Google
This is a digital copy of a book that was prcscrvod for gcncrations on library shclvcs bcforc it was carcfully scannod by Google as pari of a projcct
to make the world's books discoverablc online.
It has survived long enough for the Copyright to expire and the book to enter the public domain. A public domain book is one that was never subject
to Copyright or whose legal Copyright term has expired. Whether a book is in the public domain may vary country to country. Public domain books
are our gateways to the past, representing a wealth of history, cultuie and knowledge that's often difficult to discover.
Marks, notations and other maiginalia present in the original volume will appear in this flle - a reminder of this book's long journcy from the
publisher to a library and finally to you.
Usage guidelines
Google is proud to partner with libraries to digitize public domain materials and make them widely accessible. Public domain books belong to the
public and we are merely their custodians. Nevertheless, this work is expensive, so in order to keep providing this resource, we have taken Steps to
prcvcnt abuse by commercial parties, including placing lechnical restrictions on automated querying.
We also ask that you:
+ Make non-commercial use ofthefiles We designed Google Book Search for use by individuals, and we request that you use these files for
personal, non-commercial purposes.
+ Refrain fivm automated querying Do not send automated queries of any sort to Google's System: If you are conducting research on machinc
translation, optical character recognition or other areas where access to a laige amount of text is helpful, please contact us. We encouragc the
use of public domain materials for these purposes and may be able to help.
+ Maintain attributionTht GoogXt "watermark" you see on each flle is essential for informingpcoplcabout this projcct and hclping them lind
additional materials through Google Book Search. Please do not remove it.
+ Keep it legal Whatever your use, remember that you are lesponsible for ensuring that what you are doing is legal. Do not assume that just
because we believe a book is in the public domain for users in the United States, that the work is also in the public domain for users in other
countries. Whether a book is still in Copyright varies from country to country, and we can'l offer guidance on whether any speciflc use of
any speciflc book is allowed. Please do not assume that a book's appearance in Google Book Search mcans it can bc used in any manner
anywhere in the world. Copyright infringement liabili^ can be quite severe.
Äbout Google Book Search
Google's mission is to organizc the world's Information and to make it univcrsally accessible and uscful. Google Book Search hclps rcadcrs
discover the world's books while hclping authors and publishers rcach ncw audicnccs. You can search through the füll icxi of ihis book on the web
at|http: //books. google .com/l
Google
IJber dieses Buch
Dies ist ein digitales Exemplar eines Buches, das seit Generationen in den Realen der Bibliotheken aufbewahrt wurde, bevor es von Google im
Rahmen eines Projekts, mit dem die Bücher dieser Welt online verfugbar gemacht werden sollen, sorgfältig gescannt wurde.
Das Buch hat das Uiheberrecht überdauert und kann nun öffentlich zugänglich gemacht werden. Ein öffentlich zugängliches Buch ist ein Buch,
das niemals Urheberrechten unterlag oder bei dem die Schutzfrist des Urheberrechts abgelaufen ist. Ob ein Buch öffentlich zugänglich ist, kann
von Land zu Land unterschiedlich sein. Öffentlich zugängliche Bücher sind unser Tor zur Vergangenheit und stellen ein geschichtliches, kulturelles
und wissenschaftliches Vermögen dar, das häufig nur schwierig zu entdecken ist.
Gebrauchsspuren, Anmerkungen und andere Randbemerkungen, die im Originalband enthalten sind, finden sich auch in dieser Datei - eine Erin-
nerung an die lange Reise, die das Buch vom Verleger zu einer Bibliothek und weiter zu Ihnen hinter sich gebracht hat.
Nu tzungsrichtlinien
Google ist stolz, mit Bibliotheken in Partnerschaft lieber Zusammenarbeit öffentlich zugängliches Material zu digitalisieren und einer breiten Masse
zugänglich zu machen. Öffentlich zugängliche Bücher gehören der Öffentlichkeit, und wir sind nur ihre Hüter. Nie htsdesto trotz ist diese
Arbeit kostspielig. Um diese Ressource weiterhin zur Verfügung stellen zu können, haben wir Schritte unternommen, um den Missbrauch durch
kommerzielle Parteien zu veihindem. Dazu gehören technische Einschränkungen für automatisierte Abfragen.
Wir bitten Sie um Einhaltung folgender Richtlinien:
+ Nutzung der Dateien zu nichtkommerziellen Zwecken Wir haben Google Buchsuche Tür Endanwender konzipiert und möchten, dass Sie diese
Dateien nur für persönliche, nichtkommerzielle Zwecke verwenden.
+ Keine automatisierten Abfragen Senden Sie keine automatisierten Abfragen irgendwelcher Art an das Google-System. Wenn Sie Recherchen
über maschinelle Übersetzung, optische Zeichenerkennung oder andere Bereiche durchführen, in denen der Zugang zu Text in großen Mengen
nützlich ist, wenden Sie sich bitte an uns. Wir fördern die Nutzung des öffentlich zugänglichen Materials fürdieseZwecke und können Ihnen
unter Umständen helfen.
+ Beibehaltung von Google-MarkenelementenDas "Wasserzeichen" von Google, das Sie in jeder Datei finden, ist wichtig zur Information über
dieses Projekt und hilft den Anwendern weiteres Material über Google Buchsuche zu finden. Bitte entfernen Sie das Wasserzeichen nicht.
+ Bewegen Sie sich innerhalb der Legalität Unabhängig von Ihrem Verwendungszweck müssen Sie sich Ihrer Verantwortung bewusst sein,
sicherzustellen, dass Ihre Nutzung legal ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass ein Buch, das nach unserem Dafürhalten für Nutzer in den USA
öffentlich zugänglich ist, auch für Nutzer in anderen Ländern öffentlich zugänglich ist. Ob ein Buch noch dem Urheberrecht unterliegt, ist
von Land zu Land verschieden. Wir können keine Beratung leisten, ob eine bestimmte Nutzung eines bestimmten Buches gesetzlich zulässig
ist. Gehen Sie nicht davon aus, dass das Erscheinen eines Buchs in Google Buchsuche bedeutet, dass es in jeder Form und überall auf der
Welt verwendet werden kann. Eine Urheberrechtsverletzung kann schwerwiegende Folgen haben.
Über Google Buchsuche
Das Ziel von Google besteht darin, die weltweiten Informationen zu organisieren und allgemein nutzbar und zugänglich zu machen. Google
Buchsuche hilft Lesern dabei, die Bücher dieser Welt zu entdecken, und unterstützt Autoren und Verleger dabei, neue Zielgruppcn zu erreichen.
Den gesamten Buchtext können Sie im Internet unter|http: //books . google .coiril durchsuchen.
•~Viil^
*^--
:^(i.sj^
I
^^y^^jr;^ ^
->* :^ ^-'
:-- — ^
^^ ^.^ ^- J^ylJ^ ^ «^ >^ ^ J^ 4^ ^ Ci^ 4Tv
-^ /^^ t^ '^P' ^ »-^ 4^ ^- *>^ y1J>. ^ «^ >^ Sj J^ 4^ ^ t^ 4^ ^ i-^ 4>v VJ fc^ ^ ^^ ,
/^U^ ^U,S\ /p^vj/>S ^ ^>'~ /jT*--" ^-'^ .-T.-.^' ^y."^, >!-!!
^^OCy ^>wO'^ ^^Jrvw^'^ ^N40«</' >.^^ .,'"^^x -i. .••.' ---»1 ■•-■■' ^ "^ .-
^^ >-. ^ 'Ü/
vV-
//i>, s^ w'' a|\\ ^ >^ /m ^^ >-^ ^ i.»
-^ €o3? •^*"'~ ■''-' -^-"^^ "^'
^iV,
aV ^
(cz;
Ju'?^4l.^1^>
^S^^ &k^ rr-'S sl.H^-> 'c:^-!--^ ^'":'^^' ^:-:-- ^-
^
6
^^^j:^^
mV.
s;. ^ 4^^1^4;^^ii1^;^^^^^^ -^-' /^^ ^ -"^ '^^
>n\ ^ J>' ,0' ^^ -'^ m -^ ^''' -oN ^ ^ /^x ^ '^'^ -'. i
^ -^ "-^Vx X*» >*V >-v ^v -yi.-v
r:^-;:^
-.-"^
v^^vv /i/^^ /s^u^vN ,>tuK. /y-\^'^ ■^^^, cii'^'r*, <c:'-^ ^£"^ '>^;>'^ ''.r;-:r \^\;^^ ■^■^'^r^,' v^/'-r. ,
/<U ->
^-^w^^^^V^
TS'!]?
föit^) -fcr-S^ .'cr-.r-T^ ^cir-T^^ '^^Jl-^ cr^-r, •^-^•-^' v:.^:-?^ ♦^;>^^ "^'-
^^'^ &^' ^^ <^^ ^^- ^^.^' '^rt^ ^r^ ^^^: ■-:
. ^^^- ^^% ^^ •^^^^' ^-^'^^ <^^^ -^- '^".•-' '-.'^ ^--^-^ ^^
'^v
S ^^^fi^ Ö5^ <^5B, ^^, ''^-&^ '<—^ -.:^'> -^^'->. c^~--; :r- --.
■>i w«^/iVv '^ *y' /T^v "^ ^ ''Ik^
^Elr-^ s-^sJl «SJ^> l^rr^ ^^S*^ ^^.^-^-y ^r^—^ C^."- :^ ''r~ ' "^ ^ -'.t' 'CT- ^ <r: :i"S »_.-_;-* <~j;^-'r5» ■<'■ ^
^^' ^^^^ ^^, •^^ '^^<^ .«C^^> ■cr^r:>^ sc-' r:> •;_ ' ^. c_:r^ w "^ --■ :z :.-^ -:~? '^^^-
»-^•- yiüf^. ^u^c\ />^LJ^O\ >>^LJ^C\ />*^^s^. /v^^^v^ ^.' ,»o- -^ ^-^ '' _ ■ ' •. - " ■ / ' — _ , '■ -- ■
f...^, ,_.__ ^»öÄW''' ^CTWC^ ^^^TWC^ ^-^^ ^^'^ «6-^ -c:!--^; 'c:r;j^. ■<'.
5 "^^5^ ^^ ^ffi^ ^Ä^ ^^' ^^^' ■^--r?' ^'-~-"^' <•--/.-.- 'cV.r; r .'-r^^ ,^r:; -> <.-7. ^>> k^':.;-/ v'
Mrr V« •^
l)/ ^ <-v mV/ ^ rv M>^ >^ --v ^li^ y^ '^^irr ^ '-V ''il^ ,<* -"^
•^r^wi^^
^ ,-s ^i" -^ -V Mi'' >^ '^ M>' '11'
" ^ ^^ ^^^^ ■'^-'^' '^ '"^"^ '^'■■^' *^ 5^ '^-
a> Ägs^ ^"S^' ^^--x^-t" -■- ^ • '" "'^'-'J"^' ''- - "- ■'- ■" '" '
.y^/ ^ ^ rj:i/ -^'^ mV >'^ r^ ^'J'
'k^.
, -y. ^ - 4KN3 (^^4^^ ü?^>tfW^ C^4K^ i^x^>^ >^ /}> ^:- u^ 47v ^ >> ^X^^ ^ *^ >1)^ ^ ^- ><> ^ -^ '♦>'
V1>'
J>^ ^-- - ^M. --
L^/?-\x^^^x4; ^^^^,;^W^-^ r:vs^^;r'^^':r ^.'"'^^ ^' '^ '^^' .<^ ^ ''^' .-T '^•,'^'' r" > '^' .'
/JA ■■"
v^ - -
•s^ wyr ^-
■ U ■^-'
!l
ML
>'^'^J^:^'^''^^^^'"^.>
' -? ; ' y--^ ■'V
M>.
>'
.633
ZEITSCHRIFT
FÜB
SCHÜLGESUNDHEIT8PFLEGR
Begeündbt von De. L. KOTELMANN.
BEDIGIEBT
TOH
PKOFBSsoR DR. FR, ERISMANN in Zürich.
^ I
SEGHSZEHNTEB BAND.
1903.
Mit 4 Abbildangen im Text.
HIT EINEB BEILAGE: '
DER SCHULARZT.
Unteb besonpebeb Mitwibkung
VON HoFEAT De. P. SCHUBERT in Nüenbeeg
BEDIGIEET VON
# •
PBOFESSOB DB. FR. ERISMANN in zübich.
HAMBURG mro LEIPZIG,
VEELAG VON LEOPOLD VOSS.
1903.
Yerlagsaiutalt und Draokerei Aotien-Gesellsohaft
(Tonn. J. F. Biohter) in Hamburg.
Zeitselirift für Sclmlgesiiiidheitspflege.
Inhalt.
Originalabhandlungen.
über die BesiehiiDgen zwiBohen körperlicher Entwiokelnnff und Schulerfolg.
Von Dr. med. F. A. Schmidt and Hanptlehrer H. H. LsssBinoH in Bonn 1
Die Aproaechia nasalis bei Schulkindern. Von Dr. J. M. C. Mourov-Haag 7
Wie wird die Sohulgesundheitspfiege Gemeingut der Schale? Von Dr. med.
A. Baus, Seminararzt in Sohwäb.-Qmund 10
Begierangsbesohlüsse betrefft Beinhaltung der Schulen in Norwegen. Von
M. K. H&kovsov-Hanbbv, Lehrer und Obaenrator in Trondl^'em 16
Die Bntwiokelung der Sohularst-Inititution in Deutachland und der Sohulant
in Rostock. Von Dr.WsxBoBtock 68.168
Über die Gefährlichkeit der Schultinte. Von Dr. med. B. HxTMAxir, Aanitent
am hygiemschen Institut zu Breslau 81
Die „Nürnberger Schulbank'' und die j^Bettigbank". Von Oberbaurat a. D.
W. BKCTio-München 88
Erwiderung auf die obenstehenden AusfShrungen des Herrn Bsttig. Von
Ingenieur Sichslstibl und Dr. med. SoHUBBBT-Nürnberg 92
Ober Schulturnen und freie Leibesübungen. Von C. Maül, Direktor der
Groläherzogl. Badisohen Tumlehrerbildungsanstalt in Karlsruhe 189
Die Geanndheitslehre in der preufsischen Volksschule. Von Cabl Biohtbb-
Strausberg ; 143
Weitere Materialien zur Statistik der SchulTersaumnisse und ihrer Ursachen.
Von Direktor Emaxukl BAYBpWien 165
Der Handarbeitsunterricht yom augenSrztlichen Standpunkt. Von Dr. E.
H. Opfbnhbdgbr, Augenarzt in Berlin 211
Das Schulgebaude und seine Einrichtung in Frankreich und in Elsals-
Loihringen. Von Dr. med. Alfbbd Kuhn, prakt. Arzt zu Strafsburg-
Nendorf 217. 278. 448. 686
Die orthopädischen Übungen im k. k. Offizierstöchter-Erziehungs-Institut
zn Hemals in Wien. Von Prof. J. Pawbl, Universitätslehrer in Wien 271
Warme Fufse in der Schule. Von H. Pla.cc, Journalistin in Berlin-
Friedrichshagen 847
Staubbindende ^iTsbodenöle und ihre Verwendung. Von Dr. Enobls.
(Ans dem Institute für Hygiene und experimentelle Therapie zu Mar-
borg. Abteilung für Hygiene. Vorstand Prof. Bonhoff) 849
Zur Hygiene des Ünterrichtsplans. Vortrag im Ärztlichen Verein zu
Nürnberg am 6. MSrz 1908. Von Dr. med. Bichard Landau, städt.
Schularzt in Nfirnberg 878
a»
1
IV
8«lt«
Aoge und Kaust in der Schale. Von KreiBarzt Dr. H. BERGBR-Hannover. 433
Ober die Reinigung der Volkisobalklassen (Betrachtangen and Materialien).
Von Dr. med. Moritz FüRST-Hambarg 441. 545
Schalpantoffeln in Amsterdam. Von Dr. med. J. M. C. MouTOK-Haag. . . . 531
Über Verletzan|fen des Aages und Schaltinte. Von Dr. E. H. Oppbnhiimsr,
Augenarzt m Berlin 533
Kleine Schalklassen. Von C. Riohter in Strausberff 615
Ein Beitrag zur Frage über die Anwendung der staubbindenden Fufsboden-
öle für Schnlraume. Von fl. Sohmbrl, Oberlehrer der Mittelschule für
Mädchen zu Darmstadt 621
Zur Statistik der Nervosität bei Lehrern. I. Beitrag von Dr. Balf Wich-
MAKK, Nervenarzt in Bad Harzburg 626. 696. 776
Epidemische Augenentzündungen in Schulen. Von Dr. W. Fbilchsnfbld
in Gharlottenburg 677
Die Unternehmungen des Vereins für Ferien - Wohlfahrtsbestrebungen in
Hamburg. Von W. Hsnz in Hamburg 683
Ein Beitrag zur Schulgesundheitspflege. Von Dr. Carl HsvKio-Leipzig . . 751
Über die zweckm&fsige Einrichtung von Schularztstellen in Städten mittlerer
Gröfse. Von Dr. med. WBX-Lübeck 756. 856
Landerziehungsheime gegen die Tuberkulose. Von Dr. Georq Libbb, Heil-
anstalt Waldhof, Elgershausen 770
Das Nationalkon vikt in Tivoli, schulhygienisch beleuchtet. VonDr.med.etphil.
L. KoTBLMANV-Hamburg 849
Ans Versammlungen und Vereinen.
Seite
Die Notwendigkeit der Schulärzte. Von Dir. E. B^YR-Wien 19
Der Leipaer Jugendspielplatz und die Pflege der Jugendspiele. 12. Jahres-
hauptversammlung des „Vereins zur Gründung und Erhaltung von
Jugendspielplätzen in Leipa*'. Mitget. von Jos. Jüst, Schriftführer . . 21
Internationale Tuberkulosekonfereoz in Berlin, Oktober 1902. Aus einem
Vortrage von Sanitätsrat Dr. Obbrtüschbn 23
Zur Sprachpflege in den Nebenklassen. Aus einem Vortrage von Dr. med.
GuTZMANN-Berlin 24
Ursache und Verhütung der Tuberkulose mit besonderer Beziehung auf die
Schulverhältnisse. Aus einem Vortrage von Dr. J. Rühbmank im
Berliner Verein für Qesundheitspflege 24
Volks- und Schulbäder in Holland. Aus den Verhandlungen des am
13. September 1902 im Kurhause von Scheveningen eröffneten Kon-
gresses über die Einrichtung und den Betrieb von Volks- und Schul-
bädem 95
Über die verschiedenen Formen von Jugendfürsorge in Duisburg. Bericht,
erstattet vom Schriftführer des Vereins für Jugendfürsorge in der
Sitzung vom 22. Oktober 1902 175
Die Leibesübungen auf den Hochschulen. Nach einem vor der „Qesell-
schaft für wissenschaftliche Gesundheitspflege in Zürich^ von Seminar-
lehrer J. Spühler gehaltenen Vortrage. (Autoreferat) 236
Zur Schularztfrage. Vortrag, gehalten von Pro£ A. Schattenvroh in der
Vollversammlung der Osterreichischen Gesellschaft für Gesundheits-
pflege (Monatsschrift für Gesundheitspflege, 1902, No. 11) 298
Der vierte Verbandstag der Hilfsschulen Deutschlands in Mainz. Von
K. BASBDOw-Hannover und Stadtschulrat Dr. Wehre ahn, L Vorsitzender
des Verbandes der Hilfsschulen Deutschlands 387
Über Anzeichen beginnender Nervosität in den Schularbeiten der Kinder.
Wamungssignale für die Erziehung. Vortrag, gehalten in der Leipziger
Ortsgruppe des Deutschen Vereins für Volkshygiene am 24. März 1^3
von Dr. Spitznbb 395
V
8tlt«
Die Tierte JabretYenftmmliing des Allgememen denteohen YereinB för Sohol-
geeimdheitepflege am 2. und 8. Juni 1908 in Bonn. Bericht Ton Dr.
Rudolf Abbl, SegiemngB- und Mediiinalrat in Berlin 468
Der Anteil der Yolkssohole an der Yolksgerandheitspflege. Vortrug, ge-
halten an der Qeneralyersammlung der Provinzialyereine rheinisoher
nnd westfälischer Lehrerinnen am 18. April 1903 Ton FrL Kobtk-
Bochnm 667
Die Titigkeit der Mediainalbeamten anf dem Gebiete der Schulhygiene.
Vortrag, gehalten an der amtlichen Yersammlni^ der Mediiinalbeiunten
des Beg.-Bes. Minden am 20. November 1902 von Kreisant Dr.
ScHLüTSB-Oütersloh (Zeiiachr, f. Mtd.-BecmU, 1908, No. 12) 569
Die Tierte Jahresversammlnng der Schweiserischen Oesellsdiaft för Schal-
gesnndbeitspflege am 16. n. 17. Mai in Schaffhaosen. Yon Dr. med.
KniLvr-Zürich 682
Sechster Dentscher Kongreis fSr Yolks- und Jngendspiele yom 5. — 7. Juli
1903 ZQ Dresden. Nach einer Mitteilong yon Studiendirektor Professor
BATDT-Leipsig, Geschäftsführer des Zentralansschnsses 705
Die lY. schweizerische Konferenz für das Idiotenwesen am 11. und 12. Mai
1903 in Luzem. Yon Dr. med. KBAFT-Ztirich 788
Die Schule im Kampfe gegen den Alkoholismus. Yortrag, gehalten von
W. Weiss, Sekundarlehrer, in der Yersammlung des Schweizerischen
Yereins abstinenter Lehrer und Lehrerinnen bei Anlals des XX. Lehrer-
tages 10711. JuH 1908 793
Die Stellung des Knabenhandarbeitsunterrichts im Erziehunffswesen Deutsch-
lands und anderer Länder. Yortrag, gehalten von Dr. A. Pabst in
der Hauptversammlung des deutschen Vereins für Knabenhandarbeit
zu Bremen am 8^4. Oktober 1903. Mitget von C. v. SoHBNCKXHDOBrf-
.. Gorütz 794
über die Wirksamkeit der Sektion unffarischer Schulärzte und Lehrer der
Hygiene im Jahre 1900—1902. Von Dr. W. Gbnxbsioh, Assistent am
hygienischen Institut zu Budapest 878
Warum müssen besondere Sohulaugenärzte angestellt werden? Yortrag
und Diskussion in der hygienischen Sektion der Schlesisohen G^ell-
schafl am 29. April 1908 881
Kleinere Mitteilungen.
86lt«
Fragebogen über die Schulanfänger der konfessionell-gemischten Yolks-
schule zu Frankenthal (Pfalz) 26
Die FSrsorge für mittellose Schulkinder in Gtenf 27
Desinfektion von Schulbüchern in Amerika 28
über einen eigenartigen Fall von hysterischer Stimmlosigkeit bei einem Kinde,
von Dr. P. BaiD« 29
Die traurigen Schulzustände in der Provinz Posen 29
Eine Lungenheilstätte f or Lehrer und Lehrerinnen in Frankreich 29
Ferienkolonie für Studenten in Ungarn. Mitget von Max Gutticamk .... 30
Zu den Frequenzverhältnissen der Ikarliner Yolksschulen 80
Über den Miisbrauch des Tabakranchens unter Schulkindern in Holland . . 80
Der Yerein zur Beköstigung bedürftiger Schulkinder in Dresden 81
Die Kindersanatorien in Kopenhagen und Umgebung 31
Kinderarbeit in Amerika, von Dr. P. F. Barbous 31
EindervolkskSchen Berlins 31
^e städtische Schulzahnklinik in Strafsburg 32
Über die Beziehungen zwischen Brmödung, Raumsinn der Haut und
Muskelleistung 97
Die Messung der Helligkeit von Arbeitsplätzen in Schulen 100
Die Karre als Feind der Kindergesundheit 101
VI
Seite
Über die Bedeutung der Erziehang und Belehrung für die Prophylaxe der
yenerisohen Krankheiten 102
Die Desinfizierung Ton Schulbüchern 102
Eine neue Ventilationseinrichtung für Schulzimmer 102
Über Eohlenoxydyergiftung in einer Schule 103
ScJiule und Alkohol. Yorschläge des Schweizerischen Vereins abstinenter
Lehrer und Lehrerinnen 104
Untersuchung der Zähne bei Schulkindern 105
Tuberkulöse Belastung und Obrenkrankheiten bei Schulkindern 105
Über die schädlichen Folgen allzufrühen Schulbesuchs 106
Über die Bedeutung der Übung der linken Hand. Mitget. von Dir.
E. BATB-Wien , 178
Schwimmunterricht für Hamburger Volksschüler 179
Ein hygienischer Fortbildungskursus für Leiter und Lehrer höherer Lehr-
anstalten 179
Errichtung von Erholungsstätten für Kinder in Osterreich 179
Eine Vereinigung abstinenter Studenten in Heidelberg 180
Die hygienische Ausbildung der Lehrer 180
Die Zahnkaries — eine Volksseuche. Mitget. von Dir. E. BATB-Wien.. . . 180
Eine Erholungsstätte für kranke Kinder 181
Eine eigentümliche Motivierung für die Notwendigkeit der Schulärzte .... 181
Über Schwachsinnigen-Erziehung 181
Die Vertikalsohiebfenster für Schulen 182
Das Bauchen der Schulkinder 188
Augenkrankheiten in New Torker Schulen 184
Kinderausbeutung in Schweden 184
Der 12. Kursus für Mädchentumen in Winterthur (Schweiz) 184
Über Schulgebäude und Lehrerwohnungen zu Anfang des neunzehnten
Jahrhunderts 184
öffentliche Fürsorge für stotternde Schulkinder 239
Über Unterricht und Erziehung schwachsinniger Kinder 239
Über die Fortschritte der Schnlgesundheitspüege in Braunschweig 240
Die Hörfähigkeit der Schulkinder 240
Schwachbeföhigt« in New Yorker Schulen 241
Fürsorpre für kränkliche Schulkinder in Posen 241
Vor Witterungseinflüssen geschützter Spielraum für Schulkinder 241
Gtegen die Schleppe in den Schulen 242
Ohrenkrankheiten bei Schulkindern in England 243
Bekämpfung des Alkoholismus durch die Schule. Mitget. von J. Petebsbv-
Kiel 243
Das Gesetz, betreffend gewerbliche Kinderarbeit in Deutschland 245
Über die Erfolge der Behandlung erholungsbedürftiger Kinder in den
Hamburger Kinderheilstätten im. Jahre 1902 * 300
Über die Verwendung von Dustless-Öl in Schulzimmem 302
Über die Benutzung des Schulbrausebades in den städtischen Schulen zu
Plauen i, V. und Glauchau 303
Die Schule für zurückgebliebene Kinder in Amsterdam. Mitget. von
Dr. med. J. M. C. MoDTON-Haag 303
Gegen die kritiklose Anwendung von orthopädischen Apparaten bei Rück«
gratsverkrümmungen. Mitget. von Dir. E. Bat»- Wien 303
Aufruf eines Schularztes an die Lehrer. Mitget. von Dr. H. Kopoztkski,
Schularzt in Warschau 304
Zahnpflege in den hamburgischen Volksschulen 306
Gesundheitsverhältnisse und körperliche Entwicklung der Volksschulkinder
in Dresden 306
Die Segnungen eines Bade- und Erholungsaufenthaltes 306
Augenkranke Schulkinder in Posen 307
Steilschrift in den Schulen Kroatiens und Slavoniens. Mitget. von Dir. £.
BAYB-Wien 308
Antrag, den Volkssohulkindem freies Frühstück zu gewähren 308
vn
Balte
Über die Verlegung der Sommenchtdferien in Wien 396
Bin medizinisch - padagogiaohei Instiint. Mitget. von Dr. med. J. M. C.
^ MouTov-Haag , . . , 898
Über die Steilschrift nnd das Verhältnis der Lehrer zu derselben 399
Klage eines Ostprenlsen aber fehlende Schnlzimmerventilation 400
Zor Heform des Handarbeitsunterrichts far Madchen in den Schalen 401
Die Fafsboden und die Schulzimmer Kassels. Mitget von Stadtschalrat !
Dr. BoBinuiiKvKassel 401
Gegen das Prafungswesen und besonders segen die Entlaasungsprüfungen
an öffentlichen Lehranstalten in ihrer heutigen Form 401
SrziehuDgsanstalten auf dem Lande 403
Landerziehungsheime (Manaisadirift für Oeaundheitspflege, 1908, Kp. 8) . . 404
Neue Untersuchungen über das Schulkopfweh , 405
Speisung von Sohuikindem in Nürnberg , . , , 405
Ist der Unterricht im Turnen eine leiditere, angenehmere Arbeit als der
wiasenscbaftüche? Mitget. von Dr. W. GsNUSiOH-Budapest 492
Zur Elimiuierung gMundheitsschädlicher Einflüsse des Schulgebfindes.
Mitget von Dr. W. GENBRSiCH-Budapest 493
Besondere Leibesübungen für engbrüstige Kinder 494
Ferien- und Stadtkolonien in Zwickau 494
Schale und körperliche Erziehung in Schottland. Mitget. von Dr. Sievbuho-
fiamburg 495
Ein Baftpflichtfall vor Gericht 496
Zur Frage der Sputumbeseitigung in der Schule. Mitget. von Dr. Lxo
BüBOBBSTHN-Wien » 496
Ünbewuiste einseitige Gehörschwfiche. Mitget. von Dr. SiivKKiNQ-Hamburg 497
Über MiTsstfinde der Schnlbedfirfnisanstalten in Berlin 498
Organisation der Zahn- und Mundpflege in den Schulen 499
Zur Hebung der Körperpflege in der Mädchenvolksschule 499
Die Veranstaltung internationaler Kongresse far Schulhygiene 600
Über die Frage der Maturitätsprüfung an den österreiehischen Mittelschulen.
Mitget. von Dir. E. BAYE-Wion BOO
Über die Fürsorge für schwachsinnige Kinder in Bayern {Münch. med»
Woehenschr.j 1903, No. 22) BOO
Die Beinigung der städtischen Schulen in Berlin 501
Sorge für die Zähne der Schulkinder. Mitget von Frau Dr. Mausizio-
Zürich 602
Mehr Klassenwanderungen als bisher 572
Die Beschaffang von Verbandskästen für Schulen 572
Alkohol und Schule 572
Die Ferienkolonien in Leipzig 573
Die Beaufsichtigung der Schulen und das neue englische ünterrichtsgesetz 674
Ferienkolonien in Basel 575
Goeducation oder Geschlechtertrennung? 675
Über die Unterrichtspansen an den Österreichischen Mittelschulen 676
Mängel der körperlichen Erziehung in England 677
Schulbäder in Posen 578
Wechsel der Fufsbekleidung in der Schule (Deutsche Warte) 579
Die Schule im Dienste der öffentlichen Wohlfahrt 679
Die New Yorker Erziehungsanstalt für Verbrecher 679
Das Kindersanatorium in Bed Bank 580
Die Förderung der Volks- und Jagendspiele 641
Die Verwendung der Kinder zum Kehren und Beinigen der Schulzimmer. 642
Über die Hilfsschulen Deutschlands 642
Gegen die Kinderausbeutang durch die Industrie 643
Über das Stottern als seelische Hemmungserscheinung 643
Der österreichische Verein zur GMndung und Erhaltung von Erholungs-
und Feierabendhäusem für Lehrerinnen. Mitget. von Dir. E. Bats^
Wien 644
Die Badeverhältnisse der Volksschulkinder in Greifswald 707
vm
Seit«
Staubfreie Tornhallen 707
Ein Krtippelheim in Holland. Mitg. Ton Dr. MonroN-Haag 708
Häufigkeit der Sehstorungen bei I^brerinnen. Mitget. Ton Dr. H. Wioh-
MANV-Harcbarg 708
Über die Erziehung körperlich minderwertiger Kinder in London. Mitget.
von Dr. SDsyvKiHG-Hamburg 709
Anweisungen über das Verhalten bei geistiger Arbeit. Mitget. von G^ym-
nasiallehrer H. E. HAss-Kopenbagen 711
Mangelnde Zahnpflege in englischen Schulen 712
Statistische Erhebungen in höheren Schulen durch Herrn Prof. Dr. med.
et phiL GsiESBAOH in Malhausen (Eisafs) 795
Schularzt und Elternhaus 799
Die Frage der Sohulzahnärzte 799
Eine Schulbadestunde 800
Über Hefblage und Schriftrichtung 802
Über den zweckmäfsigsten Belag der Schulhöfe 803
Stammlerkurse in Düsseldorf 882
Ereisschulinspektion 882
Die Untersuchung der Schulkinder auf Schwerhörigkeit ist ein dringendes
Bedürfiiis 882
GefahrUche Bleistifte 883
Preulsisches Schuldend • • . 883
Der Austausch yon Schülern zwischen den verschiedenen Eiassen der Hilfs-
schule 883
Über die Haftpflicht der Lehrer 884
Tagesgeschiohtliohes.
Seite
Die Beinignng der Schulzimmer 32
Gerichtshöfe zur Aburteilung von Kindern in New York 33
Kinderelend 33
Ein Kinderbrausebad 33
Zulassung der Mädchen in Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen ... 33
Vereinigung abstinenter Studenten in Tübingen 83
Die Einführung von Unterricht über den Antialkoholismus 84
Vorträge über Ghesundheitslehre in höheren Lehranstalten 34
Zahnärztliche Poliklinik für Volksschulkinder in Darmstadt 34
Gesetz über die Erziehung und den Unterricht nicht vollsinniger Kinder
im Grofsherzogtum Baden 34
Eine Preisangabe für die Errichtung von Fortbildungsschulen für junge
Mädchen. Mitget. von Dr. med. AxMANN-Erfurt 107
Sine neue schulhygienische Zeitschrift 107
Hygienische Unterrichtskurse für Lehrer 108
Hygienische Spucknäpfe in den Wiener Schulen. Mitget. von Dir. E. Batb-
Wien 108
Hilfsschule für schwachbefabigte Kinder 108
Jugendfürsorge in Breslau 108
Schutzhalle auf dem Schulhofe 109
Gänzliche Abschaffung der Trinkgefäfse 109
Die Trachomerkrankungen in den New Yorker Schulen 109
Zum 4. Verbandstag der Hilfsschulen Deutschlands in Mainz 186
Deutscher Verein für öffentliche Gesundheitspflege 186
Volks- und Jugendspiele in Deutschland 1903 186
Über Erziehung und Schule im Kampfe gegen den Alkobolismus 187
Die schweizerische Gesellschaft für Schulgesundheitspflege 187
Diphteritis-Epidemie in Harlem (Illinois) 187
Frauen in den Schulbehörden 187
IX
Schulhygienische Venammlang der inte and Lehrer der Moskauer Land-
schaft 188
Schlechte SchtÜTerhältnisse im Staate Quebec (Ganada) 188
Zur Forderung der Zahnpflege bei Schulkindern 188
Die Schulmisöre in Rixdorf 188
Über den praktischen Wert der einzelnen Schulbanksysteme 189
Über Bekämpfung des Alkoholismus durch die staatlichen Unterrichts- und
Erziehungsanstalten in der Schweiz 189
Reduktion des Lehrstoffes in den Primarschulen 189
Der 9. internationale Kongrefs gegen den Alkoholismus in Bremen 246
JnitiatiYbegehren auf Reduktion der täglichen Schulzeit 246
Bildungsanstalt für sdiwaohsinnige Kinder beider Konfessionen 246
Fnnorge für die infolge Austrittes aus der Schule Tom Armenetat entlassenen
Kinder im Kanton Bern 246
Ferienkursus über Schulhygiene. Mitget von Prof. Bbbkhxim 246
Znohtagungsrecht der Lehrer : 246
Zu Ounsten des Schulranzens 246
Fürsorge für skrophulose Schulkinder in Straisburg 247
SchulgesundheitspAege in Oberfranken 247
Der Gesundheitszustand der Dresdener Schulkinder 247
Haftpflicht der Stadtgemeinde gegenüber Schulkindem 247
Zusammenwirken von Ärzten und Lehrern zur Hebung des Gesundheits-
zustandes der Schuljugend , 248
Berliner Verein für Schulffesundheitspflege 248
Pflegeschwestem an öffenüichen Schulen in New York und Brooklyn 248
Weibliches Pflegepersonal für die Schule in London 248
Die erste hessische zahnärztliche Poliklinik für Volksschulkinder 248
Sine Ausstellung auf dem Gebiete der Schulgesundheitspflege in Dresden. 248
Beseitigung der Mithilfe der Kinder an der Reinigung der Schulhäuser . . 249
Aufnahme von Mädchen in das kantonale G^ymnasium in Zürich 808
Schulärzte in Berlin 808
Einrichtung von Sommerwohnungen für arme Kinder 808
Neuwahl des Leiters der körperlichen Ausbildung der New Yorker Schuljugend 309
Scharlach-Epidemie in Boston 809
Podcenkrankheit in Edinboro 309
Zur Frage der Einrichtung eines zahnärztlichen Dienstes in der städtischen
Volksschule in Markiroh 809
Kampf mit dem Schulstaube 309
Gegen den Schulstaub 309
Das Schulbad in Gera 809
Gieichlegung der Ferien 309
Antrag auf Anstellung besonderer Ziüinärzte für Schulkinder 310
Unterweisung der Volksschulkinder in Zahnpflege 310
Die Granulöse in den Volksschulen Ostpreauens 310
Internationale Ausstellung far physische Erziehung 310
Ferienkolonien in Hamburg 310
Eine neue Tintentafel 310
Tabakrauchen und Schule 311
Fürsorge für schwachbefähigte Schulkinder in Charlottenburg 311
IV. Jahresversammlung des Allgemeinen Deutschen Vereins für Schul-
gesundheitspflege in Bonn 405
Reorganisation der Milchkuren in Zürich 406
Eine Denkschrift des Schweiz. Vereins abstinenter Lehrer und Lehrerinnen 407
Pflegeanstalt für geistesschwache, bildungsfähige „blödsinnige' Kinder in
Zürich 407
Fragebogen über den Gesundheitszustand der neueintretenden Schulkinder
in Düsseldorf 407
Das Verbot des Spielens der Kinder in den Öffentlichen Gartenanlagen
Wiens 408
Das New Yorker Hospital für verkrüppelte Kinder 408
X
8«it«
Messnngen des Tageslicht^ in den Schalen Glevelands « 409
Eine £nqaSte über die Zahnpflege der Volkssohüler 409
Mafsregeln gegen die Weiterverbreitung der Tuberkulose in der Schule . . 409
Ein neues Gesetz gegen Kinderarbeit in Amerika 410
Ein Protest gegen Hausarbeiten für die Schule 503
Bleistifte als Diphterieverbreiter 503
Ferienausflüge in Sohöneberg 503
Ferien-Stottererkolonie für städtische Volksschulkinder in Zürich 503
Die sanitäre Bedeutung der „ Lichtlinien ** der Schreibhefte 603
Ober die Bildung von Fähigkeitsgruppen in den Volksschulen der Stadt
Zürich 504
Wie erhält man sich gesund und erwerbsföhig? 504
Untersuchung des Wassers in Schulbrunnen 504
Die neuesten schulärztlichen Untersuchungen in den städtischen Schulen
Berlins 605
Ein Jugendferienhort in Zürich • 505
Die Nichteinführung des Handarbeitsunterrichtes in der fünften Mädchen-
klasse zu Glückstadt 605
Aufruf zur Gründung internationaler Kongresse für Schulhygiene 580
Aufsätze über den Alkohol in die Lesebücher aufzunehmen 584
Belehrung der Schulkinder über den Schaden des Alkoholgenusses 584
Trinksitteureform in der Studentenschaft 585
Einfiufs der Mütter auf den Alkoholgenufs der Kinder 585
Eine sehr vernünftige Verfügung über die Schulpausen 586
Sexualhygienische Unterweisung für Fortbildungsschüler 586
Die Lage der Londoner Volksschulkinder 586
Städtische Schulzahnkliniken in Stralsburg, Darmstadt und Essen 587
Der Keuchhusten in Leipzig 587
Kursus über Moralpädagogik in Zürich 587
Organisation des ersten internationalen Kongresses für Schulgesundheits-
pflege 644
Über die zahnärztliche Poliklinik des Vereins hessischer Zahnärzte zu
Darmstadt 644
Eine neue Zürcherische Pflegeanstalt für bildungsunfähige, blöde Kinder . 646
Dr. RioHABD Landau f , 7\2
Schulhygienische Vorlesungen in Hamburg 712
Freie Fahrt für Schulwanderungen 712
Der erste hellenische Erziehungskongrefs 712
Sommerpflege für schwächliche schulentlassene Kinder 713
Hilfsklassen für schwachsinnige Kinder im Haag. Mitget. von Dr. Mouton-
Haag 713
Schulbäder in Landschulhäusern 713
Einführung eines zahnärztlichen Dienstes in den städtischen Elementar-
schulen in Markirch 714
Über die Gefahr des Alkoholgenusses und die j^ufgabe der Schule an der
Bekämpfung 714
Badeeinrichtungen in den Liegnitzer Schulen 714
Über körperliche Züchtigung in englischen Schulen 714
Förderung der Augenuntersuchungen an Schulen 715
Ausstellung über die Hygiene des Kindesalters, Kleidung, Schul- und
Unterrichtswesen in St. Petersburg 715
Neues Realschulgebäude in Sonneberg 715
Unentgeltlicher Heilkursus für stotternde Kinder in Wandsbek 715
Erhebung über die Schulgebäude in Preufsen « 715
Gesundheitsregeln für Schulkinder im Grofsherzogtum Weimar 803
Die gesundheitliche Überwachung der Schulen in Preulsen durch besondere
Schulärzte 804
Neues Lehr- und Erziehungsinstitut für Mädchen 804
Besprechung über die Zahnpflege der Volksschüler in Österreich 805
Transportable Schnlpavillons in Berlin 80&
XI
MI«
Gesiindlieitspfiege im VolluschalimteiTioht 806
Städtische SobulsahnSrete in St. Petenbnrg 806
Forsorge für geistig zarüokgebliebene Kinder in Berlin 806
Xnrse far stotternde Kinder der Qemeindeschulen in Berlin 885
Unterbringung von Stadtkindern auf dem Lande 885
Beqneme Beinigang der Schalzimmer 885
Untenochnng der Zahne sämtlicher Schalkinder 885
Klassen für geistig znräckgebliebene Kinder 885
Ober die Fr^e der Be?aocination der Schalkinder in Mähren 886
I. Internationaler KongreÜB für Schulhygiene in Nürnberg 887
Amtliohe Verfügnngen.
8«ite
Bestimmungen, betreffend Bekämpfung der Läosesucht in den Volksschalen
der Stadt Zürich, vom 8. Oktober 1902 34
mit Anleitung an die Eltern, betreffend die Bekämpfung der Läosesacht 85
Erlais über ein Sohulmaseum in Wien. Mitget von Dir. £. BATB-Wien . 36
ErlaXs des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegen-
heiten, betreffend Bau und Einrichtung ländlicher Yolksschulhäuser,
vom 20. Dezember 1902 109
Die Begnadigung verurteilter Jugendlicher. Verordnung des österreichischen
Justizministeriums vom 25. November 1902 112
Bau und Einrichtung ländlicher Schulhäuser. (Preufsen ) 249
Kreisschreiben der Erziehungsdirektion des Kantons Zürich an die
Schalbebörden und die Lehrerschaft der Primarschule, betreffend
die Untersuchung der in das schulpflichtige Alter eingetretenen Kinder
auf das Vorhandensein geistiger * und körperlicher Gebrechen, vom
27. April 1903 410
Desinfektion von Büchern und Schreibheften. Rundschreiben des Bezirks-
schulrates der Stadt Wien vom 13. Juni 1903 606
Die jährliche Stoffverteilung (Pensen Verteilung) der Volksschule hat auf
Gegenstände, wie Bekämpfung der Trunksucht, Gesundheitspflege, wirt-
schaftliche Verhältnisse etc., Bücksicht zu nehmen.- Rundschreiben
des preulsischen Ministers für geistliche etc. Angelegenheiten vom
31. Januar 1903 506
Brlafs des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegen-
heiten, betreffend die Abhandlung des Frauenarztes Dr. Julius Kbibb
„Wie sollen sich unsere jungen Mädchen kleiden ?** vom 17. April 1903.
preufsen) 588
Beschfliffenheit der in den. Schulen gebrauchten Hefte 588
Ober den Wert und die Stellung der Hausaufgaben im Erziehungs- und
Unterrichtsplane der allgemeinen Volksschule. Erlafs des Bezirks-
sohuLrates der Stadt Wien vom 4. Juli 1903 589
Gesetz, betreffend Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben, vom 30. März
1903 646
Vergünstigungen für Schulfahrten und Ferienkolonien in Preufsen 716
Regelung der Unterrichtszeit und der Weihnachtsferien an den Mittel-
schulen in Österreich. Verordnung vom 21f August 1903 807
Ennittelung und Feststellung von Typhuserkranknngen bei Schulkindern.
Erlafs des preafsischen Ministers der geistlichen, Unterrichts* und
Medizinalangelegenheiten vom 26. August 1903 808
Ausfertigrang ärztlicher Zeugnisse zur Begründung von Schulversänmnissen.
Erlafs der k. k. Landesregierung in Kärnten vom 25. September 1902 890
xn
Literatur.
Besprechungen. ^^
R. Landiv, Nervöse Schalkinder. Von Sanitatsrat Dr. ALTSOHOL-Prag ... 87
EsoHLB, Das Arbeitssanatorium. Von Fb. FsxKZBL-Stolp in Pommern.... 88
JoHANNBS BsBKDioBB, Zwci Elternabende im Dienste der Volks- und Schul-
hygiene. Von Fr, FBSNZXL-Stolp in Pommern 88
M. Fbabnkbl, Die 20 histologischen und osteologischen medizinischen Staats-
examen. Vorträge mit Berücksichtigung der zahnärztlichen Prüfungs-
aufgaben. Von Dr. Eugbn Müllxb, Zahnarzt in Wädenswil 89
A. Spitznbb, Die pädagogische Pathologie im Seminarunterricht. Von
Dr. Baub, Seminararzt in Schwäb.-Gmünd 115
Fr. SoHMiD, Die schulhygienischen Vorschriften in der Schweiz. Von Dr.
Paul SoHüBBBT-Nümberff 116
H. SuGK, Die Hygiene der Schulbank. Von Direktor Ehanubl BATB-Wien . . 190
Fb. FftVNZBL, Die Organisation der Hilfsschule. Von Bektor OBOTB-Hannover 193
Bbbobb, Kreisarzt und Schulhygiene. Von Kabl Rollbb, Oberlehrer in
Darmstadt 194
St. RüziOKA, Studien zur relativen Photometrie. Von Professor W. Pbaus-
viTZ-Graz 252
Aliob Batbvhill, On the Teaching of Hygiene in the schools and Colleges
of the United States of America. Von Dr. SiBYSEiNO-Hamburg ..... 252
£. VON SoHBNKBNDOBFF uud F. A. ScHHiDT, Jahrbuch für Volks- und Jugend-
spiele. Von J. SpüHLBB-Zürich 312
E. Jbssbn, Zahnhygiene in Schule und Haus. Von H. MiirBizio-Zürich . . 318
H. Bbicbbnbach, Ueber den Einfluis der Farbe künstlicher Lichtquellen auf
die Sehschärfe. Von Dr. A. STBioBB-Zürich 814
F. ZoLLiNGBB, Weltausstellung in Paris. Bestrebungen auf dem Gebiete
der Schulgesundheitspflege und des Kinderschutzes. Von F. Ebismank-
Zürioh 411
Pfibteb, Die Erziehung und Behandlung seelisch Belasteter in Haus und
Schule. Von ScHifin-MovNABD-Halle a. S 414
J. Kbebs, Wie sollen sich unsere jungen Mädchen kleiden? Von Direktor
Em ABUBL BATB-Wien 414
W. Elbttb, Erziehung nerröser und nerros beanlagter Kinder. Von Dir.
Emabübl BATB-Wien 415
P. AM Ebdb, Das Schulbrausebad und seine Wirkungen. Von Dr. Kbaft-
Zürich 508
WiLH. Fbilohbkfbld, Die Gesundheitspflege des Auges nebst Batgeber zur
Berufswahl für Augenleidende. Von Dir. Emabubl BATB-Wien 509
A. Baub, Lehrerkrankheiten. Sonderabdruck aus A. Baub, Das kranke
Schulkind. Von Dr. KBAPT-Zürich 590
A. Baüb, Die Ermüdung der Schüler im neuen Lichte. Von Dr. Kbaft-
Zürich 592
Giov. Colombini, La Scrittura diritta in Italia. Von Ph. Mazakabini,
Lehrer, Wien 658
König, Ohrenuntersuchungen in der Dorfschule. Von Dr. LAüBi-Zürich . . 654
A. Baumoabten, Neurasthenie, Wesen, Heilung, Vorbeugrang. Von Wet*
OABDT- Würzburg , 717
J. Pohl, Das Haar. Die Haarkrankheiten, ihre Behandlung und die Haar-
pflege. Von Dr. HBuss-Zürich 718
W. Sabgbnt, The Evolution of the Little Ked Sohoolhouse. Von Ober-
lehrer Kabl RoLLBB-Darmstadt 718
0. M. WooDWABD, A new Era in the Public Schools of St. Louis. Von
Oberlehrer Kabl RoLLBB-Darmstadt 809
W. E. Iqnatibff, Die elektrische Beleuchtung der Schulzimmer vom sani-
tären Standpunkt aus (russisch). Von F. EaiSMAKN-Zärich 809
Fb. Frbbzbl, Die Hilfsschulen für Schwachbegabte Kinder. Von H. Graf-
Zürioh 811
xin
Seite
G. Port, Hygiene der Zähne and des Mondes im gesunden vnd kranken
Zustande. Von Dr. STOPPAHi-Zärich 811
H. Th. Mathjas Hktbb, Die SchaUtitten der Zakonft Von Prof. C. Hm-
TBiORB-Wien 892
J. J. Grob, Die normalen Körperhaltungen. Beitrag eot Lösung der
Schulbank- und der Sohriftfrage. Von F. ERisiiAinr-Ziirieh 898
Bibliographie.
40. 194. 415. 609. 655. 813.
Verzeiohnis der Mitarbeiter im Jahre 1908 XIII
Sachregister 916
Namenregister 923
Verzeichnis der Mitarbeiter,
welche im Jahre 1903 Beiträge geliefert haben.
Abbl» Rud., Dr. med., Begiemngs- und Medisinairat in Berlin.
AxMAjnr, Dr. med., Schularst in Erfurt.
Basedow, E., in Hannover.
Baus, A., Dr. med., Seminarlehrer in Schwab.-Gbnünd.
Bayb, Emahitsl, Sohuldirektor in Wien.
Bbbokji, H., Dr. med., Kreisarst in Hannover.
BxBNHsnf, Prof., in Ghreifswald.
BoBNMAHir, Dr., Stadtschulrat in Kassel.
BüROBBSTBiK, Lbo, Prof., in Wien.
Engbls, Dr. med., am hyg. Institut in Marburg.
EaisMAim, F., Prof. Dr. med., Vorstand des Gesundheitswesens der Stadt Zürich.
Feilchsnteld, W., Dr. med. in Charlottenbur^.
Frxnzbl, Fb., Leiter der stadt. Hilfsschule für Schwachbegabte Kinder su
Stolp i. P.
FüBST, Mobitz, Dr. med. in Hamburg.
Gbnebsich, W., Dr. med. in Budapest (hyg. Institut).
Gbap, H., Lehrer in Zürich.
Gbotb, Bektor in Hannover.
HIkonson-Haicssk, M. K., Lehrer und Observator in Trondlgem.
Hass, H. E., Gymnasiallehrer in Kopenhagen.
Henhio, C, Dr. med. in Leipzig.
Hbnz, W., in Hamburg.
Hbüss, Dr. med. in Zürich.
Hetmakv, B., Dr. med., Assistent am hygienischen Institut in Breslau.
HniTBAaBB, C, Prof. in Wien.
XIV
HoBBix, H., in Dofseldorf.
Just, Jos., Schriftführer des Vereins zur Qnindnng und Erhaltung yon Jugend-
spielpIatEen in Leips.
EopczTNSKiy H., Dr. med., Sohularst in Warschau.
EoTELMAiTN, L., Dr. med. et phil. in Hamburg.
Kraft, A., Dr. med., Schularzt in Zürich.
Kuhn, Alfr., Dr. med., prakt. Arzt in Strafsburg-Neudorf.
LAin>AU, RiOH., Dr. med., Schularzt in Nürnberg.
Laubi, Dr. med., Ohrenarzt in Zürich.
LsssENiCH, H. H., Hauptlehrer in Bonn.
LiBBE, G., Dr. med., Heilanstalt Waldhof, Elgershausen.
Maul, C, Hofrat, Direktor der Tumlehrerbildungsanstait in Karlsruhe.
Maxtbizio, Zahnärztin in Zürich.
Mazakabini, Ph., Lehrer in Wien.
MouTON, J. M. C, Dr. med. in Haag.
Müller, Eugen, Dr. med., Zahnarzt in Wadenswil-Zürich.
Oppbnhbimbr, E. H., Dr. med., Augenarzt in Berlin.
Pawbl, J., Prof., Üniversitats-Tumlehrer in Wien.
Pbtbbsbn, J., in Kiel.
Pfeiffer, Dr. med. in Weimar.
Plack, H., Journalistin in Berlin-Friedrichshagen.
Plausnitz, W., Prof. in Graz.
Baydt, Prof. und Studiendirektor in Leipzig.
Bbttio, W., Oberbaurat a. D. in München.
Bichtbr, C, in Strausberg.
Roller, K., Oberlehrer in Darmstadt.
ScHBNCKENSoBFF, E. VON, Reichstagsabgeordueter in Görlitz.
ScHMBEL, H., Oberlehrer in Darmstadt
SoHMiD-MoNNARD, Dr. med., Kinderarzt in Halle.
Schmidt, F. A., Dr. med. in Bonn.
ScHTTBBBT, P., Dr. med., Augen- und Ohrenarzt in Nürnberg.
SiBYBKiNO, Dr. med. in Hamburg.
Spühlbb, J., Seminarlehrer in Zürich.
Stbiobr, A., Dr. med., Augenarzt in Zürich.
Stoppani, Dr. med., Zahnarzt in Zürich.
Wbhbhahn, Dr., Stadtschulrat in Hannover.
Wez, f., Dr. med. in Bostook.
Wbtoandt, Dr. med., Privatdozent in Würzburg.
WiOHMANN, Ralf, Dr. med., Nervenarzt in Bad Harzburg.
Der Sehiüiirzi
Inhalt.
Mto
1. 43
Von der Redaktion { 21. 119
41. 199
{
Originalabhandlungen.
Die Loenng der Schalarztfrage auf dem Lande. Von Kreisarzt Dr.
Hbikbioh BsBGBB-Hannoyer 5. 47
Die Schnlarzifrage in Wien. Von J. Pawel, Universitätslehrer 8. 50
Zur Schularztfrage in Österreich. Von Sixomxtkd ERAUSS-Wien 22. 120
Schularzt und Armenarzt. Von Dr. med. FiUNKBKBUBGBB-Numberg. . 41. 199
Über schulärztliche Statistik und die Prinzipien bei Auswahl derf 58. 253
sogenannten ärztlichen Beobachtungsschnler. Von Dr. Sjlkosohx 69. 315
Schularzt in Breslau (105. 421
Zur Qeechichte des Schularztwesens in Österreich. Von Sanitätsrat
Dr. Altschul in Prag 101. 417
Nachtrug zu der Arbeit: Über schulärztliche Statistik und die Prinzipien
bei Auswahl der sogenannten ärztlichen Beobachtungsschnler. Von
I^. Samosch, Schularzt in Breslau 105. 421
117. 511
Das Schularztwesen in Deutschland. Bericht über die Ergebnisse
einer Umfrage bei den groiseren Städten des Deutschen Beiches.
Von Dr. Paul ScHUBBBT-Nürnberg
137. 595
183. 725
217. 823
243. 895
(Ports, f.)
Über die Notwendigkeit der Anstellung von Schulärzten an höheren I y^»' ^^X
Lehranstalten. Von Dr. Samosch, Schularzt in Breslau 1 qqq' 015
Ans Versammlnngen nnd Vereinen.
Btltt
Die Schularzt- nnd Überbürdungsfrage {Zeitschr, f. Med.'Beamtey 1903,
No. 2) 26. 124
XVI
Kleinere Mitteilungen.
Seite
Kleinere lOtieiluiigen über Anstellung and Tätigkeit von Sohnlärzten
{Münch. med» WocJiensehr,) 10. 52
Die Anstellung von Schulärzten in Mülhausen i. E 11. 63
Keine Schulärzte mehr 11. 53
Schulärztliche üntersuchungsergebnisse in der Schweiz 11. 58
Der Kreisschularzt 12. 54
Zur Schularztfrage in Berlin 12. 54
Zur Schularztfrage 12. 54
Tätigkeit der Schulärzte in Nüniberg 27. 125
Schulärzte in Berlin (Dtach. med. Wochensehr,, 1903, No. 5) 29. 127
Über die neue Dienstanweisung fOr die Schulärzte an den Gemeinde-
sohulen zu Berlin 29. 127
Schulärzte in Kiel 29. 127
Aufgaben der Schulärzte in Düsseldorf 29. 127
Anstellung eines Schularztes in Augustusburg 30. 128
Anstellung von Schulärzten in München 30. 128
Über die Schularztfrage. Mitget. von Dr. NsüBATH-Wien 30. 128
Die ärztliche Überwachung der Schulen in New York 31. 129
Schulärztliches aus New York 81. 129
Die Anstellung von Schulärzten 31. 129
Schularzt und Armenarzt 44. 202
Schulärzte in Forst 45. 203
Schulärzte in Braunschweig 45. 203
Zahnärztliche Untersuchung der Schulkinder in Stettin 47. 205
Die Frage der Schulärzte in Elmshorn 47. 205
Schulärzte in Görlitz /2O6' 748
4V. I 59 261
Über Neueinfahrung von Schulärzten < yg' ooc
Schulärztliche Vorträge 60! 262
Besultate der Schüleruntersuchungen in Dresden 60. 262
Schulärzte in Japan. Mitget. von Prof. BuBGSRSTBiN-Wien 61. 263
Schularzt und Berufswahl 61. 263
Weibliche Schulärzte / 61. 263
Über Einführung von Schulärzten in einigen Städten der Vereinigten
Staaten. Mitget. von Prof. Carl HiNTKÄOBB-Wien 79. 325
Die Schularztfrage in Sachsen 79. 325
Kosten der Einführung der Schulärzte in Wien 80. 826
Schulärzte in Kassel. Mitget. von Stadtschulrat Dr. BosNMAKN-Kassel 80. 326
Ärztliche Untersuchung der neueintretenden Schüler. Mitget. von Dr.
ScHMiD-MoNKARD, Halle a. S 81. 327
Zur Schulzahnarztfrage in Hamburg. Mitget. von Dr. Hugo Levt-
Hamburg 81. 327
Schulhygienisches aus Österreich 82. 328
Anstellung von Schulärzten 106. 422
Eine zahnärztliche Poliklinik für Volksschulkinder in Darmstadt. Mitget.
von Dr. Hugo LsvT-Hamburg 107. 423
Augenuntersuchungen in London. Mitget. von Dr. SisvEKiNG-Hamburg 108. 424
Morbiditätsstatistik der Wiener Schulkinder 109. 425
Das Meldewesen ansteckender Krankheiten bei Schulkindern. Mitget.
von Dr. SiEvEKiNG-Hamburg 109. 425
Schulärzte für mittlere und höhere Schulen 125. 519
Zahnärztliche Untersuchungen in Schulen 127. 521
Tätigkeit eines Landschularztes 128. 622
Zur Anstellung von Schulärzten in Stettin 128. 522
Ärztliche Besichtigung der Schulen in Hamburg 128. 522
Zur Anstellung von Schulärzten 128. 522
xvn
8«ito
Neue Schttliiwte { 231* 837
Sohulänte in Colambia 129*. 523
Ausbau der Sohularztordnang in Nornberg 147. 605
Sohulänte in Fürth 148. 606
Begolatir der Sektion ungarischer Schulärzte nnd Lehrer der Hygiene.
Mitget. von Dr. W. GBKEBsicH-Budapest 148. 606
Die Schularztfirage im ostpreurdschen Bektorenverein 149. 607
Antrag auf Anstellung von Schalärzten in Bielitz 149. 607
Der Bomatologisohe Unterricht an den Präparandenanstalten in Budapest 149. 607
Schularzte für Privatschulen 149. 607
Yolkstiimliche Belehrung über die Bedeutung von Schulärzten 149. 607
Über Anstellung von Schulärzten an mittleren und höheren Schulen . 150. 608
Schulärztinnen 150. 608
Zur Schularztfrage in Berlin. Mitget. von Prof. Dr. A. HABTHANK-Berlin 205. 747
Ohrenärztliche Untersuchungen von Schulkindern 206. 748
Die Schularztfrage in Eisenach 207. 749
Schularzteinrichtung far Dresden-Land 207. 749
Über die Neuregelung des schulärztlichen Dienstes in Berlin 231. 837
Zahnärztliche Untersuchung von 84 Kindern der Magdeburger Hilfs-
schulen. Mitget. von Dr. med. FBAiTKENBüBOBR-Niimbexg 231. 837
Schulärzte in Görlitz. Mitget. von Stadtarzt Dr. RsiicEB-Göriitz 232. 838
Schulärztliches aus Hessen. Mitget. von Oberlehrer Kabl Roller-
Darmstadt 248. 900
Die Bedenken des Breslauer Stadtarztes gegen die Anstellung von
Schulaugenärzten. Mitget. von Dr. HEiMAim-Charlottenburg 249. 901
Anstellung von Schulärzten in Fürth 250. 902
Amtsarzt und Schulärzte in München 250. 902
Schulärztinnen in Charlottenburg 250. 902
Über die Tätigkeit der Schulärzte in Ratibor 251. 903
Die Frage der Anstellung von Schulärzten für die Mittelschulen 252. 904
Literarische Besprechungen.
Seite
ScHMU) - MoNNABD, Die Aufgaben des Schularztes. Von Dr. Paul
Schubert 14. 56
Mabr - Hamburg, Der Schularzt und Dr. Arthur Hartmann. Von
Dr. LAiTDAU-Nürnber^ 15. 57
H. Merevith RiOHARDfi, Thc sanitary control of schools with special
reference to the Education Bill. Von Dr. Sievbrkivg Hamburg . . 32. 130
K. Roller, Das Bedürfiiis nach Schulärzten für die höheren Lehr-
anstalten. Von Dr. med. Ernst VEiT-Pra^ 32. 130
Jahresbericht über die Verwaltung des Medizinalwesens, die Kranken-
anstalten und die öffentlichen Qesnndheitsverhältnisse der Stadt
Frankfurt a. M. Von Dr. SiBVBKiNO-Hamburg 48. 20G
0. Schanze, Lehrer, Ergebnisse und Wert schulärztlicher Untersuchungen.
Von Dr. STEiNHARDT-Nümberg 48. 206
Eduard Quirsfbld, Ergebnisse einer Schulkinderuntersuchung. Von
Dr. ALTSCHUL-Prag 62. 264
Hugo Stbrnfbld, Wünschenswert oder notwendig? Ein Beitrag zur
Schularztfrage in München. Von Dr. M. FRANKBNBURGER-Nümberg 82. 328^
Hugo Stbrnfbld, Entgegnung auf das Referat von Dr. Frankbnburger
in No. 5 des „Schularzt" (S. 82—85) 129. 52a
A. Stbiobb, Zweck und Methode der Augenuntersuchungen in der
Volksschule. Von Dr. E. HBiMANN-Charlottenburg 190. 524
Sehnlgesandheitspflege. XVI. b
XVIII
S«lte
B. GoHN, Professor, Wamm müssen besondere Schulaugenärzte angestellt
werden? Von Dr. Ernst flEiMANV-Gharlottenburg 151. 609
£. Wiener, Die Sohulärstefrage in Österreich. Von Dr. Altschül-
Prag 237. 843
Amtliche Verfägungen, Berichte und Dienstordnungen
für Schulärzte.
Beltt
Dienstordnung für die Schulärzte an den Volksschulen der Stadt Aachen.
(Vom 1. April 1901) 16. 58
Dienstanweisung für die Schulärzte in Danzig. (Vom 27. Juni 1901). 37. 135
Diendtan Weisung für die Schulärzte der Stadt Bonn. (Vom 6. Februar
1899) 50. 208
Ministerialerlafs des Herzogl. Meiningenschen Kultusministeriums, be-
treffend Beaufsicbtigrung und Instandhaltung der Schulgebäude usw.,
vom 24. Juü 1902 64. 266
Aussohreiben des Herzogl. Meiningenschen Staatsministeriums, betreffende 66. 268
die Anlage von Schulhäusem, vom 24. Juli 1902 \ 86. 332
Anweisung, die ärztliche Überwachung der Herzogl. (Gymnasien, Real-
gymnasien und der Herzogl. (Meiningenschen) Realschulen betreffend,
vom 1. Mai 1901 90. 336
An die sämtlichen Schulärzte (Erlafs des Herzogl. Meiningenschen Staats-
ministeriums vom 6. Januar 1903) 96. 342
Anweisung, die ärztliche Überwachung des Herzogl. (Meiningenschen)
Lehrerseminars betreffend, vom 2. Mai 1901 99. 345
Ordnung für die gesundheitliche Überwachung der städtischen Volks- 1^ 110. 426
schulen zu Chemnitz durch Schulärzte und Lehrer v. 22. März 190l\ 131. 525
Dienstanweisung für Schulärzte in ländlichen Gemeinden. Erlafs des
Grofsherzogl. Hessischen Ministerium des Innern vom 13. Jan. 1903 152. 610
Dienstanweisung für die Schulärzte an den Gemeindeschulen zu Berlin
vom 3. April 1903 169. 671
Jahresbericht über die schulärztliche Tätigkeit in den Mittel- und Stadt-
schulen der Haupt- und Residenzstadt Darmstadt im Schuljahr
1902/1903. Von Dr. Buohhold, Schularzt 207. 749
Dienstordnung für die Schulärzte der Stadt Nürnberg vom 1. Dez. 1903 263. 905
r 171. 673
PersonalverseiclmiB der Scholärste des Deutschen Reiches . . .< 240. 846
[ 258. 910
XIX
Verzeichnis der Mitarbeiter,
welche im Jahre 1903 Beiträge geliefert haben.
Altscbxjl, Dr. med., k. k. Sanitätsrat in Prag.
Bbrgbs, H., Dr. med., Kreisarzt in Hannover.
BoBNMAiTK, Dr., Stadtschnlrat in KaBsel.
Buchhold, Dr. med., Schularzt in Darmstadt.
BüBGSBBTBiN, Lso, Prof. In Wien.
Frakkknbübgbr, Dr. med. in Nürnberg.
Gbnebsich, Dr. med. in Budapest (hyg. Institut).
Habthaith, A., Prof. Dr. in Berlin.
Hbdcavk, Ebnst, Dr. med. in Charlottenburg.
HiKTBloBB, C, Prof. in Wien.
Xbaübs, Sibomuni), Blindenlehrer in Wien.
Landau, Rich., Dr. med., Schularzt in Nürnberg.
Lbyt, Hugo, Dr. med. in Hamburg.
Nbübath, Dr. med. in Wien.
Pawel, J., Universitäts-Tumlehrer in Wien.
Reimbr, Dr. med., Stadtarzt in Görlitz.
Bolleb, Eabl, Oberlehrer in Darmstadt.
Samoscb, Dr. med., Schularzt in Breslau.
SiBVEKiNO, Dr. med. in Hamburg.
ScBMiD-MoNMARD, Dr. med., Kinderarzt in Halle a. S.
ScHUBBBT, P., Dr. med., Augen- und Ohrenarzt in Nürnberg.
Stbibhabdt, Dr. med. in Nürnberg.
Stbbntbld, Hugo, Arzt in München.
Ysrr, Ebnst, Dr. med. in Prag.
b*
lettfilttlt fit Si||ilf|tfiiti)i|ett0)i|leiie.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 1.
(ftrt|ittitUb^it]t)l]ttt9t]t.
über die Beiiehiiiigeii swiMhen korperlioher Entwieklnng
und Behnlerfolg.
Von
Dr. med. F. A. Schmidt und Hanptlehrer H. H. Lessekich
in Bonn.
Der Frage, ob zwischen den Fortschritten in der Sohnle nnd
denen in der körperlichen Entwicklung irgend ein nachweisbarer
Zusammenhang bestehe, mit andern Worten, ob grölsere körperliche
Tüchtigkeit im ganzen nnd groben anch einer besserer geistigen
Leistongs&higkeit entspreche, hat man wiederholt durch zifFem*
m&bige Erhebungen bei Schülern rerschiedener Schulsysteme näher
zu treten versucht. So fanden in Aulsland Graziakow und nach
ihm Sac]|^ — letzterer auf G-rund von Messungen bei mehreren
Tausend Gymnasiasten der Stadt Moskau — , dafs bei den Schülern
mit besserem Studienerfolg die durchschnittliche Körperlänge in den
yerschiedenen Altersstufen stets eine gröbere war, als bei den gleich-
alterigen Schülern mit schlechtem Studienerfolg. Ähnliche Unter-
suchungen stellten in Nordamerika Pobteb und Mac Donald an.
Mit Becht erregten die Untersuchungen Pobtebs in St. Louis
gröüseres Au&ehen. .Denselben lagen Messungen und Erhebungen
bei 33000 Schülern und Schülerinnen der achtklassigen Volksschulen
in St Louis zugrunde, ein Material, welches noch durch Erhebungen
über Schulkinder der Kindergärten einerseits, der Mittelschulen an-
dererseits, ergänzt wurde. Das Ergebms war, dafs durchgehende
und in überraschend gesetzmäfsiger Weise von Kindern
der gleichen Altersstufe diejenigen, welche einer höheren
SehulgMiindheitipfleg«. XVI. 1
Sohulklasse angehörten, anch ein gröfseres durcbschnitt-
liclies Körpergewicht aufwiesen, während die in
einer niederen Klasse zurückgebliebenen, also geistig
schwächeren Kinder, ein geringeres durchschnittliches
Körpergewicht zeigten. Ein gleiches Ergebnis hatten die
Messungen der Körperlänge, des Brustumfangs, des Querduroh-
messers des Schädels.
G^gen die Allgemeingiltigkeit dieser Erhebungen und gegen die
Bestimmung der Mittelwerte nach der sogen. G-ALTONschen Berech-
nungsart hat man eine Reihe von Einwänden erhoben. Darauf
näher einzugehen, müssen wir uns versagen, weil uns das Original
der PoBTEJELschen Untersuchungen nicht zugänglich war und uns
lediglich die allerdings ziemlich ausführlichen Angaben des Hand-
buchs der Schulhygiene von Bübgbbstein und Netolitzky vor-
lagen. Wir wurden aber dadurch angeregt, diese Verhältnisse für
unsere Bonner Volksschulen nachzuprüfen.
Die Grundlagen dazu waren uns geboten durch die sogenannten
G^undheitsbogen, welche seit der Anstellung von Schulärzten in
der Stadt Bonn über jedes die Volksschule besuchende Kind geführt
werden. Diese Gesundheitsbogen enthalten, für jedes Schuljahr neu
festgestellt, Messungen der Körperlänge und des Körpergewichts.
Diese Messungen und Wägungen werden bei allen unseren Schulen
im Monat Mai vorgenommen. Wir benutzten zu unseren Aufistel-
lungen die letzte Messung vom Mai 1902. Zur Verfügung standen,
nach Ausscheidung einer Anzahl von ungenau ausgefüllten Bogen,
sichere Angaben über 4260 Knaben und Mädchen — allerdings ein
Material von bescheidenem Umfange. Die beigegebenen Tabellen
I und II zeigen, wie sich diese Schulkinder auf die verschiedenen
Klassen und Altersstufen verteilen.
Nunmehr ermittelten wir für jede Altersstufe in den einzelnen
Klassen — Knaben und Mädchen gesondert — den einfachen Durch-
schnitt der Ziffern über Körperlänge und -gewicht und ordneten
diese Durchschnittsziffern nach den Altersstufen und Schulklassen.
Das Ergebnis ist in Tabelle III und IV zusammengestellt.
In Übereinstimmung mit den Angaben Pobtebs zeigt sich auch
für unsere Schüler und Schülerinnen: dafs bei beiden Geschlechtem
und in allen Altersstufen von gleichalterigen Schulkindern diejenigen,
welche in einer höheren Schulklasse sich befinden« also in der Schule
gut fortgekommen sind, auch eine gröüsere Körperlänge und ein
gröüseres Körpergewicht aufwiesen. Es ist also bei unsern
3
TaMIe I.
Knaben der Yolkssohnlen Bonns
(Mai
1902)
.
KlMse
Alter
5-«
6-7
7-8
8—9
9—10
10—11
ii-ia
la— 18
18— U
14—15
Sa.
I
1
35
180
141
8
810
II
2
49
124
52
21
1
249
m
46
129
53
16
6
—
260
IV
58
195
46
20
11
3
1
884
V
86
185
34
10
3
8
821
VI
66
215
45
14
1
841
vn
79
207
28
4
818
Sa.
79
27S
824
292
291
286
285
212
171
6
2118
TftbeU« n.
Mädchen der YolksBoholen Bonns (Mai 1902).
Klasse
Alter
6-6
6-7
7-8
8-9
9—10
10-11
11-11
la-ia
18— U
14—16
Sa.
I
46
110
105
1
262
n
41
102
52
27
3
226
III
58
162
74
26
7
817
rv
52
149
50
19
8
4
282
V
72
202
49
16
5
2
1
847
VI
56
200
45
18
1
820
VII
97
283
52
7
889
Sa.
97
2S9
824
806
274
260
246
198
144
4
2142
äiS
<
^a B -
f
1
Od
Q
CO
Ol
115,1
112,8
•
117,6
114,8
«3
Ol
22,7
22,1
21,3
•
S
1^
©«
Q
Ol
^
Ä
CO
•
HA
1
Q
Ol
± 1
ig
IS
Ol
0) «3
o e«
Q ®
m
HA H' N-i HA
S 18 S 8
ifh. OO «4 l#k
Q
•i
Ol
0)
CO
^ SS s
CO CD OD
•
HA 1^ M NA
SS S £! S
Ol
- 1
o
•
S S <S 3
•4 -q O KO
146,1
142,0
141,1
137,2
Ol
• r
86,1
35,4
83,3
31,5
148,4
145,6
Ol
-r
«
•
S 3
O
CT-
00
i3 ;3
<1
*!2 Ö »^ HH
< P •-• "^
r
00
s-
Ml
.s
CO
Q
Ol
Q
1-^
CO
115,8
111,7
21,2
19,7
— 1
•
115,4
115,1
O
Q
•i
Ol
24,0
22,5
22,5
•
HA
Ol
H*
1
OD
Q
Ol
o«
Ol
CO
Q
ST
OO
Ol
« OD
Ol "e.
H*
09
M H* 5*
S SS 8
'^v ^J-s "L^
0) O ^^
Q
Ol
• T
0»
^ SS s
«# «# ^
O 00 OD
188,0
137,1
185,2
131,5
o
3i
88,0
31,3
30,3
28,6
•
148,0
138,6
138,5
!f
•
85,0
33,0
31,8
146,4
145,2
09 00
O) 06
-N- OD
•
o
9
?!
o
0
I
Q
OD
P
P'
Q
o
t3-
o 3
CO o
0
f
i
s
r
2.8-
• s.
p
o
P'
0
s
OD
Ol
0
0
0
P'
9
*^
OD
OB
0
Sehülern im DuroliBolinitt eine kräftigere KOrperent*
wieklnng auch mit einer besseren geistigen Leistungs-
fähigkeit verbunden. Om ein Beispiel herauszugreifen, so be-
trug bei den zwOlQährigen Mädchen, welche die erste Klasse erreicht
hatten, die durchschnittliche Eörperlänge 146,1 cm, das durch-
schnittliche Körpergewicht 36,1 kg. Fttr die noch in der zweiten
Klasse befindlichen zwölfjährigen Mädchen waren die entsprechenden
Ziffern 142 cm und 35,4 kg; fär die in der dritten Klasse zurück-
gebliebenen 141 cm und 88,3 kg. Das sind mithin recht beträcht-
liche Unterschiede. In andern Erlassen sind solche, wie die bei-
gegebenen Tabellen zeigen, zum Teil noch mehr ausgesprochen.
