 
Schrift entstammt dem dritten Jahrhundert. Der Inhalt bietet 
sich als Lehre der zwölf Apostel dar; es ist ein Erlaß, der auf 
einem Apostelkonzil zu Jerusalem nach Rückkehr von der ersten 
Missionsreise verfaßt ist, u. z. mit der ausgesprochenen Tendenz, 
die überall in den Gemeinden vorgefundenen Häresien zu be- 
kämpfen (8. 122 der Ausgabe Achelis-Flemming). Der Gedanke 
eines Apostelkonzils ist m. E. der Apost. KO. entnommen, wie 
auch die nachträgliche Einführung dieses Motives zeigt. Ge- 
meinsam allen drei vorliegenden Schriften ist die Scheu, die 
kirchenrechtlichen Verordnungen direkt auf mündliche Offen- 
barungen des Herrn während seines Erdenwandels zurückzu- 
führen. Diesen letzten Schritt hat der Kompilator des Testa- 
mentum Domini nostri getan, indem er an die Spitze des Ganzen 
eine Apokalypse über die Endzeit gestellt hat, derzufolge der 
Herr selbst nach seiner Auferstehung den Jüngern erscheint. 
Dadurch wird der kirchenrechtliche Inhalt der Schrift, der sich 
in cap. 17 ff. daran anschließt und sich als eine Überarbeitung der 
Ägypt. KO. herausstellt, in ganz äußerlicher Weise als persön- 
liche Offenbarung des Herrn an die Apostel legitimiert. Aber 
diese literarische Einkleidung ist, wie allgemein zugestanden, 
sicherlich nicht seinem Kopfe entsprungen; als Vorlage diente 
ihm wiederum unsere Epistola, die ihm nicht unbekannt ge- 
blieben war (s. o. S. 357 8); die Apostol. KO., die er als ersten: Teil 
der Agypt. KO. kannte und verarbeitete, hat ihn nur sekundär 
beeinflußt. Im fünften Jahrhundert scheint man gegen derartige 
pseudepigraphische Fiktionen abgestumpft gewesen zu sein; die 
Zeiten des Gnostizismus und Montanismus waren längst ver- 
gessen. Im übrigen ist es begreiflich, aus welchem Grunde ge- 
rade die Kirchenrechtsordnungen unter die Autorität des Herrn 
gestellt wurden, denn hier stand man vor einem Vakuum, da 


ἜΗΝ ΠΡ a rn ΨΥ 


— 
— 


Ort und Zeit der Epistola. 373 


ja über diesen Gegenstand keine Anweisungen vorhanden waren. 
So sah man sich zu der Pseudepigraphie gewissermaßen ge- 
nötigt und war von vornherein gegen derartige Elaborate weit- 
herziger. 

2. Die literarische Form ist die eines Briefes. Das ist 
wiederum ein neues Moment für die Zeit des zweiten Jahrhun- 
derts. Denn abgesehen von dem gefälschten Briefe des Paulus 
an die Laodicener und an die Alexändriner, die der Murato- 
rische Fragmentist als mareionitische Machwerke brandmarkt, 
stammt auch der apokryphe Briefwechsel des Paulus mit den 


"Korinthern unbedingt aus dem zweiten Jahrhundert, da er aus 


der Feder des Verfassers der Acta Pauli geflossen ist!. Unser 
Brief ist aber nicht mit dem Namen eines einzelnen Apostels 
versehen, sondern als Autoren gelten das gesamte Kollegium. 
Zugleich ist der Brief nicht an eine einzelne Gemeinde gerichtet, 
vielmehr an die christlichen Gemeinden in allen vier Himmels- 
gegenden. Wir dürfen deshalb mit diesem katholischen Briefe 
nicht allzu hoch in das zweite Jahrhundert hinaufgehen; er setzt 
schon eine Entwicklung des Christentums zur altkatholischen 
Kirche voraus, für die die Apostel als kollegiale Gesamtheit die 
höchste Autorität in Sachen des Glaubens im Kampfe gegen die 


' BHäresie bilden. Noch ist der Kanon der ntlichen Schriften keine 
so fest umrissene Größe, um die apostolischen Sendschreiben 


von vornherein als verdächtig erscheinen zu lassen. Die Pro- 


Auktion ist keineswegs unterbunden. Im dritten Jahrhundert 


wäre dies ein kühnes Unterfangen gewesen. 

3. Sehr charakteristisch ist die Freiheit in der Verwendung 
des evangelischen Stoffes. Irgendwelche Scheu vor dem ge- 
heiligten Buchstaben der Schrift kennt der Verfasser nicht. Ich 
erinnere nur daran, mit welcher Ungeniertheit er aus den vier 
Evangelien einen neuen authentischen Auferstehungsbericht kom- 


᾿ poniert, und wie er ferner seine Worte und Gedanken mit dem 


ntlichen Material formt. Dazu kommen die zahlreichen Agrapha, 


besonders für das A. T. Wiederum ist es wenig glaublich, daß 


ein Glied der Großkirche im dritten Jahrhundert sich derartige _ 
Willkürlichkeiten erlaubt hätte. Als einziges Beispiel für das 


1) Der gefälschte Briefwechsel des Paulus mit Seneka wird in 
die zweite Hälfte des 4. Jahrhunderts verlegt. 


374 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Gegenteil könnte man nur auf den Verfasser der sogen. syri- 
schen Didascalie hinweisen. Auch dieser bringt einen angeblich 
authentischen Bericht der Apostel als Augenzeugen über die 
Leidenstage (S. 105f. ed. Achelis-Flemming) mit zahlreichen apo- 
kryphen Zügen, auch er setzt sich bei der Verwendung alt- und 
neutestamentlicher Stellen über den gegebenen Wortlaut hin- 
weg!. Aber wir müssen berücksichtigen, daß die Schrift in 
Syrien, bzw. in Coelesyrien verfaßt ist (vgl. Ausgabe $. 364), 
also in einer Kirchenprovinz, die in der kirchlichen Entwicklung 
nicht die gleichen Fortschritte gemacht hat wie Kleinasien, wo-, 
hin wir die Epistola verlegt haben. Die Schrift selbst ist un- 
bedingt im dritten Jahrhundert verfaßt; nur schwanken die Ge- 
lehrten, ob sie in der ersten Hälfte? oder in der zweiten ὃ 
entstanden ist. 

4. Die Epistola ist nach eigener Angabe ein Erzeugnis des 
geistigen Kampfes gegen die gnostische Häresie, speziell gegen 
den Doketismus. Simon und Kerinth sind nur bestimmte Namen 
für die Gesamterscheinung. Die Schrift ist also aus der Not 
geboren zur Widerlegung des gefährlichen Feindes. Denn die 
Kirche, zu deren Gliedern sich unser Verfasser rechnet, ist ernst- 
lieh in ihrem Besitzstande bedroht, viele Christen sind der Ver- 
führung erlegen. Die urchristliche Eschatologie, besonders der 
Glaube an die leibliche Auferstehung Christi und der Gläubigen, 
ist Gegenstand der Kontroverse. Das führt uns mitten hinein 
in den Kampf gegen den Gnostizismus, in einen Kampf, der in 
der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts bis zur Wende des 
dritten Jahrhunderts am heftigsten tobte. Wenn nun unser Ver- 
fasser diesen Kampf nicht mit den Waffen der eigenen geistigen 
Überlegenheit zu führen glaubte, vielmehr unter dem Deck- 
mantel der Pseudonymität selbst vor einer Fälschung auf den 
Namen der Apostel resp. des Herrn nicht zurückschreckte, kann 


1) Achelis macht es in seinen Untersuchungen 5, 325 wahr- 
scheinlich, daß das Petrusevangelium nebenbei benutzt ist. 2) Da- 
für plädieren Harnack, TU II, 5, 5. 76 (früher zweite Hälfte TU II, 
1. 2, 8. 242); Funk, Apostol. Konstitutionen (1891) S. 52 ff.; Zahn, 
Neue kirchl, Zeitschr. VII (1886), 8. 22f.: Loofs, Symbolik (1902), 
S.21f.; Achelis, Prot. Real-Ene. I®, 736. 3) Vgl. Kattenbusch, 
Apost. Symbol I (1894), 8.394; II (1897), 8. 207, Anm.; Achelis, 
Ausgabe 5. 370. 377. 


—⸗ 


Ort und Zeit der Epistola. 375 


man ermessen, wie unmittelbar er durch die häretische Be- 
wegung in Mitleidenschaft gezogen ist. Das läßt die pia fraus 
in einem milden Lichte erscheinen!. Schwerlich hätte aber ein 
Mann des dritten Jahrhunderts zu einem solehen Kampfmittel 
greifen brauchen, da die Krisis in der Hauptsache gebrochen war. 

5. Wir haben o. 8. 368f. auf die Einsetzung des christlichen 
Passahfestes hingewiesen, bei der sich der Verfasser als Quar- 
todeeimaner entpuppt. Da dieses Stück ganz aus dem Rahmen 
der sonstigen antihäretischen Tendenz herausfällt, muß diesem 
eine Verteidigung der eigenen Festsitte gegenüber einer ab- 
weichenden Praxis innerhalb der Gesamtkirche zugrunde liegen. 
Von derartigen Passahstreitigkeiten, die zwischen der römischen 
und der kleinasiatischen Kirche ausgefochten wurden und auch 
die übrigen Kirchenprovinzen in Mitleidenschaft zogen, hören 
wir bekanntlich in der zweiten Hälfte des zweiten Jahrhunderts. 
Es ist also wahrscheinlich, daß der Verfasser zeitlich noch mitten 
in diesen Auseinandersetzungen steht. Das Ganze macht nicht 
den Eindruck einer akademischen Erörterung. 

6. Einen archaistischen Charakter tragen die theologischen, 
speziell die christologischen Anschauungen. An feste Formeln 
fühlt der Verfasser sich nicht gebunden. Trotz des fixierten 
Kerygma kann er Gedanken betreffs des Herabstieges des Herrn 
durch die Himmel, der Geburt in der Maria und des präexisten- 
ten Entstehens in der Ogdoas resp. χυριαχή vortragen, die stark 
an gnostische Phantasien erinnern. Unser Verfasser gehört zu 
den Logoschristologen, zeigt dabei in seiner theologischen Hal- 
tung auffallende Berührungspunkte mit den Apologeten, ins- 
besondere mit Justin. Die Leugnung des Sündenfalles Adams 
zugunsten der absoluten Wahlfreiheit des Menschen ist nur die 
einseitige Konsequenz apologetischer Theorien. Theologische 
Schriftsteller des dritten Jahrhunderts hätten schwerlich einen 
derartigen Gedanken zum Ausdruck gebracht, da die Leugnung 


I) Leider läßt sich nicht feststellen, in welchem literarischen 
Verhältnisse die Epistola zu den Acta Pauli steht. Sollte die Epi- 
'stola vor 180 n. Chr. verfaßt sein, käme nur eine Kenntnis derselben 
von seiten des Verfassers der Acta Pauli in Frage. Daraus würde 
sich auch erklären, weshalb der letztere das von Paulus bekämpfte 

Paar Simon und Cleobius benannt hat, denn, da er die 
Stelle des Kerinth besetzt fand, hat er den obskuren Cleobius gewählt. 


376 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


des Sündenfalles dem Gemeindebewußtsein direkt ins Gesicht 
schlägt. Ich betrachte daher den Verfasser als einen Zögling 
der Apologeten, der noch nicht von den antignostischen Vätern 
wie Irenäus, Tertullian und Hippolyt beeinflußt ist. 

7. Hohes Alter verraten auch die Bemerkungen über den 
Descensus ad inferos. Denn den Gedanken, daß Christus die 
alttestamentlichen Frommen in der Unterwelt getauft habe, 
treffen wir seit dem dritten Jahrhundert nicht mehr, dagegen 
war er dem Hermas und den Presbytern des Irenäus ganz ge- 
läufig (s. u. Exkurs). 

8, In der Epistola bilden die einzige Autorität der Herr 
resp. die Apostel. Den Ruf des Ignatius im Kampfe gegen die 
Häresie: „Haltet euch an die Amtsträger“, hat der Verfasser 
sich nicht zu eigen gemacht; seine Mahnung an die Gläubigen 
besteht in der Forderung, nicht vom Worte des Evangeliums, 
das sie gehört, abzuweichen (S. 26, 3). Die Teilnahme an der 
Gnade des Herrn, an dem Gottesdienst und den Lobgesängen 
ist die Voraussetzung für die Erlangung des ewigen Lebens 
(S. 33, 1). Eine Hierarchie im katholischen Sinne ist nicht vor- 
handen, wenigstens merkt man von ihr nichts. Dort, wo von 
den Funktionären des Gemeindelebens die Rede ist (S. 132, 4 
Ko. XXXIL, 2ff.), werden sie πατέρες, διάκονοι und διδάσκαλοι 
genannt, aber diese Titel beziehen sich in erster Linie auf die 
äußere Mission bezüglich der Bekehrung durch Zurechtweisung 
und Unterricht und betreffs der Aufnahme in die Gemeinde auf 
_ Grund der Taufe. Es ist bezeichnend, daß das Gemeindeamt 
durch den Herrn resp. durch die Apostel nicht sanktioniert wird. 
Noch ist die Gemeinde autonom. Jedem Christen liegt die hei- 
lige Pflicht ob, gegen einen Bruder, der sündigt, durch Ver- 
mahnungen einzuschreiten. Deshalb heißt es S. 150, 4ff, — Ko. 
XL, 11ff.: „Wenn du einen Sünder siehst, so weise ihn zurecht 
zwischen dir und ihm!,. Wenn er aber nicht auf dich hört, so 
nimm einen andern mit dir bis zu drei? und belehre deinen 


1) Der Äthiope fügt ein: „Wenn er dir gehorcht, so hast du 
ihn gewonnen“. Dieser Zusatz aus dem Grundtexte kann nicht aus 
Versehen vom Kopten ausgelassen sein, wie ich S. 223, Anm. 1 an- 
nahm, da ihn auch die beiden Haupthandschriften AC nicht bieten. 
2) Ich möchte darauf hinweisen, daß in der Epistola wie in der syr. 
Didascalie (ed. Achelis-Flemming 5. 53, 21) und den Apostol. Konstit, 


a τ το 
* en 


ἐκ νῶι, — 


Ort und Zeit der Epistola. 377 


Bruder; wiederum wenn er nicht auf dieh hört, so stelle ihn 
vor dir hin wie (einen Heiden oder Zöllner)“. Man beachte, 
daß die ἐχχλησία, wie es im Grundtext Matth. 18, 17 steht, 
ganz ausgelassen ist!. Noch ist die brüderliche Zucht die Haupt- 
sache, die Gemeindedisziplin und Kirchenzucht in den Händen 
des Bischofs tritt nicht in die Erscheinung. In Übereinstimmung 
damit folgen gleich darauf die Worte S. 150, u. 1ff.: „Beim 
Hören einer Rede glaube nicht gegen deinen Bruder, verleumde 
nicht und lieb es nicht, Verleumdung anzuhören. Denn so ist 
es geschrieben: »Lasse nicht hören dein Ohr gegen deinen Bru- 
dere, sondern wenn du (etwas) siehst, weise ihn zurecht, züch- 
tige ihn und bekehre ihn“. Das Priesteramt ruht in der Hand 
jedes einzelnen?, noch ist die Disziplin nicht das Vorrecht des 
apostolischen Bischofsamtes. Bei diesem Amt der νουϑεσία darf 
irgendwelches Ansehen der Person nicht obwalten®?. Reichtum 
und Armut haben kein Vorrecht. Selbst wenn ein Armer einen 
reichen christlichen Bruder, der ihm vorher Gutes getan hat, 
sündigen sieht, ist er verpflichtet, diesen zurechtzuweisen; unter- 
läßt er es, so verfällt er einem schlimmen Gericht; er gleicht 
einem Blinden, der einen Blinden führt, so daß beide in eine 
Grube fallen (S. 148, 7f. = Ko. XXXIX, 12f.). Umgekehrt, 
wenn der Arme seinen Wohltäter zurechtweist und dieser sich 
bekehrt, wird er dafür ewigen Lohn empfangen (S. 148, 1f. 
= Ko. XXXIX, 7£.; S. 118, δ, = Ko. XXVlIb, 4f.). Freilich 
ist dieses Geschäft der brüderlichen Zurechtweisung kein ein- 
trägliches, denn dabei erfährt man Haß, Verachtung und Ver- 
höhnung von seiten der Zurechtgewiesenen, aber um so größer 
ist auch der Lohn. Diejenigen nämlich, die derartig für die 
Gerechtigkeit geeifert haben, sollen beim Vater die Ehre der 


- 1,87 von „dreien“ die Rede ist, statt der Lesart ἕνα ἢ δύο im Grund- 


a 1) Über die Parallelen zu Matth. 18, 15ff. vgl. Resch, Außer- 
ο΄  kanonische Paralleltexte zu den Evangelien, Bd. I, 1 8. 223 ff. 

2) Auch die Didache c. 2, 7 legt den Christen das ἐλέγχειν ans Herz 
und denkt ohne Zweifel c. 15, 3 bei den Worten ἐλέγχετε δὲ ἀλλήλους 
μὴ ἐν ὀργῇ, ἀλλ᾽ ἐν εἰρήνῃ ὡς ἔχετε ἐν τῷ ebayyello an den Aus- 
spruch Jesu Matth. 18, 15f. 3) Hierfür liefert ebenfalls die Di- 
dache c. 4, 8 die beste Parallele: οὐ λήψῃ πρόσωπον ἐλέγξαι ἐπὶ 


v 


378 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Märtyrer erhalten (S. 152, 5ff.); ihr Leiden wird dem Blutmar- 
tyrium gleichgewertet, und gehen sie wahrscheinlich wie die 
Märtyrer gleich nach ihrem Tode in das Himmelreich ein!. Der 
Verfasser denkt dabei wohl an die eigenen traurigen Erfahrun- 
gen, die er im Kampfe mit den Häretikern gemacht; denn die- 
jenigen, die die Zurechtweisung mit Haß und Hohn 'vergelten 
und sich zu einem Verbande gegen die zusammenschließen, 
welche den Herr lieben (S. 153, 2f.), sind identisch mit denen, 
die um ihres eigenen Ruhmes willen andere Lehren einführen 
und dadurch Verwirrung erregen, indem sie durch ihre Lehren 
andere von den Geboten Christi abspenstig machen ($. 153, 15ff.). 
Nun vergleiche man mit dieser Haltung die Ausführungen in 
der syr. Didascalie S. 53 (ed. Achelis-Flemming). Hier hat sich 
bereits das Gemeindeamt der Zucht bemächtigt. Die Anschul- 
digungen wider die Brüder werden den Bischöfen und Diakonen 
zur Untersuchung unterbreitet. „Darum, wenn ihr die kennt, 
die so ohne Verstand sind, so glaubt ihnen fürs erste nieht, und 
zum zweiten, ihr Bischöfe und Diakonen, hütet euch vor solchen, 
und wenn ihr unter ihnen welche hört, die irgend etwas gegen 
einen von den Brüdern sagen, so beachtet jenen, gegen den sie 
die Anschuldigung vorbringen, forschet mit Klugheit nach und 
vergleichet sein Gebahren, und wenn es sich findet, daß er eine 
Zurechtweisung verdient, so tut nach der Lehre des Herrn, die 
im Evangelium geschrieben steht: »Tadle ihn unter vier Augen 
und errette ihn, wenn er Reue zeigt und sich bekehrt. Wenn 
er aber nicht gehorcht, so tadle ihn vor zwei oder drei (Zeugen), 
daß du erfüllest, was gesagt ist: Auf der Aussage von zwei 
oder drei Zeugen steht fest ein jedes Worte...... Und wenn 
er nicht hören will, so tadle ihn vor der ganzen Gemeinde, und 
wenn er auch auf die Gemeinde nicht hören will, so gelte er 
dir als ein Heide oder Zöllner. Denn der Herr hat euch ge- 
sagt, ihr Bischöfe, daß ihr hinfort einen solehen nicht in die 
Kirehe als Christen aufnehmen, noch Gemeinschaft mit ihm 
haben sollt.“ Bei diesen Sätzen spürt man deutlich den Wandel 
der Zeiten. Von der Kirche als einem Baußinstitut weiß der 
Verfasser der Epistola nichts, Das zeigt mit aller Deutlichkeit 


1) Mir ist keine Parallele zu dieser hohen Wertschätzung der ἢ 
unblutigen Verfolgung bei den altchristlichen Schriftstellern bekannt, ΩΝ 


Ort und Zeit der Epistola. 379 


eine lange an die Parabel von den fünf klugen und fünf törich- 


ee Jungfrauen angeknüpfte Diskussion (S. 136,4. — Ko. XXXIV, 


ΜΞ rn a en ——— ἈΞ 0, ae 


—*9 — a ΡΥ Ὁ PEN Ψ,»000 


a ee 


54. Die klugen Jungfrauen sind diejenigen Christen, die ge- 
wacht und nicht geschlafen haben !, d. b. Vollchristen, die den 
Christenstand bis zu ihrem Ende treu bewahrt haben. Es sind 
zugleich diejenigen unter den Gläubigen, die sichere Wegweiser 
für andere Brüder gewesen sind. Zum Lohn dafür sind sie ein- 
gegangen in das Haus des Bräutigams und haben sich mit dem 
Herrn im Brautgemach an die Festtafel hingelegt, indem sie von 
Freude erfüllt waren. Unter den törichten Jungfrauen sind da- 
gegen diejenigen Christen zu verstehen, die geschlafen haben, 
d.h. die sich zu Christus bekannt, aber seine Gebote nicht ge- 
halten haben. Trotzdem begehren sie an den Segnungen des 
Christentums teilzunehmen und wollen in das Brautgemach ein- 
treten. Doch finden sie die Türen verschlossen, und trotz wieder- 
holten Klopfens wird ihnen nicht geöffnet. Infolgedessen weinen 
sie und sind von Trauer erfüllt. Jetzt entsteht die brennende 
Frage, wie sich die Vollehristen diesen ihren früheren Mitbrü- 
dern gegenüber verhalten sollen, ob nicht sie, die drinnen, denen, 
die draußen harren, Einlaß gewähren, vor allem, ob sie sich 
nicht an den Herrn selbst mit der dringenden Bitte wenden 


‚sollen, daß er wenigstens ihnen den Zutritt in das Brautgemach 
‚gestatte?. Aber irgendwelche Gnade wird den Abtrünnigen nicht 


zuteil. Das harte Urteil lautet: „Wer ausgeschlossen, ist und 
bleibt ausgeschlossen“. Da können auch Fürbitten der Gerech- 
ten nichts erreichen. Alle, die geschlafen haben, bleiben außer- 
halb des Reiches und der Hürde des Hirten. Wer nun außer- 
halb der Hürde weilt, den werden, da die sorgfältige Bewachung 
fehlt, die Wölfe verzehren, und sein schließliches Ende wird 
darin bestehen, daß er böse bestraft und gepeinigt wird (S.142,1f. 


1) Wachen und schlafen im sittlichen Sinne vgl. 1. Thess. 5, 48): 
Röm. 13, 11f. Ich möchte darauf hinweisen, daß nach dem Grund- 
texte die klugen Jungfrauen ebenfalls geschlafen haben, ihre Klug- 
heit nur in der Mitnahme hinreichenden Öles bestand. 2) Im 


4, Esra 7, 102#. wird die Frage, ob die Gerechten am Tage des 


‘Gerichts für die Gottlosen eintreten und beim Höchsten für sie beten 
‚dürfen, rundweg mit dem Satze verneint: „dann trägt ein jeder 
ganz allein seine Ungerechtigkeit oder Gerechtigkeit“. In der Gegen- 
wart aber kann der Starke für den Schwachen beten (vgl. vs. 106 8... 
Dazu syr. Baruch c, 85, 12; slav. Henoch 53, 1. 


380 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


— Ko. XXXVI, 16 ff... Handelt es sich zunächst um das 
Los der Sünder und Abgefallenen in Hinsicht auf das zukünf- 
tige Reich, denen das schreckliche Zuspät entgegenschallt, so 
steht bei diesen Erörterungen offensichtlich im Hintergrund die 
viel ernstere Frage nach dem Verhalten der Gemeinde zu den 
Sündern in ihrer eigenen Mitte. Die, welche geschlafen haben, 
sind keine Todsünder. Wie die Namen der törichten Jungfrauen: 
γνῶσις, σύνεσις (ἐπιστήμη), ὑπαχοή, μαχροϑυμία (ὑπομονή), 
ἐλεημοσύνη schon besagen, haben die Betreffenden nur einen 
Mangel an den geforderten christlichen Tugenden bewiesen; bei 
ihnen ist eine sittliche Erschlaffung eingetreten. Das ist freilich 
bereits eine Verleugnung dessen, zu dem sie sich bekannt haben. 
Früher bildeten sie mit den Wachenden eine Einheit, werden 
doch die klugen und törichten Jungfrauen als „Töchter Gottes 
des Vaters“ bezeichnet (S. 136, 11 = Ko. XXXIV, 13; 144, 9 
— Ko. XXXVIH, 4); sie standen also in einem schwesterlichen 
Verhältnis zueinander (S. 144, 9 = Ko. XXXVIL, 3), d. h. ins 
Männliche übertragen, sie bildeten als christliche Gemeinde eine 
ἀδελφότης, die zu gegenseitiger Fürsorge verpflichtet ist. Diese 
ἀδελφότης ist nicht nur eine ideelle Einheit, sondern schon auf 
Erden das wahre Abbild der zukünftigen Gemeinde im Reiche 
Christi. Deshalb muß jede Störung die Harmonie der irdischen 
Gemeinde gefährden, das Bruderband wird zerrissen. Infolge- 
dessen herrscht Betrübnis und Traurigkeit! (S. 136, 12 — Ko. 
XXXIV, 14; 144, 8 = Ko. XXXVII, 3) über die Sünder, mag 
nun die Freude über den eigenen Besitz noch so groß sein. Wie 
soll sich nun die Gemeinde der Gerechten? (S. 128, 8 = Ko. 
XXX, 11; 128, 12 = Ko. XXX, 1) verhalten, wenn die Sünder, 
von Reue erfüllt, um Wiederaufnahme in den Schoß der Ge- 
meinde begehren, nachdem sie sich durch ihre Übertretung der 
Gebote Christi außerhalb der Hürde des Hirten gestellt haben? 
Ihre einzige Aufgabe besteht darin, durch Fürbitten sich an 


1) „Weinen und trauern“ ist das äußere Zeichen der bußfertigen 
Gesinnung. Vgl. Iren,, adv. haer. I, 13, 5 von einer bekehrten An- 
hängerin des Gnostikers Marcus: αὐτὴ τὸν ἅπαντα χρόνον „eEouoko- 
γουμένη πενθοῦσα καὶ ϑρηνοῦσα ἐφ᾽ ἡ ἔπαϑεν ὑπὸ τοῦ μάγου δια- 
φϑορᾷ. 2) Die δίκαιοι sind nicht die alttestamentlichen Frommen, 
sondern die Vollchristen; vgl. Jacob. 5, 6; Hebr. 12, 23; 1. Petr. 4, "Ἢ τῷ 
Didache 8, 9; Barnab. 19, 3. a 


Ort und Zeit der Epistola. 381 


an resp. an Christus zu wenden; denn für die irdische Ge- 


meinde gilt dasselbe wie für die Gemeinde der Endzeit: „Was 

(ossen ist, bleibt ausgeschlossen“. Die Sünde selbst 
kann von der Gemeinde nicht vergeben werden, sondern nur 
von Gott resp. von Christus. Um so dringender ist das Be- 
dürfnis zu wissen, an wen man sich mit der Fürbitte wenden 
soll, und ob wirklich der bußfertige Sünder noch gerettet wird. 
Immer wieder kommen die Frager auf diesen Punkt zurück. 
Des Herrn Antwort wird sie kaum befriedigt haben, denn er 
weist zunächst das Amt der Sündenvergebung von sich ab; es 
ist nieht seine Sache, sondern die dessen, der ihn gesandt hat 
(S. 144, 12 = Ko. XXXVII, 7); er selbst nimmt nur die Rolle 
der συνευδοχία für sich in Anspruch. So bleibt einzig und allein 
dem göttlichen Ratschluß des Vaters das Schicksal des reuigen 
Sünders vorbehalten. Mit dieser Haltung sehen wir uns mitten 
in die urchristlichen Stimmungen versetzt, die an die Heiligkeit 
der Gemeinde anknüpfen und von dem alten Rigorismus be- 
herrscht sind. Der Glaube an „die heilige Kirche“ im Symbol 
(8. 32, 5) ist noch lebendig. Aber auf der andern Seite machen 
sich Gegenströmungen geltend, die lebhafte Diskussionen über 
die vorliegenden Probleme hervorrufen. Sonst wäre die lange 
Digression in der Epistola ganz unverständlich, da es sich da- 
bei nicht um die Todsünde der Häresie und der Verleugnung 
handelt.: Das führt uns mehr in die Zeit des zweiten als des 
dritten Jahrhunderts, zumal da eine priesterlich organisierte 
Kirche als Institut des Heils mit kirchlichen Gnadenmitteln und 
Absolutionen nicht in die Erscheinung tritt. Die Lapsi-Frage 
scheint noch gar nicht in den Gesichtskreis des Verfassers ge- 
rückt zu sein. Nun könnte man mir entgegenhalten, daß der 


Verfasser nach meiner Ansicht doch in Kleinasien gelebt haben 


soll, wo die hierarchische Verfassung ihre früheste Ausbildung 
gefunden hat, und daß dieser Zustand sich in einem Werke 
kleinasiatischen Ursprungs unbedingt widerspiegeln müsse. Dem- 


gegenüber möchte ich bemerken, daß die Existenz einer hierar- 


chischen Verfassung gar nicht geleugnet zu werden braucht, aber 
die autonome Gemeinde hat sich das Heft noch nicht aus den 
Händen nehmen lassen, wie wir es aus den Briefen des Ignatius 
gerade für Kleinasien feststellen können. Und was die Haupt- 
sache, ein Autor des dritten Jahrhunderts hätte wohl kaum so- 


382 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


viel historischen Takt besessen, um die gegenwärtigen Zustände 
ganz zu übersehen und die Verhältnisse der apostolischen und 
nachapostolischen Zeit in geschichtlicher Treue zur Darstellung 
zu bringen. Eben dadurch hebt sich unser Verfasser von den 
christliehen Schriftstellern des dritten Jahrhunderts vorteilhaft 
ab. Die christliche Kirche seiner Zeit kann sich noch nicht zur 
altkatholischen Kirche ausgebildet haben. 

9. In der vorher behandelten Parabel von den fünf klugen 
und fünf törichten Jungfrauen werden die christlichen Tugen- 
den unter folgenden weiblichen Namen zusammengefaßt, u. 2. 
die erste Gruppe: πίστις, ἀγάπη, χάρις, εἰρήνη, ἐλπίς, die zweite 
Gruppe: γνῶσις, σύνεσις (resp. ἐπιστήμη), ὑπακοή, μακροϑυμία 
(ὑπομονή), ἐλεημοσύνη. Derartige Zusammenstellungen in Form 
von weiblichen Begriffen begegnen uns in der altchristlichen 
Literatur seit Paulus häufig; insbesondere werden wir an den 
Verfasser des Hermasbriefes erinnert, der in seinen Mandaten 
viel mit diesen Begriffen operiert und sie Vis. III, 8, 3f. in Ge- 
stalt von 7 Frauen, die um den Turm stehen, einführt als πίστις, 
ἐγκράτεια, ἁπλότης, ἐπιστήμη, ἀκακία, σεμνότης, ἀγάπη", Sie 
werden hier wie in der Epistola als Schwestern bezeichnet. 
Noch näher kommt Simil. IX, 15, 2 wo sie als Jungfrauen er- 
scheinen: πίστις, ἐγχράτεια, δύναμις, μαχροϑυμία, ἁπλότης, 
ἀχακία, ἁγνεία, ἱλαρότης, ἀλήϑεια, σύνεσις, ὁμόνοια, ἀγάπη ὃ; 
und wie in der Epistola die Träger dieser Tugenden mit dem 
Bräutigam in das Brautgemach resp. in sein Reich eingehen, so 
heißt es hier: ταῦτα τὰ ὀνόματα ὃ φορῶν καὶ τὸ ὄνομα τοῦ 
υἱοῦ τοῦ ϑεοῦ δυνήσεται εἰς τὴν βασιλείαν τοῦ ϑεοῦ εἰσελϑεῖν. 
Das legt die Vermutung nahe, ob nicht unser Verfasser seine 
Vorstellungen von den christlichen Tugenden dem Hermas ent- 
nommen hat, wenn auch andererseits feststeht, daß Barnabas 
6. 2, 2 zu den δικαιώματα κυρίου die πίστις, φόβος, ὑπομονή, 
μακροϑυμία, ἐγκράτεια ((ἀγνείω), σοφία, σύνεσις, ἐπιστήμη, γνῶσις 
rechnet und c. 1, 4. 6 neben der πίστις die ἀγάπη und ἐλπίς 
erscheinen‘. Doch ist die Selbständigkeit gegenüber diesen 


1) Guerrier übersetzt das äthiopische Wort mit continence — 
ἐγκράτεια. 2) In der altlateinischen Übersetzung: fides, abstinen- 
tia, simplicitas, disciplina, innocentia, castitas, caritas. 3) In der 
altlat. Übersetzung: fides, abstinentia, concordia, caritas, castitas, 
hilaritas, veritas, prudentia, 4) Vgl. 1. Clem. c. 64: πίστις, φόβος, 


A EHE ER 
— σον 
| Ort und Zeit der Epistola. 383 


- Mustern gewahrt, indem der paulinischen Trias πίστις, ἀγάπη, 
 Binig die χάρις und εἰρήνη beigefügt ist; letzteres Paar ist aller 
Wahrscheinlichkeit den Doxologien der Paulinen resp. der Pa- 
storalbriefe entnommen. Im übrigen steht auch hier wie in den 
andern Tugendkatalogen die πίστις an der Spitze!; ihr folgt 
die ἀγάπη, die bei Hermas gewöhnlich an letzter Stelle auf- 
geführt wird? Auffällig an unserer Liste ist das gänzliche 
Fehlen der ἐγχράτεια resp. ἀγνεία, die ja in dem ältesten Po- 
pularchristentum — ich denke vor allem an die apokryphen 
Apostelakten — geradezu als das christliche Sittlichkeitsideal 
und mit dem Glauben an die Auferstehung des 
Fleisches auf das engste verknüpft wurde®, Nirgends finden 
wir einen Hinweis, daß durch die sittliche Leistung der fleisch- 
liehen Enthaltsamkeit die Anwartschaft auf Auferstehung und 
Anteilnahme am Reiche gegeben ist, nirgends die Aufforderung 
wie im 2, Clemensbrief τὴν σάρχα ἁγνὴν τηρεῖν (6. 8, 4; 14, 3) 
oder, was dasselbe bedeutet, τὸ βάπτισμα ἁγνὸν καὶ. ἀμίαντον 
τηρεῖν (ec. 6, 9; 8, 6). Unser Verfasser ist kein Vertreter des 
enkratitischen Sittlichkeitsideals. Sein Christus erscheint nicht als 
Heros der geschlechtlichen Askese. In dieser Beziehung ist m. E. 
eine Geistesverwandtschaft mit den Apologeten * zu konstatieren, 
die wohl die Asketen kennen und hochachten, aber darin nicht 
das Christentum xar’ ἐξοχήν erblicken®. Die montanistische 
Krisis scheint noch nicht ihre Wirkung ausgeübt zu haben. 


εἰρήνη, ὑπομονή, μαχροϑυμία, ἐγκράτεια, ἁγνεία͵ σωφροσύνη. Acta 
Theclae ΟἿΣ (μα Pauli): πίστις, φόβος ϑεοῦ, γνῶσις σεμνότητος, 


ἀξ ἢ, Vgl. — ad Phil. 8, 8: ἥτις ἐστὶ “μήτηρ — μον 

τῆς ,, προαγούσης τῆς ἀγάπης. 2 
Mand. 8, 9: πίστις, φόβος κυρίου, ἀγάπη, ὁμόνοια, ῥήματα δικαιοσύνης, 
ἤϑεια, ὑπομονή. 3) Nach dem Verfasser der Paulusakten ist 
die christliche Predigt in dem λόγος ϑεοῦ περὶ ἐγκρατείας καὶ ἀναστά- 
᾿ σεῶς beschlossen (Acta Thecl. c. 5). 4) Vgl. Justin, Apol. I, 15. 29; 
-  Athenagoras, Suppl. c. 33. 5) Auch Ignatius ist kein Vertreter 
des enkratitischen Sittlichkeitsideals. Er bedient sich nie des Aus- 
druckes ic, und wo er im Briefe ad Polyc. c. 5,2 von der 
ἁγνεία tritt er mit aller Schärfe jedem Rühmen der „Virginität 
entgegen; für alle Christen gilt der Spruch: ἐν πάσῃ ἁγνείᾳ καὶ 
μένετε ἐν ᾿Ιησοῦ Χριστῷ σαρκικῶς καὶ πνευματικῶς (ad 
Ephes. 10, 3). Auch Polycarp gebraucht den Ausdruck ἐγκράτεια und 
ἁγνεία nicht in dem spezifischen Sinne der Askese, —— in der 


384 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


10. Wie auf dem Gebiete der christlichen Ethik, so hält 
sich auch in der eschatologischen Stimmung der Verfasser von 
allem Stürmischen und Bizarren fern. Wohl nehmen die Ge- 
danken über das Wo und Wann der Endzeit einen breiten Raum 
ein, aber ein Verfasser, der in so ruhigem Tone ein bestimmtes 
Datum der Wiederkunft Christi angeben kann, dürfte schwer- 
lieh die prophetischen Ergüsse des Montanus und seiner Ge- 
nossinnen miterlebt haben, die jede Apokalyptik erschüttert, ja 
.‚kompromittiert hatten. Auch hierin werden wir an die Apolo- 
geten erinnert. Dabei involviert diese Haltung durchaus nicht 
ein weltförmiges Christentum, das seine Kreise durch Einleben 
in die Welt sich nicht stören lassen will, denn alles Sinnen und 
Trachten ist auf die ἀνάπαυσις im Jenseits gerichtet. Der Ge- 
danke an das furchtbare Endgericht beherrscht das Ganze. Wie 
wenig weltförmigen Charakter das hier vertretene Christentum 
trägt, zeigt deutlich die Stellung zum Reichtum. Noch herrscht 
eine feindliche Stimmung gegen die Reichen vor, wie wir sie 
aus dem Jacobusbrief e. 2, 1f. und 5, 1f. kennen. Nachdrück- 
lichst wird den Aposteln eingeschärft, bei der Missionspredigt sich 
vor niemandem zu scheuen, besonders vor den Reichen nicht 
(ὃ. 134,7 = Ko. XXXII, 8; 146, 5 = Ko. XXXVII, 12), viel- 
mehr ohne Ansehen der Person sie wegen ihrer Sünden zurecht- 
zuweisen. Und in gleicher Weise sollen die Christen gegen die 
reichen Sünder in ihrer Mitte keine προσωπολημψία ausüben; 
sie werden dafür mit schwerer Strafe bedroht (8, 118, 6; 148, 9 
— Ko. XXXIX, 14). Dabei wird allgemein betont, daß die 
Reichen nicht die Gebote Christi halten, sondern in ihrem Reich- 
tum schwelgen (8. 146, 7f. = Ko. XXXVIH, 13£). Man muß 
also dieselben traurigen Erfahrungen mit den Reiehen gemacht 
haben, wie sie Hermas Sim. IX, 20 für Rom schildert!; auch 
er kennt die γαυρεῶντες ἐν τῷ πλούτῳ αὐτῶν (Vis. 1, 1, 8) 
resp. die γαυρούμενοι ἐν τῷ πλούτῳ (Vis. III, 9, 6). Die Jünger 


rein bürgerlichen Beziehung auf die Ehefrauen im Verhältnis zu 
ihren Männern (c. 4, 2; 5,3). Ferner wissen wir, daß Dionysius v. 
Korinth sich in seinen Briefen an die Gemeinde von Amastris und 
Knossus gegen die einseitige enkratitische Richtung gewandt hat 
(Euseb. h. e. IV, 23, 6. 7). 


1) Beeinflußt ist wohl der Verfasser der Epistola durch die 


Haltung Jesu in den Evangelien, 


ἡ — 


rehten sogar die Frage an den Herrn, ob denn die Reichen es 
allein sind, die seine Gebote nicht halten (S. 146, 8 = Ko. 
_ XXXIX, 1). Auch bei den Irrlehrern scheint der Reichtum eine 
Rolle zu spielen (S. 118, 2). Diesen Scheinchristen stehen gegen- 
über diejenigen, welche in der Wahrheit und Erkenntnis des 
Glaubens wandeln, denn diese rühmen sich ihrer Armut und er- 
tragen willig die, welche sie mit Haß und Schmähung verfolgen 
(S. 120, 6ff. = Ko. XXVII, 2ff.). Ihre Feinde blicken mit Hoch- 
mut auf sie herab, daß sie in Hunger und Durst ihr Leben 
fristen, aber ein um so größerer Lohn für ihre ὑπομονή wartet 
ihrer, da sie den himmlischen Lohn der Seligkeit empfangen 
G. 122, 1f. = Ko. XXVII, 9). Man kann aus diesen abgeris- 
senen Notizen schließen, daß die Hauptmasse der Christen sich 
aus den niederen Kreisen rekrutiert, die Vornehmen und Reichen 
in verschwindender Zahl und dazu noch als wenig würdige 
Glieder erscheinen. Diese soziale Zusammensetzung spricht für 
das zweite Jahrhundert, da seit den Tagen des Commodus all- 
4 mählich eine Wandlung der Verhältnisse eingetreten ist!, 
3 11. Bei der Datierung von altchristlichen Schriften spielen 
h die Verfolgungen eine große Rolle. In der vorliegenden Schrift 
4 besitzen wir keine bestimmte Nachricht über blutige Verfolgun- 
gen von seiten der heidnischen Obrigkeit, ja es ist sogar charak- 
teristisch, daß dieses Bild der Leidenszeit gar nicht hervor- 
leuchtet. Zwar kennt der Verfasser Christen, die um des Namens 
‚Christi willen getötet sind (Ko. IX, 1), auch stehen die Märtyrer 
in hohem Ansehen (S. 153, 8), aber von einem gigantischen 
Kampfe der Weltmonarchie gegen das Christentum am Ende 
der Zeiten weiß unsere Schrift nichts, wie auch die Figur des 
irdischen Antichrist gänzlich fehlt. Die Wehen der Endzeit 
charakterisiert neben großen Naturereignissen Erdbeben, Pest 
und Hungersnot infolge Dürre. Gewaltige Erdbebenkatastro- 
: phen sollen Städte mit ihren Einwohnern vernichten, und 
2 eine furchtbare Pest soll eine solche Sterblichkeit hervorrufen, 
Ἷ daß es an Kräften und Transportmitteln fehlt, um die Toten 
zu beerdigen (S. 106, 1ff. und 116, 2ff.). Dabei ist auch von 
Verfolgungen gegen die Auserwählten die Rede (S. 116, 4), 
aber diese scheinen nicht von der heidnischen Obrigkeit auszu- 
1) Vgl. Harnack, Mission II®, S. 33 ff. 
Το u. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 25 


386 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gehen, sondern von der Bevölkerung, da die unblutigen Verfol- 
gungen in Gestalt von Haß, Verachtung, Verhöhnung und Ver- 
leumdung ! an der Tagesordnung sind, so daß die, welche solches 
erleiden, mit den wirklichen Märtyrern auf eine Linie gestellt 
werden. Dies läßt m. E. darauf schließen, daß der Verfasser 
systematische Verfolgungen von seiten der heidnischen Obrigkeit 
nicht erlebt hat, nur Vexationen durch den Pöbel scheinen an der 
Tagesordnung zu sein, und dies paßt ja gerade zu dem Bilde 
der Christenverfolgungen im zweiten Jahrhundert. Dazu müssen 
große Katastrophen verschiedener Art seine Heimat heimgesucht 
haben, so daß er die Farben seiner apokalyptischen Weissagung 
diesen Erlebnissen entnommen hat?, Nun wissen wir, daß der- 
artige Naturkatastrophen die Provinzen des römischen Reiches, 
besonders Kleinasien, im zweiten Jabrhundert hart mitgenommen 
haben. Von Erdbeben in Asien hören wir unter Antoninus Pius 
bei Dio Cassius e. 70, 4 und Jul. Capitolinus, Vita e, 9°, von 
Pest unter Mare Aurel bei Jul. Capitol., Vita ὁ. 13, 17 und 214. 
Alle drei Kalamitäten, die in der Epistola angeführt werden, 
finden wir vereinigt unter der Regierung des Hadrian (117 bis 
138 n. Chr.) nach Spartianus, Vita Hadr. e. 21: fuerunt eius 
temporibus fames, pestilentia, terrae motus. Hat etwa der Ver- 
fasser der Epistola diese Zeiten durchgekostet, um sie später in 
seiner Schrift für seine Apokalypse zu verwerten? 

12. Auf ein sehr hohes Alter deutet die Stellung zum Juden- 
christentum. Schon die Einführung des Paulus als Apostel für 
die Heiden und die Anerkennung der Urapostel als Apostel der 
Juden, die Unterscheidung von Heidenchristentum und Juden- 
christentum läßt erkennen, daß der Verfasser in einer Kirchen- 
provinz gelebt hat, wo beide Richtungen nebeneinander exi- 


1) Sind die Worte 85, 153, 1: „Man wird gegen sie vortragen, 
was nicht wirklich ist“ auf die bekannten Beschuldigungen von ge- 
heimen Lastern der Christen zu beziehen, wie sie in der Apologetik 
eine bedeutende Rolle spielen? 2) Ältere Apokalypsen haben wohl 
kaum als Vorlage gedient. 3) Vgl. das Edikt des Antoninus Pius, 
welches die Petitionen der Kleinasiaten auf die σεισμοί zurückführt, 
die geschehen sind und noch geschehen, 4) tanta autem pesti- 
lentia fuit, ut vehiculis cadavera sint exportata serracisque. — 60 
tempore pestilentia gravis multa milia et popularium et militum in- 
teremerat. — instante adhuc pestilentia et deorum cultum diligen- 
tissime restituit. 


"τ... Ὅτ Νὰ δὰ Ἐρώιοα. 387 


᾿ς stierten, wenn auch die Heidenchristen, zu denen sich der Ver- 
fasser rechnet, an Zahl die Judenchristen bei weitem überragten. 
Indem nun die Frage, ob die Judenchristen die gleiche Hoffnung 
auf das Erbe Christi besitzen, voll und ganz bejaht und sie als 
Brüder und Genossen im Himmelreich von dem Herrn bezeichnet 
werden (8. o. S. 188f.), tritt eine Haltung zutage, wie sie seit 
Irenäus in den Kreisen der Großkirche wohl schwerlich existiert 
% hat. Während Justin wenigstens einem Teil der Judenchristen 
Ἄ den christlichen Charakter nicht abstreiten will, stellt sie Irenäus 
s samt und sonders zu den Ketzern!. Nur eine Ausnahme bildet 
nach der sogen. syrischen Didascalie die Provinz Syrien, wo 
judenehristliche Gemeinden in kompakten Massen neben heiden- 
ehristlichen vorhanden waren. Gerade aus der heftigen Polemik, 
mit der sich der Verfasser im Namen der Apostel gegen die 
Judenchristen als Häretiker wendet?, und aus den wunderlichen 
Erörterungen über die „Wiederholung des Gesetzes“ (S. 128f. 
ed. Achel.-Flemming), die im Gegensatz zum Dekalog im Zere- 
monialgesetz besteht, das vom Christentum abrogiert ist, kann 
man entnehmen, daß in der Kirche Strömungen vorhanden sind, die 
- von judenchristlichem Geiste berührt sind und das Heidenchristen- 
2 tum tangiert haben®. In den Augen mancher Heidenchristen 
seiner Umgebung gelten sie als Brüder, deshalb sieht sich der 
Verfasser trotz aller Feindschaft genötigt, sie also zu apostro- 
phieren: „Ihr nun, die ihr euch aus dem (auserwählten) Volke 
dem Glauben an Gott, unsern Heiland, Jesum Christum zuge- 
wendet habt, beharret also nicht weiter in euren früheren Ge- 
wohnheiten, liebe Brüder, die niehtigen Verpflichtungen zu be- 
obachten, die Reinigungen, Besprengungen und Waschungen und 
den Unterschied der Speisen“ (S. 128, 21. Und in gleicher 
Weise erkennt er das ungläubige Judenvolk als Brüder an, auch 


1) Über die Beurteilung der Judenchristen von seiten des Ori- 
vgl. c. Cels, II, 1; V, 61. 65; de princ. IV, 22, 2) Sie sind 
lie Feinde und Räuber der Kirche, daher die Gläubigen keine Ge- 
᾿ς meinschaft mit ihnen haben sollen, weder in Wort noch in Gebet 
(8.126, 27f.). Sie gehören zu den hassenswerten, verwerflichen und 
abscheulichen Häresien (S. 115, 21), und sie, die gehört zu haben 
glaubten, sind ebenso verstockt wie die Juden und sind sofort in 
das schlimme Verderben der Häresien gestürzt (S. 18,7. 3) Vgl. 
die Ausführungen von Achelis in der Ausgabe 8. 356 ff. 
95" 


388 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


wenn er aus Erfahrung weiß, daß sie die Christen von Grund 
aus hassen (S. 108, 18; 110, 16); er fordert daher die Mitbrüder 
auf, mit diesen verlorenen Juden Erbarmen zu haben, für sie 
zu fasten und zu beten (S. 105, 24; 107, 8; 108, 27). So sehen 
wir, daß die Sympathien für die Juden und Judenchristen noch 
zu Anfang des dritten Jahrhunderts nicht geschwunden waren. 
Aber zwischen der Epistola und der Didascalie ist doch insofern 
ein großer Unterschied, als in der ersteren das Judenchristen- 
tum ohne Einschränkung als gleichberechtigtes Glied anerkannt 
wird. Haben wir darin eine ältere Phase von Judenchristentum 
und Heidenchristentum zu erblicken, wie es noch im zweiten 
Jahrhundert in Syrien bestand, oder kann dasselbe auch für 
Kleinasien gelten, wo nach meiner Auffassung die Epistola ent- 
standen sein soll? 

Nun wissen wir leider sehr wenig oder gar nichts über das 
Judenchristentum Kleinasiens im zweiten Jahrhundert (vgl. Hoen- 
nicke, Das Judenchristentum, S. 109 85), Jedoch kommt Ignatius 
in seinem Briefe an die Magnesier auf ein Christentum zu 
sprechen, das χατὰ ovdatouov leben will (6. 8, 1); es sind 
Leute, die den Namen Christi im Munde führen, dabei aber 
lovdalleıw!. Ihnen gegenüber betont Ignatius das χατὰ Χριστὸν 
Ἰησοῦν ζῆν (e. 8, 2) resp. χατὰ Χριστιανισμὸν ζῆν (ec. 10, 1); 
er beruft sich auf die göttlichen Propheten der Vorzeit, die χατὰ 
Χριστὸν Ἰησοῦν lebten, deswegen freilich Verfolgungen erdulden 
mußten (c. 8, 2), und auf das Verhalten der Gläubigen aus den 
geborenen Juden, die nach ihrem Übertritt zum Christentum 
hinfort nicht mehr σαββατίζειν, sondern χατὰ χυριαχὴν ζῆν 3, 
Nur diese haben die Gnade Christi empfangen (e. 8, 1) und sind 
die wahren Jünger Christi (ce. 9, 2). Deshalb appelliert Ignatius 
an seine Leser mit der Forderung: ὑπέρϑεσϑε οὖν τὴν κακὴν 
ζύμην, τὴν παλαιωϑεῖσαν καὶ ἐνοξίσασαν, καὶ μεταβάλεσϑε εἰς 
νέαν ζύμην, ὅ ἔστιν Ἰησοῦς Χριστός. ἁλίσϑητε ἐν αὐτῷ, ἵνα μὴ 
διαφϑαρῇ τις ἐν ὑμῖν, ἐπεὶ ἀπὸ τῆς ὀσμῆς ἐλεγχϑήσεσϑε (e. 10,2) 
und begründet das Unsinnige des ἰουδαΐξειν mit dem all- 
gemeinen Satze: ὃ γὰρ Χριστιανισμὸς οὐχ εἰς ἸΙουδαϊσμὸν 


1) ο, 10,8: ἄτοπόν ἐστιν, ᾿Ιησοῦν Χριστὸν λαλεῖν καὶ ἰουδαΐζειν. 
ἘΠ Ὁ εἰ οὖν οἵ ἐν παλαιοῖς πράγμασιν ἀναστραφέντες εἰς καινό- 
τηταὰ ἐλαείδος ἦλθον, μηκέτι σαββατίζοντες, ἀλλὰ κατὰ κυριακὴν ζῶν- 
τες etc. ᾿ 


Ort und Zeib der Epistola. 389 


᾿ ἐπίστευσεν, ἀλλ᾽ ἸΙουδαϊσμὸς εἰς Χριστιανισόμν, εἰς ὃν πᾶσα 

γλῶσσα πιστεύσασα εἰς ϑεὸν συνήχϑη (ce. 10, 3). Sind diese 
Warnungen vor Heterodoxien! wirklich an Heidenchristen 
gerichtet, die in Gefahr sind, jüdische Gebräuche und An- 
schauungen infolge Anlehnung an das A.T. anzunehmen, so 
δ frägt es sich, ob diese Ansteckung auf selbständigem Studium 
des A. T.s oder auf direkter Berührung, sei es mit Juden, sei 
3 es mit Judenchristen, beruht. Zunächst ist zu beachten, daß 
᾿ nach eigenem Eingeständnis des Ignatius seine Verwarnungen 
. nicht auf Grund bestimmter Vorfälle in der Gemeinde von Ma- 
+ gnesia — er hat die Gemeinde persönlich gar nicht kennen ge- 
ἢ lernt —, sondern aus prophylaktischen Gründen erfolgt sind 5, 
E- Wohl aber hat er Leute dieser Richtung in der Gemeinde von 
Philadelphia angetroffen. In seinem Briefe an diese e. 6, 1 warnt 
er vor solehen Lehrern, welche Ἰουδαϊσμὸν ἑρμηνεύειν 5, d. h. 
3 die als Dolmetscher judaistischer Tendenzen auftreten. Er hat 
1 persönlich mit diesen Leuten disputiert und gibt ein Stück dieser 
2 Unterredung mit den Worten wieder: ἐπεὶ ἤκουσά τινῶν λε- 
γόντων, ὅτι «ἐὰν μὴ ἐν τοῖς ἀρχείοις εὕρω, ἐν τῷ εὐαγγελίῳ 
οὐ πιστεύον". καὶ λέγοντός pov αὐτοῖς, ὅτε .γέγραπται", 
᾿ἀπεχρίϑησάν μοι, ὅτε , πρόκειται" (ce. 8, 2). Diese Disputation 
muß sich in einer Gemeindeversammlung abgespielt haben, an 
4 der Ignatius teilnahm. Damals habe er, wie er ec. 7 berichtet, 
vom Geiste getrieben, laut geschrien: τῷ ἐπισχόπῳ προσέχετε 
χαὶ τῷ πρεσβυτερίῳ καὶ διακόνοις, zugleich habe er sich 
gegen den auftauchenden Verdacht, daß ihm von Gemeindemit- 
gliedern die vorhandene Spaltung vorher hinterbracht wäre, 
durch die Berufung auf das Zeugnis dessen, in dem er gebun- 
den, gewehrt, daß allein der Geist ihm die Sachlage offenbart, 


1) Μὴ πλανᾶσϑε ταῖς ἑτεροδοξίαις μηδὲ μυϑεύμασιν τοῖς παλαιοῖς 
ἀνωφελέσιν, οὖσιν. (e. 8, 1). 2) Ταῦτα δέ, ἀγαπητοί μου, οὐκ ἐπεὶ 
ἔγνων τινὰς ἐξ ὑμῶν οὕτως ἔχοντας, ἀλλ᾽ ὡς μικρότερος ὑμῶν ϑέλω 
᾿ς προφυλάσσεσϑαι ὑμᾶς, μὴ ἐμπεσεῖν εἰς τὰ ἄγκιστρα τῆς κενοδοξίας 
2 ὃ. 11,1). 8) ἑρμηνεύειν setzt voraus das Verdolmetschen und Er- 
— eines fremden Stoffes oder Wortes, das nicht sofort verständ- 

lieh ist. Im N. T. wird es vom Verdolmetschen eines hebräischen 
 Ausdruckes gebraucht (Joh. 1, 39. 43; Hebr. 7, 2; ἑρμηνεία γλωσσῶν 
1. Kor. 12, 10; 14, 10). Vgl. ἑρμηνεύειν τὰ λόγια ᾿Ιησοῦ des hebräi- 
‚ Matthäus bei Papias (Euseb. h. 6, III, 39, 16) ar Marcus, ἕρμη- 


Πέτρου (ibid. 39, 15). 


390 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


denn wenn auch einige ihn nach fleischlicher Weise irreführen 
wollten, so ließe sich der Geist, da er von Gott kommt, nicht 
irreleiten. Ignatius, der Geistesträger, als welcher er sich so 
oft rühmt, hat aus den Reden gewisser Gemeindemitglieder von 
Philadelphia sofort ihre wahre Gesinnung erraten. Dazu be- 
durfte es wohl kaum des göttlichen Geistes, denn Ignatius war 
sicherlich aus seiner Wirksamkeit als Bischof in der Diözese 
Antiochien mit ähnlichen Strömungen vertraut!. Diese τερές, 
mit denen er disputiert, haben scheinbar nach seiner Abreise 
ihrem Unmute über sein autokratisches Auftreten Luft gemacht 
und sich keineswegs für überwunden erklärt. 
Man möchte nun wissen, welches der Gegenstand des Dis- 
putes gewesen und aus welchen Kreisen die Gegner stammen, 
vor allem möchte man wissen, ob Ignatius Heiden- oder Juden- 
christen vor sich hatte. Nach Zahn ? sind die Irrlehrer geborene 
Juden oder doch durch Beschneidung und Leben dem Judentum 
angehörige Christen; er stützt sich vor allem auf den Satz: 
ἄμεινον γάρ ἐστιν παρὰ ἀνδρὸς περιτομὴν ἔχοντος Χριστια- 
νισμὸν ἀχούειν ἢ παρὰ ἀχροβύστου Ἰουδαϊσμόν (c. θ, 1), Es 
ist ihm, sollten die Irrlehrer, die Ignatius dabei im Sinne 
hatte, unbeschnitten gewesen sein, unverständlich, woher über- 
haupt der Gegensatz von Beschnittenen und Unbeschnittenen 
komme, dem in Wirklichkeit nicht entspräche. Zahn findet hier 
den sonderbaren Gedanken ausgedrückt, daß es schon recht lästig 
sei, einen Beschnittenen wie Paulus und Petrus Christentum 
predigen zu hören, und nur eben erträglicher als das noch 
Schlimmere, einen Christen Judentum lehren zu hören. | 
Ich glaube, daß Ignatius unter den Beschnittenen gar nicht 
an Paulus und ‚Petrus gedacht hat, sein Gedanke ist vielmehr 
der, daß die Verkündigung des Christentums aus dem Munde 
eines Juden insofern erträglicher sei, als dies einen Fortschritt 
der religiösen Entwieklung vom Judentum zum Christentum be- 
deute, während umgekehrt die Verkündigung von Judentum aus 
dem Munde eines unbeschnittenen Christen einen direkten Rück- 
schritt involviere, da eben das Judentum durch Christus als 


1) Mit Recht hat Lietzmann, Z. f. wissenschaftl. Theol. 1913, 
S. 141f. die syrische Didaskalie als einen Kommentar zu Ignatius 
v. Antiochien bezeichnet. 2) Ignatius v. Antiochien, S. 368f. 


— 


ET Orb und Zeit der Epistola. 391 


ΕΝ Religion überwunden sei. Es handelt sich bei diesem Disput 


also um eine der brennendsten Fragen, die Paulus von seinem 
Standpunkte zu lösen versucht hatte, die aber keineswegs damit 
eine endgültige Antwort gefunden hatte, nämlich um die Frage 
nach dem Werte der alttestamentlichen Religion im Gegensatze 
zum Evangelium. Für. Ignatius dreht sich alles um Jesus 
Christus; wenn daher der beschnittene und der unbeschnittene 
Christ diesen nicht in den Mittelpunkt seiner religiösen Ge- 
dankenwelt rückt, sind beide in den Augen des Ignatius nur 
Grabsäulen und Totengräber, auf die nur Menschennamen ge- 
schrieben sind!. Sein Glaube ist einzig und allein in dem 
εὐαγγέλιον verankert?, daher sind für ihn die ἀρχεῖα nicht die 
alttestamentlichen Urkunden, sondern Ἰησοῦς Χριστὸς, τὰ ἄϑιχτα 
ἀρχεῖα ὁ σταυρὸς αὐτοῦ καὶ ὁ ϑάνατος καὶ ἡ ἀνάστασις αὐτοῦ 
καὶ ἡ πίστις ἡ δι᾿ αὐτοῦ, ἐν οἷς ϑέλω ἐν τῇ προσευχῇ ὑμῶν 
διχαιωϑῆναι (Phil. e. 8,2). Von diesem christozentrischen Ge- 
sichtspunkt aus enthält das Evangelium ἐξαίρετόν τε, nämlich die 
παρουσία τοῦ σωτῆρος, χυρίου ἡμῶν ᾿Ιησοῦ Χριστοῦ, das πάϑος 
αὐτοῦ und die ἀνάστασις 5, dieses Evangelium ist zugleich ein 
ἀπάρτισμα ἀφϑαρσίας (c. 9, 2). Aber dieser Standpunkt führt 


den Ignatius nicht dahin, aus dieser Absolutheit des εὐαγγέλεον 
für den christlichen Glauben die volle Inferiorität des A. T.s zu 


behaupten, wie es später Marcion und die Gnostiker getan haben. 
Im Gegenteil, er bemüht sich in Übereinstimmung mit der Groß- 
kirche krampfhaft, die Vortrefflichkeit des A. T.s resp. die Pro- 
pheten in das rechte Licht zu stellen und zugleich alles für das 
Christentum zu reklamieren. Daher schreibt er nicht ohne be- 
stimmte Abzweckung: καὶ τοὺς προφήτας δὲ ἀγαπῶμεν, διὰ 
τὸ χαὶ αὐτοὺς εἰς τὸ εὐαγγέλιον κατηγγελκέναι, xal εἰς av- 
τὸν ἐλπίζειν καὶ αὐτὸν ἀναμένειν, ἐν ᾧ καὶ πιστεύσαντες ἐσώ- 
ϑησαν, ἐν ἑνότητι Ἰησοῦ Χριστοῦ ὄντες, ἀξιαγάπητοι καὶ ἀξιο- 


τ  ϑαύμαστοι ἅγιοι, ὑπὸ Ἰησοῦ Χριστοῦ μεμαρτυρημένοι καὶ συν- 


1) ἐὰν δὲ ἀμφότεροι περὶ ᾿Ιησοῦ aan μὴ λαλῶσιν, οὗτοι ἐμοὶ 


στῆλαί εἰσιν καὶ τάφοι νεκρῶν, ἐφ᾽ οἷς γέγραπται μόνον ὀνόματα ἀν- 


(Phil. 6, 1). 2) Daß es sich dabei nicht um ein schrift- 


lich fixiertes Evangelium handelt, darüber vgl. v. d. Goltz, Ign. v. 


Ant, 5, 79£, 3) Vgl. Smyrn. c. „2: προσέχειν δὲ τοῖς προφή- 


ταῖς, ἐξαιρέτως δὲ τῷ εὐαγγελίω, ἐν ᾧ τὸ πάϑος ἡμῖν δεδήλωται καὶ ἡ 


ς τετελείωται. 


392 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ηριϑμημένοι ἐν τῷ εὐαγγελίῳ τῆς κοινῆς ἐλπίδος (e. 5,2) 
und ce. 9, 2: οἱ γὰρ ἀγαπητοὶ προφῆται κατήγγειλαν εἰς αὐτόν" 
τὸ δὲ εὐαγγέλιον ἀπάρτισμά ἐστιν ἀφϑαρσίας πάντα 
ὁμοῦ καλά ἐστιν, ἐὰν ἐν ἀγάπῃ πιστεύητε. Von hier 
aus verstehen wir es, weshalb Ignatius in seinem Briefe an die 
Magnesier c. 8,2 die Propheten so herausstreicht: οὗ γὰρ ϑειό- 
τατοι προφῆται κατὰ Χριστὸν Ἰησοῦν ἔζησαν. διὰ τοῦτο καὶ 
ἐδιώχϑησαν ', ἐμπνεόμενοι ὑπὸ τῆς χάριτος αὐτοῦ, εἰς τὸ πλη- 
ροφορηϑῆναι τοὺς ἀπειϑοῦντας, ὅτι εἷς ϑεός ἐστιν, ὅ φανε- 
ρώσας ἑαυτὸν διὰ Ἰησοῦ Χριστοῦ τοῦ υἱοῦ αὐτοῦ, ὕς ἐστιν 
αὐτοῦ λόγος ἀπὸ σιγῆς προελϑών, ὃς κατὰ πάντα εὐηρέστησεν 
τῷ πέμψαντι αὐτὸν und gleich darauf c. 9, 2: πῶς ἡμεῖς δυνή- 
σόμεϑα ζῆσαι χωρὶς αὐτοῦ" οὗ καὶ οἱ προφῆται μαϑηταὶ ὄντες 
τῷ πνεύματι ὡς διδάσχαλον αὐτὸν προσεδόκων; καὶ διὰ ταῦτο, 
ὃν δικαίως ἀνέμενον, παρὼν ἤγειρεν αὐτοὺς dx νεχρῶν. Und 
was von den Propheten gilt, das gilt auch von den alttestament- 
lichen Institutionen. Auch sie sind vortrefflich, aber sie sind 
überwunden. Als Beispiel wird das alttestamentliche Priester- 
tum gewählt, von dem es heißt Philad. e. 9, 2: χαλοὶ καὶ οἱ 
ἱερεῖς, κρεῖσσον δὲ ὁ ἀρχιερεὺς ὃ πεπιστευμένος τὰ ἅγια τῶν 
ἁγίων, ὃς μόνος πεπίστευται τὰ κρυπτὰ τοῦ ϑεοῦ. αὐτὸς ὧν 
ϑύρα τοῦ πατρός, δι᾿ ἧς εἰσέρχονται ᾿Αβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ 
καὶ οἱ προφῆται καὶ οἱ ἀπόστολοι zal ἡ ἐκκλησία. Wir ersehen 
aus diesen Ausführungen, daß Ignatius das gesamte A. T. sub 
specie Christi wertet und dadurch seine relative Inferiorität bei 
aller Anerkennung seiner Vortrefflichkeit behauptet. Er ist ent- 
schiedener Vertreter der χριστομαϑία (c. 8,2). Auf diesem Hin- 
tergrunde heben sich die von ihm bekämpften Gegner ganz 
natürlich ab. Sie wollen die Absolutheit des εὐαγγέλιον nicht 
anerkennen, sie wollen umgekehrt dieses εὐαγγέλιον nur sub 
specie veteris testamenti werten und es als geradlinige Fort- 
setzung der alttestamentlichen Offenbarung betrachten. Deshalb 
berufen sie sich auf die von ihnen so hochgeschätzten ἀρχεῖα; 
die alttest. Offenbarungsurkunden sind für sie neben dem Ev. die 
Norm im Leben und in der Lehre; sie können es nicht fassen, 
daß alles das, was bisher als heilige göttliche Offenbarung galt, 


1) Soll damit wie Act. 7, 52 auf die Halsstarrigkeit des — 
volkes hingewiesen werden? 


Ort und Zeit der Epistola. 393 


_ mit einem Schlage durch Christus aufgehoben und keine Geltung 
mehr haben soll. Diese Leute kämpfen offensichtlich gegen 
einen antijudaistischen Radikalismus, der innerhalb der Heiden- 
kirche sich in Überspannung paulinischer Gedanken bemerkbar 
- macht, als dessen entschiedenster literarischer Verfechter uns 
= der Verfasser des Barnabasbriefes entgegentritt und der später 
seine vollendetste Ausbildung bei Marcion und den Gnostikern 
gefunden hat. Deshalb handelt es sich in dem Streite gar nicht 
| um Lehren christologischer Natur, speziell um die von den Do- 
eten bestrittenen Tatsachen dés Todes und der Auferstehung 
Ε des Messias!, theoretische Erörterungen kommen nicht in Frage. 
Gegenstand der Kontroverse ist in erster Linie eine verschiedene 
Lebensweise, die eine natürliche Folge der Wertschätzung, sei 
es des A., sei es des N. T.s, bildet. Daher hat ‚Ignatius diesen 
Gegensatz richtig in die Formel gefaßt: Jovdeatouös und Χριστια- 
νισμός (Philad. 6,1) oder noch präziser: χατὰ Ἰουδαϊσμὸν 
ζῆν und χατὰ Χριστιανισμὸν ζῆν (Magn. 8, 1; 10,1). Wenn 
die Propheten als Zeugen angerufen werden, u. zw. von beiden 
Seiten, — das γέγραπται3 des Ignatius (Philad. 8, 2) ist m. E, 
nur auf ‚Stellen aus dem A. T. zu deuten, indem die Gegner der 
Beweiskraft der den Propheten entnommenen Stellen ausweichen 
durch πρόχειται, „das ist eben die Frage, ob die Auslegung 
riehtig ist“® — so reklamiert Ignatius die Propheten für sich 
nicht in erster Linie vom Gesichtspunkte des Weissagungs- 
beweises, sondern vom Standpunkt ihres Wandels, Kühnlich 
behauptet er, daß sie χατὰ Χριστὸν Ἰησοῦν ἔζησαν (Magn. 
ο΄ 6.8, 3), daß sie in ihrem Wandel die wahren Jünger Christi ge- 
wesen seien (Magn. ce. 9, 2). Bildeten wirklich die Weissagungen 
der Propheten in bezug auf Tod und Auferstehung Christi die 
Streitfrage, so könnte man überhaupt nicht den Vorwurf des 
ἰουδαΐζειν verstehen, denn darunter kann man doch nur be- 
Ben das Festhalten an jüdische Sitten und Gebräuche, ins- 


ii τς. τῇ με EEE δ) 
a a m 


1) So von der Goltz, Ignatias von Antiochien 8, 81 f. 2) Mög- 

lich, Ignatius mit seinem γέγραπται (vgl. Ephes. 5, 3; Magn. 12) 

auf die bekannten Prophetenstellen von der Nichtigkeit der Opfer 

Am, 5, 25f. u. dgl. hingewiesen hat, 3) Darauf bezieht sich das 

’Iovöcisuov. Die Gegner halten den Wortsinn des Textes 

aufrecht, während Ignatius sich wahrscheinlich der allegorischen 
Methode bediente. 


394 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


besondere die Beobachtung des Sabbats, der Reinigungen, Wa- 
schungen, Speisen usw. Dann versteht man ferner die Auffor- 
derung, den veralteten bösen Sauerteig fortzuschaffen (Magn. 
10, 2), und die besondere Anerkennung, die denen zuteil wird, 
welche bei ihrem Übertritt vom Judentum zum Christentum 
nicht mehr σαββατίζειν, sondern xar& χυριαχὴν ζῆν (Magn. 
9,1). Die Gegner des Ignatius wollen ἐν παλαιοῖς πράγμασιν 
ἀναστρέφειν (Magn. 9, 1), wie es bei den Juden der Fall; sie 
halten also an dem Buchstaben des Gesetzes nach wie vor fest, 
weil sie dieses in den ἄρχεζα, ἃ. h. in den heiligen Offenbarungs- 
urkunden vorfinden. In die Tiefen der Probleme, wie sie Paulus 
in seinen Ausführungen über Gesetz und Evangelium aufgewor- 
fen, ist man dabei sicherlich nicht gedrungen, da ja auch Igna- 
tius von dieser Gedankenwelt ziemlich unberührt geblieben ist. 

Es bleibt übrig die Beantwortung der Frage, ob die Gegner 
des Ignatius Juden- oder Heidenchristen gewesen sind. Wir 
haben soeben den Vorwurf des ἰουδαΐζειν gehört; dieses wäre 
geborenen Juden gegenüber etwas deplaziert gewesen, wie auch 
Paulus Gal. 2, 14 von einem Zwang der Heidenchristen zum 
ἰουδαΐζειν redet. Ebenso glaubten die Christen keinen größeren 
Makel der kleinasiatischen Heidenkirche wegen ihrer Passah- 
feier anhängen zu können als den des ἰουδαΐζειν; deshalb hat 
Clemens Alex. seiner Streitschrift wider die Quartodeeimaner den 
Titel χανὼν ἐκκλησιαστικὸς ἢ πρὸς τοὺς ἰουδαΐζοντας gegeben. 
Die Christen, mit denen Ignatius in Philadelphia in Disput 
geraten ist, scheinen auf ihn nicht den Eindruck gemacht 
zu haben, früher geborene Juden gewesen zu sein, wenig- 
stens gehörten sie zur Gemeinde und bildeten kein separatisti- 
sches Konventikel, vielmehr spricht alles dafür, daß sie Heiden- 
christen waren, die wahrscheinlich durch Judenchristen infiziert 
waren!. Eben weil sie das waren, bereitet es dem Ignatius ein 


1) Auch ν. ἃ. Goltz, Ignat. v. Ant. S. 81, Anm. 1 erblickt in den 
Gegnern Heidenchristen. Derselben Ansicht huldigt auch Hoennicke, 
Das Judenchristentum 83. 141, aber beide Gelehrte haben sich die Er 
kenntnis des wahren Tatbestandes dadurch verschlossen, daß sie die 
Gegner in Philadelphia und Magnesia mit den in den Briefen an die 
Gemeinde von Ephesus, Tralles und Smyrna bekämpften Doketen 
identifizieren. Wenn Ignatius in den Briefen an die Magnesier und 
Philadelphier von der Geburt, dem Leiden und der Auferstehung 


— 
pe 


——drt und Zeit der Epistola, 395 
Ärgernis, aus dem Munde eines Unbeschnittenen Judentum zu 
vernehmen (Phil. 6, 1), und hält er solchen Rückschrittlern das 
Verhalten eines Judenchristen vor, der den Sabbat zugunsten 
des Sonntags geopfert (Magn. 9, 1). Dann haben wir hier die- 
selben Verhältnisse vor uns, wie sie uns die syr. Didascalie 
schildert. Das Heidenchristentum ist in gewissen Gemeinden 
Kleinasiens durch den judaistischen Geist angekränkelt. Das 
führt sich ohne Zweifel ebenfalls nicht auf das Studium des 
A.T.s zurück, sondern auf das Vorhandensein zahlreicher Juden- 
ehristen in und neben den Heidenchristen. Wenn wir an die 
Größe der jüdischen Diasporagemeinden ! denken und den Über- 
tritt zahlreicher Juden zum Christentum in Erwägung ziehen, 
wird uns dieser Einfluß jüdischen Wesens nicht mehr unbegreif- 
lich erscheinen. Gerade für Philadelphia, wo Ignatius den Zu- 
sammenstoß erlebt?, sind durch das apokalyptische Sendschrei- 
ben des Johannes e. 3, 9 Leute aus der Synagoge des Satans 
bezeugt, die sich fälschlicherweise Juden nennen, von denen zu- 
gleich in Aussicht gestellt wird, daß sie sich bekehren werden. 
Und nun gar die Passahfeier am 14. Nisan innerhalb der ge- 
samten Kirche Kleinasiens! Mit Recht haben sich die Klein- 
asiaten für ihre Praxis auf die Autoritäten eines Philippus von 


redet (Magn. c. 11; Philad, 8, 2; 9,2), so geschieht dies nicht in pole- 
mischer Absicht; er will nur sein εὐαγγέλιον, in dem die Gewißheit 
seines persönlichen Glaubens begründet ist, ins rechte Licht stellen, 
Unwillkürlich wird aber sein Gedanke mitbestimmt durch die doke- 
tischen Strömungen, unter denen er zu gleicher Zeit seine Briefe 
an die Gemeinden in Ephesus, Tralles und Smyrna geschrieben hat. 
Daher in Magn. c. 11 die Betonung des ἀληϑῶς καὶ βεβαίως und ce. 9, 1 
bei der Erwähnung des Todes die Bemerkung 5 τινὲς ἀρνοῦνται. 
Diese τινές sind aber durchaus nicht mit den τινές Magn, 6, 1; 7,1; 
8, 2 identisch. Eine Verquickung antijudaistischer und antidoketi- 
scher Polemik von seiten des Ignatius liegt also nicht vor. Die 
doketische und antijudaistische Richtung ist räumlich zu trennen, 
* Damit lehne ich auch die Meinung von Zahn, Ignat. v. Ant. S. 360 
ab, daß der Judaismus nur eine Seite derselben Häresie sei, deren 
ἢ christologische Lehren hauptsächlich in den übrigen Briefen bekämpft 
werden. Auch Lightfoot huldigt in seiner Ausgabe diesem Gedanken, 
1) Über die Verbreitung der Juden in Kleinasien vgl. Schürer, 
schichte des jüdischen Volkes III, 8, 12 ff. 2) Ob überhaupt 
in Magnesia Leute judaistischer Richtung vorhanden sind, ist nicht 
einmal dem Ignatius bekannt; seine Erörterungen sind ja prophy- 
laktischer Natur (c. 11). 


396 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Hierapolis, eines Johannes gestützt; diese gehörten zu jenen 
judenchristlichen Emigranten, die nach der Zerstörung Jeru- 
salems in Kleinasien eine neue Heimat gefunden und dort mis- 
sioniert hatten. Von ihrem Geiste sind abhängig Männer wie der 
Presbyter Aristion, der geheimnisvolle Presbyter Johannes, Pa- 
pias von Hierapolis, Melito von Sardes u. ἃ. Dann wird man 
begreifen, wie nicht das Evangelium des Paulus einen vollkom- 
menen Sieg davongetragen, vielmehr der jüdische resp. juden- 
christliche Sauerteig noch eine starke Nachwirkung gehabt hat, 
wie es sich besonders in der eschatologischen Gedankenwelt zeigt. 
Dies mußte auch auf die Stellung zum Judenchristentum von 
Einwirkung sein. Unmöglich konnte man die Judenchristen zu 
den Häretikern stellen, wenn sie an der Beobachtung des mo- 
saischen Gesetzes festhielten. Das ist noch der Standpunkt des 
- Justin, der vielleicht unter dem Eindruck der Verhältnisse in 
Kleinasien steht (vgl. Did. e. Tryph. e. 47). In diesem Milieu 
muß auch der Verfasser der Epistola aufgewachsen sein: er ge- 
hört der vorirenäischen Zeit an. In seinen Augen bildet das 
Evangelium des Paulus für die Heidenchristen keinen Gegensatz 
zu dem Evangelium der Urapostel für die Judenchristen; eben 
deswegen kann man die Abweichung im Lebenswandel ruhig 
ertragen und die Hoffnung auf die ἐπαγγελία ihnen nicht ab- 
sprechen. Der Verfasser hat sich den Standpunkt des Lukas 
zu eigen gemacht, dessen Apostelgeschichte ihm nicht unbekannt 
war. Mit ihm, der ebenfalls Heidenchrist, teilt er bei allem 
Universalismus die Hochschätzung des Heilswertes des A. T.s. 
Sein Selbstbewußtsein als Heidenchrist kommt dadurch zum 
Ausdruck, daß er sich als Glied der größeren Masse fühlt, der 
gegenüber das Judenchristentum in den Hintergrund getreten 
ist und um seine Gleichberechtigung für das Reich Christi 
kämpfen muß. Die Verehrung der religio antiqua Judaeorum ist 
dadurch nicht erstorben. Jener altertümliche Standpunkt zum 
alten Volke im Spiegel des Judenchristentums war seit Irenäus 
innerhalb der Großkirche, abgesehen von örtlichen Verhältnissen, 
aufgegeben. | 

Damit möchte ich die Aufzählung der Einzelbeobachtungen 
für die ehronologische Fixierung der Schrift beschließen. Manche 
Punkte werden weniger beweiskräftig erscheinen, aber als Ganzes 
genommen sollte an der Entstehung im zweiten Jahrhundert 


Ort und Zeit der Epistola. 397 


_ kein Zweifel bestehen. Aber gerade diese Bestimmung bietet 
der Möglichkeiten noch genug; vor allem platzen die Geister 
aufeinander, wenn die Frage beantwortet werden soll, ob die 
erste oder die zweite Hälfte in Anspruch genommen wird, denn 
für das zweite Jahrhundert ist bei der rapiden Entwicklung des 
Christentums jedes Jahrzehnt von Bedeutung. Deshalb müssen 
i wir uns danach umsehen, ob die Schrift selbst irgendeine sichere 
; Handhabe bietet. Und in der Tat findet sich eine Stelle, die 
: 


die Grundlage aller chronologischen Erörterungen bilden muß. 
Als nämlich die Apostel die Frage an den Herrn richten, nach 
wieviel Jahren seine Ankunft auf Erden erfolgen werde, um zu 
riehten die Lebendigen und die Toten, erhalten sie ohne Um- 
schweife die gewünschte Antwort. Sie lautet nach der kop- 
tischen Überlieferung (Ko. IX, 13f.): „Wenn der hundertste Teil 
und der zwanzigste Teil (= das Hundertundzwanzigstel) voll- 
Ὁ sein wird, zwischen der Pentekoste und dem Fest der 
n, wird stattfinden die Ankunft des Vaters“. Der 

— G. 58, 1f.) bietet: „Wenn 150 Jahre vorbei sind zwi- 
schen dem Pfingst- und dem Passahfeste wird die Ankunft 
meines Vaters stattfinden“ ', der Lateiner: Anno implente inter 
pentecosten et azyma erit adventus patris mei; vorher liest 
 Hauler (qu oder gu) inte und bemerkt, daß am Zeilenschluß 
‚vielleicht 2—3 Buchstaben übergeschrieben sind. Es ist im höch- 
sten Grade bedauerlich, daß der Lateiner bei der zwiespältigen 
Überlieferung nicht die Entscheidung bringt, um allem Streiten 
ein Ende zu bereiten?. Wie lautete nun der griechische Text 
im Original? Soviel ist sicher, daß der Satz einen Genitivus 
absolutus enthielt, dem der Ablativus absol. im Lateinischen ent- 
spricht. Ferner muß der Zahlenangabe das Wort ἔτους bei- 
gegeben gewesen sein und die Zahl selbst in der Ordinalzahl 
gestanden haben; für das erstere ist der Äth. und Lat. Zeuge, 
für das zweite der Kopte und Lat. Jetzt stehen wir aber vor 
der Hauptdifferenz, der Kopte spricht von 120 Jahren, der 
Äthiope von 150 Jahren, der Lat. ist lückenhaft, doch lassen 
die Reste von (qu)inta auf quinquagesimo raten, so daß die Zahl 


1) Guerrier übersetzt: Lorsque l’an 150 sera &coule. 2) Eine 
neue genauere Untersuchung der Stelle mit Hilfe der Photographie 
wird erst nach dem Kriege möglich sein. 


398 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


des Äthiopen als ursprünglich gelten könnte. Der Verfasser läßt 
nun nicht den Herrn sagen, daß die Parusie im Jahre 120 resp. 
150 stattfindet, sondern nach deren Verlauf, wodurch ein ge- 
wisser Spielraum verbleibt. Hat er im Anschluß an Lukas die 
Geburt Jesu 30 Jahre vor das 15. Regierungsjahr des Tiberius 
gesetzt, so sollte die Parusie nach Ablauf von 150 resp. 180 Jahren 
erfolgen; demgemäß müßte die Schrift vor dem Jahre 150 resp. 
180 n. Chr. verfaßt sein. Nun trifft es sich merkwürdig, daß 
Justin Apol. I, 46, 1 von 150 Jahren spricht, die seit der Ge- 
burt Christi verflossen sind. Hat vielleicht unser Verfasser, 
dessen Abhängigkeit von der Gedankenwelt des Justin wir ver- 
schiedentlich konstatiert haben, diese Zahlenangabe gelesen und 
darauf seine Berechnung eingestellt? Betrachten wir nun die 
Zahlen selbst, so bleibt zunächst unaufgeklärt, wie der Kopte 
zu der Zahl 120 gekommen ist —; vielleicht liegt em Versehen 
des Übersetzers beim Ablesen der Zahl, die in Ziffern oder im 
griechischen Wortlaut gegeben war, vor; oder es scheint eine 
Verderbnis im Urtexte vorhanden gewesen zu sein, da das ur 
sprüngliche erove ganz unübersetzt geblieben und das zu er- 
schließende τὸν enatocıos ar eımocros gar keinen befriedi- 
genden Sinn gibt!. Demnach werden wir uns bis auf weiteres 
für die Zahl des Äthiopen entscheiden müssen; der Text hat im 
griechischen Original also gelautet: τοῦ &zaroorod καὶ πεντη- 
χοστοῦ ἔτους πληρωϑέντος ἔσται ἡ παρουσία τοῦ πατρός. 
Die Parusie wird also in den Zeitraum nach 180 n. Chr. ver- 
legt, so daß die Schrift selbst vor 180 verfaßt sein muß. 


Zu dieser für die chronologische Fixierung wichtigen Stelle 
gesellt sich eine andere. 8, 102, 13f. erinnern die Apostel den 
Herrn daran, daß er gesagt, es würden Zeichen und Wunder 
geschehen im Himmel und auf der Erde, noch bevor das Ende 


1) War in der Vorlage pr statt pm verschrieben? Nachträglich 
macht mich Prof. Schubart darauf aufmerksam, daß der Fehler im 
koptischen Text wahrscheinlich dadurch entstanden sei, daß im grie- 


chischen Text τὸν png gestanden und der Übersetzer die Ligatur 5 


für erosc nicht verstanden habe. Infolge dessen ist in der achmimi- 
schen Übersetzung erove unübersetzt geblieben, während in einer 


späteren Übersetzung, auf die der Äthiope zurückgeht, dieses Ver- 2 


sehen nicht eingetreten ist. Verwechslung von pm und pr ist ja 
graphisch leicht möglich. —— 


— 
— 


Ort und Zeit der Epistola. 399 


der Welt komme, und bitten, sie zu lehren, wie sie es erkennen 
könnten. Darauf erhalten sie die Antwort: „Ich werde (es) euch 
lehren, nicht jedoch an euch (zu eurer Zeit) wird es geschehen, 
sondern an denjenigen, die ihr belehren werdet und die glauben 
werden, sowie auch an denjenigen, die diesen Mann hören und 
an mich glauben. In jenen Tagen wird es geschehen“ (S. 103, 
26, Hier versichert der Herr, daß die Fragesteller die Wehen 
der Endzeit nicht erleben werden, wohl aber sowohl diejenigen 
Christen, die von den Uraposteln bekehrt, als auch diejenigen, 
die von dem Apostel Paulus für den Glauben gewonnen wer- 
den!. Darnach werden die Wehen in die nachapostolische Zeit 
verlegt, auch Paulus ist davon ausgeschlossen. Fraglich bleibt, 
ob bereits die erste Generation der Bekehrten oder eine spätere 
gemeint ist, während die Endzeit selbst resp. die Parusie Christi 
in weitere Zukunft verlegt wird. Auf jeden Fall ersieht man 
von neuem aus dieser Weissagung, daß unser Verfasser nicht 
im dritten Jahrhundert gelebt haben kann, da sonst seine Be- 
merkungen gänzlich in der Luft schweben würden. 
J Ist nun die Epistola vor 180 n. Chr. entstanden, so stimmt 
damit aufs beste unsere frühere Ansicht, daß der Verfasser der 
Generation der Apologeten angehört. Wie einst Justin den 
Kampf mit dem Gnostizismus eingeleitet und er sowohl wie die 
+ andern Apologeten den christlichen Auferstehungsglauben ver- 
ο΄ ἐοϊάϊσε haben, so hat in ihrem Sinne auch unser Autor zu den 
geistigen Waffen gegriffen, um die Kirche von dem gefährlichen 
Feind zu befreien. Diesem Datum würde nicht entgegenstehen 
die Tatsache, daß dem Verfasser der ntliche Kanon in dem Um- 
fange, wie er dem Irenäus bekannt war, bereits vorgelegen hat. 
Denn wie wir konstatiert haben, gehörte zum Kanon der ntlichen 
᾿ς Sehriften das viergliedrige Evangelium, der Apostolos und die 
Apostelgeschichte, Sollte freilich die Beobachtung von Harnack 
- (Das neue Testament um 200, 8. 53) zu Recht bestehen, daß die 
- Apostelgeschichte vor 170—180 n. Chr. nicht zitiert wird und 
keine Notiz darauf hinweise, daß sie irgendwelche Bedeutung 
in den Gemeinden gehabt habe, so würden wir die Abfassung 


τ 1) Ich möchte noch darauf hinweisen, daß wiederum Juden- 
ehristen und Heidenchristen unterschieden und doch als eine Einheit 
_ betrachtet werden (s. o, S. 182). 


400 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


der Epistola in dieses Jahrzehnt verlegen müssen, aber einer- 
seits steht nicht fest, ob die Epistola schon einen festumrissenen 
Kanon ntlicher Schriften voraussetzt, andererseits muß doch 
schon Irenäus, bevor er seine Heimat von Kleinasien nach Gal- 
lien verlegt hat, die Apostelgeschichte in seinem Kanon besessen 
haben. Dazu kommt, daß nach den eigenen Untersuchungen von 
Harnack die Apostelgeschichte aus der Feder des Arztes Lukas 
geflossen sein soll, so daß sie lange Zeit vor 170 zu den Vor- 
leseschriften gehört hat. 

Erweist sich der Verfasser von hier aus als Glied der wer- 
denden altkatholischen Kirche, so auch vom Standpunkt der 
Symbolforschung. Denn er kennt nicht nur ein ausführliches 
Kerygma von Christus (S. 27, 3ff.), sondern auch ein Glaubens- 
bekenntnis, das wie das Symbolum Romanum eine dreigliedrige 
Formel enthielt. Ausdrücklich bezeichnet er die fünf Brote 
bei dem Speisungswunder als „das Abbild der πίστις, was 
betrifft das große Christentum“, und begreift darunter den 
Glauben eig τὸν πατέρα παντοκράτορα, εἰς ᾿Ιησοῦν Χριστὸν 
τὸν σωτῆρα ἡμῶν, καὶ εἰς τὸ πνεῦμα ἅγιον τὸν παρά- 
κλητον, ἁγίαν ἐχκλησίαν, ἄφεσιν ἁμαρτιῶν (8. 32, 8). Da 
haben wir einen Ausschnitt aus der trinitarischen regula 
fidei vor uns, da das Ganze als Abbild des Glaubens gilt; um 
den Wortlaut selbst hat der Verfasser sich nicht gekümmert, 
Denn wie wir aus dem Proömium (8. 26, 6, vgl. 8. 27, 4ff.) 
entnehmen können, lautete der erste Teil in Übereinstimmung 
mit dem Symbolum Romanum εἰς ϑεὸν πατέρα παντοχράτορα. 
Das christologische Kerygma ist verkürzt, da es hier nur auf 
die lapidaren Glaubenssätze abgesehen und kurz vorher ein weit 
ausgesponnenes Kerygma vorgetragen war (S. 27, 3f.); doch 
können wir es aus gelegentlichen Bemerkungen rekonstruieren, 
Die Bezeichnung υἱὸς τοῦ ϑεοῦ finden wir S. 27,4; 28, 8; 94,7 
— Ko. XXVI, 3; 126, 3 = Ko. XXIX, 8), aber der Zusatz 
μονογενής scheint gefehlt zu haben; das würde stimmen zu der 
Beobachtung, daß dieses Epitheton in den altchristlichen Schrif- 
ten vor Irenäus äußerst selten vorkommt. Daß Christus der 
κύριος ἡμῶν ist, wird öfters betont (85, 26, 13; 27, 3; 29, 1; 
32, 2u. = Ko. I, 3). Die Geburt aus dem heiligen Geist und 
der Jungfrau Maria lesen wir $.28, 10, den σταυρωϑέντα ἐπὶ 
Ποντίου Πιλάτου S. 36, 4 = Ko.l, 13 und den ταφέντα 


en, 


Ort und Zeit der Epistola. 401 


836,8 = Ko. I, 15. Die ἀνάστασις x νεχρῶν wird ja aus- 
führlich geschildert! und am Schluß die Himmelfahrt (S. 154). 
Auch der Gedanke des Sitzens zur Rechten des Vaters ist belegt 
I ‚durch S, 27, 10 (vgl. S. 64,7 = Ko. ΧΙ, 5) und das ἔρχεται χρῖναι 
E ζῶντας καὶ νεχρούς durch $. 56, 10 — „Ko. IX, 10. Auffällig ist 
2 das Epitheton παράκλητος zu πρεῦμα ἅγιον (8. 32, 4); es stand 
ἥ freilich nicht im Symbol, aber der Zusatz würde, wenn echt, 
darauf deuten, daß der Verfasser von der montanistischen Krisis 
in Kleinasien noch unberührt war, da durch diese der Paraklet 
in Mißkredit gekommen war. Die nächsten 2 Glieder ἁγίαν dxxAr- 
σίαν, ἄφεσιν ἁμαρτιῶν sind unverändert übernommen (8, 32, 5), nur 
das letzte Stück, die σαρκὸς ἀνάστασιν, fehlt, da die Gleichung 
mit den fünf Broten nur die Anführung von fünf Stücken zu- 
ließ und andererseits dieses Thema ja das Hauptstück der Apo- 
logetik in der Epistola bildet. Die Typologie selbst ist dem 
Kopfe des Verfassers entsprungen. Ist nun die regula fidei in 
3 abgeschlossener Form vorhanden, so bewegt sich der Verfasser 
j bei der Explikation des Bekenntnisses genau wie gegenüber dem 
Buchstaben des heiligen Textes noch in ganz freien Bahnen; 
ein bestimmt interpretiertes Bekenntnis kennt er nicht; der 
Kampf mit der gnostischen Häresie hat noch keine festen 
theologischen Formeln geschaffen. Nach Harnack ? ist das Sym- 
bol vor der Zeit des brennenden Kampfes mit dem Gnostizismus 
um die Mitte des zweiten Jahrhunderts oder etwas früher ent- 
standen; als Heimat des Symbols gilt ihm Rom. Dem würde 
widersprechen, daß der Verfasser der Epistola bereits vor 180 
n. Chr. ein mit dem altrömischen identisches Taufsymbol gekannt 
hat, und daß dieses im Osten, genauer in Kleinasien, verbreitet 
war. Ist dies wirklich der Fall, so kann die These von Har- 
nack, es sei die Existenz eines solchen Symbols vor dem An- 
fang des dritten Jahrhunderts im Orient unerweislich, nicht mehr 
aufrecht erhalten werden; wenigstens kann man m, E. das Zeug- 
nis des Clemens Alex. für den Gebrauch eines fest formulierten 
Symbols in Alexandrien nicht mit gleicher Sicherheit bestrei- 


ΤΥ 


1) Daß der Verfasser zwischen Tod und Auferstehung einen 
Descensus ad inferos kennt, habe ich oben $. 315 f. angeführt. Zur 
regula fidei wird das Stück noch nicht gehört haben. _ 2) Alt- 
ehristl, Literaturgeschichte, II, 1 S. 524 ἢ, Herzog’s RE? I, 5. 742. 
Dogmeng. It, 5, 356. — Kattenbusch, Apost. Be Bil 


T. u. U, '14: Schmidt-Wajnberg. 


402 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ten !; auch gewinnt es an Wahrscheinlichkeit, daß das von Justin 
Apol. I, 61 verwertete Kerygma ein Stück des Taufsymbols bil- 
dete?, das nicht aus Rom, sondern aus Kleinasien bezogen war. 
Insbesondere wird man sich hüten müssen, sollte der Verfasser 
der Epistola ein älterer Zeitgenosse des Irenäus gewesen sein, 
in dem von Irenäus benutzten zaro» τῆς ἀληϑείας ein aus Rom 
erborgtes Symbol zu erblieken, vielmehr hätte er ein solches 
Bekenntnis von seiner Heimat nach Gallien mitgenommen. Da- 
mit würde sich die Wagschale entschieden zugunsten derjenigen 
Gelehrten neigen, die wie Caspari, Zahn, Loofs u. A. die Existenz 
eines alten orientalischen, genauer eines kleinasiatischen Symbols 
annehmen und das römische Symbol für eine Tochter oder 
Schwester dieses orientalischen Typus erklären, Mit einem ge- 
wissen Rechte könnte freilich die Gegenpartei die These ver- 
treten, daß bei den engen Beziehungen, die im 2, Jahrh. zwischen 
Kleinasien und Rom bestanden, das Symbol von der kleinasia- 
tischen Kirche frühzeitig übernommen ist. 

Damit möchte ich meine Untersuchungen, die gegen meinen 
eigenen Willen einen so großen Umfang angenommen haben, 
zum Abschluß bringen und noch einmal kurz das gewonnene 
Resultat zusammenfassen: Die Epistola apostolorum ist von, 
einem Vertreter der Großkirche behufs Bekämpfung der gnosti- 
schen Häresie, speziell des Doketismus verfaßt. Die Heimat ist 
Kleinasien und die Entstehung ist auf die zweite Hälfte des 
zweiten Jahrhunderts, genauer auf 160—170 n, Chr., zu datieren. 

Zum Schluß will ich noch betonen, daß ieh durchaus nicht 
den Ruhm beanspruche, die in Betracht kommenden zahlreichen 
Fragen und Probleme definitiv gelöst zu haben. Dazu wird es 
der Mitarbeit zahlreicher anderer Forscher bedürfen. Meine lang- 
jährigen, freilich oft unterbrochenen Bemühungen um den Text 
und das Verständnis dieses altchristlichen Denkmals würden voll- 
kommen belohnt werden, wenn aus dem Streite der Meinungen 
für die in vieler Hinsicht so in Dunkel gehüllte Entwieklung 
der alten Kirche im zweiten Jahrhundert auf Grund des neuen 
Quellenmaterials neue bleibende Erkenntnisse gewonnen würden. 


1) Vgl. Harnack, Dogmeng. It, 5. 367 f.gegen Caspari, „Hat die 
alex. Kirche z, 7. des Clemens ein Taufbekenntnis besessen oder 
nicht ?* in der Z. f. kirchl. Wissensch. 1886, 8. 352 ff. 2) Vgl. -Borne- 
mann, Das Taufsymbol Justins in der Z.f. KG. 11, S.1ff. 


Exkurs I. 


Der Gnostiker Kerinth. Die Aloger. 


Ich habe o. 5. 365 auf die Abhandlung von Ed. Schwartz: 
Johannes und Kerinth, Z. f. ntliche Wissensch. 1914, H. 2, S, 210 ff. 
hingewiesen, in welcher der Versuch gemacht wird, die Nach- 
3 richten des Irenäus über Kerinth als Fiktion hinzustellen und 
letzteren sowohl wie den Apostel Johannes in Ephesus aus der 
Geschichte auszumerzen. Bei der großen Bedeutung, die eine 
derartige These für die Beurteilung der Glaubwürdigkeit des 
Irenäus besitzt, werden wir nicht umhin können, diese Aus- 
ο΄ führungen, was den Kerinth anbetrifft, einer eingehenden Kritik 
zu unterziehen. Leider muss dabei längst Bekanntes und Fest- 
— stehendes von neuem sicher gestellt werden. 
== Gehen wir zunächst von der ältesten Erwähnung des Kerinth, 
d.h. von den Mitteilungen des Irenäus aus, so finden wir ihn 
- in dem Ketzerkatalog I, 26, 1 zwischen Karpokrates und den 
᾿ς Ebioniten eingereiht. Hier erscheint Kerinth als genuiner 
Guostiker, dem folgende Sonderlehren zugeschrieben werden: 
41) Die Welt sei nicht von dem höchsten Gott geschaffen, son- 
. dern von einer gewissen Kraft, die von jenem höchsten Wesen 
veit getrennt wäre und letzteres überhaupt nicht kenne. 2) Je- 
sus sei nicht von einer Jungfrau, sondern als Sohn Josephs und 
Marias wie alle übrigen Menschen geboren, habe sich aber vor 
diesen durch Gerechtigkeit und Weisheit ausgezeichnet. 3) Nach 
der Taufe sei von der ὑπὲρ τὰ ὅλα αὐϑεντία, ἃ. h. von der 
über alles erhabenen Gottesmacht resp. von dem ersten Gott 
Christus in Taubengestalt auf Jesus herabgekommen, habe den 
_ unbekannten Vater verkündet und Wunder getan. 4) Am Ende 
sei Christus von Jesus gewichen, daher habe nur Jesus am 
Kreuze gelitten und sei auferstanden, der pneumatische Christus 
sei dagegen vom Leiden unberührt geblieben. 


»* 


404 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Sind diese Angaben richtig, so gehört Kerinth dem älteren 
Stadium der gnostischen Bewegung an, die noch nicht ein um- 
fangreiches Aeonensystem ausgebildet und sich in der Christo- 
logie die ursprüngliche Wertung der Person Jesu zu eigen ge- 
macht hatte. Irenäus stellt ihn za der Gruppe: Karpokrates, 
Ebioniten und Nicolaiten; alle vier verbindet die Ansicht, daß 
Jesus ein natürlicher Sohn des Joseph und der Maria gewesen, 
der bei der Taufe durch eine Kraft von oben ausgerüstet worden 
se. Unter diesem Gesichtspunkt sind die Worte zu deuten 
ο. 26,2: Qui autem dieuntur Ebionaei, consentiunt quidem mun- 
dum a deo factum; ea autem, quae sunt erga dominum [non] 
similiter ut Cerinthus et Carpocrates opinantur. 

In der Lehre von der Weltschöpfung stimmen die Ebioniten 
überein, d. h. nicht mit den vorher genannten Gnostikern, son- 
dern mit der Großkirche, indem sie nämlich als Judenchristen 
in dem Gott des A.T.s den Weltschöpfer erblicken, den gnosti- 
schen Dualismus nicht anerkennen!. Was nun Christus anbe- 
trifft, so sollen sie eine ähnliche Meinung wie Kerinth und Kar- 
pokrates vertreten?, Irenäus gebraucht den Ausdruck ὁμοίως; 
dies trifft aber nicht den wirklichen Tatbestand, denn in Wahr- 
heit ist die Grundanschauung der Ebioniten eine ganz ver- 
schiedene, da sie nur an dem ältesten synoptischen Christus- 
typus festhielten, indem sie in Jesus den Menschen verehrten, 
der bei der Taufe mit dem heiligen Geiste begabt wurde, in- 
folge dessen die übernatürliche Geburt aus der Jungfrau ab- 
lehnten. In den Augen der Großkirche wurden sie durch diese 
Wertung der Person Jesu zu Häretikern, aber sie wurden fälsch- 
lich zu den Gnostikern gestellt, mit denen sie auch in christo- 
logischer Beziehung nicht die geringste Berührung haben, denn 
erst auf ihren Glauben an den mit göttlichem Geiste bei der 
Taufe ausgerüsteten Menschen haben Karpokrates und Kerinth 
die Sonderlehre von dem ἄνω Χριστός und dem Menschen 


1) Richtig umschreibt Pseudo-Tertullian diesen Gedanken: huius 
successor Ebion fuit, Cerintho non in omni parte consentiens, quod 
a deo dicat mundum, non ab angelis factum. 2) Im lat. Text des 
Irenäus steht non similiter; das gibt aber keinen Sinn, daher ver- 
bessern manche non similiter in eonsimiliter. Hippolyt, Elech. 
VII, 34 bietet richtig: τὰ δὲ περὶ τὸν Χριστὸν ὁμοίως τῷ Κηρίνϑῳ 
καὶ ᾿Καρποκράτει αυϑεύουσιν. γε]. Χ, 22, Philastrius c. 37: Hebion 
discipulus Cerinthi in multis ei similiter errans. 


Exkurs I. 405 


Jesus aufgebaut. Wie also die Ebioniten zu Unrecht in den 
gnostischen Ketzerkatalog geraten sind, so verrät die Trennung 
des höchsten Gottes vom Weltschöpfer und die Unterscheidung 
des oberen Christus von dem Menschen Jesus ohne weiteres 
Kerinth als Anhänger der gnostischen Häresie. 

Noch an einer anderen Stelle tut Irenäus der Lehre des 
ο΄ Kerinth Erwähnung, wenn es III, 11, 1 heisst: Hanc fidem an- 
ο΄ muntians Johannes domini diseipulus, volens per evangelii an- 
τ΄ muntiationem auferre eum, qui a Cerintho inseminatus erat 
ἥ hominibus, errorem, et multo prius ab his qui dieuntur Nico- 
laitae, qui sunt vulsio eius, quae falso cognominatur scientiae, 
ut confunderet eos et suaderet, quoniam unus deus qui omnia 
feeit per verbum suum; et non quemadmodum {ΠῚ dicunt, al- 
teram quidem fabricatorem, alium autem patrem domini, et 
alium quidem fabricatoris filium, alterım vero de superioribus 
Christum, quem et impassibilem perseverasse, descendentem in 
Jesum filium fabricatoris, et iterum revolasse in saum Pleroma, 
et initiam quidem esse Monogenem, Logon autem verum filium 
unigeniti; et eam conditionem quae est secundum nos, non 8 
primo deo factam, sed a virtute aliqua valde deorsum subiecta 
et abseissa ab eorum communicatione, quae sunt invisibilia et 
innominabilia.“ Hilgenfeld, Ketzergeschichte des Urchristen- 
tums, 5, 412 hat in diesem Berichte eine Ergänzung zu den 
Mitteilungen des Iren. I, 26, 1 erblickt und auf Grund dessen 
dem Kerinth ein System der ausgebildeten Gnosis beigelegt. 
Nun wendet sich Irenäus aber garnicht direkt gegen Kerinth, 
sondern behauptet nur, daß das Evangelium des Johannes gegen 
den von Kerinth verbreiteten Irrtum und gegen die Nicolaiten, 
die ein ἀπόσπασμα τῆς ψευδωνύμου γνώσεως gewesen, gerichtet 
sei. Würden wir dies wörtlich nehmen, so hätte das Evangelium 
auch die Bekämpfung der Nicolaiten im Auge, die noch vor Ke- 
ος zinth ihr Unwesen getrieben haben, da ja ihr Gründer Nicolaus 

zu den von den Aposteln ordinierten sieben Diakonen gehört 
haben soll (adv. haer. I, 26, 3; vgl. Act. 6, 5). Aber die chrono- 
- logische Fixierung der Nicolaiten multo prius hat zur Voraus- 
- setzung die verschiedene Abfassungsbestimmung der beiden 
᾿ς Sehriften des Johannes, denn bekämpft sind sie nach den An- 
gaben des Irenäus I, 26, 3 in der Apokalypse. Diese aber ist 
wiederum nach Iren. V, 30,3 am Ende der Regierungszeit des 


ΝΟΥ ΤΥ AS — 


406 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Domitian verfaßt, dagegen das Evangelium, zu dessen Abfassung 
Johannes durch die Ketzerei des Kerinth bewogen sein soll, erst 
nach des Johannes Rückkehr aus Patmos in Ephesus, woselbst 
er bis in die Regierungszeit Trajans gelebt haben soll (adv. 
haer. II, 22, 5; III, 3, 4). Von hier aus haben wir also das 
multo prius zu werten. Um nun die Nicolaiten mit Kerinth 
auf eine Linie zu stellen, muß Irenäus diese zu den Gnostikern 
rechnen, obwohl die Bekämpfung von seiten des Apokalyptikers 
Johannes sich, wie Irenäus richtig bemerkt, nur auf ihre Laster- 
haftigkeiten bezog (Apoe. 2, 14. 15). Im eigentlichen Sinne ge- 
hören sie ebenso wenig wie die Ebioniten in einen gnostischen 
Ketzerkatalog, sondern höchstens in einen allgemeinen Ketzer- 
katalog. Dem gnostischen Dualismus haben sie und die Ebioniten 
keineswegs gehuldigt, deshalb kann auck Johannes auf sie nicht 
gemünzt haben sein Evangelium, quoniam unus deus, qui omnia 
feeit per verbum suum, im Gegensatz zu ihren angeblichen Lehren 
von dem Demiurgen und dem höchsten Gotte, von dem passi- 
bilis Jesus und dem impassibilis Christus. Die Bemerkung quem- 
admodum illi dieunt kann daher überhaupt nicht ausschließlich 
auf die beiden vorher genannten Gruppen der Kerinthianer und 
Nieolaiten bezogen werden, sondern der Blick ist, wie schon 
das Wort ψευδώνυμος γνῶσις zeigt, auf die ganze Erscheinung 
gerichtet, in erster Linie wohl auf die Valentinianer, deren Be- 
kämpfung Irenäus sich zum Ziel gesteckt hat. So erweitert sich 
auch der Gedanke, daß Johannes sein Evangelium behufs Wider- 
legung des Kerinth und der Nieolaiten verfaßt, zu dem umfas- 
senden Gedanken, daß das Evangelium die beste Waffe zur 
Widerlegung aller gnostischen Phantasien über Gott und Christus 
biete. Infolge dessen marschieren adv. haer. ΠῚ, 11,2 bei der 


Erörterung der Weltschöpfung Mareion, die Gnostiei und Va- 


lentinianer auf, ebenso bei der Lehre von Christus dieselben 
Gruppen mit ihren verschiedenen Doctrinen, wenn es c. 11,3 heißt: 
„Secundum autem illos neque verbum caro factum est neque 
— neque qui ex omnibus factus est, salvator. Etenim 
verbum et Christum nee advenisse in hune mundum volunt; 
salvatorem vero non incarnatum neque passum; descendisse 
autem quasi columbam in eum Jesum, qui faetus esset ex dis- 
positione, et cum annuntiasset incognitum patrem, iterum ascen- 
disse in Pleroma. Incarnatum autem et passum quidam quidem 


407 


eum qui ex dispositione sit, dieunt Jesum, quem per Mariam 
dieunt pertransisse quasi aquam per tubum: alii vero demiurgi 
_filium!, in quem descendisse eum Jesum qui ex dispositione sit: 
‚alii rursum Jesum quidem ex Joseph et Mariam natum dieunt et 
in hune descendisse Christum, qui de superioribus sit, sine carne 

et impassibilem exsistentem“. Da gibt uns Irenäus eine kurze Zu- 
sammenstellung ? der verschiedenen gnostischen Thesen über Jesus- 
Christus, wie wir sie im ersten Buche dieses Werkes lesen, 
nämlich 1,7,2 (Valentinianer); 15,3 (Marcus); 25,1 (Karpokrates); 
: 26, 1 (Kerinth), 30, 13 (Opbiten). Daraus erhellt, daß die Be- 
Ἶ merkungen des Irenäus III, 11,1 für die gnostischen Lehren 
des Kerinth ausscheiden; die Gedanken über Monogenes, Logos, 
; Soter, Pleroma sind auf einem andern Boden gewachsen. 

Im übrigen gibt das Werk des Irenäus keine weitere Aus- 
beute, abgesehen von der Notiz über das Zusammentreffen des 
Apostels Johannes mit dem Häretiker in einem Badehause zu 
Ephesus (adv. haer. Ill, 3, 4), 'eine Geschichte, die die Gewährs- 
männer des Irenäus aus dem Munde des Polykarp vernommen 
haben wollen. Damit ist er in den Augen des Irenäus wenigstens 
ein Zeitgenosse, wahrscheinlich ein jüngerer Zeitgenosse des 
Apostels gewesen, und hat seine Wirksamkeit in Kleinasien 
ausgeübt. 

0 Niehts Neues erfahren wir über Kerinth bei Hippolyt, der 

in seinem Elenchos VII, 33 ihn ganz im Anschluß an Irenäus 
- schildert, wo er ihn auch in derselben Reihenfolge: Karpokrates, 
ecrinth, Ebioniten behandelt. Wir besitzen auf diese Weise 
den griechischen Text des Irenäischen Originalwerkes, nur an 
Stelle des Irenäischen ἐν ᾿Ασίᾳ, bietet er die singuläre Notiz 
αὐτὸς Αἰγυπτίων παιδείᾳ ἀσχηϑείς, während es in der Epitome 
X, ꝛi heißt: ὁ ἐν τῇ Αἰγύπτῳ ἀσχηϑεῖίς. Beides besagt im 


ο΄ ἢ Vgl. die gleichen Zusammenstellungen adv. haer. III, 16, 1: 

 Quoniam autem sunt qui dicunt, Iesum quidem receptaculum Christi 
 fuisse, in quem desuper quasi columbam descendisse Christum, et 
cum indicasset innominabilem patrem incomprehensibiliter et invisi- 
-biliter intrasse in Pleroma: ..... et esse quidem filium lesum, 
_ patrem vero Christum et Christi patrem deum: alii vero putative eum 
_ passum naturaliter impassibilem exsistentem; qui autem a Valentino 
 sunt, Iesum quidem qui sit ex dispositione, ipsum esse qui per Ma- 
riam transierit, in quem illum de superiori Salvatorem descendisse, 
quem et Christum dicı etc. 


408 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Grunde nicht dasselbe, denn nach der letzteren Angabe müßte 
man annehmen, daß Kerinth seine Erziehung in Ägypten selbst 
genossen habe, nach der ersteren, daß er in der Weisheit der 
Ägypter unterrichtet gewesen sei, damit stimmt auch der Satz in 
der Inhaltsangabe zu Buch VIl überein: ὅτε Κήρενϑος μηδὲν dx 
γραφῶν, ἀλλ᾽ ἐκ τῶν Αἰγυπτίοις δοξάντων δόξαν συνεστήσατο ". 
Diese Notiz atmet ganz den Geist des Hippolyt, der in seiner Schrift 
den Nachweis führen will, daß die Häupter der gnostischen Häresie 
ihre Lehren der hellenischen Philosophie entnommen haben. 
Dabei spielt auch die Weisheit der Ägypter eine große Rolle ?, 
aus der angeblich Pythagoras und Plato geschöpft haben sollen, 
Worin in deni Gedankensystem des Kerinth die ägyptische 
Weisheit zu suchen ist, wird nicht weiter begründet. Deshalb 
kann Hippolyt seine Angabe nicht aus irgend einer Quelle be- 
zogen haben, sie ist vielmehr sein eigenes Fündlein, Infolge 
dessen ist auch bei Hippolyt das unzweifelhaft echte ἐν Aoig 
der Vorlage unterdrückt®. Jedenfalls kennt Hippolyt nur einen 
Gnostiker Kerinth, und wir können annehmen, daß in dem 
seinem Elenchos voraufgegangenen Syntagma diese Darstellung 
keine Abweichung gezeigt hat. 

Das wird bestätigt durch die Angaben des Pseudotertullian, 
die adv. omn. haer. 10 also lauten: post hune (86, Carpocratem) Ce- 
rinthus haeretieus erupit, similia docens. Nam et ipse mundum 
institutum esse ab angelis dieit. Christum ex semine Joseph natum 
proponit, hominem illum tantummodo sine divinitate eontendens, 
ipsam quoque legem ab angelis datam perhibens, Judaeorum deum 
non dominum, sed angelum promens(?). Ohne auf dieQuellenfragen 
hier weiter eingehen zu wollen, so steht so viel fest, daß der 
Verfasser mehr eine Paraphrase liefert als eine vollständige 
Darstellung, denn in den Mitteilungen über die Christologie 
vermißt man gerade die Hauptsache, durch die der gnostische 
Charakter hervortritt. Was jetzt vorliegt, könnte auch als 
Meinung der Ebioniten gelten. Andererseits fügt Ps.-Tertullian 
eine Notiz über die Stellung zum Gesetz hinzu, daß nämlich 


1) Vgl. Elench. VII, 27: ταῦτα μὲν οὖν ἐστιν ἃ Βασιλείδης μυ- 
ϑεύει σχολάσας κατὰ τὴν “ϊἴγυπτον, καὶ παρ᾽ αὐτῶν τὴν τοσαύτην 
σοφίαν διδαγϑεὶς ἐκαρποφύρησε τοιούτους καρπούς, 2) Vgl. Elench, 
IV, 44, 85 VI, 21, 8; IX, 27, 8. 3) Fälschlich hat Harvey für den 
Text des Irenäus auf Grund des Hippolyt „in Aegypto“ vorgeschlagen, 


dieses von Engeln gegeben; da er gleich darauf bemerkt, daß der 
Gott der Juden nicht der χύριος, sondern ein Engel sei, soll 
damit wohl gesagt sein, daß eben dieser Judengott mit dem 
gesetzgebenden Engel identisch sei!. Diese Notiz braucht gar- 
nicht in der benutzten Quelle gestanden zu haben, da die An- 
sicht eine Konsequenz aus der Haltung zum Weltschöpfer ist, 
also leicht erschlossen werden konnte. Man erkennt diese selb- 
ständige Haltung des Verfassers ebenfalls aus dem Referate 
über Ebion, den er in Übereinstimmung mit Irenäus und Hip- 
polyt dem Kerinth folgen läßt: Huis suecessor Ebion fuit, Ce- 
rintho non in omni parte consentiens?, quod a deo dieat mun- 
dum, non ab angelis factum, et quia seriptum sit, Nemo dis- 
eipulus super magistram, nec servus super dominum, legem 
etiam proponit, seilicet ad exeludendum evangelium et vindi- 
candum Judaismum. Und was für uns die Hauptsache: Auch 
Ps.-Tertullian weiß nichts von einem Judaisten Kerinth, stellt 
er ihn doch sogar im Gegensatz zum Ebion. 

Betrachten wir im Anschluß daran die Mitteilungen des 
Theodoret, haeret. fab. II, 3, so folgt auch er den Bahnen des 
Irenäus und des Hippolyt, doch schließt er sich näher an letzteren 
an, indem er als einziger Zeuge für den Aufenthalt des Kerintlh 
in Ägypten auftritt und damit seine Quelle deutlich verrät. Er 
schreibt: Οὗτος ἐν Αἰγύπτῳ πλεῖστον διατρίψας χρόνον καὶ 
τὰς φιλοσόφους παιδευϑεὶς ἐπιστήμας, ὕστερον εἰς τὴν ᾿Ασίαν 
ἀφίχετο. Da haben wir die beiden Notizen des Hippolyt ver- 
einigt, einmal daß Kerinth in Ägypten geweilt und zweitens 
daß er sich mit ägyptischer Weisheit vertraut gemacht. Um nicht 
seine Vorlage zu verraten, hat Theodoret das Ganze stilisiert. Aber 
da zu seiner Zeit der kleinasiatische Aufenthalt des Kerinth all- 
gemein verbreitet war, läßt er ihn später nach Asien auswandern, 
An diesen Gnostiker Kerinth reiht Theodoret ganz unvermittelt 


- ἄρῃ Chiliasten Kerinth. Woher er diesen bezogen hat, verrät 


2 er selbst durch den Hinweis auf Cajus und Dionysius v. Alexan- 
ο΄ drien. Er hat nämlich Euseb. Ill, 28 ausgeschrieben, wie auch 


1) Vgl. bei Basilides e. 4: In ultimis quidem angelis et qui 
hunc fecerunt mundum, novissimum ponit Judaeorum deum, id est 
deum legis et prophetarum, quem deum negat, sed angelum dieit. 

2) Ps.-Tert. konfrontiert nicht wie Irenäus und Hippolyt den 
Ebion mit Kerinth und Karpokrates, sondern nur mit Kerinth, 


410 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostoloram. 


die Notiz über das Zusammentreffen des Johannes mit Kerinth 
im Badehause zu Ephesus zeigt. 

Ein ganz anderes Bild erhalten wir durch den Bericht des 
* ἀν as h. 28, Freilich charakterisiert er den Kerinth in «1 

bereinstimmung mit Irenäus! und Hippolyt als einen in 
Asien wirkenden Gnostiker, aber bereits hebt er bei der Gegen- 
überstellung mit seinem Vorgänger Karpokrates den Judaismus 
ἀπὸ μέρους des Kerinth hervor, der darin bestehen soll, daß 
nach Kerinth das Gesetz und die Propheten von den Engeln 
gegeben sei und daß einer der gesetzgebenden Engel der 
Weltschöpfer gewesen sei. Wie bei dieser Lehre Epiphanius 
Judaismus wittern kann, bleibt ein Geheimnis. Den wirklichen 
Judaisten stellt Epiphanius von ec. 2 an sehr ausführlich dar. Da 
erscheint Kerinth als Zeitgenosse der Urapostel; er gehört zu 
der Gruppe der zelotischen Judenchristen in Palästina, die in 
Acta 15, 24 als diejenigen gezeichnet sind, die in Antiochien die 
Heidenchristen beunruhigten (c. 2). Er soll ferner einer der 
Widersacher des Petrus gewesen sein, als dieser das Haus des 
Cornelius betreten und mit Unbeschnittenen zu Tisch gesessen 
hatte (c. 2 vgl. Act. 11, 2ff.); auch soll er sich unter denen 
befunden haben, die wegen des Titus den Paulus der Verun- 
reinigung des heiligen Tempels beschuldigten (ce. 4; vgl. Act. 
21, 28). Nach e. 5 benutzen die Anhänger des Kerinth ein 
verstümmeltes Matthäusevangelium, fordern die Beschneidung 
mit Berufung auf die Beschneidung Christi und verwerfen die 
paulinischen Briefe. Dazu leugnen nach ce. 6 Kerinth und dessen 
Anhänger die Auferstehung Christi, obwohl sie ihn leiden und 
gekreuzigt sein lassen, vielmehr verlegen sie seine Auferstehung 
auf die allgemeine Auferstehung der Toten. Gegen ihn habe 
Paulus seine Polemik in 1, Kor. 15 gerichtet. 

Unbedingt liegt hier, wie man zugeben muß, eine zwie- 
spältige Überlieferung vor. Der Gnostiker wie der Judaist und 
der Pseudapostel können unmöglich ein und dieselbe Persönlich- 
keit gewesen sein, wenn auch Epiphanius diese beiden Gestalten 
durch die Notiz in 6. 2,6 zu verklammern sucht: ἐποίησε δὲ 


1) M. E. hat Epiph. direkt aus Irenäus geschöpft, nicht durch 
Vermittlung Hippolyts, wie Ed. Schwartz annimmt. Er hätte sich 
die Notiz des Hippolyt über die Beeinflussung durch die — 
Weisheit wohl kaum entgehen lassen, F 


Exkurs I. 411 


τοῦτο Κήρινϑος πρὶν ἢ ἐν τῇ ᾿Ασίᾳ κηρῦξαι τὸ αὐτοῦ κήρυγμα 
᾿ χαὶ ἐμπεσεῖν εἰς τὸ περισσότερον τῆς αὐτοῦ ἀπωλείας βάραϑρον. 
διὰ γὰρ τὸ εἶναι αὐτὸν ἐμπερίτομον, δῆϑεν ἀντιδικίας ἕνεχα 
τῶν ἐν ἀχροβυστίᾳ πιστῶν διὰ τῆς περιτομῆς τὴν πρόφασιν 
ἐθηράσατο. Darnach hätte sich der Galiläer und Judaist Kerinth 
infolge seiner Übersiedelung nach Kleinasien in einen doketi- 
schen Gnostiker verwandelt, andererseits heißt es in e. 1,4: 
ἐγένετο δὲ οὗτος ὁ Κήρινϑος ἐν τῇ ᾿Ασίᾳ διατρίβων κἀκεῖσε τοῦ 
κηρύγματος τὴν ἀρχὴν πεποιημένος. Das alles ist doch kaum 
unter einen Hut zu bringen. 

Woher hat nun Epiphanius diese seine Sondernachrichten, 
die unter allen Ketzerbestreitern nur Philastrius e. 36 unterstützt? 
Dieser Frage ist Ed. Schwartz in seinem oben erwähnten Auf- 
satze nachgegangen. Er betont, mit Epiphanius Bericht stimme 
in der Sache, nicht im Wortlaut Philastrius überein, so daß di- 
rekte Abhängigkeit ausgeschlossen erscheine, Welches diese 
‚gemeinsame (Quelle sein soll, wird leider nicht verraten, aber 
man kann vermuten, daß er die von Lipsius, zur Quellenkritik 
des Epiphanius (1865) begründete These im Auge hat, daß Epi- 
phanius und Philastrius nebst Psendo-Tertullian auf eine gemein- 
same Grundschrift, d. h. auf das σύνταγμα πρὸς ἁπάσας τὰς 
αἱρέσεις des Hippolyt und letzlich auf das σύνταγμα κατὰ 
πασῶν τῶν γεγενημένων αἱρέσεων des Justin zurückgehen. 

Wir wollen zunächst auf diese verwickelten quellenkritischen 
Fragen verzichten und uns vorerst einmal bei Epiphanius selbst 
orientieren. Vielleicht gelingt es, von hier aus die Lösung des 
Rätsels zu finden. Da lesen wir nach der Darstellung der Häresie 
in 0.8 den Schlußpassus: Καλοῦνται δὲ πάλιν οὗτοι Μηριν- 
ϑιανοΐ, ὡς ἡ ἐλϑοῦσα εἰς ἡμᾶς φάσις περιέχει. εἴτε γὰρ 
ὁ αὐτὸς Κήρινϑος Μήρινϑος πάλιν ἐχαλεῖτο, οὐ πάνυ τι σαφῶς 
περὶ τούτου ἴσμεν, εἴτε ἄλλος τις ἦν “Μήρινϑος ὀνόματι συνερ- 


ο΄ γὸς τούτου, ϑεῷ ἔγνωσται. ἤδη γὰρ εἴπαμεν ὅ ὅτι οὐ μόνον αὐτὸς 
“ἐν Ἱεροσολύμοις πολλάχις ἀντέστη τοῖς ἀποστόλοις, ἀλλὰ καὶ 
ὟΝ οἱ σὺν αὐτῷ καὶ ἐν τῇ Asie. Πλὴν ἤτοι αὐτὸς εἴη ἢ ἢ καὶ ἄλλος 


σὺν αὐτῷ συνεργὸς τὰ ὅμοια αὐτῷ φρονῶν καὶ συμπράττων 
᾿ εἰς τὰ ἴσα, οὐδὲν διαφέρει. ἡ γὰρ πᾶσα αὐτῶν καχοτροπία τῆς 
διδασχαλίας τοῦτον ἔχει τὸν χαραχτῆρα, Κηρινϑιανοὶ δὲ ὁμοῦ 
καὶ Μηρινϑιανοὶ οὗτοι καλοῦνται. In diesen Worten haben 
wir den Epiphanius, wie er leibt und lebt, vor uns. Aus irgend 


419 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


welcher Überlieferung hat er von einem gewissen Merinth ge- 
hört, der als Judaist und Gegner der Urapostel geschildert war, 
dessen Anhänger auch in Asien gewirkt haben sollen. Da er in 
seinen ihm sonst zu Gebote stehenden Ketzerkatalogen dessen Na- 
men nicht gefunden hat, hat er diesen legendarischen Merinth mit 
Kerinth wegen der Namensähnlichkeit in Verbindung gebracht, 
salviert sich aber selbst, soweit es geht, für diesen Einfall. Da- 
durch wächst der Verdacht, daß Epiphanius dem historischen 
Kerinth in Asien alles das aufgebürdet hat, was ihm eine trübe 


Überlieferung über Merinth zugetragen hatte. Daß Epiphanius 


in der Tat mit persönlichen Mitteilungen operiert, zeigen die 
Worte in e.6,4: ἐν ταύτῃ γὰρ τῇ πατρίδι, φημὶ δὲ ᾿Ασίᾳ, 
ἀλλὰ καὶ ἐν τῇ Γαλατίᾳ, πάνυ ἤχμασε τὸ τούτων διδασχαλεῖον, 
ἐν οἷς καί τι παραδόσεως πρᾶγμα ἦλϑεν εἰς ἡμᾶς, ὡς 
τινῶν μὲν παρ᾽ αὐτοῖς προφϑανόντων τελευτῆσαι ἄνευ βαπτίσ- 
ματος, ἄλλους δὲ ἀντ᾽ αὐτῶν εἰς ὄνομα ἐκείνων βαπτίζεσϑαι, 
ὑπὲρ τοῦ μὴ ἐν τῇ ἀναστάσει ἀναστάντας αὐτοὺς dien» δοῦναι 
τιμωρίας βάπτισμα μὴ εἰληφότας, γίνεσθαι δὲ ὑποχειρίους τῆς 
τοῦ χοσμοποιοῦ ἐξουσίας. καὶ τούτου ἕνεκα ἡ παράδοσις ἣ 
ἐλϑοῦσα εἰς ἡμᾶς φησι τὸν αὐτὸν ἅγιον ἀπόστολον εἰρη- 
κέναι »el ὅλως νεχροὶ οὐχ ἐγείρονται, τί καὶ βαπτίζονται ὑπὲρ 
αὐτῶν: Danach befanden sich Anhänger der Sekte nicht allein 
in der Provinz Asia, sondern auch in Galatien; bei einigen von 
ihnen soll die stellvertretende Taufe für Verstorbene geübt sein 
mit der Begründung, daß die Ungetauften der Gewalt des Welt- 
schöpfers, d. h. des Demiurgen unterliegen; ein Teil von ihnen 
soll ferner nur das Leiden und Sterben Christi anerkannt haben, 
aber eine Auferstehung erst bei der allgemeinen Auferstehung 
erwarten, während andere eine Auferstehung der Toten über- 
haupt leugnen (e. 6, 6). Letztere Ansicht ist echt gnostisch, 
erstere könnte man nur wie bei dem echten Kerinth ὁ. 1,7 so 
deuten, daß der ψελὸς ἄνϑρωπος Jesus gelitten und gestorben 
und dieser bei der allgemeinen Auferstehung auferweckt werde, 
dagegen der obere Christus leidenslos sei, sich beim Tode von 
Jesus trenne, daher auch nicht auferstehen könne?. Die An- 


1) Die Taufe für Verstorbene finden wir bei den Mareioniten, 
vgl. Tertullian, adv. Mare. V, 10, de resurr. carn. 48. 2) Nach der 
Darstellung in c. 1, 7 hat Jesus gelitten und ist bereits auferstanden. 


Bee Exkurs L 413 


nahme, daß diese Sekte noch zu Epiphanius Zeiten in Galatien 
resp. Asien verbreitet war, legen die Worte nicht nahe; die 


παράδοσις scheint schon auf eine frühere Zeit zurückzugehen. 


Um so mehr konnte Epiphanius verleitet werden, Kerinth und 
Merinth mit einander zu konfundieren. Dabei hat er unleugbar 
in gutem Glauben gehandelt!. Ob die φάσις, auf die er sich 
beruft, eine mündliche war oder, wie Zahn, Acta Joh. p. LXII 
behauptet, einen schriftlichen Bericht voraussetzt, der den Namen 
Merinth darbot, läßt sich nicht mit Bestimmtheit entscheiden, 
hat auch für die Sache selbst keine Bedeutung. Jedenfalls dies 
ist über jeden Zweifel erhaben, Epiphanius hat in keinem ketzer- 
bestreitenden Werke den Namen des Merinth vorgefunden. Die 
Κηρινϑιανοὶ ἢ Μηρινϑιανοί sind vielmehr seine Spezialität und 
deshalb auch auf ihn beschränkt geblieben. Und Epiphanius 
hat sich auf sein Fündlein viel zu gute getan; überall taucht 
neben Kerinth als ein Doppelgänger der schattenhafte Merinth 
auf. Nicht nur im Ketzerkatalog des Ancoratus c. 13 erscheinen 
die Κηρενϑιανοὶ οἱ καὶ Μηρινϑιανοί, sondern sie bilden auch 
sonst ein unzertrennbares Paar. Die früher noch geäußerten 
Zweifel über die Identität beider sind geschwunden; Epiphanius 
ist scheinbar stolz darauf, die Ketzernamen um einen neuen ver- 
mehrt zu haben. So paradiert denn Merinth neben Basilides, 
Satornilus, Ebion und Kerinth, indem er zeitlich mit Kerinth 
und Ebion zusammengestellt wird (h. 31, 2, 1); nach h. 31,6, 7 
benutzen mit den Ebioniten die χατὰ Κήρενϑον καὶ Μήρινϑον 
das Ev. Matth., das sie das εὐαγγέλεον χαϑ᾽ Ἑβραίους nennen. 
In h. 51, 6 erscheint Merinth neben Kerinth, Ebion, Kleobius 
resp. Kleobulus, Claudius, Demas, Hermogenes unter den Gegnern, 
die von Johannes und seiner Umgebung, darunter namentlich 
von Leucins wegen ihrer Bestreitung der übernatürlichen Geburt 
Christi bekämpft werden, und gleich danach e. 7 wird behauptet, 
daß die Worte im Prolog des Luce, 1,1 ἐπειδήπερ πολλοὶ ἐπε- 
χείρησαν auf die περὶ Κήρινϑον καὶ Μήρινϑον χαὶ τοὺς ἄλλους 
abzielen. Und noch einmal finden wir die Zusammenstellung 


von Ebioniten, Kerinthianer und Merinthianer in h. 69, 23 


1) Rendel Harris, Hermas in Arcadia and other essays, Cambr. 


1896, S. 52 sieht fälschlich in Μήρινϑος (= a noose) einen Scherz 


des Hippolyt, auf den Epiphanius hineingefallen sei. 


414 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


(Arius), wo sie ebenfalls unter den von Johannes in seinem 
Evangelium bekämpften Gegnern aufgeführt werden. Was diese 
drei Gruppen umklammert, ist ihre Lehre von Jesus dem ψελὸς 
ἄνϑρωπος. Und nicht nur’in materieller und ehronologischer 
Hinsicht wird ihre Zusammengehörigkeit betont, sondern auch 
geographisch ist die Wirksamkeit die gleiche. Das macht stutzig, 
da weder Irenäus noch Hippolyt von einer Tätigkeit des Ebion 
in Asien etwas zu berichten wissen. Bei Epiphanius erscheint 
Ebion geradezu als Doppelgänger des Kerinth, obwohl er weiß, 
daß die ebionitische Sekte ihre Heimat im Ostjordanlande hat 
(h. 30, 2, 7; 18, 1; 29, 7,7; 40, 1,5). Immer wiederholt er die 
Behauptung, daß Ebion ebenfalls in Asien gewirkt und daß das 
Johannesevangelium auch speziell ihn neben Kerinth bekämpfe 
(h. 30, 18,1; 51, 6, 9; 69, 23). Daß hier eine Erweiterung des von 
Iren. adv. haer. Ill, 11, 1 betreffs des Kerinth und der Nicolaiten 
Überlieferten vorliegt, bedarf keines Beweises. Dieses quid pro 
quo wird noch evidenter durch die Tatsache, daß Epiphanius die 
Geschichte von dem persönlichen Zusammentreffen des Johannes 
mit Kerinth im Badehause zu Ephesus, wie sie uns Iren. adv. 
haer. III, 3, 4 überliefert, für Ebion verwendet und mit lebhaften 
Farben romantisch ausschmückt (h. 30, 24)'!, während er sie bei 
Kerinth ganz unter den Tisch fallen läßt. Selbst Epiphanius 
wird wegen der chronologischen Schwierigkeiten einen Augen- 
blick nachdenklich, wenn er schreibt (ἢ. 30, 24, 6. 7): καὶ μηδεὶς 
ϑαυμαζέτω ἐπὶ τῷ ἀχοῦσαι Ἐβίωνα ᾿Ιωάννῃ συντετυχηκέναι. 
πολυχρόνιος γὰρ καταμείνας τῷ βίῳ ὁ μαχάριος Ἰωάννης 
διήρκεσεν ἄχρι τῆς τοῦ Τραϊανοῦ βασιλείας. πάντες δὲ οἵ 
. ἀπόστολοι ὅτι ἀπαλλοτριοῦσι τὴν τοῦ Ἐβίωνος πίστιν καὶ 
ἀλλοτρίαν ἡγήσαντο τοῦ αὐτῶν κηρύγματος τοῦ χαρακτῆρος, 
παντί τῷ δῆλον. Mag nun bei der Badegeschichte das Gedächt- 
nis dem Epiphanius einen bösen Streich gespielt haben, so muß 
doch die beharrliche Verknüpfung des Ebion mit den Gegnern des 
Johannes auf irgend eine Überlieferung zurückgehen. Diese Über- 
lieferung finden wir schriftlich fixiert in der lateinischen historia 
ecclesiastica, die Corssen, Monarehianische Prologe zu den vier 


1) Hier liegt unbedingt ein Machwerk des Epiph. vor. Die 
Geschichte selbst wird er nicht aus Irenäus, sondern aus Euseb. 
h. e. III, 28, 6; IV, 14, 6 geschöpft haben. ERS 


Exkurs I. 415 


- Evangelien $. 78 ff. (TU. 15, 1), mit großem Scharfsinn rekon- 
 struiert hat: Interfecto autem Domitiano cum resolutus exilio 
Ephesum redisset et iam tune haereticorum semina pullulassent, 
Cerinthi, Ebionis et ceterorum, qui negant Christum ante Ma- 
ο΄ χίαπι fuisse etc. Ich habe schon früher! die Vermutung ausge- 
sprochen, daß dem Epiphanius ein ähnliches Proömium zum Ev. 
Joh. resp. eine παράδοσις ἐχκλησιαστική in griechischer Sprache 
vorgelegen habe; in dieser Vermutung werde ich noch in der 
Angabe des hohen Lebensalters des Johannes bis in die Zeit des 
Trajan bestärkt, da wir dieselbe Angabe auch in der historia 
finden: Hie eum usque ad tempora Traiani vixerit ete,, wenn 
. auch Epiphanius diese Notiz aus Iren. adv. haer. II, 22, 5; III, 
F 3, 4 oder besser aus Euseb. ἢ. e. Ill, 23, 3 bezogen haben könnte, 
Auf alle Fälle hat Kerinth bei Epiphanius den Ebion nach Asien 
gezogen und mit dem Apostel Johannes in Verbindung gebracht. 
Dann aber taucht die Frage auf, ob nicht dieser Judenchrist Ebion 
auf den gnostischen Kerinth abgefärbt hat, vor allem ob nicht 
hinter dem geheimnisvollen Merinth ein Ableger der ebionitischen 
Sekte steckt. 

Lassen wir vorerst die eigentümlichen Nachrichten über die 
digehlichen i in der Apostelgeschiehte berichteten Zusammenstöfe 
mit den Aposteln beiseite (h. 28,2—4), so tritt uns in e, 5 als erstes 
Merkmal der Gebrauch des Matthäusevangeliums entgegen, doch 
ei dieses ein unvollständiges. Das ist dasselbe Evangelium, von 
Br dem Epiphanius h. 30, 13, 2 bei den Ebioniten berichtet: ἐν τῷ 

m παρ᾽ αὐτοῖς εὐαγγελίῳ χατὰ Ματϑαῖον ὀνομαζομένῳ, οὐχ 


Ε΄ de πληρεστάτῳ, ἀλλὰ νενοϑευμένῳ καὶ ἠχρωτηριασμένῳ 
ο΄ (βραϊχὸν δὲ τοῦτο καλοῦσι») und vorher c. 8, 1: καὶ δέχονται 
ο΄ μὲν καὶ αὐτοὶ τὸ χατὰ Ματϑαῖον εὐαγγέλιον. τούτῳ γὰρ καὶ 
ο΄ αὐτοί, oc καὶ οἱ κατὰ Κήρινϑον χαὶ Μήρινϑον χρῶνται 
ο΄ μόνῳ καλοῦσι δὲ αὐτὸ κατὰ Ἑβραίους. Ausdrücklich bemerkt 
᾿ ἀνῇ 6. 14, 2: ὁ μὲν γὰρ Κήρινϑος καὶ Καρποκρᾶς, τῷ 
αὐτῷ χρώμενοι δῆϑεν παρ᾽ αὐτοῖς εὐαγγελίῳ (κατὰ Ματϑαῖον 
λεγομένῳ), ἀπὸ τῆς ἀρχῆς τοῦ χατὰ Ματϑαῖον εὐαγγελίου διὰ 
᾿ τῆς γενεαλογίας βούλονται παριστᾶν ἐκ σπέρματος ᾿Ιωσὴφ καὶ 
— εἶναι τὸν Χριστόν, Und beruft sich der angebliche 


1) 8. meine Petrusakten TU. N. F.IX,1,8.38. 2) Vgl. bei 
den Nazoräern h. 29, 9, 4: ἔχουσι δὲ τὸ κατὰ Mardaiov εὐαγγέλιον 


᾿ πληρέστατον Εβραϊστί, παρ᾽ αὐτοῖς γὰρ σαφῶς τοῦτο, καϑὼς ἐξ ἀρχῆς 


416 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Kerinth resp. Merinth auf das Zeugnis des Matth. 10, 25 für 
das Festhalten an der Beschneidung ἢ, so finden wir dieselbe 
Argumentation wörtlich bei den Ebioniten? Und zuletzt die 
Feindschaft des Kerinth-Merinth gegen Paulus (h. 29, 5, 3) ent- 
spricht der allgemeinen Haltung der Judenchristen (ἢ, 30, 25, 1). 
Diese Feindschaft gegen Paulus wird speziell mit seiner Ver- 
werfung der Beschneidung begründet. Das ist jenes Juden- 
ehristentum, welches, um die Prärogative des jüdischen Volkes 
geltend zu machen, auf dieses Bundeszeichen nach wie vor stolz 
war (h. 29, 7,5; 30, 26, 1f.) und von der Beobachtung des Ge- 
setzes das Heil abhängig machte. Nur in einem Punkte liefert 
uns Epiphanius eine Besonderheit, d.i. in bezug auf die Aufer- 
stehung Christi, die, wie erwähnt, erst bei der allgemeinen 
Auferstehung erfolgen soll; aber diese Auffassung liegt ganz 
auf der Linie der judenechristlichen Schätzung der Person Jesu 
als eines φιλὸς ἄνϑρωπος. Jesus hat als Mensch nichts vor 
andern Menschen voraus, mit dem Tode geht er in die Scheol 
ein und wartet mit den Frommen auf den Tag des Weltge- 
richtes. 

So komme ich zu dem Schlusse, daß in der von Epiphanius 
h. 29, 2—7 gegebenen Darstellung des Kerinth-Merinth ein Ab- 
leger des uns bekannten Judenchristentums vorliegt. Daß juden- 
christliche Strömungen in Asien und Galatien noch im dritten 
und vierten Jahrhundert vorhanden gewesen sind, wird man 


ἐγράφη, ᾿Ἑβραϊκοῖς γράμμασιν ἔτι σῴζεται. οὐκ οἶδα δὲ εἰ καὶ τὰς 
γενεαλογίας τὰς ἀπὸ τυῦ Adgaau ἄχρι Χριστοῦ περιεῖλον, 

1) Vgl. h. 28,5, 1.2: ἀπὸ τοῦ εὐαγγελίου πάλιν λέγοντες ὅτι 
»ἀρκετὸν τῷ μαϑητῇ ἵνα γένηται ὡς ὃ διδάσκαλοςε. τί οὖν, φησί; 
περιετμήϑη ὁ ᾿Ιησοῦς, περιτμήϑητι καὶ αὐτός. Χριστὸς χατὰ νόμον, 
φησίν, ἐπολιτεύσατο, καὶ αὐτὸς τὰ ἴσα ποίησον. ὅϑεν καί τινες ἐκ 
"τούτων ὡς ὑπὸ δηλητηρίων ὑφαρπαχϑέντες πείϑονται ταῖς πιϑανο- 
λογίαις διὰ τὸ τὸν Χριστὸν περιτετμῆσϑαι. 2) Vgl. h, 30, 26, 1.2: 
«Αὐχοῦσι δὲ πάλιν περιτομὴν ἔχοντες... . καὶ δῆτα an’ αὐτοῦ τοῦ 
Χριστοῦ τὴν σύστασιν ταύτης βούλονται φέρειν, ὡς καὶ οἵ. περὶ 
Κήρινϑον. φασὶ γὰρ καὶ οὗτοι κατὰ τὸν ἐχείνων ληρώδη λόγον 
»ἀρκετὸν τῷ μαϑητῇ εἶναι ὡς ὃ διδάσκαλος«" »περιετμήϑη, φησίν, 
ὁ Χριστύς, καὶ σὺ περιτμήϑητις. Dieser Bericht beruht auf guter 
Kunde, da auch Pseudo-Tertullian adv. omn. haer. 3 dasselbe bei 
Ebion "überliefert: et quia scripfum sit: nemo discipulus super ma- 
gistrum nec servus super dominum, legem etiam proponit. Hier 
wird Mattlı. 10, 24 angezogen,.bei Epiph. Matth. 10, 25a. 


— 417 


nicht bezweifeln können. Dieses Judenchristentum scheint hä- 
retisch infiziert zu sein, wie man aus der Begründung der Taufe 
für die Verstorbenen ersieht und aus der Bemerkung, daß einige 
die Auferstehung der Toten überhaupt leugnen. Schon Lipsius 
zur Quellenkritik des Epiph. S. 121 hat das Richtige gesehen, 
; wenn er schreibt: „Da nun bei Epiphanius in diesem ganzen 
Ἢ Abschnitte plötzlich der Plural eintritt χρῶνται --- φέρουσι — 
i λέγοντες usw.), während vorher von Kerinth immer im Singular 
die Rede war, so könnte man vermuten, daß in der Quelle hier 
überhaupt nicht von Kerinth, sondern von den Ebioniten ge- 
handelt wurde“; sein Blick ist durch seine Quellentheorien be- 
treffs Epiphanius und Philastrius getrübt worden', 

Aber erhebt gegen diese These nicht der Bericht des Phi- 
lastrius e. 36 Protest? Ist dieser nicht Zeuge für den Judaisten 
Kerinth? Es ist mir unbegreiflich, wie Schwartz mit apodikti- 
scher Sicherheit behaupten kann, daß direkte Abhängigkeit des 
Philastrius von Epiphanius ausgeschlossen erscheine. Hätte er 
die vortreffliche Dissertation von Joh. Kunze, De historiae 
gnostieismi fontibus novae quaestiones eriticae (Lips. 1894] ein- 
gesehen, so hätte er wenigstens zu dessen Nachweise p. 47. 57. 
und speziell für Kerinth p. 66sq. Stellung genommen, daß Phi- 
lastrius dort, wo er mit Epiphanius enge Verwandtschaft zeigt, 
nicht aus einer gemeinsamen Grundschrift, sondern direkt aus 
letzterem geschöpft habe?. Denselben Standpunkt vertritt auch 
Holl, der beste Kenner des Epiphanius, in seiner Ausgabe. 
Aber dies enthebt uns nicht der Aufgabe, die Sache von neuem 
kritisch zu beleuchten. 

4 Daß Philastrius wie Epiphanius Kerinth zwischen Karpo- 

xrates und Ebion behandelt, ist nicht weiter auffällig, da ja 
such Irenäus und Hippolyt dieselbe Reihenfolge bilden, aber die 
- Abhängigkeit von Epiphanius tritt deutlich hervor, wenn er 
- vorher die Nikolaiten und Gnostiker (c. 33) und nachher die 
᾿ς Nalentinianer (c. 38) darstellt, wie es ganz dem Schema des Epi- 
᾿ς phanius entspricht. Schon die einleitenden Worte: Cerinthus 
᾿ς süecessit huius errori, ex similitudine vanitatis docens de gene- 
- 9) Harnack, Artikel Cerinth in ἃ. RES, 8. 777 laßt ebenfalls 
die Nachrichten über die Ebioniten des Iren. und Hippol. auf Cerinth 


übertragen sein, 2) Dessen Auffassung bat sich jetzt auch Har- 
nack in dem eben genannten Artikel angeschlossen. 


T. u. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 27 


Υ 
Ἣν 
3 
᾿ 
—— 
* 
ἰὼ 


418 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ratione itidem salvatoris deque ereatura angelorum, in nullo 
discordans ab eo nisi quia, ex parte solum, legi eonsentit, quod 
a deo data sit et ipsum deum ‚Judaeorum eum esse aestimat qui 
legem dedit filiis Israel, geben einen sicheren Wegweiser an die 
Hand. Denn zunächst stellt Phil. Karpokrates dem Kerinth in 
Übereinstimmung mit Epiph. gegenüber und gibt dabei eine 
Paraphrase des von Epiph. h. 28, 1, 1 ff. überlieferten: σχεδὸν δὲ 
οὐδὲν ἕτερον παρὰ τὸν προειρημένον Καρποχρᾶν ... ἐκβλυσ- 
τάνει. τὰ ἴσα γὰρ τῷ προειρημένῳ εἰς τὸν Χριστὸν συχοφαν- 
τήσας ἐξηγεῖται καὶ αὐτὸς ἐχ Μαρίας καὶ ἐκ σπέρματος Ἰωσὴφ 
τὸν Χριστὸν γεγεν» nd καὶ τὸν κόσμον ὁμοίως ὑπὸ ἀγγέλων 
γεγενῆσϑαιἥ. οὐδὲν γὰρ οὗτος παρὰ τὸν πρῶτον διήλλαξε τῇ 
εἰσαγωγῇ τῆς αὐτοῦ διδασχαλίας ἀλλ᾿ ἢ ἐν τούτῳ μόνον, ἐν 
τῷ προσέχειν τῷ ᾿ουδαϊσμῷ ἀπὸ μέρους ὃ. φάσχει δὲ οὗτος τὸν 
νόμον καὶ τοὺς προφήτας ὑπὸ ἀγγέλων δεδόσϑαι, τὸν δὲ 
δεδωχότα τὸν νόμον ἕνα εἶναι τῶν ἀγγέλων τῶν τὸν χόσμον 
πεποιηχότων". Es ist nun charakteristisch, daß Philastrius die 
Angaben des Epiphanius, welche dieser über den gnostischen 
Kerinth aus Irenäus eingeschoben hat, nieht berücksichtigt, son- 
dern sofort zu dem Judaisten Kerinth überspringt. Denn es 
folgt: docet autem circumeidi et sabbatizare. Das eircumeidi 
konnte Philastr. aus den —— des Epiph. ὁ. 2—5 ent- 
nehmen, sabbatizare hat er aus eigener Überlegung hinzugesetzt, 
doch las Phil. bezüglich der Ebioniten bei Epiph. h. 30, 2, 2, wo 
dieser Ebion mit Kerinth in Verbindung gesetzt wird: οἷς καὶ 
ἤδη ἡμῖν προείρηται ὅτι τὰ ἴσα τοῖς ἄλλοις ἐν ἅπασι φρονῶν 
ἐν τούτῳ μόνῳ διεφέρετο, ἐν τῷ νόμῳ τοῦ Ἰουδαϊσμοῦ προσανέ- 
χειν χατὰ σαββατισμὸν καὶ κατὰ τὴν περιτομήνδ. Dann lenkt 
er aber wieder zu Epiph. ein, indem er in Übereinstimmung 
mit h. 28, 6, 1 überliefert: et Christum nondum surrexisse a 


— 


1) Dies entspricht dem docens de generatione itidem salvatoris. 
2) Daraus hat Phil. die ereatura angelorum gemacht. 3) Dies 
hat Phil. mit den Worten wiedergegeben: In nullo discordans ab eo 
nisi quia, ex parte solum, legi consentit. 4) Phil. setzt statt an- 
gelus ein deus. Er gibt richtig den Satz des Epiph. wieder, daß 
der Engel, der die Welt geschaffen, der deus Judaeorum und zu- 
gleich der Gesetzgeber sei. 5) Vgl. h. 29, 7,5 (Nazoräer) Χριστια- 
νοῖς δὲ μὴ ὁμογνωμονοῦντες διὰ τὸ ἔτι νόμῳ πεπεδῆσϑαι, περιτομῇ τε 
καὶ σαββάτω καὶ τοῖς ἄλλοις. 


Exkurs I. 419 


wmortuis, sed surreeturum annuntiat, er läßt freilich den Nach- 


satz ὅταν ἡ καϑόλου γένηται γεχρῶν ἀνάστασις aus. Die 
Notiz apostolum Paulum non aceipit geht auf e. 5, 3 zurück: 
τὸν δὲ Παῦλον aderoücı... ἀλλὰ καὶ ἐχβάλλουσι αὐτόν. Da- 
gegen ist die Mitteilung Judam traditorem honorat ein Zusatz, 
der dem ganzen judenchristlichen Bilde des Kerinth wider- 
spricht; hier muß ein lapsus memoriae vorliegen; wahrschein- 
lich wirkt hier das in e. 34 auf den Verräter Judas Gesagte noch 
nach. In einer Grundschrift kann Phil. soleben Unsinn nicht 
gelesen haben. In dem alten Fahrwasser befindet er sich wie- 
der, wenn es heißt: evangelium secundum Matthaeum solum acei- 
pit, verglichen mit 28, 5,1: Χρῶνται γὰρ τῷ κατὰ Ματϑαῖον 
εὐαγγελίῳ, dabei wird der besondere Zusatz ἀπὸ μέρους καὶ 
οὐχὶ ὅλῳ unterdrückt, statt dessen das selbstverständliche tria 
evangelia spernit hinzugefügt. Die Verwerfung der Apostelge- 
schichte (actus apostolorum abieit) findet bei Epiph. keine Stütze, 
konnte aber aus den Mitteilungen e. 3 leicht erschlossen werden, 
Der Satz beatos martyres blasphemat bezieht sich nicht auf die 
Ablehnung des Martyriums, sondern, wie Schwartz richtig ber 
merkt, auf Petrus und Paulus, als deren Gegner Kerinth e. 2u.3 
geschildert wird. Den vollgültigen Beweis der Benutzung des 
Epiphanius liefert der Schluß, wo Phil. geradezu weitschweifig 
wird: hie sub apostolis beatis quaestionem seditionis commovit, 
dicens debere circumeidi homines; cuius causa contra illum et 
haeresim eius decreverunt in suis Actibus beati apostoli senten- 
tiam, non dubere iam homines Judaismo, id est eireumeisioni 
alisque talibus superstitionis vanae parere carnalibus qui de 
gentibus venientes eredebant in Christum dominum nostrum sal- 


_ vatorem. Ausführlich schildert Epiph. diese quaestio seditionis 


mit den Uraposteln wie mit Paulus in e. 2—4; Kerinth gilt als 
εἷς τῶν ἐπὶ τῶν ἀποστόλων τὴν ταραχὴν ἐργασαμένων, gegen 
den das Aposteldekret nach Antiochien ‚gerichtet sei (c. 2, 3) ‚und 
dazu ὁ. 4, 1: ὡς καὶ ἄλλοτε στάσιν αὐτός τε καὶ οἱ μετ᾽ αὐτοῦ 
εἰργάσαντο ἐν αὐτῇ τῇ Ἱερουσαλήμ, ὁπηνίχα Παῦλος ἀνῆλϑε 
μετὰ Τίτου; vgl. e. 4, ὃ οὐχ ἡ τυχοῦσα τότε ταραχὴ ἐγένετο 
εἷς προείρηται. 

S80 können wir behaupten, daß Phil. in Epiph. restlos auf- 
geht; nur erlaubt er sich, wie so häufig die Plagiatoren, ein- 
zelne kleine Abweichungen im Wortlaut und Zusätze, um den 
27* 


420 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Tatbestand zu verschleiern resp, seine Selbständigkeit zu wahren. 
Dieselbe Methode können wir auch an andern Kapiteln erweisen. 
Dabei ist es eine ganz verlorene Liebesmüh, noch weiter nach der 
angeblichen von Epiph. und Phil. benutzten Grundschrift For- 
schungen anzustellen. 

Aber haben wir abgesehen von Epiphanius und Kerinth nicht 
auch sonst Kunde von diesem Judenchristen Kerinth, der als 
Verfasser der Apokalypse und des Evangeliums des Johannes 
gilt? Bereits Irenäus adv, haer, III, 11, 9! und Epideixis c. 99? 
schildert jene Namenlosen®, die das Evangelium des Joh. und 
den in ihm verheißenen Parakleten verwerfen. Dahinter stecken 
offensichtlich Gegner der Montanisten, die bekanntlich auf den 
Parakleten im Interesse ihrer Prophetie so sehr pochten. Ire- 
näus, dessen Sympathien für die montanistische Bewegung nicht 
zu leugnen sind, rechnet die Gegner zu den infelices, ohne sie 
als Häretiker zu brandmarken*. Daß diese katholischen Christen, 
deren Heimat ohne Zweifel, wie aus dem Gegensatz gegen den 
Montanismus zu ersehen, Kleinasien gewesen sein muß, mit dem 
Evangelium auch die Apokalypse verworfen haben, sagt Irenäus 


1) Alii vero ut donum spiritus frustrentur, quod in novissimis 
temporibus secundum placitum patris eflusum est in humanum genus, 
illam speciem non admittunt, quae est secundum loannis evangelium, 
in qua Paracletum se missurum dominus promisit; sed simul et 
evangelium et propheticum repellant spiritum, Infelices vere qui 
pseudoprophetas (Hss. pseudoprophetae) quidem esse volunt, prophe- 
ticam vero gratiam repellunt ab ecclesia, similia patientes his, qui 
propter eos qui in hypocrisi veniunt, etiam a fratrum communicatione 
se abstinent. 2) „Andere wieder nehmen die Geschenke des Gei- 
stes nicht an und weisen von sich die prophetische Gabe, durch 
deren Empfang der Mensch das Leben in Gott befruchtet, Das sind 
die von Jesaia Bezeichneten: »Denn sie sollen«, sagt er, »werden 
wie eine Terebinthe, deren Laub gefallen ist, und wie ein Garten, 
dem es an Wasser fehlte, Solche sind nun Gott zu nichts nütze, da 
sie keine Frucht bringen können“. 3) Über die Aloger vgl. Zahn, 
GK 1,220 ff.; 11, 967 ff; Forschungen zur GK Bd. V,35 fl. — Harnack, 
Gesch. d. altchr. Literatur 1, 243; II, 1, 376 fl. — Ed. Schwartz, Über 
den Tod der Söhne Zebedaei. Ein Beitrag zur Geschichte des Jo- 
hannesevangeliums. Abh. d, königl. Ges. d. Wissensch. zu Gött., phil.- 
hist. Kl. N. F, VII, 5, 80 ff. 4) Mit Recht bemerkt Schwartz, 1]. c, 
VII, 5, 8.30: daß Iren. die Verwerfung der Apokalypse nicht er- 
wähnt, ist durch den Zusammenhang seiner Ausführungen über aa 
nur in der Vierzahl vollkommene Evangelium gegeben, 


ae arg > Sn a ες νὰν ως a NS un 1 ER — — Ύ; * 


Exkurs I. 421 


| nieht ausdrücklich, aber als grundsätzliche Gegner aller Prophetie 


in der Kirche werden sie an diesem einzigen prophetischen Buche, 
das zugleich den Namen des Johannes an der Stirn trug, nicht 
achtlos vorübergegangen sein, zumal die Montanisten für ihre 
ehiliastischen Hoffnungen und für das neue Jerusalem diesem 
Buche Material entnahmen!. Darf man in den Namenlosen 
auch Gegner des chiliastisch gestimmten Montanismus erblicken, 
so möchte ich auf adv. haer. V, 31, 1 verweisen, wo Iren. von 
quidam ex his qui putantur recte eredidisse redet, die über den 
ordo promotionis iustorum hinwegspringen, die nach ce. 32,1 
sind ignorantes dispositiones dei et mysterium iustorum resur- 
reetionis et regni quod est prineipium incorruptelae. Das my- 
sterium resurreetionis iustorum et regni schließt, wie die fol- 
genden Ausführungen zeigen, das 1000jährige Reich und die 
Freuden der Gerechten in diesem Reiche ein. Irenäus bekennt 
sich freimütig zum urchristlichen Chiliasmus und beruft. sich 
auf das Zeugnis der Apokalypse Joh. (e. 35, 2); auch in dieser 
Beziehung muß er dem Montanismus sympathisch gegenüber 
stehen. Die Bestreiter des Chiliasmus sind namenlos, sie be- 
rufen sich auf ihren kirchlichen Glauben und diesen macht 
ihnen Irenäus durchaus nicht streitig, wenn er auch bemerkt, 
daß sie haereticos sensus in se habent. Sie stehen also inner- 
halb der Kirche, dasselbe gilt auch von den namenlosen Be- 
streitern des Evangeliums Joh. Ihr nüchterner Sinn ist allem 
Ekstatischen und Phantastischen abhold. Es könnte daher nicht 
zu gewagt erscheinen, beide Gruppen als Einheit zu fassen, die 
in ihrer Gegnerschaft gegen den Montanismus begründet ist. 
Freilich aus Irenäus selbst kann man nur durch Rücksehlüsse 
erkennen, daß es sich um Gegner der Montanisten handelt; 
auch erfahren wir nichts darüber, ob ihre Kritik des Johannes- 
evangeliums sich auch mit dem Verfasser beschäftigte. Von 


᾿ς einem Kampfe gegen die Apokalypse des Johannes erhalten 


wir die erste Kunde durch den Dialog des Römers Cajus, der 
nach dem Zeugnis des Euseb. h. ὁ. II, 25,6; III, 31,4 und VI, 


1) In der Epideixis sind sie bereits mit den gnostischen Irr- 
lehrern auf eine Linie gestellt, die „den Geist nicht empfangen, ἃ, ἢ, 
die Prophetie verschmähen“. Die Gegner weisen die, welche sich 
des Besitzes des prophetischen Charismas rühmen, als falsche Pro- 
pheten zurück, 


422 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


20,3 unter dem Bischof Zephyrin (ce. 199—217), einen Dialog 
wider Proclus, das Haupt der Montanisten im Abendland bez, 
in Rom, verfaßte. Die von Eusebius gegebenen Fragmente würden 
jedoch nicht darauf schließen lassen, daß der Streit sich speziell 
um die Apokalypse gedreht habe. Erst aus der Gegenschrift des 
Hippolyt, die uns durch syrische Exzerpte aus den Kommentaren 
des Dionysius Bar Salibi von Gwynn! bekannt geworden ist, er- 
halten wir nähere Aufklärung über den Gegenstand des Streites. 
Wir werden noch auf diese Schrift zurückkommen, wo wir auch 
uns mit der Schrift des Hippolyt unter dem Titel Ὑπὲρ τοῦ 
χατὰ Ἰωάννην εὐαγγελίου χαὶ ἀποκαλύψεως zu beschäftigen 
haben. Nur dies ist wichtig anzumerken, daß die Behauptung 
aufgestellt war, die Apokalypse des Johannes wäre nicht ein 
Werk des Apostels, sondern des Kerinth. Und gerade diese 
These kehrt bei dem alexandrinischen Bischof Dionysius wieder, 
der wegen der chiliastischen Bewegung, die durch die Anhänger 
des Bischofs Nepos in Ägypten (arsionitischen Gau) entfacht 
war, zur Abfassung seiner zwei Bücher περὶ &rayyslıar ver- 
anlaßt wurde. Letzterer hatte in einer besonderen Schrift ἔλεγχος 
ἀλληγοριστῶν sich gegen die Verflüchtigungen der urchrist- 
lichen Heilshoffnungen dureh die alexandrinischen Spiritualisten 
spez. durch Origenes und seine Schule gewandt und hatte seine 
grobrealistischen Vorstellungen über die Endzeit durch die 
Apokalypse des Johannes begründet. Im ersten Buche seiner 
Widerlegung beschäftigte sich Dionysius nach den Angaben des 
Eusebius h. 6. VII, 24, 3 mit der Lehre von den Verheißungen, im 
zweiten mit ihren Quellen, speziell mit der Apokalypse. Dionysius 
schöpft nicht aus eigener Weisheit, sondern bemerkt ausdrück- 
lich, daß er die Meinung von τιρὲς πρὸ ἡμῶν wiedergebe. 
Diese haben die Apokalypse für unecht erklärt und deshalb 
gänzlich verworfen. Zu diesem Resultat sind sie gekommen, 
indem sie Kapitel für Kapitel durchgingen und den Nachweis 
führten, der Inhalt wäre ἄγνωστον καὶ ἀσυλλόγιστον. Auch die 
ἐπιγραφή sei gefälscht, das Werk trüge den Namen des Jo- 
hannes zu Unrecht, überhaupt sei das Ganze keine Offenbarung 


1) Hermathena, Hippolytus and his „Heads against Cajus* VI, 
p. 397 δ΄; vgl. Zahn, GK 11, 973 δ, 1020 ff. Harnack, Die Gwynnschen 
Cajus- und Hippolytus-Fragmente TU 6, 3, 5. 121 ff. und Artikel * 
in Real-Ene.? 3, 638 f. 


— 


a 2° 423 


wegen des σφόδρον καὶ παχὺ παραπέτασμα τῆς ἀγνοίας. Der 
Verfasser sei durchaus kein Apostel, ja nicht einmal ein frommer 
und reehtgläubiger Kirchenmann, sondern es sei Kerintb, der 
Stifter der nach ihm benannten Kerinthischen Sekte; er hätte 
sein Machwerk nur mit einem glaubwürdigen Namen schmücken 
wollen. Die Lehrmeinung des Kerinth wäre die Annahme eines 
irdischen Reiches Christi und dieses beständige in sinnlichen und 
fleischlichen Genüssen, in Befriedigung des Bauches und Völ- 
lereien, d. h. in Essen und Trinken, Hochzeitsfreuden oder be- 
hufs Beschönigung dieser sinnlichen Genüsse in Festen, Opfern 
und Opfermahlzeiten (Euseb. h. ὁ. VII, 25, 1 ff.). 

‘ Wir haben hier also ein Referat aus einer älteren Schrift 
vor uns, deren Ansichten aber durchaus sich nicht mit denen 
des Dionysius decken, wie er ausdrücklich in den folgeuden 
Erörterungen über den Verfasser hervorhebt. Denn soweit 
wagt er nicht in seiner Antipathie wie sein Gewährsmann zu 
gehen, denn er will sie nicht dem Häretiker Kerinth in die 
Schuhe schieben, sondern, wie der Titel besagt, einem Manne 
namens Johannes, der aber durchaus nicht mit dem Apostel 
identisch sei, wenn er in ihm auch einen ἅγιος χαὶ ϑεοπνευστός 
erblickt. Die Verschiedenheit des Stils und der Ausdrücke in 
dem Evangelium und den Briefen des Johannes von der Apoka- 
lypse verbiete die Identität der Verfasser. Auch in diesen posi- 
tiven Darlegungen ist Dionysius ohne Zweifel von früheren Ge- 
währsmännern abhängig, aber dieses interessiert uns weniger 
als die Frage, wer hinter diesen τενὲς τῶν πρὸ ἡμῶν steckt. 
Doch an diese Frage können wir erst herantreten, wenn wir 
uns Klarheit über die Häresie 51 des Epiphanius verschafft 
haben, die betitelt ist: Kara τῆς αἱρέσεως τῆς μὴ δεχομένης 
τὸ κατὰ Ἰωάννην εὐαγγέλιον χαὶ τὴν αὐτοῦ Aroxakvmınr. 
Dieselbe Sekte behandelt auch Philastrius ce. 60 als haeretiei qui 
evangelium χατὰ Ἰωάννην et apocalypsim ipsius non aceipiunt, 
Wiederum hat man bei der Übereinstimmung der beiden Schrift- 
steller auf eine gemeinsame Quellenschrift geschlossen und diese 
in dem verlorenen σύνταγμα des Hippolyt gesucht, doch will 
Zahn die Möglichkeit nicht ausschließen, daß Epiphanius die 
Sehrift desselben Hippolyt „für das Evangelium nach Joh. und 
die Apokalypse“ benutzt, indem Hippolyt in seiner Ketzerbe- 
streitung auf jene Monographie aufmerksam gemacht hätte. 


494 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorunı. 


Freilich, fügt Zahn hinzu, daß irgend ein Beweis nicht zu 
bringen wäre!. Wir müssen auch hier die Ausführungen des 
Epiphanius gesondert betrachten. Daß er eine bestimmte Quelle 
benutzt hat, unterliegt keinem Zweifel, denn an keiner Stelle 
hören wir von mündlichen Überlieferungen, die ihm zugeflossen 
sind, auch bemerkt er nirgends die zeitgenössische Existenz der 
Sekte. Sie gehört der Vergangenheit an. Daß diese Quelle 
kein ketzerbestreitendes Werk gewesen sein kann, geht aus dem 
Umfange seiner Darstellung hervor. at 

In der Quelle fand er diese Gruppe vor mit dem allge- 
meinen Namen „Verwerfer der Schriften des Johannes“ ? oder 
genauer als solche, „die das Evangelium des Johannes und 
seine Apokalypse nicht anerkennen“. Er selbst rühmt sich, 
ihnen den Namen "AAoyoı gegeben zu haben, und begründet 
dies mit den Worten: ἐπεὶ οὖν τὸν λόγον οὐ δέχονται τὸν 
παρὰ Ἰωάννου χεχηρυγμένον, "Aloyoı κληϑήσονται", Ihre 
Hauptthese lautet: μὴ εἶναι αὐτά (sc. βιβλία) ᾿Ιωάννου ἀλλὰ 
Κηρίνϑου χαὶ οὐχ ἄξια αὐτὰ φασιν εἶναι ἐν ἐκκλησίᾳ. Be- 
wiesen wird der erste negative Teil durch die Behauptung, 
daß die Schriften des Johannes mit den übrigen Aposteln nicht 
übereinstimmen, d. ἢ. auf die Evangelien angewandt, der Er- 
zählungsstoff der drei Evangelisten decke sich nicht mit dem 
des Johannesevangeliums, die ἀχολουϑία sei eine ganz ver- 
schiedene. Die These selbst wird in zweifacher Weise illu- 


1) Die Wahrscheinlichkeit dieser Hypothese betont auch Lipsius 
ἃ, ἃ. Ο. 5.114, während Harnack |. c. S. 183, Anm. 127 auch die 
Benutzung eines größeren Werkes Hippolyts „gegen die Monarchia- 
ner“ empfiehlt, aber Gesch. d. altchr. Lit. Bd. II, 2, S. 227 tritt H. 
für die Benutzung der Schrift ὑπὲρ τοῦ x. ᾿Ιωάννην εὐαγγελίου x. 
ἀποκαλύψεως ein. Ebenso Rolfis, Urkunden aus dem antimontanisti- 
schen Kampfe 8. 140. 2) Vgl. c. 3, 2: εἶχον μὲν γὰρ τὴν αἵρεσιν 
(ἀξίως οὕτως) καλουμένην ἀποβάλλουσαν ’Imavvov τὰς βίβλους. 
3) Vgl. c. 8, 3: οὔτε τὸ τοῦ ᾿Ιωάννου εὐαγγέλιον δέχονται οὔτε τὴν 
αὐτοῦ ᾿“ποκάλυψιν. 4) Vgl. c. 28, 4: ἠλέγχϑησαν δὲ χαὶ οἵ ἀπο- 
βαλλόμενοι τὸ κατὰ ᾿Ιωάννην εὐαγγέλιον οὺς δικαίως “λόγους καλέ- 
σαιμι, ἐπειδὴ τὸν λόγον τοῦ ϑεοῦ ἀποβάλλονται und c. 17, 10: δικαίως 
γὰρ ἄλογον τὴν αὐτῶν αἵρεσιν κεκλήκαμεν διὰ τὸ μὴ δέχεσϑαι αὐτοὺς 
τὸν ἄνωϑεν ἐλϑύντα ϑεὸν λόγον τὸν διὰ ᾿Ιωάννου κεκηρυγμένον. 
5) Vgl. ec. 4, 5: φάσκουσι γὰρ... ὅτι οὐ συμφωνεῖ τὰ αὐτοῦ βιβλία 
τοῖς λοιποῖς ἀποστόλοις. 


— 
τς ΜΙΝ 


en 


NE ..-- 


—— 


A μῶν 
a ΨΥ are en 


5: 425 


2 striert. Besonders weisen die Kritiker auf die verschiedenen 
_ Anfänge hin. Das vierte Evangelium beginne mit dem Logos 


(e. 1,1. 14) und dem Zeugnis Johannes des Täufers (e. 1, 15. 29), 
schließe daran die Nachfolge von einigen Jüngern des Täufers 
(e. 1, 38) und die Erwählung der Jünger Jesu (c. 1, 43 f.), zuletzt 
die Hochzeit zu Kana nach drei Tagen (e. 2,1), Hier werden 
also die Ereignisse auf einen ganz kurzen Raum zusammenge- 
drängt!'. Dem gegenüber berichten die andern Evangelisten 
von dem 40tägigen Aufenthalt Jesu in der Wüste, seiner Ver- 
suchung und der erst nach seiner Rückkehr erfolgenden Be- 
rufung der Jünger (Matth. 4, 1ff.; Mare. 1, 12f.; Luc. 4, 11.2), 
dazu vorher noch von seiner Flucht nach Ägypten und dem 
Aufenthalt in Nazareth nach der Rückkehr aus Agypten? (Matth. 
2,13#.). Der zweite Angriff, der ebenfalls die ἀχολουϑία als 
Waffe benutzt, erfolgt auf Grund der Tatsache, daß nach Jo- 
hanıtes Jesus zwei Passahfeste im Verlaufe seiner zweijährigen 
Tätigkeit in Jerusalem gefeiert habe (Joh. 2, 13 δι; 11,55ff.), 
nach den andern Evangelisten nur ein Passah*. Die Gegner 
haben nun nicht einfach nach Art von Gelehrten die ἀσυμφωνία 
der drei Synoptiker mit dem Joh.-Ev. an einzelnen Beispielen 
nachzuweisen gesucht, sondern haben auch die Konsequenz aus 
ihrem Befunde gezogen. Das Evangelium lügt — so zweimal 
wiederholt ce. 18, 1 u. 21,16 — es ist ἀδιάϑετον", deshalb ist 


1) Vele 18, 1: τὸ δὲ εὐαγγέλιον τὸ εἰς ὄνομα ᾿Ιωάννου, φασί͵ 
— rg γὰρ τὸ εἰπεῖν ὅτι ὁ λόγος σάρξ ἐγένετο καὶ ἰσκήνωσεν 
ἐν ἡμῖν καὶ ὀλίγα τινά εὐθὺς λέγει ὅτι γάμος ἐγένετο ἐν Κανᾷ τῆς 
Ταλιλαίας. — e. 21, 16: ὁ δὲ ᾿ Ἰωάννης ψεύδεται μὴ εἰπὼν περὶ rov- 


a: ἀλλ᾽ εὐθὺς ἀπὸ πρώτης. ὅτε ἦλθεν 6 σωτὴρ πρὸς τὸν ᾿Ιωάννην 


ΝΠ ΔΗ Kipa stehe πονηρόν vie. 2) Vgl. ο. 21, 15: 


else) διηγήσαντο περὶ τοῦ σωτῆρος ori ; μετὰ τὸ βάπτισμα ἀνήχϑη 
εἰς τὴν ἔρημον. 8) Vgl. e. 17, 11: πῶς ol ἄλλοι εὐαγγελισταὶ εἰρή- 


ο Κασὶν ὅτι φυγὰς ὥχετο ἀπὸ προσώπου Ἡρώδου ὃ Ἰησοῦς εἰς Αἴγυπτον 


2. 3). καὶ μετὰ τὴν φυγὴν ἐλϑὼν κατέμεινεν εἰς Ναζαρέτ 
28), εἶ; τα λαβὼν τὸ βάπτισμα ἀπῆλϑεν εἰς τὴν ἔρημον (Matth. 


Ε.- 4.1 —8* μετὰ ταῦτα ἀνέκαμψε καὶ μετὰ τὸ ἀνακάμψαι ἤρξατο χη- 
τς φὕξεειν. 4) Vgl. c. 22,1: Karnyogoücı δὲ οἱ αὐτοὶ πάλιν τοῦ ἁγίου 


εὐαγγελιστοῦ, μᾶλλον δὲ αὐτοῦ τοῦ εὐαγγελίου, ὅτι, φησίν, ὁ ᾿Ἰωάννης 
πὰ ἄσχα τὸν σωτῆρα πεποιηκέναι δ νᾶ Abe 
λισταὶ περὶ yes Πάσχα διηγοῦνται. δ) Vgl. c. 18, 6f 

λέγουσι δὲ τὸ κατὰ ᾿Ιωάννην εὐαγγέλιον ἀδιάϑετον εἶναι, ἐπεὶ μὴ ταῦτα: 


4236 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


es nicht ein Werk des Johannes, sondern des Kerinth (c. 3, 6). 
Die gleiche Kritik wird auf die Apokalypse angewendet. Epi- 
phanius illustriert sie durch folgende Beispiele: 

1) e. 32, 2: φάσχουσι δὲ κατὰ τῆς ᾿Αἀποχαλύψεως τάδε χλευᾶ- 
ζοντες οὕτως" »τί μεε, φησίν, ν»ὠφελεῖ ἡ ᾿᾿ποκάλυψις Ἰωάννου, 
λέγουσά μοι περὶ ἑπτὰ ἀγγέλων καὶ ἑπτὰ σαλπίγγων;ς (Apoc. 
8, 38. 