Nun muls allerdings auf einen umstand aufmerksam gemacht
werden, der geeignet scheinen kann, den Wert der Aufetellung, so-
weit sie in durchweg gesetzmäfsiger Weise die in einer höheren
Sehulklasse befindlichen Kinder körperlich besser entwickelt er-
scheinen lä(st, als die einer tieferen Klasse angehörenden Alters-
genossen, einigermaben in Frage zu stellen. Nämlich in den rer-
schiedenen Jahresklassen der Schüler, und zwar insbesondere für
die ersten Schuljahre, bestehen doch noch besondere, in den Ta-
bellen nicht ersichtliche, geringe Altersunterschiede, welche nicht
auiser acht gelassen werden dürfen.
Die Aufnahme in unseren Volksschulen zu Beginn des Sommer-
halbjahres geschieht in der Weise, daüs als schulpflichtig in die
Vil. Klasse eintreten alle, die zu dem gedachten Zeitpunkte das
sechste Lebensjahr bereits erreicht haben, oder bis zum 1. Oktober
dee betreffenden Jahres noch erreichen werden. Von den Schülern und
Schülerinnen der VII. Klasse sind also die füni^ährigen durch-
schnittlich etwa bVi Jahr alt. Was dagegen die sechsjährigen be-
trifft, so beträgt zwar das Durchschnittsalter der zu diesem ersten
schulpflichtigen Jahrgang gehörigen fl^/s Jahre; das Yerhältnis der
fünf- zu den sechsjährigen Schülern der VII. Klasse: 79 : 207 (bei
den Schülerinnen 97 : 233) zeigt aber, dafs unter diesen sechsjährigien
der VII. Klasse ein grolser Bruchteil — gegen ein Drittel — sich
befindet, welcher schon vor einem Jahre, und zwar mit dem
Durchschnittsalter ron b^i Jahren, schulpflichtig gewesen war. Von
dem Recht, noch nicht roll entwickelte schulpflichtige Kinder noch
einmal auf ein Jahr zurückzustellen, wird gerade bei denen, die
das sechste Lebensjahr noch nicht voll erreicht haben, ron der
Schulkommission besonders ausgiebiger Q^brauch gemacht. Dies in
Betracht gezogen, kOnnen wir das Durchschnittsalter der sechsjährigen
in der YLL Klasse auf mindestens 6^A Jahre ansetzen. Daraus
ergibt sich, daüs in den einzelnen Säulen der verschiedenen Alters*
klassen die der obersten Ziffer entspreohenden und der jedesmal
höchsten Klasse angehörenden Schüler und Schülerinnen einige —
aber höchstens drei — Monate älter sind im Durchschnitt, als die
der zweithöchsten Ziffer entsprechenden. Es könnte daher vermutet
werden, dais der hier obwaltende unterschied in G-röJse und Ge-
wicht dem diesbezüglichen natürlichen Wachstum zuzuschreiben sei.
Das ist nun nicht der Fall. Für unsere Schüler ist das mittlere
jährliche Wachstum 4,6 cm hinsichtlich der Körperlänge, 2,4 kg
hinsichtlich des Körpergewichts. Für drei Monate betrüge dajs
Wachstum also 1,15 cm und 0,6 kg. Der Unterschied aber in
Körperlänge und Körpergewicht zwischen den in der höchsten Klasse
innerhalb jeder Altersstufe befindlichen Schülern und den in der
nächstfolgenden Klasse sitzenden beträgt im Durchschnitt 1,77 cm
und 1 kg. Die Tabellen UI und IV zeigen, dafs für die in einer
niederen Klasse zurückgebliebenen gleichalterigen Schüler die Unter-
schiede in Länge und Grewicht aufserordentlich grois sind. Somit
wird durch jene Altersdifferenz von etwa drei Monaten, die nach
dem elften Jahre hin immer geringer wird, von da ab überhaupt
nicht mehr besteht, die Beweiskraft der Durchschnittsziffem nicht
in Frage gestellt. — Genau so liegen die Verhältnisse bei den
Mädchen.
Kun hat man gegen die PoBTEBschen Aufstellungen auch den
Einwand erhoben, dals auf diese Beziehungen zwischen Schulerfolg
und körperlicher Entwicklung die Wohlhabenheit bezw. die Armut
der Eltern der Schulkinder gröfseren Einfluis besitze. Die Kinder
der Armen seien im Durchschnitt körperlich sohlechter entwickelt
und wären auch diejenigen, welche in der Schule weniger Erfolg
hätten, d. h. geistig weniger leisteten. Inwieweit für unsere Volks-
Schüler in Bonn dies hinsichtlich der körperlichen Entwicklung
zutrifft, haben wir nicht ermitteln können. Dagegen trifft dies sicher-
lich nicht hinsichtlich der geistigen Leistungen zu. Denn in un-
serer Stadt bestand bis vor etwa sechs Jahren eine besondere Ar-
menschule, die katholische sogen. „ Freischule ". Diese Schule nun
stand hinsichtlich ihrer Leistungen niemals zurück gegen die an-
deren Volksschulen der Stadt, in denen die Kinder der mittleren
und besser gestellten Bürger sassen (die Kinder der reicheren
Bürger befinden sich in den Vorschulen der beiden Gymnasien oder
den Töchterschulen). Im Gegenteil waren die Ergebnisse der Schul-
erziehung in der früheren Freisohole stets sehr achtenswerte. Eis
wird aber von Interesse sein, wenn später anoh anf die Gymnasien
sieh die sohnlärztliohe Tätigkeit erstrecken wird — was doch nnr
eine Frage der Zeit ist — , die entsprechenden Vergleiche zwischen
diesen SohttlerD nnd denen der Volksschnlen anzustellen.
So zeigen denn nnsere Ziffern in überzeugender Weise, dafs
wenigstens für nnsere Schulen die körperlich besser entwickelten
Kinder anch geistig mehr leisten. Der Musterknabe mit zartem
schwächlichem Körper, aber hoch entwickelter Intelligenz einerseits,
der faule, dicke Schlingel, der immer sitzen bleibt, andererseits —
das sind entgegen landläufiger Vorstellung keine häufiger vorkom-
menden Typen, sondern das sind nur Ausnahmen, Ausnahmen, welche
des Kontrastes wegen so besonders auffallen. Daher denn auch die
Häufigkeit ihres Vorkommens vielfach so stark überschätzt wird.
Für gewöhnlich also bietet ein gesundes, körperlich wohl
sich entwickelndes Kind die meiste Gewähr auch für eine
gute geistige Leistungsfähigkeit, wie sie sich im Schul-
erfolg ausspricht. Gründer Geist im gesunden Körper ist
wahrlich mehr als ein blofses Schlagwort. Dafs dies allenthalben
und mehr wie bisher beherzigt werde, ist zum Heil unserer Jugend
dringend zu wünschen.
ia nasalis bei
Von
Dr. J. M. C, MouTON-Haag.
„Über Aprosechia nasalis'' ist der Titel einer in holländi-
scher Sprache publizierten Broschüre (Qeneeshundige Sladen. V.
Reihe, No. 12. Verlag von Erohn F. Bohn. Haarlem, 1898), in
welcher Dr. A. A. G. Güte, Professor der Otorhinologie zu Amster-
dam, das auch für die Schulgesundheitspflege höchst wichtige Thema
Uar und faislich behandelt. Da meiner Ansicht nach in dieser
^ Dieter Aufsatz befindet sich schon seit längerer Zeit in den Händen
der Redaktion, ist aber durch ein Versehen der Druckerei zurückgestellt
worden nnd liegen geblieben.
8
kleinen Abhandlung auch für die Leser dieser Zeüschrifl yiel
Interessantes enthalten ist, möchte ich hier einiges daraus mit-
teilen.
Güte selber war der erste, der im Jahre 1887 auf dem ersten
niederländischen Kongreis für Natnr- und Heilkunde zu Amsterdam
die Anfinerksamkeit der Ärzte auf einen Symptomenkomplex lenkte,
welchen er mit dem Namen „Aprosechia nasalis^ bezeichnete, d. h.
eine Hemmung beim Konzentrieren der Gedanken [nQoai%8iv tov
vovv) auf einen bestimmten Gegenstand, die durch eine Abnormalitftt
in der Nasenfunktion verursacht wird. In eben demselben Jahre
hielt Güte einen Vortrag über diesen Gegenstand in der Natur-
forscheryersammlung zu Wiesbaden, welcher in der ^I^e^chen med.
Woehenschr.^ , 1887, No. 43, veröffentlicht wurde, und im Jahre
1888 berichtete er über neue Erfahrungen auf diesem Gebiete auf
der NaturforsoherversammluDg zu Köln {„Deutsche med. Wochen-
schnfi"", 1888, No. 40).
Der erste Fall, durch welchen die Aufinerksamkeit Gutes
auf diesen Gegenstand gelenkt wurde, darf als Paradigma gelten
und verdient demgemäfs Erwähnung: ein Junge von sieben Jahren
konnte nicht durch die Nase atmen, und obwohl er schon ein
ganzes Jahr in die Schule gegangen war, hatte er noch gar nichts
gelernt, nur die ersten drei Buchstaben des Alphabets wuüste
er auswendig. Güte fand den Nasenrachenraum durch adenoide
Vegetationen verstopft und entfernte dieselben; schon eine Woche
später konnte der Knabe das ganze Alphabet auswendig.
Die Ursachen der Funktionsstörung der Nase sind im kurzen
folgende: adenoide Vegetationen im Cavum pharyngo-nasale; eine
Schwellung der Nasenschleimhaut, zumal der unteren Muschel; Un-
regelmässigkeiten im Bau der Nasenscheidewand, die das Entstehen
von Schwellungen begünstigen.
Die Symptome der Aprosechia sind dreierlei:
1. Dem Patienten wird es schwer, sich eine Vorstellung zu
bilden von dem, was man ihm Neues, speziell Abstraktes,
beizubringen sucht: er ist stumpfsinnig.
2. Der Patient hat groüse Mühe, die Vorstellungen zu be-
halten: er leidet an Gedächtnisschwäche.'
3. Der Patient kann nur mühsam seine Gedanken auf einen
bestimmten Gegenstand lenken: Aprosechia im engeren
Sinne.
9
Ganz merkwUrdig ist es, daiSs die Kinder manchmal dem Unter-
richt in allen Fftohem gni folgen können, mit Ausnahme der Mathe-
matik; hier geht es nicht, will es nicht gehen. Nach der Ansicht
QüTBs liegt der Grund dieser Tatsache darin, daÜB die Mathematik
meist abstrakte Voratellnngen erfordert.
Im allgemeinen könnte man nach dem vorhergehenden behaupten,
dab ee sich in der Aprosechia nasalis um eine derartige Störung der
Gehimfonktionen handle, welche, nach Guyb, sich aus einer er-
schwerten Zirkulation der Lymphe im Gehirn erklären lielse, wo-
durch die Produkte des Gehirnstoffwechsels nicht rasch genug ab-
gefklhrt werden. Durch Untersuchungen von Schwalbb, Axel Ket
und Pbbtziüs ist nachgewiesen worden, daJB die Lymphräume des
Gehirns mit den LymphgefälBen der Nase kommunizieren, und also
die intrakranielle Lymphe zum Teile die Nasenschleimhaut passieren
mu&. Werden nun durch die Schwellung dieser Schleimhaut ihre
Lymphgeft&e mehr oder weniger gedrückt, so wird natürlich die
Abfahr der Lymphe entsprechend gehemmt sein und eine Retention
der Stoffweohselprodukte im Grehim stattfinden, welche die Funktion
desselben beeinträchtigt.
Dazu kommt nun noch etwas: Bei Atmung durch die Nase
ist die Aspiration des venösen Blutes nach dem Hersen viel gröfser
als bei Atmung durch den Mund, weil im letzteren Fall die Atem-
bew^^gen oberflächlicher sind. Da nun die Patienten selbstver-
ständlich durch die obturierenden Affektionen der Nase gezwungen
werden, zum Teile wenigstens, durch den Mund zu atmen, läüst auch
die Aspiration des venösen Blutes aus dem Kopfe zu wünschen
übrig; und da gleichfalls nachgewiesen ist, dals die intracerebrale
Lymphe aulserdem durch die Arachnoidalzotten nach dem venösen
Sinus abgeführt wird, so ist es klar, dals infolge der Nasenaffektion
auch auf diesem Wege die Lymphe schwerer als sonst aus dem Gre-
him entfernt und demnach auch die Retention der Stoffwechsel-
produkte in diesem Organe begünstigt wird.
Wenn man sich das alles nun klar vorstellt, wird es niemanden
wundem, dalis nicht jeder, der mit adenoiden Vegetationen, Schwel-
lungen etc. im Nasenrachenraum behaftet ist, in einem gewissen
Grade an Aprosechia leidet; wird doch bei jedem Individuum die
Frage sein, inwieweit durch die Nasenaffektion die Abfuhr der in«
trakraniellen Lymphe auf den beiden Wegen gehemmt ist; ist das
flindemia, und dadurch die Retention der Stoffwechselprodukte, grofs,
80 wird die Aprosechia deutlich ausgesprochen sein; im entgegen-
10
gesetzten Falle wird sie weniger deutlich hervortreten. So fiemd
GcrzE unter 152 Patienten mit adenoiden Vegetationen 62 mit
starker, 32 mit geringer und 58 mit gar keiner Aprosechia.
Ausdrücklich betont Gute, dals er seine Arbeit nur als eine
Ergänzung zu dem betrachtet, was Wilhelm Meyeb zu Kopen-
hagen zuerst über diese Krankheit geschrieben hat.
Ohne weiteres wird jedem, der sich mit der SchulgesuDdheits-
pflege beschäftigt, die groise Bedeutung dieser Affektion einleuchten;
wird es doch manchmal geschehen, dais ein Kind durch Stumpf-
sinn, Dummheit, Unaufmerksamkeit u. dgl. den Eltern und Lehrern
zum Verdruls und Ärger wird, obwohl alles mögliche getan wird,
um dem Kinde auch nur einige Kenntnis beizubringen; schliefalich
wird das Kind dann zum Arzt geschickt, der durch eine rationelle
Behandlung den „dummen^ Burschen in einen fleifisigen, tüchtigen
Schüler umwandelt.
Wie notwendig ist es, dafs diejenigen, denen das Wohl unserer
Kinder anvertraut ist, von den wichtigsten Anforderungen der
Schulhygiene einige Kenntnis haben, wie notwendig auch, dais dem
Schularzt, der mit warmer Hingabe seine schöne Pflicht zu erfüllen
sucht, die Schultüren weit geöffiiet werden, damit er neben dem
Lehrer im Interesse der Schuljugend tätig sein kann.
Güte sind wir zu groisem Dank verpflichtet, weil er uns noch
einmal darauf aufmerksam gemacht hat, wie nötig es ist, die Apro-
sechia nasalis zeitig zu erkennen und womöglich zu heilen.
Wie wird die Schulgesnndheitspflege Gemeingut der Schule?
Von
Dr. med. A. Baüb,
Seminararzt in Schwäb.-Gmünd.
Es ist kein Zweifel, dais die Schulgesundheitspflege, aus ihren
Kinderschuhen herausgetreten, allmählich mehr und mehr Boden fafst
und sich die Anerkennung der £ixistenzberechtigung, ja, der Existenz-
notwendigkeit allgemein erworben hat. Wir danken dies dem
Greiste vieler Schulmänner, die wohl verstanden haben, wo sie der
Schuh drückt; wir danken es der mutigen Initiative und energischen
11
Mitarbeit von Ärzten, die durch ihre Untersnchungen der Schul-
hygiene eine wissenschaftliche Grrundlage gaben und mit ihren
Kenntnissen das wachsende Pflänzchen befruchteten; wir danken es der
gemeinschaftlichen Arbeit yon Ärzten, Lehrern, Technikern und Yer-
tretem der städtischen und staatlichen Behörden, wie sie im
Deutschen Verein für öffentliche Gresundheitspflege und in neuester
Zeit im Allgemeinen deutschen Verein für Schulgesundheitspflege
zur Geltung kommt, und wir danken es — last not least — auch
den Schulverwaltungen unserer Städte, die in richtiger Erkenntnis
der hohen Bedeutung der Schulhygiene schon zahlreiche Forderungen
derselben rerwirklicht haben. Dank diesen Faktoren ist die Schul-
gesundheitspflege am Baume der allgemeinen Hygiene nicht der
schwächste Zweig geworden, und ihre Früchte sind nicht die ge-
ringsten und nicht die wenigsten. Trotz alledem ist es der Schul-
hygiene noch nicht gelungen, in dem MaTse, wie es sein sollte,
Gemeingut der Schule zu werden, den Schullehrer in seiner Gesamt-
heit zu interessieren und für sich einzunehmen.
Woher kam oder kommt dies? fragt sich jeder, dem daran
gelegen ist, die Chancen der Einführung der Schulhygiene in Lehrer-
kreisen günstiger zu gestalten. Der Lehrer befürchtet in erster
Linie, daJs mit der Schulhygiene dem Arzte die Thüren der Schule
zu weit geö&et werden, und dals mit ihm ein neuer Inspektor in
die Schule einziehe.
Die Praxis hat, wie uns scheint, bereits den Beweis geliefert,
uad wird es auch weiter beweisen, dais dem nicht so ist. Der
Schulhygieniker ist besser als sein Ruf. Nicht seine persönlichen
Interessen, sondern das allgemeine Wohl ruft den Arzt auf den Plan
und veranlaJst ihn, der Schule Ratschläge zu erteilen; seine Sorge
um das zukünftige Geschick des Volkes ist es, welche ihn als den
rechtmäfingen Vertreter der Hygiene bezeichnet. Dem Arzt müssen die
Thüren der Schule geöffiiet werden, damit er »seine Ratschläge in
dem mannigfaltigen, Geist und Körper angreifenden Schulbetrieb
erteile, warne und dem Kinde zu dem verhelfe, was es im Leben
am meisten braucht — einen gesunden Geist in einem gesunden
Körper. Mit dem Polizeiknüppel in der Hand von Schule zu Schule
zu schreiten und den Lehrer zu desavouieren, ist nicht eines ge-
bildeten Mannes Sache, und es wird der yemünftige Arzt dem
Lehrer stets ein wohlwollender Berater und Freund sein, der ihm
seine Verantwortlichkeit erleichtert und ihn seine Lehrziele leichter
erreichen labt. Können die Lehrer ihr Vorurteil gegen die ärztliche
12
Tätigkeit in der Sohnle ablegen und sich entschlielsen, dem Tnn
des Arztes Vertrauen entgegen zu bringen, dann ist fCLr die allgemeine
Verbreitung der Gesundheitspflege in der Schule sehr viel erreicht,
— den Ideen derselben würde nicht nur Gehör geschenkt, sondern
sie würden in die Tat umgesetzt werden.
Aber es thut not, nicht nur das Vertrauen der Lehrerwelt zu
erringen, das Müstrauen derselben gegen die Ärzte zu zerstreuen,
sondern auch kein neues MiTstrauen aufkommen zu lassen und das
erworbene Vertrauen zu erhalten. — Bs darf dem Arzte niemals
in den Sinn kommen, in die Berufissphäre des Lehrers direkt ein-
zugreifen; er nimmt ja auch für sich und seinen Beruf dasselbe in
Anspruch und bekämpft die Kurpfuscher, wo er nur kann, mit Recht.
Der Arzt soll in seinem Verkehr mit der Schule nicht
zum pädagogischen Pfuscher werden. „Suum cuiquel*'
Jedem das Seine: dem Arzte die Kranken und die ärztliche Seite
der Schulhygiene, dem Lehrer der pädagogiche Teil. Freilich geht
es schwer, die Berufssphäre der Ärzte und Lehrer in Bezug auf die
Schulhygiene haarscharf zu sondern. ESs giebt gewisse Grenzgebiete,
in denen die Tätigkeit des Arztes und die des Lehrers ineinander
übergreifen, und in denen beide sich brüderlich die Hand reichen
sollen, um etwas Gedeihliches in gemeinsamer Arbeit zu erzielen.
Diese Grenzgebiete sollen nie der Schauplatz fron Grenz Streitig-
keiten werden, damit es keinen „tertius gaudens^ gi^bt, die Sache
selbst aber gro&en Schaden leidet.
Ein Grenzgebiet besonders heikler Art ist die Hygiene des
Unterrichts. Gewifs wird der Lehrer zugeben, dafs es Sache des
Arztes ist, durch spezielle Untersuchungen den Einfluls des Schul-
unterrichtes auf das leibliche und geistige Wohlergehen der Kinder
darzuthun. Wie abzuhelfen ist, das ist und bleibt Sache der Schul-
yerwaltung und der Lehrerschaft. Die Schulprogramme aufzustellen,
Hitzferien zu diktieren, die Ferien und Pausen zu bestimmen etc. etc.,
bleibt ihr Recht. Die Hygiene der Kinder dagegen dürfte in der
Hauptsache gleichmäisige Verteilung zwischen Lehrer und Arzt finden.
Dem Lehrer ftlllt die ständige Beobachtung der Kinder in Bezug
auf ihre geistige und körperliche Entwickelung zu, während der
Arzt unter Berücksichtigung derselben und seiner eigenen Unter-
suchungen die Beurteilung der Gesundheitsverhältnisse der Kinder
übernimmt und der Schule entsprechende Ratschläge erteilt. Niemals
soll der Arzt Anspruch darauf machen, seinen Rat zum Befehl
werden zu lassen. Es ist dies auch nicht notwendig, denn der ein-
13
sichtige Sehnlmann wird einen woUgemeinten Rat gut yerstehen,
einem yerblendeten aber wird hierdurch wenigstens die Möglichkeit
genommen, anszustrenen, der Arzt sei ein neuer Inspektor, der in
der Schule befehlen will. Ich glaube, dafis bei gegenseitigem gutem
Willen sich die Beibeflftchen, die auf Grenzgebieten stets vorhanden
sind, allmfthlich abschleifen werden, und dals dann leicht das ftir die
Gesundheit der Schulkinder Vorteilhafteste geschaffen werden kann.
Damit aber, dals die Schulärzte das Vertrauen der Lehrer er-
werben und erhalten, ist nicht alles getan, — man mufs auch den
Lehrer in den Stand setzen, die Schulhygiene als solche lieb zu
gewinnen, eine Freude an ihr zu haben. Dies geschieht nur durch
einen methodischen Unterricht in der Hygiene an den
Lehrer-Seminarien, femer durch Fortbildungskurse, durch schul-
hygieniache Vorträge in den Lehrerkonferenzen, sowie durch Be-
fruchtung der Lehrenrereinspresse mit hygienischen Aufsätzen, die
populär und anregend gehalten sind.
Die Notwendigkeit hygienischen Unterrichtes an den Lehrer-
Seminaren ist allgemein anerkannt, und wird derselbe wohl in ab-
sehbarer Zeit überall eingeführt werden. — Von Wichtigkeit für
den Erfolg scheint mir zu sein, dafs er genügend, erschöpfend ist,
und dafs zu diesem Zweck mit den Unterrichtsstunden nicht zu sehr
gekargt werde. Es ist nicht möglich mit 10-^12 Unterrichtsstunden,
wie es die Württembergische Begierung vorschreibt, auch nur das
Interesse für die Sache bei einem Seminaristen zu wecken, ge-
schweige denn nachhaltige Wirkungen zu erzielen. Wenn ein
Hygieneunterricht nutzbringend werden soll, mufs er gründlich sein,
keine Halbheit schafiPen und nur so ein bischen Anstrich von Hygiene
bringen, damit man sagen kann, „auch Hygieneunterricht wird an
den Seminarien erteilt''. Ein richtiger Hygieneunterricht muJis, auf
anthropologischem Wissen ruhend, systematisch aufbauen, — nur so
wird er in Fleisch und Blut übergehen, was um so mehr zu geschehen
hat, wenn der Seminarunterricht die einzige hygienische Quelle ist,
aus der der Lehrer zu schöpfen angehalten wird. Wenigstens eine
Woohenstunde ist daher das Mindestmals, welches man verlangen
mufs, will man mit dem Hygieneunterricht seinen Zweck erreichen.
Wer den Unterricht in der Schulhygiene erteilt, wäre uns schliefs-
lieh gleichgültig, wenn er nur gut erteilt wird.
Diese letztere Forderung führt mich nun aber trotzdem auf die
Personenfrage. Wer die geeignetste Persönlichkeit sei, den Hygiene-
unterrioht in den Volksschullehrer-Seminarien zu erteilen, hat neuer-
14
dings im Vordergmiid der Erörterungen gestanden. Seminardirektor
Andbeae ans Kaiserslautern Iiat in seinem Referat an der dies-
jährigen Jahresversammlung des Deutschen Vereins für Sohulgeennd-
heitspflege den Pädagogen als den geeignetsten Mann für den
Unterricht herausgefunden; er meint, der Arzt sei nicht Pädagoge
und könne die Hygiene nicht so gut lehren wie jener. Es steht
mir als Lehrer der Hygiene an einem Volksschullehrer-Seminar nicht
gut an, eine Lanze für den Arzt als Lehrer einzulegen, also
gleichsam pro domo zu sprechen. Ich sagte ohen, es sei mir einerlei,
wer den IJnterridit erteile, wenn er nur gut erteilt würde. Um
das Prädikat eines guten Lehrers der Hygiene zu erwerben, braucht
man aber, wie ich glaube, kein Pädagoge zu sein. Es kommt gewils
beim Hygieneunterricht mehr auf den Inhalt als auf die Form
an. Ob der Lehrer, auch wenn er auf der Universität Hygiene-
vorlesungen genossen hat, den Unterricht in diesem Fache ebenso
gut oder besser erteilen kann, als der Arzt, der ein langjähriges
Medizinstudium und Erfahrungen am Krankenbett hinter sich hat,
überlasse ich dem Urteil der maisgebenden Faktoren. Immerhin ist
zu sagen, dais die Hygiene eine ärztliche Wissenschaft ist, an der
in erster Linie der Arzt, in zweiter und dritter Linie der Lehrer
und Architekt mitwirken soll, also wäre auch dem Arzt die erste
Stelle des Lehramts einzuräumen.
Man könnte mit gleichem Recht verlangen, der Lehrstuhl für
Hygiene an der Hochschule müsse durch einen Pädagogen besetzt
sein, denn nur er bringe durch seine Lehrtüchtigkeit das Fach an
den Mann. — Im übrigen wird der Erfolg und das Urteil der Be-
hörden wohl entscheidend sein, wem der Lehrauftrag in der Schul-
hygiene werden soll, wenn man Erfahrungen über die Lehrtätigkeit
der Ärzte und der Lehrer gesammelt hat.
Meine mehrjährige Erfahrung als Lehrer der Schulhygiene wie
als Haus- und Schularzt am Schullehrer-Seminar Gmünd sagt mir
endlich, dals es nichts Natürlicheres gibt, als die Theorie und Praxis
der Hygiene an Lehrer-Seminarien in eine Hand zugeben, da sich
doch beide enge aneinander schlieisen, wenn man nicht unnötiger-
weise einem Dualismus Vorschub leisten will. Doch genug hiervon.
Der Unterricht in der Schulhygiene muls an denLehrer-Seminarien
möglichst gründlich sein, da die meisten Schullehrer nach dem
Examen auch in der Schulhygiene keine weitere Ausbüdung er-
halten. Was daraus wird, wissen wir alle, die wir einst lateinische
und griechische Hexameter wohl anzufertigen im stände waren, einige
15
Jahre aber nach dem Abiturientenexamen schon beträchtliche Ein-
butae an nnseren Kenntnissen erlitten haben. Ganz genan so wird
es mit der Schulhygiene bei den Lehrern gehen, wenn sie keine
Repetitionsknrse in derselben erhalten, wenn ihnen nicht G-elegenheit
geboten ist, ans ihren Zeitschriften und in Eonferenzrortrftgen immer
und immer wieder ihr hygienisches Denken zu unterstützen, wenn
sie nicht immer wieder Anregung zum hygienischen Erziehen und
G^ewöhnen der Schulkinder erhalten. Ich glaube, es sollte nicht
80 schwer sein, diesem allem Rechnung zu tragen. Zu allen mög-
lichen EuTBen werden die Lehrer einberufen, könnte nicht auch
einmal gelegentlich eines solchen über Hygiene gedacht werden? Es
würde sicher nicht belasten — weder die EHnanzen der Schule
noch die Arbeit des Lehrers — , wenn während eines sechswöchent-
liehen Obstbaumzucht-, Bienenzucht-, Zeichnen-, Handfertigkeits-
kurses etc. ein Stündchen der Hygiene gewidmet werden könnte.
Auch Vorträge hygienischen Lihalts, teils von Ärzten, teils
von Lehrern, würden gewifs mancherlei Anregung bieten, die Schul-
hygiene in praxi zu pflegen. Endlich dürfte das Halten schul-
hygienischer Zeitschriften das Literesse für die Schulhygiene
im Lehrerstand wach erhalten ; schulhygienische Referate von Original-
artikeln sollten mehr als bisher in den Yereinsblättem Platz finden,
— sie werden ihre Schuldigkeit thun und dem Lehrer seine Arbeit
in der Schule selbst erleichtern.
Man könnte nun sagen, dafs das Schularztsystem alles dies
unnötig mache; die Schulärzte einzuführen sei das einzig Richtige.
Solange man aber noch mit den vielen Vorurteilen der Lehrer zu
kämpfen hat und die Geldfrage bei EinfOhrung der Schularzt-
Listitution eine so grolse Rolle spielt, auch sonst noch die Be-
rechtigungs- und Notwendigkeitsgründe von Schulbehörden und
Lehrern so vielfach noch in Abrede gestellt werden, wird es noch
geraume Zeit anstehen, bis der Schularzt allgemeinen Eingang in
der Schule finden wird. Lizwischen, denke ich, wäre es gut, diese
Vonurteile zu zerstreuen und den Lehrer für die Schulhygiene zu
gewinnen durch einen anregenden, gründlichen Unterricht in der
Sehulgesundheitspflege, und durch seine Weiterbildung vermittels
besonderer Kurse, sowie durch die Literatur. Werden gar noch die
Wünsche, die ich in dieser Zeitschrift^ vor Jahresfrist die Seminar-
Ärzte vorbringen lieis, erfüllt, dann wird die Schulhygiene ganz
^ Jahrgang 1901, S. 207.
16
gewifs allmählich Gemeingut der Schule, was geschehen muÜB, will
man fdr die Schulpraxis EVüchte von ihr erwarten, will man haben,
dab der Schularzt Sympathien finde, die notwendig sind, um seine
Tätigkeit zu einer rollkommen erspriefslichen werden zu lassen. Ich
denke, es ist besser, wir pflügen zunächst den Boden, auf den wir
diese Aussaat bringen wollen, als wir streuen einen guten Samen
in ein Erdreich, das demselben nicht palst, wo er nur schlecht
keimen, vielleicht gar ersticken wird, wo die Früchte nur spärlich
eingeheimst werden. Der Lehrerstand verlangt mit Becht, dab man
sein Gebiet respektiere, wir verlangen dies auch mit Bezug auf das
unsrige; wir wollen nicht einbrechen in Fremder Gehege, wie wir
auch Herr in unserem flauae sein wollen. Dagegen wünschen wir,
in gegenseitigem Vertrauen und Hand in Hand mit dem hygienisch
wohlgebildeten Lehrer zu gehen und ihn zu beraten, wie auch er
vertrauensvoll seine Wünsche und Erfeüirungen uns entgegenbringen
möge; dann, und nur dann wird die Schulhygiene ein Gemeingut
der Schule werden, ihr selbst zum gröisten Nutzen.
BegieninffBbeschlttise betreff Beinhaltimg der Schulen
in Norwegen.
Von
M. K. BIkonson- Hansbn in Trondhjem.
Vor einigen Jahren wurde durch den norwegischen Lehrerverein
die Frage aufgeworfen über bestimmte Begeln und Verordnungen in
betreff der Schulreinigung in Landbezirken, nebst einigen anderen
ümständoD, die dahin zielten, die Verbreitung von Ejrankheiten
durch die Schulen zu verhindern. Es zeigte sich nämlich, dals die
Beinlichkeit in den Stadtschulen in den letzten paar Jahrzehnten
grofse Fortschritte gemacht hatte, dafs also die Mängel, welche die
Schulen der Landbezirke in dieser Richtung noch aufweisen, be-
sonders stark hervortreten mulsten, und es wurde hierdurch die
Überzeugung geweckt, dafs sogleich etwas zur Verbesserung getan
werden müsse. Ea wurde ein Vorschlag für solche Malsregeln aus-
gearbeitet, der entweder als Gesetz oder als Verordnung erlassen
17
werden konnte. Der Entwurf mnfste viele Instanzen dnrohmaohen,
und dies erforderte Zeit. Indessen kam das Gesetz vom 8. Mai 1900
betrefiEs besonderer Maüsnahmen gegen tuberkulöse Krankheiten, und
§ 11^ dieses Gresetzes gab der Sache den letzten Stofs in fortschritt-
licher Richtung, so dais sie endlich durch die Resolution des
Kronprinzregenten vom 1. Juni 1902 geregelt werden konnte. Durch
diese Resolution wurde folgendes festgesetzt:
A. Verordnungen, betreffend das Reinhalten u. s. w.
der Schulen.
§ 1. Es ist verboten auf die Fulsböden der Schulzimmer oder
Gftnge zu spucken.«
§ 2. Spucknäpfe in Schulzimmem und auf Grängen' sollen
immer etwas Wasser, Sand, feuchtes Sägemehl oder Torfmull, ge-
hackte Wachholderbeeren oder Fichtennadeln enthalten. Sie sollen
tftglich gereinigt und ihr Inhalt entweder verbrannt, oder in Kloaken,
am Strand oder in Erdlöcher^ ausgeleert werden.
§ 3. Sowohl Lehrer als Kinder müssen ein Taschentuch oder
die Hand vor den Mund halten, wenn sie husten. Wie man sich
gegenüber von schulberechtigten Kindern, die an Tuberkulose, mit
Auswurf verbunden, leiden, zu verhalten hat, wird in jedem einzelnen
Falle von der Gesundheitskommission des Ortes bestimmt.
§ 4. In jeder Pause sollen die Schulzimmer wenigstens fünf,
und nach beendigter Schulzeit 15 Minuten gelüftet werden, am
liebsten durch Zugluft, sofern das Wetter es erlaubt. Wenn die
Schullokalitäten mit Luftheizung durch Heizkammem oder mit
mechanisch betriebenen Ventilationsvorrichtungen versehen sind, kann
die Gesundheitskommission hierin Einschränkungen erlauben.
^ Hier wird nämlich festgesetzt, dafs allgemeine Bestimmungen über Mafs-
regeln gegen die Verbreitung solcher Krankheiten, unter anderem auch für
Schalen geltend, erlassen werden müssen.
' Gegen das Ausspucken macht sich jetzt in Norwegen eine energische
Oppodtion geltend. Die Blätter bringen stetige Aufrufe, wie z. B. „Arbeite
gegen die Spucksohweinerei**. In Kirchen und Versammlungslokalen, in Korri-
doren und auf Treppen finden sich Anschläge wie: „Spucke nicht auf den
Fafsbodenl*' „Spucke nicht auf die Treppe!" Nach den Polizeibestimmungen
für Trondhjem ist es yerbotent auf Trottoirs und Spazierwegen zu spucken.
• S. diese Zeitschrift, 1891, No. 6, S. 292-294.
^ Wenn der Inhalt der Spucknäpfe in ein Erdloch ausgeleert werden
kann, meint man wohl auch, dafs das Loch zugeschüttet werden soll.
Schnlgesundheitspflege. XVI. 2
18
§ 5. Die VentilationskaDäle — sowohl ZuleituDgs- als Ab-
leitungskanäle, sollen wenigstens einmal jährlich gereinigt werden.
Aulserdem soll öfters nachgesehen nnd jede Verstopfiing gleich
entfernt werden.
§ 6. Die Fnfsböden der Schnlzimmer sollen täglich mit nassen
Lappen oder Bürsten gereinigt werden. Fensterpfosten, Schnlpnlte,
Bänke, Wandtafeln nnd anderes Inventar soll täglich mit nassem
Lappen abgewischt werden. Wenigstens einmal wöchentlich werden
die Fufsböden nnd Gänge der Schnlzimmer samt Inventar mit Seife
oder Soda und Wasser gereinigt. Wenigstens einmal jährlich — im
Herbst vor dem Beginn der Schule — sollen auch Decke und
Wände abgewaschen werden. Getünchte Decken, die nicht abzu-
waschen sind, sollen wenigstens einmal jährlich getüncht werden.
Bitzen in den Fufsböden, worin Staub und Schmutz sich ansammeln
kann, sollen verkittet oder auf andere Weise dicht gemacht werden.
Wenn möglich, sollen die Fuisböden der Schnlzimmer gemalt oder
gefirnilst sein. An den Eingangsthüren der Schule sollen immer
Matten oder Kratzer angebracht sein.
§ 7. Gegenstände, die beim Reinigen benutzt worden sind,
müssen nach jedesmaligem Gebrauch sorgfältig rein gespült werden.
§ 8. Die Schulzimmer sollten nicht zu öffentlichen Sitzungen
oder Versammlungen benutzt werden. Geschieht dies dennoch, so
mufs das Zimmer, bevor es wieder als Unterrichtslokal benutzt wird,
jedesmal sorg<ig durchlüftet und gründlich gereinigt werden.
§ 9. In den Klosetts der Schulen mufs strenge Reinlichkeit
gehalten werden. Die Klosettbehälter mtLssen so oft geleert werden,
dafs keine Uberfüllung stattfindet, und es soll durch Beimischung
von Torfmull, Sägemehl, Erde, Asche oder ähnlichem dafür gesorgt
werden, dafs sich kein Gestank entwickelt.
§ 10. Wer die Aufsicht darüber führen soll, dafs die in dieser
Verordnung verlangte Lüftung und Reinhaltung stattfinde, wird für
jede Schule von dep kompetenten Schulbehörden bestimmt.
§ 11. Findet die Gesundheitskommission, dafs ein Schullokal
infolge Uberfüllung oder wegen Feuchtigkeit, Unreinlichkeit, un-
genügender Beleuchtung oder Lüftung der Gesundheit der Kinder
schädlich ist, so kann sie von den Schulbehörden verlangen, daCs sie
den vorgefundenen Übelständen abhelfen ; sie kann sogar die Benutzung
des Lokals solange verbieten bis ihren Forderungen nachgekommen ist.
§ 12. Ein Exemplar dieser Regeln soll man immer in jeder
Schule angeschlagen finden.
19
Soweit die Verordnungen. Wie man sieht, gelten sie für sämt-
liche Schulen des Beiches; doch hahen, wie oben erwähnt, im Laufe
der letzten Jahre die Reiulichkeitsbestrebungen in den städtischen
Schulen im allgemeinen solche Fortschritte gemacht, dals diesen
Verordnungen eigentlich schon längst Genüge gethan ist. Nur § 5
konnte auch für die Schulen in Städten noch von Bedeutung sein,
denn man hat kaum, trotz dem Bäte der Hygieniker, den Heizungs-
und Ventilationsanlagen in den Schulen überall die nötige Auf-
merksamkeit geschenkt.^
Wenn wir zum SchluCs einen Vergleich anstellen zwischen dem
Entwurf, der als ^primus motor^ in dieser Sache diente, und dem
Besultut, das nun als offizielle Verordnung vorliegt, so mufs gesagt
werden, dals wir hier mehrere bedeutungsvolle Punkte des Entwurfs
vei-misaen, die verdient hätten, in die Verordnung aufgenommen zu
werden. Nicht einmal eine so natürliche Forderung des Entwurfs,
wie die war, dals jedes Schullokal eine Waschvorrichtung haben
sollte, hat die verschiedenen Instanzen durchlaufen können, ohne
gestrichen zu werden. Trösten wir uns auch in diesem Falle mit
den Worten: „Etwas ist besser als nichts^. Wir haben nun doch
gewisse Normen. Und es darf wohl gesagt werden, dals die oben-
erwähnten norwegischen Verordnungen einen guten, sicheren Schritt
in fortschrittlicher Bichtung auf dem Gebiete der Schulhygiene be-
deuten. Und es ist eine alte Erfahrung, dafs ein Schritt andere
nach eich führt. Das ist das Gesetz der Entwickelung.
' 8. diese ZeUsehnft, 1896, No. 3, S. 142—143.
^!t0 Detfammlnngen unl ))etettten.
Die Notwendigkeit der Schulärzte.
In einer vor knrzem stattgehabten Versammlang des Vereins für
Gesundheitspflege in Wien, in welcher Prof. Dr. Schattbnfboh ein-
dringlich die Anstellung von Schulärzten empfahl, führte, der „^. Fr. Fresse*"
(31. Oktober 1902) zufolge, Direktor E. Bayb folgendes ans: Die hygie-
nischen Kenntnisse des Lehrers, des Schulleiters u. s. w. reichen in vielen
FflUen nicht ans; selbst hygienische Vorlesungen und derartige Fortbildangs-
korse werden nicht im stände sein, den Lehrer in einer solchen Weise
2*
20
auszubilden, dafs er allen Anfordenmgen in hygienischer Hinsicht entsprechen
könne. Sein Wissen betreffs Schulhygiene wird gewisse Grenzen haben,
über die hinaus seine hygienische Tätigkeit nicht leicht gehen kann. Der
Lehrer bedarf in der Ausübung seines Berufes in gesundheitlicher Richtung
der Unterstützung eines Spezialisten, nämlich eines Schularztes. Der Lehrer
sieht zum Beispiel, dals die Körperhaltung eines Kindes nicht normal ist.
Er ist aber in den meisten Fällen nicht in der Lage, sagen zu können^
diese oder jene Ursache liegt diesem Leidenszustande zu Grunde, durch
diese oder jene Veranstaltung kann das Leiden gehoben oder gemindert
werden. Man könnte nun einwenden, man brauche hierzu keinen Schul-
arzt, die Eltern mögen sich an den Hausarzt wenden. Für die Behebung
eines Übels ist es auch gleichbedeutend, in der Frage der Prophylaxis
aber wird die Stimme des Schularztes weit schwerer ins Gewicht fallen,
da er mit dem Boden besser vertraut ist, auf dem operiert wird, und
weil er im stände ist, eine Malsregel einheitlich durchzuführen. Nur ein
Beispiel hierfür: Früher war es einem SchuUeiter leichter möglich, einen
Eiuflufs betreffs der Wiederimpfung auf die Eltern auszuüben. Heute ist
es mit Rücksicht auf die Bestrebungen der Anhänger des Naturheilver-
fahrens nicht mehr leicht möglich. Ein Schularzt wird sich mit dieser
Frage eingehend beschäftigen können. Soll der Amtsarzt zugleich Schul-
arzt sein, so mufs das Physikatsexamen nach der Seite der Schulhygiene
hin eine Erweiterung erfahren. Direktor Bayr kann sich nicht damit
einverstanden erklären, da(s jeder Arzt ohne weiteres Schularzt sein könne.
Am zweckmäfsigsten erscheint es ihm, wenn Ärzte, die Lust und Liebe
zu dem Amte eines Schularztes haben, speziell hierzu ausgebildet werden.
Um den Schulärzten eine mehr unabhängige Stellung zu sichern, wäre die
Einführung von staatlichen Schulärzten jener von städtischen vorzuziehen.^
Eine der wichtigsten Aufgaben des Schularztes besteht in der Unter-
suchung der neueingetretenen Schüler. Bei solchen Untersuchungen
werden sich mannigfache Resultate zeigen, so zum Beispiel hinsichtlich des
Sehvermögens. Es ist bekannt, dais diese Untersuchungen bei kleineren
Kindern schwieriger sind als bei gröfseren. Es wird eine diesbezügliche
Untersuchung während der ganzen Schulzeit sich öfters als notwendig er-
weisen. Es ist femer durch ärztliche Untersuchungen der Beweis geliefert
worden, dafs schon im vorschulpflichtigen Alter eine Reihe schwerer und
leichterer Skoliosen und nachweisbare Deviationen der Wirbelsäule vor-
kommen. Die Schule kann also nicht als alleinige Ursache der Skoliose,
nicht einmal aller leichteren Formen derselben angesehen werden; die
Schule gibt jedoch Gelegenheit, beliebte Haltungen, die selbstverständlich
^ Anm. d. Red. : Wir würden es, im Gegensatz zu Direktor E. Batb, sehr
bedauern, wenn die städtischen Schulärzte verstaatlicht wurden. Der Initiative
der Städte ist es ja zu verdanken, wenn wir überhaupt Schulärzte haben. Sie
mögen und sollen ihnen auch verbleiben. Der Staat bietet leider, nach dem
bisherigen Verhalten der Staatsregierungen in dieser Frage zu urteilen, keine
Gewähr, dafs von ihm aus die Institution der Schulärzte besonders begünstigt
werde, hat er doch eigentlich sozusagen noch nirgends für seine Schalen, die
es bekanntlich besonders nötig hätten, Schulärzte angestellt.
21
jenem Fehler angepafet sind, längere Zeit einzuhalten. Das skoliotische
Kind sitzt skoliotisch; es sitzt so, wie es gewachsen ist. Für den Lehrer
ist das Vorhandensein einer schlechten oder skoliotischen Haltung nicht
leicht zu hestimmen, in vielen Fällen vielleicht gar nicht. Es gehört
hierzu ein rascher Blick, alle Symptome sogleich zn erkennen-, dies erreicht
man oft erst nach jahrelanger Beschäftigung mit diesem Kapitel der Hygiene.
Der Lehrer hat auch die Kinder nicht ausgezogen vor sich. Daraus ergibt
sich, dab die Untersuchungen des Arztes ein sicherer und leichter festzu-
stellendes Resultat ermöglichen.
yfie wichtig eme ärztliche Untersuchung ist, dafür gab Direktor Bayb
Beispiele aus seiner Schulpraxis an. In der unter seiner Leitung stehenden
Schule befinden sich durchschnittlich etwas mehr als 400 Kinder. Zu
Beginn des heurigen Schu^ahres wurde bei fünf neu eintretenden Schülern
Skoliose ärztlich bestimmt. Von den in der Schule befindlichen wurde
bereits früher bei 16 Skoliose und bei 10 schlechte Haltung gefunden.
Dies ergibt 31 Schüler mit nicht normaler Haltung. Kurzsichtigkeit
wurde bei fünf neueingetretenen und bei 17 bereits in der Schule befind-
lichen Kindern konstatiert, in Summe 22 Kurzsichtige im heurigen Schul-
jahre. Auch die Mund- und Zahnpflege der Kinder werde durch den
Schul^^ eine bessere Pflege erfahren. Mit der Forderung, dafs der
Schularzt Vorträge blols für Lehrpersonen halten solle, kann sich Direktor
Bayb nicht einverstanden erklären ; sondern es sollten auch solche für die
Schüler der Gewerbeschulen gehalten werden, damit sie einen Einblick er-
balten« auf welche Weise sie sich ihre Cresundheit erhalten können. Der
Schularzt werde hier sehr segensreich wirken können und vieles würde
sich im gesundheitlichen Interesse der Kinder günstiger gestalten. Wenn
nach dnem besonderen Schularzt verlangt wird, sei damit nicht gesagt,
dals die Zustände unseres Schulwesens auf hygienischem Gebiete sich ver-
schlechtert haben, sondern es sind die Ansprüche an die hygienischen
Verhältnisse der Schule gestiegen, und zwar in demselben Grade, wie das
Wissensgebiet sich erweitert hat.
Der Leipaer Jngendspielplatz und die Pflege
der Jngendspiele.
12. Jahreshauptversammlung des „Vereins zur Gründung und
Erhaltung von Jugendspielplätzen in Leipa*^.
Mitget.'jvon Jos. Just, Schriftführer.
Der Vorsitzende, k. k. Realschuldirektor Rüd. Walda, hob in seiner
ErOfi&inngsrede den mächtigen Fortschritt des Jugendspiel- und Sportwesens
im allgemeinen hervor. Behörden und Vereine wetteifern, geeignete Plätze
für die Erholung und Kräftigung der heranwachseuden Jugend zu gewinnen
und zu erhalten. So hat unter anderen die Böhmische Sparkasse in Prag
dem Deutschen Vereine für Jugendspiele in Prag eine Spende von 100 000 K
zukommen lassen, welche zunächst zur Erwerbung und zweckmäfsigen Ein-
richtung eines eigenen geräumigen Spielplatzes in den königl. Weinbergen
verwendet werden soll. Leider drohe das englische Vorbild des Sportes
22
grofee Nachahmung zu finden. Soweit das im allgemeinen Volksleben oder
innerhalb der militärischen Kreise der Fall ist, sei dagegen nichts einzu-
wenden. Durch den Sport werde ein Wettstreit körperlicher Fertigkeiten
trotz mancher Auswüchse hervorgerufen. Allein in die Schule gehöre der
Sport nicht, weil er das, was für die Gesundheit wertvoll ist, vielfach ins
Gegenteil verkehrt, weil er die einseitige £nt Wickelung einzelner Kräfte
und Fähigkeiten an die Stelle der wünschenswerten Durchbildung des
ganzen Körpers setzt, und weil er mit allen seinen Erregungen wett-
eifernden Ehrgeizes mit Notwendigkeit von den geistigen Zielen ablenkt
und eine innere Sammlung unmöglich macht. Für unsere Jugend sei eine
zunehmende Berücksichtigung der körperlichen Übungen ebenso erwünscht,
als der Sport nachteilig ist. Gewifs sei nichts dagegen zu sagen, wenn die
Schüler derselben Altersstufen, zuweilen auch die einer ganzen Anstalt,
mit einander wetteifern, aber aller eigentliche Sport, alles Hervortreten
in die Öffentlichkeit, alles „ Rekordmachen ** sei ein- für allemal von Obel.
Es wäre erwünscht, wenn an allen höheren Lehranstalten der Nachmittags-
unterricht derart beschränkt werden könnte, dafs Zeit fQr regelmäßige
körperliche Übungen gewonnen würde. Von nicht zu unterschätzender
Bedeutung wäre es, wenn die erwachsene deutsche Jugend das Spiel mehr
pflegen würde, und unsere deutschen Turner könnten sich ein grofses Ver-
dienst um das Volkstum erwerben, wenn sie den Spielen der Erwachsenen
Förderung zu teil werden liefsen, denn die Spiele seien, wie schon Jahn
hervorgehoben hat, eine notwendige Ergänzung zum Turnen.
Der Schriftführer, Jos. Just, erstattete einen ausführlichen Bericht
über die Tätigkeit des Vereins zur Gründung und Erhaltung von Jugend-
spielplätzen im elften Vereinsjahre 1901 — 1902. Der Mitgliederstand habe
infolge der Werbetbätigkeit eine erfreuliche Zunahme erfahren. Dem
Vereine gehören 182 Leipaer und 81 auswärtige Mitglieder an. Den
Jugendspielplatz in einem, berechtigten Anforderungen entsprechenden Stande
zu halten und den Besuch und geregelten Jugendspielbetrieb zu fördern,
war der Ausschufs nach Kräften bemüht. Die Wege und Plätze wurden
im Frühjahre ausgebessert, die Einfassungen und Pflanzungen hergerichtet.
An den Spieltagen im April, Mai, Juni, Juli, September, Oktober wurden
die dem Vereine gehörigen Spielgeräte und Behelfe in der Unterkunfthalle
auf dem Spielplatze bereit gehalten und vom Vereinsdiener zur freien Be-
nützung ausgefolgt. Der Besuch des Spielplatzes war auch im verflossenen
Vereinsjahre ein sehr lebhafter und ein Beweis, dafs mit der Anlegung des
Jugendspielplatzes einem tiefwurzelnden, allgemeinen Bedürfnisse der Schul-
stadt Leipa entsprochen worden ist. Der Ausschufs hat die Veranstaltung
eines „Unterrichtskurses für Jugendspiele" in Leipa für die Zeit vom 17.
bis 23. Juli beschlossen. Der Verein stellt den Spielplatz und alle erforder-
lichen Spielgeräte und Behelfe zur Verfügung und hat beim k. k. Landes-
schulrate um Gewährung einer Beihilfe aus Staats- und Landesmitteln zur
Deckung der ziemlich erheblichen Kosten nachgesucht. Mit den Vereins-
zwecken (zu welchen auch Einführung und Pflege von Jugendspielen,
Förderung und Verbreitung der Erkenntnis von der Notwendigkeit und
Wichtigkeit von Jugendspielplätzen und Jugendspielen gehört) erscheint die
Veranstaltung eines Jugendspielkurses wohl vereinbar, welcher ein besonders
23
wirksames Mittel sein wird zur Aasbildnng sachkundiger Spielleiter, zur
Erzielnng geregelten Spielbetriebes, zu immer grölserer Ausbreitmig der
ernsten, zielbewofsten Pflege der fttr die körperliche Ausbildung der Jugend
so wichtigen Bewegungsspiele. In der wichtigsten Lebensfrage des Vereins,
die Sicherung des Bestandes des vom Vereine mit einem Eostenaufwande
Yon Aber 6000 fl. geschaffenen und erhaltenen Jugendspielplatzes be-
treffend, kann der Ausscbufs leider noch nicht über einen günstigen Erfolg
der diesbezüglichen Bemühungen berichten. Immerhin hat die Stadtgemeinde
Leipa Yorläufig die Verlängerung des am 30. September 1902 endigenden
Pachtrerhältnisses bezüglich des der Herrschaft Neuschlofe gehörenden
Grundes erwirkt und wegen Erwerbung des Platzes im Wege des Aus-
tausches die Verhandlungen eingeleitet.
Internationale Tnberknlosekonferenz in Berlin,
Oktober 1902.
Sanitätsrat Dr. Obertüschen betont die Notwendigkeit, im Kampfe
gegen die Tuberkulose die Schule mit hereinzubeziehen, und zwar in
doppeltem Sinne. Die Schule darf nicht eine Ansteckungsquelle, ein Ver-
breitungsherd für die Krankheitserreger werden; sie mufs daher in ihren
Einrichtungen so viel wie möglich auf alle hygienischen Bedürfoisse Rücksicht
nehmen, allen anerkannten hygienischen Bedürfhissen entsprechen. Aufserdem
muls die Scliule erzieherisch und aufklärend auf die ihr anvertraute
Jugend hinzuwirken suchen. Wie wir dem j^Berl, TagehL^ entnehmen,
fafste der Beferent seine Mitteilungen folgendermalsen zusammen:
An der Lösung dieser Kulturaufgabe mufs sich auch die Schule be-
teiligen. Das Recht erwächst der Schule aus ihrer Stellung als Haupt-
trägerin der Kultur und Förderin alles menschlichen Fortschritts überhaupt,
die Pflicht entspringt aus der Eigenschaft der Schule als obligatorischer,
staatlicher Einrichtung, von der verlangt werden mufs, dafs sie Lehrer
wie Schüler möglichst gegen die Ansteckungsgefahr der Tuberkulose schützt.
Die Mitwirkung der Schule bei dem Kampf gegen die Tuberkulose hat
auszugehen: a) von der Heilbarkeit der Tuberkulose, b) von ihrem
Charakter als einer ansteckenden Krankheit.
Die aus der Heilbarkeit der Tuberkulose der Schule erwachsenden
Pflichten verlangen: 1. dafs jedes tuberkulöse Kind vom Schulunterricht
auszuschlieisen und möglichst in eine Kinderheilstätte zu bringen ist; 2. dafs
jeder tuberkulöse Lehrer vom Unterricht fem bleibt und ohne Verlust seines
Gehaltes so lange in Anstaltsbehandlung bleibt, wie dies ärztlich für not-
wendig befanden wird.
Bezüglich der Verhütung der Ansteckungsgefahr kann sich die Schule
auCserdem in weitestem Umfange durch Mafsnahmen der Prophylaxe be-
thätigen, die sowohl direkt gegen die Übertragung der Krankheit, als auch
indirekt auf die Bekämpfung der namentlich durch die Disposition sich
ergebenden Gefahr der Verbreitung gerichtet sind. Die direkte Prophylaxe
kann bei der Natur des Krankheitserregers (TuberkelbaciUus) und wegen
seiner greisen Verbreitung nur bedingten Wert beanspruchen. Der Haupt-
24
wert ist auf die indirekte Prophylaxe zn legen, die in der Hauptsache
folgende Mafsnahmen mnfaTst : a) Gröfsere Berflcksichtignng der freien
Leibesübungen, insbesondere der zur Kräftigung der Lunge und des Herzens
dienenden, vor allem auch während der Reifezeit vom 14. bis 19. Jahre
(höhere Schulen, kaufmännische und Fortbildungs-, gewerbliche und Lehr-
lingsschulen), b) Mitwirkung der Schule bei der Berufswahl, c) Möglichste
Unterstfltzung aller Bestrebungen, die zur Kräftigung der heranwachsenden
Jugend beitragen, d) Belehrung der Schu^ugend über die Natur der Infek-
tionskrankheiten, beziehungsweise die Mittel zu ihrer Verhütung durch auf
dem Seminar hinreichend vorgebildete Lehrkräfte (Anschauungsunterricht).
Die Durchführung der Forderungen läfst sich nur erreichen unter
steter Mitwirkung ärztlicher Kräfte, daher ist eine wirksame Mit-
hilfe der Schule bei der Schwindsuchtsbekämpfung nur bei
der überall durchzuführenden Anstellung von Schulärzten
zu erreichen.
Zur Sprachpflege in den Nebenklassen.
Dieses Thema behandelte Direktor GüTZMANN unlängst in der Ver-
sammlung des Vereins für Sprachpflege in Berlin. Nach einer
Charakterisierung der Schüler dieser Klassen zeigte der Vortragende, dals
aus psychologischen oder physiologischen Gründen sich hier die sprachlichen
Schwierigkeiten häufen; die Erfahrung lehrt» dals hier Stotterer in dreimal
so hohem Prozentsatz wie in Normalklassen, Stammler in noch viel höherem
Ma&e und in vielfach recht schweren Formen, und aufserdem Silbenstolpem,
Echolalie, Poltern, Brodeln und andere Störungen vorkommen. Gützmann
gab aus seiner reichen Erfahrung schätzenswerte praktische Winke über
die Behandlung von Sprachstörungen und stellte folgende Forderungen:
1. „Die Lehrer der Nebenklassen müssen mit dem Wesen und dem Ab-
stellungsveri'ahren der verschiedenen Sprachgebrechen vertraut sein."
2. „Zur Abstellung der verschiedenen Formen des Stammeins, wie auch zur
Sprachpflege überhaupt, sind hauptsächlich in Verbindung mit den Sprech-
und Leseübungen methodische Artikulationsübungen vorzunehmen, für welche
der Lektionsplan Zeit und Platz vorzusehen hat. Für stotternde Kinder
in den Nebenklassen sind besondere Unterrichtskurse einzurichten.^ In
der nachfolgenden Debatte wurde betont, dafs auch in allen Klassen der
Normalschule methodisch geleitete Artikulationsübungen in Verbindung mit
Tum- und Atemübungen vorgenommen werden müßten; auch wurde eine
Statistik der Sprachgebrechen in den Nebenklassen gewünscht.
Ursache und Verhfltnng der Tuberkulose mit besonderer Beziehung
auf die Schulyerhältnisse.
Vortrag von Dr. J. Ruhemann im Berliner Verein für Schulgesundheitspflege.
Der Vortragende liefs folgende Gesichtspunkte hervortreten: Einmal
ist es für die Erkenntnis der Entstehung der Tuberkulose wichtig, auf die
körperliche Disposition sorgfältig zu achten. Das Studium dieser Disposition
25
ist ebenso notwendig, wie die eingehende Beschäftigung mit den biologi-
schen Verhältnissen der den tnberknlösen Prozefs selbst hervorrafenden
KocHschen Bacillen. Gerade für das Schnlalter kommen diese dispositio-
nellen, angeborenen nnd erworbenen Momente sehr in Betracht. Hierher
gehören: die Entwicklung des Brustkorbes, der Wirbelsäule, femer der
nachhaltige Einfluls akuter Infektionskrankheiten, wie Masern, Keuchhusten,
Affektionen der Atmungsorgane, insbesondere der Grippe. Vor allem wies
der Vortragende auf den noch nicht genügend gewürdigten Zusammenhang
zwischen Grippe und nachfolgender Tuberkulose hin. Aber auch andere
bösartige Spaltpilze wie Lungenentzflndungs- und Eitererreger, können in
hervorragender Weise an dem Ausbruche der Tuberkulose beteiligt sein.
Sodann erwähnte der Vortragende die Schwankungen in den Giftigkeits-
graden der Tuberkelbacillen. Dadurch erkläre es sich, dais sie einmal
selbst bei Yorhandener Disposition nicht wirksam werden, und dafs sie
andererseits so mächtige Giftstoffe besitzen können, um auch ohne die
Faktoren der Disposition die Krankheit ausbrechen zu lassen. Die Er-
klärung für diesen Virulenzgrad der Schwindsuchtserreger sucht der Vor-
tragende in den Beziehungen zur Sonnenscheindauer zu finden. Je längere
Sonnenscheindauer, desto weniger Tuberkulose und Influenza. Wenn auch
das schulpflichtige Alter verhältnismäfsig kleine Zahlen in der Tuberkulosen-
statistik gegenüber der Häufigkeit am Ende des zweiten Lebencoahrzehntes
aufweist, so ist man doch verpflichtet, mit allen zur Verfügung stehenden
Mitteln Vorbeugungsmafsregeln in der Schule und zum Teil durch die
Schule (Wichtigkeit der Schulärzte) zu treffen. Und zwar soll die Auf-
nahme der an Tuberkulose erkrankten Schüler verhindert, tuberkulöse
Lehrer femgehalten, für Reinlichkeit in den Schulzimmem gesorgt werden.
Sodann sollen die die Krankheit vorbereitenden dispositionellen Momente
durch zweckmä&ige schulhygienische Anordnungen in ihren schädigenden
Einfltissen gemildert werden. Die theoretisch nicht unbegründete Forderung,
besondere Schulklassen beziehungsweise Schulen für tuberkulöse Kinder zu
errichten, hält R. nicht für durchführbar; sie würde, abgesehen von allen
anderen Momenten, an den Umständen scheitern, dafs der Eindmck der
Zugehörigkeit zu einer derartigen Gemeinschaft Siecher auf das Gemüt
der Kinder von unheilvollerer Wirkung sein dürfte als sich durch die
prophylaktische Bedeutung einer solchen Institution für die Allgemeinheit
verantworten lassen dürfte; auch würde es nicht gerade leicht sein^ gesunde
Lehrer für derartige Stellungen zu finden. y^Berl Tageblatt,'^
tiltxnttt Ütitteiitttisen*
Einen Fragebogen Aber die Schnlanftnger hat die Konfessionell-
gemischte Volksschule zu Frankenthal (Pfalz) eingeführt. Wir geben diesen
Fragebogen, den wir der kgl. Lokalschulinspektion Frankenthal verdanken,
unverkürzt wieder:
26
An das Elternhaus: Um auf die etwaigen Fehler imd Schäden
der Kinder in der Schale gebührend BUcicsicht nehmen za können, ersuchen
wir um gewissenhafte Beantwortung der umstehenden Fragen und um Rück-
gabe des Bogens binnen 3 Tagen.
Der Lehrer ist bei Beantwortung der einzelnen Fragen zur Beihilfe
gerne bereit.
Name des Kindes : geh zu
Sohn (Tochter) des , Konfession : ,
erste Impfung: , zweite Impfung:
Fragen:
1. a) Welche von den nebenbezeichneten Krank-
heiten hat das Kind überstanden?
Antworten:
1. a) Masern, Scharlach,
Diphtherie, Typhus,
Keuchhusten, Ohren-
krankheiten, Augen-
krankheiten, Gehirn-
entzündung, englische
Krankheit? (Die ge-
habte Krankheit ist zu
unterstreichen!)
b) Welche sonstigen Krankheiten hat das Kind b)
überstanden?
2. Wie alt war es damals? 2.
3. Sind Nachteile zurückgeblieben und welche? 3.
Ist das Kind 4. kurzsichtig? 4.
5. Schielt es? 5.
6. Ist es schwerhörig? 6.
7. Stottert es? 7.
Ist es 8. lungenkrank? 8.
9. herzkrank? 9,
10. mit Bruchschaden behaftet? 10.
11. mit schiefem Rückgrat? 11
12. Ist ein Fehler in Mund, Rachen- 12.
höhle, Nase bemerkt worden?
13. Hat es eine Hautkrankheit? 13.
Ist es 14. epileptisch? 14.
15. Klagt es häufig über Kopfschmerz? 15.
Ist es 16. dem Alter entsprechend körper- 16.
lieh und geistig entwickelt?
17. oder geistig und körperlich zurück- 17
geblieben und weshalb?
18. Welche sonstigen Fehler sind- 18
anzugeben?
Bemerkung: Etwaige vertrauliche Mitteilungen über das Kind sind
dem Lehrer von Vater oder Mutter persönlich zu erstatten.
Wer hat vorstehenden Fragebogen ausgefüllt? (Vater? Mutter? Pflege-
eltern? Grofseltern? Hausarzt? Lehrer?)
(Das Zutreffende ist zu unterstreichen!)
27
Bemerknng fflr den Lehrer: Dieser Fragebogen ist aafznbewahren
and bei Elassenändemng des Schülers dem betreffenden Lehrer zuzustellen.
Nach auswärts geht der Bogen nicht, nur ein kurzer Auszug hieraus
ist dem Überweisungsscheine beizugeben!
(Es unterliegt keinem Zweifel, dafs ein derartiger Fragebogen, wenn
er richtig und mit Verständnis ausgefüllt wird, einen grofsen Wert besitzt.
£r bildet die Grundlage eines Gesundheitsscheines, der das Kind durch
seine ganze Schulzeit begleiten und dem Lehrpersonal als Bichtungslinie
für die individuelle Behandlung des Kindes dienen soll. Nicht empfehlens-
wert scheint uns nur, dafs, wie offenbar vorausgesetzt wird, dieser Frage-
bogen in der Mehrzahl der Fälle nicht von einem Arzte, sondern von
einem Laien (Eltern, Lehrer) ausgefüllt werden soll, während hierzu
eigentlich nur der Arzt (Hausarzt, Schularzt) berufen ist. Wollen wir
hoffen, dafs dies in Frankenthal wirklich der Fall sein werde. D. Red.)
Die F&rsorge ffir mittellose Sehalkinder ist, wie man der
j^Frankf. Ztg,*^ schreibt, in Genf sehr gut organisiert. Die Speisung der
Kinder geschieht hier allerdings nicht aus städtischen oder kantonalen
Mitteln, sondern durch private Vereine, die „Guisines scolaires^. Ihre
Wirksamkeit ist ermöglicht durch reiche Spenden an Geld und Lebens-
mitteln. Die Bauern der Umgebung spenden Feldfrüchte, die zu Beginn
des SehuJIjahres aus den Dörfern abgeholt werden, Vereine veranstsdten
Bazars und Unterhaltungen zu Gunsten der „Schulküchen'' ; auch das
Stadttheater stellte sich an einem Abende in ihren Dienst (das Beinerträgnis
der Vorstellung vom 9. ds. Mts. warf 2000 Fr. für die „Schulkttchen" ab);
Mitglieder und Nichtmitglieder leisten jährliche Beiträge, und viele Fabri-
kanten stellen sich mit Geschenken grölserer Quantitäten ihrer Er-
zeugnisse ein.
Die Unterstützung von Seite der Stadt besteht in der unentgeltlichen
Überlassung der Lokalitäten. Wo dies irgendwie möglich, wurde ein
verfagbarer Baum als Speisesaal und Küche eingerichtet. In einigen
Schulen mit beschränkten Räumlichkeiten wird der Turnsaal mittags regel-
mälsig in einen Speisesaal umgewandelt. Bei den beiden neuen, jetzt im
Baue begriffenen Schulen ist schon a priori auf einen geeigneten Speiseraum
und eine Küche Bedacht genommen. An bezahltem Personal besitzt jede
Schulküche nur eine Köchin. Ihr stehen Lehrerinnen als freiwillige Ge-
hilfinnen und als Aufseherinnen zur Seite. Die Bewirtung der Kinder
geschieht durch Mitglieder des Komitees, Bürger aus dem Schulquartiere.
Täglich haben vier dieser „Kommissare'' Dienst. Sie verpflichten sich am
Beginne des Schu^ahres, einmal in der Woche des Amtes zu walten.
Handwerker, Kaufleute, Wirte, Ingenieure u. s. w. befinden sich unter
diesen freiwilligen Kellnern oder richtiger Bewirtern.
Dadurch ist es den vier bestehenden „Cuisines scolaires'' ermöglicht,
mit dem verhältnismäfsig geringen Aufwände von 30000 Fr. im Schul-
jahre täglich gegen 600 Schulkinder zu bespeisen. Nicht blofs die völlig
mittellosen Schulkinder können an den Mahlzeiten teilnehmen, sondern auch
die Kinder jener Eltern, die zwar nicht mittellos, aber tagsüber nicht zu
Hanse sind. Die letzteren zahlen für die Mittagsmahlzeit 30 Cts. Doch
ist ihre Zahl verschwindend gering; auf 100 Teilnehmer entfallen durch-
28
schnittlich 5 zahlende Kinder. Die Mahlzeit besteht täglich ans Snppe,
Fleisch mit Zuspeise und einem Dessert. Nebenbei: die Mahlzeiten sind
wirklich schmackhaft and nahrhaft. Die Kinder selbst sitzen yergnflgt aaf
den Holzbänken nm die langen Tische, jedes hat sein eigenes Trinkglas vor
sich. Wie das schwatzt und lacht und lärmt 1 Aber man lä£st sie lärmen.
Die Konunissare — selbst Familienväter — haben für jedes Ednd einen
freundlichen Blick oder ein freundliches Wort. Da gibt es kein Ein-
schüchtern und dafflr auch keine Duckmäuserei. Die Kinder fahlen sich
frei, gar nicht bedrückt, und das muis ihre Entwickelung entschieden wohl-
tuend beeinflussen. Nach SchluCs der Mahlzeit erfolgt der Aufbruch. Die
Kinder geben den „Kommissars*^ die Hand und eilen dann Arm in Arm
die Treppen hinunter. Laut geht es auch dabei zut Die grölseren Schul-
mädchen helfen noch das Geschirr abräumen und die Tische reinigen,
dann eilen auch sie hinunter in den Hof oder in den Schulsaal, wo bis
zu Schulbeginn allerlei Kurzweil getrieben wird.
Die neueren Schulen haben gedeckte Höfe, so dals die Kinder selbst
bei Regenwetter nicht zum Aufenthalte in den geschlossenen Schulräumen
gezwungen sind.
Die Bewirtung der Kinder beginnt vom Schulbeginne an durch den
ganzen Winter bis in den Monat April. In den Sommermonaten whrd von
der Bespeisung der Kinder abgesehen, weil die Yerdienstverhältnisse der
Eltern in dieser Zeit günstiger sind.
Aber mit der Speisung durch die „Cuisines scolaires** ist die Für-
sorge fär die Schulkinder noch nicht erschöpft. Eine ungemein nützliche
und wohlthuend wirkende Einrichtung ist die, dafs die Kinder, deren
Eltern aufser Hause arbeiten und erst spät abends heimkehren, nach
Schulschluls unter Aufsicht besonderer staatlicher Lehrkräfte im Schnl-
gebäude verbleiben und sich die Zeit — ganz nach freier Wahl — durch
Spiel oder Arbeit vertreibeh können. Im Winter halten sie sich in den
warmen Räumen auf, im Frühling oder Sommer unternehmen sie unter
Führung des Aufsehers oder der Aufseherin gemeinsame Spaziergänge.
Täglich um 6 ühr abends wird an alle Kinder ein Stück Brot, ein
Stück Chokolade und etwas Obst verabreicht. Diese Mahlzeit erhalten die
Kinder durch das ganze Jahr, auch nach Aufhören der Mittagsmahlzeiten.
Sie kehren, wenn auch vielleicht nicht satt, so doch jedenfalls nicht mit
leerem Magen, am Abend heim. Der Aufenthalt im Schulhause ist ihnen
bis 8 Uhr abends gestattet. Da finden wohl die meisten ihre Eltern
zu Hause.
Jedes Kind, ohne Unterschied der Konfession und Landeszugehörigkeit,
wird dieser Fürsorge teilhaftig. Wer die vergrämten und bleichen Gesichter
der hungernden und notgedrungen auf der Strafse umherirrenden Kinder
anderer Grolsstädte mit diesen Kindern vergleicht, wird auf den ersten
Blick den ganz gewaltigen Nutzen dieser Institutionen erkennen.
Desinfektion von Schnlbflchern in Amerika, über einen beachtens-
werten Schritt der Gesundheitsbehörde des nordamerikanischen Staates New-
Jersey in Bezug auf Schutz vor Ansteckung durch Schulbücher teilen
die ^ÄUg. unssensch, Berichte aus New-Tark"" folgendes mit: In der
Hauptstadt dieses Staates ist ein Yersnchskabinett zur Desinfektion von
29
Bttcbem, KindergarteDgeräten und anderen Gegenständen eingerichtet
worden, die von den Pfleglingen der öffentlichen Schalen benntzt werden.
Das Kabinett ist ans Holz hergestellt, hat einen Ranmgehalt von 24 Knbik-
Mb und ist yollkommen dicht verschliefsbar. Als Desinfektionsmittel wird
Fonnaldehyd benntzt. Damit dieses Gas genügend in die Gegenstände
eindringen kann, werden die Bttcher anfrecht und weit geöffnet aufgestellt.
Jeden Tag, nachdem die Schüler den Unterricht yerlassen haben, werden
sämtliche von ihnen benutzten Gegenstände in das Kabinett gebracht und
dort der Desinfektion unterworfen. Wenn sie am nächsten Morgen zum
erneuten Gebrauch an die Schüler verteilt werden, ist ein Geruch des des-
infizierenden Grases an den Gegenständen mit glatter Oberfläche, also an
Büchern, Federhaltern und ähnlichen Geräten, nicht erkennbar, während
er an Zeug, z. B. wollenen Bällen, lange haften bleibt. Durch scharfe
Prüfungen soll nachgewiesen worden sein, dafs die geschilderte Mafs-
nafame genügt, die Bücher in allen ihren Teilen vollkommen keimfrei zu
machen.
Über einen eigenartigen Fall hysterischer Stimmlosigkeit bei
eiBem Kinde berichtet Dr. P. Bside in ^Tke Edinburgh Med. Jowm,^
(August 1902). Ein Knabe von 12 Jahren machte sich im jugendlichen
Übermut das Vergnügen, an einem Hause die Glocke zu ziehen und dann
wegzulaufen. Er wurde von einem Herrn ergriffen und in das betreffende
Haus zurückgebracht, ohne aber weiter bestraft zu werden. Infolge des
ausgestandenen Schrecks verlor der Ejiiabe für längere Zeit die Sprache,
und aUe ärztlichen Bemühungen, ihm dieselbe wieder zu verschaffen, waren
vergebens. Erst nach V« Jahren erlangte der Patient unter eigenartigen,
fast an klassische Vorbilder erinnernden Umständen die Sprache wieder:
Sein Bruder hatte für einige Augenblicke das Zimmer verlassen, und der
Yater, momentan seines Sohnes Leiden vergessend, herrschte ihn an, die
Mutter zu rufen. Der Knabe tat, wie ihm befohlen, und befreite sich so
von seinem Leiden.
Die traurigen SebulzEstände in der Provinz Posen sind zur Ge-
nüge bekannt. Am traurigsten dürften sie jedoch im Kreisschulinspektions-
bezirk Grätz sein. Nach einer Mitteilung der „iVettös. Lehrerztg.**' zählt
der Bezirk 47 Schulen; davon sind überfüllt 1 evangelische, 26 katho-
lische Schulen. 18 Schulen haben über je 100 Schüler, 5 Schulen 150
bis 200 Kinder. Mehr als 200 Kinder zählt die Schule in Zemsko, die
zum 1. Oktober v. J. durch die Schule zu Bielawy entlastet werden sollte.
Durchschnittlich entfallen auf 1 Lehrer 79 Kinder. Nicht besetzt sind
12 Stellen, das sind etwa 15 Prozent.
Eiiie Lungenheilstätte fBr Lehrer und Lehrerinnen soll dem-
nächst in Frankreich gegründet werden. Wie die ^^euss, Lehrer etg."^
mitteilt, geht die Anregung zu dem Unternehmen von der nationaJen
Lehrervereinigung aus, die sich zu diesem Zwecke mit den „Soci^t^s ami-
cales d'instituteurs*^ in Verbindung gesetzt hat. Die letzteren werden jähr-
lich einen Zuscbuis von 40000 Francs zu den Betriebskosten beisteuern,
während die auf 800000 Francs geschätzten Baukosten durch eine Lotterie
aufgebracht werden sollen. Jeder französische Lehrer soll zehn Lose
dieser Lotterie zum Preise von 1 Franc für das Stück zum Weitervertrieb
30
übernehmen. Aufserdem hofft man auf Unterstfltznngen des Staates und
der Gemeinden. Die Anstalt soll 100 Betten erholten.
Ferienkolonie für Stndenten in Ungarn. Wie Max Gtjttmann
in „KihToer und Geist'' (No. 14) mitteilt, hat Graf Johann Pallft dem
ungarischen Staate eine Ferienkolonie im Werte von 3 Millionen Kronen
geschenkt, die fttr 120 Stndenten der höheren Schulen ohne Unterschied
der Konfession bestimmt ist. Diese Kolonie nmfafst 7000 Joch Waldnng
der Herrschaft Biebersbnrg bei Prefsburg und einen Teil des romantisch
gelegenen Schlosses gleichen Namens. Diese Spende übertrifft daher noch
die Wiener Ferienkolonie in Steg bei Zell am See im Salzkammergut, die
nur für 100 Studenten aus Wien eingerichtet ist.
Zn den Freqnensyerhältnissen der Berliner Volksschnlen be-
merkt der Bericht der städtischen Schuldeputation über das Berliner Volks-
schulwesen für 1901/02, es sei im letzten Jahre trotz der nur geringen
Zunahme der Kinderzahl doch auf eine erhebliche Vermehrung der Klassen
hingewirkt worden. Dadurch sei die durchschnittliche Besetzung der Klassen
weiter verringert und die Zahl der „fliegenden" Klassen vermindert worden.
Die Durchschnittsbesetzung sei im letzten Jahre zwar wieder nur um etwa
ein Kind pro Klasse (von rund 50 auf rund 49 Kinder) heruntergegangen,
aber bei der hohen Gesamtzahl von 4342 Klassen sei schon das ein Erfolg.
Die fliegenden Klassen betrachte die Schulverwaltung als einen Notbehelf,
zu dem sie ungern greife, der sich aber kaum ganz werde vermeiden
lassen. Die Frequenz der Gemeindeschulen hänge von den nicht voraus-
zusehenden Schwankungen der Bevölkerungszahl der einzelnen Stadtteile
ab. Hätte man — bemerkt hierzu der „ Vorwärts^ — nur nicht so lange
an dem Grundsatz festgehalten, die Schulhäuser bis auf den letzten Raum
und die Klassenzimmer bis auf den letzten Platz zu besetzen. Dadurch
hat man sich selber auf Jahre und Jahrzehnte hinaus der Möglichkeit be-
raubt, auch einen unerwartet hohen Zuwachs immer noch ohne Mühe unter-
bringen zu können. Soll hier in absehbarer Zeit gründliche Besserung
geschaffen werden, dann wird die durchschnittliche Klasseufrequenz eben
doch um mehr als ein Kind pro Jahr verringert werden müssen.
Dafs die Unterrichtserfolge der Gemeindeschulen keine günstigen sind
(nur 51 Prozent der Kinder gingen von der ersten oder der Oberklasse
ab), das erklärt der Bericht nicht aus der hohen Frequenz und anderen
Mängeln der Berliner Gemeindeschule, sondern aus dem häuflgen Schul-
wecbsel infolge Verzuges und aus dem Zuzug von auTserhalb, namentlich
aus polnisch sprechenden Gegenden. Genannt werden dafür noch ein paar
andere Ursachen, die „mehr oder weniger den Kindern die Erreichung des
Lehrzieles erschweren**: verschiedene Begabung der Kinder, Heranziehung
zu gewerblicher Beschäftigung, ungünstige sanitäre Verhältnisse und „viel-
leicht eine nicht ganz den Verhältnissen entsprechende Verteilung des
Unterrichtsstoffes^*. Hinsichtlich der beiden letztgenannten Ursachen sei
Wandel geschaffen worden durch Anstellung von Schulärzten und Einführung
eines neuen Lehrplans.
Über den Hifsbranch des Tabakranchens nnter seinen Schnl-
kindem hat ein holländischei' Lehrer Untersuchungen angestellt. Alle,
die nur einmal zum Scherz oder aus Neugier geraucht, zählte er nicht,
31
sondern nnr diejenigen, die eine Zigarre oder eine Pfeife za Ende rauchen
konnten, ohne dafs ihnen übel wurde. Das betrübende Resultat war, dals
es unter den Kindern bis zu sieben Jahren neun Raucher gab, unter denen
Yon sieben bis zehn Jahren elf,, und unter denen über 10 Jahren neun.
Es waren also zusammen 29 Raucher, wobei zu bemerken ist, dafs die
Schule nur 58 Schüler hatte.
Der Verein znr BekSsti^ng bedfirftiger Schalkinder in
Dresden hat nach einer Mitteilung der „Fädag. Ztg." (Novbr. 1902) im
vorigen Winter täglich an 525 arme Schulkinder warme Mittagskost, ins-
gesamt 50715 Portionen im Werte von 10143 Mk. gespendet.
Die Eindersanatorien in Kopenhagen nnd Umgegend. Eine
private, philantropische Gesellschaft hat, wie das „Nordiskt Medicinskt
Arkw*" (1902, Afd. ü, No. 17) berichtet, seit 1890 in Hellebak an der
Nordküste von Seeland ein Sommer-Sanatorium für Rekonvalescenten und
skrophulöse Kinder gegründet. Anfangs waren nur gemietete Lokalitäten
vorhanden, seit 1896 aber besitzt die GeseUschaft ein eigenes Gebäude.
Es sind bis jetzt in 55791 Tagen insgesamt 1786 Kinder behandelt worden,
Knaben und Mädchen monatlich abwechselnd. Die Ausgaben betrugen für
das Jahr 5421 Kronen, pro Tag also 76 öre. Die Gesellschaft plant,
noch eine zweite Anstalt zu errichten, damit Knaben und Mädchen gleich-
zeitig Aufnahme finden können. Der ärztliche ßericht, den Dr. Högsbbo
verfalst hat, rühmt die ausgezeichneten Resultate auch eines kurzen Auf-
enthaltes in diesem Sanatorium.
Kinderarbeit in Amerika. In der letzten Nummer der ^St Louis
Medical Bewiew'' lenkt Dr. P. F. Babboüe die Aufmerksamkeit auf die
Verhältnisse in den Südprovinzen der Voreinigten Staaten. Dort befinden
sich die grofsen BaumwoUmanufakturen, die in ihren Fabriken fast aus-
nahmslos Frauen und Kinder beschäftigen. Alle Bestrebungen, den
herrschenden, menschenunwürdigen Zuständen ein Ende zu machen, sind
an dem Widerstand der einflufsreichen Grofsindustriellen bis jetzt ge-
scheitert, der Süden der Vereinigten Staaten ist eben noch immer das
gelobte Land der Sklaverei. So darf es geschehen, dafs nach ungefährer
Schätzung mehr als 16000 Kinder unter 14 Jahren 11 — 12 Stunden
täglich, während der Saison sogar noch des Nachts, für 10 — 15 Gents
arbeiten müssen.
Kindervolkskficlien Berlins. Der Berliner Verein für Kinde rvolks-
kttchen hat nach seinen Verwaltungsberichten über die Jahre 1900/02 aus
eigenen Mitteln, Aufführungen, Gemeindebeiträgen, Spenden, Vermächtnissen
nnd den Beiträgen zahlender Kinder an den durchschnittlich 118 Speise-
tagen 1900/01 täglich durchschnittlich 2602 Portionen, 1901/02 sogar
2869 Portionen, im ganzen 304468 und 335695 Portionen verabreicht.
Um den Kindern den Weg von der Schule zur Küche zu verkürzen, sind,
wie die „Soc. Praxis'' mitteilt, für den WTinter 1902/03 12 Küchen in
allen Stadtteilen errichtet, die von ehrenamtlichen Vorsteherinnen geleitet
werden. Die Küchen sind so gelegen, dafs sie notleidende Kinder von
223 Schulen versorgen können. Das schöne, aber kaum erreichbare Ziel
des Vereins ist, dafür zu sorgen, dafs es in Berlin keine hungernden
Kinder gebe. Dazu bedarf es allerdings noch mancher Spenden. Bis
32
jetzt zählt der Verein 2222 Mitglieder. Mögen sich ihm noch Tiele andere
anschlie&en.
Die städtische Schnlsahnklinik in Strafsbnrg, die nnter der
Leitung des Dr. Jessen steht, hat die Heransgabe einer „Die Zähne und
ihre Pflege*^ betitelten Wandti^el mit sehr anschaulichen Abbildungen ver-
anlafst. Dieselbe enthält auch einige Sätze, die sich auf die Entwicklung
und die Besorgung der Zähne beziehen.
fla^tt^tfäfxäflixäftt.
Die Reinigung der Schnlzimmer. Unter diesem Titel bringt das
j,Berl Tagehl.^ einen mit J. E. unterschriebenen Artikel, dem wir fol-
gendes entnehmen.
Vielfach hört man Klagen, dalis die Unterrichtsräume der Schulen
nicht oft oder nicht gründlich genug gereinigt werden. Selbst von Lehrern
und Schülern höherer Schulen wird darüber geklagt, dals wohl die An-
ordnung, sämtliche Unterrichtszimmer zwei- bis dreimal wöchentlich zu
reinigen, bestehe, dafs sie aber durchaus nicht immer in gehöriger Weise
befolgt werde. Auch in Berlin sind seit langer Zeit Beschwerden über
mangelhafte Reinhaltung der Schnlzimmer vernommen, von der Stadtver-
waltung aber bisher inmier als unbegründet bezeichnet worden, bis neuer-
dings die staatlichen Aufsichtsorgane dieser Frage ihre Aufmerksamkeit
zugewendet haben. Dabei hat sich ergeben, dafs die bisher dreimal
wöchentlich vorgenommene Reinigung der Lehrzimmer in den Berliner
Gemeindeschulen tatsächlich ungenügend ist, dafs aber namentlich bei
Schulen in Mietsräumen und bei solchen Anstalten, die dem Forbildungs-
schulunterricht dienen, in Zukunft gründlicher gereinigt werden muls.
Man kann sich nur wundem, dafs man bei dem schon vor Jahren
energisch aufgenommenen Kampfe gegen die Tuberkulose der Reinhaltung
der Schulen bisher noch so wenig Aufmerksamkeit zugewendet hat, und
dafs tägliche und gründliche Säuberung aller Unterrichtsräume nicht schon
lange als dringendes Erfordernis anerkannt und durchgeführt worden ist;
denn es unterliegt keinem Zweifel, dafs in Räumen, wo 30 bis 40 oder
noch mehr Personen verschiedenster Stände verkehren, ganz unvermeid-
liche Stauhaufwirbelungen und manche Ansteckungsgefahren bestehen. Die
preufsische Aufsichtsbehörde hat daher auch der Berliner Stadtverwaltung
empfohlen, in Zukunft täglich eine gründliche Reinigung der Schulräume
vornehmen zu lassen. Man hat sich dabei bisher nun probeweise sogenann-
ten Stauböles zum Durchtränken der Dielen bedient und damit so gute Er-
fahrungen gemacht, dafs dasselbe wahrscheinlich ziemlich allgemein zur
Einführung kommen wird. Es ist dringend zu wünschen, dafs auch die
übrigen Bundesstaaten dem Beispiele Preufsens folgen und den Gemeinde-
verwaltungen tägliche und gründliche Reinigung aller Unterrichtsräume
33
nachdrücklich znr Pflicht machen werden ; dagegen dürfen weder technische
noch finanzielle Bedenken zur Geltang kommen. Wo es sich um die Ge-
sunderhaltung von Schulkindern und von Schullehrern handelt, können
Mehrkosten als AusfQhrungshindemisse nicht gelten. Überdies ist es vom
finanziellen Standpunkte aus zweckmäfsig, mit der erhöhten Sauberkeit in
den Schulzimmem auch die Sauberkeit und dadurch mittelbar auch die
Gesundheit der Schuljugend zu fördern. Je gesünder, je kräftiger diese
Schuljugend heranwächst, um so widerstandsfähiger wird sie Krankheiten
gegenüber. Und solch ein allgemein verbesserter Gesundheitszustand macht
sich schliefslich doch bei dem Armen- und Krankenpflegeetat bemerkbar.
Es gibt noch einen ganz direkten Weg, trotz der Mehraufwendungen für
Reinerhaltung der Schulzimmer, dennoch den Gesamtausgabenetat für das
Berliner Schulwesen nicht höher anschwellen zu lassen. Man braucht nur
den gegenwärtig bei allen den Berliner Schulbauten getriebenen über-
mäßigen Fassadenluxus einzuschränken, und die Mehraufwendungen für die
verbesserte Reinigung der Klassen sind reichlich wieder ausgeglichen.
OerichtshSfe cur Aburteilmif; von Kindern, die sich gegen
Strafgesetze vergangen haben, sind seit einiger Zeit in New York ein-
geführt worden. Es wird dadurch verhütet, dafs die kleinen Übeltäter
mit der Verbrecherwelt in Berührung kommen. Nicht nur das ganze
prozessuale Verfahren ist dem kindlichen Verständnis angepafst und darauf
berechnet, durch eine gewisse Feierlichkeit einen tiefen Eindruck auf das
junge Gemüt zu machen, sondern auch die durch den Kindergerichtshof
zuerkannten Strafen fassen lediglich die Besserung der kleinen Sünder,
zumal durch Versetzen in ein anderes, sittUcheres „ Milieu '^^ ins Auge.
Kindergerichte funktionieren bereits auch in Chicago und dürften demnächst
in Missouri eingerichtet werden.
Einderelend. Wie die Tagesblätter melden, wurde vor kurzem in
Ilmenau (Thüringen) in der Bürgerschule durch Umfrage festgestellt, dafs
über 100 Eander zur Schule gekommen waren, ohne vorher irgend etwas
Warmes genossen zu haben ! Der Rektor liess den Armen in der Zwischen-
pause Kaffee reichen. Wer aber wird es weiterhin tun?
Ein Kinderbransebad soll in Berlin vom Verein für Volksbäder ein-
gerichtet und in Mietsräumen untergebracht werden.
Ffir Zulassung der Mädchen in Gymnasien, Realgymnasien und
Realschulen zu petitionieren beschlofs, wie das ^^Päd. Wochenhh^ mit-
teilt, der Wiesbadener Frauentag auf Antrag von Frau Regnies in Frank-
furt a. M. Der Antrag wurde u. a. damit begründet, dafs dieses Ziel
finanziell leichter zu erreichen sei als die Schaffung gymnasialer Mädchen-
schulen, namentlich in kleineren Orten. Dr. Knittel teilte aus den Er-
fahrungen badischer und württembergischer Gymnasialschulen mit, dafs der
gemeinsame Unterricht von Knaben und Mädchen nirgends nachteilig
empfunden worden sei. Es wurde mehrfach darauf hingewiesen, dafs die
süddeutschen Staaten gerade in Erziehungsfragen ein nachahmenswertes
Beispiel geben.
Eine Vereinigung abstinenter Studenten hat sich, wie die j^Ah-
stinence^ mitteilt, am Anfang des laufenden Wintersemesters in Tübingen
gebildet.
Sehalgesandheitspflege. XVI. 3
34
Für die EinfBhraiig yon Unterricht fiber den Antialkoholismag
hat sich in neuester Zeit der Verein abstinenter Schweizer Lehrer aus-
gesprochen. Um hierfür Propaganda zu machen, hat das Zentralkomitee
beschlossen, Hand in Hand mit dem Vereine abstinenter Studenten zu gehen.
Vorträge Aber Oesandheitslehre in hSheren Lehranstalten. Auf
Anordnung des preufsischen Kultusministers werden jetzt, wie wir der
„Soc. Praxis^ (No. 6) entnehmen, an acht Gymnasien und Kealschulen in Berlin
und Umgegend je vier einstündige Vorträge über die wichtigsten Kapitel
der Schulhygiene gehalten. Die Vorträge behandeln: 1. Die Bedeutung
der Mikroorganismen für die öffentliche Gesundheitspflege, 2. die Ernäh-
rung mit besonderer Berücksichtigung der Alkoholfrage, 3. die individuelle
Hygiene mit Berücksichtigung des Sports und 4. die Hygiene der geistigen
Arbeit und die Pflege der Sinnesorgane. Zur Übernahme dieser Vorträge
soll sich eine Reihe erster Kräfte bereit erklärt haben. An den Vorträgen
nehmen die Schüler der drei obersten Klassen teil ; auch ist es den Lehrern
und den Eltern der Schüler gestattet, denselben beizuwohnen. Von dem
Ausfall des Versuches wird es abhängen, ob diese Einrichtung zu einer
dauernden sich gestalten und weiterhin auch in den höheren Lehranstalten
anderer Städte eingeführt werden soll.
(Wir halten dieses Unternehmen, trotz der ihm zu Grunde liegenden
sympathischen Tendenz für verfehlt, weil es offenbar unmöglich ist, vor
gänzlich unvorbereiteten jungen Leuten in 4 Stunden mit Aussicht auf Er-
folg vier Fragen zu behandeln, von denen jede den Gegenstand einer
ganzen Reihe von Vorträgen bilden soUte. D. Red.)
Eine sahnSrztliche Poliklinik für Volksschnlkinder in Darm-
stadt wurde vor kurzem eröffnet* Wie die „Soc. Praxis"^ (No. 11) mit-
teilt, ist das neue Institut eine mit Unterstützung der Stadtverwaltung ins
Leben gerufene Gründung des Vereins hessischer Zahnärzte, dessen Be-
mühungen die Errichtung in erster Linie zu danken ist.
Ein die Erziehung nnd den Unterrickt nicht yollsinniger Kin-
der regelndes Gesetz für das Grofsherzogtum Baden ist unterm 11. August
V. J. veröffentlicht worden.
^nttiit^e Herfitgtinsen.
Bestimmnngen, betreffend Bekämpfung der Länsesncht in den
Volksscknlklassen der Stadt Zflrieh.
(Vom 8. Oktober 1902.)
Art. 1. Die Lehrerschaft bringt dem Stadtarzte unter Angabe sämt-
licher Personalien diejenigen Kinder zur Kenntnis, welche mit Läusen odei
Nissen behaftet sind. Auch der Stadtarzt untersucht bei seinen Schul-
besuchen die Kinder auf das Vorhandensein von Kopfparasiten.
35
Art. 2. Die Eltern der mit Läüsen oder Nissen behafteten Kinder
werden Tom Stadtarzte darch die Schnlkanzlei anfgefordert, die nötigen
BeinigangSYorkehmngen zn treffen. Sie erhalten eine gedruckte Anleitung
Aber die Art des Reinigungsverfahrens. Zwecks Vornahme der Reinignng
erhält das Kind einen dreitägigen Schnlnrlanb, von dessen Erteilung die
Schulkanzlei dem Lehrer des Kindes und dem Stadtarzte Mitteilung macht.
Art. 3. Ergibt eine nach fünf Tagen durch den Stadtarzt vorgenom-
mene Untersuchung, dais die Reinigung nur mangelhaft oder gar nicht
vollzogen wurde, so wird auf Antrag des Stadtarztes vom Vorstände des
Gesundheitswesens die amtliche Reinigung angeordnet. Dieselbe ist erst-
malig unentgeltlich, im Wiederholungsfalle können den Eltern die Kosten
und gegebenenfalls eine Bufse auferlegt werden.
Art. 4. Die amtliche Reinigung wird von einer hierfdr angestellten
weiblichen Person in der Wohnung der Eltern der Schulkinder vollzogen;
wo sich dem Vollzuge in der Wohnung ernstliche Hindernisse entgegen-
stellen, kann Überweisung an das Kantonsspital stattfinden.
Art. 5. Kinder, welche an schweren Folgezuständen der Läusesucht
erkrankt sind, deren Heilung ärztliche Behandlung erfordert, können auf
Antrag des Stadtarztes vom Vorstande des Gesundheitswesens vom Schul-
besuche ausgeschlossen werden. Vom Schulausschlusse ist dem Vorstande
des Schulwesens und dem Lehrer des Kindes Kenntniss zu geben.
Im Namen des Stadtrates:
Der I. Vizepräsident: Der Stadtschreiber:
El. Hasler. Dr. Bollinger:
AnleitiiBg an die Eltern , betreffend die Bekämpfung
der Läusesacht.
Bei der stattgehabten ärztlichen Untersuchung Dires Kindes
hat sich auf dessen Kopfe Ungeziefer vorgefunden. Da dieses leicht
schwere Krankheiten verursacht, und zudem die Gefahr seiner Übertragung
auf andere Personen besteht, ist im Interesse Dures Kindes, Ihrer Familie,
sowie der Schule eine gründliche Reinigungskur unerläfslich. Falls Sie nicht
vorziehen, Ihren Hausarzt zu Rate zu ziehen, wird Ihnen folgende Be-
handlungsweise empfohlen : In erster Linie ist das Abschneiden der Haare,
namentlich wenn das Ungeziefer reichlich vorhanden ist, sowie bei Krusten-
und Borkenbildung, notwendig. Sodann reiben Sie jeweilen abends (doch
ja nicht in der Nähe des Lichtes oder der Lampe) dem Kinde den be-
haarten Kopf mit einer Mischung von Petroleum und Olivenöl (zu gleichen
Teilen) tfichtig ein und bedecken ihn mit einer Haube oder einem am
Halse festschliefsenden Kopftuche. Am folgenden Morgen wird der Kopf
mit warmem Wasser und Schmierseife gereinigt und mit einem feinen
Kaoune durchgekämmt. In dieser Art und Weise besorgen Sie die Reini-
gung an drei aufeinanderfolgenden Tagen, während welcher Zeit das Kind
vom Schulbesuche dispensiert ist. Zur Entfernung der zurückbleibenden
Nissen reiben Sie, solange noch Nissen vorhanden sind, die Haare büschel-
weise zwischen 1 oder 2 ntit Essig getränkten Tüchern. Sollte nach Verlauf
3*
36
von fünf Tagen eine erneute ärztliche Untersuchung zeigen, dafs der Kopf
Ihres Kindes nicht genügend gereinigt ist» so wird zwangsweise Reinigung
des Kindes durch die Schule angeordnet werden.
Erlafs Aber ein Schnlmuseum in Wien.
Bezirksschulrat der k. k. Reichshaupt-
und Residenzstadt Wien.
G. Z. 7435.
An sämtliche Schulleitungen.
Wien, am 2. September 1902.
Das k. k. Ministerium fttr Kultus und Unterricht hat mit Erlafs
vom 7. Juni 1902, Z. 12551, Nachstehendes anher eröffnet:
In Wien hat sich eine Gesellschaft gebildet, welche den Namen
^Gesellschaft zur Gründung und Erhaltung eines österreichischen Schul-
museums^ führt und, wie der Name besagt, die Gründung und Erhaltung
eines österreichischen Schulmuseums in Verbindung mit einer Zentral-
bibliothek in Wien anstrebt.
Vorzüglichster Zweck dieses Museums ist: ein möglichst klares und
anschauliches Bild des österreichischen Erziehungs- und Unterrichtswesens
in den einzelnen Ländern Gisleithaniens von den ältesten Zeiten bis auf
unsere Tage zu liefern und die besten Schuleinrichtungen des In- und
Auslandes in Musterform vorzuführen-, durch eine permanente Ausstellung
Schüler, Lehramtszöglinge, Eltern und andere an Schul- und Erziehungs-
fragen Beteiligte von den zweckentsprechendsten Schulgeräten und Lehr-
mitteln in Kenntnis zu setzen, und seltene, sehr kostspielige Lehrmittel,
welche nicht leicht für die Schule angeschafft werden können, Schülern
und Lehrern wie auch dem Publikum zur eingehenden und leicht zu
erreichenden Anschauung zu bringen. Femer wird beabsichtigt, Anregung
zu neuen Ideen und Arbeiten zu bieten, speziell durch eine reichhaltige
Bibliothek dem Streben der Lehrerschaft nach allgemeiner und fachwissen-
schaftlicher Ausbildung in entsprechender Weise Rechnung zu tragen, und
endlich durch einschlägige Vorträge und Demonstrationen auf dem Gebiete
des Erziehungs- und Unterrichtswesens belehrend und fortbildend zu wirken."
Nachdem der Zweck und die Ziele der genannten Gesellschaft, welcher
die Unterrichtsverwaltung mit einem einmaligen Beitrage als Stifter bei-
getreten ist, in jeder Beziehung anerkennenswert erscheinen, wird die
Schulleitung beauftragt, die unterstehende Lehrerschaft auf das gedachte
Unternehmen aufmerksam zu machen.
Vom Bezirksschulrate der Stadt Wien.
Der Vorsitzende-Stellvertreter:
(Gez.) GUGLEE.
(Mitget. V. Dir. E. BATR-Wien.)
37
fitteratitr.
BesprQohnngen.
Dr. med. Righabd Landau, städtischer Schularzt zn Nürnberg. NervSse
Sehulkinder. Vortrag, gehalten in der Kommission fflr Schnlgesond-
heitspflege zu Nflmberg. Hamburg, Leopold Voss. 1902. 8 ®. 40 S.
Als sachkundiger und erfahrener Arzt, der die einschlftgigige Literatur
vollständig beherrscht, gibt uns Landau in der kleinen lesenswerten
Schrift ein anschauliches Bild von der schon im Kindesalter vielgestaltigen
Nervosität der Schulkinder. Mit vollem Rechte werden die soge-
nannten Wunderkinder als ..nahezu pathologisch** bezeichnet, Mozabt und
wenige andere sind Ausnahmen. „Die abnorm hohe, angeborene Fähigkeit
wird hier zur Quelle einer außerordentlichen Reizwirkung auf die Gehirn-
zellen, welcher nach Analogien von allerhand Organreizungen eine aufser-
ordentliche Erschlaffung folgen mufs — das aufserordentliche Mafs aber
von Reizung und Erschlaffung stellt das Pathologische dar.''
Der Schulkopfschmerz, die Hysterie der Schuljugend und nament-
lich die psychischen Schulepidemien erfahren eine eingehende Wür-
digung, und namentlich die letzteren werden an der Hand sehr interessanter
Beispiele aus der Fachliteratur ausführlich besprochen; aus diesen Beispielen
sei als besonders lehrreich die von y. Holwede in der Braunschweiger
Bflrgerschule bei 42 Mädchen im Alter von 8 — 14 Jahren beobachtete
hysterische Epidemie hervorgehoben, bei welcher das erste Kind nach
einer anstrengenden Turnstunde von dem Leiden ergriffen wurde,
ein schlagender Beweis, dafs das Turnen keineswegs imm^r nur als eine
Erholung nach geistiger Arbeit aufgefafst werden kann, sondern auch an
das Nervensystem bedeutende Anforderungen stellt.
unter den Ursachen der nervösen Störungen der Schulkinder nennt
Landau au erster Stelle die erbliche Belastung: Kinder von Trinkern,
von hysterischen Mflttern oder neurasthenischen Vätern, Angehörige solcher
Famüien, in denen es Geisteskranke gab, sind der Gefahr, nervös zu er-
kranken, in weit höherem Mafse ausgesetzt. Als Gelegenheitsursachen
werden angeführt: zu frtther Besuch der Schule, zu früher Beginn des
Unterrichtes, Art, Betrieb und Plan des Unterrichts, Überbflrdung durch
Hans- und Ferienaufgaben. Diesen durch die Schule selbst gegebenen
Ursachen werden als aufs erhalb der Schule gelegene veranlassende
Momente aufgezählt: vorzeitiger Genufs von Nervenreizmitteln
(Kaffee, Thee, Tabak und Alkohol), der vielfach unterschätzt, während
die vorzeitige geschlechtliche Reizung nach Ansicht des Verfassers „eher
etwas überschätzt wird*', ohne dafs damit gesagt sein soll, dafs man dieses
Übel in vernünftigen Grenzen schon in der Schule nicht bekämpfen soll
und kann. Eines der wichtigsten Momente ist die fehlerhafte Erziehung.
.Soll das Nervöswerden der Kinder verhütet werden", bemerkt der Ver-
38
fasser, „genügt es nicht, wenn wir Schulhygiene betreiben nnd betätigen.
Im Hause mnfs man der Schale helfen! Im Hause mulB man von
vornherein und grundsätzlich die Erziehung nicht nur zu einem klugen,
sondern mehr noch zu einem gesunden Kinde erstrebt werden.*" Darin
mufs man dem Verfasser entschieden beistimmen. Die kleine Schrift
Landaus verdient weiteste Verbreitung in den Kreisen der Lehrer —
und Eltern! Dr. ALTSCHUL-Prag.
Dr. EsCHLE. Das Arbeitesanatorilim. München 1902. Verlag der
ärztlichen Rundschau (Otto Gmelin). 26 S. 8 ^. Preis 1 M,.
Der Verfasser vorliegender Schrift, Direktor der Kreis-Pflegeanstalt
Sinsheim in Baden, versteht unter Arbeitssanatorinm eine solche Anstalt,
die für eine Reihe an sich ganz verschiedener Krankbeitsformen bestimmt
ist, in der aber die Landwirtschaft und eine Anzahl gewerblicher Betriebe
das Band bilden sollen, das ihre Insassen vereinigt. In unserer Zeit, wo alles
Individualisierung und Spezialisierung verlangt, erscheint es sehr bedenk-
lich, verschiedene Kategorien von Krankheitserscheinungen in einer einzigen
gröl&eren Anstalt sammeln und behandeln zu wollen. Wenn die anregenden
Erwägungen des Verfassers auch geeignet erscheinen, die Bedenken gegen
derartige Einrichtungen zu zerstreuen, so müssen wir dennoch hervorheben,
dafs es einer längeren Prüfung nnd Erfahrung bedürfen wird, um in der
beregten Angelegenheit greifbare Mafsnahmen zu gewinnen. Immerhin aber
verdienen seine Ausführungen eine gewisse Beachtung, da sie Vorschläge
von tief einschneidender Bedeutung für den Ausbau von Wohlfahrtsein-
richtungen in weitgehender Beziehung bieten.
Fb. FKENZ£L-Stolp i. Pommern.
Johannes Bebningeb. Zwei Elternabende im Dienste der Yolks-
nnd SchnUiygiene. Zeitgemäfse Mahnworte. Donauwörth 1902. Verlag
von Ludwig -Auer. 63 S. 8 ^ Preis 60 Pf.
Der Verfasser bringt in der Schrift zwei Vorträge zum Abdruck,
die er in ^Elternabenden^ gehalten hat. Der erste Vortrag behandelt die
Frage: ^Wie kann das Elternhaus zur Förderung und Wahrung
der gesundheitlichen Verhältnisse unserer Jugend beitragen?''
Es wird darin über die Ursachen und die Bekämpfung der Bückgrats-
Verkrümmungen, Lungenleiden, Gehörleiden, Sprachgebrechen und der Ner-
vosität gesprochen. Die Darstellung ist gemeinverständlich, anregend und
durchaus zutreffend, wenn auch mitunter etwas schematisch. Besonders
lobend wollen wir den tiefen Ernst der Sprache hervorbeben, der deutlich
erkennen lä&t, welch giolse Besorgnis der Verfasser für das Wohl der ihm
anvertrauten Jugend hegt. Man merkt es ihm an, dafs er zur Hebung
erkannter Schäden alle Hebel in Bewegung setzen möchte, um schädigende
Einwirkungen wirksam zu beseitigen.
Der zweite Vortrag verbreitet sich über die schädlichen Wirkungen
des Alkohols auf Körper und Geist des Kindes. Die Alkoholfrage
wird nach folgenden Gesichtspunkten behandelt: 1. Der Alkohol vergiftet
den jugendlichen Körper, insbesondere aber das Gehirn und die Nerven der
Kinder. 2. Er gefährdet die Sittlichkeit der Kinder und führt sie zur
39
ünbotmftfeigkeit. S. £r lenkt ihren Appetit in falsche Bahnen. 4. Er
macht die Kinder schon frühzeitig za Trinkern. Die AnsfÜhningen dieses
Vortrags sind durchweg objektiv gehalten, sie berOcksichtigen auch die
wissenschaftlichen Forschungen der Neuzeit auf diesem Gebiete und zeichnen
sich durch verständnisvolle, ansprechende Behandlung des Gegenstandes
aus. — Für Yolksbibliotheken, sowie fQr Schulen und Fürsorgevereine
können wir die Schrift zur Anschaffung dringend empfehlen. Sie bietet
gerade das, worauf es zur Förderung und Wahrung der gesundheitlichen
Verhältnisse unserer Jugend in unseren Tagen notwendig ankommt.
Fb. F&ENZEL-Stolp i. Pommern.
M. Fbabkkel. Die 20 hiatologisclieB und osteologischen medüini-
sehen Staatsexamen. YortrSjse mit Berflcksichtigiiiig der zahn-
Irztlichen PrfifliBgsaQf gaben. Leipzig, H. Härtung & Sohn, 1902.
Kl. 8«. 221 S.
In zwei für sich abgeschlossenen Teilen steUt der Verfasser in knapper
Form Histologie und Osteologie so zusammen, wie sie dem vor dem Examen
stehenden Studierenden als Repetitorium, mit wenigen Ausnahmen, nicht
wohl mundgerechter geboten werden könnten. Jeder Teil besitzt einen
Anhang, in welchem speziell die zahnärztlichen Prüfungsfragen berück-
sichtigt sind, und zwar so, dals in diesem Anhange bei der Aufzählung
der verschiedenen Fragen entweder auf die entsprechenden Vorträge im
Hauptteil hingewiesen ist, oder dafs die betreffenden Vorträge anhangweise
bearbeitet sind.
Im Vorworte des ersten Teiles stellte der Verfasser das Buch in den
Dienst der Kommilitonen, die vor dem Staatsexamen das histologische und
osteologische Gebiet gründlich und doch in aller Kürze wiederholen wollen.
Ich glaube, dafs damit die Bedeutung des Werkes ziemlich erschöpft ist.
Über den Rahmen des Repetitoriums kann das Buch schon deshalb nicht
hinausgehen, weil man sich aus dem Text kein klares mikroskopisches Bild
machen kann. Einzelne Abschnitte, wie V und VHI, sind etwas lücken-
haft und ungenau; femer ist meiner Ansicht nach die histologische Ent-
Wickelungsgeschichte etwas stiefmütterlich behandelt.
Aus den speziell zahnärztlichen Vorträgen wird sich jeder Kandidat
manches Wissenswerte aneignen können, doch halte ich sie speziell mit
Bezug auf unsere schweizerischen Examinationsverhältnisse für nicht ganz
ausreichend.
Was ich vom ersten Teile bemerkte, gilt auch teilweise vom zweiten,
doch ist dieser viel umfangreicher und auch ausführlicher als der erste.
Immerhin bleibt er Repetitorium. Der speziell zahnärztliche Teil ist hier
besser, umfafst jedoch nur die Mundhöhle, ohne auch die für zahnärztliche
Zwecke wissenswerten Nachbargebiete zu streifen. Jedenfalls würde der
ganze zweite Teil noch an Wert gewinnen, wenn nicht Osteologie, Sjn-
desmologie und systematische Anatomie allzu sehr durcheinander gewürfelt
wären; etwas mehr Lichtung des Materials wäre erwünscht.
Der Autor bemerkt allerdings im Vorwort zum zweiten Teil, dafs er in
diesem osteologischen Teile alle die Gebiete zusammengefaßt habe^ die
zwar der Natur nach zusammen gehören, jedoch bisher in verschiedenen
Werken, jedes in ausfOhrlicber Weise, bearbeitet worden sind. Über den
Wert dieser Einteilnng, so wie sie vorliegt, läfst sieb streiten. Als Be-
petitorium ist das Bncb zu empfeblen.
Dr. Eugen Mülleb, Zahnarzt in Wädensweil.
Bibliographie.
Die mit * bezeichneten Werke wurden der Redaktion zugesandt
*Ännual Report of (he MediccU Officer of Health, City and Conntry of
Bristol. 1901. 8^ 126 S. Bristol, 1902.
Brücemann, Rektor. Elternabende. Die Jugendfürsorge, H. 10, 1902.
BURGASS, Dr., Oberlehrer. Welche Bedeutung beansprucht die Pflege
körperlicher Übungen in der Fürsorge um die schulentlctösene Jugend
und wie ist derselben gerecht zu werden ? Monatsschr. f. d. Tarnwesen,
H. 11, 1902.
CUTLITS. Soll man das Schliefsen der Schulen in Zeiten von Röteln-
epidemien guüieifsen? Monv. hyg. (Brüssel), XYIII, S. 145.
Daries, Hughes R. Ungenügende Waschgelegenheiten in Mädchenschulen.
Brit. med. Joum., 1901, II, S. 888.
*£sMARCH, Erw. v. Die Wirkung von Formalinwasserdämpfen im Des-
infekHonsapparat. Sep.-Abdr. a. d. Hyg. Rnndschan, No. 19, 1902.
♦Fischer, Alb., Dr. Über das hausliche Leben der Schüler. Grols-
Lichterfelde, Bruno Gebel. Kl. 3^ 28 S. JH. 0,60.
♦FOERSTER, Fb. W., Dr. Bedeutung und Methoden des Morälunterrichts
in der Schule. Ber. über d. Verhdlgn. d. Züricherischen Schnlsynode
V. 1902.
Fuchs, Hans. Die Bedeutung der Zahnpflege für die Gesundheit. Nene
Bahnen. XIÜ. Jahrg., H. 12. 1902.
Gramsb, R. Ein wichtiges Kapitel aus der Schulhygiene. Bl&tt. f. Volks-
gesundheitspfl., I, S. 101.
Gbbene, Edw. M. ÄretUche Untersuchung der Kinder. Philad. med.
Joum., Vn, S. 360.
GOSSLBB, y., Fräulein. Überwachung kränklicher Schulkinder. Rote
Kreuz (Berlin), XIX, S. 103.
GUTZWILLEB, St., Oberst. Über die körperliche Ausbildung bei Jung
und Alt. Schweiz. Bl. f. Wirtschafts- und Sozialpolitik, H. 21, 1902.
H ABTMANN, A. Über Körpergewichtsveränderungen erholungsbedürftiger
Kinder in der Basler Kinderheüstätte Langenbruck. Ztschr. f. Tuber-
kulose und Heilstätten wesen, 11, S. 241.
Herz, Hart. Der Handarbeitsunterricht in der Hamburger Volksschule.
Pädag. Reform, No. 51, 1902.
"'Heermann, A., Dr. Vorschriften aus dem Gebiete der Krankenpflege.
Leipzig, Härtung & Sohn. El. 8^. Mit Abbildgn. M. 2, — .
HintrAger, Carl, Prof. Musterpläne für kleine Volksschulhäuser in
den verschiedenen Ländern. Das Schulhaus, No. 10, 1902.
'^Jessen, Dr., Strafsbnrg. Die Zähne und ihre Pflege. Wandtafel mit
Zeichnungen und Anweisungen. Strafsburg i. E. bei J. H. Ed. Heitz,
1902. JH. 1.20.
41
*JÜKGST, Hugo, C. Die Furcht vor dem Kinde, Ein modernes Scherben-
gericht El. 8®. 39 S. Leipzig, Hermann Seemann Nachfolger. JM. 0,50.
*Kalb, 6. Die Endbenhandarhdt in geschlossenen Erziehungsanstalten.
Yortr., geh. anf d. Hanptvers. d. Deutsch. Yer. f. Knahenhandarb. zn
Angsbarg. Sond.-Abdr. a. d. Bl. fOr Enabenhandarbeit. 8^. 8 S.
KsMeiES, Ferb. Die Entunckhmg der pädagogischen Psychologie im
19, Jahrhundert. U. Ztschr. f. päd. Psychol., Pathologie n. Hygiene,
H. 4, 1902.
*KUMA6ZBWSKT, W. Meine Eräuterhur hei Ltmgenschwindsucht Heidel-
berg, Höming & Berkenbusch. 8®. 24 S. J^. 1, — .
Krausib, R. Qesundheitsschädigungen durch die Schule. Hygieia. Statt-
gart, XIV, No. 306.
*Levx, Paul Emil, Dr. Die natürliche Willensbildung. Praktische
Anleitong znr Selbsterziehnng. Leipzig, Yoigtl&nder. El. 8^. 194 S.
M. 2, — , geb. Jt 3, — .
LiMARAEis, L. P., Apbry und AVLONITIS. Vorschriften für Schullehrer
des türkischen Beiches über die Prophylaxe in den Schulen gegen akute
und (ironische ansieckende Krankheiten. 6az. mM. d'Orient (Ck)n8tan-
tinopel), XLY, S. 439, 469.
LIPPSRT, R., Dir. Die tJberbürdungsfrage in den Lehrerbildungsanstalten
ElsafS'Lothringens. Pädag. Bl&tter, 1902, No. 12.
^LOBEDANK, Dr. Die Augenkrankheiten^ ihre Verhütung und Behandlung.
Mit 14 Abbildgn. München, Yerl. d. ÄrzÜ. Rundschan. Gr. 8^. 76 S.
JL 2,—.
LOBSIEN, Marx. Memorieren. Ein experimenteller Beitrag. Ztschr. f.
pädag. Psycho!., Pathologie u. Hygiene, H. 4, 1902.
*Marr, Dr. Der Schularzt. Sond.-Abdr. a. d. Ärztl. Yereinsbl. f.
Deutschland, No. 485. Jahrgg. 1902.
*MiGHEL, Gustav, Dr. Die Hautpflege des gesunden Menschen. Ärzt-
liche Ratechläge. El. 8®. 28 S. München, 1902. (Yerl. d. „ÄrzÜ.
Rundschau^) ü. 0,60.
^NlGBLi, H., Schulsekret&r. Das Schulwesen der Stadt Zürich. Sep.-
Abdr. a. d. Schweiz. Zentralbl. f. Staats- und Gemeindeyerwaltg. 1902.
Percepied, E. Die Gymnastik in der Schule. Normandie m^d. (Ronen),
XYH, S. 106.
Philbrick, J. C. Die Gesundheit der Mädchen in höheren Schulen.
West. M. Rev. (lincohi), YI, S. 7.
PiMMER, YiCTOR. Zur Hygiene in den Wiener Volks- und Bürger-
schulen. Mitteil. d. Yer. z. Pflege des Jugendspiels (Wien), 1901, No. 9.
PUTBRMANN, J. Über den Einflufs der Schulprüfungen auf den Gircu-
laHonsapparatj ein Beitrag zu den Untersuchungen über den Blutdruck
mitUls des Gärtnerschen Tonometers (poln.). Gazeta lekarska, No. 7
und 8, 1902.
^Rammoul, A. J. Untersuchung von 200 Lehrbüchern in sanitärer Be-
ziehung (russ.). Wjestnik d. Hygiene etc., Nov. 1902.
Russell, £dw. und Porter, A. E. Untersuchung über die chemische
und bakteriologische Beschaffenheit der Luft in Sc^iulräumen. Journ.
of the State med. (London), 1901, S. 322.
42
Sargent, D. A. Ideale der physischen Ersnehung. Med. News (New-
.York), LXXIX, S. 4.
♦SOHATTBNFROH, A., Dr., Prof. Zur Schularztfrage. Sep. - AMr. a.
Mooatsschr. f. Gesondhtspfl., No. 11, 1902.
Sghenebnbobff, V. Bewegu/ngsspide der weibUchen Jugend, D. Ge-
meindeztg. (Berlin), No. XL, 1902.
Die EräfUgv/ng der weiblichen Jugend durch Bewegungs-
spiele. Gesundheit (Leipzig), XXVI, S. 136.
*Sghmid-Mohnabd. Die HaUesche Kinderheilsiätte und ihr Anteil an der
Bekämpfung der Tuberkulose im Jahre 1902. 4®. 4 S. Mit Ab-
bildungen.
Schmidt, F. A., Dr. Einiges über die Behandlung der Freiübungen im
Schulturnen. Körper n. Geist, No. 17, 1902.
* Unser Körper, Handbuch der Anatomie, Physiologie und
Hygiene der Leibesübungen. Zweite Aufl. Mit 557 Abbildgn. Leipzig,
Voigtländer. Gr. 8^ 643 S. JH. 12,—, in Ganzleinenband M. 14,—.
* Sechsundzwanzigster Bericht und Bedmung über die Ferienkolonien und
Milchkuren erholungsbedürftiger Schulkinder der Stadt Zürich für 1901.
Zürich, 1902.
SiHONBTTA, LülGi. Bemerkungen über Schulhygiene. L'Ingegn. igien.
(Turin), H, S. 272.
*Stiehl, E. Eine Mutterpflicht, Beitrag zur sexuellen Pädagogik. El. S^
46 S. Leipzig, Hermann Seemann Nachf. Jli. 0,50.
TOBEITZ, A. Zur Bekämpfung der Infektionen in der Schule. Arch. f.
Kinderheilkunde, XXXI, S. 81.
Verordnung des Qrofsherz. Sachsen^Weimarschen Staatsministeriums vom
6. Dez. 1900 betr. die Zahn- und Mundpflege bei Schulkindern. Ver-
öffentl. d. k. Gesundheitsamtes, XXY, S. 519.
*Wbhrlin, Ed., Prof. Volksimterhaltung und Kunst. Vortr., geh. in d.
Winterversammlg. d. Gemeinnützigen Gesellsch. des Bezirks Zürich. 1901.
Wbrnigee, E., Prof. Versuche über DusÜess-Öl und seine Verwendung
in Schulen. Gesundheit, No. 22, 1902.
^^Wiceenhagen, H., Prof. Körperliche Übungen und Schulhygiene. Sep.-
Abdr. a. „Die Reform d. höh. Schulwesens in PreuJ&en^ v. D. Lexis.
WOLFP, H., Dr. über die neueren Methoden zur Lichtprüfung auf
Arbeit^lätzen. Ztschr. f. Medizinalbeamte, No. 21, 1902.
ZiMiiBRMAKN, C. Licht Und Bänke in der Schule. Joum. of the Amer.
med. Assoc. (Chicago), XXXVI, S. 177.
*ZoLLiNGER, Fr., Erziehungssekretär. Bestrebungen auf dem Gebiete der
Schulgesundheitspfiege und des Kinderschutzes. Bericht an den h.
Bundesrat d. Schweiz. Eidgenossenschaft (Weltausstellung in Paris, 1900).
Mit 103 Fig. im Text und einer gröCseren Zahl von ülustrat. als An-
hang. Gr. 8^. 305 S. Zürich, Orell Füssli.
§tv ^d^ulutfi
I. Jahrgang. 1903. No. 1.
Von der Redaktion!
Das Schnlarztwesen hat im Laufe der letzten Jahre eine er-
freuliche Entwicklung nach Tiefe und Breite hin erfahren. Mit der
stfirkeren Betonung der gesundheitUohen Überwachung nicht nur des
Schulhauses, sondern auch jedes einzelnen Schulkindes begann eine
regere Anteilnahme der städtischen Behörden, insbesondere nachdem
das preuüsisohe Kultusministerium sein anerkennendes Rundschreiben
erlassen hatte. Zur Zeit sind allein im Deutschen Reiche in
33 Städten gegen 200 Schulärzte angestellt.
Seit ihrer Gründung hat die ,,Zeits€hrifl fwr Schulgesundheüs-
pflege^ der Schularztfrage volle Beachtung zugewendet, ja man darf
behaupten, dals sie durch ihre maJBYolle, stets dem Erreichbaren
Rechnung tragende Auffassung von den Aufgaben und den Kompe-
tenzen des Schularztes mit dazu beigetragen hat, die Klärung der
Ansichten auf diesem einst so viel umstrittenen Gebiet zu fördern
und der praktischen DurohfQhrung die Wege zu ebnen. Inzwischen
haben sich die schulärztlichen Erfahrungen im In- und Ausland von
Jahr zu Jahr gemehrt, und wieder war es die ,, Zeitschrift für
Schulgesundheüspfiege^ y welche dieser Entwicklung mit Aufmerksam-
keit folgte, ihren Lesern alles Wesentliche mitteilte und alle neu
auftretenden Unterfragen der Beantwortung näher zu bringen suchte.
Die meisten Veröffentlichungen aus schulärztlichen Kreisen sind
in unserer Zeitschrift niedergelegt, so dafs dieselbe schon jetzt
in gewissem Sinne als Organ der Schulärzte des deutschen
Sprachgebietes gelten kann.
Der Sehnlarxt. L 1
2 44
Um auch in Znknnft in gleichem Geiste, aber mit einem der
waohsenden Ausdehnung des Sohularztwesens entsprechenden gröJseren
Nachdruck dieses Feld bearbeiten zu können, wird nunmehr ein
besonderer Abschnitt der Zeitschrift ausschliefslich diesem Zweck
gewidmet sein.
Dadurch soll keineswegs aus dem flauptteil der Zeitschrift jede
schulärztliche Abhandlung grundsätzlich verbannt werden. Wichtige
und allgemeine schulärztliche Fragen, die den gesamten Leserkreis
der Zeitschrift zu interessieren geeignet sind, werden auch in Zukunft
im allgemeinen Teile der Zeitschrift behandelt werden.
Anderseits liegt aber eine Fülle von Stoff vor, dessen Wichtig-
keit ftb: den praktischen Schularzt unverkennbar ist, dem aber die
Mehrzahl der übrigen Leser nur geringes Literesse entgegenbringen
würde.
Alle schulärztlichen Verordnungen in Staat und Gemeinde, die
mannigfachen voneinander abweichenden Dienstanweisungen, die
Jahresberichte und statistischen Zusammenstellungen, Besprechungen
über den Gang und die Technik gewisser Untersuchungen, femer
die Vertretung gemeinsamer Standesinteressen, Personalnachrichten,
ein möglichst vollständiger schulärztlicher Literaturnachweis, das
alles sind Dinge, die am besten in einem gesonderten Abschnitt
übersichtlich zusammengestellt werden, um dem praktischen Schul-
arzt ein nützliches und erwünschtes Bepertorium zu bieten.
Dank dem selbstlosen Entgegenkommen der Verlagsbuchhandlung
wird diese Bereicherung der Zeitschrift ohne Preiserhöhung
durchgeführt werden.
Die bisherigen Leser unserer Zeitschrift erleiden durch die
Neuordaung des Stoffes keine Einbufse; in schulärztlichen Kreisen
wird die Einrichtung, wie wir hoffen, beifällige Aufnahme finden.
Prof. Dr. Fe. Eeismann Hofrat Dr. Paul Schubert
Zürich. Nürnberg.
45 3
Auf Eisuchen der Redaktion haben folgende Ärzte sich bereit
erklärt, alfi Mitarbeiter am y^ Schularzt^ zn wirken:
Abel, Dr., Regierung«- n. Medizinalrat, Berlin — Axmann, Dr., Arzt,
Erfurt
Baginsky, A., Dr., Professor, Berlin — Baner, Dr., Ohren- o. Kehlkopf-
arzt, Nürnberg — Beerwald, Dr., Arzt, Berlin — Benda, Dr., Arzt, Berlin
— Bendiz, Dr., Privatdozent, Berlin — Berger, Dr., Kreisarzt, Hannover —
B er lein, Dr., Arzt, Wiesbaden — Bernhard, Leopold, Dr., Arzt, Berlin —
Bienstock, Dr., Hals- und Ohrenarzt, Mühlhansen — Blasins, Dr., Professor,
Brannschweig — Blezinger, Jnl., Dr., Medizinalrat n. Oberamtsarzt, Cann-
statt — Blumen feld, Dr., Hals- und Lungenarzt, Wiesbaden — Bresgen,
Dr., Hals-, Nasen- n. Ohrenarzt, Wiesbaden.
Classen, Dr., Arzt, Orube in Holstein — Cohn, Hermann, Dr., Professor,
Breslau — Güster, Dr., Arzt, Zürich — Czerny, Dr., Professor, Breslau.
Dietrich, Dr., Geheimer Medizinalrat u. vortragd. Bat im Kultusminist.,
Berlin — Dieudonnö, Dr., Stabsarzt u. Privatdozent, Würzburg.
Edel, Dr., Sanitätsrat, Berlin — Emmerich, Dr., Professor, München
— V. Esmarch, Dr., Professor, Oöttingen — Eulenburg, Dr., Oeh. Med.-Rat,
Berlin — Eversbusch, Dr., Professor, München.
Falkenhein, Dr., Professor, Königsberg — Feilohenfeld, Dr., Augen-
arzt, Gharlottenburg — Fla tau, Dr., Hals- u. Ohrenarzt, Berlin — Franke n-
burger, Dr., Arzt, Nürnberg — Friedländer, Dr., Sohularzt, Breslau —
Förster, Fritz, Dr., Kinderarzt, Dresden — Fülöp, Dr., Arzt, Budapest —
Fürst, Moritz, Dr., Hamburg.
Qenersich, Dr., Assistenzarzt, Budapest — Glowalla, Dr., Arzt,
Eonigshütte — Gruber, Max, Dr., Professor, München — Gutenberg, Dr.,
Schularzt, Darmstadt.
Hamburger, Ernst, Dr., Breslau — Hartmann, Arthur, Dr., Professor,
Berlin — Hei mann, Dr., Augenarzt, Charlottenburg — He nie, Dr., Sohularzt,
Hamar in Norwegen — Herker, Dr., Privatdozent, München — Hertel, Axel,
Dr., Professor u. Kommunalarzt, Kopenhagen — Honigmann, Dr., Wiesbaden
— Hflls, Dr., Schularzt, Berlin.
Jacobitz, Dr., Stabsarzt, Karlsruhe in Baden — Jessen, Dr., Schul-
zahnarzt, Privatdozent, Strafsburg i. E. — Juba, Dr., Schularzt, Budapest.
Kafemann, Dr., Privatdozent, Königsberg — Kessler, Dr., Stabs-
arzt a.D., Mannheim — Kindt, Dr., Medizinalrat, Bezirksarzt, Grimma —
Kirchner, Dr., Geh. Ober-Medizinalrat, Berlin — Kocher, Dr., Professor,
Bern — Königshöfer, Professor u. Sanitätsrat, Stuttgart — Kotelmann,
Dr., Augenarzt, Hamburg — Kraft, Dr., Stadtarzt, Zürich — Krug, Dr.,
Hofrat, Schularzt, Dresden — Kruse, Dr., Professor, Bonn — Kuhn, Dr.,
Arzt, Straisburg-Neudorf — Kühner, Dr., Arzt, Coburg.
Landau, Dr., Schularzt, Dresden — Langsdorf, Dr., Arzt, Darmstadt —
Laquer, Dr., Stabsarzt, Frankfurt a. M. — Leder, Dr., Medizinahrat u. Kreis-
4 46
arzt, Lavban — Lessner, Dr., Professor, Schularzt, Oedenburg i. Ungarn —
Lenbuscher, Dr., Professor, Regienmgfs- u. Medisinairat, Meiningen — Levy,
Dr., Zahnarzt, Hambnrg — Lobe dank, Dr., Stabsarzt, Augenarzt, Hann.-
Münden — Lode, Dr., Professor, Innsbruck — Löffler, Dr., Professor,
Greifswald.
Marr, Gustav, Dr., Arzt, Hamburg — Merkel, Dr., Medizinalrat u.
Bezirksarzt, Nürnberg — Mouton, Dr., Arzt, Haag i. Holland — Moses,
Julius, Dr., Arzt, Mannheim.
Neuburger, Dr., Augenarzt, Nürnberg — Neumeister, Dr., Arzt,
Breslau — Nordmann, Dr., Arzt, Colmar.
Oebbeoke, Dr., Stadtarzt, Breslau — Oppenheimer, Dr., Augenarzt,
Berlin.
Pagel, Dr., Professor, Berlin — Pauli, Dr., Arzt, Lübeck — Pfeiffer.
Dr., Physikus, Stadtarzt, Hamburg — Pluder, Dr., Hals- u. Ohrenarzt, Ham-
burg — Poetter, Dr., Stadtbezirksarzt, Chemnitz — Prausnitz, Professor,
Graz — Proskauer, Professor, Charlottenburg.
▼.Bänke, Dr., Professor, München — Radziejewski, Dr., Augenarzt,
Berlin — Hapmund, Dr., Begierungs- u. Geh. Med.-Rat, Minden L W. —
Reimer, Dr., Stadtarzt, Görlitz — Benk, Dr., Geh. Med.-Rat, Ministerialrat
im Min. d. Inn., Direktor d. Zentralst, f. öfif. Gesundheitspfl., Dresden -
Riffel, Dr., Professor, Karlsruhe i. B. — Rosenfeld, Leonh., Dr., Orthopäd,
Nürnberg — Roth mann, Dr., Schularzt, Nürnberg.
Samosch, Dr., Arzt, Breslau — Schanz, Fritz, Dr., Augenarzt, Dresden
— Schattenfroh, Dr., Professor, Wien — Schenker, Dr., Lehrer d. Hy-
giene, Aarau — Schmeichler, Dr., Augenarzt, Brunn — Schmid-Monnard,
Dr., Kinderarzt, Halle — Schmidt-Rimpler, Dr., Professor u. Geh. Med.-
Rat, Halle — Schulthess, W., Dr., Dozent, Zürich — Schuschny, Dr.,
Professor u. Schularzt, Budapest — Seok, Dr., Sanitätsrat, Ensisheim i. ELsaTs
— Seitz, Dr., Professor, München — Sieveking, Dr., Physikus, Hamburg —
Silberschmidt, Dr., Dozent, Zürich — Spiegelberg, Dr., Kinderarzt,
München — Spiess, Dr., Geh. San.-Rat, Stadtarzt, Frankfurt a. M. — Steiger,
Dr., Augenarzt, Zürich — Steinhard, Dr., Schularzt u. Kinderarzt, Nürnberg
— Stich, Dr., Hofrat, Nürnberg — Stick er, Dr., Professor, GieÜBen —
Stock er, Dr., Augenarzt, Luzem — Ströszner, Dr., Assistent am bakter.
Institut Budapest.
Thiersch, Dr., Mitglied d. Landes-Med.-Koll., Leipzig — Tiedemann,
Dr., Arzt, Bremen — Tö plitz, Dr., Schularzt, Breslau — Trump, Dr.,
Privatdozent, München
Veit, Dr., Schularzt, Prag — Vierodt, Dr., Professor, Hofrat, Heidel-
berg — Vossius, Dr., Professor, Giefsen.
Wehmer, Dr., Regierungs- u. Medizinalrat, Berlin — Weygandt, Dr.,
Privatdozent, Würzburg — Weyl, Th.. Dr., Privatdozent, Charlottenborg.
I
47
<Dri|i]talab^ati)tltiii|eti*
Die Lösung der Schnlarstfrage auf dem Lande.
Von
Ejreisarzt Dr. Heinbich Bergeb, Hannover.
Aus Greifswald meldet die j^Preufsische Lehreriseitung^ die
Trauerkunde, dafs die dort seit zwei Jahren bestehende Einrichtung
der Schulärzte am 1. April 190S wieder aufgehoben werden soll.
Die Motivierung, dals die fragliche Einrichtung mehr theoretische
Bedeutung habe, dafs sie mehr im Interesse der Wissenschaft als
der Schule liege, dafs Schulärzte wohl im allgemeinen mit Nutzen
wirken können, dals aber in einer Stadt von der Gröfse Greifswalds,
wo anch dem Ärmsten unentgeltlich ärztliche Hilfe in Kliniken und
Polikliniken zur Verfügung stehe, ein BedtLrfnis für Schulärzte nicht
vorliege, muls das gröiste Erstaunen erregen. Eis scheint hier eine
▼oUkommene Unkenntnis über Aufgabe und Tätigkeit des Schul-
arztes vorzuliegen, die durchaus nicht in ärztlicher Behandlung,
sondern nur in Überwachung des Gesundheitszustandes der Kinder
besteht, und es ist doppelt bedauerlich, dafs gerade aus einer deutschen
Unirersitätsstadt diese, alle wahren Freunde der Schuljugend betrü-
bende Kunde kommt. Der Beschlufs geht aber lediglich vom M agistrat
ans und dürfte in den ärztlichen und schulfreundlichen Kreisen
Greifswalds selbst ebensolches Kopfischütteln erzeugt haben, wie in
den femerstehenden.
Über die Notwendigkeit und den Segen der Schularzteinrichtung
in groben und gröfseren Städten besteht ja schon längst keinerlei
Zweifel mehr, aber es entsteht naturgemäls die Frage, ob die Zweck-
mäbigkeit der Einrichtung an Städten mit 20 — 30000 Einwohnern
die Grenze findet.
Dafs das nicht der Fall sein kann, das wird der ohne weiteres
zugeben, der für das Wesen der Schularzteinrichtung das richtige
Verständnis hat. Wem aber das letztere fehlt, der wird die neue
Institation an keinem Orte, unter keinen wie immer gearteten Ver-
hältnissen billigen.
6 48
In letzter Zeit haben ja anch kleinere Städte, mit 10000 und
weniger Einwohnern, Schulärzte angestellt nnd sind begeistert ffir die
nene Saohe. Die gerade in solchen Städten gemachten Erfahrungen
werden hoffentlich bald zu allgemeiner Kenntnis gebracht werden
und voraussichtlich die Verbreitung der Schulärzte mächtig fördern.
Die Stimmen mehren sich, welche die allgemeine Schularzt-
einrichtung verlangen und triftig begründen; Sachsen-Meiningen hat
bereits ermunternde Erfahrungen damit gemacht.
Einer der Hauptgründe ist der, daüs es auf dem Lande meistens
schlimmer aussieht, als in den Städten, und dais der Landschularzt
deshalb nicht weniger notwendig ist, wie der Stadtschularzt.
In dieser Erkenntnis ist der Kreisarzt in Preulsen durch das
Gesetz, betreffend die Dienststellung des Kreisarztes und die Bildung
von Gesundheitskommissionen vom 16. September 1899, zum Kreis-
Schularzt gemacht worden. Dals dadurch ein grofser Schritt vor-
wärts geschehen ist in der Fürsorge um die heranwachsende Jugend,
die Zukunft des Volkes und des Staates, wird von allen Vaterlands-
freunden mit Dank anerkannt.
Die Tätigkeit des Kreisarztes wird auf dem Gebiete der Schul-
hygiene manches Erspriefsliche zeitigen. Nachdem jetzt die Neu-
einrichtung zwei Jahre erprobt ist, dürfte es an der Zeit sein, zu
fragen, ob sie den Wünschen der wahren Freunde der Jugend, dem
Begriff des Schularztes entspricht.
Die Tätigkeit des Kreisarztes an der Schule ist im wesentlichen
eine periodische, fünQ ährige; sie fafst ins Auge die Schuleinrioh-
tungen und die Schulkinder. Die Untersuchung der ersteren und
ihre hygienische Verbesserung (soweit dies die vorhandenen Geld-
mittel erlauben) kann wohl in fünfjährigen Perioden vorgenommen
werden, obwohl in einem Lustrum sich manches verschlechtern kann.
Doch liefse sich wohl auch in der Zwischenzeit gelegentlich ein
wachsamer Blick hinwerfen. Aber der springende Punkt bei der
ganzen Sache ist der Gesundheitszustand der Kinder, die Ein-
wirkung der Einrichtungen auf diesen, die körperliche und geistige
Beife der neu in die Schule eintretenden Kinder, ihre Fähigkeit, die
Schule ohne Schaden an der Gesundheit zu besuchen; und dazu
kann eine fünfjährige Kontrolle nicht genügen.
Dals der Staat nicht gleich mit der allgemeinen Schularzt-
einrichtung vorgegangen ist, ist verständlich und durchaus zu billigen.
Es handelt sich um eine neue Kosten verursachende Malsnahme, da
gilt es, vorsichtig abwägen und den natürlichen Gung abwarten, dem
49 7
Guten — und wirklich Gutes findet selbst den Weg — den Weg
ebnen; ist seine Zeit im Laufe der natürlichen Entwicklung gekom-
men, so wird der Staat mit Freuden die Einrichtungen treffen, die
ja seine eigene Wohl&hrt fördern.
Es scheint, als ob denjenigen, welche der allgemeinen Schularzt-
einrichtung für Stadt und Land das Wort reden, der Sieg werden
wird, und wir Freunde der Jugend, Freunde des Vaterlandes, werden
uns des Sieges freuen.
Besondere Beachtung verdient die nicht geringe Zahl der-
jenigen, welche zwar theoretisch zu dieser Partei gehören, aber
einer praktischen Lösung der Frage ungläubig gegenüberstehen. Ihr
Tollständiges Herüberziehen, die Beseitigung ihrer Bedenken ist eine
nicht unwichtige Aufgabe, da sie die gute Sache, wenn sie ganz
überzeugt sind, nicht unwesentlich stärken werden.
Die Lösung der Sohularztfrage auf dem Lande ist nicht so
schwierig, als es scheint. Die Schularzteinrichtung hat sich anzu-
lehnen an die Distriktsarzteinrichtung. Der Kreis zer&llt in Di-
strikte — sagen wir, ein Kreis von 30000 Einwohnern in 8 Distrikte;
fbr jeden Distrikt wird ein Distriktsarzt angestellt, und zwar für den
Distrikt, der das hauptsächlichste Feld seiner allgemeinen ärztlichen
Tätigkeit ist. Eine besondere Besoldung dafür ist nicht nötig, wenn der
Distriktsarzt in seinem Bezirk Impfarzt, Schularzt und Vertrauensarzt
ist. Diese Tätigkeiten werden ja an sich schon bezahlt; als Schularzt
würde er für etwa 700 Schulkinder in seinem Bezirke etwa 150 Mark
bekommen, das ergäbe eine Mehrbelastung für den Kreis von
1200 Mark, eine unzweifelhaft erschwingliche Summe.
Auf die allgemeine segensreiche Tätigkeit der Distriktsärzte
(Vorträge in ihrem Bezirk, Verbesserung und Organisation der
£[rankenpflege u. s. w.), auf das Gute der ganzen Einrichtung (Ver-
wachsen mit dem Bezirk, feste Verhältnisse, Sammlung von Er-
fahrungen, letzte hygienisch durchgebildete Instanz) will ich hier
nicht näher eingehen. Im April und Mai sind die in den Schulen
des Bezirks neu eingetretenen Kinder zu untersuchen, um Weih-
nachten findet die Besichtigung aller Kinder statt. Im Sommer und
zwischen Weihnachten und Ostern erfolgen gemeinsame Konferenzen
mit dem Kreisarzt, um ein einheitliches Handeln zu gewährleisten.
Die Distrikts-Schulärzte haben Kataster über die ansteckenden
Krankheiten unter den Schulkindern zu führen, und jährliche sum-
marische Berichte an den Kreisarzt bezw. durch den Kreisarzt an
den Landrat zu erstatten. An den periodischen kreisärztlichen Be-
Der Sctanlarzt. I. 2
8 50
Biohtigungen nehmen die Distrikts-Schulärzte teil und haben einmal
jährlich die Schule und ihre Einrichtungen zu besichtigen, mit Be-
rücksichtigung des letzten Ergebnisses bei der Besichtigung durch
den Kreisarzt. Dadurch dürfte die Schularztfiage für das Land im
wesentlichen gelöst sein. v
Die Schularztfrage in Wien.
Von
J. Pawel, Universitätslehrer.
Am 17. Dezember d. J. fand in Wien die Vollversammlung
der Gesellschaft für Ghesundheitspflege statt, in welcher die Frage
der Schulärzte neuerdings einer eingehenden Besprechung unter-
zogen wurde. Der Yoi-sitzende der Versammlung, Sektionschef Dr.
Ritter von Küsy besprach die Schularztfrage hinsichtlich ihrer Be-
deutung für die Volksgesundheit. Diese Frage sei gerade jetzt
recht dringend, da gegenwärtig das Hauptgewicht auf die Ver-
hütung von Krankheiten gelegt werde. Man müsse trachten, die
heranwachsende Generation widerstandsfähig zu machen, indem man
die Vorbedingungen zur Entstehung der Krankheiten aus der Welt
schaffe. Dazu sei besonders die Schule, der Sammelpunkt der
Jugend, geeignet. Auch sei es im Interesse des Unterrichtes ge-
legen, die körperliche Entwicklung des Kindes zu pflegen, denn
nur so könne man auch auf die geistige einen wesentlichen Einflufs
ausüben. Von den Schulärzten können die Keime der Krankheiten
früh entdeckt und die Krankheitsanlage durch Gegenmafsregeln
schnell bekämpft werden. Die Schulkinder sollten auch mit den
Grundsätzen der Gesundheitspflege bekannt gemacht werden, damit
diese für das ganze Leben in Fleisch und Blut übergingen. Diese
Aufgabe aber werde sich ohne Vermittelung von Schulärzten nie
lösen lassen können.
Privatdozent Dr. Zappbet weist auf die Frage der Lungen-
krankheiten hin, die dem Schularzt ein ausgiebiges Arbeitsfeld er-
öffne. Von Schulkindern, welche im Jahre 1900 von einem Wiener
Ferienheimvereine auf das Land geschickt wurden, waren 42 lungen-
kranke Knaben unter 449, im Jahre 1901 46 unter 438 und im
51 9
Jahre 1902 46 unter 467 Knaben. Von 345 Mädchen litten im Jahre
1900 35, 1901 von 354 35 und 1902 von 342 34 an dieser Krankheit.
Diese Zahlen überraschen durch die Gleichheit ihrer Höhe. Dabei
seien andere Krankheiten, wie der Augen, der Ohren, der Knochen
u. a. gar nicht berücksichtigt.
Direktor Bayb weist darauf hin, daiis die Tätigkeit des Schul-
arztes ohne Störung des Unterrichts durchführbar sei. Auch das
Elternhaus würde die Einrichtung dankbarst begrülsen, welche um
so wirksamer wäre, wenn man die Schüler in bestimmten Zeiträumen
untersuchte. Viele Krankheiten blieben ja den Augen der Eltern
verborgen, so namentlich die Verkrümmungen der Wirbelsäule, denen
man von Seite der Arzte durch wirksame Mittel entgegenwirken
könnte.
Dr. Fbank verweist auf die zahlreichen Erkrankungen infolge
schlechter Zähne. Darunter müsse oft Ernährung und Entwicklung
arg leiden, was durch zahnärztliche Untersuchung vermieden werden
könnte.
Dr* HoFBAUB betont, daiä die gegenwärtige Art des Schul-
turnens nicht ganz den Anforderangen der Gesundheitspflege ent-
spreche. Beim Turnen werde viel Staub erzeugt, daher wären
Sportübungen (11) besser, so namentlich das Schwimmen.
Dr. Handee besprach Wesen und Verhütung von Rückgrat-
verkrümmungen und empfahl besonders Turnkurse und eine ent-
sprechende Beschränkung des Handarbeitsunterrichtes bei Kindern,
welche zu Verkrümmungen neigen. — Impfdirektor Dr. Paul forderte
die hygienische Ausbildung der Lehrer in besonderen Fortbildungs-
kursen. — Frau Direktor Sohwabz klagte über die Überbürdung der
Schulmädchen mit Handarbeiten. Hier wäre dem Schularzt ein Feld
erspriefslichster Wirksamkeit geboten. — Lehrer Kbaus sprach über
die Frage der Schulreinigung und schilderte einige bestehende Mifs-
stände. Der Staat, welcher die Kinder zwinge, in die Schule zu
gehen, habe auch die Pflicht, sie vor gesundheitlichen Schädigungen
zu bewahren. — Dr. von Hovobka regte eine Statistik der Rück-
gratsverkrümmungen bei Schulkindern an. — - Schulrat W. Wiedeb-
HOFEB wies darauf hin, dafs die neueren Schuleinrichtungen den
gesundheitlichen Anforderungen genügen, mit den noch bestehenden
alten könne nicht auf einmal aufgeräumt werden. — Professor Dr.
Schattenfboh hob die Wichtigkeit der Untersuchung der Schul-
kinder hinsichtlich des Gesundheitszustandes der Augen und Ohren
hervor. Auch die Fürsorge für die Lehrerschaft gehöre in das
10 52
WirkungBgebiet des Schularztes. Schlieislich machte der Vorsitzende
die MitteiluDg, dafs die Schalärztefrage einem besonderen Komitee
zugewiesen wurde, und dankte den zahlreich erschienenen Ärzten
und Lehrern für das Interesse, welches sie der wichtigen Frage
entgegengebracht haben.
Aitxntxt Üttttetluusen.
Kleinere Mitteilungen fiber Anstellung und TStigkeit Ton
Schulärzten. In Stettin sollen als Schalärzte anfser einem Augen-, einem
Nasen-, Ohren- und Zahnarzte zehn Ärzte angestellt werden, von denen
jeder 600 Mk. jährlich erhält. Ihre Aufgabe besteht in der Untersuchung
der Neuaufgenommenen, Ausstellong eines Gesnndheitsscheines, den das
Eind während der ganzen Schulzeit behält, Abhalten einer Sprechstunde
alle vier Wochen und Untersuchung der gesundheitlichen Verhältnisse der
Schulhäuser. — Die Anstellung von Schulärzten in der Umgebung von
Berlin hat im letzten Jahre bedeutende Fortschritte gemacht. Eine ganze
Reihe von Vororten hat solche angestellt: In Neu-Weissensee beschlofs
die Gemeindevertretung einen Schularzt anzustellen, während die Schaffung
dreier weiterer Schularztstellen in Aussicht genommen wurde. — Von den
gröfseren Vororten ist nur Wilmersdorf der Frage bisher nicht näherge-
treten. — Rummelsburg hat sich entschieden gegen die Anstellung von
Schulärzten erklärt. Anerkannt wurde, dafs gerade in diesem Orte mit
seiner starken Arbeiterbevölkerung Kinderkrankheiten häufig genug auf-
treten. Das Institut der Schulärzte wäre bei der Armut eines erheblichen
Teiles der Einwohner nur dann von wirklichem Nutzen, wenn es möglich
wäre, die erkrankten Kinder, besonders bei den häufig auftretenden Augen-
und Ohrenleiden, in einer Gemeindeanstalt auf Gemeindekosten behandeln
zu lassen. Da dies zur Zeit der finanziellen Schwierigkeiten wegen nicht
möglich ist, will man erst die Erfolge abwarten, die andere Vororte mit
den Schulärzten erzielen. — In Ober-Schöneweide, wo ein Schularzt
angestellt ist, sind die leitenden Kreise auf die neue Einrichtung nicht son-
derlich gut zu sprechen. Sie behaupten, es handle sich dabei um eine
kostspielige Modefrage ohne wirkliche Vorteile für die Kinder, und weisen
darauf hin, dafs sich, trotz der energischen Tätigkeit des Schularztes, die
Masern unter den Schulkindern nicht haben eindämmen lassen. Dagegen
ist man in Lichtenberg mit der Tätigkeit der Schulärzte sehr zufrieden,
ebenso in Pankow und Reinickendorf. In den meisten Vororten beträgt
das jährliche Honorar ffir jeden Schularzt 500 Mk., wofür die Ärzte in
jeder Woche zwei- oder dreimal die Klassen und die einzelnen Kinder zn
besichtigen oder zu untersuchen haben, um darüber dem Gemeindevorstand
Bericht zu erstatten. {y^Münch. med. Wochenschr,^)
53 11
Die ABstellmig tob SehnUriten in Mfllkausen i. E, ist kürzlich
im dortigen Gemeinderat im Prinzip beschlossen worden. Die Regelang
der Frage ist der Schul- nnd Hygienekonmiission znr n&heren PrQfong
aberwiesen.