2) ©. 33, 1: εἴτά τινες ἐξ αὐτῶν πάλιν ἐπιλαμβάνονται τού- 
του τοῦ ῥητοῦ ἐν τῇ αὐτῇ ᾿Αποχαλύψει καὶ φάσχουσιν avrı- 
λέγοντες ὅτι »εἴπε πάλιν" γράψον τῷ ἀγγέλῳ τῆς ἐκκλησίας 
ans ἐν Θυατείροις (Apoe. 2, 18), χαὶ οὐχ ἔνι ἐχεῖ ἐχκλησία 
Χριστιανῶν ἐν Θυατείροις. πῶς οὖν ἔγραφε τῇ μὴ οὔσῃ ÜRDR— 

3) e. 34,1 δ: ’Ereaipovrar δὲ πάλιν τῇ διανοίᾳ οἱ αὐτοὶ 
λεξιϑηροῦντες ἀπείρως ..... zul φασιν ὕτε »eldor, καὶ εἶπε 
τῷ ἀγγέλῳ λῦσον τοῦς τέσσαρας ἀγγέλους τοὺς ἐπὶ τοῦ 
Εὐφράτου" καὶ ἤχουσα τὸν ἀριϑμὸν τοῦ στρατοῦ, μύριαι μυριά- 
des καὶ χίλιαι χιλιάδες καὶ ἦσαν ἐνδεδυμένοι ϑώρακας πυρίνους 
καὶ ϑειώδεις καὶ ὑακινϑίνους« (Apoe. 3, 14. 16. 17). Ἐνόμισαν 
γὰρ οἱ τοιοῦτοι, μή πὴ ἄρα γελοῖόν (ti) ἐστιν ἡ ἀληϑεία. 

Damit sind die von der Kritik beanstandeten Stellen er- 
schöpft. Daß diese einen viel größeren Umfang hatten, um 
darauf das Verdikt über das Evangelium und die Apokalypse 


ἔφη, λέγω δὲ τὰ κατὰ πειρασμὸν τῶν τεσσαράκοντα ἡμερῶν καὶ οὐκ 
ἀξιοῦσιν αὐτὸ δέχεσϑαι. Zahn, GK II, 970, Anm, ὅ faßt den Aus- 
druck ἀδιάϑετος im Sinne von „ungeordnet, schlecht disponiert*, das 
Ev. soll gewisse, zu einer geordneten und verständlichen Erzählung 
gehörige Stücke nicht enthalten, es stelle ein verworrenes Durch- 
einander, ein ungeordnetes Geschreibsel dar. Aber mit Recht be- 
merkt Holl in seiner Ausgabe Bd. II, 275, 23 zu der Stelle, daß 
diese Bezeichnung zu dem vorhergehenden ψεύδεται eine merkwürdige 
Abschwächung wäre, ἀδιάϑετος müsse „unkanonisch“ bedeuten im 
Gegensatz zu ἐνδιάϑετος — ἐνδιάϑηκος; vgl. Epiph. h. 55, 2, 1; de 
mens. et pond. c.3 u. 10. Dazu Jülicher, ThLZ 1889, 8. 169 und 
Ed. Schwartz, Abh. ἃ. Gött. Ges. d. Wissensch. (1904) 5, 32. In RE? 1, 
387 schlägt Zahn auf Grund von h. 51, 30, 14: καὶ μηδ᾽ ὁποτέρω 
τῶν εὐαγγελιστῶν ἀντίϑετα πρὸς τὸν ἕτερον ἔχοντος die Konjektur 
ὠντίϑετον vor, aber das ist auch nach Holl unannehmbar. Der Aus- 
druck ἀδιάϑετος scheint weder von den Alogern noch von Epiph, 
geprägt zu sein, sondern aus der benutzten Quelle zu stammen, 

1) Mit dem verächtlichen οἱ τοιοῦτοι werden die Gegner auch 
c. 32, 1; 33, 1; 2 gezeichnet. 


Exkurs I. 427 


'basieren zu können, ist unzweifelbaft, eine andere Frage ist, ob 
die von Epiphanias benutzte Quelle das Gesamtmaterial enthalten 
hat oder nicht. Deshalb wird es notwendig sein, die für diese 
Frage in Betracht kommende Quelle, d. h. die Fragmente des 
Hippolyt näher zu betrachten. 

Wie ich bereits o. S. 422 bemerkt, hat Gwynn in dem noch 
unedierten syrischen Kommentar des Jakobiten Dionysius Bar 
Salibi zur Apokalypse, Apostelgesehichte und den Briefen fünf 
Stück! entdeckt, in denen zu den Stellen der Apok. 8, 7—11; 
8, 12; 9, 2.3; 9, 15; 20, 2.3 kurz die Ansicht resp. der Einwurf 
eines gewissen Häretikers Cajus skizziert und dann in ausführ- 
lieher Form die Widerlegung des Hippolyt gegenübergestellt 
wird?. Der Kritiker stützt seinen Widerspruch nicht auf subjek- 
tive Einfälle, sondern auf die Schrift und auf Paulus. In Nr. I 
beruft er sich auf 1. Thess. 5, 2, ohne aber den Autor selbst zu 
nennen, in Nr. 2 wahrscheinlich auf Matth. 24, 37, doch steht 
nur xar& τὸ γεγραμμένον, das Zitat ist ausgelassen. Dazu 
tritt 1. Thess. 5, 3 mit der Einführung χαὶ ro Παύλου. Bei 
Nr. 3 ist wahrscheinlich Ps. 73, 12 gemeint mit der Einführung 
τῆς γραφῆς λεγούσης. Dazu tritt wiederum Paulus mit 2. Tim. 
3, 12. 13. In Nr. 4 wird Matth. 24, 7 zitiert mit der solennen 
Formel: γέγραπται und dieselbe Formel finden wir in Nr. 5 
beim Zitate aus Matth. 12,29. Danach scheint das Matthäsev. 
für Cajus eine besondere Wertschätzung genossen zu haben, 
was nicht ausschließt die Hochschätzung der beiden anderen 


— —— — 


1) Zu der Streitschrift des Hippolyt möchte ich in Übereinstim- 
mung mit Achelis, TU, N. F. Bd. 1, Η. 4 8. 186f. das von Gwynn 
in der Hermathena 7, p. 137 ff. veröffentlichte Fragment rechnen 
s, das Stück bei Achelis in der Ausgabe des Hippolyt Bd. 1, 2, 
.243£.), das freilich nur eine Antwort des Hippolyt gegen eine 
nicht erhaltene Aporie des Cajus enthält, wobei Matth. 24, 15—22 
exegisiert wird. Wahrscheinlich hatte Cajus diese Stelle gegen eine 
andere Stelle der Apok. ausgespielt, da, wie wir gesehen, er stets 
seinen Einwurf dureh eine kanonische Stelle wirksamer zu machen 
sucht. Gwynn und Harnack, Gesch. d. altchr. Lit. II, 2, S. 226, Anm. 3 
denken an einen Matth.-Kommentar des Hippolyt. 2) Ed. Schwartz 
hat den syrischen Text ins Griechische übertragen, Abh. d. Ges. d. 
Wiss. zu Gött., phil.-hist. Kl. N. F. VII, 5, 8. 36 ff. 3) Aus der 
Widerlegung des Hippolyt, der Matth. 24, 35 erwähnt, wird man 
dies erschließen können, 


428 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Synoptiker, ob aber das Joh.-Ev. zu den anerkannten Schriften 
gehört hat, bleibt zunächst ungeklärt, wenn auch Hippolyt bei 
der Entgegnung zu Nr. 5 ein Zitat aus Joh. 14, 30 gibt!, Auf 
jeden Fall zeigen die ganzen Reste mit aller Deutlichkeit, daß 
Cajus auf dem Boden der großkirchlichen Tradition bei der 
Wertung der kanonischen Schriften steht. Das A. wie das 
N.T. gehören zur γραφή, nur die Apokalypse bildet eine Aus- 
nahme. Das entspricht dem Befunde, wie ihn Euseb, für den 
Dialog gegen Proklus konstatiert hat. Cajus will biblisch-kireh- 
liche Interessen vertreten. 

Vergleichen wir nun diese Fragmente mit den bei Epi- 
phanius behandelten Stellen, so hat schon der Entdecker Gwynn 
richtig bemerkt, daß die Exegese des Hippolyt gegen Cajus in 
Nr. 4 sich im wesentlichen mit den Ausführungen des Epipha- 
nius deckt, die dieser gegen die Aloger anwendet. Nach Zahn 
reproduziert Epiph. hier, u. zw. wahrscheinlich so, daß er seine 
kürzer gefaßte Vorlage breit tritt, eine Erörterung Hippolyts. Es 
wäre aber unwahrscheinlich, daß er bei seiner Bestreitung der 
Aloger die hier von Dionysius Bar S. exzerpierte Schrift Hippo- 
Iyts gegen Cajus benutzt hat, in welcher die Aloger höchstens 
ganz beiläufig erwähnt gewesen sein können. Es bliebe nur die 
Wahl zwischen Hippolyts Apologie für das Ev. und die Apok. des 
Johannes, welche gegen die Aloger gerichtet war, und Hippolyts 
Bestreitung der 32 Häresien 3, Umgekehrt sollen nach E. Schwartz ὃ 
diese Angriffe des Cajus gegen die Apokalypse aus einem älteren 
Werke entlehnt sein, das ebenfalls im antimontanistischen Sinne 
geschrieben war und nicht nur die Apok., sondern auch das 
Ev. Joh. für untergeschoben erklärt hatte. Aus diesem Buche 
des anonymen Alogers habe auch Epiph. die Sekte der Aloger 
herausgesponnen. Eine Entscheidung in dieser verwickelten 
Sache soll uns das Kap. 33 an die Hand geben. | 


1) Ed, Schwartz 1, ο, S. 40 sagt richtig: „Daß Hippolyt in dem 
letzten syrischen Fragment Joh. 14, 30 gegen Cajus ausspielt, ist 
kein Argument dafür, daß Cajus das Johannesevangelium anerkannte, 
so peinliche Rücksichten nimmt die antike Polemik nie, und die 
christliche erst recht nicht“. Gegen Zahn, GK II, 983. 2 
Zahn, GK II, S. 977, Aum. 1. 3) Vgl. Z. f. ntliche Wiss. er 
15, 2, 8. 218. 


ee 2 A ee Br BZ TE δ ἐῶ ΝΥΝ 
— en τ ὃ - 


Exkurs I. 429 


' Die Aloger oder wenigstens einige von ihnen! suchen den 
pseudoprophetischen Charakter der Apok. durch das Argument 
zu erweisen, der Verfasser habe den Engel an die Gemeinde 
von Thyatira schreiben lassen, obwohl gar keine ἐχχλησία Xgı- 
στιανῶν daselbst existiere. Dies ist nun nicht so zu deuten, 
als ob niemals eine christliche Gemeinde in Thyatira existiert 
hätte, sondern als die Gegner auf diese Nichtexistenz hinwiesen, 
war dies von ihrem Standpunkt aus richtig. Sie verstanden unter 
ἐχχλησία die altgläubige Kirche, zu der sie sich selbst rechneten, 
aber es gab xar’ ἐχεῖνο καιροῦ in Thyatira eine Gemeinde, 
der sie den Namen Χριστεανοί absprechen zu müssen glaubten. 
Dies'waren, wie wir aus der Widerlegungsschrift erfahren, die 
sogen. Kataphryger. Der anonyme Gegner der Aloger, den 
Epiph. als Quelle benutzt, überliefert uns nämlich die höchst 
merkwürdige Kunde, daß die Montanisten die katholische Ge- 
meinde der Stadt ganz auf ihre Seite gezogen hatten, so daß 
also nur diese dort existierte, als die Aloger gegen die Apoka- 
lypse und damit gegen die begeisterten Anhänger derselben d. h. 
gegen die Montanisten zu Felde zogen. An diese Tatsache ist 
folgende Bemerkung geknüpft: vi» δὲ διὰ τὸν Χριστὸν ἐν τῷ 
χρόνῳ τούτῳ, μετὰ χρόνον ριβ ἐτῶν, ἔστιν (ἐχεῖ) ἡ ἐκκλησία 
καὶ αὔξει, (el) καὶ ἄλλοι τινὲς ἐχεῖσε τυγχάνουσι τότε δὲ ἡ 
πᾶσα ἐχχλησία ἐχενώϑη εἰς τὴν κατὰ Φρύγας. Διὸ καὶ ἐσπού- 
δασε τὸ ἅγιον πνεῦμα ἀποχαλύψαι ἡμῖν πῶς ἤμελλε πλανᾶσ- 
ϑαι ἡ ἐχχλησία μετὰ τὸν χρόνον τῶν ἀποστόλων, τοῦ τὲ 
Ἰωάννου χαὶ τῶν καϑεξῆς, ὃς ἦν χρόνος μετὰ τὴν τοῦ σω- 
τῆρος ἀνάληψιν, ἐπὶ ἐνενήχοντα τρισὶν ἔτεσιν, οἰς μελλούσης 
τῆς ἐχεῖσε ἐχχλησίας πλανᾶσϑαι καὶ χωνεύεσθϑαι ἐν τῇ κατὰ 
Φρύγας αἱρέσει. 

Diese beiden Daten haben den Gelehrten viel Kopfzer- 
brechen verursacht?, Man hat die Zahl 112 so gedeutet, daß 
damit die Zeit angegeben sei, die seit dem Auftreten der Mon- 
tanisten oder Aloger verstrichen sei resp. die Zeit zwischen 
dem gegen die Aloger schreibenden Schriftsteller und der Mon- 


1) Nach Ed, Schwartz, Abh. d. Gött. Ges. VII, δ, $. 33 ist das 
eine Phrase, durch die man sich nicht täuschen lassen solle. 
2) Vgl. Zahn, KG I, 246, Anm, 1; ders., Forschen. z. KG V, 40f.; Ed, 
Schwartz, Abh. ἃ, Gött. Ges. d. Wiss. VII, δ, 33f.; Corssen, Monarch, 
Prologe 8, 52f.; Harnack, Gesch. d. altchr. Lit, II, 1, 8. 876 ἢ, 


430 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


tanisierung von Thyatira, oder man bezieht die Zahl auf den 
Zwisehenraum zwischen dem Anonymus und dem Jahr den Ab- 
fassung der Apokalypse!. Demgemäß begreift man unter den 
93 Jahren die Dauer des apostolischen Zeitalters oder den Ab- 
stand bis zum Auftreten des Montanismus. Eine ganz neue 
Interpretation hat Holl in seiner Ausgabe uns vorgelegt. Nach 
ihm ist die erste Zahl vom Standpunkt des Epiph. gewonnen, 
der berechnet, daß seit der Wiedergewinnung von Tihyatira für 
den katholischen Glauben bis zur Abfassung seines ketzerbe- 
streitenden Werkes 112 Jahre verflossen seien. Wir werden 
also, da dieser Teil des Werkes von Epiph. 376 n. Chr. verfaßt 
ist, auf das Jahr 263/64 geführt, Diese Zahl müsse Epiph. aus 
der zweiten Zahl erschlossen haben, die auf den Verfasser des 
von ihm benutzten Werkes zurückgehe. Diese zweite Zahl um- 
fasse den Zeitraum, während dessen Thyatira montanistisch war, 
denn es wäre grammatisch unmöglich, mit Zahn die Worte ἐπὶ 
ἐνενήχοντα τρισὶν ἔτεσιν zu ὃς ἦν χρόνος zu ziehen und zu 
übersetzen: „welches war ein Zeitraum von nahezu 93 Jahren“, 
vielmehr könne die zeitliche Bestimmung nur von einem Zeit- 
wort, dem ἤμελλε πλανᾶσϑαι abhängen. Nach ἀνάληψιν müsse 
eine Zahl ausgefallen sein?, Ziehe man diese 93 Jahre von 
263/64 ab, so komme man für den Abfall Thyatiras zum Mon- 
tanismus auf das Jahr 170/171, ein Jahr, das zu der eigenen 
Angabe des Epiph. über die Ursprungszeit des Montanismus 
(vgl. h. 48, 1,2) nicht passe®, aber merkwürdig genau zu der 
des Eusebius (Chronik zum J. 171 vgl. Ausgabe von Helm 
S. 206, 9) stimme, 

Ist diese Interpretation von Holl die richtige und, wie ich 
glaube, wird sie, wenn sie auch durchaus nicht alle befriedigen 
wird, Zustimmung finden können, so fällt die Annahme, Hippolyt 


1) Vgl. Lipsius, Quellen ἃ. ältesten Ketzergesch. S. 109 ff.; Rolffs, 
TU XII, 4, 8. 124fl. Der Gegner der Aloger würde also i. 3 . 204/5 
geschrieben haben. Dabei wird μετὰ τὴν ἀνάληψιν in μετὰ τὴν yer- 
vnoıv korrigiert und die 93 Jahre werden auf die Abfassungszeit 
der Apok. bezogen. 2) Da die Zeit von Himmelfahrt bis 171 ge- 


meint ist, wäre einzusetzen (gr) ἐτῶν). 3) Nach der dort be- 
nutzten Quelle setzt Epiph. den Anfang der montanistischen Be- 
wegung genau auf das 19. Jahr des Antoninus Pius, ἃ, h, auf — 
n. Chr. 


ἄν"... a Er 


Exkurs I. 431 


habe das Material direkt dem Epiph. für die Aloger geliefert, 


zu Boden. Der literarische Bekämpfer muß nach dem Jahre 264 


, gelebt haben, um die Rekatholisierung der Gemeinde von Thyatira 


so bestimmt chronologisch fixieren zu können. Wer dieser Kirchen- 
schriftsteller gewesen ist, läßt sich, wie Holl bemerkt, nieht ein- 
mal vermuten, Es ist sehr wahrscheinlich, ja gewiß, daß er die 
Schrift des Hippolyt, die sich mit diesem Streit befaßte, gekannt 
hat, daher die Übereinstimmung mit der Widerlegungsschrift 
gegen Cajus in der Interpretation der Stelle Apok. 9, 14 ff. und 
bei der Harmonisierung des Johannes mit den Synoptikern (8. u.) 
Auch würde die genaue chronologische Berechnung des Abfalls 
der Gemeinde von Thyatira eher für einen Kleinasiaten als für 
einen Römer sprechen, denn sie setzt eine eingehende Kenntnis 
der dortigen Verhältnisse voraus. Freilich ist nicht zu leugnen, 
daß auch dem Hippolyt intime Nachrichten über die montanisti- 
sche Krisis im Osten zugeflossen sind, da er uns im Daniel- 
kommentar IV, 18 u. 19 von zwei kleinen Gemeinden in Syrien 
und Pontus berichtet, die durch ihre Bischöfe für die monte- 
nistische Schwarmgeisterei gewonnen wurden. 

Bei Epiph. erfahren wir urkundlich zum ersten Male, was 
freilich schon aus der Notiz des Irenäus geschlossen werden 
konnte, daß die Aloger als Zeitgenossen der Montanisten anzu- 
sehen sind und daß die Verwerfung der johanneischen Schriften 
überhaupt aus dieser Feindschaft geboren ist. Geschickt ver- 
wendet der anonyme Gegner der Aloger die beanstandete Stelle, 
indem er die in dem Briefe an die Gemeinde erwähnte Jezabel 
als Weissagung auf die montanistischen Prophetinnen Priseilla, 
Maximilla [und Quintilla] deutet, die durch ihren Trug viele ver- 
führt haben. So kann er triumphierend schließen e. 33, 9: ὧν ἡ 
ἀπάτη οὐ λέληϑε τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον, ἀλλὰ προεϑέσπισε 
προφητιχῶς ἐν τῷ στόματι τοῦ ἁγίου Ἰωάννου, πρὸ κοιμήσεως 
αὐτοῦ προφητεύσαντος ἐν χρόνοις Κλαυδίου Καίσαρος καὶ 
ἀνωτάτω, ὅτε εἰς τὴν Πάτμον νῆσον ὑπῆρχεν"... ἄρα γοῦν 
χατὰ προφητείαν ἔγραφε τοῖς ἐχεῖ ἐν Χριστῷ κατ᾽ ἐχεῖνο 
καιροῦ πεπολιτευμένοις ὅτε ἤμελλεν ἑαυτὴν γυνὴ προφῆτιν 
καλεῖν. Freilich stößt man auch hier wieder auf die schlimm- 
bessernde Hand des Epiphanius, denn die Hinzufügung der 
Quintilla zu dem montanistischen Prophetinnenpaar Priscilla 
und Maximilla verrät seine eigene Mache. Diese Krivrıllıavoi 


432 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


tauchen schon h. 48, 14, 3 bei der Behandlung der Montanisten 
auf und werden dann h. 49 nach bekannter Manier zu einer be- 
sonderen Sekte gestempelt (vgl. auch h. 79,1). Quintilla ist wahr- ' 
scheinlich eine Doppelgängerin der Priseilla, wie wir früher in 
Merinth einen Doppelgänger des Ebion statuiert haben, denn 
wie Holl in seiner Ausgabe II, S. 241, 20 angemerkt hat, bringt 
Epiph. in ἢ. 48 keinen Ausspruch der Priscilla.. Was sonst 
Epiph. über die Quintillianer vorbringt, sind, wie Lipsius, Quellen 

εν neu untersucht S. 93 mit Recht bemerkt, in der Hauptsache 
gedankenlose Widerholungen des schon vorher Berichteten. Das 
ist ja eben die Schwierigkeit, die sich jeder genauen Unter- 
suchung der von Epiph. benutzten Quellen entgegenstellt, daß 
er stets sein eigenes Fündlein beisteuert und dadurch alles ver- 
wirrt. Gerade das Kapitel über die Aloger bietet ein überreiches 
Material, da Epiph. von allen Seiten sein Material zusammen- 
trägt, um mit seiner Gelehrsamkeit prunken zu können. So 
steht man bei der eben behandelten Stelle vor der Frage, ob 
anch die Nachricht über die Abfassungszeit der Apokalypse > 
Quelle angehört oder nicht. 

Wir lesen hier, daß Johannes vor seinem Tode zur Zeit ἕω 
Kaisers Claudius und früher (χαὶ ἀνωτάτω ἴ), als er auf der 
Insel Patmos weilte, die Weissagung auf die Gemeinde von 
Thyatira verkündet habe. Diese singuläre Nachricht taucht 
schon vorher ce. 12, 2 auf, tritt aber hier in der Fassung ent- 
gegen, daß Joh. unter Kaiser Claudius von Patmos zurückge- 
kehrt sei und nach Verlauf einer langen Zeit in Asien das 
Ev. niedergeschrieben habe. Zunächst könnte man dahinter 
einen Widerspruch entdecken, aber die Worte ἐν χρόνοις Kiav- 
diov Καίσαρος καὶ ἀνωτάτω, ὅτε εἰς τὴν Πάτμον νῆσον ὑπῆρχεν 
sind nicht dahin zu interpretieren, daß Joh. sowohl zu den Zeiten 
des Kaisers Claudius als auch früher auf der Insel Patmos ge- 
weilt habe, sondern ἐν χρόνοις KA. Kaio. zei ἀνωτάτω ist ein 
Begriff: „in der früheren, d. h. vor der Regierung des Claudius 
liegenden Zeit“; auf ἀνωτάτω liegt der Nachdruck und die 
zeitliche Bestimmung im Nebensatze ὅτε... ὑπῆρχεν bezieht 
sich ausschließlich auf ἀνωτάτω 32, Demnach vertritt Epiphanius 


1) Schwartz verbessert ἀνωτέρω. 2) Wollte man πρὸ x017 
μήσεως αὐτοῦ pressen, so könnte man herauslesen, daß Joh. noch 
unter Claudius gestorben wäre, 


Exkurs I, 433 


oder besser sein Gewährsmann die Ansicht, daß die Apokalypse 


‚des Joh. auf der Insel Patmos vor der Regierung des Claudius, 
aller Wahrscheinlichkeit nach unter Caligula abgefaßt sei', das 
Ev. nach seiner Rückkehr aus der Verbannung von Patmos, aber 
nicht unter der Regierung des Claudius, sondern μετὰ ἱχανὰ 
ἔτη τοῦ διατρῖψαι αὐτὸν ἐπὶ τῆς ᾿Ασίας. Der Terminus a quo 
bildet in beiden Fällen die Regierung des Claudius. Aus wel- 
ehem Grunde gerade diese gewählt ist, bleibt ein Geheimnis des 
Chronographen?,. Jedenfalls ist so viel sicher, daß die Abfassung 
der Apok. in eine sehr frühe Zeit verlegt wird gegenüber der 
seit Iren. adv. haer, V, 30, 3 verbreiteten Tradition von der Ab- 
fassung in den letzten Jahren der Regierung des Domitian, 
während in Übereinstimmung mit der kirchlichen Tradition das 
Ἐν. in Asien? von dem greisen Joh.* als letztes und zur Er- 
gänzung der drei Synoptiker® auf Betreiben anderer‘ verfaßt 
sein sol. Wenn wir nicht unsere Zuflucht zu der Ansicht 
nehmen wollen, daß bei der Datierung des Ev. Epiphanius seine 
Hand im Spiele habe, so müssen wir diese chronologische Be- 
stimmung ebenfalls seinem Gewährsmanne für die Apok. zu- 
schreiben. Daß Epiph. eine ihm sonst fremde Chronologie vor- 
gefunden, verraten deutlich die Worte; μετὰ τὴν ἀπὸ τῆς 
Πάτμου ἐπάνοδον τὴν ἐπὶ Κλαυδίου γενομένην Καίσαρος, dann 
müßte er im Gegensatz zu dieser Datierung des Ev. die kirch- 
liche Tradition hinzugefügt haben’, aber damit sind noch nicht 
alle Schwierigkeiten gehoben. 


1) Die Annahme von Ed. Schwartz a. a. Ὁ. S. 214, daß die Rele- 
gation des Joh. nach Patmos und die Abfassung der Apokalypse 
unter Claudius angesetzt sei, findet in dem Texte keine Stütze. 
2) Die Regierung des Claudius spielt in der christlichen Legende 
insofern eine Rolle, als nach der urchristlichen Überlieferung die 
Apostel zwölf Jahre nach dem Tode Christi auf dessen Befehl die 
Weltmission angetreten haben, und vom J. 42 der 25 jährige Epis- 


2 kopat des Petrus berechnet ist. 3) Vgl. Iren. adv. haer. III, 1, 1; 


Corssen, Monarch. Prol. S.7 und histor. eccles. 5. 80. 4) Vgl. 
Iren, adv. haer. II, 22,5; III, 3,4. 5) Vgl. Iren. adv. haer. III, 1,1; 


Clemens Alex. bei Euseb. h. e. VI, 14, δ . u. Euseb. h. 6. III, 24, 7 f. 


6) Vgl. Clem. Alex. bei Euseb. h. 6. VI, 14, 7; Kanon Muratori; Hiero- 


ΠΟ γαῖ, vir.ill.9. 7) Man könnte leicht die Worte ἐπὶ τῇ γηραλέᾳ 


ὕ ἡλικία μετὰ ἔτη ἐνενήκοντα τῆς αὐτοῦ ζωῆς als Zusatz des 
Epiph. streichen, Von der μεϑ᾽ ἡλικίαν γηραλέαν des Joh. redet 
Epiph. vorher c. 2, 4. Sa 
T. u. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 28 


434 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Ganz eigenartig ist die These von Ed. Schwartz!. Er führt 
die Zeitrechnungen, insonderheit die der Apokalypse auf die 
montanistischen Verfechter der Apok., also auf Gegner der Aloger 
und des Cajus zurück. Diese Chronologie hätten aber nicht die 
Montanisten zuerst aufgestellt, eine ähnliche fände sich auch im 
Kanon Muratori, der mit dem Montanismus nichts zu schaffen 
habe, und sie sei auch von dem Aloger und von Cajus aner- 
kannt. Schw. verweist auf seine weiteren Ausführungen in den 
Abh. d. Gött. Ges. d. Wiss. VII, 5, 33. Zunächst ist zuzugeben, 
daß Epiph. die Aloger nur durch die Widerlegung kennt, d. h. 
das von ihm gebotene Material hat er restlos aus einer polemi- 
schen Abhandlung eines Großkirchlers übernommen, Dieser 
großkirchliche Gewährsmann soll auf Grund der neugefundenen 
Bruchstücke Hippolyts mit absoluter Gewißheit Hippolyt sein. 
Dann sei auch Hippolyt der Chronologe, dessen Angaben Epiph. 
benutzt habe. Nach der Ostertafel auf Hippolyts Statue setzt 
Hipp. die Empfängnis Christi auf den 2. April 2 v. Chr., die 
Passion auf den 25. März 29 n. Chr. Die Schwierigkeit wegen 
der 112 Jahre sucht Schwartz dadurch zu heben, daß er als 
terminus a quo das von Hıpp. auf das J. 122 fixierte Ende der 
apostolischen Zeit annimmt, so daß Hipp. im J. 234 gegen Cajus 
die Schrift verfaßt habe. Aber doch bleibt auch nach Schwartz 
die Teilung des Zeitraumes von 29—234 durch das Jahr 122 
anstößig, da es weder das Datum der Apok. noch das der 
Aloger noch das des Montanismus sein könne. Daher vermutet 
er, daß in diesem Jahre eine Polemik steckt gegen die Meinung, 
Joh. habe die Apok. unter Claudius geschaut. Diese Meinung 
habe der Kritiker Cajus vertreten und gesagt: „Die Apokalypse, 
die im 4. Jahr des Claudius geschaut sein soll, ist kein apostoli- 
sches Buch, denn sonst hätte sie sich nicht an die zukünftige 
Gemeinde von Thyatira wenden können, die 112 Jahre später, 
im 19. Jahre des Antoninus nicht mehr existierte und dem Mon- 
tanismus anheimfiel oder anheimgefallen war“. Darauf ant- 
wortete Hippolyt: „Rechne ich 112 Jahre von meiner Zeit zu- 
rück, so erreiche ich das Ende der apostolischen Zeit und der 
apostolischen Prophetie; nicht lange vor dies Ende fällt die 
Apok., nach diesem Ende haben sich ihre Weissagungen erfüllt“. 


1) Joh. u. Kerinth. S, 214. 


ρῶν τς μον 1 ie 


Exkurs 1. 435 


Das sonderbare Datum 122 = 234 -- 112 = 29 n. Chr. + 93 
erkläre sich daraus, daß Hipp. die Zahl 112 aus einer ganz. 
andern Rechnung übernahm, deren terminus a quo, 44 n. Chr., 
für ibn unannehmbar war. 

Diese Erklärung scheint Schwartz! selbst wenig befriedigt 
zu haben; sie ist auch von vielen Schwierigkeiten gedrückt, ab- 
gesehen von der Verteilung der chronologischen Daten auf zwei 
verschiedene Verfasser, auf den Kritiker Cajus und dessen Gegner 
Hippolyt. Deshalb wird wohl Schwartz nicht zögern, die von 
Holl gegebene Erklärung zu akzeptieren. Wenn aber der Ge- 
währsmann des Epiph. nach dem J. 264 seine Widerlegungs- 
schrift verfaßt haben sollte, wird seine Bekanntschaft mit dem 
Dialoge des Cajus oder mit der Gegenschrift des Hippolyt um 
so wahrscheinlicher, so daß doch hinter den Alogern des Epiph. 
indirekt Cajus steckt. Diese These verfechtet Schwartz im wei- 
teren Verlauf seiner Ausführungen. Er stellt folgende Erwä- 
gungen an?;: „Sind die Aloger, welche die Apok. verwerfen, Ca- 
jus und nur Cajus, so gilt das gleiche von denen, welche das 
Ev. für eine Fälschung erklärten. Der Cajus des Dialogs erklärt 
die Apok. für eine Fälschung Kerinths, die ‘Aloger’ behaupten 
es von beiden Büchern. Die kritische Manier ist durchweg die 
gleiche; es werden Widersprüche, sei es des Evangeliums, sei 
es der Offenbarung mit den Synoptikern oder den paulinischen 
Briefen nachgewiesen; der Angriff besteht aus einzelnen, prä- 
zisen Aporien, verliert sich nie ins lehrhafte; von Theologie oder 
Christologie ist keine Spur zu finden. Vor allem: in beiden 
Fällen redet ein individueller Schriftsteller, der weiter nichts 
erstrebt als die These, daß die beiden “johanneischen’ Schriften 
in der Gemeinde nicht gelesen werden dürfen. Hipp. bekämpft 
Cajus in den ‘Kapiteln’, von denen einige Aporien zur Apoka- 


iypse erhalten sind: er schrieb außerdem Τὰ ὑπὲρ τοῦ κατὰ 


Ἰωάννην εὐαγγελίου καὶ ἀποκαλύψεως. Soll man nun wirklich 


glauben, daß er zwei Kritiker bekämpft, wenn Epiph. die Kritik 


der Aloger gegen die Apok. aus Hippolyt entlehnt und bezeugt, 
daß sie nicht nur die Apok. kritisierten? Daß Hipp. in dem 
letzten syrischen Fragment Joh. 14, 30 gegen Cajus ausspielt, 
ist kein Argument dafür, daß Cajus das Johannesev. anerkannte: 


1) aa. 0. 8. 881. 2) ἃ. ἃ. Ο. 8. 401. 


436 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


so peinliche Rücksichten nimmt die antike Polemik nie, und die 
christliche erst recht nicht .. ... . Cajus war nach Eusebs Urteil 
[K. 6. II, 25, 6 u. VI, 20, 3] ein “bedeutender Schriftsteller’: er 
vermochte die vornehmste Form der kritischen Diskussion zu 
handhaben, den Dialog. Es ist geschmacklos, zu meinen, der 
Dialog habe wirklich stattgefunden; es ist andererseits unwahr- 
scheinlich, daß Cajus der fingierte Name des antimontanistischen 
Unterredners ist, denn einen Montanisten Proklos hat es wirk- 
lich gegeben. Die Vermutung, daß die “alogische’ Kritik der 
johanneischen Schriften in diesem Dialog niedergelegt war, hat 
viel bestechendes. Die Apok. war sicher darin [Euseb. K. 6. 3, 
28, 2) für unecht erklärt; die eleganten rhetorischen Fragen, in 
welche die Aporien gegen das Ev. bei Epiph. gebracht sind, 
passen gut für einen Dialog; endlich stimmt es zu dem frühen 
Ansatz der Apok., den ich für den von Cajus bekämpften Gegner 
in Anspruch genommen habe, wenn der montanistische Klein- 
asiat Proklos gegen die römischen ‘Siegessäulen’ des Petrus und 
Paulus zwar das Grab des Philippus und seiner Töchter aus- 
spielt, aber über den ephesischen Johannes schweigt . . . . . Ist 
die Vermutung richtig, so ist die Datierung des Dialogs durch 
Euseb falsch!, schon deshalb, weil nicht erst Hipp., sondern schon 
Irenäus Cajus bekämpfte [3, 11,9). Der einzige Irrtum Eusebs 
wäre es nicht, er setzt ja auch Montanus erheblich zu spät; 
beide. Fehler könnten sogar zusammenhängen. Aber ein zweites 
kommt hinzu: Euseb nennt den Verfasser des Dialogs einen 
‘kirchlichen’, d. h. rechtgläubigen Mann. Nun bin ich zwar der 
Meinung, daß es noch um 160 möglich war, die Echtheit des 
Johannesevangeliums anzuzweifeln, ohne exkommuniziert zu 
werden; Jrenäus. literarische Polemik war für die Praxis des 
römischen Bischofs nicht maßgebend. Aber Euseb hat den 
Dialog gelesen, und er konnte allerdings trotz aller Sympathie 
mit den Angriffen gegen die Apokalypse, in der Kritik des Evan- 
geliums nur eine Ketzerei sehen.“ 

„Hier steckt ein Problem, das mit unsern Mitteln nicht 
reinlich zu lösen ist. Ich sehe nur zwei Auswege. Entweder 
‚Eusebs Zeitbestimmung ist richtig und der Dialog um 200 ge- 
schrieben; dann ist der Verfasser nicht der “Aloger’ Cajus, den 


1) Die Zeit des Zephyrin setzt Schw. auf 200—217, 


Exkurs 1. 437 


Hippolyt in den ‘Kapiteln’ und bei Epiphanius bekämpft, son- 
dern ein Anonymus, der den beiden Personen seines Dialogs 
historische Namen gab und seinem Cajus die Kritik, welche 
der echte Cajus an der Apokalypse geübt hatte, in den Mund 
legte. Oder Euseb hat sich versehen und der Dialog, der die 
Kritik der beiden johanneischen Schriften als ein Ingrediens der 
Polemik gegen die “Phryger’ enthielt, ist älter: in diesem Fall 
hat Hippolyt ihn noch in unversehrtem Zustande gelesen und 
ihn etwa 70 Jahre nach seinem Erscheinen — man denke an 
Origenes und Celsus — bekämpft; in der Bibliothek von Caesarea 
dagegen befand sich nur ein Exemplar, aus dem die Kritik des 
Evangeliums entfernt war. Ich bekenne offen, daß ich diesen 
Ausweg vorziehe.“ 

Ich habe diese Ausführungen eines Meisters der kritischen 
Methodik in extenso zum Abdruck gebracht, da ein Referat 
nicht den ganzen Aufbau der komplizierten Beweisführung 
wiederzugeben vermag. Wir werden bald erkennen, daß hier 
Falsches und Richtiges durch einander gemischt und der wahre 
Sachverhalt zum teil schon dunkel geahnt ist. Freilich scheint 
Schwartz selbst seine These in der Hauptsache wieder aufgegeben 
zu haben. Denn in seiner jüngsten Abhandlung „Johannes und 
Kerinthos“ 1.e. S.213 zählt er Cajus nicht mehr zu den ‘Alogern’, 
die auch das Ev, angegriffen haben, läßt auch sonst viele Auf- 
stellungen fallen, wenn er schreibt: „Von den johanneischen 
Sehriften griff Cajus, wie's am Anfang des dritten Jahrhunderts 
zu erwarten ist, nur die Apokalypse an: das zeigen die Reste 
von Hippolyts Κεφάλαια κατὰ Γαΐου. Aber diese Angriffe waren 
entlehnt aus einem älteren Werke, das ebenfalls im antimon- 
tanistischen Sinne geschrieben war und nicht nur die Apokalypse, 
sondern auch das Evangelium Johannis für untergeschobe n er 
klärt hatte; es ist dasjenige Werk, aus dem Epiphanius die 
Sekte der Aloger herausgesponnen hat, und gegen das noch 
Hippolyt polemisierte, in einem Buche, das von den Kepalaıa 
κατὰ Γαΐου deutlich unterschieden wird. Aus ihm hat Gaius 
die Behauptung, daß Kerinthos die Apokalypse untergeschoben 
habe, entnommen; nur war diese dort noch auf das Evangelium 
ausgedehnt“. 

_ Mit allgemeinen Raisonnements wird man m. E. keine be- 
friedigende Lösung der vorliegenden Probleme finden, es muß 


438 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


neues Material herbeigeschafft werden. Dieses Neue erhalten 
wir in einer Notiz, die den Gelehrten bisher entgangen ist und 
die wir wiederum dem Spürsinn von Holl verdanken. Auf S. 251, 
24 ff. in seiner Ausgabe Bd. Il verweist er auf Rendel Harris, 
Hermas in Arcadia and other essays, Cambridge 1896 p. 48 und 
auf Labriolle, Les sources de l’histoire du Montanisme p. LXXIIl. 
Dort wird vermerkt, daß Dionysius Bar Salibi in seinem Kom- 
mentar zum Johannesev.! überliefert: „Der Häretiker Cajus tadelt 
Johannes, weil er nicht mit seinen Brüdern den Evangelisten über- 
einstimme, die sagen (l. sofern er sagt), daß Christus von der 
Taufe weg nach Galiläa ging und das Wunder der Weinver- 
wandlung in Kana verrichtete“. Da erhalten wir den urkund- 
lichen Beleg für die Tatsache, die noch Harnack ? als undenkbar 
bezeichnet hatte, die Schwartz richtig diviniert, um sie später 
wieder aufzugeben, daß derselbe Cajus, von dem uns Dion. Bar 
Salibi in dem Kommentar zur Apokalypse Proben seiner 
Kritik an der Apok. übermittelt, auch das Ev. des Joh. mit 
den gleichen Waffen angegriffen hat. So entpuppt sich Cajus 
als Aloger im vollen Sinne des Wortes. Die kritische Note 
deckt sich in der Manier vollständig mit der bei der Apoka- 
lypse beobachteten und, was noch bezeiehnender, dieser Kritiker 
bringt die gleiche Aporie gegen das Ev. vor wie der Kritiker 
bei Epiphanius. Bei beiden werden die drei Evangelisten als 
eine Einheit dem Ev. Joh. gegenübergestellt. Sie führen auch 
hier den solennen Titel εὐαγγελισταί (vgl. h. 51,4, 10; 13,1; 
21, 15; 22, 1), während dem Verfasser des Ev. dieser Titel ab- 
gesprochen wird. Und vor allem das, was die sogen. Aloger 
des Epiph. in ihrer Kritik vom synoptischen Standpunkt gegen 
das Ev. Joh. ins Feld führten, die mangelhafte Überlieferung 
des Stoffes, die sich besonders in der Unterdrückung der Ge- 
schichte von dem Aufenthalt Jesu in der Wüste und der Ver- 
suchung bemerkbar mache, kehrt hier in einem kurzen Re- 
ferate des Kommentators wieder, daß Joh. unmittelbar auf die 
Taufe die Rückkehr nach Galiläa und die Hochzeit zu Kana 
folgen lasse. Und zuletzt, bei Dionys. Bar Sal. schließt sich 
auch hier unmittelbar an den Einwurf die Widerlegung mit den 


1) Dieser Kommentar befindet sich in einem unedierten syr. 
Ms. des Trinity College in Dublin, dazu Brit. Museum Codd. Add, 
7184 u. 12143. 2) Gesch. d. altchr. Literatur II, 2, 227. 


re ὁ 439 


Worten an: „Der heilige Hippolyt gegen ihn“!. Hippolyt 
macht den harmonistischen Rettungsversuch, Joh. 1, 35—2, 11 
zwischen die Versuchungsgeschichte und die Berufung der ersten 
Jünger einzuschieben, genau so wie Epiph. oder besser seine 
Vorlage e. 13,7 die Aporie zu lösen versucht. Damit ist der ur- 
kundliche Beweis geliefert: 1) daß Dionys. Bar Sal. sowohl bei der 
Apok. wie beim Ev. aus einem Werke geschöpft hat, in welchem 
Cajus und Hippolyt über die Apokalypse und das Evangelium 
verhandelten und 2) daß dasselbe Werk auch von Epiphan. oder 
seinem Gewährsmann benutzt ist. Zugleich wird die Beobachtung 
von Schwartz bestätigt, daß in den Bruchstücken, die Epiph. 
erhalten hat, ein einzelnes Individuum redet, ein scharfsinniger, 
nüchterner Mann, der mit seiner Kritik der Kirche einen Dienst 
erweisen will. Aber Schw. schießt doch weit über das Ziel hinaus, 
wenn in diesem Individuum keine Schule, keine Sekte, keine 
Gemeinde zu Worte kommen oder wenn gar Irenäus den Cajus 
bekämpft haben soll. Die bestimmten Angaben, die Euseb über 
die Persönlichkeit des Cajus macht, können unmöglich aus der 
Luft gegriffen sein; die Zeitbestimmung unter dem römischen 
Bischof Zephyrin muß in der Schrift selbst begründet gewesen 
sein. Mag auch der Dialog gegen Proklus ein literarisches Pro- 
dukt sein, so liegt ihm doch ein bestimmter Anlaß zu Grunde, 
der den Cajus zur Abfassung seiner Schrift bewog, so daß 
höchst wahrscheinlich eine Disputation zwischen Cajus und Pro- 
klus stattgefunden oder Proklus seine Ansichten schriftlich fixiert 
hat. Unnachahmlich ist die Berufung des Cajus auf die Gräber 
der Apostelfürsten, auf die die römische Gemeinde so stolz ist. 
Cajus fühlt sich also als Glied der römischen Gemeinde, umgekehrt 
fühlt sich Proklus als Kleinasiat, wenn er auf die Gräber des 
Apostels Philippus und seiner vier weissagenden Töchter in 
Hierapolis hinweist (Euseb. h. e. III, 31, 4). Darin offenbart sich 
zugleich der Montanist, daß er für die montanistische Prophetie 
diese Größen der apostol. resp. nachapostolischen Zeit als Zeugen 


1) Vgl. Labriolle 1. c, p. LXXIII. 2) Diese Haltung eines 
Römers offenbart sich auch im Kanon der Schriften. Ausdrücklich 
bemerkt Euseb. ἢ, e. VI, 20, 3, daß Cajus nur 13 Briefe des Paulus 
aufzählt, den Hebräerbrief aber ausschließt. Ganz richtig fügt Euseb 
hinzu: ἐπεὶ καὶ εἰς δεῦρο παρὰ Ῥωμαίων. τισὶν οὐ νομίξεται τοῦ ἀπο- 
στύλου τυγχάνειν, 


440 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


anruft und sich auf die Diadoche der urchristlichen Prophetie [ 


stützt! (vgl. Euseb. h. e. V,17,3.4). Irgend eine Kontroverse / 


über den Apostel Johannes scheint in dem Dialoge nicht laut 
geworden zu sein, sonst hätte uns Irenäus, der so eifrig nach 
solchen Bemerkungen fahndet, sie uns sicherlich nicht vorent- 
halten ?, Im Dialoge müssen einen Hauptgegenstand der Kontrö- 
verse die prophetischen Aussprüche der Montanisten gebildet 
haben, die in deren Sonderschriften niedergelegt waren, insbe- 
sundere die Sammlung der prophetischen Aussprüche des Mon- 
tanus und seiner Anhängerinnen, denn Cajus muß sich gegen 
die Einführung neuer Schriften kräftig gewehrt haben, da es 
bei Eusebius heißt: ἐν ᾧ τῶν δι᾿ ἐναντίας τὴν περὶ τὸ συντάτ- 
τειν χαινὰς γραφὰς προπέτειάν τε καὶ τόλμαν ἐπιστομίζων etc, 
(h. e. VI, 20,3). Es ist nun ganz gleichgültig, ob Proklus ein 
geborener Kleinasiat war oder nicht, denn der Kampf selbst 
war eine Verpflanzung der montanistischen Krisis auf römischen 
Boden. Diese Krisis hat in Rom die gleichen Bewegungen 
ausgelöst wie früher in Kleinasien. Cajus und Proklus sind 
nur Epigonen; wir können hier «dieselbe Erscheinung konsta- 
tieren, die wir im monarchianischen Streite erleben, dessen 
Wellen auch bald nach Rom herüberschlugen. Deshalb ist 
Cajus ein Geistesverwandter jener Namenlosen, die nach Irenäus 
die montanistische Prophetie durch Leugnung des Ev. (und der 
Apok.) zu bekämpfen versuchten. Hier in Kleinasien‘ sind die 
geistigen Waffen von beiden Seiten geschmiedet worden. Mag 
auch in den Bruchstücken des Hippolyt und des Epiphan, ein 
einzelnes Individuum zu uns reden, so ist dieses doch der Dol- 
metsch einer ganz bestimmten theologischen Anschauung. Cajus 
ist nichts weiter als der wissenschaftliche Vertreter dieser Rich- 
tung. Im Dienste der Großkirche glaubte Cajus wie die Namen- 
losen als Heilmittel zur Überwindung der hereingebrochenen 


Krisis die Preisgabe der johanneischen Schriften? empfehlen zu 


1) Proklus scheint noch andere Propheten angeführt zu haben. 
Vor den vier Töchtern des Philippus muß noch ein Mann genannt 
sein, da der Satz mit μετὰ τοῦτον eingeleitet war, vielleicht ist dar- 
unter der Apostel Philippus selbst zu verstehen, 2) Auch in der 
Streitschrift des Miltiades wider die Montanisten spielt der Apostel 
Joh. keine Rolle (Euseb. ἢ. e. V, 17, 8. 4). 3) Die Briefe des 
Joh. sind an dieser Kontroverse nicht beteiligt. Die Worte des 


ER 


NT, Is. | 441 


sollen. Man hatte voll Genüge an dem Christusbild der drei 
Synoptiker und glaubte des Joh.-Ev.s entbehren zu können, da 
die Logoschristologie der Apologeten und antignostischen Väter 
noch nicht den Sieg davon getragen hatte. Ich möchte in 
Cajus einen Anhänger des Praxeas erblicken, denn dieser stammte 
aus Kleinasien und hatte von dort die entschiedene Abneigung 
gegen die neue Lehre nach Rom verpflanzt, soll doch auf seine Ver- 
anlassung der Bischof Vietor ein Gegner der Montanisten geworden 
sein (vgl. Tertullian, adv. Prax. c. 1). Ohne Zweifel ist durch 
Praxeas der Boden für die antimontanistische Stimmung in Rom 
vorbereitet worden, und er könnte auch die antimontanistischen 
Schriften, darunter die der Aloger, mitgebracht haben; auch in 
Kleinasien wird es literarische Vertreter der Aloger gegeben 
haben, denn derartige kritische Untersuchungen eines literari- 
schen Problems können nicht auf dem Wege der mündlichen 
Abwehr geführt werden, sondern verlangen eingehende schrift- 
liehe Begründung'!, Wir werden also bei Cajus nur das Echo 
der früheren Erörterungen vernehmen. Wo aber hat nun Cajus 
seine Kritik gegen die johanneischen Schriften niedergelegt? 
Eusebius hat uns aus dem Dialoge gegen Proklus wörtlich ein 
Fragment überliefert, das sich mit der Apokalypse beschäftigt 
(h. e. III, 28, 2): ἀλλὰ καὶ Κήρινϑος ὁ di ἀποκαλύψεων οἷς 
ὑπὸ ἀποστόλου μεγάλου γεγραμμένων τερατολογίας ἡμῖν ὡς 
δι᾿ ἀγγέλων αὐτῷ δεδειγμένας ψευδόμενος ἐπεισάγει λέγων 
μετὰ τὴν ἀνάστασιν ἐπίγειον εἶναι τὸ βασίλειον τοῦ Χριστοῦ, 
καὶ πάλιν ἐπιϑυμίαις καὶ ἡδοναῖς ἐν Ἱερουσαλὴμ τὴν σάρχα 
πολιτευομένην δουλεύειν. καὶ ἐχϑρὸς ὑπάρχων ταῖς γραφαῖς 
τοῦ ϑεοῦ ἀριϑμὸν χιλιονταετίας (ὁρίζει, μεϑ᾽ ἣν οὐράνιόν τινα 
τόπον ἐπιγείου ὡς)" ἐν γάμῳ ἑορτῆς, ϑέλων πλανᾶν, λέγει 
γίνεσϑαι. Hier erfahren wir, daß Kerinth Wunderdinge vor- 
lügt u. zw. vermittelst Offenbarungen, die angeblich von einem 


---- — — — 


Epiph.- c. 34 ἐπαίρονται δὲ πάλιν τῇ διανοίᾳ οἵ αὐτοὶ λεξιϑηροῦντες 
ἀπείρως, ἵνα δόξωσι παρεχβάλλειν τὰ τοῦ ἁγίου ἀποστόλου βιβλία, φηαὶ 
τοῦ αὐτοῦ ᾿Ιωάννου τὸ re εὐαγγέλιον καὶ τὴν ᾿Αποκάλυψιν, τάχα 
δὲ καὶ τὰς ἐπιστολάς" συνάδουσι γὰρ καὶ αὗται τῷ εὐαγγελίῳ καὶ 
τῇ ᾿“ποκαλύψει zeigen deutlich, daß er in seiner Quelle keinen An- 
griff gegen die Briefe vorgefunden hat. 
1) Mit den Monarchianern verbindet die Aloger und Cajus die nüch- 
terne exegetische Methode. 2) Ergänzung von Ed. Schwartz Abh. 8.38. 


442 Schmidt-Waäjnberg: Epistola apostolorum. 


großen Apostel aufgeschrieben sind und ihm durch Engel gezeigt 
sein sollen. Den Vorwurf der Lüge hatten die Aloger des Epiph. 
gegen das Ev. des Joh. erhoben und ihren Widerspruch gegen 
die johanneischen Schriften überhaupt durch Unvereinbarkeit 
mit den sonstigen Schriften begründet. Die Ausdrücke des Cajus 
wie ψευδόμενος und 249005 ὑπάρχων ταῖς γραφαῖς τοῦ ϑεοῦ 
entspricht also ganz dem alogischen Standpunkte. Als Sondermei- 
nungen, die den Schriften Gottes und damit dem Glauben der 
Kirche widersprechen, werden hervorgehoben: 1) die Annahme 
eines irdischen Reiches nach der Auferstehung, 2) die Ansicht 
von dem Verweilen des Fleisches in Jerusalem behufs Fröhnen 
der Begierden und Lüste, 3) die Lehre von dem 1000jährigen 
Reiche in Verbindung mit einem Hochzeitsfeste. Diese Ein- 
wendungen beziehen sich offenbar auf ein bestimmtes Buch, 
das den Anspruch erhob, zu den γραφαί der christlichen Kirche 
gerechnet za werden. Näher noch wird es charakterisiert als 
ein solches Werk, das Offenbarungen enthält, die dem Empfänger 
durch Engel gezeigt sind, und das zugleich den Namen eines 
großen Apostels trägt, Es bedarf keiner weiteren Erörterung, 
daß Cajus die Apokalypse des Joh. im Auge hat, da sich die 
inkriminierten Punkte sämtlich am Schluß der Apok. e. 19—21 
finden, der Name des großen Apostels und der zeigende Engel 
in dem Prooemium. Ohne jeden Versuch eines Beweises wird 
keck behauptet, daß Kerinth der Verfasser der pseudoapostoli- 
schen Schrift sei; er scheint dem Leser eine bekannte Größe 
zu sein. Dies läßt darauf schließen, daß von Kerinth an einer 
früheren Stelle ausführlicher die Rede war. Trotz dieser schroffen 
Verwerfung der Apok. hat Eusebius dem Verfasser des Dialoges 
den Ehrentitel eines ἐχχλησιαστιχὸς ἀνήρ (h. 6. II, 25, 6), eines 
λογιώτατος ἀνήρ (ib. VI, 20, 3), dessen Werk Aufnahme in die 
von Alexander, Bischof von Jerusalem, gegründete Bibliothek 
gefunden hatte, nicht vorenthalten. Der Dialog muß also abge- 
sehen von dieser Spezialansicht nichts Antikirchliches enthalten 
haben; Eusebius konnte deshalb bei seiner Stellung! und der 
der Kirche des Ostens zu der Apokalypse diesen Schönheitsfleck 
mit Liebe zudecken. 

Mit diesem Fragment aus dem Dialoge des Cajus verbindet 


1) Vgl. h. 6. III, 24, 18; 25, 2. 4; 39, 6. 


2 — Ξ Exkurs 1. 443 
πον ein zweites Referst über die Lehre des Kerinth aus dem 


zweiten Buche περὶ ἐπαγγελεῶν des Dionysius von Alexandrien (ἢ. 


e. ΠῚ, 28, 4. 5) und wiederholt dasselbe in vollständiger Fassung 
VII, 25, 1ff. Dionysius schiekt gleich voraus, daß er nicht sein 
eigenes Urteil hier vorlege, sondern dasjenige von τερὲς τῶν 
πρὸ ἡμῶν. Dieses Urteil lautete, daß die Apokalypse des Joh. 
unecht und gänzlich zu verwerfen sei. Begründet war dieses 
Verdikt durch eine kritische Untersuchung des Buches u. zw. 
Kapitel für Kapitel. Das Ergebnis dieser Kritik war, daß das 
Buch unverständlich und ohne Zusammenhang sei. Die Auf- 
schrift sei erlogen, es sei kein Werk des Johannes, es könne 
überhaupt keine Offenbarung genannt werden, da es vielmehr 
mit einem großen und dichten Schleier der Unverständlichkeit 
verhüllt sei. Kein Apostel, ja selbst nicht ein heiliger und 
rechtgläubiger Mann sei der Verfasser, sondern Kerinth, der 
nur seine Dichtung mit einem glaubwürdigen Namen schmücken 
wollte. Nach der Lehrmeinung dieses Kerinth sei das Reich Christi 
ein irdisches, dasselbe werde in solchen Genüssen bestehen, nach 
welchen er selbst als ein φιλοσώματος καὶ πάνυ σαρχιχός be- 
gehre, nämlich in Befriedigung des Bauches und Völlereien, d. h. 
in Essen, Trinken und Hochzeitsfreuden oder mit euphemisti- 
schen Ausdrücken in Festen, Opfern und Opfermahlzeiten. 


Offensichtlich hat Dionysius dieses Referat aus einem be- 
stimmten Buche geschöpft, das auf einen bestimmten Verfasser 
zurückgeht. Hinter den rıres steckt eine einzige Persönlichkeit, 
die aber als Sprachrohr einer ganzen Gruppe anzusehen ist. Ver- 
gleicht man nun die beiden von Eusebius vorgelegten Exzerpte, 
so fällt die Übereinstimmung in der Schilderung der Lehre und 
in der Haltung zur Apokalypse sofort in die Augen, sie erstreckt 
sich teilweise bis auf den Wortlaut’. Man hat fast allgemein 
angenommen, daß Dionysius den vorher von Eusebius zitierten 
Dialog des Cajus benutzt habe, insbesondere Zahn ist der An- 


‚sicht, daß Eusebius den Dionysius richtig verstanden habe, wenn 


er seinen Bericht über eine ältere Ansicht von der Apokalypse 


- mit der Schrift des Cajus in Verbindung setzte. Aber nach der 


Aussage des Dionysius erstreckte sich in seiner Quelle die Kritik 
der Apokalypse auf die einzelnen Kapitel. Das sieht doch eher 


1) Vgl. Zahn, GK I, 230, Anm, 2. 


444 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


nach einer eingehenden exegetischen Abhandlung als nach einem 
Dialoge aus, denn im letzteren Falle müßte Proklus die Rolle 
eines Gegenpartners übernommen haben, um die einzelnen Ein- 
würfe zu widerlegen. Der kurze Bericht des Dionysius zeigt 
einen straffen Zusammenhang der Beweisführung in bezug auf 
das Thema der Unechtheit und Verwerfung der Apokalypse. 
Sie beginnt mit einer Untersuchung der einzelnen Kapitel und 
kommt zu dem Resultat, daß das Ganze ἄγνωστον und ἀσυλλό- 
yıorov wäre, wendet sich dann gegen die Aufschrift, verwirft 
diese und greift zugleich den Öffenbarungscharakter des Buches 
an. Darauf wird das Problem der Verfasserschaft in Angriff ge- 
nommen und Kerinth als Verfasser statuiert. Das wird zum Schluß 
bewiesen durch seine Lehrmeinungen, die mit denen der Apo- 
kalypse übereinstimmen und daher die letztere als das eigene 
Machwerk des Kerinth charakterisieren. Dagegen weist alles 
das, was uns Eusebius an Exzerpten aus dem Dialoge überliefert, 
darauf hin, daß die Apokalypse nicht ausschließlich in dem Mittel- 
punkt der Kontroverse stand; der Montanismus als Gesamter- 
scheinung war von Cajus angegriffen, in erster Linie die pro- 
phetischen Aussprüche der Montanisten und ihre grob massiven 
eschatologischen Erwartungen. Dabei kommt Cajus natürlich 
auf die Apokalypse zu sprechen und wenn er auch sicherlich, 
abgesehen von der bei Eusebius mitgeteilten kurzen Notiz, an 
einer früheren Stelle über den Charakter dieser Schrift ein- 
gehender gehandelt haben wird, so kann diese Polemik nicht 
die Form eines kritisch-exegetischen Kommentars angenommen 
haben. Cajus’ Bericht macht den Eindruck, daß er mit bereits 
ihm überlieferten Material operiert, welches er einer Vorlage 
entnommen hat. Daher bin ich der Meinung, daß Cajus ein 
älteres Werk aus der Hand eines Alogers benutzt hat, das 
noch dem Dionysius vorlag'. Dionysius rechnet den Verfasser 
zu den Vertretern der ἀνέχαϑεν παράδοσις 2 (h. e. III, 28, 7), 
auch zählt er ihn zu den τενὲς πρὸ ἡμῶν (h. 6. VII, 25, 1), wo- 
mit, wie Zahn richtig bemerkt, die ehrwürdigsten Altvordern 
der kirchlichen Theologie zitiert wurden. Hätte er den Dialog 


1) Diese Ansicht vertritt auch Corssen, Monarch. Prologe 8. 55. 
2) Vgl. dazu Clemens Al. in den Hypotyposen παράδοσις τῶν ἀνέχα- 
ϑὲν πρεσβυτέρων (Euseb. ἢ. 6. VI, 14, 5). 


Exkurs 1. 445 


des Cajus im Auge gehabt, so würde er wohl schwerlich in Cajus, 
‚der ja zu seinen jüngeren Zeitgenossen gehörte, einen Mann der 
Vorzeit erblickt haben. Sein Gewährsmann muß vielmehr dem 
zweiten Jahrhundert angehört haben. So erklärt sich die Über- 
einstimmung der Aussagen über Kerinth und die Apokalypse 
nicht aus der gegenseitigen Abhängigkeit des Dionysius von 
Cajus, sondern aus der gemeinsamen Benutzung einer älteren 
“Quelle. In dieser Quelle kann keine radikale Kritik an dem Ev. 
des Johannes geübt worden sein. Eine solche Kritik hätte un- 
bedingt die schroffste Zurückweisung von Seiten des Dionysius 
erfahren müssen, während er bei der Apokalypse, die er ja 
selbst nicht als Werk des Apostels Johannes anerkennen will, 
sich mit der lauen Bemerkung begnügt: ἐγὼ δὲ ἀϑετῆσαι μὲν 
οὐχ ἂν τολμήσαιμε τὸ βιβλίον, πολλῶν αὐτὸ διὰ σπουδῆς 
ἐχόντων ἀδελφῶν. Um so gewisser ist ihm die Autorschaft des 
Apostels Johannes für das Ev. und den katholischen Brief, deren 
Zusammengehörigkeit in sachlicher und sprachlicher Beziehung 
gegenüber der Apokalypse er näher zu begründen versucht. 
Hat aber Cajus sowohl wie Dionysius eine Abhandlung be- 
nutzt, die sich in einer radikalen Kritik gegen die Apokalypse 
erging, so müßten wir diese Quelle aus den Cajus-Fragmenten 
des Hippolyt rekonstruieren können, wenn wir nicht ‚heute 
wüßten, daß der von Hippolyt bekämpfte Cajus auch das Evan- 
gelium des Johannes verworfen hat. Wie lassen sich diese 
Widersprüche beheben? 
Nach der Vermutung von Schwartz, der ja früher die 
Meinung vertrat, daß in dem Dialoge auch das Ev. des Joh. 
verworfen war, soll aus dem auf der Bibliothek zu Caesarea auf- 
bewahrten Exemplar des Dialoges die Kritik desEv. entfernt worden 
sein. Diese Verstimmelung müßte bereits vor 250 stattgefunden 
haben, da Dionysius in seinem Exemplar keine Feindschaft gegen 
das Ev. vorgefunden haben kann. Aber sie wäre auch schwer 
ausführbar gewesen, denn wir dürfen wohl aus der Reihenfolge, 
in der bei Hippol. und Epiph. die beiden johanneischen Schriften 
vorgenommen werden, den Schluß ziehen, daß das Evangelium 
an erster Stelle!, die Apokalypse an zweiter Stelle behandelt war. 


1) Dieses Argument würde nicht ziehen, wenn der von Ebed- 
jesu genannte Titel der ursprüngliche wäre; s, u. 8, 447. 


446 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Ist diese Beobachtung richtig, so müßte also der Schlußteil einen 
Torso gebildet haben, der leicht zu bemerken gewesen wäre. 
Eusebius hat aber von einem solchen verstümmelten Texte nichts 
bemerkt; seine Angaben über die Zeit des Verfassers, über die 
Apostelgräber in Rom und die Gräber des Philippus und seiner 
vier Töchter in Hierapolis, über die Benutzung der Paulinischen 
Briefe liefern den deutlichen Beweis, daß in dem Dialoge nicht 
ausschließlich das Problem der Authentizität der Apokalypse be- 
handelt war, und weiter, daß Eusebius den Originaltext wirklich 
in der Hand gehabt hat. In dem Dialoge kann also Cajus sich 
noch nicht als entschiedener Aloger bekannt haben; er war 
sicherlich nicht von Anfang an ein Aloger gewesen, sondern 
seine negative Stellung zu den johanneischen Schriften war erst 
durch das Auftreten der Montanisten in Rom veranlaßt worden. 
Beides, sowohl die Aloger wie die Montanisten, waren ja Impor- 
ware aus Kleinasien. Deshalb bin ich der Meinung, daß Cajus 
seine schriftstellerische Tätigkeit mit der Abfassung des Dialoges 
nicht beschlossen hat!; er muß aus irgend welchen, Gründen, 
die wir nicht kennen, bewogen worden sein, sein Urteil über 
die Apokalypse auch auf das Ev. auszudehnen, und hat dies in 
einer besonderen Schrift, die nicht mehr erhalten ist, zum Aus- 
druck gebracht. Dies erst gab dem Hippolyt den Anlaß, nun 


seinerseits als Verteidiger der johanneischen Schriften aufzutreten. 


Dazu mußte er sich einerseits als Logoschristologe, andererseits 
als begeisterter Anhänger der urchristlichen eschatologischen 
Hoffnungen bewogen fühlen, hatte er doch um das J. 202/3 seine 
Schrift περὶ Χριστοῦ καὶ περὶ τοῦ Avrıygiorov und bald darauf 
seinen umfangreichen Kommentar εἰς τὸν Δανιήλ in Rom er- 
scheinen lassen. Diese beiden Schriften verraten noch nichts 
von einer Gegnerschaft gegen die Apokalypse? Wie lautete 


1) Man darf sich nicht auf Photius Bibl. cod. 48 berufen, der 
in den Randbemerkungen seines Exemplares der Schrift Hippolyts 
περὶ τῆς τοῦ παντὸς οὐσίας die Notiz vorfand, daß der römische Pres- 
byter und spätere Heidenbischof Cajus nicht nur Verfasser dieser 
Schrit, sondern auch des „Labyrinths“, ἃ, ἢ, des Elenchos und der 
Schrift gegen Artemon wäre. Hier liegt eine offensichtliche Ver- 


wechslung des Cajus mit Hippolyt vor, die dem Scholiasten zur Last 


fällt, 2) Daraus hat man mit Recht den Schluß gezogen, daß 
der Dialog des Cajus nach ἃ. J. 203 verfaßt is. Nach Zahn, GK 


— — Exkurs I. 447 


Σ ᾿ nun jene Gegenschrift des Hippolyt? Auf der Statue finden 


wir eine Schrift unter dem Titel ὑπὲρ τοῦ χατὰ Ἰωάννην 


as > ah "A ΠΑΡ ἧς 
r = ” 


χαὶ ἀποκαλύψεως angeführt und dieselbe kennt 
auch der Syrer Ebedjesu (Catal. libr. omn. eceles. ce, 7) unter 
dem Titel apologia pro apocalypsi et evangelio Johannis apo- 
stoli et evangelistae!, aber dieser letztere nennt unmittelbar 
vorher eine Schrift „capitula contra Cajum“. Man hat fast 
allgemein darunter zwei verschiedene Schriften verstanden und 
die χεφάλαια κατὰ Γαΐου mit der Schrift gegen den Dialog des 
Cajus identifiziert. Nun hat sich aber herausgestellt, daß im 
Dialoge keine direkte Polemik gegen das Evangelium Joh. vor- 
handen gewesen sein kann, daß andererseits die von Dionysius 
Bar Salibi benutzte Streitschrift des Hippolyt gegen Cajus auch 
das Ev. Joh. zum Gegenstande batte. Dann ist aber der Schluß 
unabweislich, daß Hippolyt nur ein einziges Werk geschrieben 
hat, und wir unter den Angaben des Ebedjesu nur einen Doppel- 
titel ein und desselben Werkes zu erblicken haben, wie bereits 
R. Harris es vermutet hat. In der Schrift ὑπὲρ τοῦ χατὰ 
Ἰωάννην εὐαγγελίου χαὶ ἀποχαλύψεως nahm Hippolyt den 
Kampf gegen Cajus und damit gegen den Vertreter der Aloger 
in Rom auf?, Aus dieser Schrift des Hippolyt — das Original 
des Cajus muß bald untergegangen sein — wird auch Epiphanius 
sei es direkt, sei es indirekt geschöpft haben. Sollte die von Holl 
gegebene Deutung der chronologischen Angabe in ce. 33 die 
richtige sein, so fiele eine direkte Benutzung dahin, da der be- 


II, 985 soll die Apologie des Hippolyt für das Ev. des Joh. und 
die Apok. etwa gleichzeitig mit dem Kanon Muratori um 205—210 
verfaßt sein, der Dialog um 210—215 und bald darauf Hippolyts 
BL τὰ gegen Cajus. Vgl. Harnack, Gesch. d. altchr. Lit. II, 2, 
. 22 

1) Vgl. Assemani, Bibl. Orient, III, 1, 15. Bemerken will ich, 
daß nach der Angabe des Ebedjesu an erster Stelle die Apokalypse, 
an zweiter Stelle das Evangelium behandelt worden ist, aber ich 
halte den Titel auf der Statue für den ursprünglichen, 2) Hat 
Euseb. richtig die schriftstellerische Tätigkeit des Cajus auf die Zeit 
des Zephyrin ce. 199—217 fixiert, so wird wohl auch die Schrift des 
Hippolyt noch vor 217 fallen müssen. Merkwürdig bleibt es, daß 
Hippolyt in seinem Elenchos, der auf Grund des Proömiums nach 
d. 1. 222 verfaßt ist, den Cajus resp. die Aloger noch nicht in den 


Ketzerkatalog aufgenommen hat. 


448 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


treffende Kritiker erst nach dem J. 264 geschrieben haben kann, 
aber viel einfacher würde — das muß ich offen gestehen — eine 
Lösung sein, die der Annahme einer direkten Benutzung der 
Sehrift des Hippolyt durch Epiphanius ermöglichte, denn die 
Statuierung eines unbekannten Schriftstellers läßt immer einen 
Stachel des Unbefriedigtseins zurück, zumal wenn dieser nur ein 
Nachtreter des Hippolyt gewesen sein kann. Unbedingt. wird 
sich in der Widerlegung des Hippolyt gegen Cajus auch eine 
Auseinandersetzung über Apok. 9, 14f. vorgefunden haben, da 
ja diese Widerlegung Kapitel für Kapitel erfolgte. Es läßt sich 
daher erwarten, daß bei dieser Gelegenheit der Chronologe 
Hippolyt ebenfalls die Weissagung auf die Gemeinde von Thya- 
tira als tatsächlich eingetroffen nachgewiesen hat. Die Zahlen- 
angaben in dem Werke des Epiph. bilden ja ein ganz. beson- 
deres Kapitel, da sie in der handschriftlichen Überlieferung 
stark korrumpiert sind. Eine Benutzung des Syntagma Hippo- 
lyts dagegen kann garnicht in Betracht kommen, denn nicht 
einmal in dem später verfaßten Elenchos werden Cajus noch die 
Aloger als Ketzer angeführt, auch hätte das Syntagma niemals 
eine so umfassende Polemik, wie sie uns bei Epiphanius ent- 
gegentritt, sich leisten können. Man hat für diese These stets 
Philastrius ins Feld geführt. Schon die Tatsache, daß Philastrius 
diese Häretiker im Anhang vor den Manichäern behandelt, wo er 
in dem Abschnitt haer. 54—64 gewissermaßen eine Nachlese zu 
den bei Hippolyt vorgefundenen Ketzereien liefert, sprieht ent- 
schieden gegen die Benutzung des Syntagma. Und vergleicht 
man nun die beiden Darstellungen bei Epiph. und Philastrius 
(e. 60), so kommt letzterer über Allgemeinheiten nicht hinaus. 
Phil. hat sich mit einem dürftigen Referat aus Epiphanius be- 
gnügt. Die Worte: qui evangelium χατὰ Ἰωάννην et Apocalypsim 
ipsius non aceipiunt sind aus Epiph. h. 51, 3, 3 aufgelesen: οὔτε 
τὸ τοῦ ᾿Ιωάννου εὐαγγέλιον δέχονται οὔτε τὴν αὐτοῦ Aroxd- 
λυψιν. Ferner ist der Satz: et cum non intelligunt virtutem 
seripturae nur eine Umschreibung des Vorwurfes bei Epiph. 
ὁ. 17, 11: μὴ νοοῦντες γὰρ τὴν δύναμιν τῶν εὐαγγελιῶν, und 
zuletzt die Worte: ut etiam Cerinthi illius haeretiei esse (sc. 
evangelium) audeant dicere Apocalypsim ipsius itidem non 
beati Ioannis evangelistae et apostoli, sed Cerinthi haeretiei er- 
innern an c. 3, 6: λέγουσι γὰρ un εἶναι αὐτὰ Ἰωάννου ἀλλὰ 


> u — 


ἣ 
— 
4 

F 


Exkurs 1. 449 


Kneivdov. Das einzige, was Philastr. selbständig hinzufügt: qui 
tune ab apostolis beatis haereticus manifestatus abiectus est ab 
ecclesia geht zurück auf seine eigene Darstellung des Kerinth 
6, 36, derzufolge das Aposteldekret Act. 15 angeblich gegen 
Kerinth und seine Sekte gerichtet war. Hätte man m. E. nicht 
so starr die Augen auf die angebliche Grundschrift gerichtet, 
so hätte man das wirkliche Verhältnis des Philastr. zu Epiph. 
ohne weiteres erkannt. So bestätigt auch diese Analyse das oben 
bei Kerinth gewonnene Resultat, nämlich die Abhängigkeit des 
Philastrius von Epiphanius. 

Es muß noch die Frage aufgeworfen werden, ob Epiphanius 
für seine Darstellung der Aloger nur eine einzige Quelle ausge- 
schöpft oder noch anderes Material benutzt hat. Dazu fordert uns 
auf die von Zahn GK, 1,225. bemerkte Übereinstimmung der Worte 
des Irenaus III, 1, 9 mit dem Schlußurteil des Epiph. 6. 35, das also 
lautet: ἀλλὰ οὗτοι μὴ δεξάμενοι πνεῦμα ἅγιον ἀνακρίνονται μὲν 
πνευματιχῶς, μὴ νοοῦντες τὰ τοῦ πνεύματος καὶ κατὰ τῶν 
λόγων τοῦ πνεύματος βουλόμενοι λέγειν χαὶ οὐχ εἰδότες τὰ 
ἐν τῇ ἁγίᾳ ἐχχλησίᾳ χαρίσματα, ἅτινα ἀληϑῶς “καὶ εὐσταϑῶς 
ἐν παρακολουϑήσει καὶ ἐρρωμένῳ νῷ τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον 
διηγήσατο, οἵ τε ἅγιοι προφῆται καὶ οἱ ἅγιοι ἀπόστολοι" ἐν οἷς 
χαὶ ὁ ἅγιος Ἰωάννης διά re τοῦ εὐαγγελίου καὶ τῶν ἐπισ- 
τολῶν καὶ τῆς ᾿Αποχαλύψεως ἐκ τοῦ αὐτοῦ χαρίσματος τοῦ 
ἁγίου μεταδέδωχε τῇ ἁγίᾳ ἐχκληοίᾳ. Hier also berichtet Epiph. 
„in Übereinstimmung mit Irenäus, daß die fraglichen Leute den 
heiligen Geist und die in der Kirche vorhandenen Charismata 
nicht anerkennen; er bringt ferner wie Irenäus damit ibre Nicht- 
anerkennung hl. Schriften in ursächlichen Zusammenhang; 
er wendet endlich dasselbe Wort Jesu von der unverzeihlichen 
Sünde wider den hl. Geist auf sie an, auf welches Irenäus eben- 
dort unverkennbar angespielt hatte. Dieses Zusammentreffen 
ist um so auffälliger, als die ganze vorangehende Darstellung 
des Epiph. nicht auf eine solche Form des Schlußurteils vorbe- 
reitet hat. Nicht als Lästerer des Geistes und Vernichter seiner 
Gaben, sondern als Gegner des von Johannes gepredigten Logos 
hatte er sie benannt, im übrigen aber von ihren inneren Motiven 
gänzlich geschwiegen. Um so sicherer liegt hier der Beweis einer 
literarischen Entlehnung auf Seiten des Epiph. vor“. Mit Recht 
fügt Zahn noch hinzu: „Wenig wahrscheinlich ist es aber doch, 
T. u. U, 14: Schmidt-Wajnberg. 29 


450 Schmidt-Wajnberg: Fpistola apostolorum. 


daß Epiph., welcher sein ganzes Wissen über diesen Ketzer einer 
anderen Ketzerbestreitung entlehnt hat, ohne sich in seinen tat- 
sächlichen Mitteilungen über dieselben irgendwie von Irenäus 
beeinflußt zu zeigen, nach Vollendung seiner ausführlichen Ab- 
handlung noch zu Irenäus gegriffen, glücklich einen kleinen, 
aber sehr passenden Abschnitt aus dessen großem Werk heraus- 
gefunden und diesem seine absehließenden Sätze entlehnt haben 
sollte“. Aber Zahn befindet sich im Irrtum, wenn er in der 
benutzten Schrift das Syntagma des Hippolyt vermutet; es kann 
sich nur um dessen Apologie für das Ev. und die Apokalypse 
handeln, und bei dem bekannten Verhältnis des Hippolyt zu 
seinem Lehrer Irenäus unterliegt es keinem Zweifel, daß die 
Ausführungen des Irenäus über die Zeugnisse der vier Evan- 
gelien betreffs der Einheit und Einzigkeit Gottes und dessen 
Identität mit dem Weltschöpfer und Gott des A. 1.5 und über 
die Viergestalt der Evangelien ib. e. 11,8 dem Auge des Hip- 
polyt nicht entgangen sind, so daß er bei der Lektüre auch auf 
die Bemerkungen betreffs der Ablehnung des Johannesev. stoßen 
mußte, Jedenfalls stand er den Ereignissen näher als Epiphanius, 
der die Worte seiner Quelle garnicht mehr verstanden hat, denn 
ursprünglich handelte es sich beim Kampfe gegen den Mon- 
tanismus um die in der Kirche wirkenden Charismen, nicht, 
wie Epiph. es mißdeutet, um den in den hl. Sehriften, insbeson- 
dere in dem Apostel Johannes redenden Geist. — Im übrigen 
hat Epiph. in dem Kapitel über die Aloger, um mit seiner Ge- 
lehrsamkeit za prunken, das Material zur Verteidigung, beson- 
ders die ehronologisehen Berechnungen, von allen Seiten herbei- 
geholt, selbst eine christliche Streitschrift, die sich mit heidni- 
schen Kritikern des N. T.’s, mit Celsus und Porphyrius ausein- 
andersetzte, taucht auf und läßt vermuten, daß Epiphanius aus 
dieser manche Einwendungen und Bemerkungen über die vier 
Evangelien entlehnt hat. Daher ist es m. E. ein Ding der Un- 
möglichkeit, die benutzten Quellen im einzelnen pünktlich — 
zuweisen, da alle sicheren Anhaltspunkte fehlen. 

Ist damit hoffentlich das quellenkritische Problem, PR 
es das zu Gebote stehende Material gestattet, möglichst voll- 
ständig geklärt, so bleibt die Beantwortung der Frage übrig, aus 
welchen Gründen die Aloger und Cajus veranlaßt wurden, die 
beiden johanneischen Schriften dem Ketzer Kerinth zuzuschreiben. 


5 
ὭΣ Tan ei uni εἰ, ΔΝ —— 
ΔΝ —— πο τ΄ Ὁ Το" ἕν 


EL NE ee ER TE re ACER 
ΣΌΣ * ἧς ει DE 


Exkurs I. δον δες 


Daß sie irgendwelche positiven Beweise für ihre These an der 


Hand hatten, ist von vornherein ausgeschlossen; sie werden 
sich auch schwerlich darum bemüht haben. Auch Hippolyt 
und Epiph. haben keine Beweise nach dieser Richtung hin 
vorgefunden, da sie nicht dagegen polemisieren. Die Kritik 
der Aloger war ja durch ihren Gegensatz gegen die Montanisten 
hervorgerufen, die ihre grobsinnlichen eschatologischen Erwar- 
tungen an der Apokalypse aufriehteten und ihre prophetischen 
Aussprüche durch den Parakleten des Joh.-Ev. begründeten. 
So mußte ihre Feindschaft gegen die Montanisten sich un- 
willkürlich auch auf ihre apostolischen Autoritäten ausdehnen 
und blieb ihnen keine andere Wahl, als beide Schriften in einen 
Topf zu werfen. Waren in ihren Augen die Montanisten Ketzer, 
so mußten auch die in Frage stehenden Schriften aus der Feder 
von Ketzern geflossen sein. Nun behauptete die Tradition, 
daß Evangelium und Apokalypse den Apostel Johannes zum 
Verfasser hätten, mithin mußte man beide Schriften ebenfalls 
einem Ketzer in die Schuhe schieben. Warum verfiel man 
nun gerade auf den Namen des Kerinth? „Das möchten wir 
gerne wissen“, schreibt Corssen, Monarch. Prologe S. 50. Doch 
ich glaube, wir brauchen uns garnicht zu bescheiden. Wir 
müssen daran denken, daß die Aloger ihre Heimat in Kleinasien 
hatten. Wenn nun ein Kleinasiat den Namen eines Ketzers, 
der nach der Tradition der Kirche in der Provinz gewirkt 
hatte, nennen wollte, so stand ihm nur ein Name zur Ver- 
fügung, das war der des Kerinth. So haben auch die Aloger 
diesen Namen aufgegriffen und ohne den Schatten eines Beweises 
durch einen einfachen Machtspruch die beiden Schriften auf das 
Konto des Kerinth gesetzt, um auf diese Weise ihre Gegner von 
vornherein zu diskreditieren, denn nur darauf kam es ihnen an, 
Der Name genügte. Daß der massiv chiliastisch gestimmte Ke- 
rinth der Apokalypse zu dem Pneumatiker Kerinth des Evan- 
geliums so garnicht stimmte, brauchte ihnen ebenso wenig 
Kopfzerbrechen zu bereiten wie den Vertretern der kirchlichen 
Tradition die Zuweisung der verschieden gestimmten Schriften 
ein und demselben Apostel. Ob die Aloger vom Evang. auf die 


Apok. oder umgekehrt argumentiert haben, hat kein weiteres 


Interesse für uns, aber so viel glaube ich sagen zu müssen, daß 
29* 


452 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


diese Fragestellung eine schiefe ist!. Beide Schriften waren 
für die Montanisten wertvoll, also mußten sie beide athetiert 
werden. Ob dabei auch christologische Anschauungen mitberührt 
wurden, indem die Aloger ihr Christusbild aus den Synoptikern 
gewonnen hatten und daher dem pneumatischen Ey. innerlich 
fremd gegenüberstanden, entzieht sich unserer Kenntnis. Aber 
so viel ist klar, daß der Judaismus des Kerinth bei diesem 
Kampfe gar keine Rolle gespielt hat; dieses Schlagwort ist 
erst von den Modernen hineingespielt. Was man als Lehr- 
meinung des Kerinth in bezug auf seinen massiven Chiliasmus 
hinstellte, war nicht aus der geschichtlichen Überlieferung ge- 
wonnen, söndern aus der Meinung, daß Kerinth der Verfasser 
der Apokalypse sei. Von diesem .Gesichtspunkte aus haben wir 
die Darlegung des Cajus (Enseb. ἢ, 6. III, 28, 2) und des Diony- 
sius v. Alex. (Euseb, ἢ. e. ΠῚ, 28, 4f., VII, 25, 3) zu werten. 
Papias und Irenäus hätten dann ebenfalls zu den Judaisten ge- 
zählt werden müssen. 

Damit kehre ich zu dem Ausgangspunkte meiner — 
suchung zurück. leh glaube den Nachweis geführt zu haben, 
daß ein Judaist namens Kerinth das Produkt groben Mißver- 
ständnisses gewesen ist. Dies schließt die wirkliche Existenz 
eines Gnostikers Kerinth, der in Kleinasien seine Wirksamkeit 
ausgeübt hat, nicht aus, vielmehr der Name des Kerinth haftete 
tief im Gedächtnis der Nachwelt. Irenäus, die Aloger und der 
Verfasser der Epistola sind drei ganz von einander unabhängige 
Zeugen für die Geschichtlichkeit dieser Persönlichkeit. 


1) Nach Schwartz, Joh, u. Kerinth. S. 214 war das Hauptinter- 
esse der Montanisten wie ihrer Gegner der Apokalypse zugewandt: 
„um ihretwillen ist das Evangelium von jenen anerkannt und miß- 
verstanden und um ihretwillen ist es von diesen verworfen“, 


Exkurs II. 


Der Descensus ad inferos in der alten ‚Kirche. 


Ich habe 5. 315f. auf Grund einer Stelle der Epistola von 
der gemeinchristlichen Auffassung der Hadesfahrt Christi ge- 
handelt und dabei in Aussicht gestellt, die von Bousset in sei- 
nem Kyrios Christos S. 32 ff.! vorgetragenen Anschauungen ein- 
gehend an der Hand des neuen Materials beleuchten zu wollen. 
Bousset bemüht sich nach dem Vorgang anderer Gelehrter ? das 
mythologische Element vom religionsgesehichtlichen Standpunkte 
zu unterstreichen. Nach ihm hat man zwei Strömungen zu unter- 
scheiden, eine populäre, die mit stärkerer Phantasie und glühen- 
deren Farbentönen arbeitet, und eine gelehrt dogmatische, die 
bemüht gewesen sei, das allzu Phantastisch-Mythologische wie- 
der abzustreifen und das dogmatisch lehrhafte Element heraus- 
zuarbeiten. Der Mythus von dem Kampf des Lebensfürsten mit 
dem Fürsten (und den Mächten) der Unterwelt und des Todes 
sei das Ursprüngliche gewesen, die Idee der Predigt Jesu im 
Hades ein von des Gedankens Blässe angekränkeltes Theologu- 
menon. Bousset betont dabei, daß die mythologischen Vor- 
stellungen ein unliterarisches Dasein geführt hätten, während 
das dogmatisch lehrhafte Element in der literarischen Über- 
lieferung vorherrschend gewesen sei. Da erhebt sich die Frage, 
ob und in welcher Gestalt die Aussagen der altchristlichen Schrift- 


1) Vgl. dazu die früheren Darlegungen in seinen Hauptproble- 
men der Gnosis, 1907, 8. 60 ἢ. Der Anhang II im Kyr. Chr. setzt 
sich auseinander mit Loofs’ Abhandlung: Christs Decent into Hell 

of the third international congress for the history of 
religions, Vol. II, 1908, S. 290 ff.). 2) Vgl. besonders Gunkel, 
Zum Verständnis des NT, S. 72 und Greßmann, Der Ursprung der 
israelitisch-jüdischen Eschatologie, 8. 292. 


454 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


steller über die Hadesfahrt Christi den Gemeindeglauben wieder- 
spiegeln!. 

Auch nach H. Holtzmann? gibt es in den Dokumenten des 
Urehristentums kein sprechenderes und bezeiehnenderes Stück 
Mythologie als die Lehre vom sogenannten Descensus ad inferos. 
In weiten Kreisen spricht man daher von einem Mythus, und 
die religionsgeschichtliche Schule bemüht sich, diesen Mythus 
teils mit den orientalischen, speziell mit den babylonischen Vor- 
stellungen über die Hadesfahrten der Götter in Verbindung zu 
setzen, teils aus griechisch-orphischen Einflüssen abzuleiten. Aber 
mag man noch so großes Gewicht auf diese Parallelen und Ana- 
logien in den außerchristlichen Religionen legen, so muß man 
doch zunächst die Auffassung zurückweisen, als handele es sich 
beim Descensus um ein Dogma der Gelehrten und nicht um ein 
Glaubensstück der Gemeinde. Nach urehristlicher Überlieferung ist 
nicht ein Heros oder Königssohn, nicht ein Gott zu den Toten herab- 
gestiegen, auch ist nicht ein Sonnengott im Westen, dem Orte der 
Unterwelt, zur Ruhe eingegangen, sondern ein Mensch, der den 
Tod am Kreuze erlitten hat und nun wie jeder Sterbliche das Schick- 
sal der Abgeschiedenen teilt. Daher müßte die vornehmste Auf- 
gabe des Religionshistorikers darin bestehen, die Jenseitsvor- 
stellungen des zeitgenössischen Judentums ans Licht zu stellen, 
um die Glaubensüberzeugungen der Urgemeinden und der von 
ihnen beeinflußten heidenchristlichen Kreise über das Leben 
nach dem Tode in ihrer genuinen Gestaltung kennen zu lernen. 


1) Aus der benutzten Literatur hebe ich folgende Werke her- 
vor: Atzberger, Geschichte der christlichen Eschatologie innerhalb 
der vornicänischen Zeit 1896. — Clemen, „Niedergefahren zu den 
Toten“. Ein Beitrag zur Würdigung des Apostolikums. 1900. — 
Huidekoper, The belief of the first three centuries concerning Christ’s 
Mission to the Underworld. 1876. — Monnier, La descente aux en- 
fers. ktude de pensée religieuse, d’art et de literature. 1905. — 
Gsehwind, Die Niederfahrt Christi in die Unterwelt. Ein Beitrag 
zur Exegese des Neuen Testaments und zur Geschichte des Tauf- 
symbols. 1911. Gschwind hat eine ausführliche Darstellung des 
Descensus vom dogmatischen und dogmengeschichtlichen Standpunkt 
auf Grund des patristischen Materials in Aussicht gestellt, deren 
Veröffentlichung wohl durch den Krieg hinausgeschoben ist. 
2) Die Höllenfahrt im Neuen Testament, Archiv f. Religionswissensch,, 
ΧΙ, 285 fi. * 


Dann wird man zugleich begreifen, daß wir es nicht mit müßi- 
gen Gebilden der Phantasie und schattenhaften Mythologumena 
zu tun haben, sondern mit tiefwurzelnden Stimmungen, welche 
‚die Menschen mit ihrer Religion verbinden. Aller Glaube ist 
Jenseitsglaube, das Schicksal der Seele nach dem Tode bildet 
in allen Religionen den Mittelpunkt religiösen Nachdenkens. 
ΟΡ man diese Jenseitsvorstellungen als Mythus bezeichnen will, 
ist eine andere Frage. 
ἢ, Wie steht es nun mit den Vorstellungen der Juden betreffs 
des,Lebens nach dem Tode? Diese Vorfrage muß, wie mit Recht 
Gschwind 1. ὁ. 5. 146 hervorgehoben hat, erledigt werden, will 
man sich ein richtiges Urteil über den christlichen Gedanken 
‚der: Hadesfahrt bilden. Nach jüdischem Volksglauben! sinkt 
der Verstorbene nicht, wie man in der altisraelitischen Epoche 
annahm, zu einem wesenlosen Schatten herab und verbringt in 
diesem Zustande die Zeit in der Scheol, sondern er erlebt eine 
Fortdauer von besonderer Bedeutung für die Zukunft. Der Leib 
bleibt im Schoße der Erde, die Seele resp. der Geist aber geht in 
die Scheol ein. Diese Scheol ist gewöhnlich unterhalb der Erdober- 
fläche liegend gedacht, daher spricht man von einem „Hinab- 
' steigen in die Scheol* 2 oder von einem „Hinabführen in die 
5 ‚Scheol“ ®. Die Scheol resp. der Hades ist der Ort, in welchem die 
Seelen der Toten sich versammeln. Diesem Orte wendet der jü- 
τ΄ dische Glaube in der nachexilischen Epoche sein besonderes Inter- 
esse zu. Denn der Gedanke an die Auferstehung von den Toten, 

die Hoffnung auf den Empfang der verheißenen Jenseitsgüter, in- 
ο΄ sonderheit die Idee der göttlichen Vergeltung und des Gerichtes 
Ξ hat die religiösen Gemüter gepackt. Je mehr die Hoffnungen 
auf die Weltherrschaft Israels unter den Völkern angesichts der 
tatsächlichen Lage verblaßten, je mehr das Interesse an das 
Beil des israelitischen Volkes als Ganzes in den Hintergrund 
_ gedrängt würde, um so mehr trat das Individuum in den Vor- 


dergrund und verlangte gebieterisch den Empfang der von 
Jahwe dem Volke gegebenen Verheißungen als Lohn für den 


1) Vgl. Volz, Jüdische Eschatologie von Daniel bis Akiba. 1903 
und Bousset, Die Religion des Judentums! S, 2554. G. Beer, Der 
biblische Hades (Theol. Abh., Festgabe für H. J. Holtzmann 1902, 
Ss. 18). 2) Vgl. 1. Sam. 2,6; Jes. 14, 11. 15; Hiob 21, 18; 
Ez. 31, 15. 8) Vgl. 1. Sam. 2, 6; Ez. 31, 16: 32, 18; Τοῦ. 
13, 2; Sap. Sal, 16, 13. 


en, ht Me ea re 
a 


456 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gottesfürchtigen Lebenswandel. Aber da dieser göttliche Lohn 
ebenso wenig wie beim Volke beim Individuum während des 
Erdenwandels sich realisierte, flüchtete sich der Glaube in die 
Zukunft, in das Jenseits. Das Leben nach dem Tode sollte den 
ersehnten Ausgleich geben. So bemächtigte sich der individuelle 
Vergeltungsgedanke des Reiches der Toten und suchte das Ge- 
beimnis des trostlosen Dunkels zu durchdringen und zu beleben. 
Die Scheol ist nicht mehr unterschiedslos ein Versammlungsort 
der Seelen, sondern die Stätte der Belohnungen und der Strafen. 
Deshalb werden hier die Gerechten und die Gottlosen, die wäh- 
rend des irdischen Lebens neben einander existierten, beim Ein- 
tritt in die Unterwelt von einander geschieden. Jahwe ist nicht 
allein ein Gott der Lebendigen, sondern auch der Toten; als 
solcher teilt er die Belohnungen und die Strafen aus. Von den 
Seelen der Gerechten heißt es, daß sie ruhen und schlafen !, sie 
schlafen aber und ruhen in besonderen Abteilungen der Scheol, 
die auch Behälter genannt werden. In diesen Kammern werden 
sie verwahrt, versammelt oder eingeschlossen 3, Nach Hen. 22,2.9 
enthält der Raum eine Wasserquelle und ist von einer gewissen 
Helle durchleuchtet. Daneben existieren besonders abgetrennte 
Kammern für die Gottlosen (Hen. 22, 11). Hier ereilt sie das 
Schicksal für ihre Sünden und Missetaten, denn dieser Ort be- 
deutet für sie eine Pein; unter ständigem Seufzen und Trauern 
schweifen sie qualvoll einher in siebenfältiger Pein (4. Esr. 7, 80). 
Im Gegensatz zu ihnen gehen die Gerechten in ihre Ruhe ein 
in siebenfacher Freude (4. Esr. 7, 91); sie schauen und genießen 
die Herrlichkeiten, die ihrer einst warten, denn alles das, was 
sie in der Scheol an Freuden kosten, ist doch nur ein Provi- 
sorium, ebenso wie die Strafen nur als vorläufige angesehen werden. 
Alle Seelen befinden sich in einem Zwischenzustand, der sich 
im Anschluß an das große Endgericht in ein Definitivam ver- 
wandelt. Hier setzt der Gedanke der Auferstehung ein. „In 
jenen Tagen“, heißt es in Hen. 51, 1, „wird die Erde die, 
welche in ihr angesammelt sind, zurückgeben, und die Scheol 
wird wiedergeben, was sie empfangen hat, und die Hölle wird, was 


1) Vgl. die Stellensammlung bei Volz 1. 6. 5. 134. 2) va 
syr. Bar. 23, 4; 30, 2; 42, 8; 48, 6; 50, 2; Hen. 22, 3; 51,1; 81,9 
4. Esr. 4, 35. 42; 7, 32. 95. 


Exkurs II. 457 


sie schuldet, herausgeben“ oder nach 4. Esr. 7, 32: „Die Erde 
gibt wieder, die darinnen ruhen, der Staub läßt los, die da- 
rinnen schlafen, die Kammern erstatten die Seelen zurück, die 
ihnen anvertraut sind“. Die Erde gibt also die Leiber zurück 
und die Scheol die Seelen und dergestalt stehen die Menschen 
vor dem Richterstuhl des Höchsten, die Gerechten, indem sie 
eingehen in das himmlische Paradies oder teilnehmen an dem 
Reich des Messias, an den Freuden des neuen Jerusalems, die 
Gottlosen dagegen, indem sie in den Ort der Verdammnis, in die 
Gehenna hinabgeworfen werden. Nur zu häufig freilich betrachtet 
man den Zwischenzustand bereits im Lichte des Endzustandes 
und malt den Aufenthaltsort der Gerecehten mit den Farben des 
himmlischen Paradieses und den Ort der Gottlosen mit den 
Farben der Gehenna aus. Das Paradies tritt aber ebenso wie 
die Hölle erst beim Endgericht in die Erscheinung '!. 

Ewige Seligkeit und ewige Verdammnis sind die Endakte, 
an deren Resultat der status intermedius nichts ändert. Denn 
das Verhalten der Menschen im Diesseits präjudiziert die Ent- 
scheidung nach dem Tode, eine Bekehrungsmöglichkeit der 
Gottlosen während ihres Aufenthaltes in der Unterwelt gilt als 
ausgeschlossen, ein Entrinnen vor den schrecklichen Strafen ist 
unmöglich. Deshalb triumphiert auch der Geist der Rache beim 
Endgericht. „Das Erbarmen vergeht, das Mitleid ist fern, die 
Langmut verschwunden“ (4. Esr. 7, 33). Freilich hat der fromme 
Jude nicht ein so großes Interesse an dem Schicksal der Gott- 
losen, dieses soll nur das Abschreckungsmittel, auf der anderen 
Seite den Ansporn zum Leben nach den Geboten Gottes bilden; 
er reflektiert in erster Linie auf die Gesetzestreuen, die Gerecehten, 
denen er sich selbst zurechnet. Deshalb beschränkt er oft die 
Auferstehung auf die verstorbenen Gerechten®, die allgemeine 
Auferstehung und das allgemeine Gericht treten in den Hinter- 
Denn Auferstehung bedeutet Teilnahme am Heil, erst 
diese befähigt die Verstorbenen zusammen mit der Generation 
der lebenden Gerechten zum Eintritt in die messianische Ge- 
meinde der Endzeit. Und wiederum interessiert nicht in so hohem 
Grade das Schicksal aller verstorbenen Gerechten als vielmehr 

1) Vgl. Volz, Jüd. Esch. S. 377. 2) Vgl. Hen. 50, 5; syr. Bar. 


44, 12; 85, 12. 8) Vgl. Ps. Sal. 3, 10 ὅ.: Hen. 91, 10; 92,3; 
4. "Esr. 4, 35; syr. Bar. 21, 24. ᾿ 


458 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


das Los der Patriarchen, der Väter, in der anbrechenden Heils- 

zeit. Denn der Glaube des Spätjudentums rankt lebendig empor 
an den Gestalten der Vergangenheit. Jahwe ist der „Gott der 
Väter“'!, der „Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs“. ‚Die Väter 
sind die Garanten der Heilsgewißheit des Volkes; die ihnen 
gegebenen Verheißungen kommen auch den Einzelnen zugute. 
Abraham, Isaak und Jakob sind die Urbilder des Glaubens, 
d. h. die Idealgestalten der Frömmigkeit, daher letztlich‘ die 
Begründer der eschatologischen Hoffnungen?. Deshalb wähnt 
man den Ruheplatz ihrer Seelen in der Unterwelt als dem Ver- 
sammlungsort der abgeschiedenen jüdischen Gerechten. Infolge- 
dessen haben alle das sehnlichste Verlangen, „zu den Vätern 
versammelt“? oder in den Schoß Abrahams getragen zu werden. 
Und eben weil die Frommen ihr eigenes Schicksal nach dem 
Tode mit den Vätern der Vorzeit auf das engste verkhüpft 
haben, mußten sie auch ihre Auferstehungshoffnung und ihre 
Heilserwartungen mit ihnen verbinden. Daher sollen die Erz- 
väter den Reigen der aus der Unterwelt Auferstehenden er- 
öffnen. Da heißt es im Test. Juda 25: „Und hierauf werden 
Abraham und Isaak und Jakob zum Leben auferstehen und ich 
und meine Brüder werden Herrscher unserer Szepter in Israel 
sein“ oder Test. Benj. 10: „Dann werdet ihr Henoch, Noah und 
Sem und Abraham und — und Jakob sehen, wie sie aufer- 
stehen zur Rechten mit Frohlocken. Dann werden auch wir 


1) Vgl. die Stellensammlung bei Bousset, Religion ἃ, Jud.! 5.200 
und Gschwind, 1.c. 8. 182, Anm. 4. 2) Vgl. syr. Bar. 57, 1f.: 
nach sahst du helles Wasser: das ist das Hervorquellen —— 
und seine Lebensgeschichte und die Ankunft seines Sohnes und seines 
Enkels, und derer, die ihnen glichen. Denn zu jener Zeit war das 
‚Gesetz ungeschrieben bei ihnen allgemein bekannt, und die Werke 
der Gebote wurden damals vollbracht und der Glaube an das zu- 
künftige Gericht wurde damals geboren, und die Hoffnung, daß die Welt 
erneuert werden wird, wurde damals aufgebaut, und die Verheißung 
des Lebens, das nachher kommt, wurde damals gepflanzt“. 8) Vgl. 
4. Makk. 5, 87; 13, 17; 18, 23 besonders in den Testamenten der 
XII Patr., z. B. Rub. 7; Lev. 19; Jud. 26 usw. 4) Vgl. 'syr. 
Bar. 85, 9: „Bevor nun das Gericht das Seine fordert und die Wahr- 
heit das, was ihr zukommt, wollen wir uus vorbereiten, daß wir 
nehmen und nicht genommen werden, und daß wir hoffen und nicht 
zu Schanden werden, und daß wir Wonne genießen mit — 
Vätern und nicht Pein leiden mit unsern Hassern, — 


Exkurs Il. 459 
 auferstehen, ein jeder zu unserm Reich“ ', Die gleiche An- 
 schauung vertritt auch der Verfasser des syr. Baruch ce. 21, 24: 
„Denn es sind viele Jahre, gleich den [bereits] vergeudeten, die 
verflossen sind seit den Tagen Abrahams, Isaaks und Jakobs 
und aller derer, die ihnen gleichen, die in der Erde schlafen, 
sie, um derentwillen du, wie du gesagt hast, die Welt schufst“. 
Haben wir in dem Vorhergehenden eine kurze Skizze der 
eschatologischen Gedankenwelt innerhalb des nachexilischen 
Judentums entworfen, — in Einzelheiten sind mannigfache 
Nuaneen zu konstatieren, — so wollen wir nicht verhehlen, 
daß das Diasporajudentum, besonders das alexandrinische, sich 
unter dem Einfluß des Hellenismus eine eigene, aber abweichende 
Eschatologie gebildet hatte. Dieser eschatologische Gedanken- 
komplex geht aus von der Unsterblichkeit der Seele. Die prä- 
existente Seele verbindet sich bei der Geburt mit dem -sarsterb- I 
lichen Körper und lebt in diesem wie in einem Kerker. Um 
nun die Unsterblichkeit wieder zu erlangen, muß sie schon wäh- 
rend des irdischen Lebens sich von der Herrschaft des vergäng- 
lichen Körpers befreien, den Sieg über die Triebe und Leiden- 
schaften davontragen. Für die Tugendhaften und Weisen ist 
das Jenseits bereits greifbare Realität geworden. Daher bedeutet 
auch der leibliche Tod einen Gewinn, denn die gerechte Seele 
erlangt unmittelbar nach dem Tode die ἀϑανασία und ἀφϑαρσία 
und wird in den Himmel zu Gott aufgenommen. Infolgedessen 
können sich die Vertreter dieser Ansicht mit dem Glauben an 
‚einen status intermedius der Seelen nicht befreunden. Die Seelen 
erhalten vielmehr sofort nach dem Tode ihr endgiltiges Los, 
d.h. auch die Seelen der Gottlosen gehen in den für sie be- 
stimmten Strafort ein. Ein zweites Gericht behufs einer defini- 
tiven Entscheidung ist unnötig, ebenso wenig bedarf es noch 
einer Auferstehung von den Toten. Demzufolge wird auch der 
Auferstehungsort der Väter der Vorzeit in den Himmel verlegt, 
wo letztere ebenfalls die Rolle der Beschirmer der übrigen 
ο΄ Abgeschiedenen übernehmen. Denn so weit wagt dieser neu- 
Ὁ nn Glaube des von der hellenischen Philosophie an- 
ἫΝ lten Diasporajudentums sich nieht von dem palästinen- 
ἘΞ Volksglauben zu entfernen, daß es die Heroen Israels 


“Ἢ Vel. auch Test. Sim. 6 und Seb, 10. 


460 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ganz ignoriert. Auch der fromme Diasporajude lebt der Über- 
zeugung, daß die Patriarchen der Vorzeit innerhalb der himm- 
lischen Gemeinde einen Ehrenplatz einnehmen, indem zu ihnen 
die nachfolgenden Gerechten sich begeben!. Er selbst wird 
dem Chor der Väter zugesellt, da er eine reine und unsterb- 
liche Seele von Gott empfangen hat. Das gilt nicht allein für 
die Blutzeugen der Gesetzestreuen, d. h. für die Märtyrer? —, 
denn in dieser Beziehung bildeten die Märtyrer auch nach den 
Anschauungen des palästinensischen Judentums eine besondere 
Klasse unter den Gerechten ὃ —, sondern für alle Gerechten, da 
die Menschen nach Gottes Ebenbild geschaffen sind ὃ, Die Haupt- 
vertreter dieser Richtung waren neben dem Verfasser der Sap. 
Salom. und des 4. Makkabäerbuches Philo, Josephus und die 
Essener ἡ, 

Von diesem Geiste des Hellenismus ist nun Jesus und sein 
Jüngerkreis unberührt geblieben; ist doch die geistige Kultur 
der griechisch-römischen Welt in den geistigen Horizont, der 
Jesus umgab, garnicht eingedrungen. Deshalb werden auch die 
Jenseitsvorstellungen Jesu sich mit denen des palästinensichen 
Judentums im großen und ganzen gedeckt haben. Die phari- 
säische Frömmigkeit vertrat im Zeitalter Christi nach den An- 
gaben des Josephus Antig. XVII, 1,3 die Ansicht, daß die Seelen, 
je nachdem der Mensch tugendhaft oder lasterhaft gelebt, unter 
der Erde Lohn und Strafe erhalten würden. Während die Tu- 
gendhaften aus diesem Zwischenzustand zu neuem Leben zurück- 
kehren, verbleiben die Lasterhaften in ewiger Kerkerhaft im 
Hades. Ihnen gegenüber leugneten bekanntlich die Saddueäer 


1) Vgl. 4 Makk. 7, 18f.: „Aber wer immer sich um die Fröm- 
migkeit von ganzem Herzen kümmert, der, aber auch] nur der ist 
imstande, über die Triebe des Fleisches zu herrschen, in dem Glauben, 
daß man wie auch unsere Erzväter Abraham, Isaak und Jakob nicht 
stirbt, sondern Gott lebt“ und ibid. 13, 17: „Wenn wir in dieser 
Kraft gelitten haben, dann werden uns Abraham, Isaak und Jakob 
aufnehmen und die Väter alle uns Lob spenden“. 2) Vgl. 4 Makk. 
18, 23; 17, 18; 16, 28 usw.; Josephus, Bell, Jud, I. 650ff. 3) Die 
Märtyrer haben neben den Heroen der Vergangenheit direkt an der 
Auferstehung teil, aber sofort gehen sie nicht in den Himmel ein, 
Vgl. Volz, Jüd. Esch. $. 239. 4) Die individualistisch-spiritua- 
listische Eschatologie und Vergeltungslehre der Essener kennen wir 
nur aus der Darstellung des Josephus. 


ΡΝ u ΡΥ. 


— — IL μὲ 


jeden Auferstehungsgedanken und jede jenseitige Vergeltung, 


denn nach ihnen überdauert die Seele überhaupt nicht den leib- 


_ lichen Tod (Joseph., Bell. Jud. II, 18, 14). Wir sehen ja Jesus 


selbst in den Streit der Meinungen verwickelt und erkennen da- 
raus, wie kräftig er den Glauben an die Auferstehung von den Toten 
vertritt (Matth. 22, 23 ff. u. Par.). Ebenso erscheint er in der 
Lazarusgeschichte (Luc. 16, 22 ff.) als Vertreter des alten Volks- 
glaubens, indem er die Patriarchen resp. Abraham in der Scheol 
weilen läßt und mit ihnen die Seelen der Gerechten, während 
die Gottlosen an einem anderen Orte der Scheol Pein leiden !. 
Ohne Zweifel betrachtet Jesus diesen Aufenthalt in der Scheol 
als einen zeitlich begrenzten, denn wie er einerseits den Gott 
Abrahams, Isaaks und Jakobs den Sadducäern gegenüber als den 
Gott der Lebenden und nicht der Toten hinstellt, so sieht er 
andererseits dieselben Väter im Himmelreich zusammen mit den 
Gläubigen aus allen Nationen zu Tische sitzen, während die Söhne 
des Reiches in die äußerste Finsternis hinausgestoßen werden 
(Matth. 8, 11f.). Denn die βασιλεία τῶν οὐρανῶν und das 
σχότος ἐξώτερον resp. die Gehenna treten erst nach dem Ge- 
rieht in die Erscheinung (vgl. Matth. 22, 13; 25, 30). Demge- 
mäß müssen wir den Ausspruch Jesu zum Schächer am Kreuz 


_ (Lak. 23, 43) dahin interpretieren, daß er unter „Paradies“ nicht 


den himmlischen Ort der Seligkeit, sondern die Abteilung der 
‚Gerechten in der Unterwelt verstanden haben kann. Denn in 
diesen Ort glaubte er selbst nach seinem Tode zu gelangen, 
wenn das .‚Jonaslogion (Matth. 12, 40) ἐν τῇ zagdie τῆς γῆς als 


1) Jüngst hat H. Greßmann in einer Abhandlung „vom reichen 
Manne und armen Lazarus“ (Abh. d. Königl. Preuß, Akad, d. 
Wiss. 1918, phil.-hist. Kl. Nr. 7) die Erzählung vom literarhistori- 


schen Standpunkte beleuchtet. Ich kann leider auf die einzelnen 


nicht eingehen. Nur das eine möchte ich bemerken, daß Gr. 
ohne weiteres den Schoß Abrabanıs als himmlischen Ort betrachtet 


᾿ς and von einem Ehrenplatz des Lazarus im Himmel redet. Das wider- 
: ge den Jenseitsvorstellnngen des palästinensischen Judentums. 
2 ein 


em gewissen Rechte könnte sich Gr. auf den Verfasser des 
4. Makk. berufen, der nach den vorher angeführten Stellen die Erz- 
väter im Himmel bei Gott wähnt, in deren Chor die Märtyrer auf- 
genommen zu werden hoffen. Aber das waren ja die Anschauungen 


- eines hellenistischen Juden, der die unsterbliche Seele sofort in den 


‚Himmel eingehen läßt, das Weltgericht überhaupt leugnet. 


462 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ein echtes Herrnwort auf den Aufenthalt im Hades zu deuten 
ist. War bei ihm der Gedanke lebendig, daß er, der Messias, 
der Menschensohn, nicht im Grabe verbleiben, sondern aufer- 
stehen werde, so mußte er diese Idee wie jeder Jude mit dem 
Aufenthalt der Seelen in der Scheol verbinden. Im übrigen 
scheint Jesus nicht besonders über das Leben nach dem Tode re- 
flektiert zu haben. Um so mehr beschäftigte sich die Urgemeinde 
mit ihrem am Kreuz verstorbenen Messias. Ihr Messiasbe- 
kenntnis lautete, daß der Gekreuzigte und Begrabene am dritten 
Tage von den Toten auferstanden sei. Hier zeigen sich die 
Messiasgläubigen als palästinensische Juden, daß sie ihren Herrn 
nieht direkt mit seiner Seele in den Himmel zu Gott empor- 
fahren lassen, sondern ihn unter die »exgol versetzen. Daß 
der Herr wirklich als Mensch dem allgemein menschlichen 
Schicksale verfallen, wurde nicht geleugnet, daß er in diesem 
Falle mit seiner Seele dort weilte, wo alle Seelen der Abge- 
schiedenen sich versammelten, wurde als selbstverständlich be- 
trachtet. War aber die Auferstehungshoffnung ein fester Be- 
standteil der eschatologischen Stimmung und glaubte man an 
den Herrn als den Erstgeborenen von den Toten, so mußte 
man den Weissagungsapparat in Bewegung setzen, um den 
Glauben an den aus dem Hades Befreiten zu befestigen. Zeug- 
nisse des A. T.s über zu Gott entrückte Heilige konnten nichts 
nützen. Deshalb suchte und fand die Missionspredigt eine Weis- 
sagung in der Psalmstelle 16, 10 (vgl. Act. 2, 27. 31). Und wie- 
derum ist es charakteristisch für die Reinheit und Naivität des 
urchristlichen Gemeindeglaubens, daß man sich mit der ein- 
fachen Tatsache der Befreiung der Seele aus der Unterwelt be- 
gnügte, nicht noch besondere soteriologische Kraftwirkungen des 
daselbst Erschienenen statuierte. Insbesondere weiß dieser Glaube 
nichts davon, daß Christus als Besieger des Todes und des Herr- 
schers der Unterwelt aufgetreten sei — einen Satan als Beherr- 
scher des Hades kannte man überhaupt nicht (s. u.) —, vielmehr 
hat Gott ihn erwecket und die Wehen des Todes gelöst!, da er 


von dem Tode nicht festgehalten werden konnte? (Act. 2, 24). — 


1) Ob in dem Texte der Acta ὠδῖνας τοῦ ϑανάτου oder τοῦ 
ἄδου gestanden hat, ist gleichgültig, da ἄδης und ϑάνατος identische 
Begriffe sind, und zwar sowohl im A. T. wie im N. T. 2) Mit 


Recht hat man bei dieser Vorstellung auf die Stelle im 4. Esr. 4, 41. Re 


EEE BEER WE 


Man könnte höchstens aus der Erzählung Matth. 27, 52 f. 
schließen, daß der Tod Jesu mit der Auferweckung von zahl- 
reichen Heiligen aus ihren Gräbern in Verbindung gebracht 
wurde und sich darin ein Reflex der späteren Lehre von der 
Herausführung der alttestamentlichen Frommen aus der Unter- 
welt zeigt, denn daß hier den χεχοεμημένοι ἅγιοι, ἃ. h. den alt- 
testamentlichen Gerechten der Vorzeit ein besonderer Vorrang 
eingeräumt ist, kann man nicht leugnen, aber ebenso wenig 
kann man daraus ein ‚Zeugnis für die Heilstätigkeit Christi in 
der Unterwelt entnehmen!. Die Urgemeinde scheint sich über 
derartige Fragen noch gar nieht den Kopf zerbrochen zu haben, 
da sie nur die Auferstehung des Herrn als ein unanfechtbares 
Faktum vor dem Glauben sicher zu stellen bemüht war. 

-- Das erkennen wir noch deutlicher an der Haltung des 
Paulus. Als echter Jude gebraucht er für „sterben“ den Aus 
druck χοιμᾶσϑαι (1. Kor. 7, 39; 11, 30; 15, 6. 51); die verstor- 
benen Christen heißen mit dem solennen Namen οἱ χοιμηϑέντες 
(1. Kor. 15, 18; 1. Thhess. 4, 14) oder οἱ χεχοιμημένοι (1. Kor. 
15, 20); 1. ’Thess. 4, 13), ein Ausdruck, der mit der allgemeinen 
Bezeichnung οἱ vexgol (1. Thess. 4, 16) abwechselt?. Das hängt 
mit seiner Auferstehungshoffnung auf das engste zusammen, 
aber da er von der Hoffnung beseelt war, noch selbst die Pa- 
rusie Christi zu erleben und in den Himmel dem Herrn ent- 
gegenzueilen (1. Thess. 4, 17; Phil. 3, 11. 21), kann er den Zwi- 
schenzustand auch ganz ignorieren und die sofortige Seligkeit 
und unmittelbare Vereinigung mit Christus resp. mit Gott 
(Phil. 1, 23; 2. Kor. 5, 1f.) nach Ablegung der irdischen Hülle 


— — — — 


äufmerksam gemacht: „Die Wohnungen der Seelen im Hades sind 
dem Mutterschoße gleich; denn wie ein gebärendes Weib der Schmerzen 
der Geburt möglichst bald sich zu entledigen strebt, so streben auch 
sie darnach, möglichst bald das zurückzugeben, was ihnen am An- 
_ fang anvertraut ist“. 
017) Gegen Gschwind 1. e. 8. 185f. 2) Wo die Entschlafenen 
τς weilen, bedarf für Paulus keiner weiteren Erörterung; er setzt den 
— sense voraus, Besonders interessant ist die von Paulus 


τᾷ 1. Kor. 15, 29 berichtete Tatsache, daß sich Lebende für Tote taufen 


Dies konnte doch wohl nur unter der Voraussetzung ge- 


Γ -  schehen, daß das Schicksal der ungetauft verstorbenen Christen — 


‚denn an ungetaufte Heiden ist nicht zu denken — durch einen der- 
artigen Taufakt umgestoßen werden könnte, also eine definitive Ent- 
scheidung sofort nach dem Tode noch nicht stattgefunden hätte, 


464 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


in Anspruch nehmen. Daß aber Christus zu den Toten hinab- 
gefahren, ist ihm ohne Zweifel eine feststehende Tatsache (Röm. 
10, 6; Eph. 4, 9), aus der er dessen Auferstehung von den Toten 
ableitete. Was Christus vor den übrigen Menschen auszeichnet, 
ist nur sein abgekürzter Aufenthalt, um zum Lohne für sein un- 
schuldiges Leiden aus dem Tode zum Leben aufzusteigen und 
als χύρεος zur Rechten Gottes bis zur Wiederkunft zu sitzen. 
Ob nun Christus noch besondere Funktionen unter den Toten 
verrichtet hat, darüber schweigt Paulus; die Ausübung einer 
Heilstätigkeit war ihm schwerlich bekannt, da das Schicksal 
der verstorbenen vorchristlichen Gereehten noch nicht zur Dis- 
kussion gestellt war’. 

Besitzen wir also aus der apostolischen Zeit eine Reihe 
Zeugnisse über den Descensus ad inferos, aber kein einziges 
über die besondere Tätigkeit während des Aufenthaltes in der 
Unterwelt, so fällt schon dadurch der 1. Petrusbrief aus dem 
Rahmen der bisherigen Entwicklung heraus, als in e.3, 19 und 4,6 
von einer Verkündigung unter den Toten geredet wird. Diese 
beiden Stellen sind bekanntlich durch die Exegeten von alters her 
nach allen Seiten behandelt worden, aber eine befriedigende Erklä- 
rung haben alle diese Bemühungen nicht zutage gefördert. Der 
Grund liegt m. E. darin, daß der Verfasser die ihm bekannte Idee 
der Hadesfahrt Christi für seine besondere Paränese benutzt und 
dabei den genuinen Gedanken ganz alteriert hat. Offensichtlich 
operiert er mit einem gegebenen Stoff, hat ihn aber in singulärer 
Weise mit den Noachiten in Verbindung gebracht. Deshalb ist 
es auch ein vergebliches Unterfangen, den Gedanken des Ver- 
fassers klar zu erfassen, insbesondere darf man die Stelle 3, 19 
nicht zum Ausgangspunkt bei einer Darstellung der Descensus- 
idee machen 2, wie ja schon die altchristlichen Schriftsteller nichts 


1) Mit Unrecht hat man das von Paulus Eph. 4, 8 angeführte 
Psalmwort 68, 19: ἠχμαλώτευσεν αἰχμαλωσίαν auf die in der Unter- 
welt gefangenen Seelen bezogen. Das ist eine These der patristi- 
schen Interpretation. 2) Ich halte den Lösungsversuch von 
Gschwind für verfehlt, die vorhandenen Schwierigkeiten dadurch zu 
beheben, daß unter den νεχροί keine Abgeschiedenen, sondern Un- 
gerechte, Gottlose zu verstehen seien, daher die beiden Stellen mit 
der Hadesfahrt garnichts zu tun haben sollen, Dagegen stimme ich 
ilım voll und ganz zu, wenn er zu dem Ergebnis gekommen ist, daß 
es unzutreffend und verfehlt sei, bei der dogmengeschichtlichen Be- 


u — ΤΠ. 465 


- Positives ihr entlocken konnten. Dies ist neben anderem ein 
deutlicher Fingerzeig, daß der 1. Petrusbrief ein Produkt des 
nachapostolischen Zeitalters ist. 

Das Problem nämlich, das den Ansporn lieferte, die Hades- 
fahrt Christi noch mit einem besonderen Inhalte zu umkleiden, 
tauchte erst auf, als das Christentum, speziell das Heidenchristen- 
tum das Erbe des Judentums in seinen Besitz genommen hatte, 
Denn die Christen hatten in dem Gott Abrahams, Isaaks und 
Jakobs den Vater Jesu Christi zu verehren gelernt, hatten in 
ihm den „Gott der Väter“ gefunden; sie hatten sich als das 
„wahre Israel“, als das „auserwählte Volk“ proklamiert, indem 
sie sich als die „Söhne Abrahams* wähnten und die Ansprüche 
des Judentums auf die Prärogative für nichtig erklärten. Sie 
hatten das heilige Buch den Juden entrissen und es zum großen 
Weissagungsbuch auf ihren Christus umgestempelt. Zu den Vätern 
der Vorzeit hatten sich die heiligen Propheten gesellt, durch 
deren Mund Christus vor seinem Erscheinen zu den Menschen 
geredet hatte. Nun war Christus persönlich auf Erden erschienen 
und hatte das Heil den Menschen gebracht, das messianische 
Reich sollte seinen Anfang genommen haben. Den ganzen Reich- 
tum an eschatologischen Gedanken, wie er in den jüdischen Apoka- 
Iypsen der nachexilischen Epoche niedergelegt, die damit verbun- 
denen sinnlichen Jenseitshoffnungen und Vorstellungen hatte man 
sich zu eigen gemacht und dadurch den Geist des echten Juden- 
tums in seinen eigenen Reihen konserviert. Dadurch mußte mit 
innerer Notwendigkeit die Frage an die Christen herantreten: 
Wie steht es denn mit den Heiligen der Vorzeit, insbesondere 
mit den Patriarchen und Propheten? Werden auch sie die Gna- 
denerweisungen durch Christus empfangen und in sein Reich ein- 
gehen? Wenn dies zu bejahen, d. h. wenn nicht allein die nach- 
ehristliche Generation für die messianische Heilsgemeinde prä- 
destiniert ist, auf welchem Wege ist zu ihnen im Reiche der 
Toten die Heilsverkündigung gelangt und welche Folgen hat 
sie gehabt? Werden sie die Ersten oder die Letzten sein? Hat 


handlung der Höllenfahrt Christi auf 1. Petr. 3, 19 bzw. 4, 6 zurück- 
' zugehen, um aus dieser Stelle den ursprünglichen Sinn der Hades- 
fahrt oder sogar das Symbolstück selber abzuleiten (l. c. 8. 144). Die 
Stellen waren und sind in der Tat ein Fremdkörper, wenn sie auch 
heute in einem kanonischen Briefe stehen, 


T. 0. U. 64. Sehmidt-Wajnberg. 30 


Ten N ρ.-»» 
ες, Τὺ 


400 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Christus persönlich ihnen das Heil gebracht oder hat er sich 
der Hilfe anderer bedient? Wie sehr diese Fragen nicht nur 
die Gemüter der Christen, sondern auch die der Juden bewegten, 
ersieht man aus der Fragestellung des Trypho im Dialoge des 
Justin e. Tryph. e. 80; 306B: Εἰπὲ δέ μοι, ἀληϑῶς ὑμεῖς ἀνοικο- 
δομηϑῆναι τὸν τόπον Ἱερουσαλὴμ τοῦτον ὁμολογεῖτε καὶ συναχ- 
ϑήσεσϑαι τὸν λαὸν ὑμῶν καὶ εὐφρανϑῆναι σὺν τῷ Χριστῷ 
ἅμα τοῖς πατριάρχαις καὶ τοῖς προφήταις καὶ τοῖς ἀπὸ τοῦ 
ἡμετέρου γένους ἢ καὶ τῶν προσηλύτων γενομένων πρὶν 
ἐλϑεῖν ὑμῶν τὸν Χριστὸν προσδοχᾶτε ἢ, ἵνα δόξῃς περιχρα- 
τεῖν ἡμῶν ἐν ταῖς ζητήσεσι, πρὸς τὸ ταῦτα ὁμολογεῖν ἐχώ- 
ρησας; Indem Justin diese Frage für seine Person wie für viele 
andere Christen bejaht und auf seine früheren Erörterungen in 
dieser Kontroverse verweist!, will er in erster Linie gegen die 
Gnostiker Front machen, die von ihrem antijudaistischen Stand- 
punkte den Gott Abrahams, Isaaks und Jakobs vom Gotte 
Christi trennen, deshalb den Gerechten des A. T.s den Einiritt 
in das messianische Reich verwehren. Bei Justin handelt es 
sich um das von Christus bei seiner zweiten Parusie auf Erden 
errichtete chiliastische Reich 2, eine Idee, welche das Urehristen- 
tum letztlich vom Judentum aus dessen nationalpolitischen Hoff- 
nungen übernommen hatte. Der Chiliasmus war aber nicht ein 
gemeinkirchlicher Glaube, da viele Christen ihre eschatologischen 
Hoffnungen auf die Auferstehung der Toten und auf den so- 
fortigen Eintritt in das himmlische Jerusalem in Anknüpfung 
an das Gericht beschränkten, von den irdischen Freuden im 
tausendjährigen Reich nichts wissen wollten. Beide Strömungen 
innerhalb der christlichen Gemeinden stimmen aber darin über- 
ein, daß sie die alttestamentlichen Gerechten in die Heilsgemeinde 
aufnehmen wollten. Hier liegen die Wurzeln für den Glauben 
an den Descensus Christi ad inferos. Mit Recht bemerkt Gschwind 
l.e. 5. 144: „Die urchristliche Lehre von der Höllenfahrt Christi 
bzw. dessen Tätigkeit in der Unterwelt, stellt eine Synthese dar, 
welche entstand durch die Verbindung der jüdischen eschatolo- 
gischen Heilserwartungen mit der christlichen Lehre von der 
Erlösung und der Gründung des messianischen Reiches durch 


1) Diese finden sich in ο. 45ff. und werden uns weiter unten 
bei Justin beschäftigen. 2) Vgl. c. 80; 8078. 


N 


να ὙΠ a a I hir I nn  Ψ an SS ul BUS 
— Se Be = RN κ᾿ 


ἕν μ᾽ -- 
Li οὐχ» ὦ 


aan“ 


— um 467 


δ ἀρ ον den göttlichen Erlöser Jesns Christus“. Wir haben 


aber scharf zu unterscheiden zwischen dem Descensus als solchem 
und der Heilstätigkeit unter den Gerechten; ersterer liegt als 
Glaube der Urgemeinde offen zutage, letztere ist in Konsequenz 
jenes Glaubens aus einem Bekenntnis des religiösen Gemütes resp. 
aus der eschatologischen Vorstellungswelt geboren, die nicht still- 
schweigend an dem Schicksale der Heiligen der vorchristlichen 
Vergangenheit vorbeigehen konnte. Deshalb ist auch der Des- 
census schon frühzeitig in das Kerygma von Christus aufgenom- 
men, ehe dieses Lehrstück von der Kirche in das Glaubensbe- 
kenntnis selbst aufgenommen wurde. Und weil dieser Glaube 
an die Heilstätigkeit Christi in der Unterwelt in den Evangelien 
und sonstigen kanonischen Schriften keine direkte Stütze fand, 
hat der Verfasser des Petrusevangeliums ihn biblisch fixiert 
durch die vom Himmel an den Auferstandenen gerichtete 
Frage: ἐχήρυξας τοῖς κοιμωμένοις ᾿; Aus dem gleichen Grunde 
hat auch der Verfasser unserer Epistola dieses Glaubensstück 
von dem Auferstandenen behandeln lassen, denn dieses Thema 
wird von Christus ohne irgend eine direkte Veranlassung unver- 
mittelt angeschnitten; nur weil die Heilsverkündigung in der 
Unterwelt jeder biblischen Begründung entbehrte, sollte diese 
empfindliche Lücke durch die Autorität des Herrn zugedeckt 
werden. Und da jeder Glaubensartikel im Weissagungsapparat 
als prophetische Verkündigung nachgewiesen werden mußte, hat 
ein christlicher Fälscher dieses Verlangen zu stillen gesucht und 
einen Prophetenspruch ans Licht gebracht. Im Dialoge ec. 72; 
295 B führt nämlich Justin unter dem Namen des Jeremias fol- 
genden Spruch ein: Ἐμνήσϑη δὲ κύριος ὁ ϑεὸς ἀπὸ ᾿Ισραὴλ τῶν 


“ψεχρῶν αὐτοῦ τῶν κεχοιμημένων εἰς γῆν χώματος zei χα- 


τέβη πρὸς αὐτοὺς εὐαγγελίσασϑαι τὸ σωτήριον αὐτοῦ. Er be- 


1) Die Stelle ist leider textkritisch nicht sicher überliefert, sie 
lautet: ἐχήρυξας τοῖς κοινωμένοις καὶ ὑπακοῇ ἠκούετο ἀπὸ τοῦ στάυ- 
ροῦ ὅ τιναι, Harnack liest ἔκήρ. τοῖς κοιμωμένοις ὑπακοήν; καὶ ἠκού- 


sro ἀπὸ τ. στ. ὅτε ναί Er findet hier die Höllenfahrt erwähnt wie 


in dem 1. Petrusbriefe, nämlich als eine Predigt an die einst Un- 
gehorsamen. Aber gegen diese Auffassung spricht der solenne 
Ausdruck οἵ κοιμωμένοι, der nach christlichem Sprachgebrauch 
nur die abgeschiedenen Gerechten begreift. Zahn stellt den Text 
nach dem Vorgange anderer also her: ἐχή. τ. xoım.; καὶ ὑπακοὴ 
ἠκούετο USW. 

30* 


468 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


zichtigt die Juden dieses ihnen unbequeme Zitat wie manches 
andere aus den von ihnen benutzten Exemplaren ausgemerzt zu 
haben. Und dasselbe Zitat hat Irenäus an nicht weniger als 
fünf Stellen seines antihäretischen Werkes und an einer Stelle 
in der Epideixis benutzt!. Sehr eingehend hat sich Gschwind 
S. 199 ff. und 211 ff. mit diesem apokryphen Jeremiasspruch be- 
schäftigt. Er geht von den verschiedenen Varianten aus, die 
zwischen dem Texte des Justin und des Irenäus einerseits und 
bei Irenäus andererseits zu statuieren sind. Er vermerkt, daß 
entweder Irenäus selbst aus hebräischen Quellen geschöpft habe 
oder seine Vorlagen auf solche zurückgehen, und findet seine 
Vermutung durch den Bericht des Hieronymus (Comm. in 
Matth. 27, 9, Migne P. Lat. XXVI, 213) bestätigt, wonach das 
apokryphe Jeremiasbuch hebräisch abgefaßt war. Auch weise 
der ganze Aufbau und der Stil sowie der Sprachcharakter des 
Prophetenwortes auf hebräischen Ursprung hin. Er beruft sich 
ferner auf den Umstand, daß sich die lateinische Übersetzung 
des Irenäus im allgemeinen eng, oft sklavisch an den vorge- 
fundenen Urtext anschließe, so daß die auffälligen Varianten 
auch im griechischen Texte des Propheten gestanden haben 
müßten. 

Um mit dem letzten Argumente zu beginnen, so lehrt schon 
ein flüchtiger Blick in den lateinischen Text des Irenäus, daß 
der Übersetzer sich zwar an den Wortlaut des griechischen 
Originals angeschlossen, aber die einzelnen Wörter ganz ver- 
schieden wiedergegeben hat. Er hat keineswegs an der Hand 
eines Lexikons gearbeitet und sich niemals darum gekümmert, 
ein Zitat stets mit denselben Worten zu wiederholen, viel- 
mehr hat er jedes Zitat selbständig übersetzt, ohne erst wieder 
nachzusehen, wie er den Text vorher übersetzt hat. Aus der 
Fülle der Beispiele will ich nur Mattb. 1, 20f. hervorheben. In 
ΠῚ, 16, 2 liegt folgende Übersetzung vor: Ne timueris assumere 
Mariam conjugem tuam; quod enim habet in utero, de Spiritu 


1) Vgl. adv. haer. III, 20, 4; IV, 22, 1; IV, 33, 1.12; V,81,1 
und Apod. c. 78. An der ersten Stelle nennt Iren. fälschlich den 
Jesaias als Autor, dagegen wird IV, 22, 1 und Apod. c. 78 Jeremias. 
in Übereinstimmung mit Justin angeführt. In V, 31,1 wird das 
Zitat einfach mit propheta eingeleitet und IV, 33,12 mit alü 
(sc. prophetae) autem dicentes. 


Exkurs II. 469 


 saneto est. Pariet autem filium et vocabis nomen eius Jesum; 
hie enim salvabit populum suum a peccatis suis. Hoc autem 
factum est, ut impleretur quod dietum est a Domino per pro- 
phetam: Ecece, virgo aceipiet in utero et pariet filium, et voca- 
bunt nomen eius Emmanuel. Dagegen heißt es IV, 23, 1: Ne 
timueris assumere Mariam eonjugem tuam; quod enim habet in 
ventre, ex Spiritu sancto est. Pariet autem filium et vocabis 
nomen eius Jesum; ipse enim salvabit populum suum a peec- 
eatis eorum. Hoc autem totum factum est ut adimpleretur 
quod dietum est a Domino per prophetam dieentem: Ecce virgo 
in utero aceipiet et pariet filium et vocabitur nomen eius Em- 
manuel. Daraus ergibt sich mit Evidenz, daß die Varianten in 
unserm Spruch wie commemoratus, rememoratus, recommemo- 
ratus für den griechischen Ausdruck ἐμνήσϑη, ebenso wie „in terra 
sepultionis, in terra defossionis, in terra limi, in terra sepelitionis“ 
für das griechische εἰς γῆν χώματος ausschließlich Übersetzungs- 
varianten sind. Ferner hält sich Irenäus selbst nicht an den Wort- 
laut des jeweils von ihm benutzten Zitates, bald gibt er es wört- 
lich, bald in freierer Gestalt wieder, ohne jedesmal den Urtext 
einzusehen; er arbeitet sehr häufig mit dem Gedächtnis. Infolge- 
dessen hat auch der griechische Text des Prophetenspruches an 
den verschiedenen Stellen einen verschiedenen Wortlaut gezeigt. 
Am wörtlichsten hat Irenäus das Zitat überliefert, wo er es di- 
 rekt unter dem Namen des Propheten einführt. Dies alles be- 

‚weist, wie wenig wir an eine hebräische Vorlage zu denken haben. 
Irenäus sowohl wie Justin haben nur einen griechischen Text 
vor Augen gehabt. Nun erhebt aber Justin gegen die Juden 
den Vorwurf, diesen Spruch unterdrückt zu haben. Dieser Vor- 
wurf wäre unverständlich, wenn er nicht den kanonischen Jere- 
mias im Auge hatte; auch Irenäus will sicherlich aus dem ka- 
nonischen Buche seinen Spruch bezogen haben, da er ihn sonst 
in seinem Weissagungsapparat nicht gebrauchen konnte. Justin 
gibt sich sogar den Anschein, wirklich Nachforschungen über 
᾿ς Textveränderungen angestellt zu haben!. Er führt unmittelbar 


nennen 


τ: 1) Die Kapitel 72 und 73 sind diesem Nachweise gewidmet, 
da Trypho den Justin dazu mit den Worten auffordert: Πρῶτον 
ἀξιοῦμεν εἰπεῖν σε ἡμῖν καί τινας ὧν λέγεις τέλεον παραγεγράφϑαι 

γραφῶν. ; 


470 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


vorher eine andere jüdische Unterschlagung im Jeremias an, 


die sich auf c. 11, 9 bezieht, und behauptet, daß diese Unter- 
schlagung erst kürzlich stattgefunden, da in einigen von den 
Juden in ihren Synagogen benutzten Exemplaren der betreffende 
Vers erhalten wäre. Man nimmt gewöhnlich an, daß es sich 
um hebräische Codices handele, aber wir wissen nichts darüber, 
ob Justin das A. T. in der Ursprache lesen konnte; daher ist 
es viel wahrscheinlicher, daß Justin an Handschriften der Sep- 
tuaginta denkt, die ja ebenfalls in den Synagogen der Diaspora 
als heiliger Text verlesen wurde. Hat der Spruch tatsächlich im 
kanonischen Jeremias gestanden und ist er nicht von Justin und 
Irenäus aus einem zusammengestellten Weissagungsapparat unbe- 
sehens übernommen, so müssen wir einen christlichen Fälscher 
statuieren, der den alttestamentlichen Charakter geschickt nach- 
geahmt hat, um seine Interpolation nicht auf den ersten Blick 
zu kompromittieren. Alttestamentlich ist das Epitheton ὁ ἅγιος 
[τοῦ] Ἰσραήλ', da der „Heilige Israels“ eine beliebte Appellation 
des Jahwe ist?, hier, wie alle Prädikate des alttestamentlichen 
κύριος, im christlichen Lichte auf den χύριος Χριστός bezogen. 
Alttestamentlich mutet an der Ausdruck εἰς γῆν χώματος, denn 
das Wort χῶμα, χοῦς kommt im N. T. nicht vor. Ebenfalls alt- 
testamentlichen Klang besitzt der Ausdruck σωτήριον, während 
er im N. T. nur in Zitaten des A. T.s auftaucht. Einiges Kopf- 
zerbrechen haben Gschwind die Varianten: ut ermeret eos, ut 
erigeret eos, extrahere eos bei seiner hebräischen Textkonstruk- 
tion bereitet, aber diese Varianten haben mit dem Originaltexte 
gar nichts zu tun, sondern sind Explikationen des Irenäus® zum 
Verständnis der besonderen Art der Errettung. An den drei Stellen, 
wo Irenäus ziemlich wörtlich den Spruch unter dem Namen des 
Propheten zitiert, finden sich diese Zusätze nicht, da den Schluß 
des Zitates die Worte bilden: ut salvaret eos (111, 20, 4), ad sal- 
vandum eos (IV, 22, 1), „um sie zu retten“ (Epid. e. 78). Diese 
Worte sind auch an den übrigen Stellen vorhanden, so daß sie 


1) Der Text bei Justin ἀπὸ ᾿Ισραήλ ist verderbt. 2) Vgl. 
die Stellensammlung bei Gschwind 1, c. 5. 213 Anm. 4. 3) Vgl. 
Hiob 17, 16; 20, 11; Dan, 12, 2; 4. Esr. 7, 82; Ps. 30, 10; 104, 29; 
syr. Bar. 42,7; 11,6. 4) Vgl. Luc, 2,30; 3,6; Act. 28, 28; 
Eph. 6, 17. 5) Vgl. adv. haer. IV, 22,1: exeitavit eos et erexit 
und 22, 2: exeitabit et eriget. 


3 
* 
* 
* 


----. Exkurs IL. am 


m. E. zum ursprünglichen Text gehört haben müssen, obwohl 
Justin sie nicht überliefert. Irenäus hat also noch am Schluß 
die Worte εἰς σώζειν αὐτούς gelesen. Fraglich ist, ob in dem 
3 Texte des Irenäus mit Justin τῶν χεχοιμημένων gestanden hat, 
denn nur an einer Stelle, nämlich III, 20, 4, die aber sonst die 
Ε beste und wörtlichste Überlieferung bietet, lesen wir qui dormierant, 
sonst qui praedormierant (IV, 22, 1), qui ante dormierant (IV, 

33,1), qui praedormierunt (IV, 33, 12), qui ante dormierunt 
(V, 31, 1) und in der Epid. e. 78: „der früher Entschlafenen“. 
Das würde auf ein τῶν προχεχοιμημένον»ν» schließen lassen, aber 
ebenso leicht konnte Irenäus von sich aus diese Textvariante bil- 
den, da sie den Sinn besser wiedergibt, wie auch Hermas Sim. 
IX, 16, 6 die Toten der Vorzeit die προχεχοιμημένοι nennt. Die 
Variante dominus sanetorum mortuorum suorum (V, 31, 1) halte 
ich für einen Lapsus des Übersetzers, wenn sanctorum statt 
sanctus richtig überliefert ist; es war im Text σραήλ ausge- 
fallen und dadurch war die Beziehung zu χύρεος undeutlich 
geworden. Fälschlich will Gschwind daraus den hebräischen 
Ursprung ableiten, indem das » von >x”ior möglicherweise als 
Abkürzung des letzteren, mit dem vorhergehenden Worte ver- 
bunden wurde zu "g7p (Gschwind 1. e. S. 213). Nach Resch, 
Agrapha? S. 321 und Gschwind 1. c. 220 soll das von ihnen sup- 
ponierte Jeremiasbuch wegen des Ausdrucks sanctorum mortu- 
orum Verwandtschaft mit Matth. 27, 52 χεχοιμημένων ἁγίων 
zeigen, ja sogar der Evangelist das apokryphe Jeremiasbuch be- 
nutzt haben. Das sind aber Phantasien ohne jede reale Basis, 
Ob im ursprünglichen Texte nach Justin εὐαγγελίσασϑαι αὐτοῖς 
gestanden hat, wie Gschwind annimmt, oder im absoluten Sinne 
εὐαγγελίσασϑαι, ist von unerheblicher Bedeutung; es scheint das 
letztere der Fall zu sein, da αὐτοῖς bei Irenäus nur IV, 22, 1 
vorkommt, nicht an den andern beiden von Gschwind bezeich- 
neten Stellen, hier ist nämlich die Übersetzung von εὐαγγελ. 
ganz ausgefallen. Auf jeden Fall hat Irenäus das Zitat unab- 
hängig von Justin benutzt!; es muß in kleinasiatischen Kreisen 


1) Das behauptet, abgesehen von Gschwind, auch von Ungern- 
Sternberg, Der traditionelle alttest, Schriftbeweis „de Christo“ und 
„de evangelio“ in der alten Kirche bis zur Zeit Eusebs von Caesarea, 
1913 8. 94. 


472° Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


im zweiten Jahrhundert verbreitet gewesen sein und im Weis- 
sagungsapparat für den Descensus als einziger Prophetenspruch 
eine Rolle gespielt haben. Leider kann man nicht mit Sicher- 
heit feststellen, ob schon der Presbyter des Irenäus den Spruch 
gekannt hat (s. ἃ.). Ohne Zweifel muß er bereits in der ersten 
Hälfte des zweiten Jahrhunderts existiert haben, wie aus dem 
Zitate des Justin sich ergibt, andererseits wird er bald wieder 
verschwunden sein, da abgesehen von Justin und Irenäus kein 
altchristlicher Schriftsteller auf diesen Spruch eingegangen ist. 
Man hat wohl den apokryphen Charakter des Spruches erkannt, 
zumal da er sicherlich in den Handschriften des kanonischen 
Jeremias wenig verbreitet war. In meinen Augen ist das 
Apokryphon auf das Konto eines christlichen Fälschers zu 
setzen. In ähnlicher Weise hat ein christlicher Interpolator den 
Text des Esra verfälscht. Justin bezichtigt nämlich an der- 
selben Stelle Dial. e. Tryph. c. 72; 297D die Juden, aus den Be- 
merkungen des Esra über das Pascha folgenden Passus ge- 
strichen zu haben: Kal εἶπεν Ἔσδρας τῷ λαῷ τοῦτο τὸ πάσχα 
ὁ σωτὴρ ἡμῶν καὶ ἡ καταφυγὴ ἡμῶν, καὶ ἐὰν διανοηϑῆτε καὶ 
ἀναβῇ ὑμῶν ἐπὶ τὴν καρδίαν ὅτε μέλλομεν αὐτὸν ταπεινοῦν 
ἐν σημείῳ καὶ μετὰ ταῦτα ἐλπίσωμεν ἐπ᾽ αὐτὸν, οὐ μὴ ἐρη- 
μωϑῇ ὃ τόπος οὗτος εἰς τὸν ἅπαντα χρόνον, λέγει ὁ ϑεὸς 
τῶν δυνάμεων. ἐὰν δὲ μὴ πιστεύσητε αὐτῷ μηδὲ εἰσακούσητε 
τοῦ κηρύγματος αὐτοῦ, ἔσεσϑε ἐπίχαρμα τοῖς ἔϑνεσι". Hier hat 
der christliche Fälscher das solenne λέγεε ὁ ϑεὸς τῶν δυνάμεων 
dem Propheten abgelauscht; in hebräischer Sprache hat der 
ganze Zusatz nie existiert. Den treffendsten Beweis liefert der 
christliche Bearbeiter der jüdischen Grundschrift der Testamente 
der 12 Patriarchen, der nicht aus christologischen Motiven, son- 
dern zur Verdeckung der Interpolation den alttestamentlichen Gott 
mit dem auf Erden Erschienenen identifiziert hat, so daß er als 
Vertreter des Patripassionismus erscheint. So finden wir Stellen 
wie Test. Sim. 6, 5: χύρειος ὁ ϑεὸς (al. κύριος ὁ ϑεὸς ὁ μέγας 
τοῦ Ἰσραήλ) φαινόμενος ἐπὶ τῆς γῆς ἥξει ὡς ἄνϑρωπος oder 
Test. Dan. 5, 13: κύριος ἔσται ἐν μέσῳ αὐτῆς τοῖς ἀνθρώποις 
συναναστρεφύμενος καὶ ὁ ἅγιος Ἰσραὴλ βασιλεύων ἐπ᾽ αὖ- 
τῆς ἐν ταπεινώσει καὶ πτωχείᾳ. 


1) Vgl. den latein. Text bei Lactantius, Inst. div. IV, 18. 


Exkurs IL 473 


Dagegen wollen Resch! und Gschwind (l. e. S. 201 ff.) eine 

Er christliche Fälschung nieht anerkennen. Beide suchen die 
᾿ Existenz eines selbständigen Jeremiasbuches, aus dem unser Zitat 

getllossen sei, nachzuweisen, und stützen sich dabei auf Matth. 27,9 

Ä (vgl. Hieronymus, Comm. in Matth. 27, 9, Migne, P. Lat. XXVI, 213) 

auf das anonyme Zitat im Barnabasbrief ce. 12, 1 und andere 
Agrapha. Nur darin weichen beide Gelehrte von einander ab, 
daß Resch den christlichen Charakter dieser alten Jeremiasschrift 


behauptet, Gschwind dagegen ein in hebräischer Sprache abge- 
faßtes Apokryphon statuiert; letzterer vertritt dabei die Ansicht, 


daß das Judentum der christlichen Lehre vom Descensus vorge- 
arbeitet habe, indem dieses den Befreiungsakt, die Auferweckung 
der Gerechten zum Heil als durch eine Niederfahrt in die Unter- 
welt geschehend sich vorstellte. Aber gerade diese Lehre läßt 
sich aus der sonstigen Literatur des Judentums nieht belegen. 
Das Judentum kennt wohl eine Auferweckung der Toten durch 
Jahwe, aber ein Descensus in die Unterwelt behufs Predigt und 
Befreiung der alttestamentlichen Frommen ist unbezeugt. Dieses 
Motiv hat erst das Christentum im Anschluß an den Tod Christi 
3 -- So bleibt es bei der christlichen Fälschung, 


= “Δ Vgl. Agrapha?, 5, 817f. und 382, Außerk. Paralleltexte 
zu den Evangelien, TU X, 1. 2, S. 372. 2) Derselben 
Meinung ist auch Atzberger, Eschatologie S. 139%, — Auf 
eine zweite Interpolation eines alttestamentlichen Textes zugunsten 
des Descensus hat Bousset (Hauptprobl. d. Gnosis 5, 256! und Kr. 
Chr. S.34') aufmerksam gemacht. In Sirach 24, 32 finden wir in 
der lateinischen Übersetzung den Zusatz: „Ich (die Weisheit) werde 
alle Gegenden tief unter der Erde durchdringen und werde alle 
Schlafenden heimsuchen und werde erleuchten alle die auf den Herrn 
hoffen“. Der Interpolator bzw. Glossator wurde durch die Worte 
‚des Originaltextes: ἔτι παιδείαν ὡς ὄρϑρον φωτιῶ καὶ ἐχψανῶ αὐτὰ 
Bag εἰς μακράν zu der Erweiterung von den omnes inferiores partes 
 terrae bewogen. Später muß diese Glosse in den Text eingedrungen 
sein, sei es ᾿ den griechischen Text, der dem Lateiner als Vorlage 
‚diente, sei es, was wahrscheinlicher ist, in den lateinischen Text, 
da der — sich nur im Lateiner finde. Das Kapitel 24 des 
Sirach über das Wesen der Weisheit ist bekanntlich von den alt- 
ehristlichen Schriftstellern für ihre Anschauugen betreffs des Wesens 
und Wirkens des Logos stark benutzt worden. Wenn nach den 
_ Untersuchungen von Thielmann (Archiv f. lat. Lexik. u. Grammat, 
Bad. VIII, 501ff. u. IX, 247 ff.) diese Übersetzung in Afrika in der 
ersten Hälfte des dritten Jahrhunderts entstanden ist, so fällt die 


474 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Gehen wir nun dazu über, die Glaubensvorstellungen be- 
treffs des Descensus in der alten Kirche an der Hand der ein- 
zelnen Zeugnisse zu verfolgen, so tritt uns als erster Zeuge 
Ignatius entgegen, wenn er Magn. 9,3 schreibt: πῶς καὶ δυνη- 
σόμεσϑα ζῆσαι, χωρὶς αὐτοῦ, οὗ καὶ οἱ προφῆται μαϑηταὶ ὁ οντες 
τῷ πνεύματι os διδάσχαλον αὐτὸν προσεδύχων᾽ καὶ διὰ τοῦτο, 
ὃν δικαίως ἀνέμενον, παρὼν ἤγειρεν αὐτοὺς ἐκ νεχρῶν. Die 
Propheten also, die hier in bestimmter Abzweckung aus der 
Zahl der alttestamentlichen Frommen hervorgehoben werden, sind 
Jünger des Herrn im Geiste gewesen und haben ihn als Lehrer 
erwartet. Nun ist der Herr als der μόνος διδάσκαλος der Christen 
auf Erden erschienen, daher konnten sie nicht mehr zu seinen 
Jüngern ἐν oagxi gehören. Trotzdem ist ihre Erwartung in 
Erfüllung gegangen, indem der Herr auch ihnen ein παρών ge- 
wesen ist. Dies konnte er aber nur auf die Weise ausführen, 
daß er persönlich an dem Orte erschien!, wo die Propheten 
weilten, u. zw. in der Zeit, da er als Toter zu den Toten kam, 
Als besonderer Zug wird nun bemerkt, daß Christus die Pro- 
pheten von den Toten auferweckt habe. Auferweckung von 
den Toten ist aber nichts anderes als ein umfassender Ausdruck 
für Teilnahme an dem himmlischen Reich. Was die Christen 
erst von der Zukunft erwarten, das ist den Propheten bereits 
zuteil geworden. Sie sind bereits auferweckt und, da diese 
Auferweckung bei der Anwesenheit des Herrn in der Unterwelt 
stattgefunden haben soll, kann Ignatius diese nur mit der Auf- 
erweckung des Herrn selber in Verbindung gebracht haben, die 
nach Smyrn. c. 2 sein eigenes Werk war?, so daß 
maßen Christus mit den Propheten auferstanden ist. Daß nach 


—— gerade in die Zeit, wo die Anschauungen über den 
Descensus noch lebendig waren. Im übrigen spiegelt die Stelle den 
Gemeindeglauben wieder, denn „die Schlafenden*“ bilden nicht die 
Gesamtheit der Verstorbenen, sondern begreifen nur die alttestament- 
lichen Gerechten, sie sind es, die auf den Herrn hoffen. So wird 
auch ihnen allein die Erleuchtung zuteil. Nicht deutlich ist, ob der 
Ausdruck „erleuchten“ im spezifischen Sinne von „taufen“ zu fassen 
ist oder in dem weniger prägnanten Sinne von „die Wahrheit des 
Evangeliums verkündigen“ ‚d.h. „Heil und Leben bringen“. 


1) Das παρών kann nicht auf die Menschwerdung bezogen werden. 
2) ὡς καὶ ἀληϑῶς ἀνέστησεν & ἑαυτόν. Doch vgl. Trall. 9, 2: ὃς 
καὶ ἀληϑῶς ἠγέρϑη ἀπὸ νεκρῶν, ἐγείραντος αὐτὸν τοῦ πατρὸς αὐτοῦ. 


a Fe ee Zt a, RE udn I > Zn ir. nd tn. 0 > ar Ah a Zr 


Exkurs II. 475 


— die σωτηρία der Propheten eine vollendete Tatsache ist, 


bestätigt eine zweite Stelle, nämlich Philad. 5, 2: καὶ τοὺς προ- 
φήτας δὲ ἀγαπῶμεν, διὰ τὸ χαὶ αὐτοὺς εἰς τὸ εὐαγγέλιον κατ- 
ηγγελκέναι χαὶ εἰς αὐτὸν ἐλπίζειν χαὶ αὐτὸν ἀναμένειν, ἐν ᾧῷ 
χαὶ πιστεύσαντες ἰσώϑησαν, ἐν ἑνότητι Ἰησοῦ Χριστοῦ ὄντες, 
ἀξιαγάπητοι χαὶ ἀξιοϑαύμαστοι ἅγιοι, ὑπὸ Ἰησοῦ Χριστοῦ με- 
μαρτυρημένοι καὶ συνηριϑμημένοι ἐν τῷ εὐαγγελίῳ τῆς κοινῆς 
ἐλπίδος. Während an der ersten Stelle von einem προσδοχᾶν 
und ἀναμένειν der Propheten die Rede ist, so hier von einem 
ἐλπίζειν und ἀναμένειν. Das alles bezieht sich doch wohl auf 
ihr Verhalten während ihres irdischen Lebens; es war ausgefüllt 
mit der Verkündigung Christi und der eigenen Erwartung des 
von ihnen Verkündeten. Auf ihre Haltung in der Unterwelt ist 
wohl weniger reflektiert, obwohl sie auch dort auf Christus ge- 
wartet haben, nachdem diese Erwartung sich während ihres 
Lebens nicht erfüllt hatte. Jetzt sind sie aber gerettet u. zw. 
auf Grund ihres Glaubens. Dieser Glaube ist ohne Zweifel als 
ein persönlich erworbener gedacht, d. b. bei dem Zusammen- 


treffen mit Christus haben sie den Glauben an den von ihnen 


mit Sehnsucht Erwarteten gewonnen, nachdem er auch ihnen 
das Evangelium verkündigt, wie er es unter den Lebenden ge- 
tan, und als Lohn dafür ist ihnen die σωτηρία zuteil geworden, 
d. h. sie sind in das messianische Reich eingegangen. Denn 
sie sind ja von Christus selbst „bezeugt und eingerechnet in 
die Heilsbotschaft der gemeinsamen Hoffnung“. Diese gemein- 
same Hoffnung, die die Propheten mit den Christen verbindet, 
ist die Anwartschaft auf die Teilnahme am Reiche Christi, da 
Christus in diesem eschatologischen Sinne sehr häufig von Igna- 
tius als die χοινὴ ἐλπὶς ἡμῶν resp. ἐλπὶς ἡμῶν bezeichnet 


wird!, Dann versteht man auch, weshalb das ‚Evangelium im 


Vergleiche zu den ἀγαπητοὶ προφῆται ein ἀπάρτισμα ἀφϑαρ- 


᾿ σίας heißt (Philad. 9, 2). In diese ἀφϑαροσία sind die Propheten 
a een. indem Christus für sie die Tür zum Vater bildete, 


wie Ignatius Philad. 9, 1 schreibt: αὐτὸς ὦ» ϑύρα τοῦ πατρός, 


= δὴ ἧς εἰσέρχονται ᾿Αβραὰμ καὶ Ἰσαὰκ καὶ Ἰακὼβ χαὶ οἱ προ- - 
φῆται καὶ οἱ ἀπόστολοι χαὶ ἡ ἐχκλησία. πάντα ταῦτα εἰς ἕνο- 


τήτα ϑεοῦ. An dieser Stelle werden den Propheten ebenfalls 


1) Vgl. Eph. 21,2; Philad, 11,2; Magn. 11; Trall. inser. und 2,2. 


476 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


die Patriarchen zugesellt; wir können daraus mit Recht schließen, 
daß an den früheren Stellen die Propheten aus besonderen Grün- 
den, da es sich um ihre schriftlichen Kundgebungen im Verhältnis 
zum Evangelium handelte, aus der Zahl der alttestamentlichen 
Gerechten herausgehoben sind. Hier bedient sich Ignatius des 
präsentischen Ausdrucks εἰσέρχονται statt des früheren ἤγειρεν 
und ἐσώϑησαν. Man darf daraus nicht folgern, als wenn der 
Eingang sämtlicher Angeführten erst in der Zukunft erfolgen 
solle. Ignatius reflektiert nicht auf den Zeitpunkt des Eintritts; 
er will nur sagen, daß die Tür für alle die gleiche ist; zeitlich 
kann dieser Eintritt durch die Tür ein ganz verschiedener sein ! 
Die Tür selbst zum Vater wurde erst durch Christus nach seiner 
Menschwerdung geöffnet, deshalb konnte auch vor seiner An- 
kunft — das war die urchristliche Anschauung — niemand zum 
Vater eingehen, mochten sie auch noch sehr wie die Propheten 
χατὰ Χριστόν gelebt haben (Magn. 8, 1; 9, 2); die ἑνότης ϑεοῖ 
und ἑνότης Ἰησοῦ Χριστοῦ tritt erst nach Tod und Auferstehung 
Christi in den Bereich der Verwirklichung und zwar auch für 
die wahren Jünger Christi der vorchristlichen Zeit. Der Lohn ' 
für ihre wahre Jüngerschaft blieb aber zunächst aus, denn sie 
mußten nach dem Tode in die Unterwelt hinabgehen, jetzt ist 
diesem Zustande ein Ende bereitet, sie sind durch Christus in 
das Heil eingegangen; mit seiner Auferstehung schlug auch für 
sie die Stunde ihrer Auferstehung und Beseligung. 

Die Ausführungen machen durchaus nicht den Eindruck, 
als wären sie von Ignatius selbst ausgeklügelt; sie sind sehr kurz 
gehalten und deuten die Gedanken nur in allgemeinen Umrissen 
an. Ignatius setzt eben voraus, daß die Leser ihn ohne weiteres 
verstehen, da der Descensus Christi ad inferos mit seiner soterio- 
logischen Wirkung für die alttestamentlichen Frommen im Ge- 
meindeglauben seinen festen Platz eingenommen hatte?, Wir 


1) Man könnte auch ein Praesens historicus statuieren und 
übersetzen, „sie sind eingegangen“, da Ignatius, wie wir gleich sehen, 
die Meinung äußert, daß die Verstorbenen sofort an den ihnen ge- 
bührenden Ort eingehen. 2) Ob aus der Stelle Trall. 9,1: ἀπέ- 
ϑανεν βλεπόντων τῶν ἐπουρανίων καὶ ἐπιγείων καὶ ὑποχϑονίων wegen 
der ὑποχϑόνιοι auf eine Heilswirksamkeit Christi in der Unterwelt 
geschlossen werden darf (Gschwind, 1. c. 5. 223 u. Atzberger, Eschato- ς᾽ 
logie 8. 83, Anm. 1), ist höchst fraglich, denn diese Aufzählung ist 
doch nur eine Nachahmung von Phil, 2, 10. a 


— 


Exkurs II. 477 


erkennen zugleich aus den Briefen des Ignatius an die Phila- 
delphier und Magnesier, wie der Kampf des Christentums um 
seine jüdische Vergangenheit die Frage nach dem Schicksale der 
' Heiligen der Vorzeit auf das Tapet gebracht hat. Die Hades- 
fahrt wird ausschließlich mit diesen in Verbindung gebracht, 
das Schicksal der Gottlosen erfährt keine Veränderung, da mit 
ihnen Christus keine persönliche Berührung in der Unterwelt 
hat. Ignatius lebt der Überzeugung, daß die alttestamentlichen 
Frommen, unter denen er die Patriarchen und Propheten heraus- 
hebt, an einem besonderen Orte der Unterwelt versammelt sind. 
Im übrigen gibt ihm das Thema seiner Briefe wenig Gelegen- 
heit, sich über die Vorstellungen des Lebens nach dem Tode 
auszulassen. Er selbst lebt ja ganz in der Gedankenwelt des 
Märtyrers, der geradezu mit fanatischem Eifer die Stunde des 
Martyriums herbeiwünscht, um sofort zu Gott zu gelangen. 
Seine Märtyrerfreudigkeit steht in innigster Beziehung zu seiner 
Hoffnung auf das jenseitige Leben bei Gott. Wie ein roter 
Faden zieht sich dieser Gedanke durch seine Briefe hindurch !; 
er ist gleichsam von Furcht gepackt, daß durch menschliche 
Machenschaften er vor dem Märtyrertode bewahrt würde und 
᾿ς dadurch der Vereinigung mit Gott verlustig gehe?. So nimmt er 
] die Prärogative der Märtyrer, wie wir sie bei den Juden kon- 
-  statiert hatten, mit vollem Bewußtsein für sich in Anspruch. 
Und unwillkürlich überträgt er diesen Gedanken auch auf die üb- 
rigen Christen, denn das gleiche Los der Teilbaftigkeit Gottes 
- wünscht er auch ihnen (Ephes. 10,1; Smyrn. 9, 2; Polye. 2,3). Der 


4 1) Vgl. den häufigen Ausdruck #soü ἐπιτυχεῖν Röm,. 1,2; 2,1; 
e 3,88 92; Ephes 12, 2; Trall. 12, 2; 18, 8; Polye. 7, 1; 
᾿ς Magn. En Smyrn. 11, 1. Daneben ’Insoö Χριστοῦ ἐπιτυχεῖν 
Roem. 5, 3. Sein Tod ist ein ἀποϑανεῖν εἰς Χριστὸν Ἰησοῦν 
Ἢ nad 6, 1). 2) Der ganze Römerbrief ist bekanntlich von 
Be: Gedanken beherrscht. Ign. will gewürdigt werden εἰς ἮΝ 
1,1 und τὸν κλῆρον ἀνεμποδίστως ἀπολαβεῖν (ec. 1, 2). 

flieht er die römischen Christen an: τὸν τοῦ ϑεοῦ ϑέλοντα Eu 
| en — μηδὲ ὕλῃ ἐξαπατήσητε᾽ ἄφετέ με ὌΝ φῶς 
ν᾽ ἐκεῖ παραγενόμενος ἄνϑρωπος ἔσομαι (Röm. 6, 2). Seine 
cht findet einen ergreifenden Ausdruck in den Worten: 
Gene Bag τὸν Kal ἀποϑανόντα᾽ ἐκεῖνον ϑέλω, τὸν δι᾿ ἡμᾶς 

en 6, 1) und seine Losung heißt: δεῦρο πρὸς τὸν 
u (Röm. 7 


ΕΝ 
Ἦν 
"π᾿ 
ΤῊ 
ἔ 
Ἶ 

— 


478 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ζωὴ αἰώνιος (Polye. 2, 3; Ephes. 18, 1; Magn. 9, 1) steht: gegen- 
über das πῦρ τὸ ἄσβεστον (Ephes. 16, 2) oder der ζωή der ϑάνα- 
τος (Magn. 5,1), und ohne Unterschied behauptet er, daß ein jeder 
an seinen eigenen Ort hingehen muß (Magn. 5,1). Darnach scheint 
Ignatius keinen Zwischenzustand für die Christen anzunehmen; die 
Belohnung wie die Strafe folgt unmittelbar nach dem Tode. 
Viel faßbarer sind die Ausführungen jenes ehrwürdigen Pres- 


byters der Kirche Kleinasiens?, dessen Vorträge Irenäus in 
seiner Jugend gehört hat und den er zu den Hörern von Apostel- 
schülern rechnet®. Der Presbyter nahm in diesen Vorträgen 


1) Dieselbe Vorstellung tritt uns auch beim Verfasser des 
1. Clemensbriefes entgegen. Daß Petrus gelangt sein soll εἰς 
τὸν ὀφειλόμενον τόπον τῆς δόξης und Paulus εἰς τὸν ἅγιον τόπον, 
ist nicht weiter auffällig, da sie ja als Märytrer darauf Anspruch 
haben; daß aber die verstorbenen Presbyter der korinthischen Ge- 
meinde οἵτινες ἔγκαρπον καὶ τελείαν ἔσχον τὴν ἀνάλυσιν, nicht ἀπὸ 
τοῦ ἱδρυμένου αὐτοῖς τόπου verdrängt werden können (c, 44,5), läßt 
erkennen, daß auch diese an einem himmlischen Orte weilend ge- 
dacht sind, Das ist wohl der χῶρος εὐσεβῶν, welchen nach c. 50,3 
die ἐν ἀγάπῃ τελειωϑέντες κατὰ τὴν τοῦ ϑεοῦ χάριν innehaben, von 
wo aus sie offenbar werden am Tage der Prüfung des Reiches 
. Christi. Mag auch Clemens einen status intermedius annehmen, so 
verlegt er diesen schwerlich in die Unterwelt. Nun zitiert freilich 
Clemens unmittelbar darauf Jes, 26, 20, wonach die Verstorbenen 
einen kleinen Augenblick in die Kammern eingehen sollen, bis der 
Zorn und Grimm Gottes vorübergehe und schließt daran (nach 
Hes. 37, 12) die Verheißung, daß Gott die Verstorbenen aus den 
Gräbern auferwecken werde, aber es wird nicht deutlich, wo diese 
Kammern liegen, ob über- oder unterirdisch. Hätte Clemens sich 
die jüdischen Jenseitsvorstellungen zu eigen gemacht, so würde 
er diesen Ort der Seligkeit in die Unterwelt verlegen und nach 
dorthin auch die Gerechten der Vorzeit verweisen. Denn die Priester 
und Propheten gehören nach Clemens zu den erhabenen Vorbildern 
für die Christen, sie sind die μεμαρτυρημένοι Gottes (c. 17f.), des- 
halb werden sie auch irgend einen Lohn dafür nach ihrem Tode 
empfangen haben. Zur Zeit des Clemens scheint diese Frage noch 
nicht brennend gewesen zu sein. 2) Vgl. die Untersuchungen 
von Harnack: Der Presbyter-Prediger des Irenaeus (IV, 27, 1—32, 1). 
Bruchstücke und Nachklänge der ältesten exegetisch-polemischen 
Homilien [Philotesia. Paul Kleinert zum LXX. Geburtstag, 1907, 
5.161] und Bousset: Jüdisch-Christlicher Schulbetrieb in Alexandrien 
und Rom, 1915, S. 272 ff.; dazu Zahn, Forsch. z. GK. VI, 1900, 8.53 ft. 

3) Iren. adv. haer. IV, 27,1: Quemadmodum audivi a quodam 
presbytero, qui audierat ab his qui apostolos viderant, et ab his 


Exkurs IL 479 


Stellung zu den Antithesen Marcions, der in seinem über- 
schwänglichen Antijudaismus die Verschiedenheit der beiden 
ο΄ Testamente betont, alle Gerechten des A. T.s verworfen und 
ihnen als Dienern des Judengottes das Heil abgesprochen hatte. 
In dem uns vorliegenden Abschnitt sucht der Presbyter die An- 
griffe Marcions gegen die im A. T. überlieferten Vorstellungen 
der Gottesmänner zu entkräften. Die schlimmen Verfehlungen 
von Gott so wohlgefälligen Männern wie David und Salomo 
werden ohne weiteres anerkannt, aber man müsse sich an dem 
Tadel und der Bestrafung, wie sie in der Schrift ausgesprochen, 
Genüge sein lassen, deshalb sei man zu weitgehenden Vorwürfen 
nicht. berechtigt, und auch da, wo die Schrift unsittliche Hand- 
lungen, wie in der Geschichte Lots und seiner Töchter ohne 
jeden Tadel zur Darstellung bringe, müsse man sich jeder An- 
klage enthalten, um nicht sittlicher als Gott erscheinen zu wollen, 
vielmehr müsse man den „Typus“ suchen, da nichts bedeutungs- 
los in dem sei, was ohne Vermerk einer Anklage in den 
Schriften stehe. Und weiter, die Aufzeichnungen schlimmer 
Geschichten im A. T. habe noch außerdem einen doppelten 
Zweck: 1) erkennne man, daß der Gott der Christen und 
der Gott des A.T.s ein und derselbe sei, dem die Sünden 
selbst bei Hochstehenden mißfallen, und 2) sollen die Christen 
dadurch vor eigenen Verfehlungen zurückgeschreckt werden. 
Da nun alle Menschen des Ruhmes Gottes ermangeln (Röm. 
3,28), sieaber gerechtfertigt werden nicht von sich selbst, son- 
dern erst von der Ankunft Christi an diejenigen, die seinem 
Lichte entgegenblicken, so müsse die Ankunft Christi auch den 
alttestamentlichen Gottesmännern in irgend einer Weise die 
Rechtfertigung gebracht haben. Das sei geschehen durch den 
Abstieg des Herrn in die Unterwelt. Dort in der Unterwelt 
habe er ihnen die Frohbotschaft seiner Ankunft gebracht, und 
diese bestehe in der Vergebung der Sünden für die, welche an 
den Herrn glauben. Geglaubt hätten aber alle, die auf ihn ge- 
hofft, d. h. die, welche seine Ankunft vorher verkündigt und 
_ seinen Anordnungen gedient, d. h. die Gerechten, Propheten 
* Patriarchen. Diesen allen habe der Herr ihre Sünden ver- 


τ 
* 
—* 
* 


” 


qui idicerant. Vgl. e. 82, 1: Huiusmodi quoque de duobus testa- 
mentis senior apostolorum discipulus disputabat. 


480 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


geben, wie es jetzt bei den Christen der Fall. Deshalb dürften 
die letzteren jenen die Sünden nicht anrechnen, um nicht selbst 
die Gnade Gottes zu verachten. Denn wie jene uns unsere Ver- 
fehlungen nicht anrechnen, die wir begangen, bevor Christus 
sich in uns offenbarte, so hätten wir kein Recht, sie denen an- 
zurechnen, die vor der Ankunft Christi gesündigt. Ja, die alt- 
testamentlichen Gerechten hätten vor den Christgläubigen etwas 
ganz Besonderes voraus. Als sie nämlich ihre Verfehlungen be- 
gingen, hatte der Sohn Gottes für sie noch nicht gelitten, des- 
halb sei der Tod des Herrn ihnen eine euratio et remissio pec- 
eatorum gewesen, und zwar definitiv, da sie ja nicht mehr nach 
ihrem Tode Sünden begehen könnten. Die Christgläubigen hätten 
gleichfalls durch den Tod Christi in der Taufe die Vergebung 
ihrer früher begangenen Sünden empfangen, aber sie seien in 
der größten Gefahr, diese Gnadengabe zu verlieren, da sie nicht 
mehr nach Empfang der Taufe sündigen dürfen. Christus werde 
nicht von neuem für sie den Tod erleiden, vielmehr in der Herr- 
lichkeit des Vaters (als Richter) kommen, um von seinen Ver- 
waltern und Haushaltern das ihnen anvertraute Geld mit Zinsen 
zurückzufordern (Matth. 29, 19 ff.; Luk. 19, 15 8), Dann würde 
er von denen, denen viel gegeben, viel verlangen (Luk. 12, 48). 
Deswegen dürften die Christen nicht übermütig sein und die 
Alten tadeln, sondern müßten selbst in Furcht sein, daß sie, wenn 
sie, nachdem sie Christus erkannt haben, noch etwas Gott Miß- 
fälliges tun, keine Vergebung der Sünden mehr erlangen, viel- 
mehr von seinem Reiche ausgeschaltet werden, so daß also ihrer 
eine viel härtere Strafe wartet als den Alten und der Christen- 
stand ein höchst gefährlicher und verantwortlicher ist. Und so 
fordert der Presbyter (adv. haer. IV, 31, 1) seine Zuhörer resp. 
Leser auf, statt die Patriarchen und Propheten wegen der in 
der Schrift berichteten Verfehlungen zu tadeln, Gott für sie zu 
danken, daß ihnen bei der Ankunft des Herrn ihre Sünden ver- 
geben sind, denn auch jene dankten und wurden — 
in dem christlichen Heile. 

Diese Ausführungen des kleinasiatischen Presbyters — 
spruchen eine besondere Darlegung, da sie nicht nur die älteste 
und umfangreichste Zusammenfassung der Gedanken über den 
Descensus enthalten, sondern auch auffallende Übereinstimmung 
mit den Bemerkungen der Epistola zeigen. Der Zweck der 


Exkurs I. 481 


Niederfahrt wird bezeichnet mit evangelizare, welches dem xr- 
ούσσειν der Epistola entspricht, nur wird hier noch das Objekt 
des evangelizare angegeben, nämlich adventum suum, d. h. seine 
Ankunft auf Erden, auf welche die alttestamentlichen Gerechten 
so mit Inbrunst gewartet hatten, wie wir den Worten des Ignatius 
entnommen haben. Daß dieser Descensus nach dem Tode am 
Kreuze stattgefunden, brauchte nicht näher bezeichnet zu werden,da 
den Zuhörern des Presbyters genau so wie den Lesern der Epistola 
dies bekannt war!. Die Predigt in der Unterwelt richtet sich 
aber nicht an alle Toten, sondern beschränkt sich ausschließlich 
auf die Gläubigen an den Herrn, d. h. auf die Gerechten, Pro- 
pheten und Patriarchen im A. T.; auch dies steht ganz in Pa- 
rallele zu den Angaben der Epistola. Und wie hier, so ist auch 
dort nicht die Predigt die Hauptsache, sondern die Vergebung 
der Sünden. Das Heilsgut der Sündenvergebung wird aber nur 
durch die Taufe appliziert. So vertritt auch der Presbyter die 
Anschauung des Verfassers der Epistola, daß Jesus bei seinem 
Aufenthalt in der Unterwelt die alttestamentlichen Frommen 
getauft habe, um sie zu befähigen, in die Gemeinde der Christen 
n zu werden. Von jetzt ab können sie des christ- 
lichen Heiles nicht verlustig gehen, da sie ja nicht, wie die 
Christen auf Erden, den Sünden mehr unterliegen. Dahinter 
steckt der Gedanke, daß die alttestamentlichen Frommen das 
Erbe des Reiches Christi bereits angetreten haben. Denn ihre 
glorificatio in salute besteht nicht darin, daß sie Gott in der 
Unterwelt für ihre Erlösung danken, sondern vielmehr darin, 
daß sie durch die erste Ankunft Christi die ewige Seligkeit er- 
langt haben, während die Christen dies erst von der zweiten 
Parusie erwarten. 
wwWir sehen deutlich, daß der kleinasiatische Presbyter und 
- der Verfasser der Epistola mit ihren Anschauungen über den 
Descensus Christi sich decken resp. sich ergänzen. Dadurch 
- wird von neuem meine These bestätigt, daß letzterer zeitlich 
wie geographisch dem Kreise der Kleinasiaten angehört. Und 
was noch wichtiger, der Presbyter erscheint nicht als Vertreter 
der dogmatisch interessierten Kreise, sondern verteidigt ein 


“1 
2 


— U Doeh heißt es: et illis quidem curatio et remissio peccatorum 
mors domini fuit. 
ἢ T. u. U. 16: Schmidt-Wajnberg. 31 


482 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Stück des lebendigen Gemeindeglaubens, das durch die Gegner 
bedroht ist. Diese Gegner sind an dieser Stelle Marcion und 
seine Anhänger. Durch ihn war die Frage nach dem inneren 
Verhältnis des Christentums zum Judentum eine brennende ge- 
worden und hatte die Großkirchler gezwungen, das Problem 
über die Stellung zu den vom Christentum reklamierten Heroen 
des A. T.s energisch zu durchdenken. Durch diesen Kampf 
gegen den Marcionitismus und Gnostizismus ist ohne Zweifel 
die Idee der Hadesfahrt Christi geklärt und vertieft worden. 
Denn für Mareions antijudaistischen Radikalismus war die Aner- 
kennung der alttestamentlichen Gerechten ein unerträglicher Ge- 
danke; er hatte in Übereinstimmung mit den Gnostikern die 
Propheten zu Dienern des Judengottes degradiert. So über- 
liefert uns Irenäus adv. haer. I, 27,3 folgendes von ihm: 
Cain et eos, qui similes sunt ei, et Sodomitas et Aegyptios et 
similes eis et omnes omnino gentes, quae in omni permixtione 
malignitatis ambulaverunt, salvatas esse a domino, cum descen- 
disset ad inferos et accucurrissent ei, et in suum assumsisse 
regnum; Abel autem et Enoch et No& et reliquos iustos et eos, 
qui sunt erga Abraham patriarcham cum omnibus prophetis et 
his qui placuerunt deo, non partieipasse salutem, qui in Mar- 
eione fuit serpens praeconavit. Quoniam enim seiebant, inquit, 
deum suum semper tentantem eos, et tunc tentare eum suspi- 
eati, non accucurrerunt Jesu neque crediderunt annuntiationi 
eius; et propterea remansisse animas eorum apud inferos dixit!, 
Und ganz ähnlich lautet der Bericht des Epiph. haer. 42, 4: καὶ 
ἄχρι adov καταβεβηχέναι τὸν κύριον, ἵνα σώσῃ τοὺς περὶ Κάϊν 
καὶ Κορὲ καὶ Δαϑὰν καὶ ᾿Αβειρών, Ἡσαῦ τε καὶ πάντα τὰ ἔϑνη 
τὰ μὴ ἐγνωχότα τὸν ϑεὸν τῶν Ἰουδαίων" τοὺς δὲ περὶ Αβελ 
χαὶ Ἐνὼχ καὶ Νῶε καὶ ᾿Αβραὰμ καὶ ᾿Ισαὰκ καὶ ᾿Ιακὼβ καὶ 
Μωυσέα, Δαυίδ τε καὶ Σολομῶνα ἐκεῖ καταλελοιπέναι, διότε 
ἐπέγνωσαν, φησί, τὸν ϑεὸν τῶν Ιουδαίων, ὄντα ποιητὴν καὶ 


1) Vgl. Theodoret, haer. fab. I, 24: οὗτος τὸν μὲν Κάϊν καὶ τοὺς 
Σοδομίτας καὶ τοὺς δυσσεβεῖς ἅπαντας σωτηρίας ἔφησεν ἀπολελαυκέναι 
προσεληλυϑότας ἐν τῷ ἄδῃ τῷ σωτῆρι Χριστῷ καὶ εἰς τὴν βασιλείαν 
ἀναληφϑῆναι. Τὸν δὲ "Aßel καὶ τὸν ᾿Ενὼχ καὶ τὸν Νῶε καὶ τοὺς 
πατριάρχας TE καὶ τοὺς λοιποὺς προφήτας καὶ τοὺς δικαίους οὐ μετα- 
λαχεῖν τῆς ἐκείνοις δεδομένης ἐλευϑερίας, προσδραμεῖν αὐτῷ μὴ βου- 

ευϑέντας. Οὗ δὴ χάριν, φησί, καὶ τὸν ἄδην οἰκεῖν κατεκρίϑησαν. 