Keine SebnMrEte mehr. In Greifswald wird, wie der j^Brmfs.
Lekrergtgy' berichtet wird, das Institut der Schnlftrzte nach zwe^fthrigem
Bestehen am 1. April 1903 zu Grabe getragen werden. Das Bflrger-
schafUiche Kollegium hatte den Wunsch geftuisert, dafs auch ihm die Be-
richte der Schulärzte vorgelegt würden. Das war denn auch in diesem
Jahre geschehen. Das Bürgerschaftliche Kollegium überwies genannte Be-
richte der Gesundheitskommission mit dem Ersuchen, zu prüfen, ob sie
nicht einheitlicher und zweckentsprechender gestaltet werden könnten. Die
Kommission empfahl auf Grund ihrer Verhandlungen, die Schulärzte zu-
nächst weitere zwei Jahre fungieren zu lassen, jedoch eine Konzentration
ihrer Tätigkeit unter Leitung des Kreisarztes eintreten zu lassen. Der
Magistrat, der sich demnächst mit der Angelegenheit befafste, beschlols
jedoch, die betreffende Etatsposition (1000 Mk.) im nächsten Jahre zu
streichen und den 4 Schulärzten am 1. Oktober d. J. zu kündigen. Die
fragliche Einrichtung habe mehr theoretische Bedeutung ; sie liege mehr im
Interesse der Wissenschaft als der Schule, jedoch sei auch die wissen-
schaftliche Ausbeute gering. Das Bürgerschaftliche Kollegium stimmte dem
Magistratsbeschlufe zu, indem es sich der Ansicht anschlofs, dafe die Schul-
ärzte im allgemeinen wohl mit Nutzen wirken könnten, dafs aber in einer
Stadt von der Gröfse Greifswalds, wo die Kliniken jedem Kranken oder
Leidenden, auch dem Ärmsten, ohne Entgelt offen ständen, für Schulärzte
kein Bedürfnis vorhanden sei.
SchnUntliehe üntenmelinngsergebmsse in der SebweiE. Im
Jahre 1897 wurde in der Schweiz eine Zählung der schwachsinnigen,
körperlich gebrechlichen und sittlich verwahrlosten Schulkinder ausgeführt,
die in verschiedener Beziehung lückenhaft geblieben war. Um ausreichende
nnd zuverlässige Feststellungen über abnorme Kinder zu beschaffen, wurde
eine alJljährlich statt6ndende Untersuchung der in die Schule eintretenden
Kinder durch die Schulärzte in 16 Kantonen angeordnet. In den Jahren
1899 und 1900 wurden, wie die y^Stat Korr,*^ der y^Schweizerischm Sta^
Hstik^ (Jahrg. 1901) entninmit, zusammen 107968 Kinder mit dem Er-
gebnis untersucht, dab darunter 15595 Kinder = 144 aufs Tausend als
nicht völlig normal erklärt werden mufsten. Davon waren 2578 mit gei-
stigen Gebrechen behaftet, und zwar waren blödsinnig 83, schwachsinnig
in höherem Grade 552, in geringerem Grade 1943. Die Zahl der Schwach-
sinnigen ist infolge sorgfältigerer Prüfung im letzten Berichtsjahre gegen
das vorhergehende gesunken; dagegen blieb das Verhältnis der körper-
lichen Gebrechen, die leichter festzustellen sind, in beiden Jahren annähernd
das gleiche. Es litten daran in den Jahren 1899 und 1900 zusammen
12906 Kinder, und zwar an Augenfehlem 6895, an Gehörfehlem 2032,
an Fehlern der Sprachorgane 1833, an Nervenkrankheiten 130 und an
anderen Krankheiten 2016; sittlich verwahrlost waren 111 Kinder. Von
den 15595 nicht normalen Kindem konnten 14262 = 915 a. T. dem
Unterricht in der öffentlichen Volksschule folgen; für 1333 = 85 a. T.
12 54
wurde Überweisung an eine Spezialklasse oder -anstalt angeordnet. Für
ein Jahr von der Schale aasgeschlossen warden 1899 367 and 1900
362 Kinder.
Der Kreissebalarzt war das Thema eines in der Dezembersitzong
des Danziger Lehrervereins von Herrn Lehrer Joffe abgestatteten Refe-
rats. In derselben Sitzung hielt Herr Kreisarzt Dr. Haase einen längeren
Vortrag über Infektionskrankheiten in Beziehung auf die Schule.
Zur Schnlarzlfrage in Berlin schreibt man der „Münchn. med.
Wodienschr.** (No. 47) folgendes: Endlich scheint auch in Berlin die Schnl-
arztfrage wieder in Fluis zu kommen. Nur mit grofsem Widerstreben
war der Magistrat dem Gedanken, Schulärzte anzustellen, Oberhaupt naher
getreten.' Nach langen Verhandlungen und Erörterungen hatte er sich yor
etwa 3 Jahren entschlossen, einen Versuch mit 10 Schulärzten an einigen
Gemeindeschulen zu machen. Das Ergebnis dieses Versuches sollte die
Richtschnur für die weitere Behandlung der Angelegenheit geben. Soweit
Berichte Aber die Tätigkeit der Schulärzte veröffentlicht wurden, muis
das Ergebnis als durchaus befriedigend betrachtet werden; denn irgend-
welche ünzuträglichkeiten sind nicht bekannt geworden, wohl aber eine
ganz beträchtliche Zahl von Fällen, in denen durch das Eingreifen des
Schularztes Infektionskrankheiten erkannt und ihre Verbreitung verhütet
wurde, minderbegabte Kinder den für solche eingerichteten Sonderklassen
überwiesen wurden u. s. w. Da inzwischen auch in vielen anderen grolsen
und kleinen Städten die ärztliche Mitwirkung an den Aufgaben der Schule
sich durchaus bewährt hat, so sollte man annehmen, dafs nunmehr auch
die letzten Bedenken gegen die allgemeine Einführung dieser Einrichtung
in Berlin gefallen wären, zumal da die finanzielle Seite der Frage bei dem
Millionenetat der Stadt nicht ins Gewicht fallen kann. Aber die städtische
Verwaltung scheint jede Überstürzung ängstlich vermeiden zu wollen; die
Schuldeputation hat dem Magistrat vorgeschlagen, die Zahl der Schulärzte
auf 30 zu erhöhen und diese mit der Beaufsichtigung einer bestimmten
Zahl von Kindern zu beauftragen. Aus der Stadtverordnetenversammlung
heraus ist jedoch eine Anregung zu einem etwas beschleunigteren Tempo
ergangen; es wurde ein Antrag gestellt, den Magistrat zu ersuchen, vom
1. April 1903 ab an jeder Gemeindeschule einen Schularzt anzustellen.
Wird dieser Vorschlag ausgeführt, so würden in Berlin etwa 260 Schul-
ärzte tätig sein. Abgesehen von dem günstigen Einflufs dieser Tätigkeit
auf die Gesundheitsverh<nisse unserer Schulkinder würden sich sicherlich
aus dem reichhaltigen Beobachtungsmaterial manche neue Gesichtspunkte
gewinnen lassen, die der Entwicklung der Schulgesundheitslehre und so
auch den allgemeinen hygienischen Verhältnissen zu gute kämen.
Zar Schalarztfi*age ninmit das „Berliner Tageblatt'' in No. 653
vom 24. Dezember 1902 in folgender Weise Stellung:
Der allgemeine deutsche Verein für Schulgesundheitspflege hat sich
mit einer Bittschrift an den Reichstag gewendet, um die Anstellung von
Schulärzten im deutschen Reich in die Wege zu leiten. Die Wichtigkeit
des schulärztlichen Amtes ist von niemandem mehr bestritten. Eine ge-
ordnete Schulgesundheitspflege ist aber ohne die dauernde Ein- und Mit-
wirkung des Schularztes auf die Ausgestaltung des Schulwesens nicht zu
65 13
denken. Nicht blofs die Überwachung des Gesundheitszustandes der schul-
pflichtigen Jugend fUlt in den Wirksamkeitsbereich des Schularztes, son-
dern auch die Hebung und die Erweckung des jugendlichen Sinnes für die
Bedeutung der Gesetze der Gesundheitspflege und der Pflichten, deren Be-
rflcksichtigung sie von jedem einzelnen fordert. Je mehr man über die
Stellung des Schularztes im Rahmen der Schulverwaltung nachdenkt, einen
um so bedeutsameren Platz wird man ihm unbedingt einräumen mflssen.
Es war daher sehr wohl angebracht, wenn der allgemeine deutsche
Verein ffir Schulgesundheitspflege in seiner diesjährigen Generalversamm-
lung eine Resolution fafste, die dahin ging, bei den Regierungen und
Stadtverwaltungen auf Anstellung von Schulärzten in allen deutschen Bun-
desstaaten, und zwar in den Städten und auf dem platten Lande, hinzu-
wirken, außerdem einen zweckmäfsigen hygienischen Unterricht in den
Lehrerbildungsanstalten sowie in den Schulen einzurichten. Ganz folge-
recht wird auch in der dieser Resolution beigefügten Begründung ausein-
andergesetzt, daÜB der Staat, der den Schulzwang gesetzlich eingeführt hat,
auch die Verpflichtung hat, nach Möglichkeit die mit dem Schulbesuch
unter Umständen verbundenen Gefahren für die Gesundheit der Kinder
und auch der Lehrer einzuschränken, zu beseitigen. All das ist unbedingt
als richtig, ja, als notwendig zuzugeben. Und dennoch kann man sich mit
dem von dem allgemeinen deutschen Verein für Schulgesundheitspflege zur
Erreichung eines sehr erstrebenswerten Zieles beschrittenen Wege nicht
einverstanden erklärten.
Das deutsche Reich hat gar keine Befugnis, sich in die inneren Schul-
angelegenheiten der Einzelstaaten einzumischen. Das ist völlig der Kom-
petenz der Einzelstaaten vorbehalten. Allerdings ist dem Reiche auf Grund
des alinea 15 im Artikel 4 der Reichsverfassung überlassen, „Mafsregeln
der Medizinal- und Veterinärpolizei'' anzuordnen und deren Durchführung
mit Zuhilfenahme der landesgesetzlichen Behörden zu erzwingen ; allein die
Einführung von Schulärzten dürfte kaum als eine „Maisregel der Medizinal-
polizei'' aufzufassen sein. Das Schicksal der Petition im Reichstage ist
mit Sicherheit vorauszubestimmen.
Im Wege der Reichsgesetzgebung ist der Schularztfrage nicht beizu-
kommen. Hier können nur die Einzelstaaten helfen. In der Tat hat ja
auch die diesjährige Generalversammlung des Vereins für Schulgesundheits-
pflege in ihrer Resolution ganz klar ausgesprochen, dafs bei den Regierun-
gen, das heilst bei den Landesregierungen im Gegensatze zum Reich, auf
die Anstellung von Schulärzten eingewirkt werden möchte. Will der aU-
gemeine deutsche Verein für Schulgesundheitspflege die Anstellung von
Schulärzten überall im Reiche durchsetzen, dann bleibt kein anderer Aus-
weg, als die Volksvertretungen der Einzelstaaten und die Regierungen mit
Bittschriften anzugehen, die gesetzliche Regelung der an und für sich gar
nicht hoch genug zu veranschlagenden Schularztfrage endlich vorzunehmen.
Dieser Weg ist ja allerdings beschwerlich, umständlich und zeitraubend,
allein es gibt keinen anderen. Das Reich ist in dieser Frage nicht zu-
ständig.
14 56
ixitxaxxf^t ßtfpxt^nn^tn.
Dr. ScHMiD-MoNNABD. Die Aufgaben des ScbularEtes. Politisch-
anthropologische Revue. I. Jahrg. No. 3.
In knrzen, scharf geprägten S&tzen stellt Verfasser seine schalärzt-
liches Glaubensbekenntnis auf. Der ärztliche Berater der Schule kann
nicht durch den hygienisch gebildeten Lehrer ersetzt werden, wohl aber
ist die yerständnisYolle Mitwirkung des Lehrers unentbehrlich. Dem Schul-
arzt mufs Gelegenheit zu Anregungen auf schulhygienischem Gebiet ge-
geben sein, durch Teilnahme an den Sitzungen der Schulkommission, und
durch Rücksprache mit dem Direktor. Notwendig ist die Untersuchung der
Neuaufzunehmenden auf genflgende körperliche Rüstigkeit und auf die Fähig-
keit, stundenlanges Sitzen in geschlossenen Räumen ohne Schaden zu er-
tragen. Jedoch will Verfasser nur die schwächlich erscheinenden Kinder
einer näheren Untersuchung teilwerden lassen und nur für sie sollen Ge-
sundheitsscheine ausgefüllt werden. Wir können dieser Ansicht nicht bei-
pflichten. Die schulärztlichen Erfahrungen in W^iesbaden, Leipzig, Frank-
furt, Chemnitz und an vielen anderen Orten lehren im Gegenteil, dafs der
Hauptwert der schulärztlichen Tätigkeit in der genauen Untersuchung aller
Kinder zu suchen ist, weil sehr häufig bei gesund aussehenden und für
gesund geltenden Kindern die Keime sehr beachtenswerter Leiden entdeckt
werden, die bis dahin den Eltern, dem Lehrer und dem oberflächlich
inspizierenden Bück des Schularztes entgangen waren.
Mit Recht wird die Tätigkeit des Schularztes ganz besonders für die
schwachbefähigten Zöglinge der Hilfsschulen gefordert, weil sie wohl ohne
Ausnahme auch körperlich rückständig sind.
Bei der Schulentlassung soll schulärztlicher Rat hinsichtlich der Be-
rufswahl erteilt werden.
Schulhygienische Vorträge bei der Lehrerschaft wünscht Verfasser nur
fakultativ und von Fähigkeit und Neigung des Arztes abhängig gemacht
zu sehen. Hingegen möchte er dem letzteren auch die Aufgabe eines
Lehrerarztes zuweisen, der Urlaubszeugnisse auszustellen, der Lehrerüber-
bürdung vorzubeugen, und gegebenenfalls für Gehaltsaufbesserung der Lehrer
einzutreten hat.
Bezüglich der Hygiene des Unterrichts warnt Verfasser den Arzt vor
schnellem Urteil und Einreden in den Lehrplan. Unsere deutschen Dienst-
ordnungen für Schulärzte verleihen auch kaum irgendwo Befugnisse dieser
Art. W^ohl aber wäre es wünschenswert, wenn ein oberschulärztlicher
Berater den Zentralschulbehörden beigegeben wäre, um der Hygiene des
Unterrichts die richtigen Wege zu weisen. Dr. Paul Schubert.
57 16
Dr. MABB-Hambarg. Der Schularzt und Dr. Arthur Hartmann. ^^{Äreü.
Vereinsblatt*' . 1902, No. 485 u. 487.)
Dr. MA.BK eifert in seinem Artikel in No. 485 des ^ÄreÜ, Yereinshl,"'
gegen eine angeblich von Habtmann aufgestellte Idee, dafs der Schalarzt
den Eltern der krankbefnndenen Kinder Anleitung geben mflsse, wie sie
ihr Kind behandeln müfsten. Mit Emphase heischt er, dafs die Schulärzte
bleiben mögen, wie sie sind, d. h. Untersucher, aber niemals Behandler
der Schüler — „oder sie sollen nicht sein". Auf diesen Angriff erwidert
Habthann, dais er nicht die Behandlung der krankbefundenen Kinder
den Schulärzten zuschieben will, sondern einen „direkten Einflufs auf die
Behandlung der gefundenen Schäden and Leiden". Er gibt Mabb zu,
dafs sich das Bild von der Tätigkeit der Schulärzte jetzt gegen früher
geändert habe, weist aber Mabbs Angriffe gegen die ganze Einrichtung
als unberechtigt entschieden zurück und verweist auch auf tatsächliche
Erfolge, die gegenüber der Ausbreitung der Myopie, den Rückgratsver-
krümmungen und besonders den Ohrenleiden erzielt wurden.
Marb erwidert in No. 487, dafs der Schularzt überhaupt keine Macht
habe, die Behandlung zu beeinflussen; das Interesse der Schule, zu wissen,
ob die Schulrekruten gesund seien, gibt er zu, meint aber, die Schule
könne neben Geburts- und Impfschein eine Gesundheitsbeglaubigung beim
Schuleintritt verlangen, und in den Fällen, wo eine solche fehle, könne
sie der Armenarzt ausstellen. An die Erfolge, die Habtmann hervor-
bebt, glaubt Mabb nicht und sieht einen Nutzen nur, wenn die Zentral-
behörde gut hygienisch beraten wird, während Beaufsichtigung und Betrieb
hygienischer Einrichtungen von Lehrern und Schuldienern ebenso gut, wie
von Schulärzten versehen werden könne. Bei Verdacht auf Schwachsinn
oder Fehler in den Sinnesorganen, der schon bei längerem als zwei-
jährigem Verweilen in einer Volksschulklasse entsteht, untersuche in Hamburg
der Vertrauensarzt der Oberschulbehörde, um diese Kinder eventuell der
Hilfsschule für Sckwachbefähigte oder der Taubstummenanstalt zu über-
weisen. Doch bestehe in Hamburg für Schwachsinnige und Taubstumme
kein Schulzwang. (I!)
Habtmann erwidert nochmals mit Belegen für die Erfolge der schul-
ärztlichen Tätigkeit (Blezingebs schulärztliche Untersuchungen in Stadt
und Land, y^Württemb, Med. Carresp.-Bl,^ 1901, 44/45). Die Verquickung
der schulärztlichen Tätigkeit mit der armenärztlichen sei von den meisten
Stadtverwaltungen mit guten Gründen abgelehnt worden — , wohin sie
führe, beweise der Magdeburger Vorgang, auf den das von Mabb ange-
zogene Bild vom Schuhputzer passe. Die Hamburger Fürsorge sei unge-
nügend and Mabbs zu Grunde gelegten Annahmen seien irrig. Sach-
unkenntnis verrate die Behauptung von den geringen Erfolgen der Schularzt-
institution. Beweis dafür sei die Umwandlung von Provisorien in dauernde
Zustände, sei der einstimmige Beschluls der zumeist von Verwaltungs-
beamten und Pädagogen besuchten letzten Jahresversammlung des Allgem.
Deutechen Vereins für Schulgesundheitspflege, auf Anstellung von Schul-
ärzten in Stadt und Land bei Regierungen und Stadtverwaltungen hinzu-
wirken.
16 58
Da Mabb keine persönlichen Erfahrangen besitzt und ihm Hamburg
leider kein Beobachtungsfeld fQr die Tätigkeit \on Scbalärzten bietet, so
können seine theoretischen Bedenken und seine Meinungen die Erfahrungen
der Praxis und die Tatsachen nicht erschüttern. n^^A^j teurer Freund,
ist alle Theorie, und grün des Lebens goldner Baum.^ Ganz aulser acht
ist in dieser Debatte Mabb-Habtmann die segensreiche Tätigkeit der
Schulärzte gegenüber Verbreitung von Infektionskrankheiten in den Schulen
und durch die Schule gelassen. Dr. LANDAU-Nümberg.
Dienstordnungen fBr Schnlärzte.
Dienstordnung für die Schulärzte an den Volksschulen
der Stadt Aachen.^
Die Schulärzte haben in den ihnen anvertrauten Schulen den Gesund-
heitszustand der Schüler sowie die gesundheitlichen Verhältnisse der zur
Schule gehörenden Räumlichkeiten und Einrichtungen zu überwachen; sie
sollen ferner der Schul Verwaltung und den Lehrpersonen in Fragen der
Schulgesundheitspflege Auskunft erteilen.
Sie sind verpflichtet, alle in diese Aufgaben fallenden Aufträge des
Oberbürgermeisters der Stadt Aachen auszuführen.
Insbesondere liegt den Schulärzten folgendes ob:
§ 1-
Die Schulärzte haben die neueintretenden Schüler genau auf ihre
Körperbeschaffenheit und ihren Gesundheitszustand zu untersuchen , nm
festzustellen, ob sie einer dauernden ärztlichen Überwachung oder beson-
deren Berücksichtigung beim Schulunterricht (z. B. Ausschliefsung vom
Unterricht in einzelnen Fächern — wie Turnen und Gesang — , Anweisung
eines besonderen Sitzplatzes wegen Gesichts- oder Gehörfehlers u. s. w.)
bedürfen.
Aufser dieser, in den ersten 4 — 6 Wochen des Schuljahres vorzu-
nehmenden genaueren Untersuchung sollen die neueintretenden Schulkinder
in den ersten 8 Tagen bereits einer äufseren ärztlichen Revision unter-
zogen werden, behufs Ermittelung von übertragbaren Krankheiten und
Ungeziefer.
Über jedes untersuchte Kind ist ein dasselbe während seiner ganzen
Schulzeit begleitender „Gesundheitsschein" nach dem von der Stadtver-
waltung festgestellten Formular zu führen. Der Kopf dieses Formulars
ist durch den Klassenlehrer auszufüllen.
* In zuvorkommender Weise zur Verfügung gestellt vom Oberbürgermeister
der Stadt Aachen.
59 17
Erscheint ein Kind einer st&ndigen ärztlichen Überwachung bedflrftig,
80 ist dorch den Schularzt der Vermerk: „ärztliche Kontrolle^ auf der
ersten Seite oben rechts zu machen.
Die Spalte betr. »allgemeine Konstitution" ist bei der Aufnahme-
untersuchung ffir jedes Kiud auszufallen und zwar nach den Kategorien
qgut, mittel und schlecht*". Kinder, deren allgemeine Konstitution als
„schlecht" bezeichnet ist, sind so lange dem Schularzte bei jedem regel-
mäßigen Besuche desselben in der Schule (§ 2) vorzufahren, bis der
Schularzt sie ausdracklich auf ihrem Gesundheitsschein als dessen nicht
mehr bedflrftig bezeichnet. (Die Bezeichnung „gut" ist nur bei vollkommen
tadellosem Gesundheitszustand und „schlecht** nur bei ausgesprochenen
Krankheitsanlagen oder chronischen Erkrankungen zu wählen.)
Die Ergebnisse werden in den Gesundheitsschein eingetragen. Die
Spalten 6, 7, 8 werden nur im Bedürfhisfalle ausgefallt, wenn sich bei
der Aufnahmeuntersuchung oder im Laufe der späteren Schuljahre hierher
gehörige Fehler oder Erkrankungen herausstellen.
Die Wägungen und Messungen werden von den betr. Klassenlehrern,
welche sich dabei der Hilfe des Schuldieners bedienen können, zu Beginn
eines jeden Schulhalbjahres vorgenommen und in die betr. Spalte einge-
tragen. (Abrundung auf Vs cm und ^/4 kg.) Der Brustumfang wird vom
Arzte genaessen, jedoch nur bei Kindern, die einer Lungenerkrankung ver-
dächtig sind, oder deren allgemeine Konstitution im Gesundheitsschein als
„schlecht*^ bezeichnet ist.
§2.
In der ersten Woche eines jeden Monats, in welcher Unterricht statt-
findet, hält der Schularzt in der Schule Sprechstunde ab. Zeit: Vormittags
10 bis nicht Ober 12 Uhr. Hierzu ist dem Arzte ein freies Zimmer zur
Verfügung zn stellen. Die nähere Bestimmung dieses Tages erfolgt durch
Vereinbarung des Schularztes mit dem Hauptlehrer.
Wünscht der Arzt an einem anderen als dem verabredeten Tage die
Schule zu besuchen, so hat er dies mindestens 3 Tage früher dem Haupt-
lebrer mitzuteilen und mit demselben einen anderen Tag zu vereinbaren.
Bei unvorhergesehenen Behinderungen gilt der nächstfolgende Wochen-
tag als Besuchstag.
Die erste Hälfte der Sprechstunde dient zu einem Besuche mehrerer
Klassen während des Unterrichts.
Die Besuche sind so einzurichten, da£s jede Klasse 2 mal während
eines Schulhalbjahres besucht wird.
Bei diesen Besuchen werden sämtliche Kinder einer äufseren Revision
unterzogen; bei besonderen, zu sofortiger Besprechung geeigneten Beobach-
tongen wird von dem Lehrer Auskunft gefordert und ihm solche auf Ver-
langen erteilt.
Erscheinen hierbei einzebe Kinder einer genaueren Untersuchung
bedürftig, so ist diese nachher in dem ärztlichen Sprechzimmer vorzunehmen.
Gleichzeitig dienen diese Besuche auch zur Revision der Schullokali-
täten und deren Einrichtung, sowie zur Kontrolle über Ventilation, Heizung,
körperliche Haltung der Schulkinder etc.
18 60
Der Arzt wird bei seinem Besuche in den Klassen, bei seinen
Fragen n. s. w. alles vermeiden, was der Autorität des Lehrers in den
Augen der Schiller nachteilig sein könnte. Wenn er Veranlassung hat,
auf Schäden aufmerksam zu machen oder Wflnsche auszusprechen, so soll
das nicht Tor den Schfllem geschehen.
Den zweiten Teil der Sprechstunde bildet die genauere Untersuchung
der zu diesem Zwecke vom Schularzte zurflckgestellten, sowie der demselben
Ton den Lehrern aus besonderer Veranlassung (KrankheitsYerdacht etc.)
zugeführten Kinder der nicht besuchten Klassen.
Die Gesundheitsscheine sämtlicher zur Untersuchung kommenden Kinder
sind von dem Klassenlehrer dem Arzte yorzulegen. Fflr Benachrichtignng
der übrigen Klassen und Zuführung der betr. Kinder zu sorgen, ist Sache
des Hauptlehrers.
§3.
Die ärztliche Behandlung erkrankter Schulkinder ist, abgesehen Ton
der ersten Hilfe in NotfäUen, nicht Sache des Schularztes als solchem.
Erscheint eine Behandlung notwendig, so sind die betr. Eltern hiervon
zu benachrichtigen. Die Benachrichtigung der Eltern ist Sache des
Klassenlehrers.
§4.
Erscheint dem Schularzte die Untersuchung eines Schulkindes durch
einen Augen- oder einen Nasen-, Ohren-, Mund-, Kehlkopfspezialisten
angezeigt, so hat er das betreffende Kind dem hierfür von der Schulver-
widtung bezeichneten Spezialarzte zu überweisen. Der Spezialerzt hat die
Untersuchung nur auf besonderen Antrag des Hauptlehrers in der Schule,
anderenfalls in seinem Geschäftszimmer auszuführen.
§ 6.
Der Schularzt ist verpflichtet, auch aulserhalb der regelmäßigen
Sprechstunden in dringlichen Fällen, insbesondere beim Verdacht einer
ansteckenden Krankheit sowie bei Unföllen, auf Antrag des Hauptlehrers
in der Schule zu erscheinen und seine Tätigkeit auszuüben, auch in solchen
Fällen den ihm vom Lehrer zugeschickten Schulkindern Untersuchung und
— soweit nötig — erste Hilfe zu teil werden zu lassen.
Die behördlichen Vorschriften über das beim Auftreten ansteckender
Krankheiten zu beobachtende Verfahren bleiben durch diesen § unberührt.
§6.
Die Gesundheitsscheine sind in den betr. Klassen in einem dauerhaften
Umschlage aufzubewahren und bleiben, solange sie nicht von dem Ober-
bürgermeister eingefordert werden, in der Schule.
Die Scheine mit dem Vermerk „Ärztliche Kontrolle" sind dem Arzte
bei jedem Besuch in der Klasse vorzulegen. Tritt ein Kind in eine
andere Schule übefr, so ist sein Gesundheitsschein dahin in geschlossenem
Briefumschläge von dem Hauptlehrer zu übersenden.
61 19
§7.
Die Schnl&rzte haben mindeetens je einmal im Sommer- und im
Winterhalbjahr die Schnllokalitäten and deren Einrichtangen zn revidieren.
Über die hierbei — wie bei den sonstigen Besuchen gelegentlich — be-
obachteten M&ngel der zn überwachenden RAnme, Einrichtungen und Gegen-
stande, sowie Unzutr&glichkeiten in der Handhabung der Reinigung, Lüf-
tung, Heizung und Beleuchtung, femer über die etwa an diese Beobachtungen
zu knüpfenden Vorschläge erstatten die Schulärzte ungesäumt Bericht an
das Oberbürgermeisteramt.
§ 8.
Ein Recht zu selbständigen Anweisungen an die Lehrpersonen, sowie
an die Schuldiener, steht den Schulärzten nicht zu. Glauben sie, dafs
seitens der genannten Personen den von ihnen in Bezug auf die Behand-
lung der Kinder oder die Hygiene der SchuleinrichtuDgen gemachten Vor-
schlägen nicht in genügender Weise Rechnung getragen wird, so ist hier-
über ebenfalls Bericht an das Oberbürgermeisteramt zu erstatten.
In dringlichen Fällen können die betreffenden Mitteilungen auch münd-
lich zn Protokoll erklärt werden.
§9.
Behufs Erreichung eines gleichartigen und möglichst zweckmäßigen
Vorgehens treten die Schulärzte mindestens einmal jährlich und zwar nach
Schlnla eines jeden Schn^ahres, femer so oft zu einer Besprechung zu-
sammen, als der Oberbürgermeister sie hierzu einladet. Bei diesen Be-
sprechungen werden die vom Oberbürgermeister an die Gesamtheit der
Schulärzte gerichteten Fragen besprochen, femer die gemachten Erfahrangen
ausgetauscht und die etwa bei der städtischen Schulverwaltung anzuregen-
den Maßnahmen von allgemeiner Bedeutung erörtert. Die Schulärzte
wählen fär diese Besprechungen in der am Schlüsse eines jeden Schul-
jahres stattfindenden Konferenz für das folgende Schuliahr einen Vorsitzen-
den ans ihrer Mitte, welcher in Tätigkeit tritt, soweit nicht der Ober-
bürgermeister oder sein Stellvertreter den Vorsitz ergreift. Der Vorsitzende
kann die Konferenz der Schulärzte auch während des Schuljahres berufen ;
von dem Orte und der Zeit des Zusammentretens ist dem Oberbürger-
meister rechtzeitig Mitteilung zu machen. Auf Fragen in schulgesundheit-
lichen Angelegenheiten, welche der Oberbürgermeister an die Gesamtheit
der Schulärzte gerichtet hat, erteilt der Vorsitzende nach stattgehabter Be-
ratung die Antwort.
§ 10.
Die Schulärzte haben bis zum 1 5. Mai jeden Jahres über ihre Tätig-
keit und ihre hierbei gemachten Erfahmngen in dem abgelaufenen Schul-
jahre einen schriftlichen Bericht dem gemäfs dem vorigen Paragraphen
gewählten Vorsitzenden einzureichen.
Der letztere hat diese Einzelberichte mit einem kurzen übersicht-
lichen Gesamtbericht bis zum 1. Juni dem Oberbürgermeister vorzulegen.
Bei der Aufstellung der Berichte sind insbesondere folgende Punkte zu be-
rücksichtigen :
20 62
1. Übersichtliche Znsammeiistellang der Resultate bei den Unter-
suchungen der Aufnahmeklasseu,
2. Zahl der abgehaltenen Sprechstunden bezw. ärztlichen Besuche der
Klassen,
3. Anzahl und Art der wichtigeren Erkrankungsfälle, die in den
Sprechstunden zur Untersuchung gekommen sind,
4. etwa erfolgte besondere ärztliche Anordnungen,
5. Anzahl der an die Eltern gesandten schriftlichen ,, Mitteilungen"
und deren Erfolg,
6. Anzahl der unter „ärztlicher Kontrolle^ stehenden Schulkinder,
7. summarische Angabe der im Laufe des Schu^ahres gemachten
Ausstellungen hinsichtlich der Schuleinrichtungen sowie der Hand-
habung der Hygiene.
§ 11.
Yerlässt ein Schularzt aufserhalb der Schulferien auf länger als eine
Woche die Stadt, oder ist er durch Krankheit oder andere unabwendbare
Gründe an der Wahrnehmung seiner Obliegenheiten verhindert, so hat er
den Oberbflrgermeister rechtzeitig hiervon zu benachrichtigen und fttr kosten-
lose Vertretung zu sorgen.
§ 12.
Für die Mühewaltung erhalten die Schulärzte aus der Stadtkasse eine
Vergütung, welche vierteljährlich nachträglich denselben ausgezahlt wird.
§ 13.
Die Annahme der Schulärzte erfolgt auf unbestimmte Zeit mit dem
jedem Teile zustehenden Rechte der vierteljöhrlichen Kündigung. Sollte
ein Schularzt die Erfüllung seiner Dienstobliegenheiten verweigern, so kann
der Oberbürgermeister das Vertrags Verhältnis sofort auflösen.
§ 14.
Der Oberbürgermeister behält sich vor, diese Dienstordnung abzu-
ändern oder zu erweitern.
Aachen, den 1. April 1901.
Der Oberbürgermeister.
In Vertretung:
HERTZOa.
Zusendungen und Zuschriften werden erbeten: für die Zeitschrift an
Herrn Prof. Dr. Fr. Erismann in Zürich, Plattensir. 37, speeieü für den
Schularzt an Herrn Hofrat Dr. med. P. Schubert in Nürnberg, Fleisch-
brücke 10^ direkt oder durch die Verlagsbuchhandlung Leopold Voss in
Hamburg.
Jritfidnft fir Si||«l0rfin)ilirit0|iflf0r.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 2.
(ArtstnaU^aniluiiseii.
Die Entwicklimg der Schnlant-IxiBtitatioiL in Deutschland
und der Schnlant in BoBtock.^
Von
Dr. Wbx- Rostock.
Im Laufe der letzten Jahre haben sich die Magistrate fast aller
grOiseren Städte Deutschlands mit der sogenannten „Schularztfrage^
beschäftigt. Während nnr vereinzelte Stadtverwaltungen sich der
Anstellung von Schulärzten gegenüber ablehnend oder abwartend
verhielten (Bremen, Stettin, Frenzlau, Karlsruhe, Mühlhausen), ist
jetzt in 60 bis 80 deutschen Städten diese Institution eingeführt
worden. Da dürfte es wohl an der Zeit sein, nun auch in Rostock,
welches nach dem Ergebnis der letzten Volkszählung 1900 in der
Reihe der deutschen Städte an 61. Stelle steht, der Schularztfrage
nfther zu treten.
Bevor jedoch Vorschläge gemacht werden, die speziell auf
Rostocker Verhältnisse zugeschnitten sind, sei es zum Verständnis
der ganzen Bewegung gestattet, einiges über deren geschichtliche
Entwicklung, über die Schwierigkeiten, die sich der Einführung der
Schulärzte entgegenstellten, und über deren Aufgaben und Tätigkeit
Torauszuschicken. Femer müssen auch noch auf Grund der bisher
gemachten fjrfahrungen die Abschnitte: Organisation, Unkosten und
Gehalt, Grenzen der schulärztlichen Tätigkeit, wer soll Schularzt
werden? und endlich die Erfolge besprochen werden.
^ Wo im Text als LiteratnraDgabe nur Zahlen (z. B. Ol, 10, 627) an
gegeben sind, besehen rieh dieselben aaf Jahrgang, Heft and Seitenzahl der
„ZeÜMhrifi für Sekulgnundkeitapfltge^,
SehulgeBundheitspfleffe. XVI. 4
64
Als Material zu dieser Arbeit standen mir neben einer Anzahl
von Lehrbüchern und Broschüren hauptsächlich die verschiedenea
Jahrgänge dieser Zeitschrift zur Verfügung. Femer haben mir die
Magistrate von 40 Städten auf eine bezügliche Bitte die Dienst-
anweisungen, Formulare und ihre sonstigen, die Sohularztinstitutioii
betrefiPenden Drucksachen bereitwilligst zur Verfügung gestellt oder
einzelne hierauf bezügliche Fragen beantwortet.
I.
Die Entwicklung der Schularztfrage ist nicht an den Namea
eines einzelnen Mannes oder einer Stadt geknüpft, sie ist vielmehr,
einem inneren Bedürfnis entspringend, in mehreren Städten and
Ländern unabhängig voneinander aufgetaucht. Schon am Ende des
18. Jahrhunderts machten sich Bestrebungen geltend, welche dahin
zielten, Übelstände zu beseitigen, die der Gesundheit der Schüler
drohten, nur wollte man dazumal die Hilfe der Polizei hierfür in
Anspruch nehmen.^
Aus der ersten Hälfte des vorigen Jahrhxmderts ist besonders
der sogenannte „LoRiNSEB-Schulstreit^ über die Überbürdungsfrage
bekannt geworden (hervorgerufen durch das Buch des Medizinalrat
Dr. LoBiNBEB in Oppeln: „Zum Schutze der Gesundheit in den
Schulen**).
Dieser Streit zog sich, ohne ein praktisches Ergebnis zu haben,
durch viele Jahre hindurch, litt aber, ebenso wie spätere Bestrebungen
ähnlicher Art, an ofifensichtlichen Übertreibungen und machte es
dadurch den Gegnern leicht, mit Gegenbeweisen erfolgreich auf-
zutreten.
Obwohl immer wieder das Verlangen nach sanitärer Über-
wachung der Schulen laut wurde,' obwohl sie von keinem geringeren
als ViBCHOW 1869 in einer Broschüre: „Über gewisse, die Gesund-
heit benachteiligende Einflüsse der Schulen^ gewünscht wurde,' kam
man in Deutschland nicht über theoretische Erwägungen hinaus.
^ RoLLEB : Das Bedürfnis nach Schulärzten filr höhere Lehranstalten. S. 6
und 7. — Sepp : Über die Anstellung von Schulärzten (Verhandl. d. Vereins f.
öfifentl. Gesundheitspflege in Magdeburg. 1901. S. 2. — Gohn: Die Schularztfrage
in Breslau (Zeitachr, f. SchtOgesundheitspfl, 1898. Heft 11. S. 580).
* Sohübmeyer: Handbuch der Medizinalpolizei, Erlangen 1848. — Pappbiv-
hbih: Handbuch der Sanitätspolizei, Berlin 1868. — Falk: Die sanitätspolizei-
liehe Überwachung höherer und niederer Schulen, Leipzig 1868.
' ZeiUcTw, f, SchulgesundJieitapfl, 1898. Heft 11. S. 680.
65
Auch Disknaeionen auf den Natarforscherversammlnngen und den
Versammlungen des deutschen Vereins für öfiFentliche Gesundheits-
pflege fahrten nicht weiter.
EiTst als im Jahre 1880 der Breslauer Ophthalmologe Professor
Hermann Cohn mit seinen gründlichen und umfassenden Augen-
untersQchungen Breslauer Schulkinder auf der Naturforsoherversamm-
lung vor die breitere Öffentlichkeit trat und schlagend nachwies, wie
in der Schule die Kurzsichtigkeit klassenweise erheblich zunimmt,
kam ein firischerer Zug in die Angelegenheit; weite Kreise inter-
essierten sich für die erschreckenden Zahlen, und überall wurden
Nachprüfungen angestellt, die zu dem gleichen Ergebnis führten.
Bald dehnte man die ursprünglichen Augenuntersuchungen auch auf
die Untersuchungen anderer Organe aus und kam zu ähnlichen
Befanden.
Leider geriet die so rührige Bewegung durch einen gewissen
Übereifer einiger ihrer Vertreter, die nach einem „Schularzt mit
diktatorischer Gewalt" riefen, teilweise wieder ins Stocken, weil
dieser Ruf einen Sturm der Entrüstung, vor allem in Lehrerkreisen,
entfesselte.
Doch die Behörden waren aufmerksam geworden ; aus einzelnen
Städten kam die Nachricht, „dafs man für Schulangelegenheiten dem
Magistrate ein sachverständiges ärztliches Mitglied beigeordnet habe''.
Aus diesem ursprünglichen ärztlichen Beirat, der natürlich bei der
grofsen Anzahl von Schulen und Schülern keine so umfassende
Tätigkeit entwickeln konnte, wie man es von ihm wünschen mufste,
entstand daiin allmählich der Schularzt, wie wir ihn heute kennen.
Für diesen ist die Einrichtung von Schularztstellen in Wies-
baden grundlegend und vorbildlich geworden. Dort wurde im Jahre
1896 auf Betrieb des Stadtrats Professor KAiiLE ein geordneter
schulärztlicher Dienst eingeführt, es wurden anfangs versuchsweise
vier und im nächsten Jahre endgültig sechs Schulärzte angestellt.
Die günstigen Berichte über diese Einrichtung veranlafsten im Jahre
1898 den Kultusminister von Bosse, eine Ministerialkommission
nach Wiesbaden zum Studium des Schularztdienstes zu entsenden,
welche nach einem langen und eingehenden Bericht ihr Urteil über
die dortige Einrichtung dahin zusammenfafste: j^Die bisherigen Er-
fahrungen haben bewiesen, daüs die Anstellung von Schulärzten für
Volks- und Mittelschulen einen nicht zu unterschätzenden Nutzen
für die Schule und Schüler bietet, dais dieselbe mit den Schul-
zweoken wohl vereinbar und unter gleichen oder ähnlichen Verhält-
4*
66
nissen wie in Wiesbaden ohne grö&ere Schwierigkeit praktisch
durchführbar ist. Insbesondere ist nach dieser Untersuchung hervor-
zuheben, daJs die bekannten, gegen den, Schularzt erhobenen Be-
denken, die man auch in Wiesbaden gehegt hatte, durch die Er-
fahrung nicht bestätigt sind.*^ — Es ist daher nur zu wünschen, dafe
das dankenswerte Vorgehen der städtischen Behörden in Wiesbaden
zahlreiche Nachahmung finden und dafs damit die fortschreitende
Entwicklung unseres preulsischen Schulwesens auf diesem für die
Volksgesundheit so wichtigen Gebiet der Schularzteinrichtung end«
gültig gesichert werden möge.^
Seitdem sind in ca. 65 deutschen Städten Schulärzte nach
Wiesbadener Muster angestellt.
Es würde natürlich zu weit führen, die schulärztlichen Verhält-
nisse auTserdeutscher Staaten hier zu besprechen, doch mag erwähnt
werden, daiis die nordischen Länder lange vor Deutschland mit der
Einführung von Schulärzten begonnen haben. Es gibt heute solche
in Schweden, Norwegen, Dänemark, Österreich, Italien, Galizien, der
Schweiz, Frankreich, England, Schottland, Belgien, Ungarn, Serbien
und, aufserhalb Europas, in Japan, Ägypten, den Vereinigten Staaten,
Argentinien und Chile.
In Schottland und Bulsland hat man schon Schulärztinnen, und
in den Vereinigten Staaten ist sogar ein Neger als Schularzt an-
gestellt.
n.
Wir könnten jetzt mit Fug zur Besprechung der Aufgaben und
der Tätigkeit des Schularztes übergehen, wollen aber die Besprechung^
des Widerstandes und der Schwierigkeiten, die sich ihm
entgegenstellten, sowie der Einwände, die gegen seine Anstellung
gemacht wurden, vorweg nehmen und deren Grundlosigkeit
beweisen. Es empfiehlt sich diese Anordnung einmal, weil sie dena
historischen Verlauf der Dinge entspricht, sodann, weil die gleichen Ein-
wände, wie sie überall dort mit photographischer Treue wiederkehren,
wo in Versammlungen oder in Magistratsberatungen die Schularzt-
frage zur Diskussion stand, voraussichtlich auch in Bestock wieder-
kehren werden, endlich aber, weil der Widerstand immer seinen
Grund hatte in der Unkenntnis dessen, was eigentlich der Schularzt
soll und will.
^ SoHLOOKOW, Der Kreisarzt. Bd. I. S. 261.
67
Ja, was ist denn eigentlich dieser Scfialarzt, nnd was bedeutet
er? ünsoholdige Gremüter, sagt Dr. SEPP-Magdebnrg in einem Vor-
trag über die Anstellnng von Sohnlärzten (1. o. S. 5), verlangten Tom
Soholarzt, er solle ganz nene Lehren der Sohnlgesnndheitspflege auf-
stellen, er solle neue Grundsätze über das Einfallen des Lichtes,
über Lage der Sohulhäuser, Erneuerung der Luft geben, er solle
neue Regeln der Körperhaltung schaffen, kurz, er solle etwas neues,
noch nicht dagewesenes bieten. Andere stellen sich unter dem Schul-
arzt einen Mann vor, der in das Innere des Schullebens mit eiserner
Faust eingreift und dem Schulleiter und -Lehrer allerhand Yor-
Bchnften machen kann. Andere wieder glauben, dafs der Schularzt
in der Schule eine Art Poliklinik einrichten und den praktizierenden
Ärzten Konkurrenz machen wolle. Nichts Yon alledem ist zutreffend.
Aber aus diesen unklaren Vorstellungen heraus, die noch genährt
werden durch zu weitgehende Forderungen einzelner übereifriger
Vorkämpfer, und aus dem gegenseitigen Miüsverständnis zwischen
Ärzten und Schulmännern erwuchsen der guten Sache grimmige
Gegner.
Da waren es zuerst und am heftigsten die Lehrer, die dem
Schularzte Opposition machten. Man fand in ihren Kreisen vielfach
die Befürchtung ausgesprochen, es werde in den Schulärzten eine
neue Aufsichtsbehörde geschaffen, ein Polizeibüttel oder Inspektor in
die Schule gebracht, und als wollten die Ärzte sich anschicken, ein
Gebiet zu erobern, welches ihnen fremd sei und das sie doch nicht
beherrschen könnten.^ So äuTserte sich in der Magdeburger Schularzt-
debatte Dr. phil. BiiATH (1. c. S. 11), dais in der Beihe der Lehrer
eine Abneigung gegen jeden Eingriff in die Rechte und Pflichten der
Pädagogen weit verbreitet sei. Daneben her ginge das Bewulstsein
der Lehrer, durch ihre langjährige Erfahrung und bei dem täglichen
Verkehr mit den Schülern einen Blick für die notwendigen hygie-
nischen Mafsregeln erworben zu haben. Bei der gleichen Gelegen-
heit verlangte der Lehrer Weber (1. c. S. 12), im Interesse des
Erziehungsideales müsse die Lehrerschaft fordern, dafs die Hand-
habung der Schulgesundheitspflege in vollem ümfiang den Lehrern
übertragen würde, nicht Ärzten. Ähnliche Ansichten wurden überall
verfochten: in Berlin gab 1893 in der Stadtverordnetenversammlung
Direktor Dr. Sohwalbe (93. 2. 80) sein Urteil dahin ab, dafs der
Gesundheitszustand der Schüler vollauf befriedige; die Lehrer seien
^ Hasküsb, Neue Bahnen. 1899. Heft 10.
68
im stände» die Kontrolle wirksam zu üben, jeder Eingriff in die
inneren Verhältnisse der Schule sei zorüokzn weisen ; und der Stadt-
schulrat Dr. Bertram erklärte die beantragte Anstellung von Schul -
ärzten für ein MiJstrauensYotum gegen die Schuldeputation: „Waa
würde die Annahme des Antrages nach auTsen hin für einen Ein-
druck machen?" (93. 2. 80). Auch die Direktoren der Braun-
schweigischen Gymnasien verhielten sich, 1893 zur Meinungsäuüserung
aufgefordert, ablehnend, da der Beweis nicht erbracht sei, dais der
Mangel an Schulärzten irgendwie nachteilig auf den Gesundheits-
zustand der Schüler gewirkt habe. Dagegen versuchten sie nach-
zuweisen, dafis die Anstellung von Schulärzten entbehrlich sei
(93. 12. 88).
So beurteilte man noch vor wenigen Jahren, hauptsächlich aus
Unkenntnis, die Schularzt&age. Nun ist es interessant, zu verfolgen,
wie mit dem weiteren Bekanntwerden seines Zweckes und seiner
segensreichen Tätigkeit die Feinde des Schularztes allmählich zu
seinen Freunden wurden. Während noch 1897 die Idee von der
Anstellung spezieller Schulärzte auf der ganzen Linie der Berliner
Lehrerschaft die entschiedenste Bekämpfung fand (98. 4/5. 276),
unterbreitete diese schon 1899 den beteiligten Behörden Grundsätze
über die Aufgaben des Schularztes (99. 8/9. 535). Ihr befangener
Standpunkt kennzeichnet sich dabei allerdings noch durch die Auf-
stellung des Schiulissatzes: ^Der Schularzt hat nicht die Stellung
eines Vorgesetzten''. Auch anderswo verliels die Lehrerschaft ihren
ablehnenden Standpunkt; sie sah ein, dals sie bei allem Interesse
doch nicht im stände sei, ohne Mitwirkung des ärztlichen Standes
die Forderungen der modernen Hygiene in der Schule zu erfüllen.
Man mulste es daher mit Freuden begrüfsen, wenn gerade in einer
Stadt wie Bremen, wo die Behörden sich ablehnend verhielten, die
Lehrerschaft 1901 einstimmig die Resolution annahm: Die Schule
bedarf zur vollkommeneren Verwirklichung ihrer Aufgaben der Mit«
arbeit der ärztlichen Wissenschaft, d. h. eines für die Schulhygiene
vorgebildeten Schularztes (Ol. 10. 627). Direktor SEEHAüSEN-Marburg
kommt in seinem Referat auf dem XI. hessischen Städtetage 1900
zu dem Schluls, dais auch er von seinem Standpunkt als Lehrer die
Anstellung von Schulärzten für wünschenswert halte, nachdem die
auswärtigen Erfahrungen ergeben hätten, dafs der Schulbetrieb von
der Tätigkeit der Schulärzte nur günstig beeinflulst werde und Mifs-
helligkeiten ausgeblieben seien (00. 8/9. 474). So ist auch in dem
Bericht über die schulärztliche Tätigkeit in Darmstadt 1899 aus-
69
drücklioh auf das gute Einyemehmen zwischen Ärzten nnd Lehrern
hingewiesen: «Ejs hat sieh hier wie überall gezeigt, dafs die theo-
retischen fiefbrohtnngen» es könne durch die Tätigkeit des Arztes
die Stellung und das Ansehen der Lehrer geschadigt werden, sich
in der Praxis durchaus nicht verwirklichen, und es ist schwer er-
klärlich, daÜB von manchen Seiten immer wieder dieser Einwand an-
gefahrt wird. Der Lehrer soll die Empfindung haben, dals durch
die EinfOhrung des Schularztes die eigene angreifende und verant-
wortliche Stellung nicht erschwert, sondern erleichtert wird**
(99. 11. 641).
Treffend ruft Ewald in der „Berüner Minischen Wochenschrift''
(1899. No. 49) dem widerstrebenden Lehrer zu: „et tua res agitur*";
es ist auch für den Lehrer nicht gleichgültig, ob er einen groiSran
Teil seines Lebens in gut gelüfteten und gereinigten, richtig tempe-
rierten und hell beleuchteten Bftumen zubringt oder unter entgegen-
gesetzten Verhältnissen; es ist auch für den Lehrer nicht gleichgültig,
ob ihm die Beurteilung der Leistungen seiner Schüler und die
Möglichkeit eines regelrechten Fortschrittes der Klasse erschwert wird
durch psychische Fehler und chronische oder akute Störungen ein-
zelner, die zu erkennen und zu bewerten nicht dem Pädagogen,
sondern dem Arzte zufällt (99. 5/6. 335).
Ein neuer G^ichtspunkt zu Ghinsten des Schularztes ist seit
der Einführung des Bürgerlichen Gesetzbuches hinzugekommen durch
die Frage: »Wie steht es mit der Haftpflicht des Lehrers für die
ihm anvertrauten Kinder?^ Diese Frage hat schon mehrfach die
Gerichte beschäftigt; sie ist zwar noch nicht abgeklärt, doch wird
es dem Lehrer lieb sein, einen Teil der Verantwortung auf die
Schultern anderer legen zu können.
Ganz wunderbar mutet es einem an, wenn man hört, dals
Arzte dort Protest einlegen, wo es sich um die Erweiterung der
ärztlichen Tätigkeit handelt, wo ihnen ein Feld neuen Schaffens
bereitet werden und ihnen eine neue Einnahmequelle entspringen
soll. Und doch ist dies der Fall gewesen, und zwar auch hier aus
Unkenntnis der tatsächlichen Verhältnisse, aus MiTsverstehung der
Aufgaben und der Wirkung des Schularztes. Sein oberster Grund-
satz ist „Phrophylaxe", und nicht, wie man anfangs meinte, „Therapie".
Aus diesem Mibverständnis heraus und in der Furcht, der Schularzt
könne, wenn er die Kinder in der Schule behandele, sich an die
Familien herandrängen, erhoben Berliner Äfzte energischen Einspruch
(98. 4/5. 276). Sie fanden bald darauf in der Wiener medieinischen
70
Wochenschrift folgende Abfertigung: „Ärztliche Kreise fürohien, es
könne die Tätigkeit des Schularztes das freie Arbeitsfeld des prak-
tischen Arztes noch mehr einengen, als dies schon die Kassengesetz-
gebung getan hat. Eine solche Befürchtung erscheint sehr kleinlich
und ist nur zu sehr geeignet, das Ansehen der Ärzte noch mehr zu
schädigen, als es schon jetzt der Fall ist.^
Ein Verdrängen der pHausärzte** ist übrigens aus dem Grunde
schon gänzlich ausgeschlossen, als der Schularzt, wie schon erwähnt,
nur Prophylaxe und nicht Therapie treibt und ihm eine Behandlung
der Schulkinder überall untersagt ist. Wie viele von den Familien,
deren Kinder der Schularzt zu untersuchen bekommt, haben übrigens
einen „Haus^'arzt?? Eine Kollision mit diesem ist auch aus dem
weiteren Grunde gänzlich ausgeschlossen, als die „Gesundheits-
scheine'', von denen später die Rede sein wird, ebensogut yon einem
anderen Arzte ausgefüllt werden können. Wollen also die Eltern
aus irgend einem Grunde ihr Kind nicht vom Schularzte untersuchen
lassen, so ist es den Hausärzten unbenommen, die verlangte Unter-
suchung vorzunehmen und den vorschriftsmäfsigen Schein auszufüllen.
Durch diese Bestimmung ist ein für allemal dem Vorwurf die
Spitze genommen, dafs die Schulärzte den praktischen Ärzten Kon-
kurrenz machen. Sogar das Gegenteil davon ist der Fall, denn der
Schularzt führt ihnen neue Patienten zu. Er soll die Eltern auf
die Krankheiten der Kinder aufmerksam machen und sie veranlassen,
zur Heilung dieser Leiden die Hilfe der praktischen Ärzte nach-
zusuchen.
Wo man diese Punkte den Ärzten auseinandergesetzt und sie
über die Tätigkeit des Schularztes aufgeklärt hat, da sind auch sie
warm für die Schularztinstitution eingetreten; so hat unter anderem
der Deutsche Ärztetag einstimmig erklärt, daüs die bisherigen Er-
fahrungen die Einsetzung von Schulärzten allgemein als dringend
erforderlich erscheinen lassen.
^Ein neuer, schon jetzt möglicher Weg zur Bekämpfung der
Kurpfuscherei ist die Einführung von Schulärzten^, schreibt Dr. med.
KEissia- Hamburg im Ärzü- VereinsbhU 1900, No. 416, und be-
richtet zum Beweise hierfür über einen Aufsatz eines früheren Theo-
logen, jetzigen Inhabers einer Erziehungsanstalt, welcher sich energisch
gegen die überflüssige und unnütze Einführung von Schulärzten
sträubt: ^Wir vom Stabe der Naturheilbewegung müssen diese Art
der Reform erst recht tief beklagen an ein Vordringen der
nichtmedizinischen Richtung ist in Schulkreisen nicht mehr zu
71
denken jede andere Ansicht als die des Schularztes ist dann
verpönt." Also der Schularzt ist schädlich, weil er der Kurpfuscherei
getehrlich werden könnte. „Mehr brauchen wir nicht zu wissen",
schreibt Dr. med. Reissig daran anknüpfend, „um noch energ;i8cher
als zuvor für die Schulärzte in die Schranken zu treten^ (00.
10. 573).
Eine dritte Gruppe von Widersachern fand der Schularzt in
den Architekten und Baubeamten. Sie warfen ihm zwar nicht
öffentlich den Fehdehandschuh hin und nahmen nicht einen so er-
bitterten Kampf gegen ihn auf, wie es die Lehrer taten, hielten ihn
aber doch, wenigstens soweit seine Tätigkeit die Hygiene der Schul-
hansbauten betraf, f&r durchaus überflüssig. Sie sagen, dafs alle
Fragen über die Hygiene des Schulhauses in ihren Lehrbüchern be-
antwortet ständen und dafs überall gesetzliche und behördliche Be-
stimmimgen über Bau und Einrichtung der Schulräume gegeben
seien. Diese Bestimmungen nehmen nun aber, wie Schübebt (99.
8/9. 466) richtig bemerkt, vielfach einen Standpunkt ein, der viel-
leicht vor zwanzig Jahren als berechtigt gelten konnte, jetzt aber
in manchen Teilen überholt ist.
Femer fürchten diese Elemente eine Verzögerung, wenn der
Schularzt ihnen in ihre Pläne hineinredet, ihnen, die doch über ähn-
liche Bauten eine viel eingehendere praktische Erfahrung haben.
Letzteres zugegeben, wird ihnen aber doch wohl der Bat eines Mannes
nicht immer unwillkommen sein, der in der Hygiene zum mindesten
ebenso Fachmann, vom Standpunkte des Arztes sein Urteil abgibt.
Dann werden nicht solche Fehler vorkommen, wie sie Schübebt
(99. 8/9. 470) in der Kritik eines neugebauten Nürnberger Gym-
nasiums schildert, die er mit den Worten schlieist; „Dafs infolge-
dessen unabsehbare Generationen von Schülern in diesen neuerrich-
teten Räumen durch unheilbaren Lichtmangel der Kurzsichtigkeit
zugeführt werden, das beweist doch recht augenftUig, wie sehr der
Staat für seine Schulen einen ärztlichen Beirat nötig hat^. Kommt
derartigen „unheilbaren*' Schäden gegenüber nun wirklich eine kurze
Verzögerung in Betracht, die durch Zuziehung des Ar2tes vielleicht
einmal entstehen könnte? Nur selten wird übrigens der Schularzt
in die Lage kommen, Pläne für Neubauten begutachten zu müssen,
denn neue Schulen entstehen nicht alle Tage, wohl aber ist das
wahre Feld seiner bauhygienischen Tätigkeit in der Durchführung
der notwendigen schultechnischen Veränderungen und Verbesserungen
in schon bestehenden Schulen gegeben.
72
Da sind ihm die Teohoiker nur dankbar und haben nie Wider-
spruch gegen ärztliche „EinmischuDg^ erhoben.
Die letzte Gruppe von Gegnern sollen angeblich die Eltern
sein. Sie kann schnell erledigt werden, denn so oft auch von Seiten^
die dem Schularzt feindlich gesinnt waren, die Frage aufgeworfen
ist: was werden die Eltern dazu sagen? können die sich einen
solchen Eingriff in die Rechte und Pflichten des Hauses gefallen
lassen? ist doch tatsächlich niemals von elterlicher Seite Protest er-
hoben. Wollen diese ihr Kind nicht vom Schularzt untersuchen
lassen, so steht es ihnen ja auch frei, einen anderen Arzt damit zu
betrauen und zu bezahlen.
Wohl haben vereinzelt Eltern auf die Mitteilung, ihr Kind
habe Ungeziefer, dies in einer Form bestritten, die ihrem Bildungs-
grade entsprach, gegen die Sohularztinstitution als solche sich jedoch
nicht aufgelehnt.
in.
Bei den vorstehenden Besprechungen ist die Aufgabe und
Tätigkeit des Schularztes mehrfach gescreift. Im nachstehenden
sollen seine Aufgaben näher präzisiert werden, wobei an der Hand
der verschiedenen Dienstanweisungen gezeigt werden wird, wie er
seine Tätigkeit ausübt. Dieselbe erstreckt sich auf:
a) Hygiene des Unterrichtes,
b) „ „ Schulgebäudes und seiner Einrichtungen,
c) „ ^ Schulkindes.
a) Die Hygiene des Unterrichtes zer&llt wiederum in
zwei Unterabteilungen, die der Lehrmethode und der Lehrmittel.
Erstere handelt von der Aufstellung des Stundenplanes, der
zweckmälsigen Verteilung des Lehrstoffes, der richtigen Abwechslung
zwischen schweren und leichten Stunden, der Verteilung körperlicher
Anstrengungen und geistiger Arbeit, der Zahl der Unterrichtsstunden,
Länge der Pausen, Dmfang der häuslichen Arbeiten, Stunde des
morgendlichen Schulbeginns, Handhabung des Turnunterrichts, femer
von der Heftlagerung mit der Bestimmung ob Steil- oder Schräg-
schrift u. s. w. — Die Hygiene der Lehrmittel betrifft die Über-
wachung der Unterrichtsmaterialien, als : Druck der Bücher, Liniierung
der Hefte, Farbe der Linien, Beschaffenheit von Papier, Tinte,
Zeichenmaterialien, Kreide (enthält bisweilen Arsenik I) und der-
gleichen mehr.
Der Ansicht vieler Schulmänner, dafs die Regelung dieser
Punkte ihr ureigenstes Gebiet sei, ist eine gewisse Berechtigung
73
nicht abzusprechen, aber auch nur für den Fall, daDs der Arzt hierin
ein selbständiges Verfbgnngsrecht beanspruchen sollte. Er will aber
der Schulleitung nur als sachverständiger Berater zur Seite
stehen, und das Lehrerkolleg, das, allerdings in wohlmeinender Ab-
sicht, nur allzu oft geneigt ist, in seinen Ansprüchen an die Lei-
stungen der Schulen zu weit zu gehen, von der Bedeutung und
Notwendigkeit einer streng durchgeführten Hygiene des Geistes
überzeugen. Gerade die mangelhafte Regelung der oben aufgeführten
Punkte war es ja, die den Ruf nach Schulärzten laut werden lieJs,
die in der Form der Überbürdungsfrage seit Jahrzehnten die ein-
schlägigen Kreise beschäftigt. Bis heute ist die Überbürdungsfrage
noch nicht entschieden, sie kann auch nur durch Zusammengehen
und gemeinsames Arbeiten von Ärzten und Schulmännern ihrer
Lösung näher gebracht werden, will man sich nicht von vornherein
auf den Standpunkt von Hippels stellen, welcher mit den Worten
»Bildung und Kenntnisse lassen sich nun einmal nicht erwerben
ohne eine gewisse Schädigung des Körpers" die Flinte einfach ins
Korn warf (98. 11. 695).
Während nun RoLLEB-Darmstadt (1. c. S. 31 u. 32) es von dem
Willen des Direktors abhängen lassen will, ob er das Gutachten
des Arztes in Sachen der Hygiene des Unterrichtes entgegennehmen
will oder oicht, wünscht EsiSMANN-Zürich, dais der Direktor hierzu
verpflichtet werde. £!r könne vielleicht durch die Verhältnisse
gezwungen werden, anders zu bestimmen, als der Arzt es rät, müsse
dann aber seine Motive angeben.
So berechtigt gewifs der Wunsch des Schularztes nach Beteili-
gung an der Hygiene des Unterrichtes ist, vermifst man doch in den
meisten Dienstanweisungen Berücksichtigung desselben. Nur in den
Dienstanweisungen von Aachen, Bonn, Charlottenburg, Danzig,
Flensburg, Königsberg und Offenbach findet sich mit geringer Modi-
fikation der Passus: „Die Schulärzte haben den Leitern und
Lehrern der Schulen in schulhygienischen Fragen die nötige Aus
kunft zu erteilen^.
Ist somit dem Schularzt gar nicht oder nur in beschränktem
Mafse eine direkte Mitwirkung bei der Hygiene des Unterrichtes
gestattet, so bleibt es ihm natürlich trotzdem unbenommen, Mifs-
stände, auf die er trifft, in den alljährlichen Berichten, deren An-
fertigung zu seinen Pflichten gehört, oder auf den schulärztlichen
Konferenzen zu besprechen und so zwecks Abstellung zur Kenntnis
der Behörde zu bringen.
74
Eine weitere Einwirkung auf die Hygiene des Unterrichtes ist
den Schnlärzten dadurch gegeben, dafs fast alle Dienstanweisungen
sie verpflichten, alljährlich in den Lehrerkonferenzen Vorträge über
die wichtigsten Kapitel der Schulgesundheitspflege zu halten. Diese
Vorträge, auf die ich nicht näher eingehen will, sind, besonders von
der Lehrerschaft stürmisch verlangt, ein gutes Zeichen für das Liter-
esse der Lehrer, sowie fär ihr Bedürfnis nach Belehrung in Sachen
der Schulhygiene. Es kann daher nur dringend empfohlen werden,
derartige Vorträge in den wenigen Städten, wo sie noch nicht gehalten
werden, nachträglich einzuführen, zumal in ihnen dem Schularzt
Gelegenheit gegeben ist, sich im Gebiete der Dnterrichtshygiene er-
folgreich zu betätigen.
b) Der Hygiene des Schulhauses und seiner Einrich-
tungen sind dickleibige Bücher gewidmet. Alle dabei in Betracht
kommenden Fragen hier erörtern zu wollen, würde weit über den
Rahmen dieser Arbeit hinausgehen. Daher sei (an der Hand des
Kapitels: „Ärztliche Schulrevision " in EüLENBuna- Bachs Schul-
gesundheitslehre) nur über den Umfang der schulärztlichen Tätigkeit
einiges kurz gesagt.
Bei Neubauten kommt die Wahl des Bauplatzes hinsichtlich
Lage, Beschaffenheit und Umgebung, femer bei der Aufstellung des
Planes die zweckmäfsige Berücksichtigung aller hygienischer Mo-
mente in Betracht. Sodann sind die Mauern, Fundamentierung
betreffs Abhaltung der Bodenluft; und des Grundwassers, die Anlage
der Schornsteine, Fenster und Korridore, die Konstruktion der
Decken und Fufsböden in hygienischer Beziehung zu beurteilen.
Um dies tun zu können, bedarf es physiologischer Kenntnisse, die
man nur bei einer ärztlichen Durchbildung voraussetzen kann. So-
dann bezieht sich die schulärztliche Tätigkeit sowohl bei Neubauten,
als auch bei schon bestehenden Schulen auf das Trinkwasser, die
Beschaffenheit der Luft, der natürlichen wie der künstlichen Be-
leuchtung, auf die Sitzraumfläche und die Subsellien, die allgemeine
Reinlichkeit, die Heizung und Ventilation, die Beschaffenheit der
Bedürfnisanstalten, die Turnhallen, Spielplätze und Schulgärten.
Hiermit ist aber die Mitwirkung des Schularztes bei der Hygiene
der Gebäude und seiner Einrichtungen durchaus nicht erschöpft, er
wird vielmehr, kraft seiner hygienischen Vorbildung, sowie seiner
anatomischen und physiologischen Kenntnisse, noch bei vielen anderen
Fragen in die Lage kommen, dem Lehrer ratend zur Seite zu stehen.
Daher wird letzterer, auch wenn ihm der jetzt vielfach von ihm
75
and fbr ihn geforderte Unterricht in Sohnlhygiene zu teil geworden
ist, nie der Mitwirkung des Arztes entbehren können, ebensowen^
wie der Arzt bei der Handhabung und Ausftihrang der schnl-
hygienischen Yorsohrifien des Lehrers entbehren kann. Damit ist
für die Ausübung der schulärztlichen Tätigkeit ein wichtiger Finger-
^^ gegeben: es soll der Schularzt immer im Verein mit
dem Lehrer, nie ohne ihn gehen. Nur so werden beide ihr
hohes Ziel, die Heranbildung an Körper und Geist gesunder Staats-
bürger, erreichen; nur dann kann das Ideal Montesquieus, dafs
die Schulen nicht einen Leib und einen Öeist, sondern einen
Menschen erziehen sollen, in Erfüllung gehen.
Ebenso wie mit den Lehrern, soll der Schularzt mit den Bau-
beamten Hand in Hand gehen. Die Königsberger Dienstanweisung
war die erste, welche dem Schularzt bei den zweimal im Jahre
Yorznnehmenden Untersuchungen aller Schulräume die Zuziehung
des städtischen Baubeamten vorschrieb. Die Anwesenheit dieses
Beamten hält Professor vox Esmargh (99. 7. 376) für ganz besonders
zweckmäisig und er empfiehlt deshalb die Aufnahme dieser Be-
stimmung in andere Dienstanweisungen. „Einmal wird Edch dadurch
die Durchführung nötiger schultechnischer Veränderungen und Ver-
bosserungen merklich vereinfachen und beschleunigen lassen, sodann
werden Schularzt wie Baubeamter bei dieser Gelegenheit von ein-
ander lernen können. Ich habe wenigstens öfters den Eindruck
gehabt, dafs dies tatsächlich der Fall gewesen ist.*'
Die yersohiedenen Dienstanweisungen regeln die Tätigkeit
der Schulärzte bei der Hygiene des Schulhauses dahin, dafs sie
erstens ^mindestens einmal im Winter und einmal im Sommer die
SchttUokalitäten und deren Einrichtungen zu revidieren haben. Die
Hierbei, wie bei den sonstigen Besuchen gelegentlich gemachten
Beobachtungen über die Beschaffenheit der zu überwachenden Gegen-
stände, sowie über die Handhabung der Keinigung, Lüftung, Heizung,
Beleuchtung und die etwa an diese Beobachtung sich anschlieisenden
Vorschläge sind von den Schulärzten in das für diesen Zweck bei
dem Schulleiter aufliegende Buch einzutragen.*' Ob diese Revisionen
nun vom Schularzte allein oder gemeinsam mit dem Baubeamten
und Direktor geschehen, darüber bestimmen die verschiedenen Dienst-
anweisungen verschieden; zu empfehlen wäre jedenfalls eine ge-
meinsame Besichtigung. — Zweitens dienen die Besuche, welche
der Schularzt gelegentlich der sogenannten „ Sprechstunden*' den
einzeben Klassen abstattet, „auch zur Revision der Schullokalitäten
76
und deren Einrichtungen, sowie zur Kontrolle tiber Ventilation,
Heizung u. s. w.*^ Es werden nämlicH alle 14 Tage in der zweiten
Hälfte der Sprechstunde einige Erlassen während des Unterrichtes
besichtigt, derart, dafs jede einzelne zweimal während des Halbjahres
an die Reihe kommt; so in Wiesbaden, Erfurt, Kassel, Königsberg,
Eriedrichshagen, Elmshorn, Schöneberg, Chemnitz, Frankfurt a. H.,
Flensburg, Offenbach. Eine alle vier Wochen wiederkehrende Sprech-
stunde und somit eine einmalige Besichtigung jeder einzelnen Klasse
haben Posen, Dresden, Plauen, Gharlottenburg, Leipzig, Breslaa,
Nürnberg, Danzig, Aachen und Bonn eingeführt. Dabei steht dem
Schularzt ein B.echt zu selbständigen Anweisungen an die Schulleiter
und -lehrer, sowie an die Pedelle und sonstigen Schulbediensteten
nicht zu. Olauben die Arzte, dafs den von ihnen in Bezug auf die
Hygiene der Lokalitäten gemachten V^orschlägen nicht in genügender
Weise Rechnung getragen wird, so bringen sie ihre bezüglichen
Beschwerden bei den zuständigen Behörden vor. Am Schlüsse jedes
Kalender- bez. Rechnungsjahres haben die Schulärzte in ihren Be-
richten auch eine summarische Angabe über ihre Beanstandungen
bezüglich Lokalitäten und dergleichen einzureichen.
c) Der Schwerpunkt der schulärztlichen Tätigkeit liegt in der
Hygiene des Schulkindes. Während in den beiden ersten
Abschnitten von den Mafsnahmen die Rede war, welche der Ge-
samtheit der Schulkinder zu gute kommen, handelt dieser von den
Mafsnahmen, welche zum Wohle des einzelnen Individuums getroffen
werden sollen. Die Notwendigkeit einer gesundheitlichen Über-
wachung der Einzelnen ist vielfach in Zweifel gezogen; ich gebe
deshalb einige Zahlen, welche das Verhältnis der gesunden und
kranken Kinder, sowie die Häufigkeit der einzelnen Erkrankungs-
formen erkennen lassen, im nachstehenden wieder.
1. Allgemeiner Gesundheitszustand.
Wiesbaden 45,7 % gut, 45,6 mittel, 8,7 schlecht
Offenbach (00. 1. 26) 20 7o „ 71,4 „ 8,6 „
Darmstadt (99. 1 1. 640) 26,3 7o „ 68,6 „ 5,1 „
Charlottenburg (Ol. 11. 668) 11,6 7o „ 84,5 „ 4,0 „
Leipzig (Ol. 11. 690) 54 7o „ 46,0 bedürfen d. Behandl.
Schweden (95. 12. 293) 39 7o gesund, 61 % krank [Sohul-
mädchen der wohlhabenden Gesellschaftsklassen]
Boston (97. 2. 104) von rund 15000 Kindern 9200 krank.
77
2. Erkrankungen der Augen.
Wiesbaden 13,6 % augenkrank inkl. Sehstörung.
Offenbach 7,4% » » »
Leipzig 25,9% . «
München: Kurzsichtigkeit steigt von 16,5% im fünften auf
54 % im zwölften Schuljahre (Dr. Segoel, 94. 5. 284).
London: in den Elementarschulen haben 60% nicht normale
Brechkraft (Dr. Alpoet, 98. 1. 36).
Vereinigte Staaten: in den öffentlichen Schulen betrftgt die
Durchschnittszahl der Kurzsichtigen 30%.
3. Erkrankungen von Hals, Nase, Ohren und dergl.
Wien : bei 2500 Kindern leiden 96,6 % (I) in den unteren und
68,3 % in den oberen Klassen an geschwollenen Hals-
drüsen (Dr. Yolland).
London: 10% aller Schulkinder leiden an Schwellung etc. der
Rachentonsillen.
Leipzig: 17,7% haben mangelhaftes Hörvermögen, 11,9%
Rachenerkrankungen.
4. Skoliose, Rachitis.
Wiesbaden: 7,6% Skoliose.
München: 33% Rachitis (Dr. Bbunneb 93. 3. 153).
Dresden : Skoliose steigt von 14,5 % im achten auf 32 % im
sechzehnten Lebensjahr (94. 5. 293).
Aus diesen Zahlen ergibt sich mit Notwendigkeit das Verlangen,
sowohl die gesunden, wie auch diejenigen Kinder, die an irgend-
welchen E^rankheiten oder Fehlern leiden, mit einiger Sicherheit
Yor den schädlichen Einflüssen der Schule oder vor gegenseitiger
Ansteckung zu bewahren. Dies kann aber nur durch eine regel-
m&fsige Untersuchung aller Kinder beim Eintritt in die
Schule und durch Wiederholung der Untersuchung in be-
stimmten Zwischenräumen ermöglicht werden. Durch eine
genaue Feststellung des Gesundheitszustandes jedes einzelnen Kindes
kann auch der Neigung des Publikums, jede zufällig während des
schulpflichtigen Alters auftretende Krankheit der Schule zur Last
zu legen, am besten die Spitze genommen werden. Die anfangs
fragwürdige Durchführbarkeit solcher Untersuchungen ist, wie bereits
erwähnt^ in Wiesbaden zuerst praktisch bewiesen und sie sind seitdem
78
überall eingeführt worden, wo man Schalärzte anstellte. Man hat mit
Bezug auf diese Seite der Tätigkeit des Schularztes von „ Schüler ''-
Ärzten oder „Hausärzten der Schule" (freilich ohne Befugnis der
ärztlichen Behandlung) gesprochen, (of. Ej^auss, Bericht über die
Schularztfrage.)