2 


Ἵ 


Exkurs II. 483 


κτιστὴν καὶ τὰ καϑήκοντα αὐτοῦ πεποιήκασι καὶ οὐχὶ τῷ ϑεῷ 
τῷ ἀοράτῳ ἑαυτοὺς προσανέϑεντο. 

Wäre der Descensus behufs Erlösung der alttestamentlichen 
Frommen nur ein von des Gedankens Blässe angekränkeltes 
Theologumenon gewesen, hätte schwerlich Marcion seine Spe- 
zialansichten zum Ausdruck gebracht. Jetzt aber sah er sich 
genötigt, dem Gemeindeglauben Rechnung zu tragen. Auch er 
kennt einen Descensus ad inferos, aber die Namen der Gerechten 
sind vertauscht. Gilt die Erlösung nach der Lehre der Kirche 
den Vätern der Urzeit, den Patriarchen, den Propheten und den 
übrigen Gerechten, so sind diese nach Marcion von der salus 

; als Grund wird angegeben, daß sie in der An- 
kunft Christi eine Versuchung ihres Gottes erblickt hätten, da- 
her nicht Jesu zugeeilt und seiner Verkündigung geglaubt hätten!, 
Infolgedessen wären ihre Seelen in der Unterwelt geblieben. Um- 
gekehrt wären alle im A. T. aufgeführten Übeltäter wie Cain und 
seines Gleichen, die Sodomiten und Ägypter und andere heid- 
nische Völker dem in der Unterwelt Erschienenen entgegengeeilt 
und als Lohn dafür in sein Reich aufgenommen. Die Errettung 
besteht also in der sofortigen Auferstehung aus der Unterwelt 
in das Reich Christi. So ist Mareion indirekt der beste Zeuge 
für den kirchlichen Gemeindeglauben betreffs des Descensus 
Christi. Es handelt sich tatsächlich um nichts anderes als um 
die Frage nach der Teilnahme der vorchristlichen Gerechten an 
dem von Christus gegründeten messianischen Reiche. 


Denselben Tatbestand können wir auch bei Hermas konsta- 
tieren. In dem bekannten neunten Gleichnis steigen auf Geheiß 
der leitenden sechs Bauleute zehn würfelfürmige unbehauene 
Steine aus der Tiefe empor und bilden das Fundament des auf 


5 dem Felsen und über dem Tore zu errichtenden Turmes. Da- 
᾿ς zauf folgen weitere gleichartige Steine in Gruppen von 25, 35 
und 40, die ebenfalls in den Bau des Turmes eingefügt werden. 


So lassen sich vier Schiehten im Fundamente unterscheiden. Da- 


nach tritt eine kleine Ruhepause im Bau ein (e. 4). In e. 15 
wird dieser Vision folgende Deutung gegeben: Die in das 
ἢ Fundament gelegten zehn Steine bilden die erste Generation der 


— — Nach Epiphanius liegt der Grund in ihrem Dienste des 
während der Erlöser der Gesandte des unsichtbaren 
Gottes ist. 
RT 


484 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Menschheit; sie entsprechen wohl den zehn Urvätern von Adam 
bis Noah. Die 25 Steine bedeuten die zweite Generation, die 
sog. ἄνδρες δίκαιοι. Das sind wahrscheinlich die Patriarchen. 
Ihnen folgen unter dem Sammelnamen προφῆται τοῦ ϑεοῦ καὶ 
διάχονοι αὐτοῦ weitere 35. Darunter haben wir die Propheten 
und die @erechten der nachfolgenden Zeit zu verstehen. Den 
Schluß bilden die ἀπόστολοι καὶ διδάσχαλοι τοῦ κηρύγματος 
τοῦ υἱοῦ τοῦ ϑεοῦ, d.h. die Verkündiger der christlichen Lehre und 
Begründer der christlichen Kirche. Sie insgesamt werden gegen- 
über den Nachfolgenden als die erste große Gemeinde Christi 
vorgestellt, da sie die Geister der zwölf Jungfrauen getragen 
haben, und zwar in der Weise, daß die Geister sich nie von ihnen 
getrennt haben, vielmehr bis zu ihrem Entschlafen in ihnen ver- 
blieben sind. Irgend welche schweren sittlichen Verfehlungen bei 
den Gottesmännern der Vorzeit kennt also Hermas nicht an, die 
Angriffe von Seiten der Mareioniten und Gnostiker haben dieses 
Problem noch nicht akut werden lassen. Die Christen der Vor- 
zeit bilden mit den Christen der ersten Generation eine Klasse, 
Denn die heilige Kirche ist zugleich mit dem Himmel und der 
Erde aus der Schöpferhand Gottes hervorgegangen (Vis. I, 3, 4); 
der Segen, der nach Genes. 1,28 den Protoplasten galt, bezieht sich 
auf sie als Vertreter der Kirche! (Vis. I, 1,5; 1, 3, 4); ja, da der 
Sohn Gottes, der Fels, auf dem die Kirche aufgebaut ist, vor 
der ganzen Schöpfung entstanden (Sim. IX, 12, 2), kann man 
auch sagen, daß die Kirche vor allen Dingen geschaffen und 
daß um ihretwillen die Welt geschaffen ist (Vis. 2, 4, 1). Aber 
auf der andern Seite ist derselbe Sohn Gottes erst in den letzten 
Tagen der Endzeit offenbar geworden (Vis. 2, 12, 3), als solcher 
ist er das Tor?, durch welches diejenigen, welche gerettet wer- 
den sollen, in das Reich Gottes eintreten, und zwar ist er die 
μία εἴσοδος πρὸς τὸν κύριον (Sim. IX, 12, 6). Deshalb ist das 
Tor, mag der Fels auch alt sein, neu (Sim. 1, 12, 3), denn nie- 
mand hat vor der Erscheinung des Sohnes Gottes auf Erden 
den Namen des Sohnes empfangen. Das gilt selbst von den 
herrlichen Engeln, die den Sohn zur Rechten und zur Linken 


1) Vgl. 2. Clem. 14, 2, wo die Schaffung des Mannes und des 
Weibes Gen. 1, 27 auf Christus und auf die Kirche gedeutet ist. 

2) Christus die Tür Joh. 10, 7f.; Ignat. Phil. 9, 1; 1. Clem, 
48, 21 — 


νω ὐ. ἀμ 


Ze IH 7 a Υ"π ΡΥ. 


Seas ee a rn ον ——— 


Exkurs II, 485 


; auch sie können nicht zu Gott kommen ohne ihn 
(Sim. IX, 12, 8); das gilt noch mehr von den Menschen der Vor- 
zeit, wenn wirklich nur Träger des Namens des Sohnes der Auf- 
nahme in die βασιλεία τοῦ ϑεοῦ gewürdigt werden. So ist denn 
die Kirche trotz ihres vorweltlichen resp. vorchristlichen Cha- 
rakters eine neue Größe; auch sie ist erst mit der Erscheinung 
des Sohnes in die Existenz getreten und hat ihre geschichtliche 
Größe innerhalb der Menschheit entwickelt. Zunächst handelt 
es sich nicht um die Aufnahme in das Reich Gottes, sondern 
um den Eintritt in die Kirche als das irdische Abbild des 
Reiches Gottes. Unter dem Bilde des Turmbaues wird diese 
irdische Entwicklung der Kirche geschaut (Vis. ΠῚ u. Sim. IX). 
Die Kirche bezw. der Turm ist über den Wassern erbaut (Vis. III, 
2, 4), weil durch die Wassertaufe die Menschen gerettet sind 
»(Vis. III, 3, 5). Durch die Taufe empfangen sie den Namen 
des Sohnes bezw. das Siegel; beim Empfang der Taufe steigen 
‘sie tot in das Wasser hinab und steigen lebend aus ihm wieder 
herauf, d. h. bei der Übernahme des Christennamens haben sie 
die Sterblichkeit abgelegt und sind zu Trägern des Lebens und 
des Geistes geworden (Sim. IX, 16). 
Wer hat nun dieses Leben den Christen in der Welt ver- 
mittelt? Darauf lautet die Antwort: οἱ ἀπόστολοι καὶ διδάσχα- 
λοι. Sie sind die Inhaber des χήρυγμα τοῦ υἱοῦ τοῦ ϑεοῦ an 


- die Menschheit (Sim. IX, 15, 4), sie sind die χηρύξαντες εἰς ὅλον 


τὸν χόσμον καὶ οἱ διδάξαντες σεμνῶς καὶ ἁγνῶς τὸν λόγον 
τοῦ χυρίου (Sim. IX, 25, 2). Diese Apostel und Lehrer bilden 


eine geschlossene Gruppe, es sind die Weltmissionare, welche 


durch ihre Verkündigung und Lehre die Kirche Christi gestiftet 
haben. Daher kann Hermas auch kurzweg sagen (Sim. IX, 17, 1): 
τὰ ὅρη ταῦτα τὰ δώδεχα (δώδεχα) φυλαί εἰσιν al κατοιχοῦσαι 
ὅλον τὸν χόσμον. ἐκηρύχϑη οὖν εἰς ταύτας ὃ υἱὸς τοῦ ϑεοῦ διὰ 
τῶν ἀποστόλων oder Sim. VIII,3,2: ὁ δὲ νόμος οὗτος υἱὸς ϑεοῦ 
ἐστε χηρυχϑεὶς εἰς τὰ πέρατα τῆς γῆς". In den Augen des 


u 1.7, ST 


- 4) In Vis. II, 5,1 hat Hermas diesen Gedanken verschoben, 


indem er den Weltmissionaren die Träger des Gemeindeamtes in 


der Person der Episkopen und Diakonen zugesellt hat. Dadurch 
verschiebt sich auch der zeitliche Abstand. Während nach Sim. 
IX, 15, 6; 16,5 es sich ausschließlich um Entschlafene handelt, 
muß Hermas hier eine Unterscheidung vornehmen: οὗ μὲν κεχοιμὴ - 


486 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Hermas ist diese Weltmission nicht ausschließlich auf die Zwölfe 
beschränkt, sondern, wie die Zahl 40 zeigt, war diese Aufgabe 
der Verkündigung des Evangeliums einem größeren Kreise über- 
tragen. Die Periode dieser apostolischen Tätigkeit liegt bereits 
abgeschlossen vor, die erste Generation ist durch den Tod von 
der Bildfläche abgetreten; sie sind die χοιμηϑέντες resp. die 
xexorungelvor und sind aus Mitgliedern der irdischen Kirche zu 
Inhabern der βασιλεία τοῦ ϑεοῦ geworden, deshalb können sie 
auch in den himmlischen Turm eingefügt werden. Damit empfan- 
gen sie den Lohn dafür, daß sie χατὰ τὴν σεμνότητα τοῦ ϑεοῦ 
gewandelt (Vis. II, 5, 1), daß sie in Kraftund Glauben des Sohnes 
Gottes entschlafen sind (Sim. IX, 16, 5), daß sie die Geister der 
zwölf Jungfrauen bis ans Ende getragen haben (Sim. IX, 15, 5; 
16,1). Aber die Apostel und Lehrer sind nicht nur Missionare 
der Lebenden in aller Welt geworden, sondern auch Missionare 
der Entschlafenen, und zwar jener drei Generationen der alt- 
testamentlichen Vorzeit. Auch von den letzteren gilt dasselbe, 
daß sie nämlich ἐν δικαιοσύνῃ καὶ ἐν μεγάλῃ ἀγνείᾳ entschlafen 
sind (Sim, III, 16, 7), aber ihnen fehlte das Siegel, das ihnen 
die ζωή in der βασιλεία vermittelte; sie waren also in geistiger 
wie in leiblicher Hinsicht Tote. Soll ihnen das Heilsgut des 
Lebens zuteil werden, müssen auch sie in die christliche Kirche 
aufgenommen werden. Das kann bei den Toten auf keinem 
andern Wege geschehen als bei den Lebendigen, nämlich durch 
die in der Kirche vorhandenen Gnadenmittel, d. ἢ. durch Taufe 
und Verleihung des lebendig machenden Geistes des Sohnes 
Gottes. Um nun den alttestamentlichen Frommen die Erkenntnis 
des Namens des Sohnes Gottes zu verschaffen und den Eingang 
in die βασιλεία zu vermitteln, haben die Apostel und Lehrer 
nach ihrem Tode den vorher Entschlafenen den Namen des 
Sohnes Gottes gepredigt und ihnen zugleich die σφραγὶς τοῦ 
κηρύγματος appliziert. 

Der Taufakt selbst spielt sich nach urchristlicher Sitte der- 
gestalt ab, daß die Täuflinge in das Wasser steigen, mit ihnen 
zugleich die Täufer, aber mit dem Unterschied, daß letztere als 
die wahren Jünger Christi lebendig hinabstiegen und wiederum 


μένοι, οἵ δὲ ἔτι ὄντες. Bei Hermas ist der Gedanke von der all- 
gemeinen Kirche unwillkürlich auf die Einzelgemeinde übergesprungen, 


Exkurs II. 487 


lebendig hinaufstiegen, jene aber, die vorher entschlafen, tot 
hinabstiegen, dagegen lebendig hinaufstiegen. So wurden die 
alttestamentlichen Frommen lebendig gemacht und kommen zur 
Erkenntnis des Namens des Sohnes Gottes. Infolgedessen sind 
sie mit den Aposteln und Lehrern hinaufgestiegen, d. h. nach 
'Hermas aus dem βυϑός, und wurden mit ihnen in den Bau des 
Turmes eingefügt, ohne daß eine Behauung nötig war (Sim. IX, 5f.). 
In Wahrheit ist damit gesagt, daß die alttestamentlichen Frommen 
mit den Aposteln und Lehrern aus der Unterwelt heraussteigen, 
nachdem sie durch die Predigt und Taufe für das Christentum 
gewonnen sind, und in das Reich Gottes eingehen. Da haben 
wir einen Descensus ad inferos von seiten der Apostel und Lehrer 
vor uns. Es fragt sich nur, ob diese Vorstellung die ursprüng- 
liche gewesen ist. Schon die Tatsache, daß kein christlicher 
Schriftsteller vor und nach Hermas einen Descensus der Apostel 
gelehrt hat, macht stutzig, denn Clemens Alex., der einzige 
Zeuge, scheidet aus, da er nur ein Zitat aus Hermas bringt. 
Ganz eigenartig ist die Vorstellung, daß die Apostel und Lehrer 
in der Unterwelt gepredigt haben sollen, denn bei der irdischen 
Mission kann die Zahl der Prediger gleichzeitig eine unbegrenzte 
sein, da das Missionsfeld die Welt umspannt, aber wie soll es 
geschehen, daß die Apostel und Lehrer ihren Beruf in der Unter- 
welt fortsetzten, da sie doch nicht zu gleicher Zeit gestorben sind, 
also die Nachfolgenden bereits Prediger in der Unterwelt vor- 
finden! Und dabei muß man fragen, bei welcher Gelegenheit 
denn die Apostel mit den in der Unterwelt Getauften aus der 
Tiefe aufgestiegen und in den Bau des Turmes eingefügt sind, 
und weiter, aus welchem Grunde nur die vorchristlichen Ge- 
rechten und nicht die von ihnen während ihrer irdischen Mis- 
sionswirksamkeit für Christus Gewonnenen mit ihnen aus der 
Tiefe emporstiegen und in den Turm aufgenommen wurden, 
vielmehr eine Ruhepause im Bau eintrat (Sim. IX, 4, 4), bis die 
aus den zwölf Bergen entnommenen’ Steine, d.h. die durch die 
Apostel aus den zwölf Stämmen, d. i. aus den Völkern der ge- 
samten Welt für den Sohn Gottes gewonnenen Christen (Sim. IX, 
17, 1f.) in den Bau eingefügt werden. Das alles weist darauf 
hin, daß Hermas eine ihm bekannte christliche Idee benutzt und 
diese für seine besonderen Zwecke verwertet hat, Die Idee von 
dem Descensus apostolorum ist aus dem Gemeindeglauben an den 


488 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Descensus Christi geboren, und es war daher eine Verkennung 
des wahren Sachverhaltes, wenn Loofs die Behauptung aufstellt, 
Hermas habe von einer Predigt Christi in der Unterwelt nichts 
gewußt!. M. E. liegen die Motive zu dieser Verkehrung offen 
zutage. Hermas knüpft die Universalität der christlichen Heils- 
verkündigung nicht an die Person Christi, sondern an die Apostel 
an; die Apostel vertreten für die Heidenwelt voll und ganz 
Christus; auf sie reflektiert Hermas, wenn er an die Weltmission 
denkt. Deshalb tritt der gepredigte Sohn Gottes und seine Auf- 
nahme von seiten der Menschen nach der erfolgten Predigt und 
Taufe in den Mittelpunkt des Interesses. Christus selbst als Ver- 
kündiger der Heilspredigt während seines irdischen Lebens ist 
ja der Heidenwelt eine unbekannte Größe; er hat sich nur in 
den Aposteln und Lehrern kundgetan und wird durch sie er- 
griffen. Christus erscheint dagegen als der Herr des Turmes 
(Sim, IX, 5, 6), als Prüfer der Christusgläubigen. Die erste Gene- 
ration der Christgläubigen wird nicht durch die auf Grund der 
Predigt Jesu Gewonnenen abgeschlossen, sondern durch die 
Apostel und Lehrer, insofern, als sie Verkündiger des Sohnes 
Gottes gewesen sind. Scheidet nun in der Vorstellung des Her- 
mas Christus als Prediger an die Menschheit aus, so darf es 
nicht weiter auffallen, wenn Hermas einen in der Unterwelt 
predigenden Christus für seine Geschichtsauffassung nicht ge- 
brauchen kann und deshalb den Descensus Christi in einen 
Descensus apostolorum nach seinem Geschmacke ummodelt, da- 
bei aber die sich mit dem Descensus Christi verknüpfenden 
Vorstellungen, wie Predigt an die alttestamentlichen Frommen, 
ihre Taufe und ihre Auferstehung aus der Unterwelt beibehält. 
So kann man mit Recht Hermas als Vertreter des Gemeinde- 
glaubens reklamieren. In den Gemeinden des Ostens wie des 
Westens gehörte die Lehre vom Descensus ad inferos zum festen 
Bestande des Kerygma von Christus. Freilich im Symbolum 


1) Er schreibt: In the west, it is true, the idea of Christ’s 
preaching in Hades had no older history. For Hermas (about 140) 
makes the Old Testament saints acquainted with the name of the 
Son of God through the Apostles, not Christ, preaching in Hades. 
Hence it must be concluded that he know nothing of Christ’s prea- 
ching in Hades, 


ar te u Bi ea en an ne ne —7* 


—— 
N aber 


Exkurs II, 489 


Romanum hat sie direkt keine Aufnahme gefunden !, statt dessen 
kannte man in alter Zeit einen Prophetenspruch, den man als 
eine Weissagung auf den Descensus zitierte, 

Ich habe bereits über den Text und die Herkunft wie Be- 
nutzung des apokryphen Jeremiaslogion gehandelt. Ist dieses 
wirklich von einem christlichen Fälscher verfaßt, so werden wir 
nicht fehlgehen in der Annahme, daß die altkirchliche Idee der 
Hadesfahrt ihren prägnantesten Ausdruck in ihm gefunden hat. 
Der χύριος, der Heilige Israels, d.h. nach christlicher Auffassung 
nicht Jahwe, der Judengott, sondern der im A.T. wirkende 
Christus resp. Logos hat sich seiner Toten erinnert. Unter 
„seinen Toten“ können nicht alle Verstorbenen begriffen werden, 
sondern nur diejenigen, welche während ihres Erdenwandels die 
Gebote Gottes resp. Christi gehalten haben. Sie sind entschlafen 
und eingegangen in den Ort der Toten, d. ἢ. in die γῆ χώμα- 
τος, die unterhalb der Erde liegt. So mußte auch der Herr zu 
ihnen hinabsteigen. Dieses ist aber nicht so zu denken, daß er 
vom Himmel herab direkt zu ihnen gelangt ist, sondern die 
κατάβασις erfolgte von der Erde. Bei welcher Gelegenheit dies 
geschehen, wird nicht weiter berührt, um so mehr wird der Zweck 
des Herabstieges hervorgehoben. Die Abzweckung richtet sich 
zunächst auf das εὐαγγελίσασϑαι, dessen Inhalt noch weiter cha- 
rakterisiert wird als τὸ σωτήριον αὐτοῦ, Die Heilsbotschaft 
wird also den abgeschiedenen Gerechten verkündigt, wie sie von 
Christus vorher den Lebenden angeboten ist. Die Folge dieser 
Heilsbotschaft ist die Errettung, die ohne Zweifel darin besteht, 
daß die alttestamentlichen Gerechten den Ort ihres bisherigen 
Aufenthaltes verlassen und die σωτηρία im Reiche Christi er- 
langen. In dieser Beziehung liefert uns die Epistola die beste 
Aufklärung. Denn hier wird ausdrücklich gesagt, daß der Herr 
die Väter und Propheten aus der unteren ἀνάπαυσις herausge- 
führt und in die obere ἀνάπαυσις gebracht habe. Ganz in Über- 
einstimmung mit der jüdischen Vorstellung wird also eine be- 
sondere Abteilung für den Aufenthalt der Gerechten angenom- 
men; in dieser verharren ihre Seelen im Zwischenzustande und 


1) Inwieweit die Gedanken des Descensus mit dem ταφέντα des 
Röm. Symbols verknüpft waren, darüber vgl. Kattenbusch, Apost. 
Symbol II, 639 fi. 


490 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


genießen die Freuden der unterirdischen ἀνάπαυσις als Vorge- 
schmaeck für die definitive Glückseligkeit in der himmlischen 
ἀνάπαυσις. Ihrer Befreiuung aus der Unterwelt geht vorauf 
eine Predigt und eine Taufe behufs Vergebung der Sünden. So 
hat die soteriologische Tätigkeit Christi auf Erden ihre Fortsetzung 
in dem Hades unter den Gerechten der Vorzeit gefunden. 

Aber nicht allgemein scheint diese Heilstätigkeit Christi mit 
der Hadesfahrt verknüpft zu sein, wenigstens die sofortige Heraus- 
führung der Gerechten aus der Unterwelt gehört nicht zum festen 
Bestande jener Idee. So hat Justin den apokryphen Jeremias- 
spruch zwar zitiert, aber keine weiteren Bemerkungen, welche 
Heilstatsache im Leben Jesu durch diese Weissagung bestätigt 
wäre, daran geknüpft!. Wohl läßt er die Patriarchen, Pro- 
pheten und andere Gerechte der Vorzeit an dem messianischen 
Reiche teilnehmen, wie wir oben gesehen, aber daß diese infolge 
der Hadesfahrt Christi die Früchte der Erlösung bereits erlangt 
haben, wird nirgends bemerkt. Nach Justin scheinen vielmehr 
die alttestamentlichen Gerechten im Hades verblieben zu sein, 
um von hier aus bei der Wiederkunft Christi die Auferstehung 
mit den frommen Christen zu erleben. In dem Dialoge 6. Tryph., 
wo er als Apologet gegen das Judentum sich mit den jüdischen 
Vorstellungen ganz vertraut zeigt, stellt er als seine Glaubens- 
meinung hin: Τὰς μὲν (sc. ψυχὰς) τῶν εὐσεβῶν ἐν χρείττονί 
ποι χώρῳ μένειν, τὰς δὲ ἀδίχους καὶ πονηρὰς ἐν χείρονι, τὸν 
τῆς χρίσεως ἐχδεχομένας χρόνον τότε. Οὕτως αἱ μέν, ἄξιαι 
τοῦ ϑεοῦ φανεῖσαι, οὐχ ἀποϑνήσχουσιν ἔτι" αἱ δὲ κολάζονται, 
ἔστ᾽ ἂν αὐτὰς καὶ εἶναι καὶ κολάζεσθαι ὁ ϑεὸς ϑέλῃ (ibid. ο. 5; 
223BC. Hier zeigt sich Justin als Vertreter der jüdischen und 
vorchristlichen Anschauung von dem Zwischenzustande der Seelen 
mit der Annahme verschiedener Aufenthaltsörter für die From- 
men und Gottlosen bis zur definitiven Entscheidung durch das 
allgemeine Gericht. Deshalb gibt er auf die Frage des Trypho: 
Οἱ ζήσαντες κατὰ τὸν νόμον τὸν διαταχϑέντα διὰ Μωῦσέως 
ζήσονται ὁμοίως τῷ Ἰακὼβ καὶ Ἐνὼχ καὶ Νῶε ἐν τῇ τῶν νε- 
χρῶν ἀναστάσει ἢ οὔ; (ibid. e. 45; 2630.) folgende Antwort: 


1) Im Dial. c. Tryph. c. 99; 326 C weist Justin nur die Meinung 
derer zurück, daß Christus wie ein κοινὸς ἄνϑρωπος im Hades ver- 
blieben sei. 


ὑῶν u ἢ ΝΣ * 


— Ρ Ὁ ΟὟ 


Exkurs Il. 491 


Ἐχεὶ οἱ τὰ καϑόλου καὶ φύσει χαὶ αἰώνια καλὰ ἐποίουν εὐά- 


ρεστοί εἰσι τῷ ϑεῷ καὶ διὰ τοῦ Χριστοῦ τούτου ἐν τῇ ἀνά- 
στάσει ὁμοίως τοῖς προγενομένοις αὐτῶν δικαίοις, Νῶε καὶ 
Ἐνὼχ καὶ Ἰακὼβ καὶ εἴ τινες ἄλλοι γεγόνασι, σωϑήσονται σὺν 
τοῖς ἐπιγνοῦσι τὸν Χριστὸν τοῦτον τοῦ ϑεοῦ υἱόν (ibid. e. 45; 
263D)'. Da Justin von seinem philosophischen Standpunkte 
vorchristliche Gerechte sowohl unter den Juden wie unter den 
Heiden anerkennt, — denn den Geboten Christi bezw. des Logos 
gemäß kann jeder leben kraft der in ihm wohnenden Vernunft? 
— ist die Bejahung der Frage des Trypho selbstverständlich; 
die σωτηρία wird aber erst mit der allgemeinen Auferstehung 
verknüpft, wo die gerechten Juden und Christen ihren Lohn 
empfangen werden, ὅταν οἱ μὲν εἰς χρίσιν καὶ καταδίχην τοῦ 
πυρὸς ἀπαύστως χολάζεσϑαι πεμφϑῶσιν, οἱ δὲ ἐν ἀπαϑείᾳ 
καὶ ἀφϑαρσίᾳ καὶ ἀλυπίᾳ καὶ ἀϑανασίᾳ συνῶσιν (ibid. e. 45; 
264B). Daß Noah, Henoch, Jacob und die übrigen Gerechten 
bereits durch die Hadesfahrt Christi in den Himmel versetzt sind 
und mit Christus bei der Parusie in dessen Umgebung erscheinen, 
wird mit keinem Worte angedeutet. In seinen Apologien kommt 
Justin auf die Hadesfahrt überhaupt nicht zu sprechen. Hier, 
wo er auf einen heidnischen Leserkreis Rücksicht nehmen muß, 
schwankt er zwischen seiner Meinung als Philosoph, daß die 

unsterbliche Seele sofort nach dem Tode zu Gott 
eingeht, und der kirchlichen Überlieferung, daß die Seelen bis 
zur Auferstehung in der Unterwelt aufbewahrt werden, hin und 
her, daher hält es schwer, seine Vorstellung über das Leben 
nach dem Tode präzise zu fassen; nur der Glaube an die Aufer- 
stehung der Toten hindert ihn daran, ganz seiner philosophi- 
schen Anschauung zu folgen, daß ein jeder sofort nach dem Tode 
ewiges Leben oder ewige Strafe gemäß seinen Handlungen im 
Leben erhält. Dasselbe kann man auch bei den andern Apolo- 
geten beobachten, die eine Hadesfahrt Christi gar nicht erwäh- 


ο΄ πρη und sich noch weniger als Justin an die kirchlichen Jen- 
ο΄  seitsvorstellungen gebunden fühlen. 


1) Vgl. Dial. c. Tryph. c. 80; 806 Β; s. o. S. 825 ἢ. 2) Daher 

e Justin dem Gesetze nur insofern heilsgeschichtliche Bedeu- 

tung zu, als es τὰ φύσει καλὰ καὶ εὐσεβῆ καὶ δίκαια enthält und 

seine Beobachter nur τὰ καϑόλου καὶ φύσει καὶ αἰώνια καλά ποιεῖν. 

8) Über die Jenseitsvorstellungen der Apologeten vgl. Atzberger, 
Eschat. S. 116 ff. 


492 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Um so größeres Interesse haben die antignostischen Väter 
der Glaubenslehre von dem Descensus entgegengebracht. Das 
hängt aufs engste zusammen mit ihrem Kampfe gegen den Mar- 
eionitismus und Gnostizismus, der sie zwang, die alttestament- 
mentliche Eschatologie und den Gott des A. T.s und dessen Ur- 
heber gegen die heftigen Angriffe der Gegner zu verteidigen. 
Wir haben bereits bei dem Presbyter des Irenäus den Streit um 
die Heilsgewißheit der alttestamentlichen Heroen kennen gelernt. 
Dessen Gedanken haben auch Irenäus befruchtet und es ist be- 
zeichnend, daß dieser an nicht weniger als sechs Stellen seiner 
Werke den uns bekannten Jeremiasspruch zitiert hat. Er bildet 
gleichsam den Leitstern für seine antignostischen Ausfüh 
über die Identität des alt- und neutestamentlichen Gottes. Nach- 
dem er das Wirken des Logos in der vorchristlichen Zeit (IV, 21) 
behandelt, wendet er von c. 22 ab der Tätigkeit des auf Erden 
erschienenen Logos seine Aufmerksamkeit zu und stellt an die 
Spitze seiner Betrachtungen den Satz: In novissimis autem tem- 
poribus, cum venit plenitudo temporis libertatis, ipsum Verbum 
per seipsum sordes abluit filiaram Sion, manibus suis lavans 
pedes discipulorum. Hie est enim finis humani generis heredi- 
fieantis deum; uti quemadmodum in initio per primos, omnes in 
servitutem redacti sumus debito mortis, sie in ultimo per novis- 
simum omnes qui ab initio diseipuli, emundati et abluti quae 
sunt mortis, in vitam veniant dei. Die Erlösung des Logos er- 
streckt sich also auf alle Menschen, die von Anbeginn der Welt 
Jünger des Logos gewesen sind. Dies wird mit großem Nach- 
druck gegenüber den Gegnern betont; der Hauptton liegt auf 
omnes qui ab initio diseipuli. Denn unter den diseipuli sind 
_ nicht allein diejenigen zu verstehen, die persönlich durch Christus 
oder seine Missionare für das Christentum gewonnen sind, son- 
dern in gleicher Weise auch diejenigen, welche seine Jünger in 
der Zeit seines Wirkens von Anbeginn der Welt geworden sind, 
Die Fußwaschung der Jünger (Joh. 13, 4ff.) ist zugleich eine 
ablutio fillarum Sion und die Darreichung der Speisen beim. 
letzten Mahle deutet auf das ministrare vitam an den Toten, 
denn die reeumbentes am Tische werden in Parallele gestellt 
zu den recumbentes in terra, quibus venit ministrare vitam, 
Das bekräftigt Irenäus sofort durch den Spruch des Jeremias. 
Und eine weitere Symbolik findet er in der Erzählung der Geth- 


en χω τ 493 


- semane-Szene, daß Jesus, als er die Jünger schlafend fand, beim 


ersten Male sie liegen ließ, erst beim zweiten Male sie weckte 
und aufstehen hieß!, Die Belassung der schlafenden Jünger soll 
andeuten die patientia dei in dormitione hominum, die Auf- 
richtung der Schlafenden soll darauf hinweisen, daß das Leiden 
Christi die expergefactio dormientium diseipulorum ist. Diese schla- 
fenden Jünger sind nun identisch mit den Verstorbenen, um de- 
rentwegen Christus in die Unterwelt hinabgestiegen ist. Irenäus 
hat dabei, wie das Zitat Matth. 13, 17 (Luk. 10, 24) zeigt, die 
Propheten und Gerechten im Auge, Um dem Hochmute der 
Gnostiker zu begegnen und zugleich dem Vorwurfe von seiten 
der Heiden und der Juden entgegenzutreten, als wäre Christus 
nur um der Christen willen erschienen und hätte ihnen allein 
Rettung gebracht, stellt Irenäus die These auf: Non enim propter 
eos solos, qui temporibus Tiberii Caesaris erediderunt ei, venit 
Christus, nee propter eos solos, qui nune sunt, homines 
providentiam fecit pater, sed propter omnes omnino ho- 
mines, qui ab initio propter virtutem suam in sua gene- 
ratione et timuerunt et dilexerunt deum et iuste et pie 
eonversati sunt erga proximos et conceupierunt videre 
Christum et audire vocem eius? Nach diesen Worten 
scheint Irenäus den Universalismus des Heils zu vertreten, da 
er ausdrücklich betont propter omnes omnino homines, aber 
schon die nächsten Worte zeigen, daß für ihn die Heilsge- 
schichte ausschließlich mit dem A. T. verknüpft ist, die christ- 
liche Religion in der Geschichte des alttestamentlichen Gottes- 
volkes ihre einzige Vorgeschichte besitzt, wenn er fortfährt: 
Quoniam quidem unus deus, qui patriarchas quidem direxit 
in dispositiones suas, iustificayit autem eireumeisionem ex fide 
et praeputium per fidem (Röm.3, 30). Bei praeputium per fidem 
denkt Irenäus nicht an die vorchristliche, sondern an die nach- 
ehristliche Heidenwelt, da es in seinen Augen keine Heiden vor 
Christi Ankunft gegeben hat, die propter virtutem timuerunt et 


2:1) Um der Symbolik willen unterdrückt Iren. das erste An- 
treffen der schlafenden Jünger. In dem Berichte der Evangelien 


wird ja erst beim zweiten Antreffen als Entschuldigung hinzugefügt: 


= γὰρ αὐτῶν ol ὀφθαλμοὶ βεβαρημένοι (Matth. 26, 43 u. Par.) 
2) Das geht zurück auf das Zitat Matth. 13, 18 im vorher- 
Paragraphen, 


494 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


dilexerunt deum!, Er kennt keine allgemeine natürliche Moral, 
die auf die ewigen Vernunftwahrheiten basiert ist? und zur Be- 
seligung des Menschen ausreicht, wie die Apologeten lehren. 
Beantwortet er doch die von ihm selbst gestellte Frage: Qui 
ergo sunt, qui laboraverunt, qui dispositionibus dei deservierunt? 
mit den Worten: Manifestum est, quia patriarchae et pro- 
phetae, qui etiam praefiguraverunt nostram fidem ? οὐ dissemi- 
naverunt in terra adventum filii dei, quis et qualis erit: uti 
qui posteriores erant futuri homines, habentes timorem dei, fa- 
eile suseiperent adventum Christi, instructi a prophetis (c. 23, 1). 
Andererseits scheint Irenäus der Meinung zu huldigen, daß die 
Errettung der Gerechten des A. T.s mit der zweiten Parusie 
zusammenfalle, denn er sagt ausdrücklich: Quapropter omnes 
huiusmodi in secundo adventu primo de somno excitabit et 
riget tam eos quam reliquos, qui iudicabuntur, et constituet in 
regnum suum (c. 22,2). Demnach werden die Jünger der Vor- 
zeit zusammen mit den christlichen Frommen bei der zweiten 
Parusie vom Schlafe auferweckt und in das Reich Christi hinein- 
geführt, nur daß sie nicht mehr dem Gericht unterworfen sind. 
In diesem Falle würde aber die Predigt Christi in der Unterwelt 
keine andere Bedeutung gehabt haben als die, daß die Gerechten 
die Heilspredigt gläubig aufgenommen haben, den Lohn aber 
dafür zusammen mit den übrigen Christen beim Weltgericht 
empfangen. Dies widerspricht aber den sonstigen Auffassungen 
des Descensus, wie sie uns speziell beim Presbyter des Irenäus, 
bei Hermas und dem Verfasser der Epistola vorliegen. Man 
müßte auch fragen, was denn Irenäus unter den Ausdrücken 


1) Vgl. V, 34, 3: Quoniam autem repromissiones non solum 
prophetis et patribus, sed ecelesiis ex gentibus coaduna- 
tis annuntiabantur, quas et insulas nuncupat spiritus etc, 2) Iren. 
kennt freilich auch naturalia legis, per quae homo iustificatur, quae 
etiam ante legationem custodiebant qui fide iustificantur et placebant 
deo, aber es handelt sich in diesem Streite gegen die Marcioniten 
und Gnostiker ausschließlich um die Frommen des A. T.s. Vgl. IV, 
16,2: Sed et reliqua autem omnis multitudo eorum, qui ante Abraham 
fuerunt iusti, et eorum patriarcharum, qui ante Moysem fuerunt et sine 
his, quae praedieta sunt, et sine lege Moysi iustificabantur. 

3) Vgl. IV, 22, 2: Quemadmodum enim in primis non praefigura- 
bamur et praenuntiabamur; sic rursus in nobis illi deformantur, hoc 
est in ecclesia, et recipiunt mercedem pro his, quae laboraverunt. 


-΄“-΄- Exkurs II. 495 


eruere, erigere und extrahere verstanden hat, wie sie dem Pro- 
phetenspruch zur Erläuterung des Sinnes beigefügt sind. Diesen 
Worten kaun man doch nichts anderes entnehmen, als daß ihre 
Rettung tatsächlich in der Befreiung aus der Unterwelt bestan- 
den habe. Überdies war doch vorher hervorgehoben, daß sein 
zweites Zusammentreffen mit den schlafenden Jüngern die Er- 
weckung derselben, das erste Zusammentreffen das geduldige 
Zuwarten bedeute; hier spricht Irenäus nicht von einem 
excitabit et eriget, sondern von einem exeitavit et erexit. 
Offensichtlich hat Irenäus an der zweiten Stelle den Gedanken 
verschoben, indem hier von der zweiten Parusie zum Gericht 
die Rede ist, während an der ersten Stelle der secundus adven- 
tus in Wirklichkeit der primus adventus war, da die patientia 
dei in dormitione hominum sich auf die Zeit vor der Erscheinung 
Christi auf Erden bezieht. Auch sonst rechnet Irenäus den Des- 
census ad inferos zu den Heilstaten des Herrn bei seinem ersten 
Erscheinen, die von den Propheten voraus verkündigt sind. Es 
wären nämlich zwei adventus des Herrn geweissagt: unum qui- 
dem in quo homo in plaga factus est, seiens ferre imbeeillitatem, 
et in pullo asinae sedens, reprobatus lapis ab aedificantibus, et 
sicut ovis ad vietimam adductus et per extensionem manuum 
dissolvens quidem Amalech, congregans autem dispersos filios 
a terminis terrae in ovile patris et recommoratus mortuo- 
rum suorum, qui ante dormierant et descendens ad 
eos, uti erueret eos et salvaret eos. Von dem zweiten 
adventus heißt es: Secundum autem, in quo super nubes veniet, 
superducens diem quae est sicut clibanus ardens οἷο, (IV, 33, 1; 
vgl. e. 33, 12). 

Die Dauer des Aufenthaltes in der Unterwelt wird auf die 
drei Tage zwischen Kreuzestod und Auferstehung bemessen: 
Nune autem tribus diebus conversatus est, ubi erant mortui 
(V, 31, 1). Das war nun-durchaus kein Triumpfzug, ein Sieg 
über die Mächte der Unterwelt, sondern es ist dem Herrn 
ο΄ mur das geschehen, was auch andern sterblichen Menschen, 
τος mämlich legem mortuorum servare. Freilich insofern unter- 
scheidet er sich von den andern Menschen, daß er der primo- 
genitus a mortuis geworden ist, während die übrigen Verstor- 
benen auf das definitivum a deo resurreetionis tempus warten 
müssen. Dieses tempus ist in gewisser Weise für die alttesta- 


496 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


mentlichen Frommen bereits in die Erscheinung getreten, denn 
sie haben wenigstens den Ort der Unterwelt verlassen und sind 
in einen von Gott bestimmten überirdischen Ort versetzt. Das ist 
die Folge des Descensus Christi gewesen, wie wir adv. haer.V, 31, 2 
lesen: Cum enim dominus in medio umbrae mortis abierit 
(Ps. 22, 4), ubi animae mortuorum erant, post deinde corporaliter 
resurrexit et post resurreetionem assumtus est: manifestum est 
quia et discipulorum eius, propter quos et haec operatus est do- 
minus, animae abibunt! in invisibilem locum, definitum eis a deo 
et ibi usque ad resurrectionem commorabuntur, sustinentes resur- 
rectionem ete. Die diseipuli, propter quos et haee operatus est 
dominus, d. h. um derentwillen er in das Schattenreich hinabge- 
stiegen ist, sind identisch mit den dormientes diseipuli, propter 
quos et descendit in inferiora terrae (IV, 22, 1). Nach Irenäus 
gehen sie nicht direkt in das Reich Christi ein, sie warten die 
Zeit ihrer Auferstehung in einem unsichtbaren, von Gott be- 
stimmten Ort ab?. Dann werden sie bei der allgemeinen Aufer- 


1) Im griech. Text steht ἀπέρχονται; vgl. den Ausdruck εἰσέρ- 
yovraı bei Ignatius, 2) Nach Atzberger, Eschat, ist dies kein 
überweltlicher, sondern ein unterweltlicher Ort; er identifiziert ihn 
mit dem Aufenthaltsort der Gerechten in der Unterwelt, dem re- 
frigerium in sinu Abrahae. In der Tat hat es nach den Erörte- 
rungen II, 34, 1 über die Lazarusszene den Anschein, als ob Iren. 
nach wie vor die Patriarchen und Propheten in der Unterwelt be- 
findlich vorstellt; aber aus dieser Szene kann man dies durchaus 
nicht schließen, da Irenäus nur objektiv die evangelische Erzählung 
unter dem Gesichtspunkte behandelt, daß nach den Mitteilungen 
des Herrn selbst die Seelen non solum perseverare, non de corpore 
in corpus transgredientes, sed et characterem corporis, in quo etiam 
adaptantur, custodire eundem et meminisse eas operum, quae egerunt 
hie et a quibus cessaverunt. Zugleich ist daraus ersichtlich, daß Iren. 
die jüdische Vorstellung von den beiden verschiedenen Abteilungen, 
dem refrigerium und dem locus poenae, ‚teilt, daher auch der Satz: 
dignam habitationem unamquamque gentem percipere, etiam ante 
iudiecium, In IV, 39, 4 reflektiert Iren. m, E. nicht auf die Situation 
unmittelbar nach dem Tode, sondern auf das Endheil, wenn es heißt: 
Deus autem omnia praesciens, utrisque aptas praeparavit habitationes; 
eis quidem qui inquirunt lumen incorruptibilitatis et ad id recurrunt, 
benigne donans hoc quod concupiscunt lumen; aliis vero id contem- 
nentibus et avertentibus se ab eo et id fugientibus et quasi semetipsos 
excaecantibus, congruentes lumini adversantibus praeparavit tenebras; 
et his qui fugiunt ei esse subiecti, convenientem subdidit poenam. 


ee nn ΟΡ. — 


Exkurs II. 497 


stehung mit ihren Körpern bekleidet und in dieser Gestalt ve- 


nient ad conspeetum dei. Ein gewisser Zwischenzustand dauert 
also auch nach der Herausführung aus dem Hades noch an, 
Das Endheil erlangen sie erst bei der Wiederkunft. In Über- 
einstimmung damit heißt es denn auch in der Epideixis e. 56: 
„Denn für die vor der Erscheinung Christi Gestorbenen gibt es 
die Hoffnung, daß sie beim Gericht des Auferstandenen das 
Heil erlangen werden, für diejenigen nämlich, die Gott fürchten 
und in Gerechtigkeit gestorben sind und den Geist Gottes in sich 
getragen haben, wie die Patriarchen und die Propheten 
und die Frommen. Für diejenigen, die nach der Erscheinung 
Christi an ihn nicht glaubten, wird die Bestrafung beim Gericht 
unerläßlich sein“. Hier wird nur auf die letzte Phase der Be- 
seligung reflektiert, dagegen begleitet Irenäus in e. 78 den von 
ihm zitierten Jeremiasspruch mit folgender Bemerkung: „Hier 
erklärt er auch die Ursachen seines Todes; denn sein Herab- 
steigen in die Hölle war zur Errettung der Gestorbenen“. Nicht 
also ist die Menschheit durch den Kreuzestod erlöst worden, son- 
dern der Tod wird auch in Beziehung gesetzt zu den vorher Ver- 
storbenen, unter denen wir die alttestamentlichen Gerechten zu 
verstehen haben. Es handelt sich um deren Errettung. Unter 
dieser Errettung der Gestorbenen verstand man — und Irenäus 
bildet keine Ausnahme — im zweiten Jahrhundert etwas ganz 
Bestimmtes und Reales, d. h. die Befreiung der Seelen der Ge- 
rechten aus dem Hades. Daß Irenäus in Konsequenz dieses 
Gedankens die Befreiten nicht direkt in die βασιλεία eingehen 
läßt!, hängt offensichtlich mit seinen chiliastischen Hoffnungen 
zusammen, denen zufolge die alttestamentlichen Frommen auch 
an dem irdischen Reiche teilnehmen werden. Irenäus ist ein 
Vertreter des ordo promotionis iustorum, resp. ordo resurrec- 


Er spricht im Anschluß daran von requietio aeterna und aeternae 


tenebrae. 
1) Der invisibilis locus ist m. E. identisch mit dem Paradies, 


| in das nach der Autorität der Presbyter die Entrückten wie Henoch 


und Elias eingegangen sind, ersterer soll τὴν μετάϑεσιν τῶν δικαίων 
προμηνεύειν, letzterer τὴν ἀνάληψιν τῶν πνευματικῶν προφητεύειν. 
Und so heißt es daselbst IV, 5, 1: δικαίοις γὰρ ἀνθρώποις καὶ πνευμα- 
τοφόροις ἡτοιμάσϑη ὁ παράδεισος .... κἀκεῖ μένειν τοὺς μετατεϑέντας 
ἕως συντελείας, προοιμιαζομένους τὴν ἀφϑαρσίαν. 

T. u. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 32 


498 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


tionis — die Vollendung des Heils der Verstorbenen erfolgt in 
verschiedenen Stufenfolgen (s. u.) Diese Anschauungen hat 
Irenäus, wie er selbst eingesteht (V, 30, 1. 2; 5, 1), von den 
Presbytern, den von ihm so hochverehrten Apostelschülern über- 
nommen. Auf alle Fälle ist die Idee von der Herausführung 
der alttestamentlichen Gerechten aus der Unterwelt im Anschluß 
an die Hadesfahrt nicht mehr in alter Frische vorhanden; sie 
wird abgelöst von jener andern, daß sie die Heilsbotschaft 
empfangen und nun als Jünger Christi wie die übrigen 
wahren Christen den Tag der Auferstehung und des Gerichtes 
erwarten können, um aus dem Orte des unterirdischen refrige- 
rium herauszukommen, wie ja auch nach jüdischer Vorstellung 
die Heroen der Vorzeit den Reigen bei der Aufrichtung des 
messianischen Reiches eröffnen sollten. Im Grunde unterschei- 
den sich beide Auffassungen nicht so sehr von einander, denn 
das Endziel ist das gleiche, nur in der Zeit der Beseligung ist 
ein gewaltiger Unterschied, der aber gemildert wird durch die 
Erwartung der zweiten Parusie in Bälde. Man hat daher sicher- 
lich sehr häufig gar nicht auf das Wie und Wann der Beseligung 
der Gerechten genau reflektiert, nur auf die Tatsache selbst 
kam es in erster Linie an. 

Wie eng die Idee der Hadesfahrt mit dem Gemeinden 
verbunden gewesen sein muß, ersieht man aus den beißenden 
Bemerkungen, die sich Celsus über die Christen erlaubt: οὐ δή 
που φήσετε περὶ αὐτοῦ ὅτι μὴ πείσας τοὺς ὧδε ὄντας ἐστέλ- 
λετο εἰς δου πείσων τοὺς ἐκεῖ (Orig. ο. Cels. Il, 43). Der Miß- 
erfolg seiner Predigt auf der Oberwelt soll Jesus also veranlaßt 
haben, das Feld seiner Wirksamkeit in die Unterwelt zu ver- 
legen. Ob er dort einen größeren Erfolg gehabt, sagt Celsus 
nicht. Offensichtlich weiß er nichts von einer Besiegung der 
höllischen Mächte, sondern nur von einer Predigttätigkeit. Auch 
stellt er die Hadesfahrt Christi nicht in Parallele zu den ihm 
bekannten Hadesfahrten griechischer und orientalischer Gott- 
heiten. Daß ihm der tiefere Sinn dieses Kerygmas verborgen 
gewesen, ist verständlich. 


So wird es uns nicht weiter in Erstaunen — wenn 
Bearbeiter nichtchristlicher Schriften den Descensus ad inferos 
mit verarbeitet haben, wie der Sänger der Sibyllinen VIII, 310f.: 


N, Exkurs II, 499 


ἥξει δ᾽ εἰς ᾿Αίδην ἀγγέλλων ἐλπίδα πᾶσιν 
᾿ τοῖς ἁγίοις, τέλος αἰώνων καὶ ἔσχατον ἦμαρ, 
χαὶ ϑανάτου μοῖραν τελέσει τρίτον ἦμαρ ὑπνώσας". 
- Hier tritt der Herr als Herold auf und zwar wiederum aus- 
schließlich an die Heiligen, d. h. an die alttestamentlichen From- 
men; der Inhalt seines Heroldrufes ist die Hoffnung, das Welt- 
ende und der Gerichtstag. Die Hoffnung begreift die Aufer- 
stehung von den Toten und die Teilnahme am messianischen 
Reiche; zur Ausführung der Beseligung kommt es aber im An- 
schluß an die Predigt noch nicht, es bleibt bei der Anwartschaft 
auf die verheißenen Heilsgüter bis zum Gericht. _ 

Auch der christliche Interpolator des Testaments der zwölf 
Patriarchen hat der Hadesfahrt gedacht, ohne freilich weitere Wir- 
kungen damit zu verknüpfen, denn Test. Benj. e.9 lesen wir: Und 
der Vorhang des Tempels wird zerreißen und der Geist Gottes 
wird auf die Heiden herabsteigen wie ausgegossenes Feuer. Und 
nachdem er aus der Unterwelt zurückgekehrt ist, wird 
er aufsteigen von der Erde zum Himmel“, Dagegen wird man 
bei den Worten Ley. 4: τοῦ ἅδου σχυλευομένου ἐπὶ τῷ πάϑει 
τοῦ ὑψίστου wohl nur an die nach Matth. 27, 52 beim Tode des 
Herrn auferstandenen Heiligen zu denken haben. Denn vorher 
ist dıe Rede davon, daß die Felsen zerreißen und die Sonne ver- 
lischt, was den Interpolator an die Schilderung beim Tode Jesu 
erinnern mußte, Sehr merkwürdig klingt der Satz Dan 5: „Und 
es wird euch aufgehen aus dem Stamm Judas und Leris das 
- Heil des Herrn; und er selbst wird gegen den Beliar Krieg 
- führen und die Rache des Sieges wird er unseren Grenzen 
Und er wird die gefangenen Seelen der Heiligen 
dem Beliar abnehmen und die ungehorsamen Herzen zum 
- Herrn bekehren und wird denen, die ihn anrufen, ewigen Frie- 
den geben“. An erster Stelle ist Beliar wie auch sonst in der 
_ — Sehrift (Rub. 2. 4; Lev. 18. 19; Jud. 25; Iss. 7; Dan 5; Jos. 7.20; 
᾿ς Benj.3.6.7. Vgl.Sibyll. 1, 167; III, 63£.; 2. Kor. 6, 15; Α50. Jes, 
4,2) der Teufel dieser Welt, resp. der irdische Tyrann, der be- 
siegt wird. von dem Herrn, so daß sein Volk von den Feinden 
gerettet wiı wird. Das ist ganz in jüdischem Geiste gehalten, in- 


1) Vgl. auch I, 8161: καὶ τότε δὴ ναὸς Σολομώνιος ἀνθρώποισιν | 
σῆμα ἐκελέσει, ὁπόταν ᾿Διδωνέος οἶκον || βήσεται ἀγγέλλων ἐπα- 
ναστασίην τεϑνεῶσεν. 


895 


500 Sehmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


dem der Herr die national-politischen Hoffnungen erfüllt und als 
Sieger der irdischen Feinde Israels auftritt. An der zweiten 
Stelle wird Beliar als der Herrscher der Unterwelt vorgestellt, 
dem die dort gefangenen Seelen der Heiligen abgenommen 
werden. Die Vorstellung eines Herrschers der Unterwelt ist 
ganz singulär, nicht nur in der jüdischen Apokalyptik, sondern 
auch in der altchristlichen Literatur. Merkwürdigerweise ist 
diese Heilstat in der Unterwelt an die Spitze gestellt, während 
die Bekehrung der Ungehorsamen auf Grund der irdischen Wirk- 
samkeit nachgestellt ist. Das macht den Eindruck, als ob die 
zweite Stelle ein späterer christlicher Einschub ist und daß 
unter den „Heiligen“, abgesehen von den alttestamentlichen 
Heroen auch die gerechten Christen verstanden werden müssen, 
wenn es ferner heißt: „Und die Heiligen werden in Eden ruhen 
und über das neue Jerusalem werden die Gerechten frohlocken, 
welches zur Verherrlichung des ewigen Vaters dienen wird“, 
Denn letztere Bemerkung zielt auf den Aufenthalt der Gerechten 
im Paradiese und in dem neuen Jerusalem ab, das nach der Auf- 
erstehung der Toten durch den Herrn in die Erscheinung tritt. 

Dies führt mich zu den Gnostikern. Gehörte wirklich der 
Descensus ad inferos zum festen Bestande des Kerygmas, so 
mußten diese bei ihrer bekannten Haltung gegenüber der kirch- 
lichen Überlieferung auf jenen Punkt eingehen. Ich habe be- 
reits des Mareions gedacht, der unter dem Eindruck des gno- 
stischen Dualismus und des damit verbundenen Radikalismus 
gegen das A.T. die Gegner des alttestamentlichen Gottes durch 
Christus aus dem Hades befreit sein läßt, aber, indem Marecion 
Christus zum Hades herabsteigen läßt, zeigt er auch hier von 
neuem, daß er keineswegs zu den genuinen Gnostikern zu 
rechnen ist, welche von ihrem Standpunkt aus überhaupt keinen 
Descensus annehmen konnten. Denn die Gnostiker kannten nur 
einen Abstieg und einen Aufstieg der Seelen; ihr ganzes Ge- 
dankensystem und ihre Kultusweisheit ist ‚darauf aufgebaut. 
Jede menschliche Seele ist von den Archonten geformt und in 
den Körper hinabgestoßen, deshalb muß sie sich von diesen 
bösen Weltmächten durch Gnosis und durch Mysterien befreien. 
Wenn das geschehen ist, kann sie beim Verlassen des Körpers 
nach oben gehen, wenn nicht, so wird sie aufgehalten und muß 
wieder von neuem in den Kreislauf der unerlösten Seelen ein- 


Exkurs II, 501 


Ε — treten. Der hellenische Geist macht sich dabei bemerkbar, der 


die Fesseln der jüdischen Jenseitsvorstellungen sprengen will. 
Einen Aufenthalt der Seelen in der Unterwelt kennt der Gnosti- 
zismus nicht. Deshalb konnte auch Christus nicht in die Unter- 
‚welt hinabsteigen, um von dort die Seelen zu befreien, er konnte 
diese höchstens bei seinem Abstieg zur Erde in irgend welcher 
Region vorgefunden haben. Nun finden wir bei Clemens Alex. 
in den Excerpta ex Theodoto ce. 18 (Bd. ΠῚ, S. 112 ed. Stähl.) 
folgende Notiz überliefert: Ὁ σωτὴρ ὥφϑη κατιὼν τοῖς ἀγγέ- 
λοις, διὸ καὶ εὐηγγελίσαντο αὐτόν (ἴλιο. 2, 13), ἀλλὰ καὶ τῷ 
᾿Αβραὰμ καὶ τοῖς λοιποῖς δικαίοις τοῖς ἐν τῇ ἀναπαύσει οὖσιν 
ἐν τοῖς δεξιοῖς open‘ »ἠγαλλιάσατοε, γὰρ φησίν, νἵνα ἴδῃ 
τὴν ἡμέραν τὴν ἐμήνε (Joh. 8, 56), τὴν ἐν σαρχὶ παρουσίαν. 
ὅϑεν ἀναστὰς ὁ χύριος εὐηγγελίσατο τοὺς διχαίους τοὺς ἐν 
τῇ ἀναπαύσει καὶ μετέστησεν αὐτοὺς καὶ μετέϑηχεν, καὶ πάντες 
»ἐν τῇ σχιᾷ αὐτοῦ ζήσονταις (Klag. Jer. 4, 20). σχιὰ γὰρ τῆς 
δόξης τοῦ σωτῆρος τῆς παρὰ τῷ πατρὶ ἡ παρουσία ἡ ἐνταῦϑα" 
φωτὸς δὲ σχιὰ οὐ σχύότος, ἀλλὰ φωτισμός ἐστιν. Demgemäß 
ist der Herr bei seinem Abstieg zur Erde zunächst den Engeln 
erschienen, dann aber auch dem Abraham und den übrigen 
Gerechten, die sich in der ἀνάπαυσις im Orte der Rechten 
befanden. Wie nach Luce. 2, 13 damals die Engel den Er- 
schienenen gepriesen!, so hätte auch bei dieser Gelegenheit 
nach Joh. 8,56 Abraham gefrohloekt, damit er seinen, des Herrn 
Tag sähe, d.h. seine Erscheinung im Fleische. Nach der Auf- Ἵ 
erstehung? hätte der Herr den in der ἀνάπαυσις befindlichen 
Gerechten gepredigt, sie versetzt und an einen andern Ort ge- 
bracht. — In dieser Darstellung liegt m. E. der Versuch eines 
Gnostikers, näher eines Valentinianers® vor, die christlichen Vor- 
stellungen vom Descensus nach seinem Geschmacke sich zu eigen 
zu machen*, Schon der Umstand, daß der Herr bei seinem Ab- 
stieg zur Erde den alttestamentlichen Gerechten erscheint, läßt 


— — — — 


1) Nach dem Originaltext haben die Engel nicht Christus, son- 
dern Gott gepriesen., 2) Der Gnostiker gebraucht in harmloser 
Weise den Ausdruck ἀναστάς. 3) An einen Valentinianer erinnert 
die Haltung gegenüber dem A.T., da er die Gerechten des A.T.s als 
solche anerkennt. 4) Bousset, Kyr. Christ. 8, 37 scheint die Schil- 
derung auf einen Großkirchler zurückzuführen, da er meint, daß wir 
uns in der temperierten Atmosphäre der Dogmatik befinden. 


502 Schwidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


erkennen, daß der Ort der ἀνάπαυσις nicht, wie bei den Christen, 
in der Unterwelt zu suchen ist, sondern irgendwo in der oberen 
Aeonenwelt, sodaß der Herr diese Region bei seinem Abstieg 
berühren mußte. Die Lage des Ortes wird genauer bezeichnet 
als ἐν τοῖς δεξιοῖς. Dieser Ausdruck ist aber nicht mit dem 
Herausgeber Stählin durch Matth. 25, 33f. zu deuten, sondern 
weist hier auf die eigentümliche Anschauung von den „rechten“ 
und „linken“ Engelmächten. Denn nach Lehre dieser Gnostiker 
wird in der Aeonenwelt eine rechte und eine linke Abteilung 
d.h. τὰ δεξιά und τὰ ἀριστερά unterschieden; in der ersteren 
hausen die relativ Guten, in der letzteren die relativ Schlechten. 
Nach Exe. ο. 40 ist das Rechte von der Mutter des Demiurgen 
vor ihrer Bitte um Licht hervorgebracht !, nach Exe. e, 47, 2 ist 
durch das Geschöpf der Sophia der Himmel und die Erde, 
d.h. τὰ οὐράνια καὶ τὰ ἐπίγεια, τὰ δεξιὰ καὶ τὰ ἀριστερά ge- 
schaffen. Dementsprechend werden die Bewohner der Rechten 
die δεξιοί se, ἄγγελοι oder die δεξιαί se. δυνάμεις genannt, da 
ἄγγελοι und δυνάμεις dieselben überirdischen Mächte darstellen, 
und zwar heißen sie die „Rechten“ gegenüber den Linken, da sie 
einer höheren Erkenntnis gewürdigt sind 2, Diese Unterscheidung 
ist echt gnostisch und kehrt in den Excerpten häufig wieder®, 
Die δεξιοὶ ἄγγελοι gleichen gewissermaßen den Psychikern resp. 


1) τὰ μὲν γὰρ δεξιὰ πρὸ τῆς τοῦ φωτὸς αἰτήσεως προηνέχϑη ὑπὸ τῆς 
μητρός. 2) Vgl. Exe. c. 43, 1: λέγουσιν οὖν ὕτι al δεξιαὶ ἤδεσαν τοῦ 
᾿Ιησοῦ καὶ τοῦ Χριστοῦ τὰ ὀνόματα καὶ πρὸ τῆς παρουσίας, ἀλλὰ τοῦ 
σημείου 00% ἤδεσαν τὴν δύναμιν. 3) Vgl. Εχο, c. 23, 8: διὸ καὶ καϑ' 
ἑκάτερον ἐκήρυξε (sc, Παῦλος) τὸν σωτῆρα, γεννητὸν καὶ παϑητὸν 
διὰ τοὺς ἀριστερούς, ὅτι τοῦτον γνῶναι δυνηϑέντες κατὰ τὸν τόπον 
τοῦτον δεδίασιν. χαὶ κατὰ τὸ πνευματικὸν ἐξ ἁγίου πνεύματος καὶ 
παρϑένου, ὡς οἵ δεξιοὶ ἄγγελοι γινώσκουσιν — ibid. ce. 71, 2: διά- 
φοροι δ᾽ εἰσὶν καὶ ol ἀστέρες καὶ αἴ δυνάμεις, ἀγαϑοποιοὶ κακοποιοί, 
δεξιοὶ ἀριστεροί, ὧν κοινὸν τὸ τικτόμενον. - ibid. e, 73, 1: διὰ 
δὴ τοὺς ἀντικειμένους, οἱ διὰ τοῦ σώματος καὶ τῶν ἐκτὸς ἐπιβατεύουσι 
τῆς ψυχῆς καὶ ἐνεχυράζουσιν εἰς δουλείαν, οἵ δεξιοὶ οὔκ εἶσιν ἵχανοὶ 
παρακολουϑοῦντες σώζειν καὶ φυλάσσειν ἡμᾶς. Über das „Rechte“ 
und das „Linke“ bei den Valentinianern vgl. Iren. adv. haer, Ἢ 5,1. 2; 
2:3 "24, 6; Exec. ex Theod. c..34,1. Die Psychiker sind die 
δεξιά, die Hyliker die ἀριστερά, Auch die Pistis Sophia und die 
beiden Bücher Jeü unterscheiden „die von der Rechten“ und „die 
von der Linken“; siehe den Index meiner Ausgabe der kopt.-gnost, 
Schriften. * 


— 


ΨΥ ut ΡΨ, 2 Ὁ 


τὰ Ἐν δου, ἡ Δικ a εχ ριον. in 


ὍΣΗΝ : — ß — Exkurs nl. * 


Pistikern unter den Menschen und befinden sich am Orte der 


Rechten innerhalb der Aeonenwelt!. Zu den Psychikern werden 


won diesem Valentinianer auch die Patriarchen und Propheten 


des A.T.s gerechnet. Nun kennt der Gnostiker, wie gesagt, 
nur einen Aufstieg der Seelen durch die Aeonenwelt bis zur Ver- 
einigung mit der höchsten Gottheit im Pleroma. Aber diese 
Vereinigung ist selbst für die vollendeten Pneumatiker nicht so- 
fort möglich, — auch in dieser Beziehung macht der Gnostizis- 
mus dem Christentum eine Konzession, indem er eine συντέλεια 
als Abschluß des ganzen Weltdramas annimmt — vielmehr 
finden sie ihre vorläufige ἀνάπαυσις in der Ogdoas, in dem 
Topos der Mutter des Demiurgen, der Sophia®, mithin ist der 
ehristliche Gedanke von der intermistischen Beseligung über- 
nommen. Die Psychiker gelangen an den Ort des Demiurgen ?, 
der als der Vater der Psychiker gilt‘. Erst bei Eintritt der 
συντέλεια gehen die Pneumatiker zusammen mit der Sophia 
zum Hochzeitsmahle in das Pleroma ein®, während die Psychiker 


— 


1) Nach Exe. c. 47, 3 sind die Erzengel die εἰκόνες αἰώνων, die 
Engel die εἰκόνες ἀργαγγέλων. Beide bestehen ἐκ τῆς ψυχικῆς καὶ 
φωτεινῆς οὐσίας (vgl. Iren. adv. haer. I, 5, 1). 2) Vgl. Exe. e. 63, 1: 
u μὲν οὖν τῶν πνευματικῶν ἀνάπαυσις ἐν κυριαχῇ, ἐν ὀγδοάδι, ἢ 
κυριαχὴ ὀνομάζεται͵ παρὰ τῇ μητρί, ἐχόντων τὰς ψυχάς, τὰ ἐνδύματα, 

συντελείας .«. Dazu Iren. adv. haer. I, 7,1. 5. 3) Vgl. Exc. 
e.63,1: af δὲ ἄλλα: πισταὶ ψυχαὶ παρὰ τῷ ᾿δημιου ρογῶ. Der Ort des 
Demiurgen wird auch speziell der Tomog genannt. Vgl. Exc. c. 37: 
Οἱ ἀπὸ ᾿Αδὰμ ἐξελϑόντες οἱ μὲν δίκαιοι διὰ τῶν ἐκτισμένων τὴν ὁδὸν 
ποιούμενοι παρὰ τῷ Τύπωῳ κατείχοντο κατὰ τοὺς Οὐαλεντινιανούς. Dazu 
Exc. c. 34,2. Daneben heißt der Wohnsitz des Demiurgen die Heb- 
domas im Gegensatz zu der Ogdoas, dem Wohnsitze der Mutter, der 
zugleich den Namen μεσότης führt. (Vgl. Iren. adv. haer. I, 5, 3. 4; 
7,1.5). In dem Topos hat auch Jesus resp. der psychische Christus 
vorläufig sich niedergelassen. Vgl, Exc. 38, 2: ἔνϑεν καὶ ὁ ᾿Ιησοῦς 


παρακληϑεὶς ,συνεκαϑέσϑη τῷ Τύπῳ, ἵνα μένῃ τὰ πνεύματα χαὶ μὴ 


προαναστῇ αὐτοῦ, καὶ ἴ ἵνα τὸν Τύπον ἡμερώσῃ καὶ τῶ σπέρματι δίοδον 
εἰς πλήρωμα παράσχῃ und c. 62, 1: Κάϑηταοι μὲν οὖν ὃ ψυχικὸς 


Χριστὸς ἐν δεξιᾷ τοῦ δημιουργοῦ. 4) Bemerken möchte ich, daß 


‚diese Anschauungen insbesondere von der ausgebildeten Gnosis ver- 


treten werden, während der größte Teil der Gnostiker ohne Zweifel 
den Gedanken verkündet hat, daß die Seelen der Pneumatiker so- 


fort in das Lichtreich eingehen, deshalb auch die geheimnisvollen 
Mysterien und Weihen. 5) Vgl. Exec. 64: Τὸ δὲ ἐντεῦϑεν ἀπο- 


τὰ πνευματικὰ τὰς ψυχὰς ἅμα τῇ μητρὶ κομιξζομένῃ τὸν νυμ- 


504 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


mit dem Demiurgen zum Ort der Sophia aufrücken und hier 
ihre definitive ἀνάπαυσις finden !, 

Wie stebt es nun mit den Gerechten des A.T.s, die nach 
gnostischer Auffassung Diener des Demiurgen gewesen sind? 
Wohin sind sie nach ihrem Tode gelangt? Die Antwort kann 
nicht zweifelhaft sein: Sie sind in den Ort des Demiurgen ein- 
gegangen oder wenigstens in die rechte Region der Aeonenwelt. 
Dort genossen sie die Freuden der ἀνάπαυσις. Hier hat ihnen 
der Erlöser bei seiner Rückkehr von der Erde die Frohbotschaft 
gebracht und sie an einen andern Ort versetzt, wo sie im 
Schatten des Erlösers beim Vater leben werden. Damit besitzen 
wir eine schlagende Parallele zu dem christlichen Gedanken von 
der Errettung der alttestamentlichen Gerechten. Diese erlangen 
schon jetzt beim Aufstieg des Erlösers das, was die Gnostiker 
für ihre Pneumatiker in der Zukunft erwarteten. Es wird also 
eine Bekehrung angenommen, derzufolge die alttestamentlichen 
Gerechten in die Reihen der Pneumatiker versetzt werden. 

Eine ähnliche Anschauung treffen wir auch in der Pistis 
Sophia. Daselbst entgegnet Maria Magdalena auf die Versicherung 
des Herrn, daß keine Seele vor seiner Herabkunft zur Welt in 
das Licht eingegangen wäre?, sie hätte vernommen, daß die 
Propheten in das Licht eingegangen wären. Daraufhin gibt der 
Herr von neuem folgende Versicherung: „Wahrlich, wahrlich 
ich. sage: dir: Kein Prophet ist in das Licht eingegangen, sondern 
φίον, κομιξόμενα χαὶ αὐτὰ τοὺς νυμφίους, τοὺς ἀ γέλους ἑαυτῶν, εἰς 
τὸν νυμφῶνα ἔντος τοῦ "Ogov εἰσίασι καὶ πρὸς τὴν τοῦ πατρὸς ὄψιν 
ἔρχονται. Dazu Iren. adv. haer. 1, 7,1. 

1) Vgl. Exc. 63, 1: περὶ δὲ τὴν συντέλειαν ἀναχωροῦσι καὶ αὗται 
εἰς ὀγδοάδα und c. 34, 2: τῆς μητρὸς οὖν μετὰ τοῦ υἱοῦ καὶ τῶν 
σπερμάτων εἰσελϑούσης εἰς τὸ πλήρωμα, τότε ὃ Τόπος τὴν ἐξουσίαν 
τῆς μητρὸς καὶ τὴν τάξιν ἀπολήψεται, ἣν νῦν ἔχεν ἡ μήτηρ. Dazu 
Iren. adv. haer, I, 7, 1. ὅ. 2) Vgl. meine Ausgabe der kopt.- 
gnost. Schriften Ba. I, 229: „Wahrlich, wahrlich ich sage euch: Be- 
vor ich in die Welt gekommen bin, ist keine Seele in das Licht ein- 
gegangen, und jetzt nun, als ich gekommen, habe ich die Tore des 
Lichtes geöffnet, und die Wege, die zum Lichte führen, geöffnet, 
Und jetzt nun möge der, welcher das der Mysterien Würdige tun 
wird, die Mysterien empfangen und in das Licht eingehen“, Die- 
selben Gedanken, daß Christus die alleinige Tür zum Vater, ver- 


'raten ja auch die Großkirchler (5, ο. 5, 475 Ignatius und 8, 484 
Hermas). 


a a ων 


Exkurs Il. 505 


die Archonten der Aeonen haben mit ihnen aus den Aeonen 
geredet und ihnen das Mysterium der Aeonen gegeben, und als 
ich zu dem Orte der Aeonen gekommen bin, habe ich Elias ge- 
wendet und ihn in den Leib Johannes’ des Täufers geschickt; 
die übrigen aber habe ich in gerechte Leiber gewendet, welche 
die Mysterien des Lichtes finden, zur Höhe gehen und das Licht- 
reich ererben werden. Abraham dagegen und Isaak und Jakob 
habe ich alle ihre Sünden und ihre Missetaten vergeben und 
habe ihnen die Mysterien des Lichtes in den Aeonen gegeben 
und sie an den Ort des labraoth und aller Archonten gestellt. 
Und wann ich zur Höhe gehe und im Begriffe bin zum Lichte 
zu gehen, werde ich ihre Seelen mit mir zum Lichte tragen, 
aber wahrlich ich sage dir, Maria: Nicht werden sie zum Lichte 
gehen, bevor ich deine Seele und die aller deiner Brüder zum 
Lichte getragen habe. Die übrigen Patriarchen und Gerechten 
von der Zeit Adams bis jetzt, welche in den Aeonen und allen 
Ordnungen der Archonten, habe ich, als ich zum Orte der 
Aeonen kam, durch die Lichtjungfrau in Leiber, die alle gerecht 
werden, wenden lassen, diese, welche alle Mysterien des Lichtes 
finden, hineingehen und das Lichtreich ererben werden“. 

Ganz übereinstimmend mit dem unbekannten Gnostiker des 
Clemens Alex. kennt der Verfasser der Pistis Sophia keinen 


 Descensus ad inferos, weil die Seelen der Gerechten sich nicht 


in der Unterwelt, sondern in der Aeonenwelt befinden. Auch 
bei diesen Gerechten handelt es sich in erster Linie um die 
Patriarchen und Propheten des A.T.s, dazu kommen die übrigen 
Gerechten von Adams Zeit an. Sie alle trifft der Herr bei 
seinem Herabstieg zur Erde und läßt ihre Seelen gemäß der 
gnostischen Lehre von der Seelenwanderung von neuem in 
Leiber senken, die nach Art der Gnostiker die Mysterien des 
Lichtes finden und als solche das Lichtreich ererben werden. 
Eine Ausnahme bilden aber die drei Erzväter!. Sie erhalten 
schon bei seiner ersten Erscheinung Vergebung ihrer Sünden 
und empfangen die Mysterien des Lichtes. Infolgedessen werden 
sie aus dem bisherigen Aufenthaltsort herausgeführt und an den 
Ort des Iabraoth gebracht, ἃ. h. nach Lehre der Pistis Sophia 


1) Daß die Erzväter eine besondere Ausnahme bilden, findet ja 
in der jüdischen und altchristlicben Literatur ihre Voraussetzung. 


506 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


an den Ort desjenigen Archonten, der an die Mysterien des 
Liehtes geglaubt hat und deswegen von Jed in eine gereinigte 
Luft zwischen den Örtern derer von der Mitte und den Örtern 
des unsichtbaren Gottes, d. h. des 13. Aeons, versetzt ist 
(S. 234, Sff. meiner Ausgabe). Aber dieser Aufenthaltsort ist 
nur ein provisorischer, denn bei seinem Aufstieg will der Herr 
ihre Seelen mit sich zum Lichte tragen!. So schimmert auch 
hier, schieben wir das gnostische Kolorit beiseite, der christliche 
Gedanke durch, daß der Herr bei seiner ersten Parusie sich die 
Errettung der Gerechten der Vorzeit angelegen sein läßt, und 
daß diese Errettung in Gestalt einer Heraufführung aus einem 
niederen Ort der Ruhe in den definitiven Ort der himmlischen 
Seligkeit erfolgt?. Offensichtlich werden auch andere Gnostiker 
dieses Problem der Beseligung der alttestamentlichen Gerechten 
in ähnlicher Weise gelöst haben, würden wir noch weitere Zeug- 
nisse aus ihren Kreisen besitzen. Aber schon diese beiden Zeug- 
nisse genügen zum Beweise, daß es sich nicht um gelehrt- 
theoretische, sondern um allgemeine religiöse Fragen handelt. 

Zu den gnostischen Vertretern des Descensus müßte auch 
die Ascensio Jesaiae gestellt werden, wenn Bousset, Haupt- 
probleme der Gnosis S. 260 recht hätte, daß diese nur einen Ab- 
stieg des Erlösers durch die Himmel bis auf die Erde kennt. 
Aber Bousset scheint die in Betracht kommenden Stellen gar 
nicht mit Aufmerksamkeit gelesen zu haben, da das gerade 
Gegenteil der Fall ist. Denn die Anrede des Vaters an den 


Sohn lautet: „Geh und steige hinab durch alle Himmel und 


steige hinab zum Firmament und zu dieser Welt bis zum Engel 
im Totenreich, aber bis zur Hölle sollst du nicht gehen“ (e. 10, 8). 
Hier wird deutlich zwischen Totenreich und Hölle unterschieden, 
Die Hölle ist die Gehenna im christlichen Sinne, d.h. der de- 
finitive Strafort der Gottlosen?. Zu diesem Orte soll Christus 


1) Wie sich damit die Versicherung des Herrn reimt, daß die Seele 
der Maria Magdalena und ihrer Mitjünger noch vor den Erzvätern 
in das Lichtreich eingehen werden, ist mir nicht klar. 2) Wie 
bei Hermas, dem Presbyter des Irenäus und dem Verfasser der 
Epistola wird den Gerechten durch den Herrn eine Vergebung ihrer 
Sünden zuteil, die ihnen ohne Zweifel durch die Taufe appliziert 
wird. 3) Nach e. 4, 14 wird Beliar mit seinen Heerscharen in 
die Gehenna bei der zweiten Parusie Christi geschleppt. | 


ΠΝ νι. a ποις - γὼ ῳ Ὁ 


er 1 a Ἀπ ee er Ba u νυ em 1 Zr ee ua De a ἐκ ic 4 ll a De 
—— N. —— 2 


Exkurs Il. 507 


- nieht hinabsteigen; dies entspricht durchaus der christlichen Tra- 


dition, welche die Gehenna erst beim Endgericht in die Er- 
scheinung treten läßt. 

Das Totenreich ist die alttestamentliche Scheol, in der ein 
Engel wie in den Himmeln anwesend gedacht ist. Bei seinem 
Herabstieg soll sich Christus ebenfalls in die Gestalt der im 
Totenreich befindlichen Engel! verwandeln (ec. 10, 10). Herab 
aber steigt Christus zum Engel des Todes nach seinem Kreuzes- 
tode (ce. 11, 19). Bei dieser Gelegenheit nimmt er dem Engel 
des Todes die Beute ab, steht am dritten Tage auf und verbleibt 
noch 545 Tage in der Welt bei seinen Jüngern. Nach Verlauf 
dieser Zeit werden bei seiner Himmelfahrt viele von den Ge- 
rechten mit ihm hinaufsteigen (ec. 9, 16). Hier haben wir in 
eigentümlicher Gestalt die christliche Idee von dem Descensus 
vor uns. Die Beute, welche Christus dem Engel des Todes ent- 
zieht, sind die alttestamentlichen Gerechten, die bei der Himmel- 
fahrt in den siebten Himmel hinaufgeführt werden und die 
definitive Beseligung empfangen. Damit besitzen wir in diesem 
Descensus den sichersten Maßstab für den großkirehlichen Cha- 
rakter der Vision in der Ascensio Jesaiae; die besonderen Eigen- 
tümlichkeiten finden ihre Erklärung dureh die Zeit der Ent- 
stehung im zweiten Jahrhundert. 


Kehren wir nun zu den antignostischen Vätern zurück, so 
möchte ich zunächst mit Arpest fortfahren, dessen besondere 
Interessen für die eschatologischen Fragen in seiner Schrift- 
stellerei hervortreten. Auch er setzt die Hadesfahrt Christi in 
Verbindung mit einer Predigt an die Gerechten; er nennt 
Christus auf Grund von Phil. 2, 10 den βασιλεὺς τῶν zara- 
χϑονίων, ὅτι καὶ ἐν νεχροῖς κατελογίσϑη, εὐαγγελιζόμενος τὰς 
τῶν ἁγίων ψυχάς, διὰ ϑανάτου ϑάνατον νικῶν (de antichr. 
e. 26), ja er macht sogar Johannes den Täufer zum Vorläufer 
des Herrn als Prediger in der Unterwelt nach dessen Hin- 
Be‘ durch Herodes?. Christus tritt als λυτρούμενος τὰς 


— 1) Hier ist „von Engeln in der Mehrzahl die Rede, 2) De 


3 antichr. 6. 45: οὗτος οὗτος προέφϑασε χαὶ τοῖς ἐν ὥδῃ προευαγγελίσασϑαι 
—— ὑπὸ Ἡρωδου" πρόδρομος γενόμενος ἐκεῖ, σημαίνων μέλλειν 


χἀχεῖσε κατελεύσεσϑαι τὸν σωτῆρα, λυτρούμενον τὰς τῶν ἁγίων ψυχὰς 
ἐκ χειρὸς τοῦ ϑανάτου. Über Johannes den Täufer als Vorläufer in 


508 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


τῶν ἁγίων ψυχὰς dx χειρὸς τοῦ ϑανάτου auf. Die εὐαγγελία 
hat also die λύτρωσις der Seelen der Heiligen zur Folge. Unter 
den Heiligen, die Christus in der Unterwelt vorfindet, können 
doch nur die alttestamentlichen Gerechten verstanden werden. 
Dann aber haben wir doch wohl eine sofortige Befreiung aus 
dem Hades anzunehmen !, da der Tod gewissermaßen als Herr- 
scher der Unterwelt vorgestellt ist, aus dessen Händen sie erlöst 
werden. In der Tat weilen die alttestamentlichen Frommen 
beim Herrn, wenn die oben an dem Maste vereinigten Abzeichen 
des mit der Kirche verglichenen Schiffes identifiziert werden 
mit den Ordnungen der Propheten, Märtyrer und Apostel?; sie 
bilden mithin die erste Reihe der bereits um Christus ver- 
sammelten Gemeinde, eine Vorstellung, die wir bereits bei 
Hermas, Sim.IX, 15, 4 kennen gelernt haben®. Hippolyt versteht 
nämlich unter Kirche die Versammlung der in Gerechtigkeit 
Lebenden und rechnet dazu 1) das Geschlecht der Väter, die zu 
Anbeginn geschieden sind, 2) die Propheten, die nach dem Gesetz 
vollendet sind, 3) den Chor der Apostel, die durch das Wort 
weise gemacht sind, 4) die Märtyrer, welche durch das Blut 
Christi gerettet sind‘. Von dem Propheten Jesaias rühmt 
Hippolyt de antichr. e. 30: ἀπέϑανες ἐν κόσμῳ, ἀλλ᾽ οὖν ἐν 
Χριστῷ ζῆς, und ihn wie Jeremias und Daniel, dazu den Apo- 
kalyptiker Johannes rechnet er zu den Jüngern des guten Leh- 
rers, die mit Christus gestorben sind, aber in Gott leben werden: 
ἔχετε γὰρ ἤδη τὸν τῆς ζωῆς καὶ ἀφϑαρσίας ἀποκείμενον ὑμῖν 
ἐν τοῖς οὐρανοῖς στέφανον (ibid. ec. 31), Die hier aufgezählten 
Propheten gelten als Märtyrer; deshalb erhalten sie wie die 
christlichen Märtyrer ihren Lohn im Himmel; ob sie aber sofort 
mit ihrem Tode zu Gott gelangt sind, wird nicht gesagt, aber 
der Unterwelt vgl. Origenes (8, u.) und Dialog des Adamantius I, c. 26: 
ἀλλ᾿ ἐπεὶ πρόδρομος ἐγίνετο, (el) καὶ ἐν τῷ ἄδῃ ἐπυνϑάνετο. 

1) Daß nach Hippolyt die Seelen der Gerechten im Hades ver- 
bleiben, darf mit Atzberger, Eschat. 5, 277 nicht aus In Proy. 30, 18 
geschlossen werden, denn die Worte ἄγγελοι ἐν οὐρανοῖς, ἅγιοι ἐπὶ 
τῆς γῆς, ψυχαὶ — ὑπὸ γὴν sind nicht Eigentum des Hippolyt 
(vgl. Hippolyt I, 2, S. 178 ed. „Achelis). 2) ‚De Antichr. ce, 59: 
ψίφαροι δὲ ἐπὶ τὸ κέρας ἐφ᾽ ὑψηλοῦ ἑνούμενοι ὡς τάξεις προφητῶν, 
μαρτύρων TE καὶ ἀποστόλων εἰς βασιλείαν Χριστοῦ — 
ὃ) J * Ignatius, Philad. 9, 1; — Polyc. 19, 2 ei In 

an. 


ee πεν. 509 


da ihr χαλὸς διδάσχαλος nach In Eleanam et Annam fragm. 4! 


(Hipp. I, 2, S. 122 ed. Ach.) als erster in den Himmel aufgestiegen 
ist, so wird auch für die Propheten die Zeit ihrer Beseligung 
von dem Aufstieg Christi datiert sein. Das wird noch deut- 
lieher durch die Stelle Εἰς τὴν adıv τὴν μεγάλην (Hipp. 1, 2, 
5, 53 ed. Ach.): ὁ τὸν ἀπολωλότα dx γῆς πρωτόπλαστον ἄν- 
ϑρώπον καὶ ἐν δεσμοῖς ϑανάτου χρατούμενον ἐξ ὕδου χατω- 
τάτου ἑλχύσας" ὃ ἄνωϑεν χατελϑὼν καὶ τὸν χάτω εἰς τὰ ἄνω 
ἀνενέγχας" ὁ τῶν νεχρῶν εὐαγγελιστὴς καὶ τῶν ψυχῶν λυτρω- 
τὴς καὶ ἀνάστασις τῶν τεϑαμμένων γινόμενος. Hier wird die 
ἕλχυσις ἐξ @dov des Protoplasten bereits als vollzogen gedacht; 
der τῶν νεχρῶν εὐαγγελιστὴς καὶ τῶν ψυχῶν λυτρωτής steht 
in genauer Parallele zu den aus de antichr. e. 26 und 45 hervor- 
gehobenen Sätzen, nur fehlt bei φυχῶν das Epitheton ἁγίων, 
und zwar aus Gründen des Parallelismus. Ausdrücklich wird 
aber die „Schaar der heiligen Seelen“ in einem Fragment aus 
der Schrift περὶ τοῦ ἁγίου πάσχα (Hipp. I, 2, S. 268. ed. Ach.) 
erwähnt, mit denen die göttliche Seele bei ihrer Herabkunft in 
die Unterwelt in trauten Verkehr getreten wäre; auf sie wird 
der apokryphe Spruch, den auch Clemens Alex. zitiert (s. u.), 
als Weissagung des heiligen Geistes gedeutet: „Seine Gestalt 
zwar haben wir nicht gesehen, wohl aber seine Stimme gehört“, 
mit dem erklärenden Zusatze: „Denn es ziemte ihm, daß er, 
wenn er ginge, auch denen in Scheol predigte, welche in der 
Zeitlichkeit sich nicht hatten überzeugen lassen“. Aus den 


‚letzten Worten könnte man auf eine allgemeine Bußpredigt des 


Herrn unter den Toten schließen, aber die „Schar der heiligen 
Seelen“ läßt den wirklichen Sinn erkennen?, Interessant ist 
dabei „die Schilderung des Wesens des Herabgestiegenen: καὶ 
ἰδοὺ ὁ μονογενὴς εἰσῆλϑεν οἷς ψυχὴ μετὰ φυχῶν, ϑεὸς λόγος 
ἔμψυχος" τὸ γὰρ «σῶμα ἔχειτο ἐν μνημείῳ, οὐχὶ κενωϑὲν τῆς 
ϑεότητος " ἄλλ᾽ ὥσπερ ἐν τῷ ἅδῃ ὦν, τῇ οὐσίᾳ ἦν πρὸς τὸν 
πατέρα, οὕτως ἦν καὶ ἐν τῷ σώματι καὶ ἐν τῷ ἅδῃ. ἀχώρητος 


1) αὐτὸς πρῶτος εἰς οὐρανοὺς ἀναβάς, καὶ τὸν ἄνϑρωπον δῶρον 


ο΄ τῷ ϑεῷ προσενέγκα. 2) Nach Gschwind 1. c. 8. 46 soll die Über- 
setzung des syrischen Ausdruckes „in der Zeitlichkeit“ nicht genau 


sein, vielmehr sei an das πότε von 1. Petr. 3, 20 zu denken, wie 
auch φυλακή durch scheül wiedergegeben. Doch kann ich eine Be- 
nutzung der Petrusstelle nicht entdecken. 


τ ae re re a Ἄχ ν 
ἃ 5 
ee 
ΤΣ 
— 


510 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


γὰρ ἐστι χαὶ ὁ υἱὸς ὡς ὁ πατήρ, καὶ πάντα περιέχει" ἀλλὰ 
ϑέλων ἐχωρήϑη ἐν σώματι ἐμφύχῳ, ἵνα μετὰ τῆς ἰδίας ψυχῆς 
πορευϑῇ εἰς τὸν adnv καὶ μὴ γυμνῇ τῇ ϑεότητι. Hätte wirk- 
lich — das möchte ich Bousset entgegenhalten — Hippolyt 
an einen herabfahrenden Siegesfürsten gedacht, so wäre wohl 
die Schilderung eine ganz andere geworden, lag doch der Ge- 
danke an den göttlichen Besieger des Todes so nahe, da 
Hiob 38, 17 und Ps. 106, 16 zitiert werden. Aber nur die Seele 
des ϑεὸς λόγος trat in die Unterwelt ein, sonst wären, wie es 
in der syrischen Überlieferung heißt, die untersten Gründe der 
Erde vor Entsetzen aus den Fugen gegangen. Was Christus 
erstrebte, war nicht der Kampf mit dem Beherrscher der Unter- 
welt, sondern der traute Verkehr mit den heiligen Seelen und 
ihre Errettung, daher lesen wir im syrischen Texte: „wohl aber 
behütete er mit dem Fleische die Welt, mit der Seele aber be- 
raubte er die Scheol“. Eine Beraubung hat also stattgefunden, 
die aber sich, — das war für die Leser selbstverständlich — nur 
auf die Herausführung der alttestamentlichen Frommen aus dem 
Bereich der unteren ἀνάπαυσις bezieht. So gehört Hippolyt zu 
den Vertretern des alten Gemeindeglaubens. 

Etwas anders würde unser Urteil lauten, wenn ein gewisses 
Fragment der Schrift περὶ τοῦ παντός aus der Feder des Hippolyt 
geflossen wäre!, das einen λόγος περὶ @dov darbietet. Darnach 
umfaßt der Hades die Seelen der Gerechten und Ungerechten. 
Der Hades selbst ist ein χωρίον ὑπόγειον, ἐν ᾧ φῶς κόσμου 
οὐχ ἐπιλάμπει, sodaß immerwährende Dunkelheit herrscht. 
Dieser Ort ist gleichsam ein φρουρίον für die Seelen, darüber 
sind ἄγγελοι φρουροί gestellt mit der Aufgabe: διανέμοντες 
τὰς τῶν τόπων προσχαίρους χολάσεις πρὸς τὰς ἑχάστου 
πράξεις, Innerhalb dieses Raumes ist eine besondere Region, 
die λίμνη πυρὸς ἀσβέστου, doch ist diese noch ohne Insassen, 


1) Abgedruckt bei Holl, TU, N. F.V,2, 8. 137 ff. 2) Der 
Verfasser reflektiert bei dieser allgemeinen Schilderung des Hades 
bereits auf den Strafort für die Ungerechten, denn nur von diesem 
kann er die stetige Finsternis behaupten, da die ἀνάπαυσις der 
Gerechten ein χωρίον φωτεινόν ist. Ferner paßt zum Strafort die 
weitere Bemerkung, daß von ihm die Gehenna abgetrennt ist, 
3) Kombination von Apok. Joh. 19, 20; 20, 10. 14.15; 21,8 mit 
Matth. 3, 12 u. Par. 


er HL, 511 


da sie bereitet ist für den von Gott bestimmten Gerichtstag, wo 
die Ungerechten zu ewiger κόλασις verurteilt werden, während 
die Gerechten die ἄφϑαρτος καὶ ἀνέκλειπτος βασιλεία erlangen. 
Freilich für jetzt werden auch die Gerechten in dem Hades fest- 
doch nicht in derselben Abteilung wie die Ungerechten. 
Der Herabstieg nach dem Tode ist für beide der gleiche, An 
dem Tore erwartet sie der Erzengel mit seiner Heerschaar; die 
Gerechten werden von den Engeln geführt auf die rechte Seite 
εἰς χωρίον φωτεινόν, ἐν ᾧ οἱ ἀπ᾿ ἀρχῆς δίκαιοι πολι- 
τεύονται, οὐχ ὑπ᾽ ἀνάγκης κρατούμενοι, ἀλλὰ τῆς τῶν ὁρω- 
μένων ἀγαϑῶν ϑέας ἀεὶ ἀπολαύοντες καὶ τῇ τῶν ἑχάστοτε 
καινῶν. ὁρωμένων προσδοχίᾳ, ἡδόμενοι κἀκεῖνα τούτων βελ- 
τίονα ἡγούμενοι, οἷς ὁ τόπος οὐ “καματηφόρος γίνεται, οὐ 
καύσων οὐ κρύος οὐ τρίβολος ἐν αὐτῷ, ἀλλ᾽ ἡ τῶν πατέρων 
δικαίων τὲ ὁρωμένη ὄφις πάντοτε μειδιᾷ ἀναμενόντων τὴν 
μετὰ τοῦτο τὸ χωρίον ἀνάπαυσιν zei αἰωνίαν βίωσιν ἐν 
οὐρανῷ. τοῦτον δὲ ὀνόματι κληΐζομεν κόλπον ᾿Αβραάμ. Die 
Ungerechten dagegen werden von den Strafengeln zur Linken 
geschleppt und zwar nicht freiwillig, sondern mit Gewalt, Die 
über sie gesetzten Engel schleppen sie bis in die Nähe der 
Gehenna, Dadurch bekommen sie einen Vorgeschmack der 
Hölle. Sie hören das ununterbrochene Sieden und nehmen den 
heißen Dampf wahr; sie schauen voll Entsetzen die gelbe Flamme 
des Feuers, durch die Erwartung des zukünftigen Gerichtes be- 
reits virtuell bestraft. Auch darin besteht die Strafe, daß sie 
den Ort der Gerechten und die Gerechten selbst erblicken. 
Zwischen dem Orte der Rechten und der Linken ist ein tiefer 
und großer Abgrund (χάος), den niemand überschreiten kann, 
Damit schließt der Verfasser seine Darstellung und fügt am 
Schlusse hinzu: ἐν ᾧ (sc. ἅδῃ) αἱ ‚wugal πάντων κατέχοντα: 
E ἄχρι καιροῦ, ὃν ὁ ϑεὸς ὥρισεν ἀνάστασιν τότε πάντων ποιη- 
— — 
— Haben wir ein echtes Stück von Hippolyt vor uns!, so würde 
- er hier die Anschauung vertreten, daß die alttestamentlichen 
i — nach wie vor im Hades mit den übrigen Christen 


— DD Für die Echtheit tritt Harnack, Altchr, Lit. II, 2, 219f, ein. 
— Holt hat das Fragment an die Spitze der nicht nachweisbaren und 
zweifelhaften Zitate gestellt. 


512 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


verweilen. Denn unter den δίκαιοι ἀπ᾿ ἀρχῆς sind in erster 
Linie die Gerechten der Vorzeit zu verstehen!; das sind die 
δίκαιοι πατέρες, deren Anblick die gerechten Christen bei ihrem 
Aufenthalt im Hades genießen, mit denen sie zusammen im 
Hades weilen und die allgemeine Auferstehung beim Endgericht 
erwarten. Diese Schilderung des Hades und die Annahme eines 
Wartezustandes für alle Seelen entspricht vollständig den Ge- 
danken Tertullians, wie wir gleich sehen werden, sodaß man 
bei der Echtheit glauben müßte, daß Hippolyt unter dem Ein- 
flusse Tertullians seine Idee von dem Descensus geändert hätte. 
Daher möchte ich zunächst die Autorschaft des Hippolyt be- 
zweifeln? Im übrigen zeigt sich der Verfasser als der reinste 
Vertreter der altchristlichen Unterweltsvorstellungen, die, noch 
ganz unberührt von dem hellenischen Geiste, ihre Wurzel in 
den jüdischen Jenseitsgedanken haben. 

Einen solchen Typus repräsentiert Tertullian, der ältere 
Zeitgenosse des Hippolyt. Tertullian entwickelt seine Ansicht 
in Polemik gegen die These Marcions, derzufolge diejenigen, 
welche dem Gesetz und den Propheten gehorchen, ihren Lohn 
von dem Gesetzgeber und Weltschöpfer in Form des tormentum 
oder des refrigerium in der Unterwelt erhalten, die Anhänger 
Christi und des von ihm verkündeten Gottes den eoelestis sinus 
et portus?,. Den zwei verschiedenen Testamenten entsprechend 


1) Vgl. den Ausdruck ab initio diseipuli bei Iren. adv. haer. 
IV, 22,1 oder 22, 2: qui ab initio.... timuerunt. 2) Die Schrift 


gehört zu den apologetischen Schriften, die an die Hellenen gerichtet 


war, wie die verschiedenen direkten Anreden ‚an diese zeigen. Vgl. 
Holl, S. 139, 50f.: αὐτὰ τὰ “σώματα ἀνιστῶν ἃ ἀεὶ λελυμένα ὁρῶντες 
ἀπιστεῖτε “Ελλήνες. μάϑετε μὴ ἀπιστεῖν u. S. 141, 80: οὐδὲ γὰρ Μίνως 
καὶ Ῥαδάμανϑυς κριταὶ οἵ καϑ' ὑμᾶς, "Ἔληνες. 3) Vgl. adv. 
Marc. 34: Sed Marcion aliorsum cogit, scilicet ut utramque mer— 
cedem creatoris sive tormenti sive refrigerii apud inferos deter- 
minet eis positam qui legi et prophetis obedierint, Christi vero et 
dei sui caelestem definiat sinum et portum. Dazu die Polemik 
Mareions gegen den christlichen Glauben von dem Aufenthalt der 
Verstorbenen im Schoße Abrahams und dem tausendjährigen Reiche 
nach der Auferstehung: Immo, inquis, spero ab illo, quod et ipsum 
faciat, ad testimonium diversitatis, regnum dei aeternae et caelestis 
possessionis. Ceterum vester Christus pristinum statum Judaeis pol- 
licetur ex restitutione terrae et post decursum vitae apud inferos in 
sinu Abrahae refrigerium (adv. Marc. III, 24). 


— 7. ἀρὰν 513 


gibt es nach Mareion auch zwei verschiedene Orte der Be- 
lohnung, einen unterirdischen Ort für die alttestamentlichen 
Frommen und einen himmlischen für die ntlichen Gerechten. 
Letztere kommen überhaupt nieht in die Unterwelt, sondern 
ihre Seelen — denn nur diese erlangen das Heil! — gehen 
‚direkt in die himmlische Herrlichkeit ein; eine Auferstehung 
und ein Gericht über sie bei der zweiten Parusie gibt es nicht. 
Demgegenüber beruft sich Tertullian auf die seriptura, quae ab 
inferis discernit Abrahae sinum pauperi, ihm ist also für seine 
Jenseitsvorstellungen der Lukasbericht mit seiner Unterscheidung 
von χόλπος ᾿Αβραάμ und ἅδης maßgebend?. Deshalb stellt er 
den Satz auf: aliud enim inferi, ut puto, aliud quoque Abrahae 
sinus. Weiter beruft sich Tertullian auf Luc. 16, 26 für die An- 
schauung, daß ein magnum profundum istas regiones voneinander 
trenne und den beiderseitigen transitus verwehre. Und aus der 
Mitteilung Luc. 16, 23, daß der Reiche seine Augen aufgehoben 
und von ferne zugeschaut, entnimmt er einerseits die höhere 
Lage und andererseits die ungeheure Entfernung des sinus 
Abrahae von den infera®. Die so begrenzte Lokalität, sinus 
Abrahae genannt, sei aber kein himmlischer Ort, sondern eine 
oberhalb der infera gelegene Region; sie diene zur Aufnahme 
der Seelen der Kinder Abrahams, d. h. im paulinischen Sinne 
auch der Heidenchristen®, Dann müsse aber auch den letzteren 


1) Vgl. Iren. adv. haer. I, 27,3; Hippolyt Refut. X, 19, 3; Tertullian, 
adv. Marc. V, 10. 15; de resurr. carn.c.2; Epiph.h.42,3,5u.4,6. 2) Vgl. 
de resurr. carn. c, 17: Nam et nunc animas torqueri foverique apud 
inferos, licet nudas, licet adhuc exules carnis, probabit Lazari exemplum 
— de anima c. 7: si quid tormenti sive solatii anima praecerpit in 
carcere seu diversorio inferum, in igni vel in sinu Abrahae etc, — 
ibid. e. 9: sie et diviti apud inferos lingua:-est et pauperi digitus 
et sinus Abrahae — ibid, c, 58: velis ac nolis, et supplicia iam 
illie et refrigeria; habes pauperem et divitem — de idololat. 
e, 18: sic et Lazarus apud inferos in sinu Abrahae refrigerium 
consecutus, contra dives in tormento ignis constitutus — de jeiun. 
α, 16: sed nec apud inferos admonitio cessavit, ubi in divite epulone 
quidem convivia cruciantur, in paupere vero ieiunia recreantur, 

8) Immerhin gehört der sinus Abrahae zu der Unterwelt, daher 
umfaßt der Ausdruck inferi beide Lokalitäten, die als übereinander 
liegende Etagen gedacht sind. Vgl. die in der Anm. 2 aufgeführten 
Stellen. 4) Vgl. adv. Mare. IV, 34: Unde apparet sapienti cuique, 
qui aliquando Elysios audierit, esse aliquam localem determinationem, 

T. u. U. 14: Schmidt-Wajnberg. 33 


514 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


der gleiche Aufenthaltsort im Schoße Abrahams winken, d.h. 
dasselbe refrigerium, welches Mareion nur den Beobachtern des 
Gesetzes und den Propheten zuweist. Alle Seelen müssen in 
gleicher Weise in die Unterwelt hinabgehen; sie befinden sich 
hier in einem Zwischenzustande, indem sie Belohnung und Strafe 
empfangen; die Gerechten weilen im refrigerium resp. im sinus 
Abrahae, die Gottlosen im tormentum resp. ignis, und dieser 
Zustand dauert an bis zum Tage des Gerichts, wo die definitive 
Entscheidung eintritt, einerseits die caelestis promissio resp. die 
haereditas caelorum, andererseits die poena aeterna in der Ge- 
henna!, So sind bei Tertullian die alten jüdischen Jenseitsvor- 
stellungen noch ganz lebendig und gestalten seine Schilderung 
der Unterwelt und seiner Bewohner, wenn er auch als Schrift- 
theologe seine Position auf Lucas 16 aufbaut; es sind dieselben 
Vorstellungen, welche wir in der Schrift περὶ τοῦ παντός 
vorgetragen fanden. Tertullian verweist auf eine ausführliche 
Darstellung seines Standpunktes in der verlorenen Schrift de 
paradiso: habes etiam de paradiso a nobis libellum, quo eonstitui- 
mus omnem animam apud inferos sequestrari in diem domini. 
Bereits hat sich nämlich eine Opposition erhoben, die diesen 
jüdischen Sauerteig ausmerzen will, und zwar nicht allein aus 
den Reihen der Gnostiker und Mareioniten, sondern aus den 
Kreisen der Katholiken selbst. Sie richten mit Nachdruck die 
Frage an Tertull.: Omnes ergo animae penes inferos, inquis? 
(de anima ce. 58). Tertull. beruft sich für seinen Standpunkt auf 
den Lukasbericht: Velis ac nolis, et supplicia iam illie et refrigeria; 
habes pauperem et divitem. Und auf die Gegenfrage des Tertull.: 
Cur enim non putes animam puniri et foveri in inferis interim 
sub expectatione utriusque iudiei in quadam usurpatione et 
candida eius? geben sie die Antwort: quia salvum debet esse 
in iudieio divino negotium suum sine ulla praelibatione sen- 


quae sinus dicta sit Abrahae, ad recipiendas animas filiorum eius, 
etiam ex nationibus, 

1) Vgl. adv, Marc. IV, 34: Eam itaque regionem sinum dico 
Abrahae, etsi non caelestem, sublimiorem tamen inferis, interim refri- 
gerium praebituram animabus iustorum, donec consummatio rerum 
resurrectionem omnium plenitudine mercedis expungat, tunc appa- 
ritura caelesti promissione, quam Marcion suo vindicat, quasi non 
a creatore promulgatam. Dazu de anima c. ὅδ: in Abrahae sinu 
expectandae resurrectionis solatium capere, j 


1 a ΝΌΣΩΝ 


DE a N 


en 


Exkurs II, 515 


= μων; tum quia et carnis operienda est restitutio ut consortis 


operarum atque mercedum. Diese Oppositionellen wollen also 
keine vorläufigen Strafen und Belohnungen der Seelen in der 
Unterwelt anerkennen, da sie diese Entscheidungen mit dem 
Endgericht bei der Auferstehung von den Toten verknüpfen, 
denn das Fleisch als Mitbeteiligter an den Taten während des 
Erdenwandels müsse mit der Seele Lohn und Strafe erhalten, 
auch dürfe das Urteil Gottes nicht präjudiziert werden !, 
Daneben steht eine zweite Gruppe, welche die These ver- 
tritt, daß Lohn und Strafe unmittelbar nach der Trennung der 
Seele vom Körper erfolge, ein Interimszustand überhaupt nicht 
statthabe, daß vielmehr die Seelen der Gläubigen sofort zum 
Herrn gelangen, die der Gottlosen in die Unterwelt. Sie gehen 
von dem Grundsatze aus, daß es für die Seelen der fideles un- 
würdig sei, nach wie vor in die Unterwelt hinabzusteigen, um 
dort in sinu Abrahae expectandae resurreetionis solatium capere 
(de anima ὁ. δῦ). Für sie ist der Descensus Christi ad inferos 
ein heilsgeschichtlicher Akt, der zur Folge gehabt, ne nos adi- 
remus. Wahrscheinlich im Sinne des Paulus (1. Kor. 15, 26, 55) 
ist nach ihrer Ansicht durch den Tod Christi am Kreuze der 
Tod überwunden, deshalb geben die Gläubigen sofort vom Tode 
ins himmlische Leben ein, Sie wollen nicht gelten lassen, daß 
nach dem Descensus die Unterwelt noch weiter den Heiden 
sowohl wie den Christen als carcer diene, so daß zwischen ihnen 
kein Unterschied bestehe?, Dabei berufen sie sich auf den 
Gemeindeglauben von der Herausführung der Patriarchen und 
Propheten aus der Unterwelt im Gefolge des auferstandenen 
Herrn®. Sie leben offenbar des Glaubens, daß durch den Tod 


Christi sie erlöst sind und sofort in das Paradies aufgenommen 


werden. Das schließt den Glauben an die Auferstehung von 
den Toten und an das Endgericht nicht aus. 


1) Diese Gegner wollen die Körperlichkeit der Seele nicht aner- 
kennen, für die der Realist Tertullian so energisch eintritt. 2) Cete- 


” rum quod diserimen ethnicorum et Christianorum, si carcer mortuis 


1? 3) Immo, inquis, in paradiso, quo iam tunc et patriarchae 
—— appendices dominicae resurrectionis ab inferis migra- 

Loofs hat das Akumen dieses Satzes nicht verstanden, 
er in seiner Abhandlung dies als Meinung des Tertullian hin- 
Tert. wehrt sich im Gegenteil, wie wir noch sehen werden, 
die Anerkennung dieses Glaubensstückes. 


ΞΕ 


33 


516 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Wegen dieser ihrer Haltung bezichtigt Tertull. seine Gegner 
der superbia; sie, die Knechte, wollen mehr sein als der Herr, 
und sie, die Schüler, wollen den Meister übertreffen (Lue. 6, 40), 
der doch ebenfalls nach seinem Tode, da er als Mensch ge- 
storben nach der Schrift und als Mensch begraben nach der 
Schrift, dem menschlichen Gesetze sich unterzogen und in der 
Unterwelt geweilt habe, um von dort in den Himmel empor- 
zusteigen!. Auf dieser Tatsache beruhe der Glaube an die 
unterirdische Region der Unterwelt. Mit Berufung auf 
1. Thess, 4, 15f. weist Tertull, darauf hin, daß eine Seele noch 
nicht zum Himmel hinaufeilen könne, solange Christus zur 
Rechten seines Vaters sitze und solange noch nicht der Ruf 
Gottes durch die Trompete des Erzengels erschalle, und die, 
welche der Herr bei seiner Ankunft auf Erden vorfinden würde, 
noch nicht ihm entgegen in die Luft entrückt wären mitsamt 
dem zuvor in Christo Entschlafenen und Auferstandenen. In 
Konsequenz dessen stellt er die apodiktische Behauptung auf: 
nulli patet caelum, terra adhuc salva, ne dixerim, clausa; eum 
transactione enim mundi reserabuntur regna caelorum. Und 
gegenüber dem Einwurfe der Gegner von der Übersiedlung der 
Patriarchen und Propheten ins Paradies führt er als Gegen- 
beweis zwei Autoritäten an, nämlich den Apokalyptiker Johannes, 
der in der Region des Paradieses unter dem Altare nur die 
Seelen der Märtyrer geschaut habe (e. 6, 9), und die Perpetua, 
die am Tage ihres Martyriams ebenfalls nur die Seelen ihrer 
commartyres erblickt habe. Also nur das Martyrium eröffnet 
den Himmel; die romphaea als paradisi ianitrix macht nur denen 


1) Quodsi Christus deus, quia et homo mortuus secundum scrip- 
turas et sepultus secundum easdem, huic quoque legi satisfecit 
forma humanae mortis apud inferos functus, nec ante ascendit in 
sublimiora caelorum quam descendit in inferiora terrarum, ut illie 
patriarchas et prophetas compotes sui faceret, habes et regionem 
inferum subterraneam credere. 2) Bei. dieser Gelegenheit gibt 
Tert. folgende Schilderung der Lage der Unterwelt: Nobis inferi 
non nuda cavositas nec subdivalis aliqua mundi sentina creduntur, 
sed in fossa terrae et in alto vastitas et in ipsis visceribus eius 
abstrusa profunditas, siquidem Christo in corde terrae triduum mortis 
legimus expunctum, id est in recessu intimo et interno et in ipsa 
terra operto et intra ipsam clauso et inferioribus adhuc abyssis 
superstructo, 


1 
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Ι 
; 
Ἶ 1 
4 


Exkurs 1]. 517 


Platz, qui in Christo decesserint, non in Adam!, daher leistet 
sich Tertullian auf die Einrede: Quod diserimen est ethnicorum 
et Christianorum, si carcer mortuis idem? den allgemeinen Satz: 
Agnosce itaque differentiam ethniei et fidelis in morte; si pro 
deo oceumbas, ut paracletus monet, non in mollibus febribus et 
in leetulis, sed in martyriis, si erucem tuam tollas et sequaris domi- 
num, ut ipse praecepit. tota paradisi elavis tuus sanguis est, Der 
gewöhnliche Tod eines Christen — das sind die mortui in Adam — 
hat nur die sequestratio apud inferos in diem domini zur Folge. 

Man muß bekennen, daß die vorgebrachten Argumente sehr 
fadenscheinig sind. Denn die von Tertull. angezogenen Zeugen, 
Johannes und Perpetua, haben doch mit keiner Silbe ange- 
deutet, daß sie in den von ihnen geschauten Örtlichkeiten nur 
die Seelen der Märtyrer vorgefunden haben, die Worte „nullas 
alias“ und „solos“ sind willkürlich eingetragen, um durch diesen 
Advokatenkniff den Gegnern Sand in die Augen zu streuen. 
Perpetua und Saturus wollen doch in ihren Visionen die von 
ihnen erhofften Freuden im Himmel mit den voraufgegangenen 
Märtyrern durchkosten, um das eigene Martyrium desto stand- 


‘ hafter ertragen und andere in ihrer Standhaftigkeit bestärken 


zu können. Welches Interesse konnte für sie in diesem Augen- 
blick das Los anderer Gerechter erwecken! Dabei bleibt es 
höchst fraglich, ob die Worte, welche Tertull. im Auge hat, 
nämlich in ὁ. 13: et coepimus illie multos fratres cognoscere, 
sed et martyras — χαὶ ἠρξάμεϑα ἐκεῖ πολλοὺς τῶν ἀδελφῶν 
ἐπιγινώσχειν, ἀλλά γε καὶ τοὺς μάρτυρας überhaupt im Sinne 
des Tertull, dahin zu deuten sind, daß die dort versammelten 
Brüder sämtlich Märtyrer sind; man müßte denn die Worte 
„sed et martyras“ epexegetisch fassen: „die auch (zugleich) 
Märtyrer sind“. Perpetua und Saturus treffen doch auch vor 
den Toren zum Throne Gottes den Bischof Optatus und den 
Lehrer Aspasius und unterhalten sich mit ihnen in dem viri- 
darium sub arbore rosae, wo sie nach- e. 11 die in der Ver- 


1) Vgl. auch de resurr. carn. c. 43: Nemo enim peregrinatus 
ἃ corpore statim immoratur penes dominum, nisi ex martyrii prae- 
rogativa, paradiso scilicet, non inferis diversurus. 2) Das ist aber 
wiederum ein geschickter Advokatenkniff, da ja nicht die verschiedene 
Todesart, sondern die Differenz in den Aufenthaltsorten der Toten 
zwischen Heiden und Christen in Frage steht. Es können doch 
nicht alle Christen den Märtyrertod erleiden. 


518 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


folgung voraufgegangenen Märtyrer erblickt haben. Es scheint 
hier eine Flüchtigkeit von seiten des Tertull. vorzuliegen, die 
auch in der Ungenauigkeit der Angabe zu erblicken ist, daß es 
sich um eine Vision der Perpetua handele, während die Vision 
in Wahrheit auf Saturus zurückgeht, dessen schriftlicher Auf- 
zeichnung wir sie auch verdanken. 

Nun werden die Gegner niemals geleugnet haben, daß 
der Lohn der Märtyrer in ihrem direkten Eingehen in den 
Himmel besteht, denn das war ja allgemeine Glaubensüber- 
zeugung, aber sie konnten sich zugleich auf das Kerygma von 
Christus berufen, daß die Patriarchen und Propheten den Appen- 
dix bei der Auffahrt des Herrn aus der Unterwelt gebildet 
hätten. Das haben sie auch mit Nachdruck getan und insofern 
vertreten sie ein Stück altchristlicher Tradition, aber sie er- 
scheinen als Neuerer, wenn sie den Zwischenzustand der Seelen 
im Hades leugnen und statt dessen einen sofortigen Aufstieg 
der gerechten Seelen zu Gott behaupten. Umgekehrt gibt Ter- 
tullian ein Stück der altehristlichen Idee vom Descensus Christi 
preis, indem er sämtliche Seelen der vor- und nachchristlichen 
Zeit, abgesehen von den Märtyrern, bis zur Auferstehung in der 
Unterwelt aufbewahrt sein läßt. 

Damit ist Tertullians Stellung zu diesem Stück des Kerygma 
von vorn herein gekennzeichnet. Es ist bezeichnend, daß wir 
in keiner seiner Schriften, abgesehen von der Schrift de anima, 
einen Hinweis auf den Descensus und die Predigt in der Unter- 
welt finden. In Cap. 7 de anima antwortet er auf die Frage: 
Quid est autem illud quod ad inferna transfertur post divortium 
corporis, quod detinetur illie, quod in diem iudieii reservatur, 
ad quod et Christus moriendo descendit? mit den Worten: Puto, 
ad animas patriarcharum. Wie nicht anders zu erwarten, be- 
schränkt er die Abzweckung des Descensus auf die alttesta- 
mentlichen Gerechten, wenn er auch nur aus ihrer Zahl die 
Patriarchen heraushebt. Dies erkennt man aus der zweiten 
Stelle e. δῦ: nee ante ascendit in sublimiora caelorum quam 
descendit in inferiora terrarum, ut illie patriarchas et prophetas 
compotes sui faceret. Hier klingt die Aussage zunächst orthodox 
im altchristlichen Sinne. Aber was begreift Tertull. unter dem 
Ausdruck compotes sui facere? „Teilhaftig machen seiner Per- 
son“ kann m. E. nichts anderes bedenten als „Kenntnis ver- 


519 


schaffen von seiner Person*!, Christus hat sich also in der 
Unterwelt den Patriarchen, Propheten und andern Gerechten, 
die auf ihn warteten, vorgestellt, hat auch wohl gepredigt und 
sie zu seinen Jüngern gemacht, aber daß dies für sie einen 
äußeren Effekt, d. h. die Befreiung aus der Unterwelt zur Folge 
gehabt hat, geht aus der unbestimmten Fassung nicht hervor 
und ist durch die folgenden Erörterungen ausgeschlossen. Die 
alttestamentlichen Frommen bleiben in dem refrigerium der 
Unterwelt bis zur zweiten Parusie, 

Wer sind nun die hier von Tertullian bekämpften Gegner? 
Um diese Frage zu beantworten, muß ich noch einmal auf die 
von Irenäus adv. haer. V, 31 gezeichneten Opponenten zurück- 
kommen. Denn diese zeigen in vieler Hinsicht auffallende Be- 
rührungspunkte mit denen des Tertullian, da sie den Abstieg 
der Seelen nach der Erlösung durch Christus leugnen. Diese 
deuten den Begriff „inferi* um, indem sie darunter die irdische 
Welt verstehen: der innere Mensch lasse den Körper hier auf 
Erden zurück und steige beim Tode in den supercaelestem locum. 
Sie verstehen also unter dem von Christus gebrachten Heilsgut 
‚die Befreiung des inneren Menschen aus der sündigen Welt 
und erwarten den Empfang des Heilsgutes nicht von der unge- 
wissen Zukunft, sondern unmittelbar nach der Trennung der 
Seele vom Körper. Das gilt natürlich nur von den gerechten 
Christen; das Schicksal der Gottlosen wird nicht weiter er- 
örtert, aber man kann mit Bestimmtheit annehmen, daß diese 
in die Unterwelt kommen, um hier bestraft zu werden. Ein 
Interimszustand in der Unterwelt sowohl für die Gerechten wie 
für die Gottlosen wird abgelehnt, ohne daß das Problem der 
Auferstehung von den Toten berührt wird. Das läßt doch da- 
rauf schließen, daß sie eine Auferstehung im kirchlichen Sinne 
akzeptieren, wenn sie auch gewisse Restriktionen machen. 
Nicht deutlich wird, ob sie den Körper nach gnostischer Theorie 
vom Empfang des Heilsgutes bei der Auferstehung ausschließen. 
Ihnen hält nun Irenäus entgegen, daß doch der Herr sofort 


ἐν Den Ausdruck finden wir auch sonst bei Tertull, Vgl. 

. €, 12: Paulus, quem paradisi quoque compotem fecit ante mar- 

— ad. Hermog. c. 22: nonne proinde nos et de caelo et de terra 
compotes reddidisset significando unde ea operatus — de pallio c. 2: 
qui vero divinas lectitamus, ab ipsius mundi natalibus compotes sumus. 


520 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


vom Kreuze weg hätte aufsteigen müssen, den Körper der Erde 
zurücklassend !; statt dessen hätte er das Gesetz der Toten ein- 
gehalten, hätte drei Tage in der Unterwelt geweilt und wäre 
darauf im Fleische aufgestanden. Auch Tertullian weist seine 
Gegner auf diese observatio legis humanae hin und betont, daß 
der Jünger nicht über dem Meister stehe?. Daraus folgern 
beide, daß auch die Christen nach ihrem Tode in die Unterwelt 
eingehen müssen, dort die ihnen von Gott bestimmte Zeit der 
Auferstehung abwarten und nach ihrer Auferstehung in den 
Himmel aufgenommen werden, so viele der Herr dazu würdig 
befinden wird®. Nun gewinnen wir aus den Ausführungen des 
Tertull. nicht den Eindruck, als hätte er Häretiker vor sich, 
denn in diesem Falle hätte er sicherlich einen andern Ton in 
der Polemik angeschlagen. Auch Irenäus rechnet seine Gegner 
nicht zu den Häretikern, er bezeichnet sie vielmehr als gleich- 
sam ex his, qui putantur recte eredidisse, als solche qui dieunt 
in dominum ceredere, die aber haereticos sensus in se habent 
resp. deren sententiae ab haeretieis sermonibus transferuntur, 
zugleich sind sie ignorantes dispositiones dei et mysterium iusto- 


rum resurreetionis et regni (ibid. e. 32, 1); er wirft ihnen vor,, 


daß sie supergrediuntur ordinem promotionis iustorum et motus 
meditationis ad incorruptelam ignorant; Deutlich unterscheidet 
er sie von den Häretikern, denn von diesen heißt es: haeretiei 
enim despicientes plasmationem dei et non suseipientes salutem 
carnis suae, contemnentes autem et repromissionem dei et totum 
supergredientes deum sensu, simulatque mortui fuerint, dieunt 
se supergredi caelos et demiurgum et ire ad Matrem vel ad 
eum, qui ab ipsis affingitur, Patrem. Dies sind genuine Gno- 
stiker; mit ihnen haben die Gegner nur allgemeine Berührungs- 
punkte gemeinsam, die sich in der Anschauung von dem so- 
fortigen Aufstieg der Seelen nach dem Tode dokumentieren, 
aber von ganz anderen Voraussetzungen ausgehen. Es sind gut 


1) 6. 31, 1: sed super crucem expirans, confestim utique abi- 
isset rursum, relinquens corpus terrae und ibid. 2: quomodo ergo 
magister noster non statim evolans abiit. 2) Iren. zitiert wörtlich 
Luc. 6, 40, Tertull. spielt auf Matth. 10, 24 an. 3) Vgl. Iren. ibid. 
ce. 31, 2: sic et nos sustinere debemus definitum a deo resurrectionis 
nostrae tempus, praenuntiatum a prophetis et sic resurgentes assumi 
quoquot dominus ad hoc dignos habuerit. ἐς: 


Exkurs II. 521 
katholische Christen, die, teils von religiös-soteriologischen Ge- 


danken, teils von spekulativ-spiritualistischen Interessen geleitet, 
den grobmassiven eschatologischen Jenseitsvorstellungen ent- 


gegentreten und die dafür angeführten Prophetensprüche alle- 
gorisch umdeuten, wie wir aus den Worten des lrenäus c. 35, 1 
ersehen: si autem quidam tentaverint allegorizare haec, quae 
eiusmodi sunt. Irenäus bemüht sich krampfhaft, die urchrist- 
liche Eschatologie ohne Abstriche zu konservieren resp. sie noch 
weiter auszugestalten. Denn nach ihm verläuft die Ökonomie 
Gottes betreffs der letzten Dinge in folgenden Stufen: 1. in dem 
Eingehen der frommen Seelen in das refrigerium der Unterwelt, 
2. in der Auferstehung der Gerechten behufs Vereinigung mit 
ihren Leibern nach bestimmter Wartezeit, 3. in der Teilnahme 
am messianischen, d. h. tausendjährigen Reiche als dem Beginn 
der Unverweslichkeit, 4. in der assumtio selbst nach erfolgter 
allgemeiner Auferstehung und allgemeinem Weltgericht. Das 
war für die Oppositionellen eine zu starke Belastung ihrer 
geistigen wie religiösen Verfassung. In ihnen erhebt der helle- 
nische Geist sein Haupt gegen den jüdischen Einschlag. Der 
Gedanke an die Unsterblichkeit der Seele hatte die ernsten 
Gemüter gepackt. Für die leibliche Auferstehung in der grob- 
sinnlichen Form zeigte man in den gebildeten heidnischen 
Kreisen nur Hohn und Spott. Wollte also das Christentum 
Universalreligion werden und seine Konkurrenten siegreich aus 
dem Felde schlagen, mußte es dem allgemeinen religiösen Be- 
dürfnis des antiken Menschen entgegenkommen und ihm die 
Verbindung mit der Gottheit nach dem Tode garantieren. Denn 
darauf beruht ja die große Zugkraft der gnostischen und orien- 
talischen Mysterienkulte in der griechisch-römischen Welt, daß 
sie dieses Verlangen ihrer Adepten zu stillen suchten und ihnen 
Anwartschaften für die Himmelsreise auf den Weg gaben. Was 
Wunder, wenn auch katholische Kreise, je mehr das Christen- 
tum in der heidnischen Gesellschaft festen Fuß faßte, von diesem 


Geiste ergriffen wurden und ihr religiöses Bedürfnis nicht be- 


friedigt fühlten, wenn ihnen der Eingang in die Unterwelt in 
sichere Aussicht gestellt und für den Aufstieg in die himmlische 
Welt sie auf eine unsichere Zukunft vertröstet wurden. Und 
hatte nicht das Diasporajudentum, vor allem das alexan- 
drinische in der Person des Philo bereits kräftig in dieser 


522 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Richtung dem Christentum vorgearbeitet? Diese Strömungen 
haben durch die Apologeten neue Nahrung erhalten, denn es 
waren sicherlich nicht ausschließlich Gnostiker, welche die von 
Justin mit so großer Entrüstung zurückgewiesene These ver- 
traten: ἅμα τῷ ἀποϑνήσχειν. τὰς ψυχὰς αὐτῶν ἀναλαμβάνεσϑαι 
εἰς τὸν οὐρανόν (Dial. ο. Tryph. e. 80; 307 A). Gmostisch wurde 
die Ansicht erst durch die besondere Einkleidung des Ge- 
dankens; diese feine Linie hat Irenäus deutlich gezogen. Und 
wiederum war es eine historische Notwendigkeit, daß diese 
neue Strömung in der alexandrinischen Religionsphilosophie 
eines Clemens und Origenes ihre wissenschaftliche Begründer 
und Verteidiger erhielt, denn früher oder später mußte diese 
Entwicklung innerhalb des Christentums eintreten, sobald man 
sich mit Bewußtsein auf den Boden der Antike stellte, 

Man nehme nur den Protreptieus des Clemens Alex. zur 
Hand. Mit welch’ lebhaften Farben malt er seinen heidnischen 
Lesern die Herrlichkeit und Glückseligkeit des christlichen Heils- 
gutes vor die Augen! Mußte nicht ein Jeder bei den Worten: 
ἢ τίς οὐρανοῦ πολίτης εἶναι δυνάμενος ἔρεβος διώκει, ἐξὸν 
παράδεισον γεωργεῖν καὶ οὐρανὸν περιπολεῖν καὶ τῆς ζωτικῆς 
χαὶ ἀχηράτου μεταλαμβάνειν πηγῆς, κατ᾽ ἴχνος ἐχείνης τῆς 
φωτεινῆς ἀεροβατοῦντα νεφέλης, ὥσπερ ὁ ᾿Ηλίας, ϑεωροῦντα 
τὸν ὑετὸν (τὸν) σωτήριον; ἢ der Hoffnung leben, daß ihm bei 
Annahme des christlichen Glaubens als Lohn unmittelbar nach 
dem Tode das Reich der Himmel winke?. Oder konnte er noch 
bei den Worten in Protr. XII, 118, 4; I, p. 83 ed. Stähl.? Zweifel 
im Herzen tragen, daß er Gott schauen und die im Himmel 
verborgenen Güter genießen werde? Clemens verrät mit keinem 
Worte, daß die frommen Seelen nach wie vor erst in die Unter- 
welt hinabgehen müssen, vielmehr redet er unbedenklich yon 
einer εἰς οὐρανοὺς πορεία, um τῆς ἀληϑοῦς ἀναπαύσεως ἀνᾶ- 
λαμβάνειν (Paedag. III, 39, 1. 2; I, p. 259 ed. Stähl.), und — 


1) Protr. X, 92, 3; 1, Ρ. 68 ed, Stähl, 2) ἐὰν ἐθέλῃς, μόνον, 
νενίκηκας τὴν ἀπώλειαν καὶ τῷ ξύλῳ προσδεδεμένος ἁπάσης ἔσῃ τῆς 
φϑορᾶς λελυμένος, κυβερνήσει σε ὃ λόγος. ὁ τοῦ ϑεεῦ, καὶ τοῖς 
καϑοραίσει τῶν οὐρανῶν τὸ πνεῦμα τὸ ἅγιον" τότε μου κατοπξούσεις 
τὸν ϑεὸν καὶ τοῖς ἁγίοις ἐκείνοις τελεσϑήσῃ μυστηρίοις καὶ τῶν ἐν 
οὐρανοῖς ἀπολαύσεις ἀποχεχρυμμένων, τῶν ἐμοὶ τετηρημένων, »ἃ οὔτε 
οὖς ἤκουσεν οὔτε ἐπὶ καρδίαν ἀνέβης τινός. a 


8 

3 

= 
i 
4 
2 Α 
νι 


᾿ ‚die Worte 1. Kor. 13, 12: τότε δὲ πρόσωπον πρὸς πρόσωπον 


als die ἐπαγγελία μετὰ τὴν ἐνθένδε ἀπαλλαγήν, ἣν ὀφϑαλμὸς 
οὐχ εἶδεν οὐδὲ ἐπὶ νοῦν ἀνθρώπου ἀνέβη (Paedag. 1, 37,1; 
I, p. 112 ed. Stähl.). Freilich winken jene jenseitigen Heilsgüter 
nur denjenigen unsterblichen Seelen, die sich eines reinen 
Tugendlebens während ihres Aufenthaltes auf Erden befleißigt 
haben. Als relativistisch angehauehter Theologe statuiert Cle- 
mens verschiedene Grade der Erkenntnis und verschiedene 
Stufen der ethischen Vollkommenheit, dementsprechend sind 
auch die Grade der himmlischen Seligkeit ganz verschiedene. 
Da tritt uns der wahre christliche Gnostiker entgegen, der be- 
reits hier auf Erden ein engelgleiches Leben geführt und auf 
diese Weise schon jetzt die göttliche Vollkommenheit erlangt 
hat!, Er steht in keiner Weise hinter dem Märtyrer zurück, 
der εὐθαρσήσας πρὸς φίλον τὸν κύριον eilt und von dem Herrn 
διὰ τὴν τοῦ βίου ὁμοιότητα mit dem homerischen φέλε zasiy- 
“Ὁ angeredet wird (Strom. IV, 14, 2; 1], p. 254 ed. St.), dem 

der ἐνδοξότατος μισϑὸς ἐν οὐρανῷ bevorsteht (Strom, IV, 84, 3; 
I, p. 285 ed. St.), Die μαρτυρία de αἵματος als die πύλη τοῦ 
ϑανάτου ist die ἀρχὴ τῆς ὄντως οὔσης ζωῆς (Strom. IV, 44,1; 
U, p. 268 ed. St.), Aber nicht allein, wie Tertullian als Mon- 
tanist glauben machen will, die πρὸς ϑεὸν ὁμολογία ist eine 
μαρτυρία und erhält sofort den himmlischen Lohn, vielmehr 
steht mit ihr auf gleicher Linie die reine, tugendhafte ‚Seele, 
daher heißt es: πᾶσα ἡ χαϑαρῶς πολιτευσαμένη ψυχὴ μετ᾽ 
ἐπιγνώσεως τοῦ -ϑεοῦ, ἢ ταῖς ἐντολαῖς ,ὑπαχηκουῖα, μάρτυς 
ἐστὶ καὶ βίῳ καὶ λόγῳ, ὅπως ποτὲ τοῦ σώματος ἀπαλλάττεται, 
οἷον αἷμα τὴν πίστιν ἀνὰ τὸν βίον ἅπαντα, πρὸς δὲ καὶ τὴν 
ἔξοδον προχέουσα. Die wahren Gnostiker, d. h. die Philosophen 
Gottes, verbleiben nicht in der Hebdomas, sondern sie sind 
ἀγαϑοεργίᾳ ϑείας ξομοιοώσεως εἰς ὀγδοαδικῆς εὐεργεσίας 
κληρονομίαν ὑπερχύψαντες, ἀχορέστου ϑεωρίας εἰλεχρινεῖ ἐπο- 


“πτείᾳ προσανέχοντες 3 (Strom. VI, 108, 1; II, p. 486 ed, St.). So- 


fort nach. dem. Tode ‚treten sie die: Reise dureh. die heilige 


AUebdomas in die πατρῴα αὐλή, d.h. in die Ogdoas an 


m. \T. 57,5; III, p. 42 ed. St.). Denn das gnostische Ge- 


77 Sy Vgh ϑεοειδὴς καὶ ϑεοείχελος (Strom. VI, 72,2; II, p. 468 
ed. 8. — 9:6 (Strom. VII, 8, 6; II, p. 5 ed. St). 
2) Vgl. Strom, VII, 13, 1; III, p. 10 ed. St. 


524 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


heimnis der Hebdomas ist nach der allegorischen Deutung. von 
Ps. 33, 14 die ἀποχὴ κἀκῶν, das Geheimnis der Ogdoas die 
ἐνέργεια ἀγαϑῶν (Strom. IV, 109, 3; II, p. 296 ed. St.); dem- 
entsprechend verbleiben die Seelen derjenigen, welche bloß sich 
vom Bösen enthalten haben, in der Hebdomas, die Seelen der- 
jenigen, die durch ἀγοϑοεργία die ϑεία ἐξομοίωσις erreicht 
haben, empfangen die xAngovoula ὀγδοαδικῆς εὐεργεσίας, d.h. 
sie genießen die ἀχύρεστος ϑεωρία εἰλικρενεῖ ἐποπτείᾳ. So 
faßt denn Clemens die christliche Hoffnung zusammen in dem 
Satze: ἢν δὲ ὁσίως καὶ δικαίως διαβιώσωμεν, μακάριοι μὲν 
ἐνταῦϑα, μακαριώτεροι δὲ μετὰ τὴν ἐνθένδε ἀπαλλαγὴν οὐ 
χρόνῳ τινὶ τὴν εὐδαιμονίαν ἔχοντες, ἀλλὰ ἐν αἰῶνι ἀνα- 
παύεσϑαι δυνάμενοι. 

Diese Ausführungen erinnern in vielen Punkten nur zu sehr 
an die Jenseitsvorstellungen eines Valentinianers, denn im Grunde 
versteht Clemens unter Erlösung nichts anderes als die Be- 
freiung der in die Sinnenwelt hinabgesunkenen und in den 
Körper eingekerkerten Seele aus der Gefangenschaft und ihre 
Zurückführung in die obere Welt. Die vom Körper befreite 
Seele steigt nicht sofort in die obere Welt, vielmehr erfolgt 
dieser Aufstieg in Stufen je nach dem Grade der Erkenntnis 
und Reinigung. Sowohl die Seelen der Ungerechten wie der 
Gerechten machen eine Entwicklung vom Schlechteren zum 
Besseren durch, eine x00xox7'. Clemens vergleicht dies mit 
den verschiedenen Stufen der kirchlichen Hierarchie. Wie man 
dort vom Diakonen zum Presbyter und Bischof emporsteigt, so 
werden die Gerechten zunächst διακονεῖν, darauf ἐγκαταγῆναι 
τῷ πρεσβυτερίῳ κατὰ προκοπὴν δόξης, zuletzt εἰς τέλειον 
ἄνδρα αὐξάνειν 2, Die gereinigten Seelen? werden Engel, rücken 


1) Vgl. Ecl. proph. 56, 6; IH, p. 153 ed, St.: καὶ “πάλιν ἐπαναβη- 
σόμενοι κζατὰν προχοπὴν ἀφίξονται ἐπὶ τὴν πρώτην yon — ibid, 57,2: 
ἕχαστος γὰρ κατὰ τὴν ἰδίαν προκοπὴν οἰκείαν ἔχει τὴν περὶ ϑεοῦ γνῶσιν. 
2) Vgl. Strom. VI, 107, 2; II, p. 485 ed. St.: ἐπεὶ καὶ al ἐνταῦϑα κατὰ 
τὴν ἐκκλησίαν προκοπαὶ ἐπισκόπων, πρεσβυτέρων, διακόνων μιμήματα, 
οἶμαι, ἀγγελικῆς δόξης κἀκείνης τῆς οἰκονομίας τυγχάνουσιν, ἣν ἀνα- 
μένειν φασὶν αἴ γραφαὶ τοὺς κατ ἴχνος τῶν — ἐν τελειώσει 
δικαιοσύνης κατα τὸ εὐαγγέλιον βεβιωκότας. Der Gedanke der 
Reinigung spielt bei Clemens und später — rigenes eine grobe 
Rolle und ist an die Stelle des urchristlichen Gedankens der Sünden- 


ee) a a ar nn A 


Exkurs II. 525 


Fr äie Ordnung der Erzengel auf, bis sie den Vollendungs- 


zustand!, d.h. die ewige Schauung Gottes in seliger Ruhe er- 


langen?, Das begreift Clemens unter dem Begriffe der «xo- 


κατάστασις. 

Angesichts derartiger Vorstellungen nimmt es nicht weiter 
Wunder, wenn für Clemens die altehristliche Eschatologie jede 
Bedeutung verloren hat, da ja das Ziel der philosophischen 
Gnosis die Rückkehr der unsterblichen Seele in die frühere 
Heimat, ihre Vereinigung mit der ewigen Gottheit ist. Mit 
keinem Worte streift er den Gedanken an das tausendjährige 
Reich*, selbst die bei den Christen des zweiten Jahrhunderts 
so glühende Sehnsucht nach der Wiederkunft Christi zum Ge- 
richt tritt in den Hauptschriften sehr zurück®. Auch der Ge- 
danke der ἀνάστασις kommt nicht zur klaren Entwicklung, da 
der wahre Gnostiker keineswegs von der Auferstehung den 
Empfang des höchsten Gutes, die Beseligung erwartet, wenig- 
stens geht Clemens in den Strom. auf diesen Punkt nicht näher 
ein. Nur in dem Paedagogus benutzt er wiederholt die Vor- 
stellung der Auferstehung, kündigt sogar eine besondere Schrift 
περὶ ἀναστάσεως an (Paed. 1, 47,1: I, p. 118 und 1], 104, 3; 
I, p. 219 ed. St.); aber es ist bei der Ankündigung geblieben; 
nach den beiden Proben würde sie die christliche Lehre alle- 
goristisch umgedeutet haben. Eine Schilderung der σαρχὸς ἀνά- 
στασις im vulgärchristlichen Sinne suchen wir vergebens; es 


vergebung ‚getreten. Das ist offenbar aus der heidnisch-philosophi- 
schen Kathartik geflossen. 
1) Vgl. Eel. proph, 57, 4f.: οἵ τελειωϑέντες εἰσὶν ἐξ ἀνθρώπων, ἀγ- 
à ἕλων εἰς τὴν ngwröxtıorov τῶν ἀγγέλων φύσιν. 2) Ecl. 
proph. 56, 7: ἀλλ᾽ εἶναι ἐν ἀναπαύσει καὶ πρὸς μόνῃ τῇ ϑεωρίᾳ τοῦ 
ϑεοῦ. 8) Vgl. Strom, VII, 56, 5; III, p. 41 ed. St.: ἔπειτα καϑα- 
ροὺς τῇ καρδίᾳ γενομένους κατὰ τὸ προσεχὲς τοῦ κυρίου προσμένει 
ϑ τῇ ἀιδίω ἀποκατάστασις. Dazu Ecl. proph. 56, 3; 57, 5. 
4) Man kann schwerlich auf Eel, proph. ce, 57, 5 hinweisen: οἵ 
γὰρ ἐξ ἀνθρώπων εἰς ἀγγέλους μεταστόντες χίλια ἔτη μαϑητεύονται 
ὑπὸ τῶν ἀγγέλων. Clemens scheint sogar den Chiliasmus direkt ver- 


_ worfen zu haben, wenn die Worte Strom, VII, 74, 7; III, p. 53 ed. St.: 


ὃς καὶ τῶν κοσμικῶν καίτοι ϑείων ὄντων ἐπαγγελιῶν κατεμεγαλοφρό- 
vnoev mit gewissem Rechte auf die Verachtung der Genüsse im ir- 
dischen messianischen Reiche von seiten des christlichen Gnostikers 
gedeutet werden. 5) Vgl. Quis div. salv. 42, 16f.; Ecl. proph. 56, 1; 
Adumbr. in Joh. 2, 28. 


526 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


handelt sich mehr um eine äußere Anwendung des Wortes ave- 
στασις!. Das Bekleidetwerden des Sterblichen mit der Unver- 
gänglichkeit wird im Gegensatz zu Paulus 1. Kor. 15,53 auf 
das Ablegen der Werke des Fleisches gedeutet; das ἀχόρεστον 
τῆς ἐπιϑυμίας τὸ εἰς ἀσέλγειαν δέον wird durch die ἐγκράτεια 
gemeistert und daher streben die Christen αὐτῇ καϑαρᾷ τῇ 
σαρκὶ ἐπενδυσάμενοι τὴν ἀφϑαρσίαν dem engelgleichen Leben 
nach (Paed. II, 100, 2; I, p. 217 ed. St). Ebensowenig denkt 
Clemens bei dem letzten Trompetenschall nach 1. Kor, 12, 52 an 
die Ankündigung der Ankunft des Herrn, sondern an das Signal 
bei Vollendung des irdischen Lebenslaufes eines christlichen 
Athleten, der von Christus für würdig befunden wird der oberen 
πατρίς, εἰς ἣν μετὰ στεφάνων καὶ κηρυγμάτων ἀγγελιχῶν 
ἐπανέρχεται (Quis div. salv. 3, 6)2. Ziehen wir das Fazit aus 
dem vorgelegten Material, so wird uns deutlich, daß die jüdische 
Apokalyptik mit ihrer dramatischen Schilderung des Endes ihr 
Heimatsrecht in der alexandrinischen Religionsphilosophie ein- 
gebüßt hat, die jüdisch-ehristliche Unterwelt hat sich in einen 
Reinigungsort für alle unerlösten Seelen verwandelt. 

Nicht anders steht es mit Origenes. Seine Gedanken über 
die eschatologischen Fragen bilden nur die konsequente Fort- 
setzung und Ausbildung der Lehren des Clemens. In ihm kommt 
ja der hellenische Geist noch stärker zum Durchbruch und zeigt 
seine Religionsphilosophie die nächste Verwandtschaft mit der- 
jenigen des Neuplatonismus®. Ausdrücklich bezeichnet er die 
sichtbare Welt im Vergleich zu dem χόσμος νοητός, aus dem 


1) Vgl. Paedag. I, 29, 3; I, p. 107 — ibid. I, 92, 1; I, p. 144 
— Protrept. VIII, 80, 4; I, p. 61 ed. St. — Quis div, salv. 42, 15. 
Doch nimmt Clemens an, daß die Seelen bei der Auferstehung 
sich mit den Körpern vereinigen (Adumbr. zu 1. Petr. 1, 3), nachdem 
die Gerechten in der oberen Welt zu Engeln geworden sind, die 
Bösen in der Unterwelt Läuterungsstrafen erlitten haben. 2) Da- 
gegen deutet Clemens Ps. 150, 3 mit καὶ γαρ ἐν ἤχω σάλπιγγος ἀνα- 
στήσει τοὺς vergovg und 150, 4a mit τὴν ἐκκκλησίαν λέγει τὴν μελετή- 
σασαν τῆς σαρκὸς τὴν ἀνάστασιν ἐν ἠχοῦντι τῷ δέρματι (Paedag. II, 
41,4; I, p. 182 ed St.). Aber Clemens ist weit‘entfernt, die Auf- 
frischung des Fleisches im vulgären Sinne zu akzeptieren. 

3) Über die Seelenlehre vgl. die Abhandlung von Schüler, Die 
Vorstellungen von der Seele bei Plotin und bei Origenes, Ζ. f. Theol. 
u. Kirche, 1900, 8. 167 ft. a: 


Exkurs II. 527 


die Seelen in die Sinnenwelt hinabsteigen, als Hades!. Ja, er 
scheut sich nicht, ganz offen den Standpunkt zu vertreten, den 
Irenäus und Tertullian als unterchristlich bezeichnen, daß näm- 
lieh die Christen vor den alttestamentlichen Frommen den Vor- 
zug haben, nicht mehr wie jene in die Unterwelt hinabgehen 
zu brauchen, sondern daß sie sofort nach dem Tode, wenn sie 
durch eigene Leistung χαλοὶ χαὶ ἀγαϑοί geworden sind, das 
3 flammende Schwert durehschreiten, um ins Paradies zu Christus 
3 zu gelangen. Man lese nur den Schluß der Schrift ὑπὲρ τῆς 
3 ἐγγαστριμύϑου (in libr. 1 Sam. Hom.11, op. Orig. tom. XI, p. 331f. 
ed. Lommatzsch): Περισσὸν δέ τι ἔχομεν ἡμεῖς οἱ ἐπὶ συντελείᾳ 


— 


; τῶν αἰώνων ἐληλυϑότες; Τί περισσόν; 'Far ἀπαλλαγῶμεν 
Ι γενόμενοι χαλοὶ χαὶ ἀγαϑοί, μὴ ἐπαγόμενοι τὰ τῆς ἁμαρτίας 
4 φορτία, διελευσόμεϑα καὶ αὐτοὶ τὴν φλογίνην δομφαίαν καὶ 
οὐ χατελευσόμεϑα εἰς τὴν χώραν, ὅπου περιέμενον τὸν Χρι- 
στὸν οἱ πρὸ τῆς παρουσίας αὐτοῦ κοιμώμενοι....... οὐ δυνά- 
μεϑα ἡμεῖς εἰπεῖν, ἐὰν καλῶς βιώσωμεν, κάλλιον καὶ ἀναλῦσαι 
καὶ σὺν Χριστῷ εἶναι; Origenes ebenso wie Clemens findet vom 
Standpunkt seines Gottesbegriffes den Gedanken unerträglich, 
den gewisse Christen vertreten, daß nämlich Gott einem jeden 
nach seinen Verdiensten belohnt, insbesondere im Zorne gegen 
das Böse den Bösen Böses vergilt, statt einen Gott zu kennen, 
der zwar Leiden und Schmerzen verfügt, aber diese Medi- 
kamente bei den Sündern nur anwendet emendationis prospectu. 
Als Schrifttheologe führt er zum Beweise seiner Position an 
erster Stelle 1. Petr. 3, 18 ff. an, daß auch den Sündern der Flut 
die Hoffnung auf das Heil nicht verwehrt sei; er verweist ferner 
auf das Prophetenwort des Ezechiel betreffs der Restitution 
Sodoms und Gomorrhas (Ez. 16, 55), weiter auf Jes. 47, 14—15 
und Ps. 77, 34a. Alle Strafen haben nur einen erzieherischen 


= 1) Vgl. de princ. IV, 10, p. 337 ed. Koetschau: οὕτως οἵ ἐκεῖς- 
᾿ς ϑεν, ἵνα οὕτως εἴπω, ἀποθνήσχοντες εἰς τὸν ἄδην τοῦτον κατα- 
᾿ς βαίνουσι κρινόμενοι ἄξιοι τῶν τοῦ παντὸς περιγείου τόπου διαφόρων 
-. ὧν βελτιόνων ἢ χειρόνων. Dazu Hieronymus, Epist, ad Avit. 11 
-  (Migne, 8. L. XXII, 1069 f.): Quibus dictis nititur adprobare et firma- 
-  mentum, id est caelum, ad comparationem superioris caeli esse in- 
-  feros, et hanc terram, quam incolimus, collatione firmamenti inferos 
- appellari, et rursum ad comparationem inferorum, qui sub nobis 
᾿ς πε, nos caelum dici, id quod aliis infernus est, aliis caelum sit, 


528 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Zweck. Deshalb kommt Origenes zu dem Schluß: Ex quibus 
omnibus constat unum eundemque esse iustum et bonum legis 
et evangeliorum deum, et bene facere cum iustitia et cum boni- 
tate punire, quia nec bonum sine iusto nee iustum sine bono 
dignitatem divinae potest indicare naturae (de prine. Il, e. 5, 3). 
Gott ist der medicus animarum nostrarum, Wie ein Arzt zur 
Heilung des Körpers für diejenigen Gebrechen, die wir uns 
durch Essen und Trinken zuziehen, eine Kur austerioris ac 
mordacioris medicamenti anwendet, zuweilen, wenn es die Art 
des Gebrechens erfordert, rigore ferri et sectionis asperitate ein- 
greift und wenn alles nichts hilft, mit Feuer das erkrankte 
Stück ausbrennt, um wie viel mehr muß der Arzt-Gott, der dar- 
auf ausgeht, diluere vitia animarum nostrarum, quae ex pecca- 
torum et scelerum diversitate collegerant, derartige poenales 
curae zur Anwenduug bringen und zuletzt etiam ignis inferre 
supplieium his, qui sanitatem animae perdiderunt (de prine. Il, 10,6). 
Mit dem Grade der sittliehen Unvollkommenheit wächst auch 
der Grad der Strafe. Infolgedessen ist Origenes mit den jüdisch- 
christlichen Jenseitsvorstellungen ganz zerfallen. Die Drohungen 
mit dem ewigen Feuer für die Gottlosen sind nur für den ge- 
meinen Buchstabenglauben vorhanden!, es sind nur imagines 
für das geistige Verständnis. Ein sinnliches Feuer, das vorher 
existiert und in das die Sünder hineingetaucht werden, gibt es 
nicht, vielmehr ist das Feuer die eigene Sündhaftigkeit, welche 
das Gewissen peinigt. Daher hat Hieronymus, Ep. ad Avit. 7 
(Migne S. L. XXI, 1065) richtig die Gedanken des Origenes also 
umschrieben: Ignem quoque Gehennae et tormenta, quae scrip- 
tura sancta peccatoribus comminatur, non ponit in suppliciis, 
sed in conseientia peccatorum, quando dei virtute et potentia 
omnis memoria delietorum ante oculos nostros ponitur. Et 
veluti ex quibusdam seminibus in anima derelietis universa 
vitiorum seges exoritur, et quiequid feceramus in vita vel turpe 
vel impium, omnis eorum in conspectu nostro pietura deseri- 
bitur, ac praeteritas voluptates mens intuens conscientiae punitur 
ardore et poenitudinis stimulis confoditur?, Und was die Schrift 


1) Vgl. c. Cels. V, 26, 2) Vgl. Hieronym., Apol. adv. Rufin. 


II, 7 (Migne, 5. L. XXIII, 429): Ignes autem aeternos, quos intelli- 


gere soleat Origenes, puto quod te non fugiat, conscientiam videlicet 
peccatorum et poenitudinem interna cordis urentem, 


ΕΠ 


Exkurs II. 529 


und die kirchliche Überlieferung von der äußeren Finsternis 
aussagt, bezieht Origenes nicht auf irgend einen dunkeln liebt- 
losen Ort, sondern auf die Menschen, qui profundae ignorantiae 
tenebris inmersi extra omne rationis et intellegentiae lumen 
effecti sunt (de prine. 11, 10, $)'. Unterwelt und Hölle sind letzt- 
lieh Vorstellungen, die jeder Realität entbehren. Gott ist ge- 
wissermaßen das „Feuer“, und zwar ἀναλωτιχὸν ἁμαρτημάτων 
καὶ τῆς καχίας, und ibm als dem guten Gotte liegt die Pflicht 
‚ob, μετὰ τὸ ἵχαστον φανῆναι ἀγωνισάμενον, ὁποῖος γέγονεν 
᾿ ἀγωνιστής, ἀναλῶσαι τῷ πυρὶ τῶν χολάσεων τὴν καχίαν 
(e. Cels. VI, 72). Dieses αὖρ ist ein καϑάρσιον, das nicht nur 
der Welt zuteil wird, sondern auch ixaoro τῶν δεομένων τῆς 
διὰ τοῦ πυρὸς δίκης ἅμα καὶ ἰατρείας" χαίοντος μὲν καὶ οὐ 
χαταχαίοντος τοὺς μὴ ἔχοντας ὕλην δεομένην ἀναλοῦσϑαι ὑπ᾽ 
ἐχείνου τοῦ πυρός, χκαίοντος δὲ καὶ καταχαίοντος τοὺς ἐν τῇ 
διὰ τῶν πράξεων xal λύγων καὶ νοημάτων τροπιχῶς λεγο- 
μένῃ οἰχοδομῇ νξύλα, χύρτον ἢ χαλάμηνε οἰχοδομήσαντας 
(e. Cels. V,15). Alle die Peinigungen dienen ausschließlich der 
Heilung und der Reinigung?. Gott selbst erscheint dabei als 
Wohltäter>, 
= Wie nun die Gottlosen durch Läuterungen zu höheren 
Stufen der Erkenntnis und Sittlichkeit fortschreiten, so müssen 
- genau wie bei Clemens auch die Heiligen nach ihrem Tode all- 
mählich von Stufe zu Stufe zu der Seligkeit emporsteigen. Nur 
dem Märtyrer bleibt seine bisherige Prärogative vorbehalten: 
ὡς γενναῖος ἀϑλητὴς αὐτὴν (sc. τὴν» ϑλῖφι») προσδεχόμενος 


> 
ἫΝ 


1) Dabei hat Origenes noch folgende Deutung zur Hand: Viden- 
— quoque est, ne forte etiam illud iste sermo significet, quod 
ο΄ sieut sancti corpora sua, in quibus sancte et pure in huius vitae 
habitatione vixerunt, lucida et gloriosa ex resurrectione suscipient, 
ita et impii quique, qui in hac vita errorum tenebras et noctem igno- 
rantiae dilexerunt, obscuris et atris post resurrectionem corporibus 
'induantur, ut ea ipsa ealigo ignorantiae, quae in hoc mundo interiora 
eorum mentis obsederat, in futuro per exterius corporis appareat 
_ indumentum, 2) Vgl. de orat. 29, 15: μᾶλλον γὰρ ἡ ἀντιμισϑία, 
᾿ ϑεῆς πλάνης « αὐτοῖς ἐγγίνεται, παραδιδομένοις Er πάϑη arınlag« 
τῷ φρονίμω πυρὶ καϑαιρομένοις καὶ ἐν τῇ φυλαχῇ ἐκπρασσομένοις 
μέχρι τοῦ ἐσχάτου, κοὸράντου ἕκαστον τῶν ὀφλημάτων. 8) ibid.: ἐν 
᾿ς γὸρ τῷ px καὶ τῇ φυλακῇ οὐκ ἀντιμισϑίαν »τῆς πλάνηςε ἀλλ 
E — δὲ ὶ χαϑάρσει τῶν ἐν τῇ πλάνῃ κακῶν. 
T. u. U. "16: Schmidt-Wajuberg. 34 


530 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


εὐθέως προσδέχεται καὶ »ἐλπίδα ἐπ᾿ ἐλπίδιε, ἧς μετ᾽ οὐ πολὺ 
τῆς ν»ἐπὶ ϑλίψειε ϑλίψεως ἀπολαύσει (Exh. ad mart. c. 1). Die 
Märtyrer sind mit ihrem eigenen Blute getauft und gereinigt 
von aller Sünde, daher nehmen sie ihren Aufenthalt παρὰ τῷ 
ἐν οὐρανοῖς ϑυσιαστηρίῳ μετὰ τῶν συναγωνισαμένων (ibid. e. 39). 
Sie werden sofort mehr und größeres erkennen als der in den 
dritten Himmel entrückte Paulus, da sie nach Empfang der 
Gmosis nicht wieder zur Erde hinabsteigen, vielmehr werden sie 
gleich ihrem großen Hohenpriester die Himmel durchwandern, 


indem sie nicht nur die irdischen, sondern auch die himmlischen 


Geheimnisse empfangen und zuletzt die in Gott ἐναποτεϑησαυρισ- 
μένα ϑεάματα, ἅτινα οὐδεμία φύσις τῶν ἐν σώματι μὴ πρότερον 
ἀπαλλαγεῖσα παντὸς σώματος χωρῆσαι δύναται (ibid. ο, 13). 
Die gerechten Seelen gelangen zunächst in einen auf der 
Erde gelegenen Ort, der in der Schrift das Paradies genannt 
wird. Bevor sie aber in das Paradies eintreten, werden sie, 
wenn sie der Reinigung bedürfen, von Christus in dem feurigen 


Flusse, der das Paradies umgiebt, mit der Feuertaufe getauft, 


nachdem sie auf Erden mit Wasser und dem heiligen Geiste 
getauft sind; nur die Inhaber dieser beiden letztgenannten Taufen 
können den Feuerfluß durchschreiten (in Lue. hom. XXIV, tom. V, 
p. 179 ed. Lomm.). ÖOrigenes bezeichnet diesen Ort als eru- 
ditionis locus resp. auditorium vel schola animarum, denn hier 
werden sie für eine gewisse Zeit in die wahre Erkenntnis dessen, 


was sie auf Erden gesehen, eingeführt und werden per horum 


omnium agnitionem et plenae scientiae gratiam von unbeschreib- 


licher Freude erfüllt. Origenes kennt also keinen Abstieg der 
Seelen in die ἀνάπαυσις der Scheol, wo sie bis zur Auferstehung 
verweilen, vielmehr gelangen die Seelen aus dem Paradiese, die 
einen schneller, die andern langsamer, in den Luftraum zwischen 


Himmel und Erde, dann in den Himmel, d. h. in die sogenannten ' 


Sphären, und von hier, immer ihrem Meister folgend, in die 
unsichtbare Welt. Sie werden dabei alle Geheimnisse des Him- 
mels und der Erde, der Natur und der Geschichte, der Ver- 


gangenheit, Gegenwart und Zukunft, des Irdischen und Über- 


irdischen kennen lernen, Sie werden die Ähnlichkeit Gottes, er- 
langen i im Schauen und Erkennen Gottes!, 


1) Vgl. de prine. II, 11,7: Et ita crescens per singula — 


nabilis natura, non sieut- in carne vel corpore et anima in hac vita 


— 
ad — 


Exkurs II. 331 


00 Wie ganz anders sind hier die Jenseitsvorstellungen ge- 
aaltet! Der griechische Intellektualismus hat die letzte Hülle 
des Judentums vom Christentum abgestreift, die alten Vor- 
stellungen, für die die antignostischen Väter zum Teil so ener- 
‚gisch in die Schranken getreten sind, sind als Mythen abrogiert. 
Die Theologie, die Spekulation hat den Sieg über den einfachen 
Volksglauben davongetragen. Der Geist Platos und Plotins be- 
herrscht das ganze System auch auf dem Gebiete der Eschato- 
logie, der sich besonders in der Frage der Auferstehung des 
Fleisches bemerkbar macht. Und Origenes ist sich der Differenz 
mit der kirchlichen Überlieferung voll und ganz bewußt ge- 
wesen. Wie für den gewöhnlichen Christen der einfache Glaube 
zur Seligkeit vollkommen genügt, so unterscheidet Origenes auch 
bei der Behandlung der letzten Dinge einen esoterischen und 
exoterischen Standpunkt. Deshalb kann er je nach Lage der 
Dinge seine Worte wählen und sich dem Schriftbuchstaben an- 
bequemen, denn die Schrift ist in Rücksicht auf die Mehrzahl 
ihrer Leser geschrieben, sie will durch Furehterregung und Aus- 
malung der Strafen die Menschen vor den Lastern abschrecken 
and zur Tugendübung antreiben (ec. Cels. ΠῚ, 79; V, 15. 16); die 
grosse Masse braucht nichts andres zu wissen, als daß die Sünder 
einst bestraft werden (c. Cels. VI, 26). So wird in der Tat der 
 Volksglaube durch Theologumena unterdrückt. 
ek Welche Haltung nehmen nun die Alexandriner zu den, 
Glauben an den Descensus ein? Wir können schon von vorn- 
herein erraten, daß sie von ihrem Standpunkte des Universalis- 
mus des Heils der Idee von der Erlösung der Verstorbenen der 
Er Vorzeit sympathisch gegenüberstehen mußten. 
0 Clemens Alex. kommt an zwei Stellen seiner Stromateis auf 
Bi. den Descensus ad inferos zu sprechen. An erster Stelle Il, 43, 5; 
1,136 ed. St.) vertritt Clemens mit Berufung auf den Hirten 
des Hermas die Ansicht, daß die Apostel und Lehrer den vorher 


F — — — — 
— 


᾿ς 
= 
| 


Fa ΗΝ sed mente ac sensu aucta ad perfectam scientiam mens 
iam perfecta perducitur, nequaquam iam ultra istis carnalibus sensi- 
bus inpedita, sed intelleetualibus incrementis aucta, semper ad 
purum, et, ut ita dixerim, »facie ad faciem< rerum causas inspiciens, 
_ ‚potiturque perfectione, primo illa, qua in id ascendit, secundo qua 
' permanet, cibos quibus vescatur habens theoremata et intellectus 
rerum rationesque causarum. 

31” 


532 Schmiät-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Entschlafenen den Namen des Sohnes Gottes gepredigt und sie 
getauft hätten, und zwar rechnet er zu den δίχαεοι einige ἐν 
ἔϑνεσι καὶ ἐν ᾿Ιουδαίοις οὐ μόνον πρὸ τῆς τοῦ χυρίου παρου- 
σίας, ἀλλὰ καὶ πρὸ νόμου κατὰ τὴν πρὸς ϑεὸν εὐαρέστησιν, 
εἷς Ἄβελ, ὡς Νῶε, ὡς εἴ τις ἕτερος δίκαιος. Er schiebt aber 
dem Hermas die δίχαιοι ἐν ἔϑνεσι unter, da dieser von heid- 
nischen Gerechten nichts weiß. Folgt Clemens hier einer fremden 
Quelle, so nimmt er das gleiche Thema im Zusammenhang mit 
der Frage. nach der Vorbereitung des Heils im Gesetz und in 
der griechischen Philosophie Strom. VI, 44, 1 ff.; II, 453 ed. St. 
wieder auf. Für ihn gilt gewissermaßen der apologetische 
Glaubenssatz: ᾿4λλ᾽ ὡς χατὰ χαιρὸν ἥκει τὸ χήρυγμα νῦν, 
οὕτως κατὰ καιρὸν ἐδόϑη νόμος μὲν καὶ προφῆται βαρβάροις, 
φιλοσοφία δὲ Ἕλλησι, τὰς ἀχοὰς ἐϑίζουσα πρὸς τὸ κήρυγμα. 
Aus der von ihm zitierten Jesaiasstelle 49, 7—9 gewinnt er die 
Ansicht, daß unter den οἱ ἐν δεσμοῖς die Juden, unter οἱ ἐν 
τῷ σχότει die Heiden verstanden werden sollen. Den χατὰ 
νόμον δίκαιοι ging ab die πίστις, den χατὰ φιλοσοφίαν δίκαιοι 
ging ab nicht allein die πέστις ἡ εἰς τὸν κύριον, sondern auch 
das ἀποστῆναι" τῆς εἰδωλολατρείας. Wie es von den Juden 
gilt: διὸ χαὶ τούτους ἰώμενος ὁ κύριος ἔλεγεν »ἡ πίστις σου 
σέσωχέν σες, so von den Heiden: αὐτίχα ἀποκαλυφϑ είσης τῆς 
ἀληϑείας χαὶ αὐτοὶ ἐπὶ τοῖς προπεπραγμένοις μεταμέλονται. 
Hat den ersteren der Herr selber die πίστις gebracht, so ist 
den letzteren die Wahrheit offenbart worden; unter den Trägern 
dieser Offenbarung begreift Clemens m. E. die Apostel und 
Missionare der christlichen Predigt. | N 
Das veranlaßt nun den Clemens, von den Lebenden auf die 
vor Christi Ankunft Verstorbenen zu reflektieren. Hier nimmt 
er den Gedanken von der Predigt Christi in der Unterwelt auf. 
Er geht dabei aus von einer apokryphen Stelle: λέγει ὃ Ἅιδης 


τῇ ἀπωλείᾳ" εἶδος μὲν αὐτοῦ οὐχ εἴδομεν», φωνὴν δὲ αὐτοῦ 


*— Als Redender tritt nicht der Ort auf, sondern | 


1) Nach Bousset, Kyrios Christos S. 33, 1 läßt sich das Zitat 
nicht so einfach aus Hiob 28, 22 u. Deuteron. 4, 12 ableiten (vgl. 
Zahn, Forschungen III, 5, 94f. und Stählin, Clemens und die LXX, 
S. 44). Clemens verwertet den Spruch in den Adumbrat. bei der 


Erklärung von 1. Petr. 3,19. 20. Auch sollen die Naassener nach 


Hippolyt Refut. V, 8, 13, p. 91 ed. Wendland ihn gekannt haben, — δ᾿ 


Exkurs II ᾿Λ 533 


"Ὡς die’ iv Ἅιδου χαταταγέντες χαὶ eis ἀπώλειαν ἑαυτοὺς ἐχ- 
τ΄] δεδωχότες. Das sind zugleich die ἐπαχούσαντες τῆς ϑείας 
τ΄ δυνάμεώς τε χκαὶ φωνῆς, die, wie man im Sinne des von 
Clemens zitierten Spruches ergänzen muß, das εἶδος αὐτοῦ nicht 
gesehen haben, sei es Juden, sei es Heiden. Ihre Seelen be- 
befinden sich in der Unterwelt, aber nicht in einer und derselben 
Verdammnis mit den Seelen der Sünder; denn eine solche An- 
nahme wäre nicht die Sache eines εὖ φρονῶν, sondern eines 
ἀδικίαν τῆς προνοίας χαταχέων. Dann aber hat die Predigt 
Jesu in der Unterwelt mit den dort weilenden Seelen der Sünder 
nichts zu schaffen, sondern gilt einzig und allein den Gerechten ; 
eine Errettung der ersteren ist also ausgeschlossen. Aber steht 
ein solcher Standpunkt nicht im Widerspruch mit der Univer- 
—* salität der christlichen Heilsverkündigung? Das führt den Cle- 
® mens zu dem von ihm wahscheinlich selbst erhobenen Einwurf, 
daß doch nach der Schrift der Herr den in der Sündflut Um- 
; gekommenen, vielmehr Verstrickten und den im Gefängnis und 
3 in Haft Befindlichen die Heilsbotschaft verkündigt habe!, Unver- 
& kennbar liegt hier eine Anspielung auf 1. Petr. 3, 19. 20 vor, 
aber statt nun sich auf dieses Zeugnis für die Hadespredigt an 
‚die Sünder zu berufen, geht er auf den Gedanken der Heils- 
predigt weiter gar nicht ein, sondern nimmt Bezug auf seine 
- vorher behandelte Bemerkung im zweiten Buche der Stromateis, 

daß die Apostel auch denen im Hades in Nachfolge des Herrn ? 
das Evangelium gepredigt hätten und begründet dies also: ἐχρῆν 
γάρ, οἶμαι, ὥσπερ κἀνταῦϑα, οὕτως δὲ χἀχεῖσε τοὺς ἀρίστους 
τῶν μαϑητῶν μιμητὰς γενέσϑαι τοῦ διδασχάλου, iv ὃ μὲν 
τ τοὺς ἐξ Ἑβραίων, ol δὲ τὰ ἔϑνη εἰς ἐπιστροφὴν ἀγάγωσι, τουτ- 
᾿ ἔστιν τοὺς ἐν δικαιοσύνῃ τῇ κατὰ νόμον χαὶ zara φιλοσοφίαν 
Ἢ βεβιωκότας μέν, οὐ τελείως δέ, ἀλλ᾽ ἁμαρτητικῶς διαπερανα- 
se βένους τὸν βίον. Clemens kennt also auch eine Predigt des 


Sanselben Sprach in der Fassung des Clemens zitiert Hippolyt in 
‚einem Fragment aus περὶ τοῦ ἁγίου πάσχα (vgl. Hippolytus Bd. I, 2, 268 
‚ed. Achelis). 

Ned; οὐχὶ δηλοῦσιν εὐηγγελίσϑαι τὸν κύριον τοῖς τε ἀπολω- 
ο λύσιν ἐν τῷ κατακλυσμῷ, μᾶλλον δὲ πεπεδημένοις, καὶ τοῖς ἐν φυλακῇ 
᾿ τε καὶ φρουρᾷ συνεχομένοις:; (45, 4). 2) Clemens irrt sich, wenn er 
behauptet, in Strom. II, 44, 1 nachgewiesen zu haben, daß die Apostel 
in Nachfolge des Herrn in dem Hades gepredigt hätten, denn der 
- zitierte Hermas nennt nur die Apostel. 


>34 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Herrn in der Unterwelt; seine besten unter den Jüngern sollen 
Nachahmer des Herrn insofern gewesen sein, als sie nicht nur 
hier auf Erden, sondern auch in der Unterwelt die Predigt Jesu 
fortgesetzt haben, aber — und das ist zu beachten — Clemens 
teilt die Aufgabe: Christus übernimmt die Predigt an die Juden, 
die Apostel an die Heiden, sodaß beide sich keine Konkurrenz 
machen. Aber — und das ist wieder charakteristisch — die 
Predigt wendet sich nicht an alle Verstorbenen, sondern unter 
den Juden an die, welche ἐν δικαιοσύνῃ τῇ κατὰ νόμον, unter 
den Heiden an die, welehe ἐν δικαιοσύνῃ τῇ κατὰ φιλοσοφίαν 
gelebt haben, Freilich haben beide Gruppen dies gemeinsam, 
daß sie οὐ τελεέως, ἀλλ᾽ ἁμαρτητικῶς ihr Leben vollendet 
haben. Da vernehmen wir einen Gedanken, den wir bei dem 
Presbyter des Irenäus und in der Epistola kennen gelernt 
haben, den Clemens aus dem Hirten des Hermas bezogen hat, 
daß nämlich auch die Frommen des A.T.s gesündigt haben, des- 
halb Vergebung ihrer Sünden durch die Taufe! empfangen 
müssen, hier aber auch auf die Gerechten der Heidenwelt be- 
zogen. Es ist ein sündiger Zustand vorhanden, der auf Grund 
der Buße wie bei den auf Erden von der Heilspredigt Ergriffenen 
getilgt werden muß; erst die Exhomologese der Sünden bedingt 
die endgültige σωτηρία. Clemens denkt an eine wirkliche Be- 
kehrungspredigt, daher gebraucht er den Ausdruck εἰς ἐπεέστρο- 
φὴν ayayeiv?, aber, wie gesagt, in Frage kommen nur die vor- 
christlichen Gerechten aus der Juden- und aus der Heidenwelt. 
Darin offenbart sich die göttliche Ökonomie. Clemens will 
Universalist sein, aber ist es doch nur in bedingtem Maße, da 
er die Rettung von der früheren Haltung abhängig macht und 
den Glauben nicht von allen ergriffen sein läßt. Der Gedanke, 
daß die Predigt sich auch an die ungehorsamen Geister ge- 


richtet habe, d. ἢ. an die vollendeten Sünder, die nach der Er- 


schöpfung der Langmut Gottes durch die Flut dahingerafft sind, 


1) Darauf weist, das Zitat 46,5 aus Hermas Sim. IX, 16, 6. 

2) Vgl. 46, 4: οὕτως κἀκεῖ τοὺς ἐξ ἐθνῶν ἐπιτηδείους εἰς ine 
στροφὴν εὐηγγελίσαντο. 3) Vgl. 45, 6: τουτὶ γὰρ ἔπρεπεν τῇ ϑείᾳ 
οἰκονομία τοὺς ἀξίαν μᾶλλον ἐσχηκότας ἐν δικαιοσύνῃ καὶ ͵, προηγου- 
μένως βεβιωκότας. ἐπί τε τοῖς πλημμεληϑεῖσι ueravevonzorag, κἂν 
ἐν ἄλλῳ τόπῳ τύχωσιν ἐξομολογούμενοι, ἐν τοῖς τοῦ ϑεοῦ ὄντας τοῦ 
παντοκράτορος κατὰ τὴν οἰκείαν ἑκάστου γνῶσιν σωϑῆναι. . 


ἐν 


Exkurs iL j 535 


A wagt Clemens nicht zu vertreten. Aber auch so ist Clemens 


sich bewußt, im Gegensatz zum Gemeindeglauben zu stehen, da 


dieser eine Bekehrung gerechter Heiden aus der vorchristlichen 


Zeit nicht kennt und die Hadespredigt nur auf die Frommen 


des A.T.s beschränkt. Deshalb sucht er seinen theologischen 
"Standpunkt näher zu begründen. 
Er geht dabei 46, 1 von dem Titel Christi als σωτήρ aus, 
dessen Aufgabe im σῴζειν bestände, und diese Aufgabe habe er 
auch dadurch erfüllt, daß er denjenigen, die an ibn glauben 
wollten, durch seine Verkündigung das Heil übermittelt hätte 
(εἰς σωτηρίαν ἑλκύσας). Mit bestimmter Absicht fügt Clemens 
hinzu ὅποι ποτ᾽ ἔτυχον γεγονότες, denn der Ton liegt darauf, 
daß die Rettung an jedem Orte vollzogen werden kann, d.h. 
nicht nur auf Erden, sondern auch im Hades. Deshalb geht 
auch Clemens sofort auf die Hadesfahrt ein und stellt die Alter- 
native, Christus habe dort entweder allen das Evangelium ver- 
kündigt, oder allein den Juden. Wenn das erstere der Fall ge- 
. wesen, so müssten alle, die geglaubt haben, auch wenn sie aus den 
Heiden stammen sollten, gerettet werden: σωθήσονται πάντες 
᾿ς οἱ πιστεύσαντες, χἂν ἐξ ἐϑνῶν ὄντες τύχωσιν, ἐξομο- 

; ᾿λογησάμενοι ἤδη ἐχεῖ, ἐπεὶ σωτήριοι καὶ παιδευτιχαὶ αἱ χολά- 


R 0815 τοῦ ϑεοῦ εἰς ἐπιστροφὴν ἄγουσαι χαὶ τὴν μετάνοιαν τοῦ 
᾿ς ἁμαρτωλοῦ μᾶλλον ἢ τὸν ϑάνατον αἱρούμεται, χαὶ ταῦτα 
᾿ς χαϑαρώτερον διορᾶν δυναμένων τῶν σωμάτων ἀπὴηλ- 


λαγμένων ψυχῶν, χἂν πάϑεσιν ἐπισχοτῶνται, διὰ τὸ 
μηχέτι ἐπιπροσϑεῖσθϑαι σαρκίῳ". Demnach wären auch 
die Heiden in der Unterwelt durch die Predigt Christi bekehrt 
und wäre ihnen auf Grund ihrer Buße die Rettung zuteil ge- 
worden. Wenn aber Christus ausschließlich den Juden ge- 

predigt, d.h. denen, welche der Erkenntnis und des Glaubens 
τς ermangelten, so bleibt nur der Schluß übrig, daß, da Gott kein 


ΝΕ Ansehen der Person kennt, die Apostel wie hier auf Erden, so 
auch dort in der Unterwelt den ἐπιτηδείοις ἐξ ἐϑνῶν das 


ἽΝ Evangelium verkündet hätten, und zwar mit der Abzweckung 


Re. ‚auf ἐπιστροφή. Eine direkte Entscheidung wagt Clemens nicht 


zu treffen; es bleibt bei der Alternative. Die Apostel als Pre- 


1) Diesen Vorzug der Verstorbenen hat von seinem Standpunkt 
| Fach der Presbyter hervorgehoben. 