Nur durch diese individuellen Untersuchungen können den
Kurzsichtigen und Schwerhörigen richtige Plätze angewiesen werden,
können ünterleibsbrüche gefunden und beim Turnen entsprechend
berücksichtigt werden; nur auf diese Weise kann die „dilatative
Herzschwäche der Kinder^ diagnostiziert werden, auf deren Be-
deutung Mastiub^ die Schulärzte aufs eindringlichste hinwies. Nur
so ist es möglich, für die „Hilfsschulen für Schwachbegabte^, die
jetzt überall im Entstehen sind, das richtige Material zu finden.
Gerade auf die psychiatrische Tätigkeit des Schularztes muiüs Gewicht
gelegt werden, denn in Bezug auf die richtige Erkenntnis von
Geistesschwäche und Geistesstörung wird heutzutage in den Schulen
noch viel gesündigt, da die Geistesstörungen bei Kindern häufiger
sind, als man anzunehmen geneigt ist. (94. 11. 593.) Gedanken-
flucht, Zwangsideen und Halluzinationen, das moralische Irresein
und die pathologische Lüge werden als Unaufmerksamkeit, Unge-
zogenheit und Verworfenheit gedeutet, bestraft und verschlimmert.*
Diesen und vielen anderen Erkrankungen, speziell der habi-
tuellen Skoliose, den Augen- und Ohrenkrankheiten (Trachom und
Bachentonsille), der Tuberkulose und — last not least — der Läuse-
sucht soll die Aufmerksamkeit und Tätigkeit des Schularztes ge-
widmet sein.
In dem oben erwähnten Bericht an den Kultusminister von
Bosse wird femer hervorgehoben, „dafs diese Untersuchungen die
Möglichkeit bieten, den Ausschluls von Kindern mit ansteckenden
Krankheiten, Krätze, Ungeziefer und dergleichen rechtzeitig zu be-
wirken, die Hineintragung von AnsteckuDgskeimen in die Schul-
räume, die Infektion anderer Kinder zu verhindern und der Not-
wendigkeit eines hierdurch öfters herbeigeführten Schulschlusses er-
folgreich vorzubeugen (Sohlockow, 1. c. S. 239).
^ Verhandlangen d. XVII. KongresBee f. innere Medizin n. Berliner ÄrEte-
Eorrespond. 1901. No. 18.
' Cassel, „Was lehrt die Untersuchung der geistig minderwertigen Schul-
kinder?" Berlin 1901. — Laqubb, „Über schwachsinnige Schulkinder.* Halle
1902. — Baüb, „Das kranke Schulkind."" Stuttgart 1902. Femer 94. 11. 6^3.
79
Auf Gnmd der yersoliiedenen Dienstan Weisungen haben die
Schnlftrzte die neueintretenden Schäler genau auf ihre Körper-
besohaffenheit und ihren Gesundheitszustand zu untersuchen, um
festzustellen, ob sie einer dauernden ärztlichen Überwachung oder
besonderer Berücksichtigung beim Schulunterricht bedürfen.
AuJser dieser, in den ersten vier bis sechs Wochen des Schul-
jahres Torzunehmenden genauen Untersuchung sollen die neu ein-
tretenden Schulkinder in den ersten zwei bis drei Tagen bereits
einer ftulseren ärztlichen Revision unterzogen werden, behufs Er-
mittelung von übertragbaren Krankheiten und Ungeziefer.
Über jedes untersuchte Kind ist ein dasselbe während seiner
Schulzeit begleitender „ Gesundheitsschein " auszufüllen. Erscheint
ein Kind einer ständigen ärztlichen Überwachung bedürftig, so ist
der Vermerk „ärztliche Kontrolle" auf der ersten Seite oben rechts
zu machen. Die Spalte betreffend „ allgemeine Konstitution" ist
bei der Aufnahmeuntersuchung für jedes Kind auszufüllen, und
zwar nach den Kategorien „gut", „mittel" und „schlecht".
Kinder, deren allgemeine Konstitution als „schlecht" bezeichnet
ist, sind solange als unter ärztlicher Kontrolle stehend zu behandeln,
bis der Schularzt sie ausdrücklich auf ihrem Gesundheitsschein als
dessen nicht mehr bedürftig bezeichnet.
Die anderen Rubriken werden nach Bedürfnis ausgefällt.
In derselben Weise haben die Schulärzte sämtliche Schüler des
dritten, fünften und achten Jahrgangs zu untersuchen. Es ist hierbei
besonders zu beachten und zu vermerken, ob und in welcher Weise
früher bemerkte Erkrankungen sich geändert haben. Die Gesamt-
konstitntion und deren Änderung ist in jedem Falle anzugeben.
Alle 14 Tage — wenn ansteckende Krankheiten auftreten auch
häufiger — hält der Schularzt an einem mit dem Schulleiter vorher
verabredeten Tage (z. B. dem ersten und dritten Donnerstag des
Monats) in der Schule „Sprechstunde" ab. Zeit: vormittags 10 bis
12 Uhr. Hierzu ist dem Arzt ein eigenes Zimmer zur Verfügung
zu stellen.
Die erste Hälfte der Sprechstunde dient zu einem je 10 bi&
15 Minuten dauernden Besuche von 2 bis 6 Klassen während des
Unterrichts. Jede Klasse soll zweimal während eines Halbjahrs
besucht werden. Dabei werden sämtliche Kinder einer äuiseren
Revision unterzogen; bei besonderen, zu sofortiger Besprechung ge-
eigneten Beobachtungen wird von dem Lehrer Auskunft gefordert
und ihm solche auf Verlangen erteilt.
Sehnlgesundheitspflege. XVI. 5
80
Erscheinen hierbei einzelne Kinder einer genaueren ünter-
snehnng bedürftig, so ist diese nachher in dem ärztlichen Sprech-
zimmer Yorzanehmen.
Ans pädagogischen Rücksichten wird vom Arzt erwartet, dais
er hierbei jedes Blolsstellen eines Lehrers vor der Klasse in takt-
ToUer Weise vermeidet.
In der zweiten Hälfte der Sprechstunde sind etwa erforderliche
genauere Untersuchungen vorzunehmen.
Auch sind hierbei Kinder aus anderen, an dem Tage nicht
besuchten iOassen dem Arzte zuzuführen, besonders bei Verdacht
auf ansteckende Krankheiten.
Die Gesundheitsscheine sämtlicher zur Untersuchung kommender
Kinder sind vom Klassenlehrer dem Arzte vorzulegen ; der betreffende
hat, wenn irgend angängig, bei der ärztlichen Untersuchung zugegen
zu sein.
Erscheint eine ärztliche Behandlung erkrankter Schulkinder
notwendig, so sind die betreffenden Eltern davon zu benachrichtigen.
Denselben bleibt die Wahl des Arztes überlassen, doch dürfte sich
der Hinweis auf erforderliche spezialistische Behandlung in geeig-
neten Fällen empfehlen.
Die G-esundheitsscheine sind in den betreffenden Klassen (unter
Verschlufsl) aufzubewahren. Die Scheine mit dem Vermerk „ärzt-
liche Kontrolle*' sind dem Arzt bei jedem Klassenbesuch vorzulegen.
Tritt ein Kind in eine andere Schule über, so ist sein Gesundheits-
schein dahin durch den Schulleiter zu übersenden.
Die Schulärzte haben endlich auf Antrag des Schulleiters einzelne
Kinder in ihrer Wohnung zu untersuchen, aber nur, um festzustellen,
ob Schulversäumnis gerechtfertigt ist.
Vorstehende Ausführungen sind grölstenteils der Wiesbadener
Dienstanweisung im Auszug entnommen; in ähnlichem Sinne sind
auch alle übrigen Dienstanweisungen, soweit die Hygiene des Schul-
kindes betroffen wird, gehalten.
(Schlafs folgt im nächsten Heft.)
81
Über die OefUirlichkeit der Schnltinte.
Von
Dr. med. B. Hetmann,
AssiBtent am hygienischen Institut za Breslaa.
Im Febmar 1901 verö£EentliohteD die Schweüferischen Blätter für
Gesundheitspflege unter der Überschrift „Über die Greffthrlichkeit der
Schnltinte" folgende Warnung vor der Schnltinte:
„Wie eine bakteriologische Yersnchsanstalt anläMioh ünter-
snchnngen von Tinten auf deren schädliche Bestandteile festgestellt hat,
finden sich in den meisten Tinten Schimmelpilze und andere gesund-
heitsschädliche Bakterien massenhaft vor. Namentlich in solchen,
welche nach jedesmaligem Gebrauch nicht sogleich wieder zugedeckt
werden. Kleine Tiere, wie Meerschweinchen, Mäuse und Ratten etc.,
welchen solche Pilze eingeimpft wurden, gingen schon nach wenigen
Tagen zu Orunde. Hieraus erklären sich die traurigen Vorkomm-
nisse, wo unbedeutende Stiche mit einer in Tinte getauchten Feder
Blutvergiftungen und den Tod der betreffenden Person zur Folge
hatten. Viele Kinder haben nun die üble G-ewohnheit, die Tinten-
feder in den Mund zu nehmen und sogar abzulecken, wodurch die
Pilze und Bakterien durch den Speichel in den Magen gelangen und
dort, wenn auch nicht direkt eine Blutvergiftung verursachen, so
doch den Keim zu Erkrankung legen können. Andere gedenken,
wenn sie in der Schule oder zu Hause einen Tintenklex ins Heft
gemacht haben, die Sache dadurch in Ordnung zu bringen, dais sie
ibn sogleich ablecken. Daher ist es Pflicht der Lehrer und auch
der Eltern, ihre Kinder schon früh auf die Schädlichkeit, ja Giftig-
keit mancher Tinten aufmerksam zu machen und ihnen jene Unarten
bei Zeiten abzugewöhnen. **
Die Belehrung wurde von der 2jeitschrift für Schulgesundheits-
pflege (Bd. XIV, S. 185) abgedruckt und, unter Berufung auf die
letztere, seitens der Regierung zu Minden zum Gegenstand einer, im
AmfUchen Schdhlatt (5. Jahrgang, No. 3) bekannt gegebenen Ver-
fügung erhoben, in welcher den Lehrern zur Pflicht gemacht wurde,
die Kinder vor einer gesundheitsschädlichen Verwendung der Schul-
tinte nach Möglichkeit zu bewahren.
6*
82
Dieser Erlais wurde alsbald anch in den Tageszeitungen Mindens
yeröffentlicht, fand von da seinen Weg in zahlreiche weitere Blätter
nnd erweckte allenthalben lebhaftes Interesse nnd nicht geringe Be-
sorgnis. In medizinischen Elreisen aber mnfste man sich fragen, wie
es möglich gewesen sei, eine so ernste Gefahr bisher gänzlich zu
übersehen. Dieselbe eingehender nachzuprüfen, schien hiernach eine
dringende Anfgabe. In diesem Sinne habe ich auf Anregung von
Herrn Prof. Flügge die Literatur nach bisher vorliegendem, dies-
bezüglichem Material durchgesehen und einige Versuche angestellt,
über deren Ergebnisse im folgenden kurz berichtet werden soll.
Nach Ausweis der umfangreichen Literaturberichte von Baum-
GABTEN, Koch u. a. scheint bisher über die vorliegende Frage nur
eine einzige Arbeit, von Mabpkann,^ vorhanden zu sein. Ahnlich
wie der Erlais knüpft; der Verfasser an die, im AnschlulB an Schreib-
federstiche nicht selten eintretenden, schweren Blutvergiftungen an
und geht ihrer Ursache mittels bakteriologischer Untersuchung von
Tintenproben nach. Die hierbei eingehaltene Technik war folgende:
Eine mittels eines brennenden Zündhölzchens ausgeglühte Platinnadel
wurde in die zu untersuchende Tinte eingetaucht und dann in ein
mitgebrachtes festes Gelatineröhrchen einmal eingestochen. Dasselbe
wurde zu Hause — oft erst am folgenden Tage — im Wasserbade
verflüssigt, die gut gemischte Probe in ein Kulturschälchen aus-
gegossen, bis zu acht Tagen im Brutschrank gehalten und schlie&lioh
die Zahl der in dieser Zeit entwickelten Kolonien festgestellt. Ihre
Menge gestattet nach Mabpmann insofern eine quantitative Schätzung
der in der Tinte vorhandenen Keime, als „ein dünner Platindraht
höchstens 2 mg des Cntersuchungsmaterials enthält, wenn man nicht
au tief eintaucht".
Das Ergebnis dieser Untersuchungen war, dafs sich in 67 Proben
von Eisen-Gallus-Tinten fanden:
Penicillium glaucum 67 mal,
Aspergillus flavus 12 „
Eurotium repens 3 „
Mucor racemosus 18 „
Mucor mucedo 29 „
Briaria elegans 2 „
^ Mabpmann : Über das Vorkommen von Bakterien und Pilzen in Schreib-
nnd Schultinten. Mitteilunfifen aus Mabpmakns bakteriologischem Laboratorium
in Leipzig. CentraJblatt für Bakteriologie. Abt. L Bd. XXL
83
Oidinm albam 11 mal
Hefe 6 ^
aufserdem „mehr oder weniger Bakterien oder Mikrokokken^.
In weiteren elf Sohultinten ans Nigrosin fanden sich anch
Schimmelpilze und Bakterien; desgleichen in einer B«ihe blauer und
roter Tinten. Von sieben Blauholz-Chromsäuretinten, die weiterhin
untersucht wurden, werden nähere Angaben nicht gemacht.
Eiine genauere Bestimmung der beobachteten Bakterienarten ist
in der Arbeit nicht enthalten. Nur wird angegeben, dafs Mikro-
kokken und Sarcinen, ebenso die Gelatine yerflüssigenden Bacillen
selten vorkamen, dagegen yorzugsweise zur Gruppe des Elartoffel-
baoillus gehörige Formen.
Bezüglich der Pathogenität der gefundenen Bakterien wird
berichtet, daüs aus einer, drei Monate lang offenstehenden Nigrosin-
tinte zweimal ein zu der Proteusgruppe gehöriger Bacillus gezüchtet
wurde, der, auf Mäuse verimpft, den Tod der Tiere in vier Tagen
herbeiführte. Weitere pathogene Bakterien wurden nicht gefunden.
Gleichwohl £afst MABPMAiof das Ergebnis seiner Untersuchungen
dahin zusammen, „dals die am Eingang erwähnten Blutvergiftungen
auf pathogene Bakterien zurückzuführen sind, die sich in den ver-
schiedensten Tinten entwickeln können^, daüs daher die mafsgebenden
Persönlichkeiten diese Gefahr nicht unbeachtet lassen und womöglich
zur Beseitigung derselben das einmalige Aufkochen der Schultinte
verfugen möchten.
Es bedarf für den Sachverständigen kaum einer ausführlichen
Begründung, wenn ich Mabpmanns Versuchsanordnung ebensowenig
einwandsfirei nenne, wie die aus seinen Ergebnissen gezogenen Schlüsse.
Es sei nur kurz hervorgehoben, daJs die oft stundenlange Auf-
bewahrung der beschickten Gelatineröhrchen bereits vor Anlegung
der Zählplatte zur Keimvermehrung führen und dafs andererseits
die ausschliefsliche Verwendung von Gelatine und die hierdurch be-
dingte niedrige Brüttemperatur der Entwicklung gerade der hier be-
sonders interessierenden Mikroorganismen hinderlich sein mufste. Wir
werden also mit der Möglichkeit einer fehlerhaft gesteigerten
Menge von Mikroorganismen mit niedrigem Temperaturoptimum,
und einer fehlerhaft verringerten Menge von Mikroorganismen mit
höherem Temperaturoptimum zu rechnen haben. Hält man sich
aber trotzdem an die von Marpjicann gewonnenen Resultate, so muis
die Tinte weit eher für ungefährlich als für schädlich erachtet werden.
Vor allem wurden gerade Kokken, unter denen wir ja die wesent-
84
liebsten Erreger von Blutvergifiangen zu suchen liaben, nnr in
geringer Zahl angetroffen und von den wenigen gefundenen Arten
wurde keinerlei Pathogenität nachgewiesen. DaTs sich von anderen
Bakterien zweimal in Nigrosintinte eine für ^äuse (in welchen Dosen?)
tödliche Proteusart fand, ist nichts Auffälliges, da diese Bacillen-
gruppe eine außerordentliche Verbreitung hat, sich u. a. auch viel-
fach im Munde gesunder Menschen findet, und trotz dieser zahl-
reichen Infektionsmöglichkeiten, denen gegenüber eine Infektion durch
Tinte fast wie ein Kuriosum erscheint, Proteuserkrankungen höchst
selten beobachtet sind.
Was aber zweitens die von Mabpmann gefundenen Schimmel-
pilze anlangt, so ist unter ihnen allein von dem Aspergillus flavus
eine schädliche Wirkung bei intravenöser Injektion übergrofser Mengen
sporenhaltigen Materials auf Tiere bekannt, während die Aufnahme
vereinzelter Sporen für Tiere und Menschen völlig unschädlich ist.
Zudem mub seine angebliche Entwicklung auf Gelatineplatten be-
rechtigten Zweifeln begegnen. Vermutlich hat gar nicht der Asper-
gillus flavus, dessen Temperaturoptimum bei 28^, also über dem
Schmelzpunkt der Gelatine, liegt, sondern irgend ein anderer, ihm
ähnlicher, auch für Tiere ganz harmloser Schimmelpilz vorgelegen
Aus alledem ergibt sich, dais Mabpmanns Versuche zu völlig un-
richtigen Vorstellungen von der Gefährlichkeit der Schultinte führen.
Ob in der Schultinte wirklich gelegentlich oder häufliger Infektions-
erreger enthalten sind, das mufs durch neue Versuche entschieden
werden. Solche Versuche habe ich in folgender Weise angestellt:
Mittels steriler, an langen Stahlsonden befestigter und in sterilen
Aeagenzröhrchen eingeschlossener Wattetupfer, wie sie von der
Diphtherieuntersuchungsstation des hiesigen hygienischen Instituts
zur Entnahme von diphtherieverdächtigem Material zur Ausgabe ge-
langen, wurden in zahlreichen Klassen mehrerer Schulen Proben aus
den Tintenfäischen ohne Berührung ihres Randes entnommen und
möglichst bald (spätestens nach zwei Stunden) auf Glycerinagar-
platten ausgestrichen. Dieselben wurden zunächst drei Tage lang
bei 37® Brüttemperatur, sodann noch mindestens sieben Tage bei
Zimmertemperatur gehalten und die entwickelten Kolonien nach Art
und Zahl bestimmt. Die Tintenfäfschen, aus denen die Proben ent-
nommen wurden, standen fast sämtlich in Vertiefungen der Tisch-
platte, welche mit Klappdeckel verschliefsbar waren. Nur die Tinten-
fischen auf den Kathedern entbehrten häufig diesen Deckel und
wurden dann stets auch zur Untersuchung herangezogen.
85
Die so untersuchten Tinten hatten verschiedene Herkanft. Da
den Sohnlrektoren lediglich ein gewisser Preissatz für die an ihren
Anstalten zur Verwendung kommende Tinte yorgeschrieben, im
übrigen aber freie Wahl über die Qualität derselben gelassen ist, so
stellen meine Tintenproben eine Beihe verschiedenartiger Präparate
dar, deren genauere Zusammensetzung auch dem Lieferanten un-
bekannt, deren Analyse aber, wie Elsneb in der „Praxis des ChemUcers*^
sagt, eine aufserordentlich schwierige und undankbare Aufgabe ist.
Immerhin dürfte ihre Bereitung und Zusammensetzung bezüglich der
uns hier wesentlich interessierenden Punkte nach den Angaben des
umfangreichen y^Neuen pharmaceuHschen Manuals" von Eugen
DiSTEBiCH nur in mäJsigen Grenzen schwanken. Nach Elskeb sind
die Schultinten vorzugsweise Blauholztinten, welche nach E.Dibtebioh
in folgender Weise hergestellt werden: 200,0 g Blauholzextraktlösung
▼erdünnt man mit 500,0 Wasser, erhitzt im Dampfbad auf ca. 90^ C.
und setzt tropfenweise eine Losung von 2,0 Kaliumdiohromat, 50,0
Chromalaun, 10,0 Oxalsäure in 150,0 Wasser zu, erhält die Tempe-
ratur von 90^ C. noch eine halbe Stunde, füllt bis 1000 Wasser
anf und setzt noch 1,0 Karbolsäure zu. Nach zwei- bis dreitägigem
Stehen gieCst man die klare Flüssigkeit ab und füllt auf Flaschen.
AuJser diesem, unter dem Namen „Schultinte^ oder „tiefschwarze
Kaisertinte" in den Handel kommenden Präparate führt Dieteilich
als weitere, vielverbreitete Tinte noch die „Schwarze Anilin-Schreib-
tinte'' oder „Schwarze Schultinte'' an. Ihre Herstellung geschieht
derart, dals 20,0 Phenolschwarz B mit 60,0 kaltem, destilliertem
Wasser übergössen, zwei Stunden stehen gelassen und dann mit
20,0 g Pulverzucker unter Zusatz von 1,0 Karbolsäure, 0,5 reiner
Schwefelsäure und 900 Wasser bis zur völligen Lösung verrieben
werden.
Wie ich durch mannigfache Umfragen in Erfahrung bringen
konnte, wird in den hiesigen Schulen hauptsächlich die Kaisertinte
benutzt. Von vornherein wird man, wenigstens für die frische Tinte,
ihrer Bereitung und Zusammensetzung nach annehmen dürfen, dafis
infolge der langen Einwirkung hoher Hitze auf das Gemisch und
infolge seines Gehaltes an desinfizierenden Mitteln die Zahl der
Mikroorganismen nur eine geringe sein wird. In der Tat erwies sich
frische Blauholztinte als völlig steril. Selbst gröfsere Mengen (fünf
bis zehn Tropfen) lieben in Gelatineguis- oder Glycerinagar*Ausstrich-
platten keinerlei Keime aufgehen.
Ein entsprechend günstiges Ergebnis hatten nun auch die aus
86
den Schulzimmern entnommenen Tinteoproben: Von 24, aus
Klassen versohiedener Schulen entnommenen Proben
blieben 22 bei der Anfbewahrnng im 37^ C. warmen Brut-
schrank völlig steril; die zwei anderen Platten wiesen je eine
Kolonie zn den gewöhnlichsten Luftbakterien gehöriger Keime auf.
Nach Entfernung der Platten aus der hohen Temperatur und bei
weiterer Beobachtung und Zimmertemperatur kamen auf drei
Platten noch vereinzelte, auf fünf Platten sehr zahlreiche Schimnael-
pilze zum Vorschein. Dieselben bestanden ausschlieMich in Peni-
cillium glaucum.
Da Mabpmann bei seinen Versuchen vorzugsweise Oallus-Tinten
benutzt bat, so wurden weiterhin auch diese zur Untersuchung heran-
gezogen. Ihre Bereitung geschieht aus Gallusäpfelextrakt oder Tannin
und krystallisierter Gallussäure unter Zusatz von Eisensalzen. Zur
Konservierung wird l%o Karbolsäure beigefugt. Nach den Grund-
sätzen für amtliche Tintenprüfung vom 1. August 188 [y^Mitteilungen
aus den Kgl. technischen VerstichsanstaUen IdSS*") haben die zu Doku-
menten verwendbaren Tinten mindestens 30 g Gerb- und Grallus-
säure und 4 g Eisen pro Liter zu enthalten. Sohlüttio und Neu-
mann haben in ibrer, im Auftrage der Tintenfabrik Leonhabbi in
Dresden verfafstenSchrift über die „Eisengallus-Tinten*' zwecks Prüfung
und Vergleichung anderer Tinten eine „ Normaltinte " von folgender
Zusammensetzung vorgeschlagen: 23,45 Tannin und 7,79 krjrstalli-
sierte Gallussäure in 50** warmen Wassers gelöst, mit 10 g gelöstem
Gummi arabicum, 10 g 257oige Salzsäure, 30 g Eisenvitriol und
1 g Karbolsäure (beides gelöst) vermischt und 2,2 g Bayrisch-Blau
gefärbt und zu je 1 Liter aufgefüllt.
Der wahrscheinlich stets vorhandene Überschufs an freier Gerb-
und Gallussäure gewährt den Eisengallus-Tinten einen Schutz vor
Mikroorganismen jeder Art. Nach Versuchen von Walliczek*
tötete eine 0,5 7o ige Lösung von Tannin Staphylococcus aureus und
Bacterium coli nach zwei Stunden, eine 2% ige Lösung bereits nach
einer halben Stunde sicher ab, und Tschibch* führt die interessante
Tatsache, dafs die Samen bei der Keimung nicht den Schimmelpilzen
oder Bakterien zum Opfer fallen, auf die besonders in der Epidermis
stark aufgehäuften Gerbstoffe zurück.
* Walliczbk: Die baktericiden Eigenschaften der Gerbsäure (Tannin der
Apotheken). Centralblatt für Bakteriologie. 1894. Bd. XV.
' TscHiBCH: Pflanzen- Anatomie. IL S. 129.
87
Es konnte daher nicht überraschen, daCs sich dieProben ver-
schiedener Eisengallas-Tinten, sowohl in frischem wie
gebranchtem Zustande, steril erwiesen.
Nachdem somit der Beweis erbracht war, dafs die gebränchlichen
Tinten keine Bakterien nnd nnr manchmal Schimmelpilze in erheb-
licher Menge enthalten nnd die gefundenen Formen durchwegs harm-
loser Natur sind, schien es noch wünschenswert, die Desinfektions-
wirknng der Tinten bei künstlichem Zusatz grofser Mengen
von Schimmelpilzsporen, sowie von Staphylokokken und
Streptokokken zu prüfen. Zu diesem Zwecke wurden verschiedene
Blauholz- und Gallus-Tinten zu je 3 com in Röhrchen abgefüllt und
nach zweistündiger Sterilisierung im Dampftopf mit verschiedenen
Mengen konzentrierter Aufschwemmung einer sporenhaltigen Peni-
cilliumkultur und weiterhin von Staphylokokken- und Streptokokken-
reinkulturen versetzt. Hierauf wurden die Böhrchen in den Brut-
schrank von 22^ bezw. 37^ gebracht und nach verschieden langer
Zeit, frühestens nach einer Stunde, Proben aus ihnen auf Agar und
Bouillonröhrchen verimpft bezw. von den mit Penicilliumsporen ge-
mischten Böhrchen Olycerinagar- Ausstrichplatten angelegt. Es ergab
sich, dals die Penicilliumsporen bereits nach zwölfstündigem Ver-
weilen in der Tinte abgetötet waren, nur in einer Probe Elaisertinte
waren sie noch nach fünf Tagen lebensfähig. Doch kann auch diese
Beobachtung bei der völligen Dngefährlichkeit des Penicilliums zu
Bedenken nicht den geringsten Anlais geben. Dagegen wsren die
zugesetzten pathogenen Bakterien in allen untersuchten Proben
bereits nach einer Stunde völlig abgetötet, und zwar selbst
dann noch, wenn die Tinte mit der gleichen Menge Bakterien-
aufsohwemmung gemischt wurde.
Fasse ich demnach die Ergebnisse meiner Versuche zusammen,
80 komme ich zu dem Schlufs, dab die gebräuchlichen Tinten
weder in frischem Zustande noch bei längerem Gebrauch
gesundheitsschädliche Mikroorganismen beherbergen und
insbesondere gerade den Erregern von Blutvergiftungen
gegenüber eine sehr grofse desinfizierende Wirksam-
keit entfalten. Wenn sich gleichwohl gelegentlich schwere sep-
tische Erkrankungen an Schreibfederstiche anschlielsen, so sind diese
zweifellos entweder auf die Einschleppung pathogener Keime von
der Hautoberfläche im Augenblicke der Verletzung oder auf eine
nachträgliche Infektion der Wunde, besonders durch Ansaugen mit
dem Munde oder Berührung mit unsauberen Taschentüchern und
88
Fingern, zurückzuführen. Eine nachteilige Wirkung der vorgefundenen
Mikroorganismen aber auf den Magen durch dae gelegentliche Ab-
lecken eines Tintenklexes, wie sie der eingangs erwähnte Erlalb an-
zuDehmen scheint, ist undenkbar und jede Besorgnis auch in dieser
Biohtung völlig von der Hand zu weisen. Die Sohultinte stellt
vielmehr ein in kleinen Mengen völlig ungefährliches,
von pathogenen Mikroorganismen freies Präparat dar,
dem gegenüber keine anderen Mafsregeln erforderlich sind,
als die der Wohlerzogenheit und Sauberkeit.
Die „Nürnberger Schulbank'' und die „Bettigbank''.
Von
Oberbaurat a. D. W. BEXTio-München.
Dafs ich vor etwa neun Jahren auf Grund meiner Erfahrungen
im Schulhausbau, welche ich als erster Stadtbaumeister in Dresden
und städtischer Oberbaurat in München gemacht hatte, eine umlegbar
eingerichtete Schulbank erfunden habe, darf ich wohl, nachdem mein
System in mehr als 900 Orten des Reichs und des Auslandes zur
Anwendung gelangt ist, als bekannt voraussetzen. Auf der „Bettig-
bank" sitzen bis heute über 250000 Schüler.
Einen besonders wertvollen Beweis für die gute Bewährung der
„Bettigbank^ habe ich u. a. darin erblickt, dalB die Stadt Nürnberg,
deren zweckmäfsig eingerichtete Schulen in hohem Ansehen stehen,
seit dem Jahre 1896 mit der Einführung der „Bettigbank" begonnen
und bis heute über 8000 derartige Bänke beschafft hat.
Nun bin ich aber in letzter Zeit darauf aufmerksam gemacht
worden, daJB in der Fachliteratur jetzt öfter von einer „Nürnberger
Schulbank^ die Bede sei. Es sei diese Schulbank von den Herren
Ingenieur Sichelbtiel und Dr. Schubebt in Nürnberg konstruiert,
und im vorigen Jahre in No. 2 und 9 dieser Zeitschrift von den
Grenannten selbst beschrieben worden mit der Erläuterung, dafs die
Gremeinden, welche umlegbar eingerichtete Schulbänke haben wollten,
nicht mehr wie bisher nötig hätten, an die Patentinhaber hohe Gre-
bühren zu zahlen, sondern sich nur die „Nürnberger Schulbank^
anzuschaffen brauchten und dabei nicht nur erheblich sparten, sondern
89
auch noch dazu etwas Besseres bekämen, als die «Bettigbank^ sei;
denn ee werde von den genannten Herren die Benutzung der Neue-
rung duroh die AUgemeinbeit obne Beanspruchung einer Vergütung
gestattet.
Die erwähnte] Beschreibung und eingehende Schilderung der
Vorteile der Neuerung mulste, da diese unter dem Namen „Nürn-
berger Schulbank^ auftrat, erklärlicherweise Eindruck machen. Ich
sah mich daher yeranlalst, der Sache auf den Grund zu gehen und
stellte folgendes fest:
Es handelt sich hier um eine Schulbank, mit welcher ein
Klaasenzimmer der Schule in der Goethestraise zu Nürnberg probe-
weise ausgerüstet ist, und welche ich mir bereits vor zwei Jahren
gelegentlich eines Besuches in Nürnberg angesehen hatte; das dort
Oeeehene hatte ich jedoch, wie so manche andere Schulbankneuerung,
in welcher ich einen besonderen Wert nicht erkennen konnte, nicht
weiter beachtet. Daus ich bei dieser Besichtigung keine groJSse
Meinung von der Sache bekommen hatte, liegt daran, dafs mir die-
selbe nicht als eine Verbesserung, sondern als eine Verschlechterung,
als eine Verballhomisierung meiner Schulbank erschien. Es war
nichts weiter, als die bis zum Jahre 1896 in Nürnberg gebräuch-
liche, dann aber abgeschaffte Schulbank, welche die Herren Sichel-
STiEL und ScHUBEBT auf eine recht primitive Weise umlegbar ge-
macht hatten. Die weitere Beschaffung solcher Bänke für die
Nürnberger Schulen ist bis heute nicht in Frage gekommen, vielmehr
sind seit der Au&tellung dieses Probesaales in den Jahren 1901 und
1902 wieder wie bisher „Bettigbänke^ und zwar in Höhe von über
4600 Stück für Nürnberg beschafft worden.
Es sei mir nun die Frage erlaubt: Wie kommen die Herren
Sichelstiel und Schubert dazu, ihre Schulbank unter der Be-
zeichnung „Nürnberger Bank" bekannt zu geben? Eine solche Be-
zeichnung mufs doch so gedeutet werden, als ob diese Schulbank in
Nürnberg jetzt allgemein angewendet werde. Tatsächlich sind auch
durch den bei der Veröffentlichung gewählten Namen die beteiligten
Kreise vielfach irregeführt worden. Gerade da es sich um die Stadt
Nürnberg handelte, mufste diese Bezeichnung besonders stark ver-
wirrend wirken, weil eben die als mustergültig bekannten Schul-
einiichtungen Nürnbergs dazu veranlassen, einem in ernsten wissen-
schaftlichen Organen als „Nürnberger Schulbank '^ beschriebenen
Subsellium von vornherein höhere Beachtung zuzuwenden.
Hätte ich früher von der Veröffentlichung der Herren Sichel-
90
STIEL und Dr. Schubert gehört und Aufklärung geben können,
wäre Schalbehörden und Fachkreisen sehr viel Arbeit erspart worden.
Da nun aber die falsche Bezeichnung dazu geführt hat, dafs die
0£Fientlichkeit sich mit der SiCHELSTiEL-ScHTiBEBTschen „Nürnberger
Schulbank" beschäftigt hat, so möge mir gestattet sein, bei dieser
Gelegenheit auch zur Sache selbst mich noch zu äulsem: Meine
frühere geringe Meinung über die Kippvorrichtung der „Nürnberger
Schulbank*^ mufe ich in vollem Umfange aufrecht erhalten, und ich
sehe die angebliche Vereinfachung auch heute noch als eine Ver-
schlechterung der „Rettigbank'' an. Die Gelenkfüfse, welche die
„Bettigbank" auf einer am Boden befestigten, eigens hergestellten,
sehr niedrigen Flachschiene festklemmen und um deren Achse sich
die Bank mit vollkommener Sicherheit drehen und umlegen läfst,
sind nämlich einfach weggelassen und statt derselben das Fulsende
der Bank nach dem Profile eines einspringenden rechten Winkels
ausgehobelt, so dafs man die Bank um die Kante einer gewöhnlichen
Winkelschiene, welche am Boden angeschraubt ist und welche die
Herren Erfinder in ihrer Beschreibung „Nürnberger Winkelschiene"
nennen, kippen kann. Da nun keine Achse mehr vorhanden ist,
sondern nur die Kante der mit dem Körper der Bank in keinerlei
Verbindung stehenden Winkelschiene, kann die Bank sowohl im
aufrechten als im umgekippten Zustande ohne weiteres verschoben
werden; denn in beiden Fällen ist mangels einer Verbindung nur
eine Anlehnung vorhanden, die natürlich durch den geringsten
Anlafs aufgehoben wird. Das Umlegen gebt noch — allerdings
immer nur unter der Voraussetzung, dafs die lose auf dem
Boden stehenden Bänke vorher genau an die „Nürnberger
Winkelschiene'' angelehnt gestanden haben — Verhältnis-
mäfsig gut. Beim Niederlegen der Bank auf den Boden entsteht
nun aber selbstverständlich ein kleiner Bück. Dieser Ruck verrückt
dann die Lage der umgekippten Bank infolge der Schräge der
Pultplatte und der kleinen Unebenheiten des Bodens, auf welche sie
aufstöüst, so dafs für das Wiederaufrichten und Zurücklegen der
Bank in ihre aufrechte Stellung die obige Voraussetzung nicht
mehr zutrifft. Die Folge ist, dafs hierbei die Bank die dahinter
bezw. davorstehenden Nachbarbänke unterwegs streift und nach voll-
zogener Wiederaufrichtung erst wieder dicht an die Winkelschiene
herangeschoben werden mufs. Wenn man nun bedenkt, dafs eine
einzige Scheuerfrau an einem Nachmittag ein ganzes Stockwerk rein-
machen und aufwischen soll, so liegt ja auf der Hand, dafs sie nicht
91
durch allerhand Umständlichkeiten behindert werden darf. Die Wahr-
scheinlichkeit spricht dafar, dafs die Bänke stets ungenau stehen
werden. Auch die Schüler werden die Bänke — auch abgesehen von
etwaigem Unfug — schon bei der normalen Benutzung durch unvor-
sichtiges Anstofsen ,aus der Reihe bringen. Kurzum, die schöne
Ordnung, welche ich mit meiner soliden Befestigung erreicht habe
und auf welche alle Schulbehörden, welche mein System eingeführt
haben, mit mir stolz sind, wäre dahin. Eine am Boden liegende
Schiene wird auch gebraucht, ebenso wie bei der „Bettigbank*^, nur
dals die „Nürnberger Winkelschiene ** doppelt so hoch sein muls,
wenn das Elippen nur einigermafsen gehen soll.
Was wird nun — zunächst ganz abgesehen von einer Gebühr
für die Erlaubnis zur Benutzung meines Patentes — mit der ganzen
Neuerung gespart? Zwei gufseiseme Klemmfüfse, ferner der Preis-
unterschied zwischen meiner niedrigen Fa^onschiene und dem hohen
Winkeleisen; dies dürfte zusammen noch nicht 2 Mark für die zwei-
sitzige Bank betragen. Andererseits müssen jedoch für eine am Saal-
boden nicht befestigte Schulbank wegen der ungesicherten Breite
der Zwischengänge angemessen gröJSsere Zwisohengangbreiten vorge-
sehen werden. Es müssen ferner an Stelle der minimalen Abstände
zwischen den hintereinander unverrückbar befestigten „Rettigbänken"
bei den SicuELSTiEL-SoHüBEBT-Bänken auch hier angemessen gröisere
Abstände vorgesehen werden. Den Mehrbedarf an Grundfläche be-
rechne ich auf ca. vier Quadratmeter pro Klassenzimmer, so dals
die vermehrten Baukosten die etwaige Ersparnis wieder verschlingen
würden.
Wenn es mir gelingen sollte, durch meine obigen Erläuterungen
manche Schulbehörde vor zwecklosen Versuchen und Schaden zu
bewahren, so soll es mich freuen. Von den Herren Ingenieur Sichel-
stiel und Dr. Sohubekt darf ich aber wohl erwarten, dafs sie
künftig ihre Neuerung als „Sichelstiel und ScHUBEBTsohe Kipp-
Vorrichtung** oder sonstwie der Sache entsprechend bezeichnen werden^
aber nicht als „Nürnberger Schulbank**.
92
Erwidenmg auf die obenstehenden iLiufiUiningen
des Herrn Bettig.
Von
Ingenieur Siohelstiel nnd Hofrat Dr. med. Sohubebt- Nürnberg.
Dafjs Herr Oberbaurat Rettig in der Verteidigung seines Bank-
systems eine gewisse Erregung bekundet, ist verzeihlich; nna so
ruhiger soll unsere Erwiderung sein.
Herr Bettio tadelt uns wegen des Ausdrucks „Nürnberger
Schulbank". Bei technischen Neuerungen pflegt man das Becht der
Namengebung den Urhebern zu überlassen und es nur dann zu be-
streiten, wenn die Bezeichnung zu Verwechslungen mit einer anderen,
ähnlich lautenden Anlafs geben und dadurch altere Beohte verletzen
könnte. Dies ist im vorliegenden Fall ausgeschlossen, so dafs wir
Niemandem eine Bechtfertigung des Kennwortes „Nürnberger Schul-
bank" schulden.
Wir wollen indessen höflich sein und eine Erläuterung nicht
versagen.
Unser Vorschlag suchte die seit 1878 in Nürnberg verwendete
zweisitzige Schulbank mit fester Minusdistanz dadurch der Forderung
einer leichteren Beinigung des Schulzimmers dienstbar zu machen, dals
wir ihr eine einfache und zweckmäfsige Einrichtung zum Emporklappen
gaben. Dieses alte Nürnberger Subsell war zwar etwas schwer&Uig in
der Form und Brettstärke, sonst aber in den wichtigsten Ausmafsen
(DistanZy Differenz, Lehnenabstand u. s. w.) richtig berechnet und
hat sich in dieser Hinsicht durchaus bewährt. Das geht unter an-
derem daraus hervor, dafs auch Bettio seine im Jahre 1895 be-
schriebene und damals in mehrfacher Hinsicht falsch dimensionierte
Bank im Laufe der Zeit in wesentlichen Stücken umzuändern und
die in Nürnberg seit langem gebräuchlichen Grölsenverhältnisse an-
zunehmen genötigt war. Wir erinnern dabei an die Nulldistanz,
an die zu schmale Sitzbank und die zu geringe Länge des ganzen
Subsells in dem BsTTioschen Modell 1895 und verweisen auf die
hierüber im Jahrgang 1901 dieser Zeitschrift S. 527 — 529 gegebenen
Ausführungen. Es war also unsere bewährte alte Nürnberger Bank,
zu deren Gunsten wir unsere Vorschläge machten, jene Bank, wie
93
sie aus den sorg<igen Beratungen der Nürnberger Sohulbehörde
im Febmar, März nnd Oktober 1877 hervorgegangen war.
Dies ist der eine Grund für die von uns gewählte Bezeichnung.
Der zweite liegt darin, dafs die Neuerung von uns im Dienste der
Stadt Nürnberg und in unserer Eigenschaft als Gemeindebevollmächtigte
bei Beratung der Schulbankfrage angeregt wurde, und dals die Er-
probung unseres Vorschlags in einer Nürnberger Volksschule durch
beide städtischen Kollegien beschlossen und angeordnet wurde. Der
Yemch dauert fort. Die Schulbankfrage hat seit jenen Beschlüssen
dem Gremeindekollegium nicht zur Beratung vorgelegen.
Soviel über die Berechtigung der Bezeichnung „Nürnberger
Schulbank".
Zur Sache selbst genügen wohl wenige Worte, nachdem in
No. 4 u. 5 des Jahrganges 1901 dieser Zeitschrifl von seiten des
Herrn Haks Suok, und in No. 9 von unserer Seite ein so er-
schöpfender Meinungsaustausch stattgefunden hat, dals auch Herr
SüCK in No. 7 des Jahrganges 1902 die Frage nicht in ein neues
Lieht zu rücken vermochte.
Die von Herrn Bettio gerügte freiere Beweglichkeit der Nürn-
berger Schulbank gereicht ihr zum Vorzug, denn sie erleichtert das
Auswechseln der Bänke, und macht es möglich, zur besseren Kon-
trolle der Reinlichkeit zeitweise die emporgeklappten Bänke ganz
Ton der Schiene abzurücken. Wie leicht unsere Umlegevorrichtung
arbeitet, beweist die schon Herrn Sück gegenüber erwähnte Tat-
sache, daljs man in einer Minute die elf Bänke einer Reihe bequem
mit einer Hand emporrichten oder auch in die alte Lage zurückbringen
kann, so dals sie nachher genau ausgerichtet stehen. Dals aber Schüler
•bei der normalen Benutzung durch unvorsichtiges Anstofsen die Bänke
aus der Reihe bringen", das wäre doch nur glaubhaft, wenn man
sich die Bänke auf Rollen stehend denkt. Mutwillige Ordnung-
störuDg zu verhüten ist Aufgabe der Disziplin. Für ungebändigten
Übermut gibt es kein gesichertes Stück im Schulzimmer; er kann
sich auch an der „Rettigbank", am Lehrerpult, an der Wandtafel
Q. 8. w. recht mannigfach betätigen.
Herr Rettio behauptet, dafs unser Winkeleisen doppelte Höhe
erforderte wie seine Schiene. Eine soeben vorgenommene Messung
in zwei benachbarten Klassen des Götheschulhauses ergab, dafs die
Kettigschiene 23 mm, unser Winkeleisen 25 mm hoch istl So sehr
alflo vermag das Augenmafs auch den technisch geschulten Blick zu
täoBchen.
94
Herr Rbttig irrt ferner, wenn er bei Verwendung der Nürn-
berger Schulbank den Mehrbedarf an Grundfläche auf ca. 4 qm pro
Klassenzimmer berechnet. Die Belegzahl eines Schulsaales ist mit
„Rettigbänken" genau dieselbe, wie mit „Nürnberger Bänken", wie
der Augenschein im Goetheschulhaus lehrt, und wie ohne weiteres
verständlich ist. Drei Reihen zweisitziger Subsellien haben in einem
wie im anderen Falle in jedem Normal-Schulzimmer der Tiefe nach
Platz. Für deren Länge kommt die von uns vorgeschlagene Ver-
längerung des an der Winkelschiene stehenden Banksockels um 1 cm
wahrlich nicht in Betracht, denn es werden dadurch bei einer Reihe
von zehn Bänken nur 10 cm in der Längsrichtung beansprucht. Us
wäre traurig um die Raumökonomie eines Schulzimmers bestellt, wenn
diese 10 cm irgendwie als Hindernis für die Belegzahl einer Ellasse
empfunden werden könnten.
Einen der wichtigsten Punkte in der vergleichenden Würdigung
beider Banksysteme übergeht Herr Rettig mit Stillschweigen: Die
Möglichkeit gründlicher Reinigung des Fufsbodens. Bei allen längere
Zeit in Benutzung stehenden „Rettigbänken" bilden sich an den
beiden Charnieren jeder Schiene Schmutzwinkel, die jahraus, jahrein
der Säuberung entgehen. Wie anders die glatten Flächen des Winkel-
eisens. Nirgends bietet hier eine körperliche Ecke dem Staub einen
für Besen und Wischtuch unzugänglichen Sammelplatz. Ein leichtes
Rücken der aufgerichteten Bänke legt im Bedarfsfalle, bei Gelegen-
heit des „grofsen Reinemachens**, die Winkelschienen von beiden
Seiten frei, und macht sie dem Auge und dem Werkzeug aufs voll-
kommenste zugänglich.
Nun bliebe noch der Kostenpunkt. Wir haben den Preis der
ümlegevorrichtung einer „Nürnberger Bank" fertig verlegt auf
Mark 1,35 berechnet (diese Zeitschr. 1901, S. 524) gegenüber der bei
Rettig Mark 6. — betragenden Kosten. Herr Rettio selbst berechnet
die aus unserer Vorrichtung entstehenden Kosten für jede Bank
auf Mark 2. — , das würde immer noch eine Ersparnis von 66V3 %
seinem System gegenüber bedeuten oder, anders ausgedrückt, eine
Ersparnis von Mark 4. — bei jeder Bankl
Herr Oberbaurat Rettig wünscht eingestandenermafsen durch
seine Darlegung die Schulbehörden von Versuchen mit der „Nürn-
berger Schulbank*' abzuhalten! Wirtschaftlich mag dies vom
Standpunkt des Herrn Rettig aus sein, wissenschaftlich er-
scheint es uns nicht. Wir im Gegenteil freuen uns des regen
Interesses, welches unserem einfachen Vorschlag im In- und Ausland
95
entgegengebracht wird, nnd hegen die Überzengnng, da(i9 auf diesem
G^ebiete nur eine vorurteilsfreie und yielfaohe Erprobung, niemals
aber ausschlieJSslich theoretische Deduktion das Bessere vom minder
Ghiten zu sondern vermag. Wir sind dankbar für sachliche Kritik
und weiteren Yerbesserungsvorschlägen zugänglich, glauben aber,
daXs ein ehrliches Wollen Anspruch auf vorurteilsloses Prüfen er-
heben darf.
^UB Derfantntlitti$eti nnb Dereineit.
Volks- und Sebnlblder in HoUaiid.
Aus den Yerhandlongen des am 13. September 1902 im Eurhanse
in SchevenlDgen eröffneten Kongresses über die Errichtung
und den Betrieb von Volks* und Schnlbädern.
Herr Rutsch, Oberinspektor für Volksgesnndheit, beschwerte sich in
seiner Eröffnungsrede, dafe überall viel mehr für Volksgesundmig gethan
werde, als in Holland. Und doch sei die Sorge für die Reinheit der Haut
eine der ersten Voraussetzungen der Gesundheit, da die Haut als Wärme-
rsgolator eine sehr wichtige Rolle spielt. — Herr W. v. Boven, Inspektor
der Volksgesundheity führte aus, welchen Anforderungen ein Volksbad ent-
sprechen mttlste und wie hoch sich die Kosten für den Bau eines solchen
belaufen würden. — Frl. Wilhelmina Jansen, Schatzmeisterin des Haager
Volks- und Schulbades, machte Mitteilung von dem Stand und der Ge-
schichte dieser Anstalt. Sie betonte, dals Frauen die Bäder noch immer
viel zu wenig benutzen und dafs die Gelegenheit zur Benutzung von Schul-
bädem noch allzu selten sei. Immerhin kann das Haager Volks- und
Schnlbad während der zehn Jahre seines Bestehens einen günstigen Erfolg
aufweisen. Auf Grund ihrer Erfahrung äufserte Frl. Jansen den Wunsch,
dals Schulbäder für Kinder von Armenschulen der Gemeinde zur Last
faUen und die Bäder für andere Kinder zu einem sehr geringen Preise zu
haben sein sollen. Im Jahre 1901 wurden 11400 Bäder von Erwachsenen
nnd 2550 von Schulkindern genommen.
Herr J. G. Y. Rossem, Vorstandsmitglied des Rotterdamer Schulbades,
machte Mitteilungen über dieses Bad; Herr Jolles über das Amheimer
Volksbad. Auch hier steDte es sich heraus, dals die Anzahl badender
Frauen bedeutend kleiner ist, als die der Männer. Während im Jahre
1901 die Anzahl der Ton Männern benutzten Bäder sich auf ungefähr
10600 belief, hatten die Frauen das Bad nur 864 mal in Anspruch ge-
nommen. Aufserdem fallen auf Knaben 10138, auf Mädchen 10090
Bäder; das bedeutet seit der Eröffiiung des Bades eine Zunahme Ton BO
und 90%. Durchschnittlich betrug der Preis pro Bad ungefähr 10 Pfennige.
Sehalgesnndheitspflege. XVI. 6
96
In der DiBknBsion wurde die Frage erOrtert, ob bei den Schulbftdem
jedes Kind für sich, oder ob mehrere zu gleicher Zeit abgebraust werden.
Es stellte sich heraus, dab in Amsterdam drei Kinder gleichzeitig be-
handelt werden, und im Haag jedes Kind ftr sich.
Herr H. W. J. A. Sghook, Schulleiter in Amsterdam, erstattete
Bericht über das dortige Schulbad, mit dessen Errichtung durch die Ge-
meinde im Jahre 1890 begonnen und das. im Jahre 1891 erö&et wurde.
Dieses Schulbad war das erste, mit welchem der Versuch gemacht wurde.
Dasselbe enthftlt 18 ZeUen, wodurch die Möglichkeit gegeben ist, daGs
innerhalb ftinf Viertelstunden 100 MMchen und 100 Knaben sich baden
können.
Mit wenigen Ausnahmen wird das Bad von allen Kindern benutzt.
Die Beschwerden der Eltern einiger Kinder wurden fallen gelassen, sobald
sich die Leute persönlich Ton der Einrichtung der Anstalt überzeugt hatten.
Mit Hilfe einer Zeichnung erklftrt Herr Schook die Ton ihm benutzte
Anstalt. Diese ist derartig, dals, wenn der Lehrer an einer Stelle in-
mitten eines Kreises von Zellen steht, er die Aufsicht über 40 Kinder
zu gleicher Zeit führen und für alle mit einem Griff die Wasserhähne
öffnen und schlie&en kann. Die Kinder kommen in Räume yon ver-
sehiedener Temperatur. Der Preis für jedes Bad beträgt jetzt ungefähr
5 Pfennige.
Einige yon verschiedenen Seiten gegen Schulbäder vorgebrachte Ein-
wendungen werden von Herrn Sohook auf Grund eigener Erfahrung
zurückgewiesen. Die Vorteile derselben sind unbestreitbar. Der Lehrer
lernt das Kind in mancher Beziehung im Bad besser kennen*, die Wäsche
der Kinder wird innerhalb 14 Tagen nach Einführung der Schulbäder
sauberer; die Kinder selber bekommen Vergnügen an der ReinUchkeit, sie
freuen sich über die früher ungekannte Sauberkeit ihres Körpers; das
Nachhauseschicken wegen Unsauberkeit kommt fast nicht mehr vor; die
sogenannte „Schulluft^ wird bedeutend besser. Ob die Kinder, nachdem
sie die Schule verlassen haben, das Baden noch fortsetzen, hat noch nicht
festgestellt werden können. Wegen der grofsen Beweglichkeit der Amster-
damer Bevölkerung ist es sehr schwer zu kontrollieren, wo die ExschOler
verbleiben.
Aus einem Vortrag des Herrn de Jona geht hervor, dals in Rotterdam
noch viele Einwendungen gegen das Schulbad gemacht werden, weil man
dadurch das Verantwortlichkeitsgefühl der Eltern beschränken würde. Der
Referent hat schon seit sehr langer Zeit Anstrengungen gemacht zu
Gunsten des Schulbades, die anfangs scheiterten. Erst jetzt ist die
Strömung etwas günstiger. Referent ist nicht dafür, dais die Kinder etwas
für den Gebranch des Bades bezahlen sollen, weil er das Schulbad in
mancher Beziehung auf gleiche Stufe mit dem Turnunterricht stellt.
Herr Schook ist der Ansicht, dafis das Verantwortlichkeitsgefühl der
Eltern nach Einführung der Schulbäder entschieden zunimmt ; es geht dies
schon daraus hervor, dafs die Bäder die Eltern zu öfterem Wechseln
der Wäsche veranlassen. Dals die besser situierten Kinder för die Bäder
bezahlen sollen, billigt Referent nicht; es sollen alle gleich gehalten sein,
sonst wollen die Zahlenden mit den Nichtzahlenden nicht zusammen baden.
97
Tmmerfiin kaaa Schook das Sdudbad niit dem Tunimterrifliit nicht g^eich-
steUeo, wen das. Gesetz wohl den letzteren, nicht aber das etßteare tot-
sehreibt; er rechnet es zu den „geHellschaftlichen Tng^iden^, deren Yer-
mehning das Gesetz Terlangt. Die Beschwerden einiger Lehrerinnen sind
vorläufig nicht za beseitigen; wenn sie es «shocking'' finden, mOssen sie
Ton der Aufsicht befreit werden; von neu eingestellten Lehrerinnen kami
nuin dann verlangen, dab sie die Kinder begleiten.
Ans diesen Verhandlungen wird man ersehen, dab anch bei nns in
Holland die Sache mit den Schnlb&dem nicht nnr in Flnb gebracht
worden ist, sondern dab anch flberall, wo das Schnlbad in Wirkung trat,
gute Erfolge damit erreicht worden sind.
(Mitget. Ton Dr. J. M. C. MoüTON-Haag,)
ftUitttre JtUtetlttttjett.
über die Beciehnngen zwischen Errnttding, Banmsiiin der Halt
und MmskeUeiatug« Einer Besprechung der so betitelten Arbeit yon
Thadbaüs L. Bolton (2. H. d. 4. Bd. der von Prof. KaABPSUN-Heidel-
berg herausgegebenen „Figychol, Arb.*^) durch Dr. H. GurzmsN (y^Mtd,-
pädag. Monatsschr. f. d. ge$. ßpracMlBunde*^ , Juni- Juli 1902) entnehmen
wir folgendes:
Zweck der Arbeit Boltons war die wissenschaftliche Prttfung der Ton
GsiESBACH bei seinen ftsthesiometrischen Messungen (^Energetik und Hygiene
des Nervensystems in der Schule*'. Aroh. f. Hyg. XXIY) und yon Kbmsibb
bei seinen ergographischen Untersuchungen („Arbeitshygiene der Schule
auf Grund Ton Ermfldungsmessungen*', Berlin 1898) erhaltenen Resultate,
and der aus denselben Ton den Autoren gezogenen Schlufsfolgerungen. Hierzu
war es nötig, mit Hilfe möglichst genauer psychologischer Versuche zunächst
festzustellen, ob und inwieweit sich wirklich ein gesetzm&biger Zusammen-
hang zwischen geistiger und körperlicher Ermfidung einerseits, und der
Ranmschwelle resp. der ergographischen Leistung andererseits nachweisen
liebe. Hierzu wurde an einer Reihe aufeinanderfolgender Tage Tor und
osch einer ermüdenden Arbeit eine Reihe von Bestimmungen der Raum-
schwelle mit dem Ästhesiometer und der Muskelleistung mit dem Ergo*
graphen ansgefbhrt. Als Ermfldungsarbeit benutzte Bolton das fort-
schreitende Addieren einstelliger Zahlen bis 100 nach dem yon Öhbn
eingeführten Verfahren. Die Dauer dieser Arbeit wechselte anfangs zwischen
Vs, 1 und 2 Stunden, später wurde stets eine Arbeitszeit yon 2 Stunden
gewählt. Zum Vergleich wurden Tage eingeschoben, an denen 2 Stunden
lang geruht, und solche, an denen 2 Stunden lang spazieren gegangen wurde.
Um den Verlauf der Ermfldungswirknngen yerfolgen zu können, wiederholte
Bolton die Prttfungsaufgaben nicht nur unmittelbar nach der Ermfldungs-
arbeit, sondern noch einmal Vt Stunde spater. In der Zwischenzeit wurde
bald gearbeitet und bald geruht.
6*
98
Bei den ÄsthesiometerprOfangen wurde die SteUe über der Nasen-
wurzel (die Glabella) benntzt. Das GBiESBACHsche Ästhesiometer erwies
sich als zu schwerfällig. Bolton yerbesserte es, aber bei dieser Yer-
besserung war es trotz aller Sorgfalt anmöglich, beide Spitzen völlig
gleichzeitig aniznsetzen. Zu Anfang wurde mit einem Abstand Yon 4 mm
gemessen, dann wurden die Spitzen immer um je 1 mm yon einander
entfernt, bis der Abstand 8 mm betrag, dann wurde wieder verkleinert um
1 mm bis zu 4 herunter. Diese zehn Berührungen wurden immer viermal
hintereinander ausgeführt. Auch umgekehrt wurde häufig verfahren und
mit gröiserer Entfernung der Spitzen begonnen. Zwischen den einzelnen
Berührungen wurde stets eine Pause von 10 Sekunden gemacht, so dafs
zu einer Versuchsgruppe von vier Keihen ungefähr 7 Minuten erforderlich
waren.
Zu den ergographischen Versuchen wurde die von Eeuepelin an-
gegebene Abänderung des Mossoschen Ergographen benutzt. Das Gesamt-
gewicht, welches bei jeder Bewegung gehoben werden mulste, betrug ö kg.
Die Hebungen wurden alle zwei Sekunden vorgenommen, bis keine Hebung
mehr möglich war. Nach einer Pause von einer Minute wurde eine neue
Ermüdungskurve gezeichnet, nach einer weiteren Pause von einer Minute
die dritte.
Nach Möglichkeit wurden nun bei der Versuchsperson sämtliche Um-
stände in Betracht gezogen: der Gesundheitszustand, die Lebensweise,
welche möglichst streng geregelt wurde, die für das Aufstehen und Schlafen-
gehen bestimmte Zeit, welche streng innegehalten wurde. Die Versuche
waren vormittags gemacht; die Nachmittage wurden mit Lesen, Unter-
haltung, Spazierengehen verbracht.
Die Untersuchung Boltons ergab, dafs die Resultate sowohl des
Ergographen wie auch die Ästhesiometerprobe in Bezug auf die Ermüdungs-
messimgen sehr ungünstig waren. Bolton hatte beabsichtigt, die von
Griesbach und Eemsies mitgeteilten Beziehungen zwischen Raumschwdle,
Muskelleistung und geistiger Ermüdung zahlenmäfsig zu umgrenzen. Es
stellte sich jedoch heraus, dafs sowohl die Raumschwelle, wie die jeweilige
Muskelleistung grofsen und unberechenbaren Schwankungen unterlag. Einiger-
mafsen zuverlässige Durchschnittswerte können nur aus einer sehr grofsen
Zahl vollkommen planmäßig angelegter Versuche gewonnen werden. Die
einzelne Raumschwelle oder Ergographenkurve hat nicht die geringste Be-
weiskraft. Erst dann, wenn wenigstens eine Reihe von Tagen hindurch
unter sorgfiUtiger Vermeidung aller konstanten und variablen Fehler gearbeitet
wurde, erschien es möglich, die Wirkung bestimmter Einflüsse auf jene
Grofsen mit einiger Wahrscheinlichkeit festzustellen. In den drei Versuchs-
reihen, die Bolton vornahm, zeigte sich, dafs der angenommene Zu-
sammenhang zwischen Raumschwelle und Ermüdungsgrad nur in der ersten
Reihe andeutungsweise, in der zweiten kaum, in der dritten durchaus
nicht zu erkennen war, obgleich die erzeugten Ermüdungsgrade nachweis-
lich recht beträchtlich waren. Mit Bestimmtheit kann der Verfasser sagen,
dafs die Beeinflussung der Raumschwelle durch die geistige
Ermüdung, wenn es überhaupt eine solche Beeinflussung
gibt, eine äufserst geringfügige und unsichere sein mufs.
99
Damit ist natOiüch jede Möglichkeit aasgesehlossen, die Baomschwelle
in MasBenimtersachtmgen als Mafs der Ermüdang zu benatzen nnd ans ihr
SchlflBse Aber die Wirkungen des Unterrichts zu ziehen.
Ähnliche Resultate, wie bei der Prflfong der BanmschweUe, zeigte
die Profang der Ergographenknrve. Immerhin ergab sich durch planm&fisige
Untersuchung, dafs wirklich Beziehungen zwischen Muskelleistung und
geistiger Tätigkeit zu bestehen schienen, jedoch waren sie gerade umgekehrter
Art, als sie Kbmsies vorausgesetzt und aufgefunden hatte, denn es zeigte
sich, da(s nach zweistündigem Bechnen die Muskelkraft erhöht war, obgleich
eine recht erhebliche geistige Ermüdung aus dem Verlauf der Rechenarbeit
mit Sicherheit hervortrat. Dafis Beziehungen der genannten Art überhaupt
bestehen, erscheint unzweifelhaft, jedoch scheinen sie auiserordentlich ver-
wickelt zu sein. Bevor also Massenversuche angestellt werden, müiste die
Wechselwirkung zwischen geistiger Tätigkeit und Muskelleistung im ein-
zelnen erst mal sorgfältig geprüft werden, so dafs man überhaupt weiis,
was man mit der Ergographenknrve mifst. Bolton betont auch die
Möglichkeit, auf dem Wege planmäfsiger Erforschung einen tieferen Einblick
in die herrschenden GesetzmäCsigkeiteu zu erreichen, die sich schon dadurch
kennzeichne, dafs er eiae der bisherigen Ansicht geradezu widersprechende
Wirkung des Rechnens auf die Ergographenknrve dargethan habe, und
dadurch, dals sich nach einem zweistündigem Spaziergange eine Herab-
setzung der Muskelleistung herausgestellt habe.
Schlielslich meint der Verfasser, dafs bei dem überall erkennbaren
Ineinandergreifen der verschiedenartigsten Einflüsse es vorläufig jedenfalls
als zweifelhaft bezeichnet werden müsse, ob Ermüdungsmessungen jemals
in eine Form gebracht werden könnten, die sie für Massenuntersuchungen
geeignet mache, wenn man sich eben nicht auf die allergröbsten Tatsachen
beschränken wolle. Sollte es aber doch gelingen, so sei dies sicherlich nur
dadurch zu erreichen, dafis wir durch sorgfältige und umfassende Vor-
prüfungen uns die genaueste Kenntnis von den Wechselbeziehungen der
verschiedenartigsten Formen geistiger wie körperlicher Ermüdung ver-
schaffen.
Die Schlulssätze der Arbeit Boltons lauten folgendermafsen : 1. Das
GBiESBACHsche Ästhesiometer ist für feinere Raumschwellenuntersuchungen
oDgeeignet. 2. Die Bestimmung einer einigermaCsen zuverlässigen Raum-
schwelle erfordert eine so grofse Zahl planmäßig angeordneter Einzel-
versuche, dals sie in einer einzigen Sitzung wegen der bald auftretenden
Ermüdungserscheinungen unmöglich ist. 3. Irgendwelche gesetzmäbige Be-
ziehungen zwischen Gröfse der Raumschwelle und Grad der geistigen
Ermüdung haben sich bisher auch in wochenlang ausgedehnten, sorgfältig
durchgeführten Versuchsreihen nicht nachweisen lassen. 4. Die Raum-
schwelle ist in keiner Weise als Mafs für die Ermüdungswirkung einer
geistigen Arbeit verwertbar. 5. Die Ergographenleistnng wird durch zwei-
stündiges Addieren erhöht, durch zweistündiges Spazierengehen herab-
gesetzt. 6. Die Ergographenknrve liefert durchaus kein Mab fOr die
Grölse der geistigen Ermüdung.
(Wir haben schon wiederholt ausgesprochen, dals wir die praktischen
ScUuMolgerungen für die Schule, die aus den vorhandenen Ermüdungs-
100
itieisraiigen mit Bezng auf StnndeiiplaD, geteilten oder angefeilten IJiiteiiicht,
EÜnfÜgimg d& Tittiistttiideii etc. etc. gezogen -worden sind, ftr verfr&ht
und wissenschaftlich nicht genügend begründet halten. Schon die Arbeiten
Ton Lbitba nnd Obeb.etzKO'WBKT hatten nns in dieser Ansohäntihg be-
slfiiltt ttnd gezeigt, dab die Scholleitangen allen Grand habdü, den
Forderungen gegehaber, irekhe, gestatzt auf die ünteMnchnngen Otoxs-
BAOHB, WAaiTBBs etc. TOn vielen Seiten an sie berantreten, grolse ZürQck-
haltong za bewahren. Die dnnihans objektive A^rbeit Bolto'ns besitzt für
die Entscheidung dieser Frage einen groben Wert. P. Red.)
Die KesguDg der Helligkeit Ten ArbettspMteMi in Selmleii.
Im „Jomnal fW ChMbOeuehUmg'' , Bd. 45, 738 (1902), beschreibt Dr.
Hirao Kbüss (Hambnrg), der Vorsitzende des Deutschen Vereins ftlr
Mechanik und Optik, zwei neue Apparate, welche ermöglichen soDen, in
einfacher und beqaetner Weise die Helligkeit von Arbeitsplätzen zu be-
stimmen.
Der erste dieser Apparate ist von Baurat Aktok WincKen in Bonn
erdacht und von ihm „Helligkeitsprfifer'' benannt worden. Mittels desselben
kann in sehr kurzer Zeit geprflft werden, ob eine bestimmte, als erforder-
lich erkannte Helligkeitsstnfe auf einem Arbeitsplatze vorhanden ist. Als
solche Helligkeitsstufen bieten sich dar die yon Prof. Dr. Hebmann Gohn
(Breslau) aufgestellten Forderungen, dab mindestens eine Flftchenhelligkeit
von 10 Meterkerzen (im roten Lichte) vorhanden sein mufs, um überhaupt
längere Zeit lesen zu können, dafe aber ein guter Arbeitsplatz eine Hellig-
keit Yon 50 Meterkerzen haben solle.
Der WiNaENsche Helligkeitsprttfer besteht in einem viereckigen ge-
schlossenen Kasten, welcher eine von auisen in ihrer Flammenlänge za
verändernde Benzinlampe enthält. Bei einer bestimmten, durch Visier-
marken an den Wänden des Kastens bezeichneten Flammenhöhe, wird diese
Benzinlampe auf einem weilsen Karton, welcher am Boden des Kastens
dicht an der der Lampe gegenüberliegenden Wand angebracht ist, eine
bestimmte Flächenhelligkeit hervorbringen. Die Marken fOr die Flammen-
höhe entsprechen Flächenbelligkeiten des Kartons von 10, 20, 30, 40
und 60 Meterkerzen. Unmittelbar neben dem Karton im Innern des
Kastens ist nach auisen ein Ansatz angebracht, welcher ebenfalls mit *einem
Stück weifsen Kartons bedeckt ist. Mit diesem Ansatz wird der Kasten
auf den zu prüfenden Arbeitsplatz gestellt.
Die beiden Kartons werden durch ein an der Seitenwand angebrachtes,
mit rotem Glase versehenes Okularrohr betrachtet und in Bezug auf ihre
Helligkeit miteinander verglichen. Erscheint der äuJsere Karton heller als
der innere, so hat er eine gröfsere Flächenhelligkeit als diejenige, auf
welche die Flamme eingestellt ist, erscheint er dunkler, so hat er eine
geringere.
Man kann mit dem WiNasNschen Helligkeitsprttfer die sämtlichen
Plätze einer Schulklasse in kurzer Zeit auf ein bestimmtes Helligkeitsmafs
prüfen und sich ein zutreffendes Bild von der Helligkeitsverteilung ver-
schaffen.
Der zweite Apparat ist von Kbübs konstruiert; er soll nicht zur
stafenweisen Prüfung, sondern zur wirklich genauen Messung der Flächen-
101
helligkeit dienen, deren Betrag ohne weitere Rechnnng direkt an einer
Skala abgelesen werden kann.
Als Vergldchslichtqnelle ist hier die Hefherlampe gewfthlt, so dafi
man mit der wirklichen Lichteinheit arbeitet. Der sie enthaltende Kasten
ist dnrch einen ausziehbaren Balg mit einem LüMHEfi-BBODHUimhen Photo-
meterkopf yerbnnden, dessen eine Seite die Hefherlampe beleuchtet. Ans
ihrer Entfernung in Metern Tor dem Photometerschirm ergibt sieh ohne
weiteres die Flftchenhelligkeit in Meteikerzen. Der Photometerkopf weicht
aber von der sonst fiblichen Form insofern ab, als die zweite Seite des
Photometerschirms nach aulsen verlegt ist, so dafs sie unmittelbar auf den
Arbeitsplatz, dessen Helligkeit gemessen werden soll, gebracht werden kann.
Der Apparat erlaubt ohne weiteres eine genaue Messung innerhalb
des Intervalls von 4 bis 100 Meterkerzen; um den Mebbereieh erheblich
zu erweitem, ist innerhalb des Photometerkopfes ein Rauchglas angebracht,
welches die Helligkeit auf genau ein Zehntel herunterbringt und welches
sowohl in den Verlauf der von der Hefnerlampe, als der von dem Arbeits-
platz kommenden Strahlen gebracht werden kann. Dadurch vermag man
mit dem Apparat Flachenhelligkeiten von 0,4 bis 1000 Meterkerzen zu
messen.
Der ganze Photometerkopf ist um seine Achse drehbar, so dafs man
die Yergleichsfl&che auch in andere als horizontale Lage bringen kann, ihr
Winkel gegen die Horizontale kann an einem Teilmafse abgelesen werden.
Beide Apparate sind bestimmt, einander zu ergänzen. Wfthrend der
billige und einfach zu handhabende WiNGEKsche LichtprUfer in den ver-
schiedenen Schulen, Bureaux und sonstigen einer Stadtverwaltung unter-
stellten Anstalten in gröfserer Anzahl zur st&ndigen Eontrolle der Hellig-
keitsverh<nisse vorhanden sein mülste, würde das genauere aber auch
kostspieligere KBÜsssche Instrument zur Helligkeitsmessung vielleicht nur
in einem Exemplar beschafft werden, um einerseits die kleineren Apparate
gelegentlich zu prüfen, andererseits in besonderen und streitigen Fällen
eine zuverlässige Entscheidung zu ermöglichen.
Die Karre als Feind der Kindergeanndheit. In ärmeren Volks-
schichten spielt die Karre als Transportmittel eine nicht geringe Rolle.
Zu Hunderten ziehen Männer und Frauen mit ihr in die Heide, um den
Winterbedarf an Holz allmählich herbeizuschaffen. Aber auch in land-
wirtschaftlichen Kreisen ist die Karre nicht selten unbedingt notwendig,
namentlich da, wo Terrainsteigungen bedeutender Art den Verkehr mit
Wagen nur schwer zulassen, wie beispielsweise in den Obstbezirken der
Mark Brandenburg (Guben, Werder). Die Tagesemten an Obst, Beeren,
Gemüse und dergleichen sind vielfach auch so bemessen, dafs sie einem
Wagen nicht Ladung genug geben, daher denn die einräderige Schiebe-
karre am zweckmälsigsten erscheint. Bei der oftmals schweren Ladung
wird die Jugend allgemein zu Vorspanndiensten herangezogen, was wir im
Hinblick auf deren Gesundheit tief bedauern. Der um die Brust ge-
schlungene Strick oder das breitere Band müssen notwendigerweise die
noch biegsamen Brustknochen zusammendrücken und die Ursache zu der
flachen Brust bilden, deren Nachteile niemals gänzlich verschwinden können.
Derartige Personen werden meistens an Engbrüstigkeit und Nasenblutungen
102
leiden, wenig Ansdaner im Laufen haben und der Regel nach znin Militär-
dienst ontanglich sein. Eltern, Lehrer nnd alle, denen das Wohl der
Jngend am Herzen liegt, sollten sich deshalb die Beseitigung der Ge-
wohnheit des Earrenziehens in genannter Weise angelegen sein lassen.
Wenn schon die Yorspanndienste der Jngend nicht zu entbehren sein
sollten, so möge wenigstens die Bmstschlinge beseitigt werden. Allerdings
wird das Ziehen dadnrch nnbeqnem und es kann auch nicht die ganze
Eörperkraft des Kindes zur Anwendung kommen; das dürfte aber kein
Grund sein, den alten Znstand beizubehalten. Wir sind ganz und gar
für eine angemessene Heranziehung der Jugend zur Unterstdtzung der
Eltern, sowohl aus wirtschaftlichen, als auch aus erziehlichen Gründen; es
gibt aber so viele gesunde Beschäftigungen, dafs man notorisch schädliche
unbedingt beseitigen sollte. (Mitgeteilt von C. Richteb in Straulsberg.)
Über die Bedeutimg der Erziehung und Belehrung ffir lUe
Prophylaxe der venerischen Krankheiten sprach Kabolina Wideb-
STBÖM in der Gesellschaft Schwedischer Ärzte. Rednerin betonte — wie
wir einem Bericht des y,Nord. Med. Ark,^ entnehmen — die Notwendig-
keit einer Aufklärung der älteren Knaben und Mädchen über geschlecht-
liche Verhältnisse, weist aber auch auf die Schwierigkeiten hin, die einer
Behandlung derartiger Fragen in der Schule sich entgegenstellen. Der
richtige Gang eines solchen Unterrichts sei zunächst die Darstellung der
Anatomie, Physiologie und Hygiene der Geschlechtsorgane. Dieser Unter-
richt sei dem in der allgemeinen Hygiene anzugliedern, aber allen in
Schulen eingeführten Lehrbüchern dieser Disziplin fehle das Kapitel über
die Geschlechtsorgane. Erst in den letzten Jahren habe man an höheren
Mädchenklassen begonnen, diesem Mangel durch mündlichen Unterricht
von selten weiblicher Ärzte abzuhelfen, bislang jedoch nur an einigen wenigen
Lehranstalten Stockholms. Rednerin glaubt nicht, dafs die Zeit für eine
allgemeine Einführung eines derartigen Unterrichts schon gekommen sei.
Sie erwartet für die Jugend mehr Erfolg von der stärkeren Betonung
ethischer Prinzipien überhaupt; die Schule soll dem heranwachsenden
Geschlecht Ideale mit ins Leben geben, die stark genug sein müssen, um
allen Verlockungen zu widerstehen. Eltern und Lehrer haben besonders
darauf zu achten, dafis die Kinder ihre ersten Begriffe von sexuellen Dingen
aus reinen Quellen erhalten, und es sei bei allen derartigen Unter-
weisungen die mündliche Darlegung der schriftlichen vorzuziehen.