536 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


diger für die Heiden in der Unterwelt sind nur ein Notbehelf, 
um die Anschauung von der christlichen Universalbotschaft be- 
züglich der gerechten Heiden aus der Vorzeit begründen zu 
können; deshalb hat Clemens auch den Descensus der Apostel 
bei Hermas begierig aufgegriffen und hat die Heidenmission der 
Apostel in Parallele gestellt zu der Judenmission Christi. Clemens 
ist bei diesen Erörterungen als Apologet und Theologe in be- 
sonderem Maße interessiert; er will. den einseitigen und der 
göttlichen Gerechtigkeit widersprechenden Standpunkt, der nur 
Gerechte aus dem Judenvolke anerkennen will, mit rationalen 
Gründen widerlegen. Die Grundlage der Theologie des Clemens 
ist die Güte Gottes einerseits und die Verantwortlichkeit des 
Menschen andererseits. Gott bietet allen Menschen das Heil an 
und alle, sei es Juden oder Heiden, sind in den Stand gesetzt, 
die Wahl zu treffen. So müssen auch die Verstorbenen die 
Möglichkeit der Umkehr haben. Hier kommen Gedanken des 
Clemens von der Erziehung der Menschen durch Strafen im 
Diesseits und Jenseits zur Verwertung. Es giebt nur eine gött- 
liche olxovoula hier auf Erden sowohl wie in der Unterwelt. 
Clemens ringt hier mit demselben Problem, das, wie wir ge- 
sehen, auch den Irenäus in Rücksicht auf die Frommen des 
A.T.s beschäftigte. Noch einmal faßt Clemens seine Gedanken 
47, 2ff. mit Benutzung paulinischer Gedanken in die Worte zu⸗ 
sammen: δίκαιος τοίνυν δικαίου χαϑὸ δίκαιός ἐστιν οὐ δια- 
φέρει, ἐάν τε νομικὸς ἢ ἐάν τε Ἕλλην" οὐ γὰρ ᾿Ιουδαίων 
μόνων, πάντων δὲ ἀνϑρώπων ὁ ϑεὸς κύριος, προσεχέστερον 
δὲ τῶν ἐγνωκότων πατήρ. εἰ γὰρ τὸ καλῶς βιοῦν καὶ νομί- 
μῶς ἐστὶ βιοῦπ καὶ τὸ εὐλόγως βιοῦν κατὰ νόμον ἐστὶ βιοῦν, 
ὀρϑῶς δὲ βεβιωκότες οἱ πρὸ νόμου εἰς πίστιν ἐλογίσϑησαν 
καὶ δίκαιοι εἶναι ἐχρίϑησαν, δῆλόν που καὶ τοὺς ἐχτὸς νόμου 
γενομένους διὰ τὴν τῆς ψυχῆς ἰδιότητα, ὀρϑῶς βεβιωκότας. 
εἰ χαὶ ἐν “Διδου ἔτυχον ὄντες καὶ ἐν φρουρᾷ, ἐπακού- 
σαντας τῆς τοῦ κυρίου φωνῆς, εἴτε τῆς αὐϑεντικῆς 
εἴτε καὶ τῆς διὰ τῶν ἀποστόλων ἐνεργούσης, N τάχος 
ἐπιστραφῆναί τε καὶ πιστεῦσαι. μεμνήμεϑα γὰρ ὅτι δύναμις 
τοῦ ϑεοῦ ἐστιν ὁ κύριος" καὶ οὐχ ἄν ποτε ἀσϑενήσαι δύναμις" 
οὕτως οἶμαι deizvvodau ἀγαϑὸν μὲν τὸν ϑεόν, δυνατὸν δὲ 
τὸν κύριον σῴζειν μετὰ δικαιοσύνης καὶ ἰσότητος τῆς πρὸς 
τοὺς ἐπιστρέφοντας εἴτε ἐνταῦϑα εἴτε χαὶ ἀλλαχόϑι' 


Exkurs Il. 537 


0% γὰρ ἐνταῦϑα μόνον ἡ δύναμες ἡ ἐνεργητιχὴ φϑάνει, 
πάντῃ δέ ἐστι zei ἀεὶ ἐργάζεται. 
Aber Clemens konnte als Universalist bei dieser halben 
Entscheidung unmöglich stehen bleiben. Mußte er nicht in 
Konsequenz seines Standpunktes jede Beschränkung aufheben? 
- Diesen Schritt hat er denn auch unbedenklich getan, indem er 
die Aussendungsrede Jesu an die Apostel nach seiner Aufer- 
stehung, wie sie im Kerygma Petri überliefert ist, zum Ausgangs- 
' punkte seiner weiteren Betrachtungen macht!. Hier werden 
die Jünger mit der Weltmission unter den Völkern ohne Unter- 
schied betraut. Daran knüpft Clemens die Frage: ri οὖν; οὐχὶ 
χαὶ ἐν "Ardov ἡ αὐτὴ γέγονεν οἰχονομίᾳ; ἵνα zixei πᾶσαι αἱ 
φυχαὶ ἀχούσασαι τοῦ κηρύγματος ἢ τὴν μετάνοιαν ἐνδείξωνται 
ἢ τὴν κόλασιν δικαίαν εἶναι, δὲ ὧν οὐχ ἐπίστευσαν, ὁμολο- 
| γήσωσιν (48,3). Auf diese Weise ist die irdische Wirksamkeit der 
— Apostel in vollkommene Parallele zu der unterirdischen gesetzt 
# und dadurch der ursprüngliche Gedanke ganz verwischt. Aus 
3 der heilbringenden Erscheinung des Herrn bei den verstorbenen 
ς΄ Gereehten ist eine Missionspredigt der Apostel an alle ver- 
 storbenen Seelen behufs Annahme oder Ablehnung ihrer Ver- 
- kündigung geworden; der Herr selbst ist in den Hintergrund 
gedrängt, aber 51,3 taucht er wieder auf, wenn es heißt: εἰ 
τοίνυν τοὺς ἐν σαρχὶ διὰ τοῦτο εὐηγγελίσατο, ἵνα μὴ χατα- 
ὃ διχασϑῶῦσιν ἀδίκως, πῶς οὐ zei τοὺς προεξεληλυϑότας τῆς 
παρουσίας αὐτοῦ διὰ τὴν αὐτὴν εὐηγγελίσατο αἰτίαν; Hier 
könnte Bousset mit gewissem Rechte von einem durch des Ge- 
dankens Blässe angekränkelten Theologumenon reden, denn 
Clemens operiert offensichtlich mit rationalen Gründen bzw. mit 
. dogmatischen Reflexionen, denn er beantwortet j ‚jene Frage mit 
den Worten: ἦν δ᾽ ἂν πλεονεξίας οὐ τῆς τυχούσης ἔργον τοὺς 
ο΄ προεξεληλυϑότας τῆς παρουσίας τοῦ κυρίου, μὴ εὐηγγελε- 
ὟΝ ᾿σμένους μηδὲ ἐξ αὐτῶν τὴν αἰτίαν παρασχομένους χατὰ τὸ 
δι πιστεῦσαι ἢ μή, ἤτοι τῆς σωτηρίας ἢ τῆς κολάσεως μετασχεῖν. 
ΣΙ οὐ γάρ που ϑέμις τοὺς μὲν ἀχρίτως καταδεδικάσϑαι. μόνους 


nm — — 


1) Vgl. Strom. VI, 48, 1: ἐξελεξάμην ὑμᾶς δώδεκα. . πέμπων ἐπὶ 
“ ᾿πούμον εὐαγγελίσασϑαι τοὺς κατὰ τὴν οἰκουμένην ἀν ϑρώ- 

πους... ὕπως οἵ ἀκούσαντες καὶ πιστεύσαντες σωϑῶσιν, οἵ δὲ μη 
= πιστεύσαντες ἀκούσαντες μαρτυρήσωσιν, οὐκ ἔχοντες ἀπολογίαν εἰπεῖν" 
᾿ γνοὺχκ ἠκούσαμεν-, 


538 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


δὲ τοὺς μετὰ τὴν παρουσίαν τῆς ϑείας ἀπολελαυχέναι δικαι- 
οσύνης (48, 4). Zum Schluß fügt Clemens, um seine Position als 
Schrifttheologe zu rechtfertigen, eine Reihe Zitate hinzu. 

Aber mag auch Clemens noch sehr subjektiven theologischen 
Erwägungen nachgehen, so schimmert doch der alte Gemeinde- 
glaube deutlich durch. Zunächst ist das ursprüngliche Motiv 
der Predigt an die (erechten des A.T.s noch nicht vergessen, 
auch die Vergebung der Sünden durch den Akt der Taufe wird 
betont. Dazu wird die Hadesfahrt mit der Person Christi m 
Verbindung gesetzt, die Hadesfahrt der Apostel ist nur eine 
Dublette und nur der Theorie von der Predigt an die Heiden 
zu liebe aufgenommen. Selbst der Gedanke der Belohnung der 
Frommen im Anschluß an die Auferstehung ist festgehalten, 
wenn wir 47, 1 lesen: δαὶ un» καὶ σώματά φησι τὸ εὐαγγέλιον ' 
πολλὰ τῶν κεχοιμημένων ἀνεστάσϑαι, εἰς ἀμείνω δηλονότι 
μετατεϑειμένων τάξιν. γέγονεν ἄρα τις καϑολικὴ κίνησις καὶ 
μετάϑεσις χατὰ τὴν οἰχονομίαν τοῦ σωτῆρος. Daß Clemens 
dabei nicht an eine direkte Aufnahme aller auferstandenen Ge- 
rechten in die βασιλεία, sondern an eine Erhebung in die ver- 
schiedenen Regionen der Seligkeit denkt, entspricht seinem 
relativistischen theologischen Standpunkte betreffs der verschie- 
denen Grade der christlichen Erkenntnis und der ethischen Voll- 
kommenheit?, Wie Clemens auch sonst mit dem christlichen 
Gemeindeglauben ringt, beweist seine Interpretation der Petrus- 
stelle 3, 19.20 in den Adumbrationen. Auch hier verwertet 
er den apokryphen alttestamentlichen Spruch, aber die auf die 
Geister im Gefängnis und auf die Ungläubigen der Flut be- 
züglichen Worte werden einfach unterschlagen. Die ἀπειϑή- 
σαντές ποτε werden mit der Rückbeziehung auf v. 18 als die 
bekehrten Christen gedeutet? und in Übereinstimmung damit 


1) Bei der hier angezogenen Evangelienstelle kann es sich nur | 
um Matth,. 27, 52.53 handeln. Clemens läßt freilich den entschei- 
denden Ausdruck ἁγίων aus, indem er von πολλὰ σώματα τῶν κεέχοι- 
μημένων spricht, offenbar, um nicht zu der Annahme gezwungen zu 
sein, die Tätigkeit des Erlösers in der Unterwelt habe sich ausschließ- 
lich auf die alttestamentlichen Frommen bezogen. 2) 8. 0.8. 523. 
3) Christus enim, inquit, semel pro peccatis nostris mortuus est, iustus 
pro iniustis, ut nos offerret deo, mortificatus quidem carne, vivi- 
ficatus autem spiritu. Haec ad fidem eorum redigens dieit, hoc est: 
in nostris vivificatus est spiritibus.. Adveniens, inquit, praedi- 


Exkurs II. >39 


dise Worte ὁ. 4, 6 propter hoc enim et mortuis evangelizatus est 
- unbedenklich mit nobis seilicet qui quondam exstabamus infideles 
wiedergegeben!. Eine derartige gewaltsame Exegese ist doch 
nur dann verständlich, wenn Clemens — bei ihm taucht zum 
ersten Male die Petrusstelle im Zusammenhang mit der Hades- 
predigt auf — mit der Predigt an die ungehorsamen Geister in 
der Unterwelt absolut nichts anfangen konnte, da der Gemeinde- 
glaube ihm dazu keine Handhabe bot?. 


Dabei ist von wesentlicher Bedeutung der Gottesbegriff. 
Clemens kann als geistiger Schüler Platos keinen Gott ver- 
ehren, der zürnt, straft und Rache übt an seinen Widersachern ὅ. 
Die populäre Vorstellung von der göttlichen Strafvergeltung 
lehnt er ab, denn alle von Gott verhängte Strafe dient nur 
pädagogischen Absichten, indem Besserung des Bestraften an- 


cavit eis qui quondam erant incereduli. Speciem quidem eius 
non viderunt, sonitum vero vocis audierunt. Cum sustineret, inquit, 
dei longanimitas, Ita est bonus deus, ut etiam per eruditionem 
salutis operetur effectum. 
Δ 1) „Qui reddent“, inquit, „rationem ei, qui paratus est iudicare 
£ vivos et mortuos.“ Hi secundum praecedentia erudiuntur iudicia. Ob 
- hoc etiam subiungit: „Propter hoc enim et mortuis evangelizatus 
est“, nobis videlicet, qui quondam exstabamus infideles, „ut iudicentur 
quidem secundaum hominem“, inquit, „in carne vivant autem secun- 
dum deum in spiritu“, Qui a fide videlicet exciderunt, dum adhuc 
in carne sunt, iudicantur secundum iudicia praecedentia, ut paeniteant. 
Ideirco etiam subnectit dicens „vivant secundum deum in spiritu*, 
2) Man könnte mit Gschwind 1. ec. 8. 48 der Meinung sein, daß 
ı der Benutzung des apokryphen Zitats an die Hadesfahrt 
Christi gedacht ist. Aber Clemens durfte kaum voraussetzen, daß 
seine Leser den Text des Petrus im Kopfe hatten, auch bliebe es 
sehr merkwürdig, daß Clemens alle historischen Reminiszenzen unter- 
drückt und die ganze Stelle so verstümmelt wiedergegeben hat, In 
der Form, in welcher der Text vorliegt, kann man unter den quon- 
- dam inereduli nur die Christen, speziell die Heidenchristen verstehen, 
die die Gestalt des Herrn nicht gesehen, wohl aber seine Stimme 
gehört haben, und zwar, wie wir hinzufügen können, durch die Evan- 
elien einerseits und durch die Apostel und Missionare andererseits. 
πα. 2 Vgl. ‚Strom. VI, 102, 5; un, p. 72 ed. St.: ἀλλ ὡς πρὺς τοῦ 
ἢ τοῦ πατρὸς οἱ παῖδες, οὕτως ἡμεῖς πρὸς τῆς προνοίας 
7 . ϑεὸς δὲ οὐ τιμωρεῖται (ἔστι γὰρ ἡ τιμωρία κακοῦ ἀντα- 
—— κολάζει μέντοι πρὸς τὸ χρήσιμον καὶ κοινῇ καὶ ἰδία τοῖς κολα- 


[4 


540 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gestrebt wird!. Strafe ist ein Stück der väterlichen und schul- 


meisterlichen Erziehung, beides gehört so eng zusammen, daß 
„strafen“ und „erziehen“ Korrelatbegriffe sind?, Das gilt nicht 
nur für die Strafen während des Erdenlebens, sondern noch in 
höherem Grade für die von Gott verhängten Strafen nach dem 
Tode. Auch sie gehören zum Erziehungswerke Gottes, hier 
angewendet auf die Seelen in der Unterwelt?. Die Seelen haben 
ihr Empfindungsvermögen nicht eingebüßt; deshalb können sie 
ein Leben nach dem Tode führen, das der Zucht unterliegt?. 
Die Strafen, von denen schon Plato in Nachahmung alttestament- 
licher Gedanken geredet, sollen zum Heile führen, denn keine 
Seele darf verloren gehen. Noch nach dem Tode ist ihnen die 
Möglichkeit gegeben, ihre Sünden zu bereuen und sich zü Gott 


zu wenden’; das irdische Leben hat noch keine definitive Ent- 


scheidung gebracht, jetzt wo sie vom Körper befreit sind, können 
sie die wahre Erkenntnis leichter erlangen® und ihre Leiden- 


1) Vgl. Strom. I, 168, 2; II, p. 104 ed. St.: κόλασις δὲ 
(δικαία) οὖσα διόρϑωσίς ἐστι ψυχῆς — IV, 153, 6; II, p. 816 ed, St.: 
κόλασις δὲ τὸν ἁμαρτήσαντα οὐκ ὠφελεῖ εἰς τὸ μὴ πεποι Ah 
εἰς τὸ μηκέτι ἁμαρτάνειν μηδὲ μὴν ἄλλον τινὰ τοῖς ὁμοίοις περιπεσεῖν᾽ 
ἐνταῦϑα οὖν ὁ „ayadog Deög. διὰ τρεῖς ταύτας παιδεύει αἰτίας" πρῶτον 
μὲν ἵν᾿ αὐτὸς ἀμείνων αὐτοῦ γένηται ὁ παιδευύμενος, ἔπειτα ὅπως οἵ 
ör ὑποδειγμάτων ᾿σωϑῆναι δυνάμενοι, προανακρούωνται νουϑετούμενοι, 
καὶ τρίτον ὡς μὴ 6 ἀδικούμενος εὐκαταφρόνητος ἡ καὶ ἐπιτή 


ἀδικεῖσϑαι. Dazu ibid. VI, 99,2; II, p. 481 ed, St. 2) Vgl. 


Strom. IV, 154, 2; II, p. 316 ed. St.: δύο δὲ καὶ (of) τρόποι τῆς ἐπαν- 


ορϑώσεως, ὃ μὲν διδιδεδλικάρ 3 ὃ δὲ κολαστικός, ὃν καὶ παιδευτικὸν £ 


εἰρήκαμεν, --- ibid. VII, 102, 4; II, p. 72 ed. St.: γίνονται γὰρ καὶ 
μερικαί, τινες παιδεῖαι, ἃς κολάσεις ὀνομάζουσιν. — Ecl. proph. „40: 
καλὴ ἡ κρίσις τοῦ ϑεοῦ, ἥ τε διάκρισις ἡ ἡ τῶν πιστῶν ἀπὸ τῶν ἀπί- 
στῶν N τε πρόκρισις ὑπὲρ τοῦ μὴ μείζονι περιπεσεῖν κρίσει ἥ τε κρίσις 


παίδευσις οὖσα. 3) Vgl. Strom, VII, 78,3; ΠῚ, p. 55 ed. St.: 
ἀκου- 


οἰκτείρων τοὺς μετὰ ϑάνατον πεδενοῤένους διὰ τῆς κολάσεως. 


σίως ἐξ ξομολογουμένους. 4) Vgl. Strom. V, 91,1; II, p. 386 ed. St.: τ 


τὸ γὰρ χαλαζόμενον ἢ παιδευόμενον ἐν αἰσϑήσει ὃν ζῇ, κἂν πάσχειν 


λέγηται. δ) Vgl.Strom. VII, 56, 3; ΠῚ, p. 41 ed. St.: αὕτη (sc. γνῶσι) 


πρὸς τέλος ἄγει τὸ ἀτελεύτητον καὶ θεν: προσδιδάσκουσα τὴν v 
ἡμῖν κατὰ τὸν ϑεὸν μετὰ ϑεῶν δίαιταν, ἀπολυϑέντων ἡμῶν κολάσεως 
καὶ τιμωρίας ἁπάσης, ἃς ἐκ τῶν ἁμαρτημάτων εἰς παιδείαν ὑπομένομεν 


σωτήριον. Θ᾽ Vgl. Strom. VI, 46, 3; II, p. 455 ed. St.: ἐπεὶ σωτήριοι. | 
καὶ παιδευτικαὶ al κολάσεις τοῦ ϑεοῦ εἰς ἐπιστροφὴν ἄγουσαι, καὶ 
τὴν μετάνοιαν τοῦ «ἁμαρτωλοῦ μᾶλλον ἢ τὸν ϑάνατον αἱρούμεναι,, ai 


Exkurs Il. 541 


haften ablegen, bis sie die höchste Stufe der Vollkommenbeit 
erlangt haben. Das sind in der Tat Theologumena, deren Kon- 
zeptionen nur zu sehr an den griechischen Geist und an orphische 
Vorstellungen erinnern, welche mit dem genuinen Christentum 
nichts mehr zu schaffen haben ἡ, 

Clemens schwankt noch zwischen dem alten Glauben und 
der neuen selbständig gewonnenen Erkenntnis hin und her. 
Dasselbe gilt auch von Origenes. In Übereinstimmung mit der 
kirchlichen Tradition nimmt er an, daß die vorchristlichen Ver- 
storbenen in die Unterwelt hinabgestiegen sind und diese nicht 
verlassen konnten, da die feindlichen Mächte nicht zuließen, den 
Weg zum Paradiese Gottes resp. zum ξύλον τῆς ζωῆς zu be- 
treten?, vor allem konnten sie das feurige Schwert nicht durch- 
schreiten. Dies vermochte weder Samuel noch Abraham, daher 
letzterer von dem Reichen in der Unterwelt, wenn auch von 
ferne, geschaut wurde. Darnach scheint Origenes in der vor- 
ehristlichen Scheol zwei Abteilungen anzunehmen, die eine für 
die Gerechten, die andere für die Gottlosen. aber zugleich ist 
in seinen Augen die Entscheidung keine definitive. Denn auch 
- im der Unterwelt werden die Verstorbenen einer Unterweisung 
zum Zwecke ihrer Beseligung unterzogen; es sind die Propheten 
von Moses an, welche diesen Dienst an den Verstorbenen ver- 
richten, indem sie die Ankunft des Herrn verkündigen. Und 
‚zu den Propheten gesellt sich Johannes der Täufer, der als Vor- 
läufer auch in der Unterwelt die Ankunft Christi gepredigt und 
dort dem Herrn ein Volk bereitet hat”. Demgemäß nimmt 


ταῦτα καϑαρώτερον διορᾶν δυναμένων τῶν σωμάτων ἀπηλλαγμένων 
ψυχῶν, κἂν πάϑεσιν ἐπισκοτῶνται, διὰ τὸ μηκέτι ἐπιπροσϑεῖσϑαι 


i) Vgl. Anrich, Clemens und Origenes als Begründer der Lehre 
vom Fegfeuer [Theolog. Ablıandlungen. Eine Festgabe für H. J. Holtz- 


mann 1902,8.77#.. 2) Vgl.In lib.1Sam. Hom. I1;tom. XI, p. 331 ed. 
- Lomm.: ἄλλως τε καὶ πρὸ τῆς τοῦ κυρίου μου ᾿Ἰησοῦ Χριστοῦ ἐπιδημίας 
ες. ἀδύνατον ἡ ἣν παρελϑεῖν 6 ὅπου τὸ ξύλον τῆς ζωῆς" ἀδύνατον ἦν παρελϑεῖν 


τὰ τεταγμένα φυλάσσειν τὴν ὁδὸν τοῦ ξύλου τῆς ζωῆς. 3) In Luc. 


Γ΄ μοι, IV; tom. V, p. 99 ed. Lomm.: Et mortuus est ante eum, ut δὰ 
-  inferna descendens illius praedicaret adventum. Dazu In Ev. Job. 11,37 


(ed. Preuschen S. 96, 8f.): καὶ τί γὰρ ἢ πανταχοῦ μάρτυς καὶ πρόδρομος 
τοῦ ᾿ησοῦ ἐστιν ὃ ᾿Ιωάννης, προλαμβάνων τὴν γένεσιν αὐτοῦ καὶ πρὸ 
ὀλίγου τοῦ ϑανάτου ἀποθνήσχων τοῦ υἱοῦ τοῦ ϑεοῦ, ἵνα μὴ μόνον 


542 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Origenes eine "Missionstätigkeit der Propheten und des Täufers 
unter den Seelen in der Unterwelt an und stellt sie in Parallele 
zu ihrer irdischen Wirksamkeit unter den Lebenden. Dann 
aber ist eine Bekehrungsmöglichkeit zu Christus im Gegen- 
satz zu der Lazarusgeschichte auch nach dem Tode in den Be- 
reich der Möglichkeit gestellt, denn die Propheten wenden sich 
an die Schwachen, wofür sich Origenes ausdrücklich auf Matth.9, 12 
beruft. Daß hier Origenes eine subjektive Meinung vorträgt, 
gibt er ehrlicher Weise zu!. Auf diese Weise will Origenes 
die Universalität des Heils auch in der Unterwelt zur Durch- 
führung bringen, wenn er auch nieht so weit wie Clemens Al. 
geht, selbst die Heiden durch diese Mission in die Reihen der 
Bekehrten zu stellen, denn hier handelt es sich um das Volk 
Israel, daher schimmert auch noch die alte Idee von der Be- 
seligung der alttestamentliehen Frommen durch, da Origenes die 
Patriarchen und Propheten in erster Linie im Auge hat und 
erst dann hinzufügt πάντες, ohne freilich, wie es eigentlich not- 
wendig gewesen wäre, diese πάντες näher als δίκαιοε zu 
charakterisieren. Es ist gewissermaßen durch die Predigt eine 
messianische Gemeinde in der Unterwelt geschaffen, wie auch 
auf Erden vor der Erscheinung Christi eine kleine messianische 
Gemeinde vorhanden war. Sie erwartete die Ankunft des Er- 
lösers, und zugleich erwartete sie ihre Befreiung aus dem Toten- 
reiche?, Demgemäß bedurfte es gar nicht einer erneuten Pre- 
digt von seiten Christi bei seinem Abstieg zur Unterwelt, da 
alles bereits vorbereitet war; die Ankunft selbst bedeutete schon 
die Befreiung. Denn dies war der eigentliche Zweck; Christus 
war der „Weg“ und die „Tür“, indem er den Weg nach oben 


τοῖς ἐν γενέσει, ἀλλὰ καὶ τοῖς προσδοκῶσι τὴν διὰ Χριστοῦ ano — 


του ἐλευϑερίαν πρὸ τοῦ Χριστοῦ ἐπιδημῶν, πανταχοῦ ἑτοιμάσῃ κυρίῳ 
λαὸν κατεσχευασμένον. 

1) Τῆς οὖν χάριτος τῆς προφητικῆς αἴ ψυχαὶ τῶν κοιμωμένων, 
τολμήσω καὶ εἴπω, ἐδέοντο᾽ ἀλλ ἐνθάδε μὲν χρείαν ἔχει τοῦ προφήτου 
»Ἰσραήλ᾽ καὶ ὁ κοιμώμενος δὲ ὁ ἀπηλλαγμένος τοῦ βίου “χρείαν εἶχε τῶν 
προφητῶν, ἵνα πάλιν οἵ προφῆται αὐτῷ κηρύξωσι τὴν Χριστοῦ ἐπι- 
δημίαν (In Libr. I Sam. Hom. I; tom. XI, Ρ. 331). 2) Vgl. ibid. 
p. 331 ed. Lomm.: Περιέμενον οὖν τὴν τοῦ κυρίου μου Ἰησοῦ Χριστοῦ 
ἐπιδημίαν καὶ πατριάρχαι καὶ προφῆται καὶ πάντες und gleich dar- 
auf ὥστε διὰ τοῦτο περιέμενον oi μακάριοι ἐκεῖ οἰκονομίαν ποιοῦντες, 
καὶ μὴ δυνάμενοι ὅπου τὸ ξύλον τῆς ζωῆς, ὅπου ὃ παράδεισος ὁ τοῦ 


— 


Exkurs II. 543 


eröffnete und so die Befreiten ins Paradies eingehen konnten. 
=  Origenes hält mithin an den altkireblichen Gedanken von der 
τὴν τῷ soteriologischen Wirkung des Descensus fest, indem er die Ge- 
' rechten nicht in der Unterwelt beläßt, aber er dehnt zugleich 
diese Wirkung auch auf die zukünftig Verstorbenen aus, indem 
für diese seit jenem Descensus die Unterwelt als Aufbewahrungs- 

‘ort aufgehoben ist. Früher hatte die Erde, heißt es In Exod. 
hom. VI, 6, alle verschlungen, deshalb fand Christus bei seinem 
Abstieg die Verstorbenen sitzend im Schatten des Todes, jetzt 
aber hat er sie hinaufgeführt, damit sie nicht wieder ver- 
schlungen werden, und hat für sie und ihre Nachfolger das 
regnum caelorum bereitet, So spielt der Descensus bei Origenes 
eine große Rolle und hat er ihn verhältnismäßig sehr oft in 
seinen Schriften erwähnt. Die Herausführung der alttestament- 
lichen Gerechten aus dem Hades ist das Gegenspiel für den Hinauf- 
stieg der gerechten Christen in das Paradies oder in den Himmel, 
Das Wort des Herrn zum Schächer am Kreuze ist nicht 

auf ihn allein gemünzt, sondern auf alle Heiligen, die damals 
in der Unterwelt weilten und ins Paradies geführt wurden?, 
Zu diesen Heiligen gehörte auch Adam*. Und wie an dieser 
Stelle an die Erzväter gedacht ist, so werden an anderer Stelle 
wiederum die Propheten und die übrigen Gerechten hervor- 
gehoben, deren Seelen im Hades die Seele Jesu erwarteten und 


— — —— 


een. ὕπου οἵ μακάριοι καὶ ἐκλεκτοὶ — 
ἐνέσϑαι 
1) ibid.: ἵνα οὕτως τὴν ὁδὸν ἀνοίξῃ" ἐγώ εἶμι ἡ ὁδόςε νὲ 
εἶμι ἡ ϑύρας. ὍὉδός ἐστιν ἐπὶ τὸ ξύλον τῆς ζωῆς, ἵνα γένηται, In 
διέλθῃς διὰ πυρός, φλὸξ οὐ κατακαύσει σε. 2) Possibile namque 
est αἱ si forte resipiscat, qui devoratus est, rursum possit evomi, 
‚sicut Jonas, Sed et omnes nos puto, quod aliquando terra devo- 
ratos in inferni penetralibus retinebat. et propterea dominus noster 
descendit non solum usque ad terras, sed usque ad inferiora terrae, 
et ibi nos invenit devoratos et sedentes sub umbra mortis, et inde 
educens non iam locum terrae, ut iterum devoremur, sed locum 
praeparat nobis regni caelorum, 3) In Gen. hom. XV, 5; tom, VIII, 
ΟΡ. 268 ed. Lomm.: Quod enim dixit ad latronem >hodie mecum eris 
in paradiso« hoc non ΠῚ soli dietum, sed et omnibus sanctis intel- 
-  lige, pro quibus in inferna descenderat. 4) ibid.: Quod autem dieit 
_ »revocabo te inde in finem«, hoc est, arbitror, sieut superius dixj- 
mus, ‚quod in fine saeculorum unigenitus filius eius pro salute 
mundi usque ad inferna descendit et inde protoplastum revocavit. 


544 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


schauten, während die Sünder in einem abgeschlossenen Raume 
vom Anblick der hinab- und aufsteigenden Seele Jesu ausge- 
schlossen waren'; sie verbleiben in dem Hades als dem Strafort 
für die Gottlosen. Also selbst Origenes kennt keinen Gott- 
Heros, der in der Unterwelt erscheint und alle feindlichen 
Mächte besiegt; die Seele des Verstorbenen kommt zu den 
andern Seelen, nur in dem Sinne ein Sieger, als er den Tod, 
der als eine personifizierte Macht seit Paulus 1. Kor. 15, 55 be- 
trachtet wurde, überwand, indem seine Seele nicht im Toten- 
reiche festgehalten wurde und er dabei eine Menge anderer 
gerechter Seelen als seine Beute mitnahm ?. Deshalb weist er 
auch den von Üelsus unter der Maske eines Juden erhobenen 
Einwand, daß Hadesfahrt und Auferstehung Christi zu den von 
den Griechen ersonnenen Mythen der Hadesfahrten bekannter 
Heroen in Parallele zu setzen seien (c. Cels. Il, 56), mit Energie 
zurück und begründet die Differenz folgendermaßen: ἕχαστος 
μὲν γὰρ τῶν λεγομένων κατὰ τοὺς τόπους ἡρώων βουληϑεὶς 
ἂν ἐδυνήϑη ἑαυτὸν ὑπεχχλέψαι τῆς ὄψεως τῶν ἀνϑρώπων 
za πάλιν χρίνας ἐπανελϑεῖν πρὸς οὗς καταλέλοιπεν" Ἰησοῦ δὲ 
σταυρωϑέντος ἐπὶ πάντων ᾿ἰΙουδαίων καὶ καϑαιρεϑέντος αὐτοῦ 
τοῦ σώματος ἐν ὄψει τοῦ δήμου αὐτῶν, πῶς οἷόντε τὸ πᾶρα- 
πλήσιον πλάσασϑαι λέγειν αὐτὸν τοῖς ἱστορουμένοις ἥρωσιν 
εἰς ἅδου καταβεβηχέναι χἀχεῖϑεν ἀνεληλυϑέναι; Es handelt 
sich also nicht um ein Wunder, sondern um eine Tatsache, daß 
nämlich die Seele des Toten zu den Gefilden hinabsteigt, wo 
alle Toten weilen. Der Glaube behauptet und beweist dies Img | 


nn = 


1) Selecta in Ps. 9, 18; tom. Xu, p. 22 ed. Lomm.: ὥσπερ ο 
παράδεισος τῶν δικαίων koriv οἰκητήριον, οὕτως aöng τῶν ἁμαρτωλῶν. 
κολαστήριον. ᾿Αποκλεισϑήτωσαν, φησίν, όπως μὴ ἴδωσιν ᾿Ιησοῦ ψυχὴν. 
καταβαίνουσαν καὶ ἀναβαίνουσαν ἔνδον ἀπεστραμμένοι. Οἱ γὰρ προσ- 
δοκήσαντες αὐτὴν ὡσπερεὶ ἔξω ἔβλεπον καϑειργμένοι (al. καϑαιρόμενοι) 
ἐν δου, πρῶτον μὲν οἵ προφῆται, ἔπειτα οἵ λοιποὶ πάντες δίκαιοι, 
ἢ πρῶτον μὲν οἵ ἐν ἡμῖν ἁμαρτωλοί, ἔπειτα τὰ ἔϑνη. 2) Vgl. In Ps. 
88, 23 (Pitra, Analecta sacra III, 164): ἀνεβιὼν ὃ σωτὴρ τριήμερος 
πατήσας τὸν ϑάνατον καὶ ἐσκύλευσεν τὸν ἄδην. — In Lib. I, Sam. 
hom. II; tom. XI, p. 325 ed. Lomm.; Εἶτα μετὰ τοῦτο ἐὰν ἀ ἀποκρίνηται, 
ὅτι Χριστὸς ἐν ἄδου καταβέβηκε, τί ποιεῖς; νικήσων ἢ νικηϑησό- 
μενος ὑπὸ τοῦ ϑανάτου; Καὶ κατελήλυϑεν εἰς τὰ χωρία ἐκεῖνα, 
οὐχ ὡς δοῦλος τῶν ἐκεῖν ἀλλ᾽ ὡς δεσπότης παλαίσων; ὡς 
πρῴην ἐλέγομεν ἐξηγούμενοι τὸν ψαλμὸν καί. ὩΣ 


Exkurs 1]. 545 


Tatsachen, daß dieser Tote auferstanden und seine Auferstehung 
kein Trug und Blendwerk sei, da die Jünger auf Grund dieses 


u ee er Ἄν er 
F ΡΥ a 2 7 


Glaubens nicht nur bei anderen die Verachtung des Todes be- 


wirkten, sondern dies auch durch die Tat an sich selbst zeigten 
(6, Cels. II, 56). Und dem Celsus, der- über den in der Unter- 
welt predigenden Christus seine Glossen macht, gibt er die Ant- 


wort: γυμνὴ σώματος γενόμενος ψυχὴ ταῖς γυμναῖς σωμάτων 
ὡμίλει ψυχαῖς, ἐπιστρέφων κἀκείνων τὰς βουλομένας πρὸς 
αὐτὸν ἢ ἃς ἑώρα di οὖς ἤδει αὐτὸς λόγους ἐπιτηδειοτέρας 
(e. Cels. ΠΠ, 43). Man merkt sofort, daß Origenes’ Worte auf 
heidnische Leser berechnet sind, da er sich wohl hütet, die 
ehristlichen Glaubensgedanken in bezug auf den Descensus offen 
zu bekennen, und sich daher in allgemeinen Ausdrücken be- 
wegt. Denn kein heidnischer Leser kann erkennen, daß es sich 
um die Seelen der alttestamentlichen Gerechten handelt; auch 
sprieht Origenes von einer ἐπιστροφή, sodaß eine Bekehrungs- 
predigt für die empfänglichen Seelen vorausgesetzt wird, um 
auf diese Weise den Universalismus des christlichen Heils- 
gedankens in ein günstiges Licht zu setzen. Daß Origenes für 
seine Person diese Position im Grunde seines Herzens vertritt, 
resp. im Laufe seiner inneren Entwicklung gewonnen hat, er- 
sieht man am besten aus seinen Ausführungen im Johannes- 
Kommentar, Fragm. LXXIX, p. 546 ed. Preuschen. Dort kommen- 
tiert er den Ausspruch des Thomas in Joh. 11, 16: ἄγωμεν ἵνα 
συναποϑάνωμεν αὐτῷ in folgender Weise: εἰχὸς δὲ ὅτι χαὶ 
ἠκηχόει λείπεσϑαι οἰχονομίαν τῷ υἱῷ τοῦ ϑεοῦ τὴν περὶ 
ψυχῶν, ἣν ἔμελλε ποιεῖν καταβὰς εἰς τὸ χωρίον αὐτῶν, ἕνα 
τοῖς ἐν φυλακῇ πνεύμασι κηρύξῃ, πορευϑεὶς πρὸς αὐτά, ἀπει- 
ϑήσασί ποτε. Thomas hätte geglaubt, ‚als er das Wort des Herrn 
gehört: πορεύομαι ἵνα ἐξυπνίσωο αὐτόν (Joh. 11, 11), daß Jesus 
den Lazarus nur auf die Weise von den Toten auferstehen lassen 
könne, daß dieser selbst zum Orte der Seelen hinabsteige, des- 
halb hätte Thomas als echter Jünger die andern aufgefordert, 
Jesu zu folgen, um mit ihm zu sterben. Ist diese Interpretation 
eine mehr als gekünstelte — Origenes hat dies selbst gefühlt! —, 


1) Er fügt nämlich als Meinung anderer Exegeten hinzu: οὗ 
"μὴ βουλόμενοι διὰ τοῦτο αὐτὸν λέγειν φήσουσιν ὅτι ὑποπτεύων τὸν 
φϑόνον τῶν ᾿Ιουδαίων ἐκ τοῦ ἀναστῆναι τὸν “άζαρον καὶ 
τὸν ἑπόμενον κίνδυνον τοῦτο αὐτὸν εἰρηκέναι. 
T. a. U. "16: Schmidt-Wajnberg. 35 


546 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


so ist die Stelle selbst für die origenistische Auffassung der 
Hadesfahrt von besonderem Interesse. Denn hier wird ganz 
offen 1. Petr. 3, 19f. für die Predigt Christi an die Geister 
im Gefängnis der Unterwelt verwendet; damit ist die altehrist- 
liche Idee von der Predigt an die alttestamentlichen Gerechten, 
wie sie auch sonst Origenes vertreten hat, zugunsten des uni- 
versalistischen Heilsgedankens direkt verleugnet. Christus er- 
scheint nicht am Orte der ἀνάπαυσις der Gerechten, sondern 
ganz allgemein im χωρίον τῶν ψυχῶν. Noch an einer anderen 
Stelle des Johannes-Kommentars, nämlich VI, 35, p. 144 ed. 
Preuschen, erwähnt Origenes die Petrusstelle bei Gelegenheit 
der allegoristischen Deutung der Schuhe Christi Mare. 1, 7, denn 
unter dem einen Schuh versteht er die Menschwerdung, d. i. im 
Sinne des Origenes die χατάβασις εἰς γῆν, unter dem andern 
die χατάβασις εἰς ἅδου und die πορεία εἰς φυλακήν. Auf die 
κατάβασις εἰς ἅδου ziele ab Ps. 15, 10 und auf die πορεία εἰς 
φυλαχήν 1. Petr. 3, 18£.!; hier scheinen «dns und φυλαχή unter- 
schieden zu sein?, 

Damit möchte ich meine Untersuchungen über den Descensus 
Christi ad inferos bei den altehristlichen Schriftstellern abbrechen. 
Es kam mir nicht so sehr auf vollständige Sammlung aller ein- 
zelnen Stellen an, als vielmehr auf die Darlegung der Hadesidee 
vom eschatologischen Standpunkte der verschiedenen Schrift- 
steller. Durch diese Art der Behandlung sollte deutlich vor die 
Augen treten, was christlicher Glaube, was dogmatisch-gelehrtes 
Beiwerk der Theologen ist. Zu den Theologumena gehört die 
Predigt Christi an die ungehorsamen Geister 1. Petr. 3, 18f., 
die Predigt der Apostel und Lehrer in der Unterwelt bei Her- 
mas, die Predigt Christi an die gerechten Seelen der Heiden 
bei Clemens, die Predigt der Propheten und Johannes’ des Täufers 
in der Unterwelt vor dem Erscheinen Christi und die Bekehrungs- 
predigt an alle Verstorbenen durch Christus selbst bei Origenes. 
Das ist alles Rankenwerk. Klar jedoch hebt sich dagegen der 
urchristliche Glaube ab, der die abgeschiedene Seele Jesu in den 
Hades eingehen läßt und damit eine heilsgeschichtliche Tätigkeit 


1) Die beiden Zitate finden wir auch In Matth. comment. series 
c, 132, tom, V, p. 49 ed. Lomm. beisammen. 2) Mir ist nicht ganz 
klar, was die Bemerkung zu ἄδης bedeuten soll: ὅστις ποτέ ἐστιν 6 > 
ἄδης und der Zusatz τὸ λοιπόν bei πορεία εἰς φυλακήν. 


ae ER 


Exkurs II. >47 


während des dreitägigen Aufenthalts verbindet. Diese Tätigkeit 


bezieht sich ausschließlieh auf die alttestamentlichen Gerechten, 


welehe die erste messianische Gemeinde bilden sollen, deshalb 
die Verkündigung des Heils und ihre Aufnahme in die Gemeinde 
durch die Taufe, zugleich ihre Befreiung aus der Unterwelt 


und Aufstieg in die obere ἀνάπαυσις. Dagegen macht sich bei 
den antignostischen Vätern, vor allem bei Tertullian der Versuch 
bemerkbar, die soteriologische Wirksamkeit in der Unterwelt auf 
die Predigt zu beschränken, eine Befreiung aus der Unterwelt 


-für die vorchristlichen Gerechten auf die Zeit der zweiten Parusie 


Christi zu verschieben, um den Gedanken an die Auferstehung 
der Gesamtmenschheit nicht zu gefährden. Zu dieser Umbiegung 
werden sie umsomehr veranlaßt, als sich Strömungen innerhalb 
der Katholiken selbst geltend machen, die den Zwischenzustand 
in der Unterwelt gerade in Anknüpfung an die Herausführung 
der vorchristlichen Gerechten und unter der Einwirkung helle- 
nischer Gedanken für die Christen ganz aufheben wollen und 
für diese Idee des direkten Eingehens der Seelen in den Himmel 
die Unterstützung der alexandrinischen Religionsphilosophen 
finden. Aber ganz unberührt von diesem Streite der Meinungen 
bleibt die Hadesfahrt Christi selbst. Dieser Glaube hat inner- 
halb der katholischen Kreise nie eine Erschütterung erfahren, 
er war auch zu fest im Gemeindeglauben verankert, er gehörte 
gewissermaßen zum ungeschriebenen Kerygma. 

Und damit komme ich wieder zu Boussets These zurück, 
der das wirkliche Verhältnis auf den Kopf stellt und an die 
Stelle der friedlichen Predigt eine Fahrt des Kampfes und 
Sieges setzt. Bausset stellt die apodiktische Behauptung. auf, 


daß diese Idee sich zwar nicht in der vornehmen christlichen 


Literatur finde, wohl aber ein unliterarisches Dasein seit frühester 


Zeit geführt habe. Er findet sogar in einer Reihe von ntlichen 


Stellen, wenn auch nur in Fragmenten, die starken, volkstüm- 


᾿ lichen und mythologischen Vorstellungen vom Kampf Christi 
mit den Mächten der Unterwelt. 


Da müssen wir zunächst die Frage aufwerfen, wer denn 


Be: unter dem Fürsten oder den Mächten der Unterwelt zu ver- 
stehen ist, denn der Sieger setzt doch einen Gegner voraus. 


Dabei stoßen wir auf die Tatsache, daß das Spätjudentum einen 


Herrscher der Unterwelt im allgemeinen nicht kennt. Der wider- 
35" 


548 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


göttliche Gegner, mag er nun den Namen Satan, Beliar, Mastema, 
Diabolos führen, hat es nieht mit den Toten, sondern mit den 
Lebendigen zu tun. Er sowohl wie seine Engel und Geister 
sind das böse Prinzip in der Welt, das die Menschen zum 
Bösen, zum Abfall von Gott verleitet, überall Sünde und Ver- 
derben verbreitet. Ursprünglich selbst Engel hat er sich gegen 
Gott aufgelehnt und ist deshalb aus dem Himmel geworfen, um 
sich von jetzt ab ein eigenes Reich in dem Raume zwischen 
Himmel und Erde zu gründen. Und diese Herrschaft dauert 
bis zu dem Zeitpunkte, wo Gott zum Tage des großen Gerichtes 
erscheinen und nicht nur an den bösen Menschen, sondern auch 
an dem Satan und seinen Scharen Rache nehmen und sie in die 
Unterwelt, bzw. in die Gehenna werfen wird. 

Im Grunde ist Jahwe auch der Herrscher der Unterwelt 
und übt seine Herrschaft durch seinen himmlischen Heerstaat 
aus. Nach Henoch 20, 2 ist der Erzengel Uriel über den Tar-' 
tarus gesetzt und begleitet den Henoch auf seiner Hadesfahrt 
(18, 11ff.). Der Erzengel Raphael ist über die Geister der Men- 
schen gesetzt (20, 3), auch er gehört zu den Begleitern des 
Henoch in der Unterwelt (22,3). Da ist ferner der Erzengel 
Jeremiel, an den die Seelen der Gerechten in den Kammern die 
Frage richten, wie lange sie noch in der Scheol verharren 
müssen (4. Esr. 4, 35f.).. Daneben existieren Engel, welche die 
Seelen der Gerechten in ihren Kammern bewachen und be- 
schützen (4. Esr. 7, 85. 95), und Todesengel, die die Seelen zur 


Scheol geleiten (Hiob 33, 23), oder die die Seelen der Gottlosen 


an den Ort der Strafe bringen (Sophonias-Ap. ed. Steindorf 5, 43). 
Aber sie alle sind Vollstrecker des Willens Jahwes und haben 
nichts mit dem Satan als ihrem Beherrscher zu tun. Wohl 
kennt, der Verfasser der Sophonias-Apok. einen Herrscher über 
dem Abgrund und dem Hades, in dessen Hand alle Seelen vom 
Ende der Sündflut ab eingeschlossen sind, aber dieser, mit Namen 
Eremiel, trägt so wenig die Züge des Satans an sich, daß der 
Prophet in ihm den Herrn, den Allmächtigen, zu schauen glaubt 
(5. Steind. 8. 51). 

Diese volkstümlichen Anschauungen finden wir auch in den 
ntlichen Schriften wieder. Die Gestalt des Satans tritt uns hier 
in greifbarer Gestalt entgegen. Wo er auch immer in dn 
Evangelien und den übrigen ntlichen Schriften auftaucht, stets 


Exkurs II. 549 


wird er mit den Menschen, mit der Welt in Verbindung ge- 
bracht, er tritt als Herrscher dieser Welt auf (Joh. 12, 31; 14, 30; 
16, 11; 2. Kor. 4, 4; Matth. 4, 8), der über die bösen Dämonen 

-  gebietet (Matth. 12, 24 u. Par.), der die Menschen mit gottlosen 
Gedanken erfüllt (Luc. 22, 3. 31; Joh. 13, 27; Act. 5, 3), der sie 

zum Unglauben, zum Abfall von Gott verführt (Mare. 4, 15; 
Matth. 13, 39; Apok. Joh. 12,9; 20,8), dem die Sünder deshalb zum 
Eigentum übergeben werden (1. Kor. 5, 5; 1. Tim. 1, 20). So fühlt 

der Mensch täglich die Macht dieses Widersachers, zu dessen 
Überwindung Jesus erst den Grundstein gelegt hat, um ihn bei 

seiner Wiederkunft vollständig zu vernichten. Dann wird der Satan 

samt seinen Engeln ins ewige Feuer geworfen (Matth. 25, 41), 

seine Herrschaft auf Erden hat ein Ende (Joh.12, 31; 16, 11). Dies 

alles setzt voraus einen Herrscher, der mit der lebenden Mensch- 

| heit zu schaffen hat, dessen Reich auf Erden zu suchen ist, 
{ wenn auch als sein Sitz und der seiner Geister die Luft gedacht 
| ist (Eph. 2,2). Mit den Toten hat auch der ntliche Satan nichts 
zu tun; wohl heißt es von ihm, daß er die Gewalt des Todes 
3 besitze (Hebr. 2, 14), aber doch nur in dem Sinne, daß der 
Teufel, wie er alles Unheil, alle Sünde über die Menschen aus- 
breitet, so auch den Tod als das schrecklichste Übel verhängt '; 
deshalb die Menschen durch Todesfurcht im ganzen Leben in 


seiner Sklaverei gehalten werden (Hebr. 2, 24). Er gilt gewisser- 
τος maßen auch als der Urheber des Todes Jesu (Joh. 14, 30), doch 
dieser Tod hat die erste Bresche in seine Herrschaft gelegt. 
Hat bereits Jesus durch die Dämonenaustreibungen die Unter- 
tanen des Satans überwunden (Matth. 12, 28; Luc, 10, 18), so noch 
mehr durch seine Auferstehung den Schreeken des Todes für 
die Menschheit gebannt. Mag auch der Satan durch die Fort- 
dauer des leiblichen Todes seine Herrschaft weiterhin behaupten, 

der Stachel des Todes, d. h. die Herrschaft der Sünde ist ge- 
brochen (1. Kor. 15, 55). Wie wenig Jesus an eine Unterwelts- 
‚herrschaft des Satans gedacht hat, geht hervor aus dem Ausspruch 
Lue. 10, 18, daß er den Satan infolge der Dämonenaustreibungen 
von seiten der Jünger vom Himmel wie einen Blitz habe fallen 


1) Schon nach altjüdischer Auffassung ist die Herrschaft des 
Todes durch die Sünde Adams infolge des Neides des Teufels in die 
Welt gekommen. Vgl. Weish. Sal. 1, 13f.; Hen. 69, 11; Bar. 17, 3; 
19,8; 28,4; 4. Esr. 3,7. Dazu Röm. 5, 12f.; 1. Kor. 15, 20f. 


550 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


‘sehen ', und aus Matth. 25, 41, daß das ewige Feuer dem Teufel 
und seinen Engeln bereitet ist. Das Endschicksal des Satans 
und seiner Engel ist eben mit dem Endschicksal der sündigen 
Menschheit und der ‚widergöttlichen Weltmacht auf das engste 
verknüpft. Dramatisch wird dieser Triumph Gottes und seines 
Sohnes am Ende der Tage in der Apok. Johannes geschildert, 
wie der Drache, die alte Schlange, d. i. der Teufel und der 
Satan? vom Engel in den Abgrund geworfen und daselbst auf 
tausend Jahre gebunden (ce. 20, 1ff.) und wie er nach Verlauf 
dieser tausend Jahre aus seinem Gefängnis losgelassen wird, um 
noch einmal den Kampf um die Herrschaft auf der Erde auf- 
zunehmen, wie aber dieser letzte Angriff scheitert und er in die 
λιμνὴ τοῦ πυρὸς καὶ ϑείου geworfen wird (ec. 20, 7), Dort 
weilt er mit den schweren Sündern (e. 21, 8). Der Satan als 
der Erzsünder wird also auf eine Linie gestellt mit den mensch- 
lichen Sündern. Dabei wird er deutlich unterschieden von dem 
ϑάνατος und dem “dns; letztere sind nicht zwei verschiedene 
Mächte, sondern nur zwei verschiedene Bezeichnungen für ein 
und dieselbe Sache, d.b. für den Hades als Sitz des Todes und der 
Toten‘. Der Tod resp. der Hades ist ce. 6, 8 als Person gedacht, 
der auf einem gelben Pferde sitzt und überall sein todbringendes 
Verderben ausstreut. Bei der allgemeinen Auferstehung gibt er 
seine Toten heraus und wird mit ihnen gerichtet, dabei wird 
er in die Au») τοῦ πυρός geworfen, erleidet also dasselbe 
Schieksal wie der Satan; so kommt über ihn der zweite Tod 
(e. 20, 13f,; 21,8). Denn mit der allgemeinen "Auferstehung 
nimmt auch die Unterwelt ein Ende, nachdem der Hades ge- 
öffnet, die Toten sämtlich zum Leben erweckt sind; nach 
dem Gericht kehren die Verworfenen nicht mehr in sie 
zurück, sondern werden in die Hölle geworfen. Dort mag nun 
der Teufel als Herrscher gelten, aber bis zum allgemeinen Welt- 


1) Mit dem Anbruch der Messiaszeit neigt sich die Herrschaft des 
Satans dem Ende zu. 2) Die Namen διάβολος und σατανᾶς sind 
nur zwei verschiedene sprachliche Bezeichnungen für ein und dieselbe 
Person (vgl. 12, 9). 3) Der Apokalyptiker kennt einen Engel des 
Abgrundes, der den hebräischen Namen Abaddon, den griechischen 
Namen Apollyon führt (c. 9, 11. Er redet von einer x»Asig τοῦ 
φρέατος τῆς ἀβύσσου (c. 9, 1; 20, 1). 4) Auch im A.T. werden 
ϑάνατος und «öng promiscue gebraucht. 


Exkurs 1]. 551 


τ " gericht existiert nach urehristlicher und altehristlicher Vor- 
stellung die Hölle ebenso wenig wie die höllischen Mächte exi- 


'stieren. Mit Recht hat Harnack in seiner Abhandlung, Der 
Spruch über Petrus als den Felsen der Kirche, Abh. d. Berl. Ak., 
pbil.-hist. Kl., 1918, 8. 638f. diese Tatsache wieder ans Licht 
gestellt und bemerkt, daß er keine Stelle kenne, an welcher die 
πύλαι ἅδου das Reich des Satans bedeuten oder gar für diesen 
selbst und seine Scharen gebraucht werden. Und in der Tat 
konnte diese Wendung der Jenseitsvorstellungen erst eintreten, 
als der christliche Glaube die alttestamentliche Unterwelt zum 
alten Eisen geworfen und an die Stelle der beiden Warte- 
regionen in der Unterwelt den Himmel und die Hölle gesetzt 
hatte. Es ist daher nichts weiter als eine moderne Eintragung 
in den Text, wenn Bousset aus Apok. Joh. 1, 18 die Ansicht ent- 
nimmt, daß derjenige, welcher die Schlüssel der Beherrscher der 
Unterwelt in der Hand habe, diese in siegreichem Kampf den 
igen Mächten dort unten abgerungen, so daß die Hades- 
fahrt eine Fahrt des Kampfes und Sieges gewesen wäre (Kyr. 
Chr. S.37). Denn der Menschensohn besitzt diesen Schlüssel 
zum Tode resp. Totenreiche insofern, als er, der Tote, wieder 
lebendig geworden ist und darum imstande ist, andere lebendig 
zu machen. Deshalb kann auch auf diese Stelle von Matth. 16, 15 
aus kein Licht fallen, wie Bousset vermeint!, da die πύλαι τοῦ 
ϑανάτου, wie Harnack in der eben genannten Abhandlung nach- 
gewiesen hat, nur eine Umschreibung, bzw. ein pleonastischer 
Ausdruck für „Tod“ sind. Nicht ist die Rede davon, daß die 
Pforten des Hades gesprengt sind und den Durchgang zur Frei- 
heit nicht mehr verwehren, sondern daß der leibliche Tod über 
Petrus nicht die Oberhand gewinnen, d. h. daß dieser nicht 
sterben werde. In gleicher Weise ist zu beanstanden, daß der 
Verfasser des Epheserbriefes ὁ. 4, 9 die Worte des Ps. 68, 19: 
ἠχμαλώτευσεν αἰχμαλωσίαν auf den Sieg des Lebensfürsten 
über die dämonischen Scharen des Hades gedeutet haben soll?, 
und ganz auch subjektivem Einfall schmeckt die Auffassung von 


1) — Gschwind 1, e. 8. 240f. deutet die Pforten der Unter- 

‘welt fälschlich im Sinne einer gottfeindlichen, gegen das Messias- 
reich anstürmenden Macht. 2) Nach Iren, Epid. ce. 83 ist unter den 
Gefangenen die Vernichtung der Herrschaft der empörerischen Engel 
zu verstehen. 


552 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Matth. 27, 51 als eines Widerhalles des gewaltigen Kampfes, der 
um diese Zeit, da der Lebensfürst mit dem Hades rang, in der 
Unterwelt tobte. Wäre wirklich die Idee von dem triumphieren- 
den Sieger über die Mächte der Unterwelt in der urehristlichen 
Zeit lebendig gewesen, würde man schwerlich im Kerygma be- 
kannt haben, daß Christus von Gott auferwecekt wäre. An dieser 
Gewißheit, daß Gott seinen Gesandten nicht im Tode belassen, 
sondern auferweckt habe, rankte der Glaube der Messiasgemeinde 
empor. Daß der Messias aus eigener Kraft und eigenem Willen 
die Gewalt des Hades siegreich gebrochen hat, war nicht der 
nächstliegende Gedanke. Und vollends einen Erlöserheros, der 
aus himmlischen Höhen in die Tiefen der Unterwelt hinabsteigt, 
um dort unten mit den Dämonen zu kämpfen, ihre Macht zu 
brechen, ihnen das Geheimnis zu rauben, auf welchem ihre Kraft 
beruht, der dann wieder sich siegreich in die Höhe erhebt, hat 
das genuine Christentum weder aus sich geboren, noch aus 
andern Religionsgebilden übernommen. 

Dasselbe gilt auch von den Christen der nachapostolischen 
und altkatholischen Zeit. Nach Bousset sollen die mytho- 
logischen Vorstellungen in schriftliehen Dokumenten, die nicht 
eigentlich zur feineren literatur gehören, zum Durchbruch 
kommen. An erster Stelle führt er einen Satz aus einem im 
Syrischen erhaltenen, dem Melito von Sardes zugeschriebenen 
Fragment an: ut quum dominus noster surrexit e mortuis et 
pede decalcavit mortem et vinxit potentem et solvit hominem!, 
Sollte dieser Satz wirklich aus der Feder des Melito stammen, 
so kann ich noch keineswegs ihm den Gedanken an den Sieg 
über den Herrscher der Unterwelt entnehmen, denn es handelt 
sich höchstens im Sinne des Paulus um die Besiegung des 
Teufels als des Urhebers des leiblichen Todes?. Als weiteres 


1) Otto, Corp. Apolog. IX, Fragm. XII. 2) Ich möchte über- 
haupt stark bezweifeln, ob die ältesten Christen bei den häufig 
wiederkehrenden Hinweis auf die Besiegung oder Vernichtung des 
Todes an den Hades gedacht haben. Für sie stand das Heilsgut 
des Lebens im Gegensatz zum Tode. Dies faßt Iren. Epid, c. 6 
treffend in die Worte: „Der auch am Ende der Zeiten, um alles 
zur Vollendung zu bringen und zusammenzufassen, Mensch unter 
Menschen, sichtbar und tastbar geworden ist, um den Tod zu ver- 
nichten und das Leben aufzuzeigen und eine Gemeinschaft zwischen 
Gott und Menschen zu bewirken“, Der Sieg über den Tod ist da- 


Exkurs IL 553 


Zeugnis führt Bousset die sogenannte ägyptische Kirchenordnung 
an, wo sich innerhalb der Praefation der Bischofsmesse der Satz 
findet: qui cumque traderetur voluntariae passioni, ut mortem 
 solvat et vincula diaboli dirampat et infernum calcet et iustos 
inluminet et terminum figat et resurrectionem manifestet. Hier 
werden deutlich Teufel und Unterwelt unterschieden, denn unter 
den Fesseln des Teufels sind nicht die den Toten in der Unter- 
welt angelegten Fesseln zu verstehen, sondern die Fesseln des 
Truges, durch die der Teufel die Menschheit an sich gebunden 
hat !, oder auch die Fesseln des Todes, mit denen die Menschen 
auf Erden gebunden sind. Interessant sind die Worte: iustos 
inluminet, die Bousset nicht angeführt hat, Da dieses inluminare 
der Gerechten offensichtlich in der Unterwelt erfolgt sein soll, 
ist an die Erleuchtung der alttestamentlichen Gerechten im 
Allgemeinen oder an die Taufe im Speziellen gedacht”. Wenn 
zugleich Töne angeschlagen werden, die bei den früheren Schrift- 
stellern unbekannt waren, so müssen wir einerseits die Zeit in 
Erwägung ziehen — wir befinden uns im 3. Jahrh. —, anderer- 
seits die liturgische Sprache, welche gern in plastischen Bildern 
sich bewegt. Der Mythus von der Höllenfahrt im Sinne von 
Bousset kommt nicht in Frage. 

Bei dieser Gelegenheit möchte ich die Aufmerksamkeit auf 
eine andere liturgische Stelle lenken, welche wir am Schlusse 
der syrischen Didaskalie finden. Dort lesen wir folgendes Ke- 


— — — 


mit an die Passio geknüpft; vgl. Iren. II, 20, 3: Et dominus quidem 
per passionem mortem destruxit, ..... vitam autem manifestavit et 
ostendit veritatem et incorruptionem donavit. In diesem ‚Sinne 
könnten auch die Worte des Melito als echt anerkannt werden. 
1) So hat es der Verfasser des VIII. Buches der Apostol. Constit, 

ο΄  aufgefaßt: ἵνα... δήξῃ τὰ δεσμὰ διαβόλου καὶ ῥύσηται τοὺς ἀνθρώπους 
ο΄ ἐκ τῆς ἀπάτης αὐτοῦ (c. 12, 38). Noch besser illustriert den Gedanken 
der Verfasser der Acta Pauli, der den Paulus in dem Briefe an die 
 Korinther also schreiben läßt (v. 11f.): 6 δὲ ἄρχων, ἄδικος ὧν, ὅτι 


Re ϑεὸς ἐθέλησεν εἶναι, ἐπιβαλὼν τὰς χεῖρας ἀπέκτεινεν αὐτούς (Sc. προφή- 


τας), [καὶ] οὕτως πᾶσαν τὴν σάρκα τῶν ἀνθρώπων τῇ ἐπιϑυμία προσ- 


—— ἐδησεν. ὁ δὲ ϑεὺς παντοχράτωρ.... ἐξαπέστειλεν τὸ πνεῦμα αὐτοῦ εἰς 


ο΄ Μαρίαν, ἵνα ἐν 7 σαρκὶ 6 πονηρὸς ἐκαυχήσατο, διὰ ταύτης νενικημένος 
ΟΠ ἀποδειχϑῇ. --- Über die verschiedene Auffassung der Fesselung vgl. 
- Ὁ, 8.321. 2) Der äthiopische Text bei Ludolf überliefert: „daß 
er... die Heiligen hinausführte (vgl. Achelis, Die Canones Hippo- 


Iyts, TU VI, 4, 8. 58). 


554 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


rygma von Uhristus im Schlußgebet: „Dem aber, der durch die 


Kraft die Ohren eurer Herzen zu öffnen vermag, ..... der in 
den Tagen des Pontius Pilatus gekreuzigt wurde und entschlief, 
um Abraham, Isaak und Jakob und allen seinen Heiligen von 
der Vollendung der Welt und der Auferstehung, die den Toten 
bevorsteht, zu predigen, und der von den Toten auferstand ete, etc. 
(Achelis-Flemming, Die syr. Didaskalia, TU. N.F. X, 2, S. 145). 
Hier ist noch die alte Idee der Hadesfahrt festgehalten. Der 
Entschlafene ist in die Scheol eingegangen und zwar zu dem 
Orte, an dem die Erzväter mit den übrigen Heiligen weilen. 
Diesen wartet Christus mit einer Predigt auf; als Gegenstand 
der Predigt wird die Vollendung der Welt und die Auferstehung 
von den Toten angegeben. Daß die Hadesfahrt noch eine 
weitere soteriologische Wirkung für die verstorbenen Gerechten 
gehabt hat, wird nicht ausdrücklich hervorgehoben. 

Kehren wir zu den von Bousset angeführten Zeugnissen 
zurück, so finden wir in den Acta Thaddaei, resp. in der Predigt 
des Thaddaeus zu Edessa folgende Stelle (Euseb. h. e. 1, 13, 20): 
καὶ ἐσταυρώϑη καὶ κατέβη εἰς τὸν “Διδην καὶ διέσχισε φραγ- 
μὸν τὸν ἐξ αἰῶνος μὴ σχισϑέντα, καὶ ἀνήγειρεν νεχροὺς, καὶ 
κατέβη μόνος, ἀνέβη δὲ μετὰ πολλοῦ ὄχλου πρὸς τὸν πατέρα 


αὐτοῦ. Bezeichnend ist, daß die Hadesfahrt Christi einen so 


großen Raum in der Missionspredigt einnimmt. Im übrigen 
bietet die Stelle nichts Absonderliches. Noch tritt Christus 
nicht in voller Glorie mit seinen Heerscharen auf; er geht 
vielmehr als Toter allein in den Hades, aber sein Aufstieg er- 


folgt mit großem Gefolge. Daraus erkennt man seine soterio- 
logische Wirksamkeit, die als eine Auferweckung von Toten 


charakterisiert wird. Wer diese Toten sind, wird nicht weiter 
gesagt, da es als bekannt vorausgesetzt wird. Offenbar ist ge- 
dacht an den Bericht Matth. 27, 52f., der in späterer Zeit mit 
der Hadesfahrt in Verbindung gebracht wurde, indem die hei- 
lige Stadt nicht auf das irdische, sondern auf das himmlische 
Jerusalem gedeutet wurde!. Absonderlich ist nur die Bemer- 
kung, daß Christus die von Ewigkeit her nicht zerrissene Um- 
zäunung sprengte. Der Hades wird also durch einen φραγμός 
abgeschlossen vorgestellt”, wie man ja allgemein von den 


1) Vgl. Gschwind 1, c. 8. 198, 2) Nach Act. Thom, 6. 32 


umgab ein φραγμός auch das Paradies. 


ἐᾷ 
, 
4 
4 
Ἵ 

᾿ 


Exkurs Il. >55 


| — des Hades sprach. Diese Mauer hat Christus beseitigt, 
denn da vor seinem Erscheinen in der Unterwelt niemand den 


Ort verlassen konnte, ist jetzt der Ausweg für die Toten frei- 


geworden; sie sind zum Leben wieder zurückgekehrt und mit 
ihrem Befreier zum Vater heimgekehrt; — Christus feiert einen 
Triumph, aber nicht über den Satan, sondern über den Hades!. 
Eine andere Luft weht uns aus den Thomasakten entgegen. 
Das nimmt nieht weiter Wunder, da diese Akten selbst inner- 
halb der apokryphen Apostelakten eine Sonderstellung ein- 
nehmen und insbesondere wegen ihrer Hymnen (ec. 6. 108) fast 
allgemein als gnostisches Produkt angesehen werden. Insofern 
würde dieses Zeugnis für die katholische Kirche keine Beweis- 
kraft besitzen, aber ich muß auch hier von neuem betonen, daß 
ich den gnostischen Charakter der Thomasakten nach wie vor 
bestreite, denn es handelt sich um ein Erzeugnis der syrischen 
Provinzialkirche, die lange Zeit unter dem Einfluß des Tatian 
und Bardesanes gestanden und deshalb gnostisierende Ten- 
denzen konserviert hatte. Für die allgemeine katholische 
Kirche können die Akten nur in bedingtem Maße verwertet 
werden. Aber auch in dieser Gestalt legen sie gerade in der 
Frage der Hadesfahrt Christi Zeugnis für den großkirchlichen 
Charakter der Akten ab. Denn gnostischer Auffassung wider- 
spricht, wie wir gesehen haben, der Herabstieg der Seele Christi 

in den Hades, hier aber wird dies mit aller Entschiedenheit 
behauptet. Gleich in dem ersten Gebet wird Christus folgender- 


ES ncdernkiett: αν τε μεθ τοῦ Gürıen, ἡ 


δύναμις ἡ ἀπτόητος ἡ τὸν ἐχϑρὸν καταστρέφασα, καὶ ἡ φωνὴ 
ἡ ἀχουσϑεῖσα τοῖς ἄρχουσιν, ἡ σαλεύσασα τὰς ἐξουσίας αὐτῶν 


ἁπάσας, ὃ πρεσβευτὴς ὁ ἀπὸ τοῦ ὕφους ἀποσταλεὶς καὶ ἕως 
τοῦ δου καταντήσας, ὃς χαὶ τὰς ϑύρας ἀνοίξας ἀνήγαγες 
ἐχεῖϑεν τοὺς ἐγκεχλεισμένους πολλοῖς χρόνοις ἐν τῷ τοῦ σχό- 
τοὺς ταμιείῳ, καὶ τούτοις τὴν ἄνοδον ὑποδείξας τὴν εἰς τὸ 


— Ei ὕφος ἀνά iyovoar. 


Es wird notwendig sein, diese Stelle nicht isoliert, sondern 
im Lichte der sonstigen Ausführungen des Verfassers zu be- 


ἢ Bemerken will ich noch, daß die Acta Thaddaei höchst- 
wahrscheinlich in der zweiten Hälfte des 3. Jahrh. entstanden sind, 
2) Acta Thom. e. 10; vgl. Acta apost. apoer. II, 2 S. 115, 1 ff. 


556 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


trachten. Indem wir sie zunächst für sich mustern, erkennen 
wir, daß sie in zwei Teile zerfällt. In dem ersten Teile wird 
Christus gepriesen als die Kraft, die den Feind niedergeworfen, 
und als die Stimme, die von den Archonten gehört ist und alle 
deren Gewalten in Erschütterung versetzt hat. Im zweiten Teile 
gilt Christus als der Abgesandte aus der Höhe, der bis zum 
Hades hinabgekommen ist, die Tore desselben geöffnet und die 
dort seit langer Zeit in der Kammer der Finsternis Einge- 
schlossenen hinaufgeführt und ihnen den Aufgang zur Höhe 
gewiesen hat. Hier muß unbedingt auf zwei verschiedene Akte 
im Leben des Erlösers angespielt sein. Im zweiten Teile han- 
delt es sich um den Hades, im ersten um den ἐχϑρός, die ἄρ- 
χοντες und die ἐξουσίαι. Wer ist zunächst der 249006? Er ist, 
wie die zahlreichen Stellen beweisen, das widergöttliche Prinzip 
in der Welt, dessen Bezwingung als die größte Tat des Gottes 
Christus gepriesen wird. Er ist der Widersacher ($. 160, 2) 
zar' ἐξοχήν, gegen den der ununterbrochene Kampf gilt so- 
wohl von seiten Christi (S. 162, 14) wie von seiten des Apostels 
(S. 162, 4 ff.)!, Der „Feind“? ist die Ursache aller menschlichen 
Laster, daher ist die ἀγεωσύνη eine χαταστρέφουσα τὸν ἐχϑρόν 
(S. 201, 17) oder es heißt $. 201, 33: ἡ πρᾳύτης τὸν ἐχϑρὸν 
χατεδουλώσατο. Sein Reich ist von dieser Welt, daher ist er 
identisch mit dem χαϑεζόμενος ἐπὶ ϑρόνου Fels τὴν ὑπ᾽ 
οὐρανόν (8.148,19). In dem Kampfe gegen ihn erscheint 
Christus als der Sieger zugleich mit seinen Dienern: ὁ ἐπαμύν- 
Top χαὶ βοηϑὸς ἐν ἀγῶνι τῶν ἰδίων δούλων, ὁ τὸν ἐχϑρὸν 
ἀποστρέφων καὶ ἀποσοβῶν ἀφ᾽ ἡμῶν, ὁ εἰς πολλοὺς ἀγῶνας 
ὑπὲρ ἡμῶν ἀγωνιζόμενος καὶ νιχᾶν ποιῶν ἡμᾶς ἐν πᾶσι, ὃ 
ἀληϑὴς ἀϑλητὴς ἡμῶν καὶ ἀήττητος" ὁ στρατηλάτης ἡμῶν ὁ 
ἅγιος καὶ νικηφόρος (8. 151,18. Demgemäß ist unter dem 


— nichts anderes als der διάβολος zu verstehen, der dem 


1) Vgl. auch 5. 146, 10 in bezug auf Thomas: ἐλέγξεις τὴν φύσιν 


καὶ τὴν δύναμιν τοῦ ἐχϑροῦ - 5. 156, 17 ff. ö συγγενὴς τοῦ μεγάλου. 


γένους τοῦ τὸν ἐχϑρὸν καταδιχάσαντος καὶ τοὺς ἰδίους λυτρωσαμένου. 
2) Daneben kommt noch „vor die Bezeichnung ὃ πονηρός (8. 208, 1), 
6 δυσμενής (8. 162, 1), ὁ βλαπτικός (8. 148, 17). Er ist der ὄφις 
(8,161, 20; 168, 12; 281, 11), sein Sohn ist der Drache (8.148, 19 ff.; 
149, 3). 3) Vgl. S. 161, 18: ὦ αναίδεια τοῦ ἐχϑροῦ und 161, 17: 

ὦ ἀπὸ τοῦ διαβόλου τοῦ ὑπερμαχοῦντος τῶν ἀλλοτρίων. 


* 
* 
= 
4 
ee 
—* 
Ἢ 
| 


Exkurs Il. 557 


ο΄ Weizensamen auf der Erde gefährlich ist!. Ihm sind die bösen 
Dämonen untertan, welche die Menschen so vielfach plagen 2, 
die auch Christus wie alle übrigen Menschen zu unterjochen 
bestrebt waren, der aber den Spieß umdrehte und, wie sie selbst 
zugestehen müssen, sie selbst unter sein Joch brachte®, ἡ 
Wenn nun der „Feind“ zu den überirdischen Gewalten ge- 
hört, so wird man dasselbe von den mit ihm zusammen an- 
geführten ἄρχοντες und ἐξουσίαι annehmen können, die ja seit 
Paulus keine unbekannte Größe waren. Die Stimme Christi soll 
von den Archonten vernommen worden sein und sie soll auch die 
Gewalten der Archonten erschüttert haben. Leider erfahren wir 
nichts, bei welcher Gelegenheit die Stimme diese Wirkung gehabt 
hat. Wir treffen die ἀρχαί und ἐξουσίαι beisammen i in der Stelle 
8.240, 10: ἐπιφημίζομέν σε τὸ τῆς μητρὸς ὄνομα, ἀπορρήτου 
μυστηρίου ἀρχῶν τε καὶ ἐξουσιῶν κεχρυμμένων, aber der Sinn 
ist wenig klar; nur so viel kann man erkennen, daß diese beiden 
Gruppen in den oberen Sphären zu suchen sind, zumal sie in 
Anlehnung an die Gnostiker mit der „Mutter“ in Verbindung 
gesetzt sind. Den Archonten begegnen wir ferner S. 250, 10, 
wo es von Christus heißt: οὗτος ὁ σφήλας τοὺς ἄρχοντας καὶ 
τὸν ϑάνατον βιασάμενος. Diese Täuschung hat m. E. während 
des Erdenwandels stattgefunden, denn die Archonten haben ihn 
nieht als den Lebensspender erkannt, vielmehr vermuteten sie 
- in ihm wegen seiner häßlichen Gestalt, Armut und Bedürftigkeit 
_ einen ganz gewöhnlichen Menschen. So gelang die Täuschung. 
Danach sind die Dämonen und Archonten identische Größen. 
Andererseits ist nicht zu leugnen, daß der Verfasser auch 
Archonten des Todes kennt, wenn wir 8. 265, 3 f. lesen: ὁ χατελ- 
ο ϑὼν εἰς ἅδου μετὰ “πολλῆς δυνάμεως" οὗ τὴν ϑέαν οὐχ ἤνεγχαν 
ol τοῦ ϑανάτου ἄρχοντες" χαὶ ἀνῆλϑες μετὰ πολλῆς δόξης, 


1) Vgl. 8. 258, 4: μὴ ἁρπαξέτω ὁ διάβολος τὸ τοῦ σίτου σπέρμα 
᾿ς ἐπὶ τῆς γῆς. 2) Vgl. 5. 159, 18 von Thomas: διὰ σοῦ ἰατρεύεται 

᾿ τὰ σώματα τῶν ὑπὸ τοῦ ἐχϑροῦ κολαζομένων. Dazu S. 117,8; 150,2; 
160,21; 181,7; 188,15; 196, 206. 8) Vgl. 8. 162,18 ἢ: ἐνομίσαμεν 
γὰρ κἀκεῖνον ὑπὸ ξυγὸν ποιῆσαι ὡς καὶ Tong λοιπούς, ὃ δὲ στραφεὶς 
* ἡμᾶς ὑποχειρίους. 4) Vgl. S. 162,17 f.: οὐ yag ἤδειμεν. αὐτόν" 
᾿ς ἠπάτησεν δὲ ἡμᾶς τῇ μορφῇ αὐτοῦ τῇ δυσειδεστάτῃ καὶ τῇ πενίᾳ 
ο΄ αὐτοῦ καὶ τῇ ar ϑεασάμενοι γὰρ αὐτὸν τοιοῦτον ἐνομίσαμεν 
ο΄ αὐτὸν — εἶναι, μὴ εἰδότες ὅτι αὐτός ἐστιν 6 ζωοποιῶν 
τοὺς ἀνθρώπους. 


558 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


χαὶ συναγαγὼν πάντας τοὺς εἰς σὲ καταφεύγοντας παρε- 
σχεύασας ὁδόν, καὶ ἐπὶ τῶν ἰχν' ῶν σου πάντας ὥδευσαν, οἱἷϊς 
ἐλυτρώσω" καὶ εἰσαγαγὼν εἰς τὴν ἑαυτοῦ ποίμνην τοῖς σοῖς 
ἐγκατέμειξας προβάτοις. Hier treffen wir zum ersten Male ein 
Motiv, welches von jetzt ab, besonders in der syrischen Literatur, 
häufig wiederkehrt, daß nämlich Christus mit göttlicher δύναμες 
und δόξα in der Unterwelt auftritt, mit welcher er sonst bei 
der zweiten Parusie ausgerüstet erscheinen wird (Matth. 24, 30 
u. Par... Aus der Seele eines Verstorbenen ist ein Gott, ein 
König geworden, der vom Kreuze seinen Triumphzug antritt, 
Diesen Anblick der göttlichen Majestät können die Archonten 
des Todes nicht ertragen; sein Lichtglanz ist wahrscheinlich so 
groß, daß sie vor Furcht zittern. Christus sammelt nun alle 
die, welche zu ihm ihre Zuflucht genommen haben, um sich und 
führt die von ihm Erlösten aus der Unterwelt, um sie seiner 
Heerde einzuverleiben. Es sind dieselben Gedanken, welche wir 
auch an der obigen Stelle vorfanden, daß Christus die Tore ge- 
öffnet und den Eingeschlossenen den Weg nach oben gezeigt 
habe. Es wird also eine definitive Befreiung der alttestament- 
lichen Gerechten aus der Unterwelt in dverivca wit 
dem Gemeindeglauben statuiert. 


Noch eine andere Stelle scheint mit der Hadesfahrt in Ver- 
bindung zu stehen !, nämlich $. 250, 13 δ: οὕτενος ἰδὼν 6 ἄρχων 
ἐφοβήϑη καὶ αἱ δυνάμεις αἱ σὺν αὐτῷ ἐταράχϑησαν" καὶ ἐμαρ- 
τύρει ὁ ἄρχων τίς ἐστιν καὶ πόϑεν χαὶ τὸ ἀληϑὲς οὐχ ἔγνω, 
ἐπειδήπερ ἀληϑείας ἐστὶν ἀλλότριος. Diese Szene könnte 
sich auf den Eintritt Christi in die Scheol beziehen. Da er 


nach der früheren Notiz μετὰ πολλῆς δυνάμεως im Hades er- 


scheint, so gerät ihr Herrscher mit samt den Trabanten in 
Furcht und Bestürzung über diesen ungewöhnlichen Anblick. 
Aber so wenig denkt unser Verfasser an einen Kampf mit den 
feindlichen Mächten, daß der Archon nur darauf ausgeht zu er- 
fahren, wer der Erschienene ist und woher er stammt. Freilich 


wird man — vielleicht mit größerem Rechte — die Szene 
auf den Herabstieg vom Biel deuten, da gesagt wird, der " 


1) Sind die Worte des Drachen 8. 149, 19.: ὁ δὶ υἱὸς τοῦ PR 


ἄκοντά μὲ ἠδίκησεν καὶ τοὺς ἰδίους ἐξ, ἡμοῦ ἐξελέξατο auf die Heraus- 


führung der alttestamentlichen Gerechten zu deuten? 


Exkurs Il. 559 


_  Archon hätte, trotz seines Forschens, die Wahrheit über‘ die 
Ἢ Person nieht erkannt, da die Wahrheit ihm fremd war (vgl. 
 Joh.8,44). Dann würde es sich um den Teufel handeln, der 
- gemerkt hat, daß eine außergewöhnliche Erscheinung sein Reich 
ο΄ durchwandert, äber dem verborgen bleibt, wer eigentlich da- 
hinter steckt. 

Wenn ich recht sehe, so beginnt der Unterschied zwischen 
dem Herrscher dieser Welt und dem Herrscher der Unterwelt 
sich zu verwischen, denn der Sohn des ἐχϑρύς, der Drache, be- 
hauptet von sich 8.149, 18: ἐγώ sim ὁ τὴν» ἄβυσσον τοῦ 
ταρτάρου οἰχῶν καὶ χατέχων, hat also seinen Sitz in der 
unteren Region, die aber vom Hades verschieden ist. Diese 
Wendung hängt m. E. zusammen mit der Aufhebung des Zwischen- 
zustandes der Seelen in der Unterwelt. In seinen zahlreichen 
Reden und Gebeten stellt der Apostel den Anhängern seines 
Gottes sofortige Beseligung nach dem Tode in Aussicht, Ich 
verweise als Beispiel auf S. 118, 3£.: ἐὰν δὲ “πεισϑῆτε καὶ τηρή- 
σητε τὰς φυχὰς ὑμῶν ἁγνὰς τῷ ϑεῷ, γενήσονται ὑμῖν παῖδες 
De: . προσδοχῶντες ἀπολήψεσθαι ἐκεῖνον τὸν ‚rauov τὸν 

ἘΣ » χαὶ ἀληϑινόν, καὶ ἔσεσϑε ἐν αὐτῷ παρανύμφιοι συν- 
= εἰσερχόμενοι εἰς τὸν νυμφῶνα ἐκεῖνον τὸν τῆς ἀϑανασίας καὶ 
φωτὸς πλήρης". Auf der Reise zum Himmel hat die Seele 
τς zahlreiche Gefahren und Widersacher zu überwinden, darum betet 
der Apostel vor seiner Hinrichtung 8. 281, 90: μὴ λαμβανέτω 
ο΄ τὴν ἐμὴν ψυχὴν μηδείς, ἣ ἣν παρέδωχά σοι. μὴ βλεπέτωσάν με οἱ 
ο΄ τελῶναι, καὶ καὶ οἱ ἀπαιτηταὶ μὴ συχοφαντείτωσάν με. μὴ 
᾿ς βλεπέτω μὲ ὁ ὄφις καὶ οἱ τοῦ δράκοντος παῖδες μὴ 
᾿ς συριττέτωσάν μοι. Auf der ersten Seite droht dem Sünder 
das σχότος ἐξώτερον". Furchtbar sind die Strafen, die der 
᾿ς  gottlosen Seelen in der Unterwelt warten, wie wir der Schil- 
' derung des getöteten schönen Mädchens S. 171, 14 ff. entnehmen, 
Das ist nicht mehr die Unterwelt, sondern die Hölle. Die ver- 
schiedenen Klassen der Peinigungen sind offensichtlich der Petrus- 


F ᾿ς apokalypse entlehnt; mythologische Vorstellungen dringen ein, 


nn — 


Ἢ Vgl. 8. 121,81; 152, 16f.; 207,14; 216, 7f.; 227,18; 
ἔς. 237, 15£; 243, 8; 244, ὃ 2) Vgl. 8. 254, 7 : ἵνα Etsor φανῶ 

καὶ δὴ τὸς χεῖρας καὶ τοὺς πόδας δεϑεὶς εἰς τὸ σκότος τὸ ἐξώτερον 
€ 


560 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Dies alles zeigt, daß wir wohl berechtigt sind, den Ver- 
fasser der Thomasakten zu den Großkirchlern zu rechnen !, aber 
mit der Einschränkung, daß er ein Glied der syrischen Provinzial- 
kirche gewesen ist, dessen Glaubensvorstellungen wir durchaus 
nicht mit dem gemeinchristlichen Volksglauben identifizieren 
dürfen. Niemandem würde es einfallen, die Jenseitsvorstellungen 
eines Clemens und Örigenes für vulgärchristlich zu erklären. 

Damit komme ich zu dem letzten Trumpf, den Bousset 
für seine These ausspielt, nämlich zu den Oden Salomos, Wer 
die ganze Fülle der Literatur überschaut, die sich an die Publi- 
kation von R. Harris? angeschlossen hat, wird mit gewissem 
Staunen bemerken, wie verschieden die Ansichten der Gelehrten 
über den Charakter des Werkes lauten. Die einen sprechen 
die Oden jüdisch oder judenchristlich an, andere geben sie für 
gnostisch oder gnostisierend aus, wieder andere halten sie für 
heidenchristlich oder für montanistisch und zuletzt bringt man 
sie mit der Mystik der Alexandriner zusammen®, Dement- 
sprechend fallen auch die Bestimmungen über das Alter der 
Liedersammlung diametral verschieden aus. Treffend bemerkt 
Kleinert in seiner Abhandlung: Zur religionsgeschichtlichen 
Stellung der Oden Salomos, Theol. Stud. u. Krit. 1911, 8. 571: 
„In verschiedenen Gruppen gesammelt haben sich die Streitenden 
an weit auseinderliegenden Enden der Arena verteilt, so daß 
ihre Stimmen einander kaum erreichen“. Aus diesen wider- 
sprechenden Urteilen erhellt wenigstens die eine Tatsache, daß 


die Oden einen besonderen Charaktertypus zeigen, der sich nicht 


1) Man hat für den gnostischen Charakter der Akten ab- | 


gesehen von den Hymnen auf die gnostische Gestalt der μήτηρ 
(8. 110, 20; 142, 15£.; 157,17; 166, 13f.; 240, 11) hingewiesen. 
Ich glaube, daß der gnostische Ursprung dieser Gestalt dem Ver- 
fasser garnicht mehr bewußt gewesen ist, genau so wie von dem 


Kompilator der Clementinischen Homilien der judenchristliche Cha- 
rakter der Kerygmen nicht mehr verstanden worden ist, Man hat 


die μήτηρ als den besten Beweis für die katholische Bearbeitung 


einer gnostischen Schrift hingestellt; m. E, ist sie nur ein Petrefakt 


aus dem älteren gnostisierenden Christentum der syrischen Kirche, 
2) The Odes and Psalms of Salomon now first published from 


the Syriac version. Cambridge, 1909. 3) S. die Übersicht bei 
G. Kittel, Die Oden Salomos (Beiträge z. Wissenseh. vom A.T., H. 16), | 


1914, S. 142 ff. 


, 
᾿ 
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| 
Ὁ 
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4 


Exkurs II. 561 


so einfach in den Rahmen der sonstigen christlichen Literatur- 
gattung einreihen läßt. Sie stellen sich „als ein Unikum von 


‚ganz unerwarteter und bedeutsamer Eigenart“ dar. Dabei haben 


wir aber auch das Eidos in Rechnung zu ziehen, denn es han- 
delt sich ja um Lieder, die, wie wir es an den Oden der Thomas- 
akten ersehen, einen ganz andern literarischen Typus nach In- 
halt und Form tragen, von dem uns leider nur ganz geringe 
Fragmente aus der ältesten Zeit aufbewahrt sind. Besonders 
schmerzlich vermissen wir die Liedersammlung des Bardesanes. 
Und nicht zuletzt müssen wir berücksichtigen, daß wir eine 
Liedersammlung vor uns haben, von der wir nicht einmal wissen, 
ob hinter ihr ein einzelner Dichter steckt oder nicht. Freilich 
für unsere Untersuchungen ist diese Frage irrelevant. Anders 
steht es mit dem Problem betreffs des christlichen oder nicht- 
christlichen Ursprungs der Oden. Ich für meine Person setze 
den christlichen Charakter als feststehende Tatsache voraus, vor 
allem haben die Oden mit dem häretischen Gnostizismus nichts 
zu tun. Dagegen spricht schon ihre Benutzung in der gnostischen 
Pistis Sophia, denn ihr Verfasser allegorisiert die Oden in gleicher 
Weise, wie er es mit den alt- und ntlichen Zitaten, besonders 
mit den Psalmen zu handhaben pflegt. Hätte er gnostische 
Luft in ihnen gewittert, hätte er sie nicht erst durch seine 
Umdeutungen dem gnostischen Geschmack angepaßt. Er 
wußte also die Oden wie.die Psalmen im Gebrauche der christ- 
lichen Kirche. Gegen den gnostischen Charakter spricht speziell 
auch die Hadesfahrt Christi, welche ein beliebtes Motiv in den 
Oden bildet, 

Betrachten wir zunächst die Hauptstelle, wie sie in der 
42. Ode vorliegt und also lautet 3: 

15) Die Unterwelt sah mich und ward elend, 

16) Und der Tod gab mich zurück (spie mich aus) und 

viele mit mir, 


1) Über die Hadesfahrt Christi in den Oden Salomos haben 
speziell gehandelt Gschwind 1. ce. S. 228 ff. und Plooij, Der Descensus 
ad inferos in Aphrahat und den Oden Salomos, Z. f. ntl. Wiss, 1913, 


8.222 fl. 2) Ich zitiere nach der Übersetzung von Ungnad und 


Stärk, Die Oden Salomos, 1910 (Kleine Texte f. theol. u. philol. 
Vorles, u. Üb., herausg. von H. Lietzmann, H. 64). 
T. u. U. ’14: Schmidt-Wajnberg. 36 


562 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


17) Essig und Bitterkeit ward ich ihm 
Und stieg mit ihm herab, so tief er war. 
18) Und Füße und Haupt ließ er sinken, 
Weil sie mein Antlitz nicht zu ertragen vermochten. 
19) Und ich machte eine Versammlung ———— unter 
seinen Toten, 
Und redete mit ihnen mit lebendigen — 
20) Weil mein Wort nicht nutzlos sein sollte, 
21) Und es eilten die zu mir, die gestorben waren, und 
riefen und sprachen: 
„Erbarm dich unser, Sohn Gottes, und tu mit uns nach 
deiner Freundlichkeit! 
22) Führ uns hinaus aus den Banden der Finsternis, 
Und öffne uns das Tor, durch das wir zu dir hinein- 
gehen (können), 
23) Denn wir sehen, daß unser Tod sich dir nicht nähert! 
24) Mögen auch wir mit dir gerettet werden, weil du unser 
Retter bist.“ 
25) Ich aber hörte ihre Stimme ! 
Und zeichnete (siegelte) auf ihr Haupt meinen Namen, 
26) Weil sie Freie sind und mir gehören. 


Wir haben hier einen gottbegnadeten Sänger vor uns, der 
mit ungewöhnlichem diehterischem Schwunge die Hadesfahrt 
Christi besingt, aber eben weil er ein Dichter ist, läßt er seiner 
Phantasie die freien Zügel schießen und bemeistert den ge- 
gebenen Stoff nach seinem künstlerischen Geschmack. Dies ist 
das Vorrecht des Dichters zu allen Zeiten gewesen und davon 
hat auch unser Sänger reichlich Gebrauch gemacht. Deshalb 
müssen wir das Rankenwerk vom Stamme trennen. 

Der Dichter läßt die handelnden Personen lebendig vor 
unsere Augen treten. Da steht auf der einen Seite Christus, 
der in der Unterwelt erscheint, auf der andern Seite die Scheol 
und der Tod, die beide als identische Personen wie in dem A.T. 
und in der Apok. Joh. gedacht sind. Christus kommt nicht als 
Toter zu den Toten, sondern als Triumphator über den Tod am 
BEER —— kann die Unterwelt diesen Christus nicht er- 


eu In der von Burkitt entdeckten HS. heißt es: „und ich merkte 
auf ihren Glauben“, 


— 
* ἊΝ 
έν: 


Exkurs 1]. 563 


‚tragen, sie wird schwach, Füße und Haupt werden schlaff. So- 

fort es Christus unter den Toten seine Wirksamkeit, er 
bildet eine Versammlung von ζῶντες und redet mit ihnen mit 
lebendigen Lippen, d. h. als ein Lebender zu Lebenden. Aber 
damit nicht genug, läßt der Sänger auch die Toten in Aktion 
treten. Sie haben ebenso wie ihr Gebieter, der Tod, die Maje- 
2 stät des Eschienenen erkannt, und zwar vor allem daran, daß 
der gewöhnliche Tod mit ihm nichts zu schaffen hat; “ein 
Lebendiger ist ihnen ein unbekannter Anblick. Deshalb eilen 
sie dem Ankömmling zu, begrüßen ihn als Sohn Gottes, als 
ihren Erlöser, und bitten ibn, sich ihrer zu erbarmen, d.h. sie 
aus den Banden der Finsternis zu befreien. Daneben ein anderes 
Bild, das mehr mythologische Farben trägt. Der Tod erscheint 
als eın Wesen, das alle Verstorbenen verschlingt und in seinem 
Bauche birgt. Auch den Herrn will er verschlingen, aber er 
muß, da er als Lebender keine Speise für ihn ist, vielmehr 
wie Essig und Galle im Schlunde wirkt, ihn ausspeien und nicht 
nur ihn allein, sondern viele mit ihm zugleich. 

So malt ein Dichter die Szene in der Unterwelt aus, in- 
dem er teils aus eigener Phantasie schöpft, teils an vorhandene 
Volksvorstellungen anknüpft. Alttestamentlich ist die Vor- 
- stellung, daß die Verstorbenen verschlungen werden. Man denkt 
zunächst an die Erde, welche die Leiber der Toten aufnimmt, 
ihren Mund öffnet und die Toten verschlingt!. Dies wird dann 
3 auf die Scheol resp. den Tod, der seinen Mund auf- 
tut und sich sättigt, so daß der Hades schließlich als das große 
unersättliche Ungeheuer vorgestellt wird. 

- Aber was die Hauptsache ist: das, was Bousset in unserer 
Stelle sucht, einen Kampf des Lebensfürsten mit dem Fürsten 
der Unterwelt findet er nicht? Jede Agressivität des Hades 
fehlt; der Anblick allein genügt, um den Gegner willenlos zu 


1) Vgl. Exod. 15, 12; Num. 16, 32; 26,10; Deut. 11, 6: Ps. 106, 17. 
2) Greßmann freilich denkt an Marduks Kampf mit Tiämat: „als 
 Kingu und seine Helfer den Gott sehen, entsetzen sie sich und 
fliehen, und Tiämat, als sie des Gottes Schelten hört, gerät außer 
sich und verliert den Verstand“, — Muß man denn immer von den 
"Babyloniern die Vergleiche holen? -Ergreift nicht jeden Propheten 
und Apokalyptiker beim Anblick Gottes oder seines Gesandten Furcht 
und Schrecken? Das alles hat doch mit einem Götterkampf nichts 
᾿ς zu tun! 


36* 


564 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


machen !, Deutlich tritt uns noch der friedliche Charakter der 
Hadesfahrt in der Predigt an die Verstorbenen entgegen. Und 
auch das zweite Stück der alten Hadesidee fehlt nicht, daß 
nämlich nicht alle Verstorbenen das Objekt der Heilspredigt 
sind, sondern nur die ζῶντες in übertragenem Sinne, d.h. die 
Lebenden trotz ihres leiblichen Todes, welche sofort in dem 
Erschienenen den Sohn Gottes und ihren Erlöser begrüßen. 
Deshalb siegelt Christus seinen Namen auf ihr Haupt, da- 
mit sie als seine Adepten, als sein Eigentum nicht mehr vom 
Tode gehalten werden und als freie Männer die Unterwelt ver- 
lassen können. Während es in der realistisch-mythologischen 
Fassung heißt: „Der Tod spie mich aus und viele mit mir“, ist 
auf der andern Seite der ursprüngliche Gedanke an die Heraus- 
führung aus den Banden der Finsternis, an die Öffnung des 
Hadestores noch lebendig, Die Bitte der Lebenden findet Er- 
hörung und so steigen sie, ἃ, h. die alttestamentlichen Gerechten 
mit ihrem Erretter zu Gott auf, Das ist der einfache Kern der 


ganzen dichterischen Ausführung. Ganz unhaltbar ist m. E. die 


allegorische Interpretation im Sinne der Alexandriner von 
W. Frankenberg, die also lautet!; „Die Toten sind die in den 
Banden des Sinnlichen schmachtenden Mächte des παϑήτικον, 
die von dem zum Christus gesalbten Aoyıorıxov befreit werden; 
durch diese Tat wird es erst recht zum nyeuovıxo» in dem 
χοῦμος der Seele, es tritt nun triumphierend die x4n_0- 
vowıe an, in der es Gott unter Verfolgungen und Trübsalen er- 
zogen hat.“ 
Ein weiteres Zeugnis für die Hadesidee liefert der Odist 
in Od. 17: | 
80) Und ich öffnete Türen, die verschlossen waren. 
9) Ich habe zerrissen eiserne Riegel, 
Mein Eisen aber ward glühend ® und schmolz vor mir. 
10) Und nichts erschien mir verschlossen, 
Weil ich die Pforte? zu allem war. 


1) Vgl. auch Ode 31, 1: „Die Finsternis ward vernichtet durch 
seinen Anblick“. 2) Das Verständnis der Oden Salomos, 8, 48 
(Beihefte z, Zeitschr. f, d. alttest. Wissensch. XXT),. 3) Vielleicht 


richtiger: „denn Eisen wurde glühend in meiner Hand“. 8) Rich- 


tiger „die Öffnung“, 


— 


Exkurs 1], 565 


11) Und ich ging zu allen meinen Gefangenen, sie zu be- 
freien, - 
Daß ich keinen ließe, der gebunden wäre oder bände, 
12) Und ich gab meine Erkenntnis ohne Neid (reichlich) und 
meine Bitte in meiner Liebe. 
13) Und ich säte meine Früchte in die Herzen und ver- 
wandelte sie in mir (mich 9), 
Und sie empfingen meinen Segen und lebten; 
14) Und sie versammelten sich zu mir und wurden gerettet, 
Weil sie mir die Glieder waren und ich ihr Haupt. 


Mag nun hier eine Schilderang der Hadesfahrt Christi oder, 
wie andere wollen, eine Benutzung der Hadesidee für innere 
psychologische Vorgänge vorliegen, auf jeden Fall vertritt der 
Sänger die geläufige Vorstellung vom Hades als einer Stadt 
oder Festung, deren Tore, die mit eisernen Riegeln gesichert 
waren, sich vor dem Ankömmling öffneten. Wahrscheinlich 
schweben ihm Stellen wie Ps. 107, 16 und Jes. 45, 1 f. vor Augen. 
Nach Fall der Festung dringt der Erlöser in das Innere ein 
und führt seine Gefangenen vor. Mit gewisser Absicht wird 
von „allen seinen Gefangenen“ geredet, denn nicht alle Toten, 
die im Totenreiche gefangen, werden befreit, sondern nur die, 
welche Christi Anhänger vorher gewesen waren, welche der 
Tod widerrechtlich sich angeeignet hatte. Ihnen gilt die Pre- 
digt, indem der Erschienene in ihre Herzen den Samen der 
wahren Erkenntnis streut. Sie werden jetzt lebendig, scharen 
sich um ihren Erlöser als ihr Haupt und gehen als seine Glieder 
in sein Reich ein, indem sie das Jubellied erschallen lassen: 
„Lobpreis dir, unserem Haupt, Herr, Gesalbter!'* So kehren 
hier in etwas anderer Form die Gedanken von Ode 42 wieder. 

Descensusluft atmet auch die 22. Ode?: 


1) Der mich aus der Höhe hinabführt, holt mich aus der 
Tiefe empor; 


1) Ich halte diese Lesart statt „allen Gefangenen“ (Brit. Mus. 


Add. 14538) für die ursprüngliche. Die Korrektur hat vielleicht 
wegen des zweiten Halbverses „daß ich keinen ließe, der gebunden 


_ wäre oder bände“ stattgefunden, denn dies ließ auf die Befreiung 
sämtlicher Insassen der Unterwelt nebst ihren Beherrschern schließen, 
2) Ich gebe diese Ode in der Übersetzung von Gunkel, Die ‚Oden 
Salomos, Z. f. ntliche Wiss, 1910, 8. 308. 


566 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


2) der das Mittlere einigt, wirft es mir zu, 
3) Der meine Feinde und Gegner zerstreut, 
4) gibt mir Macht, die Fesseln zu lösen. 
5) Der durch mich den siebenköpfigen Drachen schlug, 
du hießest mich treten auf seine Wurzeln, seinen 
Samen zu tilgen. 
6) Du warest mit mir und halfest mir, 
allerorten umgab mich dein Name. 
7) Deine Rechte hat sein schlimmes Gift vernichtet, 
deine Hand den Gläubigen den Weg geebnet. 
5) Du erkorst sie aus den Gräbern 
und sondertest sie von den Toten, 
9) Du nahmst die dürren Gebeine, 
und umkleidetest sie mit Leibern. 
10) Sie waren unbeweglich, 
du gewährtest Hilfe zum Leben. ; 

11) Unvergänglich wurde dein Weg und dein Antlitz, 
doch du führtest deine Welt ins Verderben. 
um das All aufzulösen und zu erneuern, 

12) Daß dein Fels das Fundament des Alls werde; 

auf ihn hast du dein Reich gebaut, 
daß es zur Wohnung der Heiligen werde. 

Der Odist legt uns ein Danklied Christi an Gott vor, der 
ihm allerorten geholfen und so das Werk der Erlösung zur 
Vollendung gebracht hat. Diese Erlösung erstreckt sich aber 
nicht allein auf die irdischen Menschen, sondern auch auf die 
Toten in der Unterwelt. Zu beiden Gruppen ist Christus von 
Gott geschickt, um seine Feinde und Widersacher zu über- 
winden und die Fesseln, mit denen die Gefangenen gebunden, 
zu lösen. Als besonderer Feind wird der siebenköpfige Drache 
hervorgehoben, auf dessen Wurzeln Christus getreten, um seinen 
Samen auszutilgen. Leider ist nicht klar, wer unter diesem 
7köpfigen Drachen und dessen Samen zu verstehen ist, ob der- 
selbe in der Unterwelt oder auf der Erde wirkt. Gunkel denkt 
sofort an den Herrn der Unterwelt und findet darin einen 
. Rest der Überlieferung von einem Götterkampf, aber mit Recht 
weist Kittel l.c. 5, 954 auf Apok. Joh.13, 1ff. und 20, 2!, wo 


1) Vgl. Test. XII part., As. c. 7 u. Hermas, Vis. IV, 1,6ff. Über 
den Drachen in den Thomas-Akten 5. o. 5. 559. 


Exkurs II. 567 


_ der Drache mit dem Teufel oder Satan identisch ist. Dann 
haben wir unter dem Samen des Drachen die Dämonen zu ver- 
stehen, deren Herrschaft Christus gebrochen hat. Demzufolge 
ist das schlimme Gift, welches Gottes Rechte vernichtet, das Gift 
des Irrtums und der Verführung (38, 5), und würde der Drache 
der „Verderber des Verderbens“ (38, 9), der „Irreführer“ (38, 10) 
sein. Das würde treffend passen zum ersten Teil der Ode 17, 
welcher von der Erlösung von Irrtum, Eitelkeit und Vergäng- 
lichkeit handelt. 

Auch den Verstorbenen ist die Erlösung zuteil geworden, 
doch auch hier ist sie nur auf die Gläubigen beschränkt. Die 
Befreiung wird unter dem Bilde der Totenauferstehung wie in 
den Acta Thaddaei dargestellt. Gott hat eine Sonderung unter 
den Toten vorgenommen und diese leiblich aus ihren Gräbern 
auferstehen lassen. Es wird also die Herausführung aus dem 
Hades mit der Auferstehung der Gerechten von den Toten ver- 
knüpft. Das wird aber nicht von der Zukunft bei der zweiten 
Parusie erwartet, sondern als historische Tatsache registriert. 
Der Weg ist geebnet und die Wohnung der Heiligen steht be- 
reit. Das schließt zugleich einen wirklichen Kampf zwischen 
dem Lebensfürsten und dem Herrscher der Unterwelt trotz des 
7köpfigen Drachen aus. 

Weitere Schilderungen des Descensus finden wir noch 
Ode 24, 3f.; 29, 4£.!; 31,1; 15, 9°, aber sie bewegen sich alle 
in der gleichen Richtung. 

Aber selbst wenn ich für den Verfasser der Oden die These 
von Bousset anerkennen müßte, daß er die vollen, glühenden 
Farben des Mythos verwendet, würde dies meine Ansicht von 
der altchristlichen Hadesidee in keiner Weise erschüttern. Denn 
der Sänger der Oden zeigt in seinen religiösen Ausdrucksformen 
und seinem theologischen Begriffsmaterial ganz individuelle Fär- 
bung und Haltung. Niemand wird geneigt sein ihn für den 
Altkatholizismus zu reklamieren und aus ihm Schlüsse auf den 


1) „Er führte mich empor aus den Tiefen der Unterwelt, und 
aus dem Rachen des Todes zog er mich, und ich beugte nieder meine 
Widersacher.“ 2) „Es zerschmolzen vor dem Herrn die Abgründe, 
und die Finsternis ward vernichtet durch seinen Anblick.“ 3) „Das 
Sterbliche ward von meinem Antlitz hinweg vernichtet, und die 
Unterwelt abgeschafft durch mein (l. sein) Wort.“ 


568 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Volksglauben zu ziehen. Als Dichter muß er sich Personi- 
fikationen, wenn’s not tut, auch mythologischer Bilder bedienen, 
um seine Gedanken plastisch zum Ausdruck zu bringen. Hier 
nun steht ein Dichter vor uns, der von seinen persönlichen Er- 
fahrungen und inneren Erlebnissen aus sein Christentum beschreibt. 
Er ist sicherlich kein Glied einer Volksgemeinde; seine Lieder sind 
nur für die Feinschmecker berechnet, die seinem Gedankenfluge 
folgen oder seine Stimmungen nachempfinden können. Sein 
Christentum ist ein geschichtsloses, rein reflektiertes. „Ein mäch- 
tiger Drang nach Leben“, schreibt Kleinert, „öffnet den Sängern 
den Mund, und mit leuchtenden Fluten durchwogt es die öden 
Klüfte, in denen Koheleth nichts als den Tod geschaut hatte: 
Leben, unvergängliches Leben, Leben ohne Tod, ewiges Leben, 
Leben in Gott, so klingt es uns immer wieder entgegen!. Und 
zugleich damit durchzittert eine ungestüme Bewegung der Freude 
die Lieder“, es ist der Jubelruf über die Erlösung, welche der 
Diehter erlebt hat. Er fühlt sich als Priester (20, 1), als Aus- 
erwählter (8, 21; 23, 3. 4; 33, 11), als Heiliger, der alle Schlacken 
des Irrtums und der Sünde abgelegt hat, für den das Böse und 
die Schuld nicht mehr existiert. Das in ihm wohnende Licht 
hat die Finsternis überwunden. Friede und Ruhe haben ihren 
Einzug gehalten, denn er weiß sich im sicheren Besitze der 
Erkenntnis und der Wahrheit. Die innige Gottesnähe und 
Gottesgemeinschaft ist seine religiöse Erfahrung, in der er voll 
Freude schwelgt (3,8; 4,9; 17,13; 21,4). Packend und 
schwungvoll hat der Sänger diese seine Gefühle der Gott- 
sicherheit in der 21. Ode zum Ausdruck gebracht. 

Hat aber der Mensch bereits hier auf Erden die Vollendung 
erreicht (9, 3; 18, 10; 23, 4), wieviel mehr wird dies nach dem 
Tode der Fall sein. Tod und Unterwelt sind ja durch den 
Herrn überwunden (25, 9; 29, 4; 31, 1), die aus den Banden der 
Unterwelt Befreiten sind Glieder Christi geworden. Ihm schließen 
sich die Auserwählten nach ihrem Tode an, indem sie auf dem 
Wege, den der Herr für die vorchristlichen Gestorbenen ge- 
ebnet hat, in das Paradies eingehen (11, 14ff.; 20,7). Und wie 
könnte dies anders sein, da sie während ihres Erdenwandels die 


1) Ode 8, 10£.; 5,11; 6, 17; 9, 8; 10, 1; 11, 7, 15, 82; 12, 18; 
21, 4 etc. 


u a I a Er 0. 
ur ἢ ῥ 4 —— νος εν De δ Be ae en En ἊΣ οἱ ne 


Exkurs II. 569 


Unsterblichkeit und Unvergänglichkeit angezogen haben (15, 8; 
28, 7; 3,10; 8, 26; 31, 6; 38, 3) und damit die Anwartschaft auf 
die neue, unvergängliche Welt besitzen (33, 10. Da ist kein 


Platz für den Abstieg der erlösten Seelen in den Hades; es gibt 


nur einen Aufstieg der Seelen in der Richtung zum Höchsten 
(35, 8). Daraus erklärt sich auch die große Vorliebe des Dichters 
für die Hadesfahrt Christi, da sie als Folie dient für die eigane 
Auffahrt. Wir atmen ohne Zweifel alexandrinische Luft ein, 
wie wir sie bei Clemens und Origenes bemerkt haben, die aber 
schon vor ihnen existiert haben muß, wie wir aus den Zeug- 
nissen des Irenäus und Tertullian entnommen haben !. Manche 
Gelehrte sind deshalb für den ägyptischen Ursprung der Oden 
eingetreten, aber ein stringenter Beweis läßt sich leider nicht 
erbringen. So könnte man wegen der Benutzung in der 
syrischen Kirche auch Syrien als Heimat ansprechen. Auf jeden 
Fall sind die Oden ein Sondersproß am Baume des ältesten 
orientalischen Christentums, dafür spricht auch die Überlieferungs- 
geschichte?. Insonderheit ist bedeutsam die enge Berührung, 
welche in den Vorstellungen vom Descensus zwischen dem 
Odisten und Aphraates hervortritt. In einem Aufsatz „Der De- 
scensus ad inferos in Aphrahat und den Oden Salomos“ (Z. f. 
ntliche Wiss., 1913, S. 222 ff.) hat Plooij diese Frage behandelt 
und die Hauptstelle in der Homilie XXII (Bert, Aphrahat’s des 
Persischen Weisen Homilien, TU. III, 2, S. 351 Σ᾽ angeführt, die 
also lautet: „Und als Jesus, der Töter des Todes, kam und den 
Leib von dem Samen Adams anlegte und in seinem Leibe ge- 
kreuzigt wurde und den Tod schmeckte, und da er merkte, 
daß er zu ihm herniederkam, da wankte er von seiner Stätte 
hinweg und ward bestürzt, da er Jesum sah, und verschloß 
seine Türen und wollte ihn nicht aufnehmen. Da zerbrach er 
seine Türen und ging zu ihm ein und fing an, seinen ganzen 


' Besitz zu rauben. Als aber die Toten das Licht in der Finster- 


nis sahen, erhoben sie ihre Häupter aus der Gefangenschaft des 


1) Unter dem ersten Eindruck hat man die Abfassungszeit der 
Oden in die apostolische Zeit verlegt, aber nicht einmal in das nach- 


- apostolische Zeitalter dürfen wir sie datieren, Ich gr für die 


zweite Hälfte des zweiten Jahrhunderts eintreten. 2) Vgl. Har- 
nack, Ein jüdisch-christliches Psalmbuch aus dem ersten Jahrhundert. 
TU. 85, 4, 8. 2. 


570 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Todes und schauten aus und sahen den Glanz des Königs 
Christus. Alsdann saßen die Mächte seiner Finsternis in Trauer, 
weil der Tod von seiner Herrschaft gestürzt wurde. Und der 
Tod schmeckte die Arznei, die ihn tötete, und seine Hände er- 
schlafften, und er erkannte, daß die Toten leben und befreit 
würden von seiner Herrschaft. Und da er den Tod bedrängte 
durch Rauben seines Besitzes, jammerte und schrie er bitterlich 
und sprach: Gehe von meiner Wohnung hinaus und betritt sie 
nicht! Wer ist der, welcher lebendig in meine Wohnung ein- 
treten darf? Und da der Tod heftig schrie, wie er sah, daß 
seine Finsternis anfing zu weichen und von den Gerechten, 
die da schliefen, etliche aufstanden, um mit ihm 
hinaufzusteigen, und da er ihm verkündete, daß, wenn er 
kommen werde am Ende der Zeit, er alle Gefesselten aus seiner 
Herrschaft befreien und zu sich hinaufführen werde, damit sie 
das Licht sähen, da ließ der Tod Jesum, nachdem dieser sein 
Werk unter den Toten verrichtet hatte, aus seiner Wohnstätte 
entweichen und duldete nicht, daß er dort blieb; und es war ihm 
nieht süß, ihn zu verschlingen wie bei allen Verstorbenen, und 
er hatte keine Gewalt über den Heiligen! und dieser wurde 
nicht der Verwesung überlassen“. 

Wie nicht anders zu erwarten, malt der Homilet die 
Szenerie weiter aus als der Dichter. Auch er verwendet die 
beiden Vorstellungen nebeneinander. Einmal ist der Tod ge- 
wissermaßen der Türhüter der Scheol, welcher bei dem An- 
blick Jesu bestürzt wird und vor ihm die Tore verschließt, um 
ihm den Eintritt zu verwehren. Der Tod am Kreuze ist bereits 
der Triumph Jesu über den Tod und zugleich die Beglaubigung 
seiner göttlichen Natur. Jesus erzwingt sich den Eintritt mit 
Gewalt, indem er die Tore sprengt. Jetzt beginnt der Erschienene 
den ganzen Besitz des Todes zu rauben und die Toten lebendig 
zu machen und sie von der Herrschaft des Todes zu befreien. 
Auf der andern Seite erscheint der Tod als Fresser der Seelen, 
der auch die Seele Jesu verschlingen möchte, aber über diese 
keine Gewalt hat?. In dem ersten Falle hat der Tod es mit 


1) Plooij übersetzt fälschlich „das Heilige“, indem er verkennt, 
daß hier eine Benutzung von Ps. 16, 10 (Act. 2, 27) vorliegt. 

2) Ohne Zweifel ist dem Aphraates der Gedanke des Ausspeiens 
der Toten nicht unbekannt, denn er spricht von dem paguaxov in 


Exkurs IL 571 


ἈῸ: dem lebendigen, im königlichen Glanze erscheinenden und 
riumphierenden Christus zu tun, im zweiten mit der Seele des 
Heiligen. Aber wiederum ist von einem Kampfe nicht die Rede, 


— im Gegenteil, der Tod benimmt sich keineswegs als streitbarer 


Held. Er verzieht sich in seiner Bestürzung, seine Hände 
werden schlaff, er jammert, schreit heftig, und bittet inständig 
seine Wohnung zu verlassen, so daß er Jesus ohne Hindernis 
entweichen läßt!. Auch die übrigen Mächte der Finsternis ver- 
ziehten auf jeden Widerstand und sind nur von Trauer über 
den Sturz ihres Hauptes erfüllt. Nun scheint,.es auf den ersten 
Blick, als habe Christus sämtliche Tote aus der Unterwelt be- 
freit, aber nachher wird diese Befreiung auf die Gerechten be- 
schränkt, die als Schlafende bezeichnet sind und jetzt auf- 
erstehen, um mit Christus aufzusteigen. Da stoßen wir wieder 
auf die altehristliche Hadesidee von der Entführung der alt- 
testamentlichen Gerechten aus der Scheol. Ausdrücklich wird 
hinzugefügt, daß Christus dem Tode verkündet habe, daß er am 
Ende der Zeiten alle Gefesselten aus seiner Herrschaft befreien 
und sie mit sich herauffübren werde, damit sie das Licht sähen 3, 
Letzteres ist freilich wiederum ungenau ausgedrückt, denn in 
Wahrheit werden bei der zweiten Parusie alle Toten ohne Unter- 


— schied zwar aus dem Reich des Todes heraufsteigen, d. h. 
 auferstehen, aber von einer Heraufführung aller Befreiten in 


das Licht kann keine Rede sein, da dies doch nur von den 
Gerechten ausgesagt werden kann, während die Ungerechten, 


E*. statt in das Totenreich zurückzukehren, in die Hölle geworfen 
werden. Die Vorstellung des Hades als einer Hölle und die 
Gestalt des Herrschers als des Satans sind dem Aphraates noch 


Ἵ der Speise, das das Erbrechen zur Folge hat, und von der Arznei, 
die ihn tötete, 


1) Dieses Jammern und Zittern scheint zu der zweiten Natur 


des Todes zu gehören, das mit dem stolzen Herrscherbewußtsein 
80 sehr kontrastiert. Denn schon aus den Prophetensprüchen 
soll der Tod das Ende seiner Königsherrschaft über die Men- 
schen vernommen haben und darüber in Zittern, Furcht und 
Ausst geraten sein (s. 1. c. 8. 350). Ohne jede Reaktion fügt er sich 
feige in sein Schicksal. 2) Aphraates als Vertreter der kirchlichen 
Lehre von der Auferstehung des Fleisches bei der zweiten Parusie 
ο΄  anterscheidet eine doppelte Beraubung des Hades. Der Odist er- 
ο΄ Wähnt aus den obigen Darlegungen diesen zweiten Akt nicht. 


572 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


nicht geläufig gewesen. Freilich der Gedanke der Hadesfahrt 
wird zugunsten der befreienden Tätigkeit aus der Gefangen- 
schaft zurückgestellt; man könnte vielleicht bei den Worten: 
„nachdem er sein Werk unter den Toten verrichtet hatte“, an 
die Missionspredigt unter den Gerechten denken!, 

Wenn wir nun in Erwägung ziehen, daß der Homilet sich 
an ein größeres Publikum wendet, so wird sofort klar, daß der- 
artige Vorstellungen von der Hadesfahrt Christi in der syrischen 
Kirche zu Aphraates’ Zeit um 340 n. Chr. weit verbreitet ge- 
wesen sein müssen. Ephräm setzt sie in seinen Carmina Nisi- 
bena und andern Stellen seiner Werke im festen Geistesbesitze 
der christlichen Kreise voraus und auch der Verfasser des Testa- 
mentum Domini nostri hat das gegebene Material hymnenartig 
verwendet, wenn wir I, 28 (ed. Rahm. p. 63 f.) lesen: Mors videns 
ipsum animatum descendentem ad inferos sperabat utique per ᾿ 
errorem eundem sibi de more futurum escam. Sed videns in 
ipso decorem divinitatis voce elamavit dicens: 

Quis est hie, qui hominem mihi subiugatum induit meque 

vieit? 

Quis est hie qui carnem mihi mancipatam ab interitu eripit? 

Quis est hie qui terram est indutus, sed coelum est? 

Quis est hie natus in corruptibilitate, sed est incorruptibilis? 

Quis est hie exemptus a legibus meis? 

‚ Quis est hie praedator eorum quae mea sunt? 

Quis qui pugnat cum virtute flammae mortis vineitque 
tenebras? 

Quae est ista nova gloria in hoc spectaculo? 

Quis est qui impedit, quin efficiam quae opto? 

Quis hie novus mortuus sine peccato? 

Quis hie qui caliginem obcaecat multiplici splendore neque 
me sinit dominari in eos qui mei sunt, sed attrahit in 
coelum animas quae mihi datae erant? 

Quae est ista gloria quae impedit quominus corpus fat 
eorruptibile? 

Quis est iste quem apprehendere nequeo? 

Quae est ista gloria quam 11 qui circum sunt, — 
perscrutari? 


1) Eine zweite Stelle über den Descensus in der 28. Homilie, 7 
l.e. S. 404 ed, Bert gibt keine weitere Aufklärung. 


Ze Se a u 


Exkurs ΙΓ 575 


— ä Das sind wirklich Expeetorationen eines Homileten oder 
AUiturgen, der einen gegebenen Stoff nach allen Seiten hin breit 
tritt, weleher aber mit babylonischen Mythen oder sonstigen 


Götterfahrten nicht das geringste zu tun hat. 

Zum Abschluß möchte ich noch einen kurzen Blick auf den 
Descensus ad inferos im sogenannten Ev. Nieodemi werfen, da 
man für die mythologischen Vorstellungen gerade dieses als be- 
sonders kräftiges Zeugnis anzurufen pflegt. Wie bei Ephräm 
findet zwischen dem Satan und dem Hades eine Unterredung 
vor der Ankunft Christi statt. Der Satan tritt auch hier als 
der Herrscher dieser Welt auf!. Er rühmt sich, daß auf seine 
Veranlassung die Juden Jesum getötet hätten, aus Rache dafür, 
daß dieser ihm in der obern Welt viel Übel zugefügt, indem 
er die Dämonen verfolgt, die verschiedenen Krankheiten geheilt 
und viele Verstorbene zum Leben auferweckt. Deshalb fordert 
er den Hades auf, den jetzt verstorbenen Jesus bei sich fest- 
zuhalten (c. 41, 1.2). Der Hades wird vom Satan angeredet mit 
παμφάγε καὶ ἀχύρεστε, durch welche Bezeichnungen wir an den 
unersättlichen Seelenvertilger erinnert werden; er sagt auch von 
sich, daß er vor kurzem den Lazarus verschlungen habe (ec. 4, 3). 
Der Hades trägt aber gar kein Verlangen nach dieser Speise, 
er bekennt offen seine Schwäche, deshalb beschwört er den 


- Satan, Jesum nicht zu ihm herabzuführen, denn er sieht voraus, 


daß, wenn Jesus in der Unterwelt erscheint, er alle Toten auf- 
erstehen lassen werde (c. 4,3). Während dieser Unterredung 
erschallt eine Donnerstimme unter dem Rufe von Ps. 24, 7f. 
Darauf bittet der Hades den Satan, aus der Unterwelt heraus- 
zugehen und dem Ankömmling Widerstand zu leisten; er selbst 
befiehlt seinen Dämonen die ehernen Tore und die eisernen 
Riegel gut zu sichern. 

Diesen Befehl vernehmen die προπάτορες. Darunter ver- 
steht unser Verfasser die alttestamentlichen Frommen, denn 
David und Jesaias erinnern an ihre Prophezeiungen und fordern 
den Hades auf, die Tore dem König der Herrlichkeit zu öffnen 


de. 5,2). Schon vorher sind diese eingeführt, denn in der Unter- 


1) Im Hinblick auf sein zukünftiges Schicksal wird er be- 
zeichnet als der xingovouog τοῦ oxorovg, υἱὸς τῆς ἀπωλείας, oder 
©. 7,1 χληρονόμος τοῦ πυρὸς καὶ τῆς κολάσεως angeredet. 


574 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorun. 


welt sind Abraham mit den Patriarchen und Propheten vereint 
gedacht (e. 2, 1), sie bilden also auch hier eine besondere Klasse, 
obwohl kurz vorher von πάντες οἱ ἀπ᾿ αἰῶνος κεχοιμημένοι 
die Rede ist. Vorher sollen sich alle Insassen wegen der herr- 
schenden Dunkelheit nicht erkannt haben, dies wäre erst der 
Fall gewesen, als um Mitternacht! gleichsam ein Sonnenlicht 
aufgeleuchtet. So wäre auch Johannes der Täufer in der Mitte 
erschienen und hätte von seinem Zusammentreffen mit dem 
Sohne Gottes auf Erden berichtet. Zugleich weist er darauf 
hin, daß der Herr ihn zu ihnen, den Abgeschiedenen, geschickt, 
damit er als Herold auftrete, denn jetzt wäre, sobald der Herr 
erscheine, noch einmal Gelegenheit zur Buße gegeben? (ec. 2, 2). 
Also auch hier erscheint Johannes der Täufer als Vorläufer 
Christi in der Unterwelt und hat seine irdische Tätigkeit mit 
der unterirdischen vertauscht, so daß er seine Bußpredigt an die 
Gläubigen und Ungläubigen richtet. Der Gedanke der Heils- 
botschaft an alle wird damit ins rechte Licht gestellt, ist aber 
auf das jüdische Volk beschränkt. Zum zweiten Male erschallt 
der Ruf von Ps. 24, 7, die Engel des Herrn treten auf und so- 
fort zerbrechen die ehernen Tore und eisernen Riegel, in An- 
lehnung an Ps. 107, 16 und Jes. 45, 2; zugleich werden alle Toten 
von den Fesseln befreit, der König der Herrlichkeit tritt wie 
ein Gott ein und alles Dunkle des Hades wird erleuchtet 
(e.5, 3). Der Hades erklärt sich ohne jeden Widerstand für 
besiegt. Den Satan faßt Christus beim Schopfe, läßt ihn durch 
seine Engel vollständig fesseln und übergibt ihn dem Hades mit 
der Weisung, ihn bis zu seiner zweiten Parusie festzuhalten 
ie 6, RR Auf der andern Seite breitet Christus seine rechte 


3 Nach anderer Tradition ist die zwölfte Stunde, also Sonnen- 
untergang die Stunde des Antrittes der Hadesfahrt. Vgl. περὶ παρϑενίας 
c. XVI (ed v. ἃ, Goltz, TU., ΝΕ. XIV, 2a, 8. 51, 12 ἢ): Μμημόνευε τὴν 
δωδεκάτην ὥραν, ὅτι ἐν αὐτῇ χαταβέβηκεν ὁ κύριος ἡμῶν εἰς τὸν & 

2) Wiederum scheint der Verfasser vergessen zu haben, daß die Predigt 
des Johannes in erster Linie den alttestamentlichen Gerechten gegolten 
habe, trotzdem heißt es: διὰ τοῦτο λέγω πρὸς ἅπαντας ὑμᾶς, καϑὼς 
ἴδητε αὐτόν, ἵνα προσκυνήσητε πάντες, Orı νῦν μόνον ἐστὶ πρὸς ὑμᾶς 
ὁ τῆς μετανοίας καιρὸς, ὑπὲρ οὗ προσεκυνήσατε εἰς τὸν ἄνω μάταιον 
κόσμον τοῖς εἰδώλοις καὶ ὑπὲρ ὧν ἡμαρτήκατε, 3) Dann wird der 
Teufel dem Feuer der Gehenna übergeben, deshalb redet ihn der 
Hades auch mit κληρονόμε τοῦ πυρὸς καὶ τῆς κολάσεως an (c. 7,1). 


Exkurs II. 575 


AUand aus und erweckt den Erzvater Adam, ebenso fordert er 
alle auf, sich ihm anzuschließen. Das sind aber die Propheten 
und Heiligen. Er versieht ihre Stirn mit dem Zeichen des 

Kreuzes und sie fassend springt er aus dem Hades empor 

(e.8,1.2). Darauf führt er den Adam und alle Gerechten in 
das Paradies und übergibt sie dem Erzengel Michael. Hier im 
Paradiese treffen sie bereits die zum Himmel Entrückten wie 

Henoch und Elias an (e. 9), ebenso aber auch den Schächer am 

Kreuz, der auf Grund seines Glaubens von Christus direkt in 

das Paradies geschickt war'!, So vereinigt sich im Paradiese 

die erste messianische Gemeinde und die Heiligen preisen ihren 

Herrn: μέγας ὁ κύριος ἡμῶν χαὶ μεγάλη ἡ ἰσχὺς αὐτοῦ. 

Überblickt man diesen Bericht, so wird derjenige, welcher 

die Entwicklung der Hadesidee an der Hand der vorgelegten 

Zeugnisse verfolgt hat, an keinem Punkte die Beeinflussung von 

seiten fremder Religionsvorstellungen konstatieren können, viel- 

mehr ist das ganze Material aus alt- und ntlichen Stellen zu- 

sammengestoppelt. Besonders starken Einfluß hat der Propheten- 

spruch Ps. 24, 7 ff. ausgeübt, wie der Verfasser selbst zu erkennen 

gibt. Der dortige βασιλεὺς τῆς δόξης, der κύριος κραταιὸς καὶ 

δυνατός, κύριος δυνατὸς ἐν πολέμῳ, der κύριος τῶν δυνάμεων 

hat den Geist des Verfassers angeregt, deshalb ist auch das 
Personal erweitert?. Denn sollte Christus in der Unterwelt als 
König auftreten, durfte sein himmlischer Hofstaat nicht fehlen, 
- aber ebenso wenig durfte sein Erzfeind, der Teufel, in dem 
Drama fehlen. Dieser Satan hat aber nichts mit dem Höllen- 


| 1) Hier wird der Ausspruch Jesu an den Schächer wörtlich auf 
das himmlische Paradies gedeutet, 2) Ich möchte bei dieser Ge- 

 legenheit noch auf den großen Wandel in der Benutzung dieser 
Psalmstelle aufmerksam machen. Denn zur Zeit des Irenäus deutete 
- man sie nicht auf den Descensus, sondern auf den Aufstieg des Königs 
der Herrlichkeit bei der Himmelfahrt. Die πύλαι αἰώνιοι sind die 

Himmel. Als die Mächte den Aufsteigenden sahen, sollen die unte- 
- ren Engel denen, die im Firmamente waren, die Worte Ps. „24, 7 
zugerufen haben, und als diese erstaunt fragten, τίς ἐστιν οὗτος ὃ 
βασιλεὺς τῆς δόξης: zum zweiten Male gerufen die Worte Ps. 24, 8 
(Iren. Epid. c. 84). Vgl. adv. haer. IV, 33, 18; Qui autem dixerunt, 
eum dormisse et somnum cepisse et resurrexisse, quoniam dominus 


auascepisset eum, et praecipientes prineipibus caelorum, aperire aeternas 
τς portas, ut introeat rex gloriae; resurrectionem eius, quae est ἃ mor- 
tuis per patrem, et receptionem in caelos praeconaverunt. 


576 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


fürsten gemein, vielmehr wird ihm erst der Aufenthalt in der 
Hölle nach dem allgemeinen Gericht in sichere Aussicht gestellt. 
Der Hades dagegen ist ein friedlicher Versammlungsort der 
Abgeschiedenen, von furchtbaren Qualen und Peinigungen der 
Sünder hören wir kein Wort, da Christus im Grunde nur. den 
Aufenthaltsort der alttestamentlichen Gerechten aufgesucht hat. 
So wirkt die ursprüngliche Hadesidee trotz aller Alterationen 
noch bis in die späte Zeit, 

Damit möchte ich meine Untersuchungen über den De- 
scensus ad inferos beschließen. Man wird vielleicht gegen mich 
den Vorwurf erheben, daß ich von der religionsgeschichtlichen 
Behandlung des Themas nichts wissen will. Im Gegenteil, ich 
würde die gründliche Erforschung der Jenseitsvorstellungen und 
der Hadesfahrten in den verschiedenen Religionen mit großer 
Freude begrüßen, aber mit ebenso großem Nachdruck muß ich 
den Standpunkt vertreten, daß der Religionshistoriker erst dann 
mit Erfolg an die Arbeit herantreten kann, wenn das Material 
innerhalb der einzelnen Religionen umfassend durchforscht ist. 
Dann wird ihm zum Bewußtsein kommen, daß neben den 
mannigfachen Parallelen auch die großen Differenzen ihre Be- 
rücksichtigung verlangen; sonst verfallen wir in einen Dilet- 
tantismus, der die religionswissenschaftliche Methode nur dis- 
kreditieren könnte. 


Exkurs IIl. 


Die Passahfeier in der kleinasiatischen Kirche. 


Vielfach ist in den fünfziger und sechziger Jahren des vori- 
gen Jahrhunderts über die Passahfeier der kleinasiatischen Kirche 
zwischen den Vertretern der Tübinger Schule, insbesondere 
zwischen ihrem Haupte selbst! und anderen Gelehrten, wie 
Weitzel? und Steitz?, verhandelt worden, ohne daß es aber zu 
einer endgültigen Erledigung des Problems gekommen ist. Die 
Ursache dieses wenig befriedigenden Ausganges lag einerseits 
in der Verquickung mit der Frage nach dem Ursprunge des 
Johannesevangeliums, andererseits in der Verdunkelung der ge- 
schichtlichen Tatsachen dureh die Schlagwörter der Tübinger 
Sehule: heidenchristlich oder judenchristlich. Deshalb nahm 
Schürer die Untersuchungen in seiner Dissertation De eontro- 
versiis Paschalibus 1869 (deutsche Bearbeitung in der Zeitschr. 
f. hist. Theol. 1870, S. 182 ff.) wieder auf. So gründlich auch 
das ganze Material hier vorgelegt ist, so wenig ist es m.E. 
Schürer gelungen, alle Fragen definitiv zu lösen. Unter den 
jüngeren Arbeiten ist zu nennen Zahns Abhandlung über das 
Sendsehreiben des Irenäus an Victor von Rom“ (Forsch. z. 
— ΘΚΙΝ, 8. 283ff.), dazu Gesch. d. ntl. Kanons I, 8. 180 ff. Von 


1) Chr. F. Baur: Theol. Jahrb, 1844, 8. 638 fl.; 1847, 5. 120 f.; 
1848, S. 264 δ; 1857, S. 249 ἢ. Dazu Hilgenfeld: Theol. Jahrb. 
1849, S. 209 ἢ: 1857, 8. 523 f.; — Z.f. wiss. Theol. 1858, S. 151 δ΄; 
1861, 8. 106 ff. u. 285 ff.; 1867, 8. 187 ff. — Der Paschastreit in 
der alten Kirche, 1860. 2) Vgl. Die christliche Passahfeier der 
- drei ersten Jahrhunderte, zugleich ein Beitrag zur Geschichte des 
᾿ς  ÜUrchristentums und zur Evangelienkritik, 1848. — Stud. u. Krit. 
1848, S,805f. 3) Stud. u. Krit. 1856, S. 721 f.; 1857, 8. 741; 
| > 716f.; derselbe in den Jahrb. f. deutsche Theol. 1861, 

102 


Tu U. "4: Schmidt-Wajnberg. 37 


578 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


großer Bedeutung wurden die Untersuchungen von Duchesne: 
La question de la Päque au Concile de Nicee, in der Rey. des 
questions historiques (1880), t. 28, S.5ff. und Origines du ceulte 
chrötien, 1889, 8. 226ff. Die Gedanken von Duchesne nahm 
Ed. Schwartz in seinen tiefgründigen Forschungen über „Christ- 
liche und jüdische Ostertafeln‘“ (Abh. d. königl. Ges. ἃ. Wiss. zu 
Göttingen, phil.-hist. Kl. N. F., Bd. VIII, H. 6) auf und behandelte 
das Thema in kürzerer Form in seinen „Osterbetrachtungen“ 
(Z. f. ntliche Wiss. 1906 (Jahrg. VII], S.1ff.) Hinzufügen will 
ich noch die beiden Artikel von Preuschen und Drews in der 
RE®, XIV, S. 725 ff. und 734 ff. und die Abhandlung von Hugo 
Koch, Pascha in der ältesten Kirche (Z. f. wiss. Theol., N. F,XX, 4, 
S. 289 ff) 

Aber man wird aus allen diesen Arbeiten nicht den Ein- 
druck gewinnen, als wären hier speziell die mit der kleinasia- 
tischen Passahfeier verknüpften Fragen in jeder Hinsicht ge- 
klärt; in vielen Punkten bestehen die Kontroversen der älteren 
Zeit noch weiter, zumal neues Material nicht hinzugekommen ist. 
Deshalb werden die Gelehrten es mit Freuden begrüßen, daß 
die Epistola uns einen urkundlichen wertvollen Beitrag in dieser 
Richtung liefert. Denn ich konnte $. 368f. konstatieren, daß 
der Verfasser der Epistola ein Vertreter des kleinasiatischen 
Quartodecimanismus gewesen ist und durch die höchste Autorität 
der Kirche, nämlich durch den Auferstandenen in feierlicher 
Form die Passahfeier einsetzen läßt, so daß seine Angaben uns 
wichtige Fingerzeige über das Wesen der Passahfeier an die 
Hand geben. Dazu kommt, daß unsere Epistola an Alter mit 
den uns sonst überlieferten Nachrichten wetteifern kann, wenn 
ihre Entstehung zwischen 160 und 170 n. Chr. riehtig fixiert 
sein sollte, | 

Unsere Hauptquelle über die Passahstreitigkeiten im zweiten 
Jahrhundert bilden die von Euseb. h. 6. V, 23ff. gegebenen Ex- 
zerpte und allgemeinen Mitteilungen, besonders das Exzerpt aus 
dem Briefe des Polykrates von Ephbesus an Vietor von Rom 
um 190 n. Chr. (c. 24, 2ff.) und dasjenige aus dem Briefe des 
Irenäus an Vietor mit historischen Erinnerungen an den Passah- 
streit zwischen Polykarp und Anicet von Rom um 155 n. Chr. 
(e. 24, 12ff.) Hinzu kommen die Synodalbeschlüsse der palä- 
stinensischen (ce. 25), römischen, pontischen und ostsyrischen 


RE 


Exkurs III, 579 


Kirche, auch Privatschreiben einzelner Bischöfe, wie das des 
᾿ς Bachylus von Korinth (e. 23, 3f.), die wahrscheinlich Eusebius 

auf der Bibliothek zu Caesarea noch vorgefunden hat. Auf eine 
noch ältere Zeit geht zurück die Schrift des Melito von Sardes 
περὶ τοῦ πάσχα, die gelegentlich eines in Laodicea in Phrygien 
ausgebrochenen Passahstreites um 170 n. Chr. entstand (h. e. IV, 
26, 3), welche ihrerseits eine Schrift des Clemens Alex. über das 

i Thema hervorrief (h. e. IV, 26,4). Auch diese beiden 
Schriften haben noch dem Eusebius vorgelegen, aber er hat über 
die darin verhandelten Fragen nichts weiter berichtet. 

Auf Grund des vorliegenden Materials gibt Eusebius über 
das Objekt der Streitfrage folgendes Referat: Die Gemeinden 
von ganz Äsien, d.h. von Asia proconsularis beobachten die 
τεσσαρεσχαιδεχάτη σελήνης für das Fest des σωτήριον πάσχα, 
das ist also der 14. Nisan, an welchem die Juden nach ihrem’ 
Gesetze das Lamm schlachten; sie feiern an diesem Tage ihr 
Fest ohne Rücksicht auf den Wochentag, indem sie am gleichen 
Tage das Fasten beenden. Sie berufen sich für ihre Festsitte 
auf eine ältere Überlieferung. Im Gegensatz zu dieser Provinzial- 
kirche stehen die ἐχχλησίαι ἀνὰ τὴν λοιπὴν ἅπασαν οἰχουμένην, 
sie befolgen die Sitte, nur am Tage der Auferstehung, d.h. in 
der Sonntagsnacht die Fasten zu beenden. Sie berufen sich für 
ihre Praxis auf die ἀποστολιχὴ παράδοσις. Auf den Synoden 
der verschiedenen Provinzen soll folgendes als δόγμα ἐχκλησια- 
στιχόν festgesetzt sein: οἷς ἂν und ἐν ἄλλῃ ποτὲ τῆς κυριακῆς 
ἡμέρᾳ τὸ τῆς ἐχ νεχρῶν ἀναστάσεως ἐπιτελοῖτο τοῦ κυρίου 
μυστήριον καὶ ὅπως ἐν ταύτῃ μόνῃ τῶν κατὰ τὸ πάσχα νηστειῶν 
φυλαττοίμεϑα τὰς ἐπιλύσεις (ec. 23,2), oder positiv ausgedrückt 
im Briefe des Irenäus: δεῖν ἐν μόνῃ τῇ τῆς κυριαχῆς ἡμέρᾳ 
τὸ τῆς τοῦ κυρίου ἀναστάσεως ἐπιτελεῖσϑαι μυστήριον (e. 34, 11). 
Die Differenz ist also zwiefacher Natur: 1) Sie berührt den Tag 
der Feier, indem die Kleinasiaten mit den Juden alljährlich das 
Passahfest ohne Rücksicht auf den Wochentag am 14. Nisan 
begehen, während die übrigen Katholiken stets das Jahresfest 
auf die ἡμέρα χυριακή, auf die ἡμέρα τῆς ἀναστάσεως verlegen. 
- Dort Passah, hier Ostern! 2) Eng damit verknüpft, d.h. eine 


E natürliche Folge dieser ‚Abweichung ist die verschiedene ἐπέλυσιες 


τῶν νηστειῶν χατὰ τὸ πάσχα: bei den Kleinasiaten Beendigung 
des Fastens am selben Tage ihrer Passahfeier, bei den Katho- 
37: 


580 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


liken in der Nacht auf den Sonntag. Wieviel Tage vorher 
letztere fasten resp. gefastet haben, gibt Eusebius nicht an, da 
darüber nicht nur im zweiten Jahrhundert, sondern auch zu 
seiner Zeit Abweichungen bestanden. Auch auf den Punkt, wie 
die Großkirchler den Östersonntag im Verhältnis zu dem 14. Nisan 
bestimmen, geht er im Referate nicht weiter ein. Er hätte dann 
eingestehen müssen, daß die kirchliche Berechnung des Osterter- 
mins im 2. Jahrh. und darüber hinaus „nach den Juden“ erfolgt 
wäre, die durch das Konzil von Nicaea für ketzerisch erklärt war. 

Eusebius steht natürlich auf der Seite der Großkirchler; 
dies erhellt noch deutlich aus der Einschätzung der beiderseitigen 
Festsitten, die) kleinasiatische gilt nur οὐσὰν ἐκ παραδόσεως 
ἀρχαιοτέρας stammend (ce. 23,1)!, die der römischen Kirche 
und der mit ihr verbundenen ‚Kirchen geht zurück auf die 
ἀποστολικὴ παράδοσις (ec. 23,1), hatten sich doch die Palästi- 
nenser auf die παράδοσις χατελϑοῦσα εἰς αὐτοὺς 2x διαδοχῆς 
τῶν ἀποστόλων περὶ τοῦ πάσχα berufen. Eusebius ignoriert 
mit Absicht die von Polykrates c. 24, 2f. angeführten aposto- 
lischen Zeugen wie den Zwölfapostel Philippus von Hierapolis 
mit seinen drei Töchtern und Johannes, den Lieblingsjünger des 
Herrn, und ebenso die Zeugen des Polykarp im Streit mit 
Anicet, nämlich den Herrenjünger Johannes und die übrigen 
Apostel (ce. 24, 16); er spricht in dem Referat nur von dem 
πάλαι πρότερον αὐτοῖς παραδοϑὲν ἔϑος (ὁ. 24,1), ohne ein 
Urteil über die Berechtigung der von Polykrates ins Feld ge- 
führten apostolischen Zeugen zu fällen. Direkt die Glaubwür- 
digkeit des Polykrates anzutasten, hat weder Irenäus noch 
Eusebius gewagt. Anicet scheint noch keine apostolischen 
Autoritäten angeführt zu haben, da nach dem Bericht des 
Irenäus (ec. 24, 16) er sich nur auf die συνήϑεια τῶν πρὸ αὐτοῦ 
πρεσβυτέρων berufen hat. Von den Autoritäten des Victor 
hören wir nichts, da Eusebius dessen Brief überhaupt nicht 
behandelt. Man hat früher fast allgemein angenommen, Vietor 
habe sich auf Petrus und Paulus berufen, da die Worte des 
Polykrates c. 24, 2: χαὶ γὰρ καὶ κατὰ τὴν ᾿Ασίαν μεγάλα στοιχεῖα 


1) Stammt der Ausdruck c. 24, 11 ἀρχαίου ἔϑους παράδοσιν 
ἐπιτηρούσας in bezug auf die kleinasiatischen Gemeinden von Eusebius 
oder von Irenäus? Es ist sehr leicht möglich, daß Irenäus seine 
Heimatsitte in dieser Weise verkleinert hat. 


Er 


Exkurs ΠῚ. 581 


᾿ς χεχοίμηται im Gegensatz zu den beiden in Rom vertretenen 
Apostelfursten niedergeschrieben seien !, aber mit Bestimmtheit 
kann man dies nicht behaupten, da die richtige Lesart lautet: 
καὶ γὰρ κατὰ τὴν ᾿Ασίαν μεγάλα στοιχεῖα κεκοίμηται. Freilich 

geht Koch |. c. 8. 310f. zu weit, wenn er schreibt: „Der Bischof 

von Ephesus will mit seiner Berufung auf die hohen Ahnen 
seiner Kirche diese nicht als Rom ebenbürtig, sondern als Rom 
überlegen bezeichnen: was will die parvenühafte römische Kirche 
gegenüber der Kirche Kleinasiens mit ihrer großen Vergangen- 

heit und soliden Tradition? Wie man sieht, war es für die 
römische Kirche hohe Zeit, sich ebenfalls einen respektablen 
Ahnensaal einzurichten, wenn sie mit den alten Kirchen des 
Orients konkurrieren und sie überflügeln wollte..... In der 
Paschafrage konnte sie sich unmöglich auf Petrus und Paulus 
berufen, selbst wenn ihr diese Berufung sonst schon geläufig 
gewesen wäre, da man ja in Rom, wie lrenäus wußte, bis auf 
Bischof Soter überhaupt keine Paschafeier kannte.“ Dem gegen- 

über möchte ich doch die Frage aufwerfen, ob denn wirklich 

Ἷ Rom sich zur Zeit Vietors noch keinen Ahnensaal eingerichtet 
hatte. Hatte die römische Gemeinde nicht eine bischöfliche 
ο΄ Sukzession fixiert, die bis auf ihre Gründer Paulus und Petrus 
zurückreichte? Hat nicht Irenäus, der Zeitgenosse des Victor, 
diese Liste verwertet und das Ansehen der römischen Kirche 
als sedes apostolica darauf gegründet (adv. haer. Ill, 3, 2£.)2 ? 
Und hat nicht unter Zephyrin, dem Nachfolger des Vietor, der 
Römer Cajus in seinem Streite mit dem Montanisten Proelus 
auf die Gräber der beiden Apostelfürsten hingewiesen? Wenn 
man ferner bedenkt, daß die altkatholische Kirche ihren ganzen 
Besitz an Bekenntnis, Schrift und Leben als apostolisch im 
-  Kampfe gegen die Häretiker legitimiert hatte, so wird man 
schwerlich glauben, daß Vietor um 190 sich noch auf die Praxis 
der Presbyter vor ihm berufen habe. Sicherlich gab ihm das 
Bewußtsein, der Vertreter der großen Gemeinde in der Welt- 


1) Vgl. Steitz, Stud. u. Krit. 1856, S. 776, Anm.; Hilgenfeld, 
Paschastreit, S. 228 u. 289; Schürer, De controv. p. 68. 2) Vgl. 
Harnack, Das Zeugnis des Irenäus über das Ansehen der röm. 
Kirche, Sitzungsb. d. Akad. ἃ, Wiss., phil.-hist. Kl., 1898, S. 939 ff. 
_ und Über das Zeugnis des Ignatius über das Ansehen der röm. Ge- 
τ΄ meinde, ibid. 1896, S. 111 ff. 


582 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


hauptstadt zu sein, den Rückhalt, in solch diktatorischer Weise 


gegen die Kleinasiaten aufzutreten. Die sedes apostolica stand 


im Hintergrunde, vor allem müssen die übrigen Provinzial- 
kirchen auf ihre παράδοσις ἀποστολιχή gepocht haben, Viel- 
leicht hat daher Socrates ἢ, e. V, 32 (ed. Hussey II, p. 629) nieht 
so unrecht, wenn er schreibt: οἱ δὲ xara τὴν Ῥώμην καὶ τὰ 
ἑσπέρια μέρη τοὺς ἀποστόλους Παῦλον καὶ Πέτρον τὴν ἐκεῖ 
παραδεδωκέναι συνήϑειαν λέγουσιν im Gegensatz zu den 
Kleinasiaten: Τεσσαρεσχαιδεχάται δέ φασιν ὑπὸ Ἰωάννου τοῦ 
ἀποστόλου τὴν παρατήρησιν τῆς τεσσαρεσχαιδεχάτης παραδε- 
δόσϑαι αὐτοῖς". Beide apostolischen Autoritäten scheint Socrates 
nicht sehr hoch eingeschätzt zu haben, denn er fügt hinzu: 
᾿4λλ οὐδεὶς μὲν τούτων ἔγγραφον ἔχει παρασχεῖν τὴν περὶ 
τούτων ἀπόδειξιν. 

Bei dem Passahstreite handelt es sich also in erster Linie 
um die Normierung des Festtages. Das Fest der Kleinasiaten 
umfaßt nur einen einzigen Tag, denn ausdrücklich betont Poly- 
krates: ἡμεῖς οὖν ἀρᾳδιούργητον ἄγομεν τὴν ἡμέραν, μήτε 
προστιϑέντες μήτε ἀφαιρούμενοι (ce. 24,2). Welches dieser Tag 
gewesen ist, wird uns klar aus dem Satze bezüglich der μεγάλα 
στοιχεῖα κατὰ τὴν ᾿Ασίαν: οὗτοι πάντες ἐτήρησαν τὴν ἡμέραν 
τῆς τεσσαρεσχαιδεχάτης τοῦ πάσχα κατὰ τὸ εὐαγγέλιον, μηδὲν 
παρεχβαίνοντες ἀλλὰ κατὰ τὸν χανόνα τῆς πίστεως ἀκολου- 
ϑοῦντες (c. 24,6). Noch lebendiger wird die Schilderung, wo 
Polykrates auf sein eigenes Verhalten und das seiner Vorfahren 
eingeht: “καὶ πάντοτε τὴν ἡμέραν ἤγαγον οἱ συγγενεῖς μου ὅτε 
ὁ λαὺς ἤρνυε τὴν ζύμην (ec. 22,6). Da tönt uns die lebendige 
Erinnerung eines Mannes von 65 Jahren entgegen, die bis auf 
die Jugendzeit zurückreicht, daß man am Vollmonde des ersten 
Monats das Passah feierte, sobald die Juden das gesäuerte Brot 
aus ihren Häusern räumten?. Die Ausführungen des Polykrates 
beanspruchen absolutes Vertrauen, welches uns alle Berufungen 
auf andere außenstehenden Autoritäten nicht im selben Maße 
einflößen können. So verbindet sich mit diesem Tage ein Akt 


1) Vgl. Sozomenus h. e. VII,19 (ed. Hussey II., p. 741): ol πρὸς 
δύσιν ἱερεῖς οὐκ ᾧοντο δεῖν Παύλου καὶ Πέτρου τὴν παράδοσιν ἀτιμάζειν, 

2) Die Juden schafften das gesäuerte Brot aus den Häusern 
bereits am Morgen des 14. Nisan, nach dem Talmud schon in der 
Nacht vor dem 14. Nisan. 


να u," ne a ai Bi FE SEP δὼ u m 


Exkurs III. 583 


= der Pietät, weshalb auch Polykrates und die Kleinasiaten mit 


ihm diesen Tag sich nicht rauben lassen wollten. Auf jeden 


ΝΞ ᾿᾿Α᾿ἰυ die kleinasistische. Übservanz bis an die Wende des 


1. Jahrhunderts zurück. 

Wenn nun Polykrates bezüglich der Echtheit der Passah- 
feier auf das μήτε προστιϑέντες μήτε ἀφαιρούμενοι hinweist, 
so braucht man daraus nicht auf einen gegnerischen Vorwurf 
zu schließen, den Drews I. ce. S. 736 also formuliert: „Ihr Klein- 
asiaten setzt zum Passahtag etwas hinzu, nämlich die Aufer- 
stehungsfeier, und ihr verkürzt den Tag, nämlich um die 
schuldigen Fasten.“ Ich glaube doch in diesen Worten nichts 
weiter als eine schriftstellerische Phrase erblicken zu müssen !, 
oder man würde lieber darin einen Angriff gegen die Römer 
vermuten, die dem Passahfesttage nicht die gebührende Ehre 
erweisen. Dagegen scheint eine andere Bemerkung eine Abwehr 
gegen den Vorwurf des Judaismus zu enthalten, wenn Polykrates 
zu dem Bekenntnis, daß alle den 14. (Nisan) beobachteten, hin- 
zufügt: κατὰ τὸ εὐαγγέλιον. Denn der Ausdruck τηρεῖν τὴν 
ἡμέραν τῆς τεσσαρ. erinnert nur zu sehr an das Beobachten 
jüdischer Gesetzesvorschriften oder Feste, hatte doch Paulus 
Gal. 4, 10 das παρατηρεῖσϑαι ἡμέρας καὶ μῆνας καὶ καιροὺς 
καὶ ἐνιαυτούς den Heidenchristen verboten (vgl. Kol. 2, 17) und 


_ der Verfasser des Kerygma Petri vor dem σέβεσϑαι κατὰ 


Ἰουδαίους dringend gewarnt, indem er letztere beschuldigte, 
λατρεύοντες ἀγγέλοις. καὶ ἀρχαγγέλοις, μηνὶ καὶ σελήνῃ, zei 
ἐὰν μὴ σελήνη φανῇ, σάββατον οὐχ ἄγουσιν τὸ λεγόμενον 
πρῶτον, οὐδὲ νουμηνίαν ἄγουσιν οὔτε ἄζυμα οὔτε ἑορτὴν οὔτε 
μεγάλην ἡμέραν (Clem. Al. Strom. VI, 5, 41. War hier die 
jüdische Gottesverehrung auf eine Linie mit der heidnischen 
gestellt ?, so umgekehrt von Trypho die Christen mit den Hei- 


1) Vgl. Apok. Joh. 22, 18. 19 und Prooemium des antimontanisti- 
schen Anonymus bei Euseb. h. 6. V, 16, 3. 2) Daß die Gnostiker 
bei ihrem Radikalismus gegen die alttestamentliche Religion mit dem 
jüdischen Passahfest nichts anfangen konnten, versteht sich von 
selbst. Leider besitzen wir keine Kunde, ob und wie sie das 
Jahresfest des Todes und der Auferstehung Christi gefeiert haben. 
Im Grunde waren das für die doketische Auffassung der Person 
Christi keine historischen Tatsachen, die zu einer besonderen Fest- 
feier auffordeten. Ptolemäus in seinem Briefe an die Flora (Epiph. 
h. 38, 5, 15) erklärt πάσχα und ἄξυμα für εἰκόνες auf Grund von 


584 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


den zusammengeworfen, u.a ἐν τῷ μήτε τὰς ἑορτὰς μήτε τὰ 
σάββατα τηρεῖν μήτε τὴν περιτομὴν ἔχειν (Justin, Dial. ὁ. 
Tryph. e. 10; 227 C). Das Passahfest am 14. Nisan war ohne 
Zweifel ein jüdisches Nationalfest, dessen Feier sofort den Vor- 
wurf des Judaismus hervorrufen mußte, zumal in der älteren 
Zeit, wo die Heidenchristen sich ängstlich von allem jüdischen 
Wesen fernhielten. Deshalb zur Orientierung der erklärende 
Zusatz χατὰ τὸ εὐαγγέλιον, nicht κατὰ τὸν vouov! Man hat 
diese Worte im Sinne „gemäß der evangelischen Geschichte“ 
verstanden, nach welcher Christus am 14. Nisan gekreuzigt 
worden sei!, oder „dem Beispiele des Herrn gemäß“, daß er 
nämlich am 14. Nisan das gesetzliche Passah gefeiert und das 
Mahl des Neuen Bundes eingesetzt habe?, Andererseits will 
Zahn unter τὸ εὐαγγέλιον nicht ein einzelnes Evangelium, etwa 
dasjenige des Matthäus, oder gar dasjenige des Johannes ver- 
standen wissen, vielmehr könne Polykrates dem Sprachgebrauche 
seiner Zeit gemäß nur die Gesamtheit der in seiner Kirche an- 
erkannten evangelischen Schriften verstanden haben. Eine 
andere Frage freilich sei, auf welche Stücke des Ev. Polykrates 
und seine Gesinnungsgenossen im Streit mit den Gegnern sich 
hauptsächlich für ihre Sitte berufen hätten. Zahn will in Er- 
mangelung vorhandener Nachrichten unbedenklich erraten, daß 
sie sich auf die synoptischen Berichte berufen hätten, nach 
welchen Christus zu der durch das Gesetz und dem jüdischen 
Brauch vorgeschriebenen Zeit, am Abend des 14. Nisan nicht 
nur das jüdische Passahmahl gehalten, sondern auch das christ- 
liche Passahmahl gestiftet hatte (GK 1, 185f.). Aber ich glaube, 
daß die Worte viel allgemeiner gedeutet werden müssen, etwa 
„gemäß der evangelischen Lehre“, wie z. B. der antimontani- 
stische Anonymus schreibt: ᾧ μήτε προσϑεῖναι μήτ᾽ ἀφελεῖν 
δυνατὸν τῷ κατὰ τὸ εὐαγγέλιον αὐτὸ πολιτεύεσθαι προῃρημένῳ 
(Euseb. h. e. V, 16,3). Für diese Deutung sprechen auch die 
darauf folgenden Worte: μηδὲν παρεχβαίνοντες, ἀλλὰ κατὰ 


1. Kor. 5, 7; dazu 5, 8: τὸ δέ ἐστι μέρος αὐτοῦ τυπικόν, τὸ κατ εἰκόνα 
τῶν πνευματικῶν καὶ διαφερόντων κείμενον, τὰ ἐν προσφοραῖς λέγω 
καὶ περιτομῇ καὶ σαββάτῳ καὶ νηστείᾳ καὶ πάσχα καὶ ἀζύμοις καὶ 
τοῖς τοιούτοις νομοϑετηϑέντα. 

1) Vgl. Weitzel, Passahf. 85. 104f. 110; Réville, Rev. de théol. 
XII, p. 20. 2) Vgl. Hilgenfeld, Paschastr. 5. 295. 


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51 

4 
77 δ 


Exkurs Ill. 585 


τὸν κανόνα τῆς πίστεως ἀχολουϑοῦντες. Das hat mit einem be- 


stimmten Faktum der evangelischen Geschichte nichts zu tun; 


68 soll nur damit zum Ausdruck gebracht werden, daß das Fest 


ganz im Geiste des Christentums gefeiert wird!. Die Kleinasiaten 
fühlen sich als Vertreter des χαρνὼν τῆς πίστεως; mit dem 
Judentum wollen sie nichts zu schaffen haben. 

Sind wir uns darüber klar geworden, daß die Differenz 
in der Festsetzung des Termins darin bestand, daß die Klein- 
asiaten am 14. Nisan ihr Passahfest ohne Rücksicht auf den 
Wochentag feierten, die Großkirchler das Auferstehungsfest 
jedesmal auf den Sonntag verlegten, d. h. auf den Sonntag, der 
dem Vollmondstag nach dem Frühlingsäquinoetium folgte, so 
taucht damit zusammenhängend eine zweite Differenz in der 
Fastenfrage auf. Das ist die ἀμφισβήτησις περὶ τοῦ εἴδους 
αὐτοῦ τῆς νηστείας, von der Irenäus 6. 24, 12 ausführlich han- 
delt. Dieses εἶδος αὐτὸ τῆς νηστείας bestand nicht in der 
verschiedenen Art des Fastens, sondern in der verschiedenen 
Dauer?. Irenäus konstatiert eintägiges, zweitägiges und mehr- 
tägiges Fasten, dazu ein Fasten von 40 Stunden, die als ein 
Fasttag gerechnet werden®. Diese Mannigfaltigkeit sei nicht 
erst das Produkt jüngster Zeit, sondern der Vergangenheit, 
indem die Vorfahren ihre συνήϑεια, die, wie Irenäus zur Ent- 
schuldigung hinzufügt, xa®#’ ἁπλότητα καὶ ἰδιωτισμόν erfolgt 
ist, auch auf ihre Nachkommen weiter tradierten. Nichts desto 
trotz hätten alle Christen der Vergangenheit und Jetztzeit — 


--  ---ς-..... . 


1) Polykrates beruft sich auch darauf, πᾶσαν ἁγίαν γραφὴν 
ı, er will wohl damit sagen, daß er bei seinen Nach- 
forschungen in der gesamten hl. Schrift keine der Passahfeier wider- 
sprechende Stelle gefunden habe, weshalb er auch nicht gesonnen 
ist, sich durch Drohungen von Victor einschüchtern zu lassen. Nach 
Koch hat sich Polykrates auf das alttestl. Passahgebot gestützt und 
auf das Beispiel Jesu und seiner Jünger, das ihm keine Zweifel dar- 
über gelassen, daß dieser Tag auch für den neuen Bund in Kraft 
geblieben sei. 2) Zahn, Forsch. IV, S. 286° bemerkt, daß das αὐτοῦ 
zwischen τοῦ εἴδους und τῆς νηστείας nur den Gegensatz bilden kann 
zu denjenigen Verschiedenheiten des Fastens und der ganzen Feier, 
welche damit gegeben waren, daß die einen am 14. Nisan, die andern 
am folgenden Sonntag das christliche Pascha feierten. 3) Über 
die Entwicklung des Osterfastens vgl, Funk, Kirchengesch. Abhandl, 
und Untersuch, I (1897), S. 241 fl. 


586 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Iren. schließt sich darunter ein — unter einander Frieden ge- 
halten und die Eintracht des Glaubens wäre durch die Ver- 
schiedenheit des Fastens nicht gestört worden. Irenäus stellt 
es zunächst so dar, als ob den Ausgangspunkt für die ver- 
schiedene Dauer der Fasttage jedesmal der Sonntag gebildet 
hätte. Dann ist es natürlich von unerheblicher Bedeutung, ob 
ein, zwei oder mehrere Tage vorher gefastet wird, da ja das Fest 
selbst am Sonntag stattfindet. Man würde nun wirklich nicht 
begreifen, wie der zelotische Eifer nach Uniformierung das 
einigende Band des Glaubens zerstören konnte. Wie ganz 
anders stellt sich aber die Sachlage, wenn jeder der beiden 
Festtage nicht auf denselben Sonntag fiel. Dies war aber bei 
den Kleinasiaten der Fall, wenn das Passah des 14. Nisan 
z. B. auf den Montag der Woche fiel. Dann hatten die Klein- 
asiaten ihr Fest schon lange beendet, ehe die übrigen Christen 
das ihrige überhaupt begonnen hatten. Dazu kam, daß nach 
den Untersuchungen von Schwartz, Ostertaf. S. 126 ff., die Juden- 
schaften in den verschiedenen Provinzen den Passahmonat einem 
bestimmten Zeitraum des julianischen Kalenders gleichsetzten 
und nach dem Vollmond rechneten, der in diesen Monat fiel. 
Die kleinasiatischen Juden sahen in dem Xandikos des asiati- 
schen Kalenders (21. Febr. bis 23. März) den Nisan, an dessen 
Vollmond das Passah zu feiern war. Demgemäß feierten auch 
die asiatischen Christen ihr Passah in dem gleichen Zeitraume 
und zwar stets vor dem Aquinoctium, das in Kleinasien dem 
24. März entsprach. Auf diese Weise differierten die Daten des 
14. Nisan sehr von denen, die in anderen Provinzen festgesetzt 
wurden, selbst dann, wenn man sich den Berechnungen der 
Juden anschließen wollte. Das mußte natürlich zu Unzuträg- 
lichkeiten führen, sobald Kleinasiaten zur Festzeit in eine 
Kirchenprovinz mit abweichender Observanz kamen oder dort 
sich angesiedelt hatten und ihre Festsitte beibehalten wollten. 
Sollten in diesem Falle die Christen der betreffenden Gemeinde 
diese Differenz als irrelevant überschauen oder verlangen, daß 
diese Dissentierenden zu ihren Gunsten auf die Heimatsitte. ver- 
zichteten? Diese Konfliktsfrage behandelt Irenäus in dem wei- 
teren Stück des uns aufbewahrten Exzerptes und beantwortet 
sie im Gegensatz zu Vietor mit einem entschiedenen Ja. Er 
gibt diese Antwort aber nicht vom theoretischen, sondern vom 


Exkurs Ill. 587 


historischen Gesichtspunkt aus, indem er — es handelt sich ja 
um das Verhalten des Vietor — die Haltung der früheren Vor- 
steher der römischen Gemeinde in dieser Sache als Vorbild ins 
Feld führt. 

Aber bevor ich auf diesen Punkt eingehe, müssen wir uns 
Klarheit verschaffen, was wir unter dem Ausdruck τηρεῖν zu 
verstehen bzw. welches Objekt wir zu ergänzen haben. Denn 
in diesem Abschnitte spricht Irenäus unaufhörlich von dem be- 
stehenden Gegensatz zwischen τηρεῖν und μὴ τηρεῖν oder zwi- 
. schen τηροῦντες und μὴ τηροῦντες. Früher ergänzte man fast 
allgemein τὸ πάσχα oder τὴν ἡμέραν τῆς τεσσαρεσχαιδεχάτης 
τοῦ πάσχα auf Grund des Briefes des Polykrates (ce. 24, 6). Da- 
gegen ist Zahn (Forsch. IV, S. 205 7) mit aller Energie für die 
Ergänzung von τὴ» νηστείαν eingetreten, indem er auf den 
Ausdruck ἐπετηρεῖν in c. 24, 13 hinweist. Er stützt sich darauf, 
daß der Anfang der zweiten Hälfte des Exzerpts grammatisch 
und logisch bequem an den Schluß der ersten Hälfte sich an- 
schließe. Es könne nur weniges sein, was Eusebius zwischen 
den beiden Hälften des Exzerpts habe ausfallen lassen; vielleicht 
sei es garnichts, und Eusebius habe durch seine Zwischenbe- 
merkung nur auf die geschichtliche Merkwürdigkeit des Fol- 
genden aufmerksam machen wollen. Demgemäß handelt es 
sich nach Zahn in diesem ganzen Fragment nicht um den rich- 
tigen Tag für die christliche Passahfeier, sondern um die Ver- 
schiedenheit in bezug auf das dieselbe einleitende Fasten. Iren. 
rede zunächst von verschiedener Dauer des Fastens und sodann 
vom Fasten und Nichtfasten. Daß wir es auch im zweiten. 
Abschnitt lediglich mit dem εἶδος τῆς νηστείας (ἢ 12) zu tun 
. hätten, beweise zum Überfluß die .Wiederkehr selbst des Aus- 
drucks (ἃ 15 διὰ ro εἶδος). Es sei ferner undenkbar, daß Iren. 
die Beobachtung des 14. Nisan, selbst in einem Zusammenhang, 
wo es sich um den richtigen Zeitpunkt der Passahfeier han- 
delte, als „das Beobachten, Feiern“ schlechthin der Feier des 
Passah am Sonntag nach dem 14. Nisan als einem „Nichtbe- 
obachten“ und „Nichtfeiern“ gegenübergestellt haben sollte. 
Zahn zieht daraus den Schluß, daß die römischen Bischöfe vor 
Soter, soweit irgend zuverlässige Überlieferung über sie vor- 
handen war, nämlich die Bischöfe von Xystus bis Anicet (etwa 
a. 115—165), das Passah ohne voraufgehendes Fasten gefeiert 


588 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


und auch ihrer Gemeinde darüber keinerlei Vorschrift gegeben 
hätten. Erst unter Soter sei in Rom die Sitte des Osterfastens _ 
eingeführt worden, und zwar wahrscheinlich sofort in der durch 
Irenäus und Tertullian in verschiedener Weise bezeugten Form 
eines vierzigstündigen Fastens. Vor die Zeit dieser Sitte des 
österlichen Fastens in Rom falle der Besuch Polykarps daselbst. 
Anicet mit seiner Gemeinde wäre damals ein μὴ τηρῶν gewesen 
und habe diese von seinen Vorgängern ererbte negative Sitte 
für sehr wichtig und richtig gehalten; Polykarp nicht minder 
die schon von Johannes und seinen Mitaposteln gepflogene und . 
seither in Kleinasien herrschend gebliebene Sitte, die christliche 
Passahfeier durch ein vorhergehendes Fasten einzuleiten. Jeder 
von beiden versuchte den andern von seiner Ansicht zu über- 
zeugen und zu seiner Praxis zu überreden. Das setze, wenn 
der Ausdruck des Irenäus natürlich und die ganze Sache be- 
greiflich sein solle, voraus, daß Polykarps Besuch in Rom mit 
der Osterfeier zusammenfalle. Irenäus spreche nicht von Ein- 
führung einer neuen Sitte in weiteren kirchlichen Kreisen, in 
der römischen und der smyrnäischen oder asiatischen Kirche, 
welche Polykarp von Anicet und Anicet von Polykarp gefor- 
dert hätte, sondern von dem persönlichen Verhalten der beiden 
Bischöfe zur Zeit von Polykarps Aufenthalt in Rom. Zu der 
so verstandenen gegenseitigen Forderung könnte aber nur dann 
eine Veranlassung vorliegen, wenn beide in den Fall kamen, 
das christliche Passah miteinander zu feiern. Da trat die 
Differenz ihres Brauchs zutage; aber statt sich darüber zu 
zanken, sei ein jeder von ihnen, nachdem der Versuch, den 
andern zur Änderung seines Verhaltens zu bewegen, geschei- 
tert wäre, seiner Sittte getreu geblieben. Polykarp habe vor 
der Feier gefastet, Anicet habe es unterlassen. Trotzdem hätten 
sie kirchliche Gemeinschaft gepflogen, und Anicet habe sogar 
dem Polykarp die Verwaltung der Eucharistie ehrenhalber 
übertragen. In solchem Zusammenhange könne unter dem 
ἐχοίνωσαν ἑαυτοῖς nicht irgend welche beliebige Betätigung 
brüderlicher Gemeinschaft, sondern nur gemeinsame Passahfeier, 
und unter der Eucharistie, welche Polykarp leitete, nicht irgend 
welche Abendmahlsfeier, sondern nur die nach altkirchlicher 
Anschauung das Wesen des christlichen Passah bildende Jahres- 
feier der Eucharistie verstanden werden. 


Exkurs ΠῚ. 589 


Aber Zahn wird selbst über die Konsequenzen der von ihm 

_ vorgetragenen Deutung stutzig. „Wenn nämlich“, schreibt er 
1. 6. S. 300 f., „aus dieser Erzählung des Irenäus garnicht her- 
vorgeht, daß Polykarp ein Quartodeeimaner war und sich hier- 
für auf Johannes und die übrigen Apostel berufen hat, so kann 
doch nach dem Brief des Polykrates ersteres gar keinem, 
letzteres kaum einem Zweifel unterliegen. Wie aber konnte 
der Quartodecimaner Polykarp mit der römischen Gemeinde 
Passah feiern, ohne daß die nachher so heftig verhandelte 
Frage nach dem richtigen Zeitpunkt dieser Feier auch nur zur 
Sprache kam? Öder, wenn die tatsächliche gemeinsame Feier 
nicht über allen Zweifel erhaben ist, wie konnte jene Differenz 
des Fastens und Nichtfastens zur Sprache kommen, ohne daß 
die 40 Jahre später jedenfalls für viel wichtiger geachtete Frage 
berührt wurde, an welchem Tage die Kirche das Passah zu 
feiern habe? Es sind an sich zwei Antworten möglich. Ent- 
weder hat Polykarp im Unterschied von seinen Landsleuten um 
190 die letztere Differenz als eine gleichgiltige angesehen, welche 
das Wesen der christlichen Passahfeier nicht berühre, während 
ihm der Brauch, sich durch Fasten zu bereiten, so wertvoll 
war, daß er wenigstens für seine Person nicht darauf ver- 
zichten möchte, Oder die römische Kirche zur Zeit Anicets 
hatte selbst noch quartodeeimanische Praxis. Die Differenz 
wäre darum nicht zur Sprache gekommen, weil sie noch nicht 
existierte. Unmöglich ist letzteres nicht.“ 

Zahns Auffassung hat von verschiedenen Seiten Widerspruch 
erfabren!, aber er hat in Band VI der Forschungen (1900) 
8. 106 f. seine These aufrechterhalten, Neuerdings hat H, Koch 
l.e. 8. 301 die Schwierigkeiten dadurch zu heben gesucht, daß 
er zu τηρεῖν und μὴ τηρεῖν wohl τὴν ἡμέραν τῆς τεσσαρεσ- 
χκαιδεκχάτης τοῦ πάσχα oder σελήνης τὴν τεσσαρεσχαιδεχάτην 
ergänzt, aber im Sinne eines Fasttages des Passahfastens. Unter 
Anicet wäre der Gegensatz noch viel stärker gewesen, als unter 
Vietor, denn früher hätte die römische Kirche überhaupt kein 
ο΄ Passahfasten gehalten, überhaupt kein „Passah gefeiert“. Für 


1) Vgl. Jülicher, Theol. Litztg. 1892, 160. Ehrhard, Die alt- 
ehristl. Lit. I, 26°. 2) Ihm stimmt H. Achelis, RE®, Bd. V, 773 
τὰ „Das Christentum in den ersten drei Jahrhunderten“, 1912, 
II, 83 zu, 


590 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


die römischen Bischöfe vor Soter gab es keinen „14. Nisan“, 
kein „Fasten“, kein „Passah“‘!, Bischof Vietor gehöre, während 
die römischen Bischöfe vor Soter überhaupt μὴ τηροῦντες 
waren, zu den τηροῦντες, wie die von ihm geschnittenen 
Asiaten, er unterscheide sich mit der übrigen Kirche von den 
Asiaten nur dadurch, daß er den Passahtag durchfaste, während 
sie gegen Abend das Fasten beendigten und Eucharistie feierten. 
Koch beruft sich auf die Zwischenbemerkung des Irenäus in $15: 
καίτοι μᾶλλον ἐναντίον ἦν τὸ τηρεῖν τοῖς μὴ τηροῦσι und 
interpretiert diese Worte dahin, daß die römischen Bischöfe bis 
auf Soter, die den Passahfasttag weder selbst hielten noch ihrer 
Gemeinde zugestanden, dennoch mit den aus solchen Parochien, 
in denen der Passahfasttag gehalten wurde, zugereisten Christen 
sich vertragen, obwohl doch das Halten dem Nichthalten 
noch entgegengesetzer war (oder: obwohl das Halten 
denen, die den Passahfasttag nicht hielten, noch mehr 
zuwider war) sc. als die verschiedene Praxis unter 
denen, die wenigstens im Halten des Passahfasttages 
selber einig waren. Koch maß selber eingestehen, daß bei 
seiner Deutung der Gegensatz zwischen der asiatischen und der 
römischen Praxis noch fundamentaler war, aber eben deshalb 
wäre es bei beiderseitigem Konservativismus und weitherziger, 
friedliebender Gesinnung schließlich das beste gewesen, über 
diesen Kapitalpunkt (περὶ τούτου τοῦ χεφαλαίου) einfach hin- 
wegzugehen, da eine Verständigung, wie sie über untergeordnete 
Punkte leicht erreicht wurde (περὶ ἄλλων τινῶν μικρὰ σχόντες 
πρὸς ἀλλήλους), hierüber ja doch ausgeschlossen war. Zahn 
l. e. 8. 297 gibt dem Satze χαίτοι μᾶλλον ἐναντίον folgende 
Interpretation: „Jedenfalls ist hiermit nicht gesagt, daß im Fall 
von Besuchen auswärtiger Christen, deren Brauch den römischen 
Christen, welche ihn nicht befolgten, auffälliger gewesen sein 
müsse, als wenn sie von jenem Brauch nur gehört hätten. 
Weder die Bedeutung von ἐναντίος noch die Wortstellung er- 
laubt diese Deutung. Vielmehr von einem schrofferen oder 


1) Nach Holl, Die Schriften des Epiphanius gegen die Bilder- 
verehrung, Sitzungsb,. ἃ, königl.-preuß. Akad. d. Wiss., phil.-hist. Kl., 
1916, S. 35 hät es ebenfalls vor Soter kein Osterfest in Rom gegeben, 
ist dann aber sofort als ein am Sonntag zu feierndes Fest über- 
nommen. 


Exkurs IL 591 


© schärferen Gegensatz des Beobachtens zum Nichtbeobachten 
oder, was dasselbe ist, zu den Nichtbeobachtenden sagt Irenäus. 