Die Desinflziernng ven Schnlbfichern wird nach Mitteüung des
„Joum, of Americ. Med. Assoc." (No. 16) in Buffalo konsequent durch-
geführt. Nicht weniger als 54000 Bücher sind von den Beamten des
Gesundheitsrats bis jetzt vermittels Formaldehydgases desinfiziert worden.
Eine nene Ventilationseinrichtang für Schnlzimmer wird vom
Stadtbaumeister Mössneb in Ludwigsburg im „Techn. Gemeindebl,^ (No. 2)
beschrieben. Dieselbe ist von Geobg Sohneideb versuchsweise in einem
Schulzimmer des Ludwigsburger Gymnasiums eingerichtet worden und ist
folgendermafsen konstruiert :
1. An der Decke werden zwei Luftkanäle mit einem Profil von
20 X 22 cm angebracht, welche beinahe bis auf die ganze Zimmertiefe
reichen und mit der Aulsenluft verbunden sind. Diese von Holz herge-
103
stellteo KanAle haben seitlich, in Abständen von 10 cm, oben und onten
15 mm weite Öffnungen, durch welche frische Lnft in gleichm&isig ver-
teilter Weise in das Zimmer ausströmt. Um bei besonders kaltem Wetter
tkber Nacht keine zu grolse Abkühlung im Schulzimmer zu erhalten, sind
an den Luftschlftuchen Schieber angebracht, durch welche eine teüweise
Absperrung der Aulsenluft ermöglicht wird.
2. um die kalte Luft, welche durch die Abktihlung an den Fenstern
entsteht und die zu Boden sinkt und denselben erk<et, abzuhalten, ist
entlang der Fensterwand ein Luftkanal hergestellt, welcher diese Luft
absangt. Dieser Kanal, der in Verbindung mit dem Ofen gebracht ist,
ist als Brüstung hergestellt, und bei den Fenstern sind auf ein Drittel der
Fensterhöhe immer sogenannte Yorfenster angebracht, so dafs die kalte
Lnft zwischen den beiden Fenstern dem Luftkanal zugeführt und vom
Ofen abgesaugt werden kann.
3. Zur Ableitung der verbrauchten Luft ist ein Abzugsschacht von
0,25 qm Querschnitt hergesteUt, welcher bis über das Dach hinausgeführt
wird. Derselbe ist in den Stockwerken von Gipsdielen ausgeführt, im Dach-
stock aber von Holz. Im Schulzimmer selbst ist sodann am Boden und
an der Decke im Abzugskanal eine verstellbare Klappe angeordnet, welche
je nach Bedür£us geöffiiet werden kann. Im Winter soll in der Regel
nur die Klappe über dem Fuisboden geö&et werden.
4. Der Ofen ist auf eine Höhe von 1,5 m mit einem doppelten
eisernen Mantel versehen, so daCs also die strahlende Wärme möglichst
Tennieden wird.
Bis jetzt soll sich diese Einrichtung gut bewährt haben; die Luft im
Zisuner soll ziemlich rein, ein Zug nicht fühlbar sein; ein öffnen der
Fensterflügel in der Pause soll nicht nötig sein. (Warum dies als Vorzug
gerahmt wird, ist uns nicht recht verständlich. D. Red.)
Über KohlenoxydYergittmig in einer Schule berichtet Med.-Rat
MAiEB-Heilbronn im y^Med, Korrespondenebl. d.Württ. ärMÜ. Landesvereins*''
(1902, No, 43). Nach dem Bericht der betreffenden Lehrerin hatte am
13. April vorigen Jahres, etwa eine halbe Stunde nach Beginn des Yor-
mittagsunterrichts, ein Knabe angefangen zu schwanken und sich zu drehen ;
bald darauf wurde es einem zweiten Knaben schlecht und kurz nachher
f&hlte sich die Lehrerin selbst ganz schwach. Sie wurde dann sehr
bald, und verhältnismäfsig plötzlich, ohnmächtig und ist mit 10 — 12 in-
zirischen ebenfaUs eitoankten Kindern von den zu Hilfe gekonunenen
Personen auf dem Boden liegend gefunden worden, während sich die übrigen
Kinder schreiend und weinend aus der Schule geflüchtet hatten. Nachdem
die Kranken ins Freie getragen worden, haben sich einige alsbald wieder erholt,
Andere erst nach längerer Zeit; die schwerer £rkrankten — acht an der
Zahl — wurden in ärztliche Behandlung genommen und waren nach 24
Stnnden wieder gesund und munter, so dafs der Unfall glücklicherweise
ohne weitere schlimme Folgen vorübergegangen ist. Es handelte sich bei
den Erkrankten zweifellos um eine Kohlenoxydvergiftung, deren Ursache
in einer mangelhaften Verbindung des Ofens mit dem Ofenrohre zu
suchen war. Der Ofen, ein sogenannter Mantelofen, zeigte nach Ent-
fernung des Mantels einen ganz bedeutenden Defekt in der Wand des
104
inneren Mantels, also des eigentlichen Ofens. Es war hier das Blech auf
beiden Seiten durchgebrannt, so dafs beiderseits eine grobe Öfinnng ent-
standen war. Der Defekt in dem inneren Mantel war wahrscheinlich all-
mählich entstanden; solange nnn die Verbindung des Ofens mit dem Ofen-
rohr noch gat und demzufolge der Zug gegen das Kamin ziendich stark
war, wurden die Gase ins Kamin fortgerissen; nachdem aber die Verbindung
des Ofens mit dem Ofenrohr gelockert war, hörte dieser Zug gegen das
Kamin auf, die Kohle im Ofen verbrannte nur langsam, so daft sich statt
Kohlensäure Kohlenoxyd bildete, das durch die Defekte im inneren Mantel
in den Raum zwischen äufseren und inneren Mantel gelangte, hier empor-
stieg und sich der Luft des Schulzimmers beimengte. Interessant war
hierbei der Umstand, dafs sich die Lehrerin und die ohnmächtig gewordenen
Kinder nicht in der Nähe des Ofens, sondern in der diesem gegentlber
gelegenen Ecke des Zimmers befanden. Das giftige Gas ist daher Tom
Ofen an die Decke emporgestiegen, hat seinen Weg der Decke entlang
genommen und ist dann an der dem Ofen entgegengesetzten Wand des
Zimmers herabgesunken.
Sehnle und Alkohol. Vorschläge des Sehweiceriselieit Vereins
abstinenter Lehrer nnd Lehrerinnen. Diese Vorschläge lauten nach
dem ^Karrespondenzll. f. stud. Äbstin.'^ (1903, No. 4) folgendermalsen :
„a) Die lernende Jugend ist im Geiste der Enthaltsamkeit und
Nüchternheit zu erziehen. In den Schulbüchern sollen alle jene Kapitel,
in welchen die Alkoholika eine günstige Beurteilung erfahren und welche
in Widerspruch mit den Tatsachen über den Alkohol stehen, ausgeschieden
werden nnd durch solche, welche im Kampfe gegen die Trunksucht mitzu-
wirken bestimmt sind, ersetzt werden. Auf der unteren Stufe der Volks-
schule können die Grundsätze der Enthaltsamkeit im Anschauungsunterricht,
im Lese- und Schreibunterricbt den Kindern beigebracht werden; ein selb-
ständiger antialkoholischer Unterricht ist hier ausgeschlossen.
b) Auf der oberen Stufe der Volksschule ist den Kindern die Hygiene
so zu lehren, dafs ihnen klare Begriffe über den Wert der Erhaltung der
Gesundheit und die ünverletzlichkeit des Körpers, sowie auch über die
hohe Bedeutung der ununterbrochenen körperlichen und geistigen Vervoü-
kommnung beigebracht werden. — Die Gesundheitslehre sei nicht blofs
Hygiene des Körpers, sondern auch eine solche des Geistes; ein besonderes
Kapitel bildet die hygienische Bedeutung des Alkohols nach jeder Rich-
tung — der Alkoholismus mit all seinen Gefahren. — Die Schulbücher
sind bei Neuausgaben den wissenschaftlichen Ergebnissen der Alkohol-
forschung konform zu gestalten.
c) In den Seminarien sind die zukt&nftigen Lehrer und Lehrerinnen
für diesen Unterricht tüchtig zu machen, indem der bisherige anthropo-
logisch-physiologisch-hygienische Unterricht eine Ergänzung erhält in der
Hygiene des Alkoholismus.
d) Die gleiche Aufgabe wird den Mittelschulen zugewiesen.
e) An unseren höchsten Bildungsanstalten : Akademien, Hochschulen
u. s. w., kann der Alkoholismus auf jeder Fakultät seine Behandlung er-
fahren, denn ein allgemeines, in alle Gebiete des sozialen und wirtschaft-
lichen Lebens eingreifendes Übel soll auch von allen Seiten angegriffen
10b
und l)€hftinpft werden, sowoU Yon selten der Jnriöpmdenz, der Staats-
^konomie, der FhiloBophie, wie der Medizin und der Theologie.
f ) Bei den vom Bunde subventionierten Anstalten dttrfte das Vorgehen
des österreichischen Ministeriums ftr Kultus nnd Unterricht wegleitend
sem. In den bemf liehen Fortbildnngsschnlen mangelt überhaupt bis heute
im allgemeinen der hygienische Unterricht. In den hauswirtschaftlichen
Fortbildungs- und Berufsschulen mOlste die BerQcksichtigung der Hygiene
des AlkolU)lismus In der Gesundheitslebre von grolsem Erfolge be-
gleitet sein."
Hvtemtekuiig der ZSbne bei Sehvlkindern. Durch den Zahnarzt
Dr. KasIiEWSKI wurde mit Genehmigung der Schulbehörde im Laufe des
vorigen Sommers eine zahnärztliche Untersuchung sämtlicher Yolksschul-
kinder in Kbeydt vorgenommen. Diese Untersuchung hatte, wie die
^FSdOff. Bef," (1902, No. 53) berichtet, das betrübende Ergebnis, dais
von etwa 5900 Kindern nur 4,37 % ein vollständig gesundes Gebiis auf-
wiesen, während die übrigen Kinder zusammen etwa 30000 kranke Z&hne
hatten. Um dem Übelstand emigermafsen entgegenzutreten, wurden sfimt-
lieben untersuchten Kindern Zettel eingehändigt, in denen auf die Not-
wendigkeit einer rechtzeitigen und rationellen Mund- und Zahnpflege und
auf die einfachste Art ihrer Ausübung hingewiesen wird.
TsberknlSse Belastung; und Oltfenkrankheiten bei Sehnlkindern.
Prof. OSTMAKN hatte, wie er in der y^MOmh, med. Wochenschr.^ (1902,
No. 20) mitteilt, in Marburg sämtliche Volksschulkinder auf Krankheiten
des Ohres untersucht und hierbei gefunden, dafs von 7537 Kindern im
Alter von 5 bis 18 Jahren 2141 = 28,4 Vo ohrenkrank waren. Verfasser
beschränkte dann später seine Untersuchungen auf acht Landgemeinden,
von denen sämtliche Schulkinder, normal- wie schwerhörige, nach ihrer
FamilienzugehOrigkeit gruppiert und fQr jede der Familien festgestellt wurde,
ob tuberkulöse Belastung vorlag oder nicht. Im ganzen wurden 676 Kinder
vom 5. bis 13. Lebensjahre untersucht; 162 = 23,9^/0 derselben waren
schwerhörig, d. h. hörten auf einem oder beiden Ohren nur auf etwa ein
Drittel der normalen Entfernung oder weniger. Beim Vergleich mit der
tuberkulösen Belastung der Familien dieser Kinder ergab sich, dais: 1. die
tuberkulösen Familien prozentualisch doppelt soviel schwerhörige Kinder
haben als die gesunden Familien; 2. unter denjenigen Familien, welche
die relativ meisten schwerhörigen Kinder haben, sich auch relativ am
häufigsten tuberkulöse Belastung der Kinder (73,4%) findet; 3. unter den
tuberkulösen Familien sich bei deigenigen, welche die relativ gröfste Zahl
schwerhöriger Kinder haben, auch relativ am häufigsten die schwerste
Form der tuberkulösen Belastung des Kindes findet; 4. die tuberkulöse
Belastung, die Entstehung von Ohrenerkrankungen fördert und einen un-
günstigen Einfluis auf den Ablauf der entstandenen Ohrenerkrankung ausübt,
und zwar um so mehr, je schwerer die Belastung ist. Das Bindeglied
zwischen der tuberkulösen Belastung der Familien und den Ohrenerkran-
kungen der Kinder erblickt VeHasser in der erhöhten Vulnerabilität der
Nasen- und Bachenschleimhant, einschlielslich des in ihr eingeschlossenen
adenoiden Gewebes, und sodann in der geringeren Widerstand&raft des
Gesamtorganismus dieser Kinder gegen schädigende Einflüsse aller Art.
106
Über die schädlichen Folgen alkufrfihen Schnlbesnchs berichtet
Dr. A. Newsholme, med. off. of health for Brighton, im j^Publ Health^,
(XIV, Juli 1902.) Am Ende des Schuljahres 1900/1901 wurden die
Elementarschulen von England und Wales von insgesamt ca. 6700000 Scbul-
kindem besucht. Von diesen standen im Alter von 2 — 3 Jahren 3253,
3—4 Jahren 205744, 4—5 Jahren 418742, 5—6 Jahren 583167 Kinder.
Der Autor weist nun darauf hin, da£s dieser gar zu frühzeitige Schul-
besuch erziehliche Vorteile nicht bringt, jährlich dem Staate 1 Million
Sterling unnötige Kosten verursacht, die körperliche und seelische Ent-
wicklung der Kinder schädigt, die Morbidität an Infektionskrankheiten
erhöht und die allgemeine Mortalitätsziffer steigert.
Interessant ist, dafs in Schottland von allen Schulkindern nur 2,2 % das
Alter von fünf Jahren nicht erreicht hatten, während in England der Prozent-
satz 10,9 ist. Im Durchschnitt ist die schottische Bevölkerung trotzdem
weiter voran, besser erzogen, als die englische. Dazu kommt allerdings
auch, dafs für die geistige Entwicklung die häuslichen Verhältnisse dort
günstiger zu sein scheinen, als in England.
Die Luft in den Schulklassen bei den jüngsten Kindern ist bei einer
Schfilerzahl von 60 — 70 Kindern trotz aller Lüftungsvorrichtungen eine
hochgradig verdorbene. Die einfachste Häuslichkeit ist für die körperliche
Entwicklung der Kleinen günstiger, als solch eine überfüllte Klasse. Kommen
nun noch Infektionskrankheiten dazu, so ist der Schaden ein gewaltiger.
Nach der Erfahrung des Autors, als Medizinalbeamten, ist der Schulbesuch
unter fünf Jahren eine wesentliche Ursache dafür, dafs Masern, Scharlach,
Keuchhusten und Diphtherie so sehr rasch und in so verhängnisvoller
Weise epidemische Verbreitung erlangen.
Möglichst frühes Schliefsen der Schule hält Verfasser nach seiner
persönlichen Erfahrung für ein unzweifelhaft wirksames Mittel im Kampfe
gegen die einheimischen Infektionskrankheiten, insbesondere bei Diphtherie.
^Allerdings kommen auch nach Schlufs der Schule die Kinder in den
Nachbarhäusern und auf der Stra&e miteinander in Berührung, und es
scheint dem gesunden Menschenverstand zu widersprechen, eine Schule zu
schliefsen und dabei doch einen Verkehr in Haus und Strafse zu gestatten.
In der Praxis aber zeigt sich der Schulschlufs wirksam, und wenn es bei
Diphtherie nicht gelingt, das epidemische Ausbreiten durch Ausschlufs der
verdächtigen Kinder vom Schulbesuche einzudämmen, so gibt es kein
anderes so wirksames Mittel als den Schulschlufs. Gesunde und Kranke
kommen aufserhalb der Schule eben doch nicht in so nahe Berührung
als in derselben, besonders wenn sie zu 60 in einer Klasse zusammen-
sitzen. Dasselbe gilt für Scharlach in geringerem Mafsstabe, mehr für
Masern und Keuchhusten.*'
Verfasser empfiehlt Kleine-Kinder-Bewahranstalten, die derart zu stände
kommen sollen, dafjs sich in einer bestimmten Strafise die Mütter zu-
sammentun und abwechselnd die Fürsorge der eigenen und der fremden
Kinder übernehmen. Die zuständigen Orts- und Zentralbehörden sollten
aber unter allen umständen den Schulbesuch der Kinder unter fünf Jahren
um jeden Preis verbieten.
107
Ha^tt^tf^x^Hx^ti.
Eine Preisaufgabe Ar die Errichtnng Ten Fertbildnngssebnlen
ftr junge Mädeben ist yon der K. Akademie gemeiimütziger Wissen-
schaften zn Erfurt für das Jahr 1903 gestellt. Dieselbe lautet: „Es soll
die Notwendigkeit Ton Fortbildnngsschalen fOr die ans der Volksschule
entlassenen jungen Mftdchen begründet und die Organisation, sowie der
Lehrplan solcher Schulen den modernen Anforderungen entsprechend dar-
gelegt werden. ** Auf die beste der einlaufenden Abhandlungen ist ein
Preis von 500 Mark als Honorar gesetzt. Der Verfasser tritt das Eigen-
tomsrecht an die E. Akademie ab, welche ausschliefsllch befugt ist, dieselbe
durch den Druck zu yeröffentlichen.
Die Abhandlung ist sauber und deutlich auf gebrochenen Foliobogen
zn schreiben und in edler, allgemeinTerständlicher deutscher Sprache ab-
zufassen. Arbeiten unter 20 und über 50 Foliobogen, sowie solche, welche
den obigen Anforderungen nicht entsprechen, bleiben unberOcksichtigt.
Bewerber werden ersucht, ihr Manuskript in der Zeit Tom 1. Januar
bis zum 1. Februar des Jahres 1904 an den Königlichen Bibliothekar,
Herrn Oberlehrer Dr. Emil Stange in Erfurt, einzureichen. Dasselbe ist
mit einem Motto zu versehen, darf aber den Namen des Verfassers nicht
enthalten. Ein versiegeltes Gouvert ist beizufügen, welches die vollständige
Adresse des Verfassers und das gleichlautende Motto enthält.
Die Bewerber werden im Laufe des Sommers 1904 von dem durch
das Preisrichter-EoUegium gefällten Urteil in Kenntnis gesetzt. Die nicht
prämiierten Arbeiten werden vernichtet, falls nicht die Verfasser bei der
Einrdchnng ihrer Abhandlung unter Beifügung des Portobetrages den aus-
drücklichen Wunsch erklären, dieselben zurück zu erhalten. Auf weiteren
Schriftwechsel wird sich die K. Akademie nicht einlassen.
(Mitget. V. Dr. med. AxMANN-Erfnrt.)
Eine nene schnlhygienische Zeitschrijft gibt unter dem Namen
„Blätter für Schulgestmdheitspflege und Einderschute^ die schweizerische
Gesellschaft für Schulgesundheitspflege mit Beginn dieses Jahres heraus.
Dieselbe erscheint als Beilage zur ,, Schweiz. Lehrerzeitung'' unter der
Redaktion des Züricher Schularztes Dr. Kraft, zunächst nur sechsmal des
Jahres im Umfange eines Druckbogens. Die „Blätter*^ sind bestimmt zur
Orientierung der Leser in den einschlägigen Fragen, hauptsächlich auf dem
Gebiete der Schweiz, aber auch des Auslandes; aufserdem sollen sie den
Mitgliedern der Gesellschaft und anderen Interessenten zum gegenseitigen
Meinungsaustausch und dem Vorstande zur Bekanntgabe von Mitteilungen
an die Mitglieder dienen. Es sollen zur Veröffentlichung kommen — und
zwar teils in deutscher, teils in französischer Sprache — Originalarbeiten,
Berichte, amtliche Erlasse und Mitteilungen in mäfsigem umfange aus
folgenden Gebieten: a) Schulhaus« und Tumhallenbau, Schulmobiliar;
108
b) Unterrichtshygiene; c) physische Erziehung der Jugend; d) Hygiene des
Lehrers; e) ärztliche SchnlanMcht; f) Bestarebnngen anf dem Grebiete der
öffentlichen und prifaten Jngendftrsorge (Kinderschntz) ; g) Literator. —
Wir können uns nnr frenen Aber diese neue literarische Erscheinung anf
dem Gebiete der Schnlgesondheitspflege in der Schweiz; sie wird gewiss
zur Propaganda richtiger Anschannngen anf diesem Gebiete unter der
schweizerischen Lehrerwelt wesentlich beitragen. Wir wttnschen dem
jüngeren Bruder GlQck und Gedeihen. (D. Red.)
BygLeniaehe Untemehtaknrse ftr Lehrer werden in New York
Torbereitet. In 25 Übungen sollen — wie wir den ^Medic. News*' (No. 2)
entnehmen — die Lehrer vertraut gemacht werden mit Schnl-Psychologie,
-Physiologie, -Bakteriologie, mit der Theorie und Praxis des Turnunterrichts,
mit den Grundsätzen der körperlichen Ausbildung Oberhaupt.
Hygieniaehe Spueknftpfe in den Wiener Sehnlen. In einer
Sitzung des Bezirksratea Neubau (7. Wiener G^meindebezirk) wurde un-
längst ein Antrag wegen Aufstellung hygienischer Spucknäpfe in den Schulen,
Amtsgebäuden und insbesondere in den MarkthalleUi sowie Erlassung eines
Verbotes des Spuckens anf den Boden einhellig angenommen.
Hierzu soll bemerkt werden, dab die Spucknäpfe, wenn sie aus billigem
Stoffe angefertigt sind, beispielsweise aus Papiermache und mit Holzwolle
versehen, am ehesten entsprechen durften, da man dieselben mit Rdcksicht
auf ihre geringen Kosten, die sich nicht viel höher stellen, als die der Des-
infektionsmittel, verbrennen kann. (Mitg. v. Dir. E. BAYB-Wien.)
Eine Hilbschale für achwachbefUiigte Kinder sollinWandsbek
eingerichtet werden, zunächst einklassig, ftlr etwa 25 Knaben und Mädchen
aller Altersklassen gemeinsam.
Jugendfürsorge in Breslau. In Breslau hat sich, wie die „&>jer.
Praxis^ (No. 17) mitteilt, aus Lehrerkreisen eine Vereinigung gebildet
mit dem beachtenswerten Ziele, systematisch eine nähere Verbindung mit
den Eltern oder Pflegern der Schulkinder anzustreben und gemeinsam mit
diesen nicht nur die geistige, sondern auch die sittliche Entwickelung der
Kinder zu fördern. Zu diesem Zwecke soll einmal jeder Lehrer in der
Klasse die Entwickelung jedes Kindes genau überwachen und, sobald irgend
welche GrOnde eine körperliche oder sittliche Gefthrdung befürchten lassen,
sofort mit den Eltern oder Pflegern in Verbindung treten, um diese Aber
ihre Erziehungspflichten zu belehren. Nutzen solche Belehrungen nichts,
so ist der Schulbehörde Meldung zu machen. Sodann soll die Schule die
Kinder bei der Berufswahl unterstfltzen. um dies in wirksamer Weise
zu ermöglichen, soUen vor den Abgangsterminen Aufirufe erlassen werden
um Anmeldung freier Lehr- und Dienststellen, die dann von den Lehrern
näher geprüft werden. Die Eltern sollen über die wichtigsten allgemeinen
Grundsätze bei der Berufswahl aufgeklärt werden. Für die Fälle äuDserster
Armut der Eltern ist reiche Beihilfe der städtischen Armenpflege vorgesehen.
Endlich soll auch den Eltern beim Übertritt des Kindes in eine andere
Unterrichtsanstalt mit Rat zur Seite gestanden werden. — Wenn auch
durch diese Bestrebungen nichts absolut Neues geschaffen wird, so ist doch
zu erhoffen, dafs durch sie die bisher vorhandenen Einzelbemühnngen ein-
heitlicher und somit für die Gesamtheit fruchtbringender gestaltet werden.
109
Eile Setatstalle auf den Seknlkofo wül, wie wir der nSoc.
Braxi$^ eotnehmen, die stftdtische Schnlverwaltang Berlins znnftchst ver-
sachsweise bei dem neaen Gremeindeschnlhaase heisteUen, das in der Pntt-
bnser Strasse errichtet werden soll. Darch eine offene Halle soll ein Teil
des Schnlhofes fiberdacht werden, nm es möglich zu machen, dafs die
Schulkinder auch bei Begenwetter sich während der ünterrichtspaosen im
Freien aofhalten kOnnen. Den Bewegungsspielen der nnteren Klassen nnd
besonders den Nebenklassen ffir schwachbefilhigte Kinder, deren in dem
neuen Schnlhanse sechs eingerichtet werden sollen, wird die geplante Schntz-
halle sehr zn gnte kommen.
Eiae gbuliehe Abachaffani; der TriakgefEase wird nach dem
qJbunt. of Üie AsHer. med, Assoc.^ in den Chicagoer Schulen geplant.
Man beabsichtigt Fontainen anzulegen, deren besondere Konstruktion es
den Schfllem ennOgUchen soll, ihren Durst ohne Zuhilfenahme eines Bechers
oder Glases zu löschen.
Die TraehOBierkraakaagen ia dea New Yorker Sehalea mehren
sich, wie wir dem ^Jaum, of ihe Am. med. AssJ^ entnehmen, in so be-
ängstigender Weise, dais das Gesundheitsamt mehrere Ophtalmologen zu
einer Konferenz berufen hat, um aber geeignete Maisnahmen gegen eine
weitere Verbreitung dieser Krankheit zu beschliessen. Seit £röffiiung der
Schulen in diesem Herbst sind nicht weniger als 6667 Kinder wegen
Augenkrankheiten Tom Unterricht ausgeschlossen worden. Eine amtliche
Statistik der in yerschiedenen ärztlichen Instituten behandelten Trachom-
Me ergibt fOr 1901 gegen 460, für 1902 aber 1 673 Erkrankungen.
iXnttliifie Herfäjttttjett.
Erlarg deg Ministers der geistlichen, Unterrichts- aad Medizinal-
Aigelegeakeitea, betreffead Baa aad Einrichtaag l&adlieher Volks-
sehalhlaser, vom 20. Dezember 1902.
Aus den auf den Runderlals vom 15. November 1895 — U IIIE
7422 G m A I — erstatteten Berichten der Königlichen Regierungen habe
ich mit Befriedigung ersehen, dals die Bestimmungen der mit diesem
Erlasse mitgeteilten Denkschrift über Bau und Einrichtung ländlicher Volks-
schnlhänser in Preulsen sich in ihrer Anwendung im ganzen bewährt haben,
und dals ein Bedürfnis zur Abänderung oder Ergänzung dieser Bestim-
mungen oder der ihnen beigegebenen Muster- Entwürfe im allgemeinen jsur-
zeit nicht Yorliegt.
Wenn von einigen Seiten bezüglich einzelner Anordnungen Ein-
wendungen und Abändemngswünsche Torgetragen sind, so beruhen dieselben
znm grölseren Teil auf einer Yerkennung der Absicht, welche für die
110
Denkschrift nnd die Aufstellung der ihr heigegehenen Mnster-Entwflrfe
leitend war, nnd welche dahin ging, zn zeigen, wie vielseitig sich Gnmdrils
und Anfhau der Schnlhänser gestalten lassen. Weit entfernt, den Muster-
Entwürfen die Bedentnng bindender Normalien zu geben, sollte allein die
Erftdlung der bezeichneten hygienischen schul- und bautechnischen An-
forderungen bei der Ausführung der Schulbauten sichergestellt, im übrigen
aber für diese in jenen Entwürfen lediglich eine Reihe von Beispielen
mitgeteilt werden; denn es ist naturgemäis nicht wohl möglich, für alle
Fälle verwendbare Entwürfe zu geben. Die Art der Ausführung wird sich
vielmehr im Einzelfall nach dessen besonderen Verhältnissen zu richten
haben. Ich kann es aber auch nur als erwünscht bezeichnen, wenn sich
die Ausführung in Bauart, Ausstattung u. s. w. tunlichst den örtlichen
Verhältnissen anpafst, und damit nach Möglichkeit Beschwerden vorgebeugt
wird, wie sie in neuerer Zeit auch im Landtage laut geworden sind. In
dieser Beziehung erwarte ich daher, dafs die in dem Kunderlasse vom
15. November 1895 und der Denkschrift enthaltenen Weisungen, wonach
die Entwurfsbeispiele den örtlichen Bedürfnissen derart anzupassen sind,
dafs der Bauausführung hinsichtlich der Anwendung und Erhaltung des
Ortsüblichen volle Bewegungsfreiheit gewährt wird, entsprechende Beachtung
finden.
Einzelne Regierungen haben darauf hingewiesen, dafs die Ma&e der
in den Entwurfsbeispielen vorgesehenen Eingangsilure bei Anbringung von
Vorrichtungen zum Aufhängen der Überkleider nicht ausreichen. Dieser
Hinweis erscheint zutreffend. Eine in mäfeigen Grenzen gehaltene Er-
weiterung der Flure kann deshalb in Fällen, wo derartige Vorrichtungen
gewünscht werden und nicht etwa anderweiten Bedenken (z. B. Diebstahls-
gefahr) begegnen, gut geheimen werden.
Von anderer Seite sind Wünsche im Interesse einer Erleichterung der
Erwärmung der Elassenräume geäufsert und durch die Besonderheit der
kb'matischen Verhältnisse bestimmter Gegenden begründet worden. Um
diesen Wünschen entgegenzukommen, will ich mich damit einverstanden
erklären, dafs unter derartigen Verhältnissen, sofern im Einzelfall die hin-
reichende Beleuchtung der Elassenräume durch die freie Lage des Schul-
hauses gesichert ist, das für die Fensterfläche vorgeschriebene Mindestmafs
auf ^/e der Bodenfläche des Klassenraumes herabgesetzt, und das Mindest-
mafs von 3,20 m für die lichte Höhe des Elassenraumes auch dann zuge-
lassen wird, wenn bestimmungsmäßig ein höheres anzuwenden sein würde.
Im übrigen aber wird auch fernerhin an den Grundsätzen des Rund-
erlasses vom 15. November 1895 und der zugehörigen Denkschrift fest-
gehalten werden müssen. Insbesondere wird eine ErmäTsigung der unter
Ziffer 1 — 4 dieses Runderlasses gestellten hygienischen, bau- und schul-
technischen Forderungen nicht eintreten können. Es gilt dieses, wie ich
ausdrücklich gegenüber abweichenden Wünschen hervorhebe, namentlich
auch hinsichtlich der Lüftungsvorrichtungen und Isolierschichten. Anderer-
seits können, wenigstens bei den mit staatlicher Beihilfe auszuführenden
Schulbanten, Wünsche, welche hinsichtlich des Umfanges und der Aus-
stattung der Gebäude über die in der Denkschrift gezogenen Grenzen
hinausgehen, • nur bei ganz dringenden Anlässen berücksichtigt werden.
111
Dabei wird indessen nicht anlser acht zn lassen sein, dafs die Denk-
schrift nur Landschalhänser kleinerer Gattung im Auge hat. Ihre Be-
stimmungen können daher bei vielklassigen Schnlhänsem mit zwei und
mehr Geschossen neben dem Erdgeschosse nicht ohne weiteres in Betracht
kommen. In solchen Fällen kann vielmehr nur ihre sinngemäCse An-
wendung in Frage kommen, während im flbrigen die im Interesse der
Verkehrssicherheit fOr Gebäude mit Yersammlungs- u. s. w. Räumen ge-
gebenen Vorschriften vom 1. NoYember 1892 entsprechend anzuwenden
sind. In derselben Weise haben die Bestimmungen der Denkschrift auf
städtische Schulen Anwendung zu finden, wobei namentlich diejenigen
hygienischen sowie bau- und schultechnischen Charakters in Betracht
kommen.
Ich nehme in diesem Zusammenhange Veranlassung, auf die Not-
wendigkeit grOndlicher, in angemessenen Zeiträumen zu wiederholender
Reyisionen der Schulen in Bezug auf ihre bauliche Unterhaltung und Instand-
setzung hinzuweisen. Soweit die Aufsicht der Schulvorstände bezw. die
kommunale Aufsicht sich in dieser Hinsicht nicht als ausreichend erweisen
sollte, werden die Orts- bezw. Ereisschulinspektoren ihr Augenmerk auch
hierauf zu richten und, falls den gerügten Mängeln seitens der Baupflichtigen
nicht alsbald abgeholfen wird, der Königlichen Regierung behufs Veran-
lassung des Erforderlichen zu berichten haben. Zugleich werden die Lehrer
mit der Weisung zu versehen sein, die ihrerseits bemerkten Baumängel
bei der zuständigen Behörde rechtzeitig zur Anzeige zu bringen und sich
dabei gegenwärtig zu halten, dafs die verspätete Beseitigung ursprünglich
unbedeutender Mängel mit vermehrten Kosten verbunden ist.
Endlich ist noch hervorzuheben, dafs sich unter Umständen da, wo
es sich um die Beschaffung von Interims-Schulräumen handelt (bei elemen-
taren ünglOcksftQlen, Epidemien, starker Elassen-Überftülung und anderen
Anlässen), die Beschaffung der neuerdings von mehreren Fabriken herge-
stellten transportablen Schulbaracken möglicherweise, namentlich in den
Bezirken, zu empfehlen ist, in denen mit einer wiederholten lohnenden Ver-
wendung gerechnet werden kann.
Einem weiteren Berichte über die Bewährung der Bestimmungen der
Denkschrift vriU ich nach Ablauf von fünf Jahren entgegensehen.
Berlin, den 20. Dezember 1902.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinal- Angelegenheiten.
Stüdt.
An die Königlichen Regierungen,
ü IDE 9136.
Selialfesandheiiipfl«ge. XVI.
112
Die Begnadi^Dg venirteilter Jugendlicher.
Yerordnnng des österreichischen Jastizministeriams Tom
26. November 1902.
An alle Gerichte und Staatsanwaltschaften.
unter der grolsen Zahl der Jagendlichen, die dorch Aasschreitnngen
der verschiedensten Art gegen die bestehenden Strafgesetze verstolsen, be-
finden sich viele, welche weniger aas Verderbtheit der Gesinnung, als in-
folge Unbesonnenheit, VerfObrnng and Mangel an Reife handein. Manche
anter ihnen haben zwar jene Altersgrenze erreicht, die sie nach dem Ge-
setze verantwortlich macht, sie sind aber in ihrer seelischen Entwicklang
zorfickgeblieben, so daTs sie entweder die Tragweite ihrer Handlangen nicht
za erfassen vermögen oder aber noch nicht die nötige Willenskraft erlangt
haben, am aagenblicklichen Regungen Widerstand zu leisten.
Bei vielen dieser straffällig gewordenen Jagendlichen bedarf es weder
einer Zwangserziehung, noch aber des YoUzuges der verwirkten Strafe, am
sie von weiteren gesetzwidrigen Handlangen abzuhalten. Das gegen sie
durchgefllhrte Strafverfahren, der Urteilsspruch genttgt als ernste und ein-
dringliche Mahnung zur Umkehr. Bei solchen Jugendlichen erweist sich
oft der Vollzug einer Freiheitsstrafe als eine Härte, die infolge des damit
verbundenen Makels, infolge des tiefen, nachhaltenden Eindruckes auf ein
jugendliches Gemflt eine Wirkung üben kann, deren Vermeidung zu den
Aufgaben einer vom Geiste der Menschlichkeit getragenen Strafirechtspfiege
gehört.
Bei den von den Gerichten zu stellenden Gnadenanträgen sollen
im wesentlichen folgende Grundsätze massgebend sein:
1. In erster Linie sind jene Unmündigen im Alter von 10 — 14
Jahren zu berücksichtigen, die auf Grund der Bestimmung des § 269a
St.-G. wegen an sich verbrecherischer Handlungen von den Gerichten za
bestrafen sind, bei denen jedoch nach den Umständen des Falles weder
der Vollzug der gemäss § 270 St.-G. auszusprechenden Verschliefanng,
noch die Abgabe in eine Besserungsanstalt gemäfe § 8 des Gesetzes vom
24. Mai 1885, R.^G.-B1. No. 89, dem Strafrechtszwecke förderlich er-
scheint. Zurückgebliebene körperliche und geistige Entwicklung, auf das
jugendliche Alter zurückzuführende Beweggründe zur Tat, Reue, ausrei-
chende häusliche Zucht werden genügende Anhaltspunkte dafür geben, ob
der Verurteilte des gnadenweisen Erlasses der Strafe würdig erscheint.
2. Als nächste Altersstufe kommt jene vom 14. bis zum vollendeten
16. Lebensjahre in Betracht. In der Regel ist daran festzuhalten, dafs
der Verurteilte noch nicht gerichtlich vorbestraft sein und daTs die aus-
gesprochene und nachzusehende Strafe drei Monate Freiheitsstrafe oder
500 Kronen Geldstrafe nicht überschreiten darf.
Nur in Ausnahmefällen, wenn eine Vorbestrafung ganz geringfügiger
Natur war, ist von der Voraussetzung der Unbescholtenheit abzusehen, all-
gemein ist aber zu beachten, dafs es nicht blols auf die formelle Tatsache
des Mangels einer Vorstrafe, sondern vorzüglich auf eine voraosgegangene
sittliche und ehrliche LebensfQhrung ankommt.
113
Das G^mdit mu& ans den ümstftiideB des Falles die Überzengug
eiiangt haben, dafa es im gegebenen Falle des Straf?ollzagee nicht bedarf.
Die Art und Schwere der strafbaren Handlung, ihre Nebennmstflnde, ihre
Beweggründe, das der Tat folgende Verhalten des Tftters werdra einer
sorgfiUügen Prflfnng zu unterziehen sein.
3. unter den nnter 2 bezeichneten Yoranssetzimgen können auch
Jugendliche in Alter ymn 16. bis zom yollendeten 18. Jahre der gnaden*
weisen Strafiiachsicht empfohlen werden, wenn sie infolge znrflekgebliebener
Entwicklung in Bezng anf Verstand und Willenskraft Jugendlichen der
erwähnten Altersstufen g^eichznachten sind.
4. Das Verfahren richtet sich im allgemeinen nach den im § 411
St.-P.-0. gegebenen Vorschriften. Es ist jedoch ein Gnadengesoch des
Yerarteilten nicht abzuwarten, das Gericht hat yielmehr entweder sofort
anläislich der UrteilsiUlung oder aber nach derselben loa Amtswegen bei
Yorfaand^isein der Voraussetzungen Beschlufe Aber die Frage zu fiesen,
ob die gnadenweise Nachsicht der ausgesprochenen Strafe zu beantragen
sei. Soweit dies ohne Verzögerung des Verfahrens möglich ist, sind die
gesetdiclaen Vertreter des verurteilten Jugendlichen einzuyemehmen und
zur Äusserung aufzufordern. Jedenfalls sind jene umstände festzustellen,
die zur Stellung des Gnadenantrages Anlals geben.
Da es sich hier um die Durchfahrung von Weisungen handelt, die
in Ausabong des in Artikel 13 des Staatsgrundgesetzes über die richter-
liche Gewalt vom 21. Dezember 1867 vorgesehenen Gnadenrechtes ergehen,
so ist in jedem Falle der Stellung eines Gnadenantrages dieser Art mit
dem Strafvollzüge innezuhalten.
Die Begründung der Verordnung nimmt RQcksicht auf die gesamte
öst^reichische Strafgesetzgebung seit Maria Theresia, auf die Behandlung
jugendlicher Personen nach dem deutschen und französischen Rechte und
konunt sodann zur Besprechung der bedingten Verurteilung oder des be-
dingten Straferlasses. Die Begründung verweist auf die Erfahrung aller
Länder, dafis der Vollzug von Freiheitsstrafen gegen Jugendliche nur zu
leicht statt des erhofften günstigen Einflusses eine geradezu verderbliche
Wirkung ausüben kann. In der Mehrzahl der Staaten konnte das Gefäng-
niswesen mit Rücksicht auf den damit verbundenen Kostenaufwand noch
nicht allgemein dem Strafvollzug an Jugendlichen entsprechend eingerichtet
werden. Mit der Absonderung Jugendlicher von Erwachsenen ist die Auf-
gabe nicht erfüllt; denn es ist nicht zu übersehen, dafs auch die Gemein-
schaft abgestrafter Jagendlicher für sittlich unverdorbene, nur eines Fehl-
trittes schuldige Jugendliche groise Gefahren in sich birgt. Andererseits
ist die Anwendung der Einzelhaft gegenüber Jugendlichen vielfach unzweck-
mäfsig oder geradezu unanwendbar.
„Aus diesen Gedanken heraus sind^, fährt die Begründung fort, „die
Einrichtungen der bedingten Vemrteilung und des bedingten Straferlasses
entstanden. Zunächst wurde dieser Gedanke in Amerika verwirklicht,
wenn auch nicht ausschliefslich in Bezug auf Jugendliche. Der Unterschied
zwischen bedingter Vemrteilung und bedingtem Straferlafs besteht im
wesentlichen darin, dafs nach Ablauf der Bewährungsfrist bei der ersteren
Strafe und Verurteilung, bei der zweiten blofs die Strafe in Wegfall
114
kommt. Gegenwärtig ist man fast ausnahmslos anf das System des be-
dingten Straferlasses übergegangen. Der bedingte Straferlais fand auch in
Europa, insbesondere in England, Belgien nnd Frankreich Eingang. Gegen
ihn bestehen in Bezug auf seine praktische Durchführbarkeit sehr erheb-
liche Bedenken. Vor allem kommt die Gefahr einer ungleichmftfsigen An-
wendung in Betracht, die den Anschein der Willkür und der Beyorzugong
einzelner erwecken kann. Noch gröfser erweist sich die Gefahr, welche
in der Überwachung des bedingt Verurteilten während der ihm gesetzten
Bewährungsfrist für ihn selbst liegt. Es ist schwer yermeidlich, dals in
grolsen Staaten, in welchen eine derartige Überwachung einer gröfseren
Zahl von Organen übertragen werden muls, die Wohltat der bedingten
Verurteilung oder des bedingten Straferlasses durch Ungeschicklichkeit in
der Handhabung zu einer schweren Schädigung des Überwachten in seinem
Fortkommen führen kann. Auch stieCs die Festsetzung der Bedingungen,
Yon welchen die Verwirkung der Rechtswohltat abhängig zu machen war,
überall auf groCse Schwierigkeiten. So wenig nämlich allgemein eine neaer-
liche Straffälligkeit wegen irgend einer geringfügigen Gesetzesübertretnng
diese Verwirkung begründen konnte, so wenig bot der Mangel der Be-
gehung einer strafbaren Handlung innerhalb der Bewährungsfrist wirklich
Garantie für die eingetretene Besserung. Der bedingt Verurteilte, der
während der Bewährungsfrist einen liederlichen, unsittlichen Lebenswandel
führt, ohne eine strafbare Handlung zu begehen, ist zweifellos des Straf-
erlasses minder würdig, als deijenige, der bei einem geordneten Lebens-
wandel sich einer geringfügigen Übertretung schuldig macht.
In Deutschland wurde ein wesentlich anderer Weg eingeschlagen,
indem dort in den meisten Bundesstaaten unter bestimmten Voraussetzungen
zunächst der bedingte Aufschub des Strafvollzuges im Wege der Justiz-
verwaltung angeordnet wird und sodann nach erfolgreichem Ablauf einer
Bewährungsfrist die «Begnadigung durch den Landesfürsten eintritt. Auch
dieser Weg unterliegt den sich aus der Überwachung ergebenden Bedenken,
er hat jedoch den Vorzug der Erzielung einer von einheitlichen Gesichts-
punkten getragenen Durchführung; im wesentlichen ist die bedingte Be-
gnadigung in Deutschland auf Jugendliche beschränkt.
Es war noch ein anderer Weg gangbar, erstbestraften, besserungs-
fähigen Jugendlichen den Strafvollzug ohne Gefährdung des Strafzweckes
zu ersparen. Diesen Weg hat die zufolge kaiserlicher Entschliefsung vom
24. November 1902 erlassene Justizministerial- Verordnung vom 25. Novem-
ber 1902 betreten. Es ist dies der Weg unbedingter Begnadigung solcher
Jugendlicher. In dem Falle, als sich der Begnadigte des Erlasses der
Strafe durch neuerliche Begehung einer strafbaren Handlung unwürdig er-
weist, kann dieser Umstand im Bahmen des bestehenden Strafgesetzes be-
rücksichtigt werden, indem er als Rückfälliger zn behandeln ist. Dieser
Weg erscheint einfacher und zugleich auch insofern zweckmässiger, als dem
Verurteilten die mit der Überwachung verbundenen Gefahren erspart bleiben.*"
{„IVemdennBlatt'' , 30. Nov. 1902.)
116
fiteratitr
Besprechungen.
Spitzneb, A., Dr. Die pädigogisehe Patholope im Seminarnnter-
rieht. Gotha, £. F. Tiedemann, 1902. 8^. 67 S. JA —.70.
Die Yon L. Stbumpell als Wissenschaft gegrflndete pädagogische
Pathologie, d. h. die Lehre Yon den Einderfehlem, hat in dessen Schfiler
Dr. Spitzneb einen wannen Vertreter gefnnden. Eine derartige Materie will
richtig angefa&t sein, sie will einen überlegenen Interpreten haben, damit
für die Praxis ein Nutzen herausschane. Als solcher Interpret hat sich
Dr. Spitzneb anch mit dieser Arbeit erwiesen; er hat des Pndels
Kern aufgegriffen und im Gegensatz zn yielen seiner Kollegen klar ond
denüich es ausgesprochen, dafe auch auf dem Gebiete der pädagogischen
Pathologie es nur eine goldene Mittellinie geben könne, dab Pftdagogie
und Medizin in gegenseitiger Anlehnung einander ergänzen mflisten, dab
aber trotzdem das „Suum cuique", Jedem das Seine, im Auge behalten
werden könne. Nur der Boden der Gleichberechtigung yon Medizin und
Pftdagogie auf dem Gebiete der pädagogischen Pathologie, meint Dr. Spitzneb,
lasse Erspriefeliehes, für die Praxis Brauchbares wachsen. Er erzählt ^us
seiner Lehrthätigkeit — es ist der einfachste Fall — , d<ifs unter seinen
Augen eine Schfllerin erblindete, die immer eine schlechte Leserin war und
deshalb manchen Tadel hat hinnehmen müssen. Von einem übereifrigen
Lehrer wurde dasselbe Mädchen wegen vermeintlicher Dickfelligkeit, Faul-
heit und Faselei mit kräftigen Ohrfeigen gestraft. Ein Arzt stellte in der
Folge ein der Erblindung rasch entgegengehendes Augenübel fest. Wenn
der Verfasser die Überzeugung in vielen Sätzen ausspricht, da(s die medi-
zinische Pathologie den Lehrer in Beurteilung von Einderfehlem unter-
stützen müsse, so wiU er nichts anderes, als was die iürzte auch wollen —
er wiU haben, dab der Lehrer vom Arzt zu beraten und aufzuklären sei,
damit er in Erkenntnis der Grundursachen der Einderfehler bei Behandlung
der Einder keinen faux pas mache. Ich glaube, daCs der Verfasser etwas
Schwarzseher ist, wenn er die medizinische Literatur anklagt, sie folge
einer „starken Strömung, die die Rechte der pädagogischen Wissenschaft
wenig respektiere und auf deren Gebiete diktatorisch auftrete".
Sehr treffend nennt Sp. die pädagogische Pathologie ein stereoskopi-
sches Bild, das bei binokularem Sehen sich als reines dem Beschauer dar-
bieten müsse, wohl deshalb, weil das medizinische Bild sich mit dem
pädagogischen genau decke. „Der pädagogischen Arbeit auf Grund der
zum Zwecke der Schulgesundheitspflege veranstalteten Untersuchungen der
Schulkinder fällt die wichtige Aufgabe zu — meint Dr. Sp. mit voUem
Recht — , die geistigen Anomalien der Einder zu konstatieren, um im
Vergleich und sie im Zusammenhang mit den vom Arzt festgestellten körper-
lichen Anomalien so zu beurteilen, dals eine wissenschaftlich stichhaltige
116
Grundlage gewonnen wird, von der aas die Praxis der Unterrichts- nnd
Erziehnngshygiene den einzelnen Fall behandeln kann." Der Mediziner steUt
odt Hilfe des Lehrers seine Ätiologie fest und baut anf 6mnd dieser nnd
der Symptome die Diagnose auf; der Pädagoge dagegen l&lst mit Hilfe der
Diagnose des Arztes seine Behandlung dem Kinde in indiTidoalisierender
Weise zu teil werden. — Manchmal, ich gebe es gerne zu, kommt der
Pädagoge auf dem Grenzgebiete in den Gau des Arztes, wie dieser zuweilen
in das Gebiet der Pädagogie eindringen wird. Wird jeder sich seines
Obertrittes bewulst und tritt er sofort den Rückzug an, so wird es wohl
zu keinen Kollisionen kommen. Lasse man dem Lehrer seine Kompet^izen,
wie der Arzt die seinigen beansprucht; in yerträglicher Weise teile jeder
Arzt und Lehrer dem anderen seine Erfahrungen mit, dann wird das Kind
dem Eltemhause und dem Staat den besten Erfolg bringen. Der Arzt bedarf
des Lehrers in Beurteilung des Einzelfalles, wie der Lehrer den Rat und
das Urteil des Arztes bei pädagogischer Behandlung des kranken Ejudes
notwendig hat. Daher wünscht auch Sp., dafs die pädagogische Pathologie
als Wissenschaft an den Lehrerseminaren gelehrt werde. Dieser Wunsch
ist in Preulsen schon zur Wirklichkeit geworden, indem dort die Neu-
ordnung der Lehrerseminare bestimmt, dafe in der Psychologie die Ent-
wickelung des seelischen Lebens der Kinder in ihrem normalen Verlauf
und in ihren wichtigsten pathologische Zuständen zum Verständnis zu
bringen sei.
Ich freue mich, mit der Schluisthese Dr. Spitznbbs — No. 1, 2 und 3
liegen auiserhalb des schulhygienischen Gebietes — meine volle Überein-
stimmung aussprechen zu können. Dieselbe heilst: „Bei der Seminar-
ansbildung ist besonderer Wert darauf zu legen, dafs der Schüler die Be-
dingungen kernen lernt, unter denen ein ersprielsliches Zusammenwirken
des Lehrers und Schularztes auf dem gemeinsamen, die körperiiche und
geistige Gesundheit der Schulkinder betreffenden Gebiete der Schulhygiene
möglich wird.'' Dr. Baub, Seminararzt in Schwäb.-Gmünd.
Dr. Fb. Schmid, Direktor des Schweiz. Gesundheitsamtes in Bern. Die
sehulhygieuisehen VorschrifteB in der Schweu. Zusammengestellt
auf Anfang 1902. Anhang zum Jahrbuch der Schweiz. Gesellschaft f.
Schulgesundheitspflege. IL Teil. 1901. Zürich, Druck y. Zürcher &
Furrer, 1902. 439 Seiten. Preis 6 Frcs.
Das Sammelwerk gibt in gedrängter Zusammenstellung alle das Gebiet
der Schulgesundheilspflege berührenden Gesetze, Verordnungen und sonstigen
Erlasse sowohl des Bundes als der einzelnen Kantone und bietet somit
für das Schulwesen der Schweiz ein vollständiges und übersichtliches Nach-
schlagebuch, das auch in anderen Kulturstaaten bei vergleichenden Studien
auf schulhygienischem Gebiet treffliche Dienste leisten wird. Die ersten
16 Seiten enthalten ein Verzeichnis der in Betracht kommenden Gesetze
und Verfügungen, mithin eine Art Quellenangabe. Der Hauptteil bringt
eine systematische Übersicht der einzelnen in jenen Gesetzen enthaltenen
Vorschriften, geordnet nach folgenden Hauptgmppen: Das Schulhaus, das
Schuhnobiliar, Schulpflicht und Schulzeit, Schülerzahl pro Klasse und Ge-
schlechtertrennung, Unterricht, Handarbeitsunterricht, körperliche Erziehung,
117
UBterricht in der Gesnndheitslehre, Strafen, spezielle Vorkehrungen fltar
geistig anormale Kinder, Ftlrsorge fQr arme oder verwahrloste Kinder,
KLeinkinderschnlen, Ma&nahmen betr. ansteckende Krankheiten, erste Hilfe
bei ünglttcksfUlen, Unfallyersichening, sanitarische Schulanfsicht, Pri?at-
sdinlen.
Die meisten dieser Kapitel sind in eine Reihe Unterabteilungen ser-
1^, und in jeder der letzteren sind zunächst die allgemein gOltigen
Bnndesgesetze und -Verordnungen, soweit solche fftr das in Frage stehende
Thema vorhanden sind, und sodann die Ortlichen kantonalen Verfflgungen
der Reihe nach im Wortlaut angeführt. Ein zusammenfassender and ver-
bindender Text oder eine Kritik sind nicht gegeben.
Da ein Auszug aus solchem Werk unmöglich ist, so sei es erlaubt,
einige kleine Stichproben herauszugreifen, die zugleich die Mannigfaltigkeit
der Vorschriften in den einzelnen Kantonen und die Fülle des Materials
andeuten mögen, welches der Verfasser zu bewältigen hatte.
Über Instandhaltung und Reinhaltung des Schulhauses
(S. 90 — 109) liegen von selten des Bundes keine Verordnungen vor.
Basel-Stadt läfst täglich alle Schulzimmer und Nebenräume (Gänge, Treppen etc.)
feucht kehren und das gesamte Schuhnobiliar feucht wischen, die Turnsäle
sollen überdies des Mittags noch ein zweites Mal feucht aufgewischt werden.
Ebenso schreiben tägliches feuchtes Kehren aller Schulräume vor die
Kantone Genf und Waadt. In Freibarg soll dies täglich durch die Schüler
selbst unter Aufsicht des Lehrers geschehen! Dreimal wöchentlich sollen
die Schulräume in analoger Weise gesäubert werden in den Kantonen Zürich,
Stadt Winterthur, Stadt Bern, Schaffhausen, Aargau und Thurgau. Zweimal
wöchentlich stattfindende Reinigung sind als Mindestmafs vorgeschrieben in
Luzem, St. GaUen (hier jedoch in den städtischen Schulen dreimal wöchent-
lich feuchtes Kehren und tägliches Staubwischen) und im Tessin; letzerer
Kanton gestattet dem Lehrer, für die Zimmerreinigung die Hilfe der
Schüler des ältesten Jahrgangs in Anspruch zu nehmen!
Das Kapitel der körperlichen Erziehung (pag. 253 — 283) enthält
die Unterabteilungen: Turnen, Spiele, Spaziergänge, Schwimmen, Eislaufen,
Waffenübungen, Schulbäder. Hier liegen allgemeine Bundesverordnungen
vor, welche das Turnen für alle Knaben vom 10. bis zum 15. Jahre
obligatorisch machen und 60 Turnstunden für das Jahr als Minimum fest-
setzen. Die Kantone sind verpflichtet, alljährlich über den Turnunterricht
der männlichen Jugend Bericht zu erstatten, und der Bundesrat behält sich
das Recht der Inspektion des Turnwesens in den kantonalen Lehrerbildungs-
anstalten vor. Die Heranbildung der Turnlehrer, die teilweise oder gänz-
liche Befreiung vom Schulturnen der männlichen Jugend sind von selten
des Bundes geregelt. Im übrigen weichen die Kantone vielfach von ein-
ander ab, insbesondere hinsichtlich des Mädchentumens.
Zürich macht in der siebenten und achten Mädchenklasse das Turnen
obligatorisch. In Zürich-Stadt erhalten in den Primär- und Sekundär-
schulen Knaben und Mädchen durch alle Klassen Turnunterricht, femer
finden wöchentlich zwei Stunden lang Jugendspiele statt, und es werden
fakultative Schwinunkurse abgehalten.
Bern gibt den Gemeinden Ermächtigung, in den Primarschulen das
118
Tomen auch fftr Mädchen obligatorisch einzuführen, in den Sekundär-
schalen ist es für beide Geschlechter obligatorisch. Schülerreisen von
6 bis 12 Tagen Daner finden sumptibns pnblicis statt.
Lozem stellt den Gemeinden anheim, wo sich tangliche Lehrerinnen
finden, das Tnmen auch für Mädchen als Freifach einzuführen. Die fUr
Knaben durch Bundesgesetz vorgeschriebenen 60 jährlichen Turnstunden
sollen im Interesse des FreOufttumens tunlichst auf die Zeit des Frül^ahrs
und Sommers Yerlegt werden. In der ersten bis dritten Klasse sind die
Unterrichtspausen mit Spielen auszufflllen.
Zug lä&t das Turnen für Mädchen fakultativ.
Solothum hält in den Primarschulen in allen Klassen eine wöchent-
liche Turnstunde und aufserdem Spielstunden und gemeinsame Spaziergänge.
Basel-Stadt macht in den Sekundärschulen das Turnen auch für Mädchen
obligatorisch, die Knaben werden klassenweise zum Baden und zum Eislauf
geführt. Basel-Land bietet den Mädchen in den Sekundärschulen in Klasse
1 und 2 wöchentlich eine Turnstunde, in Klasse 3 nicht.
In Schaffhausen können die Realschülerinnen zu Gunsten des Arbeits-
unterrichts vom Turnen dispensiert werden.
St. Gallen hat für Knaben und Mädchen in den Sekundärschulen
wöchentlich zwei Turnstunden, in den Primarschulen eine Stunde. Häufige
gemeinsame Spaziergänge finden statt, im Interesse der Gesundheit und
zugleich zum Zweck des Anschauungsunterrichts.
Tessin fordert au&er den Turnstunden alle Vor- und Nachmittage
zehn Minuten dauernde körperliche Übungen.
Neuchätel zeichnet sich durch eine sehr ins einzelne gehende Prüfungs-
ordnung für Turnlehrer aus, worin unter anderem Anatomie, Physiologie
und Hygiene gefordert wird.
Genf stellt im Turnen Knaben und Mädchen gleich.
Waffenübungen der männlichen Schuljugend sind fakultativ eingeführt
in Zürich, Bern, Glarus, Aargau, Chaux-de-Fond, Neuchätel und Solothum,
in letzterem Kanton aber für die Kantonschüler obligatorisch.
Das vorliegende Werk ist dringend einem jeden zu empfehlen, der
über das in so mancher Hinsicht musterhafte Schulwesen der Schweiz
Belehrung sucht. Dr. Paul SoHüBEBT-Nümberg.
§tt $i^]tliirfi
L Jahrgang. 1903. No. 2.
Auf Ersuchen der Bedaktion haben sich femer bereit erklärt,
als Mitarbeiter zn wirken:
Altschal, Dr., Sanitatsrat, Prag.
Bayr, Bmanuel, Direktor, Wien — Bennstein, Alexander, Lehrer,
Wilmersdorf — Berninger, Johannes, Lehrer, Wiesbaden — Bargerstein,
Dr., Professor, Wien.
Danker, Oberlehrer, Hadersleben.
Franke, Dr., Stadtschalrat, Magdebarg — Frensel, Fr., Lehrer in
Stolp (Pommern).
Oerhardi, Dr., prakt. Arzt, Ladenscheid — Glaaning, Dr., Professor,
Stadtschobat, Nürnberg.
H&konson-Hansen, Lehrer a. Observator, Drontheim — Hergel, Dr.,
k. k. Gymnaaialdirektor, Aassig — Hin träger, Professor, Architekt, Gries bei
Boten — Hintz, 0., Bektor, Berlin.
Janke, 0., Bektor, Berlin.
Sobrak, Dr., prakt. Arst, Breslau — Koch, Adolf, Lehrer, Frank-
furt a.M. — Kölle, Direktor, Begensberg bei Zürich — Kraass, Siegmand,
Lehrer am Blindeninstitat, Wien.
Lange, Dr., Augenarzt, Braanschweig.
Neafert, Dr., Stadtsohalrat, Charlottenbarg.
Richter, C, Lehrer, Strausberg — Roller, Karl, Oberlehrer, Darm-
itadt — Buhl, Dr., Stadtschalrat, Stettin.
Scharff, A., Hauptlehrer, Flensburg — ▼. Schenckendorf, Reichstags-
abgeordneter, Görlitz — Scheele, Dr., Geheim. Sanitätsrat, Wiesbaden —
Schottelias, Dr., Professor, Freibarg — Schubert, Walter, Lehrer,
Leipzig-Gohlis — Sickinger, Dr., Stadtschulrat, Mannheim — Sternfeld,
Dr. Hugo, prakt. Arzt, München.
Völlers, G. 0. J., Lehrer, Hamburg.
Wickenhagen, Dr., Prof., Rendsburg.
ZoUinger, Fr., Brziehungssekretär, Zürich.
BerlehtiglUlg. Im ersten Verzeichnis ist Tersehentlich als Ort bei dem
Namen Landau: Dresden statt Nürnberg gesetzt.
Der Sehulant. L 3
22 120
Zur Schnlarstfirage in österreieh.
Von
SlEGMÜin) E^BAUSS
in Wien.
Eine der wenigen Städte in Österreioli, welche die regelmftlsige
ärztliche Beaafsichtigong der Schulen und Schüler durchgeführt
haben, ist die Landeshauptstadt Mährens, Brunn. Die Reiohshaupt-
und Residenzstadt Wien entbehrt bis heute dieser Einrichtung, und
Yorläufig ist auch wenig Aussicht vorhanden, dafs die erste Stadt
des Reiches beispielgebend yoranschreite. Ist es doch bisher nicht
möglich gewesen, bei Neubauten von Schulen in Wien die Errichtung
von Schulbädem durchzusetzen, trotzdem bei den Beratungen über
Schulbauten von Seiten der sozialdemokratischen Gemeinderäte jedes-
mal ein diesbezüglicher Antrag gestellt wird.
Für uns Österreicher hat die Tatsache, dafs das Brünner
Stadtphysikat einen Bericht über die schulärztliche Tätigkeit der
städtischen Bezirksärzte für die Zeit vom September 1901 bis März
1902 vorlegt und über die Ergebnisse der vorgenommenen schul-
ärztlichen Untersuchungen berichtet, besondere Bedeutung. Alle
Freunde der Schulgesundheitspflege in Österreich erhalten durch
diesen musterhaften Bericht ein Mittel, für ihre Ideen neue An-
hänger zu werben. Der Bericht sollte aber auch auiserhalb Öster-
reichs verdiente Beachtung finden. Im folgenden sei versucht, den-
selben kurz zu skizzieren.
Die Schulärzte Brunns haben ihre Tätigkeit mit genauen Be-
schreibungen sämtiicher Schulen der Stadt begonnen, worauf das
Stadtphysikat mit Recht besonderen Wert legt.
Die Beschreibungen umfassen Angaben über das Äulsere der
Schule, über den Bauplatz, die Lage und innere Einrichtung des
Schulgebäudes, die räumlichen Verhältnisse, Helligkeit, Beleuchtung,
Heizung, Ventilation der Schulklassen, die Schulbänke, Reinhaltung
der Schule und Nebenräume, Tumsaal, Verkehrsräume, Klosetts,
Wasserbezug, Kanalisation etc.
Die auf Grund dieser Daten gemachten Vorschläge hygienischer
Natur waren folgende:
121 23
Fnrsabstreifer. Soweit voThanden, angenügend. Notwendig
eine breite Matte ans Draht oder Eieenbändem, über welche die
Kinder eine Strecke hinweggehen mtlseen. Im Not&Ue anch Holz-
lattenroste. Die Reinigung müfste, nach Abheben der Fufsabstreifer,
tilglich vorgenommen werden.
Kleiderhaken nnd Schirmständer wären in den Glängen
oder sonst an geeigneten Orten anzubringen. Eisenhaken sind nicht
praktisch, solche ans Holz sind vorzuziehen.
Fufsboden. EjS sollen entweder die mit weichen langen
FuTsbodenbrettem versehenen Schulklassen mit Linoleum ausgestattet
werden, oder es sind Biemenfulsböden einzurichten. Vorläufig sollen
die Dielen mit heilsem Leinöl getränkt werden, da die staubbindenden
Folsbodenöle sich angeblich nicht bewährt haben sollen.
Farbe der Wände. Sie sollen leicht blaugrau oder grün-
pau gehalten werden. Die Decke sei rein weils. Bis auf 1,50 m
Höhe sollen die Wände der Schulklassen und der Aborte mit
Emailfarbe gestrichen werden, fiot ist in allen Schulräumen un-
bedingt zu vermeiden.
Fensterlicht soll nur von links einfiEdlen, Fenster an anderen
W&nden sind durch weiTsgraue Leinenschieber abzudämpfen. Jedes
Fenster mulB weifsgraue Leinenblender besitzen.
Künstliche Beleuchtung. Elektrisches Bogenlicht wäre
bei Anwendung der indirekten Beleuchtung, besonders in Zeichen-
und Handarbeitssälen, sehr angezeigt. Gaslicht bei Einführung von
Auerbrennem mit indirekter Beleuchtung mittels Metallreflektoren,
oder als gemischt-indirekte Beleuchtung mittels kegelförmiger, unter
der Flamme angebrachter Milchglasschirme, würde die billigste und
beste Beleuchtungsart abgeben.
„Die mangelhafte Beleuchtung ist eine Hauptursache des
bflufigen Vorkommens und der steten Steigerung der Kurzsichtigkeit,
sowie von Augenkrankheiten überhaupt, besonders nervöser Art.^
Ventilation. Die oberen Fensterflügel sollten durchweg zum
Umklappen, mit Luftzufuhr gegen die Decke eingerichtet sein.
LoftBchächte aus dem Freien zu den Öfen wären sehr notwendig,
um gute, reine, gewärmte Luft in den Schulräumen zu erhalten.
Schulbänke. Abgesehen von den bekannten Anforderungen
an die Masse der Schulbank, soll jeder Sitz eine Rückenlehne er-
kalten, die mindestens bis zum unteren Schulterblattwinkel reicht.
Zweckmäfsig ist es, sie zu schweifen. Alle Kanten der Bank seien
abgerundet, die Tischplatte um 20^ zur Horizontalen geneigt. Li
24 122
jeder Klasse müssen verschiedene, den Gröfsenabstafdngen der
Kinder entsprechende Bankgröfsen vorhanden sein. Am empfehlens-
wertesten sind zweisitzige Bänke.
Schrift. Es soll die Steilschrift in allen ersten Schalklassen
eingeführt und sodann zur FeststeUung des Nutzens, durch drei
Jahre weiter fortgesetzt werden.
Schiefertafeln und Schiefergriffel wären am besten vom
Schnlgebranche ausznschlielsen.
Reinigung der Schulzimmer. Zu fordern ist eine täg-
liche Reinigung der Räume. Für die Schuldiener sollte eine
Dienstanweisung ausgearbeitet werden, welche ihre Verpflichtungen
bezüglich Reinigung, Lüftung und Heizung enthält.
Es wäre Vorsorge für die Bereitstellung von Wasohgeschirren,
Seife und Handtuch in jeder Klasse zu treffen. Ebenso für zwei
Trinkgläser und einem Wasserkrug.
Schulbad. Welchen Nutzen für die Erziehung zur Reinlich-
keit an Körper, Wäsche und E^eidung die Schulbäder bewirken,
davon kann man sich in der Schule Wranauergasse überzeugen. 50
bis 60 Ednder baden alltäglich, auch im Winter; die Kinder sind
frisch und gesund, rein und nett, wie selten an einer Schule, obwohl
sie nicht zu den Wohlhabenden gehören. Soweit als möglich sollten
auch in den anderen Schulen Bäder errichtet werden. Im Sommer
wären Verteilung von Freibade karten an die Schulkinder and
Vorsorge für einen Freischwimmunterricht erwünscht.
Grolsgedruckte Gesundheitsregeln sind in den Schulgängen
anzubringen. Beispiekweise : „Spucke nicht auf den Fufsbodenl"
„Atme durch die Nase.'' „Wasser ist das beste Getränk.''
Schülerfahrten in Wald und Feld und Schülerreisen
während der Ferien werden empfohlen.
Schlie&lich wird die Anschafiung von Rettungkasten (Schal-
apotheken) dringend empfohlen.
Was die Untersuchung der Schulkinder betrifflb, so wurden
in den städtischen Volks- und Bürgerschulen Brunns von den
13528 schulbesuchenden Kindern 18079 (98,5%) der ärztlichen Be-
sichtigung unterzogen.
Die allgemeine Körperbeschaffenheit wurde bei 7770
Kindern mit „gut", bei 5420 mit „mittel" und bei 197 mit „schlecht«
bewertet.
123 25
Mit irgendwelchen Leiden oder Gebrechen (abgesehen von
Augen- und Ohrenleiden, Ungeziefer und ünreinlichkeit) wnrden
1194 = 9,13% der üntersachten behaftet gefunden. Davon ent-
fielen anf Knaben 443 = 6,95%, anf Madchen 726 = 11,34%.
Die bemerkenswertesten Leiden waren filntarmnt bei 170 Kindern
(5 E., 165 M.), Herzleiden 30 (16 K., 14 M.), chronischer Nasen-
katarrh 29 (3 K., 26 M.), chronischer Lungenkatarrh 32 (16 K.,
16 M.), Skrophulose 60 (27 K., 33 M.), Drüsenschwellungen 57
(13 E., 44 M.), Rhachitis 163 (85 K., 78 M.), Rückenverkrümmung
215 (39 K, 176 M.), Beinfrals 10 (5 K., 5 M.), flüftgeleuk»-
entzünduDg 11 (3 K., 8 M.), Ekzem 148 (64 K., 84 M.), aus-
gedehnte Narben 17 (9 K., 8 M.), heisere Sprache 31 (20 K.,
11 M.). Die vorgefundenen Fälle von Geistesschwäche 7, Sprach-
fehler 21, Stottern 50 und Taubstummheit 1, weisen darauf hin,
dab für solche Kinder ein eigener Unterricht besteheu sollte.
Der systematischen Untersuchung der Augen und Ohren
▼urden bis März 1902 8730 Schulkinder (4529 K., 4471 M.) unter-
zogen und bei 1781 (769 K., 1012 M.) oder 20,4 7o eine Herab-
Setzung der Sehschärfe gefunden. Als Ursachen wurden festgestellt:
Wahre Kurzsichkeit 295, scheinbare Kurzsichkeit 209, Übersiohtig-
keit and Anpassungsbeschwerden 461, flomhautverkrümmungen 203,
Hornhauttrübung 291, Starbildung 5 und entzündliche Prozesse am
Ange 317.
Schielen wurde bei 258 Kindern (103 K., 155 M.) wahr-
genommen. Davon entfielen 236 Fälle (95 K., 141 M.) auf Ein-
wärts-, 22 Fälle (8 K., 14 M.) auf Auswärtsschielen.
Die Entstehung der Schwachsichtigkeit wird nicht allein
durch die Beschäftigung in der Schule, sondern auch durch die un-
kontrollierbaren häuslichen Beschäftigungen, Frivatstudien, Lektüre
etc., bei angünstiger Beleuchtung, schlechter Haltung und dergleichen
begilnstigt. Eine weitere Ursache ist rein sozialer Natur: Vererbung,
migünstige Wohnung, schlechte Ernährungsweise etc.
Schwerhörigkeit fand sich bei 389 Kindern (208 K., 181 M.)
oder 4,45 % der Untersuchten.
Ungeziefer wurde bei 1012 Kindern (64 K., 948 M.), Ün-
reinlichkeit höheren Grades bei 850 (64 K., 786 M.) wahr-
genommen. Die fortlaufenden Untersuchungen bewirkten eine auf-
&Uende Abnahme dieser Übelstände.
Infektionskrankheiten kamen bis Ende März 1902 unter
den Schulkindern 499 vor, und zwar: Masern 205, Scharlach 38,
26 124
Diphtheritis 26, Keuchhusten 104, Mumps 46 nnd Windpooken
80 Fälle, wobei sowohl in der Schale, wie im Hanse die entsprechende
Nachschau gepflogen wurde.
Bezüglich des Alkoholgenusses wurde erhoben, das 2777
Kinder Bier, 1055 Wein, 426 Schnaps und 531 geistige Getränke
im allgemeinen genossen, so daJs sich die Gesamtsumme der Alkohol
genielsenden Schulkinder auf 4789 beläuft, welche Ziffer jedenfalls
hinter der Wirklichkeit zurückstehen dürfte.
In der Berichtszeit wurden die Schulen 508 mal begangen,
Zeugnisse für Schulzwecke wurden 1189 ausgestellt, an die Eltern
gelangten, abgesehen von den kurzerhand erfolgten Verständigungen,
1988 Mitteilungen. Brillen wurden für 64 Schulkinder verschrieben,
darunter 37 für unbemittelte auf Kosten der Gemeinde.
Seitens der Lehrer wurden die Kinder regelmäGsigen Körper-
gewichtsbestimmungen und Messungen unterzogen.
Der Bericht der städtischen Bezirksärzte Brunns über ihre
schulärztliche Tätigkeit wird, so ist zu hofien, für Österreich der
Ausgangspunkt einer wirksamen Agitation für die Institution der
Schulärzte sein. Die Lehrerschaft wird es hierbei an nichts fehlen
lassen, aber es müssen auch die Ärzte Österreichs energisch für diese
moderne Forderung eintreten.
Hub ^ttfamminn^tn ititb ^tttintn.
Die Schnlani- und Überbtrdmigsfrage
in der Plenar-Yersammlnng des Sächsischen Landes-
Medizinalkollegiams yom 15. Dez. 1902.
Zu diesem Gegenstand worden yon der Yersammlong folgende Be-
schlüsse gefalst:
I. Die Anstellung hygienisch vorgebüdeter Schulärzte fär sämtliche
Unterrichtsanstalten des Landes bildet das Endziel der schnlhygieniscben
Bestrebongen ; dasselbe ist jedoch zur Zeit aus praktischen Gründen noch
nicht erreichbar. — Dagegen macht sich die alsbaldige DnrchfQhmng
folgender Mafsnahmen bereits jetzt erforderlich:
1. Die Anstellung yon hygienisch yorgebildeten Schulärzten ist not-
wendig fär grofse nnd mittlere Städte^ wünschenswert (mindestens
ein Scholarzt) fOr die Schulen in kleineren Orten.
125 27
2. Es macht sich eiae Beaa&ichtiguig in schoULrstlicher Hinsicht für
sftmtüche PriTttsdralen sowie der höheren Lehranstalten erforderlich.
3. In den Orten, in denen SchnlArzte angestellt sind, ist die Mit-
wirkung eines Schularztes bei den SchnlansschQssen nnd -Vorständen
erforderlich.
4. Es ist anf eine schnlhygienische Ansbfldnng der Ärzte auf der
Universität besonderes Gewicht zu legen.
5. Bei dem Unterricht auf dem Seminar sind die Grundlagen der
Hygiene bezw. Schulhygiene zu berücksichtigen und zwar tunlichst
durch ärztliche Vorträge.
6. In den Angelegenheiten der Schulgesundheitspflege sind auch die
Bezirksärzte stärker als bisher heranzuziehen. Wo keine Schul-
ärzte angestellt sind, soll der Bezirksarzt eintreten und die Schule
mindestens jährlich einmal rcTidieren, wobei er auch dem Ge-
sundheitszustand der Schulkinder besondere Aufmerksamkeit zu-
zuwenden hat.
7. Fflr die Revisionen der Schulen durch die Schul- bezw. Bezirks-
ärzte sind besondere Fragebogen au&nstellen.
8. Kein Schularzt darf ohne Instruktion angestellt werden, die von
der Bezirksschulinspektion nach Gehör des Bezirksarztes auf-
gestellt wird.
n. Bezüglich der Frage der Überbttrdung von SchtÜem und Lehrern
hat das Kollegium nicht zu der Ansicht gelangen können, dafs eine solche
bis jetzt nachgewiesen ist, wohl aber hat man die Überzeugung gewonnen,
dalk bereits von selten der Schulbehörden den Verhältnissen in dieser
Richtnng mit Erfolg fortdauernde Aufmerksamkeit geschenkt wird.
(„ZfecÄr. f. Medixf .'Beamte'' , No. 2, 1903.)
tiltintxt Ütitttiiitiijien.
Tätigkeit der Schulärzte in Nflrnberg. Dem Nürnberger Schularzt-
bericht fiber das Schuljahr 1901/1902 ist zu entnehmen: Die Zahl der
scholaiztlich überwachten Kinder betrug 33 144, so dais auf jeden der
zebn Schulärzte im Durchschnitt 3314 Kinder kommen. Jede Klasse mufs
vom Schularzt allmonatlich einmal besucht werden, bei welcher Gelegenheit
jene Kinder zu untersuchen sind, deren Untersuchung im Interesse des
Unterrichts erwünscht erscheint.
In den 607 Yolksschulklassen mit 31086 EJndern wurden im Berichts-
jahre 6162 solcher Klassenbesuche gemacht, wobei 4474 Kinder untersucht
vnrdea, d. h. 14,39 7o aller Schüler.
In den 49 Klassen der städtischen Mittelschulen (drei höhere Mädchen-
schalen, Handelsschule für Knaben und Handelsschule für Mädchen) mit
1876 Zöglingen wurden 452 Klassenbesuche mit 21 Schüleruntersnchungen
gemacht.
28 126
Die 28 Kindergärten nnd Kinderbewahranstalten sind yorschriftsgem&ds
nur alle Vierteljahre zn besuchen. Im Berichtsjahre erfolgten bei dieser
Gmppe insgesamt 101 Besuche mit 575 Einderuntersochungen.
Aulser diesen regelmäfsigen Besuchen haben die Schulärzte auf Ruf
aufserordentliche Inspektionen yorzunehmen, und zwar insbesondere dann,
wenn akute Infektionskrankheiten in einer Klasse auftreten. In solchem
Falle werden alle Kinder der Klasse daraufhin untersucht, ob sich Zeichen
der in Frage stehenden Infektionskrankheiten vorfinden.
Derartige außerordentliche Klassenbesuche fanden statt:
Bei den Volksschulen 601 mal mit 23 547 Kinderuntersuchungen, bei
den Mittelschulen 34 mal mit 1168 Untersuchungen und bei den Kinder-
schulen 34 mal mit 1468 Untersuchungen.
Die Gesamtzahl aller bei den regelmäfsigen und aufserord^ntlichen
Besuchen yorgenommenen Kinderuntersuchungen betrug:
Bei den Volksschulen 28011, d. h. 90,14 7o aller Kinder, bei den
Mittelschulen 1189, d. h. 63,38% aller Kinder.
Hierbei ist indessen zu bemerken, dals die fiberwiegende Mehrzahl
dieser Untersuchungen in einfacher Besichtigung bestand, zum Zweck der
FeststeUung etwa yorhandener Symptome yon Mumps, Scharlach oder dergl.
Eine planmäfeige Untersuchung aller neu in die Schule eintretenden
Kinder findet vorerst in Nürnberg noch nicht statt.
Der schulärztliche Bericht gibt keine Statistik der bei den Unter-
suchungen vorgefundenen Erkrankungen.
Von Interesse ist es, wie sich die zum Zweck der Verhütung von
Infektionskrankheiten vorgenommenen Untersuchungen auf die einzelnen
Jahrgänge verteilen. Die Zahl derselben geht mit der Häufigkeit der akuten
Infektionskrankheiten gleichen Schritt und nimmt vom ersten bis zum
letzten Schuljahre stetig ab. Es gehörten von den untersuchten Kindern
dem 1. Schu^ahr an 13147 Kinder
»2. „ „ 5198 „
„ 3. „ „ 4756 n
»4. „ „ £Ölv „
„ O. „ „ l^vl „
„ 6. „ „ 1891 „
» 7. „ „ 450 „
„ o. „ „ lo9 „
Nach dem Geschlecht verteilen sich diese Untersuchungen auf 13025
Knaben und 16156 Mädchen.
AuTser diesen im Schulgebäude vorgenommenen Untersuchungen wurden
noch 515 Sprechstundenkonsultationen erteilt, 55 Hausbesuche gemacht
und 547 Zeugnisse ausgestellt.
Im allgemeinen wird der Gesundheitszustand der Kinder in den
Vorortsbezirken als besser bezeichnet, im Vergleich zur inneren Stadt.
Schulschlufs wegen gehäuften Auftretens von Infektionskrankheit wurde im
Berichtsjahr für 18 Schulklassen und Kinderbewahranstalten angeordnet,
und zwar einmal wegen Scharlach, in allen anderen Fällen wegen Masern.
Eine genaue Untersuchung fand bei allen, den Hüfsklassen für
Schwachbegabte zugewiesenen Kindern statt.
127 29
Bei der Auswahl der Kinder fflr die Ferienkolonien wurde die Hilfe
der Schnlftrzte in Ansprach genommen.
Die Überwachung des gesundheitlichen Zustandes der Schulhäuser gab
nnr zu wenigen Beanstaudungen Anlafs.
Die Nfimberger Schnlarztordnung rtthrt noch aus der Yorwiesbadener
Zeit her, sie ist eine der ersten in Deutschland gewesen und hat nur die
sächsischen Städte als Vorläufer. Die im Laufe der letzten Jahre immer
mehr in den Vordergrund des Schularztwesens getretene allgemeine genaue
Untersuchung aller Schüler soll in Zukunft auch in Nflmberg stattfinden
und ist zur Zeit Gegenstand konunissioneUer Beratung.
Sehttlärzte in BerliB. Die Berliner Stadtyerordnetenversammlung
hat in ihrer Sitzung Yom 22. Januar Aber den Antrag des Stadtverordneten
AuousTiK und Genossen, der f&r jede Schule einen besonderen Schularzt
fordert, und über eine Magistratsvorlage beraten, welche eine Erht)hung
der Zahl der Schulärzte von 12 auf 30 und die Festsetzung des jährlichen
Honorars für jeden derselben auf 2000 Mk. beansprucht. Nachdem Stadt-
terordneter Dr. Bernstein den AuairsTiKschen Antrag, Stadtschulrat
Dr. GEBSTENBEBa die Magistratsvorlage befürwortet, wurde auf Antrag
des Stadtverordneten Dr. Ebeitling die Vorlage einem Ausschusse von
lö Personen zur weiteren Beratung überwiesen.
{„Deutsche MecUc. Wochenschr," No. 6, 1903.)
Über die neue DienstanweisuBg fBr die Selinlärzte an den
Gemeindeschnlen zu Berlin wissen Berliner Zeitungen folgendes zu be-
richten: Die Untersuchung soll innerhalb der ersten sechs Wochen des
Schuljahres stattfinden und sich aufser auf den Körper auch auf die geistige
Entwickelung beziehen. Nicht für schulfähig Befundene werden auf ein
halbes Jahr, nötigenfalls noch länger zurückgestellt. Die Eltern bezw.
Vormünder sind zuzuziehen. — Solche Kinder, welche nicht ganz normal,
2. B. kurzsichtig oder schwerhörig sind, werden fortlaufend beobachtet.
Dasselbe gilt fOr Stotternde, bezüglich welcher besondere Stotterkurse ein-
zurichten sein werden.
Der Schularzt hat die Schule jährlich mindestens zweimal sowohl hin-
sichtlich des Zustandes der Schulkinder, wie der Schulräume zu unter-
suchen. In dringenden Fällen mufs der Schularzt auf Anrufen des Rektors
aach sonst erscheinen.
Die Schulärzte sollen in der Nähe der Schalen wohnen, für die sie
bestellt sind. Sie haben nicht die Eigenschaft von Gemeindebeamten im
Sinne des Kommunalbeamtengesetzes vom 30. Juli 1899. Der Dienst-
vertrag kann nur nach vorausgegangener vierteljährlicher Kündigung seitens
des Schularztes oder seitens des Magistrats aufgehoben werden.
Seholärzte in Kiel. Die kürzlich stattgefundene Generalversammlung
der Ortskrankenkasse Kiel hat als Punkt 1 einer Petition an die städtischen
KQllegien, wie die y^Eiel, Ztg.^ berichtet, angenommen: Die Anstellung
einer ausreichenden Zahl von Schulärzten für die städtischen Lehranstalten.
Aufgaben der Sehnlftrzte in Dfisseidorf. Von Ostern ab soll,
nach einer Mitteilung der „Banner Ztg,^, bezüglich der ärztlichen Unter-
snchong der Düsseldorfer Schuljugend eine Erweiterung der bisherigen Auf-
gaben des revidierenden Arztes in der Weise erfolgen, daCs eine planmäfsige
Der Scbalarst. I. 4
30 128
gesundheitliche Untersuchnng aller derjenigen Schnlneulinge stattfindet,
welche nach der Ansicht der Eltern nnd Lehrer als körperlich rflckstAndig
zu hetrachten sind. Dem Lehrer fällt dahei die Anfgahe zn, die nen-
aufgenommenen Kinder gleich von Beginn des Schuljahres an einige Wochen
lang einer sch&rferen Beobachtung in Bezug auf ihren Eörperzustand zu
unterziehen; auf diese Weise findet eine schnelle Orientierung der Lehrer
hinsichtlich des aufgenommenen Schülermaterials statt, und die Eltern
werden nicht yersäumen, den Lehrern die für die besondere BerQcksichti-
gung beim Unterrichte notwendigen Angaben aus freien Stocken zu machen.
Um fQr letztere den £ltern noch bessere Gelegenheit zu geben, werden
vom genannten Zeitpunkte an den amtlichen Zustellungsformularen für die
Eltern Fragebogen beigefügt, auf denen diese schon vorher ihre Wahr-
nehmungen hinsichtlich des Gesundheitszustandes ihrer Kinder schriftlich
zum Ausdruck bringen können. Diese A^ngaben, wie auch die Beobachtungen
des Lehrerpersonals, dienen als Grundlage fQr die nunmehr vorzunehmende
stadtürztliche Untersuchung. Über den Befund erhalten alsdann Elternhaus
und Schule eine entsprechende Benachrichtigung. Eine solche Regelung
ist als eine sehr glückliche anzusehen, da sie geeignet ist, nicht nur die
Schule zu einer nachhaltigen Beobachtung der Kinder anzuregen, sondern
auch das Interesse der Eltern für die neue Einrichtung dauernd zu gewinnen.
An^stttsburf?. Dem Vorbilde anderer Städte folgend, hat der hiesige
Schulvorstand beschlossen, auch für die hiesige Schule einen Schularzt
mit besonderer Instruktion anzusteUen.
Betreffs Anstellung von Schulärzten in MKnchen haben die
Gemeindebevollmächtigten Dr. Wagkeb und Schön einen Antrag an das
Gemeindekollegium gerichtet. Der Verein für Yolkshygieno in München
unterstützte in einem ausfährlichen, an das Gemeindekollegium gerichteten
Schriftstück diese Anregung und ergänzte sie durch eine Reihe positiver
Vorschläge (Unterricht der Lehramtskandidaten in der Schulhygiene, Unter-
suchung aller neu in die Schule eintretenden Kinder, Wiederholung dieser
Untersuchung in gewissen Zeiträumen, dauernde ärztliche Überwachang
körperlich gebrechlicher und chronisch kranker Kinder, Anlegung von
Gesundheitsbogen, die nach Austritt aus der Schule auch für die Berufs-
wähl und für die Militärmusterung von Wert sein würden). Die Schulärzte
sollen vorher ihre Qualifikation nachzuweisen haben; es wird empfohlen,
auch Spezialärzte anzustellen und den tüchtigsten Schularzt zum Beirat der
kgl. Lokalschulkommission zu machen, {n Münchner Neueste Nachricht*^)
Über die Sehnlarztfrage hat der Verein der Ärzte des I. Bezirks
in Wien nach einem Vortrage des Kinderarztes Dr. Rudolf Nemam fol-
gende Resolution beschlossen:
„Der Verein der Ärzte des I. Bezirks in Wien sieht in der Institution
von Schulärzten eine wichtige und notwendige Mafsregel, um die den
mannigfachsten Gefahren ausgesetzten Schulkinder vor körperlichen Schädi-
gungen zu bewahren. Der Verein wünscht für Wien zu besoldende Schul-
ärzte mit ähnlichem Statut, wie es die deutschen Städte haben, denen auch
die Aufgabe zukäme, Schulunterricht in der Hygiene zu erteilen. Der
Verein sieht in der strengen Trennung der Privatpraxis der anzustellenden
Schulärzte von ihrer Tätigkeit in der Schule ein wichtiges Postulat und
129 31
empfiehlt die Zulassung entsprechend ausgebildeter praktischer Ärzte zam
Posten des Schalarztes."
£s wurde weiters beschlossen, die Resolution den ärztlichen Standes-
yereinen Wiens behufs Anregung einer Stellungnahme derselben zur
Schularztfrage mitzuteilen. (Mitget. y. Dr. NEUBATH-Wien.)
Die Srztliehe ÜberwachuBg der Sehiden Ib New York hat, wie
wir den „Medical News" (No. 5) entnehmen, sich fOr die hygienischen
Verhältnisse der Stadt von der gröfsten Bedeutung erwiesen. Während
froher in den unteren Klassen die Ansicht yerbreitet war, da(s Kinder mit
leichten Krankheiten, wie Masern, Mumps, besser in der Schule als im
Hause aufgehoben seien, ist es einer eingehenden Belehrung gelungen, die
Eltern yon dem Wert prophylaktischer Mafsregeln zu überzeugen. Während
des ersten Jahres der schulärztlichen Organisation in New York wurden
ungefähr 100000 Kinder untersucht und gegen 6000 Kinder Yom Schul-
besuch ausgeschlossen. Während der Sommermonate, die fl&r die Gresund-
heit der Kinder besonders gefthrlich sind, dehnte sich die schulärztliche
Überwachung in grofsem Umfange auch auf Hausbesuche aus; insgesamt
wurden 270000 Familien besucht.
Schulintliehes aus New York. Bei Gelegenheit der letzten schul-
ärztlichen Untersuchung in New York sind gegen 2000 Kinder wegen an-
steckenden Krankheiten ausgeschlossen worden. Dies ist möglich geworden
durch eine Reorganisation des schulärztlichen Dienstes. Die Zahl der
Schulärzte ist nämlich bedeutend herabgesetzt, zugleich aber ihr Gehalt
yervierfacht worden. Jedem der Ärzte sind drei Schulen unterstellt;
täglich wird eine Schule genau inspiziert, so da(s jeden dritten Tag eine
eingebende Untersuchung aller Zöglinge einer Anstalt stattfindet. Auf diese
Weise ist es möglich gewesen, aUe diejenigen Krankheitsfälle festzustellen,
die frfiher der natarlich oberflächlicheren Untersuchung entgangen sind.
Die Anstellung von SchnlärzteB befürwortet der All g. Deutsche
Verein fflr Schulgesundheitspflege in einem Rundschreiben an die
Regierungen und Stadtverwaltungen. Die Grundzfige der schulärztlichen
Tätigkeit werden wie folgt zusammengefafst: 1. Begutachtung aUer Schulen
und ihrer Einrichtungen; von Zeit zu Zeit erfolgende Kontrolle dieser Ein-
richtungen; 2. Untersuchung der neu in die Schule eintretenden Kinder;
Wiederholung der Untersuchung, jedenfalls der krank befundenen Kinder,
innerhalb gewisser Zwischenräume etc.; 3. Unterstfltzung und Förderung
aUer mit der Schule auch im weiteren Sinne zusammenhängenden hygieni-
schen Bestrebungen (Schulbäder, Heilstätten, hygienische Vorträge u. s. w ).
32 130
tiitxaxxf^t ßtfpxt^nn^tn.
H. Mebeyith Richabps, The sanitary control of schools, with
special referenee to the Edncation Bill. Pablic Health, Bd. XV,
No. 3, S. 121, Dezember 1902.
In einem Vortrag vor der Society of Medical officers of
Health verlangt R., es mögen die bevorstehenden Verhandlangen über
das neue englische Unterrichtsgesetz zu energischer Förderang der hygie-
nischen Schulaufsicht, dieses so wichtigen Zweiges vorbengender Gesund-
heitspflege, ausgenutzt werden. Der Staat mufs sich seiner Verantwortlich-
keit fdr den in ö£fentlichen Schalen untergebrachten sechsten Teil seiner
Gesamtbevölkerung bewufst werden und diesem heranwachsenden Geschlecht
seine Fürsorge ebenso gut widmen, wie den in Fabriken und Kaufläden
beschäftigten Erwachsenen.
Wohl haben beamtete Ärzte in einzelnen Städten (z. B. in Bristol)
mit den Schulvorständen soweit Fühlung bekommen, dafs diese ihnen ver-
dächtige Fälle von Infektionskrankheiten direkt melden (was zur Verhütung
weiterer Übertragungen von unschätzbarem Werte ist), wohl besteht ander-
wärts (z. B. in Eccles) ärztliche Schulaufsicht, aber kein beamteter Arzt
hat bisher gesetzlich das Recht, eine Schule zu betreten, und sein Besuch
ist dort natürlich ungern gesehen.
Auch der neue Gesetzentwurf gibt den behördlichen Schul-KommissioDen
nur allgemeine, nicht genügende Fingerzeige hinsichtlich der Hygiene.
Das Durchschnittsmafs von 0,645 m' Bodenfläche bei 2,265 m' Rauminhalt
für den Kopf ist recht knapp!
In erster Linie mufs der beamtete Arzt vom Schulkomitee hinzu-
gezogen werden. Dadurch wird auch die notwendige Einheitlichkeit der
öffentlichen Gesundheitspflege gewahrt. Er hat für alle hygienischen Forde-
rungen einzutreten, ihm ist der Zutritt zu allen öffentlichen Schulen zu
gestatten, seine Berichte müssen Schul- und Gesundheitsbehörden gleich-
zeitig zukommen. In grölseren Städten können zu seiner Entlastung be-
sondere Schulärzte ihm unterstellt werden.
In lebhafter Diskussion wurden R.s Ausführungen allseitig gebilligt
und seine Leitsätze mit geringen Änderungen angenommen. Sie sollen
als Ausdruck der Ansicht der einflufsreichen Gesellschaft beamteter Ärzte
den zuständigen Parlamentsmitgliedern übermittelt werden.
Dr. SiEVEKiNG-Hamburg.
Roller, K., Das Bedfirftiis nach Sehnlärzten fBr die hSheren Lehr-
austalteii. Hamburg 1902. Verlag von Leopold Voss. 8^. 52 S.
Mk. —.80.
Nach kurzen geschichtlichen Streiflichtern über die Entwicklung der
Schularztfrage im allgemeinen und im Grofsherzogtum Hessen im besonderen
131 33
kommt Verfasser zu seinem eigentlichen Stoffe: Besteht ein Bedürfnis
nach besonderen Schnlftrzten für die höheren Lehranstalten?
Die Yeranlassong hierzu ^g von der Grofsh. Hess. Oberschulbehörde
aus, indem dieselbe im Jahre 1901 Stellungnahme zu dieser Frage von
jeder höheren Lehranstalt verlangte.
Die Bezirksftrzte sind auch in Hessen trotz gediegener Dienstanweisung
einfach physisch nicht im stände, ihren Verpflichtungen der Schule gegen-
über nachzukommen, da auf einen Bezirksarzt 62 Schulen in verschiedenen
Orten, mit etwa 11000 Schülern, kommen. Anderwärts ist es nicht besser.
Von Schulgesundheitspflege in unserem Sinne des Wortes kann natürlich
da keine Rede sein. Voraussetzung für eine gute Schulgesundheitspflege
ist die tüchtige hygienische Durchbildung des Lehrers. Leider lädst sie
heute noch beim Volksschullehrer viel zu wünschen übrig; ebenso, oft; noch
schlimmer, ist es beim akademisch gebildeten Lehrer bestellt, um dem
abzuhelfen, macht Verfasser, als Grundlage verschiedene bereits ergangene
Verordnungen benutzend, Vorschlftge, wie die hygienische Ausbildung sowohl
des Volksschullebrers als auch des akademisch gebildeten Lehrers geleitet
werden soll. Nachdem Verf. das Verhältnis des Schularztes zum Lehr-
körper erörtert und darauf hingewiesen hat, daHs es bei taktvollem Verhalten
beider nie zu ünträglichkeiten kommen kann, dals auch Differenzen mit
dem Hausarzte durch die Instruktionen für Schulärzte ausgeschlossen er-
scheinen, geht er zu der Frage über: Bei welchen Schulangelegen-
heiten höherer Lehranstalten ist ein Bedürfnis nach Schul*
ärzten vorhanden? Die Hygiene des Unterrichts und der Lehrmethode,
sowie die Vermeidung der Überbürdung sind in Hessen einheitlich fürs
ganze Land geordnet und zwar, wie Verfasser meint, zweckmäfsig, wenn
er auch nicht leugnet, dais das Zustandekommen solcher Bestimmungen
wesentlich der Mitwirkung von Ärzten zuzuschreiben ist. Der Stundenplan
mufs in den Händen des Direktors bleiben. Eine Mitarbeit des Schul-
arztes würde nur hinderlich sein, und eine Begutachtung desselben ein
Abhängigkeitsverhältnis des Leiters vom Schularzte erzeugen. Überdies
habe die Oberschulbehörde die Entscheidung über den Stundenplan in
Händen, und dort könne auch das Gutachten eines Arztes eingeholt werden,
der ihr als Beirat zugeteilt wäre. Das Facit lautet: Die hygienische
Überwachung des Unterrichts in Fragen allgemeiner Natur
ist nicht Sache des Schularztes, sondern der Zentralschul-
behörde unter Zuziehung eines ärztlichen Beirates.
Auch dem Schularzte die Befugnis zu erteilen, Sitz und Haltung der
Schüler zu kontrollieren, ist nach dem Verf. ganz unnötig, denn selbst bei
geringstem Grade hygienischer Bildung werden die Lehrer das besser be-
sorgen können; aufserdem wird beim Eintritte des Schularztes der Unter-
richt unterbrochen, und wenn dies nicht der Fall wäre, würden doch alle
Schüler sich aufraffen, um in Gegenwart des Schularztes die Ehre des
Hauses bezüglich des Sitzens zu retten. Auf ersteres könnte man versucht
sein zu antworten: Selbst bei geringstem Grade pädagogischer Bildung
werden wir Ärzte die hygienische Seite der Ünterrichts-Methoden besser
beurteilen können als die Lehrer. Zweitens dürfte jedem Schularzte wohl
so viel Selbständigkeit zugetraut werden, dafe er den Lehrer beim Betreten
34 132
der Klasse um sofortige Fortsetzung des Unterrichts bittet. Dafs dann
die Schfller die Ehre des Hauses retten werden, habe ich nie gesehen,
denn die Kinder fühlen zu gut heraus, da(s der Schularzt nicht ihr Vor-
gesetzter ist. Nur Schulleiter und Lehrer scheinen dies hier und da noch
zu fürchten. Jedenfalls ist dieses Gefflhl und die Besorgnis, der Schularzt
könnte den Lehrer vor der Klasse kompromittieren, ganz unberechtigt
Der Schularzt wird schon Gelegenheit finden, in kollegialer Weise mit dem
Lehrer seine Wahrnehmungen zu besprechen und zu beraten. Der Schal*
arzt soll doch gesundheitlicher Berater in jeder Schulangelegenheit sein,
wo gesundheitliche Anforderungen überhaupt in Betracht kommen, und ein
Berater ist nie ein Vorgesetzter. In gewisser Beziehung ist er allerdings
mehr, er ist ein Vertrauensmann, mit dem man sich in schulgesund-
heitlichen Fragen besprechen, beraten kann, ebenso wie man in pädago-
gischen Fragen sich mit dem Lehrer als Vertrauten und nicht Vorgesetzten
beraten geht. Hierdurch kann jeder Schulleiter und Lehrer mancher
Korrektur seiner Oberbehörde entgehen, die eventueU schon einem Ver-
weise nahe kommen könnte.
Auch die Kontrolle Aber die Lehrmittel kann der Lehrer nach der
Ansicht des Verfassers besser besorgen als der Schularzt, vorausgesetzt,
da(s die Grundsätze zu ihrer Herstellung behördlich fixiert sind.
Die Hygiene des Schulneubaues oder Umbaues und seiner Neueinrich-
tung soll einem ärztlichen Beirate der Oberschulbehörde unterstehen. Dem
Schularzte untersteht die Hygiene der bestehenden Schulgebäude und ihrer
Einrichtungen. Es ist uns nicht recht Terständlich, warum auf diesem
Gebiete, einem eigentlich mehr physikalisch-technischen — nun mit
einem Male der Arzt infolge seines Stadienganges der Erfahrenere sein soll
und hier den Schulleiter auf vieles aufmerksam machen, d. h. ihn be-
raten kann, ohne das Odium eines Vorgesetzten auf sich zu laden, während
das physiologische Gebiet der Lehrer selbst bei geringster hygienischer
AusbOdung besser besorgen soU als der Arzt. Das Umgekehrte wäre
meiner Anschauung nach zwar nicht richtig, aber richtiger.
Was die Hygiene des Schulkindes an höheren Lehranstalten betrifft,
so liegt nach Ansicht des Verfassers kein Bedflrfnis einer individuellen
Gesundheitspflege vor. Die Verhältnisse seien da bessere als in den Volks-
schulen. Die Eltern lassen hier die Kinder von Hausärzten flberwachen
u. s. w. Den Schularzt gehen nur allgemein gesundheitliche Fragen der
Schüler an, als Ernährungsstörungen, Abspannung, Nervosität, Verhütung
der Kurzsichtigkeit, Störungen des Allgemeinbefindens, psychische Er-
krankungen, welche infolge übermäfsiger, fortgesetzter und einseitiger
geistiger Anstrengung eintreten. Alles dies zu konstatieren soll also dem
Schularzt gestattet sein, aber Abhilfe zu schaffen durch Beraten der Lehrer
ist ihm untersagt, höchstens darf er der Oberbehörde seine Wahrnehmungen
mitteilen, damit vielleicht nach langer Zeit Abhilfe durch eine neue In-
struktion geschaffen wird. Ich will ja durchaus nicht behaupten, der Arzt
verstehe aUes besser als der Lehrer, aber eine Aussprache zwischen Schul-
arzt und Lehrer kann doch nur das Wohl des Schülers fördern. Gewiis
ist es nötig, individuell die Gesundheit der Schüler höherer Lehranstalten
zu flberwachen, da ja selbst die Schulbehörden zugeben, da& die höhere
133 35
Schule zn vielen Erkrankungen der einzelnen Individuen Yeranlassnng gibt,
deren Anfdecknng zu den gröfsten Ermngenschaften der Schnlgesnndheits-
pflege gehört.
Ein Gesnndheitsschein beim Eintritt in die höhere Schule genflgt, wie
Verfasser meint, fl&r alle neun Jahre, höchstens können die Allgemein-
nntersuchungen des Schularztes, von denen eben die Bede war, noch kon-
statieren, ob Gebrechen, die im Gesundheitsscheine angegeben sind, zu-
genommen haben. Aber auch hierzu ist eine individuelle Untersuchung
absolut nötig. Mit Bezug auf die Infektionskrankheiten, wo doch meist
anfangs schwerere Erscheinungen da sind, haben es nach Ansicht des Ver-
fassers die Eltern oft mit der Zuziehung eines Arztes gar nicht eilig, wo-
gegen er vorher, in einem unberechtigten Optimismus befangen, meinte, die
Eltern von Schfllern höherer Lehranstalten seien in der Lage, ihre Kinder
unter eine eingehende Überwachung eines Hausarztes zu stellen. Braucht
wohl der Schulleiter bei den Infektionskrankheiten die Mitwirkung eines
Schularztes nur deshalb, damit er jeder Verantwortung enthoben sei, wenn
es zum Schliefsen von Klassen oder der ganzen Schule kftme? Auch habe
der Arzt dafOr zu sorgen, dafs Kinder mit flblem Geruch aus Mund, Nase,
Ohr etc. oder ekelerregenden Krankheiten, solange aus der Schule ent-
fernt werden, bis das Leiden beseitigt ist, denn, wenn dies der Schul-
arzt tut, so kann dem Lehrer daraus keine Unannehmlichkeit erwachsen.
Immerhin kommt Verfasser doch zu dem Schlüsse, fflr sämtliche höheren
Lehranstalten die Mitwirkung des Schularztes zu beanspruchen, oder
wenigstens es zu versuchen, aber bescheiden muTs dieser sein und darf
nicht zu Vieles als dringend notwendig oder wünschenswert erklären.
Eüermit setzt sich Verfasser in einen wohltuenden Gegensatz zu dem
Ergebnis der Umfrage der GroCsh. Hessischen Oberschulbehörde, von der
eingangs die Rede war. Sowohl der Verein hessischer Ärzte, welcher vom
Verfasser ersucht worden war, zu dem Bedürfnis nach Schulärzten für
höhere Lehranstalten Stellung zu nehmen, als auch die Versammlung
hessischer Direktoren sprachen sich dahin aus, dafe die beamteten Ärzte,
also die Bezirksärzte, vollkommen hinreichen, und da& es einer persönlichen
Überwachung der einzelnen Schüler nicht bedarf. In eigenartigem Wider-
spruche stehen Leitsatz 7 und 8 dieser ÄuCserung. Leitsatz 7 besagt:
qEs empfiehlt sich, daCs beim Eintritt der Kinder in die Schule etwaige
krankhafte Zustände der Schüler von den Eltern angegeben werden" , während
Leitsatz 8 aus diesen Gründen ein Bedürfois nach besonderen Schulärzten
als nicht bestehend hinstellt. Es ist doch eine ganz falsche Vorstellung,
von den Eltern zu erwarten, daCs sie über den Gesundheitszustand ihrer
Kinder Auskunft zu geben in der Lage sind, ohne zu diesem Zweck eigens
ihr Kind vom Arzt untersuchen zu lassen. Tagtäglich stölst der Schularzt
auf schwere Störungen und Erkrankungen — und zwar nicht nur bei Kindern
armer Eltern, sondern auch bei denen aus vermögenden Familien — , die
den Eltern ganz unbekannt sind. Wann wird bei einem Schüler eine
Tuberkulose konstatiert? Meist wenn es schon zu schwersten Erscheinungen
gekommen ist. Wie oft entgeht den Eltern oder wird von ihnen nicht
beaditet, wenn ihr Kind mit Kopfschmerzen und anderen Erscheinungen
aus der Schule heimkehrt, die mit einer Kurz- oder Weitsichtigkeit zu-
36 134
sanimenh&Dgen? Wer schickt sein Kind vor dem Schnlbesach zum Arzte,
ob nicht ein Herzfehler oder eine Brachanlage vorhanden? Und selbst wenn
die Eltern alle Gebrechen ihrer Kinder genau der Schule mitteilen wfirden,
wer wird die Zunahme dieser Erkrankungen erkennen, wer wird unter-
scheiden, ob bei einem früher gesunden Kinde sich nicht eine schleichende
Erkrankung einnistet, die, zu sp&t erkannt, f&r das Kind und seine Mit-
schüler verhängnisvoll werden kann?
Der Lehrer etwa? Die Praxis widerspricht dem. Schon die Kranken-
geschichte der an Tuberkulose gestorbenen Schulkinder sollte alle Lehrer
und Ärzte eines anderen belehren. Trotz der relativ günstigen Yerhflltnisae
zur Ausheilung in der restitutionskrftftigen Jagend sterben doch so yiele
Kinder an dieser Seuche. Zu spät erkannt, zu spät behandelt. Alle nnsere
Bestrebungen und alles Geld für Tuberkuloseheilstätten werden umsonst sein,
wenn wir das Übel nicht an seiner Wurzel fassen. In die Yolksschnle
sowohl als in höhere Lehranstalten treten die Kinder ein mit skrophulösen
Affektionen. Geistig angestrengt und in ihrer Konstitution geschwächt, erwerben
sie die Lungenaffektion, die den Todeskeim in sich birgt. Treten diese
Kinder ins praktische Leben, so kommt man mit allen Heilanstalten schon
zu spät. Gerade in der Schule hat man alle Menschen durch Jahre in
Evidenz, und Prophylaxe — Vorbeugung wird es im höchsten Grade
und idealstem Sinne sein, wenn wir die Erkrankungen im Keime erkennen
und die jugendlichen Kranken in Kinderheilstätten einer Heilung zuführen
können. Nur der in der Schule angesetzte Hebel kann Heilung and
Besserung bringen. Und das Geld, welches heute zur Erstellung und zum
Unterhalt von Tuberkuloseheilstätten für Erwachsene geopfert wird, wttrde
fär Kinderheilstätten verwendet, unendlich viel bessere Resultate zeitigen.
Möchte die Schularztfrage auch an höheren Lehranstalten von einem
recht weiten und nicht engherzigen Standpunkte aus beurteilt und znr
Lösung gebracht werden. Med. Dr. Ebnst VEix-Prag.
135 37
DtettMi^)^ttntt|ett fix S^uiix^it.
IHenstuiweisans ftr die Schulärzte in Dauii;.'
I. Amtliche Stellang und Obliegenheiten des Schalarztes.
§ 1.
Der Schularzt ist Mitglied des bei jeder Schule gebildeten Schnl-
vorstandes. Als solches hat er Sitz and Stimme in demselben und ist
verpflichtet^ den Sitzungen desselben beizuwohnen. Es ist seine Aufgabe,
die für die Gesundheitspflege in der Schule erforderlichen Mafsnahmen
anzuregen und seine dahin zielenden Vorschläge dem Schuhorstande zu
unterbreiten. Die Ausfflhrung von Anordnungen hygienischen Charakters
in der Schale hat er mit dem Schulvorstande zu überwachen.
§2.
Der Schularzt hat regelm&fsig zu Anfaug jeden Schulsemesters die-
jenigen Kinder, welche in die Schulen, zu deren SchulYorstande er gehört,
neu eingetreten sind, genau auf ihre Körperbeschaffenheit und ihren Ge-
sundheitszustand zu untersuchen. Hierbei ist festzustellen, welche Kinder
einer dauernden ärztlichen Überwachung oder beim Schulunterrichte der
besonderen Berficksichtigung bedürfen, z. B. der Ausschliefsung yom Unter-
richte in einzelnen Fächern, wie Turnen, Gesang oder der Beschränkung
in der Teilnahme am Unterrichte oder der Anweisung eines besonderen
Sitzplatzes wegen Gesichts- oder Gehörfehlers und dergleichen.
Über jedes Kind, welches einer dauernden ärztlichen Überwachung für
bedürftig erklärt wird, ist während der ganzen Schulzeit ein Personalbogen
zn führen, der dasselbe durch die Schule begleitet.
§8.
Die Untersuchung ist möglichst bald nach Beginn des Semesters zu
einer mit den Rektoren der Schulen yereinbarten Zeit in der Weise vor-
zunehmen, dafs die Kinder gruppenweise in Anwesenheit des Klassenlehrers
oder, soweit Mädchen in Frage kommen, einer Lehrerin dem Schularzte
in einem besonderen Räume des Schulgebäudes vorgeführt werden. Die
Eltern dürfen von dem Schularzte zur Untersuchung ihrer Kinder zugelassen
werden.
§4.
Finden periodisch wiederkehrende Untersuchungen der Schulkinder
durch Augenärzte oder andere Spezialärzte statt, so hat der Schularzt
dabei anwesend zu sein.
^ Vom Magistrat der Stadt Danzig freuudiichst zur Verfügung gestellt.
38 136
§ 5.
Monatlich einmal während der Zeit des Unterrichtes hat der Schul-
arzt zu einer mit dem Rektor zu vereinharenden Zeit die Schule zu be-
suchen. Er hat hierbei die Schüler Ton 2 — 6 Klassen in ihren Klassen-
zimmern einer äufseren Besichtigung zu unterziehen und femer di^enigen
Kinder, welche ihm verdächtig erscheinen, oder die ihm aus den besichtigten
oder auch aus anderen Klassen besonders vorgefahrt werden, und diejenigen,
die bei einer früheren Untersuchung unter dauernde ärztliche Überwachung
gestellt sind, womöglich in einem besonderen Baume zu untersuchen. Falls
eine ärztliche Behandlung hierbei für notwendig befunden wird, sind davon
die Eltern der Kinder durch den Bektor zo benachrichtigen.
Die ärztliche Behandlung solcher Kinder selbst ist nicht Sache des
Schularztes.
Im Falle Auftretens ansteckender Krankheiten sind die Schulen nach
Bedarf häufiger als monatlich zu besuchen, auch hat bei dem Verdachte
auf solche der Schularzt auf Ersuchen des Rektors außerordentliche Re-
visionen der Schulkinder vorzunehmen.
Jede Klasse soll jährlich wenigstens einmal besucht werden.
§6.
Bei den Revisionen der Schulräume, welche jähriich durch Beauftragte
der Bauverwaltung und der Schulverwaltung unter Zuziehung des Stadtarztes
stattfinden, hat der Schularzt der betreffenden Schule zugegen zu sein.
§ 7.
Der Schularzt ist befugt, bei seinen Besuchen in der Schule sowohl
die Unterrichts- wie auch alle anderen Räume auf dem Schulgmndstflcke,
z. B. Yerwaltungszimmer, Dienstwohnungen, Lokalitäten für Horte und
Haushaltungsunterricht, Küchen, Keller, Klosets zu betreten und zu be-
sichtigen. Werden dabei Mifsstände hygienischer Art von ihm wahr-
genommen, so wird er zunächst den Rektor darauf aufmerksam machen
und die Abstellung derselben, falls sie nicht kurzerhand von dem Rektor
bewirkt ist, im Schulvorstande zur Sprache bringen. Lehnt der Schul-
vorstand es ab, die von dem Schularzt gewünschten Änderungen vorzu-
nehmen bezw. dahin zielende Anträge bei der Schuldeputation zu stellen,
so ist der Rektor auf Verlangen des Schularztes, verpflichtet, der Schul-
deputation über die Anträge des Schularztes, sowie über die Gründe der
in dem Schulvorstande erfolgten Ablehnung Bericht zu erstatten.
Zu selbständigen Anordnungen ist der Schularzt nicht berechtigt.
§ 8.
In Gemeinschaft mit dem Rektor und den betreffenden Klassenlehrern
hat der Schularzt die für die Ferienkolonien und Badefahrten in Vorschlag
zu bringenden, sowie zur Beteilung mit Frühstück zu bestimmenden Kinder
auszuwählen.
§9.
Auf Ersuchen der Schuldeputation oder des Rektors hat der Schularzt
sein Gutachten abzugeben und zwar besonders in folgenden Fällen:
137 39
a) bei Überweisang von Schulkindern an die Hilfsklasse,
b) bei Überweisung an Hilfsknrse fflr Stotternde,
g) bei angeregter Befreiung vom Schnlbesnche oder einzelnen Unter-
richtsfächern,
d) bei drohender Verbreitung ansteckender Krankheiten.
Grutachten ad d) bat der Schularzt auch auf Ersuchen des Stadtarztes ab-
zugeben.
n. Geschäftsführung des Schularztes und sonstiges.
§ 10.
In jeder Schule wird vom Rektor ein Revisionsbuch aufbewahrt, in
welches der Schularzt Zeit und Dauer seiner Besuche, sowie den Umfang
der dabei vorgenommenen Revisionen und die wichtigeren Wahrnehmungen
einzutragen hat.
§ 11.
Er hat jährlich spätestens bis zum 15. Mai dem Stadtarzte zur Weiter-
gabe an die Schuldeputation einen schriftlichen Bericht über seine Tätigkeit
im abgelaufenen Schuljahre einzureichen.
Dieser soll enthidten:
a) eine tabellarische ziffernmäßige Zusammenstellung der Resultate bei
den Aufnahme-Untersuchungen,
b) die Anzahl der in jeder Schule gemachten Besuche,
c) die Anzahl und Art der wichtigeren Erkrankungsfälle, die bei den-
selben zur Beobachtung gekommen sind,
d) die Anzahl und die Ursachen der Befreiungen vom Schulbesuche
oder von einzelnen Unterrichtsgegenständen,
e) die Anzahl der Kinder, für welche eine dauernd ärztliche Kontrolle
für notwendig erklärt worden ist.
§ 12.
Die in amtlicher Eigenschaft gemachten Beobachtungen darf der
Si^ularzt nur mit Genehmigung der Schnldeputation veröffentlichen.
§ 13.
Der Schularzt hat an denjenigen Konferenzen teilzunehmen, welche
von der Schuldeputation oder auf Veranlassung derselben von dem Stadt-
arzte behufs Erreichung eines möglichst zweckmäßigen Vorgehens auf dem
Gebiet der Schulhygiene und behufs Austausches von Beobachtungen und
Erfahrungen berufen werden.
§ 14.
Will ein Schularzt auTserhalb der Zeit der Schulferien auf länger als
eine Woche die Stadt verlassen, so hat er die Schuldeputation hiervon zu
benachrichtigen und für kostenlose geeignete Vertretung zu sorgen.
§ 16.
Für seine Mühewaltung erhält der Schularzt ein vierteljährlich post-
numerando zu zahlendes Honorar, dessen Höhe nach der Anzahl der Scbul-
klassen bemessen \nrd; und zwar sollen gezahlt werden:
40 138
Bis zu 15 Klassen einschliefslich 22Ö Mark pro Jahr, darüber hinaus
für je 5 Klassen oder angefangene 5 Klassen je 75 Mark. Hierbei macht
es keinen Unterschied, ob in die Klassenzahl eine oder mehrere Schulen
fallen. Sind mit den schalärztlichen Besuchen Fahrten in die Vororte
verbanden, so werden die tatsächlich aufgewendeten Kosten für Dampfboot-
oder Eisenbahnfahrt aaf Liquidation gezahlt, faUs nicht für solche Fahrten
ein Pauschquantum zugebilligt ist.
§ 16.
Seitens des Schularztes sowie seitens des Magistrats kann der An-
stellungsvertrag am Ende jedes Schulsemesters nach vorausgegangener
vierteljährlicher Kündigung aufgehoben werden. Kommt der Schularzt den
eingegangenen Verpflichtungen nicht nach, so steht dem Magistrat das
Recht zu, auf Vorschlag der Schuldeputation einen Vertreter auf Kosten
des Schularztes zu bestellen.
§ 17.
Der Magistrat behält sich das Recht vor, auf Antrag der Schal-
deputation diese Dienstanweisung abzuändern oder zu erweitern.
Danzig, den 27. Juni 1901.
Der Magistrat.
Die Schuldeputation.
Delbbügk. Dr. Damus.
Zusendungen und Zuschriften werden erbeten: für die Zeitschrift an
Herrn Prof Dr. Fr, Erismann in Zürich, PlaUenstr, 37, spesieü für den
SehularMt an Herrn Hofrat Dr, med. P, Schubert in Nürnberg, Fleisch-
brikke 10, direkt oder durch die Verlagsbuchhandlung Leopold Voss in
Hamburg,
Iritfilnft füi Sil|itlgrfinli|tett0|i|lr$r.
XVL Jahrgang. 1903. No. 3.
Ortjitiaiab^ttMtttt^eti.
über Sehnltnmen und freie Leibes&bnngen.
Von
Hofrat A. Maül,
Direktor der GroÜBhersogl. Badischen Tarniehrerbildnngsanstalt in Earlsrahe.
Auf Seite 722 der No. 12 dieser Zeitschrift, Jahrgang 1902,
befindet sioli eine Mitteilung des Herrn von Sgheiykbndobfp in Görlitz,
wonach der Vorstand des Zentralaussohusses für Volks- und Jugend-
8piele sich ^auf das entschiedenste gegen jeden Versuch, das badische
Tumsystem zum herrschenden zu machen'', ausspricht. Wer solche
Versuche gemacht habe^ sagt jene Mitteilung nicht. Ich erkläre
daher zunächst hier ausdrücklich, dals ich sie weder direkt noch in-
direkt veranlaist habe. Meine Sorge ging stets nur dahin, das Schul-
tarnen in Baden möglichst erfolgreich zu gestalten. Wenn andere,
die das badische Schulturnen näher kennen gelernt haben, wenn z. B.
auswärtige Turnlehrer, die an den yon mir zur Ausbildung von Turn-
lehrern abgehaltenen Tumkursen teilgenommen hatten — dei*en sind
es bis jetzt weit über hundert — , sich bemühten, die hiesige Betriebs-
weise des Schulturnens anderwärts einzuführen, so trage ich daftir
keinerlei Verantwortung.
Eine andere Frage ist es, warum solchen Bemühungen gerade
der Zentralausschufs zur Förderung der Volks- und Jugendspiele ent-
gegentritt und warum er es jetzt erst tut, nachdem doch das badische
Schulturnen seine jetzige Form schon seit anderthalb Jahrzehnten
angenommen hat.
Der Vorstand des genannten Zentralausschusses begründet nun
sein Auftreten gegen das badische Schulturnen mit der Behauptung,
Schnlgesundheitspflege. XVI. 8
140
doroh dieses i^ürden die BestrebnDgen des Zentralaussohusses indirekt
naohteilif bertlkrt, weil es im wBsentliohen ein HaUentornen sei und
die l\irBi{)ieIe, sowie üWhanpt üs tomerisohen Übungen im Freien
hintansetze, Dinge, auf deren Förderang ja gerade die Bestre-
bungen des Zentndanssohnsses gerichtet seien. Die ungünstige Mei-
nung, die sein Vorstand sich vom badischen Schulturnen gebildet
hat, ist, wie ich vermute, einerseits durch Mitteilungen über Äulse-
rungen von mir entstanden, die entweder unrichtig wiedergegeben
oder unrichtig aufgefEkCst wurden, andererseits auch durch den Verlauf
der Vorführung von Elarlsruher und Mannheimer Tumklassen bei
Gelegenheit der neunten oberrheinischen Tumlehrerversammlung im
Juli 1902, denen über 120 nichtbadische Turnlehrer aus allen Teilen
Deutschlands, aus Österreich und der Sohweis beiwohnten. Da bei
diesen Vorführungen nur die besondere Art des Betriebes der Frei-
und Qerätübungen^ in Baden gezeigt werden sollte — die Tumspiele
und verwandte Übungen waren auf der vorherigen Versammlung
(1899 zu Mannheim) voi^fbhrt worden — und da alle VorfÜhrongen,
schon der Zeitersparnis willen, aber auch aus anderen Gründen, in
IhimhaUen statthaben muftten, so bildeie sich bei vielen die Meinung,
die günstigen ESrgebnisse, die hierbei zu Tage trafen, seien nur durch
allzuweit gehende Beschränkung im Übungssto£P und durch Vemaoh-
lüssigung aller Übungen im Freien zu erreichen. Der letztgenannte
umstand liege deshalb nicht in Ortlichen Verhältnissen begründet,
meint nun auch der Vorsitzende des Zentralausschusses, Herr ton
SoHBNKSNDOAFP (vcrgl. sciue Erwiderung in der Dewtsehm Tum-
jmtung von 1902, Seite 1019), sondern im ..badischen Tumsystem^
überhaupt.
Worin besteht nun aber das Wesen des sogenannten „badischen
Tumsystems"? Nun, soweit ich, der „Schöpfer und Leiter*' dieses
Systems, es nach anderen „Systemen* beurteilen kann, in nichts
anderem, als in dem besonderen Nachdruck, den das badische Schul-
turnen auf den methodischen Betrieb der Frei- und Geritttbungen
des deutschen Turnens legt. Diese Übungen sind ja, wie selbst der
Vorsitzende des Zentralausschusses zugibt (vergl. Deutsche TumseUung
von 1902, Seite 1019). „für eine regelrechte Durchbildung des Körpers
eben ganz unentbehrlich". Von derselben Seite wird auch zugegeben,
^ Der Kürze halber verstehe ich hier unter Freiübungen alle systematiBchen
Übungen ohne Gtebramch von Geräten, also auch die Ordnungsübungen, im G^egen-
sats SU den Übungen mit Handgeräten oder an befestigten Geräten.
141
dab sie mit deo Tomspielen und den verwandten Übongen ,,gleioli-
berechtigte FaktoTen" seien; ^keiner soll den anderen Teil rerdr&ngen,
sondern naoh allen Sjräften fördern und stlitsen^. Demnach ist selbst
an den Sohnlen, denen die örtlichen Verhältnisse einen ungehinderten
Betrieb der Tomspieie and der verwandten Übongen gestatten, eine
Borgfidtige Pflege der Frei- nnd Gerftttlbnngen geboten. Um so mehr
mnis dies o£fonbar der Fall sein in Schulen, deren Turnen der ort-
liehen Verhältnisse wegen ganz oder fast ganz auf Frei- und Q«rftt-
flbungen beschrftnkt bleiben muüs. Zu diesen Schulen gehören aber
leider bis jetrt weitaus die meisten, namentlich die städtischen, und
swar sieht nur in Baden, sondern auch anderswo (man vergleiche
den Bericht Dr. GBBsmvBBBGS über das Turnen an den höheren Schulen
in Hamburg in der Zeitschrift y^Korper und C^tid^ von 1902, No. 1).
Wegen dieser Bedeutung der Frei- und Gerätllbungen filr die
leibliche Erziehung der Schuljugend habe ich von jeher danach
gestrebt, durch Verbesserung der Unterrichtsmethode und durch
zweckmftbige Auswahl des Übungsstoffes das Turnen selbst unter
den besohrinktesten Verhältnissen &hig zu machen, mindestens die
Jngend zur GhewandÜieit und Anstelligkeit, zur Ausdauer, Be-
sonnenheit und Tadoraft erziehen und sie an Genauigkeit und Pünkt-
lichkeit im Tun, an Zucht und Unterordnung, an gute Körperhaltung
und Schönheit der Bewegung gewöhnen zu können, ohne ihr und
ihren Lehrern die Freude an der turnerischen Arbeit zu ndunen.
Ob und inwieweit mir dies gelungen ist, mögen die genaueren Kenner
des badischen Schulturnens beurteilen und lälst sich wohl auch aus
den Berichten von Teilnehmern an der voijflhrigen oberrheinischen
Tnmlehrerversammlung, soweit diese Berichte in Fachblättem (Deutsehe
Twmßeikmg^ Monatsschrift für das Tunitcesen, Zeitschrift ,jKdrper
GM^^ 8chwei»eriscke Turneeitung) erschienen sind, ersehen.
Wenn nun der Zentralausschuls versichert, seine auf Förderung
der Jngendspiele und verwandter Übungen gerichteten Bestrebungen
schlössen keine Zurücksetzung des Turnens in Frei- und Q^rätübungen
in sich, so kann ich mit gleichem Rechte versidiemy dafs mein
Streben nach möglichst nutzbringendem Betriebe des Turnens in den
zuletzt genannten Übungen keine Mifsachtung und kein Ausschliefsen
dss Tumspieles u. s. w. mit sich bringt. Das lehrt schon ein Blick
in meine Tumschriften, in denen dem Tumspiel u. s. w. alle Berück-
sichtigung zu teil wurde. Das beweisen auch die turnerischen Vor-
führungen von Tumklassen auf der achten oberrheinischen Turnlehrer-
Versammlung zu Mannheim 1899, wobei über 1000 Knaben aller
8»
142
Sclmlgattimgen Turnspiele» volkstümliche Übangen, and daneben Frei-
und Gerätübungen nach Art der in Karleruhe im Jahre 1902 vor-
geführten, den yersammelten Turnlehrern, worunter sich auch viele Nicht-
badener befanden, vorzeigten. Das beweist ferner auch die Tatsache,
dafs an den badischen Schulen, denen ein ausreichender Spielplatz zur
Verfügung steht, wie z. B. in Heidelberg, Freiburg und Eonstanz,
neben dem nach den G-rundsätzen des „badisohen Tumsystems*^ gut
geleiteten Turnen in Frei- und Gerätübungen ein wohlgeordneter und
ausgiebiger Spielbetrieb einhergeht. Und endlich mag noch erwähnt
werden, dafs in den von mir geleiteten Kursen zur Ausbildung von
Turnlehrern und -Lehrerinnen die Tumspiele stets ihre Stelle finden.
Übrigens sind auch in den Erlassen der badischen ünterrichtsbehörde
über Gesundheitspflege und über Turnen (1884, 1887 u. s. w.) ganz
ähnliche Vorschriften über die Leibesübungen im Freien enthalten,
wie in den preuüsischen Lehrplänen vom Jahre 1901.
Sollte trotzdem der Spielbetrieb im Lande Baden, wie behauptet
wird, verhältnismäüsig geringer sein als in anderen Ländern, so ist daran
weder das sogenannte badische Turnsystem, noch sind die badisohen
Turnlehrer daran schuld. Wir können eben den Schulen keine
Tum- und Spielplätze liefern, wenn es die Staats- und Gemeinde-
behörden nicht tun können. Wir können nicht einmal verhindern,
daüs schon vorhandene Spielplätze ganz oder teilweise zu Bauplätzen
verwendet werden, wie dies zu Mannheim und Karlsruhe, hier mit
dem Turn- und Spielplatz der Tumlehrerbildungsanstalt, geschah.
Li Wirklichkeit liegt also kein stichhaltiger Grund zu der Be-
fürchtung vor, es könnte den Bestrebungen des Zentralausschusses
indirekt Schaden zugefügt oder ihnen gar „der Boden unter den
Füfeen fortgezogen werden^ (Beutst^ Tumgeitungr onl902, Seite 1019),
wenn das Turnen nach badischer Art gröfsere Verbreitung fände.
Vielmehr würde dadurch nur der eine der beiden Faktoren, die die
leibliche Tüchtigkeit der Schuljugend hervorrufen sollen, vielleicht
an gar manchem Ort ergebnisreicher werden als bisher, ohne dafs
dadurch der andere Faktor an Bedeutung und Pflege Einbuüse er-
leiden müHste.
143
Die Geflundheitslehre in der preoTsischen Volkssohnle.
Von
Cabl RiOHTEB-Straosberg.
Jeder Freund der Schnlgesundheitspflege wird gleichzeitig alle
Fortsehritte auf dem weiten Gebiete der G^nndheitspflege überhaupt»
sowohl der öffentlichen, als auch der privaten, mit Oenngtanng be-
grfifsen. Es ist natnrgemäfs, wenn der Schulmann in erster Linie
fär Schnlgeeundheit eintritt, da er fOr sie vorwiegend interessiert ist,
ihm die tfigliohe Erfahrung zur Seite steht und er durch Konzen-
tration seiner Ejraft auf ein Teilgebiet den Vorteil des gröüseren
Erfolges erhoffen darf. Bin Kehren vor fremden Türen könnte sich
zudem leicht durch Yemaohlässigung des eigenen Hauses rächen.
Und doch, mit dem Eintreten für Schulgesundheit macht man sich
der aUgemeinen Gesundheitspflege bereits dienstbar; der Teil Iftlst
sich kaum vom Gimzen trennen, beide stehen in Wechselbeziehung
zu einander, und wer für Gesundheitspflege in der Schule begeistert
ist, kann diese Begeisterung nicht hinsichtlich anderer Gebiete zur
Seite stellen. Systematisch auftretende hygienische Bestrebungen im
Schulwesen sind als eine Konsequenz davon zu betrachten, dafs eben
die Hygiene ihre Forderungen auf allen Gebieten des öffentlichen
Lebens zur Geltung brachte. Unzweifelhaft müssen in einer hygienisch
emp£lnglich gemachten, wiederholt und mannigfaltig angeregten
Bevölkerung die Bestrebungen für Schulgesundheitspflege erhöhtes
Yerstftndnis, bereitwilligeres Entgegenkommen und opferfreudigere
Förderung finden. Die planm&Tsige Aufklärung über die Gesund-
heit, dieses unser höchstes irdisches Gut, setzt im Lande Preuüsen
bereits in der Schule ein. Wir erachten uns für berechtigt, in einer
Zeitschrift, welche die Pflege der Schulgesundheit auf ihre Fahne
geschrieben hat, den Nachweis zu führen, in wie vielseitiger Weise
die heutige preuisische Volksschule Somatologie betreibt.
Der Volksschullehrer dringt bis in die verlassensten Winkel
unseres weiten Yaterlandes vor, wo hinter Heiden, Stumpfen und
Dünen rückständige Geschlechter vielfach noch ihr Dasein führen.
Gerade hier ist dem Lehrer Gelegenheit gegeben, als „Vorposten der
(^nndheitspflege", wie ihn Kreisarzt Dr. Bbbqsb auf der 19. Haupt-
144
versammlang des preulsisohen Medizinalbeamtenyereins zu Kassel
(12. September 1902) trefifend bezeichnete, innerhalb und ausserhalb
der Sohnle eine ungemein segensreiche Tätigkeit zu entfalten. Wenn
schon den reiferen Schülern und Schülerinnen die Augen für den
Wert der menschlichen Gesundheit, für ihre oft leichtsinnige Yer-
scherzung und andererseits über die rechten Mittel zu ihrer Erhaltung
geöffiiet werden, so müssen allmählich verständige Anschauungen in
die noch so vielfach dem Vorurteil, Unverstände und Aberglauben
verfallenen Familien einziehen. Manche Gerichtsverhandlung gegen
Kurpfuscher hat schon grelle Streiflichter auf die in medizinischen
Fragen herrschende Unkultur ländlicher Kreise geworfen ; aber gegen
die haarsträubenden Berichte früherer Jahrhunderte sind wir doch
erheblich fortgeschritten, wenngleich es dem hinter uns liegenden
Jahrhundert noch lange nicht beschieden war, wenigstens die Reste
des Aberglaubens, dieser „Schande des Menschengeschlechts", zu tilgen.
Die Gesundheitslehre ist durch die vielgefeierten allgemeinen
Beetimmungen vom 15. Oktober 1872 wieder in die preuÜBisohe
Volksschule eingezogen. Wir sagen „wieder*', denn nur in der
vorangegangenen Regulativzeit, von 18&4 bis 1872, war die Lehre
vom menschlichen Körper der Volksschule fremd, während sie in
älteren Jahrzehnten eifrig gepflegt erscheint Das beweisen uns die
damaligen Lesebücher, MKinderfreunde" genannt; im Anfange des
19. Jahrhunderts erschien es als selbstverständlich, jedem Lesebuch
eine stattliche Kapitelzahl anthropologischen Lihalts zu geben. Wir
führen einige Überschriften aus der 4. Auflage des umgearbeiteten
RooHOWsohen Lesebuches vom Jahre 1828 an: 1. Wert eines
gesunden Körpers. 2. Nützlichkeit der Kenntnis unseres Körpers.
3. Die Knochen des menschlichen Körpers. 4. Fleisch, Muskeln,
Haut 5. Herz, Adern. 6. Die Lunge. 7. Verdauungsweikzeuge.
8. Gehirn, Rückenmark. 9. Die fünf Sinne. In Rochows Kinder-
fireund wird uns sogar die Einführung des somatologen Unterrichts
begründet. Der hoffnungsvolle Knabe Rudolf führte durch einen
unvorsichtig genossenen kalten Trunk seinen frühen Tod herbei.
Das nahm der Lehrer Gotthou) zur Veranlassung, den gedachten
Unterricht aufzunehmen.
Die Behandlung des menschlichen Körpers in der Schule hat
auch ihre Gegner. Aber welche Sache, und sei es die allerbeste,
hätte sie nicht 1 Mancher findet neben der Pflanzen-, Tier* und
Mineialienbetrachtung keine Zeit mehr, auch noch den Menschen zu '
behandeln. Wir erachten jedoch den Menschen, den „Herrn der
145
Schöpfang'^y alfl mindestens ebenso wichtig wie seine Untertanen,
nnd wir wollen xms gern dafdr interessieren, was unseren Hanstieren
nfitalieh oder sehfldlich ist» nachdem wir vorher in dieser Hinsicht
über uns selber klar geworden sind. Anderen erscheint das Objekt
der Betraehtong als anstO/sig. In der Darstellung entblolster Körper-
teile und in der Offenlegung innerer Organe befürchtet man eine
Verletsung des Schamgefühls und die Erregung sinnlicher Gedanken.
Wir geben gerne zu, dass dem pftdagogisohen Takte hier mehr als
in sonstigen Unterrichtsstunden die Aufgabe ou&llt, gewisse Dinge
gesehiokt zu umgehen, andere in unbefangenster Weise vorsutragen.
Aber die Bedenken sind übertrieben. £ine empfehlenswerte Mab-
nähme ist die absichtliohe Versetzxmg der Schüler in eine angemessene,
ernste Stimmung, die sehr leicht durch Berichte über tragische Un-
glüekafilUe, die zu der in Bede stehenden Teilbesprechung in Beziehung
stehen, u. dgL herbeigeführt werden kann. Bei vielen Organen wird
der Lehrer ablenkend auf das daheim so viel geübte Schweineschlachten
hinweisen, durch das den Kindern die inneren Teile des Säugetieres
ziemlich gut bekannt geworden sind, so da(s ein Vergleich erheblich
zum Yerstftndnis beitragt, insbesondere, wenn noch die Skizze des
Lehrers an der Wandtafel und sonstige bildliche Darstellungen oder
Modelle hinzutreten. Wir haben bei der Jugend stets ein freudiges
Liteiesse für den gedachten Gegenstand gefunden ; auch überraschten
uns viele Schüler durch wohlgelungene, mit Fleiis angefertigte Nach-
bildungen — oftmals farbig — der vorgeführten Skizzen.
Der Lehrplan der Volksschule verlegt die Lehre vom mensch-
liehen Kürper in die 1. und 2. Klasse mehrklassiger Schulen, also
etwa in das 6. bis 8. Schuljahr. Die Behandlung gliedert sich regel-
mftlsig in den anatomischen, den physiologischen und den
diätetischen Teil. Der letztere ist die Hauptsache; er findet in
den beiden vorangehenden seine Begründung. Viele gesundheitliche
Lehren sind den Schülern ohne weiteres Uar, sobald sie Bau und
Leben eines Organs kennen gelernt haben. Wo wöchentlich zwei
Unterrichtsstunden für Naturbeschreibung zur Verfügung stehen, kann
die Anthropologie in jährlich 4 — 8 Wochen — am besten zu Anfang
des Wintersemesters — erfolgreich erledigt werden.
Der auf das Notwendigste beschränkte Stoff wird in folgenden
Absehnitten behandelt: 1. Das Knochengerüst. 2, Die Muskeln.
2. Die Sinne und die Sinnesorgane. 4. Die Verdauungs Werkzeuge.
5. Der Blutumlauf. 6. Die Atmui^fswerkzeuge. 7. Gehirn und
Nerven. 8. Die erste HUfe bei plötzlichen Unglücksfällen.
146
Da überall die Gesundheitslelire in den Vordergrand treten soll,
so sei es uns gestattet, hier eine Auslese der dabei zu gebenden
Hinweise darzubieten: Den Kindern mob von Jugend auf zweok-
mälsige Nahrung zur Bildung starker Knochen gewährt werden.
Knochensohwache Kinder kratzen oft instinktmäfsig Kalk aus der
Wand, um ihn zu verzehren. Kalkhaltige Nahrungsmittel sind
Eier, Hülsenfrüchte, gutes Brunnenwasser. Der Arzt yersohreibt
bisweilen Kalkwasser. Kinder müssen nicht die Sorge für ihre
gesunden Knochen beim Spiel etc. auüser acht lassen (Lämmchen
auf der Weide als abschreckendes Beispiel), sich vor Knochenbrüchen,
Verstauchungen, Verletzungen der Knochenhaut bewahren, die anver-
trauten jüngeren Geschwister nicht in Unachtsamkeit beim Tragen
auf dem Arme überfallen lassen und beim Turnen an Geräten Dreistig-
keit immer mit Vorsicht paaren. Arbeit stärkt die Knochen (Kutscher,
Arbeiter), Müssiggang schwächt sie. (Der geheilte Patient hatte infolge
seines Nichtstuns 365 Krankheiten, bis ihn der Arzt zu sich kommen
liels — aber per pedes.) Dasselbe gilt von den Muskeln. Die Arbeit
im Freien ist gesünder, als die in Fabriken, das Landleben vorteil-
hafter für die Gesundheit als das Leben in grossen Städten. Das
Schlagen auf den Kopf ist gefährlich. Die unterlassene Zahnpflege
rächt sich durch Zahnverderbnis und Magenkrankheiten in späteren
Tagen. Empfehlenswert sind geordnete Lebensweise, Leibesübungen,
Bäder, Abhärtung in Wind und Wetter. Die Halstücher führen zu
Halskrankheiten; die Matrosen zeigen uns, dafs Halsbekleidungen
unnötig sind. Ohrringe der Mädchen sind überflüssig; beim Ein-
stechen der Ohrlöoher kommen nicht selten üble Folgen vor. Man
überläbt es besser den Wilden, sich Binge durch Ohren und Nase
zu ziehen. Von aulserordentlicher Wichtigkeit ist die Haut, ein
Ausscheidungsorgan des Körpers. Reinlichkeit ist das halbe Leben.
Unreinlichkeit stört die Tätigkeit der Haut und hat Krankheiten
aller Art (Ausschlag) zur Folge. Korsett, Gummischuhe und Pelz-
mütze sind verwerflich. Aus dem Verbrauch an Seife erkennt man
die Kultur eines Volkes. Haare und Nägel sind peinlich sauber zu
halten. Das Haaröl ist meistens überflüssig; das beste Haaröl ist
das Wasser. Beim Barbier und in Giusithäusem mufis man sich vor
Übertragung ansteckender Haarkrankheiten (Flechten, Weichselzopf)
hüten. Dafs das Abschneiden des Weichselzopfes den Tod nach
sich ziehe, ist eine Fabel. Dem Auge sind laue Waschungen dienlich.
GreUes Licht, auch schneller Wechsel von Licht und Finsternis sind
schädlich. Man darf nicht im Zwielicht lesen oder schreiben, eben-
147
sowenig in Büchern, die von der Sonne beachienen sind. Bei ent-
zündeten Angen ist Schonung nötig; das Tragen einer grauen Brille
bringt oft erhebliche Abnahme des Schmerzes hervor. Fremdkörper
müssen zweckmäfsig beseitigt werden (Streichen nach dem inneren
Augenwinkel ; bei Kalk — Mohnöleintröpfelung, nicht Wasser; Kohlen-
stüekcben, Steinohen, nach innen gebogene Wimpemhaare sind be-
sonders schmerzhaft). Vor Augensalben ist zu warnen, soweit sie
nicht Tom Arzte verschrieben sind. Schläge gegen das Ohr können
leicht das Trommelfell sprengen und Hittelohrausflüsse hervorrufen.
Ansammlung und Verhärtung des Ohrenschmalzes ist zu verhüten.
Ins äufsere Ohr eingedrungene Tiere werden durch Eingießen von
Öl herausgebracht. Ohren watte ist dem gesunden Organ verderblich;
sie rechtfertigt sich nur in kranken Tagen. (Struwwelpeter ist ein
abschreckendes Beispiel körperlicher Yemachlftssigung.) Stubenhocker
leiden viel unter dem Schnupfen; das einzige Gegenmittel dauernder
Art ist Abhärtung, Bewegung in Wind und Wetter. Vernachlässigter
Schnupfen kann zur Polypenbildung oder zur Stinknase fähren.
Kinder, die nicht durch die Nase atmen können, sind dem Arzte
zur Operation zuzuführen (adenoide Vegetationen) ; geschieht es nicht,
80 leiden die Kinder in ihrer Sprache, ihrem Wohlbefinden, ihrem
Gehör und ihrem geistigen Fortschritte erheblichen Schaden. Die
rote Nase ist nicht selten der Verräter des Trunkenbolds. Das
Tabakschnupfen ist eine üble Gewohnheit, ebenso das Bauchen.
Wer in zu jungen Jahren raucht oder trinkt (Alkohol), begeht
Selbstmord, abgesehen davon, dafis er sein Geld verbringt. Kleine
Kinder dürfen nicht Bohnen oder Knöpfe zum Spielen erhalten,
weil sie diese mit Vorliebe in die Nase stecken oder verschlucken
(Zeitungsnachricht: Marmorkugel in der Luftröhre durch Kop&tellung
des Elindes herausgebracht). Es ist eine Unsitte, wenn Schneiderinnen
Stecknadeln im Munde halten. Nasengeschwüre sind mit gröJster
Vorsicht zu behandeln, da sie auiserordentlich leicht bösartig werden.
Böse Buben verleiten unerfahrene Mitschüler im Winter gern, am
kalten Bmnnenschwengel zu. lecken. (Vorsichtl) Zu heifse oder zu
kalte Speisen oder Getränke dürfen nicht genossen werden. Beim
Elssen soll man sich nicht übereilen (Tod durch Verschlucken eines
Fleischstückes), wenig sprechen, gut kauen und MäCsigkeit bewahren.
Elindem, die sich verschluckt haben und krampfhaft husten, hebt man
zwecks Hilfeleistung rasch beide Arme hoch. Erbrechen, Durchfall,
Magenbeschwerden, Kolik sind fast immer die Folgen eigener Ver-
sündigung an seiner Gesundheit; die Ursachen müssen erforscht und
148
künftig yennieden werden. Verdorbene Nahrungsmittel, Wasser aas
Bmnnen bei Dnngstfttten sind dem Körper Gift. Die Lebensweise
sei einfaob und naturgernftCs. Als gute Medizin, dabei billiger als
die der Apotheke, sind frische Luft, reines Trink- und Badewasser
und die Sonne zu betrachten. Das Schlafen m engen Löchern oder
Kammern ist ein Unverstand, noch zumal, wo die gute Stube unbenutzt
ihr Dasein fristet. Heftiges Nasenbluten kann durch Einstopfen von
Eisenchloridwatte gestillt werden; demnächst ist ärztlicher Bat ein-
zuholen. Beim Auftreten von Fieber ist unter allen Umständen
Bettruhe erforderlich. Für KrankheitsflftUe sind einige bewährte
Hausmittel bereit zu halten.
Li der Naturlehre bietet vorzugsweise das Kapitel von der
Wärme reichlich Gelegenheit, gesundheitliche Weisungen zu geben.
(Sich nicht auf kalte Steine setzen, weil sie gute Wärmeleiter sind ;
die zuträgliche Zimmerwärme ist 18^ C; der direkten Wärmestrahlung
vom eisernen Ofen soll man seinen Körper nicht aussetzen; infolge
der Verdunstung sind nasse Kleider auf dem Körper gesundheitsschäd-
lich; bei schwitzendem Körper darf man nicht Zug erhalten, — die
Verdunstung erzeugt Kälte, wird deshalb von uns beim Sprengen der
Strassen und Höfe absichtlich hervorgerufen; Verhalten beim Ge-
witter etc.) Wiederholt ist auf die Gefahr der noch immer vor-
handenen Ofenklappen aufmerksam zu machen, auf den vernünftigen
Omgang mit Streichhölzern, auf die Möglichkeit von Gasvergiftung,
Verhalten gegen elektrische Anlagen, gegen Eisen- und Pferdebahnen.
In der Botanik lernen die Kinder den Schaden der Giftpflanzen
kennen (kleine Geschwister sind von den Beeren des schwarzen
Nachtschattens sorgfilltig fernzuhalten; Mütter, die ihren unruhigen
Kindern eine Mohnkopfauf kochung als Schlafmittel geben, versündigen
sich an ihnen, ebenso die Väter, die ihren Ejiaben geistige Gretränke
reichen). In der Zoologie wird nicht verschwiegen werden, wie der
Umgang mit Tieren der menschlichen G^undheit nachteilig werden
kann (Schlangenbifs, Aufnahme von Parasiten). Im Turnunterricht
werden Unftüle seltener eintreten, wenn der Schüler aus dem Bau
seiner Glieder die Vorsichtsmafsregeln zu ihrem Schutze selber her-
zuleiten im stände ist
Gesundheitliche Belehrung gelegentlicher Art und eine dem-
entsprechende Gewöhnung wird dem Kinde vom ersten Schultage
an zu teil. Es muis am Körper und in der Kleidung sauber zur
Schule kommen, muls gerade sitzen, mufe in den Dntenrichtspausen
regelmälsig die Fenster öffnen (auch im Winter). Der Lehrer klärt
14»
es wiederholt über die Mafsnahmen aiir Sicherung der Sohalgesnnd-
heit auf, indem er Fragen stellt und sie mit den Kindern beant-
wortet: Warum öfEnen wir die Fenster nach jeder Stunde? Warum
liegen Tor der Haustür die Sohmutzreinigungsbretter? Warum steht
Tor dem eisernen Ofen der Ofenschirm? Warum sind die Venti*
lationsklappen in den Wftnden? Warum sollt ihr die Schultafel
stets feucht, nicht trocken abwischen? Warum sind die Wände unten
mit Ölfarbe gestrichen? Warum steht auf unserem Ofen ein Gefkfs
mit Wasser? Warum sollen eure Kleider auf dem Korridor hängen?
Warum kommt überall in den Klassen das Licht von links? Warum hat
unser Sohulhaus Steintreppen? Warum sind an Stelle der alten
Bänke neue, zweisitzige (Rettigbänke) angeschaffl; worden? Warum
wird im Winter der Nachmittagsunterricht um Vi Stunde gekürzt?
Durch solche und ähnliche Fragen wird in den Kindern das Be-
wu&tsein geweckt, dals sie allenthalben in den Einrichtungen und
Mabregeln der Schule von der Sorge um ihre Gesundheit getragen
werden. Nichts ist vom Zufall oder der Laune des Lehrers diktiert;
alles hat seine wohlerwogene Begründung» selbst dann, wenn sie dem
Kinde verborgen erscheint.
Gittdclioherweise sind wir in der Überwindung der Zeiten be-
grilfen, wo es dem Lehrer schwer fallen mufste, gesundheitliche
Regeln Torzuschreiben. Stand doch Einrichtung und Ausstattung
des Schulhauses zu ihnen nicht selten in krassestem Widerspruche.
Wie überall, so verlangt auch in der Befolgung hygienischer An-
weisungen das Kind vom Lehrer das Vorbild, die Übereinstimmung
von Wort und Tat; im Lehrer erblickt es den Herrn der Schul-
stnbe und folgert: Wie der Herr, so's GescherrI und umgekehrt.
Es hat kein Verständnis dafür, dals der Lehrer nicht für alle Schul-
zQstflnde verantwortlich sein sollte, und selbst wenn es dieses hätte,
so wäre schon die Erkenntnis, dais nicht überall des Lehrers Lehre
Berücksichtigung findet, ein der Erziehung ungünstiger Faktor.
In den Schreibheften der Schüler finden sich jetzt vielfach
gesundheitliche Belehrungen als Anhang. Wir lassen diejenigen
folgen, die vom Berliner Lehrerverein aufgestellt sind:
Beleknuj^en Aber die fifesudheitspflege in der Sehnle
zQsaanmengestellt von der Hygieae-Sektion des Berliner Lehrervereins.
I. Pflege des Körpers.
1. Frische Luft und Sonnenlicht sind unentbehrlich für die Erhaltung
der QesQndheit; deshalb ist ihnen freiester Zutritt zu den Wohnränmen
150
und namentlich auch zu den Schlafräomen zu gewähren. 2. Härte dich
dadurch ah, dais du täglich den ganzen Körper kalt wäschst, nafskalt ah-
reihst oder ein Brausehad nimmst. Möglichst alle 8 — 14 Tage nimm ein
lauwarmes Reinigungshad. 3. Während der warmen Jahreszeit bade fleilsig
in offenem Wasser, am besten dann, wenn die Badestelle von der Sonne
beschienen wird. Dehne das Bad auf höchstens 10 Minuten aus, reibe
nach demselben die Haut mit dem Handtuche und erwärme dich hierauf
durch einen Spaziergang in nicht zu fest geschlossener Kleidung. Wenn
möglich, so setze an sonnigen, windstillen Tagen den unbekleideten Körper
nach dem Bade der Luft und den Sonnenstrahlen aus. 4. Reinige morgens
nach dem Aufstehen und womöglich auch nach jeder Mahlzeit Mund und
Zähne und gurgle früh und abends mit frischem Wasser. 5. Bewege dich
viel und lebhaft im Freien (Spielen, Laufen, Springen, Turnen, Schwimmen,
Eislaufen, Arbeiten im Garten). 6. Kleide dich nicht zu warm. Trage
den Kopf nur leicht bedeckt, den Hals aber unbedeckt. Vermeide gesteifte
Yorhemdchen, sowie das übermä(sige Einengen einzelner Teile des Körpers
(Korsett, Leib- oder enge Strumpfgttrtel). 7. Die Sohle des Schuhwerkes
entspreche genau der Form des FuDses. Das Oberleder sei an der inneren
Fufsseite höher als an der äufseren. Die Absätze fordere breit und niedrig.