Der Maßstab, woran diese Steigerung gemessen sein will, könne 


doch nicht zweifelhaft sein. Vorher war von Gegensätzen der 
Sitte die Rede, wodurch zur Zeit des Irenäus und des Victor 
diejenigen getrennt waren, die sämtlich τηροῦντες waren, und 
worüber im Zusammenhang mit der Hauptstreitfrage nach dem 
riehtigen Tage für die Paschafeier gleichfalls gezankt wurde 
($ 12). Im Vergleich damit ist der Gegensatz zwischen Solchen, 
die überhaupt keine solche Fastensitte beobachteten, und Solchen, 
die es taten, ohne Frage ein größerer. Und doch haben die, 
welche in solchem Gegensatz zu einander standen, Friede mit 
einander gehalten.“ 

Zunächst ist im allgemeinen zu bemerken, daß Irenäus 
schwerlich dem Victor die tiefgreifende Veränderung der römi- 
schen Observanz vor Augen gehalten hätte, selbst wenn ihm 
eine solche bekannt gewesen wäre, denn damit hätte er den 
Kleinasiaten einen großen Trumpf in die Hände gespielt. Auf 
welche Autorität konnten denn die Römer ihre Osterfeier 
stützen, wenn sie vor Soter sei es kein Osterfasten, sei es gar 
kein Osterfest gekannt haben sollten? Auch wäre es merk- 
würdig, daß Irenäus bei der Aufzählung der Verschiedenheiten 
in der Fastendauer die Römer mit dem 40stündigen Fasten 
gekennzeichnet und von einer alten Praxis in dieser Beziehung 
geredet, gleich darauf den historischen Nachweis geliefert hätte, 
daß die römische Kirche erst seit Soter (ce. 166/74) diese Neuerung 
eingeführt hätte. Auch hätte Irenäus gewissermaßen sich selbst 
desavouiert, daß er zugunsten einer von den Römern in jüngster 
Zeit eingeführten Sitte die Observanz seiner Heimat aufgegeben. 
Sollte es sich bei dem Streite zwischen Polykarp und Anicet 
um das Passahfasten und nicht um den Termin der Passahfeier 
gehandelt haben, wie Zahn annimmt, so würde ich nicht ver- 
stehen, wie Irenäus wegen solcher Quisquilien ein derartiges 
Aufsehen machen konnte. Auch berichtet ja Euseb. h. 6. IV, 
14, 1 ausdrücklich, daß ein ζήτημα περὶ τῆς κατὰ τὸ πάσχα ἡμέρας 
zwischen Polykarp und Anicet stattgefunden hat. Und wie ist 
die Annahme von Koch zu deuten, daß Bischof Soter zu den 
τηροῦντες gehört haben solle ebenso wie die Kleinasiaten, und 
sich von ihnen nur dadurch unterschieden habe, daß er den 


592 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Passahtag durchfastete, während diese gegen Abend das Fasten 
beendigten und Eucharistie feierten! Dann müßte der 14. Nisan 
auch für die Großkirchler stets ein Fasttag gewesen sein. Das 
ist aber: ganz ausgeschlossen, wenn der 14. Nisan auf die ersten 
Tage der Woche oder in eine ganz andere Zeit fiel. Überhaupt 
ist es völlig irreführend, bei den Kleinasiaten Passahfasten und 
Passahfest zu trennen, da beides auf denselben Tag fiel, denn 
an das Fasten schloß sich ihre Feier an. Daher ist es m. E. 
für die ganze Sache irrelevant, ob man zu dem τηρεῖν und 
un τηρεῖν ergänzt τὴν νηστείαν oder τὴν ἡμέραν τῆς τεσσαρεσ- 
χαιδεχάτης, wenn ich auch für meine Person für das letztere 
eintreten möchte. Weil dies der Fall, konnte Irenäus von einem 
Thema zum andern übergehen, die Differenzen wurden dadurch 
nicht verdeckt. In dem zweiten Abschnitt handelt es sich gar- 
nicht mehr um die Differenzen an sich, sondern um eine ἱστορία, 
die das tatsächliche Verhalten der beiden Parteien oder besser 
gesagt der römischen Bischöfe gegen die Kleinasiaten bei 
persönlicher Berührung illustrieren soll. Darin liegt das 
Akumen des ganzen Abschnittes. Vietor hatte den Streit 
vom Zaune gebrochen, nicht die Kleinasiaten, also mußte die 
Stellung seiner Vorgänger geschichtlich beleuchtet werden, 
u. zw. — das ist das neue Moment — zu den in ihre Gemeinde 
zugewanderten oder auf Besuch weilenden Kleinasiaten. Infolge- 
dessen bleiben die μὴ τηροῦντες, ἃ. h. die Römer, und die 
τηροῦντες, d.h. die Kleinasiaten immer dieselben Personen; 
daß hier einmal eine Vertauschung der Rollen stattgefunden 
haben soll, dieser Gedanke liegt dem Irenäus fern. Er beginnt 
seine geschichtliche Notiz mit den πρεσβύτεροε πρὸ Σωτῆρος 
und nennt als solche Anicet, Pius, Hyginus, Telephorus und 
Xystus. Daß sie ihren Standpunkt als μὴ τηροῖντες vertreten 
haben, ist selbstverständlich, ebenso daß sie ihren Gemeinde- 
mitgliedern (= τοῖς μετ᾽ αὐτῶν) das μὴ τηρεῖν auferlegten, aber 
wie sollten sie sich stellen zu denen, welche aus andern Ge- 
meinden. mit der Observanz des τηρεῖν» nach Rom kamen? 
Sollten sie die Passahfeier diesen christlichen Brüdern unter- 
sagen? Das haben sie nicht getan, vielmehr sie haben die 
kirchliche Eintracht gewahrt. Hier fügt nun Irenäus die 
Worte hinzu: χαίτοι μᾶλλον ἐναντίον ἦν τὸ τηρεῖν τοῖς μὴ 
τηροῦσι. Man beachte, Irenäus schreibt nicht τὸ τηρεῖν τῷ μὴ 


Exkurs 11. 593 


ἊΣ τηρεῖν; der Gegensatz liegt nicht ausschließlich in der Sache, 
sondern in den Personen auf der einen Seite und in dem Objekt 
auf der andern Seite. Aber ebenso wenig schreibt er ro μὴ 
τηρεῖν τοῖς τηροῦσι, denn auf τοῖς μὴ τηροῦσι liegt der 
Hauptakzent. Für die Kleinasiaten war das μὴ τηρεῖν der 
Römer nicht so anstößig, da sie ja die Geduldeten waren, da- 
gegen für die Römer als μὴ τηροῦντες war das τηρεῖν der 
Kleinasiaten in dem Falle, daß letztere ihre Sitte auf fremdem 
Boden ausüben, vielleicht sogar noch propagandieren wollten, 

ein größerer Gegensatz, als wenn beide Parteien von einander 
geschieden sind und nur einen akademischen Streit führen. 

Die römischen Christen mußten es peinlich empfinden, daß ein 
fremder Brauch in ihrer Stadt gepflegt wurde, wenn sie selbst 
Zeugen davon waren. In der Ferne konnte man manches 
dulden, ohne gleich die Abstellung des Ärgernisses zu verlangen. 
Deshalb fährt auch Irenäus unmittelbar fort: χαὶ οὐδέποτε διὰ 

τὸ εἶδος τοῦτο ἀπεβλήϑησάν τινες, ἀλλ᾽ αὐτοὶ μὴ τηροῦντες 

οἱ πρὸ σοῦ πρεσβύτεροι τοῖς ἀπὸ τῶν παροιχιῶν τηροῦσιν 

ο΄ ἔπεμπον εὐχαριστίαν. Im Grunde besagen diese Worte das- 
selbe wie vorher: χαὶ οὐδὲν ἔλαττον αὐτοὶ μὴ τηροῦντες εἰρή- 
ο΄ ψεῦον τοῖς ἀπὸ τῶν παροιχιῶν, ἐν αἷς ἐτηρεῖτο, ἐρχομένοις 
πρὸς αὐτούς, aber die Pointe ist doch etwas anders gerichtet. 
Wegen dieses εἶδος, d.h. wegen dieses τηρεῖν sind die klein- 
asiatischen Christen von den Presbytern der römischen Ge- 
meinde nicht exkommuniziert worden, wie es Vietor gegenüber 
der gesamten kleinasiatischen Kirche getan, indem er sie für 
ἑτερόδοξοι und ἀχοινώνητοι erklärt hat, im Gegenteil, sie 
schickten diesen fremden Gästen die Eucharistie. Dieses ist 
nun nicht so zu deuten, als ob die römischen Presbyter die 
eten Elemente den Kleinasiaten von ihrer eucharistischen 

Feier ins Haus geschickt, wie man diese den Abwesenden zu 
schicken pflegte, und dadurch die brüderliche Gemeinschaft 
aufrecht erhalten hätten, sondern m. E. in dem Sinne, daß gie 
den Kleinasiaten die Naturalien, welche für die mit ihrer Passah- 
_ feier verbundene Eucharistie notwendig waren, sandten, d. h. die 
Kleinasiaten konnten in Rom ungestört ihr Fest für sich feiern !, 
1) Man könnte es auch so auffassen, daß die Presbyter bei der 


Feier der römischen österlichen Eucharistie den abwesenden Klein- 
asiaten die Eucharistie ins Haus schickten. 


T. a. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 38 


594 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Daß die Glieder der römischen Gemeinde sich daran beteilig- 
ten, war streng untersagt. Gegen ein Eindringen der kleinasia- 
tischen Observanz war also Fürsorge getroffen. 

Diese gesamten Erörterungen sind nur das Präludium für 
ein historisches Faktum, das sich an die Person des Polykarp 


anknüpft. Bei seiner Anwesenheit in Rom kam abgesehen von 
einzelnen Punkten geringerer Bedeutung die Frage der Passah- 
feier als Hauptdifferenz zur Erörterung, aber zu einem offenen 
Streit ist es nach Irenäus nicht gekommen!. Freilich ebenso- 
wenig hat diese Unterredung ein greifbares Resultat gehabt, 

denn beide hielten an ihrem Standpunkt fest. Anicet konnte 
den Polykarp nicht zum μὴ τηρεῖν bewegen, indem letzterer 
sich auf die Autorität des Johannes und der übrigen Apostel 
berief, umgekehrt konnte Polykarp den Anicet nicht zum τηρεῖν 
bekehren, da letzterer sich auf die συνήϑεια τῶν πρὸ αὐτοῦ 
πρεσβυτέρων stützte. Trotzdem ist die χοενωνία nicht gestört 
worden, ja Anicet ist seinem erlauchten Gaste sogar soweit ent- 
gegengekommen, daß er ihm κατ᾽ ἐντροπήν in der Kirche die 
Feier der Eucharistie überließ. Zahn hat daraus geschlossen, 
daß Polykarp zur Österzeit in Rom anwesend gewesen wäre, 
daß Polykarp und Anicet die jährliche Hochfeier der Eucharistie 
gemeinsam gefeiert und dabei Anicet dem Polykarp die Leitung 
derselben übertragen hätte. Im ersteren Punkte glaube ich 
Zahn beipflichten zu müssen?, um so energischer möchte ich 
das zweite bestreiten, denn entweder hätte Anicet an der Passah- 
feier des Polykarp oder Polykarp an der Österfeier des Anicet 
teilnehmen müssen und jeder der beiden Fälle wäre für die eine 
Partei eine Verleugnung des betreffenden Standpunkts gewesen, 
was doch Irenäus entschieden ableugnet. Haben sie wirklich 
gemeinsam die Eucharistie gefeiert, könnte es sich nur um die 
gewöhnliche kirchliche Feier am Sonntage handeln, und dann 
versteht man nicht, wie darüber Irenäus soviel Aufhebens 
machen konnte. Anders wird die Sachlage, wenn Polykarps 
Aufenthalt in Parallele gesetzt ist zu den in Rom zur Osterzeit 
weilenden und ihre besondere Passahfeier begehenden Klein- 
asiaten, In diesem Falle besagen die Worte des Irenäus, daß 


1) Euseb, δι, e, V, 24, 16: καὶ περὶ ἄλλων τινῶν μικρὰ σχόντες 
πρὸς ἀλλήλους εὐθὺς εἰρήνευσαν, περὶ τούτου τοῦ κεφαλαίου m 
φιλεριστήσαντες εἰς ἑαυτούς. 2) ee bestreitet es 1. 6, 8.324, 


» 


Exkurs II]. 595 


— nicht allein die Passahfeier im Kreise der — 
begehen konnte, sondern daß ibm Anicet seine eigene Kirche 
zur Verfügung stellte. Das war allerdings ein unerhörter Vor- 
gang, aber gerechtfertigt durch das hohe Ansehen des greisen 
_ Oberhauptes der Kirche Kleinasiens, die an Alter und Bedeutung 
mit der römischen Kirche wetteifern konnte, darum der Zusatz 
κατ᾽ ἐντροπὴν δηλονότι. So konnten beide in Frieden von 
einander scheiden und Irenäus schließt mit den Worten: πάσης 
τῆς ἐχκλησίας εἰρήνην ἐχόντων καὶ τῶν τηρούντων χαὶ τῶν 
μὴ τηρούντων. | 
Eine Aufklärung bedarf noch der Hinweis des Irenäus auf 
. die Presbyter vor Soter, da es doch auffällig ist, daß er von 
den Vorgängern des Soter und nicht des Vietor spricht. Man 
hat daraus, wie wir gesehen haben, Schlüsse auf Veränderung 
der Observanz seit Soter, sei es in bezug auf das Fasten, sei es 
in bezug auf das Osterfest ziehen wollen'. Man hat auch an 
eine andere Haltung der beiden unmittelbaren Vorgänger des 
ο΄ Vietor, nämlich des Soter und des Eleutherus gedacht. Aber 
ieh glaube, daß die Worte viel harmloser zu deuten sind. Der 
ganze historische Exkurs des Irenäus führt sich m. E. auf den 
Streit zwischen Polykarp und Anicet zurück, der dem Irenäus 
aus der Überlieferung bekannt war ἢ. Von dort wußte er, daß 
_ Anicet sich auf die πρεσβύτεροι πρὸ αὐτοῦ berufen hatte ($ 16). 
Sei es nun, daß Anicet die Presbyter auch namentlich angeführt 
hatte, sei es, daß Irenäus an der Hand der römischen Bischofs- 
liste die Namen des Pius, Hyginus, Telephorus und Xystus von 
sich aus einsetzte, jedenfalls gebrauchte er den Ausdruck οἱ 


| 1) Viel näher liegt es doch, aus der Liste der Presbyter heraus- 

. zulesen, daß erst unter Xystus ca. 120 die Sitte des Osterfastens 
‚oder des Osterfestes in Rom eingeführt wäre, Das wäre wenigstens 
vrom historischen Gesichtspunkte einleuchtend. Die Einführung des 
' Brauches, die Auferstehung als Jahresfest am Sonntag zu feiern, 
unter Xystus vertritt Duchesne 1. c. 8. 7. 2) Zahn, Forsch. VE v5 
8. 107 glaubt freilich die Erzählung eines Mannes vor sich zu haben, 
_ welcher diese Dinge in Rom im J. 154 miterlebt hat; es spreche 
nichts dagegen, daß Iren. selbst dieser Mann sei. Es sei sogar 
_ wahrscheinlich, daß Iren. schon vor dem Tode Polykarps nach Rom 
gekommen und zur Zeit desselben dort ansässig gewesen wäre, des- 
halb hätte er in Rom miterlebt, was er dem Bischof Vietor über 
das dortige Auftreten Polykarps schreibe. — Das sind aber m. E. 
alles Behauptungen ohne jede reelle Basis. 


38% 


596 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


πρὸ Σωτῆρος πρεσβύτεροι zu Anfang des Exkurses, um Anicet 
mit in die Liste einzuschließen, so daß der Ausdruck nur eine 
Umschreibung für „Anicet und die Presbyter vor ihm“ ist. Wie 
wenig Irenäus an eine Differenzierung der Vorgänger des Anicet 
und des Vietor gedacht hat, erhellt aus ὃ 15, wo die πρεσβύ- 
τεροι πρὸ Σωτῆρος durch οἱ πρὸ σοῦ πρεσβύτεροι abgelöst 
werden. So bleibt auf Vietor das Odium des kirchlichen Frie- 
denstörers sitzen, und gerade zu diesem Zwecke hatte Irenäus 
zur Feder gegriffen. 

Demgemäß kann ich nur die alte Auffassung unterstreichen, 
daß das Objekt der Unterhandlungen in Rom zur Zeit des Anicet 
und des literarischen Kampfes zwischen Vietor und Polykrates 
die Frage gebildet hat, ob man wie die Kleinasiaten am 14. Nisan 
mit den Juden das christliche Passahfest oder wie die Römer 
am Sonntage, der dem 14. Nisan resp. dem ersten Vollmond nach 
dem Frühlingsäquinoetium folgte, das Fest der Auferstehung 
feiern solle. Verändert hatte sich die Sachlage in der Zeit vor 
und nach Soter in keiner Weise, nur die Haltung des Vietor 
hatte sich zuungunsten der Kleinasiaten verschoben. Das hängt 
wohl damit zusammen, daß die römische Kirche durch klein- 
asiatische Bewegungen stark in Mitleidenschaft gezogen wurde, 
ı denn Montanisten, Aloger, Monarchianer lenkten ihre Schritte 
‚ nach Rom und beehrten ebenso wie die Gnostiker und Mareio- 
niten die römischen Christen mit ihrer Propaganda; sie werden 
die kleinasiatische Passahsitte ebenfalls angepriesen haben, wie 
man aus Blastus ersieht (s. u... Das wird den Vietor nervös 
gemacht haben !. 

Was nun die These anbetrifft, daß die römische Kirche 
vor Soter kein Osterfest gekannt habe, so hat sich H. Koch 
dafür auf das Zeugnis des Justin berufen. Justin soll nur einen 
Wochenfeiertag, den Sonntag, kennen (Apol. 1, e. 67; Dial. e. 41; 
260 BC; e. 138; 267 C), und daher erfahre er von jüdischer 
Seite den Vorwurf, daß die Christen den Heiden gleichständen, 
da sie weder die jüdischen Feste noch die Sabbate feierten 
(Dial. e. 10; 227 C). Nach Justin (Dial. e. 14; 231 D) bestehe das 
christliche Passah lediglich in der Umwandlung zu neuem sitt- 


1) Man braucht daher den Streit nicht ausschließlich auf die 
Herrschsucht des heißblütigen und arroganten Victor zurückzuführen. 


Exkurs ΠῚ. 597 
τα lichen Leben. Aber ich meine, daß man aus dem silentium und 


aus derartigen Typologien keine so weitgehenden Schlüsse ziehen 


darf, denn dann müßte man mit gleichem Rechte behaupten, 
man habe in Rom kein Fasten gekannt, da Justin auf Grund 
von Jes. 58, 1—11 das jüdische Fasten abrogiert sieht (Dial.e. 15; 
232E sq.), und doch kennen wir aus Hermas, Sim. V, 1 die Ver- 
breitung der Stationsfasten am Mittwoch und Freitag (vgl. auch Di- 
dache $,1), wenn auch dieses W ochenfasten erst im Laufe des 3. Jahr- 
hunderts gesetzliche Verpflichtung erlangte. Und sollten die öster- 
lichen Fasten, von denen Irenäus spricht und deren Beobachtung 
er auch in Rom voraussetzt, so jungen Datums sein? Dann müßte 
die Entwicklung sehr rapid gewesen sein, aber nach dem Zeugnis 
des Iren. sind sie πολὺ πρότερον ἐπὶ τῶν πρὸ ἡμῶν entstanden, 
Selbst wenn man von der Behauptung des Iren. manches ab- 
streicht, kommen wir doch sicherlich in die Zeit vor Justin. 
Preuschen, RE® XIV, S. 726 legt großes Gewicht auf das Schwei- 
gen der Didache, indem er annimmt, daß, wenn man dort, wo 
sie entstanden ist, eine Feier des Osterfestes gekannt hätte, sie 
in der Schrift erwähnt worden wäre. Aber mit Recht hält ihm 
Drews ebend. S, 734 entgegen, daß eine solche Behauptung ge- 
wagt erscheine, da der Verfasser der Didache nicht alles, was 
sich auf das kultische Leben der Gemeinde beziehe, zur Sprache 
bringe, sondern nur das, was ihm reformbedürftig erscheine. 
Leider fehlen uns alle Zeugnisse, wann das Fest der Auferstehung 
aus der allwöchentlichen Sonntagsfeier zu einem solennen Jahres- 
fest umgestaltet ist, doch ist m. E. so viel sicher, daß die Passah- 
feier auf ein höheres Alter als die Osterfeier Anspruch erheben 
kann. 
| Dies wird uns aber erst klar werden, wenn wir die Frage 
‚beantwortet haben, was denn eigentlich der Gegenstand der 


kleinasiatischen Feier gewesen ist. Hier scheiden sich die 


Geistert. Die eine Gruppe der Gelehrten behauptet, daß die | 
Kleinasiaten am 14. Nisan das jüdische Passah in Erinnerung 


an das Abschiedsmahl Jesu und die Einsetzung des heiligen 
Abendmahles gefeiert hätten. Nach ihnen haben sie im An- 
ο΄ schluß an die Überlieferung der Synoptiker am 14. Nisan den 


X Eine — Übersicht über die verschiedenen Ansichten 


bis auf seine Zeit hat Schürer 1. c. $. 183 ff. gegeben. 


| 
| 


598 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Herrn das gesetzliche Passahmahl mit den Jüngern essen lassen !, 
Andere sehen in den Quartodecimanern Vertreter des Juden- 
christentums. Der streng gesetzliche Standpunkt habe das 
Motiv für die Feier abgegeben, ohne daß die evangelische Ge- 
schichte Berücksichtigung gefunden hätte?. Eine dritte Gruppe 
stellt den Tod Christi in den Mittelpunkt des Festes. Die Er- 
innerung an die Erlösung durch den Kreuzestod habe den Gegen- 
stand der Feier gebildet; man habe an demselben Tage in 
Trauer gefastet, aber dieses Fasten noch am Nachmittag um 
3 Uhr resp. am Abend beendet und dann sich unter dem Ge- 
nnsse der Eucharistie der Festfreude über die vollbrachte Er- 
lösung hingegeben. Diesen zufolge hätten die Quartodeeimaner 
den Tod Jesu auf den 14. Nisan im Anschluß an die johanneische 
Tradition verlegt?. Nach Schürers eindringenden Untersuchungen 
sollen die Kleinasiaten den 14. Nisan als Tag des gesetzlichen 
Passahmahles gefeiert haben. Das sei aber keine rein jüdische 
Feier gewesen, sondern eine Feier der christlichen Erlösung 
überhaupt, ohne besondere Betonung eines einzelnen Moments 
dieser Heilstatsachen, sei es des Todes, sei es der Auferstehung. 
Der Ansicht von Schürer verwandt ist diejenige von Zahn, daß 
die heilsgeschichtlichen Grundlagen der Feier überhaupt keinen 
Gegenstand des Streites gebildet hätten. „Die das ganze NT. 
durchziehende Vergleichung der durch Christus bewirkten Er- 
lösung seiner Gemeinde mit der Erlösung Israels aus Ägypten 
macht es zweifellos, daß das christliche Pascha ebenso eine 
jährliche Gedächtnisfeier jener Erlösung sei, wie das jüdische 
Pascha eine Feier des Gedächtnisses der Erlösung Israels ge- 


1) Zu dieser Gruppe gehört Baur und die Tübinger Schule. Diese 
Vertreter folgerten daraus die Unechtheit des Johannesev., da der Apostel 
Johannes, auf den sich die Kleinasiaten für ihre Feier berufen, den 
14. Nisan als Tag des Abschiedsmahles angesehen hätte. Zahn, der 
ebenfalls diese Meinung vertritt (GKI, 188 f.), lehnt die Konsequenzen 
in bezug auf das Joh.-Ev. ab, auch hält er es für einen Irrtum, in 
der quartodecimanischen Feier wesentlich eine Gedächtnisfeier an 
die Stiftung des hl. Abendmahles zu erblicken. Es hätte sich um 
die der Stiftung der Feier entsprechende Zeit, nicht um den Inhalt 
der Feier gehandelt. 2) Nach der Ansicht dieser Gelehrten, zu 
denen die Anhänger der sogen. Mittelpartei wie Lücke, Gieseler, ἢ 
Bleeck, de Wette gehören, wird davon die Echtheit des Joh.-Ev. nicht 
tangiert. 3) Zu den Anhängern dieser Gruppe gehören Weitzel : 
und Steitz. 


Exkurs Ill. 599 


wesen war. Daß die neutestamentliche Erlösung durch Tod 
_ und Auferstehung Christi bewirkt worden sei, und daß demnach 
diesen beiden untrennbaren Tatsachen in erster Linie die christ- 
liche Paschafeier gelte, war selbstverständlich“ (GK 1, S. 181). 
- Seinen Fußtapfen ist Preuschenl. e.S. 727 gefolgt. Er schließt aus 
den von Euseb. ἢ. e. V, 23,2 angezogenen Synodalbeschlüssen, 
nur am Östersonntage das Mysterium τῆς dx νεχρῶν ἀναστάσεως 
τοῦ χυρίου zu feiern, daß die bekämpfte Partei am 14. Nisan 
ebenfalls das Mysterium der Auferstehung beging, und findet 
diese Deutung durch den Bericht des Epiphanius h. 50, 1 be- 
stätigt: ἕτεροι δὲ ἐξ αὐτῶν τὴν αὐτὴν μίαν ἡμέραν ἄγοντες 
καὶ τὰ μυστήρια ἐπιτελοῦντες. Die Feier des Mysteriums der 
Auferstehung sei nicht etwa das Abendmahl. Dies hätte man 
nicht so genannt und konnte es nicht so nennen, wenn die Be- 
zeichnung irgendeinen Sinn haben sollte. Preuschen erinnert 
an die Beschreibung der Ostergottesdienste, wie sie Silvia in 
ihrem Itinerar betreffs Jerusalem überliefert hat. Hier wurde 
die Auferstehung Jesu durch Mysteriengottesdienste gefeiert. 
Demnach hätten die Kleinasiaten Tod und Auferstehung an 
einem Tage gefeiert, u. zw. auf Grund einer alten Überlieferung, 
daß Jesus noch am Abend des Todestages auferstanden wäre, 
Gegen eine solche Feier richtete sich der Kampf der Abend- 
länder. Preuschen findet diese alte Tradition noch in der syri- 
schen Didascalia e. 21 ed. Flemming (TU, NF. X, 2, 8. 106, 
wo der Verfasser die Zeit zwischen Tod und Auferstehung auf 
einen Tag berechne, so daß für ihn die Nacht zu Sonnabend 
der Tag der Auferstehung gewesen wäre!. Viel skeptischer 
urteilt Drews, RE, XIV, S. 736: „Ob freilich die Kleinasiaten ihr 
Fastenbrechen an ihrem Passahtage am 14. Nisan als Aufer- 
stehungsfeier meinten, läßt sich nicht ausmachen. Aus den 
Auszügen aus dem Verteidigungsbrief Polykarps (l. Polykrates’), 
die uns Eusebius gibt, geht darüber nichts hervor. Hier ver- 
teidigt jener nur die Wahl des Tages, des 14. Nisan als Passah- 
ο΄ festtages, und behauptet, daß sie ihn der Überlieferung gemäß 
halten.“ Bei H. Koch erfahren wir, daß „der Passahgedanke 
der Asiaten weder auf den Tod noch auf die Auferstehung Jesu, 
' sondern lediglich auf seine in der Eucharistie versinn- 


1) Über die singuläre Chronologie der Leidenswoche in der 
su. 


—— 


600 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum., 


bildete Erlösungstat und insofern auch auf die Einsetzung 
des Abendmahles sich bezog. Das Fasten bis gegen Abend 
diente bei ihnen wohl nicht zum Ausdruck der Trauer, sondern 
nur zur Reinigung und Vorbereitung auf den Genuß des Passah- 
lammes Christus,“ Und zuletzt soll nach Ed. Schwartz, Osterbetr. 
S. 22 für das christliche Passah nicht die Passionsgeschichte, 
sondern die Vorschriften des A. T.s über das jüdische Passah 
die Richtschnur abgegeben haben, weil das Fest nichts anders 
gewesen und hätte sein wollen als die Erfüllung des „Typus“, 
der im Gesetz vorbereitet war. 

Man sieht, fast jeder Gelehrte vertritt eine andere Meinung, 
Diesem Dissensus der Gelehrten wird unsere Epistola ein Ende 
bereiten, denn sie liefert uns den urkundliehen Bose für die 
Tatsache, daß die Kleinasiaten am 14. Nisan den — 
des Todes Jesu feierten. Hier hören wir aus dem Munde des 
Auferstandenen die Worte (S. 52, 4f.= Ko, VII, 13): „Nach 
meinem Heimgang zum Vater, so gedenket ihr meines Todes“, 
und unmittelbar damit verknüpft der Herr eine Weissagung auf 
eine Passahfeier der Jünger, an der einer der Apostel nicht wird 
teilnehmen können, weil er ins Gefängnis geworfen ist; dieser 
wird aber in wunderbarer Weise befreit, um so mit den Ver- 
sammelten das Fest zu feiern. Wie ich schon oben 8. 368f. aus- 
geführt habe, handelt es sich um die feierliche Einsetzung der 
kleinasiatischen Passahfeier. Klipp und klar bringt der Herr 
zum Ausdruck, daß das Fest dem Gedächtnis seines Todes geweiht 
ist. An dieser urkundlichen Überlieferung läßt sich weder drehen 
noch deuteln. Offensichtlich will der Verfasser die Praxis seiner 
Kirche gegenüber einer abweichenden Observanz verteidigen, 
oder wenigstens fühlt er das Bedürfnis, sie in seinen Kreisen 
als Einrichtung des Herrn fest zu begründen. Nicht ist die 
Rede von einer einmaligen Feier oder von einer wöchentlichen 


᾿ς Feier, sondern es handelt sich um eine Jahresfeier, wie ja gerade 


das jüdische Passah ein Jahresfest war. Ausdrücklich führt dieses 
Fest bei den Kleinasiaten die Bezeichnung πάσχα; an drei verschie- 
denen Stellen des kleinen Stückes wird dieser Ausdruck wiederholt. 
Ohne Zweifel ist zunächst an das jüdische Passah gedacht!; 


1) Ich will noch darauf aufmerksam machen, daß der Verfasser 
der Epistola die jüdischen Feste kennt, er verlegt die Wiederkunft 
Christi in die Zeit zwischen der Pentekoste und dem Fest der Un- 


Exkurs IIl. 601 


ὦ wird die Vorstellung wachgerufen, daß die Apostel, wie sie 
als Juden es gepflegt und wie es auch ihr Meister, wenn auch 
' nicht im Todesjahre, gehalten, nach wie vor am 14. Nisan das 


Passah feiern. 

Die ganze Erzählung knüpft ja an die Überlieferung Act. 12,3 ff. 
an, daß Petrus in den Tagen der Ungesäuerten von König Hero- 
des ins Gefängnis geworfen worden ist, mit der Absicht, ihn 
μετὰ τὸ πάσχα dem Volke auszuliefern. Dann scheinen diejenigen 
Gelehrten recht zu behalten, die in der kleinasiatischen Passah- 
feier nichts anderes als eine Fortsetzung des jüdischen Passah 
erblickten. Aber heute wissen wir, daß nur der Name und der 
Tag des Festes von den Juden übernommen war, im übrigen 
dör Inhalt des Festes ein spezifisch christlicher war. Den christ- 
lichen Charakter erhielt das Fest durch die Erinnerung an den 
Kreuzestod Jesu. Dieser bildete den Zentralgedanken für die 
Feiernden, also war die Passionsgeschichte maßgebend, was man 
so vielfach bezweifelt hat. Bei dieser Betonung des Gedächt- 
nisses an den Tod mußte natürlich der Gedanke an die Auf- 
erstehung in den Hintergrund treten und konnte nicht zu einer 
besonderen Jahresfeier des Ostertages führen, Die Bedeutung 
des Wortes πάσχα war zugleich in christliche Beleuchtung ge- 
rückt, denn nur zu bald werden die Heidenchristen das Wort 
mit dem griechischen πάσχειν in Verbindung gesetzt haben’, 
da der Gedanke des Leidens und Sterbens der vorherrschende 


' war. War aber der 14. Nisan der Todestag Jesu, dann hat sich 


ebenfalls als falsch die These derjenigen Gelehrten erwiesen, 
welche behaupteten, daß nach Meinung der Kleinasiaten Jesus 
am 14. Nisan das gesetzliche Passah mit den Jüngern gegessen 
hätte, daß das christliche Passah demzufolge eine Erinnerung 
an das letzte Mahl und die Einsetzung des Abendmahles gewesen 
wäre. Wäre dies wirklich der Fall gewesen, würde man nicht 
begreifen, weshalb die Kleinasiaten am 14. Nisan zugleich fasteten?, 


(S. 28, 2=Ko. VIII, 14). Erwähnen will ich dabei, daß nach 
Tert. de bapt. 19 die Wiederkunft in der Pentekoste erwartet wurde, 
- 1ὴ Über die falsche Etymologie von πάσχα vgl. Zahn, For- 
schungen II, 136. 2) Dieses Moment hat bereits Ritschl, Entstehung 
der altkath. Kirche? 8. 269 stark unterstrichen, daß nämlich das Fasten 
überhaupt nur Sinn habe, wo die Erinnerung an den Tod Christi 
der leitende Gedanke wäre; hätte man nur das jüdische Passahmahl 
nach dem Vorgange Christi am 14. Nisan gefeiert, könne das Fasten 


602 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Denn die Juden kannten ein solches Fasten an ihrem Passah 
nicht, Fasten involvierte nach jüdischer und christlicher Auf- 
fassung stets den Gedanken der Demütigung, der Trauer. Des- 
halb hatten auch die ältesten Christen die Sitte der wöchent- 
lichen Stationsfasten von den ‚Juden übernommen, indem sie 
diese — freilich in bewnßter Abweichung von den Juden — 
nicht auf den Montag und Donnerstag, sondern auf den Mitt- 
woch und Freitag verlegten. Freitag insbesondere war der Fast- 
tag, da an diesem Wochentage die Juden den Herrn gekreuzigt 
hatten. Dieser Freitag war aber in der Urwoche der 14. Nisan, 
der jüdische Passahtag gewesen. Deshalb war den Kleinasiaten 
und allen Christen, die am 14. Nisan den Herrn am Kreuze ge- 
storben sein ließen, dieser Tag ein hochheiliger Tag geworden, 
sobald er im Laufe des Jahres wiederkehrte. Passah und passio 
domini waren identische Größen geworden!. Wie schon Paulus 
1. Kor. 5, 7 Christus als das alttestamentliche Opferlammm ? be- 
zeichnet hatte, so wurde Christus zum Typus des am 14. Nisan 
geschlachteten πρόβατον, er wurde selbst das πάσχα. Diese 
Meinung hegten nicht allein die Kleinasiaten, sondern auch ihre 
Gegner wie Clemens Alex.?, Hippolyt* oder Irenäus®. Bei 


garnicht stattgefunden haben. Wenn das Fasten an diesem Tage 
beschlossen wurde, könne dabei nicht die Voraussetzung vorherrschen, 
daß Christus erst am 15. Nisan gestorben, sondern die Voraussetzung, 
daß Christus am 14. als Passahlamm gestorben sei und die Versöhnung 
bewirkt habe. Koch muß das Fasten abschwächen zu einem Vor- 
bereitungsakt auf die Feier, 

1) Daher konnte auch der afrikanische Verfasser des Com- 
putus de pascha vom Jahre 243, obwohl er mit den Quarto- 
decimanern keine Gemeinschaft hatte, schreiben: et ideo qui iam 
non secundum imaginem sicut illi, sed secundum veritatem in com- 
memorationem passionis filii dei pascha celebramus. 2) Über 
Passah — Opferlamm vgl. Matth. 26, 17 f.; Marc. 14, 14. 22; 
Luc. 22, 7. 8.11. 3) Vgl. περὶ τοῦ πάσχα (Βι. ‚II, Ρ. 217 ed. 
Stähl.): πέπονϑε δὲ τῇ ἐπιούσῃ ὁ σωτὴρ ἡμῶν, αὐτὸς ὧν τὸ πάσχα, 
καλλιερηϑεὶς ὑπὸ ᾿Ιουδαίων. 4) Chronic. pasch. ed. Dindorf I, p. 13 
aus dem Syntagma: ᾧ καιρῷ ἔπασχεν ὁ Χριστὸς οὐκ ἔφαγε τὸ κατὰ 
νόμον πάσχα. οὗτος γὰρ ἦν τὸ πάσχα τὸ προκεκηρυγμένον καὶ τὸ τελει- 
ούμενον τῇ ὡρισμένῃ ἡμέρᾳ. δ) Vgl. adv. haer. IV, 10, 1: Et non 
est numerum dicere, in quibus ἃ Moyse ostenditur Alius dei, cuius 
et diem passionis non ignoravit, sed figuratim praenuntiavit eum, 
pascha nominans; et in eadem ipsa, quae ante tantum temporis 
a Moyse praedicata est, passus est dominus adimplens pascha. — ὩΝ 


Exkurs III. 603 


‚dieser Typologie, die sich hier ungezwungen einstellte, da sie 
an ein Faktum der evangelischen Geschichte anknüpfte, mußte 
auch ohne weiteres der heilsgeschichtliche Gedanke der Erlösung 
zum Ausdruck kommen. Denn für die Juden war das Passah 
kein Ackerbaufest, sondern das Nationalfest der Erlösung von 
der Knechtschaft aus Ägypten. So mußten auch die Heiden- 
ehristen bei einer Passahfeier am 14. Nisan das Motiv der Er- 
lösung durch den Kreuzestod des Passahlammes in den Vorder- 
grund rücken, nachdem Paulus den Kreuzestod in den Mittelpunkt 
seiner Theologie gestellt hatte. Diese Parallelisierung lernen wir 
am besten aus den Worten des Justin Dial. e. 111; 338 C kennen: 
Ἦν γὰρ τὸ πάσχα ὁ Χριστός, ὁ τυϑεὶς ὕστερον, ὡς καὶ Ἡσαΐας 
ἔφη" Αὐτὸς ὡς πρόβατον ἐπὶ σφαγὴν ἤχϑη. Καὶ ὅτι ἐν ἡμέρᾳ 
τοῦ πάσχα συνελάβετε αὐτὸν καὶ ὁμοίως ἐν τῷ πάσχα ἐσταυρώ- 
σατε, γέγραπται. Ὡς δὲ τοὺς ἐν Αἰγύπτῳ ἔσωσε τὸ αἷμα τοῦ 
πάσχα, οὕτως καὶ τοὺς πιστεύσαντας ῥύσεται ἐκ ϑανάτου τὸ 
αἷμα τοῦ Χριστοῦ. Die ἡμέρα τοῦ πάσχα kann nichts anderes 
Ἵ sein als der Tag des Schlachtens der Opferlämmer, d. h. der 
44. Nisan, wie schon die Verwertung von Jes. 53, 7 zeigt. Des- 
halb hat fälschlicherweise Steitz, Stud. u: Krit. 1856, S. 749 an- 
genommen, der Passahtag, an dem nach Justin Jesus gefangen und 
- zugleich gekreuzigt wurde, könne nur der 15. Nisan gewesen sein. 

- Bei dieser Sachlage wird deutlich, wie die Kleinasiaten das ganze 
Fest überhaupt auf einen einzigen Tag beschränken konnten, 
denn der 14. Nisan war im eigentlichen Sinne wegen des Leidens 
_ amd Sterbens ein Fasttag. Das Beenden des Fastens fand wohl 
um 3 Uhr mit dem Augenblick des Verscheidens Jesu oder besser 
gegen Abend nach der Stunde des Begräbnisses statt. Wir wissen 
nichts Näheres darüber, es ist auch von unerheblicher Bedeutung. 
Das Passahfest im engeren Sinne, d. h. die eigentliche Feier, 
stand in Parallele zu der jüdischen Passahmahlzeit, die noch zum 
44. Nisan gerechnet wurde, obwohl sie eigentlich nach jüdischer 
Ε΄  Tagesrechnung auf den 15. Nisan fiel. Daher ist der dies 
pasehae, die ἡμέρα τοῦ πάσχα in der Großkirche stets ein Tag 
der Trauer und des Fastens gewesen. Die Differenz zwischen 
_ den Kleinasiaten und den Römern nebst def ihnen angeschlosse- 
nen Kirchen bestand einzig und allein darin, daß der dies paschae 


Dazu Tertullian, adv. Jud. e. 10: Adjeeit (sc. Moyses) Pascha esse 
_ domini, id est passionem Christi. 


604 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


bei letzteren stets auf den Freitag verlegt wurde. Hier wurde der 

Passahtag von dem Ostersonntag ab gerechnet, fiel also stets mit 
dem Freitag der Leidenswoche zusammen. Aber dabei blieb man 
nicht stehen; man konnte keine Unterbrechung zwischen Freitag 
und Ostersonntag in der Festwoche zulassen, infolgedessen wurde 
der dies paschae auf zwei Tage ausgedehnt, indem der Char- 
samstag hinzutrat als der Tag der Grabesruhe. Es waren die 
Tage, quibus ablatus est sponsus!, und doch wurden sie gewisser- 
maßen als ein Tag gerechnet? Die Entwicklung konnte bei 
diesem Zustande nicht stehen bleiben, denn hatte die Leidens- 
woche das Leitmotiv abgegeben, so mußte auch der Mittwoch, 
der Tag des wöchentlichen Stationsfastens, mit hineingezogen 
werden in die Passahzeit, so daß man vier Fasttage hatte, und 
zuletzt mußte man dazu übergehen, die ganze Woche zur Leidens- 
woche zu stempeln. Diese Entwicklung muß sehr rapide vor 
sich gegangen sein, denn bereits zur Zeit des Dionysius von 
Alex. (Ὁ 265) ist ein Fasten von 6 Tagen in manchen Kirchen 
heimisch gewesen. Auch diese erhielten den Namen „Passah“, 
ihr Charakteristikum war nach außen die Fastenübung. Scharf 
geschieden von ihnen war die ἡμέρα τῆς ἀναστάσεως, der dies 
dominicae resurrectionis, denn mit diesem Tage nimmt die Trauer- 
zeit ein Ende und beginnt für die Großkirchler die Freudenzeit. 
Der Ostersonntag krönt die Passahzeit und ist zugleich der erste 
Tag der Pentekoste, daher kann er auch den Namen „dies Pente- 
eostes“ führen, obwohl unter Pentekoste ebenfalls ein größeres 
Zeitspatium begriffen wird. Ursprünglich hat man den Oster- 
sonntag nicht zum Passah gerechnet, vielmehr zur Pentekoste, 
aber schon frühzeitig muß sich der Begriff „Passah“ zugunsten 
des Ostersonntages verschoben haben, da die Nacht von Char- 
samstag zu Sonntag beiden Teilen angehörte, dem Passah und 
der Pentekoste. Bereits bei Tertullian bemerken wir diese Un- 
sicherheit, so schreibt er de orat. e. 18: Sie et die paschae, quo 
communis et quasi publica jejunü religio est, merito deponimus 


1) Vgl. Tertull. de jejun. c. 2: Certe in evangelio illos dies 
jejuniis determinatos putant in quibus ablatus est sponsus, und ibid, 
ec. 13: Eece enim convenio vos et praeter pascha jejunantes eitra 
illos dies quibus ablatus est sponsus. 2) So schreibt Irenäus bei 
Euseb. h. e. V, 24, 12: τεσσαράκοντα ὥρας ἡμερινάς τε καὶ — 
συμμετροῦσιν τὴν ἠκέραν αὐτῶν. 


Exkurs III. 605 


 oseulum. Tertullian denkt dabei in erster Linie an den Char- 
freitag, aber wie die Stelle de jejun. ὁ. 14 zeigt, wird auch der 
Charsamstag zum Passah gerechnet!. Daher kann er de bapt. 
e. 19 den Jeremiasspruch: Et congregabo illos ab extremis terrae 
in die festo also deuten: paschae diem significat et pentecostes, 
qui est prope dies festus?, Darnach ist „dies“ nicht im Sinne 
von „Tag“, sondern im Sinne von „Zeit“ zu fassen. Die Pente- 
koste ist der eigentliche dies festus, die wirkliche Festzeit, zu 
der in erster Linie der Ostersonntag gehört, daher heißt es auch 
vorher im selben Kapitel: Diem baptismo sollemniorem pascha 
praestat, cum et passio domini, in qua tinguimur, adimpleta 
est®,... Exinde Pentecoste ordinandis lavacris laetissimum spa- 
tium est, quo et domini resurreetio inter discipulos frequentata 
est et gratia spiritus sancti dedicata et spes adventus domini 
subostensa. Pentekoste umfaßt den Ostersonntag, das Pfingst- 
fest und die Himmelfahrt *, daher spricht Tert. von einem spatium ®, 
Aber jeder seiner Leser mußte bei den Worten ad uxor. II, 4: 
Quis denique sollemnibus Paschae abnoctantemi securus 
sustinebit? an die Feierlichkeiten in der Charsamstagnacht er- 
innert werden, die ja mit dem Moment der Auferstehung den 
Vigiliengottesdienst des Passah in das Freudenfest der Pentekoste 
übergehen ließen. Von hier aus wird man auch die eigentüm- 
liehe Wendung de coron. mil. e. 3 zu deuten haben: Die domi- 
nico jejunium nefas ducimus vel de genieulis adorare. Eadem 
immunitate a die paschae in pentecosten usque gaudemus®, 


— — — 


1) Cur stationibus quartam et sextam sabbati dicamus et jejuniis 
parasceuen? Quamquam vos etiam sabbatum, si quando, con- 
tinuatis, nunquam nisi in pascha jejunandum secundum rationem 
alibi redditam. 2) Nach H. Koch 1. ς, 8. 293 soll der Charsamstag 
im vollen Sinne „dies paschae* sein, also der letzte solenne Tag 
von „Pascha“, wie der „dies pentecostes“ der Schlußtag der „Pente- 
koste* sei. Das ist, wie die Stelle der bapt. c. 19 zeigt, abzulehnen. 

8) Daher hat Drews 1. c. 5. 739 angenommen, daß hier der 
Ostersabbat gemeint sei. Daß am Charfreitag überhaupt getauft 
wurde, wissen wir nicht, wohl aber in der Charsamstagnacht. 

4) Letzteres begründet Tert. mit den Worten: quod tunc in 
caelos recuperato eo angeli ad apostolos dixerunt sic venturum, 
quemadmodum et in caelos conscendit, utique in Pentecoste, 

5) Vgl. de orat. c. 23: Tantundem et spatio Pentecostes, quod 
eadem exultationis sollemnitate dispungimus. 6) H. Koch will den 
terminus a quo exklusiv nehmen mit Berufung auf de jejun, e. 14. 


* 


606 ‚Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


und ebenso die Worte de jejun. e. 14: Cur pascha celebramus 
annuo eireulo in mense primo? Cur quinquaginta exinde diebus 
in omni exultatione decurrimus? War es schon verboten, am ge- 
wöhnlichen Sonntage knieend zu beten und zu fasten, so noch 
mehr an der Hochfeier des Ostersonntages; deshalb kann der 
dies paschae niemals mit dem Östertage identifiziert werden, so- 
lange der Begriff der Trauer und des Fastens mit ihm verbunden 
war. Aber Tert. konnte von solemnia paschae sprechen, wenn 
diese Feier sich zum größten Teil noch auf die Zeit vor dem 
Brechen des Fastens bezog. Je länger diese ἐπέλυσις τῶν 
νηστειῶν sich hinzog — zur Zeit des Dionysius von Alex. 
brachen die Römer das Fasten erst mit dem ersten Hahnen- 
schrei, und dieselbe Sitte können wir in Nordafrika vermuten —, 
um so mehr gehörte die Feier dem dies paschae an. Aber 
wie leicht mußte sich eine Terminologie ausbilden, das ganze 
Fest als eins zu betrachten, nachdem die Verbindung mit dem 
jüdischen Passah gelöst war, indem man die Bezeichnung „passcha® 
für Leidens- und Auferstehungsfest gebrauchte, also beide Feste ᾿ 
zu einem verschmolz. Im 3. Jahrhundert scheint man nochal- ς᾽ 
gemein die Trauerzeit des Passah scharf von.dem Freudenfeste 
der Auferstehung, der Pentekoste, geschieden zu haben. Wenig 
stens bezeugt dies noch Origenes für seine Zeit, wo er contra 
Cels. VIII, 22 gegenüber dem Verbot der jüdischen Feste durch Ἷ 
Paulus Gal. 4, 10. 11 die christliche Festsitte zu verteidigen sucht. 
Er faßt die Festsitte zusammen in ἡμέραι zvpiaxai und παρα- 
ox£val,fürdieJahresfeste gebraucht erdie Bezeichnung Πεντηκοστή 
und πάσχα. Im allgemeinen charakterisiert er die Feier der χυριακαὶ 
ἡμέραι also: ὃ μὲν τέλειος, ἀεὶ ἐν τοῖς λόγοις ὧν καὶ τοῖς 
ἔργοις καὶ τοῖς διανοήμασι τοῦ τῇ φύσει κυρίου λόγου ϑεοῦ, 
ἀεί ἐστιν αὐτοῦ ἐν ταῖς ἡμέραις καὶ ἀεὶ ἄγει κυριαχὰς ἡμέρας. 
Im Gegensatz dazu heißt es von der Feier des Christen an den 
rapaoxsval: ἀλλὰ καὶ ἀεὶ παρασκευάζων ἑαυτὸν πρὸς TO ἀλη- 
ϑινῶς ζῆν καὶ ἀπεχόμενος τῶν τοῦ βίου ἡδέων καὶ τοὺς πολλοὺς 
ἀπατώντων καὶ μὴ τρέφων »τὸ φρόνημα τῆς σαρκὸς« ἀλλ᾽ 
ὑπωπιάζων αὑτοῦ »T0 σῶμας zei δουλαγωγῶν ἀεὶ ἄγει τὰς 
παρασχευᾶάς. Von diesen allgemeinen Betrachtungen geht Ori- 
genes zu den beiden Jahresfesten über und schließt zunächst 
daran das Passah: ἔτε δὲ ὁ νοήσας ὅτι »τὸ πάσχα ἡμῶν ἐτύϑη ᾿ 
Χριστὸς. καὶ χρὴ ἑορτάζειν ἐσϑίοντα τῆς σαρκὸς τοῦ λόγου 


Exkurs Ill. 607 


οὐχ ἔστιν ὅτε οὐ ποιεῖ τὸ πάσχα, ὅπερ ἑρμηνεύεται διαβατήρια, 
᾿ διαβαίνων ἀεὶ τῷ λογισμῷ καὶ παντὶ λόγῳ καὶ πάσῃ πράξει 
F ἀπὸ τῶν τοῦ βίου πραγμάτων ἐπὶ τὸν ϑεὸν χαὶ ἐπὶ τὴν πόλιν 
ο΄ αὐτοῦ σπεύδων. Bei der Feier der Pentekoste ist die Stimmung 
der Trauer, der Askese geschwunden, da heißt es: πρὸς τούτοις 
ο΄ δὲ ὁ δυνάμενος μετ᾽ ἀληϑείας λέγειν" »συνανέστημεν τῷ Χριστῷ « 
444à καὶ TO‘ νσυνήγειρε καὶ συνεχάϑισεν ἡμᾶς ἐν τοῖς ἐπουρα- 
νίοις ἐν Χριστῷς ἀεί ἐστιν ἐν ταῖς τῆς Πεντηχοστῆς ἡμέραις. 
Das Passah hängt ebenso mit dem Todesleiden Jesu zusammen 
wie die Pentekoste mit der Auferstehung; noch ist das Passah 
nicht vermengt mit der Pentekoste, vielmehr ist das Osterfest 
ein integrierendes Stück der Pentekoste. — Aus den Ausfüh- 
rungen des Örigenes erhellt deutlich, daß der Mittwoch von den 
beiden anderen Wochentagen, dem Freitag und Sonntag, stark 
absticht; er erwähnt ihn gar nicht. Der Mittwoch ist sicherlich 
ein Notgebilde, aus der Parallele zu dem 2tägigen Wochen- 
fasten der Juden erwachsen. Ohne deren Existenz im Judentum 
wäre man schwerlich auf das Stationsfasten am Mittwoch ge- 
kommen. Freitag und Sonntag waren aber in der Leidens- 
geschichte fest verankert, darum hat sich an ihnen trotz Paulus 
das christliche Fest emporgerankt, 
—— u ἀπασνος, ἀρεπρα „Passah“ zu der Bezeichnung 
der beiden im 4. Jahrhundert ihren Abschluß gefunden; , 
trotz der Fasten wurden, wie Drews 1. δ. $. 740 richtig bemerkt, 
auch die Tage vor dem Auferstehungsfeste als Freudentage be- 
zeichnet; beide Feste wurden zusammengebalten durch den Be- 
griff der Erlösung, der sich immer mehr Bahn brach. Damit 
ging die altehristliche Auffassung von πάσχα verloren!, das Oster- 
SIE - Es hat sich nach dem Bericht des Chronikon pasch. ed. 
Dind, I, p.424 gegen die von der Kirche beliebte Bezeichnung des 


Auferstehungsfestes mit Passah eine Opposition erhoben. Der Verfasser 
weist dies mit der gelehrten Bemerkung zurück: ὕπερ γὰρ τῇ “Ἑλλάδι 
φωνῇ λέγεται διάβασις καὶ ἔκβασις καὶ ——— τοῦτο τῇ ᾿Εβραίων 
—* φασὸχ͵ ἤγουν πάσχα ὀνομάζεται und erlaubt sich dazu folgende _ 
Ausführung: Avayralog οὖν ἡ τοῦ ϑεοῦ ἐκκλησία οὐ μόνον τὸ πάϑος 

ö κυρίου, ἀλλὰ δὴ καὶ τὴν ἀνάστασιν αὐτοῦ πάσχα προσαγορεύει. διὰ 


ὶ 

τ ö ϑανάτου, αὐτοῦ τε τοῦ ϑανάτου καὶ τοῦ Gdov καὶ τῆς 
Ü γὰρ ὃ ϑάνατος τοῦ Χριστοῦ τοῦτο ἡμῖν ἐδωρήσατο, πολλῷ 
ἀνάστασις αὐτοῦ οἷο. (vgl. p. 427, 10 ἢ. u, 429, 0) 


608 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


fest mußte die Passahfeier in den Hintergrund drängen und alles 
auf sich konzentrieren, so daß der Name πάσχα oft nur aus- 
schließlich für den Ostersonntag gebraucht wurde!, 

Diese Entwicklung des Begriffes „Passah“ haben diejenigen 
Kirchen, deren Gebiete von einer starken jüdischen Bevölkerung 
durchsetzt waren, d.h. der rein orientalische Osten, nicht mit- 
gemacht, wie wir noch weiter unten aus den Ausführungen der 
syrischen Didascalie, des Aphraates und des Testamentum er- 
sehen werden. Aber auch die Kleinasiaten blieben davon un- 
berührt, da sie ihr christliches Passahfest auf einen einzigen Tag 
beschränkt hatten. 

Da erhebt sich nun die Frage, wie sie überhaupt zu dieser 
abweichenden Observanz gekommen sind. 

Es muß von vornherein die Ansicht zurückgewiesen werden, 
als hätten literarische Einflüsse, etwa dieses oder jenes Evan- 
gelium, dabei eine Rolle gespielt. Denn darin haben Polykarp 
und Polykrates unzweifelhaft recht, daß ihre Passahfeier bis in 
die apostolische Zeit zurückreicht, resp. in eine Zeit, wo zwischen 
dem gesetzestreuen Judentum bzw. Judenchristentum und dem 
gesetzesfreien Heidenchristentum noch kein trennender Strich 
gezogen war. Niemals hätte ihre Feier so tiefe Wurzeln ge- 
faßt, wenn nicht Persönlichkeiten von überragender Bedeutung 
diese Festsitte bei ihnen heimisch gemacht hätten. Mag man 
über die von den beiden Vertretern der kleinasiatischen Kirche 
ins Feld geführten apostolischen Autoritäten, über Philippus und 
Johannes die Achsel zucken und sie als ungeschichtlich verwerfen, 
es müssen in Kleinasien Männer der Urgemeinde geweilt und 
gewirkt haben, die den Geist der heidenchristlichen resp. der 
paulinischen Gemeinden in ihrem Sinne beeinflußt haben. Es 
waren Männer von apostolischem Ansehen, die nach der Zer- 
störung Jerusalems aus der palästinensischen Heimat nach Klein- 
asien auswanderten und dort die Führung der Gemeinden über- 
nahmen. Wie sie es aus der früheren Zeit gewohnt waren, haben 
sie mit den Juden das Passah regelmäßig am 14. Nisan gefeiert, 
aber diese lebendigen Zeugen hatten noch in frischer Erinnerung, 
daß ihr Meister an demselben 14, Nisan, wo das Passah von 
den Juden gefeiert wurde, den Tod am Kreuze erlitten hatte. Dieses 


1) Vgl. die Ausführungen von Drews 1. ce. S. 740 ἃ 


- Exkurs Ill. :609 .. 


 furehtbare Ereignis hatte seinen unauslöschlichen Eindruck binter- 
' lassen, indem sie von tiefster Trauer erfüllt waren und dieses 
durch strengstes Fasten äußerlich zum Ausdruck brachten. Des- 
halb feierten sie als geborene Juden den Todestag als ihr be- 
ο΄ sonderes Passah. Sie selbst werden es more Judaico gefeiert 
haben, aber im Lichte der historischen Ereignisse '; die Heiden- _ 
ehristen dagegen hatten kein Verständnis für den jüdischen Ritus, 

sie hielten sich ganz an das historische Faktum. Welche geheimnis- 
volle Persönlichkeit auch immer hinter dem Verfasser des Jo- 
hannesevangeliums stecken mag, niemals hätte man m. E. die 
geschichtliche Existenz einer Person mit Namen Johannes in 
Asien leugnen dürfen. Das Evangelium ist aus demselben Kreise 
geboren, der den Kleinasiaten die Passahfeier als Gedächtnistag 

des Todes Jesu übermittelt hat. Jetzt taucht dieses Evangelium 

aus der alten Rumpelkammer, in die es von vielen geworfen, 

zu neuem Leben empor. Denn einer der stärksten Trümpfe, 
welche man gegen den johanneischen Ursprung des vierten 
Evangeliums ausgespielt hat, daß nämlich die Kleinasiaten in 
Übereinstimmung mit den Synoptikern am 14. Nisan das Ge- 

ο΄  dächtnis an das letzte Passahmahl Jesu gefeiert und dafür sich 
auf den Apostel Johannes als Zeugen berufen hätten, während 
doch derselbe im Evangelium den Tod auf den 14. Nisan ver- 
- legt, ist den Gegnern durch unsere Epistola aus der Hand ge- 
nommen. Ich will dabei noch auf die hohe Wertschätzung dieses 
Evangeliums bei dem Verfasser aufmerksam machen, wie ich 
sie o. 5. 224f. besonders an drei Punkten nachgewiesen habe: 
1. an der Stellung des Johannes an der Spitze des Apostel- 


ΡῈ, ΠΡ ΨΥ Ε 


1) Leider fehlen uns alle Nachrichten über die Passahfeier bei 
den Judenchristen. Euseb, ἢ, 6. I, 27,5 berichtet, daß sie den 
Sabbat und die ἄλλην ᾿Ιουδαϊκὴν ἀ ἀγωγήν wie die Juden beobachten, daß 
sie aber auch an den Sonntagen in Übereinstimmung mit den Christen 
- das Gedächtnis der Auferstehung des Herrn feiern. Wie sie ihr 
altes Passah feiern, darüber hören wir nichts. Nicht deutlich sind 
“ mir ‚die Worte des Epiph. h. 30, 16, 1: μυστήρια δὲ δῆϑεν τελοῦσι 
ο΄ κατὰ μίμησιν τῶν ἁγίων ἐν τῇ ἐκκλησίᾳ ἀπὸ ἐνιαυτοῦ εἰς ἐνιαυτὸν διὰ 
κ᾿ καὶ τὸ ἄλλο μέρος τοῦ μηστηρίου δι᾿ ὕδατος μόνου. Feierten 
die Ebioniten das Passahfest in Form des Abendmahls mit Azyma 
and Wasser statt mit Brot und Wein? Die Worte ἀπὸ ἐνιαυτοῦ 
eis ἐνιαυτόν deuten auf ein Jahresfest, das für Judenchristen sich in 
. erster Linie an das alte Passah angeknüpft haben wird. 
T. u. U. 14: Schmidt-Wajnberg. 39 


— 2  Ύ" 


610 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


kollegiums, 2. an der Voranstellung der Hochzeit zu Kana in 
der Reihe der Wundertaten Jesu und 3. an der Verwertung des 
johanneischen Begriffsmaterials für seine Fälschung. Nicht also 
die synoptische, sondern die johanneische Tradition hat die Grund- 
lage der kleinasiatischen Passahfeier gebildet, ohne daß man bei 
ihrer Einführung in die heidenchristlichen Gemeinden sich schrift- 
lieher Evangelien bedient hat, vielmehr die geschichtliche Er- 
innerung an den Kreuzestod am gesetzlichen Passahtage und die 
persönlichen Berührungen mit apostolischen Autoritäten aus der 
Urgemeinde haben Patenstelle für die singuläre Passahfeier der 
Kleinasiaten gestanden!. Auch die übrigen Kirchen, wie die 


römische und alexandrinische, vertraten den Standpunkt, daß 


Jesus das geopferte Passahlamm am 14. Nisan gewesen sei, aber 


zu einer besonderen Passahfeier reichte dies nicht aus, da ihnen 


die Berührung von längerer Dauer mit apostolischen Zeugen 
fehlte. Als sie dazu übergingen, ein Jahresfest im Anschluß an 


die heilsgeschichtlichen Tatsachen sich zu schaffen, nahmen sie 


die Leidenswoche, ἃ. h. den Auferstehungstag, den Sonntag und 
die Stationstage zur Grundlage, um auf diesem Wege das Drama 
der Urwoche ihren Gläubigen vor die Augen zu führen, Bei 
ihnen ist ‚das Jahresfest auf dem bereits fertig vorliegenden 
Wochenzyklus aufgebaut; an den Monatstag wollten sie nicht 
gebunden sein. Der 14. Nisan hatte für sie daher sekundäre 


Bedeutung, er kam für ihre Berechnung nur insoweit in Frage, 


als man darnach den Ostersonntag bestimmte. Als ein weiteres 
Moment kam hinzu die starke Abneigung gegen das Judentum, 
in dessen Abhängigkeit man sich nicht begeben wollte, jene Ab- 
neigung, die später die selbständige Berechnung der Passah- und 
Osterzyklen hervorgerufen hat. Sie verzichteten gern auf die 


1) Ich fürchte, daß auch in dieser Form Herrn Schwartz meine Mei- 
nung undiskutierbar erscheinen wird. Er steht ja mit dem Verfasser des 
vierten Evangeliums auf Kriegsfuß und erlaubt sich das Verdikt 
Ostertaf. 5, 32: „Obgleich es nichts nützen wird, will ich leichtsinnige 
Leute davor warnen, daß sie dies Zusammentreffen benutzen, um 
dem Verfasser des vierten Evangeliums eine Achtung vor der echten 


Überlieferung zu vindizieren, auf die er nicht den geringsten An- 


spruch erhebt.“ Welchen Wert die Berufung auf das Urteil des 
römischen Klerikers in der Mitte des 2. Jahrh. über die Unechtheit 


des Joh.-Evangeliums hat, glaube ich in meinem Exkurs I hinreichend 


nachgewiesen zu haben. - 


ἐᾷ ie ΣΝ 
: — * ha ἘΠ 


Exkurs ΠῚ. 611 


x τς : — — rung des Opfertodes Christi und des Opferlammes 


am Passahtage, wenn sie das Fest der Auferstehung dafür als 
spezifisch christliches Fest eintauschten. In der Kirche Klein- 


᾿ς asiens muß doch das paulinische Evangelium von der Gesetzes- 


freiheit nicht so tiefe Spuren hinterlassen haben, wie wir gewöhn- 


lieh vermuten; jene Autoritäten der älteren Zeit, insbesondere 


das Vorhandensein starker judenchristlicher Kreise muß eine ganz 
andere geistige Atmosphäre geschaffen haben. Auch dafür liefert 
uns die Epistola den urkundlichen Beweis, indem der Verfasser 
den Apostel Paulus als Apostel für die Heiden einsetzen läßt, 
ohne aber dem gesetzestreuen Judenchristentum das Christentum 
abzusprechen. 

Haben aber die Kleinasiaten tatsächlich das Gedächtnis des 


Anhänger gefunden hatte, aber von den neueren Gelehrten unter 
dem Einflusse der Ausführungen von Schürer fast allgemein auf- 
gegeben war. Den Mittelpunkt ihrer Feier bildete doch nur ein 
einzelnes Moment der Heilsgeschichte, der Tod, und deshalb 
werden auch die paulinischen und johanneischen Gedanken über 
die mit dem Kreuzestod verbundenen Ideen der Erlösung die 


Stimmung der Feiernden beherrscht haben, sobald sie nach Brechen 


des Fastens in die Festfeier eintraten. Die Differenz lag doch 


„tiefer, als es auf den ersten Blick erscheint: nicht der ver- 


schiedene Termin, nicht die verschiedene Dauer des Fastens war 
der Gegenstand des Anstoßes, sondern die verschiedene Akzen- 
tuierung der beiden großen Heilstatsachen, die den Mittelpunkt 


des christlichen Glaubens bildeten: bei den Kleinasiaten die Hoch- 


feier des πάϑος, bei den Römern und ihren Anhängern die Hoch- 
feier der ἀνάστασις. Eines dieser Momente kam bei diesen oder 
jenen zu kurz. Das mußte zu Reibungen führen, die bei örtlicher 


- Berührung über kurz oder lang den offenen Konflikt hervor- 
riefen. 


Wie steht es nun mit den patristischen Zeugnissen für das 


᾿ς kleinasiatische Passah als Gedächtnis des Todes Jesü? Diese 
haben bereits in den Kontroversen der Gelehrten den Gegen- 
stand der Verhandlungen gebildet, so daß es eigentlich über- 
Ε΄ flüssig erscheinen müßte, sie wiederum vorzuführen, aber viel- 
- leicht könnte eine kritische Beleuchtung doch noch manche neue 


39* 


— En RE u 


612 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Gesichtspunkte ans Tageslicht bringen. Als ein Hauptzeuge ist 
von Weitzel! und Steitz? ein gewisser Tricentius angerufen wor- 
den, den Petrus von Alex. (f 311) in einer Schrift περὶ τοῦ πάσχα 
bekämpft hat, aus der uns ein Stück in der Vorrede zum Chro- 
nik. pasch. ed. Dind, 1, p. 4 überliefert ist. Tricentius wendet 
sich gegen den Vorwurf, daß die von ihm befolgte Observanz, 
das Passah mit den Juden zu feiern, zu verwerfen sei, weil die 
jüdische Berechnung eine falsche. Darauf gibt er als Antwort: 
Εἴτε οὖν σφαλλόμενοι ᾿Ιουδαῖοι κατὰ τὸν σεληνιακὸν δρόμον 
ποτὲ μὲν (ro) Φαμενὼϑ' ἄγουσι τὸ ἑαυτῶν πάσχα εἴτε κατὰ 
τὸν ἐμβόλιμον μῆνα κατὰ τριετίαν τῷ Papuovdi, οὐδὲν ἡμῖν E 
διαφέρει" πρόκειται γὰρ ἡμῖν οὐδὲν ἕτερον ἢ τὴν ἀνά- 
μνησιν τοῦ πάϑους αὐτοῦ ποιεῖσϑαι, καὶ (ἔπαϑε οὐ, 
τοῦτο ἐγένετο) χατὰ τοῦτον τὸν καιρόν, ὡς οἱ am ἀρχῆς 
αὐτόπται παραδεδώχασι, πρὶν Αἰγυπτίους πιστεῦσαι" οὐ γὰρ 
νῦν πρῶτον ἐπιτηροῦντες τὸν σεληνιαχὸν δρόμον ἄγουσιν αὐτὸ 
ἐξ ἀνάγκης δὶς μὲν τῷ Φαμενώϑ, ἅπαξ δὲ χατὰ τριετίαν τῷ 
Φαρμουϑί" „er ἀρχῆς γὰρ καὶ πρὸ τῆς Χριστοῦ παρουσίας 
πάντοτε οὕτως ποιήσαντες φαίνονται" ὅϑεν καὶ αἰτιώμενος 
αὐτοὺς ὃ ϑεὸς διὰ τοῦ προφήτου ἔλεγεν" »χαὶ εἶπον" ἀεὶ πλα- 
νῶνται τῇ καρδίᾳ" ὡς ὥμοσα ἐν τῇ ὀργῇ μου, εἰ εἰσελεύσονται 
εἰς τὴν κατάπαυσίν μους (Ps. 94, 10, 11). 

Trieentius will sich auf den Nachweis über die Unzulänglich- 
keit der jüdischen Passahberechnung auf Grund des Mondzyklus- 
erst gar nicht einlassen, denn das müßte auch von Anfang an, 
also auch vor Christi Ankunft der Fall gewesen sein. Infolge- 
dessen wäre — diesen Gedanken müssen wir ergänzen — auch 
das von Christus gefeierte Passahfest dem gleichen ehronologi- 
schen Irrtum unterlegen, und darauf bezöge sich wohl die An- 


klage Gottes Ps. 94, 10. 11. Aber für ihn selbst hätten der- 


artige (chronologische Quisquilien überhaupt keinen Wert, denn 
er lege das Hauptgewicht auf den Charakter der Feier, nicht 
auf die — Berechnung. Dieser bestände in dem ποιεῖσϑαι 


τ) Die christliche Passahfeier 5. 251 ἢ u. Stud. u. Krit. 1848, 

S. 822. 2) Stud. u. Krit. 1856, S. 801 u. 1857, 85. 748. τς 
3) Die falsche Berechnung der Juden auf Grund des Mondzyklus 

gibt er ohne weiteres zu, aber daß diese Berechnung zu irgendeiner 


Zeit richtiger gewesen, leugnet er. Tric. begegnet einem Vorwurfe, τῇ 
daß die Juden in der Jetztzeit fälchlicherweise das Passah zuweilen = 


LExurs ΠΙ. 613 


Ὡς τὴν ἀνάμνησιν τοῦ πάϑους αὐτοῦ, und was den Zeitpunkt dieses 


ο΄ πάϑος anbetreffe, so folge er den Angaben der αὐτόπται ἀπ᾽ 


ἀρχῆς. Hilgenfeld, Paschastr. S. 352 wirft die Frage auf: „Aber 


wo haben denn die Augenzeugen den Todestag Jesu, ganz ab- 


gesehen von dem Mondlaufe, überliefert?“ und beantwortet sie: 
„ja unseren kanonischen Evangelien nicht.“ Tricentius soll nur 
die Acta Pilati im Auge gehabt haben, welche schon Justin, 
Tertullian und Eusebius erwähnen. Diese bereits im zweiten 
Jahrhundert mit dem Ansehen der Augenzeugenschaft unter- 
geschobene Schrift sei uns in dem sog. Evang. Nicodemi, wenn 
auch überarbeitet, erhalten, und hier würde gleich zu Anfang 
der Tag der Verurteilung und Kreuzigung Jesu ausdrücklich 
auf den 25. März angesetzt. Diesen Tag des festen römischen 
Kalenders wolle, wie es scheine, Trieentius ohne alle Rücksicht auf 
das jüdische Passah als den Todestag Jesu jährlich gefeiert wissen. 

Petrus v. Alex. müßte wirklich ungemeinen Scharfsinn be- 
sessen haben, wenn er in den αὐτόπται ἀπ᾽ ἀρχῆς die Verfasser 
der Acta Pilati hätte erraten können. So wie die Worte dort 
stehen, wurde er auf Luc. 1,2 verwiesen!. Tricentius will damit 


die Nachrichten der Evangelien gegen die Berechnungen der 


Fa Cu 


᾿ ΤῊ J 


ara 
ἊΝ 


Eh 
Syn 2, 
nn ae a 


EL 


ον 


Chronologen ausspielen; die Augenzeugen müßten doch genau 


wissen, an welchem Tage der Kreuzestod erfolgt ist. Welches 
Datum er in den Evangelien gefunden hat, sagt Tricentius nicht, 
sondern nur, daß für ihn der Tag in Frage kommt, an welchem 
er die ἀνάμνησις τοῦ πάϑους feiern kann. Wie ihn die Chro- 
nologen auch immer bestimmen mögen, ist ihm gleichgültig; 
ihre Autorität steht ihm bedeutend niedriger als die der Augen- 


zeugen, da ja das Christentum der Ägypter jüngeren Datums 
sei. Ed. Schwartz, Ostertafeln S. 116 hat aus letzteren Worten 


den Schluß gezogen, daß der Satz nur in Ägypten geschrieben 


vor. das Äquinoctium legen, während in der früheren Zeit, d.h. vor 


der Zerstörung Jerusalems, sie noch die rich Berechnung besaßen, 
nämlich μετὰ τὴν ἰσημερίαν ἔσυον τὸ πάσχα κατὰ τὴν ϑείαν παραγγελίαν. 

1) Petrus hat dies auch richtig verstanden, wenn er entgegnet: 
Πρῶτον μέν, ἐπεὶ οὐδέπω εἰς τοῦτο ἐπλανῶντο ᾿Ιουδαῖοι, ἡνίκα συνῆσαν 


αὐτοῖς, οἵ an ἀρχῆς αὐτόπται καὶ ὑπηρέται, πολλῷ δὲ μᾶλλον 
᾿ οὐδὲ an ἀρχῆς πρὸ τῆς Χριστοῦ παρουσίας" οὐδὲ γὰρ διὰ τὴν mo. 


— τοῦ πάσχα λέγει αὐτοὺς ὃ ϑεὸς ἀεὶ πλανωμένους τῇ καρδίᾳ, ἀλλὰ 


el ἄλλην πᾶσαν παραχοὴν καὶ διὰ τὰ πονηρὰ καὶ ἀηδῆ αὐτῶν ἔργα, 
* ön αὐτοὺς ἐν εἰδωλολατρείαις καὶ πορνείαις ἀναστρεφομένους. 


614 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


sein könne, während m. E. gerade das Gegenteil herauszulesen. 


ist, denn die Worte richten sich gegen die anmaßende Arroganz 
der ägyptischen Christen, allein das richtige Datum der τεσσα- 
ρεσχαιδεχάτη auf Grund ihres Osterzyklus festsetzen zu können 
und ihre Observanz anderen Christen aufzuzwingen. Tricentius 
kann sich unmöglich darin eingeschlossen haben, er sagt ja aus- 
drücklich: οὐδὲν ἡμῖν διαφέρει und πρόκειται ἡμῖν, spricht also 
im Namen einer Mehrheit, die nicht mit den Ägyptern identisch 
ist, Es handelt sich nicht um die Fixierung des Ostersonntages, 
sondern um den Todestag Christi, und weiter, es steht nicht die 


Berechnung in Frage, sondern die Feier, denn Tricentius tritt für 
das ποιεῖσϑαι τὴν ἀνάμνησιν τοῦ πάϑους ein. Dann aber war 


er Vertreter des kleinasiatischen Quartodeeimanismus im Gegen- 
satz zu den Ägyptern, die seit den Passahstreitigkeiten auf der Seite 
der Römer gestanden hatten (Euseb. h. e. V, 25). Diese Haltung 
wird durch eine Notiz des Epiph. h. 70, 9 bestätigt, der bei Gelegen- 
heit der Besprechung der durch die nicänischen Väter versuchten 
ἕνωσις περὶ τοῦ πάσχα auf die früheren Differenzen in der Passah- 
feier zu sprechen kommt. Dabei erwähnt er an erster Stelle 
das ζήτημα τῆς: ἑορτῆς ἐν χρόνοις Πολυχάρπου καὶ Βίχτωρος 
und bemerkt οἷς ἡ ἀνατολὴ πρὸς τὴν δύσιν διαφερομένη εἰρη- 
γικὰ παρ᾽ ἀλλήλων οὐχ ἐδέχοντο, an zweiter Stelle dasjenige 
ἐν χρόνοις ᾿4λεξάνδρου ἐπισχύπου ᾿4λεξανδρείας καὶ Κρισχεντίου 
mit dem Zusatz οἧς πρὸς ἀλλήλους εὑρίσκονται ἕχαστος αὐτῶν 
γράφοντες καὶ διαμαχόμενοι3, Mit Recht vermutet nach dem 


1) Epiph. gibt folgende Differenzen in der Observanz: τῶν μὲν 
πρὸ ἑβδομάδος ποιούντων καὶ φιλονεικούντων πρὸ; ἀλλήλους, τῶν δὲ 
μετὰ ἑβδομάδα, καὶ τῶν μὲν προλαμβανόντων, τῶν δὲ μεσαζόντων, ἄλλων 
δὲ μετέπειτα ἐπιτελούντων. 2) Interessant ist die Angabe über 
die ἐμπερίτομοι ἐπίσκοποι, denn in c. 10 erfahren wir noch folgen- 
des: ἅμα δὲ καὶ πεντεκαίδεκα ἐπίσκοποι γεγόνασιν ἐκ περιτομῆς καὶ 
ἐχρῆν τότε τῶν ἐπισκύπων ἐκ περιτομῆς ὄντων ἐν Ἱερουσαλὴμ κατα- 
σταϑέντων τὸν πάντα κύσμον τούτοις συνέπεσϑαι καὶ μετ αὐτῶν ἐπι- 
τελεῖν ἵνα μία τις γένηται συμφωνία καὶ μία ὁμολογία, μία ξορτὴ ἐπι- 
τελουμένη. Die Zahl von 15 judenchristlichen Bischöfen stammt aus 
der von Epiphanius benutzten Liste der Bischöfe (h. 66, 20), wo bei 
Judas an 15. Stelle ausdrücklich bemerkt ist, daß mit diesem die 
Liste der judenchristlichen Bischöfe abschließt (vgl. Euseb. h. e. IV, 


6, 4). 8. über diese Liste Harnack, Gesch. ἃ. altchr. Lit. II, 1, 8.223. 


und Schlatter, Der Chronograph aus dem zehnten Jahre Antonins, 
TU XII, 1, 5. 28 ff. 


δ Exkurs I. 615 


ER — von Dachesne (I. e. 8, 31, Anm. 1} Ed. Schwartz, Oster- 
taf. 5, 116, daß Τριχέντιος und Αρισχέντιος eine Person sind, 
doch sei es nicht auszumachen, ob Epiphanius Alexander und 
Petrus verwechselt oder der Streit sich über die Zeit des Petrus 
hinaus fortgesetzt habe. M. E. liegt die Konfusion bei Epiphanius, 
da auch die Angaben über den Streit zwischen Polykarp und 
Vietor unklar gehalten sind, denn, wenn auch keine Verwechselung 
von Polykarp und Polvkrates vorliegt, so ist doch bei flüchtiger Lek- 
türe die nächstliegende Deutung von ἐν χρόνοις IT. x. B. die, daß 
beide in einen Streit über das Passah verwickelt waren, wie 
später Alexander und Crescentius. Die Schriften, auf die Epi- 
phanius anspielt, können nur die in der Passahchronik voraus- 
a ru deshalb werden wir wohl der Chronik die bessere 
i g zugestehen müssen. War Polykarp ein Quarto- 
deeimaner, so auch Tricentius resp. Urescentius, denn wenn er 
sieh auch auf die αὐτόπται des Lucas berief, wird er keineswegs 
an die chronologische Fixierung des Kreuzestodes auf den 15. Ni- 
san gedacht haben, wie sie bei den Synoptikern vorliegt, da 
man allgemein harmonisierte und die Differenz übersah. Denn dem 
Tricentius war es ganz gleichgültig, wie wir gesehen haben, ob die 
τεσσαρεσχαιδεχάτη von den Juden falsch oder richtig angesetzt 
war, wenn er nur an dem Tage, wo Christus den Tod erlitten, sein 
ehristliches Passahfest begehen konnte; er würde also auch bereit 
gewesen sein, das von christlichen Chronologen festgesetzte Datum 
des 14. Nisan für seine jährliche Passahfeier zu akzeptieren, 
Ein zweites Zeugnis für die quartodecimanische Observanz 


liefert uns Theodoret, haer. fab. Ili. 4: Ἡ δὲ τῶν Τεσσαρεσχαι- 


WORT A FE RE ee), RE ee EEE N BETT ET IE, ee ——— 
ΟἽ a FE a BE En — un 


δεχατιτῶν αἵρεσις, ταύτην ὑπόϑεσιν ἔχει. φασὶ τὸν εὐαγγε- 
λιστὴν Ἰωάννην, ἐν τῇ ᾿Ασίᾳ κήρύξαντα, διδάξαι αὐτοὺς ἐν τῇ 
τεσφαρεσχαιδεχάτῃ τῆς: σελήνης ἐπιτελέσαι τοῦ πάσχα τὴν ἑορ- 
τήν. χαχῶς δὲ τὴν ἀποστολικὴν νενοηχότες παράδοσιν, τὴν 
τῆς κυριαχῆς ἀναστάσεως οὐχ ἀναμένουσιν ἡμέραν, ἀλλὰ ποτὲ 
μὲν τρίτῃ, ποτὲ δὲ πέμπτῃ, ποτε δὲ σαββάτῳ ἢ ὅπως ἂν τύχῃ, 
πανηγυρίζουσι τοῦ πάϑους τὴν μνήμην. Dieser Bericht des 
Theodoret ist m. E. nicht einem der ketzerbestreitenden Werke 
entnommen — vor allem kommt Epiphanius hier nicht in Frage —, 
denn er zeigt eine Reihe Besonderheiten, die wir sonst nirgends 
finden. Am nächsten läge es, an Eusebius zu denken, wo der 
Apostel Johannes von den (Quartodecimanern nach dem Briefe 


616 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorunn. 


des Irenäus und des Polykrates für ihre Praxis reklamiert war, 
aber ganz neu sind zwei Angaben: 1. daß die Feier dem Ge- 
dächtnis des Leidens gilt und 2. daß die Feier in Form einer 
πανήγυρις stattfindet. Beide Angaben werden durch unsere 
Epistola urkundlich bestätigt. Wir müssen daraus folgern, daß 
Theodoret noch direkte Kunde über die Sekte besessen hat. 
Nun lesen wir haer. fab. IIl, 6: Ἡοντανιστῶν δὲ χαὶ Nava- 
τιανῶν καὶ Teooapsoxzudsxerırav ἀπήλλακται μὲν ἡ ide zav- 
τάπασιν, ἀπήλλακται δὲ καὶ Αἴγυπτος καὶ Außen, ἐλευϑέρα 
δὲ τούτων καὶ ἑσπέρα. μόρια δὲ σμιχρὰ τῆς "Ἀσιανῆς καὶ τῆς 
Ποντικῆς τὰ τούτων ἔχοντα εἰσὶ ζιζάνια. οὔτε γὰρ ὁ “Πολε- 
μωνιαχὸς Πόντος οὐϑ᾽ Ἑλενόποντος οὔτε αἱ ᾿Δρμενίαι οὔτε dd 
Καππαδοχίαι, οὐ Avzaovia, οὐ Πισιδία, οὐ Παμφυλία, οὐ Avzia, 
οὐ Καρία δὲ τάσδε τὰς αἱρέσεις ἐδέξαντο. Wir können daraus 
ersehen, daß noch zur Zeit des Theodoret in Kleinasien kümmer- 
liche Reste von Quartodeeimanern vorhanden waren; die klein- 
asiatische Kirche selbst hatte ihren Frieden schon längst mit der 
Großkirche geschlossen; infolgedessen waren die Anhänger der 
alten Observanz zu Ketzern herabgesunken. Deshalb werden sie 
aber um so zäher an dieser Observanz der Vorfahren festgehalten 
haben. Wir dürfen also mit Hilgenfeld (Paschastr. 5, 397)! und 
Schürer dieses Zeugnis deswegen nicht so gering einschätzen, 
weil es von einem Schriftsteller des fünften Jahrhunderts stammt. 
Gegen Weitzel-Steitz erhebt Schürer noch den Einwand, daß die 
(Quartodeeimaner nach der Notiz des Theodoret nicht den 14. als 
Todestag gefeiert, sondern nur an diesem Tage das Gedächtnis 
des Leidens Christi begangen hätten. Die Notiz wäre nicht 
falsch, sondern nur einseitig. — Das sind aber wirklich Haar- 
spaltereien! Nun, gegen das Zeugnis der Epistola wird wohl 
der Einspruch Schürers, was das Alter der Überlieferung. an- 
betrifft, verstummen! — Aus den Angaben des Theodoret er- 
fahren wir, abgesehen von der Feier des Passah am 14. Nisan, 


1) Unverständlich ist mir die Ansicht von Hilg., daß die Angabe. 
des Theodoret nichts weiter beweist, als daß man in dieser späteren 
Zeit das Fasten der Quartodecimaner am 14. Nisan schon im Sinne 
des katholischen Passahfastens aufzufassen anfing, wie wenn dieses 
Fasten sonst gar keinen Sinn gehabt haben könnte. — Aber diese 
Quartodecimaner haben doch nicht am 14. Nisan gefastet, sondern KR 
in der Nacht eine πανήγυρις gefeiert! u 


Exkurs III. 617 


noch weiter, daß die Quartodeeimaner auf Grund des variablen 


en _ Vollmondes auf jeden Wochentag das Passah verlegen, darum 


nicht erst wie die übrigen Christen die ἡμέρα τῆς χυριαχῆς 


— ἀναστάσεως abwarten, d.h. eine besondere Osterfeier nicht kennen. 


Durchforschen wir die Werke der verschiedenen Ketzer- 


| bestreiter, so tritt uns als erster _Hippolyt entgegen, der in seiner 


Refut. VIII, 18 vor den Montanisten eine Sekte anführt, welche als 
Lehre aufstellt: δεῖν τὸ πάσχα τῇ τεσσαρεσκαιδεχάτῃ τοῦ πρώτου 
μηνός φυλάσσειν χατὰ τὴν τοῦ νόμου διαταγήν, ἐν ἡ ἂν ἡμέρᾳ 
ἐμπέσῃ; sie begründen ihren gesetzlichen Standpunkt mit dem alt- 
testamentlichen Gebot Deuter. 27,26; Num.9,3.13. Diese Berufung 
auf das alttestamentliche Passahgesetz bringt ein neues Moment 
in die Motivierung des Festes. Denn so wie die Worte lauten, 
kann man nur an Christen denken, die sich streng an den Ge- 
setzesbuchstaben halten und das Passah in streng jüdischem 
Sinne feiern. Nun wäre es höchst merkwürdig, daß sie ihren 
Gesetzesstandpunkt nur auf die Feier am 14. Nisan beschränkt 
hätten, aber dies bestätigt Hippolyt ausdrücklich, indem er ihnen 
vorhält: οἱ μιᾷ ταύτῃ προσέχοντες ἐντολῇ οὐχ ἀφορῶσιν εἰς 
τὸ εἰρημένον ὑπὸ τοῦ ἀποστόλου Gal. δ, 3, auch bezeugt er 
ihnen überdies: ἐν δὲ ἑτέροις οὗτοι συμφωνοῦσι πρὸς πάντα 
τὰ τῇ ἐχχλησίᾳ ὑπὸ τῶν ἀποστόλων παραδεδομένα. Dann 
muß doch hinter dieser Passahfeier noch ganz etwas anderes 


stecken als die Gebundenheit an das A.T.; mit dem Passah muß 


die Person Christi in irgendeiner Form verbunden sein, ohne 


daß Hippolyt es uns sagt. Ebensowenig sagt er uns, wer diese 


KERLE U 
τῶν νυν Pe * 


ecimaner sind und wo wir sie zu suchen haben; sie er- 


"scheinen hier nur unter der allgemeinen Phrase ἕτεροέ τερὲς 


und werden charakterisiert als φελόνειχοι τὴν φύσιν, ἰδιῶται 
τὴν γνῶσιν, μαχιμώτεροι τὸν τρόπον. Nichts erfahren wir 
von dem denkwürdigen Streit, der im zweiten Jahrhundert 


zwischen Rom und Ephesus ausgebrochen war; es scheint zur 


Zeit Hippolyts kein aktuelles Interesse mehr für diese verschie- 
denen Observanzen zu herrschen. Das läßt darauf schließen, daß 
Hippolyt bei seiner Ketzerbestreitung gar nicht mehr die Landes- 
kirche Kleinasiens im Auge hat. 

Nun hat uns das Chronikon paseh. 1,13 ein Fragment aus 


| τ dem Syntagma des Hippolyt überliefert, welches also lautet: Ὁρῶ 
ο΄ μὲν οὖν ὅτι φιλονεικίας τὸ ἔργον. λέγει γὰρ οὕτως" ἐποίησε 


618 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


τὸ πάσχα ὁ Χριστὸς τότε 7! (Hd. τῇ) ἡμέρᾳ καὶ ἔπαϑεν" διὸ 
χἀμὲ δεῖ, ὃν τρόπον ὁ κύριος ἐποίησεν, οὕτω ποιεῖν. Schwartz 
bemerkt, daß Hippolyt nicht gegen eine Provinzialkirche, sondern 
gegen einen Einzelnen kämpft, der mit Bibelzitaten operiert ?. 
Es handelt sich um die Feier des Passah, hier wird aber das 
Fest mit der Person Jesu verknüpft. Der Gegner behauptet, 
daß Christus das Passah an demselben Tage gefeiert?, an dem 
er auch gelitten hat. Wie ist nun der Genuß des gesetzlichen 
Passahmahles und der Kreuzestod an ein und demselben Tage zu 
verstehen? Es besteht eine doppelte Möglichkeit: 1. Der Gegner 
verlegt das Passahfest nach jüdischer Mondberechnung auf die 
hereinbrechende Nacht von Donnerstag auf Freitag, dabei ist 
strittig, ob die Passahmahlzeit die gesetzliche oder eine von 
Jesus vorweggenommene war, Christus wäre dann am 14. Nisan 
gestorben. 2. Der Gegner verlegt das gesetzliche Passah der 
Juden auf den Monatstag, auf den 14. Nisan, und stellt diese 
Nacht bereits nach jüdischer Mondrechnung zum 15. Nisan, so 
daß der Tod Christi ebenfalls auf den 15. Nisan fällt. Die 
Hinzufügung von röre scheint nun darauf hinzudeuten, daß ein 
ungewöhnlicher Fall vorliegt; „damals“ hat Christus das Passah 
gefeiert. Hippolyt hat die Meinung des Gegners dahin ver- 
standen, daß Christus das gesetzliche Passah gegessen habe, da 
er den Irrtum mit den Worten zurückweist: ® χαιρῷ ἔπασχεν 
ὁ Χριστός, οὐχ ἔφαγε τὸ κατὰ νόμον πάσχα οὗτος γὰρ ἦν 
τὸ πάσχα τὸ προχεχηρυγμένον καὶ τελειούμενον τῇ ὡρισμένῃ 
ἡμέρᾳ. Nach Hippolyt ist Christus an dem für das Passah fest- 
gesetzten Tage gestorben, während der Gegner diesen für die 
Passahmahlzeit Jesu in Anspruch nimmt. Er will auch sein 
eigenes Passah an diesem Tage feiern, indem er das Vorbild 
Jesu ins Treffen führt: διὸ χἀμὲ det, ὃν τρόπον ὁ κύριος ἐποίη- 
σεν, οὕτω ποιεῖν. Mag es sich nun um den 14. oder 15. Nisan 
handeln, auf jeden Fall wendet der Gegner die jüdische Berech- 


1) Duchesne liest τῇ ἡμέρᾳ 7 und klammert χαί ein. 2) Das 
wäre aber noch nicht ein durchschlagender Grund, denn im Streite 
zwischen Rom und Kleinasien sind doch Victor und Polykrates als 
Wortführer der beiden Kirchen einander gegenüber getreten, so daß 
der eine gegen den andern von persönlichem Standpunkte polemi- 
sieren konnte. 3) Über τὸ πάσχα ποιεῖν vgl. Matth. 18; Hebr. 
11, 28; Exod. 12, 48; Jos. 5, 10. 


Exkurs ΠῚ. 619 


© nung an, indem er die Nacht zum folgenden Tage zieht. Da- 


durch wird es ihm auch möglich, Passahmahlzeit und Kreuzes- 


tod auf einen Tag zu verlegen. Hieran ist das besondere Inter- 
esse geknüpft; der Tag des Passah soll zugleich der Leidenstag 


sein. Daraus ersieht man, daß judaistische Gesinnung durchaus 
nicht in Frage kommt, denn sonst wäre es auffällig, warum nur 
das Passahfest beobachtet werden soll, die übrigen jüdischen 
Feste und Gesetzesvorschriften ignoriert werden. Beim Passah 
muß das von Christus eingesetzte Abendmahl eine große Rolle 
gespielt haben, indem dabei des Todes Christi gedacht wurde, 
denn bei dieser Gelegenheit war eine Kultushandlung ge- 
schaffen, die an die Stelle des jüdischen Passahmahls ge- 
treten war. Die synoptische Überlieferung scheint demnach 
maßgebend gewesen zu sein, Jesus habe das gesetzliche Passah 
am 14. Nisan mit den Jüngern gegessen und sei am 15. ge 
storben. Das Ganze muß auf eine Kontroverse von Gelehrten | 
zurückgehen, die sich über die Berichte der Synoptiker und 
des Johannes streiten. Daß ein δεῖπνον stattgefunden, wird 
zugegeben, aber strittig ist, ob dieses ein πάσχα war oder 


_ eine gewöhnliche Mahlzeit. Nun kann der Gegner des Hippolyt 


kein Passah mit vorhergehendem Fasten gefeiert haben, denn 
das Passah geht auf alle Fälle dem Todesleiden vorher, also 
ein Quartodecimaner im Sinne der Kleinasiaten kann er nicht 
gewesen sein. Etwas Sicheres läßt sich über den Charakter der 
Passahfeier aus den abgerissenen Worten nicht eruieren, und 
dasselbe gilt von einem zweiten Fragment, das uns das Chro- 
nikon paschale I, 13 aus dem ersten Buche der Schrift Hippolyts 
περὶ τοῦ πάσχα überliefert hat, Dasselbe lautet: Οὐδὲ ἐν τοῖς 
πρώτοις οὐδὲ ἐν τοῖς ἐσχάτοις ὡς οὐχ ἐφεύσατο πρόδηλον, 


᾿ ὅτε ὁ πάλαι προειπὼν ὅτι οὐχέτι φάγομεν" τὸ πάσχα (Luc. 22, 16) 


εἰχότως τὸ μὲν δεῖπνον ἐδείπνησε πρὸ τοῦ πάσχα, τὸ δὲ πάσχα 
οὐχ ἔφαγεν, ἀλλ᾽ ἔπαϑεν᾽ οὐδὲ γὰρ καιρὸς ἦν τῆς βρώσεως 
αὐτοῦ". Auch hier hat Hippolyt Gegner vor sich, die von ihrer 


1) In ähnlicher Weise scheint ein Anonymus, dessen ‚Buch 


᾿ς Photius bibl. c. 115 (ed. Bekker p. 91) in der Hand hatte, den 


Ε: Kampf geführt zu haben. Das Werk trug den Titel: λόγος. πρὸς 
Ιουδαίους καὶ τοὺς μετὰ τούτων — καὶ τοὺς καλουμένους Τεσσα- 


ρθεσκαιδεκατίτας, μὴ τῷ πρώτω καϑ᾽ Ἑβραίους μηνὶ ἐπιτελοῦντας τοῦ 


620 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Passahfeier aus Gewicht darauf legen, daß Jesus das gesetzliche 
Passahmahl begangen habe, und da die Passahehronik Zeugnisse 
zusammenstellt, welche als Gegner Leute bekämpfen, die den 
Todestag Jesu auf den 15. Nisan verlegen, werden wir wohl 
mit Recht annehmen, daß auch der von Hippolyt im Syntagma 
widerlegte Gegner derselben Meinung huldigt. Aber die Mög- 
lichkeit bleibt bestehen, daß der Gegner ebenso wie Tatian im 
Diatessaron und Aphraates in späterer Zeit (s. u.) die gesetzliche 
Passahfeier auf den Abend von Donnerstag auf Freitag ve 
hat, so daß Jesus wirklich am Passah der Juden den Tod 
erlitt, nachdem er das χατὰ vouo» πάσχα gegessen. Nach 
Hilgenfeld, Paschastr. S. 279 soll Hippolyt wahrscheinlich Melito 
von’ Sardes bekämpfen, aber es macht doch den Eindruck, als 
ob er mit einem Zeitgenossen die Klingen kreuzt, wie überhaupt 
seine Schriftstellerei sehr häufig durch Tagesfragen angeregt ist. 
Ich denke dabei besonders an seine Kontroversen mit Bischof 
_Kallist und dem Aloger Gajus. Ed. Schwartz, Osterbetr. S. 14, 
Anm. 1 identifiziert den Gegner direkt mit Blastus, von dem 
Ps.-Tertullian ο, 22 berichtet: Est praeterea his omnibus etiam 
Blastus accedens, qui latenter Judaismum vult introducere, 
Pascha enim dieit non aliter eustodiendum esse nisi secandum 
legem Moysi XIV mensis. 
Ein gewisser Blastus lebte zur Zeit des Vietor in ἥρω 

ihn hat Irenäus nach Euseb. h. δ. V, 20, 1 einen Brief περὶ σχί- 
σματος gerichtet. Dieses Schreiben wäre hervorgerufen durch 


ἁγίου πάσχα τὴν ἕορτήν. Der Verfasser weist ebenso wie "Hippolyt 
darauf hin, daß der Herr am Donnerstag Abend (= τῇ ἁγίᾳ πέμπτῃ) 
nicht das νομικὸν πάσχα gegessen hätte, und zwar mit Hei gründung; 
μηδὲ γὰρ εἶναι τότε τὸν καιρόν, ἀλλὰ τῇ ἐπιούσῃ. Das gesetzliche 
Passah ist also erst am Freitag Abend gegessen, demgemäß heißt 
es: οὐδὲ νομικῶς τελῶν ἔφαγεν, ἅ ἅπερ ἔφαγεν, εἰς τὴν ἐπιοῦσαν. ͵ οὔτε 
γὰρ ἀρνὸν οὔτε ἄζυμα οὔτε ἄλλο τι πράττων, ὅσα οἵ τὸ νομικὸν 
τελοῦντες πάσχα ἔϑος ἔχουσι παραφυλάττειν, Statt des Passah hat 
Jesus ein ἴδιον μυστικὸν δεῖπνον gegessen, ἐξ οὗ καὶ τοῖς μαϑηταῖς 


ἄρτου καὶ ποτηρίου μεταδοῦναι. Die Gegner müssen demnach die 


Passahfeier auf die Donnerstagnacht verlegt haben, indem sie diese 
für die τεσσαρεσκαιδεκάτη erklärten und mit den Juden feierten. 
Das muß auch der Standpunkt der Tessareskaidekatiten- des Hippolyt 
gewesen sein. Leider läßt uns Photius nicht erkennen, aus welcher 
Zeit diese Streitschrift stammt. Sein Urteil über die Schrift lautet: 
οὗτος μὲν ὅ λόγος σύντομος καὶ ἀπέριτος καὶ κόμπου μετέχων. 


Exkurs Il]. 621 


das Bestreben des Blastus, τὸν ὑγεῆ τῆς ἐχχλησίας ϑεσμὸν 
_ apeyaparreıv, nach 6. 15 soll er den Versuch gemacht haben, 
᾿ς κερὶ τὴν ἀλήϑειαν νεωτερίζειν. An beiden Stellen nennt ihn 
ο΄ Eusebius in Verbindung mit einem gewissen Florinus, früheren 
_  Presbyter der römischen Kirche, der zum Valentinianismus ab- 
gefallen war. Während man Blastus früher ebenfalls zu den 
Valentinianern gestellt hat, wird er heute als Quartodeeimaner 
angesprochen. So viel ist m. E. aus den Angaben des Eusebius 

‚ deutlich, daß es sich um eine lebhafte Propaganda in der römi- 
schen Gemeinde handelte, da es von beiden heißt: ol zei πλεί- 

ους τῆς ἐχχλησίας πιριέλκοντες ἐπὶ τὸ σφῶν ὑπῆγον βούλημα. 
Dazu hätte die Frage der Passahfeier kaum ausgereicht; es 
müssen noch andere Dinge zur Diskussion gestanden haben, 

d. h. Fragen theologischer Natur, welche die von der Kirche 
gehütete Wahrheit tangierten. Es ist nur zu bedauern, daß 
Eusebius sich mit so allgemeinen Redensarten begnügt hat. Viel- 
leicht gehörte Blastus ebenso wie Florinus zu den in Rom ein- 
gewanderten Kleinasiaten, so daß Irenäus als Landsmann sich 
bewogen fühlte, gegen Blastus mit seiner Person in die Schranken 
zu treten. Ist nun der von Ps.-Tertullian genannte Blastus mit 
dem des Irenäus identisch — und wir haben keinen Grund, dies 
zu bezweifeln —, so hat er die Feier des Passah ausschließlich 
auf den 14. Nisan verlegt und sich dafür auf das alttestament- 
liche Gesetz als Norm berufen. Und weiter, ist Blastus der von 
Uippolyt in seinem Syntagma und seiner Refutatio bekämpfte 
Vertreter des Quartodecimanismus, so hat er das Beispiel des 
Herrn zur Rechtfertigung seiner Position geltend gemacht. 
| Beides, Beispiel des Herrn und Berufung auf das mosaische 
Passahgesetz, liegen in diesem Falle auf einer Linie, Es ist ein 
Krypto-Judaismus, der, wie Pseudo-Tertullian richtig bemerkt, sich 
hier bemerkbar macht, um die quartodeeimanische Passahfeier zu 
rechtfertigen. Darum war es verkehrt, wenn Weitzel in diesen 
Quartodeeimanern Ebioniten statuieren wollte. Diesen Vorwurf ver- 
dienten sie doch nur in bedingtem Maße, denn nichts hören wir. 
vom Beobachten des Sabbats und anderer Gesetzesvorschriften, 
ο΄ michts von Beschneidung. Eine ebionitische Sekte haben die 
Gegner des Hippolyt niemals gebildet; das hätte er sich sicher- 
- lieh in der Polemik nicht entgehen lassen. Es gab selbst Heiden- 
ο΄ ehristen, die die Verbindung mit dem Judentum nicht so ohne 


622 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


weiteres preisgeben wollten; derartige Strömungen waren im 
zweiten Jahrhundert in der Kirche Kleinasiens, wie ich 8. 388ff. 
gezeigt habe, vorhanden. Und auch Origenes, Comment. Ser. in 
Matth. 26, 17 (Bd. IV, p. 406 ed. Lommatzsch) kennt noch solche 
Christen, wenn er schreibt: Secundum haec forsitan aliquis im- 
peritorum requiret, cadens in Ebionismum, ex eo quod Jesus 
celebravit more Judaico pascha corporaliter, sieut et primam 
diem azymorum et pascha, dicens quia convenit et nos imitatores 


— 


Christi similiter facere. Aber mit keinem Worte deutet Origenes 


an, daß sie deshalb wirkliche Ebioniten gewesen sind, er rech- 


net sie nur zu den imperiti, die als imitatores Christi auftreten 


und darauf sich scheinbar etwas zugute tun. Ob sie in der Tat 
wie die Juden das Passahlamm geschlachtet und am Abend des 
14. Nisan gegessen, glaube ich nicht; sie werden vielmehr das 
von Jesus eingesetzte Abendmahl mit dem jüdischen Passahmahl 
vertauscht und im Anschluß daran die 7 Tage der Ungesäuerten 
gefeiert haben (vgl. auch Orig. Hom. XII, 12 in Jerem., p. 99f. 
ed. Klostermann). 

Jetzt stehen wir vor der entscheidenden Frage: Haben wir 
in den von Hippolyt und in der Passahchronik gezeichneten 
Gegnern die Vertreter der Landeskirche von Kleinasien zu er- 
blicken, d. h. feierten die Kleinasiaten mit Berufung auf das 
Gesetz und in Anlehnung an das nach den Synoptikern von 
Jesus gehaltene Passahmahl mit den Juden am 14. Nisan ihr 
christliches Passahfest? Oder haben die Kleinasiaten den 14. Ni- 
san als den Todestag Christi gefeiert, wie die von uns zu An- 
fang angeführten Quellenstellen überlieferten? Die Bejahung 
der ersten Frage müßte ohne weiteres die zweite ausschließen. 
Oder haben wir vielleicht zwei verschiedene Richtungen inner- 
halb des Quartodecimanismus zu statuieren, die eine, vertreten 
von der Kirche Kleinasiens, die andere, vertreten von einer 
Sonderpartei innerhalb dieser Kirche? 

In den früher besprochenen Kontroversen standen sich Rom 
und Kleinasien in den Personen Anicet, Vietor und Polykarp, 
Polykrates gegenüber, nun hören wir durch Eusebius h. e. IV, 


26, 3 von einem Streite, welcher im Schoße der kleinasiatischen 


Kirche selbst ausgebrochen war. "Dieser Streit soll um das Jahr ' 
170 in Laodicea in Phrygien seinen Ursprung gehabt und den 
Melito von Sardes zur Abfassung einer Schritt περὶ τοῦ πάσχα 


Exkurs Ill. 623 


4 in zwei Büchern (vgl. ibid. 26, 2) veranlaßt haben. Eusebius 
teilt uns nur die Anfangsworte behufs chronologischer Fixierung 
Ξ Ὁ der Sehrift mit; sie lauten: Ἐπὶ Σερουιλλίου Παύλου ἀνϑυ- 


— — 
ποτ 


πάτου τῆς ᾿Ασίας, ᾧ Σάγαρις καιρῷ ἐμαρτύρησεν, ἐγένετο 
ζήτησις πολλὴ ἐν Aaodızeig περὶ τοῦ πάσχα, ἐμπεσόντος χατὰ 
χαιρὸν ἐν ἐχείναις ταῖς ἡμέραις, καὶ ἐγράφη ταῦτα. Nach 
Ed. Schwartz, Osterbetracht. S. 14, Anm. 1 soll dieses Bruchstück 
unverkennbar die Einleitung eines Dialogs sein, der sich an eine 
Osterfeier anknüpfte; eine historische Nachricht über einen 
Passahstreit soll nicht darin stecken. Aber besagen denn die 
Worte ζήτησις πολλή nicht klar und deutlich, daß es sich um 
einen Streit betreffs der Passahfeier handelt?! Eusebius leitet 
z. B. ἢ. e. V, 23, 1 seine Darstellung des Passahstreites mit den 
Worten ein: ζητήσεως δῆτα κατὰ τούσδε οὐ σμιχρᾶς ἀνακινη- 


:®elong und spricht IV, 24, 1 von einem ζήτημα περὶ τῆς 


χατὰ τὸ πάσχα ἡμέρας zwischen Anicet und Polykarp. Hilgen- 
feld, Paschastr. S. 254 will unter ζήτησις nur Verbandlungen 
einer Versammlung rechtgläubiger Kirchenlehrer über die Passah- 
feier, nieht einen Streit derselben mit einer bereits ausgeschiede- 
nen häretischen Sekte verstehen, aber dann begreift man nicht, 
welche Veranlassung für Melito zur Abfassung seiner Schrift 
vorlag. Sagaris, der Märtyrerbischof von Laodicea, gehört zu 


den von Polykrates angerufenen Zeugen für die kleinasiatische 


Observanz, es muß also eine Opposition nach seinem Tode auf- 
getreten sein. Gegen diese hat Melito die Feder ergriffen, denn 
da er ebenfalls in der Reihe der Autoritäten des Polykrates er- 
scheint, kann er nur für die allgemeine heimatliche Sitte ein- 
getreten sein; es lag kein Grund zur Abfassung einer besonderen 
Sehrift gegen die nichtkleinasiatische Observanz vor, da ein 
Angriff von seiten auswärtiger Kirchen nicht erfolgt war. Leider 
hat uns Eusebius keine Kunde hinterlassen, was der Gegenstand 


dieser innerkirchlichen ζήτησις πολλή gewesen ist. 


Vielleicht aber kommen wir dem Streitobjekte näher durch 
ein Fragment des Apollinaris von Hierapolis aus seinem Buche 
περὶ τοῦ πάσχα, das uns wiederum in dem Chronik. pasch. ], 
EN 13 ed. Dindorf aufbewahrt ist; hier lesen wir: Eloi τοίνυν 


* Im Munde von Melito hat das Wort πάσχα eine ganz andere 


Bedeutung wie bei den Schriftstellern des 4. Jahrh. 


624 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


οἱ du’ ἄγνοιαν φιλονεικοῦσι περὶ τούτων. συγγνωστὸν πρᾶγμα 
πεπονϑότες. ἄγνοια γὰρ οὐ κατηγορίαν ἀναδέχεται, ἀλλὰ δι- 
δαχῆς προσδεῖται" καὶ λέγουσιν ὅτι τῇ ιδ' τὸ πρόβατον μετὰ 
τῶν μαϑητῶν ἔφαγεν ὁ κύριος, τῇ δὲ μεγάλῃ ἡμέρᾳ τῶν ἀζύ- 
μων; αὐτὸς ἔπαϑεν, καὶ διηγοῦνται Ματϑαῖον οὕτω λέγειν 
ὡς νενοήχασιν. Hilgenfeld, Paschastr. S. 256 will aus dem höf- 
lieben und ‚schonenden Eingang dieses Bruchstückes schließen, 
daß eine Rücksicht obwalte gegen einen Mann wie Melito und 
die von ihm vertretene Mehrheit der Kirche Kleinasiens. Aber 
es wäre m. E. sehr auffällig, daß Apollinaris die Kirche seiner 
Heimat als irrende Brüder charakterisiert hätte, denen er doch 
höchstens mit einer kleinen Minorität gegenüberstand. Diese 
väterliche Belehrung von oben herab hätten sich die Klein- 
asiaten sicherlich sehr verbeten. Und ebenso merkwürdig wäre 
es, daß das Eintreten des Apollinaris, einer literarischen Leuchte 
seiner Heimat, für die römische Observanz so geringe Erfolge 
gezeitigt, da die Kirche Kleinasiens zwanzig Jahre später nach 
den Angaben des Polykrates geschlossen gegen Rom auftrat. 
Zunächst liegt die Differenz in der Datierung des Todestages, 
denn nach ihnen hat der Herr mit seinen Jüngern das gesetz- 
liche Passah gegessen und ist erst am 15. Nisan gestorben. 
Sie berufen sich für diese Tatsachen auf das Ev. des Matthäus, 
Das läßt erkennen, daß die Vertreter dieser Richtung von einer 
kritischen Betrachtung der vier Evangelien ausgegangen sind. 
Es wird die synoptische Tradition als maßgebend hingestellt, 
d.h. man ist auf den Widerspruch zwischen der synoptischen 
und johanneischen Überlieferung aufmerksam geworden. Das 
setzt doch bereits eime kritische Stimmung gegen den Vier- 
evangelienkanon voraus; die Kritiker haben etwas entdeckt, was 
dem allgemeinen Bewußtsein nieht entspricht, und haben infolge- 
dessen Erregung in weiteren Kreisen hervorgerufen. Daß dies 
mehr zu einer späteren Zeit paßt als zu jener Epoche, wo die 
kleinasiatische Passahfeier entstanden ist, brauche ich wohl 
kaum zu erwähnen. Dabei werden wir an die sog. Aloger er- 
innert, die gerade in der fraglichen Zeit die Differenzen zwischen 
den Evangelien im Kampfe gegen die Montanisten aufdeckten 


1) Diese Bezeichnung des 15. Nisan würde, wenn sie von den 3 


Gegnern und nicht von Apollinaris gebraucht, aus Joh. 19,31 stammen. : 


Exkurs ΠῚ, 625 


und die ἀχολουϑία der Synoptiker gegen das Evangelium des 
Johannes als richtig zu erweisen bestrebt waren, während sie 
im übrigen, soviel wir wissen, gute katholische Christen waren 
(s. 0. S. 420). Die ganze Bewegung trug einen mehr literarischen 
Charakter, und gerade dies konnten wir auch bei den Vertretern 
des Passahmahles Jesu am 14. Nisan feststellen. Wir dürfen 
daher vermuten, daß die Gegner des Apollinaris ihrer Chrono- 
logie auch praktische Folgen gegeben und am 14. Nisan ihr 
Passah gefeiert haben. Quartodeeimaner waren auch sie, aber 
die Substanz des Festes war von derjenigen der kleinasiatischen 
Kirche verschieden. Aber schon die Anzweiflung, daß Christus 
am 14. Nisan gestorben, mußte unter den Gläubigen große Er- 
regung hervorrufen, da damit das alte Motiv für die Passahfeier 
entzogen wär. Deshalb ist Apollinaris energisch für seine Heimat- 
sitte in die Schranken getreten (Laodicea und Hierapolis waren ja 
benachbarte Städte, so daß Apollinaris als Bischof von Hierapolis 
nicht schweigen konnte); er hält seinen Gegnern entgegen, daß 
ihre Ansicht 1. dem Gesetze widerspreche und 2. einen Dissen- 
sus der Evangelien über den Todestag voraussetze!. Inwiefern 
ihre These dem mosaischen Gesetze — denn unter νόμος kann 
in dieser Zeit doch wohl nur das A.T. verstanden werden — 
widersprechen soll, ist nicht recht klar, da ja gerade die 
Gegner sich auf das mosaische Passahgesetz berufen haben 
müssen, indem sie dafür eintraten, daß Jesus am 14. Nisan das 
gesetzliche Passah gegessen 'hätte. Vielleicht denkt Apollinaris 
daran, daß eine Kreuzigung am 15. Nisan die Heiligkeit des 
hohen Festtages verletzt hätte, und schwebt ihm Joh. 18, 28 vor 
Augen (s.u. Clemens Alex.). Deutlicher ist der Hinweis auf den 
Dissensus der Evangelien; Apollinaris sagt mit Absicht doxez 
στασιάζειν 3, denn er kann diesen Dissensus nicht zugeben, ob- 
wohl ihm die Stärke ihrer Position nicht verborgen geblieben 
war; denn die Gegner standen auf einem festen Grunde, der in 
den Synoptikern resp. in Matthäus verankert war. Ihre Argu- 
mente konnten daher nicht mit allgemeinen Redensarten nieder- 
ze werden. Apollinaris sowohl wie seine Gesinnungs- 


= ὅϑεν “ἀσύμφωνός τε νόμω ἢ νόησις αὐτῶν καὶ στασιάζειν 
καὶ αὐτοὺς τὰ εὐαγγέλια. νόμος steht freilich ohne Artikel, 
2) Zu στασιάζειν darf man nicht πρὸς τὸν νόμον. ergänzen. 


T. u. U, 14: Schmidt-Wajnberg. 40 


626 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


genossen stellten sich auf die Seite des Johannesevangeliums 
und suchten die synoptischen Evangelien nach Johannes zu kon- 
formieren, die Unzweideutigkeit der synoptischen Berichte wurde 
abgeschwächt oder gänzlich ignoriert. In diesem Sinne vertritt 
Apollinaris folgende Position: Ἡ ιδ΄ τὸ ἀληϑινὸν τοῦ χυρίου 
πάσχα, ἡ ϑυσία ἡ μεγάλη, 6 ἀντὶ τοῦ ἀμνοῦ παῖς ϑεοῦ, ὁ δὲ- 
ϑεὶς ὁ δήσας τὸν ἰσχυρὸν καὶ ὁ χριϑεὶς χριτὴς ζώντων καὶ 
γνεχρῶν καὶ ὁ παραδοϑεὶς εἰς χεῖρας ἁμαρτωλῶν ἵνα σταυρωϑῇ, 
ὁ ὑψωϑεὶς ἐπὶ χεράτων μονοχέρωτος (vgl. Deut. 33, 17; Ps. 92, 
11) χαὶ ὁ τὴν ἁγίαν πλευρὰν ἐχχεντηϑείς, ὁ ἐχχέας dx τῆς 
πλευρᾶς αὐτοῦ τὰ δύο πάλιν χαϑάρσια, ὕδωρ καὶ αἷμα, λόγον 
καὶ πνεῦμα, καὶ ὁ ταφεὶς ἐν ἡμέρᾳ τῇ τοῦ πάσχα, ἐπιτεϑέντος 
τῷ μνήματι τοῦ λίϑου. Für Apollinaris ist der 14. Nisan, die 
ἡμέρα τοῦ πάσχα, der Tag des Todesleidens Jesu; der Sohn 
Gottes ist selbst das wahre Passahlamm, das am Tage des ge- 
setzlichen Passah geopfert, darum ist das alttestamentliche 
Passah abrogiert, das Todesleiden hat die Erlösung gebracht '. 
Ob nun dieser Erlösungstod Gegenstand einer besonderen Passah- 
feier war, besagt das erhaltene Fragment nicht. Nach Schwartz, 
Österbetr. S. 14, Anm. 1 soll sich die Polemik gar nicht um die 
Berechnung oder den Ritus, sondern um die Typologie des 
christlichen Passah gedreht haben. Aber sollte wirklich Apolli- 
naris die in seiner Heimat vorhandenen Differenzen über das 
Passah gänzlich ignoriert oder in einer Spezialschrift über das 
Passah die Berechnung in der kleinasiatischen Feier ad acta 
gelegt und an der Typologie sein Genüge gefunden haben? 
Das halte ich für ausgeschlossen. Ein Kleinasiate konnte an 
der τεσσαρεσχαιδεχάτῃ nur zustimmend oder ablehnend vorüber- 
gehen. Zu welcher Gruppe haben wir nun Apollinaris zu stellen? 
Nach dem Vorgange früherer Gelehrten haben Schürer 1. e. 5,227 
und Zahn GK I, 184 den Finger auf die Tatsache gelegt, daß 
‘ in der Liste der von Polykrates für die kleinasiatische Obser- 
vanz angerufenen Autoritäten gerade der Name des Apollinaris, 
des berühmten Zeitgenossen des Melito, fehle, während sonst 
Namen sehr untergeordneten Ranges aufgeführt werden. Sie 


1) Nach Osw. Gerhardt, Das Datum der Kreuzigung Jesu 
Christi, 1914, S. 19f. tragen die Darlegungen aller Kirchenväter, 
welche an dem 14. Nisan als Todestag festhalten, ausnahmslos dog- 
matischen Charakter. | 


Exkurs IIL 627 


a ‚schlossen aus diesem Schweigen, daß Apollinaris eine Sonder- 


‚meinung vertreten, d.h. gegen seine nächsten Kollegen die abend- 
ländisch-alexandrinische Festsitte verfochten habe, an dem auf 
den 14. Nisan oder den Frühlingsvollmond folgenden Sonntag 
zu feiern. „Bei dem lebhaften Verkehr, welcher in jener Zeit die 
Kirchen der verschiedenen Landschaften verband und die kirch- 
liche Bevölkerung durcheinander würfelte, hat es — nach dem 
Urteil von Zahn — nichts Auffallendes, daß der Vertreter einer 
in Kleinasien nicht heimischen Ostersitte Bischof einer dortigen 
Gemeinde wurde, einige Anhänger für seine Ansicht gewann 
und, wenn er wie Apollinaris literarische Gewandtheit besaß, 
nieht ohne jede Aussicht auf Erfolg den Kampf gegen die Sitte 
und Ansicht seiner Umgebung aufnahm. Gab es doch in Rom 
auch Quartodeeimaner.“ Mag man über das Schweigen des Po- 
Iykrates urteilen wie man will, so kann ich keineswegs dem bei- 
pflichten, daß ein berühmter Literat und zugleich ein Bischof der 
kleinasiatischen Kirche sich öffentlich gegen die Observanz seiner 
Heimat gestemmt haben sollte. Daß Rom eine Ablagestätte für 
 kleinasiatische Bewegungen im 2.Jahrh. bildete, dafür besitzen wir 
aus der Kirchengeschichte zahlreiche Belege, für das umgekehrte 
Verhältnis keine. Eusebius führt ja auch nicht im Katalog der 
Sehriften des Apollinaris die Abhandlung über das Passah an', 
‚und doch hätte er sicherlich den Apollinaris gegen Melito aus- 
gespielt, wenn er irgendwelche Kunde besessen, daß ersterer ein . 
überzeugter Anhänger der römischen Festsitte gewesen wäre, 
Und sollte in dem Streite zwischen Polykrates und Victor neben 
der ἀμφισβήτησις περὶ τῆς ἡμέρας und περὶ τοῦ εἴδους αὐτοῦ 

τῆς νηστείας absolut von dem dritten Hauptdifferenzpunkt in 
ἣν Chronologie der Leidenswoche gar keine Rede gewesen sein? 
Das Schweigen über diesen Punkt besagt m. E., daß bei beiden Par- 
teien über den Todestag am 14. Nisan vollständige Übereinstimmung 
herrschte. Deshalb bat Preuschen RE? XIV, 730,5 den Apollinaris 
wieder in die Reihen der Quartodeeimaner eingestellt?, und mit 
Recht macht Drews ibid. S. 736, 52f. darauf aufmerksam, dab 
Apollinaris nur von Tod, Kreuzigung und Opferung, nicht aber von 


1) Preuschen leugnet die Existenz dieser besonderen Abhand- 
lung; er läßt die Fragmente aus der Schrift gegen die Montanisten 
sein, 2) Auch Duchesne, La question de la Päque 
S. 9 rechnet Apollin. zu den Quartodecimanern. 
40* 


628 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Auferstehung rede, was kaum auf die Rechnung der Verkürzung 
des Zitats zu setzen sei. Demnach hätte auch Apollinaris neben 
Melito in die durch Laodicea angeregte Debatte eingegriffen. 
Wir würden die Berührungen zwischen Melito und Apollinaris 
noch schärfer fassen können, wenn die in den Reliquiae sacrae 
(ed. Routh, 2. Aufl. p. 122 sq.) edierten Fragmente, welche die 
Opferung Isaaks als Typus des erlösenden Todes Jesu behandeln, 
wirklich dem Melito zuzuschreiben sind'!. 

In diesen Streit ist auch Clemens Alex. verflochten. Wir 
hören nämlich aus Euseb. ἢ. 6. IV, 26,4;-daß- Clemens einen 
λόγος περὶ τοῦ πάσχα verfaßt hat, und zwar ἐξ αἰτίας τῆς τοῦ 
Μελίτωνος γραφῆς, d. h. auf Veranlassung des Buches von 
Melito?. Eusebius hat noch Einsicht in diese Schrift genommen 
und berichtet uns, daß nach den einleitenden Worten Clemens 
sich durch seine ἑταῖροι gezwungen gesehen habe, die von den 
alten Presbytern überkommenen παραδόσεις schriftlich der 
Nachwelt zu überliefern (h. e. VI, 13, 9). Eusebius teilt weiter 
mit, daß er den Melito, Irenäus und einige andere Schriftsteller 
erwähne und einzelne Ausführungen derselben aufgenommen 
habe*, Der Passahstreit vom Jahre 190 mußte auch nach Ägyp- 
ten übergreifen, das wegen der Bestimmung der Osterfeier in 
engem Konnex mit der palästinensischen Kirche stand (Euseb. 
h.e. V, 25). Clemens wollte die ägyptische Tradition gegenüber 
» der kleinasiatischen Observanz verteidigen und richtete dabei 
vor allem seine Polemik gegen Melito, an beiden Stellen hebt 
Eusebius diesen Namen hervor. Clemens steht ganz auf dem 
Standpunkt des Apollinaris. Auch für ihn ist Christus der 
ἀμνὸς τοῦ ϑεοῦ, ὡς πρόβατον ἐπὶ σφαγὴν ἀγόμενος (Jes. 53,7), 
das πάσχα, καλλιερηϑεὶς ὑπὸ Ἰουδαίων. In den früheren Jahren 
hätte der Herr das Passahlamm mit den Juden gegessen, in 
den Jahren seiner öffentlichen Lehrtätigkeit® hätte er seine 


1) Über die Fragmente vgl.Harnack, Altchr. Literaturgesch. I, 249; 
IL1,517;Bardenhewer, Gesch.d.altkirch.Lit.I, 552; Hilgenfeld, Paschastr. 
S. 268. 2) Die Deutung von Weitzel, Passahfeier 85, 26. 74 „zur 
Ergänzung“ oder von Steitz, Stud. u. Krit. 1856, 778 „mit Zurück- 
gehen und Bezugnahme auf die Schrift Melito’s* ist zurückzuweisen, 
3) Clemens Alex. scheint sich also nicht auf apostolische Autoritäten 
gestützt zu haben. 4) Fragmente gesammelt in Band III ed. 
Stähl. S. 216f. 5) Clemens folgt der synoptischen Tradition von 
dem ἐνιαυτὸς κυρίου δεκτός Luc. 4, 19. Vgl. Strom. I, 145, 3; II, 


ἱ 
3 
Γ 
: 
: 
— 


Exkurs III. 629 


Jünger über das Mysterium des Typus am 13. Nisan, d. h. des 
typischen Passahopfers belehrt, da sie ihn befragt: Ποῦ ϑέλεις 
ἑτοιμάσωμέν σοι τὸ πάσχα φαγεῖν (Matth. 26, 17). An diesem 


Tage habe für die Juden der ἁγιασμὸς τῶν ἀζύμων καὶ ἡ 


προετοιμασία τῆς ἑορτῆς stattgefunden, für die Jünger wäre 
die Fußwaschung von seiten des Herrn nach Joh. 13, 4f. die 
προετοιμασία gewesen. Am folgenden Tage, d. h. am 14. Nisan, 
dem Tage des gesetzlichen Passah hätte er als das πάσχα den 
Kreuzestod erlitten. Als Beweis dafür, dab Christus am 14. Nisan 
das gesetzliche Passah nicht genossen hätte, beruft sich Clemens 
auf Joh. 18, 28. So schließt er denn seine Beweisführung mit 
den Worten ab: ταύτῃ τῶν ἡμερῶν ἀχριβείᾳ καὶ αἱ γραφαὶ 
πᾶσαι συμφωνοῦσι καὶ τὰ εὐαγγέλια συνωδά". Der Haupt- 
nachdruck liegt auf dem letzten Gliede: τὰ εὐαγγέλια συνῳδά. 
denn diese Übereinstimmung war von anderer Seite geleugnet 
worden, wie wir aus den Ausführungen des Apollinaris ent- 
nehmen und auch bei Melito voraussetzen dürfen. Clemens fand 
die Kontroverse in der Schrift des Melito vor und mußte eben- 
falls dazu Stellung nehmen. Hier trat er also auf die Seite 
des Melito, wenn er den 14. Nisan als den Todestag feierte und 
nach seiner Weise das Johannesev. mit den Synoptikern har- 


p. 90 ed. St.: καὶ ὅτι ἐνιαυτὸν μόνον ἔδει αὐτὸν κηρῦξαι, καὶ τοῦτο 
γέγραπται οὕτως" νἐνιαυτὸν δεχτὸν κυρίου κηρῦξαι ἀπέστειλέν ee, 
Den Tod verlegt er in das 15. Jahr des Tiberius und fixiert das 
Lebensalter auf 30 Jahre. Sehr energisch hat Iren, adv, haer. II, 
22 gegen diese, auch von den Gnostikern akzeptierte Annahme einer 
einjährigen Tätigkeit Front gemacht und sich auf die johanneische 
Tradition gestützt, daß Jesus während 3 Jahre nach seiner Taufe 
in Jerusalem das Passahfest gefeiert resp. am dritten Passah ge- 
litten habe (22, 3). Ob die Worte des Iren.: manducans pascha et 
sequenti die passus so aufzufassen sind, als habe Jesus noch das ge- 
setzliche Passah gegessen und sei am 15.Nisan gestorben, möchte ich nicht 
mit Bestimmtheit behaupten, da nach 1V, 10, 1 Moses diem passionis non 
ignoravit; sed figuratim praenuntiavit eum, pascha nominans, et in 
eadem ipsa, quae ante tantum temporis a Mose praedicata est, passus 
est dominus adimplens pascha. Hier zeigt sich Irenäus als Träger 
der johanneischen Tradition wie auch bei der 3jährigen Lehrtätigkeit. 

1) Zahn (GK 1, 187, Anm. 1) übersetzt: „Vermöge (oder bei) dieser 
sorgfältigen Berechnung oder Untersuchung der Tage finden sich so- 
wohl alle heiligen Schriften miteinander in Übereinstimmung als auch 
die Ew. im Einklang. 


630 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


monisierte. Für Clemens war aber diese Harmonisierung nicht 
die Hauptsache, denn sie berührte die alexandrinische Observanz 
der Osterfeier nur in bedingtem Maße, da die Feier selbst am 
Sonntag nach dem 14. Nisan stattfand. Deshalb ist es charak- 
teristisch, daß Clemens im Gegensatz zu Apollinaris noch der 
Auferstehung gedenkt und schreibt: ἐπεμαρτυρεῖ δὲ καὶ ἡ 
ἀνάστασις. τῇ γοῦν τρίτῃ ἀνέστη ἡμέρᾳ, ἥτις ἦν πρώτη τῶν 
ἑβδομάδων τοῦ ϑερισμοῦ, ἐν ἡ καὶ τὸ δράγμα νενομεϑέτητο 
προσενεγχεῖν τὸν ἱερέα (Lev. 23, 10f.)!, Damit ist die Fest- 
woche festgelegt, der Freitag ist der Leidenstag, der 16. Nisan, 
die πρώτη τῶν ἑβδομάδων, der Auferstehungstag. Für Clemens 
ist ohne Zweifel letzterer die ἁγία ἡμέρα. In der selbständigen 
Berechnung wird er sich mit Melito und den Kleinasiaten aus- 
führlich auseinandergesetzt haben; in dem vorliegenden Frag- 
ment hat nach meiner Auffassung die Polemik sich gegen die 
von Melito und Apollinaris gezeichneten Kritiker gewendet, 
Überhaupt liegt m. E. der Hauptfehler bei den Untersu- 
chungen über die kleinasiatische Passahfeier in der weit verbrei- 
teten Annahme, daß der Verfasser des Chronikon paschale die 
Bekämpfung der quartodecimanischen Observanz sich als Thema 
gesetzt hätte. Aber, wie aus seinen eigenen Worten erhellt, 
dient die Zusammenstellung der Väterzeugnisse ausschließlich 
dem Nachweise, daß Christus nicht das gesetzliche Passah am 
14. Nisan gegessen habe, sondern selbst als unser Passah- 
lamm geschlachtet sei. Dies lassen die Sätze erkennen, welche 
er als Leitmotiv an die Spitze seiner Ausführungen stellt: Ὅτε 
δὲ ἐν ᾧ καιρῷ ἔπαϑεν ὁ σωτὴρ τὸν νομιχὸν καὶ σχιώδη οὐχ 
ἔφαγεν ἀμνὸν χαὶ διὰ τῶν εἰρημένων εὐαγγελικῶν χαὶ 
πατρικῶν διδαγμάτων δῆλον γεγένηται. εἰ γὰρ ἀπλανῶς τάττων 
ὁ “λαὸς zart’ ἐκείνους τοὺς χρόνους τὴν ιδ΄ τοῦ πρώτου μηνὸς 
τῆς σελήνης. τὸ vouıxov ἐπετέλει πάσχα, ἐν αὐτῇ δὲ τῇ τοῦ 


1) Man beachte, wie auch bei Clemens das mosaische Passah- 
gesetz. eine Rolle spielt. Die typologische Betrachtung des A.T.s 
taucht überall auf. 2) Eusebius deutet an, daß Clemens neben 
Melito und Irenäus auch einige andere Schriftsteller angeführt 'hat., 
Man möchte gerne wissen, ob sich darunter auch Apollinaris be- 
funden und ob neben Irenäus auch Polykrates das Wort erhalten 


hat. So viel ist sicher, daß Clemens die Frage nach allen Seiten hin E 


beleuchtet hat. 


Ἶ 
—— 
+ 
23 
2 
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Exkurs ΠῚ. 631 


4 ER ἡμέρᾳ ἤτοι τῇ ιδ΄ τοῦ πρώτου μηνὸς παρασκευῆς οὔσης 


ἐσταύρωσαν τὸν κύριον οἱ Ἰουδαῖοι, καὶ τότε τὸ πάσχα ἔφαγον 


Ex κατὰ τὴν τῶν εὐαγγελίων καὶ τῶν ϑεοφόρων πατέρων διδα- 
τ σχαλίαν, φανερόν ἐστιν ὅτι οὐχ ἔφαγεν τὸν »ομικὸν ἀμνὸν. ἐν 


ἐχείνῃ τῇ ἡμέρᾳ ὁ κύριος, ἀλλ᾽ αὐτὸς ἔπαϑεν ὡς ἀληϑὴς ἀμνός. 


πολλῆς δὲ οὔσης τῆς περὶ τούτου σὺν ἀποδείξει μαρ- 


τυρίας τῶν ἁγίων τῆς ἐκκλησίας διδασχάλων, ὀλίγας 
αὐτῶν φωνὰς ἐνταῦϑα παροίσομεν, ἐν αἷς σαφῶς 
λέγουσιν ὅτε ἐν ᾧ καιρῷ ἔπαϑεν ὁ κύριος τὸν νομικὸν 
οὐχ ἔφαγεν ἀμνόν. Wer im einzelnen der Vertreter der 
gesetzlichen Passahfeier von seiten Jesu gewesen ist!, dafür 
zeigt der Kompilator gar kein Interesse und konnte es um so 
weniger besitzen, da ihm bei seiner Abfassung des Chronikon 
um 630 ein tieferes Verständnis der quartodeeimanischen Ob- 
servanz gänzlich fehlte. Und wenn nun gar die Kleinasiaten 
am 14. Nisan das Gedächtnis des Todes Jesu feierten, mußten 
sie überhanpt als Gegner ausfallen, so daß Apollinaris ruhig als 
Zeuge angerufen werden konnte. Mit jenen Kritikern, welche 
die Divergenzen der Evangelien in der Bestimmung des Todes- 
tages ans Licht gebracht hatten, haben die Kleinasiaten, als sie 
ihre Passahfeier einfüährten, nichts zu schaffen gehabt, denn 
ΡΝ ε existierte der Vierevangelienkanon noch nicht. Und wenn 


— nn 


1) Hätten wirklich die Quartodecimaner den Tod Jesu auf den 
15. Nisan verlegt, so wären sie durchaus nicht die einzigen Vertreter 
gewesen, denn der Verfasser des Computus de pascha vom J. 243, 
der eine Bearbeitung der Passahchronik des Hippolyt darstellt, 
schreibt ruhig in c. 21: Dominus noster Jesus passus est luna XV 


et requievit in corde terrae XVI, tertio autem die luna XVII inventa 


reversus est ab inferis de terrae fandamentis. Er läßt ihn im 16. Jahre 
der Regierung des Tiberius im $1. Lebensjahre sterben (c. 20); auch 
er hält daran fest, daß Jesus am 14. Nisan das gesetzliche Passah 
gegessen (c. 2. 9), sagt aber ausdrücklich: in commemorationem pas- 
sionis filii dei pascha celebramus (c. 2). Und derselben Meinung 
huldigte auch Theophilus v. Alexandrien in seiner auf Anregung des 
Kaisers Theodosius ἃ. Gr. verfaßten Ostertafel. Vgl. Prolog bei 
Krusch, Studien z. mittelalterlichen Chronologie p. 225: Dehine 
quoniam etiam salvator quarta decima luna traditus est, hoc est V. 
feria, quinta decima crucifixus est, tertio die surrexit, hoc est XVII 
luna, quae tunc in dominicam inciderat diem. Der Verfasser des 
Chronik. pasch. hat Theophilus zum Vertreter des Todes am 14. Nisan 


gemacht. 


632 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Polykarp sowohl wie Polykrates sich auf den Apostel Johannes 
beriefen, so wäre dies unverständlich, da das Evangelium von 
einer Passahmahlzeit in der Leidensgeschichte nichts berichtet, 
also die Quartodeeimaner dieses auch nicht für die Feier des 
Passah am 14. Nisan zitieren konnten. Der Ausweg, den man 
gewöhnlich macht, den johanneischen Ursprung des Ev iums 
aus diesem Verhalten zu dem geschichtlichen Passah zu leugnen, 
ist m. E. nicht gangbar. Alle Schwierigkeiten sind gehoben, 
sobald wir die Überlieferung der Epistola akzeptieren, daß die 
Kleinasiaten in dem 14. Nisan den Todestag Jesu erblickten 
und darum eine Hochfeier ihres Passah zum Gedächtnis an dieses 
Erlösungsdrama eingeführt hatten. In der späteren Zeit hat 
man diese Motive nicht mehr verstanden, da das Wort πάσχα 
im Sinne von Ostern gefasst wurde, die ursprüngliche Bedeu- 
tung von „Leiden und Tod“ in Vergessenheit geraten war. 
Dies bestätigt auch Epiphanius, der in seinem Ketzerkatalog 
h. 50 den Τεσσαρεσχαιδεκατῖται ein besonderes Kapitel gewidmet 
hat. Er behandelt sie nach den Montanisten, so daß ihm der klein- 
asiatische Ursprung nicht verborgen geblieben ist!. Ihr einziger 
Fehler bestehtin dem μὴ τῇ ἀχολουϑίᾳ καὶ τῇ διδασκαλίᾳ τοῦ ϑεσ- 
μοῦ προσανέχειν, Ἰουδαϊχοῖς ἔτι μύϑοις προσανέχοντες, i im übrigen 
stellt er ihnen das Zeugnis aus: καὶ οὗτοι μὲν πάντα ἔχουσιν 
ὡς ἡ ἐκκλησία, d.h. περὶ πατρὸς καὶ υἱοῦ χαὶ ἁγίου πνεύματος 
καλῶς καὶ ἴσως (ἡμῖν) ἔχοντες, προφήτας τε δεχόμενοι zei 
ἀποστόλους χαὶ εὐαγγελιστάς, ἀνάστασιν δὲ σαρκὸς ὁμολο- 
γοῦντες καὶ χρίσιν ἐσομένην χαὶ ζωὴν αἰώνιον. Das Häretische 
liegt also nicht auf dem dogmatischen Gebiete, vielmehr auf 
dem Gebiete der Sitte, denn als einzige Besonderheit bezeichnet 
er: ἅπαξ τοῦ ἔτους μίαν ἡμέραν τὸ πάσχα οἱ τοιοῦτοι φιλο- 
νείχως ἄγουσι und fügt zur Begründung ihrer Sitte die Ge- 
setzesvorschrift hinzu: ἐπικατάρατος ὃς οὐ ποιήσει τὸ πάσχα 
τῇ τεσσαρεσκαιδεκάτῃ τοῦ μηνός 2, Das sind die’Jovdaizoi μύϑοι. 
Diese ganze Darstellung hat Epiphanius aus Hippolyt, Refut. 
VI, 18 restlos übernommen, darum erfahren wir bei ihm 
ebenso wenig wie bei Hippolyt etwas über den Charakter der 
Feier am 14. Nisan. } 


1) In der Refut. des Hippolyt gehen sie den Montanisten 
voran. 2) Vgl. Deut. 27, 26 mit Lev. 23, 5; Num. 9, 4f. 


ὃ 
© 
Ar 
or. 
ἘΝ 
ἧι 
J 
ὯΝ 
2 * 
Ri 
ΤῊΝ 
— 
* 
ἦν 


Exkurs Ill. 633 


-- Nun bringt Epiphanius eine Sonderpartei innerhalb der 


: _ Quartodeeimaner, welche er als ἕτεροι ἐξ αὐτῶν einführt. Von 
ihnen heißt es: τὴν αὐτὴν μίαν ἡμέραν ἄγοντες καὶ τὴν αὐτὴν 


μίαν ἡμέραν νηστεύοντες καὶ τὰ μυστήρια ἐπιτελοῦντες, ἀπὸ 
τῶν Ἄἄχτων δῆϑεν Πιλάτου αὐχοῦσι τὴν ἀχρίβειαν εὑρηκέναι. 
ἐν οἷς ἐμφέρεται τῇ πρὸ ὀχτὼ χαλανδῶν ᾿Απριλλίων τὸν 
σωτῆρα πεπονϑέναι. χαὶ ἐν ἐχείνῃ τῇ ἡμέρᾳ βούλονται ἄγειν 
τὸ πάσχα, ὁποίᾳ δ᾽ ἂν ἐμπέσῃ ἡ τεσσαρεσκαιδεχάτη τῆς σελήνης. 
Hier hören wir von Quartodeeimanern, die ein und denselben 
Tag wie die vorher behandelten festlich begehen, indem sie 
zunächst fasten und nach Beendigung des Fastens am selben 
Tage die Mysterien feiern. Der Tag ihres Passah ist der 
25. März (— πρὸ ὀχτὼ καλανδῶνῚ, der mit dem Äquinoetium des 
römisch-julianischen Kalenders zusammenfällt. Das war aber 
nach ihrer Rechnung der Todestag Christi, für den sie sich auf 
die Acta Pilati beriefen!'. Daraus geht mit Evidenz hervor, 
daß sie an ihrem Passahfest das Gedächtnis des Todes feierten, 
nur war ihr Tag nicht der 14. Nisan nach jüdischer Rechnung, 
sondern der 25. März des julianischen Kalenders. Trotzdem 
aber gaben sie diesen Tag als ihre τεσσαρεσχαιδεκάτη τῆς 
σελήνης aus. Sie kümmerten sich also nicht weiter um die 


XV lunae, hatten sich vielmehr von der jüdischen Berechnung 


unabhängig gemacht. Zugleich erwiesen sie sich als echte 
Quartodeeimaner, daß sie bei der Fixierung des Passah ganz 
von dem Sonntag absahen, ἃ. ἢ. an jedem Wochentag, auf den 
der 25. März fiel, das Passah feiern konnten. Ein besonderes 
Osterfest wie die allgemeine Kirche kannten sie ebenfalls nicht, 
da sie sich mit dem einen Tage begnügten; dies zeigen die 
weiteren Bemerkungen über die ζήτησις περὶ μιᾶς ἡμέρας 
(e. 2, 5) und über die μία ἡμέρα τῆς νηστείας (ec. 2,4). Es 
handelt sich nieht um eine einfache Berechnung des Todestages, 


— — — — 


1) Vgl. Proömium p. 212 in den Evangel. apoer. ed.? Ti- 
schendorf: τῇ πρὸ ὀχτὼ κολανδῶν ᾿“πριλλίων, ἥτις ἐστὶν εἰκὰς πέμπτη 
Μαρτίου. Epiphanius will in einigen Exemplaren der Acta das 
Datum πρὸ δεχαπέντε καλανδῶν Angıkkiov (— 18. März) gefunden 
haben. Der 18. März ist nach Hippolyt die früheste Ostergrenze, 


zugleich das julianische Datum für den Eintritt der Sonne in das 
Zeichen des Widders (vgl. Ideler, Handbuch II, 218 u. Ed. Schwartz, 


Ostertafeln 8. 30). 


634 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


denn damit hatten sich schon viele Chronographen theoretisch 
beschäftigt!, sondern um eine wirkliche Feier, deren Einzel- 
heiten Epiphanius genau charakterisiert ?. 

Nun ist ersichtlich, daß wir keine alte Erscheinung vor ° 
uns haben. Dies beweist schon die Berufung auf die Acta Pilati 
resp. Evangel. Nicodemi, denn hier besitzen wir überhaupt das 
älteste Zeugnis dieser Schrift; sie ist erst in der ersten Hälfte 
des 4. Jahrh. entstanden. Epiphanius hat ferner diese Sonder- 
partei in keinem häresiologischen Werke vorgefunden; seine 


1) Schon Clemens Alex. Strom. I, 146, 3; 11, 90 ed. St, 
kennt Chronologen, die das Datum des Todes auf den 25. Pha- 
menoth (= 21. März) fixiert haben, andere auf den 25. Pharmouthi 
(= 7. April), wieder andere auf den 19. Pharmouthi 1. April); 
vgl. Preuschen, Z. f. ntliche Wissensch. Bd. 5 (1904), S.4f. Er 
scheint aber wenig von solchen Berechnungen zu halten. 

2) Philastrius, de haer. c. 58 bringt uns nichts Neues, da er ein- 
fach ein Referat aus Epiphanius macht: Sunt et qui de die pa- 
schae saluberrima ambigunt asserentes quartadecima luna celebran- 
dum esse pascha, non sicut ecclesia catholica celebrat, et mense 
Martio semper celebrandum asserunt; et cum hoc faciunt, diem non do- 
minicam semper eustodiunt paschae, non computantes horas et dies, 
sed secunda aut tertia aut quarta aut quinta aut sexta die celebrant, 
et ex hoc errore non cognoscunt diem paschae domini nostri veram 
et salubrem unam, orbi terrarum statutam et confirmatam a domino 
eursu numerali lunae mensibus et embolismis, et cum haee non 
computant, ignorant quid celebrant. Diese letzten Bemerkungen über 
die Berechnung der Osterfeier sind aber nicht aus ἢ, 50 geflossen, 
sondern, wenn sie nicht selbständig hinzugefügt sind, aus ἢ, 70,13. 
Nicht auf Epiphanius geht zurück die Darstellung in ὁ. 87: Alia 
est haeresis quae adserit cum Iudaeis debere fieri pascha. Isti in 
Galatia et Syria et Phrygia commorantur et Hierosolymis et cum 
Judaeos sequuntur, simili cum eis errore depereunt. Inque hoc et 
suum Judaei confirmant mendacium, cum pervident quosdam Chri- 
stianos indoctos legis eorum magis sequi vanitatem quam regulam 
catholicae veritatis; et nihilominus illi cum istos concelebrant, ut 
consortes Judaeorum criminis et sceleris manifestantur atque ab 
omnibus dinoscuntur, Philastrius hat m. E. nicht die alten klein- 
asiatischen Quartodecimaner im Auge, sondern Christen, welche das 
Osterfest mit den Juden feiern wollen, d. h. die von dem nicäni- 
‘ schen Konzil aufgestellte Osterberechnung nicht annehmen. Sozo- 
menos berichtet dies ἢ. 6. VI], 18 von den Novatianern in Phrygien 
und Galatien; Syrien hat ja noch längere Zeit sich gegen die neue 
Observanz gesträubt. Inwiefern Jerusalem damit in ——— 
gebracht wird, weiß ich nicht zu sagen. —J 


Exkurs Ill. 635 


— tragen vielmehr einen persönlichen Charakter; er weiß, 


Er ΤΡ Kappadozien das Fest am 25. März gefeiert wird, daß 


zwischen Anhängern dieser Observanz und den Beobachletn der 


᾿ πεσσαρεσχαιδεχάτη τῆς σελήνης eine στάσις οὐχ ἡ τυχοῦσα be- 


steht; er hat die Akten des Pilatus nach dem angeblichen 


 Todesdatum Jesu eingesehen, und, was vor allem wichtig, wir 


erfahren zum ersten Male etwas Genaueres über die gottes- 
dienstliche Form der Feier. Im übrigen weiß Epiphanius in 
dem polemischen Teile mit ihnen nichts anzufangen; er weist 
nur auf seine eigene sorgfältige Feststellung hin, daß der Todestag 
πρὸ δεχατριῶν καλανδῶν ᾿Απριλλίων (= 22. März) gewesen 
sei (vgl. h. 51, 23,5 u. 26, 1'), und entzieht sich weiteren Aus- 
einandersetzungen durch die Bemerkung: ἐξέπεσον δὲ καὶ οὗτοι 
τοῦ προχειμένου. δέδια δὲ χαὶ περὶ τούτων ἐπὶ πλεῖστον 
μηκῦναι τὸν λόγον πολλὰ γὰρ ἔχομεν λέγειν. Um so mehr 
zieht er gegen die erste Gruppe zu Felde, weil er das Argument 
des Hippolyt benutzen kann, die Gegner müßten nämlich, wenn 
sie so großes Gewicht auf das mosaische Gesetz legten, auch 
die übrigen jüdischen Riten beobachten und nicht bei dem 
Passahgesetz stehen bleiben? Sie selbst würden nach dem 


ἯΣ Gesetz als ἐπικατάρατοι befunden, da sie μὴ περιτεμνόμενοι, 


εἰ 
k 
= 
# 


μὴ ἀποδεχατοῦντες, μὴ εἰς Ἱερουσαλὴμ προσφέροντες. Läßt 


sich dieser Einwurf noch hören, so ist das zweite Gegenargu- 
ment ganz im Geiste des Epiphanius gehalten. Er geht vom 
alttest. Passahgesetz aus und, gleichsam als hätte er Juden vor 


‚sich, imputiert er ihnen, daßsie, wenn sie am 14. Nisan das Passah 


feierten, auch am 10. das Lamm kaufen und bis zum 14. 
es aufbewahren müßten. Durch einen Advokatenkniff ver- 


1) Epiph. folgt hier dem Osterzyklus des Anatolius, nach wel- 
chem das Äquinoctium auf den 22. März fällt. 2) Dieses 
Argument wird beständig wiederholt. So lesen wir bei Sokrates h. e. 
V, 22: ἐκεῖνο δὲ μόνον. φημί, ὅτι οἵ φιλοῦντες ᾿Ιουδαίοις ἀκολουϑεῖν 
χαὶ περὶ τοὺς τύπους ἀ ἀκριβολογούμενοι οὐδενὶ τρόπῳ τούτων ἐχπίπτειν 


| ὀφείλουσιν. εἰ γὰρ ὅλως ἀκριβολογεῖσϑαι. προήρηνται, οὐκ ὀφείλουσιν 


ἡμέρας μόνον καὶ μῆνας παρατηρεῖν, ἀλλὰ καὶ τὰ ἄλλα ὅσα ὃ Χριστὸς 
ὁ νόμον γενόμενος ᾿Ἰουδαϊκῶς ἔπραττεν ἢ ὑπέμεινεν ὑπὸ ᾿Ιουδαίων 
ἀδικούμενος ἢ εὐεργετῶν τοὺς πάντας τυπικῶς »areıgyaßero, Vgl. 
auch Chrysost. iR 610d: ἐπεὶ καὶ ὃ Χριστὸς διὰ τοῦτο μετ᾽ 
αὐτῶν τὸ πάσχα ἐποίησεν οὐχ ἵνα ποιῶμεν μετ᾽ ἐκείνων, ἀλλ᾽ ἵνα τῇ 
σκιᾷ τὴν ἀλήϑειον ἐπαγάγῃ. 


636 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


wandelt er diese Tage plötzlich in Fasttage und erhält auf 
diese Weise die von der Kirche beobachteten 5 Fasttage, aber 
da die christliche Kirche 6 Fasttage mit Einschluß des Oster- 
sabbat kennt, zaubert er dieses dadurch hervor, daß er die 
τεσσαρεσχαιδεχάτη ἐπιφώσχουσα zu einem Tag stempelt, da 
nach jüdischer Rechnung der anbrechende Abend stets zum 
folgenden Tag gerechnet wird; — das trifft aber gerade beim 
Passahfest nicht zu, da die Passahmahlzeit noch dem 14. Nisan zu- 
geschrieben wurde. Triumphierend schließt Epiphanius seine 
Beweisführung: ἐὰν δὲ πρὸς ἑσπέραν τυϑῇ τὸ πάσχα, ἡ αὐτὴ 
τεσσαρεσχαιδεχάτη ἐπιφώσχουσα ἕξ ἐπιτελεῖ ἡμέρας ἐν τῇ 
νηστείᾳ καὶ οὐχέτε μία ἔσται τῆς νηστείας καὶ διέπεσεν ἡ περὶ 
μιᾶς ἡμέρας αὐτῶν ζήτησις, οὐ μία τις οὖσα. Wir dürfen uns 
durch solehe Argumentationen nicht zu der Annahme verführen 
lassen, als beobachteten die Gegner das mosaische Gesetz und 
wären Passahlammesser; Epiphanius hat seine Gedanken aus 
einem Werke bezogen, welches das kirchliche Passahfest in 
Parallele zu dem mosaischen Passahgebote gestellt hatte. Dies 
war, wie wir noch sehen werden, die syrische Didaskalie. Für 
uns tritt die eine Tatsache ans Licht, daß die Gegner des Epipha- 
nius am 14. Nisan fasteten und am gleichen Abend das Fasten 
brachen. Das paßt aber eigentlich nur zu der zweiten Gruppe, 
die den Todestag feierte, nicht aber zu der ersten, welche das 
Abendmahl in Nachfolge Christi als ihr Passah nach Hippolyt 
feiern wollte. Deshalb muß Epiphanius m. E. noch Quartodeei- 
maner kennen, welche die τευσαρεσχαιδεχάτη τῆς σελήνης im 
alten Sinne als den Todestag mit voraufgehendem Fasten feiern. 
Dann wird auch verständlich, wenn diese sich mit denen strei- 
ten, welche auf den festen römischen Monatstag das Gedächtnis- 
fest verlegen. Nach Epiphanius findet sich letztere Observanz 
in Kappadozien; wir stehen also auf dem Boden Kleinasiens, 
wo der alte Quartodecimanismus seine Wurzel gehabt hatte, 
wenn auch Kappadozien nicht direkt zur Provinz Asia gehörte. 
Dann aber haben wir in den Gegnern des Epiphanius noch 
Reste des ursprünglichen Quartodecimanismus zu erblicken. 
Hatte man in früherer Zeit das Passahfest in Abhängigkeit 
von der jüdischen Berechnung gefeiert, so mußte es später ich 
schwieriger gestalten, das sichere Datum des 14. Nisan zur 
rechten Zeit von den Juden zu erhalten, zumal in Gegenden, 


Exkurs III. 637 


wo die Juden in geringer Stärke wohnten. Was in Syrien und 
Palästina leicht zu erfahren war, war in Kappadozien sicherlich 
mit Schwierigkeiten verbunden. Und wieviel schwieriger 
mußte sich dies gestalten, nachdem die kleinasiatische Kirche 
als solche sich der allgemeinen Osterfeier angeschlossen hatte. 
Da waren diejenigen Christen, welche der Weise ihrer Väter 
treu geblieben, isoliert; die jüdische Mondrechnung mußte 
ihnen unbequem werden und so suchten sie für ihren 
alten 14. Nisan in dem 25. März des römischen Kalenders sich 
einen sicheren Ersatz za schaffen. Auch mußte sich im Laufe 
der Zeit die Unzulänglichkeit der jüdischen Berechnung, d. h. 
der Gleichsetzung des asiatischen Monats Xandikos mit dem 
Nisan herausstellen, da das Äquinoetiam nicht erreicht wurde. 
Das war keine Verleugnung ihres alten Glaubens, denn nach 
wie vor feierten sie das Erinnerungsfest an den Tod Christi. 
Das Datum ließ sich wohl zeitgemäß reformieren, aber nicht 
der Kultus. Jetzt war ihnen der 25. März das geworden, was 
den Vorfahren der 14. Nisan gewesen war. Auf der anderh 
Seite konnte es nicht ausbleiben, daß Christen der kleinasiati- 
schen Kirche die Entwicklung der Datierung nach dem römi- 
schen Kalender nicht mitmachten und an ihrer heilig gewordenen 
τεσσαρεσκαιδεχάτη τῆς σελήνης zäh festhielten. Diese gerieten 
deshalb in eine στάσις οὐχ ἡ τυχοῦσα mit den Fortschrittlern. 
So haben wir in den ἕτερος des Epiphanius Rudimente der 
Quartodeeimaner im 4. Jahrhundert zu begreifen. 

᾿ Damit sind m. E. auch die Bedenken von Schürer aus dem 
Wege geräumt, welche er gegen Weitzel! und Steitz? vorge- 
bracht hat. Er meinte, daß den Quartodecimanern gerade dies 
das Wesentliche gewesen wäre, immer an demselben Tage mit 
den Juden das Passah zu feiern, daher wäre es verwunderlich, 
wenn sie gerade diesen wesentlichen Punkt aufgegeben hätten, 
und noch verdächtiger würde die Sache, daß Epiphanius nur 
von jener zweiten Fraktion berichte, daß sie ihr Passah am Todes- 
tage des Herrn habe feiern wollen, während er von den eigent- 
lichen Quartodecimanern ausdrücklich sage, daß sie den 14. 
deshalb feierten, weil dessen Feier durch das alttesta- 


1) Vgl. Paschafeier S. 2488: Stud. u. Krit. 1848, S. 823. 
2) Stud, u. Krit. 1856, 8. 802; 1857, 8. 750. 


638 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


mentliche Gesetz geboten sei. Dieses beides lasse sich 
schwerlich zusammenreimen. Darum schließt sich Schürer der 
Ansicht Hilgenfelds, Paschastr., S. 375 ff, an, daß Epiphanius hier 
zwei Parteien zusammengeworfen habe, die schlechterdings gar 
nichts mit einander zu schaffen hätten. Infolgedessen könnten 
auch die Angaben über jene sogenannte zweite Fraktion der 
(Quartodeeimaner nicht zur Beleuchtung des Wesens der quarto- 
deeimanischen Passahfeier verwendet werden. 

Die Schwierigkeit löst sich, wenn nach unseren Feststel- 
lungen Epiphanius ganz mechanisch ein Stück aus Hippolyts 
Refut. übernommen hat. Ein wirkliches historisches Verständ- 
nis der quartodeeimanischen Observanz hat er überhaupt nicht 
besessen, insbesondere waren ihm die Passahstreitigkeiten des 
2. Jahrh. in Dunkel gehüllt, sonst hätte er wohl kaum seine histori- 
schen Reminiszenzen bei der Darstellung der Audianer h. 70,9 
ausgepackt. Deshalb ist nicht ersichtlich, ob er auch bei der 
ersten Gruppe das Wesen der Festfeier der zweiten Gruppe 
voraussetzt, denn die Worte τὴν αὐτὴν μίαν ἡμέραν ἄγοντες 
καὶ τὴν αὐτὴν μίαν ἡμέραν νηστεύοντες καὶ τὰ μυστήρια 
ἐπιτελοῦντες lassen die Rückbeziehung auf die vorherige Frak- 
tion zu. Wenn wir die Sätze ἀπὸ τῶν "Aztow δῆϑεν Πιλάτου 
αὐχοῦσι τὴν ἀχρίβειαν εὑρηχέναι, ἐν οἷς ἐμφέρεται τῇ πρὸ 
ὀχτὼ καλανδῶν ᾿Απριλλίων τὸν σωτῆρα πεπονϑέναι ein- 
klammern und hinter ἐπιτελοῦντες fortfahren mit: χαὶ ἐν ἐχείνῃ 
'τῇ ἡμέρᾳ βούλονται ἄγειν τὸ πάσχα, ὁποίᾳ δ᾽ ἂν ἐμπέσῃ ἢ 
τεσσαρεσχαιδεχάτη τῆς σελήνης, würden wir nichts vermissen 
und eine Schilderung der genuinen Quartodecimaner vor uns 
haben. Gern möchte man wissen, ob die Normierung des 
25. März erst auf Grund der Pilatusakten erfolgt oder aber, 
was einleuchtender klingt, erst nachträglich begründet ist. Denn 
‘dieses Datum kennt schon Tertullian adv. Ind. e. 8: Quae 
passio.... perfecta est sub Tiberio Caesare, consulibus Rubellio 
Gemino et Fufio Gemino, mense Martio, temporibus paschae, 
die VIII Kalendarum Aprilium, die primo azymorum, quo agnum ! 
oceiderunt ad vesperam, sicut a Moyse fuerat praeceptum. Der- 


1) Man beachte, daß Tertullian die πρώτη τῶν ἀξύμων mit dem 
14. Nisan, dem Todestag, identifiziert, während nach den Synoptikern 
(Matth. 26, 17; Marc. 14, 12; Luc. 21, 7) dies der Tag des gesetz- h 


Exkurs III. 639 


selben Überlieferung ist Hippolyt in seiner Ostertafel auf der 
Statue gefolgt! und hat diese auch. in seinem Kommentar 
zum Daniel IV, 23; 1,1, 8. 242, 5f. ed. Bonwetsch benutzt: ἔπαϑεν 
᾿ δὲ τρεαχοστῷ τρίτῳ ἔτει πρὸ ὀχτὼ καλανδῶν ἀπριλίων, ἡμέρᾳ 
παρασχευῇ, ὀχτωχαιδεχάτῳ ἔτει Τιβερίου Καίσαρος, ὑπατεύον- 


Ζ : τος Ῥούφου χαὶ Povßsilliovos?. Man kann daher vermuten, 
daß die Datierung von Rom aus den Quartodeeimanern über- 


mittelt ist. Freilich soll nach Ed. Schwartz, Osterbetr. S. 13 
die Rechtfertigung des 25. März als Passionsdatum nur ein 
sekundäres Argument sein. Das seien Gründe, mit denen man 
die Observanzen nachträglich verteidigte, aber keine historischen 
Erklärungen des Ursprungs, auf die es bei der Polemik gar nicht 
ankäme. Wer das Aquinoetium zum Osterdatum mache, adop- 
tiere die jüdische Theorie, nach welcher Moses den Ostermonat 
wegen der Frühlingsnachtgleiche den ersten genannt hatte: sage 
man sich zugleich von der Mondreehnung los, so wäre es das 
einfachste, Ostern direkt an das Äquinoetium anzuknüpfen. — 
Meine vorhergehenden Ausführungen werden meinen Stand- 
punkt in dieser Frage genügend kennzeichnen. 

Eine ähnliche Entwicklung zum festen Kalenderdatum be- 
obachten wir bei den Montanisten. Daß diese im zweiten 
Jahrhundert das Passahfest in Übereinstimmung mit ihrer Hei- 
matkirche festlich begangen haben, läßt sich ohne weiteres an- 
nehmen, wenn wir auch keine literarischen Zeugnisse darüber 
besitzen. Ob und wie weit sie bei den Streitigkeiten, die in 
Laodicea die Passahfeier zum Gegenstand hatten, beteiligt waren, 


. lichen Passah war. Dadurch wurde die Harmonisierung der Synop- 
tiker nach Johannes und umgekehrt des Johannes nach den Synop- 
tikern ermöglicht. Richtig bemerkt Schwartz, Ostertaf. S. 8, daß 
durch die Datierung der Synoptiker die Manier veranlaßt ist, den 
zyklisch berechneten Vollmond mit den azyma oder der πρώτη τῶν 
ἀζύμων zu identifizieren, was nicht verführen dürfe, an wirkliche 
Daten der jüdischen Mazzot zu denken. 

1) Der 25. März als Todestag Jesu auch bei Lact, Institut. IV,10, 
18; de mort. persec.2; Augustin, de eivit. XVIII, 24. Im allgemeinen 
Zahn, Forschungen Bd. 3, 5. 1878: Lagarde, Altes und Neues vom 
Weihnachtsfest 1891. 2) Über die Angaben des Hippolyt vgl. 
Bratke, Die Lebenszeit Christi im Daniel-Commentar des Hipp. Z. 
f. wissensch, Theol. XXXV, 2, S. 129ff, und Hilgenfeld, ibid. 3, 
S. 257#. — Salmon, Hermathena 1892, S. 161 ff. 


640 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


können wir nicht mehr konstatieren. Im übrigen hören wir nichts 
von ihrer Passahsitte. Im Westen werden sich die Montanisten 
der römischen Observanz angeschlossen haben, wenigsten be- 
merken wir bei Tertullian keine Differenz mit der Großkirche. 

Für die spätere Zeit erfahren wir aus der Vita des Polykarp !, 
daß die Montanisten im Osten außer der Zeit der jüdischen 
Azyma ihr Fest feierten, und diese Angabe trifft zusammen mit 
derjenigen, welche wir bei Sozomenos, h. e. VII, 18 finden 3, 
Darnach sollen die Montanisten diejenigen tadeln, welche bei 
der Bestimmung des Passah sich vielgeschäftig um den Mond- 
lauf kümmern, man müsse sich vielmehr nur an den Umlauf 
der Sonne halten. Sie rechnen jeden Monat zu 30 Tagen und 
betrachten als ersten Monat nach altrömischer Zeitrechnung den 
mit dem Frühlingsäquinoetium beginnenden, dessen Anfang auf 
den IX. Kal. Apr. fällt. An diesem Tage als dem 4. Schöpfungs- 
tage seien die beiden Leuchten zur Unterscheidung von Zeiten 
und Jahren geschaffen, daher nach $ Jahren der Monatsanfang 
für Sonne und Mond der gleiche sei?. Indem sie von diesem 
IX. Kal. April ab (— 24. März) 14 Tage weiterrechnen, kommen 
sie auf VIII. a. Id. April. —= 6. April. Diesen festen Tag des 


1) Über das Alter der Vita vgl. die Untersuchungen am Schluß 
der Studie. 2) Movravıorai δὲ, οὐς Πεπουζίτας καὶ Φρύγας ὀνο- 
μάξουσι, ξένην τινὰ μέϑοδον εἰσαγαγόντες, κατὰ ταύτην τὸ πάσχα 
ἄγουσι" τοῖς μὲν γὰρ ἐπὶ τούτῳ τὸν τῆς σελήνης δρόμον πολυπραγ- 
μονοῦσι καταμέμφονται. Φασὶ δὲ μόνοις τοῖς ἡλιακοὶς ἔπεσϑαι χυ- 
κλοις τοὺς ὀρθῶς ταῦτα κανονίζοντας᾽ καὶ μῆνα, μὲν ἕκαστον εἶναι 
ἡμερῶν τριάκοντα ὁρίζουσιν. ἄρχεσϑαι δὲ τὴν πρώτην ἀπὸ τῆς ἐαρι- 
vis ἰσημερίας, ἣ θηϑείη ἂν κατὰ Ῥωμαίους πρὸ ἐννέα καλανδῶν 


"Angıkklov" ἐπειδή, φασίν, οἵ δύο φωστῆρες τότε ἐγένοντο, οἷς οἵ 


χρόνοι καὶ οἵ ἐνιαυτοὶ δηλοῦνται. ἀπὸ γὰρ τῆς πρὸ ἐννέα καλαν- 
δῶν ᾿᾿πριλλίων, ὡς ἀρχῆς οὔσης. Ἀτίσεως ἡλίου καὶ πρώτου μηνύς, 
ἀναλογίζονται τὴν εἰρημένην ταῖς ἱεραῖς γραφαῖς τεσσαρεσκαιδεκαταίαν" 
καὶ ταύτην εἶναι λέγουσι τὴν πρὸ ὀχτὼ ἰδῶν ᾿Απριλλίων, nad ἣν ἀεὶ 
τὸ πάσχα ἄγουσιν" εἰ συμβαίη καὶ τὴν ἀναστάσιμον αὐτῇ συνδραμεῖν 
ἡμέραν, ἐπὶ τῇ ἐχομένῃ κυριακῇ ἑορτάξουσι" γέγραπται γάρ, φησίν, 
ἀπὸ τεσσαρεσκαιδεκάτης μέχρι εἰκοστῆς πρώτης. 3), Vgl. Ideler, 
Chronologie II, 2791. 4) Im julian. Kalender ist dies der 
VIII. Kal. April., welcher als der Tag der Schöpfung der Sonne 


und des Mondes und Anfang des neuen Monats gilt. Eine der-- 


artige Berechnung christlicher Chronologen bekämpft der Verfasser 
des Computus de pascha c. 4: Qui nunc comprehenditur esse 
VII Kal. April, a quo die computantes aliqui ex nobis qui 


Bi 
—— ΟΝ, a e 2 * 
ee a En ne ae 


Exkurs 111. 641 


römischen Jahres identifizieren sie mit der in den hl. Schriften 
_ angeordneten τεσσαρεσχαιδεχάτη und feiern gemäß diesem stets 
das Passah. Nun fügt Sozomenos dem Satze xa®’ ἣν ἀεὶ 
τὸ πάσχα ἄγουσιν die Worte hinzu: εἰ συμβαίη καὶ τὴν ἀναστά- 
σιμὸν αὐτῇ συνδραμεῖν ἡμέραν, ἐπὶ τῇ ἐχομένῃ κυριαχῇ ἑορτά- 
ζουσι" γέγραπται γάρ, φησίν, ἀπὸ τεσσαρεσχαιδεχάτης μέχρι 
εἰχοστῆς πρώτης (Exod. 12,8). Epiphanius Scholasticus hat 
vor ἐπὶ τῇ ἐχ. κυρ. die Worte εἰ δὲ un gelesen oder hinzuge- 
fügt, und diese Lesart ist von manchen akzeptiert worden. 
Der überlieferte Text ist ohne Zweifel nicht intakt, denn 
wenn man ἐπὶ τῇ ἐχ. κυρ. ἑορτάζουσε als Nachsatz zu dem Kon- 
ditionalsatz εἰ συμβαίη auffaßt, fehlt die nähere Verbindung 
mit dem vorhergehenden Satze x«#’ ἣν ἀεὶ τὸ πάσχα ἄγουσιν, 
verknüpft man den Konditionalsatz mit letzterem, so steht ἐπὶ 
τῇ ἐχ. κυρ. ἕορτ. ganz isoliert. Die Entscheidung kann nur 
erfolgen, wenn wir uns vergegenwärtigen, was Sozomenos sagen 
will. Er hat als Besonderheit in der Berechnung der Passah- 
feier bei den Montanisten festgestellt, daß die Montanisten als 
Termin den 6. April des röm. Kalenders bestimmen. Nun 
hat aber das Wort πάσχα hier nicht die alte Bedeutung von 
„Passah“, sondern von Ostern. Bei der Berechnung handelt 
es sich um die künstliche Identifizierung des 14. Nisan mit 
dem 6.April, da dieser 14. Nisan mit dem Mondalter nichts mehr 


— — — — 


priores voluerunt hune mensem novum ostendere et ipso XIIII luna 
inventa dies paschae secundum Iudaeos demonstrare, dixerunt eundem 
mensem ab id. Martii incipere et in diem id. April. consummare, et 
sie impegerunt. Usher, De Macedonum et Asianorum anno solari 
(abgedruckt in Gronovius, Thesaurus Graecarum antiquitatum IX, 
p. 1205 sqq.) nahm einen Irrtum in dem Texte des Sozomenos an, 
indem er als den Anfang des Jahres ursprünglich den 25. März und 
als den 14. des ersten Monats den 7. April setzte. Preuschen, RE?, 
- XIV, 730 hat ebenfalls diese Ansicht vertreten und weist zugleich 
auf eine im 2, Jahrh. in Ägypten unter den Gnostikern vorhandene 
Überlieferung hin, nach der Jesus am 7. April gestorben sei (Clem, 
Alex. I, 146, 3; II, p. 90 ed. St) Er will deshalb die montani- 
- stische Berechnung des Osterfestes mit dem ägyptischen Kalender 
- in Verbindung bringen, aber alle seine Schlußfolgerungen sind hin- 
- fällig, da feststeht, daß im asiatischen Kalender der 24. März den 
- Anfang des ersten Monats bildete. In dieser Beziehung verraten also 
2 gerade die Montanisten die Sitte ihrer Heimat. 
Bm. Ὁ. "14: Schmidt-Wajnberg. 41 


642 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


zu schaffen hat; das ist aber nicht das Datum von Ostern, son- 
dern von der Passion; es spielt dabei also die alte Auffassung 
von πάσχα eine Rolle, wenn auch das alte Passahfest, wie die 
Montanisten es in früherer Zeit gefeiert haben, aufgegeben 
ist; auch soll an der alttest. Vorschrift festgehalten werden. 
Für die Montanisten der späteren Zeit handelt es sich um die 
Frage nach der Stellung des Osterfestes zu diesem fixierten 
Datum des 14. Nisan. Denn sie sind keine Quartodecimaner 
im alten Sinne wie die von Epiphanius h.50 geschilderte Partei, 
welche am 25. März des festen Kalenders stets ihr Passah feiert. 
Sozomenos schreibt nicht wie Epiphanius καὶ ἐν ἐκείνῃ. τῇ 
ἡμέρᾳ βούλονται ἄγειν τὸ πάσχα, ὁποίᾳ δ᾽ ἂν ἐμπέσῃ ἡ τεῦσα- 
ρεσχαιδεχάτη τῆς σελήνης, sondern χατὰ ταύτην τὸ πάσχα 
ἄγουσι oder za# ἣν ἀεὶ τὸ πάσχα ἄγουσιν, d.h.die Montanisten 
feiern ihr Ostern nach Maßgabe des festen 6. April. Da dieser 
nun auf die verschiedenen Wochentage fällt, die Montanisten 
aber in Übereinstimmung mit der Kirche das Osterfest am Sonn- 
tag feiern, will Sozomenos in der beigefügten Erläuterung 
nähere Auskunft geben, wie sie diesen Sonntag zu ihrem 6. April 
fixieren. Denn unter andern Fällen ist auch die Mögliehkeit 
vorhanden, daß der 6. April direkt mit einem Sonntag zusam- 
mentrifft. Da entsteht die Frage, ob man diesen Sonntag so- 
fort als Ostern feiern soll, darum gebraucht Sozom. den Aus- 
druck ἀναστάσιμον ἡμέραν. Diese Frage verneinen die Monta- 
nisten; der Grund dafür ist noch durchsichtig, denn das Be- 
wußtsein, daß ihr 6. April = 14. Nisan ursprünglich den Pas- 
sionstag bedeutete, an dem eigentlich gefastet werden müßte, 
war keineswegs geschwunden, andererseits hätte man das Oster- 
fasten noch vor diesen 6. April verlegen müssen, während 
doch der 6. April nur die unterste Grenze für die Feststellung 
des Ostersonntages bilden und der alten jüdischen luna XIV 
entsprechen sollte. Das wollte man vermeiden, und so stellte 
man die Observanz auf, in diesem Falle das Osterfest auf den 


1) Das möchte ich gegen Labriolle, La crise Mont. p. ὅ11. 
betonen, der schreibt: ils demeuraient comme le remarque Hilgen- 
feld, Paschastr. p. 595 »wirkliche Quartodeeimanere — beaucoup 
plus quartodöcimans, en tous cas, que ceux qu’Epiphane ———— 
ἃ tort comme tels dans la suite de son chapitre L... et qui, eux, 
faisaient complötement abstraction du 14. Nisan. * 


Exkurs III. 643 


2 nachfolgenden Sonntag zu verlegen !. Ist das der wirkliche Sinn 


des Berichtes des Sozomenos, so bildet der Konditionalsatz den 


= Vordersatz zu ἐπὶ τ. ἐχ. κυρ. ἑορτάζουσι, dann ist die Einfügung 


von εἰ δὲ μή abzulehnen und wohl am besten mit Schwartz εἰ 
ἴδ) συμβαίη 3 oder nach meinem Vorschlag (πλὴν) el σ. zu lesen. 

Eine Bestätigung unserer Ansicht finden wir in einer Notiz, 
welche sich in einer Osterpredigt des Pseudo-Chrysostomus findet ® 
und also lautet: Ἔστι τις ἄλλη αἵρεσις ἡ τῶν Μοντανιστῶν, ἥτις 
δῆϑεν μὲν ἀποδύεται τὸ μετὰ Ἰουδαίων ποιεῖν, ἀφέστηκε δὲ σὺν 
τούτῳ καὶ τῆς ἐκκλησίας εἰς ἴδιον χίνδυνον" τεσσαρεσκαιδε- 
κάτην γὰρ “μηνὸς τοῦ πρώτου φυλάττει, τουτέστι μηνὸς ἑβ- 
δόμου κατ᾽ ᾿Ασιανούς ei Xandikos), οὐ τεσσαρεσχαιδεχάτην 
δὲ σελήνης. οὐχ οἶδα πόϑεν λαβοῦσα τοῦτον τὸν ϑεσμόν" 6 


—  ,.. .. . 


1) Es liegt hier derselbe Vorgang vor, der den Großkirchlern 
ebenfalls Kopfzerbrechen bereitet hat, wenn die τεσσαρεσκαιδεκάτη auf 
einen Sonntag fiel. Sollten die Christen am Sonntag Abend das 
Fasten brechen? Dann verstieß man gegen den kirchlichen Kanon, 
der das Fasten am Sonntag absolut verbot, und war Quartodeeci- 
maner. Sollten sie am Samstag Abend das Fasten brechen? Dann 
fiel das christliche Passah vor den Termin der luna XIV, die im 
mosaischen Gesetz vorgeschrieben und auch von der Kirche aner- 
kannt war. Um diesem Dilemma zu entgehen, wurde der Oster- 


‚sonntag um eine Woche hinausgeschoben und erhielt auf diese 


Weise das Mondalter XXI, Diesem Brauche haben die Montani- 
sten sich angeschlossen, darum auch ihr Hinweis auf Exod, 12, 8, 
denn bei der Verlegung des Osterfestes auf den folgenden Sonntag 
konnten sie auch diesen mit luna XXI indentifizieren. Die Sonder- 
stellung der Montanisten liegt also, wie Soz. richtig angibt, einzig 
und allein in ihrer Emanzipation von der Mondberechnung. 

2) Schwartz hat diese Korrektur brieflich an Labriolle, La crise 


. Mont. 516, Anm, 3 geäußert. Labriolle bemerkt dazu: Il ya un 


point que j’avoue ne pas bien saisir dans l’interpretation de 
M. Schw., pourquoi le dimanche 6 ἀντὶ! et celui-lü seulement, &tait-il 
tabou aux yeux des montanistes, tellement qu'ils ajournassent la 
eelebration de la föte pascale au dimanche suivant, ‚quand cette 
coineidence se produisait? Labriolle akzeptiert das εἰ δὲ μή und 


- übersetzt xa®” ἣν mit c’est ce jour-lä. Ich hoffe, daß seine Zweifel 


gehoben sind, und verweise ihn auf eine andere Stelle des Sozom., die 

einen ähnlichen Fall bei den Novatianern behandelt (s. S.645, Anm.2). 
3) Nach C. H. Turner, Studia biblica II, 130. ist die Predigt 

zu Ostern 387 am 25. April von einem kleinasiatischen Geistlichen 

gehalten. 

41* 


644 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


μὲν γὰρ μονογενὴς υἱὸς τοῦ ϑεοῦ ἐν τῷ πάσχα τῶν Ἰουδαίων, 
τεσσαρεσκαιδεκάτην ἐχούσης τῆς σελήνης, ἐν μηνὶ τῷ πρώτῳ, 
ἐν ταύτῃ τῇ τεσσαρεσχαιδεχάτῃ ὁ ἐν τῷ πάσχα τῶν Ιουδαίων ὃ 
Χριστὸς ἔπαϑεν" πόϑεν οὖν αὕτη ὴ δυσώνυμος αἵρεσις τὴν 
τεσσαρεσχαιδεχάτην ἀπὸ τοῦ ἡλιακοῦ μηνός, οὐχ ἀπὸ τοῦ 
᾿σεληνιαχοῦ εἴληφεν; ἦ δῆλον ὅτι παρὰ τοῦ ἀπατήσαντος 
δαίμονος" χαὶ αὐτὴ πέπτωκε τοῦ ἐχκλησιαστικοῦ ἀριϑμοῦ, 
ἀλλ ὅμως ἔνϑεν ἐπὶ τὴν τριήμερον ἥχει" Hier wird also 
ebenfalls den Montanisten ihre Loslösung von der jüdischen 
Mondrechnung bezeugt. Für sie ist nicht der 14. des ersten 
jüdischen Monats maßgebend, sondern der 14. des siebenten asia- 
tischen Monats. Wie sie nun den ÖOstertag von hier aus be- 
stimmt haben, wird nicht weiter gesagt, aber das wird wohl 
mit den Angaben des Sozomenos sich decken; nur hören wir, 
daß sie ein Jahresfest im Anschluß an die Charwoche feiern, da 
sie die drei Wochentage vom Leidenstag bis zum Auferstehungs- 
sonntag beobachten, d.h. sie fasten von Freitag bis Samstag- 
nacht. Wie weit sie dıe Fasten noch nach vorn ausgedehnt 
haben, erfahren wir nieht, obwohl anzunehmen ist, daß die 
Montanisten bei ihrer bekannten Hoch- resp. Überschätzung des 
Fastens auch in dieser Beziehung mit der Kirche gewetteifert 
haben. Von Sozom. ἢ. 6. VII, 19 (ed. Hussey II, S. 743) hören 
wir, daß sie zwei Wochen hindurch vor dem Osterfest gefastet 
haben!. Das alles macht den Eindruck einer späteren Ent- 
wicklung, die sich an die kirchliche Praxis anlehnte. Der 
quartodecimanische Standpunkt ist längst aufgegeben. Unser 
Homilet hält noch an der jüdischen Mondrechnung fest, indem 
er das Osterfest innerhalb der ἄζυμα fallen läßt, denn die histo- 
rische Tatsache, daß Christus an dem Passah der Juden getötet 
ist, muß Berücksichtigung finden. Dies ist der ἐχχλησιαστιχὺςὨἩ 
ἀριϑμός, jede Abweichung davon gilt als Häresie. Auch der 4 
eigentlichen Quartodeeimaner gedenkt der Homilet, mdem er 
ihnen zum Vorwurf macht, τὸ πάσχα σὺν Ἰουδαίοις ποιεῖν. Da 
haben wir einen neuen Beleg für die Tatsache, daß die Quarto- 
deeimaner der späteren Zeit noch an der alten Observanz fest- 
gehalten haben, am 14. Nisan ihr Passahfest zu feiern, ohne 


1) οἵ δὲ ἅμα τρεῖς πρὸ τῆς ἑορτῆς συνάπτουσιν, ol δὲ δύο, ὡς, 
οἵ τὰ Μοντανοῦ φρονοῦντες. ͵ 


u χε 
* 


Exkurs ΠῚ. 645 


ein Osterfest daran zu schließen. In dieser Beziehung unter- 
scheiden sich von ihnen die Novatianer, die besonders in Phrygien 
und Galatien selbständige Gemeinden bildeten, nachdem die 
Montanisten in großer Zahl zu ihnen übergegangen waren. 
Wenn auch sie wie die Quartodeecimaner das Passah auf den 
14. des ersten Monats fixieren, so bleiben sie aber nicht wie 
die Quartodeeimaner bei der τεσσαρεσχαιδεχάτη stehen, sondern 
ἔρχονται ἐπὶ τὴν τριήμερον'. Wie nicht anders zu erwarten, 
haben die Novatianer die alte Observanz der römischen Kirche 
beibehalten, das Osterfest mit den Juden zu feiern, indem man 
Ostern auf den Sonntag nach XIV lunae verlegte mit vorher- 
gehendem zweitägigen Fasten?. Die Großkirche hatte eine 
Wandlung durchgemacht und ihren früheren Brauch als Judais- 
mus verworfen ὃ; jetzt wurden die Vertreter der älteren Obser- 


1) Chrysost. t. VIII, p. 276%: Νανατιανοὶ δοκοῦσιν ἄλλως πως τὰ 
καϑ' ἡμᾶς ἠρέμα μιμεῖσθαι" δουλεύουσι μὲν καὶ αὐτοὶ τῇ προϑεσμέᾳ 
τῶν ᾿Ιουδαίων καὶ πρῶτον μῆνα χαὶ αὐτοὶ νομίζουσι καὶ τεσσαρεσκαιδε- 
κάτην κατὰ σελήνην τὴν παρ αὐτοῖς μεταδιώκοντες" ἀλλ᾽ οὐχὶ ἕως 
τούτου γε ἴστανται, ἀλλ ὕταν ἐν τούτοις γένωνται, καὶ ἐπὶ τὴν τριήμερον 
ἔρχονται, εἰ καὶ μάλιστα ἀκίρως καὶ οὐ καϑ᾽ ἁρμονίαν ἐκκλησιαστικήν. 

2) Vgl. Sozom. h. e. VII, 18: οἵ δὲ Νανατιανοὶ τὴν ἀναστά- 
σιμὸν ἡμέραν ἐπιτελοῦσιν" ᾿Ιουδαίοις δὲ καὶ αὐτοὶ ἕπονται καὶ εἰς 
ταὐτὸ τοῖς Τεσσαρεσκαιδεκατίταις καταστρέφουσι᾽ πλὴν εἰ μὴ τύχοι τῇ 
ιδ΄ τῆς σελήνης ἡ πρώτη τοῦ σαββάτου ἡμέρα συμπεσοῦσα, κατόπιν 

ἶ τῶν ᾿Ιουδαίων ὕσαις ἂν ἡμέραις συμβαίη τὴν ἐρχομένην 
κυριακὴν ὑστερίζειν τῆς τεσσοαρεσκαιδεχαταίας τῆς σελήνης. 

3) Freilich mußte sich die Kirche von seiten des Aörius v. Sebaste 
ce. 360 den gleichen Vorwurf des Judaismus gefallen lassen. In 
seinen Augen- bedeutete Passahfeier nichts anderes als ᾿Ιουδαϊκοῖς 
πάλιν μύϑοις προσανέχειν, denn die jüdische Passahfeier sei durch 
das Opfer Christi für immer abrogiert. Aörius faßte also den Aus- 
druck πάσχα noch in dem ursprünglichen Sinne. In seiner Opposi- 
tion gegen alles Jüdisch-Gesetzliche, das sich in der Kirche eingenistet, 
wandte er sich auch gegen das Fasten, ταῦτα γὰρ ᾿Ιουδαῖχά ἐστι καὶ 
ὑπὸ ξυγὸν δουλείας. Infolgedessen sind die Fasten an den Stations- 
tagen zu verwerfen, während das am Sonntag verbotene Fasten 
ostentativ ausgeübt wird, um die Freiheit zu dokumentieren. Be- 
sonders suchen die Anhänger des Aörius die Fasten in der Passah- 
zeit zu diskreditieren. So hören wir bei Epiph. h. 75, 3: Ἔν re 
ταῖς ἡμέραις τοῦ πάσχα, ὅτε παρ᾽ ἡμῖν χαμευνίαι, ἁγνείαι, κακοπά- 
ϑειαι, ξηροφαγίαι, εὐχαί, ἀγρυπνίαι τε καὶ νηστεῖαι καὶ πᾶσαι τῶν 
ψυχῶν al σωτηρίαι τὼν ἁγίων παϑῶν, αὐτοὶ ἀπέωϑεν ὀψωνοῦσι κρέα 


646 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


vanz als Verstörer der ἁρμονία ἐκκλησιαστική, wie sie seit der 
Entstehung der Reichskirche durch die Beschlüsse des nieäni- 
schen Konzils angestrebt wurde, gebrandmarkt. 

Ausdrücklich bezeugt Sokrates h. e. V, 28 dem Novatus und 
den Novatianern im Westen die Osterfeier im Anschluß an die 
Großkirche: ἀεὶ κατὰ τὰ ἑσπέρια μέρη ἐποίει καὶ οὕτως ἐπε- 
τέλεσε. Ποιοῦσι δὲ διαπαντὸς οἱ ἐχεῖ μετ᾿ ἰσημερίαν ἀνέκαϑεν, 
ἀφ᾽ οὗ καὶ χριστιανίζουσιν. Dagegen haben die Novatianer im 
Östen sich an die dort herrschende heimatliche Sitte ange- 
schlossen. Diese alte Observanz suchten die Novatianer in 
Phrygien und Galatien zu konservieren, als einzelne Gemeinden 
wie die in Konstantinopel, Nieäa, Nicomedien, Kotyae u. a. sich 
dem Usus der Großkirche angeschlossen hatten. Sokrates h. 6. 
V,21 und ihm folgend Sozomenos ἢ. 6. VII, 18 berichten von 
einer Provinzialsynode der Novatianer in Phrygien unter Kaiser 
Valens in Pazos, am Flusse Sangaris gelegen, die folgenden ὅ ὅρος 
faßte: ὥστε Ἰουδαίους ἐπιτηρεῖν ποιοῦντας τὰ ἄζυμα καὶ σὺν 
αὐτοῖς τὴν τοῦ πάσχα ἐπιτελεῖν ἑορτήν. Es handelt sich dabei 
aber nicht, wie auf Grund der Darstellung des Sokrates manche 
Gelehrten angenomnfen haben, um einen Übertritt zu der quarto- 
decimanischen Passahfeier, sondern, wie Schwartz, Osterbetr. 8. 12 
Anm, 2 richtig bemerkt, um den Versuch, den Brauch der Väter 
für obligatorisch zu erklären. Diesen Brauch wollte ein ge- 


wisser Sabbatius, ein jüdischer Convertit, der von dem Bischof 


Marcianus von Konstantinopel zum Presbyter der dortigen nova- 
tianischen Gemeinde ordiniert war, auch für Konstantinopel ge- 
setzlich einführen und stützte sich dabei auf jenen Beschluß der 
Synode von Pazos: δεῖν γὰρ ἐπιτελεῖσθαι αὐτὴν ὡς καὶ Ἰουδαῖοι 
ἐπιτελοῦσι καὶ ὡς οἱ ἐν Πάζῳ συνελϑόντες ἐτύπωσαν. Infolge- 
dessen entstand eine Krisis unter den novatianischen Gemeinden, 
welche den Marcianus veranlaßte, eine Versammlung nach San- 
garos in Bithynien nahe am Hellespontus zu berufen. Diese zweite 
Synode stellte den status quo wieder her, indem die Differenz in 


τε καὶ — ξαυτῶν τὰς φλέβας γεμίζοντες, ἀνακαγχάξουσι γελῶντες, 
χλευάζοντες τοὺς τὴν ἁγίαν ταύτην λατρείαν τῆς ἑβδομάδος τοῦ πάσχα 
ἐπιτελοῦντας. Das war eine ultraradikale Reaktion gegen jede kirch- 
liche Gesetzlichkeit, alles kirchliche Handeln sollte auf der ἰδία 
προαίρεσις beruhen, "daher hat man auch oft am Mittwoch gefastet. 
Von hier erhielten die Anhänger den Namen Τετραδῖται. 


ee — 
er an 


de ET RL OR 


— Exkurs ΠῚ. 647 


Be Go der Osterfeier für ein ἀδιάφορον erklärt wurde, um die 
"Einheit der novatianischen Kirche nicht zu erschüttern, d. h. alle 


Gemeinden sollten das Fest so halten, wie sie es getan, die einen 
mit der Großkirche, die andern nach der durch die Synode von 
Pazos festgesetzten alten Observanz: ἐχφέρουσι χανόνα περὶ τῆς 
ἑορτῆς τοῦ πάσχα, ὃν ἐχάλεσαν ἀδιάφορον, φήσαντες μὴ ἀξιό- 
λογον εἶναι τὴν αἰτίαν πρὸς χωρισμὸν τῆς ἐχχλησίας, τὴν δια- 
φωνίαν τῆς ἑορτῆς, μηδὲ μὴν τοὺς ἐν Πάζῳ συναχϑέντας πρό- 
κριμα τῷ καϑολικῷ κανόνι γενέσϑαι᾽" καὶ γὰρ τοὺς ἀρχαίους χαὶ 
τοὺς ἐγγὺς τῶν ἀποστόλων, διαφωνοῦντας περὶ ταύτης τῆς 
ἑορτῆς, κοινωνεῖν τε ἀλλήλοις καὶ μηδαμῶς διαφέρεσθαι" ἄλλως 
τε χαὶ τοὺς ἐν τῇ βασιλευούσῃ Ῥώμῃ Ναυατιανοὺς μηδέποτε 
ἠκολουϑηκέναι Ἰουδαίοις, ἀλλὰ ποιοῦντας ἀεὶ μετ᾽ ἰσημερίαν τὸ 
πάσχα μὴ διαχρίνεσϑαι πρὸς τοὺς οἰχείους τῆς πίστεως, τοὺς 
μὴ τὸν αὐτὸν τρόπον αὐτοῖς ἐπιτελοῦντας τὴν τοῦ πάσχα 
ἑορτήν" Sabbatius hat sich nach dem Berichte des Sokrates 
diesem Beschlusse nicht gefügt, sondern vielmehr das Passah 
in Konstantinopel nach seiner Weise gefeiert, d.h. προλαμ- 
βάνων ἐνήστευε καὶ νυχτερεύων τὴν νενομισμένην τοῦ σαβ- 
βάτου ἡμέραν ἐπετέλει καὶ πάλιν τῇ ἱξῆς ἅμα πᾶσι κατὰ τὴν 
ἐχχλησίαν συνήγετο χαὶ τῶν μυστηρίων μετελάμβανεν. Diese 
Worte wollen besagen — der Text ist nicht korrekt —, daß 
Sabbatius das Sonderpassah im Anschluß an die jüdische Be- 
rechnung durch Fasten und Eucharistie feierte und das Fest 
wiederholte, sobald die Großkirche resp. die Navatianer in Kon- 
stantinopel ihr Ostern festlich begingen. Er tat also dasselbe, 
was von Chrysostomus zur Überwindung der Quartodeeimaner 
berichtet wird (s. u. S. 6971). Sabbatius hat sich später von der 
novatianischen Kirche getrennt und eine eigene Gemeinde ge- 
gründet. Sein Passah fiel von jetzt ab in Übereinstimmung mit 
den Novatianern Kleinasiens in die Zeit der ἄζυμα. Es wird 
von ihm berichtet, daß er, als er bei einer Versammlung der 
Gemeinde das Evangelium vorlas, zu Luk. 22,1: ἤγγιζεν δὲ ἡ 
ἑορτὴ τῶν ἀζύμων ἡ λεγομένη πάσχα die Worte hinzufügte: 
ἐπιχατάρατος ὁ ἔξω. ἀζύμων τὸ πάσχα ποιήσας. Es wird also 
das Passah unter das mosaische Gesetz gestellt, ohne daß aber 
das Fest selbst in jüdischer Weise gefeiert wurde. Doch infolge 
seiner jüdischen Vergangenheit hat Sabbatius den gesetzlichen 
Standpunkt stärker betont, wenn Sokrates ἢ. e. V, 21 richtig be- 


Te: 
EEE 


648 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


richtet: διὸ χαί τινες τῶν ἁπλουστέρων καὶ μάλιστα οἱ ix τῆς 
Φρυγίας χαὶ Γαλατίας ὁρμώμενοι, νομίζοντες ἑαυτοὺς ἐκ 
τούτου δικαιωϑήσεσθϑαι, ἐζήλουν τε αὐτὸν καὶ τὸ πάσχα 
τὸν ἐχείνου τρόπον ἐπετέλουν λαϑραίως. Auch war Sabbatius 
kein Quartodeeimaner in dem Sinne, daß das Passah stets am 
14. Nisan in Form einer παννυχίς gefeiert wurde, vielmehr 
bildete der 14. Nisan den Termin, von dem er das christliche 
Passah berechnete, In der Passahwoche fastete er bis zum 
Sabbat, hielt dann in der Nacht eine Vigilie ab und feierte mit 
seinen Anhängern am Sonntag das Osterfest, während für die 
Novatianer Konstantinopels dieser Tag ein gewöhnlicher Sonn- 
tag war, 

Auf die Verhandlungen und Beschlüsse des nicänischen Kon- 
zils betreffs einer einheitlichen Feier des Osterfestes kann ich an 
dieser Stelle nicht weiter eingehen und verweise deshalb auf die 
einschlägigen Untersuchungen von Duchesne und auf die Oster- 
tafeln von Ed. Schwartz. Insbesondere ist es das Verdienst von 
Duchesne, nachgewiesen zu haben, daß das Konzil sich gegen 
die Observanz wandte, den Östersonntag nach dem Judenpassah 
anzusetzen, wie das in den Kirchen von Syrien, Cilieien und 
Mesopotamien gehandhabt wurde, daß also die frühere Ansicht 
der Gelehrten, es habe sich um einen Kampf gegen die quarto- 
decimanische Kirche Kleinasiens gehandelt, nicht zu Recht besteht. 
Daß durch den Beschluß des Nieänums, die ägyptische Berech- 
nung als Norm ezu statuieren, auch die Quartodeeimaner be- 
troffen wurden, ist ja selbstverständlich, denn auch sie fielen 
unter das Verdikt des μετὰ τῶν Ἰουδαίων τὸ πάσχα ἐπιτελεῖν 
bzw. τὸ πάσχα σὺν Ἰουδαίοις ποιεῖν — der kleinasiatische Ho- 
milet bemerkt dies ausdrücklich? —, aber zur Zeit des Nieaenums 
hatte .die Kirche Kleinasiens als Ganzes ihre alte Observanz zu- 
gunsten der katholischen Kirche aufgegeben und die Osterfeier 
eingeführt. Nur als Sekte blieb der Quartodeeimanismus inner- - 
halb der Kirche Kleinasiens bestehen und hat als solche noch 
ein — Leben gefristetꝰ. 


δ ΝΣ RT, — ᾿ 
χω TE ΔΑ ον ἃς 


1) Sozom. VII, 18: τῷ δὲ σαββάτῳ ἀφ᾽ ἑσπέρας ἐπὶ τὸν δέοντα 
καιρὸν ἐν ἀγρυπνίᾳ. zal ταῖς προσηκούσαις εὐχαῖς διαγενόμενος, τῇ 4 
ἑξῆς ἡμέρα κοινῇ πᾶσιν ἐκαλησίαξε καὶ τῶν μυστηρίων μετεῖχε. ΗΝ 

2) ἀλλ οἵ μὲν ἐν αὐτῇ τῇ τεσσαρεσδεκαταίᾳ σὺν τοῖς Ιουδαίοις. 
ἑορτάζουσιν ὅϑεν ὧδε ὀνομάζονται. . 8) Sokrates (b, 6. V, 22) u. ἡ 


— Exkurs Ill. 649 
Bei dieser Gelegenheit möchte ich noch einen Blick auf die 


ΕΝ — Festfeier innerhalb der syrischen Kirche werfen, da diese uns 
wichtige Fingerzeige für das Wesen des Passah geben wird!. 
Wir besitzen zwei Hauptquellen, die syrische Didaskalie und den 


— 


Traktat des Aphraates, die uns über die Verhältnisse vor und 
nach dem Nicänum unterrichten. An erster Stelle steht die 
syrische Didaskalie?, welche nach der Meinung zahlreicher Ge- 
lehrten in der zweiten Hältte des 3. Jahrh. entstanden ist und mit 
größter Wahrscheinlichkeit Syrien als Heimat verrät. Hier lesen 
wir im 21. Kapitel die Überschrift: „Über das Passah und’ die 
Auferstehung Christi, unseres Erlösers“ ἢ, Freilich stammt diese 
Überschrift nicht von dem ursprünglichen Verfasser, da in der 
von Hauler entdeckten lateinischen Übersetzung alle Überschrif- 
ten fehlen*, aber sie gibt den tatsächlichen Inhalt richtig an. 
Das eigentliche Thema der Anweisungen bildet nämlich das 
Passah,. welches ganz selbständig neben der Auferstehung er- 
scheint. Sehr eingehend hat Ed. Schwartz l.e. S. 105ff. den 
vorliegenden Text behandelt; er geht von der Voraussetzung 
aus, daß die Didaskalie, wie alle Rechtsbücher, nicht das Werk 
eines Verfassers sei, sondern aus verschiedenen Schichten be- 
stehe, überdies sei das Buch in sehr verschiedenen Fassungen 


 umgelaufen. Er will für das Kapitel 21 durch Analyse sieben 


verschiedene Abschnitte gewonnen haben. So sehr ich auch 
hierbei wiederum den Scharfsinn von Schwartz bewundern muß, 
sehe ich mich doch genötigt, seine Resultate in manchen Punk- 


ten abzulehnen. Der Hauptfehler liegt m. E. darin, daß er das 


Buch von Anfang an für ‘unpersönlich hält. Dies mag in vieler 
Hinsieht stimmen, aber hinter der uns vorliegenden Rezension ἢ 
steht eine sehr ausgeprägte Persönlichkeit, die von ganz be- 
stimmten Gesichtspunkten aus den gegebenen Stoff formuliert. 


_ — — — 


Sozomenos VII, 18 bemerken ausdıücklich, daß sie in Kleinasien zu 
suchen sind. 

1) Darauf hat besonders Drews, RE®, XIV p. 737 hingewiesen. 

2) Ich benutze die Ausgabe von Achelis-Flemming, TU, ΝΕ. 
X, 2, p.103ff., daneben zitiere ich die Rückübersetzung ins Grie- 
chische, wie sie gelegentlich Ed. Schwartz, Ostertafeln S. 1068 
gibt, 3) Im Cod. Harrisianus lautet die Überschrift ausführ- 
licher, s. Ach.-Flemm. S. 206. 4) Didascaliae apostolorum frag- 


menta Veronensia Latina, 1900. 5) Ich stimme darin mit Funk, 


650 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Gerade in dem vorliegenden Kapitel tritt diese Persönlichkeit 
mit aller Deutlichkeit hervor. 

Zunächst ist im allgemeinen festzustellen, daß der Verfasser 
sich zwar als Heidenchrist fühlt (S. 108, 32; 109, 34; 110, 9), 
aber in einer Umgebung lebt, die von Juden und Judenchristen 
durchsetzt ist. Deshalb zählt er sogar die Juden zu den Brü- 
dern (S. 107, 8; 108, 17; 110, 16), obwohl er aus Erfahrung weiß, 
daß sie die Christen mit ihrem Haß verfolgen (S. 108, 18). Und 
werden auch die häretischen Judenchristen heftig bekämpft, 
(5. 355 f.), so kennt ‚er doch geborene Juden als Glieder der 
Gemeinden (S. 109, 28) und fordert sie auf, für die ungläubigen 
Volksgenossen zu beten und zu fasten, wenn er auch dies den 
Heidenchristen besonders ans Herz legt (S. 108, 2f.; 110, 9). 
Die jüdische und judenchristliche Observanz des Passah ist dem 
Verfasser nicht unbekannt. Er fordert die Christen auf, sorg- 
fältige Nachforschungen zu halten, wann ihre Brüder aus dem 
Volke das Passah feiern (S. 110, 14f.); er heißt sie fasten, wenn 
jenes Volk das Passah beobachtet (S. 114, 13), auch ist ihm be- 
kannt, daß der 14. Nisan beweglich ist, da weder der Monat 
noch der Tag in einem jeden Jahre auf dieselbe Zeit treffe 
(S. 114, 10f.). Demgemäß ist der jüdische Kalender maßgebend; 
den chronologischen Berechnungen der Passahzeit liegt die 
„Zählung der gläubigen Hebräer“ (S. 110, 20 f.) zugrunde, 
Und eine andere Eigentümlichkeit, die hiermit zusammenhängt, 
ist das krampfhafte Bemühen, älle Verordnungen und Einrieh- 
tungen der Kirche durch alttestamentliche Sprüche zu unter- 
bauen. Bei jeder nur passenden Gelegenheit macht er von dem 
A-T. einen reichlicheren Gebrauch als von dem N.T. Das hat 
auch seinen Darlegungen über das Passah eine bestimmte Rich- 
tung gegeben. Eine doppelte Aufgabe war ihm gestellt: 1. die 
Dauer des Passahfastens festzulegen, 2. die Motive für das Fasten 
zu entwickeln. Bei der Lösung dieser Aufgabe merken wir 
absolut nichts von Unpersönlichem, im Gegenteil, alles trägt 
den Stempel persönlichster Note an der Stirn. Der Verfasser 


Didascalia II, 7 überein, daß ich die Differenz zwischen der heutigen 
Didaskalie und der von den Audianern und Epipbanius benutzten 
Rezension nicht so bedeutend halte, wie Schwartz uns naher 
machen will. 


Exkurs ll. 651 


_ schreckt sogar vor Verfälschungen der geschichtlichen Tat- 


sachen! nicht zurück und nimmt zu ganz offenkundigen Er- 


- findungen seine Zuflucht, um seine — Dichtung zu ver- 


decken. 

Zuvörderst gilt es, das sechstägige Passahfasten, wie es in 
der Kirche unseres Verfassers herrschend war oder erst zur 
Einführung kommen sollte, als apostolische Einrichtung zu 
deklarieren. Das Fasten dauerte nämlich von Montag bis Sams- 
tag Nacht. Es war unserm Verfasser sicherlich nicht unbekannt, 
daß in andern Kirchen das Passahfasten sich nur auf zwei 
Tage der Leidenswoche, d. ἢ. auf Freitag und Samstag be- 
schränkte ?, und daß diese Sitte auch in seiner Kirche die herr- 
schende gewesen war. Noch jetzt sind diese Tage die Haupt- 
fasttage, darum heißt es: „Freitag und Sonnabend aber sollt 
ihr gänzlich fasten und gar nichts genießen“ (S. 111, 34) oder 
8. 112, 17: „Ganz besonders also ziemt sich für euch das 
Fasten am Freitag und Sonnabend.“ Es waren die Höhe- 
punkte der Passahzeit und standen mit der Leidensgeschichte 
in engster Beziehung. Wie konnten nun die übrigen vier Tage 
als Fasttage durch die evangelische Geschichte sanktioniert 
werden? Die Evangelien gaben keine Handhabe dazu. So 
schuf der Verfasser sich eine eigene Leidensgeschichte, um eine 
biblische Begründung für die Fastenvorschriften zu gewinnen, 
und stellte sie unter die Autorität der Apostel (8, 105, 26 δ); 
ja die pia fraus geht so weit, daß der Herr selbst sich diese 
Dichtung zu eigen macht. 

In dem ersten Stücke (S. 105, 26 ff.) wird eine objektive 
Erzählung der Leidenswoche gegeben, in dem zweiten diese 


— — — 


Merx, Das Ev. Matthäus nach der syr. im Sinaikloster ge- 
fundenen Palimpsesthandschrift, 1902, S. 375 behauptet freilich, daß 
die Angaben der Didaskalie aus altem Stoffe hergestellt wären; er 


hat die Mache leider nicht durchschaut und sich durch deren Be- 
‚nutzung bei Epiphanius irreführen lassen. Denn beim Verfasser 


der Didaskalie handelt es sich nicht um Feststellung von Kalender- 
unregelmäßigkeiten, sondern um Begründung des kirchlichen Wochen- 


fastens an der Hand der evangelischen Geschichte. Epiphanius hat 


erst daraus eine Kalenderunregelmäßigkeit gemacht. 2) Iren. 
bei Euseb, h. 6. V, 24, 12; Dionysius v. Al, ad Basilid. c. 1; Epi- 
phanius, Expos. fid. c. 21. 


652 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


mit der Fastenfrage verknüpft (S. 107, 6ff.). Nach der vorge- 
legten Leidensgeschichte hat der Herr am Dienstag Abend 
(= τρίτῃ τῶν σαββάτων) mit den Jüngern das Passah ge- 
gessen, ist in der Nacht von Dienstag auf Mittwoch gefangen, 
blieb am Mittwoch (= τετάρτῃ τ. oaß.) in Gewahrsam im 
Hause des Hohenpriesters Kaiphas, indem am gleichen Tage 
die Häupter des Volkes Rat über ihn hielten. Am Donnerstag 
— πέμπτῃ τ. oaß.) erschien Jesus vor Pilatus und blieb die 
Nacht wiederum im Gefängnis, um am Freitag (= παρασχευῇ) 
gekreuzigt zu werden. Unvermittelt knüpft der Verfasser da- 
ran eine Berechnung von 3 Tagen und 3 Nächten zum Erweise 
der Erfüllung der Weissagung im Jonaslogion Matth. 12, 40, 
Darnach sind die 6 Stunden am Kreuze ein Tag, die 3 Stunden 
der Finsternis eine Nacht, die weiteren 3 Stunden bis zum 
Abend ein Tag. Dazu kommt die Nacht vom Freitag zu Sams- 
tag als eine Nacht und der Samstag selbst als ein Tag und 
zuletzt die drei Stunden der Nacht nach dem Sabbat als eine 
Nacht!. Dieses Stück ist m. E. nicht vom Verfasser erfunden, 


1) Nach Ed. Schwartz Ostertaf. S. 112 soll eine verwunderliche, 
aber in sich geschlossene und klare rechnerische Deutung des Spruches 
Matth. 12, 40 vorliegen. Aber wie kommen die 6 Stunden am Kreuze 
heraus? Da Christus um die dritte Stunde gekreuzigt (Marc.15,25), also 
wirklich 6 Stunden am Kreuze hing, müssen die 3Stunden der Finster- 
nis, welche als 1 Nacht berechnet werden, davon abgezogen werden, 
Das hat der Verfasser ganz vergessen. An eine Verderbnis des 
Textes ist nicht zu denken, da es 8. 106, 17 heißt: „6 Stunden nun 
litt er am Freitag, und es wurden diese Stunden, in denen unser Herr 
am Kreuze hing, als 1 Tag gerechnet.“ Der Verfasser der Apostol. 
Const., welcher die syrische Didaskalie bearbeitet hat, verlegt V, 
14, 14 die Kreuzigung auf die 6.Stunde, folgt also scheinbar Joh. 
19, 14; aber hiernach gab Pilatus ὡς ἕκτη das Urteil ab, während 
nach den Apost. Const. das Urteil in der 3. Stunde gefällt wurde, 
Die Verwirrung ist m. E. durch die Vorlage entstanden, wo er 
in der Didaskalie die 6 Stunden am Kreuze vorfand, Inkorrekt ist 
auch die Berechnung der letzten Nacht auf 3 Stunden, denn vorher 
war im Anschluß an die jüdische Tageseinteilung die Nacht von 
Freitag auf Sonnabend von 6 Uhr ab gerechnet, hier taucht plötz- 
lich die abendländische Einteilung von 12 Uhr nachts auf. Der 
Grund liegt in der Annahme der Auferstehung um 3 Uhr nachts ° 
nach römischer Zählung (vgl. 112,1; 114, 2). Der Verfasser 
m. E. durch verschiedenartige Quellen beeinflußt. 


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Exkurs ΠΙ, 653 


sondern aus der Überlieferung übernommen, die sich vielfach 
_ mit dem Thema beschäftigte, wie die drei Tage und drei Nächte 
᾿ς zu deuten wären, welche Jesus unter den Toten zugebracht haben 


sollte. Das ist das „Zeugnis von den drei Tagen“ (S. 112, 4)'. 
Die Kürze dieser Tage und Nächte wird nicht geleugnet, aber . 


der Widerspruch durch den Hinweis auf Ps. 859, 46 beseitigt ?. 


1) Man wäre versucht, im Texte der Didaskalie eine Konfusion 
anzunehmen, denn das Zitat aus Matth. 28, 1 auf 8. 106, 22 unter- 
bricht störend den Zusammenhang zwischen der Zählung der Nacht 
des Leidenssabbats und dem Tage des Sabbats, da ja bei Matth, die 
Worte ὀψὲ σαββάτων τῇ ἐπιφωσκχούσῃ εἰς μίαν σαββάτων lauten. 
Offenbar hat der Verfasser unter ὀψὲ σαββ, die hereinbrechende 
Nacht von Freitag auf Sonnabend verstanden, wie er 8, 107, 80 bei 
der Nacht von Dienstag auf Mittwoch dekretiert, daß der Abend zu 
dem darauffolgenden Tage gehöre. Der Verfasser hat einfach die 
Worte τῇ ἐπιφωσκ. εἰς μίαν σαββάτων unterschlagen. — Preuschen 
RE® XIV, 728 vertritt die Meinung, daß nach Auffassung des Ver- 
fassers Jesus am Abend eben des Freitags, an dem er den Tod er- 


‘ litten hat, auferstanden sei. Um diese Tradition mit derjenigen von 


der Auferstehung am 3. Tage auszugleichen, habe er die Tages- 
stunden in Tage und Nächte umgerechnet. — Aber was nützen bei 
dieser Berechnung die 2 Tage und 2 Nächte? Es sollte doch das 
Zeugnis für die 3 Tage erbracht werden, Deshalb muß Preuschen’s 


‚Deutung zurückgewiesen werden. 2) Daß über das Jonaslogion 


eifrig debattiert wurde, ersieht man aus den Ausführungen des 
Aphraates in seiner Unterweisung über das Passah (Homilie XII, 


‘ed. Bert, TU III, 1.2, S. 188). Es stehen ihm Gegner gegenüber, 


welche ihn auffordern, doch die 3 Tage und 3 Nächte aufzuweisen, 
die Jesus unter den Toten weilte, da es tatsächlich 1 ganzer Tag 
und 1 ganze Nacht gewesen wäre, Aphraates setzt die Berechnung 
nicht wie die Didaskalie vom Moment der Kreuzigung an, sondern 
„von der Zeit an, da er (sc. Christus) seinen Leib zur Speise und 
sein Blut zum Tranke gab“. Nach ihm hat der Herr mit den 
Jüngern in der Nacht des hereinbrechenden Freitags, d. h. in der 
Nacht des 14. Nisan das Passah gegessen. Das ist die erste 


‚Nacht, denn „wer sein Fleisch zu essen und sein Blut zu trin- 
τ ken gibt, wird unter die Toten gerechnet“ (S. 188). „Bis zur 


6. Stunde, da sie ihn richteten“, ist 1 Tag. Auch vorher $. 188 
heißt es, daß bis zur 6, Stunde Gericht über ihn gehalten wurde 
und sie ihn um die 6. Stunde verurteilten und ihn herausführten 
und kreuzigten. Wiederum liegt wie in den Apost. Const. eine 
Unsicherheit vor, denn unmöglich kann die Verurteilung um die 
6. Stunde nach jüdischer Zählung stattgefunden haben, da Aphraates 
die Finsternis in der 6. Stunde beginnen läßt und diesen Zeitraum 


654 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Die vorgelegte Chronologie der Leidenswoche erweckt nach- 
träglich beim Verfasser selbst einiges Bedenken, denn er weiß 
sehr wohl, daß die Juden ihr Passah am 14. Nisan essen, 
während nach seiner Angabe Jesus am Dienstag Abend das ge 
setzliche Passah genossen haben soll. So sieht er sich zu einer 
neuen Verfälschung der Überlieferung genötigt, daß nämlich in 
dem betreffenden Jahre die Hohenpriester und Ältesten das 
Passah auf den 11. Nisan verlegt hätten, da sie einen Aufruhr 
des Volkes beim Ergreifen Jesu fürchteten und das Zusammen- 
strömen der Menge nach Jerusalem verhindern wollten ($.111,6f.). 
Ist damit dieser Gewaltstreich gerechtfertigt, so erhebt sich eine 
neue Schwierigkeit bei der Sechszahl der Leidenstage, denn es 
sind nur fünf Tage, von Dienstag bis Samstag gerechnet. Auch 
dieser Schwierigkeit wird unser Verfasser leichter Hand Herr. 
Denn er tischt die Nachricht auf, die Priester und Ältesten 
hätten sich am 10. des Monats, am Montag, im Palaste des 
Hohenpriesters Kaiphas versammel und beraten über die Er- 
greifung Jesu (S. 110, 22; 111, 26); an dem gleichen Tage hätte 
Judas den Lohn für seinen Verrat empfangen (S. 111, 24). Da- 
bei gibt er sich den Anschein einer besonderen Akribie, indem 
er nach Matth. 26, 6; Mark. 14, 3 Jesus während der Beratung 
am Montag im Hause Simons des Aussätzigen weilen läßt, ob- 
wohl dies nach den Angaben der Evangelien zwei Tage vor 
dem Passah, also am Mittwoch, geschehen ist. Da haben wir 
eine Dublette von dem bösen Rat am Mittwoch vor uns; die 


von 12 bis 8 Uhr als eine Nacht rechnet. Dazu kommen die 3 Stun- 
den nach der Finsternis als 1 Tag. Zähle man noch dazu die ganze E 
Nacht des anbrechenden Sabbats und den ganzen Tag des Sabbats, 
so habe man die 3 Tage und 3 Nächte des Aufenthalts unter den 
Toten. Die Aufstellung ist ebenso künstlich wie die in der Didaskalie, 
die beide in den Hauptpunkten zusammentrefien; nur läßt Aphraates 
die Nacht des hereinbrechenden Sonntags unter den Tisch fallen, 
da er diese nicht mehr gebrauchen kann, weil er die Nacht Fre τ 
Gefangennahme bereits als erste Nacht des Todes gewertet hat. 
Dasselbe wird auch für die Zeit des Verhörs bis zur Verurteilung 
angenommen. Sein Schweigen vor Gericht wird damit motiviert, 
daß, wer unter die Toten gerechnet sei, unmöglich reden könne. — — 
Wegen der 6. Stunde der Hinrichtung scheint Aphraates von einem 
Berichte abhängig zu sein, der Joh. 19, 14 verarbeitet hatte, Daher 
wird die Benutzung des Diatessaron wahrscheinlich. ἜΞ 


Exkurs Ill. 655 


- Leidenswoche ist wirklich eine ἑβδομὰς πληρεστάτη. Aus dem 
ganzen Raisonnement gewinnt man den Eindruck, daß die 
seehstägige Fastenpraxis erst neueren Datums ist und daß der 

Verfasser vielleicht von einer Vorlage abhängig ist, in der das 


ο΄  seehstägige Osterfasten eingehend begründet war. Von einem 


sechstägigen Fasten in der alexandrinischen Kirche erhalten wir 
die erste Notiz durch den Brief des Dionysius von Alex. an 
Basilides. Wie die Observanz dort im einzelnen biblisch be- 
gründet wurde, hören wir nicht. 

Nach Aufstellung der sechstägigen Leidenswoche kommt 
die Frage des Fastens und die Motivierung desselben aufs Tapet. 
Der Verfasser steht einer Motivierung der Fastenpraxis gegen- 
über, die mit der seinigen sich nicht deckt. Um nun diese 
durchzudrücken, läßt er den Herrn selbst auftreten und im 
Anschluß an seine Erscheinung vor den Jüngern am Oster- 
morgen eine ausführliche Fasteninstruktion erteilen. Das sieht 
durchaus nicht darnach aus, als wenn die vorgetragenen Be- 
stimmungen in der Kirche fest eingewurzelt waren. Um welche 
abweichende Fastenmotivierung es sich handelt, lehren die Ein- 
gangsworte des Auferstandenen: μήτε de ἐμὲ νηστεύετε 
ταύτας τὰς ἡμέρας; ἢ ἐμοὶ χρεία τοῦ Hilmar ὑμᾶς ἑαυτούς: 
(S. 107, 6). Christi Leiden galt also das Fasten an den Passions- 
tagen, und so wurde es von Alters her in den Kirchen gehalten. 
Die Didaskalie selbst verrät noch deutlich die alte Haltung, in- 
dem sie die Unterweisung über das Passah mit den Worten 
beginnt: καὶ μάλιστα ἐν ταῖς τοῦ πάσχα ἡμέραις, ἐν αἷς 
νηστεύουσιν πάντες οἱ πιστεύοντες πανταχοῦ καϑὰ ἔλεγεν ὃ 
κύριος ἡμῶν καὶ διδάσχαλος ἐρωτηϑείς" διὰ τί οἱ μαϑηταὶ 

vov νηστεύουσιν, οἱ δὲ σοὶ οὐ νηστούουσιν; zei ἀποχρι- 
ϑεὶς εἶπεν αὐτοῖς μὴ δύνανται οἱ υἱοὶ τοῦ νυμφῶνος νηστεύειν, 
ἐν ᾧ ὁ νυμφίος μετ᾽ αὐτῶν ἐστιν; ἐλεύσονται δὲ ἡμέραι ὅ ὅταν 
ἀπαρϑῇῆ ἀπ᾿ αὐτῶν ὁ νυμφίος, καὶ τότε νηστεύσουσιν ἐν 
ἐχείναις ταῖς ἡμέραις". Denn aus Tertullian de orat. e. 16 und 
de jejun. ὁ. 3 wissen wir, daß man in der alten Kirche die 
beiden Passahfasttage am Freitag und Sonnabend auf diesen 
Ausspruch des Herrn basierte; es waren die Tage des Leidens 
und der Grabesruhe, in quibus ablatus est sponsus. Sie sollten 


1) Hier ist Luc. 5, 35, nicht Marc. 2, 20; Matth. 9, 15 benutzt, 


656 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


bei dem Jahresfeste durch besonderes Fasten ausgezeichnet 
werden. Hier führen die Apostel noch das Fasten auf ihr 
eigenes Verhalten zurück, daß sie ebenfalls fasteten, als unser 
Heiland litt. Ihr Vorbild soll auch für die Christen maßgebend 
sein. Nicht deutlich ist der Sinn der hinzugefügten Worte: 
νῦν δὲ διὰ τῶν ἐπισχόπων αὐτοῦ ud ἡμῶν ἐστιν, τῇ δὲ 
ὄψει μαχράν, ἐπεὶ ἀνέβη εἰς τὰ ὕψη τοῦ οὐρανοῦ καὶ χάϑηται 
ἐχ δεξιῶν τοῦ πατρός. Wahrscheinlich soll damit die Ab- 
wesenheit des Bräutigams in der Jetztzeit zum Ausdruck ge- 
bracht werden, um als Parallele zu dem für die Jünger voraus- 
gesetzten Zustande zu dienen?. Geschiekt ist die Zwischen- 
bemerkung keinesfalls, denn das Fasten hängt ja allein mit der 
Abwesenheit zusammen°; freilich ist jetzt der Herr stets ab- 
wesend und mußte daraus ein stetiges Fasten gefolgert werden, 
darum soll auch die Anwesenheit des Herrn bekräftigt werden. 
Die ältere Motivierung des Fastenritus hat auch der Verfasser 
der Apost. Const. V, 18,2 übernommen, um das strenge Fasten 
am Freitag und Sonnabend zu begründen: λέγει γάρ που ὁ 
κύριος περὶ ἑαυτοῦ φάσχων" ὅταν ἀπαρϑῇ ἀπ᾽ αὐτῶν ὁ vvg- 
φίος, νηστεύσουσιν. ἐν ἐκείναις ταῖς ἡμέραις" ἐν ταύταις οὖν 
ἤρϑη ἀφ’ ἡμῶν ὑπὸ τῶν τευδονύμων Ἰουδαίων zei σταυρῷ 
προσεπάγη χαὶ μετὰ ἀνόμων ἐλογίσϑη" de ὃ παραινοῦμεν “χαὶ 
ὑμῖν νηστεύειν» ταύτας, ὡς καὶ ἡμεῖς ἐνηστεύσαμεν, ἐν τῷ 
ληφϑῆναι αὐτὸν ἀφ᾽ ἡμῶν. Aber dieser Herrenspruch deckt 
doch nur das zweitägige Fasten vor Ostern, es fehlt die Moti- 
vierung für die vorhergehenden vier Tage der Leidenswoche!, 


1) Flemming und Funk übersetzen: „durch seine Werke“, | 

2) Ed. Schwartz wirft die Frage auf, warum aus „den Heim- 
suchungen des Herrn“ gefolgert wird, daß er noch immer bei der 
Gemeinde ist. Dadurch würde ja die Motivierung, die das Herren- 
wort zu geben scheine, wieder aufgehoben. 3) Der Cod. Harrisian, 
hat nach Schwartz den zweiten Teil des Zitates ausgelassen, ebenso 
auch den Passus von τῇ δὲ ὄψει an. Diese beiden Auslassungen 
können nicht ohne Absicht geschehen sein, da es sich beide Male 
um den Gedanken der Abwesenheit des Bräutigams handelt. ὃ 
4) Sobald man die Gefangennahme auf Mittwoch Nacht zurück- 
datiert hatte, fiel natürlich das Fasten von Mittwoch ab auch unter die 
Tage, in quibus ablatus est sponsus. Darum dehnt Epiphanius dass 
Gebot in der Didaskalie auch auf Mittwoch aus, indem er zunächst 
an das Stationsfasten denkt, aber unwillkürlich von hier auf das 


De ie Pr 
ΠΡ m a τ; δι..." 


Exkurs II. 657 


Der Verfasser sucht diese Schwierigkeit zu heben durch Be- 
rufung auf die beiden ältesten Fasttage, auf das übliche Fasten 
am Mittwoch und am Freitag. Wie Schw. richtig beobachtet 
hat, ist zunächst garnicht vom Passahfasten, sondern vom Sta- 
tionsfasten die Rede!, aber ganz verkehrt ist es, von einer Ab- 
handlung über die wöchentlichen Fasttage zu reden, die älter 
wäre als die über das Fasten in der Charwoche, vielmehr be- 
nutzt der Verfasser die anerkannten Fasttage als Sprungbrett 
für seine Theorien bezüglich der anderen Tage, denn seine 
Aufgabe besteht ja darin, die übrigen Tage unterzubringen, 
Das Thema des ganzen Kapitels ist doch das Passah! Der Ver- 
fasser sucht zunächst die Lösung mit der Berufung auf Zach. 
8,19: νηστεία ἡ τετρὰς καὶ νηστεία ἡ πέμπτη. Daß im Ur- 
texte das Fasten in den verschiedenen Monaten gemeint ist, ist 
irrelevant, aber auch so will der Spruch nicht passen, denn 
die πέμπτη ist doch nach jüdischer Rechnung der Donnerstag, 
nicht der Freitag. Das ficht den Verfasser nicht weiter an; die 
πέμπτη wird einfach durch den Zusatz: τοῦτ᾽ ἐστὶν ἡ zapa- 
6xevn in Freitag verwandelt, indem der anbrechende Abend zum 
nächsten Tage geschlagen wird. Dann ist aber die τετράς die Zeit 
von Dienstag Abend bis Mittwoch Abend! Unvermittelt springt 
er von hier zu den fünf Fasttagen der Passion über, indem 
bei der πέμπτη ihm schon die Zahl fünf vorschwebt. Die Zahl 
fünf wird dadurch gewonnen, daß der Sonntag als Fasttag aus- 
scheidet, weil am Tage der Auferstehung niemals gefastet 
werden darf; die χυριαχή ist nach allgemein christlicher Auf- 
fassung ein Freudentag, darum auch das Knieen beim Gebet 
verboten ist. Somit wird vom Montag ab das Fasten gerechnet. 
Ist nun die Basis für die ἀρέϑμησις τῶν ἡμερῶν τῆς κατὰ τὸ 


— 


Passionsfasten reflektiert. Exp. fid. c. 21 lesen wir: τετράδι δὲ καὶ 
[ἐν] προσαββάτῳ ἐν νηστείᾳ ἕως ὥρας ἐνάτης, ἐπειδήπερ ἐπιφωσκούσῃ 
τετράδι συνελήφϑη ὃ κύριος, καὶ τῷ προσαββάτῳ ἐσταυρώϑη, καὶ 
οἵ ἀπόστολοι ἐν ταύταις νηστείας ἐπιτελεῖσϑαι, πληρουμένου 
τοῦ ῥητοῦ ὅτι" “Ὅταν ἀπαρϑῇ ἀπὶ αὐτῶν ὁ νυμφίος, τότε νηστεύσουσιν 
ἐν ἐκείναις ταῖς ἡμέραις. 
1) So faßt es auch Epiphanius h. 75,6,2 auf: Ei δὲ καὶ χρὴ τὸ 
τῆς “Διατάξεως τῶν ἀποστόλων λέγειν, πῶς ἐκεῖ ὡρίξοντο τετράδα 
καὶ προσάββατον νηστείαν διὰ παντὸς χωρὶς Πεντηκοστῆς; Freilich 
von der Pentekoste ist in der Didaskalie überhaupt keine Rede, 
Das ist ein Zusatz des Epiph. 
T. u. U, '16: Schmidt-Wajnberg. 42 


658 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


πάϑος νηστείας geschaffen, so kann jetzt der ganze ‚Sacharja- 
spruch folgen: νηστεία οὖν ἡ τετρὰς καὶ νηστεία ἡ πέμπτη 
zal νηστεία ἡ ἑβδόμη καὶ νηστεία ἡ δεκάτη ἔσονται τῷ οἴκῳ 
Ἰσραήλ. Sofort wird daran die allgemeine Vorschrift angeknüpft: 
ἀπὸ τῆς δευτέρας οὖν τῶν σαββάτων νηστεύετε ἕξ ἡμέρας 
τελείως μέχρι τῆς νυχτὸς τῆς μετὰ τὸ σάββατον καὶ λογί- 
σϑήσεται ὑμῖν εἰς ἑβδομάδα! Durch letztere Bemerkung soll 
die νηστεία ἡ ἑβδόμη des Sacharja belegt werden, d.h. das 
Fasten am Sabbat. Richtiger wäre es doch gewesen, die äßdouas 
auf die ganze Festwoche mit Einschluß des Ostersonntages zu 
beziehen, aber dies verbot die Verwertung der Stelle für das 
Osterfasten. Nun fehlt noch die Deutung für die νηστεία ἡ 
δεχάτη. Auch um diese ist der Verfasser nicht verlegen, indem 
er schreibt: ἡ δεκάτη δὲ διότι ἄχρον ἐστὶ τοῦ ὀνόματός μου 
τὸ τ, ἐν ἡ γίνεται ἡ τῆς νηστείας avav£ooız. Hier wird der 
10. Tag zum Monatsdatum, denn der 10. Nisan ist der Montag 
der Leidenswoche, an welchem die Priester und Ältesten des 
Volkes sich bei Kaiphas versammelt hatten (S. 110, 22). Damit 
ist auch der Montag als Beginn des sechstägigen Fastens glück- 
lich untergebracht und das Gebot des Moses Exod. 12, 3. 6. über 
das Passah ins Christliche übertragen (S. 111, 28f.). Als allge- 
meines apostolisches Gebot gilt von jetzt ab: „Darum sollt ihr 
vom zehnten an, das ist der Montag unter den Tagen des 
Passah, fasten und nur Brot, Salz und Wasser in der neunten 
Stunde genießen bis zum Donnerstag; Freitag und Sonnabend 
aber sollt ihr gänzlich fasten und garnichts genießen (S. 111, 
31f.).“ Auch daraus erhellt deutlich die spätere Hinzufügung 
des viertägigen Fastens zu dem ursprünglichen zweitägigen 
Fasten: die ersten sind semijejunia, da sie nur bis 3 Uhr 
nachmittags. dauern, die letzten Vollfasttage 3, 


1) Schwartz, Ostertaf. S.112 nimmt daran mit Unrecht Anstoß. Was 
tut aber ein Verfasser nicht alles, um seine Typologie durchzuführen! 

2) Das nannte man ὑπέρϑεσις oder superpositio. ‚Schon Diony- 3 
sius von Alex, kennt solche Asketen, die πάσας τὰς ἕξ τῶν νηστειῶν ἊΝ 
ἡμέρας ὑπερτιϑέασιν ἄσιτοι διατελοῦντες, aber ebenso gibt es 
auch Christen, die nur zwei, andere, die drei, wieder andere, die 
vier Tage ganz fasten, andere aber, die keinen einzigen Voll- 
fasttag beobachten. Doch bemerkt er in demselben Briefe an Ba- 
silides: καὶ τοῖς μὲν πάνυ διαπονηϑεῖσιν ἐν ταῖς ὑπερϑέσεσιν, 


ἘΠ. ΠΥ a ZB 


ä ne * 
Ge : 


Exkurs ΠῚ. 659 


Schwartz, Ostertaf. 5, 112 hat die Stelle S. 107, 10—23 als 
absurdes Geschwätz über Sacharja 8, 19 ausgemerzt. Ohne 
Zweifel gibt sich das Stück äußerlich als ein Fremdkörper zu 
erkennen, aber das berechtigt uns nicht, es dem Verfasser ab- 
zusprechen. Vor allem hat, was auch Schwartz nicht entgangen 
ist, der älteste Zeuge der Didaskalie, nämlich Epiphanius, ge- 
rade diese Stelle in dem von ihm benutzten griechischen Exem- 
plare vorgefunden und beifällig aufgenommen, denn b.70,12 lesen 
wir: χαὶ τὸν ἀπὸ δεχάτης ἡμέρας σελήνης ἀριϑμόν͵ ἥτις ἐστὶ σύλ- 
Ampıs τοῦ προβάτου καὶ ἀκροστιχὶς τοῦ ὀνόματος τοῦ 
Ἰησοῦ, ἐπειδὴ τῷ ὀνόματι αὐτοῦ τὸ ἀντίτυπον αὐτοῦ 
πρόβατον ἐλαμβάνετο,ἀπὸ δεκάτης οὕτως ὁριζόμενον ". 


Deshalb steht es für mich fest, daß die Deutung des Sacharja 


zu dem ursprünglichen Texte der Didaskalie gehört; für den Ver- 
fasser, oder mag man ihn auch Kompilator nennen, kam ja 
alles auf das 6tägige Fasten der Passion an; nur zu diesem 
Zwecke ist die evangelische Geschichte der Leidenswoche ver- 
fälscht worden. Das war entschieden eine Nenerung und mußte 


erst durch Bekanntes der Gemeinde nahe gebracht werden. Des- 


halb geht er von dem althergebrachten wöchentlichen Stations- 
fasten am Mittwoch und Freitag aus und schaltet die andern 
Fasttage der Passion unter der Hand ein, kann dies aber nur 
auf die Weise durchdrücken, daß er oder der redende Christus 
einen Prophetenspruch zur Hilfe nimmt. Freilich soll nieht der Ver- 
dacht aufkommen, als handele es sich um Einführung eines jüdi- 
schen Ritus, deshalb läßt er Jesus von einer Erneuerung des Fastens 


εἶτα ἀποκάμνουσι καὶ μόνον οὐκ ἐκλείπουσι «συγγνώμη 

γεύσεως" εἰ δέ τινες οὐχ ὕπως οὐχ ὑπερτιϑέμενοι ἀλλὰ οἱ 

σαντες ἢ καὶ τρυφήΐσαντες τὰς προαγούσας τέσσαρας, εἶτα ᾿λθόνας 

ἐπὶ τὰς τελευταίας δύο καὶ μόνας ἡμέρας, αὐτὰς ὑπερτιϑέντες τήν 

τε παρασκευὴν καὶ τὸ σάββατον; μέγα τι καὶ λαμπρὸν ποιεῖν 

σιν, ἂν μέχρι τῆς ἕω διαμείνωσιν, οὐκ οἶμαι τὴν ἴσην ἄϑλησιν αὐτοὺς 

πεποιῆσϑαι τοῖς τὰς πλείονας ἡμέρας προσησχηκόσι. Auch Epiphanius 

Expos. fid. c. 21 berichtet uns, daß während des 6tägi Passah- 

fastens οἵ σπουδαῖοι διπλᾶς καὶ τριπλᾶς καὶ τετραπλᾶς —— 

ται καὶ ὕλην τὴν ἑβδομάδα τινὲς ἄχρι ἀλεκτρυόνων 

κυριακῆς ἐπιφωσχοίσης. Vgl. Apostol. Constit. V, 19, 2: 5 m 

ἑσπέρας πέμπτης μέχρις ἀλεκτοροφωνίας ἀπονηστιξόμενοι, vgl. 18,2. 
1) Vgl. auch h. 50, 8: λαμβάνομεν δὲ τὸ πρόβατον ἀπὸ δεκάτης, 

ὄνομα τοῦ ᾿]Ιησοῦ ἐπιγνόντες διὰ τὸ ἰῶτα. 

4" 


660 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


reden, die mit seinem Namen verknüpft ist. Das Fasten soll statt- 
finden οὐ χατὰ τὸ ἔϑος τοῦ προτέρου λαοῦ, ἀλλὰ κατὰ καινὴν 
διαϑήχην, ἣν ἔϑηκα ὑμῖν (8.101, 23 1. Schwartz schließt diesen 
Satz nach Ausmerzung des Sacharjastückes direkt an die Worte an: 
καὶ ποιεῖτε ἐν ταῖς ἡμέραις ἐν als νηστεύετε χαὶ ἐν τῇ τετάρτῃ 
χαὶ ἐν τῇ ἵχτῃ τῶν σαββάτων ἀεί (S. 107, 9) und erinnert an 
die Lehre der Didache ce. 8, 1: αἱ δὲ νηστεῖαι ὑμῶν μὴ ἔστωσαν 
μετὰ τῶν ὑποχριτῶν᾽ νηστεύουσι γὰρ δευτέρᾳ σαββάτων καὶ 
πέμπτῃ ὑμεῖς δὲ νηστεύσατε τετράδα χαὶ παρασχευήν. Aber 
es handelt sich hier gar nicht um die Verschiedenheit in den 
Tagen, sondern um die Verschiedenheit in der Art des Fastens, 
denn es heißt: ἵνα νηστεύητε ὑπὲρ αὐτῶν τὴν τετάρτην, 
διότι τὴν τετάρτην ἤρξαντο ἀπολέσαι ἑαυτοὺς ἐμὲ 
συλλαβόντες ..... καὶ πάλιν αὐ τὴν παρασχευὴν νηστεύετε 
ὑπὲρ αὐτῶν διότι ἐν αὐτῇ ἐσταύρωσαν ἐμὲ ἐν μέσῳ 
τῆς ἑορτῆς αὐτῶν τῆς τῶν ἀζύμων (8. 101,25 δ). Hier 
erfahren wir die Motive des Fastens, dahin lautend, daß an 
diesen beiden Tagen gefastet werden sollum der Juden willen, 
welche schwere Schuld auf sich geladen haben. Das verknüpft 
diese Sätze mit den Einleitungsworten des Auferstandenen, die 
Apostel sollen nicht um seinetwillen fasten, sondern, wie sie es 
in den Tagen der Leidenswoche um der Brüder willen getan, 
soll es auch in Zukunft gehalten werden am Mittwoch und am 
Freitäg. Diese Beschränkung auf die beiden Stationstage ist 
unbedingt auffällig, denn niemand wird zunächst vermuten 
können, daß unter „diesen Tagen“ (S. 107, 6), nachdem die Tage 
der Passion von Mittwoch an eingehend geschildert sind, nur 
diese beiden Tage verstanden werden sollen. In dem Abschnitt 
selbst wird die Praxis auf die andern Tage der Passion nicht 
übertragen, denn zusammenfassend heißt es S. 108, 2: ὑμεῖς δὲ 
συνεχῶς νηστεύετε ταύτας ἀεὶ τὰς ἡμέρας. Also hier ist schein- 
bar nur vom Wochenfasten die Rede, nicht vom Passionsfasten, 
das doch das eigentliche Thema bilden sollte. Aber ist in der 
Didaskalie das Fasten am Mittwoch ein Stationsfasten im ge- 
wöhnlichen Sinne? Wir wissen leider nicht, wie in der Didache 
das Fasten an den beiden Stationstagen motiviert war. Auch 
bei Tertullian erfahren wir nichts Näheres, nur de jejun. 6. 10 
begründet er die Fastenvorschrift an der quarta sabbati et sexta 
bis zur neunten Stunde mit dem Satze: Venit enim de exitu 


u ἡ ως Se en nu de Du tn κα 
———— N PET 


Exkurs Ill. 661 


domini...... Itaque in eam usque horam celebranda pressura 
est in qua a sexta contenebratus orbis defuneto domino lugubre 
feeit offieium, ut tune et nos revertamur ad ioeunditatem, cum et 
mundus recepit elaritatem. Das bezieht sich also auf das Fasten 
am Freitag, die Motivierung des Fastens am Mittwoch fehlt. Ge- 
naueres erfahren wir bei Petrus von Alexandrien aus seinem Buche 
über das Passah: οὐχ ἐγχαλέσει τις ἡμῖν παρατηρουμένοις τετ- 
ράδα zei παρασχευήν, ἐν αἷς καὶ νηστεύειν ἡμῖν. κατὰ παράδοσιν 
εὐλόγως προστέϊταχται, τὴν μὲν τετράδα διὰ τὸ γινόμενον συμ- 
βούλιον ὑπὸ τῶν Ἰουδαίων ἐπὶ τῇ προδοσίᾳ τοῦ κυρίου, τὴν δὲ 
παρασχευὴν διὰ τὸ πεπονϑέναι αὐτὸν ὑπὲρ ἡμῶν (vgl. Routh, 
Relig.saer. 21V p.45). Dies bezeugt auch Augustin für das Abendland 
ep. 36 e. 13: Cur autem quarta et sexta maxime ieiunet ecclesia, 
illa ratio reddi videtur, quod considerato evangelio ipsa quarta 
sabbati ..... eonsilium reperiuntur ad oceidendum dominum 
fecisse Iudaei. Die besondere Motivierung wird also auf die 
evangelische Erzählung zurückgeführt!, und Petrus von Alex. 
beruft sich dafür auf die παράδοσις. Schwartz, Ostert. $. 113 
sieht darin freilich eine orthodoxe Korrektur, sicherlich verleitet 
durch die Angaben der Didaskalie?., Aber liegt die Korrektur 
nicht vielmehr bei der Didaskalie? Mittwoch war ja gegen alle 
Überlieferung der Evangelien zum Tage der Gefangennahme 
bestimmt worden und die in der Kirche geltende Tradition will- 
kürlich auf Montag verlegt, um diesen Tag für die Passion zu 


— — — 


1) Natürlich ist bei Clemens Alex. diese Motivierung spiritua- 
lisiert, da die evangelische Geschichte für den Gnostiker nur aiviy- 
ματα für die höhere Erkenntnis bildet. Vgl. Strom. VII, 75, 2f.; 
II, p. 54 ed. St.: oldev αὐτὸς καὶ τῆς νηστείας τὰ αἰνίγματα τῶν ἡμερῶν 
τούτων, τῆς τετράδος καὶ τῆς παρασκευῆς λέγω. ἐπιφημίζονται γὰρ ἣ μὲν 
ΠΝ ἢ ἢ δὲ ᾿Αφροδίτης. αὐτίκα νηστεύει κατὰ τὸν βίον φιλαργυρίας 
τε ὁμοῦ καὶ φιληδονίας, EE ὧν αἴ πᾶσαι ἐκφύονται κακίαι. Beachtenswert 
ist, daß Clemens die planetarischen Tagesbezeichnungen für seine 
allegoristische Deutung benutzt. 2) Ob die Motivierung für Mitt- 
woch von Anfang an dieselbe gewesen ist, braucht man nicht anzu- 
nehmen. Ursprünglich kam es wohl mehr darauf an, an Stelle der 
beiden jüdischen Fasttage zwei christliche Wochenfasttage zu setzen, 
Beim Freitag stellte sich die Beziehung zur Leidensgeschichte von 
selbst ein, beim Mittwoch war sie schon gesuchter. Man nahm 
vielleicht zunächst diesen Tag, da Montag und Donnerstag aus- 
schieden, also nur Dienstag und Mittwoch übrig blieben. 


662 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


reklamieren. Dort finden wir nun tatsächlich lang und breit 
die Geschichte von der Beratung der Priester und Ältesten im 
Palaste des Hohenpriesters Kaiphas und von der Verhandlung 
mit dem Verräter Judas erzählt (S. 110, 23 8). Wir brauchen 
mithin diese Erzählung nur an ihren alten Platz zu versetzen 
und wir haben die ursprüngliche Motivierung vor uns. Aus dem 
συμβούλιον ἐπὶ τῇ προδοσίᾳ τοῦ κυρίου ist einfach die πρὸ- 
δοσία, d.h. die Gefangennahme Jesu selbst geworden. Der Ver- 
fasser der Apost. Constit. hat die Dichtung der Didaskalie als 
Geschichte übernommen, wenn er den Tag des bösen Rates eben- 
falls auf Montag verlegt', aber er bemüht sich, damit die evan- 
gelische Überlieferung in Einklang zu bringen, wenn er fortfährt: 
χαὶ τῇ τρίτῃ τοῦ σαββάτου παρέτεινεν ἡ σχέψις, τῇ δὲ τε- 
τράδι ὡρίσαντο σταυρῷ ἀνελεῖν αὐτόν, und wenn er die Passah- 
mahlzeit auf die πέμπτη (vgl. V, 14, 6) verlegt. Trotzdem folgt 
er der Didaskalie wieder in ce. 14, 20: τετράδα δὲ χαὶ παρα- 
σχευὴν προσέταξεν ἡμῖν νηστεύειν τὴν μὲν διὰ τὴν προδοσίαν 3, 
τὴν δὲ διὰ τὸ πάϑος, um sich VII, 23, 2 von neuem zu korri- 
gieren: ἢ τετράδα καὶ παρασχευήν, ὅτι τῇ μὲν τετράδι ἡ κρί- 
σις ἐξῆλϑεν ἡ κατὰ τοῦ κυρίου, ᾿Ιούδα χρήμασιν ἐπαγγειλαμένου 
τὴν προδοσίαν. Man sieht, wie die älteren und jüngeren 
Teile der Apostol. Constit. nicht miteinander übereinstimmen. 
Haben wir nun die ursprüngliche Motivierung wieder her- 
gestellt, so fällt die in der Didaskalie vorgetragene von 
selbst fort, denn die Lösung fällt uns einfach dadurch in den 
Schoß, wenn wir erkennen, daß die Motivierung von Freitag 
auf Mittwoch übertragen ist. Nach der evangelischen Uber- 
lieferung war der Herr in der Freitagnacht gefangen, dort 
stand ursprünglich die Motivierung, die wir jetzt für den Mitt- 
woch lesen: „Denn als unser Herr und Meister mit uns das 
Passah gegessen hatte, wurde er nach jener Stunde von Judas 
verraten, und sofort fingen wir an, traurig zu sein, weil er von 
uns weggeführt worden war“ (S. 110, 19). Deshalb berufen die 
Apostel sich auf ihr eigenes Fasten: χαϑὼς καὶ ἡμεῖς ἐποιήσα- 


1) Vgl.V,14,1:"Hofavro γὰρ τὴν χατὰ τοῦ κυρίου βουλὴν ποιεῖσϑαι 
δευτέρα σαββάτων. 2) Hat der Verfasser absichtlich dieWorte un- 
bestimmt gelassen? Denn wer nicht genau aufpaßt, kann darunter auch 
den Verrat des Judas bei der Versammlung am Mittwoch verstehe) 


| 


— x 


BR Exkurs III 663 


μεν ἐν τῷ πάσχειν τὸν κύριον (S. 105, 25). Passah war aber 
im eigentlichen Sinne nur der Freitag, die anderen Tage konnten 
erst nachträglich zu Passahtagen gestempelt werden, als man 
die Dauer des Fastens verlängerte. Wäre wirklich aber Mitt- 
woch ein besonderer Passionstag gewesen, so hätte er in der 
zusammenfassenden Darstellung über das 6tägige Passahgebot 
eine ganz andere Stellung einnehmen müssen. Dort aber lesen 
wir S, 111, 31ff.: „Darum sollt ihr vom zehnten an, das ist der 
Montag unter den Tagen des Passah, fasten und nur Brot, Salz 
und Wasser in der neunten Stunde! genießen bis zum Donners- 
tag; Freitag und Sonnabend aber sollt ihr gänzlich fasten und 
gar nichts genießen. Seid miteinander versammelt, bleibt schlaf- 
los und seid wach die ganze Nacht unter Gebeten und Bitten, 
unter Vorlesung der Propheten, des Evangeliums und der Psal- 
men, in Furcht und Zittern und eifrigem Flehen bis an die dritte 
Stunde der Nacht, die auf den Sonnabend folgt, und dann brecht 
euer Fasten. Denn also haben auch wir gefastet, als 
unser Herr litt, zum Zeugnis für die drei Tage.“ Wieder- 
um hören: wir nur von einem Fasten, als der Herr litt. Das 


'waren aber nicht die Tage bis Donnerstag, sondern in erster 


Linie der Freitag und, um das Zeugnis für die drei Tage ab- 
zulegen, der Sonnabend als der Ruhetag desHerrn, wie ausdrücklich 
bemerkt wird (S. 112, 33), Der Mittwoch ist in den Hintergrund 
getreten, da an ihm nur ein Halbfasten stattfindet, indem bei 


— — — 


1) In den Apost. Constit. V, 18, 1 lautet die Bestimmung: Ἔν 
ταῖς ἡμέραις οὖν τοῦ πάσχα νηστεύετε, ἀρχόμενοι ἀπὸ δευτέρας 
τῆς παρασκευῆς καὶ σαββάτου, ἕξ ἡμέρας, μόνω χρώμενοι ἄρτω καὶ ἁλὶ 
καὶ λαχάνοις καὶ ποτῷ ὕδατι. Epiphanius h. 75, 6, 2 nimmt eben- 
falls auf diese Bestimmung der Didaskalie Bezug: καὶ περὶ τῶν ἕξ 
ἡμερῶν. τοῦ πάσχα πῶς παραγγέλλουσι, μηδὲν ὕλως λαμβάνειν ἢ ἄρτου 
zul ἁλὸς καὶ, ὕδατος. Er vergißt aber ebenso wie der Verfasser der 
Apost. Const. zu bemerken, daß diese Bestimmung eigentlich nur die 
4 ersten Fasttage bis Donnerstag betrifft. Daß bis zur neunten 
Stunde an den beiden Stationstagen gefastet wurde, berichtet Epiph. 
Exp.fid.21: τετράδι δὲ καὶ [ἐν] προσαββάτω ἐν νηστείᾳ ἕως ὥ ὥρας ἐνάτης. 
In den Apost. Constit. V, 18, 1 ist diese Vorschrift in bezug auf das 
Osterfasten am Freitag und Sonnabend etwas erweicht: τὴν μέντοι 
παρασκευὴν καὶ τὸ σάββατον ὁλόκληρον νηστεύσατε, οἷς δύναμις 
πρόσεστιν τοιαύτη, μηδενὸς γευόμενοι μέχρις ἀλεκτοροφωνίας vux- 
zog‘ εἰ δέ τις ἀδυνατεῖ τὰς δύο συνάπτειν ὁμοῦ, φυλασ- 
σέσθω κἂν τὸ σάββατον. 


664 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


der Mahlzeit um 3 Uhr nur Brot mit Salz und Wasser genossen 
wird. Freitag und Sonnabend sind durch Vollfasten ausgezeichnet. 

Nun wird aber dieser alte Usus Aes Fastens um Christi 
willen von den Aposteln in der Person des Auferstandenen be- 
kämpft. Es wird ihnen ausdrücklich bezeugt, daß sie dies um 
der Brüder willen getan haben, und es wird dieselbe Forderung 
für Mittwoch und Freitag an die Gläubigen gerichtet (S. 107, 8£.). 
Gleich zu Anfang wird dies aber für das Passah des Herrn be- 
hauptet: διὰ τοῦτο, ὅταν νηστεύητε, εὔχεσϑε καὶ παρακαλεῖτε 
ὑπὲρ τῶν ἀπολλυμένων (8. 105, 24). Diese Verlorenen sind die 
Brüder aus dem Volke Israel. Wiederum scheint der Herr in 
der Instruktionsrede dieses Gebot auf das Stationsfasten am 
Mittwoch und Freitag zu beschränken: „Ihr aber sollt an diesen 
Tagen beständig fasten, allezeit, und besonders diejenigen, die 
aus den (heidnischen) Völkern stammen. Weil nämlich das (aus- 
erwählte) Volk nicht gehorchte, habe ich sie befreit von der 
Blindheit und von dem Irrtum der Idole und habe sie auf- 
genommen, daß durch euer Fasten und das Fasten derjenigen, 
die aus den Heidenvölkern stammen, und durch euren Dienst 
in diesen Tagen, indem ihr betet und bittet für den Irrtum und 
den Untergang des Volkes, euer Gebet und eure Bitte vor 
meinem Vater im Himmel angenommen werde, als ob es (wie) 
aus einem Munde von allen Gläubigen auf Erden käme, und 
ihnen alles, was sie an mir getan haben, vergeben werde. Darum 
habe ich auch zuvor euch im Evangelium gesagt: ‚Betet für 
eure Feinde‘, und wohl denen, die über das Verderben der Un- 
gläubigen trauern“ (S. 108, 2 ff.). 4 

Die Apostel übertragen dies sofort auf das Osterfasten, 
wenn sie das Geheiß Jesu also interpretieren: „Darum sollt ihr 
wissen, liebe Brüder, daß ihr unser Fasten, welches wiram 
Passah begingen, halten müßt, weil die Brüder nicht gehorehtt 
haben. Denn wenn sie euch auch hassen, so müssen wir ie 
doch Brüder nennen, denn es stehet für uns im Jesaias also g- 
schrieben (Jes. 66, 5). ..... Für sie also und für das Gericht und 
Verderben des Landes müssen wir fasten und trauern, damit 
wir uns freuen und fröhlich sein können in der zukünftigen 
Welt“ οἷο. (8. 108, 15ff.). Es folgt eine längere Digression n 
Form einer Zusammenstellung von Prophetenstellen, besonders 
aus Jesaias, die einerseits auf die Verstocktheit und den Un- ς᾽ 


k 


τ En = 


Exkurs III. 665 


᾿ glauben des Volkes hinweisen, anderseits auf die Bekehrung 
- der Heiden, die im Schatten des Todes saßen, über die aber ein 


großes Licht durch die Erscheinung Jesu Christi aufgegangen 


ist. Wiederum schließt dieser Passus mit der Aufforderung 


(8. 110, 10f.): διὰ τοῦτο οὖν νηστεύετε καὶ παραχαλεῖτε ὑπὲρ 
αὐτῶν καὶ μάλιστα ἐν ταῖς τοῦ πάσχα ἡμέραις, ἵνα διὰ τῶν 
ὑμετέρων εὐχῶν καταξιῶνται τῆς ἀφέσεως zei ἐπιστραφῶσιν 
πρὺς τὸν χύριον Ἰησοῦν Χριστόν. 

Daß diese Ausführungen mit einer Abhandlung über das 
Passah nur in einem losen Konnex stehen, wird man mir wohl 
zugestehen, ebenso ist m. E. klar, daß sie nicht ad hoc von dem 
Verfasser fabriziert sind. Er muß sie irgendwie in dem litur- 
gischen Gottesdienste vorgefunden haben. 

Da erhebt sich die Frage, ob solehe Gedanken an den ge- 
wöhnlichen Stationstagen, insbesondere am Mittwoch, die Fasten- 
den beherrschten. Das möchte ich zunächst bezweifeln. Ganz 
anders wird die Situation, wenn wir an das Österfasten denken, 
wie es in feierlicher Form an den beiden Haupttagen am Frei- 
tag und Sonnabend stattfand. Sie waren nicht nur Tage des 
Vollfastens, sondern fanden ihren Abschluß in einer gottesdienst- 
lichen Versammlung in der Nacht vom Charsamstag auf Sonn- 
tag. Deshalb die Aufforderung, schlaflos zu bleiben und die 
ganze Nacht unter Gebeten und Bitten, unter Verlesung des 
Evangeliums und der Propheten bis zum Momente der Auf- 
erstehung zu verbringen, wo das Fasten gebrochen wird und 
die Freudenzeit die Trauerzeit des Passah ablöst. Hier wird 
nun direkt gesagt: „Denn also haben auch wir gefastet, als 
unser Herr litt, zum Zeugnis für die drei Tage, und waren wach 
und beteten und flehten wegen des Verderbens des Volkes, weil 
sie in der Irre gingen und unsern Heiland nicht bekannten. 
Also sollt auch ihr beten, daß nicht der Herr ihrer Schuld ge- 
denke bis zum Ende, wegen der Hinterlist, die sie unserm Herrn 
gegenüber gezeigt haben, sondern daß er ihnen Gelegenheit zur 
Reue, Bekehrung und Vergebung ihrer Gottlosigkeit gebe“ 
(8. 112, 3 δ). Noch näher umgrenzt wird die Zeit der ἀγρυπνέα 
durch die folgenden Worte: „Ganz besonders also ziemt sich für 
euch das Fasten am Freitag und Sonnabend und auch das 
Aufbleiben und Wachen am Sonnabend und das Vor- 
lesen der Schriften und Psalmen und Gebet und Flehen 


666 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


für diejenigen, die gesündigt haben, und die Erwartung 
und Hoffnung der Auferstehung unseres Herrn Jesu bis zur 
dritten Stunde in der Nacht, die auf den Sonnabend folgt“ ! 
(S. 112, 17 ff). Ed. Schwartz, Ostertaf. S. 107 weist darauf hin, 
daß hier das Gebet nicht für die Juden gehalten werden soll, 
sondern ganz allgemein für die, welche gesündigt, und beruft 
sich dafür auf eine Stelle bei Chrysostomus: ἂν οὖν ἔρηταί σε 
Ἰουδαῖος καὶ Ἕλλην τίνος ἵἕνεχεν νηστεύεις, μὴ εἴπῃς ὅτι διὰ 
τὸ πάσχα, μηδὲ ὅτι διὰ τὸν σταυρόν, ἐπεὶ πολλὴν αὐτῷ δίδως 
τὴν λαβήν" οὐ γὰρ διὰ τὸ πάσχα νηστεύομεν οὐδὲ διὰ τὸν 
σταυρόν, ἀλλὰ διὰ τὰ ἁμαρτήματα τὰ ἡμέτερα, ἐπειδὴ μέλλο- 
μὲν μυστηρίοις προσιέναι. Aber diese Stelle ist keineswegs be- 
weiskräftig, denn der Gedanke, beim Passah von dem Leiden 
Christi ganz zu schweigen, ist doch nur eingegeben, um einer 
Verhöhnung ihres gekreuzigten Gottes von seiten der Juden und 
Heiden zu entgehen, aber solches konnte wohl ein Redner seinen 
Zuhörern für den Augenblick suggerieren, aber niemals hat die 
christliche Kirche ihr österliches Fasten derartig entwertet. Das 
Skandalon vom Kreuze war doch ihr siegreiches Panier! Unter 
den Sündern, für die gebetet werden soll, versteht der Verfasser 
der Didaskalie nicht die Sünder unter den Christen, sondern die 
Juden, ohne sie direkt zu nennen, da sie vorher genügend ge- 
zeichnet sind. Ihre Sünde besteht in dem Ungehorsam gegen 
Gott, in dem Unglauben, so daß auf sie der Spruch des Jes. 65, 
2.3 angewendet wird: „Ich habe meine Hand den ganzen Tag 
ausgestreckt nach dem ungehorsamen Volke, aber sie wider-- 
streben und wandeln auf einem Wege, der nicht gut ist, sie 
gehen ihren Sünden nach, ein Volk, das vor mir Zorn erregt“? 


1) Ich will damit nicht ableugnen, daß an den Wochengottes- 
diensten, die an diesen beiden Tagen stattfanden, der Juden in 
den Gebeten gedacht wurde, wie auch an den gewöhnlichen Sonn- 
tagen der Gedanke an die Auferstehung die Stimmung beherrschte. 
Diese Wochengottesdienste fanden in der neunten Stunde, d. h. 3 Uhr E 
nachmittags nach Ablauf des Fastens statt. Vgl. Epiphanius Exp. fid. 
ὁ. 21: ᾿Αντὶ δὲ τῶν πρὸς τὴν ἐνάτην συνάξεων τετράδων καὶ προσαββά-, 
τῶν, doch vorher: συνάξεις δὲ ἐπιτελούμεναι ταχϑετσαί εἰσιν ἀπὸ τῶν 
ἀποστόλων, τετράδι καὶ προσαββάτῳ καὶ κυριακῇ. Epiph. denkt dabei 
wieder an Bestimmungen der Didaskalie, 2) Der Gedänke der 
Trauer über den Unglauben der Juden ist auch in den Apost. 
Const. V, 14, 20 verarbeitet: dei οὖν πενϑεῖν ὑπὲρ αὐτῶν, ὅτι ἐλϑόν- 


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(8. 109, 9f.). Ihre Sünde tritt in der ganzen Schwere gerade in 
den Passionstagen vor die Augen der Christen. Um dies noch 
krasser ins Licht zu stellen, ist die ganze Passionsgeschichte 
tendenziös gefärbt, indem alle Schuld den Juden aufgebürdet 
wird. Schon am Mittwoch, dem Tage der Gefangennahme, haben 
sie begonnen, ihre Seelen zu verderben (S. 107, 26), ja „sie gal- 
ten Gott als solche, die am Montag ihn ergriffen hatten, weil 
sie am Montag sich beraten hatten, ihn zu ergreifen und zu 
töten, und sie vollendeten ihre Übeltat am Freitag“ (S. 111, 25f.). 
Darum heißt es 5, 112, 31: „Fastet also am Freitag, denn an 
ihm tötete das Volk sich selbst, das unsern Heiland kreuzigte.“ 
Selbst Pilatus wird entschuldigt, daß „er, der Heide und Fremd- 
ling, keinen Gefallen an den Taten ihrer Schlechtigkeit hatte, 
sondern nahm Wasser, wusch seine Hände und sprach: Ich bin 
unschuldig an dem Blute dieses Mannes. Das Volk aber ant- 
wortete und sprach: Sein Blut über uns und unsere Kinder* 
(8. 112, 116). Die Juden haben Jesum gekreuzigt (S. 106, 16); 
nicht Pilatus, sondern „Herodes gab Befehl, daß er gekreuzigt 
würde“ G. 112, 16). Diese furchtbare Schuld hat den „Unter- 
gang des Volkes“ (S. 108, 9), „das Gericht und Verderben des 
Landes“ (S. 108, 22) zur Folge gehabt. Mag die judenfeindliche 
Stimmung, die sich hier dokumentiert gegenüber der sonstigen 
brüderlichen Gesinnung, aus dem Petrus-Evangelium geflossen 
sein, so muß ich doch fragen, ob nicht diese Stimmung in er- 
höhtem Maße in der jährlichen Passionszeit zum Durehbruch 
kommen mußte, wo die versammelte Gemeinde das Gedächtnis 
an den Gekreuzigten feierte und das schreckliche Todesleiden 
mit durchlebte. Wie mußten demgegenüber die gewöhnlichen 


Stationstage verblassen! Jeden Sonntag feierten die Christen die 


Auferstehung ihres Herrn, wie ganz anders aber begingen sie 
das Jahresfest am Ostertage! Deshalb werden m. E. die Gebete 
und Bitten für die Juden in erster Linie in der Passionszeit 
stattgefunden haben, hatte doch der Herr selbst den Untergang 
des Volkes im Angesichte seines Todes geweissagt (Lue. 23, 28 f.). 
Dort in dem Gottesdienste der Ostervigilie haben sie ihren Ur- 


τὸς τοῦ κυρίου οὐχ ἐπίστευσαν αὐτῷ, ἀλλ᾽ ἀπεσείσαντο τὴν διδασκα- 
λίαν αὐτοῦ, ἀναξίους κρίναντες ἑαυτοὺς σωτηρίας. Das bezieht sich 
auf Didask. S. 108, 28 ff. 5 


668 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


sprung gehabt und sind die Prophetenstellen, wie sie 8. 108, 
35 ff. zusammengestellt, m. ἘΠ vorgelesen. Von hier hat der Ver- 
fasser der Didaskalie die Gedanken der Trauer und der Fürbitte 
für die Juden auf die gewöhnlichen Stationstage ü en. 
Wir dürfen aber. daraus durchaus nicht den Schluß ziehen, als 
ob diese Observanz in der ganzen Kirche die herrschende ge- 
wesen ist. Schon die Polemik des Auferstandenen gegen das 
Fasten um seinetwillen deutete uns an, daß letztere Motivierung 
die gewöhnliche gewesen ist. Jene gegensätzliche Motivierung 
konnte nur in einer Kirchenprovinz auftauchen, in welcher das 
Judentum noch einen bedeutenden Faktor bildete, wo Heiden- 
christen und Judenchristen miteinander in brüderlicher Gesinnung 
verkehrten. 

Wie hätte man auch in der Ostervigilie überall die Juden- 
christen dergestalt apostrophieren können: „Euch aber, die ihr 
aus dem (auserwählten) Volke an Jesum gläubig geworden seid, 
sagen wir: Lernet, wie euch die Schrift bezeugt und spricht: 
‚Sie sahen ein großes Licht!‘* (S. 109, 27f.). Wie vertraut muß 


der Verfasser mit den Lebensverhältnissen der Juden gewesen ἢ 


sein, wenn er uns als einziger christlicher Schriftsteller die Kunde 
überliefert, daß die Juden bis auf seine Zeit am 9. Ab sich ver- 


sammeln, die Klagelieder des Jeremias lesen, heulen und weh- 


klagen (S. 113, 32)! Es handelt sich um die Wehklage der 
Juden über die Zerstörung Jerusalems durch Titus, die nach 
rabbinischer Tradition am 9. Ab, an einem Sonnabend, erfolgt 
war (vgl. Schürer, Gesch. ἃ. jüd. Volkes 1?, 631, Anm. 115). 


Freilich versteht der Verfasser dies dahin, daß die Juden um 


Christus trauern, die Zahl 9 nämlich weise auf ὁ und ® auf 
ϑεός, er konstatiert: „Um Gott also erheben sie Klage, um 
Christus, der gelitten hat, indessen um Gottes, unseres Erlösers 
willen, über ihre Seelen und über ihr Verderben“ G. 113, 941), 


und er fordert die Gemeinde auf: „Darum sollt auch ihr um sie 
trauern am Sabbat des Passah bis zur dritten Stunde der kom- 
menden Nacht“ (S. 114,1). Da haben wir den urkundlichen Be- 
weis, daß die Fürbitten für die Juden in der Ostervigilie ihre 


liturgische Ausprägung erhalten hatten. Das war eben nur in 


einer Provinzialkirche mit starker jüdischer Bevölkerung mög- Ἢ 


lich, und infolgedessen ist auch das Fasten und die Trauer über 


die Juden ein Provinzialbrauch gewesen. Ich kann darin nicht 2 


Exkurs III. 669 


einen Niederschlag von Observanzen und Anschauungen erblicken, 


die in zahlreichen Gemeinden verbreitet gewesen seien. Wäre 


‚das wirklich der Fall gewesen, hätte es nicht eines so umfang- 


ΕΗ. EEE ἧς 


reichen Beweisapparates bedurft. Die Observanz arbeitet kürzer 
und bestimmter’. Darum war es m. E. ein Mißgriff, wenn 
Schwartz, Ostertaf. S. 109 in der von den Audianern benutzten 
abweichenden Rezension der Didaskalie die älteste Motivierung 
des Passahfastens gefunden zu haben glaubte. Hier las Epi- 
phanius h. 70, 11 folgendes Gebot der Apostel: ὅταν ἐχεῖνοι 
(se. Tovdazoı) εὐωχῶνται, ὑμεῖς νηστεύοντες ὑπὲρ αὐτῶν πεν- 
ϑεῖτε", ὅτι ἐν τῇ ἡμέρᾳ τῆς ἑορτῆς τὸν Χριστὸν ἐσταύρωσαν, 
χαὶ ὅταν αὐτοὶ πενϑῶσι, τὰ ἄζυμα ἐσϑίοντες ἐν πικχρίσιν 
(Exod. 12, 8), ὑμεῖς εὐωχεῖσϑε. Die Audianer haben sich schein- 
bar für ihre Observanz, an dem Passah der Juden zu fasten, 
auf diese apostolische Verordnung berufen. Epiphanius, der sonst 
so günstig das Werk beurteilt, will diese Vorschrift nicht gelten 
lassen. Denn es könnte der Fall eintreten, daß die Juden die 
ἄζυμα am Sonntag feiern. Sie könnten dann ἐπιφωσχούσης 
τῆς κυριακῆς ἑσπέρας, d.h. am Ab:nd des Sabbat das Passah- 


 lamm schlachten, während dies nach der ἑσπέρα des Sabbat 


nicht mehr möglich. Gesetzt nun, sie hätten in der Sabbatnacht 
das Passahmahl genossen und befänden sich im Zustande der 


1) Der Verfasser, welcher mit der Buchstabenzahl ὁ operiert, ist 
derselbe, welcher in dem von Schwartz beanstandeten Abschnitt den 
zehnten Tag des Passahmonats mit dem Anfangsbuchstaben des 
Namens Jesu in Verbindung brachte, 2) Also auch in dieser 
Rezension wird die Sitte des Fastens und der Trauer über die 
Juden nn Aus der „Didaskalie ist sie in die Apost, Const, 

nn: παρήγγειλεν. οὖν ἡμῖν αὐτὸς νηστεύειν τὰς ἕξ ἡμέρας 

ταύτας διὰ τὴν τῶν ᾿Ιουδαίων δυσσέβειαν καὶ παρανομίαν, πενϑεῖν 

αὐτοὺς καὶ ὀδύρεσθαι παρακελευσάμενος ἐπὶ τῇ ἀπωλείᾳ αὐτῶν (IV, 

14, 30). Epiphanius hat in seiner Didaskalie diese Bestimmungen 

aber nirgends davon Gebrauch gemacht. Ohne Zweifel war 

ihm die Instruktionsrede des Auferstandenen über das Fasten ‚nicht 

um seinetwillen‘ bekannt, aber er hat sie nach einer andern Seite 

hin umgebogen, wenn er Exp. fid. 21 schreibt: Kai οὐχ ἵνα χάριν ποι- 

— — τῷ ὑπὲρ ἡμῶν πεπονϑύτι, ἡ νηστεία ἡμῖν προστέτακται, ἀλλ 

εἰς ἡμῶν σωτηρίαν τὸ τοῦ κυρίου πάϑος, ο 

ἊΝ — — αὐτὸς ἀνεδέξατο, καὶ ὕπως ὑπὲρ τῶν ἡμῶν ἁμαρτιῶν 

ai νηστεῖαι ἡμῖν εὐλόγιστοι ϑεῷ γένωνται. In der Kirche des Epiph. 
waren also Fürbitten für die Juden unbekannt. 


670 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Freude, müßten die Christen am Sonntag trauern; das wäre 
aber gegen die Verordnung der Apostel selbst in der Didaskalie: 
Ὁ χαχῶν ἑαυτοῦ τὴν ψυχὴν dv χυριαχῇ ἐπικατάρατός ἔστε τῷ 
ϑεῷ. Wie nun diese Bestimmung nach Schwartz den Nagel 
auf den Kopf treffen soll, ist mir schleierhaft. Das Passah 
wäre für die Juden das Fest der nationalen Freude und des 
nationalen Stolzes gewesen, dem hätten die Christen das Trauer- 
fasten entgegengestellt. Umgekehrt hätten die Mazzot schon ‘im 
A. Τ᾿ (Deut. 16, 3) als Brot des Elendes [ἄρτος καχώσεως, ars 
>) gegolten; wenn die Juden es essen mußten, freuten sich 
die Christen bei der Agape, die das Fasten bricht, des erstande- 
nen Messias (Schwartz, Osterbetr. S. 18). 

Mit Recht hat bereits Holl! bemerkt, daß die Auffassung 
der jüdischen Stimmung, d. h. die Zerlegung der Festempfindung 
in die Freude der Passahfeier und die Trauer der Mazzottage, 
mit den Tatsachen in Widerspruch stehe. Für die Juden sei 
die ganze Passahzeit einschließlich der Mazzottage ein einheit- 
liches Fest des völkischen Hochgefühls gewesen?. Der Verfasser 
der Didaskalie babe sich seine Vorstellung vom Passah erst auf 
Grund der christlichen Ostersitte zureehtgemacht. Auch ich halte 
es für vollkommen verfehlt, dahinter Gedanken der urchrist- 
lichen Zeit zu wittern. Im übrigen kann man die These ruhig 
akzeptieren, daß das christliche Passah aus dem jüdischen heraus- 


1) Die Schriften des Epiphanius gegen die Bilderverehrung, Sitz. 
ἃ. Ak. d. Wiss. 1916, S. 852, Anm. 5. 2) Freilich soll nach 
Tertullian adv. Iud,c.10 diese Festfreude in Trauer seit derKreuzigung 
Christi verwandelt sein und die captivitas und dispersio der Juden 
die Folge gewesen sein: Hoc enim et Moyses initio primi mensis 4 
novorum facturos vos prophetavit, cum omne vulgus filiorum Israel 
ad vesperam agnum esset immolaturum et hanc sollemnitatem diei 4 
huius, di est paschae azymorum, cum amaritudine manducaturos 
praecanebat et adiecit pascha esse domini, id est passionem Christi. 
Quod -ita quoque adimpletum, est ut prima die azymorum inter- 
ficeritis Christum, et ut prophetiae implerentur, properavit dies 
vesperam facere, id est tenebras efficere, quae media die factae 
sunt, atque ita dies festos vestros convertit deus in luctum * 
et cantica vestra in lamentationem. Post passionem enim 
Christi etiam captivitas vobis et dispersio obvenit, ἢ = 
dieta ante per spiritum sanctum. Aus solchen — sind 
die Fürbitten für die Juden geflossen. 


⸗ 


Exkurs II. : 671 


Di gewachsen sei, aber das wäre niemals der Fall gewesen, wenn 
nicht die evangelischen Berichte der Leidensgeschichte so aufs 


innigste mit dem Passah der Juden zusammengehangen hätten. 


Weshalb solche jährlichen Erinnerungsfeste, die ein historisches 


Ereignis feiern, immer etwas Gemachtes und Gezwungenes haben 


(Schwartz, Osterbetr. S. 19), kann ich nicht einsehen. Gemacht 


und gezwungen sind nicht die evangelischen Berichte, sondern 
die Ausführungen der Didaskalie. Oder würde Schwartz die 
Behauptung, daß der jüdische Sabbat von Anfang an als Trauer- 
tag gedacht worden sei, ebenfalls als urchristlich akzeptieren? 
Es ist doch ein starkes Stück, wenn der Verfasser das besondere 
Fasten am Charsamstag mit dem Hinweis begründet, daß Moses 
durch den heiligen Geist resp. Gott alles vorauswußte, was das 
Volk seinem Sohne und seinem Geliebten Jesus Christus antun 


wollte, deshalb habe er die Juden zuvor mit immerwährender 


Tralier gebunden, indem er sie absonderte und ihnen den Sabbat 
auferlegte (S. 112, 35 ff... Aus der Trauer der Christen um sie 
ist mit einem Schlage die Trauer der Juden um ihr eigenes 
Verderben geworden, wenn der Text fortfährt: „Denn sie haben 
die Traurigkeit verdient, weil sie ihr Leben verleugneten und 
an ihren Lebensspender die Hand anlegten und ihn dem Tode 
überlieferten. Darum hat er schon zuvor von da an die Trauer 
um ihr Verderben ihnen auferlegt“ (S. 113, 76. Wiederum 
bringt der Verfasser, um sein Fündlein an den Mann zu bringen, 
ein ausführliches Raisonnement über die jüdischen Sabbatgebräuche 
und beantwortet die von ihm selbst aufgeworfene Frage: „Wer 
also bezeugt es, daß der Sabbat für sie Trauer ist?“ mit der 
Berufung auf Sach. 12, 12. 13. Man weiß nicht, ob man sich 
mehr über die Kühnheit der Auslegung oder über die Ungeniert- 
heit in der Umkehrung des wirklichen Tatbestandes wundern 


soll. Jedenfalls war es ein gewagtes Spiel, so etwas einem Pu- 


blikum aufzutischen, das ja die jüdische Sabbatfeier lebendig 
vor Augen hatte. Der Verfasser wollte mit aller Gewalt das 
Fasten am Charsamstag als Trauer für die Juden motivieren, 
obwohl ihm bewußt war, daß in den Augen der Christen das 


Fasten in Rücksicht auf die Grabesruhe beobachtet wurde! und im 


1) Vgl. „Apost. Const. V, 14, 20: αὐτὸ δὲ νηστεῦσαι τὸ σάβ- 
βατον, οὐχ ὅτι öei τὸ σάββατον νηστεύειν, κατάπαυσιν δημιουργίας 


672 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


übrigen das Fasten an den gewöhnlichen Samstagen verboten war'. 
Da sieht man wieder an einem neuen Beispiel, wieviel man von 
der angeblichen Objektivität der Didaskalie zu halten hat. Auf 
Sehritt und Tritt begegnet man den Spuren der tendenziösen 
Mache; deshalb ist die Didaskalie als Urkunde für die tatsäch- 
lichen Verhältnisse nur mit größter Vorsicht zu verwenden. 
Bei dieser engen Verbindung des Osterfastens mit der Trauer 
und Fürbitte für die Juden ist es nicht verwunderlich, daß auch 
die Berechnung des Passahtermins noch von den Juden völlig 
abhängig ist; eine selbständige Berechnung auf Grund eines 
Österzyklus gibt es nicht. Der 14. Nisan steht nach wie vor im 
Mittelpunkt. An zwei verschiedenen Stellen kommt der Verfasser 
auf die Fixierung des Termines zu sprechen. S. 110, 14ff. heißt 
es: der οὖν ὑμᾶς, ἀδελφοί, ἐν ταῖς τοῦ πάσχα 3 ἡμέραις μετ᾽ 
ἐπιμελείας ἐξετάζειν καὶ ποιεῖν τὴν νηστείαν ὑμῶν μετὰ πάσης 
σπουδῆς, ἄρχεσϑε δὲ ὅταν οἱ ἀδελφοὶ ὑμῶν οἱ ἀπὸ τοῦ Aaoü 
τὸ πάσχα ἄγωσι, διότι φαγὼν ud ἡμῶν τὸ πάσχα ὃ κύριος 
καὶ διδάσχαλος ἡμῶν εὐθέως μετὰ τοῦτο παρεδόϑη ὑπὸ Ἰούδα 
καὶ εὐθέως ἠρξάμεϑα λυπεῖσϑαι διότι ἀπήρϑη ἀφ᾽ ἡμῶν. Nach 
Schwartz, Ostertaf. S. 114 ist diese Vorschrift unvollständig, da 
aus dem Rat nicht zu ersehen wäre, in welchem Verhältnis der 
Beginn des ÖOsterfastens und der ÖOstersonntag zum 14. Nisan 
der Juden, dessen Wochentag wechsele, stehen sollte. Wahr- 
scheinlich sei die Regel für die Bestimmung der Tage gestrichen, 
da sie andern Abschnitten widersprach. — Der Grund dieser un- 
präzisen Angabe liegt aber m. E. darin, daß der Herr nicht am 
14. Nisan, sondern bereits am 11. das Passah gegessen haben 


ὑπάρχων, ἀλλ ὅτι ἐκεῖνο μόνον χρὴ νηστεύειν, τοῦ δημιουργοῦ ἐν 
αὐτῷ ἔτι ὑπὸ γῆν ὄντος. Vgl. ΥΠ|, 838, 2, wo die Ruhe am Sabbat 
und Sonntag als Gebot der Apostel Paulus und Petrus eingeführt 
wird. Solche apostolischen Machtsprüche verraten gegenteilige Obser- 
vanzen. 

1) Nach der Theorie der Didaskalie hätten die Christen jeden 
Samstag zu fasten, aber die Konsequenz wird nicht gezogen. 
(8. 112, 33). Über das Eindringen des Sabbatfastens von der abend- 
ländischen i in die morgenländische Kirche vgl. jetzt Holl, 1. c. 5, 852, 

2) Die Übersetzung ἐν ταῖς ἡμέραις kann nicht richtig sein, 
da es sich doch um die Nachforschung betrefis der ἡμέραι τοῦ 
πάσχα handelt, es muß περὶ τῶν ἡμερῶν heißen. = 


# 


Exkurs ΠῚ. 673 


soll, und daß der Beginn des sechstägigen Fastens sogar auf den 
10, Nisan verlegt wird. Hierbei muß die Urwoche der Leidens- 
zeit das Vorbild abgeben, indem von Montag ab, der damals auf 
den 10. Nisan fiel und an dem nach dem mosaischen Passah- 
gesetz der Einkauf der Passahlämmer stattfand, das Fasten be- 
ginnen soll. Das Passahfest wird auf die jüdische Monatsrech- 
nung basiert, aber die Tage des christlichen Passah können doch 
nicht mit den Wochentagen der Urwoche regelmäßig überein- 
stimmen, da der 14. Nisan wechselt. Wochenfest und Monats- 
fest sind miteinander unvereinbar. Dessen ist der Verfasser sich 
wohl bewußt, wenn er 5. 114, 10f. schreibt: Kata οὖν ἐμπίπτει 
ἡ τοῦ πάσχα τεσσαῤεσχαιδεχάτη, οὕτως τηρήσατε αὐτήν" οὐ 
γὰρ ὁ μὴν οὐδὲ ἡ ποστιαία κατ᾽ ἔτος ἐν τούτῳ συμπίπτει, 
διαφέρει δέ. Wie sollen aber die Christen bei dieser Sachlage 
zu einem Wochenfest kommen? Wie ist es zu halten, wenn 
z. B. der 14. Nisan auf einen Mittwoch oder auf einen Sonntag 
fällt? Auf alle diese Fragen gibt der Verfasser keine Antwort. 
Der Begriff des πάσχα ποιεῖν kann nicht auf einen Tag, auf den 
14. Nisan beschränkt sein, vielmehr muß die ganze Zeit vom 10. 
bis 14. Nisan mitgerechnet werden. Das sollen wohl die Worte 
besagen: ἄρχεσϑε δὲ ὅταν ol ἀδελφοὶ ὑμῶν ol ἀπὸ τοῦ λαοῦ 
τὸ πάσχα ἄγωσι oder S. 114, 12f.: ὑμεῖς οὖν ὅταν ὁ λαὸς ποιῇ 
τὸ πάσχα, νηστεύετε. Aber wie auf dieser Grundlage ein 6 tägiges 
Wochenfasten herauskommt, bleibt ein Geheimnis des Verfassers; 
in der Praxis regelte sich dies ohne jede besondere Verfügung von 
selbst, d. h. man feierte Ostern an dem Sonntage der Woche, in 
welche der 14. Nisan fiel, und begann das Passalı an dem Montag 
der betreffenden Woche. — Nicht besser fahren wir mit der von 
den Audianern benutzten Rezension der Didaskalie, aus der Epi- 
phanius h. 70, 10 den Satz zitiert: Ὑμεῖς μὴ φηφίζητε, ἀλλὰ 
ποιεῖτε ὅταν οἱ ἀδελφοὶ ὑμῶν οἱ ἐκ περιτομῆς" μετ᾽ αὐτῶν ἅμα 
ποιεῖτε. Hier sind die Christen noch bestimmter wie in der 
jetzigen Überlieferung an die Berechnung der Juden gebunden: 
sie sollten die Passahfeier mit ihnen zugleich beobachten. Diese 
Verknüpfung geht sogar so weit, daß, selbst wenn die Juden das 
Passah falsch berechnen, dies sie nicht weiter bekümmern 
sollte!. Nach dem ο. 5. 669 zitierten Gebote könnte man schließen, 
1) Vgl. Epiph. b. 70, 10: Κἄν re πλανηϑῶσι μηδὲ ὑμῖν μελέτω. 
Einen solchen falschen Ansatz hatte ja Jesus selbst erlebt, als er 
T. u. U. 16: Schmidt-Wajnberg. 43 


674 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


daß die Bestimmung sich nur auf den 14. Nisan bezog, an dem 
die Christen trauern und fasten sollten, weil die Juden an diesem 
Tage den Herrn gekreuzigt, daß am folgenden Tage, wo die Juden 
das siebentägige Fest der ungesäuerten Brote begannen, die 
Freudenzeit der Christen einsetzte. Dies ließe darauf schließen, 
daß in der ältesten Rezension des Textes der quartodeeimanische 
Standpunkt, nur an einem Tage mit den Juden das Passah als 
Trauerfest über den Tod Jesu zu feiern, noch nicht vergessen 
war!, In unserer Rezension ist dies abgeschwächt, ohne daß an 
dessen Stelle eine bestimmte Vorschrift über das Verhältnis von 
Passahfasten zum Osterfest gesetzt ist. Gestrichen ist m. E. nichts, 
nur der Verfasser ist sich scheinbar nicht klar darüber gewesen, 
wie die Vorschrift lauten soll. Nur in einem Punkte lautet die 
Bestimmung dahin, σπουδάζοντες, ὕπως τὴν ἀγρυπνίαν πλη- 
ρώσατε μεσαζόντων τῶν παρ᾽ αὐτοῖς ἀζύμων, d.h. der Schluß 
des Fastens muß fallen mitten in das Fest der Ungesäuerten. 
Auch das stand zu lesen in der Didaskalie des Epiph. h. 70, 10: 
φάσχουσι γὰρ τὴν ἀγρυπνίαν φέρειν μεσαζόντων τῶν ἀζύμων. 
Auch ist die Kreuzigung Jesu auf Freitag verlegt in die Zeit 
μεσαϊζόντων τῶν ἀζύμων (S. 107, 35) mit Berufung auf Ps. 74, 4, 
da die Juden ihr Passah bereits drei Tage vorher durch den 
Betrug der Hohenpriester gefeiert hatten. Epiphanius kann, 
obwohl er sonst ja die Didaskalie als normative Schrift an- 
erkennt, diese Bestimmung nicht voll und ganz akzeptieren. Er 
bemerkt dazu: Οὐ δύναται δὲ τοῦτο πάντοτε γενέσϑαι ἐν τῇ 
ψήφῳ τῇ ἐκχκλησιαστικῇ. Nach Epiphanius muß das Passah 


das gesetzliche Passah drei Tage zu früh feierte. Dann braucht man 
‘auch jetzt nicht ängstlich zu sein; vgl.0.8.612f. den Standpunkt des 
Tricentius. Selbst Epiphanius, der auf Grund der Didaskalie für das 
historische Faktum eintritt, Jesus habe das gesetzliche Passah mit 
den Juden drei Tage zu früh gefeiert, findet darin ein Zeichen der 
göttlichen Ökonomie: ἡ δὲ οἰκονομία τῆς ἀληϑείας ἀκριβέστατα πάντα 


ἡμῖν σωτηριωδὼς εἰργάσατο. ὅϑεν καὶ αὐτὸς 6 σωτὴρ τὸ πάσχα τε 


λειώσας ἐξῆλϑεν εἰς τὸ . ὄρος μετὰ τὸ βεβρωκέναι »ἐπιϑυμίᾳ ἐπι- 
ϑυμήσαςε. καὶ ἐχεῖνο τὸ πάσχα τὸ ‚Iovdainov μετὰ τῶν μαϑητῶν 
ἔφαγεν, οὐχ ἄλλως ποιήσας, ἀλλὰ χαὶ αὐτὸς μετὰ τῶν ποιούντων ἴσως 
ποιήσας, ἵνα μὴ καταλύσῃ τὸν νόμον, ἀλλὰ πληρώσῃ (h. 51, 27). 

1) Freilich kannte auch diese Rezension bereits die österlice 
Hebdomas, da nach Epiph. h. 70,12 in dem von ihm benutzten 


Exemplare die ἑορτὴ τοῦ πάσχα beginnen sollte ἀπὸ δευτέρας σαβ- 


βάτων. 


Ἢ ; egelmäßig nach der ἰσημερία stattfinden, während er den Juden 


vorwirft, irft, daß sie es zuweilen vor diesen Termin verlegen, so daß 


man in einem Jahre zwei Feste feiern müsse !, ‚Seine Berech- 


nung beruht auf folgendem Prinzip: Ἔχ τριῶν γὰρ συνέστηχεν 


ὁ τοῦ πάσχα, σύνδεσμος, ἔχ τε τοῦ ἡλιακοῦ δρόμου διὰ 


ἭΝ τὴν κυριαχὴν καὶ τὸν μῆνα, ἔχ χε τοῦ -“σεληνιακοῦ 


δρόμου, διὰ τὸ κατὰ τὸν νόμον, ὅπως ἐν τῇ τεσσαρεῦχαι- 
δεκάτῃ τῆς σελήνης τυϑῇ τὸ πάσχα, og εἶπεν ὁ ὁ νόμος. Οὔτε 
οὖν δύναται ἀχϑῆναι, ἐὰν μὴ ὑπερβῇ ἰσημερία, ὅπερ παρὰ τοῖς 
Tovdeloıs οὐ φυλάσσεται, οὐδὲ ἀχριβὴῆ ϑέλουσι τοιαύτην ἐπι- 
τελεῖν πραγματείαν" διέπεσε γὰρ παρ᾽ αὐτοῖς καὶ ἠπάτηται τὰ 
πάντα (h. 70, 11). Für die nähere Bestimmung ist aber neben 
der τεσσαρεσχαιδεχάτη die ἑβδομάς maßgebend: Κέχρηται (se. 
ἡ ἁγία τοῦ ϑεοῦ ἐχκλησία) γὰρ οὐ μόνον τῇ τεσσαρεσχαιδεχάτῃ, 
ἀλλὰ καὶ τῇ ἑβδομάδι τῇ κατὰ περίοδον ἀνακυχλουμένῃ (ἐν 
τῇ) τάξει τῶν τοῦ σαββάτου ἑπτὰ ἡμερῶν, ἵνα κατὰ τὰ ὑπὸ 

1) Vgl. h. 70, 11: χαὶ an αὐτῆς τῆς “διατάξεως τῶν ἀποστόλων, 


ὅτε δι᾿ ὁμόνοιαν, ὡς συνῆκται τοῦ λόγου ὃ σύνδεσμος, ἐὰν —* 
τελέσωμεν ἢ καὶ ἐπιτελῶσι μετὰ ἰσημερίαν, καϑὼς κἀκεῖνοι ἄγουσι 


; πολλάκις τε xal ἡμεῖς. Πάλιν δὲ πρὸ τοῦ «τελεσθῆναι τὴν ἰσημερίαν, 


ὡς ἐκεῖνοι ὄγουσι ὅτε μόνοι ἄγουσιν" ἐὰν οὖν καὶ ἡμεῖς ἐπιτελέσωμεν. 
συμβέβηκεν ἡμῖν ἐν ἑνὶ ἐνιαυτῷ δύο πάσχα ἐπιτελέσαι, μετὰ ἴση: 


Ar καὶ πρὸ ἰσημερίας, τῷ δὲ ἄλλω ξξῆς ἐνιαυτῷ οὐδὲ ὅλως ἐπι- 


πάσχα. Dieses Argument hat Epiphanius aus älteren Quellen 


| msn. Bereits Petrus von Alexandrien (Chronikon pasch.) und 
Anatolius scheinen es gegen die Juden ausgespielt zu haben (Euseb. 


h.e. VII, 32). Konstantin redet davon in seinem Briefe an die 
Kirchen über das Osterfest wie von etwas ‚allgemein Bekanntem. 


ἃ Vgl. Euseb. Vita Constant. III, 18: undiv τοίνυν ἔστω ἡμῖν κοινὸν 


μετὰ τοῦ ἐχϑίστου τῶν ᾿Ιουδαίων ὄχλου. . κἀν τούτῳ τῷ μέρει τὴν 
ἀλήϑειαν οὐχ ὁρῶσιν, ὡς δὴ κατὰ τὸ πλεῖστον αὐτοὺς πλανωμένους, 


2 ἀντὶ τῆς προσηκούσης ἐπανορθώσεως, ἐν τῷ αὐτῷ ἔτει δεύτερον τὸ 


πάσχα ἐπιτελεῖν. Auch der Verfasser der Apost. Constit. VII, 


[ 5,3741 fordert die Christen auf: dei οὖν ὑμᾶς, ἀδελφοί, ... τὰς ἡμέ: 


τοῦ πάσχα ἀκριβῶς ποιεῖϑαι μετὰ πάσης ἐπιμελείας μετὰ τροπὴν 
νήν͵ ὅπως μὴ δὶς τοῦ ἐνιαυτοῦ ἑνὸς παϑήματος μνείαν 
ποιῆσϑε, ἀλλὰ ἅπαξ τοῦ ἔτους τοῦ ἅπαξ ἀποϑανόντος, μηκέτι παρα- 


$ τηρούμενοι μετὰ ᾿Ιουδαίων ἑορτάζειν und ibid. 17,8: ὑμεῖς δὲ φυλάσ- 
᾿ς δεῦϑε ἀχριβῶς τὴν ἰσημέριον τροπὴν τῆς ἐαρινῆς, ὥρας, ἥτις γίνεται 


εἰκάδι δευτέρα τοῦ δωδεχάτου “μηνός, ὃς ἐστι Avorgog‘ ἐπιτηροῦντες 


᾿. ἕως εἰκάδος πρώτης. σελήνης, ὕπως μὴ ἐν ἑτέρᾳ ἑβδομάδι ἐμπέσοι ἡ 
ο΄ τεσσαρεσκαιδεκάτη τῆς σελήνης καὶ πλάνης γενομένης ἀγνοίᾳ δὶς τοῦ 
u ἐνιαυτοῦ ἐπιτελέσωμεν τὸ πάσχα. 


43" 


676 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


τοῦ κυρίου γενόμενα (oc) κατὰ τὸ πρωτότυπον εἴη ἡ ἀνά- 
στασίς τε καὶ εὐωχία. καὶ κέχρηται οὐ μόνον τῇ τεσσαρεσχαιδε- 
χάτῃ τῆς σελήνης, ἀλλὰ καὶ τῷ δρόμῳ τοῦ ἡλίου, ἵνα μὴ ἐν 
ἑνὶ ἐνιαυτῷ δύο πάσχα ποιοῦντες ἐν τῷ ἑτέρῳ μηδὲ ἕν πάσχα 
τελέσωμεν. διὸ παρατηρούμεϑα μὲν τὴν τεσσαρεσκαιδεχάτην, 
ὑπερβαίνομεν δὲ τὴν ἰσημερίαν φέρομέν τε ἐπὶ τὴν ἁγίαν κυ- 
ριακὴν τὸ τέλος τῆς συμπληρώσεως" λαμβάνομεν δὲ τὸ πρό- 
βατον ἀπὸ δεκάτης (h. 50, 8, 2f.). Die ἁγία ἑβδομὰς τῆς ξηρο- 
φαγίας καὶ πάσχα darf nicht vor IX lunae beginnen und nicht 
nach XV] lunae enden, der Termin liegt ἀπὸ dexarng ἕως ἐπι- 
φωσχούσης πεντεχαιδεχάτης, μεσαζούσης τῶν δύο δρόμων, 
γνυχτός 'τε καὶ ἡμέρας (h. 70, 12)!. Das eben beobachten die 
von den Aposteln in der Didaskalie gegebenen Vorschriften nicht. 
Deshalb sucht Epiphanius sie zu entschuldigen, daß sie die Auf- 
forderung stellen, μετὰ Ἰουδαίων τὸ πάσχα ἐπιτελεῖν, indem 
er die ὁμόνοια als das höhere Ziel hinstellt: χαὶ εἰ μετὰ τῶν 
ἐχϑρῶν τοῦ Χριστοῦ ἐπιτελεῖν οἱ ἀπόστολοι προσέταξαν, οὑς 

οὗτοι διϊσχυρίζονται, πόσῳ γε μᾶλλον δὲ ὁμόνοιαν μετὰ τῆς 

ἐχκλησίας χρὴ ἐπιτελεῖν, ἵνα μὴ τὴν ὁμόνοιαν χαράξωμεν τῆς 

ἐχχλησίας; (h. 70, 11). Er macht aus der Not eine Tugend und 

imputiert den Anhängern der Didaskalie, daß sie τὸν νοῦν τῶν 

ἀποστόλων καὶ τοῦ λόγου τοῦ ἐμφερομένου τοῦ ἐν τῇ Διατάξει 

(6. 10) nicht richtig erfaßt haben, oder er schiebt dem Ausdrucke 
ἀδελφοὶ ὑμῶν οἱ ἐκ περιτομῆς den Sinn unter,als handele es sich 

nicht um Juden, sondern um Judenchristen. Diese οἱ ἐκ περι- 

τομῆς = οἱ ἀπὸ τῆς περιτομῆς εἰς τὴν ἐκκλησίαν μετελϑόντες 

sollen sein ἀρχηγοὶ μετ᾽ ἐχεῖνον τὸν χρόνον καὶ εἰς τὸ συμ- 
πείϑεσθϑαι τοῖς ἄλλοις εἰς τὸ μὴ ἄλλον ποιεῖν ἄλλως καὶ ἄλλον 
ἄλλοτε (h. 70, 10). Man erkennt daraus, in welch arger Ver- 
legenheit Epiphanius sich gegenüber dieser von ihm geschätzten 
Urkunde befindet. Irgendwelche speziellen Vorschriften über 
den Termin des Passah, abgesehen von den uns bekannten all- 
gemeinen Andeutungen, scheint auch er nicht vorgefunden zu 
haben. Wir können daher vermuten, daß sie in ähnlicher Weise i 
wie die Angaben des Epiphanius das 6tägige Fasten regelten 
und daß die Passahtage sich unmittelbar an das jüdische Possah 4 


1) Vgl. ibid.: οὐκέτι δὲ ἐπιφωσκούσης ἑξκαιδεκάτης οὔτε ἐπὸ 2 
ἐννάτης σελήνης δυνάμεϑα τὴν ἀρχὴν ἔχειν ἢ τὸ τέλος. τ 


— κμιχον τη, 677 


des 14. — teils nach vorn, teils nach hinten, anschlossen, wäh- 


τὸ rend das kirchliche Passah (Ostern) nach Epiphanius stets hinter 


die ἐσημερία fiel. Das wäre der Beschluß der Konzilsväter von 
Nicäa gewesen, und deshalb rühmt er sie ἃ. 70, 12: Καὶ ἦν μὲν 
περὶ τούτου πολλὰ λέγειν, ὡς καλῶς ποιήσαντες ol πατέρες, 
μᾶλλον δὲ δι᾿ αὐτῶν ὁ ϑεὸς κατώρϑωσε τῇ ἐκκλησίᾳ τὸ πᾶν 
ἀχρίβασμα τῆς ἀληϑείας τῆς πανσεβασμίου ταύτης ἑορτῆς καὶ 
παναγίας, μετὰ ἰσημερίαν μὲν ποιεῖσϑαι, ὅτε ὑποπίπτει ἡ τῆς 
τεσσαρεσχαιδεχάτης κατὰ τῆς σελήνης ἡμέρας ψῆφος, οὐχ ἵνα 
ἐν αὐτῇ τῇ τεσσαρεσχαιδεχάτῃ ἐπιτελέσωμεν". Der Verfasser 


‘der Didaskalie, der vor dem Nieänischen Konzil lebte, war 


natürlich noch Vertreter der alten Methode und hatte bei der 
Einführung des sechstägigen Wochenfastens diejenige Woche, in 
welche nach Berechnung der Juden der 14. Nisan fiel, für die 
ehristliche Passahwoche erklärt, so daß der Schluß des Fastens 
stets mit dem jüdischen Fest der Ungesäuerten zusammenfiel; 
μεσαζόντων τῶν ἀζύμων ist die Losung. Hatte man früher in 
der syrischen Kirche das Osterfest am Sonntage nach dem 
14. Nisan mit voraufgehendem zweitägigem Fasten am Freitag 
und Sonnabend gefeiert, so schob man von jetzt ab noch vier 
weitere Tage voran, um eine ἑβδομὰς πληρεστάτη zu erhalten. 
Und diese Obsetvanz war so tief eingewurzelt, daß selbst das 
Nieänische Konzil daran zunächst wenig ändern konnte. Dies 
erkennen wir aus der Opposition, die sich in der syrischen 
Kirche gegen die Einführung der neuen ÖObservanz geltend 
machte 3. 5 


Dazu gehören auch die Audianer, welche von früheren 
Gelehrten? zu den Quartodecimanern gestellt wurden. Die 
Audianer sind eine junge Sekte, die nach den Mitteilungen des 
Epiphanius h. 70, 1 ihren Ursprung ableitet von einem gewissen 
Audius, einem Zeitgenossen des Arius. Audius stammte aus 
Mesopotamien, der aus Opposition gegen die verweltlichte Kirche 
sich in die Einöde zurückzog und eine Mönchssekte gründete, 


1) Über die Beschlüsse des Konzils von Nicäa vgl. Duchesne 
L e. 8. 21f. 2) Vgl. Duchesne 1. c. 26f.; Ed. Schwartz, Ostertaf. 
5. 120. 3) Weitzel, Steitz, Schürer. 4) Epiph. zeigt sich sehr 
gut unterrichtet über das Schicksal des Stifters und seiner Anhän- 


# ger. Sie waren in seiner Diözese ansässig, ebenso in Klöstern bei 


678 Schunidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Indem Epiphanius seine Orthodoxie anerkennt, wirft er ihm und 
seinen Anhängern einen anthropomorphen Gottesbegriff und eine 
abweichende Passahfeier vor. In bezug auf letzteren Punkt 
heißt es e. 9: μετὰ γὰρ Ἰονδαίων βούλονται τὸ πάσχα ἐπιτελεῖν, 
τουτέστιν ᾧ καιρῷ οἱ Ἰουδαῖοι ποιοῦσι τὰ πάρ᾽ αὐτοῖς ἄζυμα, 
τότε αὐτοὶ φιλονειχοῦσι τὸ πάσχα ἄγειν. Sie berufen sich auf 
die frühere Obseryanz der Kirche! und erheben den Vorwurf, 
daß aus Liebedienerei zum Kaiser Konstantin man τὴν τῶν 
πατέρων περὶ τοῦ πάσχα ἑορτῆς ἀχολουϑίαν verlassen hätte. 
Sie wollen also die nieänischen Beschlüsse nicht anerkennen, 


vielmehr den väterlichen Brauch nach wie vor beibehalten. Ihre 


Observanz finden sie niedergelegt in der Didaskalie, aber sie 
irren sich, wenn sie diese kirchenrechtliche Urkunde als all- 
gemeine Rechtsnorm werten, während sie doch nur für gewisse 
Teile der Kirche Geltung erlangt hatte und der Niederschlag 
der dort heimischen Observanzen war. Epiphanius bemüht sich, 
wie wir gesehen haben, ihnen diese Waffe zu entwinden. Die 
Audianer werden also das Passahfest in der Gestalt des sechs- 
tägigen Wochenfastens mit daran anschließendem Osterfest ge- 
feiert haben. Die Worte e. 12: μία γὰρ ἡμέρα παρ᾽ ἐκείνοις 
ζητεῖται, παρ᾽ ἡμῖν δὲ οὐ μία, ἀλλὰ ἕξ, ἑβδομὰς πληρεστάτη 
sind nicht auf die Audianer zu deuten, sondern auf die Juden, 
die nur den Termin des 14. Nisan festzusetzen haben, ohne noch 
besondere Berechnungen für eine Festwoche anstellen zu müssen. 
Daher kann dieser Satz für die quartodeeimanische Observanz 
der Audianer nicht verwertet werden und scheiden diese aus 
der Gruppe der Quartodeeimaner aus. Gehört doch nach den 
Zeugnissen des Athanasius de synod. 5 und Epist. ad Afrie, 2 
Mesopotamien neben Cilicien und Syrien zu den Kirchenpro- 
vinzen, gegen welche der Beschluß des nicänischen Konzils ge- 
richtet war. 

Wie wenig die Einheit auf dem Gebiete der Osterfeier her- 
gestellt war? und wie noch längere Zeit die provinzialen Obser- 


— — 


Damaskus, auch in Palästina und Arabien, doch scheinen Syrien 
und Mesopotamien das Hauptzentrum gebildet zu haben. 

1) Vgl. καὶ δῆϑεν ὅτι οὕτως ἦν ἡ ἐκκλησία φερομένη. 

2) Nicht einmal die Kirchen von Alexandrien und Rom zeigten 


dieselbe Haltung, da die erstere Ostern an der luna XV feierte, 
wenn die Juna XIV auf einen Samstag fiel, während die Römer erst am 


— 
TE 


a TE Exkurs III. 679 


_ vanzen sich behaupteten, lehren die Ausführungen des Aphraates 
für die Kirche Ostsyriens um 337—345 n. Chr. Aphraates hat 


N in seiner Homilie XII eine ausführliche „Unterweisung vom Pascha“ 


gegeben '. Deutlich tritt uns die jüdische Grundlage des christ- 
lichen Passah entgegen. Aphraates beginnt seine Unterweisung 
mit einer ausführlichen Darlegung des mosaischen Passahgebotes. 
Dieses Passah durfte aber nur in Jerusalem gefeiert, das Passah- 
lamm nur im Tempel daselbst geschlachtet werden. Da die 
Juden aber heute in alle Welt zerstreut sind, so feiern sie es 
heute mit Übertretung des göttlichen Gebotes. Denn dem Volk 
ist von Gott der Scheidebrief gegeben und an seine Stelle das 
„bunte Gevögel“ (Jerem. 12, 9), d.h. die Gemeinde der Völker 
getreten. Dem Volke Israel wurde nur das Geheimnis des Passah 
anvertraut, während seine Wahrheit heute unter den Völkern 
verkündet wird. Das Passah ist der große christliche Festtag 
geworden. Denn der Erlöser ist das wahre πρόβατον, ἐνε- 
αὔσιον, τέλειον. Nach Aphraates hat Jesus das gesetzliche Passah 
mit seinen Jüngern in der gewohnten Nacht des 14. Nisan ge- 
gessen, d.h. die Nacht vom 13. zum 14. Nisan, nicht die Nacht 
‚vom 14. zum 15. ist die Zeit des gesetzlichen Passahmahles ge- 
wesen. In dieser Nacht hat Jesus das vorbildliche Passah in 
das wahre Passah verwandelt, indem er das heilige Abendmahl 
zu seinem Gedächtnis einsetzte. Bei dieser Feier hat er mit 
‚seinen eigenen Händen seinen Leib zur Speise gegeben und sein 
Blut zum Trank gegeben und wird deshalb bereits unter die 
Toten gerechnet? Nun ist das Passah der Juden, nämlich der 
14. Nisan, seine Nacht und sein Tag, das Passah der Christen, 
d. h. der Tag des großen Leidens, ist der Freitag, der 15. Nisan, 
seine Nacht und sein Tag ($ 6). Demnach sind Passah der 
Juden und Passah der Christen zwei getrennte Tage. Denn am 
14. Nisan hat Jesus das gesetzliche Passah mit den Juden ge- 
gessen, am 15. Nisan ist er am Kreuze als das wahre Lamm 
geschlachtet. Damit sind die Synoptiker mit Johannes unter 


nächsten Sonntag feierten. Man suchte diese Differenzen durch 
Kompromisse zu beheben; vgl. Schwartz Ostert. 8. 50f. 

᾿ Vgl. die Übersetzung von Bert, TU ΠῚ, 1. 2, 5. 1798. 

2) Über die Zählung der drei Tage und drei Nächte unter den 
Toten s. ὁ. S. 6583, 


680 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


einen Hut gebracht und hat Zahn mit Recht bemerkt, daß 
Aphraates das Diatessaron des Tatian benutzt hat (Forschungen I, 
75). Freilich ist diese Harmonisierung eine sehr künstliche, denn 
die Nacht von Donnerstag auf Freitag und der Freitag selbst 
machen doch den 14. Nisan aus, sind „seine Nacht und sein Tag“ 
in Rücksicht auf das von ihm eingesetzte Abendmahl und die 
darnach erfolgte Gefangennahme und Kreuzigung. Um die Schwie- 
rigkeiten bezüglich der Zeit des Passah zu heben, schreibt Apbra- 
ates: „Und wenn man nach der Zahl der Monatstage den Tag 
der Kreuzigung und an dem unser Erlöser litt und unter den 
Toten war, seine Nacht und seinen Tag, bestimmen will, so ist 
es der fünfzehnte, von der sechsten Stunde am Freitag, bis der 
Sonntag anbricht. Und am Sonntag, am 16., stand er wieder 
auf. Denn beim Anbruch des 14. aß er das Passah mit seinen 
Jüngern, nach dem Gesetz Israels. Und am Freitag, am 14., 
wurde Gericht über ihn gehalten bis zur 6. Stunde, und er hing 
3 Stunden am Kreuz und stieg zu den Toten herab in der Nacht, 
da der 15. anbrach. Am Tage des Sabbats, der da ist der 15. 
war er unter den Toten. Und in der Nacht, da der Sonntag 
anbricht, welcher ist der 16., stand er wieder auf.“ Aphraates 
ist sich wohl der Schwierigkeiten bewußt, die zwischen der Be- 
rechnung nach Monatstagen und nach den Tagen des Verweilens 
unter den Toten bestehen. Für den ersten Fall stehen ihm nur 
zwei Tage, der 14. und 15. Nisan, zur Verfügung, für den zwei- 
ten Fall soll er drei Tage herausrechnen. Hier hilft er sich 
damit, daß er eine Nacht und einen Tag dazwischen schiebt, 
eine Zeit, welche die Stunden von 12 Uhr Mittag bis 6 Uhr 
Abend umfaßt, und die Zeit der Kreuzigung bis zum Tode nur 
auf 3 Stunden beschränkt. Demgemäß umfaßt der 15. eigentlich 
zwei Tage bei der Berechnung der drei Tage und drei Nächte, 
die Jesus unter den Toten weilte. Dabei wird der Anbruch des 
15. bereits von 12 Uhr Mittag gerechnet, also um 6 Stunden 
zu früh angesetzt, da eben die Berechnung der 3 Tage und 
3 Nächte sich mit den Monatstagen nicht in Einklang bringen 
läßt. Ganz singulär ist die Verlegung der Kreuzigung auf dn 
15. Nisan, obwohl doch dieser Teil des Tages noch zum 14. Ni- 
san gehört. Das läßt auf eine besondere Absicht schließen, und 
diese ist nicht allein in der Harmonisierung der Evangelien be- 
gründet, sondern in der christlichen Passahfeier, welche auf 


— 


Fr. χρῶ δὲ | 681 


den 15. verlegt ist, also auf den Zeitpunkt, an dem in Wirk- 
lichkeit die jüdische Passahfeier stattfand. Hier dagegen stehen 
sich beide gegenüber: Der Freitag ist der „Tag des großen 
Leidens“. Mit ihm beginnen die Juden das Ttägige Fest der 
ἄζυμα, die Christen feiern als das Fest des Ungesäuerten das 
Fest des Erlösers. — Die Juden essen das Ungesäuerte mit 
Bitternis, der Erlöser verwarf den bitteren Kelch und nahm die 
ganze Bitterkeit der Völker weg, da er ihn schmeckte und nicht 
trinken wollte. — Die Juden gedenken ihrer Sünden von Zeit 
zu Zeit, die Christen gedenken der Kreuzigung und der Schmach 
ihres Erlösers. — Die Juden entkamen am Passahfeste aus der 
Knechtschaft Pharaos, die Christen wurden am Tage der 
Kreuzigung von dem Dienste Satans erlöst. — Die Juden 
schlachteten das Lamm von der Herde und wurden durch sein 
Blut vor dem Würgengel errettet, die Christen wurden durch 
das Blut des auserwählten Sohnes von den Werken des Ver- 
derbens erlöst, die sie getan haben. — Den Juden war Mose 
Führer, den Christen ist Jesus Führer und Erlöser. — Den Juden 
teilte Mose das Meer und führte sie hindurch, der Erlöser der 
Christen teilte die Hölle und zerbrach ihre Tore, da er zu ihr 


᾿ς einging und sie öffnete und den Weg bahnte vor allen denen, 


die an ihn glauben. — Den Juden wurde Manna zu essen ge- 
geben, den Christen gab der Herr seinen Leib zu essen. — Den 
Juden brachte er Wasser aus dem Felsen, den Christen ließ der 
Erlöser das Wasser des Lebens aus seinem Leibe fließen. — Den 
Juden verhieß er das Land der Kananiter als Erbe, den Christen 
verheißt er das Land des Lebens in der Verheißung. — Den 
Juden erhöhte Mose die eherne Schlange, daß jeder, der sie an- 
sehe, von dem Biß der Schlange genese; den Christen erhöhte 
Jesus sich selbst, damit sie, wenn sie zu ihm aufschauen, er- 
rettet werden von dem Biß der Schlange, welche ist der Satan. 
_  — Den Juden errichtete Mose die zeitliche Hütte, damit sie 
darin Schlachtopfer und Speiseopfer darbrächten, daß sie Süh- 
nung erhielten für ihre Sünden; Jesus errichtete die Hütte Davids 
und stand auf. 

Diese Antithesen lassen mit aller Deutlichkeit erkennen, 
welche Gedanken das christliche Passahfest beherrschten. Mag 
auch das mosaische Gebot die Grundlage der christlichen Passah- 
feier gebildet haben, so ist das nur äußerlich. Denn diese 


F im Passahstreite nach Euseb. ἢ. 6. V, 29, 4 auf seiten der 


682 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Feier ist keine Fortsetzung der jüdischen Passahfeier in der 
christlichen Gemeinde, keine Wiederholung der letzten Passah- 
feier Jesu mit seinen Jüngern, wie der Herausgeber Bert ver- 
meint, sondern dient ausschließlich dem Gedächtnis des Leidens 
und Sterbens Jesu. Immer wieder kommt dieser Gedanke in 
den Antithesen zum Ausdruck, wenn von „gedenken der Kreu- 
zigung und der Schmach“, vom „Tag der Kreuzigung“, vom 
„Blut des Sohnes“ geredet wird. Deshalb sind auch das jüdi- 
sche und das christliche Passah zeitlich von einander getrennt, + 
das erstere wird auf den 14. Nisan, das zweite auf den 15. ver- 
legt. Heben wir freilich diese harmonistische Künstelei wieder 
auf und machen wir den Tag der Kreuzigung zu dem, was er 
ursprünglich war, nämlich zum jüdischen Passahtag als dem 
14. Nisan, der mit dem Anbruch des 15. Nisan begann, so fallen 
beide wieder zusammen!. Das christliche Passah ist im Sinne 
der Quartodeeimaner „das Fest unseres Erlösers“ auf Grund 
seines Todes, mit dem Osterfeste hat dies nichts zu schaffen, 
wie überhaupt dieses mit keinem Worte erwähnt wird. Man 
möchte gerne wissen, ob sich diese Passahfeier an das Diates- 
saron des Tatian angelehnt hat. Es scheint sich um eine 
allgemein in der syrischen Kirche verbreitete Anschauung zu 
handeln, das gesetzliche Passah, das Jesus genossen hat, auf 
Donnersing Nacht, nach jüdischer Tagzählung auf den 14. Nisan 
zu verlegen. Die chronologische Eigentümlichkeit, daß Jesus 
am selben Tage das gesetzliche Passah gegessen habe und gestorben 
sei, fanden wir auch bei dem Gegner des Hippolyt im Syntagma, 
In der ostsyrischen Kirche, d. h. in dem zum persischen Reiche 
gehörenden Teile?, scheint in alter Zeit die Observanz ge- 
herrscht zu haben, am Abend des 15. Nisan, in vermeintlicher 
Abweichung von den Juden, das christliche Passah als Gedächt- 
nis an den Tod des Erlösers zu feiern®. Aber zur Zeit des 


1) Sonst verlegen alle diejenigen. welche Christus am 15. ge 
kreuzigt sein lassen, die Auferstehung auf den 17. Nisan. Aphraa 
hat noch die alte quartodeeimanische resp. johanneische Traditic 
daß er am 16. auferstanden ist. 2) Die Kirche von 


drinischen und römischen Kirche gestanden. 3) Als Jahresfest I 
trachtet, würde diese Feier sich decken mit der quartodecimanischen 
Passahfeier der Kleinasiaten. 


nn Exkurs II. 683 
‚x Ἶ Aphraates ist diese Observanz nicht mehr die herrschende. Das 


-  Passah ist nicht mehr auf einen bestimmten Tag im Jahr be- 


schränkt, sondern umfaßt eine ganze Woche „mit seinen Leiden 
und mit seinem Ungesäuerten“. Daß diese Sitte seit Alters her 
geherrscht habe, kann Aphraates selbst nicht behaupten; es 
müssen innerhalb der Gemeinden Leute vorhanden sein, die 
„Schwierigkeiten bezüglich der Zeit des Passah finden“, indem 
Aphraates warnt, nran solle „nicht die Schwierigkeiten im 
Wortgezänk aufsuchen, denn das brächte keinen Gewinn, son- 
dern ein reines Herz, welches das Gebot und das Fest und die 
Zeiten und die Gebräuche des Tages halte“. Mit diesen Wor- 
ten schließt Aphraates seine Unterweisung vom Passah und gibt 
damit zu erkennen, daß seine Abhandlung zugleich bestimmte 
Strömungen im Auge hat, welche eine andere Observanz fest- 
halten möchten!. Er weist auf solche hin, die „sich nur um 
den 14. kümmern und nicht um das Fest von Anfang bis zu 
Ende“. Daraus erhellt, daß die Opponenten diesen 14. in be- 
sonderer Weise feiern wollen. Wenn Aphraates ihnen entgegen- 
hält, daß es belieben möchte, den 14. jeden Monats zu feiern und 
am Freitag jeder Woche zu trauern, so trifft er nicht die Haupt- 
sache. Denn scheinbar wollen die Angeredeten das jährliche 
 Gedächtnisfest des Leidens an dem gleichen Tage feiern, wie 
es in der Urwoche stattgefunden hat; sie feiern es bei Anbruch 
des 15., nachdem sie vorher gefastet. Das würde dem von 
Epiphanius in seiner Didaskalie vorgefundenen apostolischen 
Spruche entsprechen, im Fest der ἄζυμα das Passah zu feiern 
‚ und am jüdischen Passahtage zu fasten. Von einer selbstän- 
digen Berechnung des Passahfestes wissen diese Christen nichts; 
aber auch dem Aphraates ist die Zyklenberechnung offenbar 
eine unbekannte Größe. Er dekretiert, daß, wenn der Tag des 
Passah und des Leidens, d. h. der 14. Nisan, auf einen Sonntag 
fällt, man ihn nach dem Gesetz am Montag feiern müsse, Das 
Passah ist für die Christen der Todestag, also müßten sie am 
Sonntag fasten, was nach kirchlichem Gesetze verboten ist. In 
diesem Falle soll der Tag des christlichen Passah am Montag 
gefeiert werden, aber keineswegs als besonderer Gedächtnistag, 
sondern als Beginn des Wochenfestes, resp. Wochenfastens; die 


1) An kleinasiatische Quartodecimaner ist nicht zu denken. 


® 


684 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Fastenzeit wird nicht vom 10. des Monats gerechnet, sondern 
deckt sich. mit dem jüdischen Mazzotfest, darum fügt auch 
Aphraates hinzu: „Denn auf das Passah folgen die 7 Tage der 
ungesäuerten Brote bis zum 21.“ Wenn der Tag des Leidens 
auf einen der Wochentage fällt, so sieht er darin keine 
Schwierigkeit, aber er sagt uns nicht, ob nun erst mit diesem 
Tage das Fasten beginnt, so daß die Zahl der Fasttage variiert, 
oder ob dann die dem Wochentage. vorhergehenden Tage in 
die Fastenzeit eingezogen werden, indem die Passahzeit stets 
mit dem Montag der Woche beginnt. Letzteres scheint tat- 
sächlich vorausgesetzt zu sein. Aphraates spricht nur im all- 
gemeinen an zwei Stellen von einer Forderung, „das Fest zu 
halten zu seiner Zeit, von Anfang bis zu Ende“ und bemerkt: 
„Unser großer Festtag ist der Freitag“. Wiederum erhebt sich 
die Frage, ob der Freitag der Passahwoche in Erinnerung an 
den Todestag in der Urwoche durch ein besonderes Fest aus- 
gezeichnet wurde, d.h. ob an diesem Tage das Fasten gebrochen 
und am Abend das Fest der Erlösung gefeiert wurde, ohne daß 
sich daran das Osterfest direkt anschloß. Es bleibt nämlich 
höchst auffällig, daß Aphraates von einem Fest mit seinen Leiden 
redet, aber nicht von einem Fest der Auferstehung. Freilich 
erwähnt er verschiedentlich, daß der Herr in der Nacht des 
hereinbreehenden Sonntags, d. h.am 16. auferstanden ist, aber 
der Begriff „Passah“ ist noch keineswegs wie in den anderen 
Kirchen mit dem Osterfest verbunden. So kann man wohl an- 
nehmen, daß das Osterfest sich an das Passahfest anschloß 
ohne daß aber das alte Passahfest vom Osterfest ganz absorbiert 
war. Aphraates setzt im Grunde die Verhältnisse voraus, wie 
wir sie in der Didaskalie vorfinden. Denn hier erscheint das 
Osterfest gewissermaßen als Anhängsel des Passah. Die Oster- 
vigilie gehört eigentlich dem Passah an, da das Fasten erst in 
der dritten Stunde der Nacht gebrochen wird und die Agape 
die Freudenzeit der Pentekoste einleitet. Dann wird die Feier 
des h. Abendmahles auch nach Aphraates erst am Schluß des 
— erfolgt sein oder, wie uns das Testamentum lehrt (s. u. 

S. 688), es fand am Donnerstag Abend, der ja zum Freitag gerechnet 
wurde, ein besonderer Festgottesdienst für das Passah in Parallele 
dem Osterfestgottesdienst statt. Bert vertritt die Meinung, daß, 
wie die jüdische Feier mit dem Passahmahl eröffnet wurde, “ 


N u ar F 


Exkurs IH. 685 


die christliche Feier mit dem ntlichen Passahmahl, der h. 
Abendmahlsfeier. Dieses christliche Passahmahl wäre, da das 
jüdische Passahmahl am 14. Nisan, d. h. an dem den 13. Nisan 
beschließenden Abend “zwischen Sonnenuntergang nach der 
Meinung des Aphraates gehalten wurde, zur selben Stunde des 
15. Nisan, also an dem den 14. Nisan beschließenden Abend 
gehalten. Bert stützt sich dabei auf die Wahrnehmung, daß 
die christliche Passahfeier ganz nach den Gesetzesvorschriften 
des A. Ts. und analog der jüdischen Passahfeier gestaltet war. 
Aber diese Analogie ist doch nieht vollständig, vor allem kannten 
die Juden kein Fasten in der Passahzeit, während dies für das 
ehristliche Passah das Charakteristische ist, Um die Fastensitte 
zu rechtfertigen, wird betont, daß der Herr von der Zeit des 
Hahnenrufes an nicht mehr gegessen und getrunken hätte, weil 
sie ihn gefangengenommen und angefangen, Gericht über ihn 
zu halten. Das Fasten wird auch an den Anfang der Bestand- 
teile des Passah gesetzt, wenn es heißt: „Aber von uns wird 
gefordert, daß wir das Fest halten zu seiner Zeit von Anfang 
bis zu Ende: das Fasten in Reinheit, das Gebet in Wahrheit, 
‘den Lobpreis mit Eifer und die Gesänge, wie es sich gebühret; 
daß wir das Zeichen geben und die Taufe, wie es recht ist, daß 
wir die Einsegnungen des Heiligen halten zu ihrer Zeit und 
alle Gebräuche des Festes erfüllen.“ Hätte Bert recht, würde 
Aphraates das Passahfest auf einen Fasttag, der mit der Ge- 
ahme einsetzte, beschränkt haben, und hätte die Feier 

selbst am Abend des 15. Nisan stattgefunden. Dann müßte man 
doch fragen, welches denn der Inhalt der Feier an den übrigen 
Tagen gewesen, sobald man am Montag das christliche Passah 
im Sinne von Bert gefeiert; es waren doch die sieben Tage der 
ἄξυμα bis zum 21. in Parallele zum christlichen Passah gestellt, 
und das „Fest des Ungesäuerten‘“ wird als das „Fest unseres 
Erlösers“ bezeichnet. Wie schon gesagt, in früherer Zeit mag 
eine quartodecimanische Observanz geherrscht haben, und würden 
wir diese unbedingt auch für Aphraates statuieren müssen, wenn 
er nicht von der „ganzen Woche des Festes“ redete. Am meisten 
erinnern die Ausführungen des Aphraates an die Nachricht, 
welche uns Sozomenos bezüglich der Berechnung der Monta- 
nisten überliefert hat (s. o. S. 640. Wenn auch letztere die 
τεσσαρεσχαιδεχάτη mit einem festen Tag des Sonnenjahres 


686 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


identifizieren und infolgedessen nicht in den Tagen der ἄζυμα 
mit den Juden feiern, so feiern sie ihr Fest, sobald dieser 
fixierte 6.April auf einen Sonntag fällt, in der folgenden Woche 
bis zum Sonntage und berufen sich ebenso wie Aphraates auf die 
Vorschrift Exod. 12,8 betreffs der Feier vom 14. bis 21 (s.0.8.643). 
Wir würden also annehmen, daß die Ostsyrer eine Ostervigilie 
am Schluß des Passah feierten und während des Gottesdienstes, 
der mit G@ebeten und Gesängen angefüllt war, die Taufe an die 
Katechumenen erteilen ließen. Nach Brechen des Fastens er- 
folgten „die Einsegnungen des Heiligen“, das sind wohl die für 
die Eucharistie dargebrachten Opfergaben, denn das gemeinsame 
Osterfest wurde eingeleitet durch den Genuß des Abendmahles. 
Man hätte gewünscht, daß Aphraates sich klar und bestimmt 
über das Passah geäußert hätte; man möchte auch wissen, ob 
diese Unklarheit auf die Unsicherheit des Verfassers selbst zu- 
rückzuführen ist, oder ob er nähere Kenntnis bei seinen Lesern 
voraussetzt. Aphraates hat neben den Christen die Juden im 
Auge, da er hervorhebt, er habe diese wenigen Worte der Er- 
mahnung zur Verteidigung gegen die Juden geschrieben, weil 
sie das Passah begehen mit Übertretung des Gebotes ($ 7). 
Er will den Nachweis führen, daß das Passah der Christen an 
die Stelle des Passah der Juden getreten ist; aus diesem Grunde 
durchzieht die ganze Abhandlung die Polemik, wie auch die 
Unterweisung über die Beschneidung (Hom. XT) und den Sabbat 
(Hom. XII) ihre Spitze gegen die Juden gerichtet hat, so daß 
diese drei Unterweisungen ein engeres Band omschlingk Durch 
diese besondere Abzweckung wird von neuem bestätigt, wie alles 
darauf angelegt ist, das christliche Passah von dem jüdischen 
abzurücken, es also nicht als eine Wiederholung der letzten 
Passahfeier Jesu erscheinen zu lassen. Bei dieser Stellung zum 
Judentum hätte man wohl erwartet, daß der Verfasser die Für- 


EV a ee 


1) Nach Aphraates ist die christliche Taufe in der Passahnacht 
durch die Fußwaschung der Jünger von seiten Jesu eingesetzt wor- 
den, während vorher die Jünger nur mit der Taufe des Priester- 
gesetzes getauft waren, welche der Bekehrung von den Sünden 
diente. In der Passahnacht hat er ihnen das Geheimnis der Taufe 
des Leidens und seines Todes gezeigt. Die Juden dagegen sollen 
in der Nacht des Passah, am Tage der Erlösung in der Wolke und 
im Meere getauft sein (8 6). 


Exkurs III. ; 687 


N bitte für die Juden am Tage des Passah berührt hätte, zumal 


bei den oben gegebenen Antithesen, aber von einem solchen 


= Ritus findet sich keine Spur. Es heißt sogar, daß die Juden 
ihrer Sünden von Zeit zu Zeit gedenken, während im Gegensatz 


ΝΕ ee u ΠΤ 


dazu die Christen der Kreuzigung und der Schmach des Erlösers 
gedenken. Wir erkennen daraus, daß die Gedanken der Didas- 
kalie selbst in der syrischen Kirche keinen Anspruch auf allge- 
meine Verbreitung erheben können. 

In der syrischen Kirche scheint auch in späterer Zeit der 
in der griechischen Kirche gebräuchliche Ausdruck für Ostern 
— Passah überhaupt nicht verbreitet gewesen zu sein. Dies 
erhellt deutlich aus dem Testamentum Domini nostri Jesu Christi. 
Dort lesen wir 1], 12 (p. 135 ed. Rahman.): Paschae solutio 
fiat media nocte, quae sequitur sabbatum. In pentecoste nemo 
ieiunet neque genua flectat: sunt enim illi dies dies quietis et 
laetitine. Die Passahfestzeit nimmt also ihr Ende um 12 Uhr 
in der Sonntagsnacht; in diesem Moment beginnt das Fest der 
Pentekoste. Beide Feste werden scharf ihrem Charakter nach 
unterschieden: das Passah ist die Zeit des Fastens, d. h. der 
Trauer, die Zeit der Pentekoste umfaßt die Tage der Ruhe und 
der Freude, daher in diesen Tagen das Fasten und das Knie- 
beugen verboten ist. Wohl ist die Passahzeit auf 40 Tage aus- 
gedehnt!, an welchen das Volk in der Kirche versammelt ist: 
vigilans, orans audiensque seripturas, hymnos et sermones doc- 
trinae, aber die Hauptfesttage fallen, wie in früherer Zeit, wo 
das Fasten auf eine Woche beschränkt war, in die ultima heb- 
domas paschae. Da treten hervor die letzten Tage, d. h. die 
feria sexta und der Sabbat; für sie wird angeordnet II, 18 (p. 139 
ed. Rahm.): diu noetuque fiant tot orationes quot cantiea. 
Coneio vero sit: prolixa leetionesque variae et cebrae. Vigiliae 
et antieipationes nocturnae bono ordine peragantur. Die Nacht 
vom Sabbat zum Sonntag wird bis um Mitternacht noch zum 


' Sabbat gerechnet; in dieser Zeit wird der Exoreismus und wohl 


auch die Taufe der Katechumenen vorgenommen? Und zu 
diesen Tagen tritt noch hinzu die feria quinta, d. h. der Donners- 


1) Vgl. II, 8 (p. 127 ed. Rahm.): Diebus autem quadraginta 


. paschae maneat "populus i in templo. 2) Vgl. II, 8 (p. 127 ed. Rahm.): 


Sabbato autem ultimo vigilat nocte, cum exoreizantur catechumeni, 
usque ad mediam noctem eiusdem sabbati. 


688 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostölorum. 


tag, an dem eine eucharistische Feier und ein liturgischer Abend- 
gottesdienst mit Schriftverlesung und Predigt stattfindet!, so daß 
das Fastengebot unterbrochen und dieser Gottesdienst als sonn- 
täglicher gewertet wird. Freitag und Sonnabend der Passahzeit 
sind Vollfasttage, daher nur in Ausnahmefällen davon dispen- 
siert werden kann, wenn z.B. II, 20 (p. 143 ed. Rahm.) ange- 
ordnet wird: Si mulier praegnans aegrotet et nequeat observare 
ieiunium illis duobus diebus ieiunet altera die sumatque in 
prima panem et aquam et si nequit accedere (ad ecelesiam), 
diaconissa ad ipsam deferat communionem, d. h. von der Eucha- 
ristie am Osterfest. Unter den beiden Fasttagen gilt der Sabbat 
als der höhere, da er wohl als Abschluß des Passah und als 
Vorbereitung auf das Freudenfest angesehen wird? 

Auch in der ägyptischen Kirche hat sich die ältere An- 
schauung vom Passah noch längere Zeit lebendig erhalten, wie 
wir aus dem Kanon 22 der sogen. Canones Hippolyti erkennen: 
Hebdomas, qua Judaei pascha agunt, ab omni populo summo 
cum studio observetur caveantque imprimis, ut illis diebus ieiuni 
maneant ab omni eupiditate, ita ut in omni sermone non lo- 
quantur cum hilaritate, sed cum tristitia ..... Cibus autem, 
qui tempore πάσχα convenit, est panis cum solo sale et aqua, 
Si quis morbo affeetus est vel ruri vitam agit, ubi christianos 
non novit, ita ut tempore πάσχα laetitiae se permittat ignorans 
terminum eius, vel si morbo extremo eoactus erat — hi omnes 


1) Vgl. II, 11 (p. 135 ed. Rahm.): Feria quinta ultimae heb- 
domadae paschae offeratur panis et calix..... Offeratur lucerna in 
templo a diacono, qui dicit >Gratia domini nostri cum omnibus vo- 
Οἶδε et omnis populus respondet >et cum spiritu tuo«. Psalmos spi- 
rituales dicant pueruli et cantica ad accensionem lucernae, Univer- 
sus populus psallens voce consona respondeat: >Alleluja«, Nemo autem 
genua flectat, donec is, qui dicit, desierit. Item si lectio legitur vel 
doctrinae verbum profertur. Quando itaque nomen domini profertur vel 


cetera alia, αὐ supra commemoratum fuit, nemo se inclinet ingre- 


diens reptans. Vgl. S. 697 die Bemerkung des Epiphanius. 
2) Das erkennt man auch aus der Ägypt. KO.: „Aber wenn einer 


krank ist und nicht die Kraft besitzt, an den zwei Tagen zu fasten, ἡ 
so möge er an dem Tage des Sabbat fasten wegen der Notlage, sich 
aber mit Brot, Salz und Wasser begnügen (vgl. Achelis in TU VL,4 


— 


[1891], S. 115 ἢ). Letztere Bestimmung gilt für den Freitag. In a 
der Übersetzung bei Achelis ist fälschlich πάσχα mit „Osterfest* 


übersetzt. Be 


Ton 


Exkurs III. 689 


ieiunent post pentecosten et πάσχα religiose observent, ut appa- 


reat, eorum intimam intentionem non eam fuisse, ut abieeto 
timore et neglecto ieiunio proprium sibi constituerent πάσχα, 
ponentes fundamentum aliud ae illud, quod positum est. Tref- 
fend bemerkt Drews RE? XIV, 739 dazu, „daß sich mit dem 
πάσχα für den Verfasser weder die leiseste Erinnerung an Ostern, 
noch der leiseste Gedanke an festlicher Freude verbindet, — 
πάσχα ist Zeit des Trauerns. Wer in der Vorstellung lebt, 
daß Passah beides sei, eine Zeit der Trauer und der Freude, 
oder gar der Freude allein, der kann unmöglich so schreiben, 
wie der Verfasser dieses Kanons tatsächlich geschrieben hat“. 
Hervorheben will ich noch, daß das Passah am Montag in der 
Woche beginnt, in welcher die Juden ihr Passah feiern. Inter- 
essant ist weiter die ins Auge gefaßte Möglichkeit, daß ein Christ 
auf einsamer Scholle den Termin des Passah nicht erfährt und 
deshalb die Fasten nicht beobachtet. Er soll mit andern Kran- 
ken das aus Unwissenheit Versäumte in der Zeit nach der Pente- 
koste nachholen, d. h. später sein Passah für sich feiern. Im 
übrigen leitet der Ostersonntag die Pentekoste ein. 

Im Zusammenhang mit den vorhergehenden Vertretern der syri- 


schen Kirche möchte ich noch Epiphaniüs behandeln. Wir haben 


bereits an zahlreichen Stellen die Übereinstimmung des Epiphanius 
mit den Bestimmungen der Didaskalie über das Passah kon- 
statieren können und darauf hingewiesen, daß Epiphanius die 
Didaskalie, welche er unter dem Titel διάταξις τῶν ἀποστό- 
io» vor sich hatte, als eine Quelle kanonischen Rechtes be- 
trachtet hat!, Er weiß wohl, daß sie τοῖς πολλοῖς ἐν ἀμφι- 
λέχτῳ, d.h. ihr apostolischer Ursprung wird angezweifelt, aber 
in seinen Augen ist sie οὐχ «@doxıuog?. Er begründet seinen 
Standpunkt also: πᾶσα γὰρ ἐν αὐτῇ χανονικχὴ τάξις ἐμφέρεται 
χαὶ οὐδὲν παραχεχαραγμένον τῆς πίστεως οὐδὲ τῆς ὁμολογίας 


1) Über die Benutzung der Didaskalie durch Epiphanius vgl. 
die Zusammenstellung und Beurteilung bei Funk, Didascalia II, 3#. 
2) Seine Wertschätzung war keine persönliche, denn der Bearbeiter 
der ersten 6 Bücher der Apostol, Constitutionen am Ende des 
4. Jahrh. hat sie mit zeitgemäßen Modifikationen in das neue kirch- 
liche Rechtsbuch inkorporiert und, nach der Übersetzung ins La- 
teinische zu urteilen, muß sie auch innerhalb der abendländischen 
Kirche Verehrer gehabt haben. Die Audianer in Mesopotamien und 
Syrien benutzten sie als kirchliches Rechtsbuch. 

T. u. U, '14: Schmidt-Wajnberg. 44 


690 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


οὐδὲ τῆς ἐχκλησιαστικῆς διοικήσεως καὶ πίστεως (h. 70, 10). 
Durch die vollständige Publikation des Textes sind uns die 
Augen geöffnet, wie stark Epiphanius von dieser Urkunde ab- 
hängig ist, und wir können dadurch manche Schwierigkeiten be- 
heben, vor denen die früheren Herausgeber des Epiphanius rat- 
los standen !. Dies gilt ivsbesondere für die Berechnung des 
Passah und der Leidenswoche, wie sie uns h. 51, 26 vorliegt, 
die so vielen Gelehrten Kopfzerbrechen bereitet hat. Epiphanius 
gibt zwei feste Daten über den Leidenstag und über den Tag 
der Gefangennahme. In bezug auf den ersten Punkt berichtet 
er uns: Πάσχει δὲ ἐν τῇ πρὸ δεχατριῶν καλανδῶν ᾿Απριλλίων 
ὑπερβεβηχότων αὐτῶν μίαν ἑσπέραν τουτέστιν ἐν τῇ τεσσα- 
ρεσκαιδεχαταίας σελήνης νυκτερινῇ μέσῃ, betreffs der Gefangen- 
nahme heißt es: συλλαμβάνεται δὲ τῇ αὐτῇ τρίτῃ ὀψέ, ἥτις 
ἦν ἑνδεχάτη τῆς σελήνης νυχτερινὴ πρὸ δεκαὲξ χαλανδῶν 
᾿᾿πριλλίων. Darnach liegt zwischen der Kreuzigung und der 
Gefangennahme ein Zeitraum von drei Tagen, da die letztere 
am 17. März, erstere am 20. März erfolgt sein soll. Diese 
Chronologie der Leidenswoche fand der orthodoxe Epiphanius 
nicht in den Evangelien, sondern in der Didaskalie, deren Er- 
zählung er in seiner Gutgläubigkeit für authentischer gehalten 
haben muß als die der Evangelien. Die τρίτη ὀψέ war nach 
der Rechnung der Didaskalie die Nacht von Dienstag auf Mitt- 


woch, sie gehört aber nieht mehr zur τρίτη ἡμέρα, sondern ist ; 


bereits die zur τετάρτη ἡμέρα gehörende Nacht, indem nach 


jüdischer Zählung die vorhergehende Nacht zum folgenden Tage 


gerechnet wird?. Diese Zählung hat Epiphanius seiner eigenen 
Berechnung zugrunde gelegt. Demgemäß ist der Herr Mittwoch 
Nacht gefangen genommen worden. In derselben Nacht hat er 
auch das Passahmahl gegessen, d.h. τῇ τρίτῃ ἑσπέρας. Nun 
gibt Epiphanius als das Mondalter die ἑνδεχάτη τῆς σελήνης 


1) So schreibt Petavius zu der Stelle des Epiphanius: Nulla 
Sibyllae folia neque Sphingis aenigmata cum eorum quae sequun- 
tur obscuritate conferri possunt. 2) Vgl. Didasc. 8. 102, 27f: Ὁ Ὁ 
„Nämlich die Nacht nach dem dritten der Woche gehört zum vierten 
der Woche, wie geschrieben steht: »Es wurde Abend und es wurde 
Morgen: Tag einse. Der Abend gehört also zum darauffolgenden 
Tage. Am dritten der Woche nämlich, am Abend, habe ich rn E 


genommen.“ 


Exkurs II. 691 


. er für -die Nacht von Mittwoch an, in Wahrheit gehört sie aber in 
die δωδεχάτη τῆς σελήνης. "Boll —— die Stelle dadurch zu 
- korrigieren ', daß der Satz ἥτις ἦν. καλανδῶν ᾿᾿πριλλίων 


bloß auf τρίτῃ, nicht auf τρίτῃ ὀψέ zu beziehen und νυχτερενή 


_ einzuklammern sei. Aber dadurch ßricht man gerade das Herz- 


» 

F, 
» 
ὡ 
εἰ 
ἣν 
2 
= 
a 


stück heraus, denn τρίτῃ ὀψέ und νυχτερενή hängen mit der 
Gefangennahme Jesu eng zusammen. Im Text liegt kein Fehler 
vor; wir müssen den Fehler bei Epiphanius suchen, der aus 
seiner Quelle den Ausdruck τρίτῃ ὀψέ übernommen hat, ohne 
sich volle Klarheit darüber zu verschaffen, welchen Sinn diese 
Zeitbestimmung eigentlich hat. Dies erkennt man sofort an den 
folgenden Worten: τετρὰς ἐπιφώσχουσα δωδεκάτη νυχτερινὴ 
πρὸ δεχαπέντε χαλανδῶν ᾿Απριλλίων, denn τετρὰς ἐπιφό- 
σχουσα ist nach jüdischer Rechnung die Nacht von Dienstag 
auf Mittwoch, τετρὰς ἐπιφώσχουσα und τρίτη ὀφέ sind voll- 
kommen dasselbe. Diese Bezeichnung war dem Epiphanius die 
geläufige, darum schreibt er Exp. fid. e. 21: ἐπιφωσχούσῃ τετράδι 
συνελήφϑη ὁ κύριος. Hier finden wir auch das richtige Mond- 
alter δωδεχάτη νυχτερινή. Es laufen also die beiden Sätze 
parallel, der zweite ist nur eine Dublette des ersten. Wenden 
wir uns nun zu dem Passus über das Leiden. Es hat stattge- 
funden ἐν τῇ πρὸ δεχατριῶν ᾿᾿πριλλίων. Diesen Ansatz hat 
Epiphanius nach seiner Versicherung dx πολλῆς ἀχριβείας fest- 
gestellt (b. 50, 1). Diesen gilt es nun mit der jüdischen Mond- 
rechnung in Einklang zu bringen. Nach feststehender Über- 
lieferung hat das πάϑος ἐν τῇ τεσσαρεσχαιδεχαταίας σελήνης 
stattgefunden, das war das προσάββατον τεσσαρεσχαιδεχάτη ἡμε- 
ρθινή = πρὸ δεκατριῶν καλανδῶν ᾿Απριλλίων (26,3: 11,5. 297, 6f. 
der Ausgabe von Holl). Zu diesem Tage gehört als νυχτερενὴ 
teooeveoxaudexe@rn die Nacht von Donnerstag auf Freitag. An 
diesem Tage resp. in der »vxr. τεσσαρ. hätte Jesus mit den 
Juden regelrecht das gesetzliche Passah feiern müssen, wenn er 
es nicht τῇ τρίτῃ ἑσπέρας gegessen; deshalb fügt auch Epipha- 
nius die Worte hinzu: ὅπερ ἔδει τῇ πέμπτῃ ἑσπέρας. τεσσαρεσ- 
καιδεχάτη γὰρ οὕτως ἦν ἡ πέμπτη. Da ertappen wir Epiph. 


1) Durch die Liebenswürdigkeit meines Kollegen Holl konnte 
ich bereits die gedruckten Bogen seines 2. Bandes der Ausgabe des 
Epiph. einsehen und auch mündlich von ihm manche Anregungen 
empfangen, 

44* 


692 Sehmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


als Benutzer der Didaskalie, denn dort war ebenfalls die 
πέμπτη in παρασχευή verwandelt, indem die πέμπτη ἑσπέρα 
zu Freitag gezählt wurde (S. 107, 12). Daher nimmt er an, 
daß die Juden das Passah am Abend des 14. Nisan, nicht, wie 
es tatsächlich der Fall, am Abend des 15. feierten. Für die 
Tatsache, daß die Juden im Todesjahre Jesu προέλαβον καὶ 
ἔφαγον τὸ πάσχα um zwei Tage, beruft er sich auf das Evan- 
gelium. Diese zwei Tage gewinnt er aus Matth. 26, 2, wie aus 
einem von Holl entdeckten Bruchstücke der epistola ad Eusebium 
et Marcianum hervorgeht: ὥς φησι καὶ ὁ ἱερώτατος Ματϑαῖος 
περὶ τοῦ σωτῆρος ὅτι εἴρηκε τοῖς μαϑηταῖς" οἴδατε ὅτι μετὰ 
δύο ἡμέρας τὸ πάσχα γίνεται καὶ 6 υἱὸς τοῦ ἀνϑρώπου παρα- 
δίδοται εἰς τὸ σταυρωθῆναι. Aus μετὰ δύο ἡμέρας ist im 
Handumdrehen ein πρὸ δύο ἡμερῶν geworden. Nun stimmt 
ja die Rechnung, daß statt πέμπτῃ ἑσπέρας Jesus τρίτῃ ἑσπέρας, 
also zwei Tage vorher gefeiert. Warum aber spricht Epiphanius 
immer von einer ὑπέρβατος μία ἡμέρα, die die Jaden bei 
ihrer Berechnung eingefügt hätten, indem sie sich bei der 
lonuspia um einen Tag irrten?! Infolgedessen ist die τεσσαρεῦ- 
δεχάτη um einen Tag verschoben. Es ist demnach das Passah 
nicht um zwei Tage, sondern um drei Tage zu früh angesetzt, 
d.h. das gesetzliche Passah hätte am Freitag Abend gegessen 
werden müssen. Epiphanius gibt uns eine ausführliche Begrün- 
dung dieser Fehlberechnung dureh Vorführung der jüdischen 
Mondrechnung mit ihren verschiedenen Einschaltungen und faßt 
sein Ergebnis in folgende Worte zusammen: Ἕνεχεν τοίνυν τού- 
του τότε σφαλέντες οὐ μόνον προέλαβον ϑορυβούμενοι τὰς δύο 
ἡμέρας βεβρωκότες τὸ πάσχα, ἀλλὰ καὶ τὴν ὑπέρβατον προῦ- 
ϑέντες μίαν ἡμέραν, κατὰ πάντα τρόπον αὐτοὶ μὲν σφαλέντες 3 


1) Vgl. 27, 4: ὅτι καὶ ἀνάστασις. nal ἰσημερία πρὸ ἕνδεκα καὶ. 
Angıkkiov (ἐγένετο), περὶ ἣν πλανηϑέντες (ol Ιουδαῖοι) ὑπέρβατον 
μίαν ἡμέραν ἐποίησαν. 2) Funk, Didase, II, 8 hat die ὑπέρβατος. 
μία ἡμέρα bei Epiphanius ganz übersehen, da er schreibt: De 
spatio temporis autem vel de numero dierum facile differre potuit 
Didascalia, praesertim dies lunae respiciens, pascham illo anno 
undecima lunae vel tertia sabbati celebratam esse refert et tempus 
paschae legitimum decimam quartam lunae designat, ita ut inter- 
vallım trium dierum sit. Epiphanius diem hebdomadis vel feriam 
III retinens atque considerans, suo tempore memoriam 8. cenae 


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Exkurs III. 693 - 


Man würde wohl schwerlich das Rätsel betreffs der 
ἡμέρα ὑπέρβατος lösen können, wenn wir nicht die Aufklärung 


"aus der Didaskalie empfingen. Denn dort lesen wir $. 111, 16: 


„Darum feierten sie das Passah drei Tage früher, am elften des 


τ᾿ Monats, am dritten der Woche.“ Hier wird die Heraufsetzung 


mit der Sorge der Priester und Ältesten motiviert, daß man 
einen Tumult befürchten müsse, wenn Jesus während des 
Festes ergriffen, wo so viel Volks in Jerusalem versammelt 
(8. 111,92. Da haben wir die drei Tage vor uns, aber die 
Rechnung hat Epiphanius bei seiner bekannten Flüchtigkeit 
nicht durchschaut, denn in Wirklichkeit hat die Vordatierung 
nur um zwei Tage stattgefunden, sobald man die jüdische Tag- 
zählung vornimmt. Anders aber gestaltet sich die Sache bei 
der Berechnung nach dem Monatsdatum. Nach der Didaskalie 
war in der Leidenswoche Montag der 10. Nisan, Dienstag der 
11., Mittwoch der 12., Donnerstag der 13., Freitag der 14. 
Zählen wir also vom 14. bis zum 11. zurück, so ergeben sich 
drei Tage; rechnen wir aber von der Zeit des Passahessens aus 
Dienstag Abend bis zum Donnerstag Abend, so sind es eigentlich 
zwei Tage. Epiphanius, welcher die Fälschung der Didaskalie für 
wahre Geschichte gehalten hat, ohne sich freilich deren Moti- 


$ vierung zu eigen zu machen, wittert hinter diesem dritten Tag 


eine chronologische Finesse und ersinnt die ὑπέρβατος ἡμέρα. 
Wäre nun wirklich die τεσσαρεσχαιδεχάτη um einen Tag zu 
früh angesetzt, so wäre die τεσσαρ. γνυχτερινή rechtmäßig auf 
Freitag Nacht, die reooag. ἡμερινή auf Sonnabend Tag gefallen. 
Dann wäre der Todestag Jesu ein Sonnabend gewesen, was aber 
der evangelischen Überlieferung schnurstracks widerspricht, da 
nach den Angaben der Synoptiker wie des Johannes der Tag 
der Kreuzigung ein Freitag war. Die Konfusion ist erst durch 
Epiphanius in die Chronologie der Leidenswoche hineingetragen. 
Jetzt können wir den Versuch machen, den Sinn des Satzes zu 
erfassen: πάσχει... ὑπερβεβηχότων αὐτῶν μίαν ἑσπέραν 
τουτέστιν ἐν τῇ τεσσαρεσχαιδεκάτης σελήνης νυχτερινῇ μέσῃ. 
Auffällig ist zunächst, daß wir hier anstatt wie» ἡμέραν lesen 
μίαν Ber. Holl will daher den ganzen Satz etwa ergänzen: 


ubique feria V celebrari, consequenter de duobus intervalli diebus 


loquitur. 


694 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolornm. 


πάσχει... . ᾿Απριλλίων (ἐπιτελούντων τῶν Ἰουδαίων τὸ πάσχα 
πρὸ δύο ἡμερῶν τοῦ ὡρισμένου καιροῦ, ἔτι dt) ὑπερβεβηκότων 
αὐτῶν μίαν (ἡμέραν, σφαλέντων περὶ τὴν ἰσονυχτίαν, ἥνπερ 
ἐνόμιζον εἶναι τῇ τεσσαρεσχαιδεχάτῃ, ἑσπέρας". Aber für die 
Fixierung der Passion auf den 20. März hat die Tatsache, daß 
die Juden statt am Donnerstag Abend das Passah am Dienstag 
Abend gefeiert haben, m. E. keine Bedeutung, denn Christus ist 
ja nicht an dem auf die Passahnacht folgenden Tage, d.h. am 
Mittwoch gekreuzigt, sondern am Freitag, zu dem die vorher- 
gehende Nacht gehörte. Eins darf dagegen nicht fehlen bei 
der Passion, das ist die τεσσαρεσχαιδεχάτη σελήνης. In bezug 
auf diesen Punkt herrschte Übereinstimmung unter allen denen, 
welche Jesus am Passahtage der Juden gekreuzigt sein ließen, 
Nun gehört Epiphanius zu der Gruppe, welche in dem 14. Nisan 
den Todestag erblickten. Darum heißt es ganz korrekt: πάσχει 
ἐν τῇ πρὸ δεχατριῶν καλ. Ang... . τουτέστιν ἐν τῇ τεσσαρεσ- 
καιδεκαταίας σελήνης, denn Donnerstag Nacht und Freitag Tag 
gehörten zum 14. Nisan, aber es folgen noch die Worte νυχτε- 
ρινῇ μέσῃ. Indem er den 14. Nisan als den Passahtag der 
Juden auffaßt, mischt sich ihm unwillkürlich der Gedanke an 
das am Abend stattfindende Passah ein, darum redet er nicht 


mehr von ἡμέρα, sondern von ἑσπέρα in Parallele zu τρίτῃ 
ἑσπέρας. Die Juden haben irrig das Passah um einen Abend 


zu früh angesetzt, d. h. sie haben es am Donnerstag Abend statt 
am Freitag Abend gefeiert. Epiphanius bemerkt aber garnicht, 
daß .diese Einschaltung überhaupt ganz überflüssig ist, denn 
wenn die Juden das Fest um zwei Tage vorgerückt haben, so 
fällt schon ohne weiteres das Fest auf Donnerstag Abend zu 


Freitag. Epiphanius hat ganz übersehen — hierin folgt er seiner 


Quelle, der Didaskalie —, daß die Juden genau genommen stets 


am Abend des 15. Nisan das Passah feierten, aber das Mond- 
alter XIV beibehielten, da sie den Monatstag als den 14. be- 


zeichneten. Von dem Passah, nicht von dem Termin des Todes 


leitet sich auch ab die Hinzufügung von vvzregıvjj, denn nie- 4 
mals konnte man den Tod auf die Nacht der τεσσαρεσχαιδε- 
κάτη verlegen; Epiphanius scheint ganz vergessen zu haben, 


1) Ich glaube, daß die Ergänzung viel zu lang ausgefallen ist, da rou- Pt 
τέστιν ἐν τῇ τεσσ. σελ. viel näher zu ἐν τῇ πρὸ der. zul. ’Ang. stehen muß. 


ἀπ χων DE 695 


daß er von dem Datum der Passion redet. Aber noch ver- 
_ wiekelter wird die Sache durch die Verbindung νυχτερενῇ μέσῃ... 
Was haben wir nun darunter zu verstehen? Soll darunter die 
ἰσονυχτία verstanden werden, die die Juden fälschlich auf die 
τεσσαρεσχαιδεχάτη verlegten, also auf die Nacht von Donners- 
ἢ tag auf Freitag? Dann fiele die ἰσημερία auf den Freitag 
selbst. Nach c. 26, 4 fällt aber die ἀνάστασις χαὶ ἰσημερία 
| auf πρὸ ἕνδεκα χκαλανδῶν ’Argılliov, dem entspricht in e. 27, 6 
die Angabe: χαὶ ἀναστὰς κατ᾽ Alyurriovs Φαμενὼϑ' ἕχτῃ καὶ 
εἰχάδι (= 22. März), ἥτις ἦν ἰσημερία παρελϑούσης νυχτὸς καὶ 
ἰσονυχτία μετὰ τὴν πέμπτην (καὶ) εἰκάδα καὶ πρὸ τὰ καλανδῶν 
᾿Απριλλίων. Ich fürchte, es ist vergebliche Liebesmüh, in diesen 
Wirrwarr Licht zu schaffen; die Schuld liegt nicht allein bei der 
Überlieferung, so leicht auch die Zahlen durch die Schreiber 
verschrieben sein mögen, sondern bei Epiphanius selbst. Denn 

er benutzte als Basis für seine Berechnung eine Überlieferung, 

die von fingierten Annahmen ausging, eine Fiktion, welche ge- 
schaffen war, um die Leidenswoche als sechstägiges Wochen- 
fasten zu illustrieren, nicht um eine sichere Datierung für die 
Berechnung des Todes- resp. Auferstehungstages zu gewinnen. 
Denn weder hatten die Juden das gesetzliche Passah zwei Tage 
vorher gefeiert, noch hatten sie überdies einen Tag zu früh 
die τεσσαρεσχαιδεχάτη angesetzt. Die drei Tage, welche der 
Verfasser der Didaskalie angenommen, beruhten ja auf der ge- 
wöhnlichen Wochenrechnung, nicht auf dem jüdischen Mond- 
- alter. Dazu kam die Umsetzung der Tage in die Kalender- 
E: rechnung nach der jüdischen, lateinischen und ägyptischen 
Zählung. Auch mit dem Ausdruck ἐπεφώσχουσα scheint Epi- 
phanius auf Kriegsfuß zu stehen, denn sonst hätte er erkennen 
müssen, daß τρίτῃ ὀφέ und τετρὰς ἐπιφώσχουσα identisch sind, 
und ebenso hätte er die ἐπεφώσχουσα xzugraxn nicht fälschlich 
mit πεντεχαιδεχάτη νυχτερινή statt ἔχχαιδ. νυχτ. bezeichnet. 
Wir hatten auch für die Didaskalie die falsche Auffassung von 
ὀψὲ σαββάτων τῇ ἐπιφωσχούσῃ εἰς μίαν σαββάτων konstatiert. 
Überhaupt steckt hier die eigentliche Konfusion, die wahrschein- 
lich dem Epiphanius selber zur Last fällt, es sei denn, daß der 
ganze Text verderbt ist. Denn lassen wir zunächst ἐπεφώσχουσα 
κυριαχή beiseite, so ist πεντεχαιδεχάτη νυχτερινή die Nacht 
von Freitag auf Samstag. Auf diese paßt die Bemerkung ὅπερ 


696 Schwidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


ἦν φωτισμὸς "Ardov, denn die Erleuchtung des Hades wurde 
auf die zwölfte Stunde, auf die Zeit des Sonnenunterganges 
resp. des Begräbnisses Jesu verlegt. Als man seinen Leichnam 
ins Grab legte, da ist die Seele zum Hades hinabgestiegen und 
ist der Hades erleuchtet worden. Der Text fährt fort χαὶ γῆς 
χαὶ οὐρανοῦ καὶ νυχτὸς χαὶ ἡμέρας. Kann man auch noch von 
einer Erleuchtung der Erde und des Himmels reden, die in dem 
Momente des Herabstieges in die Unterwelt stattfand, so ist 
dies bei νυχτὸς χαὶ ἡμέρας unmöglich. Holl liest mit Recht 
(loorng) νυχτὸς καὶ ἡμέρας, diese Bestimmung gehört aber zu 
ἐπιφώσχουσα χυριαχή, zu der Nacht von Samstag auf Sonntag, 
da die ἰσημερία auf Sonntag fiel. Deshalb müssen m. Ἐς, zwei 
verschiedene Sätze im Text zusammengewürfelt sein, und diese 
Konfusion hat ihren Grund darin, daß Epiphanius die Bemerkung zu 
Sonntag wegen der ἡμέρα ὑπέρβατος auf die Nacht zu Samstag ver- 
schob. Epiphanius muß also eineBerechnung vor sich gehabt haben, 
welche nichts von einer falschen Ansetzung der τεσσαρεῦχ wußte, 
sondern sich einfach an die Leidenswoche anschloß. Diese können 
wir ohne weiteres konstruieren; sie hatte folgendes Schema: 
Montag Nacht — ἐνδεχάτη νυχτεριγή \ * : Ä 
Dien GEEHRT \y τ τρίτη τῶν σαββάτων — 11. Nisan 
Dienstag Nast — Hader. mu. |, 7 AVL Ba, Al, τ Ro 
Mittwoch Tag — dudex. husg. κ! “τετράς τ. GERT — 
Mittwoch Nacht — wu γυχτ. ) ! — un ἘΣ > eure 
Donners τς τρισχαιδιὴμερ.λ — D 
en — — — — J Aue; ürz 

itag Tag — reooageox.hueo:\) "΄ zu 2 
— Nacht — πεντεχ. ὙΠ AI. Καὶ. April. 20.2008 


ee (| --- σάββατον — 15. Nisan 
ar Her zer NG) — KII.Kal. April. -- 25. Phamenoth—21. März 
— 2 — (ia τ. σαββ. resp. χυριακχή) — 16. Nisan 
Be rn Ἔθνος XI, Kal. April. — %6. Phamenoth — 22. März. 


Bei dieser Gegenüberstellung wird man verstehen, wie leicht 


eine Konfusion eintreten mußte, und dies um so mehr, als manche 


Daten mit gar keinem Inhalt ausgefüllt werden konnten!. Denn 
abgesehen von dem Faktum der Gefangennahme in der Dienstag 


Nacht, der Kreuzigung am Freitag, des Hinabstieges in den 


1) Epiphanius hat daher es vorgezogen, uns nur eine Anzahl vo 


Daten zu geben; sein Schema ist gegenüber dem von mir aufge 


stellten lückenhaft. 


ehe 


ee. REKTOR Lo A ME Si N Σ 
a Te τς ARE ὅς, οὐ a a DE ee, Ὁ τς στὰς 


ara ES 


Nah nt, Mund 


et ee TEE 697 


Bades am Freitag Abend und der Auferstehung in der Sams- 


tagsnacht fehlen alle sonstigen Notizen, ein beredtes Zeichen, 


— daß für die anderen Zeiten nichts Besonderes zu melden war. 
Wäre also die Gefangennahme nicht künstlich zurückdatiert, 


wäre der ganze Apparat überflüssig gewesen, und Epiphanius 


hätte sich und uns seine chronologischen Experimente ersparen 


können !'. Dort, wo er nicht durch solehe Tüfteleien beschwert ist 
wie in Exp. fid. e. 21, gibt er den bestehenden Zustand faßlich zu 
erkennen. Hier liefert Epiphanius noch einige interessante Notizen 
über lokale Feiern des Passah, daß z. B. die Christen ἔν rucıw 
τόποις τὴν μετὰ τὴν πέμπτην ἀγρυπνοῦσιν ἐπιφώσχουσαν εἰς 
τὸ προσάββατον καὶ τὴν χυριαχὴν μόνας. Diese ἀγρυπνία in 
der Nacht von Donnerstag auf Freitag läßt darauf schließen, 
daß man die Feier des Passah mit Einsetzung des Abendmahles 
und die Gefangennahme auf diese Zeit verlegte, wie wir es bei 
Aphraates feststellen konnten. Es fand demgemäß ein Nacht- 
gottesdienst statt. In diesem Falle war die ἀγρυπνία von Frei- 
tag Nacht auf Samstag unterbrochen und setzte erst in der 
Östernacht wieder ein. Vielleicht hängt damit zusammen der 


‚Brauch in andern Gegenden, die Eucharistie am Donnerstag 


um 3 Uhr, also bei Beendigung des Tagesfastens, zu feiern, 


aber nach Beendigung der Feier wieder die Zeit der ξηροφαγία 


zu beginnen. Dagegen herrscht in andern Gegenden die Praxis, 
die Eucharistie während der Passahzeit und auch wohl während 
der Quadrages nur zu feiern ἐπιφωσχούσης τῆς κυριακῆς, ὅτε 
ἀπολύει περὶ τὴν τῶν ἀλεχτρυόνων κλαγγὴν ἐν τῇ ἀναστα- 
σίμῳ ἡμέρᾳ καὶ πανηγύρει μεγάλῃ, ἡμέρᾳ τοῦ πάσχα, &g προσ- 
τέταχται. In diesem Brauche trafen die Abweichenden wieder 


- zusammen, wenn auch nicht alle das Österfasten mit dem 


Hahnenschrei brachen. 
Nach dieser längeren Digression wende ich mich jetzt zu 


3 dem dritten Punkt, zu der Behandlung der gottesdienstlichen 


1) Über seine Osterberechnung 5. ο. S.675f. 2) Diese Sitte 
könnte man für syrische Gemeinden voraussetzen, wo man annahm, 
die Juden feierten ihr Passah stets in der hereinbrechenden Nacht 
des 14. Nisan, nicht in der hereinbrechenden Nacht des 15. Nisan, 
wie es tatsächlich der Fall war. Auf die Urwoche übertragen, be- 
deutet dies, daß Jesus in der Donnerstagnacht das gesetzliche Passah 
gegessen, am Freitag dem 14. Nisan gekreuzigt sei. 


698 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Form der quartodecimanischen Passahfeier. Daß irgendwelche 
Kontroversen über diesen Punkt stattgefunden haben, hören wir 
nirgends. Daraus ergibt sich zunächst, daß an der gottesdienst- 
lichen Form die Großkirchler keinen Anstoß genommen haben. 
Nach unserer Epistola fand die Feier in der Nacht statt, schloß 
sich mithin an die jüdische Observanz des Passah an, das ja 
einen pannychischen Charakter trug. Diese Vigilie dauerte bis 
zum ersten Hahnenschrei, der sogen. ἀλεχτοροφωνία, denn es 
heißt S. 54, 6 Ko. VIII, 7: „Er (se. Petrus) wird herausgehen 
(aus dem Gefängnisse) und zu euch kommen, er wird die Nacht- 
wache mit euch verbringen und bei euch bleiben, bis daß der 
Hahn kräht.“ Es ist eine festliche Versammlung, an der die 
ganze Gemeinde teilnimmt und die sich beim Hahnenschrei auf- 
löst. Über den Beginn der Feier wird nichts gesagt; wir können 
nur vermuten, daß das Brechen des Fastens mit dem Zeitpunkt 
eingetreten ist, wann die Juden ihr Passahmahl zu beginnen 
pflegten, oder wann Jesus in die Ruhe eingegangen war, da es 
sich ja um sein Gedächtnis handelte. Der Hahnenschrei ist eine 
Zeitbestimmung, die bereits in den Evangelien als bekannt vor 
ausgesetzt wird, denn nach Mare. 13, 35 wird die „Nacht einge- · 
teilt in ὀψὲ ἢ μεσονύχτιον ἢ ἀλεχτοροφωνίας ἢ πρωΐ; dies 
entspricht nun den vier φυλαχαί der römischen Militärsprache. 
Gewöhnlich versteht man unter dem ersten Hahnenschrei die 
dritte Stunde der Nacht. Diese Nachtstunde spielt auch in der 
Östervigilie eine große Rolle, weil in diese Stunde die Aufer-- 
stehung verlegt wurde, denn mit diesem Moment nahm die 
Osterfeier ihren Anfang. Nach der Didaskalie wird, wie wir 
gesehen haben, dasFasten nach vorhergehendem feierlichem Gottes- 
dienst in der dritten Stunde der Charsamstagnacht gebrochen 
(8. 112,1. 12; 114,2). Der Verfasser der Apostol. Constit. V, ᾿ς 
19, 2. 3 hat diese Berechnung übernommen, indem die kirchliche 
Versammlung der Passahfeier von Abend bis zum Hahnenschrei 
andauert!. Nicht deutlich ist, auf welehe Stunde Aphraates di 
Auferstehung verlegt hat,‘ denn nach $ 4 ist der Herr auf 
standen in der Nacht des hereinbrechenden Sonntags, zu 


1) ἐπιφωσκούσης μιᾶς σαββάτων, ἥτις ἐστὶ πυριακή, ἀπὸ kond- 
θας ἕως ἀλεκτοροφωνίας ἀγρυπνοῦντες καὶ ἐπὶ τὸ αὐτὸ ἐν τῇ ἐκκλη- 
σίᾳ συναϑροιζόμενοι γρηγορεῖτε. Über die Ostervigilie —J Epiph. 
Expos. fid. ec. 21; Lactant., Instit. VII, 9, 3. 


Ta kn IIL., 699 


Zeit, da er seinen Leib und sein Blut seinen Jüngern überreicht 
‚hatte. Wann aber Jesus das Abendmahl an seine Jünger aus- 
geteilt, wird nicht gesagt, nur daß es stattgefunden hat nach 
dem Weggange des Judas; indirekt könnte man aus der Be- 
ο΄ merkung, daß Jesus von der Zeit des Hahnenrufes an nicht mehr 
; gegessen und getrunken habe ($ 8), schließen, daß auch Aphra- 
 ates die Auferstehung auf den Hahnenruf ansetzte. Diese Zeit- 
bestimmung ist nicht überall die gleiche gewesen und infolge- 
- dessen herrschte auch inbezug auf die Zeit des Fastenbrechens 
eine Verschiedenheit. In dem Briefe des Dionysius v. Alex. an 
Basilides, Bischof der Gemeinden in der Pentapolis!, lesen wir 
die Notiz des letzteren: τενὰς μὲν γὰρ τῶν ἀδελφῶν λέγειν φῇς, 
—— γοὴ τοῦτο ποιεῖν πρὸς τὴν ἀλεχτοροφωνίαν, τινὰς δὲ ὅτι 
ο΄ ἀφ ἕρας χρή. οἱ μὲν γὰρ ἐν Ῥώμῃ ἀδελφοί, ὥς φασι, περι- 
᾿ μένουσι τὸν ἀλέχτυρα, περὶ δὲ τῶν ἐνταῦϑα ἔλεγες ὅτι τάχιον. 
Basilides hatte in seiner Anfrage die Anschauung vertreten, daß 
erst mit dem Momente, da der Herr auferstanden, das Fasten 
aufhören und die Festesfreude ihren Anfang nehmen dürfe, aber 
betreſffs der Stunde der Auferstehung gäben die Evangelien keine 
3 genaue Kunde. Dionysius muß dem nach eingehender Analyse 
der evangelischen Berichte beipflichten, deshalb will er eine ge- 
wisse Freiheit walten lassen, aber das Fasten dürfe nicht vor 
Mitternacht aufhören?. Die Ausdehnung bis zur Frühe des 
Morgens, d.h. bis zur vierten Nachtwache hält er in dem Falle 
nieht für eine so große Leistung, wenn die Betreffenden nur die 
beiden letzten Passahtage streng gefastet haben. Die römische 
᾿ς  Observanz®, bis zum Hahnenschrei zu fasten, hat im Osten An- 
τς erkennung gefunden, | 
‘Steht die gottesdienstliche Form der quartodeeimanischen 
᾿ς  Passahfeier in gewisser Parallele zu derjenigen der großkirch- 
lichen Österfeier, so tritt die Differenz sofort zutage, daß die 
_ Quartodecimaner das Fasten schon am Abend brachen, die Groß- 


᾿. 1) Vgl. Routh, Reliqg. sacr. III? p. 293 ἢ 2) Diesen Termin 
vertritt das Testament. Dom. nostr. (ed. Rahm.) II, 12: Paschae solutio 

fiat media nocte, quae sequitur sabbatum. 3) Vgl. Hieronym. in 
Matth, 25, 6 (Migne PL 26, 184f.). 4) Nach den Osterfestbriefen 
des Athanasius wurde in Ägypten das Fasten am Abend des Oster- 
samstags gebrochen, u.zw. im Hause; der eigentliche Ostergottesdienst 
fand erst am Morgen statt. 


700 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


kirchler die Vigilie als Vorbereitung auf das Osterfest selbst 
feierten. Für die ersteren bedeutete der Hahnenschrei das Ende 
des Passahfestes. Denn die Epistola berichtet: „Wenn aber ihr 
habt vollendet das Gedächtnis, das stattfindet in bezug auf mich, 
und die Agape, so wird er wiederum ins Gefängnis geworfen.“ 
Hier besitzen wir ein authentisches Zeugnis. Wie man vielfach 
schon vermutet, trug die Feier einen zwiefachen Charakter 
wie die ältesten Gemeindegottesdienste überhaupt. Zunächst 
wurde das Gedächtnis an Christus gefeiert. Diese ἀνάμνησις 
kann in erster Linie nur in der Eucharistie ihren Ausdruck ge- 
funden haben, wobei man feierlichst des Todesleidens und der 
damit verknüpften Heilsgüter gedachte, hatte doch Christus das 
Abendmahl εἰς ἀνάμνησιν αὐτοῦ eingesetzt und sollte in den 
paulinischen Gemeinden bei der Eucharistie der Tod Jesu ver- 
kündet werden! (1. Kor. 11, 26). Die Feier der Eucharistie muß 
von Alters her zum festen Bestande der kleinasiatischen Passah- 
feier gehört haben, denn darauf deuten die Worte im Briefe 
des Irenäus an Vietor, daß die römischen Presbyter vor Soter 
den Kleinasiaten in Rom die Eucharistie geschenkt und daß 
Anicet in seiner Kirche dem Polykarp die Feier der Eucharistie 
gestattet hätte. Von hier aus wird auch die ÖOsterfeier der 
quartodecimanischen Gegner in das rechte Licht gerückt, wenn 
als kirchliches Dogma auf den Synoden festgesetzt wurde, 70 
μυστήριον τῆς ἐκ νεχρῶν ἀναστάσεως τοῦ κυρίου ἐπιτελεῖν, 
und zwar stets ἐν τῇ χυριακῇ ἡμέρᾳ (Euseb. h. 6. 23, 2; 24, 11)2. 
Daß an diesen beiden Stellen der Ausdruck μυστήριον nicht — 
im Sinne einer bloßen Gedächtnisfeier der geheimnisvollen 
Tatsache der Auferstehung gefaßt werden darf, wird allgemein 
zugestanden. Dann ist aber mit dem ἐπιτελεῖν τὸ τῆς ava- 
στάσεως μυστήριον eine rituelle Handlung, d.h. die Feier des 


1) Vgl. Justin, Dial. e. 41; 260A u. ὁ. 70; 296D. 2) Den- 
selben Gedanken muß Irenäus in einer an einen Alexandriner ge- 
richteten Abhandlung zum Ausdruck gebracht haben, von dem uns 
ein syrisch erhaltenes Fragment überliefert ist (Harvey II, p. 456). 
Aber der dort vorkommende Ausdruck resurrectionis mysterium Be 
darf nicht mit Zahn GKI, 182, Anm. 2 im Sinne von Abend- 
mahlsfeier gedeutet werden; es handelt sich um die Auferstehung 
selbst, wie die parallelen Glieder spes incorruptionis und πθόνω ὦ F 
regni aeterni zeigen. = 


δε δὲ ΤΟΙ 


Pr: 'Abendmahles im Ostergottesdienst gemeint’, wie sie sonst 
" regelmäßig am Herrentage stattfand. Es trat also keine Ände- 
rung ein, wenn an dem Ostersonntage eine Hochfeier des Abend- 

 mahles abgehalten wurde. Deshalb wollten die Großkirchler 
᾿ς mur den Sonntag für die Feier des Abendmahles freigeben 3, 

Hier lag die Stärke ihrer Position gegenüber den Kleinasiaten, 

welche ihren Festgottesdienst sehr häufig an einem gewöhn- 
ο΄ liehen Wochentage abhalten mußten. Nach allgemeiner christ- 
j licher Auffassung war jeder Sonntag ein Freudentag, deshalb 
an diesem Tage weder gefastet noch knieend gebetet werden 
durfte. Die Quartodeeimaner mußten dieses Gebot übertreten, 
wenn der jüdische 14. Nisan auf einen Sonntag fiel, da der Tag 
bis zum Abend als Fasttag beobachtet wurde®. Dafür lag die 


— — — 


1) Vgl. Weitzel, Passahfeier S. 97; Hilgenfeld, Paschustr. S. 288, 
Anm.; Schürer, Z. f. hist. Theol. 40, 197. 2) Von hier aus mußte 
notwendigerweise die Identifizierung von Abendmahl und Passah ein- 
treten und das Osterfest als Jahresfest der sonntäglichen Passahfeier 
angesehen werden. Dies besagen am deutlichsten die Worte des 
᾿ς Easebius in seiner Schrift περὶ τῆς τοῦ πάσχα ἑορτῆς ο. 7 (Mai, 
er Nova patr. bibl. 1V 1847) ἡμεῖς ol τῆς καινῆς διαϑήκης ἐφ᾽ ἑκάστης 
ο΄ χυριακῆς ἡμέρας τὸ ἑαυτῶν πάσχα τελοῦντες ἀεὶ τοῦ σώματος τοῦ 
ο΄ σωτηρίου ἐμφορούμεϑα, ἀεὶ τοῦ αἵματος. τοῦ προβάτου μεταλαμβάνο- 
2088 καϑ' ἑκάστην ἑβδομάδα τὴν τοῦ πάσχα τοῦ ἡμετέρου ἑορτὴν 
τς κατὰ „mv u u. καὶ κυριακὴν ἡμέραν ἐπιτελοῦμεν, τοῦ ἀληϑινοῦ 
; ἐλυτρώϑημεν, τὰ μυστήρια ἀποπληροῦντες. 
E- 3) In πόθο Passahstreite wird dies nicht besonders erwähnt, er- 
gab sich aber von selbst aus der allgemeinen Formel ὁποίᾳ δ᾽ av 
ο΄ ἡμέρᾳ τῆς ἑβδομάδος περιτυγχάνοι. Nur Augustin, de haeresib. c. 29 
— von den Tessarescaedecatitae: non nisi quarta decima luna 
ες pascha celebrant, quilibet septem dierum occurrat dies et si dies 
dominieus occurrerit, ipso die ieiunant et vigilant, Der 
᾿ς Praedestinatus c.29 liefert nur ein Plagiat aus Augustin, fügt aber die 
interessante Notiz hinzu: Hos sanctus loannes Constantinopolites 
-  episcopus tali ratione in multis civitatibus obtinuit. Abiit cum 
ς΄ elero suo et cum eis pascha celebravit, dieens: Sicut nos vobiscum 
- eelebravimus pascha, venite et vos nobiscum suscipite. A quibus 
cam hoc impetravit, coeperunt unum sapere et nobiscum celebrare 
diem. Probaverunt enim totam fidei regulam sic nos sicut se tenere, 
- sie illos sicut nos credere. Diese Haltung des Chrysostomus war 
die vernünftigste Kirchenpolitik zur Überwindung der Gegner und 
hat sicherlich ihre Frucht getragen. Aber der Verfasser verwechselt 
offenbar die alten Quartodeeimaner mit jenen Christen, welche ihr 
Osterfest nach dem jüdischen Passah berechneten. Gegen diese 


702 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Stärke der Kleinasiaten in der engeren Beziehung zu dem Tode 
Christi, der bei ihrer Feier viel deutlicher zum Ausdruck kam, 
als bei der Auferstehungsfeier der Gegner. Wie eng verknüpft 
die Feier der Eucharistie mit dem Tode Jesu war, lehrt uns in 
der Epistola die Frage der Apostel, die unmittelbar sich an die 
Einsetzung der Passahfeier anschließt. Sie lautet: „O Herr, ist 
es denn wiederum eine Notwendigkeit, daß wir den Kelch 
nehmen und trinken?“ (S. 54, 9 ἢ, -α Ko. VIII, 13f.) Ich hatte 
dies früber in dem Sinne aufgefaßt, daß es sich um den Genuß 
des Weines beim Abendmahle handele, aber schon die eigen- 
tümliche Fassung des Äthiopen: «Ὁ Herr, bast du denn nicht 
selbst das Trinken des Passah vollendet? Liegt uns denn ob, 
daß wir es noch einmal tun?“ hätte auf die richtige Spur 
des Gedankens führen können. Unter dem πιεῖν τὸ ποτήριον 
haben wir den Todeskeleh zu verstehen, von dem Jesus in den 
Evangelien geredet (Matth. 20, 22. 23; 26, 42; Mare, 10, 38, 39; 
14, 36; Luc. 22, 42; Joh. 18, 11). Ihr Meister hat ihn getrunken, 
daran werden die Apostel resp. die Christen bei seiner Gedächt- 
nisfeier erinnert. Jetzt fragen sie ihn, ob es auch für sie not- 
wendig sein wird, denselben Kelch zu trinken. Der Herr be- 
jaht dies: „Ja, eine Notwendigkeit ist es bis zu dem Tage, wo 
ich kommen werde mit denen, die um meinetwillen getötet sind.* 
Erst jetzt wird klar, wie an dieser Stelle die Märtyrer plötzlich 
auftauchten. Sie gelten als diejenigen, welche in Nachfolge ihres 
Herrn den Todeskeleh Christi getrunken haben!. Gerade bei 
der Gedächtnisfeier des Todes Jesu mußte der Gedanke an 
die christlichen Blutzeugen lebendig werden. Diesen Verfol- 
gungen wird der Herr bei seiner Parusie ein Ende machen. 
Im übrigen schweigen die Quellen über die gottesdienst- 
liche Form der Feier, da sie eben nichts Absonderliches bot; 
nur Epiphanius redet von τὰ μυστήρια ἐπιτελοῦντες 5 und Theo- Er 


a a σῷ u a 
ΟΝ 


sogen. Protopaschiten hatte schon Chrysostomus von der Kanzel in. — 
Antiochien gewettert (vgl. Schwartz, Ostertaf. S. 120). = 

1) In seinem Todesgebet gebraucht Polykarp den Ausdruck | @ 
ποτήριον gleichfalls in diesem Sinne: εὐλογῶ σε ὅτι ἠξίωσάς με. 2 
τοῦ λαβεῖν μέρος ἐν ἀριϑμῶ τῶν μαρτύρων, ἐν ro ποτηρίῳ τοῦ — 9] 
στοῦ. Auch Origenes, Comm. in Matth. T. XVI, 6, ed. Lomm. Τὶ IV, 
p. 18 versteht unter dem ποτήριον πιεῖν das Martyrium der beiden 
Zebedäiden. 2) Preuschen ΒΕ XIV,S. 727 bezog diese Worte auf 
Mysteriengottesdienste, wie sie beim Ostergottesdienst nach der Be- — 


— 


ee Exkurs ΠῚ. 703 


τ — haer. fab. III, 4 beriehtet von einem πανηγυρίζειν, was ja 


durch die Epistola bestätigt wird. 
wWir hören nun weiter durch die Epistola, daß sich an diese 


; Abendmahlsfeier eine Agape, eine gemeinschaftliche Mahlzeit, 


‚angeschlossen hat. Daß es sich um zwei verschiedene Akte der 


= Feier handelt, lehren die Worte: „wenn ihr vollendet habt das 


u En ἢ Rare — a Se a —— 


A ΨΟ Ee 
᾽ 


ΓΎΡΑ ἡ Ἢ 


» 2 


Gedächtnis, das stattfindet in bezug auf mich, und die Agape“ !. 
Es wird noch der technische Ausdruck ἀγάπη gebraucht. Hatte 
man also die Eucharistie nach Brechen des Fastens nüchtern 
empfangen, so ging man dazu über, aus den dargebrachten 
Opfergaben eine Mahlzeit zu bereiten und gemeinschaftlich zu 
genießen. Dieses Liebesmahl hielt die Versammelten bis 3 Uhr 
morgens zusammen. Auch bei der Großkirche trug ja das Oster- 
fest einen pannychischen Charakter und dehnte sich noch über 
3 Uhr hinaus, da sich an das Brechen des Fastens ebenfalls eine 
eucharistische Feier anschloß?, Das sind die solemnia paschae, 
von denen Tertullian ad nxor. 11, 4 redet, an denen die Gattin 
abnoctans teilnimmt. Auch der Verfasser der Didaskalie kennt 
eine eucharistische Feier in der Osternacht in Form einer ge. 


‘ meinsamen Mahlzeit, wenn er die Gemeindeglieder auffordert 


S, 112, 23f.: „Und dann bringt eure Opfergaben dazu und nun 
esset und seid guter Dinge, freuet euch und seid fröhlich, denn 


als Unterpfand unserer Auferstehung ist Christus auferstanden“, 


oder S. 114, 3f.: „und dann, an (dem Tage) der Auferstehung 
Christi: freuet euch und seid ihretwegen guter Dinge und 
brechet euer Fasten und den Gewinn eures sechstägigen Fastens 


bringt Gott, dem Herrn, dar. Ihr, die ihr weltlichen Besitz im 


Überfluß habt, helft den Armen und, Bedürftigen und erquicket 
sie sorgsam, daß der Lohn eures Fastens in Empfang genom- 
men werde“ 3, 

schreibung der Silvia (Itinera Hierosol. ed. Geyer p. 78sqq.) abge- 
halten wurden, und leitete davon die These ab, daß die Kleinasiaten 


Tod und Auferstehung an einem Tage gefeiert hätten (s. o. 8, 599). 
1) Der Äthiope dreht das Verhältnis um: „wenn ... ihr 


meine Agape und mein Gedächtnis vollendet habt“. 2) Nach dem 


Testamentum Jesu Christi (ed. Rahm.). beginnt die Eucharistie um 


= "Mitternacht, wo der Herr auferstanden ist. 3) Zur Zeit des Ver- 
-  fassers sind Agapen nur mit dem Ostergottesdienst verbunden (vgl 


Apost. Constit, V, 19, 7; Athanasius, Osterfestbriefe ed. Larsow), im 


᾿ς übrigen sind es besondere Veranstaltungen, zu denen Einladungen 


704 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


Mit der Agape hat die kleinasiatische Passahfeier ihren Ab- 
schluß gefunden. Ohne Zweifel wird neben der Eucharistie und 
Agape zu Anfang ein Gottesdienst mit Schriftverlesung und Ge- 
sängen stattgefunden haben, wie wir ihn in der Ostervigilie der 
Großkirche konstatieren konnten!. Man kann ferner vermuten, 
daß die Passahfeier auch für die Taufe der Katechumenen be- 
nutzt wurde, da die Großkirche die Osternacht als besonderen 
Tauftermin bestimmt hatte 2, die Quartodeeimaner aber kein Oster- 
fest feierten, so daß sich bei ihnen alles auf den einen Tag zu- 
sammendrängen mußte. Die Passahfeier der Kleinasiaten hatte 
ihren Charakter der Trauer in dem Momente verloren, wo sie 
zum solennen Gottesdienste am Abend sich versammelten. Der 
Schrecken des Todes war überwunden, die Passion Christi stand 
im Zeichen der Erlösung. Jetzt kamen, wie oben bereits gesagt, 
die jobanneischen und paulinischen Gedanken über den Opfer- 
tod Christi zum Durchbruch und gaben der ganzen Feier den 
Charakter eines Freudenfestes. So feierten sie in dem gleichen 


Hochgefühl wie die Juden, u. zw. gleichzeitig mit ihnen ihr Passah; 
es waren Stimmungen des Jubels über die Erlösung durch das 


— 46, 48). Die nächtlichen Agapen sind aufgehoben. Über 
diese vgl, Tertullian Apolog. c. 39, 

1) Nach der Didaskalie ist die Vigilie ausgefüllt mit Gebeten und 
Fürbitten, mit Schriftvorlesung aus den Propheten, Psalmen und Evan- 


gelien (S. 111, 36f.). Die Apostol. Constit. V, 19, 3 fügen noch hinzu 


die Vorlesung aus dem Gesetz. Im Testamentum c. 18 p. 139 ed. Rahm. 
ist die Rede von Gebeten, Gesängen und Schriftvorlesungen. Wahr- 
scheinlich wurde noch eine Predigt gehalten, wie es uns Hieronymus 
de viris illustr. c. 76 für Alexandrien bezeugt. Nach Chrysostomus 
(Migne PL 58, 770) wurde ‚die Passionsgeschichte Matth. 27 ver- 
lesen. In den verschiedenen Provinzen werden diese Gottesdienste 
mannigfaltige Formen angenommen haben. Eusebius ἢ, 6, II, 17, 
21.22 hat in der vita contemplativa des Philo die Ostergebräuche 


bereits entdeckt, wenn er die ἑορτὴ τοῦ σωτηρίου πάϑους in Parallele 
stellt zu den ἀσιτίαι und διανυχτερεύσεις und προσοχαὶ τῶν ϑείων 
λόγων bei den Therapeuten, wenn er ferner von den παννυχίδες τῆς a 
μεγάλης Eogrng redet und den damit verbundenen ἀσκήσεις, indem man 
sich an den betreffenden Tagen auf Stroh schlafen legte, sich jeg- 


licher Fleischspeise gänzlich enthielt, dagegen Wasser als Getränk 


und als Zuspeise zum Brot Salz und Ysop gebrauchte Auch er- 
wähnt er die Lobgesänge der Priester mit den Responsorien der 
Gemeinde. 2) Vgl. die patristischen Zeugnisse im Artikel — ΠΗ͂Σ 


von Drews, RE? XIX, 444. 


— Exkurs III. 705 


Blaut Christi, wie wir sie von Aphraates trefflieh formuliert 
fanden. Kamen bei ihnen die mit der Auferstehung‘ verknüpf- 
- ten Heilstatsachen zu kurz, so bei ihren Gegnern die mit dem 
Opftertode verbundenen Heilsgüter. Die Großkirche suchte beide 
Gedankenreihen in der Ostervigilie zu vereinigen, indem der 
eine Teil der Trauer, der andere Teil der Freude gewidmet war, 
daher redet der Verfasser der Vita des Polykarp von einem 
χρατεῖν τὸ καινὸν μυστήριον πάϑους χαὶ ἀναστάσεως. Zu 
einer Jahresfeier der Auferstehung konnten die Kleinasiaten sıch 
nicht aufraffen, sie begnügten sich damit, den Sonntag, welcher 
ihrem Passah folgte, in der gewohnten Weise ohne besondere 
festliche Veranstaltungen zu feiern. Sie standen völlig abseits. 

Dies konnte von den Gliedern der übrigen Kirchen als bedeu- 
tender Mangel an christlichem Solidaritätsgefühl empfunden 
werden. Deshalb haben sie sich mit aller Energie für die Ein- 

heit der Feier am Ostersonntage eingesetzt. Die quartodeei- 
manische Observanz war infolgedessen verurteilt, über kurz oder 

lang zu verschwinden, mochten auch die Kleinasiaten sich noch 
so sehr auf.deren apostolischen Ursprung berufen oder gar den 
- Herrn selbst als Stifter einsetzen. Wann aber die Kleinasiaten 
ihre quartodecimanische Observanz aufgegeben und sich der 
Grobkirehe angeschlossen haben, darüber besitzen wir keine 
Kunde. Freilich glaubt Schwartz, eine diesbezügliche Nachricht 


ee Beten Vita dan gefonden zu haben, die | 
P. Corssen? dem yrer Pionius (7 250) zugeschrieben hat, 


‚leh halte diese These für eine beklagenswerte Verirrung der 
‚philologischen Kritik, welcher leider auch Ed. Schwartz? zum ὦ 
Opfer gefallen ist. Wenn auch ihre Meinung bei den Theo- 
logen* keine Anerkennung gefunden hat, so scheint es mir 


1) Ediert in griech. Sprache aus dem Cod. Paris. 1452 zuerst 
von Duchesne: Vita Sancti Polycarpi Smyrnaeorum episcopi, auctore 
Pionio, Paris 1881. Derselbe Text bei Lightfoot, Apostol. Fathers, 
ΤΠ, 2, p. 1016#. und Funk, Patres Apostol. II, p. 819 2) Vgl. 
„Die Vita Polycarpi*, Z. ἔς ntliche Wissensch. (1904), V, 266 ff. 

3 2 De Pionio et Polycarpo, Gött. Universitätsprogramm, 1905. 

4) Vgl. besonders Hilgenfeld, Eine dreiste Fälschung in alter Zeit, 
Z. f. wissensch. Theol. (1904), Bd. 48, S. 444, Dazu Barden- 
hewer, Geschichte der altkirchl. Lit. 112, S. 671; Harnack, Mission 
113, 5. 232, Anm. 4, — Vorher Zahn in seiner Anzeige der Aus- 
gabe von Duchesne in d. Gött. Gelehrt. Anz, 1882, 8. 289. — Nur 
m U. "14: Schmidt-Wajnberg. 4 


706 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


doch notwendig zu sein, das Problem in den Bereich unserer 
Untersuchungen zu ziehen, da gerade die. Behandlung der Oster- 
frage in der Vita uns wichtige Fingerzeige über Entstehung und 
Alter der Schrift an die Hand gibt. 

Es war m. E. ein schwerer Fehler, die Diskussion über die 
Schrift von der Subseriptio aus zu beginnen, welche dem alten 
Martyrium des Polykarp angehängt ist, das in dem Cod, Parisinus 
der Vita folgt, während in den vier anderen Hdd. das Martyrium 
ohne die Vita überliefert ist. Dies verwirrt nur die Sache und 
hindert uns, die Schrift als Ganzes zu würdigen. Zunächst gilt 
es, einen Blick in die Fälscherfabrik des Verfassers zu werfen. 
Denn daß es sich um eine Fälschung handelt, wird wohl weder 


Corssen noch Schwartz bestreiten wollen. Wenn wir sehen, über 


wie geringe historische Reminiszenzen die alte Kirche am Ende 
des 2. Jahrhunderts verfügt hat, so daß sie sich gezwungen sah, an 
Stelle der Geschiehte die Legende zu setzen, um wieviel weniger 


hätte ein Verfasser um die Mitte des 3. Jahrhunderts sich des 


Besitzes gesicherter historischer Überlieferungen rühmen können, 
In dieser Beziehung ist es gleichgültig, ob das Fabrikat aus der 
Mitte des 3, Jahrhunderts oder aus dem 4. Jahrhundert stammt. 
Es kann uns nur Legenden auftischen. Unsere Aufgabe besteht 
darin, die Tendenzen im einzelnen aufzudecken, denn die Vita 
Polycarpi ist, wie wir gleich sehen werden, nicht wie das Mar- 
tyrium aus der lebendigen Erinnerung, auch nicht aus der Er- 
forschung der Lebensschicksale des Helden geboren, sondern 


dient ganz bestimmten Absichten, die unverhüllt hervortreten, _ 


sobald man den Schlüssel dazu gefunden hat. Was die Zeit der 
Entstehung anbetrifft, so bildet die äußerste GrenZe nach unten 
Macarius Magnes, der Verfasser des Apokritikos, welcher in 


Il, 24 ed. Blondel Wundererzählungen aus der Vita erwähnt. 


Macarius ist aber im Jahre 403 auf der sog. Eichensynode als 


Bischof von Magnesia anwesend gewesen. Corssen erhebt nun 
die Frage S. 279: „Können sie (se. die Wundergeschichten) auf 
keinen Fall 150 und mehr Jahre jünger sein?“ Mit Recht gibt 
er darauf die Antwort: „Wunder sind weit weniger für Zeiten 


—— Sams —* Be re 5 —— 
Ba ες νὰ an nt 


als für Individuen und Menschenkreise charakteristisch.“ Von 


auf Erben „| δ εὶς Jünger, welchen Jesus lieb hatte“, Ζ. f. Kirchengdeiin — 
XXXVI, H. 8. 4, 8. 301 haben, soviel ich sehe, die — J— Be 


von Corssen Eindruck gemacht, 


Exkurs III. 707 


bier aus wird man zu keinen festen Resultaten gelangen können. 
Aber ebenso wenig könnte ein durchschlagender Beweis für die 
Autorschaft der Vita von seiten des Pionius die Tatsache bilden, 
daß das Martyrium, welches Corssen dem Märtyrer selbst zu- 
schreibt, zahlreiche Berührungen mit der Vita aufweist. Was 
Corssen in dieser Richtung S. 292 ff. aus den beiden Schriften 
vorbringt, halte ich für sehr vage; selbst Ü. gibt 8. 291 zu, 
daß beim Vergleich des Martyriums des Pionius mit dem Ver- 
fasser der Vita ohne Zweifel der Pionius des Martyriums un- 
gekünstelter, einfacher und anziehender erscheine. Aber er findet 
es nur natürlich, daß der Eindruck des Schriftstellers ein anderer 
ist, wenn er eine wohlüberlegte Studie über einen anderen vor- 
legt, als wenn er sich selbst in einer ergreifenden Situation dar- 
stellt. Man könnte dem entgegenhalten, daß der Verfasser der 
Vita jenes Martyrium benutzt hätte, um als Namensvetter auf- 
treten zu können. Aber auch dies steht nicht einmal fest, ob 
wirklich der Verfasser den Namen des Pionius für sich be- 
ansprucht hat, da er nirgends mit seinem Namen hervortritt. 

Offensichtlich ist der Verfasser der Vita von der Absicht 
beherrscht, eine Ergänzung zu dem Martyrium des Polykarp zu 
geben. Diese Urkunde setzt er als bekannt voraus, darum er- 
wähnt er sie mit keiner Silbe, wie er auch das Lebensende über- 
haupt nicht in seine Vita einbezieht, sondern nur in ce. 12 die 
Verfolgung und sein Martyrium kurz streift. Der Verfasser will 
für die vorhergehende Lebenszeit seines Helden ein lebendiges 
Bild von seiner Entwicklung und seiner Wirksamkeit geben. 
Man müßte also erwarten, daß er die Notizen, welche uns über 
'Polykarp bei andern Schriftstellern überliefert sind, eifrigst ge- 
sammelt und verwertet hätte. Und in der Tat berichtet er fol- 
gendes — 12: πολλὰ δὲ χαὶ συγγράμματα καὶ ὁμιλίαι zei ἐπε- 
στολαὶ ἦσαν αὐτῷ, ἅτινα ἐν διωγμῷ ἐπ᾽ αὐτοῦ γενομένῳ, ὅτε 
καὶ ἐμαρτύρησεν, διήρπασάν τιγὲες τῶν ἀνόμων. φανερὰ di 
ὑποῖα ἦν ἐχ τῶν ἐφευρισχομένων, ἐν οἷς καὶ πρὸς Φιλια- 
πησίους ἡ ἐπιστολὴ ἱχανωτάτη ἦν. καὶ αὐτὴν ἐντάξομεν ἐν 
τῷ δέοντι τίπῳ. Daß Polykarp schriftstellerisch tätig gewesen, 
schöpft unser Verfasser aber nicht aus der Tradition der smyr- 
näischen Gemeinde, sondern aus der schriftlichen Überlieferung, 
wie er sie bei —— vorfand, denn dieser hatte in seinen: 


Briefe an Florinus auf die διαλέξεις, auf die ἐπεστολαί an Nach- 
45* 


708 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum, 


bargemeinden und einzelne Personen hingewiesen. Daß er nun 
diesen schriftlichen Nachlaß nicht mehr zur Hand hat, begründet 
er damit, daß die Schriften bei der Verfolgung in Smyrna ge- 
raubt worden sind. Das kann aber den Nagel nicht auf den 
Kopf treffen, denn mochten die Kopien in den Händen des 
Polykarp resp. der Gemeinde auch verschwinden, so gab es doch 
noch die Originale resp. Kopien bei den Adressaten. Also müssen 
doch andere Ursachen den Verlust der Schriften herbeigeführt 
haben. Freilich gibt sich der Verfasser den Anschein, als habe 
er bei seinem Nachforschen noch einzelne Stücke entdeckt, aber 
das ist nur Renommisterei', denn in Wahrheit war ihm wie den 
damaligen Zeitgenossen nur der Brief an die Philipper bekannt. 
Nieht einmal er selbst wagt ein selbständiges Urteil abzugeben, 
sondern schmückt sich mit fremden Federn, denn er spricht von 


einer ἐπιστολὴ ἱχανωτάτη, und gerade diesen Ausdruck haite - 


Irenäus adv. haer. III, 4 gebraucht: ἔστε δὲ καὶ ἐπιστολὴ Πολυ- 
χάρπου πρὸς Φιλιππησίους γεγραμμένη ἱκανωτάτη. Man hat 
vielfach daraus geschlossen, daß diese Notiz aus Irenäus direkt 
geschöpft wäre, aber dabei wird man stutzig, daß auch der Brief 
des Irenäus an Florinus sich in den Händen des Autors befun- 
den haben müsse. Das möchte ich bezweifeln, vielmehr lebte 
unser Fälscher von sekundären Quellen; diese war in unserem 
Falle die Kirchengeschichte des Eusebius (IV, 14, 8 u. V, 20, 8)2 
Ist aber nicht Irenäus, sondern Eusebius als Quelle benutzt, so 
ist ein terminus a quo für die Entstehung der Vita gewonnen. 
Doch wollen wir zunächst noch nicht mit einer bewiesenen Tat- 
sache rechnen und uns nach anderen Anzeichen umsehen, Neben 
lrenäus resp. Eusebius würde die Bekanntschaft mit Ignatius 
zu konstatieren sein, denn ὁ. 7 lesen wir die Worte: τοὺς δὲ 
xuxoüs χαϑάπερ κύνας λυσσῶντας ἢ ϑῆρας ἀγρίους ἢ ἑρπετὰ 
ἰοβόλα περιΐστατο. Das erinnert nämlich an Ign. Ephes. 7, 1: 


1) Corssen 8. 269 leitet aus den Worten ἐκ τῶν ἐφευρισχομένων 
die These ab, Pionius habe alles, was er von zerstreuten Schriften 
Polykarps noch auffinden konnte, zusammengebracht und damit eine 


Liste der Bischöfe, die Polykarp vorangegangen waren, mit kurzen e 


Notizen über ihr Leben und ihre Bedeutung vereinigt. Dieser 
Sammlung wäre die Vita Polycarpi vorausgeschickt. — Wäre dies 
der Fall gewesen, so müßte man sich wundern, daß die spätere 


Tradition so wenig von dieser authentischen Quelle Gebrauch ge 
macht hat. 2) So urteilt auch Zahn, Forschungen, VI, 103, Anm, 


— — Exkurs ΠῚ. 709 


ο΄ δὺς δεῖ ὑμᾶς ὡς ϑηρία ἐχκλίνειν. εἰσὶν γὰρ κύνες λυσσῶντες 


λαϑροδῆχται. In diesem Falle könnte mit Lightfoot auch der 
Name des Bischofs A&pros in Teos ce. 25. 26 aus dem Briefe 
des Ignat. ad Smyrn. e. 13 geflossen sein, da er einen gewissen 
Δάφνον τὸν ἀσύγκριτον καὶ eurexvor grüßen läßt. Unser Ver- 
fasser hätte den Mann von Smyrna nach Teos gebracht. 

Sehen wir uns noch weiter unter dem Personale der Vita 
um, so treffen wir auf den Märtyrer Thraseas, dessen Ruhestätte , 
dem Verfasser bekannt war, denn er redet von einem Myrten- 
baum, welcher noch jetzt bei dessen Grabe vorhanden ist, und 
verlegt das χοιμητήριον πρὸ τῆς Ἐφεσιαχῆς βασιλείας (vgl. e. 3 
die χαλουμένη ᾿Εφεσιαχή se. πύλη), wo der Leichnam des Bi- 
schofs Bukolos, des Vorgängers des Polykarp, beigesetzt ist 
(6. 20). Mag auch hier die Lokaltradition von Smyrna zu Worte 
kommen, so fand er wieder in dem Briefe des Polykrates, wie 
er bei Euseb. ἢ. 6. V, 24, 3 ihn lesen konnte, die Notiz: καὶ 
Θρασέας ἐπίσχοπος καὶ μάρτυς ἀπὸ Εὐμενείας, ὃς ἐν Σμύρνῃ 
χεχοίμηται. Er hatte also in Smyrna den Märtyrertod und zu- 
gleich sein Grab gefunden, das ist wohl die natürliche Erklärung; 
denn daß man im 2. Jabrhundert die Gebeine eines Bischofs in 
eine andere Stadt überführte, zumal die eines Märtyrers, auf den 
doch die betreffende Stadt den ersten Anspruch erhob, möchte 
ich bezweifeln. Nach den Angaben des Polykrates hat aber 
Thraseas später wie Polykarp den Märtyrertod erlitten, da er 
ihn hinter Polykarp stellt', hier dagegen gehört Thraseas zu den 
frühesten Märtyrern; wenigstens wenn man oberflächlich liest, 
würde man glauben, Thraseas wäre noch vor Bukolos gestorben. 


Aber wahrscheinlich ist der Satz doch so aufzufassen, daß bei 


dem χοιμητήριον des Bukolos später Thraseas beigesetzt wurde 
und seitdem der Myrtenbaum existiert. Daß aber dem Verfasser 
Eusebius vorgelegen, zeigt mit aller Deutlichkeit die Erwähnung 
des Papirius. Denn in dem gleichen Briefe (ἢ. e. V, 24, 3) las 
er den Namen des Papirius, der neben Melito angeführt wird, 
Flugs hat sich der Fälscher dieses Namens bemächtigt und ihn 
zum Nachfolger des Polykarp auf dem Bischofsstuhle zu Smyrna 
gemacht. Dies wird uns e. 27 berichtet und zugleich, daß Poly- 
| 1) Apollonius erwähnt ilın in seiner Streitschrift wider die 
Montanisten als einen Märtyrer aus der Zeit der montanistischen 
Bewegung; vgl. Euseb. ἢ. e. V, 18, 13. 


710 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


karp bereits auch dessen Nachfolger, einen gewissen Καμέριος, 
zum Diakonen ordiniert hätte. Den Namen des Papirius konnte 
er leicht annektieren, da in seiner Quelle kein Vermerk über 
dessen Bistum vorhanden war, deshalb durfte er Sagaris und 
Melito nicht verwenden. Der Name des Camerius ist frei er- 
funden, und nicht anders ist m. E. zu urteilen über den Bi- 
schof Bukolos!. Wie willkürlich der Verfasser mit Personen. 
umspringt, ersieht man bei der Aufnahme neutestamentlicher 


Persönlichkeiten. Hatte schon der Verfasser der alten Paulus- 


akten die Pastoralbriefe stark geplündert, so müssen sie auch 
jetzt herhalten. So erscheinen hier die Namen der Lois und 
ihrer Tochter Eunike, welche, wie der Verfasser selbst angibt, 
ihm aus 2. Tim. 1,5 zugeflossen sind. Mit diesen wird nun ein 
gewisser Strataeas in Verbindung gebracht, indem er zum Bru- 
der des Timotheus erhoben wird. Dieser Strataeas soll ein Zu- 
hörer des Paulus in Pamphylien gewesen sein; unser Verfasser 
übersieht dabei, daß Timotheus nicht aus Pamphylien, sondern 
aus Lykaonien nach Act. 16, 1 stammt, aber so etwas ficht ihn 
nicht weiter an. Es muß eben eine Person untergebracht und 
mit bekannten Persönlichkeiten des Paulus in Verbindung ge- 
setzt werden. Der Name des Strataeas taucht freilich auch in 
den Apostol. Constit. VII, 46 auf, hier erscheint Strataeas in dem 
Bischofsverzeichnis von Smyrna an zweiter Stelle neben Ariston 
an erster und einem zweiten Ariston an dritter Stelle? Hier 
aber ist Strataeas nicht der Sohn der Eunike und damit Bruder 
des Timotheus, sondern Sohn der Lois, also Bruder der Eunike, 
mithin Onkel des Timotheus. Ein Zusammenhang zwischen der 
Vita und den Apost. Constit. ist nicht zu leugnen, da der Name 
des Strataeas singulär ist; nur fragt es sich, ob eine Abhängig- 
keit des einen von dem andern vorhanden? oder ob beide aus 


— — — 


1) Nach Corssen sind die beiden Namen dem Verfasser dr 


Vita von der Tradition geboten, 2) Corssen 8. 302 bemerkt, es 


sei sehr verdächtig, daß ein und derselbe Name an erster und dritter 
Stelle ohne irgendeinen unterscheidenden Zusatz stehe; das scheine 


auf eine starke Konfusion zu deuten. Man hat Ariston mit dem be- 
kannten Presbyter Aristion des Papias in Verbindung gebracht. Ich 


wage keine Vermutung zu äußern. 3) Eine Abhängigkeit der Ἢ 
Apostol. Constit. von der Vita wäre aus chronologischen Gründen 
möglich, wenn erstere erst um 400 verfaßt sind. Aber man würde 


᾿ς αν All. 711 


| einer gemeinsamen (Juelle geschöpft haben. Leider stehen uns 


keine Mittel zur Verfügung, um die Frage befriedigend zu lösen. 


> Aber betrachten wir die in e. 46 für die übrigen Kirchen ge- 


Fr. 
7 
= 
Ἢ 
= 
Β 


gebenen Namen der ältesten Bischöfe in den Apost. Constit., so 
erkennen wir, daß die meisten Namen aus uns bekannten Quellen, 


d.h. den ntlichen Schriften, der Kirchengeschichte des Eusebius 


und den Pseudociementinen entnommen sind; daneben bringen sie 
auch Sondertraditionen, die dem Verfasser der Apost. Constit. 
allein zur Last fallen, so z. B. macht er Judas Jacobi zum dritten 


Bischof von Jerusalem’, läßt Ignatius durch Paulus ordiniert 


sein, ebenso den Linus, der als Sohn der Claudia bezeichnet 
wird. An letzterer Stelle können wir noch die Quelle feststellen; 


- sie war nämlich 2. Tim. 4, 21, wo ein gewisser Linus neben 


Claudia erwähnt wird. Das haben wir also auf das Konto des 
Verfassers der Apost. Constit. zu setzen, darum vermute ich auch, 
daß er sich für Smyrna, wo ihm in dem N. T. keine Namen zur 
Verfügung standen, nach einer anderen Quelle umgesehen hat, 
wie er für Caesarea den Namen des Zacchäus, für Tripolis 
Marthones, für ungenannte kleinasiatische Städte Aquilas und 
Nicetas aus Pseudo-Clemens bezog. 

Es muß eine Schrift gewesen sein, in welcher der Name 
des Apostels Johannes, aber auch der Name des Polykarp ge- 
fehlt hat, statt dessen der Name des Paulus vorkam. Infolge- 
dessen ist Benutzung der alten Johannesakten ausgeschlossen. 
Wenn nun auch nicht ausdrücklich der Apostel Paulus als Or- 
dinator des Strataeas aufgeführt war?, so läßt doch seine Ein- 
führung als Sohn der Lois auf eine Schrift schließen, welche das 
Personalverzeichnis der Pastoralbriefe ausplünderte. Das konn- 
ten wir bei den alten Paulusakten konstatieren; wir konnten 
feststellen, daß ihr Verfasser speziell die kurzen Notizen des 
2. Timotheusbriefes als herrenloses Gut betrachtet hat, mit dem. 


nicht erklären können die beiden Aristone, da doch aus der Vita 
Bukolos und Polykarp zur Verfügung standen, 

1) Den Zusatz „Jacobi“ hat wohl der Verfasser gemacht, da er 
bei den zwei vorhergehenden Namen des Jacobus und Simeon nähere 
Angaben im Genitiv vorfand. Den Namen Judas statt Justus bei Euse- 
bius lesen wir in der jerusalemischen Bischofsliste des Epiphanius. 

2) Corssen hat wohl recht, daß der Verfasser der Vita den 
Strataeas als den Vorsteher und Leiter der Gemeinde habe bezeich- 
nen wollen. 


712 Schmidt-Wajnberg:' Epistola apostolorum. 


er ungestraft schalten und walten könne!. Nun müßten wir. 

annehmen, daß in den Paulusakten auch das Auftreten des — 
lus in Smyrna eine besondere Episode bildete. In den von mir 

entdeckten, aber nur fragmentarisch erhaltenen Akten in kp 
tischer Sprache fehlen die Partien über den Aufenthalt des Pau- 
lus in Asia proconsularis?. Für die Geschichte der Thekla hatte 
der Verfasser einen Teil der dort angeführten Namen benutzt, wie 
Önesiphorus, Demas, Hermogenes (und Titus); in dem Martyrium 
tauchen die Namen des Titus und des Lukas auf. Es war also 
die Verwendung der Lois resp. Eunike an anderer Stelle frei. Nun 
erfahren wir im Eingang der Vita von ἀρχαῖα ἀντίγραφα, in 
denen der Verfasser von einem Aufenthalt des Apostels Paulus in 
Smyrna Kunde erhalten haben will®. Darnach soll Paulus von 
Galatien nach Smyrna gekommen sein, bevor er von dort nach 
Jerusalem reisen wollte. Bei dieser Gelegenheit sei er im Hause 
eines gewissen Strataeas eingekehrt, welcher sein Schüler in 
Pamphylien gewesen. Derselbe wird als Sohn der Eunike, der 
Toehter der Lois, auf Grund von 2. Tim. 1, 5 eingeführt; von 
sich aus bemerkt der Verfasser, daß demgemäß Strataeas ein 


— ἣ oe Ἢ * 2 " ᾽ * λ 
ἀπ τον τον ς δ. u be 7 En a στα PR 
A I A PTEE Dana a a es a a ρ  βᾶνις οοέ 


1) Vgl.meine Acta Pauli, 1905, 5. 199, 2) Doch will ich nicht 
verhehlen, daß gegen die Benutzung der Paulusakten der Umstand 
spricht, daß deren Verfasser, soviel wir aus den Fragmenten fest- 
stellen können, den Paulus nur in den Städten auftreten ließ, in — 
denen er nach den Angaben der Apostelgeschichte wirklich geweilt 
hat, Ein Aufenthalt in Smyrna ist aber dort nicht erwähnt, Im 
übrigen stimmt aber die ganze Manier der Komposition zu dm 
Verfahren des Verfassers der Paulusakten. Die Vorlage für die 
Reiseroute bildete Act. 18, 23, deshalb kommt Paulus aus Galatien, re 
aber dies leitet nicht den längeren Aufenthalt in Asien, bzw. in 
Ephesus ein, der seine Fortsetzung in der zweiten Missionsreise 
nach Hellas findet, sondern Paulus befindet sich auf der Rückreise 
nach Jerusalem. Da werden wir an die Rückreise von Macedonien 
über Troas, Assos, Mitylene, Milet erinnert (Act. 20); dort stand 
auch eine Notiz über die ἡμέραι τῶν ἀζύμων (20,6), daß nämlich Ὁ 
Paulus nach dem Passahfest von Philippi abgesegelt sei. Der Zu 
satz μέλλων λοιπὸν ἀπιέναι εἰς "legoooAvue erinnert an die c. 18,18. 
geschilderte Rückreise nach der ersten Missionsreise in Hellas, ww 
Paulus in Ephesus auf kurze Zeit landet, um von dort nach Jeru- 
salem zu reisen. 3) ᾿Επανελϑὼν ἀνωτέρω καὶ ἀρξάμενος ἀπὸ τῆς 
τοῦ μακαρίου Παύλου παρουσίας εἰς Σμύρναν, “χαϑὼς εὗρον ἔν ἀρχαίοις, ἢ 
ἀντιγράφοις, ποιήσομαι καϑεξῆς τὸν λόγον, οὕτως ἀπαντήσας ἐπὶ τὴν. 2 
τοῦ μακαρίου Πολυκάρπου διήγησιν. Be 


EEE — DL 713 


πὸ — des Timotheus gewesen ! (e. 2). Die Vita berichtet dann 
«3 noch folgendes: Μετὰ δὲ τὴν τοῦ ἀποστόλου ἄφιξιν. dıe- 
δέξατο ὁ ὁ Στραταίας τὴν διδασκαλίαν χαί τινὲς τῶν μετ᾽ αὐτόν, 
ὧν τὰ μὲν ὁ ὀνόματα, πρὺς ὃ δυνατὸν εὐρίσχειν, οἵτινες καὶ ὁποῖοι 
ἐγένοντο. ἀναγράψομαι. Das sieht darnach aus, als ob der Ver- 
fasser eine Bischofsliste von Smyrna vor sich gehabt hätte, aber 
sein Versprechen, diese an passender Stelle vorzuführen, hat er 
ο΄ mieht eingelöst. Es stand ihm offensichtlich eine derartige Liste 
nicht zur Verfügung, nur der Name des Strataeas war ihm neben 
anderen Namen für die Zeit der Mission des Paulus bekannt. 
Wir folgern daraus, daß in der Vorlage nur gewisse Namen 
genannt waren, die zu der paulinischen Gemeinde in Smyrna 
gehörten. Der Verfasser der Apost. Const. bat aus ihnen nach 
seiner sonstigen Manier, alle Erstlinge der Gemeinden von den 
betreffenden Aposteln zu Bischöfen eingesetzt sein zu lassen, 
Bischöfe gemacht. Bukolos gehörte aber nicht zu den dort an- 
geführten Personen, dieser ist erst von dem Verfasser der Vita 
erfunden worden?, deshalb fehlt er auch in der Liste der Apost 
Const., ebenso Polykarp, der ja ebenfalls erst in der Vita auf- 
taucht. In den Akten des Paulus konnte Polykarp aus natür- 
-  liehen Gründen keinen Platz finden; selbst ein Presbyter der 
᾿ς kleinasiatischen Kirche durfte sich solche Unterschiebung nicht 
erlauben, da die Tradition den Polykarp ausschließlich mit dem 
-  langlebigen Apostel Johannes in Verbindung gesetzt hatte. Des- 
halb konnte ihn auch der Verfasser der Apost. Const, nicht auf- 
nehmen. Die Zeit des Paulus und infolgedessen des Strataeas 
liegt vor der Wirksamkeit des Jobannes in Ephesus und Klein- 
asien; darum auch die einleitenden Worte: ἐπανελϑὼν avo- 
rip καὶ ἀρξάμενος ἀπὸ τῆς τοῦ μαχαρίου Παύλου παρουσίας 


1) ὡς ἐκ τούτου εὐὑρίσκεσϑαι τὸν Στραταίαν ἀδελφὸν Τιμοϑέου. 
Das zeigt uns an, daß in der Vorlage der Name des Timotheus 
nicht vorkam, vielmehr erst das Verwandtschaftsverhältnis auf 
Grund von 2. Tim. 1,5 erschlossen wurde. Dann hat aber, wie 
- ieh glaube, der Verfasser der Apost. Constit. das Richtige aufbe- 
3 währt, welcher den Strataeas zum Sohn der Lois macht. In der 
= Vita liegt eine beabsichtigte Korrektur vor. 2) Dasselbe gilt auch 
_ von der Kallisto, der Patronin des Polykarp. Die eigene Mache 
ἐπ — erst mit den Erzählungen über die Schjcksale Polykarps ein, 
daher die Worte: τὸ δὲ νῦν ἔχον σπεύσωμεν ἐπὶ τὸν Πολύκαρπον 


714 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


eis Σμύρναν. Daß wirklich der Verfasser der Vita die Acta 
Pauli unter den ἀρχαῖα ἀντίγραφα verstanden hat, wird m.E 
bestätigt durch die Art der Missionstätigkeit. Denn Paulus hält 
im Hause des Strataeas einen λόγος περὶ τοῦ πάσχα καὶ τῆς 
πεντηχοστῆς (ec. 2). In ähnlicher Weise hält Paulus in der Ge- 
schichte der Thekla im Hause des Onesiphorus einen λόγος 
ϑεοῦ περὶ ἐγχρατείας καὶ ἀναστάσεως (8. Acta apost. apoer. 1, 
p. 238, 11 ed. Lipsius). Nun ist durchaus nicht von der Hand 
zu weisen die Annahme, Paulus habe in der Predigt zu Smyrna 
das Thema von der Passahfeier behandelt, denn das Thema war 
sicherlich akut, als die πράξεις Παύλου um 180 verfaßt wurden, 
war doch ihr Verfasser ein Presbyter der Kirche Kleinasiens, 
Nur braucht man nicht anzunehmen, daß das Thema im Sinne 
des Verfassers der Vita behandelt war, da der Presbyter die 
Frage ausschließlich vom quartodeeimanischem Standpunkte be- 7 
sprochen haben kann, wie es der Verfasser unserer Epistola ὦ 
getan hat. Aber es ist doch auffällig, daß der Verfasser aus 
der Predigt des Paulus von sich aus die Schlüsse zieht, statt 
den Paulus selbst reden zu lassen. Daraus erhellt, daß die Er- 
örterungen über die Passahfeier einen fremden Stoff enthielten, 
den der Verfasser der Vita sich für die Verhältnisse seiner Zeit 
zurechtgemacht hat. Aber sollte meine These betreffs der Be- 
nutzung der Paulusakten keine Anerkennung finden — sichere 
Anhaltspunkte sind nicht vorhanden, ich selbst lege daher kein 
großes Gewicht darauf —, so bleibt doch die Tatsache bestehen, 
daß Strataeas ebensowenig eine historische Persönlichkeit ge- 
wesen ist wie Zacchäus, Marthones, Aquilas und Nicetas, Es 
trägt nicht viel aus, ob der Name aus den Paulusakten oder 
den Akten des Leucius oder sonst aus einer anderen Quelle ge- 
flossen ist; in diesem Falle hat der Verfasser der Vita einen 
fingierten Namen aufgenommen, statt ihn selbst zu fingieren, 
und hat er die ganze Pauluspredigt nicht selbst sich ausge- 
dacht, sondern hat das Motiv von außen übernommen. Das 
Resultat ist in beiden Fällen das gleiche: es handelt sich um 
Legende. 
Nach der Vita hat Paulus einen λόγος περὶ τοῦ πάσχα, καὶ 
τῆς πεντηχοστῆς gehalten. Passahtest und Osterfest bilden 
Einheit, aber deutlich sind beide dem Charakter nach unter- 
schieden. Das Passah ist noch ein Fest mit besonderem I 


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gegenüber der Pentekoste, d. h. Passah ist offensichtlich Trauer- 


zeit, Pentekoste Oster- oder Freudenzeit; ihnen entspricht das 
καινὸν μυστήριον πάϑους καὶ ἀναστάσεως. Letzteres steht in 


Paralelle zu der χαινὴ διαϑήκη ἄρτου καὶ ποτηρίου προσφορᾶς, 
d. h. der Festcharakter wird bestimmt durch die Feier der 
Eucharistie. Was die Zeit des Festes anbetrifft, so stellt der 


“ Apostel folgenden Kanon fest: ὅτε der πάντως ἐν ταῖς ἡμέραις 


τῶν ἀζύμων ἐπιτελεῖν. Der Termin schließt sich also an die 
jüdische Berechnung ’an; in die Tage der jüdischen ἄζυμα muß 
das Passah- und Osterfest fallen. Dies umschreibt der Ver- 
fasser der Vita folgendermaßen: ὅτε οὔτε παρὰ τὸν καιρὸν 
τῶν ἀζύμων. δεῖ ποιεῖν. ὥσπερ οἱ αἱρετικοὶ ποιοῦσι, μάλιστα 
οἱ Φρύγες, οὔτε μὴν πάλιν ἐξ ἀνάγχης τεσσαρεσχαιδεκάτῃ. Er 
begründet seine ablehnende Haltung mit den Worten: οὐδὲν γὰρ 
περὶ τῆς τεσσαρεσχαιδεκάτης ὠνόμασεν (56. Παῦλος), ἀλλὰ ἀζύμων, 
πάσχα, πεντηχοστῆς, κυρῶν τὸ εὐαγγέλιον. So viel historischen 
Sinn hat sich der Verfasser noch bewahrt, daß er den Paulus 
nicht direkt die Montanisten und Quartodecimaner bekämpfen 
läßt. Die Häretiker, speziell die Montanisten, werden beschul- 
digt, zu feiern außerhalb der Zeit der ἄζυμα, eine zweite Gruppe, 


mit Zwang an der τεσσαρεσχαιδεχάτη festzuhalten. Darnach ὦ 


feiern die Quartodeeimaner nach wie vor ihr Passah am 14. Ni- 
san, kennen also kein Osterfest; die Montanisten dagegen haben 
sich von der jüdischen Berechnung des Mondlaufes losgesagt, 
im übrigen scheinen sie das Fest in Übereinstimmung mit der 
Kirche zu feiern, d. h. sie begehen gemeinsam Passah und 
Ostern in der Feier der Eucharistie, nur in dem Termin diffe- 
rieren sie. Es ist nun ohne weiteres klar, daß der Verfasser 
das Thema über die Jahresfeier nur aus polemischer Abzweckung 


aufgenommen hat. Diese ganze Episode ist nicht so harmlos, 


wie.sie auf den ersten Blick erscheint. Hätte nicht Paulus in 
seiner Predigt ein viel wirkungsvolleres Thema wählen können 
als gerade die Frage der Osterfeier? Will vielleicht der Ver- 
fasser der stolzen Kirche von Smyrna einen Hieb versetzen, daß 
sie in früherer Zeit eine ganz andere Observanz gehabt habe? 
Trägt er vielleicht die Absicht, seine Osterpraxis als die pauli- 
nische gegen die Praxis des Johannes-Polykarp auszuspielen? 
Montanisten und Quartodeeimaner sind Erscheinungen der klein- 
asiatischen Kirche, wenn man Kleinasien im weiteren Sinne 


716 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


faßt. Die Montanisten werden als Häretiker bezeichnet, nicht 
auf derselben Stufe stehen scheinbar die Quartodeeimaner. Ohne 
Zweifel waren dem Verfasser die Passahstreitigkeiten im 2. Jahr- Ὁ 
hundert aus Eusebius bekannt, hatte er doch aus dem Briefe des 
Polykrates Namen wie Thraseas und Papirius entlehnt. Unbedingt = 
war ihm bekannt, daß Polykarp, dessen Vita er sich anschickte 
zu schreiben, ein Vertreter des Quartodeeimanismus gewesen war, 
daß dieser sich auf den Apostel Johannes für die kleinasiatische 
Observanz berufen hatte. Deshalb hat ér diesen Autoritäten 
stillschweigend die Autorität des Apostels Paulus entgegen- 
gehalten; mit bestimmter Absicht betont er, daß Paulus an 
keiner Stelle seiner Schriften von der τεσσαρεσχαιδεκάτῃ ge- 
sprochen hätte, sondern nur von ἄζυμα, πάσχα, πεντηχοστή. 
Paulus und Johannes sind auf diesem Gebiete Gegensätze; 
darum werden auch die mannigfachen Beziehungen des Polykarp 
zu Johannes, wie sie bei Irenäus überliefert und von Eusebius 
in seine Kirchengeschiehte einverleibt sind, vollständig ignoriert. Ὁ 
Dies aber läßt vermuten, daß der Verfasser der Vita kein Glied 
der smyrnäischen Kirche gewesen sein kann, denn kein Christ 
der Kirche von Smyrna hätte sich um 250 den Ruhm nehmen 
lassen, daß Polykarp ein Schüler der Apostel gewesen, speziell 
zu dem Lieblingsjünger des Herrn in einem besonderen Ver- 
hältnis gestanden. In früherer Zeit wäre dies nicht so merk- 
würdig gewesen, da weder der Brief des Ignatius an Polykarp 
noch das Martyrium Polykarps irgendwelche Andeutungen dar- 
über machen. FB 
Freilich nimmt Corssen einen ganz entgegengesetzten Stand- 
punkt ein. Da in seinen Augen als der Verfasser der Vita der 
— Pionius gilt!, stellt er die Behauptung auf, Pionius 


1) Nicht darf uns verführen in Bukolos eine historische ‚Per- 
sönlichkeit zu erblicken, weil der Interpolator der Acta ‚Johannis 
des Prochoros meldet, der’ Apostel Johannes habe Dei seinem Be- 
suche in Smyrna den Bukolos zum Vorsteher eingesetzt; er füg 
auch den Polykarp hinzu, indem er beide zu Schüler des Johannes 
macht. Zahn behauptet, daß hier als ältere Überlieferung wahr- 
scheinlich die Legende des Leucius zugrunde läge, indem auch de 
Verfasser der Vita daraus geschöpft habe (Forsch. VI, 101, Anm, 
197, Anm. 2). Aber das alles entbehrt jeder reellen Basis, Denn 
wenn auch in den heute überlieferten Akten des Johannes gerä« 
die Episode in Smyrna ausgefallen ist (s. Acta apost. apoer. I, 


in x 
᾿ 


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τι τώρα ΠΗ 717 


wäre im Besitze einer gesicherten Tradition gewesen, gegen die 
eine noch so hochverehrte, anders geartete literarische Tradition 
nicht den leisesten Zweifel hätte aufkommen lassen. In Smyrna 


5 hätte man es anders gewußt, und wie man ohne jedes Bedenken 


sagen dürfe, besser. Deshalb versteigt sich Corssen zu folgenden 


= Worten: „Denn wie hätte wohl die Erinnerung eines Verkehrs 
ihres Bischofs mit dem Evangelisten Johannes in der Gemeinde 


so bald untergehen sollen, wie würde nicht vielmehr das Ge- 
rücht davon ins Ungemessene gewachsen sein? Und’ wie hätte 
wohl ein Fälscher, der die Version des Irenäus kannte, den Bi- 
schof, den er verherrlichen wollte, seiner höchsten Autorität, 
der unmittelbaren Einsetzung durch die Apostel, entkleiden sollen ? 


Aliam nobis texuisset vitam Polycarpi!* (5. Corssen, S. 300). 


Pionius soll ferner Nachforschungen trotz der Autorität des 


 Irenäus nach den Vorgängern Polykarps angestellt haben, und 


Corssen sieht darin ein schönes Zeichen von Selbständigkeit und 
von geradezu objektiv historischem Interesse. So wird der Vor- 
gänger des Polykarp, Bukolos, zu einer historischen Person; da- 
mit soll die Behauptung des Irenäus, daß Polykarp von Aposteln 


imn sein Amt eingesetzt worden sei, gerichtet sein, denn Bukolos 
hat nach der Erzählung der Vita den Polykarp wegen seiner 
‚Jugend zunächst zum Diakonen geweiht! (6. 11), darauf ihn 
nach Bewährung in das Presbyterkollegium aufgenommen ?, frei- 


lich erst durch ein Traumgesicht dazu bewogen, und schließlich 
hat er ihn zu seinem Nachfolger, wiederum auf Grund eines 


2. 179 ed. Bonnet), so ersehen wir aus dem Personenverzeichnisse 
-  (ibid. p. 180, 4ff.) beim Weggange des Apostels aus Smyrna, daß 
Bukolos keine Rolle gespielt hat. Insbesondere kennen die Akten’ 
nicht die Manier der Bischofsordinationen. Die Quelle für den Inter- 


polator bildete unsere Vita, dazu hat er von sich aus das Schüler- 
verhältnis zu Johannes hineingebracht. 

1) Ἔγνω (sc. Βουκόλος) οὖν ὡς ἄξιος εἴη" καὶ κατὰ τὸ παρὸν 
διὰ τὸ νέον τῆς ἡλικίας τὼ τῶν διακόνων βαϑμῶ συνηρίϑμησεν πά- 


4 σης τῆς ἐκκλησίας ἐπιμαρτυρήσης. 2) Vel. c. 17: ἰδὼν οὖν ὁ Bov- 


κύλος ὡς ἱκανὴ μὲν τῷ Πολυκάρπω ἡ ἡλικία, ἱκανωτέρα δὲ τοῦ ἀριϑ- 


᾿ς μοῦ τῶν ἐτῶν ἡ κατὰ πάντα τὸν βίον εὐταξία, ἔγνω ὡς ἄρα γένοιτο 


᾿ 


4 αὐτῷ σύμβουλός re ἄριστος τῶν κατὰ τὴν ἐκκλησίαν λόγων καὶ συλλει- 


κατὰ τὴν διδασκαλίαν, ἐπεσφράγισε δὲ καὶ ἐκύρωσεν αὐτοῦ 


᾿ς τὴν βουλὴν ὁ κύριος di ὁράματος αὐτῷ κελεύσας" καὶ οὕτως κατέστη- 
᾿ς δεν αὐτὸν εἰς τὸ πρεσβυτέριον, πάσης ὁμοϑυμαδὸν τῆς ἐκκλησίας ἐν 


718 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Traumgesichtes des Herrn, bestimmt. Aber ist dies alles nicht 
nach einem bestimmten Schema entworfen, um die Lücke des 
Nichtwissens. durch solche Schilderungen eines geregelten hie- 
rarcbischen Aufstieges auszufüllen? Zur Zeit des Polykarp hat 
man sicherlich andere Maßstäbe für die Wahl der Gemeinde- 
beamten angelegt. Unser Verfasser projektiert einfach die Wahl- 
methoden seiner Zeit in die nachapostolische Zeit, wenn bei der 
Wahl des Polykarp die Bischöfe der umliegenden Städte er- 
scheinen, und nicht nur das, sondern auch Laienpublikum strömt 
aus den Städten, Dörfern und Weilern zu dem Akte herbei. 
Überhaupt wird der ganze Vorgang bei der Wahl und bei der 
Einsetzung nach dem späteren Modus geschildert. Also gesetzt 
auch, wir akzeptieren die These von Corssen, daß Pionius die 
Vita c. 250 verfaßt habe, so kommen wir damit noch nicht zu 
einer objektiv historischen Erzählung. Wir sind noch keines- 
wegs berechtigt, aus dem Schweigen des Verfassers über Jo- 
hannes die folgenschwere Behauptung aufzustellen, daß man über- 
haupt in Smyrna von irgendwelcher Beziehung des Johannes zu 
der Gemeinde nichts zu erzählen wußte und daß man in Smyrna 
auch von einem Aufenthalt des Johannes in Ephesus nichts ge- 
wußt oder doch an die ephesinische Legende nicht geglaubt hat 
(so Corssen S. 301). Es könnte doch auch der Fall vorliegen, 
daß ein Verfasser aus bestimmten Gründen von diesen Dingen : 
nichts gemeldet hätte. ß 
Aber hat denn wirklich Cotssen den Beweis für dia Autos: : 
schaft des Pionius gebracht? War denn der Verfasser der Vita , 
wirklich ein Glied der smyrnäischen Gemeinde? Corssen beruft 
sich auf die Spuren lokaler Tradition, welche ganz bestimmt in 
der Kenntnis von Orten, Verhältnissen und Personen hervortreten. 
Er weist hin auf die Erwähnung des ephesinischen Tores an 
zwei Stellen (e. 3u.20), das zweitemal wäre damit eine weibere 


a 


1008 μεγάλῃ —— καίπερ ἐκείνου τὸ τοιοῦτον ἐπεγιξίρημα de Ἵ 
ιὥντος. ä 

3) Vgl. c. 20: ὁ μὲν οὖν Βουκόλος, ἅτε δὴ προγνωρίσαντος 2 
αὐτῷ πολλάκις δι᾽ ὁράματος τοῦ κυρίου ὅτι σχοίῃ τοιοῦτον. διά-, 3 
doyov, χαίρων καὶ γεγηθὼς ὡς ἐπὶ σώφρονι κληρονόμῳ, | -ἢ 
μένος ἐχοιμήϑη οὕτως ὥστε καὶ παρὰ τὴν ὥραν τῆς ἐξόδου — 
τῆς Πολυκάρπου χειρός, καὶ πρῶτον μὲν ἐπὶ τὸ ἑαυτοῦ στῆϑος — 
φεῖσαι, ἔπειτα τῷ προσώπῳ. 


Exkurs III. 719 


Ἢ Ortsbestimmung verbunden, die nur von einem Ortskundigen 
 herrühren könne; er wisse, daß das χοιμητήριον des Bukolos 
206 τῆς Ἐφεσιακχῆς βασιλείας läge und daß an dieser Stelle 


noch jetzt ein Myrtenbaum vorhanden, der nach der Beisetzung 
des Märtyrers Thraseas aufgesproßt sei. Er erwähnt ferner, daß 


᾿ς Polykarp einst nach Teos zum Besuche des Bischofs Daphnos 
gekommen wäre. Im Text wird hinzugefügt: τὴν πρὸς τοῖς 
ϑερμοῖς τοῖς παρὰ conj. von Lightf.) πᾶσε καλουμένοις Δεβα- 


δίοις. Diese Notiz ist wieder ganz unklar gehalten, denn Teos 


und Lebados waren nach Strabo, Geographica XIV, 1, 29 von- 


einander 120 Stadien entfernt und beide durch ihre heißen 


Quellen berübmt (Pausan. VII, 5, 5). Aber vielleicht hat Light- 


Ἶ foot recht, wenn er bemerkt: The springs at Teos may have 


been called Lebadian, because they possessed the same qualities 
as those of Lebados or from some local eonnexion, 

Damit ist aber die Lokalkenntnis erschöpft. Das Resultat 
ist recht mager, und deshalb hat Lightfoot sein Urteil dahin 
abgegeben: On the whole 1 should infer that he was not him- 


self a native of or resident in Smyrna, though probably he had 
a casual knowledge of the place and may have belonged to 
Proconsular Asia. The Acts of Pionius, evidently emanating from 
 Smyrna itself, show a knowledge of topographical details which 


is much more striking. 
Aber vielleicht gelingt es uns, den Schleier über dem ge- 
heimnisvollen Verfasser der Vita etwas zu lüften. Unsere Vita 


- berichtet nämlich, daß Polykarp kein geborener Kleinasiat, noch 


weniger ein geborener Smyrnäer gewesen sei. Seine Heimat 
lag in der ἀνατολή; von den Eltern erfahren wir gar nichts. 


Als Sklave soll er scheinbar in der Hafenstadt verkauft werden, 


und so erhält eine fromme Christin namens Kallisto im Traum- 


1) Dieser Ausdruck ist ungeklärt, Corssen nimmt eine schwere 
Verderbnis des Textes an, Lightfoot denkt an die ὁδὸς βασιλική 
auf Grund einer Inschrift im Corp. Inser. Graec. 3148 (ΠΡ. 712 54. 


Aber diese Stelle ist auch sonst merkwürdig, denn es heißt: ἀγα- 


γόντες δὲ τὸ σῶμα τοῦ μακαρίου Βουκόλου εἰς Σμύρναν, als wenn 
Bukolos außerhalb von Smyrna gestorben und sein Leichnam nach 


 Smyrna gebracht worden wäre. — Eine βασιλικὴ ὁδὸς ἡ ἐπὶ Avargav 


wird auch in den Theklaakten (Paulusakten) erwähnt (s. Act. apost. 


ΠΟ apoer. 1,1, p. 237). 


720 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


gesicht die Aufforderung: Καλλιστώ, ἀναστᾶσα πορεύϑητε El 
τὴν καλουμένην ᾿Εφεσιαχὴν καὶ ὀλίγον ἔμπροσϑεν προελϑούσῃ, 
σοι ὑπαντήσουσιν ἄνδρες δύο, ἔχοντες us® ἑαυτῶν παιδάριον 
ᾧ ὄνομα Πολύχαρπος. .... ἔστε δὲ τοῦτο τῷ γένει ἀπὸ 
ἀνατολῆς (ὁ. 3). In dem Hause der Kallisto wächst Po 4 
als Diener auf und gewinnt die Gunst der Herrin, die ihn während 
ihrer gelegentlichen Abwesenheit zum Hauswächter bestellt. Bei 
ihrer Rückkehr meldet einer der andern Diener folgendes: Σὺ 
μέν, © κυρία, πάντας τοὺς οἰκογενεῖς: σου οὐδὲν ἡγησαμένη, 
τῷ παιδαρίῳ τούτῳ ἐξ ἀνατολῆς ἥκοντι πάντα ἐνεχε — 
σας. ὃ δὲ παρὰ τὴν σὴν ἀποδημίαν ἐκφορήσας πάντα ὅσα ἦν 
οὐδὲν ὑπελείπετο. Hat der angebliche Pionius diese orientalische 
Abkunft des Polykarp auf dem Wege gründlicher Nachforschung 
erfahren oder war noch zu seiner Zeit dies in der Gemeinde 
von Smyrna allgemein bekannt? Ich fürchte, daß die Smyrnäer Ὁ 
es sich sehr verbeten haben würden, wenn man ihren hoch- 
berühmten Bischof und Märtyrer zu einem Orientalen gestempet 
hätte. Das konnte sich nur ein Schriftsteller leisten, der mit 
der Gemeinde von Smyrna nicht eng verwachsen war. Aber 
noch mehr, der Verfasser scheint aus ganz bestimmter Tendenz 
diese Geschiehte aufgebracht zu haben. Er fühlt sich selbst als 
Anatole und will gewissermaßen diesen Heros des ältesten 
Christentums für sich reklamieren. Er fühlt sich ihm stamm- 
verwandt, und mit Stolz blickt er auf ihn herab, wenn er Ὁ. 6 
die Worte gebraucht: χαὶ τῆς ἀνατολικῆς ῥίζης, κατὰ τὸ ἄοχ- 
vov τῆς φιλοπονίας, δεῖγμα ἔφερεν ἄνϑος, ὡς ἂν εἴποι ru, 
μέλλοντος ἀγαϑοῦ καρποῦ. φιλομαϑεῖς γάρ, εἰ καί τινες ἄλλοι, Br 
καὶ προσφυεῖς ταῖς ϑείαις γραφαῖς οἱ τὴν ἀνατολὴν οἰχοῦντες 
ἄνϑρωποι (c. 6). Diese Stelle ist Corssen nicht entgangen, aber 
nach ihm klingt sie ganz so, als wenn der Verfasser Land und 
Leute des Orients aus eigener Anschauung gekannt habe. Wir ἢ 
müssen das Verhältnis aber umdrehen. Hier erlaubt sich ein 
Vertreter der ἀνατολή einen Seitenhieb gegen die Griechen zu 
führen, die so stolz auf ihre wissenschaftlichen Leistungen sind. 
Es gibt noch rıwis ἄλλοι, die φιλομαϑεῖς καὶ προσφυεῖς ταῖς 
ϑείαις γραφαῖς, und diese findet man unter den οἰκοῦντες τὴν ἣν 
ἀνατολήν. Da tönt uns entgegen der Hochmut eines Syrers, der 
auf die ruhmvolle Stellung der antiochenischen Schule pocht, | 
Gerade in der Erforschung der heiligen Schriften, in der ἜΣ 


δ a at νος a 
ῥε ΝΑ νοῶ Σ) 


ἄνωλιν ἃ 


— ΠῚ χε ΠΡ a 


— ‘beruhte ja die Hauptstärke der Antiochener. Darum wird 
- auch so viel von dem tiefen Verständnis der Schriften und von 
der exegetischen Kunst des Polykarp geredet (e. 6. 12. 20). Diese 
Gabe hat er aus seiner Heimat mitgebracht, denn unmittelbar 
ο΄ sehließen sich die Worte an: εἰς δὲ τὴν ᾿Ασίαν ἀχϑεὶς zei ἐν 
τῇ Σμύρνῃ κατὰ ϑεοῦ ϑέλημα ἐλϑών, καταμαϑών τε τοὺς 
τῶν ἐγχωρίων τρόπους χαὶ τούτων πολὺ διαστήσας 
ἑαυτόν, ἔγνω ες ἄρα παντὶ δούλῳ ϑεοῦ πᾶς ὃ κόσμος (πόλις), 
πατρὶς δὲ ἡ ἐπουράνιος Ἱερουσαλήμ᾽ ἐνταῦϑα δὲ παροικεῖν, 
ἀλλ᾽ οὐ κατοιχεῖν, ὡς ξένοι καὶ παρεπίδημοι (1.Petr.2,11) τετάγ- 
μεϑα. Entpuppt sich aber unser Verfasser als Bewunderer der 
Antiochener und sieht in Polykarp gewissermaßen einen Ableger 
‚derselben, so erkennen wir in ihm nicht einen Mann des dritten, 
sondern des vierten Jahrhunderts. Damit wird auch unsere obige 
Beobachtung bestätigt, daß der Verfasser seine kirchenhistorischen 
Kenntnisse aus Eusebius entlehnt hat. Also die ἀνατολή, besser 
ausgedrückt Syrien war die Geburtsstätte des Verfassers, und 
es macht den Eindruck, daß auch er wie sein angeblicher Lands- 
mann Polykarp nach Smyrna verschlagen ist, jedenfalls muß er 

- sich dort etwas länger aufgehalten haben, um eine gewisse Lokal- 
᾿ς  kenntnis zu gewinnen. Die Stadt selbst hat einen großen Ein- 
druck auf ihn gemacht, darum läßt er den Polykarp das Volk 
ὯΝ also’ anreden: Ἄνδρες οἱ τῆσδε τῆς περικαλλοῦς πόλεως 
τ κάτοικοι, ἐπαχούσατέ μόυ τοῦ παροίχου καὶ παρεπιδήμου, ᾧ ® 
᾿ς πᾶσα πόλις ξένη διὰ τὴν ἐπουράνιον πολιτείαν zei πᾶς 6 
ο΄ χόσμος πόλις διὰ τὴν τοῦ χτίσαντος τὰ πάντα ϑεοῦ δωρεάν". 
-  Heimisch hat er sich aber in Smyrna nie gefühlt, die τρόποι 
E ᾿ τῶν ἐγχωρίων sind ihm nicht in Fleisch und Blut übergegangen, 
- ΘΓ ist sich des großen Gegensatzes zwischen griechischer und 
syro-griechischer Bildung bewußt geblieben. Aber auch in seinem 
Christentum hat er die heimische Sitte nicht vergessen. Da hören 


Ἷ - „wir von der Sitte der Sabbatgottesdienste, denn an einem Sabbat 
findet die Wahl zum Bischof statt, und Polykarp gibt eine ἀνά- 
F 


1) Vgl. die von Lightfoot zu dieser Stelle gesammelten Belege, 

In dem echten Martyrium des Pionius beginnt die Rede des Pionius 

— die Smyrnäer mit den Worten: “ἄνδρες ol ἐπὶ τῷ κάλλει Σμύρ- 
mg καυχώμενοι. Möglich daß der Verfasser der Vita sein Lob der 
᾿ς  Sehönheit Smyrnas von dort bezogen hat, aber das war, wie Corssen 

bemerkt, ein Gemeinplatz in der Kaiserzeit. 

u U. '14: Schmidt-Wajaterg. 46 


722 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


γνῶσις aus den Briefen des Timotheus und Titus; es heißt 22: 
δεήσεως δὲ τῷ “σαββάτῳ καὶ rovvxaidias ἐπὶ πολὺ γινομένης, & 
ὡς ἔϑος ἦν αὐτῷ, ἀνέστη ἀναγνῶναι. Damit soll doch eine 
entgegengesetzte Sitte abgelehnt werden, die den Sabbat nicht 
mit dem Sonntag als Freudentag auf eine Linie stellt; Polykarp 
wird für jene Festsitte als Zeuge angerufen, da ausdrücklich 
bemerkt wird: εἷς ἔϑος ἦν αὐτῷ. Und derselbe Polykarp 
hält nach seiner Wahl zum Bischof am nächsten Sabbat 
wiederum eine Predigt (c. 24: τῷ δὲ ἐχομένῳ σαββάτῳ ἔλεγεν. 
᾿Αχούσατέ μου τῆς παρακλήσεως, ἀγαπητὰ τέκνα ϑεοῦ). Diese 
Sitte regelmäliger Gottesdienste am Sabbat und Sonntage mit 
eucharistischer Feier wird als selbstverständlich betrachtet, da 
es heißt e. 23: τότε δὴ καὶ οἱ λοιποὶ τὰς δεούσας παρακλήσεις 
καὶ παραμυϑίας ἔν τε τῷ σαββάτῳ καὶ τῇ κυριαχῇ. ποιησά- 
μενοι, προσφοράς τε χαὶ εὐχαριστίας ἀγαλλιασάμενοι καὶ uera- 
λαβόντες τροφῆς ἐπανήεσαν ἵχαστος εἰς τὸν οἶχον αὐτοῦ. 
Steckt dahinter nicht eine bestimmte Absicht, die Sabbatgottes- 
dienste auf die Zeit und Autorität des Polykarp zurückzuführen? 
Diese Observanz war aber durchaus keine allgemein kirchliche, 
Im Westen war sie ganz unbekannt !, ebenso zunächst auch inder 
griechischen Kirche, wohl aber hatte sie in den orientalischen 
Kirchen Verbreitung gefunden. Wir besitzen seit der Mitte des 
4. Jahrhunderts zahlreiche Zeugnisse? über diesen Brauch? in- 
dem man in manchen Provinzen nur Predigtgottesdienste hielt, 4 
in anderen Kirchen eucharistische Feiern., Besonders in der 
syrischen Kirche war der Brauch heimisch, von dort ‚wird er 
sich auch nach Cypern und Kappadozien verpflanzt haben. In τῇ 
den Apostol. Constit. II, 59 lesen wir: μάλιστα δὲ ἐν τῇ τοῦ 
σαββάτου χαὶ ἐν τῇ τοῦ κυρίου ἀναστασίμῳ. τῇ κυριακῇ Ε΄ 
σπουδαιοτέρως ἀπαντᾶτεϑ und V, 20, 19: πᾶν μέντοι σάββα- 
τον ἄνευ τοῦ ἑνὸς! καὶ πᾶσαν κυριακὴν ἐπιτελοῦντες συ 


1) Hier war seit Anfang des 3. Jahrh. das österliche Samstags Ὁ 
fasten auf die Woche übertragen; deshalb kannte man einen dem Sonn- 
tag gleichwertigen Festtag am Sabbat nicht. 2) Vgl. Theod. Zahn, 
Skizzen aus dem Leben der alten Kirche, 1894, 8. 326 ff; Carl, Sehmidt, 
Festschrift für Heinrici, 1914, S. 73f.; Holl, Sitzungsb. ἃ, Akad. 1916, 
S.854f.. : 3) Vgl. Pseud.- -Ignat. ad Magn. 6.9. - 4) d.h, abgesehen 
vom ÖOstersabbat, an welchem wegen des en Fastens Fr 
Gottesdienste ‚stattfinden durften, vgl. VII, 23, 4 ‚Ps. — 7— 
Philipp. c. 18. 


— 


δι λον 


" ἘΠῚ γ Ν J 
Mn nd ἡ 5 Ἵ 
πὰ νι τὺ οὐ τ οὐδ αν δῦ Na» 


ee 


ee — Exkurs III. 723 


τς ψόδους εὐφραίνεσϑε. Der Sabbat gilt als Gedächtnistag der 
— 2, g: τὸ σάββατον μέντοι καὶ τὴν χυριαχὴν ἑορτάζετε, 
— To μὲν δημιουργίας ἐστὶν ὑπόμνημα, τὸ δὲ ἀναστάσεως. 
τ ΒΝ δὰ “μόνον σάββατον ὑμῖν φυλακτέον ἐν ὅλῳ τῷ ἐνιαυτῷ, 
ο΄ τὸ τῆς τοῦ χυρίου ταφῆς, ὅπερ νηστεύειν προσῆχεν, ἀλλ᾽ 
οὐχ ἑορτάζειν (VII, 33, 3. 4, dazu V, 14, 20; VIII, 33, 2, wo die 
Feier am Sabbat als Gebot des Paulus und Petrus eingeführt wird, 
und VIII,47,64)!. Daß die kleinasiatische Kirche den Sabbatgottes- 
| dienst frühzeitig allgemein eingeführt hat, darüber ist uns nichts 
bekannt, aber selbst wenn dies der Fall, so könnte dieser Brauch 
noch nicht in der Mitte des 3. Jahrhunderts geherrscht haben. 


-  Sehon an diesem einen Punkte scheitert die Autorschaft des Pionius, 


Unsere Vita kann erst nach der Mitte des 4. Jahrhunderts ver- 
faßt sein, denn die früheste genauere Kunde erhalten wir be- 
'treffs Kleinasien erst durch den Kanon 16 der Synode von 
Laodicea um 3602, Die syrische Didaskalie kennt Gottesdienste 
am Sabbat überhaupt noch nicht. Alles spricht nun dafür, daß 
der Verfasser der Vita ursprünglich der syrischen Kirche an- 
gehört hatte. Wenn man von der ἀνατολή redete, so verstand 
ınan darunter im allgemeinen Syrien, Palästina und die an- 
grenzenden Teile.. Jetzt wird uns auch klar, aus welchen 


Motiven der λόγος περὶ πάσχα καὶ πεντηχουτῆς an den Anfang 


gesetzt ist, obwohl er mit der Vita in gar keinem Konnex steht, 
Der Verfasser wollte die Observanz seiner Heimat den Lesern 
vor die Augen führen. Denn die von ihm vertretene Ansicht 


᾿ τὸ soll die Observanz der syrischen Kirche gegenüber der klein- 
- asiatischen als die echt apostolische bestätigen. Bei den Syrern 
war die Sitte noch im 3. Jahrhundert, wie wir gesehen haben, 


verbreitet, das Osterfest in den jüdischen ἄζυμα zu feiern; bei den 
᾿ς Syrern war ferner das Passah noch streng von dem Osterfest 
geschieden. Bei seinem Aufenthalte in Smyrna befand sich der 
Verfasser der Vita einem ihm fremden Brauche gegenüber und 
machte dagegen Opposition. Die Kirche Kleinasiens hatte sich 
wahrscheinlich zu seiner Zeit der römisch-alexandrinischen Oster- 
berechnung in Übereinstimmung mit den nieänischen Beschlüssen 


1) Funk, Apost. Constit. S. 83f. und :93f. 2) Für Epiph. 
Expos. fid. e. 21 sind sabbatliche Gottesdienste noch eine lokal be- 
schränkte Sitte, 

46* 


724 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


angeschlossen. Und das, was über die eigentümliche ——— 
der Montanisten berichtet wird, finden wir erst bei Sokrates und 
in der Osterpredigt vom Jahre 357!, Wenn auch deren Obser- 
vanz auf eine ältere Zeit zurückgeht, so kommen wir schwerlich 
auf die Zeit vor die Mitte des 3. Jahrhunderts. Und weiter, 
unserem Verfasser ist das Mönchtum eine bekannte Erscheinung; 
Polykarp ist in seinem Handeln und Reden ein echter Vertreter 
der mönchischen Askese (vgl. ce. 6. 7. 8. 9. 14. 15). Aber das im 
einzelnen vorzuführen, würde mich zu weit führen? Nur ’einen 
Punkt möchte ich noch kurz berühren, da Corssen 1. €. 296 dar- 
auf Gewicht legt. In der Vita werden nämlich an verschiedenen 
Stellen die Juden genannt. Von Polykarp wird berichtet, daß 
er als Diakon und Presbyter Griechen, Juden und Häretiker 
widerlegt habe (e. 12. 18), und bei Gelegenheit einer großen 
Feuersbrunst treten auch zahlreiche Juden zum Löschen auf, 
ohne etwas ausrichten zu können, so daß der Stratege der Stadt 
sich an Polykarp wendet. Dabei werden sie beschuldigt, solche 
Ereignisse zum Plündern der Häuser zu benutzen (e. 28), Nun 
wird ja auch in dem Martyrium des Polykarp (e. 12. 13) des . 
Hasses der Juden gegen die Christen gedacht, ebenso in der 
Rede des Pionius (6. 4, 8; e. 13). Aber diese Züge involvieren 
noch keineswegs die Identität des Pionius mit dem Verfasser 
der Vita, denn Juden gab es nicht allein in Smyrna; noch besser 
konnten die Christen sie in Syrien kennen lernen (vgl. die E 
Didaskalie). ee 
Ist nun die Vita von einem Syrer in der zweiten Hälfte des 
4. Jahrhunderts verfaßt, so fallen alle von Corssen und Schwartz 
gegen das Zeugnis des Irenäus vorgebrachten Argumente dahin. 
Nieht dieses, sondern das Zeugnis des angeblichen Pionius hat 
sich als dreiste Fälschung herausgestellt. Für die Traditionen 
der smyrnäischen Gemeinde um 250 liefert die Vita kein Ma- 
terial. Es müssen also stärkere Kanonen aufgefahren werden, 
um die Überlieferung des Irenäus über Johannes und —— 4 


1) Die Haltung dieses Predigers in bezug auf die Bere a 
der Osterfeier stimmt mit dem Verfasser der Vita und den Nova- · h 
tianern Kleinasiens (s. ο. 8. 645) überein. 2) Es würde eine 
lohnende Arbeit sein, die Schrift nach allen Seiten hin zu unter- ἢ 
suchen. 


Exkurs II. ᾿ 725 


von Grund aus vernichten zu können‘. Der Polykarp der 
_ Vita ist nicht die historische Persönlichkeit, wie wir sie in 
_ dem Briefe der Smyrnäer oder in seinem eigenen Briefe an die 
Philipper kennen lernen, ebensowenig ist dies ein Polykarp, wie 
ihn ein Schriftsteller aus der Mitte des 3. Jahrhunderts schildern 
konnte, vielmehr dieser Polykarp ist eine rein fingierte Schöpfung, 
welche die Züge des Christentums des 4. Jahrhunderts an der 
- Stirn trägt, und noch genauer, die Züge des syrischen Christen- 
Ὁ —* tums mit seiner Passahfeier, mit seinen Sabbatgottesdiensten, 
mit seinem Mönchtum. So fällt die These von Schwartz ohne 
weiteres dahin, daß die Kleinasiaten um die Mitte des 3. Jahr- 
-  hunderts ihre quartodeeimanische Observanz aufgegeben hätten. 
Wir müssen in Ermanglung anderweitiger Nachrichten unser 
ὃς Beim eingestehen 3. 


—— Ὁ Ἣν Βεὶ Bei dieser Gelegenheit möchte ich meinerseits bekennen, daß 
- auch ich den Augaben des Irenäus mit einer gewissen Skepsis gegen- 
- > überstehe, aber ihn zu einem bewußten Schwindler zu stempeln, 
ist eine Versündigung. 2) Herr Kollege Mahling machte mich 
- nachträglich auf eine Arbeit aufmerksam, die im kirchenbistorischen 
x Seminar von Harnack entstanden ist und den Titel trägt: Τὸ αἴτιον 
Ε΄ > “ἢ τοῦ πάσχα ἐρίδων τοῦ δευτέρου αἰῶνος, ὑπὸ ᾿Α.. Σ, "Akıßı- 
7  ζάχου, ἐν — 5 — Diese Arbeit dringt aber nicht tiefer in 
die Probleme | 


ein, 


Anhang zu Exkurs |. 


Nachträglich ersehe ich aus Labriolle, La erise Montaniste, 
Paris 1913, 8. 282, Anm. 3, daß der Kommentar des Dionysius 
Bar Salibi!: In Apocalypsim, Actus et Epistolas Catholicas, 
herausgegeben ist von Sedlaöek in dem Corpus Seriptorum Chri- 
stianorum ÖOrientalium, Scriptores Syri, Ser. II, Bd. 101, 1909 
(Text) und 1910 (Übersetzung). Der Kommentar ist handsehrift- 
lich erhalten im Cod. Mus. Brit. add. 7185, Oxford Bodl. orient. 560, 
Berlin eod. syr. 181 und Cod. Hierosolym. im Kloster der Jaco- 
bit. Syrer aus dem J. 1401; nach der Abschrift des letzteren 
ist die Ausgabe erfolgt. Der Kommentar zum Evangel. Johannis u 
resp. zu den Evangelien ist dagegen noch unediert 2, “ 

Von besonderem Interesse ist die Einleitung, in der Bar — 
Salibi ein kurzes Referat über die Stellung verschiedener Kir- 
chenschriftsteller zur Verfasserschaft der Apokalypse gibt. Es 
lautet also: Postquam enim absolvrimus expositionem evangelii, 3 
o frater noster, fuse et lucidissime®, parati sumus aggredi ex. Ἢ 
plicationem Apocalypsis Johannis evangelistae . ς J— 

Initio sermonis dicimus multos magistros — de = 
Apocalypsi Johannis et dixisse eam ipsius non esset, Et hoc 
exponit Eusebius Caesaraeensis in libro eglisiastiqui seu Histo- 
riarum ecelesiasticarum. Dieit enim Dionysius, episcopus Alexan- 


IR ΡΟΣ, > N 
a FT" an, 0 Ὡς ’ ΑΝ ὦ 


1) Bar Salibi war 1154 Bischof von Mar‘as, 1155 Bischof ποῦ 
Mabbog (Hierapolis am Euphrat) und seit 1166 Bischof von Am 

(Diarbekr). + 1171 daselbst. 2) Neben den ο. 8, 438, Anm. 
bezeichneten Hdd, nennt Labriolle, ibid, S. 285 einen Cod. F 
syr. 67, we XII. Über andere Hdd. vgl. Achelis, Hippolytstudie 
(1897), S.208f. 3) Der Kommentar zum Evangelium des Joh, 
ging also vorher. 4) Vielleicht ist hier an Euseb. ἢ, e. III, 24, 
25, 4 gedacht. : 


Anhang zu Exkurs 1. 727 


driae: Apocalypsis non est Johannis apostoli, sed Johannis alius, 


_ presbyteri, qui habitabat in Asia’; nam non est similis typus, 


id est species sermonis?, Evangelii et Apocalypsis. Et Johannes 


dullibi in Evangelio commemoravit suum nomen; hie vero, initio 


et fine Apocalypsis ponit nomen suum®. Et a domino nostro 
accepisse revelationem eum, qui eam scripsit, profitemur. Ire- 
naeus episcopus* et Hippolytus Bosrae® dieunt Apocalypsim Jo- 
hannis evangelistae esse et sub finem regni Domitiani ipsi reve- 
latum esse‘. Etiam Eusebius Caesaraeensis bis assentit et statim 
dieit: Si quis non admittit Apocalypsim esse Johannis apostoli, 
evangelistae, dieimus: ergo est Johannis presbyteri, qui tempore 


Johannis apostoli extitit. Et duo sunt sepulera in Asia, unum 


evangelistae et alterum Johannis presbyteri. 


— — — 


1) Bar Salibi hat die Ausführungen des Dionysius bei Euseb 
h. 6. VII, 25 im Auge.‘ Dort wird aber ὃ 16 Johannes nicht direkt 
als Presbyter bezeichnet, sondern nur von zwei verschiedenen Män- 
nern des Namens gesprochen, die in Ephesus begraben liegen. Der 
Presbyter ist aus Euseb. ἢ. 6, III, 39, 5. 6 erschlossen, 2) Vgl. 


κοῦ. ibid. $ 17 sq. 3) Vgl. Euseb, ibid, $ 24a. 4) Vgl. 
Euseb. h. 6. III, 18, 2; V, 8, 6. 5) Der Herausgeber scheint an 
‚der Bezeichnun 


g „Bosrae* als Bischofssitz des Hippolyt keinen An- 


'stoß genommen zu haben. Diese Notiz geht nämlich zurück auf 


Euseb, h. 6. VI, 20, 2, wo Beryli von Bostra und Hippolyt als Zeit- 
genossen bezeichnet werden, deren Schriften auf der Bibliothek zu 


| Jerusalem dem Eusebius vorlagen, aber Bar Salibi hat die Stelle 


nur oberflächlich gelesen, denn ὡσαύτως δὲ καὶ "Inmökvrog hat er 
fälschlich mit dem letzten Satzgliede zu Beryll in Verbindung ge- 


setzt: ἐπίσκοπος δ᾽ οὗτος ἦν τῶν κατὰ Βόστραν ’Agußov, und hat 


Ἐς dabei ganz die Bemerkung bei Hippolyt übersehen: ἑτέρας που καὶ 


ο΄ ᾿αὐτὸς προεστὼς ἐκκλησίας. Aber diese Konfusion ist nicht direkt aus 


der Lektüre des Eusebius geflossen, vielmehr benutzt Bar S. eine be- 
sonders im Orient weit verbreitete Tradition, die freilich auf diese 
falsch aufgefaßte Stelle des Euseb. zurückgeht, daß Hippolyt Bischof 
von Bosra gewesen sei. Vgl. Döllinger, Hippolytus u. Kallistus (1853), 
S. 58f.; G. Ficker, Studien zur Hippolytfrage (1893), S. 661. — Im 
übrigen schreibt Bar S. richtig das Werk gegen Cajus dem Hippolyt 
aus Rom zu, konnte also diese Notiz in der von ihm benutzten Vor- 


lage lesen. 6) Wenn Bar S$. richtig referiert, daß Hippolyt die Ent- 
 stehung der Apokalypse an das Ende der Regierung des Domitian 


verlegt hat, so hat er die These seines Lehrers Irenäus akzeptiert. 
In diesem Falle könnte die singuläre Datierung der Apokalypse bei 
Epiph. h. 51, 33, 9 nicht aus der Schrift des Hippolyt geschöpft sein 


(80,8. 482f.). 


728 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Hippolytus Romanus dixit: Apparuit vir, nomine Caius, 
qui asserebat evangelium non esse Johannis nec Apocalypsim, 
sed Cerinthi haeretiei ea esse. Et contra Caium surrexit Hippo- 
lytus et demonstravit aliam esse doctrinam Johannis in Evan- 
gelio et in Apocalypsi et aliam Cerinthi. ᾿ 

1116 quidem Cerinthus docebat eircumeisionem et iratus ent’ N 
in Paulum, quod non cireumeiderat Titum et vocat apostolum 
eiusque diseipulos in quadam e suis epistulis »apostolos falsos 
et operarios fallaces. Docebat etiam mundum ab angelis crea- 
tum esse; et non e virgine dominum nostrum natum esse, et 
cibum et potum materiales et multas blasphemias. Evangelium 
et Apocalypsim Johannis mentem seripturarum sequuntur; ergo 
mendaces sunt qui dieunt Apocalypsim non esse Johannis apo- 
stoli. Nos autem Hippolyto assentimur. Etiam Johannis evan- 
gelistae esse Apocalypsim testatur s. Cyrillus et Mär Severus et 
omnes doctores qui addueunt testimonia in libris suis, sed etiam Ὁ 
Theologus in oratione valedietoria ab eo adduecit argumentum 
et dieit: »Quemadmodum docet me Johannes per revelationem 
suanı: Auferte viam populo meo; et hoe lapides .... ., cum 
»lapides< haereticos et doetrinam eorum vocat!. ἬΝ 

Hier besitzen wir den urkundlichen- Beweis, daß Hippolyt Ἢ 
in seiner Schrift ὑπὲρ τοῦ χατὰ Ἰωάννην εὐαγγελίου καὶ ἀπο- — 
καλύψεως die Polemik gegen Cajus gerichtet und daß er die 
Authentizität des johanneischen Ursprungs der beiden Schriften, 
abgesehen von andern Argumenten, auf die verschiedene Lehre 
des Johannes und des Kerinth basiert hatte. Als Lehre des 
Kerinth werden bezeichnet folgende Punkte: 1) Forderung der 
Beschneidung, deshalb heftiger Widerspruch gegen Paulus wegen 
Nichtbeschneidung des Titus und Bezeichnung des Paulus und 
seiner Mitarbeiter als Pseudoapostel und trügerische Arbeiter 
(2. Kor. 11, 13). 2) Erschaffung der Welt durch die Engel. 
3) Leugnung der Jungfrauengeburt. 4) Materielle Genüsse i 


wohl wie Apokalypse den Geist der heiligen Schriften an der 
Stirne tragen; infolgedessen werden diejenigen als Lügner ge 
brandmarkt, welche die Apokalypse des Joh. verwerfen. 


1) Vgl. Gregor von Nazianz or. XLII, συναχτήριος εἰς τὴν 
ὧν ἐπισκόπων παρουσίαν, P. Gr. XXXVI, col. 469. 


ad zu Exkurs I. 729 


“ἢ Ohne Zweifel haben wir ein Referat des Bar Salibi aus einer 
rich Darstellung vor uns, und dieses kann m. E. 
nur aus der Schrift geflossen sein, welche den Streit zwischen 


- Hippolyt und Cajus behandelte, denn Bar S. schließt das Ganze 


mit den Worten ab: Nos autem Hippolyto assentimur, d.h. er 
Br stimmt dem Urteile des Hipp. über die johanneische Verfasser- 
- schaft der Apokalypse bei. Vergleichen wir nun dieses Exzerpt 

' mit der Darstellung der Lehre des Epiphanius ἢ, 28, so fällt die 


merkwürdige Übereinstimmung der beiden Berichte in die Augen. 
Wir finden bier alles das wieder, was uns Epiphanius über 
Kerinth cap. 1—4 überliefert, besonders die singuläre Notiz be- 


 treffs der Nichtbeschneidung des Titus. Freilich muß Bar S. seine 


Vorlage falsch verstanden haben, denn nicht Kerinth hat den Aus- 


ΟΝ spruch 2. Kor. 11, 1%auf Paulus und seine Mitarbeiter angewendet, 


u A ED Een BEE PEN ΡΥ ὝΦΟΣ ΣΝ 


sondern vielmehr Paulus auf Kerinth, wie richtig Epiph. 1. ὁ. 4, 6 
angibt: χαὶ οὗτοί εἰσιν ol παρὰ τῷ ἀποστόλῳ Παύλῳ εἰρη- 
“μένοι "ψευδαπόστολοι, ἐργάται δόλιοι, μετασχηματιζόμενοι εἰς 
ἀποστόλους Χριστοῦ... Bar S. hat dabei ganz übersehen, daß 
es sich um ein Zitat aus Paulus handelt; statt dessen soll das 
Zitat in einem der Briefe des Kerinth gestanden haben. Nur 


eine einzige Lehrmeinung des Kerinth finden wir bei Epiphanius 
- nieht wieder, nämlich den Vorwurf der leiblichen Genüsse in 
Speise und Trank. Davon hören wir aber bei Dionysius, indem 

‘er von Kerinth schreibt: χαὶ ὧν αὐτὸς ὠρέγετο φιλοσώματος 


ἂν καὶ πάνυ ᾿σαρχιχός, ἐν τούτοις ὀνειροπολεῖν ἔσεσϑαι, γαστρὸς 
καὶ τῶν ὑπὸ γαστέρα πλησμοναῖς, τουτέστι σιτίοις καὶ ποτοῖς 


᾿ χαὶ γάμοις etc. (Euseb. h. e. VII, 25, 3). Ohne Zweifel hat Bar 5. 
von dort seine Weisheit bezogen. 


So sehen wir uns zu der Annahme gezwungen, daß Epi- 
phanius bereits in seiner Bestreitung des Kerinth b. 28 das Werk 
des Hippolyt gegen Cajus benutzt, wie er es später bei den 
Alogern als Quelle verwertet hat. Die eigentümliche Vermengung 


. des Gnostikers Kerinth mit dem Judaisten Kerinth ist also nicht, 
wie ich S. 410 ff. zu erweisen versuchte, auf das Konto des Epi- 


phanius, sondern bereits auf das des Hippolyt zu setzen, indem 
letzterer seine im Syntagma resp. Elenchos gegebene Darstellung 


 korrigierte'. Auf diese Weise besitzen wir glücklich drei resp. 


- 4) Daß Hippolyt in seiner Streitschrift nicht nur die Angriffe 
des Cajus gegen Einzelstellen zurückwies, sondern auch die Un- 


730 Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


vier verschiedene Kerinthe: 1) den Gnostiker Kerinth in der 
Epistola, bei Irenäus und Hippolyt im Elenchos, 2) den Gnosti- 
ker und Judaisten Kerinth in der Streitschrift des Hippolyt 
gegen Cajus und bei Epiphanius h. 28, 3) den chiliastisch 
gestimmten und massiv-sinnlichen Kerinth bei den Alogern, 
speziell bei Cajus! (vgl. den Dialog gegen Proklus und den 
Bericht des Dionysius von Alex.), 4) den Gnostiker und Juda- 
isten Kerinth des Hippolyt in Verbindung mit dem Kerinth 
der Aloger bei Bar Salib. — Man könnte nun vielleicht den 


gereimtheit der Kerinthischen Autorschaft der beiden johanneischen 
Schriften vom Standpunkte der Lehrmeinungen beleuchtete, ist selbst- 
verständlich. Aber unmöglich kann er den Vorwurf der grobmassiven 
eschatologischen Genüsse gegen Kerinth erhob@h haben, da diese ja 
von den Gegnern der Apokalypse des Joh. dem Kerinth unter- 
geschoben wurden, um die kerinthische Verfasserschaft der Apok. 
zu erweisen. Deshalb berichtet uns auch Epiphanius nichts darüber. 
Die Hinzufügung bei Bar $. verrät auch die Stellung dieses Punktes 
am Schluß. 


1) Eine befriedigende Erklärung, wie Eusebius dem Cajus, 
der doch das Ev. des Joh. verworfen hat, den Ehrennamen eines 
ἐκκλησιαστικὸς ἀνὴρ resp. λογιώτατος beilegen konnte, hat Labriolle, 
La crise M. S. 283, Anm. 6 nicht gefunden. Er äußert sich darüber 
folgendermaßen: Je ne puis expliquer cette bizarrerie que » deux 
facons: ou bien Cajus avait dövelopp6 ses idées sur le ΤΥ" Evangile 
ailleurs que dans son Dialogue, le seul ouvrage que Eusebe connaisse 
de lui; ou bien les critiques de Cajus contre cet Evangile avaient 
6t6 &liminees de l’exemplaire de ce Dialogue qui 6tait tomb6, ἃ Aeclia 
(cf. h. e, VI, 20, 1), entre les mains d’Eusöbe. Letzteres ist ja de 
Ansicht von Schwartz, s. ο. 8.445. — Eine eigentümliche Meinung 4 
vertritt Bonwetsch, Gött. Gel. Anz. 1917, Η, 17, 8. 416, indem er 
eine von Lightfoot später aufgegebene Vermutung wieder aufnimmt, ‘ 
daß der Verfasser jenes Dialoges gegen Proklus nicht Cajus, sondern 
Hippolyt sei. Cajus wäre als Unterredner ebenso eingeführt wie 
Proklus. Im Dialoge, wenigstens in dem Euseb. vorliegenden Teil 
desselben, hätte dann, da Cajus die Sache der Kirche zu führen hatte, 4 
Hippolyt "diesem nicht seine Gegnerschaft gegen das Johannesev. Aus — 
druck geben lassen. — Hippolyt hätte also zweimal die Feder er- 
griffen und hätte in dem Dialoge jene Argumente gegen die Apoka- 
lypse durch Cajus verteidigen lässen, welche er in der zweiten 
gegen Cajus direkt perhorresiert. Ich halte die These von Bonwetsch 
für unmöglich, da ja Hippolyt für die Autorschaft der Apokalypse 
eintreten, in diesem Falle also den Proklus als Sachwalter der Kirc 

auftreten lassen mußte. . 


τς Zap Zu U Ze u a A τ 


— 


” Anhang zu Exkurs L 731 


Ἣν — suchen, Bar $. habe den Epiphanius ausgeschrieben, 
aber das ist m. E. abzulehnen, zumal wenn feststeht, daß Epi- 
᾿ς phanius bei der Bekämpfung der Aloger h.51 die Schrift des 
᾿ς Hippolyt gegen Cajus vor sich gehabt hat. Denn angesichts 
der Mitteilungen des Bar S. über Kerinth wird man wohl kaum 
noch die auf Grund der Zahlenangabe betreffs der Gemeinde 
von Thyatira nach Holl’s Berechnung! vorgetmgene Ansicht, 
Epiph. habe in h. 51 nur indirekt aus Hippolyt geschöpft (8. o. 
8. 429 δ), aufrechterhalten können. Ich stimme vielmehr der 
Bemerkung von Labriolle, Sources p. LXXIV zu: En outre, Epi- 
phane a complötement @limine de sa discussion le nom de Caius. 
Caius n’ötait plus guere connu au IVme siöcle, et Epiphane a 
jugẽ preferable de generaliser et d’impersonnaliser ce debat 
sur le rapport r&eiproque des quatre Evangiles. Dann hatte 
Cajus jenen Angriff betreffs der Gemeinde von Thyatira in An- 
 lehnung an seinen kleinasiatischen alogischen Gewährsmann ge- 
macht und Hippolyt hatte diesen durch seine Behauptung der 
Bestätigung der Weissagung Apoc. 2,20 energisch zurückgewiesen. 
Die Berechnungen stammen also von Hippolyt und nahm diese 
Epiphanius in seine Polemik auf. Bei dieser Umrechnung von 
seiten des Epiphanius muß die Konfusion entstanden sein, so daß 
. eine befriedigende Lösung für uns heute nicht mehr möglich ist. 
Jene obigen Feststellungen stoßen aber — das möchte ich 
noch zum Schluß bemerken — keineswegs die Tatsache um, daß 
h die Einführung des Merinth in den Ketzerkatalog ἢ. 28 ein Fündlein 
des_Epiphanius ist. Die φάσις in e. 4 und ce. 8 über diesen hat er 
nicht aus Hippolyt bezogen; das sind seine eigenen Zutaten, die 
auf eine andere, höchstwahrscheinlich mündliche Überlieferung 
hinweisen (s. o. S. 412). 


1) Über Epiph. h. 51, 33 hat auch Labriolle 1. ce. 8, 576f. 
‚ aber er schließt mit dem Eingeständnis: Π me parait 
indubitable qu'il s’est produit quelque part dans ce chapitre une 
᾿ς «onfusion de chiffres ou une confusion de mots: je n’ai pas r&ussi ἃ 
reperer l’erreur qui l’a gäts, et les rectifications tentdes jusqu’ iei 

me semblent mödiocrement satisfaisantes, 


Koptischer Text. 
I 


nopinooe ai craacon ATeı an —““ 
ge οὗ nnoeaaoe πεῖ De eygoon Ülzaze ἃ 
Nixaeie TE NXE ze cenwceg Hiwelze aba‘ 
«αὖ Φωῦ ere mei πε ic πε" nei se πίτωτ 
5 πε firmme aba‘ Haar ze oyaror vap [er 
goon πορηΐ πρητοῦυ δον omas zog 
are ἄτεπο Mei Erkpicıe NAagwre Mey [κεἴ τ 
ῷδει «εὖ Icwpare πὰ Ange erbe nei ἢ 
mzno eartcgei πῆτε erbe T[arJaprypl[ia 

10 ÄnhcOp nXE nerasjeove encanr ΠΟΘΙ 
Δίου εἶτι an gi fiazeove ai ποῦητνε nei 
eripjaritpe Δι ΧΩ ze mzaeıc πε πεῖ eTar 
Perar]por Hararı grrii nowrioc πείλατος" 
ar alpxeAaoc Hraanre fincacıg HAnHcrH[c 

15 AO A|yTAaaecı] gi OTTONOC ἐφαροόνάεοντε ἃ 


1 1. gepmeoc st. ropmeoc, Verschreibung von o und e wie 8, 15 
&90 st. age — der Buchstabe hinter a am Schluß scheint ein αὶ ge- 
wesen zu sein, aber auch » möglich; vielleicht zu erg. ay[p gfinailoe 
„sie haben Wunder getan“ | 2 zaxe kann mit a und mit m con- 
struiert werden | 8 πὶ in fiuga übergeschrieben | 14 von dem p in 
SpXedaoc ist noch ein runder Bogen sichtbar, Vielleicht liegt ein 
Schreibfehler vor; am ersten wäre man versucht zu lesen [πὶ n X eAaoc 
= uni πκελδος „und auch das Volk (sc. der Juden)*, aber befrie- 
digen tut auch diese Conjeetur nicht. 

Texte u. Untersuchungen etc. 36, 3. 1: 


2* C. Schmidt: Epistola apostolorum, 
u 


[1 
poer ze πηπ͵ίοι AYbor Ara ἐτξξεεο EeVaLad 
gArrTE ficgıaee arapıa TALAPOA δοῦν ALApIa 
ταλλ ἰδ ΔΉ ATzI MOTCASHE ATLWOTWLL 
San π͵εωσεα Eevpiaee A0T espArne ἀκα 

5 nera|sjgwrie TApPoTgHan ae ἀροῦν AııTa 
choc] AFConT AgoTH ÄNOTSN TIcwara* ὡς 
eysp]Arnei ae δου Eerpiae A TIXaeıce οσώπο 
τεσ Aha‘ names; πεν we ATeTfipiare finsae * 
arlCcDT FE Apiare AMAaR TIeTeriiwgime ΠΟΘΙ 

10 aAAa arape ovie glitnne Bor ya METfichH” 
CROOC Re AxrHeine A TIcap τῶπε gi nlerarlayt* 
A ALAPOA εἰ ACROOC Men Taxen τες le Ape 
OTWE © Meaeen ὦ τῦριαες πεῖ [e]jTaarloy am 
TAT" δον πὰ organ πτῆῆωπῷ Ainhlprı 

15 e]Teve πὲς ze ἃ TICOP TWHe gi MeTarar|T To 


111 


— 

TE ACHOKR YA TIXAEIE TIAREC Mer κε fine 

Ἄδαν πρητοῦυ Pruicteve nei ze ἀπώπῷ πὰ 

ΧΕΙ κε arape πεουῖε glitnne ὕὅωπ WApAaT cXo 

ος AM MET’ ἃ ALApIA εἰ δόχοος AM MEN’ δου Mi 
5 niprucTeve πὲς ACHATIC Ya IXAeIc* ACzO 

OTE HOVOTE necg TOTE TIAXE πχδεις Hazapıa 

AR MECKECDNE SE arapibor Ama ya 

PAT ἃον ἀεὶ Arsuitne προσ AtasoTTe 

apaıı AbaA ana ae MANaLeoTEe ze oneban 


ΠΗ 1 auch die Ergänzung mumerlon resp. raıı]on wäre mög- 4 


lich | 2 im Ms. muß ao» mapea ausgefallen sein, wenn ei 


richtig ist | 3 1. ayorwq st. arıyorwg 
[III] 2 1. Asa re st, Aaar 


3 
E 
A 
Ξ 

P 4 
= 
| 
J 
| 
& 


Koptischer Text. 3* 


10 malcıa [τ|ε" finiprucreve ze 1Izaeıc πὲ TOTE 
παχεῖ men ze aneme aeiipıioge AMarR 
cap πὲ rixaeıc] πεῖ an HTAR TIeTpe erarp 
apıa filerar figauer fican aoy an For ap 
apjua aan ae aner yapay enPascraze gl 

15 nilonr* ze auegen frac em πε τότε nazerı n[en 


IV 


«ἰδ. 
ze erbe ο τετπρδιοτατε ἐτὶ Teriie HaTna 
TE AMAR πε πεῖ ἐτὰρ χοὸς πῆτε erbe τὰ 
CAPZ “1 TIARLOT Ari TIATWME “επδὰς ATE 
rnXTaae χε AHAR TIE* TIETpe TWReE fineR 

5 the aneır finasız A0OT MTAaR H070TR Θὼ 
«τὰς TORE finentbe ancgndockn fina 
ἐπὶρ HTAR δὲ ANDpeac MLOTE ANAOTPHTE 
ππὸ χε CETWALE Ei ATIKAQ [cHg Tap gilt ınpo 
Φητης ze oyrbanracıa Maar aralpe 

10 peTj roxaae οὐχ sınapg aan ae alızau 
Gare Apal zanallare MHARsıe zene Δί τωπε 
φῦ capz δον annaprıie aa [njilgo enp 
ἐποκεολοῦει Hiinabe ze angone Hana 
Te τοτὲ nxxere NÄCOP παχεῖ ze Tw[se 


: V 
{π] 

δου FrraswA nme aba‘ πιετξεποδίο 

pe Hinnve «εἴ erg finnve A0T τετῖ 


AHANAFCIC ergũ TariTPpo finkve ἃ Tlacı 


II] 11 1. Ppmoge st. ὕπορε 
IV] 7 wosg ist m. Εἰ. morgr = ψηλαφῶν | 8 x in ze aus κ 
corrigiert — das erste m in nnpoß. übergeschrieben 
[V] 1 1. tuaswAn st. tnaswA 


1: 


4* C. Schmidt: Epistola apostolorum. 


WT] ap τε mei fiTegonca ATARI-THNE ΔΟΡΗΪ 
5 «αὖ nerpriıcreve Apai πετδσδλάπου ae 
aba‘ nei μετέχον HuarT! Acgwne ae Tapıeı 
es eemmy aba‘ 91T πείὼν ÄnTHpT acıp 
naparve Hinnve alt gWwWT fircopsa ἔπει 
@T* δου alt gwr Nrasmaasıc iinjam* ai 
10 gwne οὔ finnve* A0T napXxaruekoc ai fi 
auueAoc Alprıapare Frloveme ὡς ze AHarR 
ove Taadde gi HApXKH ei iegorca' Alza 
bo7 eovuTei Taao fircorpia ineTag TÄiNArT* 
NAPKIETpAartHuoe ae fiauueAoc πὲ auıK am 
15 «αὖ wahpınA ai oTpıHA ai parbanu‘* firar 


VI 

{15} 
Ale δυοσάρονυ ficwi wagpni anaagtor Mi 
crepewara evazeve wap aba‘ οἵ πούοητ we 
anar ove aba‘ figntor ἃ or ae ὦ πεῖ πὶ 
Aynansıc fitacıeıc* δον fitboove erZtar[o 

5 altceno HöefiapXgatuekoc οἵ oTgpar π 
araigEe “επδὰς ATNAbOR ἀροῦν ANOTCIACTH 
pıon ππιὼτ ςουῬύπηρετει δου σε ἃ 
ba‘ Hrasaronsıa WAaTtbor yapas τεῖ Te 
τῷε eraleec οὐτ Tcorpıa fineme Amar 

10 wap algwre οἵ πτηρῖ" οἵ ovan πῖον κε 
RAAC TOIKONOALIA Πππειὼτ ππεὰν AINETAH 
TOTAL TABART aba‘ 807 ταδωΐπ YApAc τε 


[V] 7 das es am/Anfang als Dittographie zu streichen 
[VI] 5 ge ist ddrch 2 Punkte oberhalb getilgt | 10 1. ) 
st. git mrupg; vgl. 7,4 | 11 es fehlt das von zeraac abhängige Ver- 
bum, daher ergänze mit dem Lateiner (= laudem) [aemacuor a] 
TOIRoNOoAMA u. 1, Mii near 


Koptischer Text. 5* 


Ticasııe cap ze a rahpın\ narwedoc eme 
ππιαξεποντε Harapıa * AnNorwıybe gomme 


vu ἢ: 
τε. 
ze δῖρε πχδεις "τοτὲ Arjoswıgbe nazerı men 
ze] “τὴ Teriipnaeeve en ze δἵχοεις MATHE 
οἠτεοῖ Hoygare prar ze δἴφωπε Hiauue 
Aoc] gi παυσελος" arpıırnpy gi ovan nıar* 
5 nalen πε ze age παδλεις " τότε δου 
be παχεῖ men gi tboove vap ετξεεεο ετὰῖϊ 
Ἐπ Tazopbn wahpımA πδυσελος δἵονωπο 
Mo πεελριὰ δου alylex]e neaaec & com 
WANT ἀρὰς Achnicrere aipıı[Alacce Karat 
10 δἴδωπ Agosı AgnTt διρώπε ficapz "ἐπεὶ 
naigorne mei OVAaeT πλιλποόπος " ya arapıa 
gli oyasconcıce fieme fiauueAoc* τεῖ Te τῷε 
εἴπδες «εἶπες nrabor ya πείὼτ δὸν ἢ 
TOTHE ἀρίπεέεενε ππλεεοῦν οτδλι σὲ ἃ 
16 ya mnacKa gwne ToTe ori oye οἴτηπε" 


" vm 
5 
EFNATERT ἀπίητεπο erbe napen δου [nagw 
πε gt ουὐλυπη “πὶ o7parıg ze narerlieıp[e fin 
NACKA” eijgoon οὗ παιτεπο" δου erjiineriilhatd 
eguapArser cap fixe marjeıpe en finnacxa [πὲ 
5 aanıne Fuarinay cap Hraasnauıc οὗτ πίει 
se fieahpınA πδαυσελος" AOT cenaoren fisı 


[VIL] 2 1. δἴποος st. arzoeıc | 4 φ in gfi arwei. übergeschrieben | 
6 ze vor gii ῴοονε ausgelassen | 7 1. nva&pınA | 9 st, aipnAacce 
auch δεῦρ πᾶ. möglich | 13 1. etnacec — ἃ in πταδωκ aus πὶ corrigiert 
[VII] 4} ze st. πκε 


6* C. Schmidt: Epistola apostolorum. 


ÜPWor finewyrero ἀπην AbaA αἰ WAPWTHE 
[p-orgs fipaeıc mear[mrie] CZ) „AI TETHNe 
WATe NAACeRT[wp] AroTTe τὰν ae AUYATETÜROR 
10 aba‘ finprıareve ergoon wapal Ari TATATIH 
ndAMA AM CeMATEeRT ATIYTERO ATAauTALiTpEe 
warjer aba‘ Tiareeo c[rTawyeareıy fineraite 
ἐσὲ ATETHNE παχεῖ BE Mer Re TIXAacıc aan 
AA OPAHACKH AM TE τι INNOTApIon 
15 TIICOT* παχεῖ nen χε A9O Οὐ ΒΗ TAP TE 


IX & 
τ: 
ya tboove εἴμπην «εὐ πεταυφατῦου ετῦητ᾽ 
NASEN BE Met Re TIXACIC πετδησδ Ἅπου TAp 
Met HEAPTI gemmas πε εἰὰ RIINHT gũ οὐσδας 
eg MHarııe* Η ΟἿ OVasconcıe περ fine δέου 
5 wıgbe ae εὔχου Warac en ze gammı cap T 
ον Taade MATHE we Fııny vap firge finpı er 
NPIWOT δοῦν eeıe Hovacıme ficapı ππωῦ πὰ 
papası gfi naear enriig iRAooAe gılovrcjanı(Mgapai 
gi 0VeaAT ericHareıon [inc|TATpoc οιτδερι 
10 A0% ἵμπην agpni axfi rag Tafgen anerang 
all METALATT* ΠΑ ΧΕΙ Δὲ πεῖ} Te TIxacıc «εἴ 
Nice πεοσηρ πρδδεπε ἃ MEI παρὼπε πὸ χει πεῖ 
SE AUYA TIOTWH πίῃεὲ «« TIOTWM KOTWT* WR 
Aba‘ ñraanre FÄTTIENTHROCTH aa TIERE 
15 HnaTceepe cHAQWIE SE TMAPOTCIHA NNEWT* 


[VII] 7 4: = ges | 14 1. anlıss st. arficı, vgl. 85,5 | 15 Lage 


st. 300 
Tıx] 3 ge in φεππὸσ' aus ji corrigiert | 7 es in fowaeme aus 
sw corrigiert | 8 g in πτπρ übergeschrieben | 12 ei in πεῖ aus & 


corrigiert | 13 1. ixoswr | 14 im Ms. finnentstnoctn, darauf das erste 


m ausgestrichen und τ übergeschrieben | 15 st. ze 1. δε = πίστι 


PEN τύ 4 7» Op μ = 
ab ον δὰ σὰν ως δ τ 


— RN 
ὩΣ hr > - 


— 


——— 


aha 
ugs: 
—2 


Koptischer Text. 1" 


Ir X 

ἐπ’ 

NAEH δὲ περ ze πον σὲ 0 mEeTanzoor] πεῖ" 
Se ἴπην δὸν πὼς enxoð ἕτεεὰς ze πετλοτῆ 
MATT NETHHF* TOTE ΠΑ ΧΕ nen ΧΕ AHAR THPT 
Tel πδείὼτ δον πδειίὼτ goon Font" aha‘ 

5 οἴ sume ũraaopthu «εἴ izım «εἴ naaoxo Kai 
NOTÄAEHE δον ποι erank ἀλλ ei προρὰν 
Aauar πὲ πλοῦος δἴφωπε ner πουοωδ ere 
πεῖ πε [anar πὲ παεεῖσε erznun abal* gi τἰτ 
πος" δείφωπε gi [naralogasoyı ἐτε TRIPIA 

10 KH τὲ πκωΐπ δὲ TmpT finzorn δῦδλ Terma 
πὸ Apart 91T rIcwTe eTaggwrie wyapai δοῦν 
TEeTHano Apal eina ATIEe Ya TIAewT NIET 
goon gi iinnye aAAa ecre se ++ nmme A 
ovenroAn jihppe ze arfpe neriiepuy δοῦν 

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ΧΙ 


πε. 
nazer πεῖν ze τετλπο rap ——— — 
un... eejjmace ........ 
προ τ νος 1208 erznk aba‘ pl... Jon 
Besen. Aa‘A]Aa? anar Tapr Te Toylcıa?] fin 
Bun... Ἰδραΐ ere naaoy πὲ nazen ae 
ner" ze nzaeıc gü [gwb] maa angwne nen 
Kospesjprojsupn[oc? arjragereıy men Mi 
fiiygexe neſi fitaeın[e] name nen ze Tor 
φητ δον Terizer[ajı ποτ [garen ἴσχον 
10 aaalc πητῖςε ze τετπὰπαπὸίσ)εις Hagwre 
ἔτπ|εὲ Tara Cap eTe ai ουῶκε OTTE CcOoT 07 


— 7 — — 


[X] 6 in ai aus m corrigiert 


π 
τε 


8* 


10 


15 


C. Schmidt: Epistola apostolorum, 


τε Te]An[A] otre Alynles ovre Tero inerigpni 
Hont fitornlje aalp] [rejriipromoner ena 
τ ψον un εν erması aba‘ gi Taxir 


ἐπὲ - 
ee ee Η goon ΠορΗτΕ Te 


ΧΗ 


TRaAHAnNaTcıe 9 owımme ΠρῊτ |mjaAıı πίδκει 
[nerg ze arnııny]) erre ἔτος fiauueAoc m [gi 
kelcazaT Atjovjwoıybe πεῖ! nem ze e|cre 

ἴτε [raJeapg gwwor rei erarıenlai 

δον Δυβετάνρονυ ξεξεελΐ πρητίς δου δὶ 

τῶπε aba‘ οὐτῆ πδειὼτ πετίδο Tinarr 
“επδὰς Alcnazor ahlaX π|σι npocblmra π- 
aavera npolbnurne ετί ὃς] neragra[lwereıy 
ASwT ai ajarom «εἰ τλλπδότδαςις e|t[x07 
Garac ze "nalaleıc avamyeecıre fsı ner tron 
iararai δου galg]| ATTwne δορηΐ azwi ”[ori 
99 χοῦ arac Πτδ ΧΗ] we arilterg οὐ κεῖ 
Haro magpfi ππουΐτε "üran δὲ πχδειῖς ũrũ 
Ape[yarnT Apar [TR πδλεὰσ δοῦν EeTzice 
firaare* "pi nag|par alzıyrar δορηΐ ἃ 


XI 


δἴτωπε κε MTAR πχδεις πὲ — 
parn* Ynapgnoge en gut Horrba ΠΆδος 
en ovhni MNAROTEe TWHEe TIXACC ALATOT 
5 “Δἴ TIAHOTTE Ze ARLOTSE MOoTaH ar ETE 


x) 13 st. πρὴτ auch πρητε möglich 
[XII] 8 1. ππίροφητης 


Koptischer Text. 9* 


Hzaze ἀραὶ anzıızı" παῦοε Ππρε θυ 
be δλερδιον "nanzaeıce πε noxxeĩ AOTNToTwge A 
ai πῆλδος" eiprie yexe ae THPOT eTar 
007€ gıri ππροίρητης ATzwr δόλιοι 
10 T00T anar ap nerailgjoon figntor ea 
oc» aaaAAon etzor Huar πῆτε on 
τῶς πεΐχου aruear c[ejnagwrie weraac 
NIETA9 THHATT Ayn[alaıeay Terme 
aaũ mjer|prislereve apai fraperze nei ae 
15 nem πὰ χει nel] Se παδλεὶς gi gwb mim ar 


ἘΠ XIV 
.RE- 
MAC MEN δον ARTOTZAH ARoTwang Aha‘ 
en ποωῦδ mie ers au TIOFWge Auyirk 
ARWARAANE Atjovwwybe παχεῖ! nem ze 
Fcasııe vap ze Termarjı λον NETigHT THT* ere 
5 Ticwrane Apai erhe πετετπουδοῖ ae yr 
apa δον Fiiaweze sieaemrue καλως" gasınn 
ap 7307 Hauac πῆτε ze Ütge era acer 
TOPNACT οὗ NEeTaarT Tei Te Tge prrmne an 
TETHATOME eexrrune Arıppe Hiinnve 
10 ἁπαεὰ eTaixoor name ἘΠ figapıı Arlara EeTac 
εὗτωτε unmme ἤσι πεέτδο THHATT* δΔοΥ 
τεῖ Te τῷς eemazwl[r]) aba‘ fiomomoasa 
ar * eeigoon HATTETNo eayıonal gi προ 
are EANAR ovarcapz Alppoper Hlr/caplz ze 


15 maleı erbe nei weraac HToTt[me ...... 


[XIII] 7 πε nowsei im Ms. übergeschrieben 
[XIV| 13 das zweite 7 in fiarıgno übergeschrieben, ferner ἵ in 
easıenai aus * corrigiert 


10* C. Schmidt: Epistola apostolorum. 
XV 


a rer 1 15, SEE 


nun enn rn. CATROT TREE ME. 0Ὶ 
ea N 
gloon ęn [on|nene al ........- a 


XVI 
[ns]? 


ae .ejga[oF Marac........ 
— I ee, 
..... [gene] aa⸗en cen[ä......... 
es .e glinen[eve] ae celna 


EN Ne de evalıg] nazeı ale 


XVMII 
nen ze ya eg N[900]|ve ereriiwywme δοῦν 
ETeTirwrte παλιν [Am] Taxen nei ze Iza 
εἰς OTAMACKRH TAP Net τε Ariıyme aba‘ 91 
TOOTR * AbaA χὰ KOTAHCAHNE He ATÜTALYEA 
5 ἐπα " Ξεπδὰς AnMalTaLE HOTOTHE Οἵ ΟὐΌΡ 
A]jbaA H1T00T δου τῆρωπε fiperjramwereny ey 
Piyer δου nernarceho aba g1To0oTHe ce 
φῶπε eyß mereye Apar erbe πεὶ TApiyiTk 
πρὰρ fican Arorwiybe mem εὔχου ararac 
10 ze gaaamı ἴχου arac MATHE Te TAHACTACIE 
HTCAPZ MALTE eNFFIXKH πρητς «πὶ πτὰ | 
[XVII] 6 1. erfiger st. eqpıyer | 11 im Ms. ursprünglich 
naTwne, T u. m durchgestrichen und g ἃ. πὶ übergeschrieben — 1. 
st. ππὸ — ıp im Ms. stets $ geschrieben 


Koptischer Text. 2" 


δον πὰχει πεῖ χε ππδλεις “ἢ OTNSaR Ni 
πετὰοδωλ aba‘ ealrjeno του κεῖτε οὐχ ὼς 
ἐπε HATıcToc en/z]|1oy Kauar M εεεῖσὰ aa 
15 Hazarn XA οατῶς [ejnPrucreve ze NeTkzor 
XVI 


«ἀπ. 
—* [nagone δου [arblwAr apan εὔχου V 
aadxe nen χὰ ὦ marmılerıclonae ya eg figoorve 
ereriiiygıne AAAA niereriosagT Azıc apal 
δον AHAR 907077 Frrazooyg Aporne orıyF 

5 Prhooner aronom epng AnacnroAn δον Terii 
eıpe ππεΐχου araeay πῆτε δον arfino 
τε fineriigo aba‘ aefilaove zeraac AMar 907 
OFT NARTEe πᾶρὸ aba Luwrne aAAa 07 
Wwixno δον oywiizıyıne (ze rñume X) 

10 (aan figag fican Aaor riiphapeı fiuzar ToTe) 
(Ajorwuybe) orwiafitzıgo Apıasanonler 
προ ETCOFTAHT δον ETSHT* oyan eTAa8g 
Teei TE TEE HOTorry* iinajeıwr* πὰ τέλη agpn[f 
Azxi-rnue παλιν naz[en] ner ze nzacıc* 


XIX 
[π5:} 
HAH σὰν Tyıme ze rTñnine Haar N 
φὰρφ fican Aaoy TÜipkbapeı Haar! To[Te δοῦν 
Wege παχεῖς nen ze Fcayne vap ale gi 
orsmuerıe A0T aba‘ finerlignt τηρ[ξ Te 


5 Tıygme Warali ejthe nei ἴρεσε azii [Tmme 
[XVIII] 8 e in asıc aus » corrigiert | 7 1. πλδονυε st. τἱπάδονε | 
8 im Ms. fiiuwrne, aber fi ausgestrichen | 9f die Worte von ze 
bis agoswıy&e durch Klammern eingeschlossen, da der Schreiber 
aus Versehen den Text von 19, 1f abgeschrieben 
[XIX] 3 1. [agorjwwybe | 4 τὶ in ππειπρητ aus m corrigiert 


12* C. Schmidt: Epistola apostolorum. 


10 


Qi 


10 


an ap T[2]07 Marac πῆτε ze Foapıy ũ 
ΦΗΥ Ari TIACIWT ETKoonN ΠΟῊΤ ze |[Terit 

wme maadxi TeriseiTtarıyme ae [gwrnie mei 
πουτεληλ δοῦν ἐτὲ πῆτε gorrn[ue ποουοῦ 
HTapeze nei ae en anp[napprcıaze 
AUBNHOTLT" AOT Taxen Mer [xe nzacc οἵ goh 
παν" arñgo Maraı δοῦν ππὰς [ten For 

SE AKMATALLAN ἃπετ ον Warlaly To 
τε πες en ze ea [cTejnacır? TcAaplz Er 
gi ππὰ πὲ namen [πεῖ ze Tcapz Ten[acır? 


Ὁ ΧΧ 

[A] 

TOTE MARE] mem ze ἀρὰ TIETAYgHEeE cjma 
TOME &xloy TIeTcapare cenasiitl AOT TIETsSo Ἵ 
obe «δου κεῖ zeraac gi mei fitarıme ar ——— 
ndoxauo aba‘ fisı πεὰν finacwr* firge 
eragjeec gwwWT* aan οἰουτ am ἴπδεες 91 
oranle Ayse nerprucreve galarjın ae For 
Taadxe MATHE χε TCAPZ NHATOHE ai TILTKCH 
al ππὰ wjenaac Acnapgone fisı τουσὰπολο 
τὰ ũñchooxe] ęTRaao erhe HEeTATeoTEe εἶτα 
πετδτοῖσε erre πεθὰτ " χεπδὰς δόπδϑὼ 

πε ἢσι oVjenAoch πππιοτος πεῖ eTasp-Ten 
ToAn] ππίδειωτ εἐτὰρτεούδει A0T Teei TE TEE 
erenjagone Hsı TRPICIC gu οὐποσοστ a 
ba‘ πλεῖ πὰρ nei [ilsı nacıwTr ze ΠΑΙΠΗ 


[XIX] 14 die Ergänzungen hier und in Z. 15 sehr zweifelhaft 3 


ς 


Koptischer Text. 13* 


XXI 
[As] 

pe gilt cboove wap litrkpscsce οἷστε amawgıne 
en HHTT Hfipllaaacı oTTe nuanlae ἢ 
fonke aAAAa κατὰ nmahe inove nove aua[prıapa 
δον Lararı Askodacıc iya ἀπῆρε [na 

5 aappert ae frac erageıpe HenroAn πίπδει 
wr* nei erjag]rinarr ἴπατε ner Hloyana 
narcıe Hong gi rairhpo finalewr ergi 
ÄNATE ROT cenano AaneTarspXa[lpıze Haar 
πεῖ δου arre mei fiTezorcıa zlenaac ema 

10 eıpe ππεζουδρῖ " δοῦν Tate un[eraiynon 
all MEeTaiyazne ἅτε πεν δον AlFXAapıze 
πεν erbe nei wap δἴει appni ya [naa fi 
Aazapoe δον alrayeaeıy [Hfargalıoc ar 
inpobnrne arove aba‘ gi rananlarcıc 

15 Hncappe cehor Aagypni arergolon fincagpe 


FR XXU 

[2] 

εἰπωρῷ Hrasılz Former appmi Aaxwor 

gi ovritran] Hong δον οὐπὸῦν aba‘ mi oTcw 

Te gi meojay mine τε eraleec nHTne «εἴ 

πετρ͵πιότεσε apaf" δὰ oVe ae Priicrere 
5 apai ej|rarmeıpe finaent[oA]jn eapgoaso 

Aoveı Hlnapen ἀρωφελει en] HAaare ac 

NOT gi olsnwr ergworert" nei πὰρ Hirtarı 

ME MHTAL celnagwrne οὔ OTcwpare ai 07 
TERO SE ATPnlapanoazeı finacenroAn Hi 


[XX1] 2 st. gmıg 1. gmror vgl. 40, 9 | 3 das zweite nove über- 
iebeu 
[XXII] 3 wohl besser zu lesen rei τε τος od. firge | 6 im Ms. 
ursprünglich p̃oche Aei, o ausgestrichen und ὦ übergeschrieben 


14* C. Schmidt: Epistola apostolorum, 


10 9090 ae πτωΐτῖς fuympe finong δἴσωτε 
Zarwriie AblaX gii naron ae A0T aha‘ gi 
rezoveid NHSPKON «εἴ οσὰπ τες Erpru 
creve Aapjai aba‘ [pılrermne neraitynon cap 
MATHE Fıareove ey goVe zeraac ATyacı 

15 aba ὁπ nielwypero aa NTARPpe HHAapX om 


XXI 5%: 
[-Au-] 
aa NIRKWIT Eernagrt’ anan [Atovwigbe namen 
mer ze nzaeıc Ant-Wraı cap Hong ner 
δον art nalılei? gi genaraige alnrazpo fi 
TIUCTIE MEI σὲ 2ovoye ennaTaw[eaeıy 
5 aray πεῖ ἐπεὶ ARTAWeReNy ᾿πίπαικδῖος 
“ἐπ ππρίοἸϑητης TOoTe πο len ze 
gareıı ap 207 arueac πητίπε ze 07 
Al Mar ἘΤΔΟΤΡΠπιστεσε Aapai δίου ἐτὰρ 
Pruereve aneragreosai Tılası Lurar ἃ 
10 φφηΐ AanınTe Tara eTa πλεῖ τ chrwrä 
Äfiener ον Tnare nme firlarfiTppo 
ETCATM* gi TAMATIATCIC ai none MIya 
AUHIE METAHPTIAPANGAaLEeIı ae NitlenTo 
An 307 Artchor gli] giinechor [inbA 


15 HMETCHE δου ἐὐσοσὼρ AAWOT ........ 


XXIV 


Er ovaleror estchor gi giinewyexe 
inerpnilicereve ἀραΐ gũ OTcATTHEe egw 
[XXII] 14 es fehlt der von zeraac abhängige Satz, oder 


st. arıyaeı zu lesen asnaeı? | 15 1. Truppe st. firmppe 
[XXIII] 3 die Ergänzung von aln]ei zweifelhaft 


Koptischer Text. 15* 


πε ayıyarlgıo Taaxx aba‘ gırii πεῖ πεσε 
cenazı] πουπκολδλεις πιὰ ἀπῆρε Taxen 

δ δε πε] ze nxdeie «τὸ οὐ ἰο πεῖδον am fine 
πεσε πδίφωπε inbA inera[r]|s00ve nen 
nazer πεῖν ze Ban Toygwrne cap πε ina 
Ape nerpjnceoar art HETHanoTor ma 
orwng Abjlad* δον Tei Te Tge ercnaorong 

10 aba‘ fisı] mrRpıcıe finereipe ππιρῦητε A0T 
njara n[os]jobnve cenatgen apar* δοῦν cena 
Pnlapaaı20o7 Kuar artii-naroy madım πὰ 
zen] mer ze rizlajeıc anan gfiszarapıoc 
Ne ze Tino alpar δοῦν TIICWTALE APAR ER 

15 κου finsyexe] itarıme ze a The‘ πὸ anı 


ΧΧΥ͂ ὡς 
[-Ae-] 

HASF πεελῖοε erareove* Aarjor[wıybe mazer] 
ken ze gliaeaknapıoc NTad N9o|yo rap Fi 
σι nere aano yno AyPrıcreve ze |neeı 
frtarıe cenasor|Te ἀρὰν ze fiy[mpe fi 

5 Taaitppo δίου cejnagwne πτελείος firge A} 
πτελειος δίου] πδρωπε Horwn[e πποος 
gi ταεῦῖτρρο finaewr* naAım πίδκειν mer 
Se zacıc περ ige eynagfrıcreve er 
nabor kaane ποωπ  ἤτρε EerRz|[oT arac 

10 nen se οὐ 079007e πΗῦ “εἶτ OVoTNoT 
Tabor AappHi ya nacwr" πα εἰ] ae len 
se bur ÜTWTHEe TETHTAWEeACHy HrTarii 


[XXIV] 7 über das Wort an vgl. die Bemerkung von Rösch, 
Grammatik der achmimischen Mundart p. 186 f | 8 l.neearst.ncesar 
[XXV] 9 I. nsaane st. κδδπε — x in emmzor übergeschrieben 


16* C. Schmidt: Epistola apostolorum, 


10 


15 


τόπδσς πῷνλη δον Tertragereny πα 
περέϑπος Ari TIKAQ THP ΠΠΙΗ Zu π 


XXVI 

[Ag] 
πολιὰς] [YA πολ τ" δον SH finca 
pre ya njcaae9ıT" οὐ oVarıeıye mapıı 
cTeve Anynpe ÜnnorTe nAxen ae Mer 
SE παδίεις Mar TIETHAPTICTEeTE men MH 

tie TIer|sacwrare apan [m ıuar nletchor To 

.. Niiojaae «ἐπ fiazeeme e[ranjeove ai Hi 
araige τῖοτε δόσε naz[elg nen’ ze 
ὕω HTW|Tme TEerKTawyearcny HTarityan 
ΤΉ iinaleıwr* δου nerasjeove Aha‘ 917007 
Traeove 90]vT aba‘ grrermme eeıgonle 
girnn[e δον ἴπατε πῆτε fracpamm 
λον abad οὔ mamma Fate mrne πουσὰκ 
rerüipniporpnreve MET ἀσοσώπῷ & 

unge finen[e]ve ae gove au Tuare ner A 


TAaarnaarıc [ε]εζεῦον finkeceene fieenoe 
** ** » « Lücke von 7 Blättern x“ x x» » 


XXVU 


Art 
Aha‘ fINeTgITorwe] ΑΘ. Apar δου — 
pes Taadey nerprioAstevecoas HTaAr gN 
OTALIE δον HN MCATHE NTIICTIC evũ 
TET Karo HTATAIIH YAapaT ATPTTIoazemme 


XV]. 14 finınA ist m. E. auf Z. 13 hinter πῴνλη zu — 
[XXVI] 3 ae im Ms. übergeschrieben | 13 st, avoswng l.avong 


oder aTorwn 


[XXVII] 1 die Lesung no unsicher; vielleicht «βαποζατέσρει, Be 
zu ergänzen Be: 


5 


10 


Koptischer Text. 
cap ga genshpic cenapwre eyrhaabe π 


RAT EFALAAIE gi OVarliTgHKe δοῦν εὐῬὉ 
FNOALINE KA METazacTe Har[lay 4«4Π| NET 
nasıes Haray Ayltitnalg naar evna 
AKAHHOT enpoaae eeie HRACIHHT App 
ARWOT Eeyaraage gi oTgro «εἶ oveıhe aAAa 
enies AYPrnoazeıme ga TariTeaanapıoc ἢ 
ÄNATE ceHAagwfe φόονονε περεεῖ ya ἃ 

πῆρε οὐδῖ δὲ MHrac fiel erazaage gli οὐ 


MÜTZACIHHT δου eshahepware ze TOTgA 


ey XXvil 

«πᾶ- 

εἰ πὲ TICWpare* noxen De, Herj χε nxdeie 
πωΐπ πε πεῖ χεμπδὰς πεππδᾶμπε Acı Appri 
AEWOT δον De Fazer] Men ze Ape 
TRPICIE NAgRWTIEe περ fine H πλιπαιος H 
NABIROC TIAxeH De Merj we παδλειῖς gi tbo 
OTEe σὰν ετἕξεεο cend xooe nen ze HNIRTIWOT 
ce TaımR[asochnn] aa [TJARIıRıÄA fIoVaeıme 


aa rinene nranloju [«εἰὐ nauaoon’ ToTe na 


zer ze Firaopwıghe ner’ εἴπου Harac ze ἃ 


10 aaa ATt-ezorcıa mer weraac AHAacoTn 


Hove aba‘ gi cmo Arcorn finovaeme 
δόξειε HTOOTT AgpHi δ ΩΤ TInene ae Ar 
KAAT πέσ, Arjren] aba‘ fleeacj’ τεῖ Te τε 
Hpware naa οὐτεν ezgovrcsa Mao ΤΟΥ 


XXVIl] 9 o in aragnor aus = corrigiert 


17* 


XXVII] 1 m in ncwpme aus ς corrigiert | 3 = in πον ur- 
sprünglich verschrieben — 1. agorwube st. aygorwug 


Texte u. Untersuchungen etc. 36, 3. 2* 


18: C. Schmidt: Epistola apostolorum, 


2 


10 


15 


XXIX in 
— 

TUCTETE ATIOVAEHE ere Tlees πὲ πωϊπῷ. 
AOT EeTe Mei πὲ TIEIWT ETA9THNATT οὐδιι 
De Niae erfriıcreve etpe ππούησε ἢ 
πουδεῖτε cemawang πορηΐ Honton* εἰ 
ῷπε ove δὲ πε εὐἰφροοιειεολοῦει ze [HN ποῦ 
δεῦτε erjeipe Hiigßnyve finkere πεεὶ 
fitarıne ariiterg anoAowma Mao AXOT* 07 
τε ejnagpryı njgo en alopmi ovhe nlıympe 
finnoste ere anlar ne] Fıraxooc wap ler 
[|x]e Taperıyıne arsıne δοῦν TaperparTeı 
AKSI HARPRATATINSCKEe ara οἵ Oo ὦ πρῷὼ 


are erbe o arlitn aba‘ πεεδλῖ δὸὺ arpapııa 


Garai A0T erhe 0 anfgoanoloreı ara A0T 


arpapıa WHaaf ἀρὰ OTH TIoTe TIove ovliTer 


€ZO07CHR δώπῷ Δὸν Autor” IETAYEPHI TE Ge 


XXX 


T. 

AHACHTOAH c[nagore πῆρε ππουδει 

He ere Tiees πὲ NIWT ETgoon πορηΐ HoHT 
erbe nerreno ae finawyexe δἴει δορηΐ ἃ 
ba‘ gli ne aan πὲ πλοῦος algwrne MHcapz 
EeNINALRAO Eeeitchor ze nerroao aae AT 

πλόον κεῖ δου METCAPALE ATNAcDpare Πα. 
ἁπηρε [cearor|ng Maar evaıg" δοῦν cepro 
Aaze Haar elf Tovclapz all TONKITKH ma 
SEN DE περι χε TIxacıc AAHEWE TIc[SPAT|Ly 


10 ETEHTOT παχεῖ ae men ze πδλως ap erle 


[XXIX] 11 οὶ in gfi aus e corrigiert 


Te 


ἮΝ, δι ἔοι —— 
λοξὰ Eu 


* τς 
Et τ χὰ 


Koptischer Text. 19* 


Tiieıpe πεεὰς πλικᾶιος CAP KApoTTJıparıy 

ga πρειρπδῦς δον gAposwAn‘ gapar" evcanen 
finaceıwr naAıı NAzxen Mer ze TIxacıc 

erbe ο se aafiAaare πὲ HHTK Name] ae 


XXXI 


πε. 
ven ze ce Friacwrare ἀπ And παλήπδι 
ος ETOTeıpe Karat] gApar Taperze πεῖ 
DE MEN NAXEN Mer ze TIzaeıc gi οὐδ 
ap sie Antcehe eıerne AabaA δὸν arıtae 

5 πεῖ AKTOTZAH ZEeRAAC ANAPKHPTCCE 
Hneriinmya που κεῖ δοῦν rũrno en 
Horbere gayrnuk Arjovw[wybe ae] nazery 
sen ze bon Teriitawmleaeuy δου} Terma 
gone περθδτης [δου fieıwr δου Haıanonoc 

10 NASEN δὲ π|εὶὶ χε HTAR TIETHATAWERENY 
aba‘ HrToorne τότε Arfoswigbe men εἰ χοῦ 
Taade ze εἴ -Βειὼτ ATsTEe οὐδὲ ari-Fcag 
ATGE NARBEN τε ze TIxacıc HTAR NIETAR 
BOOC MEN BE ARl-LLOTTE ΔΕΙ͂ NHTME 

15 ουχ πὰρ χε oye wap ne πετπειωτ er 


ΧΧΧῚ 
[{πΦ:} 
gi Filnn[vje δον nericag erbe o an enxzor I 
“ἂς en που ze Tertagone πειὼτ 
ποὰρ πσηρε δον HAIARoNoc δοῦν cap 
Atjoswiybe De παχεῖ Men ze KRATA TEE ετὰ 
5 TETÄRO0C Aaun ap ἴσου arurac πῆτπς 


[XXXII] 2 g in φωπε aus = corrigiert 


2* 


20* C. Schmidt: Epistola apostolorum, 


SE TETHACDTALE APWTHE δου t[ÄrLICcTeVe 
apal qul&axt Aiterjane finovaeme fircppa 
τὰς Aba[A g1700T]) δου nharnrıcaa aba‘ 
HITOOT Ternaäg[ore πείὼτ δου HRraRo 
10 πος οσὰπ cap παχεῖ δὲ πεῖ Re πχδεῖς 
lieg σὲ ἤρε ἃτε ποῦὲ nove ñgnrne P-ru 
KAT” Tlazer] ae Met we gaaıııı ἴσου ararac 
MATHE RE CEHALLOTTE are APWTHE Ze εἰ 
WT ἐπεὶ οἵ OTHHT ejpwyer «εἴ ΟΥ̓ΔῸΣ ΠΗ 
15 areriswAn aba‘ ner’ πποῦησε Hranııp 


XXXI * 
‚m: 
po Hiinnve* δον ceNAntoyTEe APWTHE SE 
A1aRonoc Abba‘ ze cenazı nharrıcaa Ni 
nong aañ ππὸυ aba‘ Finoynahe gi τὰ 
518 Aha‘ HITETHME AOT CeMALLOTTE ApPw 
5 τας ze cap AahbaA ze arerit mAococ ner 
ovwipebeoner ATerniPnoroerTeı Atarary 
AOT TAPETETÜÄRTIAT ATNHATIOT inerilugs 
πε HHTE HToVaritpitaa[o A0T HH] nor 
90 aAAa Aterfiepngrie auento]An [Hlnacor* 
10 λον ATerlieove* εἰσ] [osn]jas fibere ago 
πε πῆτε φᾶτε TIACIWT εἐτοῖ HIIHTE δοῦν 
πον aba‘ NHiinabe cpnagore fIneTriTaro 
δου OFTONE YA ἀπῆρε δου cemapromm 
Mei ATATPpo HiinnTe Taxen De Mer] 
15 ze TIxaele RAM EOTHTE TIOTE TIOVEe Akaralı 


J 
—* 
x 
ᾧ 
τῷ 
4 
2 
s- 
Ei 
23 
— 
τὰ 


[ΧΧΧΠῚ] 10 ovan—s0r an vgl. 18, 12 | 18 im Ms. canamorre, 
& ausgestrichen und e übergeschrieben | 14 pP in eqgpıyer über- 
geschrieben ἣν 


Koptischer Text. 21} 


XXXIV 


Am: 
oyrha πλες ATjwyeze TIinagperxXapıcreı 
περ en eKıynon men πιεῖ iiteeme* To 
TE AL[OFWIybe eiXoT ararac Men we «τόποι 
πεΐχου Maar πῆτε Apıcor* firge g07T 

5 au eraleove δοῦν TEeTHagwne ἴτοε Hiinap 
θέπος πρεεποητ EeTAaypaeıc HNoyiika 
τε aAAa [are] aba‘ gaperTT finzacıc’ Araan 
we‘eer [ficeseose] ae gove ππουρσῖ 
Far jipaeıc AAA[a Arlinjare παχεῖ De mer 

10 ze acc ep ne fipltiigere δοῦν ep ne ũñ 
ceFeoTe Nazer en ze te πρεεποητ᾽ 
“ἐπ te ficesı wei vap era προφητης {πε 
Se ἀρὰν ze πῆρε finnorTe Ne’ cWTALE 
δὲ AHMOTpen AHam De Märnpieee πὲ AO Man 


XXXV 
πὸ. 


RAR9 ΠΟΤ πὲ AR πεταυππατε Tlazerı 
nen ze ἴζε vap πρείποητ Te τπιςτις ον τὰ 
CAnH aa TXApıc ἴρηπη «εἴ TgeAnic* πε 
TE OFUTEeT mei ae gi nerpmicreve* πεῖ na 

5 φωπε iXalaacır fineragprucrere Aapai 
all TIETAHTETAE* AMAR TAp πὲ IIzacıc AOT 
AHAR πὲ TINATWEAeeT ETATWOI Apa" A0T 
Aarhor δοῦσα anni finn[arıyedeer A]yTeRoT 
nearei gii riamean[yedeer eypewe?) +te ae 

10 909074 πεεσι sja]ploriijgare Arıtegce AT 


— — 


XXXIV] 12 1. ππροῴητης st. προῴητης 
XXXV] 5 1. πκδἴλιδειτ st. πορδΐλιδειτ | 8 das zweite m in 
finn[arıyg. übergeschrieben 


22* C. Schmidt: Epistola apostolorum. 


ei ἀοιΡ πρὸ finaranmyeaeet' ATTWgare ἃ 

KOTN NE ATWPX TAP APWOT πὲ τότε ATpı 

ARE δον AyPrienoeı χε MTIOTEeoTen Mer’ πὰ 

SEN DE πε Te TIXACIC δου NOTCHHME Hpit 
15 ño ere mei eriigonn ππηΐϊ ππὰτιπελεετ" 


* XXXVI 

“τ. 

[a]lvsor πε ουὐὐππτ-εοτνει NET λον NE φπποῦ 

PArnes ετδητου ἢ ne ξεπουζιτοπ NATIyE 

Acer ἐτῥίιτοῦ ATTeoven πεν" δονίαδε 

εἴ χοῦ aaaade en ze HNATOTSTHFARR παι 
5 9ARAT ETbHTOT NAREN Me ze iaaeıc Π 

ep σὲ figooVe Aarnahbor δοῦν erkbe nor 


eone τίοτεὶ παχεῖ! men ze NATIWRF ἐπ 


ae. | nazen ae ner ze 
nxaec riıyelxe anpnoie Taaðey] mar σὲ te m 
10 ceseove nAzxer] NEN SE CWTALE ANOTpen 
THOICHE TE δον TAANTPMRÜHHT* TAarTCAeHT* 
TAAHTAPIIHT* ai TINae* mei ap πεέτὰρ Π 
πᾶτε οἵ πετδοῦῇπιστεσε δον ATPgoaeoAouer 
m aadĩ ππουσεῖρεὲ δὲ finaenroAn οὐτῆ 
15 πεταυππατε ςεπασον wap AinbA firamirp 


| 


XXXVI 
po δου TayAn fin|wyo]e aañ nerjecary nern[a 
δον δὲ ππὸλ π|τὰυλΊη fiecar Hovanıy ma 


[XXXV] 15 1. πππδτιπελεετ ——— — 
[XXXVI] 2 1. πποτιφελεετ | 3 erhsrow durch Punkte oben 
ausgetilgt — 1, agoswegyke | 5 π in nzaeıc aus a verbessert | 7 im 
Ms. steht en hinter gwa@, aber ausgetilgt. Das Wort gw2=& „ver- 
schließen“ lesen wir in der Apok. des Elias 43, 7 ed. Steindorff 
S.105 | 10 q in mazeq aus m corrigiert | 11 1. renwere st. enwese 


Koptischer Text. 23* 


OVam δοῦν epuanıl. ...Jat erjaraor Hoygice 
HALT «εἴ onlararıılec «εἴ OTHTTIORLo 

5 MH magone πίρρηϊ ποίητῆ δὸν “εἴα τῷ atno 
Mara nar ma arlma .. δοῦν cenapro‘aze] 
Hazacı οὗ gfinas [finodacıc δοῦν ἀπδίθω 
πε ga hbacanoc n[azen ae πε ze] izaecıc 
πδλως arswArı nen aba]A ngob mar’ To 

10 τὲ atjovwıybe erj[xo]y ararac sten ze Te 
Tapnoie en finmyexe noxen ner ze ce 
nizacıc aba‘ οιτοοτου πἴζε cenny ἀροῦν 
ATRALÄTPPO are Torte NETATPACC AT 
KOTIE neaaen TIXACIC AOT ππὰτιπελε 

15 ἐτ δοῦν gxe cepewe en finerayiina 
— XXVII 
Tje παχεῖς nen ze ceſpenne auen ze ayhor 
ἀφοῦ «εἴ nnarıyelAeer]) naaeıce δον cep 
Ἄνπει erbe nerayiilnarte] ze norcone me 
Farce vap figeeple enan]norte newr me 

5 [τοτὲ nalzen ner z[e nzaelıc nor πὲ ἈΤᾺΡ 
EP TR |ne names nen 
BE χα λέν το ana ἢ δα, Hallstae 
τεουδλει πὸ A[OT δε 90|y7T eeipcernerao 
πεὶ nearerj* πτωτίιε ale gi ουὐΐε λυτπε 

10 καλως ereriTawgyweaceny δον ereritchor 
ereriiigime ent ὁ Ητέϊ hAaoTe δον ετετῆ 
ῥόοπορε en gm πΆδλονε προνὸ ae πρξε 


[XXXVI] 6 rar ist wohl zu κδκως zu ergänzen | 8 wohl 
besser ga genhacanoe | 14 das zweite m in ππδτιμελεετ aus ὃ. 
corrigiert 


ur C Schmidt: Epistola apostolorum. 


ArAA BE πεϊξέεεο TAP cecıpe em πλεῖ 
ToAn aAAa cehAade gi τουλεπτρξεεελο" πὰ 


XXXIX 


121 


Zelt DE Mer Be nxdxeie ee πρξξεελο 
mag ποῦνε" ajorwwgbe [807 Taade 
ze egwrie οἷσε evrpllaao en πε εὐ 
τῆ πουπουῦυι ππῦϊος ἴ ππετσδλὰτ 

5 «αἴ πρηῆπὲ ἃ] fipware HAALOTTE Aaparı 
Se Oyperjfrier|namone] * Ayyageeıe ae 
oe Apary gA ovelmor erbe finabe erarı 
eOTE aaxpe πεέτοὸ τους! amıary Alu π 
NETHAHOTLT Erjarjeove ππετοιτοσω τ " 

10 egwrie δ πιδι πσι NETHITOTWE 5 πῶσ οἱ 
epnaovzeleı] neragamıar nazıbere 
jong wla ἀπῆρε Orpware vap erjwyaar at 
Wwano AneT[algeıpe Mer MHOoTneTnanort 
erjpniaßle] δου ejr@ssmar cenatgen Aapaı 


/ 


XL 


TI: 


ἣν 


gli ornpiaad erjgar ουδλλε ae ergeur 

πουδλλε gaporgeese fin[cno] sep[Hi ar 

JIEIT* δον neræiↄ o εἐτϑητίου cguaprge 

ñneno RATA TEE ETA TIPo[DHTHc Xxooe “χε 
5 oVacı FIHETXIHO δου eyrjaraie παςεῦης 


[XXXVIII] 14 das mir unbekannte Verbum &AaNe bringe ich 


in Verbindung mit &AAe „blind“ 
[XXXIX] 10 quaseq am Rande beigefügt | 12 e in ewaar 
aus & corrigiert ἢ 


[XL] 4 1. ππροίφητης st. προίφητης | 5 das zweite min era : 


aus m corrigiert 


Koptischer Text. 25* 


erbe giawpon nei ere|pe naaox πορηΐ π 
EHTOT πο δὲ Ze οσπτιεις [.......... 
gaaamn [ujap 430% Marac πῆτε ze gũ po 
ore er Alaao orte Tnayınle gnror hä 

10 pit]aeao oyre ἴπδιδε ππίρημπε eglone 
Aryano Ayperjpnaßbe z[lmas or]torn 07 
TOT ATEcwrare De fco|[rn zı ilneove 
neaaen YA gaAxer Ktchor unrcan nıadın 


ATEECDTArE ΠΝ KRaar napplelk firge 
“εν πὰ» Schluß fehlt a“ a a on κα » 


Fragmente‘. 


a) «ἢ 
Kanes. OF... .... ἤροονε ετἰξξεο... 
τς ὡς Maritper®... .... Pmodeanoe mE... 
. o]swge ae NT... ... gJaeıne? cena ... 
. ὦ meer cen[&... .... 807 ἤἥδηρ la... 
αν ἄνῦδα.... 
bi) "2 
ὺενο, νον ων ἐς 
τ τος πτεοριὰ εὖ... ns. eraor εν... 
hasse enugynpe olyauıeıye m... 
ee za Sera en: 
ec!) ce?) 
N VE 
e[HARLACTE HTAT 907° 


[XL] 7 wtıcıe wohl aus pıcıc verschrieben 

1) Die Fragmente sind so gedruckt, daß als Recto die wage- 
rechte Faserung angenommen ist. Zwei kleinere Stücke, die nur 
halbe Buchstaben liefern, sind nicht berücksichtigt 

2) st. [pJaeme auch [or]aeme zu ergänzen möglich 

3) Fragm. c bildet das Eckstück am Ende eines Blattes 


“ 


Indices. 


A. Index der koptischen Wörter. 


& 

ἃ- Hilfszeitwort des Perfek- 

- tums I]; mit Suff.: ai- (δεν), 

ui Be etc. 

ὁ. Hilfszeitwort des Präsens II 

᾿ (8. ε-, B. δ); mit Suff.:. ape- 

: 2. fem., ar-, areri-. 

»- Präposition (S. B.M. e-); vor 

: Sufl. apa- (S.B. epo-, M. eds): 
SpPol. apar, apaq, apac, apaıt, 

. apwrmme, δρᾶν, 

aba‘ 5. Bat. 

aßse m. Zahn G. oßge) 13, 6. 

sereıc f. Größe (Achm. aiecı u. 

: δεῖς, 9, acımc) 6, 4. 

amseme kommt! G. aummä, B. 
amwmı M. auomı) 2, 11; 3,11. 

an wiederum, ferner (S. B. om, 
M.an) passim — osan=aor 
an 18, 12; 32, 10. 

anar ich (S.B. anor, M. anar). 

anan wir (S.B. anon, M. anan). 

anei? m. Gefallen (8. B. anaf) 
23, 3. 

aunge Ewigkeit (S.B.M. eneg) 

TE 21,4; 33.18:.::Φ4. 18: 
26, 13; 27,12; 30, 7; 33, 13; 

: 39, (12): 


ane f. Haupt G. ame, B. age, 
M. ann) 12, 15. 

δρι- 8. eıpe. 

ἃ τι negatives Präfix (S. B. Μ. ar-) 
4. 1. (13); 9, 15; 14, 13. 14; 
18, 2. 

atceepe m. Ungesäuertes 9, 15. 

sor und (S.M. asw, B. owog) 
passim. 

arse alle 20, 6; 31, 12. 13. 

δίηεει (te) viel werden (S. B. 
διηδῖ, M. aıyer) 12, 10. 

sge:jal (8. age, B. age, agn) 
7,1;:8, 15 (ago). 

agom 8, goym. 

ΔΟΡΗΪ s. epmi. 

sepni 5. gpmi. 

axü auf, über (S. es, B. ezen, 
M. azen) passim; mit Sufl. 
δ, . 

axıc 5. πον. 


ὃ 
ῥὁδδὸς stolz sein, sich rühmen 
(8. habe, haake) 27, 5 — habe- 
pwme 27, 14. 
δὼκ gehen (S. fur) 2, 1. 10; 3,1. 
3. 1, 6, 8125 θυ ὅδ Ὁ. 


28* 


26, (8); 29; 12; 31,8. — δωκ 
agorn hineingehen 6, 6; 7,10; 
35, 8; 36, 6; 38,1. — Bun 
sppnihinaufgehen21,15;29,11. 

bene m. Lohn (S. bene, B. hexe) 
31, 7; 33, 10; 39, 11. 

"bar außen 8, (3). — aba (S.B, 
ehoA, M. ες.) passim. 

*beA außen: finfA außerhalb 
23, (14); 24, 6; 36, 7; 37, 2. 

beA m. Auge (S.B. ka, M. be‘) 
24, 15. 

δωλ aba‘ auflösen (5, B. M. δωλ) 
17,13. 

[δ᾽ωλκ cc. & zürnen 18,1. 

bAAe blind (S. Me, B. δελλε) 
40, 1. 2. 

bAsAe blind sein? 38, 14. 

&ppe neu (S.M. hfpe, B. Bepi) 
10, 14. 


€ 

e- Hilfszeitwort zur Bildung von 
Zustandssätzen; mit Suff.: ei-, 
er-, eq- etc, Futur.: eina-, 
Perf.: eai-, Praes. cons.: egap-. 

ε sein, partic. von eıpe (S. o, 
B. os) als Infin. gebraucht 4,1; 
9, 7; 17,14. — eeıe 27, 9. 

en Negation: nicht (8. Β. am, 
M. en) passim. 

ep» Genossen (S.epnv, B.epnor) 
10, 14. 

epue cc. & halten (S. gapee, B. 
apeg, M.aAco) 18,5. — epuere 
29, 15; 33, 9. 

ecre siehe 10, 13. 

ecas m. Schaf (S. ecoos, B.ecwor, 
M. ecas) 37,1. 2. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum, 


er-, ere- Relativpartikel passim,. 
era: Relativ des Perfektums I 
(S. enras, firas, B, era): ετοῖ-, 
ETAR-, ETALf-, ETAT-, 
erke wegen (S.M. erbe, B.eoße) 
passim. — mit Sufl, erbsr 
9, 1; 30, 10; 36, 2.5; 40, 3. 
erimo jener G. ermmar, B. 
eremmar, M. erines) 2, 1; 
6,4; 7,6; 20,9; 28,6; 33,12; ne 
38, 13; 40, 9. k 
ernor ἢ Last (8. emo, B. — 
39,7. 
erag- Relativ mit — 2 
Bedeutung, besonders bei 
Wiedergabe von griech. Par - 
tie, Aoristi 4,2; 5,13; 6,11; 
10, 2. 11; 12, (6). 8; 18,18; 
14, 11; 17,135 26.1. 12 21,5; 
23,8. 9.13; 29,2. 15; 35,5.6; 
36, 12.13; 38,7; 39,11.18. © 
ἐὰν m. Ruhm, Herrlichkeit (S.B, 
eoos, M.ear) 6, 11; 9,8.9; 
12, (14); 20, 4. — areas ver 
herrlicht werden 13,13. E: 
eg welcher (S.B.M. ag) 9,4; 
17,1; 18,2; 25,8; 28, 4; 31; = 
34, 10; 36, 6. 3 
egwne wenn (9. euywne, — Ε 
Μ. euyons) 24,2; 40,10. 


‚im. Haus (9. B.M.mi)35,9.15. 


ει εἰ πα 
es(1) kommen (S.M. es, B. τὴ 1,1 
2, 12; 3,4.8. 14; 5,6587 
14, 15; 35,11. — er aßaA her- 
— 8, 1 14, 


34m. — εν sgpui hinab- 


kommen 21,12; 28, 2. 


era 50 (S. eıe, B. ıe) 9, 3; 13, 10; 

μ΄ 19,4. 
ehe dürsten (S. eibe, B. τ) 
subst. m. Durst 27, 10. 

eme cc. πὶ bringen (S. eme, B.M. 
sm) 6, 13; 28,12. — π- 1,5. 
fir: 29, 12. 

‚eme (me) m. Ähnlichkeit, Ge- 
stalt (S.eme, B. M. ems, m) 
5,11; 6,9; 7,12; 8,(5); 10,5. 

eıpe machen, tun (S. eıpe, B. ıpı, 
M. ıAı) passim. — ἢ- passim. 
— ee (ε 1, 10; 6,9; 7,13; 
20,5.9; 22,3; 25, 1; 26,6.9. 
(10); 33, 10; 34, 5; 39, (8). 9. 
— Imp. apr- 7, 14; 18, 11; 

apiscor 34, 4. 
eıer= Blick (S. csarz, B. 1a1-) 31,4. 

eos (for) m. Vater (S. eswr, 
for, M.B. iwr) passim. 

‚ehr, B. κατ) 4,5. 

εἰῷπε wenn (S. euxe, B. ıcze) 

13,8; 29,4. 


κ 

κε auch, anderer (S. B.M. xe) 3, 
3.7; 9,12; 12,3; 23, 14; 24,1; 
25, 14; 40,12. — pl. neneve 
(S. nenoove, B. sexworns, M. 
nerası) 16, 4; 24, 5; 26, 14. 
— xeceene 8. ceene, 

ο΄ κωδ mal 9,7. 

ο΄ μὸν stellen, setzen, legen (S.M. 
πω, B. xw). — ror aba m. 
Vergebung 22, 1; 33, 3. 12. 

— κδὸ- (S,raar, M. κεν, Β. 


Index der koptischen Wörter. 


29* 


x) 14,3; 25, 9; 28, 2.13; 
40, 14. 

*kwr apnor entkleiden. — naar 
δόμον nackt 27, 8. 

κεκε m. Finsternis (S. are, B. 
xanı) 15,4; 28, 8.12; 29, 6. 

«AooNe f. Wolke G. κλοολε, B. 
gA0A) 9, 8. 

worte umgeben (S. κωτε, B.M. 
κωΐὴ 17, 2 (forschen); 18, 6. 
— subst. m. 13, 4. 

*«ro zurückwenden, zurückkeh- 
ren (8, wto): κτε- 18, 8. 

nae m. Land, Erde (S. rag, B. 
napı, M. κερὴ 4, 8.10; 9, 10; 
25, 14; 31, 15. 

noog Ecke (S.B. noog) 25, (6). 

κωφτ m. Feuer (S.M. κωφτὴ 23, 1. 


A 


‘ec m. Zunge (S. Β. λὲς, M. Acc) 
34,1. 

Asase, Asaove, irgendein, neg. 
niemand, kein (S.M. Aaar, B. 
φῦ 3, 2; 18,75 22,6; 30,14; 
38, 11. 12. 

"Ausg zerreiben, zerbrechen, 
quälen (8, Ausg), part. Aazg 
bedrängt, eng, schmal 18, 12. 


Mm 

“a&- Imper. von + geben (S. ma-, 
B. μοῦ 13, 4. 

sa m. Ort (S.B. sa, M. me) 2,1; 
11, 11; 14,10: 33, 10. — ma π 
34, 7; 35, 9. 11. 

or sterben (S. B.M. nor) 2, (13); 
29, 15; 37, 3. — part. wart 


(S. moorr, M. waorı, B, aworT) 


30* 


2,11.15; 9, 11; 14,8. — subst. 


mov m. Tod 1,5; 4, 3; 7, 14; 
12, 9; 24, 12; 40, (6). 

meie lieben (S. me, B.M. mer). — 
«ppe- 10, 14. — partie. appert 
(S. seprr, B. — M. meAı) 
21, 5. 

τας f. Wahrheit (S. me, B. M. unit) 
27, 3. — adr. fianıe wahrhaf- 
tig 4, 11. 

ärae m. Betrübnis, Leid (S.B. 
ἀκα, M. eunep), — Türag 

ee, # 27, (8). — wnakae 30,5. 
"osre betrüben, quälen ce, # 
(8. Μ. morne) 30, (7). — part. 
Mang (Moser) 35,1. 

ine wissen (S, eıne, B. ἐμὰ, M. 
sus) 4, 4. 11; 17,5. 

mo (imo) dort (S.B. Amar, M. 
Aner) 5, 13; 7, 12; 12,13; 27,4; 
28, 14; 29, 7. — eriimo 8. ὁ. 

απ mit,und (S.M. wii, B.nem)pas- 
sim, vor Suff. nemes (5, nainaz, 
B. nema-, M. neme-); nemei, ne- 
MER, emer,, πελίητπε; daneben 
namal 12, 11, πλιλίὰν 5, 12, 

«f-er ist nicht (S. vüt-, B. Amon-, 
M. men-) 11,115 17,14; 30,14. 
— wär nicht haben 12, (12); 
29, 7. 

“ans- Hilfszeitwort beim negat. 
Imperativ (S. unp-, B. äinep-, 
M. “neA-) 2, 9; 3, 11: 18,6; 

31, 12. 14. 

aune ἢ Art (S. aune, M. um) 
9,4; 11,8; 20,3; 22,7; 24,8. 
15; 25, 45-29, 7; 34, 2. 

meessıe m. Zeichen (S. macın, B. 
sum, M. sm) 26, 6. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum. 


MÄNcE 5, ce, 


"ätr- Nominalpräfix (S. mir-, — 
B. Mer-, nee-, M. μετ.) — Ἂ 


sim. 


«Mür- zehn (S. vür-, B. mer-) in er 


mircnave zwölf 25,12. 


«ürpe m, Zeuge (S. mitıpe, B. E 


“meope) in P-mäirpe bezeugen 


1,12, — wilrufirpe f. — 4 


8,11. 


ἀϊπε- 5. fine-, 


Anıya würdig sein (8. — J 


B. ennıya, M. ἀπε) 31,6. 


sape- Hilfszeitwort des Opta -· 
tivs, mit Suff. aapı-, napk ete, 
sape- Negat. Praes. consuetud, 
vor nominal. Subjekt ——— ΕΣ 


B. Auoxpe-) 4,9. 


ice gebären (S. aıce, B. u) 
38, 4, = 
macre cc, fi hassen (8, — B. 

moct, M. nact) 27, 7; — 
. ment οἵ, F 
mac m. Weg (S. mocır 
Mwır) 35,5. =. 
mure f. Mitte (S. aure, B, 
mn) -1, 14; 9,140 δὴ 
λίουτε cc. ἃ rufen, nennen 
mosse, B. M. most) 1, 15; 
8, 9; 25,4: 31,14; 22,187 | 
1.4: 39,5. | % 
Kran — (S.M Rron, Ὧν 


Μ. emran) 11,9, — subst. m. 


Ruhe 22, (2); 23, 2. 

marnec f. Erholung, Ru 

mornec) 37, (4). 

MeeTEe (Meove, Mere) ὁ 
i 


«pe f. Band ($. mfpe) 15. R 


" Index der koptischen Wörter, 


(8. meese, B. vers, M. anosı) 
3,9; 6,2. — subst. m. Ge- 
danke 1,11; 10, (8). — P-nmere 
gedenken 7, 2. 14; subst. m. 
8,10. 

menge m. Menge (S.M. msınıye, 
B. μα) 26, 2; Fragm. b?, 

Mag- zur Bildung von Ordinal- 
zahlen (S.M. meg-, B. wag-) 
2,1; 6,1; 10, (9). 

«os füllen (S.M. worg, B. og) 
subst. m. Fülle, Umfang iR, 5; 
44. δ. 

Maage wandeln (S, nooe, =. 
mas, maus, B. ou) 27,6. 
10. 13. 

λιοῖος f.Wunder(S.moige, Pie 

6, 65 23, 3; 25, 1; 26, (7). 

Mer m. Norden (S. Mg, B. 

ες emgir) 26, 2. 

Ze (= morgr) betrachten, be- 
rühren cc.» (8. B. worwr) 
4, 7. 

aeger vielleicht (S. neıyar) 3, 15. 


n x " e n 

u- Präposition; vor Suff. iina- 
(παι): Musi, Muan, Ana, 
Äimsc, isan, Muwrtne, Muar, 

-- Präposition; vor Sufl. ne: 
πεῖ, NER, eg, πες, NEN, IHTNE, 
πεν. 

na- meine (Plural d. Possessiv- 
artikels) passim. 

na- die des (Plural d. Possessiv- 

‘ präfixes) 38, (4). 

᾿ πὰ- Hilfszeitwort beim Fut. I, 
aina-, arııa- etc. Fut. I. 

na- Hilfszeitwort des Imper- 


31* 
fektums: παῖς, nar-, naq-, nac-, 


Nah-, NHATETN-, NaAr-, 

πὸ gehen, kommen (S.B. na) 
10, 12. 

nae ce. # sich erbarmen (S. na, 
B. ποῖ, M. nees) 14, 1; 19, 12; 
21, 2; 31,4; 40, 10.— subst. 
m. Erbarmen 36, 12. 

ne zur Bildung des Possessiv- 
artikels: neq- (ng-), nec-, men- 
(AR-), nerfi-, nor-. 

πε tonloser Plural des Demon- 
strativums, dient als Copula, 

ne- Hilfszeitwort beim Perfek- 
tum u. Plusquamperfektum. 

πες Hilfszeitwort beim negat. 
Futur. II (S.B. ine). 

nı- (nei-)tonlose Form desDemon- 
strativums, auch als Artikel 
gebraucht. 

nei (necı) Plural des absoluten 
Demonstrativpronomens. 

no cc. & sehen (S. B.nar, M. ney) 
4, 8; 10,11, 12; 11,1; 21, 8; 
24, (14). 15; 25,3; 39, 13; 40, 
Ti 

nabe m. Sünde (S. ποῦς, B. ποῦν, 
M. naße, maßı) 4, 13; 21,3; 
33, 3. 12; 39, 7.— P-naße sün- 
digen 39, 14. — peynaße m. 
Sünder 13,6; 30, 12; 40, 11. 

iinaıe schlafen (S. inom, B. 
enkor) 13, 1; 34, 6. 9; 35, 1. 
10; 36, 13. 15; 37,15; 38,8). 

nım wer? (S.B.M. πιὸ 2, 8; 26, 
4. (5); 36, 9. 

nım jeder, all (S. mm, B. suhen, 
M. mör) 5. ovan. 

nanos= gut sein (S.M. nanos-, 


32} 


B.nane:) nernanossq das Gute 
20, (10); 39, (9).13. — pl. ner- 
nanovsos 24,8, — pegpner- 
nanossg 39, (6). 

iine- (Mne-) Hilfszeitwort des 
negat. Perf. 1 (S. B. üne-), mit 
Suff, im, fink etc, 

ποὼ» 8, u, ce, 

firar du, frag er, frac sie, 
iirwrme ihr, firar sie, 

noxre m. Gott (S. ποντε, B.M. 
πον 12, 13; 13, 53 26, 3; 
29, 9; 34, 13; 38, 4. 

sy (ππην 9,3) kommen (S.M. 
nus, B. nuor) 5, 7: 9, 1. 6; 
10, 2.3; 25, 10. — πὴν aba 
herauskommen 8, 7. — nur 
agosn hineinkommen 37, 12. 
— nur δφρηΐ hinabkommen 
9, 10. 

πδίψως viel sein (8, B.M. ποι) 
37,4 

*1osg sich wenden, zurückkeh- 
ren (S. nosge): narng- 3, 5; 
33, 7; 39, 10. 

stappfi vor, bei (S. nagpii, iinappii, 
B.M. wagpen) 12, 13. — nagpe- 
40, 14. 

nepce aufwachen (S. negce, B. 
περφο 35, 10. 

sagte glauben (9. nagre, B.naot, 
M. neo): arıagre ungläubig 
4,1. (13). 

sagt gewaltig (S. B. nauyr) 23,1. 

nas groß (S. nos, B. nos, παν, 
M.nas) 1,6; 9,3; 25, 1533,10; 
37,7. 

fisı nämlich (S. iss, B.M. ize) 
passim. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum. 


nasnes cc, πὶ spotten, schmähen 
(S. nosnes‘) 27, 8. 


ο 


o was? (8. Β. Μ. or) 2,13; 4,1; 
10, 1: 29, 11. — erke ὁ 29, 
12.13; 30,14, 32,1. ὁ 


πὰ- mein, Sing. des m. Posses- 
sivartikels. 

ns- der des, Sing. des ——— 
präfixes 13, 7; 38, 7. 

πες pronominales Element zur 
Bildung des m. Sing. des Pos- 
sessivartikels: ner- (nk), neqg- 
(ng-), nen- (nfi-), nerii-, nos, 

ne tonloser m. Sing. des Demon- 
strativums, als Copula Ἂν 
braucht. 

ne tonlose Partikel bei den mit 
πε- gebildeten Tempora. 

ne f. Himmel (8, ne, B. $e, M. 
πη} 10, 12; 11, (11); 30,4. — 
pl. πεσε 5,2 u. ö.; 10,13; 14,9; 
21, 8; 23, 10; 97, 12; 32,1; 
33, 1. 11. 14. 

πεῖ (nees) dieser, Sing. des ab- 
soluten ——— 
mens (S. ποῖ, B. af), 

πὼς absolutes Denn 
nomen (S.M. πα οι... 
38,5 

*nppre "leuchten; — & 2 
ri B. ap); — 

nosue wenden, umkehren 
πώωπε, M. stwons) 39, 2. 


ESTER NE EEE TE N EEE 


po m. Tor, Tür (8. B. po, M. Aa) 


pw Mund (S.B. po, M. Aw-) 
07.387535, 12. 
ος psm Sonne (S. B. pm, M.pe) 9,6. 


2, he ie —— 
— * 


— * ausbreiten (S. M. nopı, 


Β, up) 22, (1). 


πῶσ cc. πὶ abführen, verkehren 


(5. nwıye) 1, 3. 


nor laufen (S.M. πωτ, B. gun) 


22, (7). — subst. m. Lauf 22,7. | 


— πὼτ ce. ce verfolgen, trach- | 


ten nach 28, 6. 
*nwgr ausgießen, niederwerfen 
(8.M. πωρτ, B. dwär): nagr- 
4,12. 
nase redete, sprach (S. M. B. 


 μεκεὴ passim. — mit Suff. | 


πόδε, nazec, naser (S.B. 
 mexa-, M. nexe⸗) passim. 


p 
P- 5. pe. 


-35,11.— δρῖ an die Tür 36, 8. 
— φιρῖ an die Tür 35, 11. 


pıme weinen (S. pıme, B. pi, 
M. A) 2,4 u.0.;34,14;35,12. | 

pome m. Mensch (S. pwme, B. 
po, M. Aoaı) 14,13; 27, 9. 
14; 28, 14; 29,11; 39,5. 12. 

pänso reich (S. päinao, B. pa- 
a0, M. Achea) 39, 1.3; 40, 10. 
— pl. päwaacı 21, 2; 38, 12. 
— nörrpüuaof. Reichtum 33,8; 
38, 14. 

paune f. Jahr (3. poune, 
pomm) 9,12. 


B. 


— pe der koplischen Wörter. 


pen m. Name (S.B. pau, M. λεπὴ 
8,1; 22,6; 34, 14; 36, 10. 

ῥρο m. König in witsppo f. König- 
T. u. U. '14: Schmidt-Wajnberg. 


33* 


reich 5, 3; 21,7; 23, 11; 25, 
>. ᾿ ala 33, 14; 36, 15; 
37, 

| pre m, 4315: (3. Β. pue) 26, 2. 

pacıc wachen (S. poeıc, B. pweie) 
8, 8; 34, 6.9; 37, 13. 

pers Fuß (8. Β. par, M. Acır) 
4,10. — gaper- 34,7. 

parıy m. Sorge (S. poorıy, B. 
pworıy, M. Asorıy) 8,2. — 
q-parıy 30,9. 11. 

pewye sich freuen (S. pawe, B. 
pam, M. Aeun) 19, 5; 35, (9); 
37, 15; 38, (1). 


| peq- Nominalpräfix (S.B. pe, 


M. Aegq-) passim. 


ς 


ca m. Seite, Gegend (S.B. ca) 
26, 1. — cagpe oberer 21, (15). 
— cagpe unterer 5, (1); 21,15. 

ce ja, durchaus (S.B. ce) 31, 1; 
37, 11. 

ce hinter, nach (S.B.M. ποδὶ 
28, 7; vor Sufl. icw- passim. 
— sälice nach 7, 13; 9, 11. 


| cor trinken (5. Β. Μ. cw) 8, 15; 


11, 11. 

chor ἢ Lehre (S.B.M. c&w) 23, 14; 
24, 5. — ἀεδον lehren 23, 14; 
24, 1; 26, 5. 15; 30,5; 38,10; 
40, 13. ἢ 

*cahie bereiten (S. coßre, B. 
coht):chrwr- 14, 11; 23, (10). 

cur ziehen (S.B. cwr) 40, 1. 

cmar m. Gestalt (S.B.cuor, M. 
mar) 12, (3). 

can (S. crunr) in viircant ἢ Ge- 


horsam 36, 11. 
3» 


34* 


can m. Bruder (8. B. con, M. can), 
— pl. ἐπὴν 2,10; 40, 13. 

cone f. Schwester (S. cwne, B.M. 
con) 3, 7: 35, 14; 36, 7; 38,3. 

eno zwei (8. Β. cnas) 28, 11; 40, 
(2).4. — -cnarc 25, 12. 

conr schauen (S. cwnt): cwwT | 
agorn hineinblicken 2,6. — | 
partie, cart ce. fica folgen, be- | 
gleiten 1, 10. 

can m, Mal (S.B. com, M. can) 
3,13; 17,9; 19,2. 

ceene subst. übrige (S. ceene, B. 
cem, M.cnnm): nneceene 26,15. 

πεν m. Auserwählter 23, 11. 

cnıp m. Rippe (S. cmıp) 4, 7. 

canen cc. # bitten (S. conen, B. 
concen) 30, 12. — cncen- 36, 2, 

ceepe in atceepe m. Ungesäuer- 
tes 9, 15. 

cwpme irren, verführen (S.cwpa, 
B.cwpen)30,6.— partie.capme 
20, 2; 30, 6. — subst. m. Ver- 
lorensein 1, 8; 22, 8; 28, 1; 
30, 6. 

<wr ausdehnen, fortfahren (S. B. 
cwr) 2,9. 

cwre ce. πὶ erlösen, befreien (8, 
cwre, B.M. cw*+) 22, 10. — 
subst. m. Erlösung 10,11; 22,2, 

cwrme 66. ἃ hören (8. cwim, B.M. 
cwrem) 13, 1; 14, 5; 24, 14; 
26, 5; 31, 1; 32, 6; 34, 13; 
36, 10; 40, 12. 14. 

cwrn 60. πὶ erwählen (S. B. cwrn) 
28, 10. 11. — partie. cam 
23, 12. 

casııe wissen, erkennen (S.coosn, 


B. cwosn, M. caosm) 6, 13; 


C. Schmidt, Epistola apostolorum. 


14,4; 19,3. — subst, m, Er- 
kenntnis 27, 3. 

carıne gerade richten (S. coowim, 
B. cworssen): subst. m. Gerad- 
heit 24, 2; 38, 9. — partie. 
cossanr 18, 12. 

epime f. Weib (S. come, B.M. 
σφι) 2,2. 13. 

ce Stich, Schlag (S. ıye) 4,6. 

cag m. Meister (S. cap, B. cas) 
2, 11; 
33, 5. 

cacıg m. Joch (S. coenu, M. war, 
B. you) 1, 14. 

cgeı schreiben (S. cpai, B. c#ai, 
M. «φεῦ 1, 9. — partie. eng 
4,8; 23,15. 

cagı sieben (S. cayyy, B, zeug) 
9,7. 

cesı f. töricht (S.m. co«, a 


34,12; 35,10, — plur.cescone 3 


34, (8). 11; 36, 10. 


casne m. Selbe (BE B. ἐ 


coxen) 2, 3. 


΄ — 
&- mein, Sing. ἃ, fem. Posses- 
—— passim. 
τὸ- die des, Sing. des fem. Pos- 
sessivpräfixes 2, 2. 
τες pronominales Element zur 
Bildung des fem. Sing. des 
Possessivartikels: 19- (Teq-), 
TC- (TEC-), TN-, TEIH-, τοῦυ-, 


se tonloser Sing. des fem. De- 


monstrativums, als — ge- : 


gebraucht. 


τε- Hilfszeitwort des eausat. | 4 


Infin. (85. M. rpe-, B. epe-), mit 


TE 
ΠΡΟ ee 
TEEN κὶ 


a ΝΥ mal 2 a > 


31, 12; 83. 4 Φ δ 


Suff. ra-, τα-, τῆς, τὴς, vem- 
τ χονψο, 


h  se- Hilfszeitwort des Konjunk- 
tivs, mit Suff. Ta-, πτὸ- (2, 14), | 


Tn-, rein-; 2. m. κα, 3. fem. c-, 
2: pl. ζου- (6, 7), ce. 
* tonlose Form des Demonstra- 


tivums, als Artikel gebraucht. 


*+ geben (S.B.M. V passim. — 
*- passim. — 1e-12,4;19, 10. 
τε verbunden mit * suffigier- 
ten Formen von # 5 


14. — τεε- (S. aa, B. mmı-, 


M. ser): τεενε 8, 12 u. teowe 


22, 14. 


Se fat (8. Bor) 6;1:— Sem. 
te (3.Β. te) 34, 11. 12; 35, | 


4.0. 37, 12. 

τῶν. zehntausend (S. ka, B. οὐδ) 

13,3; 34,1. 

ἴδε m. Finger (S. ın&e, τηπᾶς, 
B. 6, onk) 4, 5. 6. 


sei diese, Sing. fem. des absol. 


Demonstrativpronomens G. 


τοῖ, B. oai, M. sei) passim. 
τωκ (font) — (8. Β. M. wor) | 


—18 


Axe werfen: ven» 8, 1.11; 28,13; 


35, 8. 
Tune cc. πὶ werfen, legen (S. twnc) 
4,4. 6. 


sero ce, ii verderben (S.B. saro, 


M. aa) 17,13; 30,3. — subst. 


m. Verderben 1,7;11,12;22,9. 


— partie, tenaeır 19,(14. 15). 


ocAnA) 11, (12); 18, 13. — 


Index der koptischen Wörter. 


᾽ 


5,45 19,9; | 
21, 6.:9. 11; 23,11; 236,11. 12. | 


35* 
| *ramo benachrichtigen G. B. 


\  sauo, M. ana): Tanas 19, 13. 

| Twme (Tosme) cc. ἃ anhaften 

(B. was) 4, 8. 10. 

| xmaio rechtfertigen (S. ταιδῖο, 

AM. ταιδιὰ, B. emaıo) 40, (5). 

Tun- (TM-) (5. ım-, B.M. yrem-) 
Negation beim Infin., causat. 
Inf. und Konjunktiv 22,5. — 
im- 39, 14; 40, 12. 14. 
*zwmc begraben (S.M. swac, B. 
oWwme): Tamcs 1, 15; 2, 14, 
τῆ- in der Hand von (8. πτῆ-. 
B. firen-) 24, 12. — τε-τηπε 
8,13; 13, 13; 32, (7). — mit 
Suff. Too1= 15, 3; 28, 12. 

inne Pronomen des 2. Pluralis 
(S. ταυτῆ, B. ↄnnox. M. ıunoy) 
passim. 

nor jetzt (S. senor, B. nor) 
3, 13; 10, 1; 19, (12); 32, 2. 

swme aufstehen, sich erheben 

τς (8&.B.M. mworn) 2, 11. 15; 4, 
(11). 14; 12,6. 11; 13,2, 4; 
14, 9; 20, (2). 7. — subst. m. 
Auferstehung 4, 3. 

sünar cc. fi schicken (S. sfinoor) 
8,5. — mar 5,13; 10,2; 
12, (6); 13, 13; 14, 11; 21,6; 
29, 2. 


| *rosmac aufstehen machen, auf- 


erwecken (S. B. tosnoc, M. 
sormac): rommac- 14, 8. 

| ng m. Flügel (S. me, B. veng, 
sung) 9,8. 


τῆρο lebendig machen (S. Tango, 
τεληλ jubeln (8. Μ. τεληλ, B. 


B. tanzo) 19, 12. 


παρ: adject. ganz, all (8.B, mp», 
subst. m. Jubel, Freude 19, 9. | 


M. mA) 10,3. 10; 11,4; 13,8; 
3 


36* 


19, 4; 25, 14. — subst. m. All | 


5, 5,910, Δι 
sape-Konjunktion,als*(S.#rape-, 
M. iirede-), mit Suffix Tapı-, 
TAper-, Tapey- (firapeq- 13,14; 
19, 10), ταρῆ-, Tapereık-, Ta- 


por-. 

sceßo lehren (S.B. scaßoe, M. 
scaba) 17,7. — Tcehe- 31,4. 

sceno schmücken (S. scano, M. 
scana) 6,5. 

*wr Gefallen haben (S.M. swr): 
partie. sur 14, 4. 

ἴτωπ m. Streit (S.B.M. +ron) 
12, (10). 

*reoso schicken (S. B. τδουο): 
τεονδείτενα- 35,6)6, 12; 20,12; 
23, 9; 38, 8. 

sosws Busen (8, του -) in 
nerorrosw= Nachbar 27, 1; 
39, 8. 9. 10; Fragm. b!. 

Tageseııy cc. πὶ predigen, ver- 
kündigen (8. raweoenyg, B. 
eruny) 8, 12; 11, 7; 12, (8); 
17,4; 21, 13;.23, 4.5; 25,12. 
13; 26,8; 31,8. 10; 38,10. — 
peqgramjeacııyg Prediger 17, 6. 

τοῖο zu Fall bringen (S. τριο) 
24, 3. 

sweme rufen, einladen (S. wg, 
B. ewgen): Twgme agorm an- 
klopfen 35, 11. — partie, sagme 
30, 5. 

emro cc, πὶ quälen, peinigen 
(S. o0Ano, B. τρελιμοὴ 37,5. 

τῷπο ce. πὶ (S.xmo, B. xcho, M 
ἀπὸ) 14, 13; 31,6. — τῷπὸ- 
12, (4); 14, 13. 

*107x0 bewahren, erretten (S. B. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum, 


10730, M. του χὰ): vorzarldl; u 


31, 5. 
saspo befestigen (S. B. razpo, 


M. saspa): subst. m. Befesti- 


gung 23, (3). 


ον 


os- unbestimmter Artikel. 

ove m. einer (S. ova, B. osaı, 
M. oves, osi) 5, 12; 6,3; 7,15; 
22, 4; 28, 11; 


29,55 31,15; 


40, 12. — nose nove ein Jeder & 


21, 35:29, 14: 32,115 83,15. 
— osie fem. 2,10; 3,3. 


— m. Suff. ovxbu⸗ 13,4. 


oyai (ovacı) wehe (S. " τότε: ἢ 


27,13; 40,5. 


oyacıme m. Licht (S. ονὸ B Οἱ 
orwm, Μ. osain) 9, 7: 10,8; 
11, (); 28,7.115 29,1.45; 


90... 15592 
— 1.2, 


om essen (S.B.M. orwa) 11 ἊΣ: — 


37,3. 


— O0TaM= 
ΟΥ̓Δ 5, au, 


oyarı in ονὰπ rum —— a — 
(S.B.ovon, M. oyan) passim. 


osi- es ist (S. ουπ-, B. oson-, 


vor Suff. osfir- 5, 13; 27,3; 


28,14: 29, 14; 33, 15; 35, ὅν 


39, (9). 


osen öffnen (S.B.M. — 
daneben eoven 35, — * 


1.3. 


M.ovan-) 2,14; 7,15; 12, (11); 
17,12; 24,55 35,10; 6,23; 
29,14; 33, (10). —mitderPrä- 
pos. fire verbunden „haben“, 


osom m. Teil (S. oswn) 9, 13. 

ommor f. Stunde (S. B.M. oxnov) 

25, (10). 

_ osmen rechts (S, osnau, B. ovi- 
nam, M. osınem) 22, 1. 

osanıy m. Wolf (S.B. orwny) 
37,2. 

oswng (aba) offenbaren (S.B.M. 
oswng) 2,7; 7,7; 14,15 20, (4); 
24, (9). 

ornp wie viel? (S. B.osnp) 9,12. 

ospure f. Fuß (S. ovepwre, B. 
‚osepnt) 4, 7. 

*osws einzig (S. B. M. oswr): 
ovae- 7,11; 24, (1). 

ἔοντε zwischen (S. B.oxre): owrw- 
40, 11. 

orujn- ohne (S. oxciu, B. oveye) 

18, 4 u. ὅ.; 33, 6; 36, 1. 

 osrwiwjbe antworten (S. orwıyk) 

δὲ passim. 

τς ὁφὼρ hinzufügen (S. B.M. ονωρ): 

ς΄] γὼρ δα sich stützen auf 

0.238,15. — ονδρ- fica folgen 

ΒΗ, 

osacapne befehlen (S.ovegcaene, 

᾿Β. ovsgcaguu, M. oragcepm) 
17,4. 

oswge wünschen, wollen (S.B.M. 
ovwom) 14, 2; Fragm. α΄. — 

 orwg-2, 13.— subst. m. Wille, 
Wunsch 13,7. — ovag 14,5; 
18, 3; 21, 10. 

osgr f. Nacht (8, Μ. ovıqn) 8,8. 

oyzei gesund werden, gerettet 
werden (S. B.ovsai, M.orzei) 
20, 3; 30,6; 31,6; 39, 11. — 
oszeite 17, 13. — subst. m. 


Heil, Rettung 12, (12); 13,7. 


Index der koptischen Wörter. 


37* 


ω 

ὡπε m. Stein (S. wıre, B.M. wu) 
25, (6). 

wug leben (8. πο, B,wn#, M. 
wnae) 3,2; 29, 4. 15; 39, 12. 
— partie. ang 9, 10; 16, (δ); 
30,7. — subst. m. Leben 21,7: 
22,2. 10: 23, @). 12; 26, 13; 
29, (1); 33, 3. 13. 

*on zählen (S. B.M. wm): partie. 
un 29,5. 

ops sichern, verschließen (S. 
wp=) 35,12. — subst.m.Sicher- 
heit 17,5. 

*wg ec. a sich stützen, sich be- 
mächtigen (S. wıy, vgl. von 
Lemm:Kopt.MiscellenLXXX): 
ag 27,1. 


u 

uya- Partikel „wenn“ (S.B. yan-), 
in Verbindung mit dem Prä- 
sens 11 zur Bildung des Con- 
ditionalis:anıya-, ayıya-, ayya- 
verh-, avıga-; ama-(7,14;9,13; 
22, 4) im Nominalsatze., 

ws- „bis“ in Verbindung mit 
dem Konjunktiv „bis daß“: 
wat- 6,8, ware 8,9, warg- 
8,12 (S.yanı-, B.yarz, yarı-), 

ıya bis zu (S.B.M. wa) passim. 
— vor Suff.yapa- (S. B.yapo-, 
M. yapa-, ads). — wyagpni 
6,1. 

we hundert (S.B. ıye) 9, 13. 

*undn schreien (S. aykar) in 
suysar schreien 12, 15. 

AHA beten (S.B.M. wAnA) 
30, 12. — subst. m. Gebet 31,1. 


38* 


uje‘eer f. Braut (S. yeAeer, B. 
weder) in maiiıyeAeer Braut- 
gemach 34, 8; 35, (9). 11. — 


narıgeAeer Bräutigam 35, 7. 


(8). 15; 36, 2; 37, 14; 38, 2. 

wäünosge m. Botschaft (8, 
αὐλίπονες, B. yenmosep) 6, 14. 

me ce. # fragen, forschen (S. 
me, B. M. ms) 17,1.3; 18,3; 
19,1.5.8. — wis 14,2. 5; 
17,8. — cc. fica suchen 2, 9; 
29, 10. — wangrn= mitleidig 
in aftrıyangıng f. Mitleid 26, 8. 

won ce. # aufnehmen, empfan- 
gen (S.B.M. wwon) 35, 7. — 
gn- 30, 5. — gan 1, 9. — 
peqwan- Beschützer 12, 14; 
13, 2. 

me sich schämen (8, me, 
B.M. wm) 19,1; 21,(1); 30,14; 
33, 7; 38, 11; 40, 9. — zuyıne 
beschämt werden 18, 9. — 
frarupme f. Unverschämtheit 
19, 8. 

ww ce.  verheißen, geloben 
21, (10); 22, 13; 34, 2. 

ıysıpe m. Sohn (S. ıynpe, B. upi, 
M. As) 20, 14; 22,10; 25, (4); 
26,3; 29,8; 30,1; 32,3;34,13; 
Fragm. b!. 

wjeepe f. Tochter (S. yeepe, B. 
weps, M. ıymnAs) 38, 4 

we m. Hirte (8. ywe) 37, (1). 

*yososr bedürfen, ermangeln 
(S. ywwr): partie. yaar 39, 
4, 12. 

ıyosost abschneiden (S. ıywwr, 
B. ywr): subst. m. Strenge 
20, 13. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum. 


wrtero m. Gefängnis (S. B. yrexo, 
M. wrera) 8,1 u.ö.; 22,15. 

yes nützlich, tauglich (S. B. war, 
M. wer): P-wer nützlich sein 
17,7; 32, 14. 

*uyorofließen, gießen (S.B. yore): 
wjorw= 2,2, 

woyert leer, eitel (S.M. yoreır, 
B. wos) 22,7. ° 

wjese reden, sprechen (S. yaze, 
B. cası, M. ıyexsı) passim. — 
subst. m. Wort, Rede passim. 

waxııe ratschlagen, beschließen 
(S.yosne, B. —— 
21, 11. 

wosse niederschmettern (8. 
wwwse) 13,5. 


4“ : 
gs cc, πὶ tragen (8, Β. Μ. «ἢ 14,4; 
29,8. — qı- 30, 9.11. 


? , 
οι auf, vor (S.B.M. οι), mit Suff. 
φως, giwws 5, 8; 12, 4: 20, 5. 
91 8. gnT- Vorderteil. 
eo m. Antlitz (S.B. 20) 4, (2); 
18, 1. 8; 29,8; 33, 9, — Ξιρὸ 


zuneigen 40, 3. 5. — χἱπταιρο 


f. προσωποληψία 18,11. 
g0v07-, φου- selbst (S.M. φωως, 


B. gw-) 3,6; 4,6; 18,4. 7.13; ; 


20, (5); 26, 10; 34, 4; 35, 10; 


38, 8. — gorowme, gowme 7 


6, 14; 17, 5. — φον-τηπε 


12,1; 19,9. — gone, govome 
22,14; 233,4; 26, 14; 27, 12,03 


34, 8. 


200 mehr, vielmehr (S. Β. — 


Index der koptischen Wörter. 


ΠΟ Μ΄ gora) in προνὸ 19, (9); | 
u, (10); 35, 2; 38, 12. 


Ἷ ᾿ς φωδ πὶ, Sache (8. Β. Μ. gut) 1,4; 


741,6); 18,15; 14,2; 19, (11); 


31, 3; 37,9. — plur. ghnve 
1,11; 24, 10.11;29,3.6;32,15. 

gecıe fallen, finden (S. ge, B. zei, 
M. oni, on) 20,1: 39,65 40,2. 

gaeme einige (S. goeıme, M. gaim) 
16, (3); Fragm. a?. 

onke arm (S. zunec, B. M. omas) 
21, 3; 40, (10). — wilrpnne 
f. Armut 27, 6. 

gro hungrig sein (S.B. gro, M. 
958}: subst. m. Hunger 27, 10. 

emar m. Gnade (S.B. gwor, M. 
emar) 36, 5. 

gan es ist notwendig 24, 7. 

oen- (9 π-} Plur.des unbestimmten 
Artikels (S. gen-, B.gan-) pas- 

ΕΣ sim. 
_ emoge f. Furcht, Angst in p-gnoge 
sich fürchten 3,11; 13,3; 38,12. 
_ gem m. Gericht (8. B. gan, M. 
gen) in *+-gen cc. a richten 

910; 24, 11; 39, 14. 

gepe m. oberer 14, 9; 21, (15). 

opni oben (S. gpai, B. φρηῖ, M. 
gAuf) in agpni hinauf 5, 4; 
12, 11. (15); 29, (8). 

φῶρπ einschlafen (5. gwpn) 13, 1. 

*opauy schwer werden (S. B. 
gpow, M. gps): partie. gapıy 
(ügmr) langmütig 19, (6). — 
ätrapıysır f. Langmut 36, 12. 

our m. Herz, Verstand (S.B.M. 
ons) 3, 15; 6, 2; 7,8; 19,4; 
32, 14. — plüour verstän- 
dig, klug 34, 6. 11; 35,2. — 


39* 


plur. pifigere 34, 10; 35, 14 
— «inpäiont f. Klugheit 
36, 11. 

φητε ἢ, Vorderteil in φητε vor, 
entgegen 13, 3; 21, 2; 30, 14; 
33,8; 38, 11. 12; 40, (θ). — 
grregs vor 7, 3, φιτδέφι vor 
mir 9, 9. 

φὸτε Stunde, Weile (S. gore, B. 
ewr) 7,3. 

φιειτ m. Grube ($. pre) 40, 3. 

φιτογὼ: 8. TOWW-, 

ort durch (S. gm, B. φιτεπ) 
passim, mit δ, gmoor 
passim: grmome 31, 11. — 
errerume 22, 13; 26, 10; 33,4. 

gwin untergehen (S. B. gwrn) 
26, 1. 

gear schlecht sein (S.goor, B. 
ewor, M. gar) 40,1. — neoar 
20, 10; 22, 3; 24, 8. 

goore m. Tag (S.g00v, B. egoor, 
M. gaor) 6, 4; 7,6; 17, (1); 
18, 2; 20, (9); 21,1; 25, 10; 
28, 5; 36, 6; 40,8; Fragm.a?. 

φὸφ viel (S. gap) 12, 11.12; 17,9; 
19, 2; 32,3. 

φυχῆ auf (S. orsäi, B. orzen) pas- 
sim. 


ews& verschließen 36, 7. 


€ 

e- können (S. B. M. -, ey) 25, 8; 
29, 8; 34, 1.8; 39, (2). 

gs unter (S.M. oa, B. &a) 13, 
5. 7.11; 30, 12; 34,7; 37,8. 
mit Suff. gapa- (S. gapo-, B. 
Sapo-, M. gaAa-) 9, 8; 30, 12; 
31, 2. 


40" 


φὰς aufgehen (S.ıya, B.ıyar) 26,1. 

*oae letzter (S.gae, B. Sae, M. 
gan): gaeı ἢ Ende 1,8; 27,14. 

gae m. Fest (S. wa, B. yaı, M. 
ıyeeı) 9, 14. 

ge ἢ Art (S.ge, B. Se, M. on) 
passim. 

g' messen (S.B. ἀμ): 
Maß 10, 6. 

*oı f. Bauch (S. gm) in gu 
(S. gser=, B. Sur) 7, 10, 

go m. Weg 18, 12. 

grim klein (S. wu) 7,3; 18,2. 

gar drei (S. yomfir, B. yoams, 
M. wanmens) 3, 13; 32, 12; 
40,13 — ganre 2, (2). 

gmosm acht (3. yauosn, B. warn) 
10, 9. 

en, gi in (S.M. n, B. Sen) pas- 
sim, mit Suff. figwr= (3.M. 
πρητε, B. fisur:) passim. 

gnan sich nähern (S.M. φων, 
B. Swnr) 2,5. 

gorn Inneres (S.M.gosn, B.Somm): 
agosm hinein passim. 
figosn drinnen 3,8; 35, 15. 

gwne werden (S. ywne, B.M. 
Wr) passim. — partie, goon 
passim. 

gap- Praes. consuetud. (S. B.ıya-): 
gapor- 30, 11.— mit e: ega- 
pos- 1,15. 

epe unterer 5, 1; 21, 15. 

epri unten (S. gpai, B. ZSpui, 
M. gAni) in agpnıi hinab 9, 10; 
18, 14; 21,12; 22,1; 27,9; 
28,2.12; 30,3. — πρρηϊι πρητοὶ 
1,6; 11, 12;29,4; 30,2; 37,(5); 
40, (6). 


subst. m. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum, 


gpas m. Stimme (S.gpoos, B. 
Spwor) 6,5; 10, 6; 12, (15). 
gapı erster (S.B.yopn, M.yapn) 
in fgapıı zuerst 9, 3; 14, 10. 
gice m. Leiden, Mühe ($. gice, 
B. Sıcı, M. οιοὺ 37,3. 
*gwrke töten (S.M. φωτῶ, B 
Swreh): gark- 9, 1. ᾿ 4 
*swijge zerschlagen (8.B. 
orwigg): ga 13,7. 
eoere vor, bei (S. gar, B. Saren) 
33, 11; gaote-inne * 8. — 
eodhru⸗ 31,7, 
gse wenn G. εἰπε, B. J 
37, 15. 


= 

se- weil, Konjunktion (8.8. ν. 
se-) passim. 

“αὶ nehmen (8, Μ, κι, B. σὴ 2, 3: 4 
8,14; 11, 14; 33, (9); 24, (4); 
29, 11; 40, (2). -- κι ὅ, 4; 
1,1.14,9; 33,2; 306,4. 39,11. Ὁ 
— partie. conjunetum κοῖς 
35,5. ἐς 

xsı m. Stäbchen (S. am, B. πῇ Ἢ 
in anzımıaı vergeblich, ohne ἫΝ 
Grund 13, 6. BD: 

“ον sagen (S. B.M. κω) passim. — 
— 200: (8. xoo⸗, B.xo-, Μ᾿. 
0), mit Suff, des Plurals 
xoove 3,5; 13,9; 24,6. — 
— ze- 13,14; 19,10; 31,2. © 
— Imper. axzc 18,3, 

*sososhe durchschreiten, über 
ragen (S. swwbe): πδβε 5, 12. 

swr (οὐδ) vollenden (S. B.M. 3 
sr) 6,7; 8,9; 9, 13; 12,7 
13, 9; 14, 12. — subst. 


Ἧ  zar- 6, 12. — partie. asın 10, | 
6.3; 11,3. 
Senooe damit (I. zenac, zeraac, | 
Baexac, M.xenec,zeneec)4,3. 


4 xzäü seit, von (S.M.zın, B.sczen) | 
| δον bleiben (S.M. sw) 8, 8; 36, 


414, 10; 25, 14; 26, 1. 
sm m. unbekanntes Wort 5, 9; | 
10,5. 
ἀπὸ zögern (S. suaar, B. snar) | 
1,9; 18,9. 
snor ce. fi befragen (S. ἀπο, B. 
no) 17,14. — znor- 19,11. 13. 
*smo tadeln, zurechtweisen: 
zmıa= 33,7; 39,80. Ὁ.: 40, (11). 
sıce erheben (S. ze, B. sıcı, 
M.xıcı) 12, (14). — partie.zace 
(8. zoce, M. zacı, B. soo) 
11,2. — zacıpmr hochmätig 
27,9. — mirzacıgmr f. Hoch- | 
mut 27, 14. 


= zacıc m. Herr (8. ποεις, Β. σο- | 


ec, Forc) passim. 
πονῶν zwanzig (8. soswr, B. 


ur) 9,18. 
SIUKaR S. kan, 


sweme beflecken (S.swom, B. 


Swen, M. swgen): subst. m. 


Befleckung 1, (6). 


: - Index der griechischen Wörter. 
Endung 10, 10; 11,3. — ame ὦ ἃ mama, αὶ 


41* 


sası, M. zexı) 1, (2); 13, 6. 


δ 


Se nun, also (8. σε, Β. σε, Μ. 
sn) passim. 


1, 15; 37, 2. 


| *shhe schwach werden (S. süße): 


partie. sooße schwach 20, 2. 

swAn (aba‘) offenbaren (S.M. 
swAn, B. swpi) 5, 1; 32,15; 
37,9. — sie 5,5; 9,2. 

sam f. Kraft (S.som, B. ποι, 
M. sau) 9,3; 26, 6.12. — om- 
gan 2, 14; 17, 12. — mli-san 
17,14. — sü-sau Kraft finden, 
können 34, 8; 36, 4. 

Sand ne cc.s berühren (S.sonsn) 
4, 10, 


' «me finden (8. «me, B. zum, 


M. sim) 29,10. — Fu- 2,6. 
i-Fan 5. Fam — cur⸗ 3,8; 
20, 2. 

su» eng, schmal (S. sur, B. 
snoy) 18, 12. 


— — ss, B. æix 


4,5; 22,1; 33,4. 


B. Index der griechischen Wörter. 


a 

avason ἀγαϑόν 28, 8. 

avann ἀγάπη 8,10; 27,4; 32,14; 
35, 2. 

auueAoc ἄγγελος 5, 11.14; 6,13; 
1.3. ὅ.; 8,6; 1% 2. 


aaa Adau 28, 9. 


δα ἀδιχία 28, 7 

aaınoc ἄδιχος 28, 5. 

ΔΗΡ ἀήρ Fragm. a?, 

ssconcıc αἴσϑησις 7,12; 9,4. 
areı αἰτεῖσθαι 29, 10. 


42* 


δληθὼς ἀληϑῶς 30, 9. 
δλεκτωρ ἀλέχτωρ 8,9. 
aAAa ἀλλά passim. 
ausm ἀμήν 19,6; 32, 5 
ANackH ἀνάγκη 8, 14. 
17,3. 
ananarcıc ἀνάπαυσις 5,3; 11,10; 
21,6. 14; 23, 12. 
ἀπδότδος ἀνάστασις 
17, 10. 
anapeac Ἀνδρέας 4, 1. 
ΔΊΠΤΙ ἀντί 39, 8. 
amıcroe ἄπεστος 17, 14. 


15; 


anoAoua ἀπολογία 20, 8; 29,7. | 
ρου δῶρον 40,6. 


anoper ἢ 27,1. 

apa ἄρα 20,1; 29, 14. 

apna ἀρνεῖσθαι 3, (13). 14; 29, 
12. 14. 

spXauueAoc ἀρχάγγελος 5, 10; 
6,5. 

δροζελδος ? 1, 14. 

apxn ἀρχή 5,12. 


12, 9; | 


C. Schmidt, Epistola apostolorum, 


| »1aronoc διάχονος 7, 11; * * 


| 
| 


Ϊ 
| 
| 
I 
᾿ 
Ι 


] 


SPXICTPATHTOC ἀρχιστρατηγός | 


5, 14. 
apxon ἄρχων 22, 12. 15. 
acehne ἀσεβής 40, (5). 
arAu αὐλή 37,1. (2). 


8 
banrıcna βάπτισμα 32,8; 33,2. 
bapeı βαρεῖν 19, 2. 
bacanoc βάσανος 37, 8. 
kıoc Bloc 39, 4. 


% 
vahpına Γαβριήλ 5, 15; 6, 13; 
ED 
vap γάρ passim. 
enwese γνῶσις 36, 11. 


| 
J 


ἐπεὶ ἐμὴ 7. 10: 23, (ὃ): 27, ih 


ae δέ passim. 


32, 3.9; 33,2. E 
amaroc δίχαεος 21, (13); 23, ὦ) ει 
28,4; 30,11: 31,1. 0° = 
| BIKAIOcHnH δικαιοσύνη 28,7. Ξ 


ieroe διστάζειν 3, 14: 4,1. 
 amaıc δύναμις ὅ, 9; 6, 4; keit. e 


τρόπος ἔϑνος 26, 15. a 
eipunnt εἰρήνη 26, 11; 35,3. 
erre εἴτε 12, (2); 20,9.10. 

 endoen ἐχλογή 20, 11. 


ὃ 
asınon δαίμων = 9: 
νει Δαυΐδ 12,8 


asaroneı διαχογνεῖν 18, 11. 
araroma διαχονία 6,8. 


J 
En; 
ἪΣ 
J 
A 
τῇ 
ἯΙ 
* 
J 
τῷ 
= 
ze 
3 
— 
* 
— 
—* 
J 


re a 


ae 


26, 15. 


€ ch 


ensoAn ἐντολή 10, 14: 18, 5; 3 
20, 11; 21,5; 22, 5. 9523,13 ἡ 
30,1; 33,9; 36,145 38,13. 


32, 14. 4 
— ἐξομολογεῖσθαι. 4 ᾿ 


—— ἐξουσία 5,4; 21, 93 22, 
(12); 28, 10.14; 28,150 073 

ezovcıa ἐξουσία 5, 12. 

epvarne ἐργάτης 31,9. 

en ἔτε 1,11; 4,1514,2. Ὁ 

erKapıcres ——— 34,1. 9 


N — 
«ἢ 9,4; 12,2; 17,14; 2.4.0; R 
28, 4. 
san ἤδη 19,1. 


κακὸν χαχόν 22, 11; 28, 8. 

κδλως χαλῶς 14,6; 30,10; 37,9; 
38, 10. 

kan χἄν 33, 15. 

: nata χατά 21, 3; 24, 11; 32, 4; 


 noAaze χολάζειν 30, 7. 

᾿ κοΐδοις χόλασις 21,4; 24,4. 
τ nocmoe χόσμος 1, 3. 

rpına χρίμα 40, 1. 


κριοῖς χρίσις 1,7; 30, 13: 21, 1; 


24, 10; 28, 4. 
wrıcıe χτίσις 40, 7. 
πυριάκη χυρεαχή 10, 9. 


λ 
Aszapoc ‚AaZagos 21, 13. 
Ἄδος Aaoc 13, 3. 8. 
Ἄπετης λῃστής 1,14. 


Aovoc λόγος 10,7; 30, 4: 33,5. 


Au λόγχη 4,6. 


‚Index der griechischen Wörter. 


43* 


Asneı λυπεῖσθαι 2,4. T; 8,4; 
11, (12); 36, 2; 38, 3. 
Ἄνπη λύπη 8,2. 


μὨ 
mavaaanıH ΜΙαγδαληνή ΦΗ͂Σ 
marapıoc μαχάρεος 24,13; 25, 2; 
27, 11. 
λον μᾶλλον 13, 11. 
mapea Μάρϑα 2, 2.12. 
sapıa Maola 2, 2; 3,4. 6; 6,14; 
1,8 ΤῈ 
“aprıspıa μαρτυρία 1,9. 
men μέν 32,13; 38, 1. 
mensosce μέντοι γε 37, 13. 
mu μή 7,2; 8, 13; 17,12; 24,5. 
gan Μιχαήλ 5, 14. 
sonon μόνον 18,5; 34,3. 
sopbn μορφή 7,7; 10,5. 


v 


noie νοεῖν 37, 11. 
noveera voudersiv 33, 6. 


o 

okononsa olzorouie 6,11; 14,12. 

ontwe ὄντως 13, 11; 17, 15. 

oran ὅταν 7,14; 8,9. 

osme οὐδέ 31,12. 

orpınA Οὐρεήλ 5, 15. 

or[cıa] οὐσίαϑ 11,4. 

orse οὔτε 11,11. 12; 21,1. 2, 
29, 7; 40, 9. 10. 

orX οὐχ 17,13. 


τ 
naAım πάλλεν 8, 11. 14: 12,1 
17, 2; 18,14: 24,12; 25, 7; 
30, 13; 40, 13. 


44* 


napa παρά 9, 7. 

napave παράγειν 5, 8.11. 

napaaraor παραδιδόναι 21, 3; 
24, 12. 

napanoneı παρανομεῖν 22,9; 
23, 13. 

napeenoc παρϑένος 34,5. 

NAPPHCIaTE παρρησιάζεσϑαι 19, 
(10). 

napoycıa παρουσία 9, 15. 

nacxa πάσχα 7,15; 8, 3.4. 

πέπϑει περνϑεῖν 35, 13. 

πεπτηπκοοτη πεντηχοστή 9, 14. 

nerpe Πέτρε 3, 12; 4, 4. 

micrese πιστεύειν 2,14; 3, 2.5. 
10; 5,5; 7,9 13,14; 17,8. 
15; 20, 6; 22, 4. 12; 23, 8; 
24, 2; 25, 3.8; 26,4; 29,1. 3; 
32, 6; 35, 4. 5; 36, 13. 

πιςτις πίστις 18,2; 19,4; 23,4; 
27,3; 35, 2. 

mcroe πεστός 30, 11. 

nAacce πλάσσειν 7,9. 

ππὸ πνεῦμα 17,11; 19,15; 20,(8); 
26, 12. 

noAemoc πόλεμος Fragm. 83, 

noArrevecoas πολιτεύεσθαι 27,2. 

nontioc πείλατος Πόντιος Πιλά- 
τὸς 1, 13. 

nocw πόσω 13, 11. 

nornpion ποτήριον 8, 14. 

προῴητενε προφητεύειν 26,13. 

προῴητης προφήτης 4, 8; 12, 8; 
13, 9; 21, 14; 23,6; 34,12; 40,4. 

npobuta προφητεία 12,7. 

πως πῶς 10,2. 


P 
papanıA Ῥαφαήλ 5, 1ὅ. 


C. Schmidt, Epistola apostolorum. 


6 
capz σάρξ 4, 3.12; 7,105 12,4; 
14, 14; 15,1; 16,2; 17,11 
19, 14.15; 20,7; 30, 4. 8. 
enmeson σημεῖον 9,9. 
ἀπ Σίμων 1,1. 
cobıa σοφία 5,8. 13; 6, 9; 
ment ὃ. a 
craspoc σταυρός 9, 9. | 
σταυρὸν σταυροῦν 1,13; 12,5. 
crepewma στερέωμα 6,2%. 
esnesaone συνευδοχεῖν 38,8. 
cbparıc σφραγίς 3,7. 
cwma σῶμα 2,4. 6. — 
op σωτήρ 1, 10; 2,15; 4. 14. 


« Φ 
ΣΡ 
Ex 


2 ΡΥ" 
Y σον 
u ΕἸ = ᾿ “ r 1 a " 
a f ΠΣ ἘΠῚ ΜῊ Ὁ Ν u IR, Ta Zr 
ΚΡ ΡΥ re SEE ud udn, SE SE de a aan a Tl Wan nn ee 


* 


τ 
ταῷος τάφος 2,5. | 
τέλειος τέλειος 25, 5.6. 
sonoc τόπος 1,15. 
τοτὲ τότε passim, 
τύπος τύπος 10, 8. 


υ 
shpıc ὕβρις 27, 5. 
snuperes ὑπηρετεῖν 6,7. 


snomme (xioneme) ὑπομένειν, 
SH 1.11 | 


ara 
« ΓΝ ἥ 


φ Br 
banracıa φαντασία 3,9; 4,9. 
beooneı φϑονεῖν 18,5; — 
Φορει φορεῖν 14, 14. 
brAn φυλή 30, 13. 


χ 
Xapıze χαρίξεσϑαι 91. 8, ai 
xapıc χάρις 35. 3. 
Xe Χριστός 1,4. 


sun Ayo 9,5; 1,0; 146; : 
20,6; 23,7; 32. 12; 40,8. 


Das Testament unseres Herrn! und unseres Erlösers 


Jesu Christi. 


Cap. 1. Ich? habe geschaut von ihrem Äußeren her bis 
in ihr Inneres, ihr Aussehen und ihr Wesen, befremdend und 
schwer verständlich (wunderlich), ihre beiden Seiten, das Gericht 
je den Taten gemäß°, 


4 vgl. Matth. 16, 27; Röm. 2, 6; Apoc. Joh. 2, 23. 


1) A om. 1.43 : ΗΝ Δ : @ „Das Testament unseres ὶ 


Herrn und“, 2) 5 @AHA : „und ich®. 3) Alles bisher Ge- 
sagte fehlt in B. Der Prolog (von „Ich habe geschaut“ bis „den 
Taten gemäß“) scheint eigentlich unserem Texte nicht anzugehören 
und ist recht dunkel. Jedenfalls kann unser Text doch wohl nicht 
mit AFA » „was mich anbetrifft“ „ich aber“ angefangen haben. Es 
ist auch zu bezweifeln, ob dieser Absatz zum Rahmani’schen Text, wel- 


cher in einigen Hdschrr, dem Guerrier’schen vorhergeht, gehört, Bei 


Rahm. ist er jedenfalls nicht abgedruckt. Vgl. auch Einleitung. — 


Statt Ddg-N : hat C fem. ὁ ὁ ἢ : „schwierig, hart“, aber S- 
(Οὐ θ.}}" 1 wahrscheinlich Partic. pass. fem. zu OA@ ı, also „ihr 


Verschlossenes, Eingeschlossenes“. Auf jeden Fall, schon mit Rück- 
sicht auf das Fem. in C kann δῇ" : oder @60-F 1 nicht 
gleich γῇ (Σ : als Attribut aufgefaßt werden. Besser wäre vielleicht 
zu übersetzen: „ihr Aussehen, ihr Wesen und ihr Inhalt, wunder- 
lich“. Oder nach C „ich habe sie geschaut .... ihr Aussehen ..... 
es ist befremdend und schwer verständlich (wunderlich)*. 70%: 
„ihre .... Seiten“ fehlt in S; für INPIN4 : "αὶ 5 ἢ 

(Can ;ı „ihren (m. pl.) jeweiligen Taten gemäß*, A hat εἶν. : 
(195 “1η(ὅ συ. : „sein Gericht ihren Taten gemäß“ oder „richtet ihren 
Taten gemäß“, Viell. ist auch in A die Präposition zu verdoppeln 
wie in S INPIN“ ». Statt pch ist viell. 4: “ἢ : zu lesen; 


kurzes εἶχ für m kommt in den Hdschrr, oft vor. Wie nach Aus- ᾿ Ὁ 


lassung von 707 in S das Zahlwort AA, : mit dem Context zu 


verbinden ist, läßt sich nicht sagen. Vielleicht „ihr Aussehen und 


Wesen, beides ist wunderlich ....“? Oder „ihre beiden Seiten a 


Äußere und das Innere)“ ? Guerrier übersetzt nA» : ΠΥ : — = 


nähere Bestimmung zu γῇ͵ ( » doublement inouies. 


DE ee. a 


um a u ı 2 0 Di ΩΝ 


Kr ὖῷἅ 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 49* 


_ Cap. 2. Das Wort’, welches anser Herr Jesus? zu seinen 


Jüngern® gesprochen hat* in Galiläa, nachdem er von den 


Toten: auferstanden war, indem er sagte: „Höret®, Kinder des 


τ Lebtes, und vernehmet die Stimme eures Vaters. Und ich 
δ werde euch enthüllen, was in der Welt geschehen wird, damit 


diejenigen, welche an mich glauben, nachdem sie gehört‘, sich 
fürchten. Diejenigen aber, die an mich nicht glauben, die Sünder, 
die werden meine Zeichen nicht erkennen, sondern meine Ge- 
liebten allein. Jene werden in die Feuersbrunst der Strafe ver- 


10 trieben werden und dem Feuer preisgegeben, (welches) ihre Ge- 


danken züchtigen wird®. Denn es hat die Hölle ihren Rachen 


2 vgl. Matth, 28, 16f.; Marc. 16, 7; Joh. 21. 3 vgl. Lue. 16, 8; Joh. 
12, 36; Eph. 5,8; 1. Thess. 5,5. 8 Geliebte s. 0.8.85, Ko. XXI, δ. 


1) Hier fängt B an. Statt 37€. s hat S 9,47 ı —— —— 


ment“. Or. 795 — L. 2) ABC und Or. er N: 
„Jesus Christus“. S AM.h7 : ἈΞ ΔῊ : Do : —33. 
denen s „unser Herr und unser Gott und unser Erlöser Jes. Chr.“ 
8) ABC und Or. 795 Al — 12; A om. ACAA,U- s; also „den 
Zwölfen“. Wenn die Erscheinung unmittelbar nach der Auferstehung 
in Galiläa stattgefunden haben soll, so sind es nur elf Jünger ge- 
wesen, wie in der Epistola apostoloram, doch könnte der Verf. wie 
Paulus 1. Kor. 15, 5 die δώδεκα als Collegium im technischen Sinne 
gemeint haben. 4) 0r. 795 {τ σνυ.. 5) S Am ı. 
6) S und Or. 795 ἢ 9 0. ı „höret mich“. 7) Anstatt @A®y ı 
ME 3 BECU 1 hat ©... PATH 2 Οὔ. PLCU 2... „die 
jenigen, welche glauben, werden sich sehr fürchten“ . Die Vermutung, 
daß die Abschreiber der übrigen Handschriften für ursprüngliches 
ONE » „sehr“ das ähnlich lautende NP ı „in mich“ gesetzt haben, 
hat einige Wahrscheinlichkeit für sich, da sich fürchten werden 
eigentlich nicht diejenigen, welche an Christum glauben, sondern die, 
welche an das glauben, was er hier verkündigen will vom Ende der 
Welt, von Strafe, Jüngstem Gericht usw. Außerdem haben ABC und 
0r. 795 B&E.LU- : im Indicativ „sie werden sich fürchten“ anstatt 
des Conjunctivs β, 4:67} 5 » vonL. Die Lesart könnte vielleicht eine 
Stütze in dem parallelen, darauffolgenden Indie. (auch in L) A, FA 
994, » finden: „sie werden nicht erkennen“, wo ein Conjunctiv wenig 
wahrscheinlich wäre. — S LEHE VRR CAT 60: „damit 
sich z.. die an-mich glauben“, Der Absatz lautet etwas 
anders in den übrigen Mss. A hat a ı KA: A LFhPr 0.1 
AI°L τη ἈΡ : AA: RAR: 4 2.ὙὉ τ ἈΛΟΎΞΕ : ΔΥΓῚΣ εὐ Re 
DRFDUN : DRAT : BEHAR : hA,GU’ao- :. Wenn wir hier 
für P.%. 1 ein "ENRS- 3 reconstruieren, so lautet dieser Satz: 
nigen aber, die meinen Zeichen keinen Glauben schenken, die- 

— * welche meine Geliebten verfolgen, — sie werden der Feuer- 

T. u. U, '14: Schmidt-Wajnberg. 4* 


σι 


50* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


aufgesperrt und will ihren Bauch! füllen. Ihre Wurzel ist aus- 
gerissen worden und ihre Frucht, das Verderben der Menschen- 
kinder; ihre Untreue (führt sie) ins Verderben?®. Es wird 
ihre Sünde in dieser Zeit im Verborgenen bleiben, am jüngsten 
Tage (später) aber enthüllt werden, denn es ist ihre? Stimme laut 
geworden, und sie wird sie überführen. Durch sie wird die Welt 


strafe preisgegeben, und es wird das Feuer ihre Gedanken (Absichten) 
überführen (d. h. die Sündhaftigkeit ihres Trachtens an den Tag 
bringen)“. Ungefähr dasselbe haben auch BC, nur enthält C zwei- 
mal ἃ ΟἾ 90 7. : „sie werden glauben“ (das zweite Mal für A Eh 
9°4.: „sie werden nicht erkennen“ der anderen Hdschrr.). Ἐπ ἰδὲ klar, 
daß inLA, PAY”. 1 „sie werden nicht erkennen“ entweder Dittographie 
des vorhergehenden A, PA 95 Ὑ- 1 oder aber aus dem so ähnlich lautenden 
A.eh9°7- : corrumpiert ist. Ebenso zutreffend sind die Varr. AB und 
Or. 795 AA: 4: 4:2.70 ı und zum Teil auch das A : 78": 
von ABC, — S hat @AAN : Ad: A, FAT : TAPL : H,AP ı 
ph: ha: FRI: RAP: συν ας. ETOUN : 
@AhAT : (= AC) PHAT ı hA,TVoo- ı „diejenigen aber, welche 
an meine Zeichen nicht glauben, die Sünder, sondern meine Ge- 
liebten verfolgt werden (statt *®AP-4. » welche ..... verfolgen?), 
— die werden dem .... preisgegeben, und das Feuer wird ihre Ge- 
danken züchtigen“. Or. 795 hat A,PA9°% ı „glauben“ statt „er- 
kennen“, AY°Z 1} ἈΦ ı — „meine Zeichen“, B&P@DUN- ı — 8), 
Οὐδ : (= 5) „und das Feuer“, endlich BHA® ı „wird züch- 
tigen“ (= 8). Durch alle diese Varr. wird unsere oben angeführte 
Reconstruction außer Zweifel gestellt. A 

1) S m9G ı „ihr Kind“? (Schreibfehler. 2) Es liegt auf 
der Hand, daß das einzig Richtige hier die Lesart Ο ist, in welcher 
IAL® : fehlt. Es bleibt somit der Satz: Ada ı ACP : DE 
77, τ συ συ... ARBP ı HAN: havınp@m- : „denn ihre (der 
Hölle) Wurzel und ihre Frucht sind das Verderben der Menschen- 
kinder“. Die Redaction L ergibt keinen vernünftigen Sinn: die 
Hölle ist oben triumphierend dargestellt, und es kann von ihrer 
Niederlage, von dem Schwinden ihrer Wurzeln, was auch ohnehin 
in keinem Zusammenhang mit dem Folgenden steht, keine Rede sein, 
A hat Fnöw : ACP -, welches wir, wenn wir überhaupt, wie eben 


gesagt, nicht lieber AP » mit dem folgenden Text in Zusammen 
hang bringen, übersetzen könnten: „und ihre Wurzel ist getilgt, 


ausgemerzt“ (letztere Bedeutung von FNÖ@ 1: ist einmal bei Dill- 
mann belegt). Guerrier folgt in seiner Übersetzung hier L 


3) Nach ABC. L ist hier anscheinend corrumpiert. Nhß&PFom ı 
könnte auch vielleicht als Verb aufgefaßt und mit „sie (d. ἢ, die Hölle) 
hat sie (die Sünder) verleugnet“; doch scheint es hier eher Sub- 
stantiv „Untreue, Verleugnung“ zu sein. 4) Nach S Ppomm-,. — 


« 


In den anderen Mss, PA ı „seine Stimme“, 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 51* 


(ihnen?) lästig werden, durch die Wenigkeit der Tage!, und 
einen Helfer werde ich (ihnen?) nicht schicken 2, 

Cap. 3. Das Reich des Morgenlandes wird erobert werden 
und in Trauer sich hüllen, und der Westen wird sich bereit 
5 halten. Der Süden wird erbeben und sich emporrichten, der 

Norden hat vernommen und ist zerronnen®. Das Übrige* wird 


1) Ahoo : MR : YA9® : h00 ı @PdA τ AA ı etc. — 
„Denn die Welt ist lästig (schwer?), es wird sein Mangel an Tagen (?)*, 
Die ganze Stelle ist ebenso dunkel wie der gleich darauffolgende 
Satz, in welchen vielleicht einiges aus dieser Stelle hingehört. Vgl. 
folg. Bem. 2) So L, dunkel, corrumpiert und wahrscheinlich 
falsch. AC haben NAP » 2A » für AAP »: ZA, ı und streichen 
s». Was diese letzteren Unterschiede betrifft, so liegt die 
Vermutung nahe, daß entweder NAP » ZAA, ı Ruf ı ursprüng- 
lich stand, und ein unkundiger Abschreiber den Auslaut A, von 


dr s fülschlich zum Anlaut von &g-f} » übertrug, was ein ZA s 


s ergab, oder man durch umgekehrte Übertragung aus 

A — : οἷη ZAK, : &U-N 1 machte. Jedenfalls ist die 
Lesart 6. in AC für AAP » zu beachten. Wir könnten also 
vermuten: „denn es ist die Welt ihnen lästig geworden durch(?) 
die Wenigkeit der Tage, und verschwunden (so bedeutet manchmal 
-,NA®ı) ist der Helfer“. Daß hier ΖΞ ı „die Rose“ vorläge, wie 
-  @nerrier meint, scheint unwahrscheinlich, obwohl NAP » auch 
„verwelken“ bedeuten kann, — Statt ZAu : hat 5 Zeh. — 

3) Anders als Guerrier, welcher übersetzt „le Midi sera &pouvants 

et le Nord se tiendra aux &coutes et sera dösagrege*. San ı NY 

in der Bedeutung von „se tiendra aux &coutes“ ist wenig wahrschein- 
lich, da 49°5 ı diese Bedeutung nicht besitzt, und überhaupt heißt 
δ’ ὃν nicht „das Hören“ sondern „Gerücht“ oder „Zeugnis“. Außer- 
dem ist noch der Parallelismus dieses poetisch angelegten Verses zu 
beachten, in welchem jedem Subject ein zweigliedriges Prädikat 
folgt; es ist also von vornherein wahrscheinlich, daß zu 402% : 
zwei Verba gehören. Es muß also wahrscheinlich ursprünglich ein 
*A9°% ı anstatt ἡ 45 ı gestanden haben. Jedoch zu gunsten der 
Auffassung Guerriers spricht das Pausazeichen nach 82.3775 ı „wird 
erbeben“ in S. Ferner übersetzt Guerrier “σοὶ : mit „sera 
desagröge“. Mir scheint „zerfließen, zerrinnen (vor Schreck)“ hier 
wahrscheinlicher; vgl. die semit. Verbildlichung des Schreckensaus- 
drucks wie hebr. Ex. 15, 15 Pr = s> wo} „es sind zerronnen 
alle Einwohner von Chanaan“ oder dieselbe äthiopische Wurzel in 
Jes. 18, 7 00% Ὁ 25 2259 52) „und jedes Menschenherz zerrinnt“, 

4) Anders Guerrier „les autres (pays) qui resteront, seront (dötruits)“, 

Im Äthiopischen kann &fp@-” 1 wohl nicht durch ein Partizip er- 
gänzt werden wie im Französischen; falls hier Θ,ἢ 6)» » richtig ist, 

so kann es nichts anderes heißen, als „es wird geschehen“, und 


4 ** 


52* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


geschehen, wenn das Gericht herannaht, wenn! die Schrift er- 
füllt wird? und die Zeit da ἰδὲ ὃ“. 
Cap. 4. Und es sprach zu uns unser Herr!: „Es werden 
Zeichen und Wunder geschehen am Himmel und auf der Erde, 
5 (noch) ehe das Ende kommt“. Und wir sagten unserem Herrn: 
„Sage uns und zeige uns!“ Und er erwiderte uns: „Euch werde 
ich sagen und euch lehren, nicht was euch geschehen wird’, 
sondern denjenigen, welche ihr gelehret habt, die an mich glau- 
ben®,. Alsdann werden sowohl meine Gläubigen wie auch die- 
10 jenigen, welche nicht glauben’, das Blasen eines Horns vom 
Himmel vernehmen (sehen), welches die Erde erreichen wird, 
und (sie werden schauen) den Fall von Sternen, wie Feuer, und 
grosse Gestirne, die am Tage sichtbar werden, einen Stern, vom 


Osten her erscheinend 15, dem Feuer ähnlich. Die Sonne und 
15 der Mond einander bekämpfend immerwährend, der Schrecken | 


38. — der Zitate vgl. Epist. apostol. 8. 102, 2. 18 f. 


dann brauchen wir auch zu Θ ἢ 7 ζά, » kein „pays“ zu ergänzen. 
Das ΘΗ 7 ζά. » deutet auf die anderen Geschehn hnisse, welche von 
den fragenden Aposteln erwartet werden (vgl. das gleich darauf Ih. 
gende). — 5 ΘΗΝ: FCd. τ. — 

1) In AC fehlen die Worte Aa® ı PENT νὴ - hm ᾿; 
so daß der Text lautet: „das Übrige wird (auch) geschehen; es ist 
erfüllt die Schrift und die Zeit ist nahe“. Das klingt ganz wahr- 
scheinlic., 2) S-p4,Aa®:.. — 8)8Β hat aha ı ἈδιθΦ : 
„und wenn die Zeit* usw. .... A ΘΝ: ,hAP ı mPphA ı 

„und wenn die Zeit zu Ende ist“. S DA ı hApk : RPHA : 
Ὁ Ἢ Ἀ 577 ı „und die Zeit da ist, und dies ist wahr“. ΘΉ ΝΟ : 
könnte auch Schreibfehler für pl. DQANJY : „Zeiten“ sein. Vgl. 


die Verbindung aPAA : ὦ ἬΝ : Act. Fi 7; Clem.f.48u.0. 
Also — „die Tage und Zeiten“. Darauf weist auch viell. der Plural 


hABKk: hin. 4) 8 ahöN : : BAT τ ΠΗ Ὦ : „und wiederum 


sprach zu uns der Herr“. 5) Von hier ab geht eine Strecke weit der 
Text gleichlautend mit der Epistola apostol. 8. 102, 2.13. Dawir 
dort sämtliche Vergleiche beider Parallelstellen machen, so werden wir 
hier in den Varianten und Bemerkungen nur diejenigen Einzelheiten 
berücksichtigen, die dort nicht besprochen sind. 6) 5 17 BEE 
£&hn@-7 : AAPT 3 „.... und auf der Erde, denn es wird das 
Ende sein“ 7)S N£ha@-7: MY : „und nicht euch wird 


dies geschehen, Suse 8) Über diese ganze Stelle vgl. — 4 


5 u.6 zu Epist. apostol. 8, 103. 9) 5 AFAPTNer- ı „welche 


euch nicht glauben (werden)‘. 10) 8 PAFLA, 2 „.... ein Stern 


wird vom Osten her erscheinen“. 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galilä.. 53* 


des Donnergetöses, Blitz und fortwährendes Geknall und Er- 
 sehütterung (Erdbeben). Städte werden einstürzen, und unter 
ihren Trümmern werden die Menschen untergehen. Und es 
werden fortwährend Erdbeben stattfinden infolge Mangel an 
δ Wasser (9). Die Wasserabgründe werden versiegen und die 
Flüsse werden trocken werden. Das Meer wird sich entfernen. 
Und für viele wird eine große Pest und der Tod heranrücken, 
sodaß es an Begräbnis ermangeln wird den Verstorbenen. Es 
wird ein Streit entstehen zwischen den Kindern und ihren 
10 Verwandten in einem Bette. Es wird der Verwandte seinen 
Verwandten mißachten, und der Mensch wird sich seinem Näch- 
sten nicht zuwenden. Die Verstoßenen aber werden aufstehen 
und werden diejenigen sehen, welche sie verstoßen haben, indem 
sie ihnen kein Begräbnis erteilt haben, da die Pest war!, (voller) 
15 Schmerz und Neid, Man wird dem einen wegnehmen und dem 
andern geben, mit Hass (?). Beklaget diejenigen, welche nicht 
gehorcht haben meinem Gebote?. Alsdann wird mein himmlischer 
Vater über die Boshaftigkeit der Menschen zürnen, denn vom Ver- 
derhnis ihrer Schmutzigkeit sind zahlreich ihre Sünden, welche 
3 sie getrachtet haben ®, damit erfüllt wird die Prophezeihung, welche 
spricht: »Ich habe dich gesehen, wie du mit Dieben herumliefest, 
᾿ _ und mit Huren war dein Anteil; du verweiltest, indem du den 
Sohn deiner Mutter schaltest und deine Zunge Böses sprach. 
Dem Sohne deiner Mutter stelltest du große Hindernisse. Was 
35 dachtest du? Ich werde dir gleich sein? Ich werde Zeuge 
deines Tuns und deines ganzen (Wesens)?«. Dies nun, was ich 
euch sage, teilet auch dem Israel und den Heiden mit, damit 
sie es hören und glauben, damit sie errettet werden und dem 
herannahenden Zorn und Fenersbrunst fliehen. 


21 Ps. 49, 18 ff. 29 vgl. Matth. 3, 7; Luc. 3, 7; 1. Thess. 1, 10. 


1) Zu dieser ganzen corrumpierten Stelle vgl. Epist. apost. 
5. 107 mit den Fußnoten daselbst, 2) AB A, PN9°O- » „welehe 
; nicht gehorchen“ oder „gehorchen werden“. ABC haben das wahr- 
τ΄ seheinlich richtigere „mein Gebot“ für 1, FAHH s „sein Gebot“, 
„das Gebot des“. Guerrier übersetzt „man wird beklagen“; das 
würde die Reconstruction des in keiner einzigen Copie belegten 
PAUM-Pav- ; verlangen. 3) Vgl. Fußnote zu unserer Über- 
setzung, Epist. apost. 8. 109, Bemerk. 1. 4) Vgl. Ps. 49, 20 AA 


ἢ : 04.4 τ AA :. 


54* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


(Nun) höret auch dies',o Kinder des Lichtes, von dem, was ge- 
schehen wird. Wenn der Herr herannaht?, werden die Engel sich 
von den Früchten’, den Flüssen, den Wasserabgründen und den 
Bäumen 'entfernen, und es wird über die Früchte ein Brand 

5 kommen. Was aber vom Brand zurückbleibt *, das wird die (große) 
und (kleine) Heuschrecke verzehren, und (was die kleinere Heu- 
schrecke zurückläßt)® wird die (mittlere) Heuschrecke verzehren. 
Alsdann wiederum, wenn der — — nämlich Satan, 
herannaht und die vier Ecken der Welt . 

10 Cap. 5. Alsdann® wird Syrien gefangen. werden! und ihre 


6 Joel 1,4. 


1) 5 A9°0-Y4, » „Höret nun, ὁ Kinder ....* 2) Guerrier 


zieht YP,aD&°h ı zum Folgenden hinüber und übersetzt: „dös que 
le Seigneur viendra*“. Vielleicht ist dies so aufzufassen und für 
Ay°u/, » besser ANZ : „auch darauf“ zu lesen, um so mehr, 
als AC βισο Ἢ ı anstatt ἢ Fhı, und S APML ı haben. 
3) Com. APa-Nt : EFT ı „von den Früchten“, 4) C hat 


ὦ] LE. POP, : „und den Überrest der Dürre“; da ABO er 


haben für eNnAr: ı, so scheint wirklich im Gegensatz zu-L @f 
dd. ı ΦόΡ, - PNAd » etc. .... das Richtige zu sein. S ΘΗ 
Cd. ı AIPPÖf. ı „und was von seinem (diesem, dem) Brand zurück- 
geblieben usw. .... * 5) Ergänzt nach ABC. A add, ΠΗ ἈΝ 
dd. Ἀφυ ὸ s „und was die kleine Heuschrecke zurückgelassen 
hat“; B add. oy F£d. τ APATWO τ „und was nach der kleinen 


Heuschrecke zurückgeblieben ist“; C add. FAA. AYNM ı „und — 


den Uberrest der groben — δ ἀντίοι 6) Guerrier „Pervers“. 


7) Guerrier übersetzt „Satan parlera et chantera“. Ich würde lieber 


Ef : als „das ist, nämlich“ auffassen. Was Pd, : betrifft, welches 


Guerrier „et chantera“ übersetzt, so ergibt diese Auffassung hier 2 


keinen befriedigenden Sinn. Es wird wohl ursprünglich irgendein 
anderes Verbum gestanden haben. A und C haben hier 2** 
MM, ein corrumpiertes und unbekanntes Wort. Die Var. C 
ohne @® „und“ macht die Auffassung des &fl, » in der 


von „nämlich“ wahrscheinlicher. 8) Von A427 : In@-7 ı "ὦ - 


(10. „Alsdann wird Syrien“ sind wir imstande, ein Stück des 


Textes sowohl mit der syrischen Version von Rahm. (vgl. die Ein- 
leitung) wie auch mit der noch unedierten äthiop. Übersetzung dieses 
syrischen Textes in dem Codex 5, fol. 5rI, Z.5ff. zu vergleichen. 
Die Varianten dieser letzteren Stelle bezeichnen wir als Stuttg, die 
der ersteren — Rahm. Mit S werden wie früher die Varr, des ersten 
Guerrier’schen Textes im Stuttgarter Ms. bezeichnet. 9) Stuttg. 


ἜΛΘ». ı (dass.). 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 55* 


Kinder beweinen !. Cilieien ? wird ihren Hals langstreeken, bis der- 


RR  jenige erscheint, welcher sie richten wird. Stehe auf, du, die du 


auf dem Thron sitzest und in Herrlichkeit ruhest*, Tochter Baby- 


: Εν lons, trinke, was man dir eingeschenkt hat. Alsdann®, o Kappa- 


2 dokien, Phrygien’ und Lykaonien®, beuget euren Rücken bis zu 
eurer Erde, denn es werden euch viele Völkermengen stampfen 19, 


1) S und Stuttg. DINPE : (das). 2) Stuttg. BARS: : 
Andere Varr. bei Guerrier. 3) BC haben "ΤΩΝ, ı „sie wird 
..-... Daß diese Var. fehlerhaft ist, folgt aus dem Sinne des 
Satzes und wird durch die syr. Stelle bestätigt (Rahm., Test., 8. 12, 
2. εν vu): mi „ar om τόνδυπ or „donec apparebit 

qui ipsam — est“, Statt Adh AN: hat S δῇ : — 
2 Statt ΤΎΡΆΑΆ,ε..... +PICL ı = „Stehe auf, ..... ruhest“ 

— N : ἈσθΎΠ 2 : ἢ ἢ Ζ- : -- „sie wird aufstehen vom 

—— ihrer Herrlichkeit, die Tochter Babylons, um ...... zu trinken usw.“ 
Ähnlich Rahm. aduhr.....musarı Kduwiaa, = ξοδοὸι 
„surget de solio sui splendoris ut....bibat“. So auch ch de Lagarde 
(Relig. jur. eccl. ant, syr. 7, 21; vgl. Relig. jur, ecel, ant. graece 88, 8 
——— ἵνα πίῃ. 5) 8 ΔΎΩ. . — Stuttg. ἘΠΈΡΙ ἈΦη: 
„um zu trinken den Becher, der mir gemischt ist“. A,f: 
—* statt ΔΊΣ. „ihr“, wie das syr. ns Lo Vvor „qui 


5 * — beweist, 6) Fehlt in Stuttg. 7) A hat 4718 ει 
== Fargejä, B : — Fargijä. In dem syr. Text fehlt dieser 


Name, dafür aber finden wir bei Rahm. in der Fußnote 1 (S. 15): 
in vers. ee pro „Lyeia“ habetur errore „Africa“. Es ist 
‚also die Möglichkeit nicht ausgeschlossen, daß das arab.-kopt. „Africa“ 
anstatt eines ursprünglichen „Phrygia“ steht; weniger wahrscheinlich 
ist das Umgekehrte, da die anderen aufgezählten Orte Kleinasien 

ren. Doch hat Stuttg. @E&L7P » „und Fregjä. 8) ABC 

etwas anders lautende Varr. für Lykaonien, keine aber von 
ihnen erinnert an das im syrischen Text neben Lykaonien erwähnte 
una) — Lycia. Stuttg. A,PFP = Likänjü. 9) Statt „beuget 
euren Rücken bis zu eurer Erde“ hat Stuttg. »PhP* ı HNG : 
„wird ihren Rücken beugen“. Rahm. «, Ssaaı — incurvabunt 
dorsum. Wie in den vorhergehenden Sätzen haben unsere Hdschrr. 
den Imper. statt des Impf. in Stuttg. und Rahm. Diese Stelle wird 
bei Dillm., Lex., col. 1146, eitiert. Rahm, übersetzt hier das syr. 
Verbum, welches wie in der äthiop. Übersetzung im Singular steht, 
durch den Plural. Wahrscheinlich wird es auch auf alle aufgezählten 
Länder bezogen. 10) Anstatt des Äthiop. „denn viele Völker werden 
euch niedertreten“, hat das Syr. bei Rahm. (14, 2): «5.85 AAO 


„oml.ı Khasıriı los — quo- 


56* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Alsdann! werden die Lager geöffnet werden ?, und es werden Heere ὃ 
hinauskommen, die die ganze* Erde bedecken. Alsdann wird 
man die Tempel niederreissen *, Armenia ’, Pontos ® und Bithynia ®, 
eure Jünglinge !® werden durch das Schwert !! fallen, eure Söhne 


niam multae turmae destruentar in corruptione iniquitatum earundem 


— Stuttg. ἢ σι : N: AN BA 3 N>m.hram = = 
„denn viele Völker werden durch ihre Sünde zugrunde gehen“, 


Statt, ThP4.17% : hat S richtig &h4.17 ı. — 
Fehlt in Stuttg.; vgl. aber Rahm. ursma — tune ..... 


2) ee Δ ch 97: OC » „das Lager des Feindes wird 
sich öffnen“. Rahm. &sI>1.>3 Be — castra barbarorum. 


3) Rahm. und Lagarde haben hier IAtaaT> „currus“. Soll viel- 


leicht das äthiop. w»4.P7 ı (Dillm. col. 242) hier gemeint sein(??). 
Stuttg. ὦ βισο ἦν: : (statt DRM“ 1?) chi. 4) A om. "ἢ" ν᾽ 
„ganze“ in Übereinstimmung mit dem syrischen οὐδ _ mas 


— „ita ut operiantur terram“, und zum Teil auch mit Stuttg. AA 
PwPPP ı APL-C : „welche die Erde“, 5) 8 AA: Pwp 
PP ı 90 θ᾽ ı „welche die Erde aufgraben werden“, ve. @hAkı 
wmn>P ı AJPP-C : Jes. 45, 18; anders bei Ralım. und in den anderen 
äthiop. Mss, 6) „Alsdann wird man die Tempel niederreißen* 
fehlt bei Rahm. und in Stutt — S B&FaAk ı „werden ..... 
niedergerissen werden“. 7) AC haben ha 7: Aramjjäan, 
B ἈΦ AS : Aramäwijän, 1, Aramäwjän, dies heißt eigent- 
lich „Aramäer“ oder „Heiden“, und wenn wir pi der äthiop. Inter- 
punction inL folgen, so müssen wir übersetzen: „alsdann wird man 
die Tempel der Heiden niederreißen. Pontos und Bithynien, .......* 
Im Syr. ist überhaupt vom Niederreißen der Tempel nicht die Rede. 
Die Landesnamen sind "hier folgende: Armenien (welchem vielleicht 
das äthiop. Aramäwjän entspricht), Pontos und Bithynien; aber in 
einer Hdschr. stehen sie mit der Präposition >, in einer anderen 
mit ». Es läßt also das Syr. Platz für zwei Auffassungen, die aber 


auch für das Äthiop. zu berücksichtigen sind; entweder ist zu über-- 
setzen im Syrischen: „ita ut totius Armeniae, Ponti et ——— b. 
terram operiantur“ oder, wie auch Rahm. auffaßt „per totam Arme- 
niam ete. adolescentes cadent etc.“ Bei  Lagarde finden wir die erste ἊΝ 
Auffassung (83, 7): ὥστε καλύψαι τὴν γῆν ᾿Δρμενίας πᾶσαν καὶ Πόν- Ε 
του καὶ Βιϑυνίας (im Gegensatz zu Rahm.). Stuttg. * kam 9— 
u... niederreißen. Armenien, Pontos usw,.... e : 
tiger Pöntös für Päntös der übrigen Hdschrr. 9) — 

10) Wie in den früheren analogen Stellen hat auch hier — | 
einfach ΠΣ ῸΣ ΚΝ „adolescentes“. Die andere 501. Var. nal 
νῆσοι (bei Lagarde) wird durch das Äthiop, wenigstens nicht a 
Stuttg. @Z.H-Fa®- ı „ihre Jünglinge“. 11) InLB m-AF : ἌΡ. 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 57: 


und Töchter in die Gefangenschaft gehen!. Des Pontos Mauern 
werden weinen, die Flüsse Lykaoniens werden mit Blut gemischt 3, 


gepll/hT- ı „durch die Hand des Schwertes“. In AC fehlt dieses 
AP. ı „die Hand“ wie im Syr. _alas &>i.»> „cadent gladio* 
und teilweise in Stuttg. ῃ σν-; Jen PNhT : entweder „durch sie (pl.), 
die Schwerter“ oder, da opNhT : Sing. ist und fla®- ; daher 
nicht correct, wahrscheinlich dittographischer Schreibfehler für Je» 
s „durch das Schwert“ wie im Syrischen (la®- ; — Wieder- 
holung des a®“ » in Anlaut des emp“ »). 

1) InC fehlt @-A-£-jno®- » „eure Söhne“. Obwohl wir bei Rahm. 
und Lagarde diese Worte wiederfinden (Rahm. 14, 5: &düso «sis 
„ damı Kduar „filii et fillae erunt captivi*), dennoch ergibt die 
Lesart C einen besseren Zusammenhang mit dem vorhergehenden: 
„eure Jünglinge werden durch das Schwert fallen, und eure Töch- 
ter in Gefangenschaft gehen“. C hat somit hier vielleicht doch Ur- 
sprüngliches bewahrt. — Stuttg. A-P.oo- : DAPAFNVen- ı 

: „ihre Söhne und ihre Töchter werden gefangen wer- 
den“, 2) Der Satz „des Pontos Mauern werden weinen“ fehlt im 
Syrischen. A hat my&ymd : etc. „des Päntös εἴς“; B @NNYFım, 
ἢ τ „und (des) Bazentijös ete.“: C @ONNFTPFA : ΠΕ ı AFA 
234.4 ı „und des Bäntejös’ Flüsse werden weinen“. Mit Ausnahme 
also von © verbinden alle Hdschrr,. „die Flüsse* mit Lykaonien und 
lassen die Mauern des Pontos (oder eines ähnlich benannten Landes) 
weinen. Aber auch C kann Recht haben, denn im Syrischen ist von 
den Flüssen Lykaoniens keine Rede. Das Syrische hat (14, 6) 
„AN md -(ξΞ9 5.9 «λαοΐπ, welches Rahm. aus dem vorber- 
gehenden ergänzt: „filii et filiae Lycaoniae sanguine miscentur“. 
Lagarde hat (83, 9) ὅτι οἵ “υκχαώνιοε αἵματι χερασϑήσονται. Dem 
Sinne nach scheint sowohl das Syrische bei Rahm. wie das Griechische 
bei Lagarde und die C-Variante im Äthiop. unrichtig zu sein. Am 
klarsten is 


: 


die Flüsse von Lykaonien werden mit Blut gemischt“. Demnach 
wäre im Syr., wenn nicht der ganze Satz von den weinenden Mauern 
des Pontos, so doch wenigstens ein *«&hatens vor —— zu 
ergänzen. In Stuttg. fehlt der Satz von den weinenden Mauern des 
Pontos. Weiter hat Stutte. »Η τῷ, ΦΎΡΙ 6.95. ρ,. λιν 
„Die Flüsse Lukaniens (oder Lykaoniens? — Likänjä) werden mit 
Blut gemischt werden“. S hat für Pontos ein @ANFTP-A » „und 
Bazentijösä*. — Die Var. von Stuttg. bestätigt die von uns verlangte 
Ergänzung in Rahm. und beweist, daß Rahm.'s Ergänzung „filii et 
filiae Lycaoniae* viell. unrichtig ist. Mit Rücksicht auf die Var. 
in S (mit fr statt dem m, « u. dgl. der anderen Hdschrr.) wäre 
vielleicht die Vermutung nicht allzu gewagt, daß es sich hier gar 
nicht um Pontos handelt, sondern @NNFLP-N : und die anderen 


οι 


REN ” 


58* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Stolzes! Pisidien?, welches auf seinen Reichtum vertraut?, du 
wirst zur Erde getreten, deiner Taten wegen’, deshalb 
werde ich dir Herrscher zum Verderben entstehen lassen; ie 
werden dein Blut vergießen (vermischen), und es wird auch 
deine Seele mit denjenigen sein, die in die Hölle? hinabsteigen. 
Pamphylien® und das ganze Küstenland, umgürte deine Lenden 
mit Erz und Eisen, verberge die Fremden und mache die 
Schiffe ® zur Flucht ! bereit; denjenigen aber !!, die in dir zurück- 
bleiben, wird das Meer zur Grabstätte werden. In Phönizien wird 


Ρ 
Ungebilde dieser Var. einfach aus oQNYE ı „und dadurch, ds- 
halb“ corrumpiert sind; also: „eure Söhne .... werden gefangen 
werden, und deshalb werden ihre Mauern (Bäche) weinen, und die 4 
Flüsse Lykaoniens ete..... “ — Für Lykaonien oder Lukanien hat — 
S APYP : „Lükenjät. 3 


ein dYF ı, walhrsch. Dittographie (des darauffolgenden A’Ff ı 
2) Für Pisendjä des L haben AC und Stuttg. correeter Pisedjä, B Pise- 
dijä. 8) Stuttg. Art: FohAT : NNdA ». — Statt des Ahan 
bei Rahm. wird doch wohl in der Hdschr. ursprünglich than 


„ihr Reichtum“ gestanden haben. 4) Wiederum hat hier, wie schon 
einige Mal oben, das Syrische die 3. Pers, für die 2. Pers. des Ä 
also Asdwh die > — solo aequabitur (Rahm.), und Lagarde 


καταβληϑήσεται ἐπὶ τῇ γῇ. Auch sehen wir hier aus dem Ay ı 
TTBnA : ANdA : „welche auf ihren Reichtum vertraut“, daß der _ 
ganze Satz ursprünglich in der 3. Pers. f. construiert war, in 3 
einstimmung mit dem Syrischen. So auch S the: 3. Pers. 
sing. fem. Die Bedeutung von ἢ ΠΡ, ı „du wirst getreten —— 4 
ist etwas verschieden vom Syrischen (solo aequabitur), — 8 6 
53. ῃ.95 61. 77Ά ι: „humi prosternetur“. 5) B hat Nr ἐ ἢ 
Ah? ı: PIACH, ı „der Boshaftigkeit deines Handelns wegen“, Im 
Syr. und in Stuttg. fehlt dieser ganze Satzteil. S PONZ ı ihrer ; 
Taten“ (fem. sing.). 6) Von hier bis zu der Phönizien betreffenden 
Stelle fehlt der Text im Syrischen und in Stuttg., und es scheint 
die Möglichkeit keineswegs ausgeschlossen zu sein, daß das Äthio- 
pische eine Stelle hier erhalten hat, die auch im Syr. und in — 
vorhanden gewesen sein könnte. 7)S 8%: statt ἐ 
8) LA Pifelja. BC Panfeljä. 5 27EAPı. 9) 8 —25 ΓΙ 
„deine Schiffe“. 10) S hat hier APPP. », entweder 

für ATPP : oder, was wenig wahrscheinlich ist, Reminiscenz 
eines ursprünglichen @IPP. » oder DP-BP, : „und —— (fem. 
Bing)... 5,8 11) 5 hä: „diejenigen aber ....... wird ihnen 
das Meer usw. ..... ΐ 


1) Statt YUCT 1. „stolzes“, welches bei Rahm. fehlt, hat ER 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 59* 


das Schwert kommen !, denn sie? ist die Brut des Verderbens. 
Judaea, lege Trauer(-gewänder) an?, hebe* deine Mauern auf, 
öffne deine Tore, erweitere dein Gehege, schmücke dich mit dem 
ο΄ Sehmuck deiner Kindheit, putze dich für deine Geliebten ®, 

5 mache deinen Thron für deinen König bereit und halte dich 
bereit zum Tage des’ Verderbens®. Es kommt dein Jammer. 

Cap. 6. Darauf? sprach er vom Verführer folgendes: Er, 


— — -.-.. 


5 vgl. 1. Joh. 2, 18.22; 4, 3; 2. Joh. 7. 


1) Stutte. 4. ὙΦΎ : mpnhT : ΡΠ. Ἀ : „Phönizien (buch- 
stäblich: Fingin), das Schwert wird sie erreichen“. Die Lesart der 


and. äthiop. Mss. entspricht genauer dem \osh bei Rahm. 


2) Stuttg. A00-Ykı „sie“ (pl. m.) in Übereinst. mit Rahm. „ Od 
„sunt“, 3) Stuttg. P RL: RA: TANA : AU : (oder viell. 
AU :) „die Erde Jehuda wird Trauer anlegen (oder viell, die Erde J., 
Trauer wird sie umhüllen ?). 4) Von hier bis zu den Worten „für 
deinen König bereit“ fehlt der Absatz in Stuttg. und bei Rahm. 
ἊΣ 5 @ACcHl, : ἈὐΦ ἢ, : ahcH® : ASPEN. ı „erweitere 
dein Gehege, öffne deine Tore“. _6) ὃ FECh, : „für deinen 
Geliebten“. 7) Rahm. har, Kr = propter suam con- 
taminationem. Stuttge. AAFF - CmA: — Hier hat S vor dem 
Absatz noch einmal die Überschrift (mit roter Tinte): 
0.47: HIN. Bw dr Ar . δ Ἐῶ τ — „Das 
Testament unseres Herrn und unseres Erlösers Jesu Christi“, 
8) ΒΒ hoch, ı, „deines Verderbens“ im Gegensatz zum Syr. 
ἘΞ ΟῚ aa „ad diem perditionis“. Die Stelle ist im Syr. 


—S verkürzt. 9) Diese ganze corrumpierte Stelle 
wir im Syrischen (Rahm. 14, 9) in kurzer oder gekürzter 


Fassung: sah Ausım.zah Koianı «hass, „um 
«οὐ wdadu «διυήος Ar. A — tunc abominatio desola- 


tionis congregabitur. Oriens expugnabitur ab illo (i. a. ab Antichristo); 
bunturque ab eodem viae, Lagarde notiert noch die hinzu- 
gefügte Var. zu, hd „es wird bekannt werden“ (die „abominatio 


desolationis“). Die äthiop. Stelle ist corrumpiert, und unsere Über- 
setzung weicht von der Guerrierschen ab, obgleich wahrscheinlich 
beide schlecht und unvollständig sind. Guerrier übersetzt (ἢ Ῥὴ : 
„lAntechrist“. Das mag wohl dem Sinne nach passend sein. B und 
ὃ lauten anders, aber auch nicht viel deutlicher. Ο hat: ı 
5,8, 1837C :ı ΠᾺΎΤ' 3 (diese vier Worte fehlen in A) σὴ ἐν: » 
δον : Ἤ (Δ haoy) : ΣΈ: ἩΠὴ Τὼ τ ΠΩ Δ : (Δ ἡ ΔῈ) 
ἀν 7 0 1 (A he" :) Dune! SC a ἩὟ, 
ΉΤΟ 1) hear ı An: (A δῇ εὴ συ ΚΝ Ὲ (A PAAE ) 
ao τ (A om) "ἢ « (ἡ (ΣΆ, Ἦ- :) NG: ἈΔΘΦ. ὦ τῶ. 


οι 


60* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


der Christus, welcher uns seine Leiden angerechnet hat, 
und wie er noch andere Schmerzen zeigen wird. Denn zum 
Verderben ist seine Ankunft (bestimmt), und der Uhnreine 
ist herangekommen und ist da, und die Wege stehen ihm 
offen. Ein Feuerschwert! ist in seiner Hand, sein Zorn 
und Grimm (sind) Feuer?, Dies ist der Schild? des Gerichtes, 


—hı) ὦ, ζῶν ΡῈ τ AN: ὦ ΒΔ : (A — :) 
weh: αἰ. 0 (Δ --- ἡ Β παῖ: DAPAEN : "(1 1 ἈΎΤ' - 
σοὶ εἰν: Ὁ τος τας haoy . ah : ἩΠη Τὴ : 
NTALT : Nih7°7T:V- = συ. PCA, : 9%, : ΠΛ, ı : 
tr: han: Ans ı Pkt: acht: ἈΔΆΦΙ ΟΝ τ΄ 
DETLSD- ı Ach: ἸΦῈ : Die Varr. ABC enthalten manche 
richtigeren oder auch wertvollen Lesarten. Für 1, ΘΟ Ἦ ı „und 
er ist ausgegangen, er ist da“ haben ABC das sicherlich richtigerre 
ΟΡ τ (ὦ θη. 1), welches, mit AAZP » verbunden, heißen würde 
„er ist schon da“. Dann ist hervorzuheben A Adh ı 991 ΛΈ: 
(ohne Aa» 1). also: „und wie er noch andere Leiden zeigen wird 
bis zu seiner Ankunft“. Ferner hat C die wertvolle Var, DRTL ; 
6)". nel: : A’llih » „und es wird ihm der Osten geöffnet werden“, 
die wir in allen anderen Hdschrr. vermissen, im Syrischen aber J 
wiederfinden, und die somit sehr wahrscheinlich in den äthiop, Urtext Ἴ 
gehört. Hervorzuheben ist endlich Var. A ΩΝ, Ὦ- . m-NG ı kA 

ἈΦ. οἷο. „und ich sah das Verderben bereits herannahen“* für ((Σ 3 
MA: ao. ı etc. „und das unreine Verderben (od. „der Schmutz des E 


Verderbens“) ist schon nahe“. S hat folgende Varr.: AyPuen: 
8&T77C : „von hier an wird gesprochen“, ähnlich wie in B und Rahm. 
— ΒΒ add. βου  Ἃ ı „wird kommen“. — 5 Δ τΩ ΒΥ ı hm ı, 
ohne „noch“ und Adaw ı PEN : PAht : Alm ı non 
αι ἈΔΆΦ 0: RTLI@- 1 del: τ An: ὦ. ν΄ 

Art: ET : „denn seine Ankunft ist nahe, das unreine Verderben 
(od. „der Schmutz des Verderbens“) ist schon nahe, der Osten wird 
von ihm geöffnet, und er bahnt sich den Weg“, in teilweiser Übereinst. Ὁ 
mit ABC. Stuttg: Ay: SZ NT ıPTINK: A0h: Β΄ 
βἤ ζῶν 8 Nekı 5 DEEP ı 9,7. ζ: ὧν ı „alsdann wird 
sich Unheil und Verderben anhäufen, der Osten wird vor ihm geöffnet 
werden, und die Wege werden sich vor ihm öffnen“, ® 


1) Syr. (Rahm. u. Lagarde) wdusmlra Koi.» „gladius et Ἢ 
flamma“. Genauer zum Äth. paßt die Conjeetur von Lagarde (Reli- 
quiae, graece, 83, Fußnote zu Z. 14) KMY377507 Kar nach Genes.8,24 
μάχαιρα φλογίν. 2) Anders im Syr. ἴσο dass um 
eiası ardebitque furore et ira ignis. Stuttg mr ıDmdw —— 


57 : ἈΔΊ : „Zorn und Strafe, Feuer. 3) Ο @AR : „dies ist 
der Sohn des Gerichtes“ im Gegensatz zum Syr. dur du Kam ἐξ 


Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 61* 


zum Verderben geboren ', der Einrichter?, der Blutvergießer® 


_ Denn seine Kraft ist Irrtum *, seine Hand zur Verführung, seine® 
_ Rechte ist Leiden, seine Linke Finsternis’. 
Und dies sind seine Kennzeichen®: sein Haupt ist wie eine 


ἢ 5 Feuerflamme, sein rechtes! Auge ist mit Blut gemischt?, sein 


linkes (Auge) ist tot!!. Seine beiden Augäpfel sind weiß zwischen 


4f. Über die Schilderung des Antichrist vgl. Apoc. ἃ. Elias (ed. Stein- 
dorf S. 91); Apoc. ἃ. Esra (ed. Tischend. Apocal. apoer. 8. 28); Apoe. ἃ. Joh. 
(ed. Tischend. 1. c. 8. 74). 


νοοῦν ἐί — haec est armatura judicii. @AL, : Ist wahrsch. aus dem 


fast gleichlaut. DA : irrtümlich entstellt worden; das Umgekehrte 
könnte im Syr. wohl nicht stattgefunden haben. SPAR : 13% ı 
„das Geschlecht der Strafe“. Stuttg. DA 1 etc. „der Schild usw.....“ 
1) So auch Guerrier. Mit Rücksicht aber auf Rahm. (14, 11)e<läsı 
dir ‚ulsı — „destructionis filiorum terrae“ wäre es besser viell. 
zu lesen oHG: P@AL, : und zu übersetzen: „das Verderben des- 
jenigen, welches geboren ward“, Stuttg. Hhr “ ἀσο-ὴς EPpLTt: 
„welche zum Verderben der Schöpfung war“, 2) Irgendwie ent- 
stelltes und unverständliches Wort. AC haben dafür 04P ı „der 
Feind“, S w2.® : „der Auswurzler“? Stuttg. hat ganz Anderes, 
aber an S erinnert 8,04%. » — „er wird auswurzeln (die Gläubigen)“. 
3) Im Syr. aha sion — via effussionis. Wenig wahr- 
scheinlich ist es, —* hier ein nirgends belegtes Substantiv 192 
für 992 : (ἢ = ἢ vor Guttural) = „Blutvergießung“ vorläge. 
Stutte. · — MWes des Irrtums“. 4) Stuttg. DER: : 
| Arte s „seine ist zur Lästerung*. 5) Stuttg. ἈΞ 


s „seine Hände — zur Verführung“ mit einem sehr an 
ähnlichen Verbum. 6) S apeyy. » — Stuttg. Fayy . ΔΊΣ ᾿ 
„seine Rechte — zum Seufzen (?)* 7) Fehlt in Stuttg. — Hier 
hat Stuttg. die Überschrift: QAFt : FAPLCT τ hA®B: ον ἦν: 
„Von den Zeichen des falschen Messias“. Bei Rahm. ist die 
schrift etwas ausführlicher. 8) Stutte. NA etc. —* 
USW. .... “ Bei Rahm. wie in L: „ma. 9) SEP. — 
10) Stuttg. ARI® : Eich 11) Das Syr. hat hier ht 
„blau“. Soll das äthiop. „tot“ für blau stehen im Sinne von „matt“ 
oder ist vielleicht Pr » verschrieben für "θη, ὦ » „ardens“? 
Das lateinische Fragment in James Apocrypha Anecdota, S. 153, hat 
— mit Var. „gaudens“. Stuttg. 9,909: ὦ β,ἡ.. . Erd ı = 
sein linkes Auge...... “ Bedeutung von fd » unbekannt. Dill- 
mann (Lexicon Aethiop., col. 1357) eitiert diese Stelle des S-Codex 
rg weiß über ‚ed ı nur die Vermutung „protuberans* auszu- 


sprechen (arab. 2, ἢ 


οι 


62* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


seinen Augenlidern!. Seine untere Lippe ist größer? Seine 
Füße sind breit®, und die Finger (und) die Leistenbänder seines 
Fußes? sind platt gedrückt. Das ist die Sichel des Verderbens. 
Seine Zeit ist gekommen, seine Ernte ist nah, und er wird 
diejenigen zur Strafe abschneiden, die es geziemt‘. Und vielen 
wird er sich selbst als Christus vorstellen” und wird sich und 
sein Tun® loben und das Trachten seines Herzens bestätigen. 


4 γαῖ. Marek, 29. 6 vgl. Matth. 24, 5; Marc. 13, 21; Apoc. ἃ, Elias 
(ed. Steindorff 8. 87). 


1) Anders der syr. Text bei Rahm. &A5> ahid al durdı 
οἵαν ‚maasıdı duas habens pupillas. Eius palpebrae sunt albae., 


Dasselbe hat der lat, Text bei James (vgl. vorherg. Fußnote): et duos 
pupulos habens: supercilia vero alba. Stuttg. NF-F : 3 -:@P2.FN 
1:0: 0%4 1 wie im Syr. — S@ 7: N9T . 9 : 094: Not : 
PzoYyNTyu-: — L hat statt mA 1 „zwischen“ nochmals @-f] 

2T ı „und der (Aug)apfel“; wohl Dittographie. 2)S rE- — 
Stuttg. 324 : Jh: — Hier hat Stuttg. noch ee} ᾿ 52 
7: Pm,y: — Rahm. aAul\o us gr 

äthiop. eo Ζ.:ὁ“Ἐ 1 (brachium) widerspricht dem Syrischen Ga 
8) 5 4. 10 ı pl. 4) n74. „seines Fußes“ fehlt in A. 
Die andern Texte lauten anders. Rahm. hat: <ual\,o - i 
«ἰὀνϑὶ νῷ major digitus ejus contusus et — 
hat (s. o.): fractus erit maior digitus eius. Das äthiop. 3 7 Δ PF- ; 
heißt sowohl „fractus“ als auch „contusus“, Stuttg. 00 

AYEPT : „seine Leistenbänder sind platt gedrückt“. InS ist, — 
Stuttg. nicht ‘die Rede von dem Finger: (σι ἢ, “ἢ PT: HAI ı ete, 
ne sind breit, und die Leistenbänder seines Fußes platt gedrückt“, 
5) Stuttg. NAY : NYE ı ARAdN-hen- ı DR τ ΠΩ 3 
no: Ach: 2.1.0: : # „deshalb habe ich euch verkündet, Kinder 
des Lichtes, daß seine Zeit. gekommen ist“, 6) Stuttg. Dbam- ; 
ATIBLC τ ho ı ρ,.γ 205... Ἑ KA: mE tm : ΑἸΓῚΣ : „und 
es stehen zur Ernte bereit, damit sie geschnitten werden, die zum 
Gericht gehören“. 7) Anders zwar bei Rahm. (16, 2) Isa 


Kur pAnı — erga multos judex 
se exhibebit benignum. Aber mit dem Äthiop, stimmt vollkommen 


überein das lat. Fragment bei James (8, o.), welches im übrigen e: 


überall mit dem Syrischen Hand in Hand geht: „et multis quasi 


christus adstabit“, wenn die Hdschr. hier richtig ist. Stuttg. DAN 


14-577: ha: —* : EP PM9® ı A>09- ; „und vielen wird er sich als 
vortrefflich gegenüberstellen(?)“. 8) Rahm. hat hier _am,jss 


„ipsorum opera“. Dem entspricht vielleicht die Var. A, in welcher 4 


ἐν nd au - 


*— 
Dr a τὰ 


 Apokalyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 63* 


FR Cap. 7. Alsdann wird Gott denjenigen erscheinen !, die auf 
Es en vertraut haben. Und wenn er kommt, werden sich große 
᾿ Wunderzeichen zeigen, damit nur? meine Geliebten ὃ wissen, die 
den Geboten meines Vaters folgen, welche das Gold und Silber 
„5 verschmähen *, und die Erwerbungen dieser Welt und das Wohl 
dieser Erde®. Diese werde ich (selbst) an jenem Tage empfangen, 
und es wird ihr Gesicht siebenfach mehr leuchten als die Sonne. 
Ihnen werde ich Gott® werden, und sie werden mir mein Volk 
i werden. Ihnen werde ich ein Vater werden, sie aber mir Söhne 
10 und Töchter? sein. Ihnen werde ich zum Altar werden, sie aber 
werden mir ein Tempel sein, und ich werde mitteilen den 
Willen® meines Vaters und das Gericht dieser Welt. Sie 
werde ich mit? meinen Engeln anreihen, und sie werden sich 
zehntausende von Jahren unendlich freuen, denn sie haben sich 
15 unter denen eingefunden, welche meinen Namen mehr lieb haben 
als sich selbst. Denn sie haben mit der verführerischen Welt 
gelitten und haben jede Ruhe des Daseins gehaßt. 

Cap. 8. Viele aber, welche das Gebot Gottes hassen und 
τς verschmähen, die Gerechten verfolgen, sodaß die letzteren von 
᾿ 20 denjenigen, die diese Welt lieben, Leiden ertragen, — diese wird 
— 7 Siebenfach vgl. von Christus s. ο. 8. 56, 7. 8 vgl. Lev. 30, 12; 
᾿ς  Exod. 29,45; Jerem. 31,1; 2.Kor. 6,16. 9 vgl.2.Kor.6, 18; 2. Sam. 7,14; 

Hebr. 1, 5; Apoec. 21, 7. 11 vgl. 1. Kor. 3, 16; 2. Kor. 6, 16. 12 vgl. 
Matth. 7,21; 12,50. 17 vgl. Apoc.%,6. % vgl. 1.Joh. 2,15. 


Eh: fehlt, so daß wir haben: „und er wird loben seine (ihre) 
(er wird ihnen ihre Taten änrechnen“) wie im Syr. „impu- 
tabit ipsis ipsorum opera“. Es ist vielleicht *PNg@an- ; statt 
PFNE : zu lesen (wie in Stuttg.). Dem Syr. Ὅσο entspricht 
im nächsten Satz DPPM-9® » und in Stuttg. BFPMDY® :. -- 
Stuttg. ὦ EN: 95" Π 2. ἘΠ} συ. :. — 5 ΘΔ : „und er 
wird das Trachten und den Verstand bestätigen“, 
1) A om. @APN : Pr ΓΩΛΡ συν „und alsdann wird erschei- 
ch 2) 8 Nat-F-oo- :. 3) C Eh2.7u- : „seine Geliebten“ 
und AAN-U- » „seines Vaters“. 4) ABC ιν : ΓΦ : a 
DPF : „welche hassen das Gold und das Silber und die Er- 
werbungen etc.“ — Sadd. ERAOP- » „welche hassen“ 5 ΒΔδΔΗ : 
GAJ° : „dieser Welt“. 6) C λὴ : „Vater“. Wahrscheinlich 
bloß verschleppt aus dem folgenden Satz. — S mit Umstellung hh 
αἴ συ. γι. D Β αν Ὁ  ΦΆΦΔΕΥ : „meine Söhne 
und meine Töchter“. 8) Sbesser PA: 9) ABC om. Φ" ἢ: 
„mit“; also „ich werde sie zu meinen Engeln machen“ (?). 


σι 


10 


64* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


man der Strafe der Feuerflamme übergeben, und sie wird die 
Lust ihres Herzens verzehren !. Es werden viele sein, die Schlacht- 
und Giessopfer? von Tieren als mein Verlangen darstellen und 
in meinem Namen Blut gießen? werden als Opfer, welches sie 
ihrer Sünden wegen darbieten; so handelnd*, werden sie mich 
zum Götzen machen®. Durch die Propheten habe ich doch 
ihren Vätern gesagt, daß sie weder Aas essen noch Leichenblut 
trinken. Sie aber, weil sie fleischlich sind, denken sie von 
mir fleischliche Dinge '. 

Cap. 8. Es wird aber eine Strafe kommen*® über die Bi- 
schöfe und Pastophoren ἢ, weil sie mein Volk'!® verführten um 
der Lust ihres eigenen Vergnügens!! willen. Durch den Pro- 
pheten !? Jesaias habe ich zu ihnen gesprochen und gesagt: »lch 
habe Weinen und Jammern und Sackumgürten !? empfohlen 14; 
sie aber haben ein Freudenfest gemacht, indem sie Rinder 
schlachteten und Schafe, und! sprachen: laßt!® uns trinken und 
essen, denn morgen sterben wir. Dies!® war aber den Ohren 
Gottes 15, des Herrschers des Weltalls, offenbar. Ihre Sünde 
wird ihnen nicht erlassen werden 19, bis sie sterben«. Denn »das 


7 vgl. Levit. 17, 14; Gen. 9, 4. 13 Jes. 22, 12ff. 19 Ps. 50, 19. 


1) S ὥρια : „und es wird die Lust ..... entbrennen“. 
2) Für P9YHT : „Gießopfer“ hat C mg hT : „und Schrif- 
ten“. 3) S @NDO- : „er gießt“ oder wahrscheinlicher Plur. 
satt med: ἢ RM. urkn., ὃ. ABO φήδξι 
„haben sie mich gemacht“. 6) Β Φῃγῇ͵ = ἔτος, 
meine Propheten“. S ΘΗ γῇ, 97": „und d die 

7) ABC lassen hier correcterweise das erste Al@® ı —* Die 
Übersetzung weicht von Guerrier ab, welcher ἢ Δ", « FARB ı ΠᾺ 
ὙΠ ΑΘ ı frei übersetzt „ils me considerent comme un ötre charnel, 
— Som. Ada ı AHA: und NAFEAP :; also: „sie — sind 
Fleisch, (deshalb) denken sie Fleischliches*. 8) A ἰὴ Pr 
Strafe“. S ἜσΌ  - ΩΣ :. — SAN Kan —— 
DNAMEZ-NT ı 10)SAhUN : „das vos 11) 8 40 — 
Vgl. Dillm. Lex. hPN : = ha“ ı 12) A om. a ει θα | 
Propheten“. 18) 85 @$pyJ-t 1... A op. IT .-0 ns ΣῊ 
Die Varr. S und A scheinen Schreibfehler zu sein. Die Stelle in 
Jes. 15,3 lautet ΦΎΕ » (Var. Pyk ἡ) we :. 14)BahA 
ΗἼ1 9) συ- ı „und ich habe ihnen befohlen“. 15) 5 Bnfih-: 
— A add. 49« ı „kommt“ (laßt uns ete.) 17) 5 nn — 
18) A add. AMAT- » „Gottes der Heerscharen“. )SOAR 
TR: ἢρσυ- : (ἡ ἈΠ συ. ı. — — 


"Apokulyptische Rede Jesu an seine Jünger in Galiläa. 65* 


. Opfer Gottes ist ein sanfter Geist, und Gott verschmähet nicht 
ein stilles und reines Herz«!. »Bekehret euch also alle zu mir, 
und ich werde mich wieder zu euch kehren, spricht Gott, der 


5 


10 


15 


Herrscher des Weltallse. Seid nicht wie eure Väter, zu denen 
die Propheten gesprochen haben, die? in der Wüste? Manna 
aßen und wußten nicht, und nicht war ihnen offenbart die Gnade 
Gottes, — diejenigen, welche* Fleisch verlangten und wurden 
satt® gemäß der bösen Lust ihres Herzens. Wie (der Herr oder 
der Prophet) spricht®: »Mein Volk hat Fleisch gegessen und 
Wein getrunken; sie wurden dick und fett? und schlugen nach 
dem Geliebten aus«, »denn der Priester und Prophet rasten infolge 
des Weines. Jonadab, Rökäbs Sohn, und seine Nachkommen, 
auf ewig sind sie gesegnet®, denn sie tranken keinen Wein und 
hüteten das Gebot ihrer Väter«. 


Cap. 10. Deshalb sage ich euch: Verweilet in der Furcht 
Gottes und ® in der Gerechtigkeit, denn nichts habt ihr in diese 
Welt gebracht und ihr werdet auch nichts mitnehmen können. 
Nackt seid ihr in diese Welt gekommen und nackt! werdet ihr 
aus dieser Welt scheiden. Deshalb erwerbet bloß die Gerechtig- 


ἣ 20 keit und die Liebe Gottes, 


> u νὼ μι, rn Tr Ar rn a haar in az u A en nn Zn Due ὦ 


2 Zach. 1, 3.4. 5 vgl. Exod. 16, 35; Joh. 6, 31. 49. 58, 6 Exod. 
16,15. 71 Exod. 10,3. 8.11. 9 vgl. Deut. 32, 14f. 11 vgl. Jes. 28, 7. 


12f. vgl. Jerem. 42, 6 ff. 15 vgl. 2. Kor. 7, 1. 16 vgl. 1. Tim. 6, 7. 


18 vgl. Hiob 1,21. 20 vgl. 1. Tim. 6,11; 2. Tim. 2, 22. 


1) 8. mit Umstellung und correct All » 7%. : @PPY ı 
„ein reines und sanftes Herz“. AB PP : ΟἽ » „sanftes 
und trauriges Herz“. C „sanftes, reines und trauriges Herz“. 
2) 5 ah: — 3) AC om. 749° ı „in der Wüste“, 
4) Statt AA ı „diejenigen, welche* hat S AA s „sondern“ (sie 
verlangten etc.). 5) Oder „und sättigten die böse Lust...“ AC 
((1δι0- τ @AIN- : „und aßen und wurden satt“. 6) S han: 
Ph ı. — 7) S besser @AF-h- : „und streckten aus“. 

8) 5 APFFTAN: DD: N AFAI® : etc. ABCL anders. 
Wir übersetzen nach einem aus S und den anderen Varr. zusammen- 
gesetzten und folgendermaßen reconstruierten Satze: APTAN ı 
DAL: AhN: νὴ". : 14h: AYAI® : etc. 94603 
N%- .ὄ ΠΧ ΓΦ. „und lebet in Gerechtigkeit“. 10) C add. δῇ : 
vor VADNaP- . „und nackt wiederum werdet ihr etc“. 11)SAh 
tr: Kup ıWEPZL ı etc. „erwerbet bloß die Gerechtigkeit 


* und Liebe Gottes“. 


T. a. U, 14: Schmidt-Wajnberg. 5* 


66* Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Cap. 11. Denn sobald die Zeit zu Ende ist! und heran- 
rückt, werden die Bösen sich erheben und die Gottesfürchtigen 
und Gerechten verfolgen. Sie werden sie (die Gerechten) in 
ihrer Leidenschaft schelten 2, denn ihr Geist wird geblendet sein. 

5 Es werden die Sünder mit den Gerechten streiten, sie verfolgen 
und hassen ® und über sie jegliche üble Reden sprechen. Deshalb 
wird Gott sie in ein Feuer werfen, welches nicht erlischt, und 
wo der Wurm nicht einschlummert*. Alsdann wird jede 
Schöpfung zum Feuerbrand gelangen(?), denn die Sonne und 

10 der Mond werden ihr Licht nicht abgeben, die Gewässer werden 
versiegen, und die Flüsse werden austrocknen. Der Himmel 
wird zusammengerollt werden, und die Erde wird geschlagen 
werden. Und es wird Gott sich. erheben, um sein Volk zu 

° riehten und einem jeden von ihnen seinem Handeln und seinen 

15 Worten gemäß, die er gesprochen hat, auf dem Wege der 
Gerechtigkeit zu vergelten. Und es werden die Gerechten, die 
den Weg der Gerechtigkeit gegangen waren, die Herrlichkeit 
Gottes erben. Und es wird ihnen seine Kraft gegeben werden, 
welche kein Auge gesehen hatte noch ein Ohr gehört. Und sie 

20 werden sich in meinem Reiche ® freuen, 


ὃ Matth. δ, 11. 7 vgl. Mare. 9, 43 u. ὅ. 10 vgl. Matth. 24, 29; 
Marc, 13, 24; Apoc, Joh. 6, 12f.; Jes. 13, 10. 11 vgl. Jes. 34, 4; Apoc. 
Joh. 6, 14. 14 vgl. Matth. 16, 27; Röm. 2, 6; Jud. 14. Apoe. Joh. 2, 23. 
16 vgl. Matth. 12, 36. 17 vgl. Matth. 21, 32; 2. Petr. 2, 21; Prov. 8, 20. 
19 vgl. 1. Kor. 2,9. : ᾿ 


1) A hat Ἀφ ἢσν ı AADP : m PAA : „sobald die Zeit heran- 
rückt“, CAPnaıPCEN:ı m AAHF: m PdA : „sobald die Zeit 
naht und heranrückt“. 2) 8 SHAFNE- ΠΕΡ 
„sie werden sie in der Leidenschaft ihres Herzens schelten“, nlich 
ABC BHATFPan- ı. — 3) A hat DBOAKAPo»- ; „und sie 
mit Schmähnissen überhäufen“ (anstatt „hassen“). Es ist nicht leicht 
zu bestimmen, welches von diesen beiden nur durch die Stellung 
der zwei letzten Radikale verschiedenen Worten das ursprünglichere 
ist. Dem Sinne entspricht besser Var. A „schmähen“. 4) Marc. 
9,43 ἢ ı 6240: : ἦι. ,γ6».95 ı ΟἾΔ: τ ARME : ὡς ΝΣ δ 
Son ı du τ. 5) 8 Apr  βιπῆλδι.. --:ο 6) B en 
777° 1 ἤσ9 0} : „im Himmelreich*., 


ὦ ὙΠ ΡΞ a ἀπ u an 


Namen- und Wortregister. 


Abendmahl s. Eucharistie 
Abraham, Schoß Abr. 458. 513 


Abü Ishaq (927 n. Chr.), Über- 
' setzer eines Oktateuchs ins Ara- 


bische 159 f. 
Abü-l-Barakät (ὑ 1363), Verfasser 
der „Lampe der Finsternis“ 160 
Achamoth, Mutter des gnost. De- 
miurgen 275; s. Sophia 
Achelis, H. 242. 362. 374. 427 
Adam, kein Sündenfall 329 ff, 375 
— der Urmensch und wahre 
Prophet bei den Ebioniten 331. 
— aus der Unterwelt befreit 
509. 543. 575 


- Agape, beim kleinasiat. Passah 305. 


868. 703 — am Osterfest 703. 


᾿ς ἀγάπη, im Tugendkatalog 382 f. 


Ägypterevangelium, nicht benutzt 
in der Epistola 229 ff. — Be- 
urteilung bei Hippolyt 236 

698 ἢ. 

Alexandrinerbrief, unechter, des 
Paulus 373. 

Aloger, ihre Heimat Kleinasien 
365. 420 — Geguer der Mon- 
tanisten 420f. 624 — verwer- 
fen das Evang. und die Apok, 
des Johannes 365 — Nachrich- 
ten des Epiphanius 424 ff. — s. 


Cajus. 

ἀνάπαυσις, die obere 278 f. 309. 
8316. 384. 502 — die untere 
307. 316 — im Orte der Rech- 
ten 501f. 


Andreas (Apostel), Zeuge der Auf- 
erstehung Christi 221. 237.238. 


Anicet, Bischof von Rom, im 
Passahstreit gegen Polykarp 
578. 580. 588. 589. 591. 594 

Ansehen der Person, in der Epist, 
verboten 377. 384. 

Antichrist 168. 249. 355. 385 

Antimontanist (Anonymus) 372 

Antiochenische Schule 720 f. 

Apelles (Gnostiker), über die Natur 
Christi 298 

Aphraates, über den Descensus 
569 f. — über die Leidenswoche 
653. 680 — über das Passah 
679 Fe. 

ἀποκατάστασις bei Clemens Al. 525 

Apollinaris, Bischof v. Hierapolis, 
Buch über das Passah 623 ff, 
Quartodecimaner 627 f. 


‚Apollonius, Gegner der Monta- 


nisten 709 

Apologeten, über das πνεῦμα 252 
— über Gott 261. 263. 2671. 
— über den Logos 271 ff. 285. 
288. 289. 298. 306. — über 
Auferstehung von den Toten 314. 
346. 350. 399. — über die 
menschliche Freiheit 325 f. 335 
— ihre Eschatologie 355. 491 

Apostel, als Autoritäten 250. 254 ff. 
— ihre Einstimmigkeit in der 
Lehre190.255— Weltmissionare 
256f. 485f. 537 — ihre Pre- 

5* 


68* 


digt in der Unterwelt 486f. 
532. 534. 535 ἢ, — mystische 
Gemeinschaft mit Christus 257 
— Vertreter Christi in der 
Heidenwelt 258. 488 — ihre 
Wundermacht 256 f. 

Apostelakten (apokryphe) 266. 383 

Apostelgeschichte 246 ff, 399 f. 

Apostelgräber, in Rom 439. 446 

Apostelkatalog, in der Epistola 
229 f. — in den ntlichen Schrif- 
ten 230 — in der Apost. Kir- 
chenordnung 230f. 242f. 

‘ Archelaus (Fürst), Richter Jesu 
218. 242. 299. 305 

Archonten des Todes 557 — in 
der oberen Welt 557 

Archontenwelt 278. 282. 284. 295. 
320. 322. 325. 

Aristion, Presbyter 396. 710° 

Aristo von Pella 277 

Ariston, angeblicher Bischof von 
Smyrna 710 

Armut, Stellung dazu 377 

Ascensio Jesaiae 203 — über die 
7 Himmel 276 — über den 
Descensus 283 f. 506 

Askese, im Popularchristentum 383 

Athenagoras (Apologet), über die 
leibl. Auferstehung 199 — über 
den Logos 275 — über die 
Willensfreiheit 327 — über die 
Vergeltung 352 

Audianer, ihre Passahfeier 669. 678 
— keine Quartodecimaner 678 


Audius, Begründer der Audiani- 


schen Sekte 677 f. 
Auferstehung, des Fleisches 196. 
199f, 8101. 314. 345 f. 
Auferstehung, von den Toten 310. 
455 f. — nur der Gerechten 457 
Auferstehungsbericht, in der Epi- 
stola 171. 218 ft. 
Auferstehungsfest s. Ostern 
Auferstehungsleib 350 
Autoritäten, in der Epistola 250 ff. 
Axionikus (Valentinianer) 294 


ἣν der KO 242f. 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Bar Salibi, Verfasser eines Kom- 
mentars zu den Evangelien und 
zur Apokalypse usw. 422. 427. 
438 f. 447. 726. 

Barbelo, in der Ogdoas 275. 

Bacchylus Bischof v. Korinth, im 
Passahstreit 579. τ 

Bardesanes, über das Wesen Christi 
294 — seine Liedersammlung 
561 — Einfluß auf die syr. 
Kirche 555 

Barnabasbrief 182. 183. 473 — 
benutzt von der Apost, Kirchen- 
ordnung 243. 371 — über de 
leibl. Auferstehung 199 — über 
die Himmelfahrt Christi 301 
— über den Sonntag 280 — 
Tugendkatalog 382 — anti- 
judaistischer Radikalismus 3938 

Bartholomäus (Apostel), Redner in | 


Baruchapokalypse, überdie7 Him- 
mel 276. 278 — über diePatri- 
archen 459 ἫΝ 

Basilidianer, über den Herabstieg 
Christi 283 — Taube bei der 
Taufe Christi 289 — Doketis- Br 
mus 299 : 

Baumstark 157. 159 ff. 2924. 
362 : 

Baur, Christ. Ferd. 577 — 

Beliar, Teufel 499. 506. 548 — 
Herrscher der Unterwelt 500 

Belohnung und Strafe unmittelbar 
nach dem Tode 478. 5315 

Bert 684 f. — 

Beschneidung, bei den Ebioniten 
416 — bei den sogen. Kerin- 
thianern 410. 729 — 

Bick 2. 20f. 175. | 

Bischofsamt, apostolisches 377 
in der syr. Didaskalie 878 

Blastus, römischer Häretiker, be- 
kämpft von Irenäus 620f, von 
Hippolyt(?) 621 — — 
maner 620 f. 

Bonwetsch 234 f. 730 


Camerius, 
Smyrna 710 | 
Celsus 239. 265. 277.450 — Geg- 


Γ΄ Cerinth s. Kerinth | 
ὰ  ‚Ghiliasmus, kein gemeinkirchlicher | Demiurg, gnostischer 276. 325. 


‚Böse, verursacht durch die Archon- | 
ten 322 — gehört zur natür- 
Jichen Ausstattung 324f. — 
. kann nicht auf Adam zurück- | 
geführt werden 330 — Wahl- ἢ 
freiheit zum Bösen 334 | 
Bousset 261. 267. 283. 319. 453. 
473. 506 
Bukolos, angeblicher — 
des Polykarp 709. 713. 717 


᾿ 
᾿ 


Namen- und Wortregister. 


| Clemens Romanus, 


69* 


Claudius, Kaiser 4321. 
Clemens Alex., 


Geheimtradition 
201. 205. 371 — über den Auf- 
stieg der Seelen 278f. 522 — 
über den Logos 292 — über den 


Descensus 531 fl. — über das _ 


Leben nach dem Tode 522 f,. — 
Schrift über das Passah gegen 
Melito 394. 579. 628 ἢ 

Octateuchus 


Clementinus 157. 160. 164 


Cajus (von Rom), Aloger und Geg- Clemensbrief, erster 199 — zwei- 


ner der Montanisten 421f. 581 | 


ter Cl. 199. 383 


— sein Dialog gegen Proklus Cleobius (Gnostiker) 193. 195. 375 
420. 439 f — verwirft die joh. | Corssen 414. 444. 451.705. 716 1. 


Schriften 422. 427 f. 438f. — 


 Cosmas, alex. Patriarch 159 


gegen ihn Hippolyt 428 £. 488 Crescentius 5, Tricentius 


446 ff. 728 


angebl. Bischof von | Damaskus 187. 190. 247 f. 369 
Dämonen 253. 308. 322. 327. 333. 


557 


ner der leibl, Auferstehung 347 | Daphnos, angeblicher Bischof v. 


— über den Descensus 498, 
544. 545 


Glaube 355. 466. 525 — des Ke- | 
rinth 365. 442 — der Monta- 
-nisten 365 — des Irenäus 421. 
497 — des Justin 466 — des 
Nepos in Ägypten 365. 422 


 Christologie 264 ff. 
Christus, der κύριος 264. 268 — 


Sohn Gottes 265 — ϑεός 266. 
— σωτήρ 804 — die Tür 
für die Verstorbenen 475 f. 484. | 
542 — seine menschliche σάρξ 
bei Geburt und Auferstehung 
209. 221. 297. 299. 314 — 
seine Wundertaten 216f. — | 
Aufenthalt und Predigt in der | 
Scheol s. Descensus — Heim- 
kehr zum Vater 300 f. — Rich- | 
ter der Lebendigen und Toten 
337.344 — Erscheinung bei der 
2. Parusie 341 — seine Natur bei | 
den Gnostikern 233 f. — s. Logos 


| David (Prophet) 209. 


Teos 709, 719 
210. 218. 


250. 479 
331. 332 — sein Wohnsitz 503 


Descensus ad inferos 8150 1. — 


soteriol. Wirkung nach der Epi- 
stola 481 £., nach Ignatius 474 f., 
nach dem Presbyter des Iren. 
478f., nach Marcion 482 f. 500, 
nach Irenäus 492 ἢ, nach Celsus 
498, nach den Sibyll. 499, nach 
Hippolyt 507 f., nach Tertullian 
518f., nach Clemens 531f., 
nach Örigenes 542f., nach der 
syr. Didask. 554, nach den 
Thomasakten 555f., nach den 
Oden Salomos 561f., nach 
Aphraates 569f., nach dem Testa- 
mentum 572, nach dem Ev. Nico- 
demi 573 — kein Descensus bei 
den Gnostikern, nur ein Herab- 
stieg Christi zur Welt 500£. 


Diasporajudentum, Mission an das 


D. 184f. — Eschatologie des 


70* Schmidt-Wajnberg: 
alex. D. 459 — in Kleinasien | 
369. 395 

Diatessaron des Tatian 226. 620. 
654. 680. 682 


Didache 186. 243. 244. 371. 372 | 


Didaskalie, syr. 372. 374 — Ver- | 
fasser ein Heidenchrist 650 — 
über Gemeindeamt 378 — über 


Judenchristen 387. 668 — über 


die Hadespredigt 554 — über 

das Passah 649 ff, ———— 

der Leidenswoche 651 fl. 

Quelle des Epiphanius 65 
Dillmann 4. 


Dionysius (v. Alex.), Gegner der 


Chiliasten 365. 422 — über die 


Apok. Joh. 423. 443 — über | 


das Osterfasten 604. 699 
Dionysius (v. Korinth) 384 
Dölger 275. 293 
Doketismus, bei den Gnostikern | 

196. 209. 222. 251. 293. 295. 

297. 298. 300. 313. 374.393 — | 

bei den Großkirchlern 367 f. 
Drache, Sitz in der Unterwelt 559 

— der 7köpfige Dr. 566. 
Drews 578. 583. 597. 

627. 649. 704 
Dualismus, gnostischer 196. 348, 

404. 406 
Duchesne 578. 648. 705 


Ebedjesu (Syrer) 447 


Ebion, Wirksamkeit in Asien 414f. 
Ebioniten 332. 409. 413 — ihre | 


Lehre 404 — ihre Heimat im 
Ostjordanland 414 
Ebionitenevangelium 244 
Ehrhard 362 
Eleutherus, röm, Bischof 595 
Eliasapokalypse 341 
Empfängnis, der Maria 288. 291 
Endgericht 249. 324. 384 
Engel, des Todes 507 
Engelmächte, rechte und linke, 
bei den Gnostikern 502 f. 
Enthaltsamkeit 383 


599. 607. 


Epistola apostolorum. 


Ephräm Syrus 572 
|  Epiphanius 290. 428, 4280, — 
über die Quartodecimaner 632, 
|  —über Kerinth 410.729 — 
rechnung des Osterfestes 690 
' Erbes 706. 
' Eremiel, Herrscher des Hades 548 
Erlösung 305. 309 — 8, Soterio- 
logie 
Eschatologie, in der Epistola 196. 
249. 336 fl. 374. 384 
: Essener 460 
| Eucharistie, beim Passah derKlein- 
asiaten 593f. 700. 708 — in 
der Osternacht 703 — Einset- 
zung am 14. Nisan 617f. 625 
— eucharistische Feier am 
Passah-Donnerstag 688 : 
| Eusebins, über den Passahstreit 
I. 578%, 


| | Fasten, am Sonntage verboten 606. 
657. 670. 683. 701 — am Sab- 
bat in der abendl. Kirche 722 


᾿ 


— Halb- und Vollfasten 658. 
663. 665. 688 — s. Passah-u. 


Österfasten 
; Feindesliebe, Gebot der F. 322 


‚ Feuer, ewiges, allegoristisch ge- Ἢ 


deutet von Origenes 528 ἢ, 


Fleisch, bei den Gnostikern 353 2 
— Verurteilung beim Gericht 


352f. 515 — 8. ——— 
Florinus, Valentinianer in 
621 
Funk 157. 362. 585 | 
‚ Fürbitten, an Christus 336. 379. 
381 — für die Juden am Pas- 
sah 388. 660. 664 fl. 6688. 


des Herrn beim Herabstieg 285 
— identisch mit dem Logos bei 
der Verkündigung 288f. 293 
— Befreier des Petrus aus * 
Gefangnisse 246 


KT Fe —— — — 
— BE un a a 


Rom 


' Gabriel (Erzengel), Bote an die 
Maria 214f. 288 — Begleiter 


7777 Namen- und Wortregister: 


-Galatien, Sitz der Kerinthianer 412, | 
der Judenchristen 416,derNova- 


Gebet 5, Fürbitten 


Gebote Gottes resp. Christi 308 


Geheimtradition 201. 204. 205.371 


Gehenna, nach dem Endgericht 


Ort der Gottlosen 457.461. 506f. 


Geist, heiliger = Paraklet 273 — 
identisch mit dem Logos 287. 


291 f. 
Gemeindeamt 378 
Gemeindedisziplin 377 
be 209. 261.264.266, 
267. 272. 273. 318. 337. 462. 
‚476. 482. 483. 498 


Gemeindeliturgie 270 


71* 


195 — ihr Doketismus 5, dort 
— Leugner der Auferstehung 
des Fleisches 200. 345. 347 
— Trennung des Gottes des 
ΑΙ vom Gott des N.T.s, da- 
her Gegner des A.T.s 253. 391. 
393. 466 — die Gerechten kom- 
men nicht ins messianischeReich 
466 — ihr Pessimismus 335 
— kein Descensus Christi in 
die Unterwelt 500f. — ihre 
Geheimtradition 5. dort — ihre 
Propaganda 196f. 284. 288. 

Gnostiker, christliche 523 

v. ἃ. Goltz 391. 394 


. Gotteskindschaft 311 


Gerechte (des AT.s), ihr Endschick- 


. 58] 465f. 477 — ihre Verfeh- 
lungen 479. 505. 534 — ihre 
Aufnahme in die Heilsgemeinde 
467.475 f. 483 — ihre Erlösung 
- aus der Unterwelt 463. 474f. 
481. 487. 489. 494. 496 £. 499. 
507. 508. 510. 515. 542. 564. 
571 — ihr Verbleiben in der 
Unterwelt 490 f. 498. 511. 514. 
519 — ihr Aufenthalt in der 
τς Äonenwelt nach den Gnostikern 
501 f. 504 f. — Diener des De- 
miurgen 482. 504 — 5. Pro- 
n und Patriarchen 

Gerechtigkeit Gottes 324. 326. 
332. 340 

Gericht 323. 324. 344. 353 f. 457. 
461 

Gesetz (mosaisches), sein Heilswert 
re — seineEntstellung308. 
334 f. 


296 f. 400 ἢ 


Gottesvorstellungen 259 ff. — πα- 
» τὴρ παντοχράτωρ im Symbol 260. 
400 — Weltschöpfer261 — Ein- 
heit des Schöpfer- und Erlöser- 
gottes 263 — Gottesbegriff bei 
Origenes 527, bei Clemens ΑἹ, 
539. — metaphys. Verhältnis 
zum Sohne 263 — identisch 
mit dem Lichte 261 f. — seine 
Herrlichkeit 312. 354 
Gschwind 454f. 464. 466. 468. 
Guerrier 3.6 ff. 156 ff. 164 f. 172. 
Gwynn 422. 427 


Haase 229 

Hades, — Stadt 551. 554. 565 — 
die sichtbare Welt 519, dazu 
Origenes 527 — s. Unterwelt 

' Hadesfahrt, Christi s. Descensus 

Hadesfahrt, der Götter 454. 544 

‚ Haller 199 

: v.Harnack 182. 196. 211. 218, 222. 
283. 239. 243. 244. 267. 283. 
362. 399. 400. 401. 424. 438 


‚, Harris 158 
Glaube — Halten der Gebote 308, | Hauler 2. 362. 649 

322 f. — Glaube an Christus 323 | Hebdomas, bei den Gnostikern 276f. 
Glaubensbekenntnis 170. 265.273. 


Gnostiker (Gnostizismus), Konkur- 


renten der Apostel in der Epist. 


bei Clemens Al. 278f. 5231. 
Hebräerevangelium 413 
Heidenchristen, ihre Missionierung 

182. 254. 258 — Verhältnis 


12: 


zum Judenchristentum 387 £,395. | 


650 

Heilsgut 308 ff., Aneignung des- 
selben 319 

Henoch, seine Hadesfahrt 548 

Heraklit 327 

Hermas 183. 213 — literarische 
Form 206 f. — über die christ- 
lichen Tugenden 382 f, — über 
den Reichtum 384 — über den 
Bau des Turmes 483 ff, — über 
den Descensus der Apostel und 
Lehrer 486 ft. 

Hilgenfeld 405. 577. 613. 616. 620. 
623. 624, 638 

Himmel, die sieben H. 276 fi. 

Himmelfahrt Christi, in der Pistis 
Sophia 284, in der Epistola 300 f. 

Himmelsreise der Seele 278. 522 f. 
530 

Hippolyt, über die Auferstehung 
199 — über Kerinth 407 f. 728 
— Gegner des Cajus s. dort 
— über die Hadesfahrt 507 ff. 
— über die Auferstehungsszene 
234f. — angebl. Bischof von 
Bosra 727 : 

Holl 199. 417. 426. 480. 432. 485. 
438. 447. 590. 668. 691. 692, 
693. 731 

Hölle 506, 511. 
— 5. Gehenna 

Holtzmann, H. 454 

Hoennicke 394 

Horner 158 

Hort 241 

Hyliker 325 


550f. 559. 57i 


Ignatius, Kampf gegen Doketismus 
198 f. 368 — gegen Judaismus 
388f. — über die Propheten 
253. 391 f. 474 — über die Apo- 
stel 255 — über Askese 383 — 
über den Descensus 474 fl. — 
seine Christologie 274. 295. 296. 
308 

Irenäus 199. 249. 250 ff. 306. 335. 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


΄ 
| 


366. 439. 450 — Au — 
lehre 199 f, — über den Logos 
286f, — über das Gesetz 308 
—überdieÖkonomiederFleisc 
werdung 313 — über Wilens- 
freiheit 327f. — über zweite 
Parusie 341 — Chiliasmus 355. 
421 — über Kerinth 364.408, ὁ 
— über Judenchristen 387.36 
— über den Descensus 492f. 
— seine Zitationsweise 468f. 
— seine Eschatologie 521 — 
sein Taufsymbol 42 
Israel 183 f. 187. — die Heiden 
das wahre Israel 465—Präroga- · 
tive Israels aufgehoben 89° 


Jabraoth, Archont 505 Br 
Jacobus (der Gerechte), ee 
tradition an ihn 205. 239 
Jaldabaoth, Demiurg 26... 
Jahwe, Gott der Lebendigen und 
Toten 456. 461 — Herrscher 
der Unterwelt 548 — 
Jenseitsvorstellungen, der Juden 
455 ἢ, der Pharisäer 460, Jesu 
460 f. 
Jeremiasspruch, apokrypher, über 
den Descensus 467 fl. 489. 497 
— eine christliche — 
472f. 
Jeremiel, Erzengel 548 Er 
Jerusalem, Schauplatz der Offen- 
barung in der Epist. 172. 221, 
bei den Gnostikern 204 — neues 
Jerusalem 188.212.500 —himm- 
lisches Jerusalem 466. 554 — 
Zerstörung 188. 396 — Apo- 
stelkonzil nach der syr. Didask. 
372 ; 
Johannes (der Täufer), seine 
digt in der Unterwelt 507. 
574 
Johannes (Apostel), an der Spitze 
des Apostelkollegiums 224.280. 
363. 366 — Zeuge der leibl, 
- Auferstehung 237. ee Zeuge 


| für die kleinasiat, Passahfeier 
ο΄, 869, 396. 580 | 


= ‚Johannes (Presbyter) 396, 727 


- Johannesakten, Doketismus 211. | 
367 — in Kleinasien entstan- ὦ 


den 366 — großkirchlicher Cha- 


- rakter 280 | 


Johannesapokalypse, Entstehungs- 
zeit 405. 432f.727 — 5, Aloger; | 


τ Gajus 
ἰουδοΐζειν 388 f. 393 1. 
Judas Jacobi (Apostel) 230. 242 | 
Judas Zelotes(Apostel)229.230.242 


Juden, Ablehnung des Gekreuzig- 


ten 266 — Gebet der Christen 
für die Juden am Passah s. Für- 
bitten — ihr Wehklagen über 
Jerusalem 668 
Judenchristen, Miterben des Rei- 
ches nach der Epist. 188 f. 198 f. 
306. 369. 386f. 396. 466 — | 
ihr Haß gegen Paulus 189 f. — 
τς Judenchr. milder Observanz 194 
— Verbreitung in Kleinasien 
— 388 f. 416 £., in Syrien 369. 650 
0 ihre Pässahfeier 609 
ὰ  Fangfraucn (kluge und törichte) | 
379. 382 ° | 
Justin (Apologet) 205. 250, 258. 
a — 194. 987. 396 — 
5 die leibl. Auferstehung 199 
_— über die Wahl- und Willens- | 
freiheit des Menschen 325 f. 333 


 — über die Hadesfahrt 490 f. 


— üher das christliche Passah 
596. 603 — seine Christologie 
265. 267. 271. 272. 296. 298 
— sein Chiliasmus 355 — sein | 
Taufsymbol 402 | 


Kallisto, angebl. Herrin des Poly- | 
karp 7191 | 

Karpokrates (Gnostiker) 403. 404. 
417 f. 

Kephas (Apostel) 230. 231. 234. | 
240. 244 


" Namen- und Wortregister. 


18" 


Kerinth, Gnostiker und Doket in 
der Epistola 169. 171. 195 — 
Gegner der Apostel und angeb). 
Verfasser der Joh. Schriften 
nach Cajus und den Alogern 
s. dort — Begegnung mit Jo- 
hannes 364. 407 — Wirken 
in Kleinasien 407. 409. 410£. 
— in Ägypten ausgebildet 407. 
409 — Nachrichten des Irenäus 
403 ff., des Hippolyt 407 f. 728, 
des Ps.-Tertullian 408f,, des 
Theodoret 409f., des Epipha- 
nius 410 ff., des Philastrius 417f. 
— s, Merinth 

Kerygma von Christus 265. 309, 
342 

Kerygma Petri 167. 192. 203. 251. 
807. 871. 583 


‘ Kindschaftsverhältnis 311. 320 


Kirche(heilige) im Symbol 261. 381. 
401 — trägt vorweltlichen Cha- 
rakter nach Hermas 484 f. 

‚ Kirchenordnung (apostolische), ihr 
Apostelkatalog 230f. — Be- 
nutzung der Epistola 242 f. 357 
— vom Testamentum benutzt 
238 


| — (ägyptische) 553 


Koch, Hug. 578. 581. 589. 596. 599 

Kreuzestod Christi, seine Realität 
299. 305 — am 14. Nisan 6021. 
611. 626. 629. 632. 694 — am 
15. Nisan 615. 620. 624. 680 
— am 25. März 633. 638f. — 
nach Epiphanius am 20. März 
635. 694 


| κυριαχή == Ogdoas, in der Epistola 


275. 375, bei Theodot 275£., 
bei Clemens Alex. 278f. 528 


᾿ χυριακὴ ἡμέρα 280 


Labriolle 4838, 726. 7801. 
Lagarde 158. 


' Laodicea in Phrygien, Passahstreit 


622 f.— Synode inL, über Sab- 
batgottesdienst 723 


14" 


Laodicenerbrief, gefälschter 373 

Lapsifrage 381 

Lazarus, Ort des Laz. 224. 315. 
316. 461. 513 

Leben, ewiges 322. 354 

Licht = Gott 261. 262 — Glaube 
an das Licht 330 

Lichtreich 262 — Hinaufführung 
in das L. 346 

Lichtwolke, bei der Himmelfahrt 
302 

Lietzmann 390 

Lightfoot 709. 719 

Lipsius 411. 417. 424. 432 

Littmann 162. 168. 191. 262 


Logos 225. 226. 229 — in den | 


Propheten 208f. 251. 273 — 
der Weltschöpfer 268. 270f. 


286. 324 f. — das Prinzip der | 


Heilsoffenbarung 272f. 327 — 
Verhältnis zum Vater 263.278 f. 
304 — Weisheit Gottes 285 f. — 
jungfräuliche Geburt 291. 298. 
305 — Ursache seiner Herab- 
kunft 307.334f. — seine Mensch- | 
werdung 295 ἢ, — Abstieg zur 
Welt 281f. — s. Christus 


Lohngedanke 323. 352. 354. 385 | 


Loofs 402. 453. 488 


Macarius Magnes 700 


Makarios (Mönch und Presbyter) | 
ı Mesopotamien 369. 370. 677. 67 


160. 162. 238 

Marecianus, Bischof der Novatianer | 
in Konstantinopel 646 

Marcion (Marcioniten) 195. 406. 
512 — überspannter Paulinis- 
mus 190 — antijudaistischer 
Radikalismus 391. 393 — Ver- 
werfung der Gerechten und Pro- 
pheten 479. 482 — Verwerfung 
der Auferstehung und des Ge- 
richtes 513 — über die Hades- 
fahrt Christi 482. 500 — Anti- 
thesen 479 

Marcosier, Benutzer des Thomasev. 
227 f. — ihre Zahlenmystik 228 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Logos 
‚ Merinth = Kerinth bei Epiphanius 


- 


‚ Maria, Myrophore und Zeuge der 
' Auferstehung 219f. 229, — 
| 238 f. 358 i 
Maria, Mutter Jesu 26 
' Maria Magdalena, Myrophore und —9 
| Zeuge der Auferstehung 2191. Ι & 
| 229. 232f. 2381, 868 — ihre 
' Schätzung bei den Gnostikern EN 
| : 2891. Ἢ 
' Martha, Myrophore und Zeuge der — 
Auferstehung 219f. 229, 289. 
238f. 358 — Schätzung bei 
' den Gnostikern 40°... 
' Märtyrer, bei der 2, Parusie Christi [7 
' 848, 702 — Prärogative fürs a 
Himmelreich 378.477.508.516f. 
| 523. 5294. — ihre Wertschät- τὺ 
ı zung 385 — jüdische Märkyrer u 
460 Ἧ 
' Materie, Ursache des Bösen 324 ΝΣ 
Matthäus-Ev., verstümmeltes, bei 
den Kerinthianern undEbioniten 
410. 413. 415 x 
᾿ Maximilla, montan. Prophetin 481 
' Melito (v. Sardes) 396. 552 — 
Chiliast 355 — Buch über das 
Passah 579. 623. 624. 626. 630 
Menschwerdung s. Christus resp. 


412 ff, 731 — Doppelgänger des 
Ebion 414. 432 


Michael, Erzengel 285. 575 
Modalismus 274 
Montanisten 195. 370. 372. 401 
— ihr Chiliasmus 355. 365. 4: 
— ihre Askese 383 — ihr Pı 
phetismus 384. 420. 450 
Sammlung der prophetischen 
Aussprüche 440. 444 — ihr 
Passahfest 639 — ihre Oster- 
festberechnung 640 f. 715 
Muratori, Kanon 255. 373. 434 
Mutter (μήτηρ), SROSEFERE| 275. 
276. 502. 5600 


| Naassenerhymnus 282 


_ Nathanael (Apostel), im Apostel- Ὁ 
katalog der Epist. 229. 230. 
240. 244 — in der apost. KO 


231. 240. 242 


Nepos (Bischof in Ägypten), Chi- | 
liast, bekämpft von Dionysius 


v. Alex. 365. 422 


Nicäa, Konzil über Ostertermin 


580. 646. 675 


Nicodemus, Ev. des Nie. über die 
Hadesfahrt 573f. — Datum des 


Todes Jesu 633 f. 
Nicolaiten 404f. 414 


. Novatianer, imWesten feiern Öster- 


fest im Anschluß an die Kirche 
645 f. — im Osten Osterfest nach 
den Juden 646 — Synode zu 


Pazos 646 — Synode zu San- 


garos 646 


Oden Salomos, Entstehung wahr- 


scheinlich in Syrien 569 — 
großkirchlichen Ursprungs 561 
— über den Descensus 561 ff. 
Offenbarungshypostase 208. 252. 
‚267. 272. 305. 307 
 Offenbarungsliteratur 202 f. 370 f. 
Ogdoas, Ort der Mutter 503 — 
bei Clemens Al. 5231. 
313. 536 
Origenes 177.287. 365 — über die 
Auferstehung 199. 531 — über 


die 7 Himmel 277 — über die 


Empfängnis 290 — über Juden- 
christen 387. 622 — über die 


christlichen Feste 606 f. — über 
den Descensus 543f. — seine 


Eschatologie 526 ἢ. 


Osterfasten, verschiedene Dauer 
579. 585 — sechstägiges O. in 
der alexandr. Kirche 604. 636. 

in der syr. Kirche 651 

— bei Epiphanius 636 — bei 

den Audianern 678 — Moti- 


655, 


vierung in der Didaskalie 655 ff. 
— als Trauer um die Juden 660. 


Namen- und Wortregister. 


75* 


664 ff. 668f. — Fasten über 
das Leiden Christi 655. 656 
— Brechen des Fastens in der 
Charsamstagnacht 580. 606. 
698f. — Gottesdienst und 
eucharistische Feier am Don- 
nerstag 688. 697 

Osterfest, stets am Sonntag 579. 
585. 701 — Jahresfest der Auf- 
erstehung 579. 596. 597. 610. 
611 — Berechnung ursprüng- 
lich nach den Juden 580. 672. 
673 — Feier innerhalb der 
ἄξυμα 644. 674. 677 — Feier 
nach der ἰσημερία 675. 677 

Ostervigilie 604. 684. 686. 705 
— verbunden mit ἀγρυπνία 665 
— Gottesdienst 665. 667. 686 
— eucharist. Feier 700f. — 
Taufe s, dort 


Papias 255. 396 — sein Chilias- 
mus 355 

Papirius, Vertreter des Quarto- 
decimanismus 370 — angebl. 
Nachfolger des Polykarp 709 

Paradies, Abteilung in der Unter- 
welt 461. 543 — im Himmel 
457. 515. 527. 530. 541. 543. 
575 

Paraklet, im Symbol 261. 273.401 
— bei den Montanisten 420 

Parusie, zweite 196. 310. 466.495 
— Zeitpunkt 337 f. 3971. 

Passah, jüdisches 579. 584. 601. 
603. 670 — falsche Berechnung 
der Juden 612 f. 673. 675. 694 
— ohne Fasten 602. 685 — 
Nationalfest der Erlösung 598. 
603 

Passah, Bedeutung des Wortes 601. 
687 — Christus — πάσχα 602. 
626. 628 f. — Passah = Trauer- 
zeit 603 f. 606. 687. 689. 715 
— Passah = Ostern 607 f. 

Passah, christliches, bei den Klein- 
asiaten 601. 609 — angeblich 


τοῦ 


Fest der Einsetzung des Abend- | 
mahles 584. 597. 601. 609 — ᾿ 
eucharistische Feier in Form 
einer Pannychis 593. 594. 619. 
686. 698. 700 — Jahresfest des | 
Gedächtnisses des Todes Jesu | 


und zugleich der Erlösung 598. 
600f. 603. 609. 611. 613. 616. 
626. 632. 633. 700 — Entste- 


hung reicht bis in die apostol. 


Zeit zurück 608 f. 


Passahfasten 579. 598. 603. 636. 


651 

Passahgesetz 617. 621. 625. 635. 
638. 658. 679 

Passahmahl — Jesus am 14. Nisan 
das gesetzliche Passahmahl ge- 


gessen 598. 601. 618. 619. 620. | 


621. 624. 631. 679. 682 


Patriarchen, über ihr Los in der 


Heilszeit nach jüdischer Vorstel- 


lung 458f. — ihre Herausfüh- 


rung aus der Unterwelt s. Ge- 
rechte 

Paulus, in der Epist. als Heiden- 
apostel geweissagt 186f. 211. 
247f. 258. 886 — über den 
Kreuzestod 304 — über Sün- 


denvergebung323—überAdams 


Ungehorsam 329. 331 — über 
die Auferstehung 350 — über 
Gesetz und Evangel. 391.394 — 
Identität seines Ev. mit dem 
der Urapostel 190 f. 255. 396 — 
seine Eschatologie 337. 463 — 
über den Descensus 464 

Paulusakten, verfaßt vom kleinas. 
Presbyter 371 — Stellung zum 
Judenchristentum 193, zum 
Gnostieismus 195 f. — Vertre- 
ter der ἀνάστασις τῆς σαρχός 
200f. 314 — Hochschätzung 
der Märtyrer 343 

Pentekoste, bei den Juden 338 — 
bei den Christen Freudenzeit 
604 ἢ, 607. 687. 689. 710. 715 

Petrus, Zeuge der leibl. Auferste- 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


| ' Pharisäer, Verdreher des Gesetzes ἘΠ 


| ‚ Philo, über die Seele nach dem 


hung Jesu 221. 237. 299 — im 
Gefängnis 246. 368 — Apoka- 
Iypse des P. 206. 371. 559 — 
Evangelium des P,, doketisch 
gerichtet 368, dessen Juden- 
feindschaft 667, die — 
Jesu in der Unterwelt 67° 
Petrus v. Alexandrien, Schriftüber 
das Passah 612 — über ds 
Stationsfasten 661 ἼΝ 
‚ Petrusbrief, erster, über die Pre- 3 
digt in der Unterwelt 464. 527. 
538. — 


253.308 — über denZwischen- -⸗ 
zustand 460 Er: 
Philadelphia, judaistische Strömun- 
gen daselbst 389f. 95 
‚ Philastrius, über Kerinth 411.417f. 
— über die Aloger 423. 4481. 
— über dieQuartodecimaner 634 
Philippus v. Hierapolis, sein Grab 
439. 446 — Quartodeeimaner 
370. 395. 580 


Tode 460 
Pionius, Märtyrer in Smyrna 705 
Pistis Sophia 183f. 206 — Ge- 

heimoffenbarung Jesu 203. 239 

— Herabstieg Christi 283 — 

Himmelfahrt Christi 284 — 

Empfängnis der Maria 289 
Planetenmächte 276f. 325 
Pleroma, gnostisches 276 — Ein- 

gehen der Pneumatiker 503 
Plinius 266 
πνεῦμα — Christus 252. 273. 286 
Pneumatiker, ihr sittliches Han- 

deln indifferent 325 — ‚ihre 

ἀνάπαυσις in derOgdoas276. u 
Polykarp 364. 366. 407 — über 

die leibl. Auferstehung Wen - 

verteidigt die kleinasiat. P 

feier gegen Anicet 869. 578. 

594f. 

Vita Pojycarpi, kein. Werk 
des Pionius, sondern Fälschung 


ο Porphyrius 


4 


— — 


— — 


> eines Syrers aus dem 4. Jahrh. 


701 δ΄, benutzt Eusebius 708 f., 

die Paulusakten (?) 7121. 
Polykrates (Bischof ν. Ephesus), 

Vertreter des kleinasiat. Quarto- | 


decimanismus im Kampfe gegen 


Vietor v. Rom 369. 578. 580. 
582 ff. 
Pontius Pilatus 218. 242. 299. 305 
Acta Pilati, verlegen den Tod 
Jesu auf den 25. März 633 — 
auf diese berufen sich Quarto- 


decimaner 633 — Entstehung | 


im 4. Jahrh. 634 

450 

Praxeas, Gegner der Montanisten 
441 

Presbyter des Irenäus 478 — über 


"Namen- und Wortregister. 


— 


Ptolemaus (Gnostiker), über die 
| jüdischen Feste 583 


uadrages 687 
uartodeeimaner (Kleinasiaten), 
feiern das Passah am 14. Nisan 
ohne Rücksicht auf den Wochen- 
tag 579. 582. 585. 586. 596. 
633 — Beendigung des Fastens 
am gleichen Tage 579. 598. 603. 
636. 699 — kennen kein Jah- 
resfest der Auferstehung 617. 
633. 645. 704. 715 — das Ende 
der quartodecimanischen Ob- 
servanz unbekannt 705. 
' Quintilla, montanist. Prophetin 
431 Doppelgängerin der 
Priscilla 432 


die Verfehlungen der alttest. 


Frommen 479f. — über den 


Descensus 479f. 
Preuschen 578. 597. 599. 627 


- Priseilla, montanist. Prophetin 431 | 


Proklus, Montanist 422. 439, 581 


— Dialog des Cajus gegen ihn | 


s. Cajus 
— Propheten des A.T.s, durch sie 
redet der Logos 208. 250 f. 257. 


ihre Errettung aus der Unter- 
welt 316f. 484 — ihre Auf- 
‚erweckung von den Toten 474. 
554. 567 — ihre Missionstätig- 
keit in der Unterwelt 542 — 
nach den Gnostikern Diener des 
Judengottes 482. 504, werden 
zu den Psychikern gerechnet 503 
— ihre Seelen in der Äonen- 
welt 504. 505 — s. Gerechte 
Psychiker, ihr sittliches Handeln 
indifferent 325 — ihr Aufent- 
halt beim Demiurgen nach dem 


Tode 276. 503 — bei der συν- | 
τέλεια Aufrücken in den Ort | 


der Sophia 504 


 .272f. 306 f. 322. 465 — Offen- ᾿ 
-  barer und Erfüller des göttl. 
 Heilswillens 307. 388. 391 f. — 


Rahmani, Herausgeber des Testa- 
mentum 156. 

' Raphael, Erzengel 281. 285 — 

Begleiter des Henoch 548 

' Reich, messianisches 498f. — 

tausendjähriges 249. 421. 466. 

| 521. 525 

' Reichtum, Feindschaft gegen den 

| BR 884£ 

| Reitzenstein 289 

' Resch 221. 224. 473 

‚ Riedel 160 

Ritschl 601 

Rolffs 424 


Sabaoth, Demiurg 276 

Sabatier 241 

| Sabbatfasten 672. 722 

Sabbatgottesdienst 721 f. — in der 
syr. Kirche als Gedächtnistag 
derSchöpfung 722 — Entstehung 
im 4. Jahrh. 723 — in der syr. 
Didaskalie unbekannt 723 

σοββατίζειν 888, 394 

Sabbatius, Novatianer 646f. — 
seine Passahfeier 647 f. 

' Sadducäer, Leugner der Auferste- 
hung 461 - 


18" 


Sagaris (Bischof v. Laodicea), 
Quartodecimaner 370. 623 

Salome, in der Umgebung des Auf- 
erstandenen 238 f, 358 — Spre- 
cherin in der Pistis Sophia 240 

Sarah, Myrophore(?) 180. 232 

Satan, Beherrscher dieser Welt 
548. 556.573 — sein Wesen 
nach den ntl. Schriften 549 f. 
— kein Herrscher in der Unter- 
welt 462, 549. 571 — beim 
Endgericht in die Gehenna ge- 
worfen 548. 550. 576 

Sartornil, Gnostiker 366 

Scheol, unterhalb der Erde 455 
— Versammlungsort der Toten 
resp. der Gerechten 455. 458. 
460 — Ort der Belohnungen 
und Strafen 456. 461 — ver- 
schiedene Abteilungen 456. 461. 
541 — keine Bekehrungsmög- 
lichkeit 457, dagegen Origenes 
540 f. 

Schermann 237. 241. 243. 362. 

Schürer 577. 598. 611. 616. 626. 
637 

Schwartz 237. 365. 403, 411.417. 
428. 433 f. 445 f. 452. 578. 586. 
600, 615. 620. 623. 626. 639. 
643. 646. 648. 652. 658. 659. 
666. 669. 671. 705. 724 

Sedlatek 726 

Seeberg (Alfred) 363 

Seele, sofortiger Aufstieg nach 
dem Tode 459. 463. 478. 491. 
500. 513. 515. 522f. 527. 569 
— Aufstieg in verschiedenen 
Stufen 524f. 529f£ — kein 
Descensus in die Scheol 515. 
527. 530. 543. 547 — Ver- 
einigung mit der Gottheit 525 
— von den Archonten geformt 
500 — Verantwortung beim 
Gericht 346f. 350. 352f. — 
im Kerker des Körpers 459. 
524 — geht nach dem Tode in 
die Scheol 455 f.. 462 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Seelenwanderung, bei den Gnosti- 
kern 505 
Seligkeit, ewige 457, 481 
Sibyllinen, über die Geburt des 
Logos 291 — über den Des- 
census 498 f, 7 
Siegel (= Taufe) 320. 485. 4856 
Simon (Magus), Gnostiker 169. 
171. 194. 195. 364, 374 — 
S. — Christus 282 = 
Sophia, Mutter desDemiurgen275f. 
285. 331. 502 — ihr Eingehen 
ins Pleroma 503 - 2 
Sophia, personifizierte Hypostase τς 
Gottes 285 — 
Sophoniasapokalypse 276. 548 e 
Soter, röm. Bischof 581. 538.000. π᾿ 
591. 595 En; 
Soteriologie 304 ff. 3 
Stationsfasten der Juden am Mon- ΠΕ 
tag und Donnerstag 602. 607 
— der Christen am Mittwoch 
und Freitag 597. 602. 607. 657. 
659. 660, ihre Motivierung 661. 
Steitz 577. 603. 611. 612 Me 
Strafe, ewige 354. 356 — Stra- 
fen behufs Erziehung 528. 540 
Strataeas, angebl. Bischof v.Smyrna 
und Bruder des Timotheus 7 10 f. 
Sündenfall s. Adam 
Sündenvergebung, bei der Taufe 
318. 520, 322. 323. 480. 48 
490 — 5, der Gefallenen 381 
Symbol s. Glaubensbekenntnis 
Syrien, Zentrum der paulin. | 
denmission 187. 212. 369 - 
syr. Christentum 374. 560. 569 
— Judenchristen in 8. ee; ’ 
668 " 


Tatian (Apologet), betont d 
menschl, Freiheit 327 — ke 


syr. Kirche 555 — 8, 
saron 

Tattam 158 

Taufe, Stiftung der Taufe 


Jesus 318 — ohne Taufe kein 

Eingang in das Himmelreich 
318f. 486 — Taufe der alt- 
test, Gerechten in der Unter- 
welt 317. 479. 481. 485. 486. 
488. 490. 505. 538 — T. in der 
Ostervigilie 686. 687 

Tertullian, über die Einstimmig- 
keit der Urapostel und Paulus 
190. 192 — gegen den Doke- 
tismus 199, 200 — über den 
dies paschae 604 f. — über so- 
lemnia paschae 703 

Tessareskaidekatiten s. Quarto- 
decimaner 


Testament, A., Stellung der Epist. 
208 ff. 250 ff., des Ignatius 391 f., 

des Marcion 482. 500 

Testament, N., Stellung der Epist. 

„214 fl. 

Testament der XII Patriarchen 

276. 472. 499 

Testamentum Domini nostri, 1. u. 
2. Buch des Clementin. Okta- 
teuchs 157 — handschriftl. Über- 
lieferung 157 — in Syrien ent- 

- standen 158 — von den kopt. 
AMonophysiten übernommen 158f. 

᾿ς and ins Arabische übersetzt159f. 

- Athiopische Rezension 160 fl. — 
Benutzung der Epistola 357 f. 

861. 372 — über die Hades- 
fahrt 572 — unterscheidet Pas- 
sah und Pentekoste 687 | 

Teufel s. Satan 

Thaddäus, Predigt in Edessa 554 

Theodoret, Bericht über Kerinth 
409, über die Quartodecimaner 
615. 

Theodotus (Gnostiker), über die 
Ogdoas 275. 281 — über den 
Descensus 501 

Theophilus (Apologet), betont die 
menschliche Freiheit 327° — 
kein Chiliast 355 

Theophilus von Alexandrien 631 

Thomasakten, kirchl. Ursprung, 


Moamen · und Wortregister. 


79* 


aus Syrien 557 — über die 
Hadesfahrt 557 f. 

Thomasevangelium 170, 226 ἴ, 

Thrasess (Bischof v. Eumenea), 
Quartodeeimaner 370 — Grab- 
stätte des Märtyrers in Smyrna 
709 Ἶ 

Thyatira, Abfall zum Montanismus, 
von den Alogern gegen die Echt- 
heit der Joh.-Apokalypse aus- 
gespielt 429 f. 731 — Rückkehr 
zur kathol. Kirche 430 f, 

Tod — Hades 550. 562. 573 — 
verschlingt die Toten 563. 570 
— Türhüter der Scheol 570 — 
Herrscher der Unterwelt 508 

Todeskelch Christi 702 

Traditionsprinzip 254 

Tricentius, Quartodecimaner 612 ἢ, 
— identisch mit Crescentius 615 

Tryphon, verwirft die Herabkunft 
des hl. Geistes auf Christus 298 
— Frage wegen Teilnahme der 
Juden am Messiasreiche 466 — 
zählt die Christen zu den Hei- 
den wegen Aufgabe der jüd. 
Feste 584. 596 


Universalismus des Heils 498. 531. 
533. 536. 543. 545. 
Unsterblichkeit der Seele 311. 459 
Unterwelt, Heilstätigkeit und Pre- 
digt Christi in der Unterwelt 
an die alttest. Gerechten 317. 
467. 475 f. 479. 480. 489. 498. 
499. 507. 509. 532 f. 538. 554 
s. Johannes der Täufer; Apostel 
— Erscheinung Christi in gött- 
licher Majestät 558. 562. 570. 
574f.— Schilderungder Unterw. 
bei Hippolyt 510f., bei Tertul- 
lian 513 ἢ, — verschiedene Ab- 
teilungen 316 — Reinigungsort 
für alle Seelen 524. 526 f. 529. 
540 — furchtbare Strafen 559 
Urapostel, ihre Weltmission 182. 
185f. 193. 256.485 ff. — Zeu- 


80* 


gen der Wahrheit 201. 358. — | 


Repräsentanten des Judenchri- 
stentums 188 — ihr Verhält- 
nis zu Paulus 190. 396 

Uriel, Erzengel 2835 — Herr über 
den Tartarus 548 

Urmensch = Adam in den Pseudo- 
klement. 331. 


Valentin (Valentinianer) 294. 366. 
406. 417 

Verantwortlichkeit 326 f. 330. 335 

Verdammnis, ewige 457 

Verfolgungen 340. 385 f. 

Vergeltungsgedanke — *— dem Tode 
456 

Verhängnis des Bösen 924 f. 

Versöhnung 305. 307. 329 

Vietor (Bischof v. Rom) im Pas- 
sahstreit 370. 581f. 587 
Brief des Irenäus an Victor 578. 
ὅ91 ἢ, 

Vollchristen, Verhalten zu den 
Sündern 380 

Vollfasten s. Fasten 

Vollkommenheit, verschiedene Stu- 
fen nach Clemens Alex. 523. 538 


Wahlfreiheit 326. 328. 332. 375 

Wehen der Endzeit 168. 339 f. 385. 
399 

Weisheit s. Sophia 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


Weissagungsbeweis209, 250f. 912. ἐδ 
393. 465. 467 5 
Weitz 577. 611. 612. 621 
Weltende 338 f. — 
Weltgericht 8401, 357. 
Weltmission s. Apostel; 
apostel 
Weltschöpfer s. Gott; Logos 
Weltvernunft 303 
Wiedergeburt 311 
Wiederkunft Christi 8. Parusie 
Willensfreiheit 323 f. 329f. 3832 


Xandikos (Monat des asiat. Ku 
lenders), identisch mit dem jüdi- 
schen Nisan 586. 637 


Zahn (Theod.) 226. 228. 390. 395. 


418. 423. 426. 428. 449. 449. 
577. 584. 585. 5877, 504. 505. 6 


627 a 
Zephyrin, Bischof von Rom γι 
Zweinaturenlehre über orrieiu⸗ et 
bei den Gnostikern 3998... 
Zwischenzustand, der Seelen im 
Hades 456. 489. 490. 514. 520 
— abgelehnt vom Diaspora- 


judentum 459. 521, von Chri- 
sten 514f. 519. 522f., schwan- 


kend bei Ignatiss 78° DO 


Berichtigungen. 


‚u. 1, Ursachen st. Ursache. 

den Zitaten die Zahlen von Z. 10 und 15 in 5f. und 
ändern. 

8 L Joh. 7, 38 st. Joh. 37, 3. 

9 1. ἀλεκτοροφωνία st. ἀλεκεροφωνία. 

Zitate 7. 8 und 4 inZ.2 zu verändern und Z. 16 


Degen 
N 
— 
> 
- 


sa2sE 


Ν᾿ ΒΕ: 


Β5᾽ 
A 
4 


die Zeilenangabe 10 eine Zeile herunter. 
das Zitat 7. 13 τόπος “αζάρου auf die S. 87. 
rg 11 st. 22. 11. 


SER 88 


S 
ΞΕ 
Sun 
on 
2 
=" 


st. 4. 

ebr. 12, 22 st. 11, 22 — Zitat Z. 6 L 768. st. Jer. 

iche Z. 6 Apoc. Joh. 21, 2. 9. 

„Z.2v.u. 1. Briefen st. Briefe. 

f. Über Benutzung der apokalypt. Rede Jesu durch den 
der διαϑήκη vgl. S. 358 f. 

l. Askewianus st. Brucianus, 

L Israels st. Israel, ebenso 8, 185 Z.3 v. o. 

EEE Dana 
8 


535 32 
SNbES 
I Eu | 
fans 
5 


7 v.o. l. der Propheten st. des Pr. 
u. l. an der Spitze st. an die Spitze; ebenso 8, 230° 


NNSNSNANNN 
— 


u. 
ο. 1. enge Beziehungen zu Ägypten. 
die Anm. 1 zu Ζ. 2 v.o. 

. 1. Evangelien st. Engangelien. 

Z. 2 v.u. 1. schlägt st, sehlägt. 

.o. und & v. u, 1. Kautzsch st. Kautsch, 

. u, ist neben Clemens Al. auf Origenes, Comment. II, 13 
„ tom. VI, 133 ed. Lomm. und Select. in Ps. tom. XII, 
5. 68. "1021. zu verweisen. 


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S. 291 2.9 * l. ἀχράντοισι St. ἀρχάντοισι. 

S. 305 Z. 14 v. u. 1. der Archonten st. des Arch. 

S. 324 7. 14 v. o. 1. ἀδικία st. ἀδακία. 

5. 369 Z. 10 v. > streiche den Satz über die ——— in 


Syrien, Mesopotamien und Persien. 
T, u. U. "14: Schmidt-Wajnberg. 6* 


Schmidt-Wajnberg: Epistola apostolorum. 


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τῷ 
* 


J. nichts st. nicht. 
l. Huius st. Huis, 
.u. 1. Leucius st. Leuecins. 
. 1. Philastrius st. Kerinth. 
l. αὐτά φασιν und Z.8 v. u. αὐτὰ. 
l. ὠφελεῖ st. ὠφελεῖ, 
l. 


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. 0. 1. Epiphanius st. Epiphanias — Z.9 v. ο. 1. fünf 
ücke st. fünf Stück 
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. ἢν der Abfassung st. den Abfassung. 

. 1. Eusebius st. Irenäus, 

. 1. Importware st. Imporware. 

. 1. sterblichen st, unsterblichen. 

v.u. ]. κοιμώμενοι St. κοιμωμένοι. 

. 1. haben st. habe, 

. 1. Befreiung st. Befreiuung, 5 
streiche den .Satz: Auch stellt er... orientalischer 


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v.u. setze Punkt nach ignorant. 

v. 0. 1. ἀγαϑοεργία st. ἀγοθϑοεργία. 

526, Anm. Z, 5 v. u. 1. Auferstehung st. Auffrischung. 

.563 Z.7 v. ο. 1. Erschienenen st. Eschienenen. 

564 letzte Anm. setze 4 st. 3. 

565 Z. 1 setze Anm. 1 zu Gefangenen. 

566 Anm. 1 ]. Test. XII Patr. st. Test. XII part. 

579 Z. 2 ν. ο. 1. Bacchylus st. Bachylus. 

. 602 Z. 2 v.o. setze Punkt hinter „nicht“. 

615 Z. δ΄. Epiphanius muß doch bei den Worten ἐν χρόνοις Πολυ- 
κάρπου καὶ Βίκτωρος an den Streit zwischen Polykrates und 
Victor, gedacht haben, denn die Worte ὡς ἡ ἀνατολὴ πρὸς 
τὴν δύσιν διαφερομένη εἰρηνικὰ παρ᾽ ἀλλήλων οὐκ ἐδέχοντο er- 
innern an den Passahstreit des Victor, während zur Zeit des 
Polykarp und Anicet aus diesen Differenzen nach dem Briefe 
des Irenäus an Vietor die Harmonie der Kirchen gerade nicht 
gestört wurde. 

.621 Z. 11 v. ο. 1. περιέλκοντες st. πιριέλκοντες. 

. 623 Man könnte mit einem gewissen Rechte die Vermutung auf- 
stellen, daß der Verfasser unserer Epistola diese ζήτησις der 
kleinasiatischen Kirche im Auge hat, und daß er infolge 
dieses-Streites bewogen ist, ‚mit allem Nachdruck die Passah- 

- feier als Gedächtnis des Todes Christi zu betonen, um da- 
durch die These der Gegner abzulehnen, daß Jesus am 14. Nisan 


San 


Punnnmmmmmi τ 


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das gesetzliche Passah gegessen hätte. Dann könnte auch die 


Epistola noch näher auf c..170 n. Chr. datiert werden. 
. 635 Z. 11 v. o. 1. 20. März st. 22. März. 
. 652 Anm. Z. 11 v.u. 1. ἕκτῃ st. ἕκτη. 

. 666, Anm. Z.5 v. u. 1. ταχϑεῖσαί st. ταχϑεισαί. 

692 Ζ. 2 ν. ο. 1. ἑσπέρας st. ἑσπέρα. “᾿ 


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en Berichtigungen. : 83* 


8.695 Z.7f.v.u. Wenn Epiphanius das Äquinoctium in der Lei- 


nun 


denswoche auf den 26. Phamenoth — 22. März verlegt, so 
werden wir an Anatolius (Euseb. h. e. VII, 32, 14. 15) er- 
innert, der den Anfang der Enneakaidekaeteris auf diesen 
Tag verlegt und den 26. Phamenoth zur Ostergrenze gemacht 
hatte. Nun ist bei Epiphanius auffällig, daß er mit diesem 
Tag die Auferstehung zusammenfallen läßt, obwohl doch nach 
seiner Berechnung in Übereinstimmung mit der Kirche das 
Osterfest stets nach dem Äquinoctium gefeiert werden sollte, 
Es scheint, daß in seiner Vorlage das Äquinoctium auf Frei- 
tag den 20. März fiel, und daß infolge der angenommenen 
falschen Berechnung der Juden dieses Äquinoctium von Epi- 
phanius von Freitag auf Sonntag verschoben wurde. Das 
stimmt zu der Beobachtung von Schwartz, Ostertaf. 5, 15, 
' daß das Äquinoctium in der Mitte des 3. "Jahrh. nicht auf 
den 22., sondern auf den 20. März fiel. 
7. 14 v. ο. 1, ἑσπέρας st. ἑσπέρας. 
E ΧΥ͂Ι Ζ.1 1. [nalssor ne st. [alssor ne, 

.4 und sonst hat Wajnberg übersehen, daß der grie- 
Be Text nur eine Rückübersetzung des syrischen Textes 
vonseiten Lagardes ist. 


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