8. Feucht gewordene Kleider, namentlich auch Strümpfe und Schuhe,
ersetze baldmöglichst durch trockene. 9. Sei mäfsig im Essen und Trinken.
Vermeide verdorbene, unverdauliche Speisen und Leckereien; gewöhne
dich dagegen an einfache Kost und möglichst früh an nur drei Mtihlzeiten
täglich. GenieGse Speisen und Getränke weder mehr als blutwarm noch
eiskalt. Ifs langsam und kaue gut. Meide starke Beizmittel (starken
Kaffee und Thee, scharfe Gewürze, viel Salz, Tabak, alkoholhaltige Ge-
tränke). Fleisch genieise nicht in rohem Zustande. 10. Hüte dich vor
geistiger Anstrengung unmittelbar nach der Hauptmahlzeit und nach über-
standener Krankheit. Lies nicht wälirend des Essens. 11. Gehe früh
zu Bett und stehe früh auf. Störe deine Nachtruhe nicht durch körper-
liche Anstrengung und geistige Aufregung unmittelbar vor dem Zubettgehen.
n. Pflege der Atmungswerkzeuge.
1. Atine mit geschlossenem Munde. 2. Hüte dich vor dem Einatmen
von staubiger oder übelriechender Luft. Vermeide das Aufwirbeln von
Staub im Zimmer und Freien. 3. Spucke weder auf den Fnssboden des
Zimmers, noch ins Taschentuch aus. 4. Gehe in jeder Pause auf den
Schulhof und bewege dich dort soviel als irgend möglich ist. 5. Arbeite
im Sommer tunlichst bei offenen Fenstern. Bei günstiger Witterung und
im Winter emeure die Zimmerluft mehrmals täglich durch gleichzeitiges
öffnen der Türen und Fenster. Setze dich nicht dem Zuge aus, zumal
wenn du erhitzt bist. Schlafe in einem Räume, dessen Fenster je nach
der Jahreszeit mehr oder weniger geöffnet sind, und in welchem während
des Winters auch durch mäßiges Heizen die Luft erneuert wird. Gurgle
früh und abends und, reinige nach jeder Mahlzeit den Mund mit frischem
Wasser. 7. Vermeide es, beim Arbeiten die Brust anzulehnen und den
Unterleib* zu pressen. 8) Nütze deine freie Zeit zu lebhafter Bewegung
in frischer Luft aus und stärke besonders die Muskeln des Brustkorbes
151
und des Unterleibes dtirch körperliche Tätigkeit (Laufen, Springen, Spielen,
Tomen, Schwimmen, Eislaufen, Arbeiten im Garten).
III. Pflege der Augen.
1. Lies nnd schreibe nie in der Dämmerung, fertige auch feine
Handarbeiten nie im Zwielicht an. 2. Bei Tage wähle deinen Platz mög-
lichst so, dafs du von ihm aus ein Stflck Himmel sehen kannst und das
Fenster sich zur linken Hand befindet. Die Sonnenstrahlen dürfen nie
auf deine Arbeit fallen. 3. Bedecke die Lampe nicht mit einem dunklen
Schirm, stelle sie höchstens einen halben Meter weit Tor dich hin und
schiebe sie dabei etwas zur Linken. Das Arbeiten bei flackerndem Lichte,
sowie das Lesen während des Fahrens und beim Liegen ist den Augen
schädlich. Cylinder und Milchglasglocke müssen stets auf der Arbeits-
lampe sein. 4. Beim Schreiben halte den Oberkörper aufrecht, lege die
Brust nicht an die Tischkante und neige den Kopf nur wenig nach vom.
Das „Kreuz*' lehne an ein der Stuhllehne vorgelegtes Kissen (Ranzen).
5. Die Schreibseite lege so schräg Tor die Mitte der Brust, dass die Ab-
striche senkrecht zur Tischkante stehen. 6. Beim Lesen lehne den Rflcken
an nnd halte das Budi mit beiden Händen schräg auf dem Tische fest,
so daCs die Entfernung zwischen Augen und Schrift mindestens 35 cm
beträgt. 7. Schreibe nur mit tiefschwarzer Tinte auf scharfe, tiefblaue
oder schwarze Linien. Benutze kein Linienblatt und gewöhne dich früh-
zeitig daran, ohne Linien zu schreiben. 8. Wenn du Ermüdung der Augen
spürst, so ruhe ein wenig aus und sieh während der Zeit ins Weite (Freie).
9. Nach schwerer Krankheit schone die Augen mehrere Wochen. 10.
Dringt Staub oder dergleichen in ein Auge, so reibe dasselbe nicht, höch-
stens streiche mit einem Finger sanft auf dem oberen Lid von der Schläfe
nach der Nase zu; gelingt es nicht, den Gegenstand auf diese Weise zu
entfernen, dann gehe bald zum Arzt. 11. Bei eintretenden Sehstörungen
und Augenleiden wende dich an einen Arzt; ein solcher kann auch nur
entscheiden, ob du eine BriUe nötig hast, ob die Augengläser dauernd, ob
sie beim Schreiben oder beim BUck in die Ferne (an die Tafel) getragen
werden soUen und welche Nummer der Gläser zu wählen ist.
IV. Pflege der Ohren.
1. Bewahre die Ohren vor starken Erschütterungen. (Schlage nicht
dagegen! Schreie nicht hinein I) 2. Bohre nie mit einem spitzen Gegen-
stande, wie Feder, Stricknadel, Zahnstocher usw. in den Obren und stecke
keinen festen Körper (Bohne usw.) hinein. 3. In das Ohr gedrungene
Fremdkörper dürfen nur durch Ausspritzen mit lauem Wasser entfernt
werden. Am besten ist es jedoch, in diesem Falle zum Arzt zu gehen.
4. Dringt ein Insekt in das Ohr, so neige den Kopf nach der entgegen-
gesetzten Seite und träufle so lange öl in den betreffenden Hörgang, bis
es getödtet ist.
V. Wie sollst du dich zu Hause zum Schreiben und Lesen setzen?
1. Setze dich so, da(s du die Fenster (die Lampe) zur linken Seite
hast. 2. Schiebe beim Schreiben den Stuhl so weit unter den Tisch, daDs
die Tordere Stuhlkante etwa 2 bis 5 cm unter die Tischplatte reicht.
152
Bei gerader Haltung des Oberkörpers darf die Brost die Tischplatte nicht
berühren. 3. Der Stahl sei so hoch, dais bei herabhängenden Armen die
Tischkante in Höhe der Ellenbogen sich befindet. Da die gewöhnlichen
Stuhle zn niedrig sind, so lege ein Kissen auf. 4. Die Fülse setze mit
der ganzen Sohle auf den Boden; erreichst du denselben nicht, so stelle
eine Fnfsbank unter. 5. Setze dich so auf den Stuhl, dals die Brust
parallel mit der Tischkante ist, und lehne den unteren Teil des Rflckens
{das ,,Kreuz^) wftlurend des Schreibens fest an, womöglich an ein der
Stuhllehne vorgelegtes Kissen (Ranzen). 6. Schlage die Beine nicht Über-
einander, weder am Knie, noch an den Knöcheln, und ziehe die Fttfse
nicht unter den Stuhl zurück. 7. Lege die Unterarme in der Nfthe der
Eaienbogen auf den Tisch, halte mit der linken Hand das Heft fest und
schiebe dasselbe während des Schreibens weniger oder mehr auf d^ Tisch,
Je nachdem du den oberen oder unteren Teil beschreibst. 8. Lege das
Heft so schräg vor die Mitte des Körpers, dais die Grundstriche der Schrift
senkrecht zur Tischkante stehen. 9. Beim Lesen und Lernen schiebe den
Stuhl etwas zurück, lehne dich hinten an und halte das Buch schräg mit
beiden Händen auf dem Tische fest. 10. Mädchen haben dafftr zu sorgen,
dalis die Kleider gleidmiäOng auf der Sitzfläche verteilt sind. 11. Sowohl
beim Lesen wie beim Schreiben muls das Auge mindestens 85 cm von
4er Schrift entfernt sein.
In vielfaolien Lesestücken, Gedichten und Gesängen findet auf
allen Stufen das Streben der Schale Unterstützung, den hohen Wert
<ler Gesundheit in das rechte Licht zn rücken ; sie sind wohlgeeignet,
den Unterricht in der Gesnndheitslehre vorzubereiten oder zn er-
gänzen und zn beleben. Das Lesebuch enthält beispielsweise folgende
Stücke: (Unterstufe.) Achte auf deine Gesundheit! Die Quelle.
(Mittelstufe.) Spielet nicht mit Feuert Gesundheit ist ein greiser
Schatz. Der Seiditum. Was frag' ich viel nach Geld und Gut.
((Oberstufe.) Unsere Wohnung. Die Herbergen zur Heimat. Die
Nahrung. Die Hülsenfrüchte. Das Fleisch. Essbare und giftige
Pilze. Das Trinkwasser. Reine Luft. Vom Branntweintrinken.
Von der Kleidung. Die Reinlichkeit. Bewegung und Arbeit. Der
Schlaf. Pflege der Sinne. Krankenpflege.
An der Hebung der Volksgesundheit muls jeder Staatsbürger
ein selbstverständliches Interesse haben. Sollte ihn nicht schon die
Fürsorge für andere, für das Wohl des Ganzen dazu treiben, so doch
die Sorge für sich selbst. Einer hängt vom andern ab. Es kann
mir nicht gleichgültig sein, ob ansteckende Ejrankheiten im Orte
grassieren, die auch mir oder meinen Familiengliedern verhängnisvoll
werden können, oder ob der Lieferant meiner Nahrung, der Bäcker,
Schlächter, Brauer, Obsthändler usw. an sich selbst und in seiner
Behausung hygienisch einwandsfrei ist oder nicht. Wer merkte
153
niobt den üntersohied im Beisen durch kolturfreondliobe Gegenden
gegenüber rflokstftndigen Landesteilen I Mit Beobt wird darum
allenthalben Gesundheitepflege in Verbindung mit hygienischer Be-
lehrung gefordert, und mit Beobt haben die allgemeinen Bestimmungen
dafilr gesorgt, iaJk man damit sobon bei den Kindern an&ngt. Sobul-
gesundheitspflege, Sobulgesundbeitslebre 1 Ihre Früchte : Hebung der
Volksgesundheit. Gründer Körper, gesunde Seele!
Die Entwicklimg der Schnlarit-Inatitiitioii in Deutschland
und der Schnlant in Rostock.
Von
Dr. Wsx-Bostock.
(Fortsetsnog und SchlaXt.)
rv.
Sohwierig bu beantworten ist die Frage nach der Organisation
des Schulantiresens. Wenn erst einmal, wie es in Saobsen-Meiningen
bersits geschehen ist (Ol. 10. 605), und wie es in absehbarer Zeit
remutUch überall geschehen wird, der Staat die Begelung dieser
Angelegenheit in die Hand genommen hat, wird der Schularztdienst
gleiohm&Cng über Stadt und Land ausgedehnt und ihm im Ministerium
eine Spitze gegeben werden. Bis dahin bleibt die Begelung den
jeweiligen Bedürfnissen und konkreten Verhältnissen der einzelnen
Städte überlassen.
Unterstellt sind die städtischen Schulärzte den Magistraten bezw.
den Scbulkommissionen derselben, yon welchen sie auch ernannt
werden. Der preulsisohe Ministerialbericht besagt hierüber: »Die
▼OTgesetzten städtischen Verwaltungsbehörden bestimmen, welche
Ärzte, unter welohen Bedingungen und für welche Schulen sie bei
der Sohulau&icht zu beteiligen sind."
unter den Schulärzten selbst fungiert in Wiesbaden, Oassel,
Soköneberg, Offenbaoh der „älteste Schularzt als primus inter pares,
wfthrend in Ohemnitz und Aachen sich die Schulärzte alljährlich
suB ihrer Mitte einen „ersten Schularzt" wählen. In Frankfurt
steht der Stadtarzt an der Spitze und dient als Vorsitzender der
164
Schiilärzte, deren Tätigkeit er überwacht und einheitlich regelt,
ähnlich in Breslan, Leipzig, Dresden, Heilbronn und Danzig. Ohne
jede Organisation unter einander sind die Schulärzte in Königsberg,
Friedrichshagen, Posen, Elmshorn, Plauen, Düren, Flensburg, Nürn-
berg, Köln, Bonn. An den Stadtarzt bezw. ältesten oder ersten
Schularzt (oder an den Vorsitzenden der Schuldeputation) haben die
Schulärzte über ihre Tätigkeit in dem abgelaufenen Schuljahr einen
schriftlichen Bericht einzureichen, welcher diese einzelnen Berichte
wiederum mit einem kurzen übersichtlichen Ghesamtbericht dem
Magistrat vorlegt.
Will ein Schularzt aufserhalb der Schulferien auf länger als
eine Woche yerreisen, so hat er den Magistrat rechtzeitig hieryon
zu benachrichtigen und für kostenlose geeignete Vertretung zu sorgen.
Meistens vertreten sich die Schulärzte untereinander.
Verschiedentlich ist das Verlangen nach einem Oberschularzt
laut geworden, dem dann die Hygiene des Unterrichtes aller Schulen
einer Stadt unterstände, während für die Hygiene des Schulgebäudes
und der Schulkinder eine Anzahl praktischer Ärzte angestellt werden
sollte. Zum Oberschularzt, der eine spezielle schulhygienische Aus-
bildung genossen haben müTste, sei am besten der Amts- (Bezirks-,
Stadt-) Arzt geeignet, während die Schulärzte dieser besonderen
Vorbildung nicht bedürften (96. 7/8. 380). Auf das gleiche kommt
der Antrag Dr. Bdbls hinaus, der im „Kollegialen Verein ** in Berlin
den Vorschlag machte, dafs in jeder Sohulkommission ein unbe-
soldeter Arzt für die Hygiene des Unterrichtes und Gebäudes Sitz
und Stimme hätte, während für die Hygiene des Kindes mehrere
besoldete praktische Ärzte angestellt werden sollten.
V.
In engem Zusammenhang mit der Organisation des Schularzt-
Wesens stehen die Kosten desselben. Da könnte jemand fragen:
Steht denn der zu erwartende Nutzen im richtigen Verhältnis zu
den aufgewendeten Mitteln? Diese Frage muls bejaht werden. Es
verhält sich mit den relativ nur kleinen Summen, die für die
Schularztinstitution aufgewendet werden müssen, ähnlich wie mit
den ungeheuren Summen, welche die Landes -Versicherungsanstalten
ausgeben, um die Arbeits&higkeit ihrer Versicherten wieder herzu-
stellen oder auf eine Reihe von Jahren zu verlängern. Dadurch
nämlich, dais die Gemeinden dafür Sorge tragen, dais die Krank-
heiten bei ihren Schulkindern im Keime erstickt werden und diese
155
zu einem gesanden und kräftigen Geschleoht lieranwaolisen, wird
die Menge derjenigen, welohe der Fürsorge des Untersttttznngs-
wohnsitzes anheim&llen, verringert werden. AVie gewaltig grolis
aber die Last ist, welobe den Gemeinden jetzt durch die Fürsorge
für Arme nnd Kranke erwächst, kann man in dem Budget jeder
Stadtverwaltung ersehen, und jede Möglichkeit, gerade diese Lasten
zn verringern, muGs mit Freuden begrüfst werden.
Auch bin ich überzeugt, dafs gewifs manche Landesversicherungs-
anstalt gerne bereit sein wird, ihr segensreiches Wirken vorbeugend
aach schon auf die noch nicht Versicherten auszudehnen, da sich
hierdurch die Zahl derjenigen verkleinem wird, für welche sie später
die Fürsorge freiwillig übernimmt oder gesetzlich übernehmen muüs.
Sie kann dies tun, indem sie entweder an die Kosten des Unterhaltes
der Schularztinstitution beitragt, oder dem Schularzt Mittel zur Ver-
fäguDg stellt zur Speisung hilfsbedürftiger und Verschickung kranker
Schnlkinder in Seehospize und dergleichen.
Auf eine originelle und, wie er selber sagt, „rauhborstige" Art
begründet Ellingeb in seiner Schrift „Der ärztliche Landesschul-
inspektor, ein Sachwalter unserer mifshandelteu Schuljugend'' die
Berechtigung der Kosten: „Wenn nun aber für Militärpferde ein
eigener Korpsrofsarzt angestellt ist, dann können auch wohl die
Rinder auf einen Arzt, der speziell für ihr körperliches Wohlbefinden
besorgt ist, prätendieren. Und wenn erst neulich in Württemberg
20000 Mark als Prämie für Fohlenzüchter und ähnliche Summen
für Zncht-Rindvieh, -Schafe und -Schweine ausgesetzt sind, dann
wird man wohl auch noch die Kosten nicht für eine verbesserte,
sondern für die beste Gesundheitspflege der heranzuziehenden
Kinder aufzubringen im stände sein (citiert nach Cohn: „Die
Schalarztfrage in Breslau*' 98. 11. 581). Es sieht aber mit der
Besoldung der Schulärzte noch traurig aus; es wird vieles verlangt
und wenig gegeben. Zum Beweise dessen die umstehende Tabelle,
soweit mir zu ihrer Aufstellung Material zur Verfügung stand. Aus
ibr ist gleichzeitig zu ersehen, wie viele Kinder auf den einzelneu
Arzt kommen. (S. 156.)
VI.
Darüber, ob die schulärztliche Au£9icht sich lediglich auf die
Volks- und Mittelschulen erstrecken soll, wie dies zurzeit
meist der Fall ist, oder auch auf die höheren Lehranstalten und
Privatsohulen, sind die Akten noch nicht geschlossen ; es mehren
Seholg^smidlieittpfla^e. XVL 9
156
Zahl der Sohnlärzte und deren G-ehalt. Zahl der einem
Schularzt zugewiesenen Kinder.
Zahl der
Gesamtsahl
Ansahl der
auf den Arst
Gehalt
Ort
Schalärste
der
Schulkinder
kommenden
Kinder
des Arstes
Wiesbaden
6
7000
1200
600 jK
(und Zulage)
Darmstadt
4
6000
1000—1500
400-600 iL
Offenbach
3
5300
1600—1800
900 „
Frankfurt a. M
10
19000
1700—2000
1000 „
Leipzig
15
50000
8000—4000
600 „
Königsberg
10
19000
1800-2000
600 „
Bonn
3
—
600 „
Erfuri ••••••• •••••
4
—
—
1600
Charlottenbarg
400-1000 „
steigend
Posen
8
(davon 2 Spes.)
—
SOObe 60 „
Breslaa
25
50000
2000
500 „
Berlin
zunächst
probeweise
—
1800—2000
600 „
Nürnberg
6
18000
3000
600 ,
Altendorf (Bhnld) .
—
—
—
600 „
Dresden
—
—
4000
Schöneberg
—
—
—
1000 „
Slmshom
—
—
—
50 Pf. pr. Kind
Plauen
8
—
500 A
Kopenhagen
—
2500
400 Kr.
Kiew
«
3
(2 m&nnliebe.
1 weiblicher)
—
1000 Bub. =*
9150 A
Boston
55
70000
1400
800 ^
New York
300
300000
1000
^^^
1
157
sieh aber in der letzten Zeit die Stimmen, welohe verlangen, dafs auch
den Schülern dieser Anstalten der Yorzng einer ärztlichen Prophylaxe
zn teil werden möge. Allerdings wird sich dabei die Tätigkeit des
Schularztes mehr auf die Hygiene der Lehrmittel und des Gebäudes
eistrecken, da vermutlich eine ganze Anzahl von Kindern dieser
Schulen bausärztliche Gesundheitsscheine beibringen wird. Dafür
ist aber seine Tätigkeit in den beiden genannten Gebieten eine um
so grölsere, als die Hygiene der Lehrmedioden auf den höheren
Schulen viel mehr der Mitwirkung des Arztes bedarf wie in den
niederen, und es femer bekannt ist, daJs gerade die Gymnasial-
gebäude durchweg hinter den hygienisch weit besseren, weil neueren,
Yolksschulhäusem zurückstehen (cf. Bollbb, 1. c. S. 43). Auch in
Bezug auf die Hygiene des Schulkindes darf man nicht glauben,
dab mit dem höheren Stande der Eltern eine gröfsere Fürsorge fEkr
die Gesundheit der Elinder einhergehe. „Es gibt einen ziemlich
hohen Prozentsatz von Eltern, die es mit der Zuziehung des Haus-
antes durchaus nicht eilig haben und deren Kinder oft wochenlang
mit ansteckenden Krankheiten, wie Keuchhusten, Hautausschlägen,
Augenleiden etc. behaftet, die Schule weiter besuchen und den Qe-
suidheitszustand ihrer Mitschüler gefährden'', sagt der Oberlehrer
BoLLES in seiner bereits mehrfach citierten Schrift „Das Bedürfnis
nach Schulärzten für die höheren Lehranstalten''. Auch dieser Autor
kommt zu dem Schluls, für sämtliche höhere Lehranstalten die Mit-
wirkung des Arztes zu beanspruchen (1. c. S. 50). — um die Privat*
schulen steht es ähnlich, nur daCs Gebäude und Bäume derselben in
noch weiterem Umfange der ärztlichen Aufsicht bedürfen.
Auch soziale Gründe sprechen für Ausdehnung der schulärzt-
lichen Tätigkeit auf alle Schulen. Man hat vielfach gesagt: wenn
der Staat verlangt, daiis die Kinder die Schule besuchen, so hat er
nickt nur das Kecht, sondern die Pflicht, dafür zu sorgen, dals
SebAdliohkeiten, welohe unbestritten dem Kinde durch den Sohul-
besnoh erwachsen können und erwachsen, nach Möglichkeit hintan
gehalten werden. Woher nimmt nun aber der Staat das Recht, einer
Anzahl seiner Untertanen gegenüber diese Pflicht versäumen zu
wollen? Etwa, weil andere diese Pflicht übernommen haben? Die
kömien es nur teilweise, nur soweit als die Hygiene des Kindes
Wro£Een wird. Und wenn diese anderen, also die Eltern, die ge-
•QndheiÜiohe Kontrolle ihrer Kinder vom Staat bezw. der Gemeinde
dnreh dessen Arzt nicht ausüben lassen wollen, so mögen sie es un.
Wtritten durch ihren eigenen tun, nur mufs verlangt werden, dafs
9*
158
68 geschieht. Wie der Schulrekmt eines Gymnasiums bei der Auf-
nahme seinen Impfschein ebensogut yorzeigen muls, wie der einer
Dorfschule, so mfifste in Zukunft auf dem Gymnasium der
Gesundheitsbogen ebensogut verlangt und geführt wer-
den wie in der Volksschule.
vn.
Ohne hierbei einen bestimmten Standpunkt einnehmen zu wollen,
müssen wir jetzt referierend die Anforderungen besprechen, welche
von den verschiedenen Seiten an die Vorbildung der Schulärzte
gestellt werden. — Dafs eine solche nötig ist, darüber sind sich fast
alle einig, nur über das „wie?** differieren die Ansichten. Der
deutsche Lehrertag in Frankfurt beschlols: „Schularzt kann nur der-
jenige praktische Arzt werden, welcher die Schulhygiene zum Gegen-
stand seines besonderen Studiums gemacht hat/' (Eülenbubg-Bach,
S. 398.) Ebenso verlangt EBiSMANN-Zürich (Schweiz. Gesellscb. f.
Schulgesundheitspfiege) , dals womöglich Ärzte mit spezieller hygie-
nischer Vorbildung als Schulärzte angestellt werden. (99. 11. 661.)
Diese Vorbildung läfst die ungarische Regierung durch jährlich
abgehaltene dreimonatliche Kurse denjenigen zu teil werden, welche
Schularzt zu werden beabsichtigen. Solche hygienische Kurse verlangt
für Deutschland Dr. WetIi im „Korrespondengbl. d. Berliner Ärzte''
(1898, No. 50). Ihm wurde geantwortet (1899, No. 1), dals lediglich
die Teilnahme an einem Kurse nicht ausschlaggebend sein könnte
für die Beurteilung der Frage, ob jemand zur Anstellung als Schul-
arzt für &hig zu erachten sei oder nicht. Dagegen wird das
Augenmerk auf die pro physikatu geprüften Ärzte hingelenkt, bei
denen man ein für die Schulärzte genügendes Mals hygienischer
Kenntnisse erwarten dürfe. Femer entspränge der Entschlufs, sich
dem fakultativen Examen zu unterwerfen, der Bereitwilligkeit, an
der öffentlichen Gesundheitspflege selbsttätigen Anteil zu nehmen;
auch erscheinen die pro physikatu geprüften Ärzte im formellen
Verkehr mit den Behörden qualifizierter als andere Ärzte.
Erwähnt werden müssen an dieser Stelle noch einige Modifika-
tioüto; In Paris hat man, ausgehend von der Überlegung, dals im
IntBcossie von Gründlichkeit xmd doch Schnelligkeit spezialistische
Ausbildung nötig sei, neben den Schulärzten Spezialisten angestellt;
dato -gleiche ist in Posen der Fall, wo neben sechs Schulärzten zwei
Spezialisten (für Augen und Ohren) tätig sind. Zu dieser Frage
äulaert sioh Sohilleb (ref. 99. 10. 575), dals man sich mit Etecht
159
mit der Anstelloog von Spezialisten abwartend verhalte, man müsse
erst seben, wie weit siob ein Bedürfnis hierfür geltend machen werde.
Ebenso sprioht sich Prof. v. Ebmabgh gegen Spezialisten ans. (99.
10. 591.)
In Drontheim hatte man die Stadtärzte (nogefähr unseren Armen-
ärzten entsprechend) mit der schulärztlichen Funktion beauftragt, aber
bei der geringen Zeit, die diesen Ärzten für den Schuldienst übrig
blieb, schlechte Erfahrungen damit gemacht. (96. 3. 140.) — In
Deutschland besteht in Krefeld eine derartige Einrichtung: dort sind
nach einem Schreiben des Magistrates keine besonderen Schulärzte
angestellt; dagegen ist mit den Bezirksärzten die Vereinbarung ge-
troffen, dals diese alljährlich die neuaufgenommenen Schulkinder auf
SchulfiLhigkeit untersuchen (ähnlich verhält es sich in Wesel, Beeck
bei Buhrort, Steele an der Buhr, Solingen und Essen). Demnach
entspricht die Tätigkeit dieser Ärzte nicht dem Schularzt nach
Wiesbadener Muster.
Die Einrichtung in Heilbronn, wo die Assistenzärzte des städti-
schen Sjrankenhauses mit der Funktion von Schulärzten betraut sind,
erscheint wenig zweokmälsig. Es fehlen hierbei nach Knauss (Bericht
über die Schularztfirage, S. 3) alle Erfordernisse: die Vermeidung
bftofigen Wechsels, die reifere Erfisihrung, die Autorität den Lehrern,
£ltem, Kindern gegenüber, die genaue Kenntnis der örtlichen Ver-
hältnisse.
(}egen alle diese Modifikationen wendet sich der Medizinal-
referent für Elsafs-Lothringen Dr. Kbibgeb. Er äulsert sich dagegen,
dab man die schulärztliche Tätigkeit einfach als Anhängsel des ge-
gemeindeärztlichen Dienstes oder gar irgend eines speziellen Faches
hinstelle. Doch müsse der Bewerber einen Bebhigungsnachweis er-
bringen. Femer hält er eine gewisse Beife und Erfahrung für
notwendig und verlangt eine mindestens dreijährige ärztliche Tätig-
keit nach der Approbation. Diejenigen Ärzte, die die Kreisarzt-
prfifnng bestanden hätten, verdienten den Vorzug. „Daus aufserdem
Persönlichkeit, Auftreten, Takt des Bewerbers fest ins Auge gefafst
werden müssen, ist selbstverständlich, denn die Tätigkeit des Schul-
arztes ist ebenso schwierig als delikat den Eltern, Lehrern und be-
bandelnden Ärzten gegenüber.**
vm.
Bei dem verhältnismäbig kurzen Bestehen der schulärztlichen
Institution sind eingehende Erfahrungen natürlich noch nicht
160
gemacht und kann über die Erfolge nur summarisch bericlitet
werden. Sind doch seit Einführung der Schulärzte in deutschen
Städten erst sechs Jahre verstrichen.
Überall befindet man sich noch im Übergangsstadium, und erst
jetzt beginnen die Kinder der Schule zu entwachsen, welche während
der ganzen Schulzeit unter ärztlicher Aufsicht gestanden haben.
Man kann also heute erst von allgemeinen Eindrücken und Er-
fahrungen sprechen, diese sind aber überall nur günstig gewesen.
Gedruckte Berichte liegen mir aus Wiesbaden, Darmsiadt, Offenbach,
Gielsen, Charlottenburg, Leipzig und Königsberg vor. Aus diesen,
sowie anderweitigen kurzen Notizen ergibt sich, dals die anfangs
erhobenen Bedenken nicht berechtigt waren und es nirgends zu
Kollissionen mit dem Lehrpersonal gekommen ist, sondern das gute
Einvernehmen stets rühmend hervorgehoben wird. Es wird ferner
berichtet, wie erfolgreich das Wirken des Schularztes in der Hygiene
des Schulgebäudes zu sein vermag, wie häufig schwere Mifsstände
durch eine kleine Änderung, wenn auch nicht ganz beseitigt, so doch
erträglich gemacht werden konnten, wie man überhaupt durch schritt-
weises Verbessern trotz der kurzen Zeit erhebliches geleistet hat.
Ebenso wird mehrfach betont, dafs den Behörden gegenüber
ein wissenschaftlich begründetes Gutachten des Schularztes einen
ganz anderen Effekt gehabt hat als mehrmalige Anträge und Be-
schwerden, die in derselben Angelegenheit vorher von der Schul-
leitung ausgegangen waren (Bolleb, 1. c. S. 43).
Bei der AusfÜirung der individuellen Untersuchung sind jedoch
mehrfach technische Schwierigkeiten hervorgetreten, mit denen sogar
manche Magistrate ihren ablehnenden Standpunkt begründet hahen.
Es ist berechnet, dals bei der greisen Anzahl von Schulkindern, die
auf den einzelnen Arzt kommen, dieser nicht im stände wäre, die
Untersuchungen mit der wünschenswerten G^auigkeit auszuführen.
So wurden in Wiesbaden durchschnittlich nur 2^/< bis 3 Minuten
pro Kind für die Untersuchung gebraucht, eine Zeit, in welcher
auch der Geübteste natürlich nicht im stände ist, eine eingehende
Untersuchung anzustellen, womöglich noch mit Augen- und Ohren-
spiegel oder mittels physikalischer Methoden. Auch ist berechnet,
dals der Arzt bei der Untersuchung der vielen vorgeschriebenen
Organe für jedes derselben nur den Bruchteil eines Pfennigs erhält,
und dann die Vermutung daran geknüpft, daiis bei einer derartigen
Bezahlung Liiteresse und Genauigkeit nicht sehr grols sein könnten.
Den einfachsten Weg, solche technischen Schwierigkeiten zu be-
161
seitigen, haben indeflsen schon eine Anzahl von Städten beeohritten,
indem sie die Zahl der Sohnlärzte yermehrten und damit die Zahl
der von jedem vorzunehmenden Untersuchungen verminderten.
Andererseits verhält es sich mit den zwei bis drei Minuten pro Kind
gar nicht so schlimm: das war anfangs wohl der Fall, als Ärzte,
Lehrer und Kinder noch nicht auf den Untersuchungsmodus eingeübt
waren, als auch diejenigen regelmä&ig wieder mituntersucht wurden,
bei denen schon bei der Aufnahme ein guter Gesundheitszustand
festgestellt war, und als der Arzt noch alle Rubriken des Gesund-
heitsscheines selber ausfallen muDste. Jetzt werden aber fortlaufend
nur diejenigen untersucht, welche einer dauernden Kontrolle be-
dürfen, oder zur Zeit als krank erscheinen; eine generelle Untere
sacbung findet, abgeeehen von der ersten, nur noch im dritten, fünften
imd achten Schuljahre statt, und endlich besorgen jetzt SohuUehrer
und -diener einen Teil der Tätigkeit mit, die anfangs auch dem
Schularzt zufiel, wie z. B. Messen und Wägen. Auch die Bestimmung
der Sehschärfe hat man praktischerweise soweit den Lehrern über-
lassen, als diese feststellen, ob die Augen ihrer Schüler einer be-
stimmten Mindestforderung genügen. Wird diese letztere nicht
erreicht, so untersucht der Arzt und stellt den Grund fest. So
haben sich in praxi auch diese theoretischen Bedenken als unbe-
grfindet erwiesen.
Bin weiteres Bedenken, welches im Laufe der Zeit auftrat und
besonders am Bhein diskutiert wurde, betraf die Ausfüllung der &%•
BondheitsbOgen. Einmal wurde in einer Anzahl dieser Formulare
genaueste Auskunft verlangt über hereditäre Verhältnisse und zweitens
erfahren die Schulkinder die Diagnosen ihrer Elrankheiten. Bei dieser
Handhabung bestände, so wurde mit Recht gesagt, die Gefahr, dafs
in das jugendliche G^müt ein Stachel gelegt und ihm die kindliche
Harmlosigkeit und Heiterkeit genommen würde. Es würden die
Kinder gestempelt als mit etwas Bösem behaftet; die Gespielen
eines solchen Kindes zögen sich von ihm zurück, betrachten es mit
IGtleid oder, wozu ja die Mitschüler besonders geneigt sind, über-
schütteten es mit Spott.
Angaben über die Gesundheitsverhältnisse der Eltern auf diesen
quasi amtlichen Scheinen vertrügen sich nicht mit der Pflicht der
ärztlichen Diskretion und könnten schwere soziale Schädig:ungen der
Familien zur Folge haben. Diese Bedenken sind gewifs berechtigt.
Man hat daher die Bubrik „hereditäre Verhältnisse^ fortgelassen und
die Einrichtung getroffen, daJs die Kinder ihre Gesundheitsbögen
162
nicht in die Hand bekommen. Diese werden vielmehr vom Lehrer,
welcher der beruflichen Verschwiegenheit natürlich ebenso unter-
liegt wie der Arzt, unter VerschluiB genommen, und die „Mitteilung^
an die Eltern*' wird ohne Wissen der Kinder in verschlossenem
Couvert an ihre Adresse befördert. Somit sind auch diese Bedenken
zerstreut.
GewUs wird, wenn man im Laufe der Jahre erst mehr Er-
fahrungen gesammelt hat, noch das eine oder andere Bedenken auf-
tauchen; man darf jedoch hoffen, dafs auch die ferneren sich ohne
Schwierigkeit beseitigen lassen, ebenso wie sich schon jetzt eine ganze
Anzahl als unberechtigt herausgestellt hat.
Recht günstige Erfahrungen hat man seit Einführung der Schul-
ärzte allerorts mit der Verteilung von Frühstück (warmen Milch-
suppen und dergleichen mit Semmeln), das an hilfiBbedürftige und
schwächliche Kinder während einer Zwischenpause verabfolgt wird,
gemacht. Diese EinriohtuDg bestand zwar schon früher in einigen
Städten, ist aber durch die Schulärzte weiter ausgebaut und hat
ungeteilten Beifall gefunden (z. B. in Gieüsen, Darmstadt, Wiesbaden,
Offenbach, Oharlottenburg). Die Mittel dafür sind durch private Wohl-
tätigkeit aufgebracht und fliefsen um so reichlicher, als duich den
Schularzt, welcher die betreffenden Kinder auszusuchen hat, die
Garantie gegeben ist, daCs diese Wohltat auch den wirklich Bedürf-
tigen zu teil wird. Ebenso hat man es vielfSeush den Schidärzten
überlassen, die Auswahl unter den Kindern zu treffen, welche sich
zur Behandlung in Sol- und Seebädern oder zur Verschickung in
sogenannte Ferienkolonien eignen.
rx.
Nach dem Vorstehenden kann ich mich mit Vorschlägen für
die Anstellung von Schulärzten in Rostock kurz fassen. Es
gibt in Rostock nach einer mir von Herrn Bürgermeister Dr. Simonis
gütigst gemachten Mitteilung
a) drei höhere Schulen.
1. Gymnasium . . . J ^^^^^ Stadtschule mit 778 Schülern
2. Realgymnasium J
3. Realschule „ 803
Total 1581 Schüler
163
b) zehn Elementarsohulen.
1. Friedrich-Franz-Knabensohnle mit 842 Sohülern
2. „ „ Madohensohule „ 440 Schülerinnen
3. St. Georg-Enabensohnle „ 771 Schülern
4. „ „ Mädchenschule „ 704 Schülerinnea
5. Altstädtische Enabenschnle „ 284 SchtÜem
6. „ Mädchenschule „ 196 Schülerinnen
7. Margarethen- Knabenschule „ 466 Schülern
8. „ Mädchenschule „ 557 Schülerinnen
9. Augustenschule „ 556 Schülern
10. Vorstädtische Knabenschule „ 523 Schülern
Total 5339 Schüler
c) Priyatschulen.
1. Höhere Töchterschulen: Burchardt,
Bierstedt, Kopeke, Stender, Balck
in Summa mit 872 Schülerinnen
2. Priyatschulen auf der Stufe der Y olks-
und Bürgerschulen : Bilderbeck, Brose-
manu, Topel, Kietz, Pfiugk, Hennings,
Paschen, Kahl in Summa „ 818 Kindern
Total 8610 Schüler.
Für die 8610 Schüler und Schülerinnen müftten auf Grund
der Tabelle in Abschnitt V sieben Schulärzte mit einem Gehalt von
je 900 Mark aus der Zahl der praktischen Ärzte gewählt werden,
sodals auf jeden Schularzt 12^1400 Kinder kämen.
Eine besondere Dienstanweisung für diese Schulärzte hier auf-
stellen zu wollen, hieise nur das in Abschnitt HI schon einmal Ge-
sagte wiederholen. Sie würden am besten unter sich jährlich einen
ältesten bezw. ersten Schularzt zu wählen haben (cf. Abschnitt IV),
der die Befugnisse eines Vorsitzenden hätte. So müTsten sich die
Verhältnisse gestalten, wenn man in Rostock nach dem Vorgang der
anderen Städte die Anstellung von Schulärzten beschlösse.
Zum SchluCs möchte ich mir jedoch noch einen Vorschlag er-
lauben, der, auf Rostock angewendet, vor dem erstgenannten System
wesentliohe Vorteile bieten würde.
Der Erfinder des Wortes Schularzt Dr. EiiLuiaEB- Stuttgart
Wtte darunter einen Arzt verstanden, der seine ganze Berufstätigkeit
nur der Schule widmete und dafür ein Gehalt von 5 bis 8000 Mk.
164
beziehen sollte. Dieser Vorschlag ist später in Vergessenheit ge-
raten, da ja die moderne Sohnlarztbewegang auf dem Wiesbadener
System basiert, nach welchem mehrere praktische Ärzte mit der
Nebenbeschäftignng als Schularzt betraut werden.
Mein Vorschlag geht nun dahin, dafs in Rostock ein Schularzt
mit dem Verbot der Ausübung yon Privatpraxis als Beamter der
Stadt mit einer Stellung und einem Gehalt unge&hr dem Stadtrichter
entsprechend angestellt werden möge. Damit würden viele Bedenken
beseitigt und keine neuen geschaffen werden.
Die Zahl der Schulen und Schüler ist in Rostock gerade so
grols, dafs die ärztliche Arbeit einesteils von einem Arzte gut be-
wältigt werden kann, anderenteils aber auch die Tätigkeit desselben
genügend in Anspruch genommen würde. Bei Einrichtung einer für
jede Schule alle 14 Tage wiederkehrenden Sprechstunde würden die
acht Volksschulgebäude, die grofse Stadtschule und die Realschule zu-
sammen zehn Vormittage, insgesamt zwölf Wochentage gleich zwei
Wochen beanspruchen, es würde demgemäls jeder Vormittag besetzt
sein. Am Nachmittag würde die häusliche Sprechstunde fär die
Untersuchung erkrankter oder krankheitsverdächtiger Kinder aus
denjenigen Schulen stattzufinden haben, die an dem jeweiligen Tage
gerade nicht besichtigt worden sind.
Dieser Stadtschularzt, der, wie erwähnt, keine Privatpraxis
treiben darf, könnte von der Stadt gelegentlich mit medizinalpoHzei-
liehen Funktionen auch auf anderen Q^bieten betraut werden und
würde sich mit dem Stadtphjrsikus zu vertreten haben. Er müfste
natürUoh das für die beamteten Ärzte vorgeschriebene Examen ab-
gelegt haben.
Durch diesen Vorschlag glaube ich einen Weg gezeigt zu haben,
der nicht nur den geringsten Kostenaufwand verursacht, sondern
auch am sichersten den hohen Anforderungen gerecht wird, die an
die schulärztliche Tätigkeit gestellt werden müssen.
165
Weitere Materialien rar Statistik der Bchnlyersaiimnisse
und ihrer UrBachen.
Von
Direktor Emanxtel BAYB-Wien.
Im 12. Heft des Jahrganges 1901 dieser Zeitschrift habe ich
meine ersten Zosammenstellangen über die Schulyersärimnisse und
ihre Ursachen in der yon mir geleiteten Mädohensohnle publiziert
und, ohne weitere Schlüsse ans den beigebrachten Zahlen zn ziehen,
auf einige nicht uninteressante Erscheinungen aufmerksam gemacht.
Die damalige Statistik bezog sich auf das Schuljahr 1 900/ J 901. In
gleicher Weise habe ich nun das Material für 1901/1902 zusammen-
gestellt, und sind die folgenden Tabellen im allgemeinen nach den-
selben Gesichtspunkten geordnet wie die früheren. Auch die Be-
rechnung und Bedeutung der Prozentzahlen in den einzelnen Tabellen
ist die nämliche wie früher.
Die I. Tabelle enthalt statistische Angaben über die ^ Zahl der
Abeenzen in den beiden Jahreshälften und ist eingeteilt in drei grolse
Gmppen: Durch Krankheit entschuldigte, anderswie ent-
schuldigte und nicht entschuldigte. Die Prozentzahlen stellen
das Verhältnis der yersäumten ganzen Sohultage zur Gesamt-
zahl der Schultage dar. Die Gesamtzahl der Schulyersäumnisse
beträgt für alle Klassen 10405 halbe oder 5202 ganze Tage, was
0,62% aller Schultage (1900/1901: 5,35%) aller Schultage ausmacht.
Von 10405 yersäumten halben Schul tagen sind 8389 (80%) durch
Krankheit, die übrigen durch anderweitige umstände yerursacht.
Anf den Winter fallen beinahe doppelt so yiel Versäumnisse durch
Krankheit als auf den Sommer. Die anderweitigen Versäumnisse
sind im Sommer zahlreicher als im Winter. Die höheren Klassen
seigen weniger Absenzen als die niedrigen ; namentlich sind die Ver-
säumnisse durch Krankheit bei den oberen Klassen seltener als bei
den unteren. Dieselbe Erscheinung wiesen schon die Tabellen fär
das Schuljahr 1900/1901 auf.
Die n. Tabelle zeigt die Zahl der wegen Krankheit aus-
gebliebenen Schülerinnen und die Zahl der yersäumten
ganzen Schultage nach den einzelnen Krankheitsformen
166
Tabelle I.
Die Sohulversäumnisse
während des Zeitraumes Yom 1. Oktober 1901
für Mädchen in Wien, sechster
l
Zahl der s&mtliohen ein- 11
geschriebenen Kinder 1
Zahl der gesamten gansen 1
Schaltage w&hrend des Zeit- 1
raumes v. 1. Okt bis SO. Juni
Versäamnisae duroh
Krankheit entschuldigt
(halbe Soholtage)
Anderweit entschuldigte
Versäumnisse
(halbe Sohultage)
im
ganzen
Winter
Sommer
im
ganzen
Winter
Sommer
abs.
7o
abs.
7o
abs.
Vo
abs.
Vo
abs.
Vo
abi.
Vo
1
79
39
196
1673
6,40
1136
3,66
638
1,73
228
0,73
188
0,44
0,24
90
118
0,29
2a
212
732
4,42
6,62
4,28
5,67
691
1030
468
946
3,67
141
0,86
168
0,96
40
0,71
2b
67
49
206
1649
4,40
619
2,22
224
0,95
143
0,61
81
0,37
da
212
891
2,26
3,77
2,24
2,60
423
474
180
206
2,03
816
0,16
1,16
1,19
119
103
92
0,67
197
0,94
db
69
212
1419
1,89
290
0,41
*
187
0,74
4a
39
42
210
647
3,33
367
1,09
196
0,56
103
0,63
4b
210
648
3,67
3,42
2,33
442
382
182
1,16
160
0,86
42
0,23
108
0,61
6a
89
209
209
669
•371
2»03
1,14
227
189
1,39
280
1,71
148
0,90
132
0,80
6b
38
1,18
171
1,07
62
0,89
109
0,68
441
i
210
11
DireH-
seioin
8389
1
4,53
6492
2,96
2897
1,57
2012
1,08
887
0,48
1126
0,60
Tabelle I.
im Schuljahre 1901/1902,
bis 30. Juni 1902, an der allgemeinen Volksschule
Bezirk, Kopernikusgasse 15.
167
NIeiit entschuldigte
yersanmnisse
(halbe Schnltage)
Zahl der
sämtlichen
Versäumnisse
Zahl der Schfllerinnen, die
durch eine Infektionskrank-
heit ein. Wohnungsgenossen
die Schule veiiäumten
Zahl der versäumten
ganzen Schnltage
7o
Zahl der Schfllerinnen. die
durch Krankheit der Eltern
die Schule vera&umten
Zahl der versäumten
ganzen Schultage
Winter
Sommer
(halbe
Schultage)
abs.
Vo
abs.
«/o
abs.
Vo
7o
—
—
—
1901
6,18
7
47
0,30
3
7
0,04
—
—
—
—
890
5,88
2
28,5
0,34
—
—
—
—
1778
7.59
4
53
0,46
3
1
20
9,5
0,17
—
—
1207
5,80
—
—
—
0,09
—
0,01
—
1709
6,82
5
37,5
0,14
1
9
0,03
3
—
745
4,54
1
20
0,24
4
83,5
0,40
—
—
798
4,52
2
10,5
0,11
3
14,5
0,16
—
—
1
0,006
840
5,15
4
44,5
0.54
2
5,5
0,06
—
—
—
—
542
8,41
8
24,5
0,80
5
32
0,40
3
—
1
—
10405
5,62
28
265,5
0,28
22
131
0,14
168
a
d
d
OD
9
M
d
08
d
. o
•TS ®
03 J^
Ha
03
d
d
0)
nö
M
o
00
►
d
C8
03
Auf.
gebrochener
Kopf
3 2 ^ 1 ^
1
o
1
o"
1
1
i t ^ t i
1
$
1
1
1
1
1
ii9aniJ9i9q9g
a9^irm<x^-X9 19P iq«Z
1
lO
*H
1
1H
1
1
■>
7
o
3 1 ^ 1 ^
1
o
o
1
09
O
o
& M -»• i j§
> a
OD
CO
03
1
Oft
1H
s
n9na|a9iBq9S
a99YV«ii|j9 X9V iq«z
la
»H
•H
-^
«H
«
s
a
<
i ^ & 1 ^
1
1H
T
1
O
o"
•
50
ä 1 j g s
? -3
1
CO
04
1
04
08
n9aii}ji9iiiq9S
a9ii|ii«i3|J9 J9P iq«7
Oü
CO
1
04
*H
CO
y^
d
0»
0»
5
S 'S SS, 1
1
1
S^
1
1
T
e
d
ä § -S ä 5
S -3
1
1
QO
1
1
OD
9
a9nnfJ9roqos
a9)i|n«ji|J9 19p iq«z
1
1
1
1
»H
1
1
IN
d
»3
e
0»
'S
'S
3 1 §• 1 ^
■"81
00
o
CO
o
^
o*
0«
o
IT
o
00
9
llJ| 1
04
8
1H
CO
s
s
1^
CO
S4
s
■^
d
a9anu9iQqo8
n9mxni^Ä9 JI9P iq«z
S
04
CO
(N
09
CO
«o
s
9
d
II
CO
o
f-
ö*
e6
1
1
9
S. « "^ fe J5
§
04
s
gs
09
1
1
^
P*
n9nn!J9i{^q9g
n993|ii«jirJ9 JOP iq«Z
CO
1-M
»H
CO
»H
f-H
8
OQ
d
1
I 1 & 1 =^
1
1
o
o
1
h
9
CO
1
1
f-
•^
s
1
«
•T^
a9iinu9iiiq9g
a9^i|iraj^J9 JI9P iq«z
tH
1^
09
i
^
d
d
II
s 5 t? g
1
1
1
T
> 4
1
i6
a9aa]J9i|^q9S
n9na«J3ri9 J9P |q«z
1
1
04
1
09
£
S 5 §• 1 ^
1
CO
1-M
00
o
1
T
11^? i
5 -S
*-4
1
CO
8"
s
1
1
aoMaw^M Jap ra«z
S
1
*H
C^
00
CO
s
jepulx
a9noq9{jii9«Mnio n9qo{|9inf 8 J9p iqvz
CO
$
^
$
00
s
i-
aania
1-t
«8
99
09
j
eo
4
£
Xi
lO
169
e
•
1
1
s i £ 1 »°
CO
1
1
1
£ 1 t 1 .
1
1
«
n8an}J8|Bq9g
nd)ifa«j^J9 Jidp iq«7
0»
1
«
flC
1 1 5- 1 ^
1
1
o-
1
► 4
1
1
aona{ji8ii}q3s
n9)iiav^j9 jop nni^
1
1
1-1
^
3
flC
s ^ & 1 ^
1
o
o*
£1*1 1
nonii]jioi{|q98
nv^^uvjuAO jop iq«z
1
1
iH
^
3 ^
. E Ä fl
id< «P ^ 0
SE «'S
•|S,|
S 5 % 5
1
o
1
1
E 1 iP 1 1
l
00
1
3
aoouijaii^qos
aa^^uvjiiao jap iq«^
^
tH
1
09
8
a
§ 1 1 1 ^
1
4
o"
1 1 * H i
*-4
SS
S
adanuoroqog
n9t3rii«j3f J9 J9p mvz
00
CO
1
S
'S
a
s
3 5 5 1 °
T
1
r»
ä 1 1 1 j
8
1
ix9an|J9roqo8
n99^avji|J9 J9P iq«z
IH
^
1
09
Varioellen
2 2 & ö ^
|S
(M
Is-
2"
1
5
i 1 ^ 1 s
> 4
is
s
1
0^
a9an|ji9ii}q98
a9)^avji|ji9 J9P iq«z
^<N
04
1
1
CO
Letohtet
Unwohlsein
§ 1 s- 1
ei»
O
04
04
CO
9»-
ä (g -^ 'S
> 4
o
lÖ^
CO
s
CO
•0
a9ixn]J9iBq9g
Q9|iin«Jir<xo J9P iq«7
s
^
s
^
$
S
s
^
s
S
mm
s
1 'S & § ^
tS ri BD iSi
1
1
o
1
1
1
1 1 ^ 1 1
1
1
o
8
1
1
1H
1
CO
09
u9niiu9iDqos
a9iiin«JYJ9 J9P nw^
1
1
^
CO
1
1
1H
1
f-H
0^
jdpnra
aevoqouiioseJSato aoqoii^mf « jap iii«2
g
CO
$
s
S
5ü
^
s
i
«■■«ra
»-*
^
09
es
CO
£
Ol
£
Ä
170
Tabelle m.
Zahl der versftumten Tage aaf 1 kranke Schülerin.
Krankheitsfermen
Zahl der
erkrankten
SchQlerinnen
Zahl der
Ters&umten
g^ansen Tag^e
Anf eine
erkrankte
SchQlerin
kommen ver-
Bftamte Tafre
1. Leichtes UnwohlBein
331
1673
5,0
2. Halsleiden
69
485
6,3
8. Masern
39
482
12.3
4. MumDS
24
185
7,7
^' «»■"•"f " ••_ •
6. Lunflrenkatarrh
23
362,5
15,7
6. Anflreniibel
11
147
13,3
7. Blatarmut
9
142
16,7
8. Ohrübel
9
93,5
10,3
9. Auftrebrochener Kopf
7
124
17,7
10. Scharlach
1
4
116
29,0
11. Fenchtblattem
2
35,5
17,7
12. loflaenza
2
63
81,5
13. Hantausschlaff
2
113
56,5
14. Keuchhusten
2
71.6
35,7
15. Gelenkrheuinatisnias
2
34,6
17,2
_
16. Varicellen
2
21
10,5
17. Diphtheritis
1
18
18,0
18. Rotlauf
1
7.6
7,5
19. Röteln
1
2.6
2»5
Ml
4187
7,«8
i. DnrehBohniti
171
Die Prozentsahlen drttoken das Verhältnis der yersäumten ganzen
Sehnltage zur Gesamtzahl der von allen Schülerinnen der betreffenden
Klasse in der Schule yerhraohten Tage ans. Die meisten Absenzen-
tage (1673 = 1,81% aller Sohnltage) werden durch leichtes Un-
wohlsein verursacht. Dann kommen die Masern mit 482 (0,52 V)
versäumter Tage; sodann Halsleiden mit 486 (0,47%) Absenzrai-
tagen und der Lungenkatarrh mit S62 (0,31%) versäumten Schul-
tagen. In den Abteilungen kamen Varicellen vor, die im ganzen
197 (0,21%) Absenzentage verursachten, und in zwei Abteilungen
Mumps mit 185 (0,20%) Absenzentagen. Wegen Augenübel
entstanden 147 (0,16%), wegen Scharlach 116 (0,12%), wegen
aufgebrochenem Kopf 124 (0,137o), wegen Ohrenttbel 98
(0,10%) versäumte Tage. Die übrigen Erankheitsformen verursachten
nur spärliche Absenzen und eine geringe Zahl versäumter Tage.
Das Erankheitsbild ist wohl im ganzen beinahe dasselbe wie im
Jahre 19(X)/1901, unterscheidet sich aber doch in einzelnen Details
wesentlich von demselben.
Tabelle III stellt die Schwere der Erkrankungen an den ein-
zelnen Erankkeitsfonnen, d. h. die Zahl der Versäumnistage
jeweilen auf ein einzelnes Kind dar. Am längsten wurde die
Schule versäumt bei Hautübeln ("56,5 Tage auf eine kranke Schülerin),
sodann bei Keuchhusten (je 36,7 Tage) und bei Influenza (je
31,5 Tage). Im Durchschnitt kommen auf eine erkrankte Schülerin
7,63 versäumte Tage (1900/1901 : 9,6 Tage).
Tabelle IV enthält einige Angaben über die Häufigkeit der
Myopie, der schlechten Körperhaltung und der Skoliose
in den einzelnen Klassen. Die in der Tabelle angebrachten An-
merkungen geben Aufschlufs über die Besonderheiten einzelner Fälle.
In Tabelle V findet sich eine detaillierte Verteilung der Schul-
versäumnisse auf die einzelnen Krankheitsformen, wie sie in der
Klafise 3 b beobachtet wurden. Am stärksten treten die Absenzen durch
Halskrankheiten und Husten hervor; dann kommen: leichtes
Unwohlsein, Mumps und Zahnschmerzen. Übrigens entspricht
die Zahl der Erkrankungen meist nicht derjenigen der versäumten
Tage: 28 Schülerinnen mit längerem Unwohlsein versäumten nur
39 Tage, wogegen zwei Schülerinnen mit Scharlach 63 Tage und
eine Schülerin, die an Lungenkatarrh erkrankt war, sogar 85 Tage
versäumte. Der Häufigkeit der Zahnschmerzen kann man wohl ent-
nehmen, daiis die Zahnpflege noch im argen liegt.
SchalgeflondbeUspflegfe. XVI. 10
172
Tabelle IV.
Gebrechen der Sinnesorgane,
1
Kurz-
slohtigkeit
wurde
im heurigen
Schuljahre
Tom
Augenariie
konetatieri
Waren
bereite
ale
kuri-
■ich-
tige
Kinder
in der
Klaeee
Samme
der
Kurzsioiltigen
Anmerkuigen
abs.
•/.
aba.
•/»
1
^■^
^^^
"""
2a
4*
10.26
4
10,25
• Von dieeen Sehfllerinnen waren 3 Sehfiie-
rinnen eehon im Vorjahre beim Augen-
arxt.
2b
3b
1*
2,04
1
2
4,06
* Am 8. Nov. 1901 eingetreten, hat auch
ekoliotieche Haltung.
db
4*
4,77
2
6
10,16
• Bei einer Sehülerin, die aeit der 1. Klaeee
hier ist, machte die Klaaaenlehrerin die
Eltern auf die Kurseiehtiffkeit aufknerk-
eam: dooh erst heuer führten eie das
Kind dem Augenarite xu. Eine Sehfilerin
trat am 3. Okt. 1901, die andere am
80. Jan. 1902 in die hiesige Schule ein.
Eine blutarme flehfilerin, seit der
1 Klasse (1. SehuÜahr) hier, ist im Laufe
des heurigen Sohuljahres kurssiehtig ge-
worden ; die andere hat einen Bindehaut-
katarrh.
4a
4b
3»
7,14
3
7.14
* Aufser diesen drei kurssichtigen Schule-
rinnen schielt eine SehQlerin. Eine
Schülerin ist erst im .Vorjahre einge-
treten; die Eltern willigten indessen Bei
allen erst heuer in nie Untersuehang
ein.
5a
2»
5,128
3
5
12,82
• Eine Schülerin ist seit der 1. Klasse an
dieser Anstalt und ist bereits seit ihrer
Kindheit mit chronischem Augenkatarrh
behaftet; die andere ist seit Beginn des
Schuljahres hier und ist auch skoUotisch.
5b
2*
5,26
1
3
7,89
* Eine Sehülerin. die auch an einem Augen-
katarrh gelitten hat. ist seit der 1. Klasse,
die andere seit 3. Okt. 1901 hier. Über-
dies ist in dieser Klasse eine Schülerin
mit Hornhautflecken und schwachsichtig,
eine andere Schülerin sehwaohsichtie.
16
28
1
1
173
TabeUe IV.
WirbelBftaleverkrümmang etc.
Wegen
tehleohter
Orper-
haHuna
teuer iadie
Klinik
gewiesen
Schlechte
(skolio-
tisehe)
Haltung
wurde
konstatiert
Skellose
wurde
konstatiert
BereiU mit Skoliose iD^I
der Klasse vorhandenll
Summe
der
skelletl-
schon
Kinder
Anmerkungen
aba
•/•
aba
•/•
abs.
•/o
aba
Vo
2»
2,53
1
1,26
l»»
1,26
~—
1
1,26
* Eine Schfllerin sn Beginn des Sehnt-
Jahres an die Klinik gewiesen ; die
andere** trat während des Sehn!-
Jahres in einem Alter t.81. Mai ein.
3
7,69
1*
2,56
2**
5,12
2
5,12
* BereiU im Vorjahre konstatiert
(Repetentin). *• Zu Beginn des
Schuljahres in die hiesige Anstalt
eingetreten.
4
7,01
2»
8,50
2**
8,50
1
8
5,26
* Eine Schfllerin hat den linken Arm
l&nger und steif, infolgedessen die
Selureibhaltnng nicht korrekt.
** Eine Schfllerin kam bei Beginn
des Schuljahres, die andere im
April IMS hierher.
4
8,16
8»
6,12
1
2,04
1
2,04
* Eine Schfllerin ist auch kurssichtig*
(am 8. Nov. 1901 hierhergekommen),
eine andere ist auch ohrenleidend.
6
10,16
1*
1,69
5»»
8,47
1
6
10,16
* Infolge ftrstlieh konstatierter Blut-
armut. Muskelsohwftche und
sehlecnte Bm&hmng.
** Überdies wurde beiswei anderen
neu eingetretenen Schfllerinneii
(IC Sept. 1901, 11. Not 1001) vom
Hausarzte Skoliose konstatiert;
ansferdem bei einer Schfllerin, die
am 11. Nov. 1901 gleichfalls ein-
trat» ungleiche Hflftenhöhe.
8
20,51
4*
10,25
4»*
10,25
4
10,25
* Zwei ächfllerinnen sind im vorigen
und Bwei im heurigen SchuUsAre
(6. Nov. 1901, 33. Juni 1903) ein-
getreten
** Zwei Schülerinnen sind im Juni 1901
und Bwei xu Beginn des heurigen
Schuljahres eingetreten.
3
7,14
1
15,88
8*
1*
7,14
5**
* Sehr kurxsichtig, daher schlechte
Haltung beim&khreiben; seitdem
Brillentragen die Haltung sehr
gebessert.
6
2,56
12,82
]••
6
15,38
• Diese Schfllerin ist seit 16. Mai 1903
an der hiesigen Schule.
«* Eine Schfllerin ist seit der 8. Klasse
(8. Schuljahr) hier, swei seit Beginn
und swei spater eingetreten.
*• Bei ihrem Eintritt & die 8. Klasse
wurde Skoliose konstatiert.
1
2,63
1
1*
2,63
• Am 3. April 1908 eingetreten.
$7
17
20
-1
1
28
Der Ohrenarxt konstatierte Schwer-
hörigkeit:
bei einer Schfllerin der 3. KL b
(Yangjfthriges Leiden)."
10*
174
a
o
9
M
M
0
08
M
a
9
n
9
d
• »•4
08
^ CO
"Z ;
•S -5
fr» M
«
OQ
OQ
• »-•
d
a
d
00
"d
9
d
d
»4
•
7
1
a
1
e
5
:S-
QbrigM leinhtos
Unwohlsein
i 8 f
1 ä 1
► OB
s
s
s
J9p ni»z
Od
t-
33
0»
1
o
s
■
1
m
1
£§
§
OD
J9P iii»z
«D
;:;
lO
1
1
<=5.
CO
e
e
Od
o
o
2
o
9
s
1 &
C*9
Od
CO
aop iq«z
(N
fH
-
1
1
2
2*
1
•
9
CO
•
fi
e
1 i ^
1 " 1
kO
C>9
j©p iq«z
-
CO
CO
1
1
0»
e
CO
OO
1
f
• S
e ^
•
eo
Od*
1 . 1
1 s f
eo
CO
g
CO
1H
J9P M«z
0<l
«>•
03
E
1
1
e
o
1
C»
B
£
AB
rH
a
S
Ul
OQ
•Sil
5 OD
it99aiu[ntrji[ja
94
C^
CO
E
1
©
1
s
Od
1
CO
1 . &
i 3 ^
5 " -g
> CO
s$
OD
lO
s
a9J8im3[a«J3[j[a
J9P iq»z
eo
fH
11
176
Uns Herftntntlttiifett mib lleretiieii<
über die yencliiedeiien Forneii der Jngendflmerge in Duisburg.
Bericht, erstattet vom Schriftführer des Vereins für Jagen'd-
fllrsorge in der Sitzung am 22. Oktober 1902.
Zweck des Vereins ist, das Wohl der körperlich, sittlich oder wirt*
schaftlich gefUirdeten Jagend mit allen zn Gebote stehenden Mitteln za
fördern, und zwar soll diese JogendfDjrsorge das ganze Jagendleben im
Aage behalten, sich also erstrecken aof das yorscholpflichtige, das schul-
pflichtige and nachscholpfiichtige Alter.
Was das vorschalpflichtige Alter anbelangt, so weist der Be-
richterstatter aof die Mtktterabende hin, die in verschiedenen Stfldten
eingerichtet sind, am den Müttern über Emührang, Pflege and Erziehung
der Kinder Belehrung zu bieten. Wichtig sind auch Besuche in den
Familien, und in manchen Füllen wird eine materielle Unterstützung
nötig. Gegen pflichtvergessene Väter, die ihre Familie der Verwahrlosung
überlassen, ist ein rücksichtsloses Vorgehen zu veranlassen.
Während des schulpflichtigen Alters hat die Jugend zwar einen
greisen Halt in der Tätigkeit der Schule. Aber nicht selten entziehen
sich Kinder, sogar unter Beihilfe ihrer unverst&ndigen Eltern, dem Schul-
unterrichte anhaltend. Nach vielfachen Erfahrungen machen solche Schul-
bomnüer gewöhnlich in verhftltnismülisig sehr kurzer Zeit Bekanntschaft
mit dem Strafrichter und oft sogar mit dem Gefibignis. So mu&te auch
in Duisburg eine Anzahl solcher Kinder in Fürsorge -Erziehung gebracht
werden.
Da auch weniger ausgedehnte Schulversüumnis von grolsem Nachteil
flkr ein Kind ist» muCs man es bedauern, dab häufig gewissenlose Mütter
namentlich die heranwachsenden Mädchen wegen angeblicher Krankheit aus
der Schale halten und dann zu Hause zu den anstrengendsten Arbeiten
gebrauchen. Zwar hat sich die infolge der Regierungsverfügung vom
12. Juni 1900 eingetretene schärfere Bestrafung der Schulversäonmisse
recht heilsam erwiesen, doch erscheint es nicht unwichtig, die Aufinerk-
samkeit unserer Vereinsmitglieder auch auf diesen Gegenstand zu lenken,
denn je allgemeiner man die schädlichen Zustände beachtet, desto eher
werden sie verschwinden.
Eine wichtige Form der Jugendfürsorge für Schulkinder sind die Hil fs-
klassen für Schwachbegabte. In diesen kann der Lehrer wegen der
geringeren Schfllerzahl das einzelne Kind mehr seiner Eigenart entsprechend
erziehen und gewöhnen.
Wie eng der Zusanunenhang zwischen geistiger und sittlicher Rück-
sUadigkeit ist, hat sich hierselbst ganz auffällig dadurch gezeigt, dab
gende die Schüler, welche das Ziel der Volksschule nicht erreicht hatten,
in der Fortbildungsschule durch Ungezogenheit unangenehm auffielen.
176
Ferienspielknrse sind seit einer Reihe von Jahren hier in immer
weiterem Umfange eingerichtet worden und haben nicht blofe der körper-
lichen Entwicklung unserer Jagend gedient, sondern sind anch ein, Ab-
lenknngsmittel gewesen gegenüber vielen Verlocknngen, denen. die städtische
Jngend in ihrer freien Zeit ausgesetzt ist.
Ferien- und Wanderkolonien, wie man sie in einer grotsen Anzahl
von Städten mit sehr gutem Erfolge fQr die körperliche und geistige Ent-
wicklung der Kinder eingerichtet hat, sind hier noch nicht vorgesehen
worden, jedoch schickt die städtische Verwaltung aus den Mitteln der
Theodore vom Rath -Stiftung eine grölsere Zahl von kränkelnden Schul-
kindern in Bäder. Gleichfalls erhalten auf Kosten des Vaterländischen
Frauenvereins zahlreiche Kinder Solbäder in der hiesigen städtischen Bade-
anstalt. Allein im Monate Juli 1902 wurden 1498 solcher Bäder gewährt.
Derselbe Verein hat im vorigen Winter die Mittel aufgebracht, um an sämt-
lichen hiesigen Schulen den ärmsten Kindern morgens warme Milch und
Brötchen zu verabreichen.
Ih anderen Städten sind fdr Schulkinder wohl sogenannte Kinder-
horte eingerichtet; es werden die Kinder in ihrer freien Zeit meist von
edelgesinnten Damen beaufsichtigt, zur Anfertigung von Schularbeiten und
sonstiger zweckmäfsiger Beschäftigung sowie zu geordnetem Spiel an-
geleitet.
Die Fürsorge für die schulentlassene Jugend erfreut sich gegenwärtig
der gröfsten Beachtung, weil man allgemein erkannt hat, dafs die Jugend
im Alter von 14 Jahren noch nicht hinreichend gefestigt ist, um den ihr
drohenden sittlichen und wirtschaftlichen Gefahren standzuhalten. Lauert
doch die Verführung an allen Ecken und Enden auf die unerfahrenen
Menschen 1 öffentlich ausgelegte Bilder und Schriften sowie manche Schau-
stellungen sind darauf berechnet, die Sinnlichkeit der jungen Leute zu
reizen. Manche Erwachsene gehen geradezu darauf aus, die Jugendlichen
zur Unbotmäfsigkeit gegen die Eltern, zur Verachtung jeder Autorität, zur
Vergeudung von Geld und Jugendkraffc zu verleiten.
Für die Schulentlassenen ist es zunächst sehr wichtig, den rechten
Beruf zu wählen und einen geeigneten Lehrherm zu bekommen. Bei der
Berufswahl sind einerseits die Neigungen sowie die körperlichen und
geistigen Fähigkeiten des Betreffenden zu beachten, anderseits ist zu be-
rücksichtigen, welche Aussichten der Beruf für das spätere Fortkommen
gewährt. Um den Eltern und den jungen Leuten die Berufswahl zu er-
leichtem, arbeiten an verschiedenen Orten Ärzte, Lehrer und Fachleute
zusammen und sorgen nicht blols für den einzelnen, der ihren Beistand
wünscht, sondern wenden sich auch wohl mit ents^irechender Belehrung an
die Öffentlichkeit. Vielfach erleichtert man die Wahl eines sogenannten
gelernten Berufes durch Vergünstigungen verschiedener Art, wohl gar durch
Geldunterstützung.
DaTs neben der praktischen Berufsarbeit eine dieselbe ergänzende
Unterweisung in allgemeinen und sachlichen Kenntnissen für die jungen
Leute unbedingt notwendig ist, braucht zur Zeit, wo mit der Einführung
der Fortbildungsschulpflicht allenthalben vorgegangen wird, nicht weiter
betont zu werden.
177
Notwendig ist es, darauf hinzuweisen, dafs die Jugendlichen auch
lernen müssen, ihre arbeitsfreie Zeit in richtiger Weise zu körperlicher und
geistiger Erholung und Anregung zu benutzen. Nach dieser Richtung hin
wirken auch in Duisburg verschiedene Jugendvereine recht segensreich.
Diese ermuntern nicht blols zu gesittetem Lebenswandel, sondern bieten
auch Belehrung und Unterhaltung durch Vorträge, durch Lesen guter
Bflcher, durch Musik, Gesang, Spiel, Turnen, Schwimmen usw. Zugleich
fehlt es nicht an Anregung zu rechter Verwendung des verdienten Geldes,
an Hinweisen auf das fdr die Jugend so wichtige Sparen. Die Gelegenheit
hierzu kann gar nicht leicht genug gemacht werden. So bemflht man sich,
namentlich den jungen Leuten einen sittlichen Halt zu bieten, die entweder
der Familie entbehren, oder an ihr nicht den rechten Halt haben. Leider
stehen nicht blofs viele Jugendliche, sondern auch zahlreiche Eltern in un-
verständlicher Weise solchen wohltätigen Vereinsbestrebungen höchst gleich-
gflltig gegenüber.
Wenn nun schlielslich trotz aller Ffirsorgebestrebungen doch manche
jange Leute vöUig zu verwahrlosen drohen, bietet das Fürsorgeerziehungs-
gesetz eine recht wirksame Handhabe, um den tieferen Fall aufzuhalten
md die Übeltäter möglichst auf den rechten Weg zurückzuführen. Glück-
licherweise bedingt die Unterbringung eines schulentlassenen Kindes in der
Regel weniger Kosten, aufserdem hat sie ganz naturgemäfs den heilsamsten
Einflufe auf andere gefährdete Jugendliche und auf pflichtvergessene Eltern.
Nach einem Bericht des Herrn Landrats Schmidt in Düsseldorf wurden
io der Rheinprovinz allein während eines halben Jahres, nämlich vom
1. April bis 1. Oktober 1901, 106 männliche und 91 weibliche schul-
entlassene Kinder in Fürsorgeerziehung untergebracht.
Das Werk der Jugendfürsorge erfordert zahlreiche Mitarbeiter.
Bernfsmälsig sind dazu verpflichtet die Eltern, Lehrer, Geistlichen,
Gemeindebeamten, Richter und Waisenräte. Aber auch freiwillige Mit-
arbeiter dürfen nicht fehlen, weil sonst der Eifer mit der Zeit zu leicht
erlahmen und die Tätigkeit manchmal nur mehr dem Buchstaben der Vor-
schrift gerecht werden könnte.
Die allenthalben ins Leben getretenen Fürsorgevereine wollen helfen,
wo nur ii^end ein sozialer Schaden sich zeigt. Sie suchen je nach der
Eigenart des vorliegenden Falles weitere Mitarbeiter heranzuziehen und
alle Kräfte in den Dienst ihrer hohen Aufgabe zu stellen. Als recht
wackere Bundesgenossen haben sich inmanchen Vereinen die Frauen erwiesen.
Sie leisteten unschätzbare Dienste in der Feststellung der Familienverhältnisse
anner Kinder und in der Einwirkung auf Mütter oder Pflegeeltern.
Die private und kirchliche Liebestätigkeit sowie die öffentliche Armen-
pflege müssen zusammenwirken, um besonders dann zu helfen, wenn das
Ffirsorgeerziehungsgesetz versagt, wenn es sich also darum handelt, ein
noch nicht verdorbenes Kind seiner schlechten Umgebung zu entziehen.
Schon im voraus mufs man fär solche Fälle geeignete Pflegestellen er-
mitteln, damit gegebenenfalls ein Kind schnell und mit wenig Kosten gut
untergebracht werden kann. Schnelle Anwendung und Durchfährung der
gesetzlichen Mittel dient nicht nur zum Wohle des betr. Kindes, sondern
wirkt auch abschreckend auf pflichtvergessene Eltern.
178
Vieles läfet sich auf unserem Arbeitsfelde leisten, selbst ohne materielle
Mittel, nur durch die rastlose persönliche Tätigkeit der Mitglieder* Ihnen
mab es vor allem gelingen, die Überzeugung von der hohen, sittiiehen,
wirtschaftlichen und vaterländischen Bedeutung des Jugendschutzes in immer
weitere Kreise unserer Bevölkerung zu tragen und die Aufmerksamkeit auf
Schäden im Völksleben zu lenken, damit auf die Jugend unter allen Um-
ständen die erforderliche Rücksicht genommen wird und Ge&hren mögUchst
von ihr abgehalten werden. („i2AeJM« u. BmhrMeiig,^).
:ftleittere iKttteilmifeii.
über die Bedeitnng der Übung der linken Hand äufsert sich
J. LiBERTT TABD-Philadelphia in seinem Werke „Neue Wege zur künst-
lerischen Erziehung der Jugend, Zeichnen, Handfert^keit, Natnrstudium, Kunst"
(für Deutschland herausgegeben von der Lefarervereinigung für die Pflege
der künstlerischen Bildung in Hamburg, R. Voigtländers Veriag, Leipzig 1900)
im 5. Kapitel „Beidarmiges Zeichnen" folgendermaisen: „Warum soll die
Arbeit, die mit der rechten Hand getan werden kann, auch mit der linken
gemacht werden? In vielen Handwerken, die Geschicklichkeit erfordern,
werden beide Hände gebraucht; je geschickter die linke Hand ist, desto
tüchtiger der Arbeiter. Künstler, die das beidarmige Zeichnen fir töricht
halten, denken nicht daran, dab wir nicht versuchen wollen, mit der linken
Hand zu zeichnen und zu malen. Wir benutzen sie ans piiysiologischen
und erziehlichen Gründen. Der physidogische Grund für die beidhftndigen
Übnngen ist die Tatsache, dafs die gleichen Muakelbewegungen physiologisch
zusammengeordnet sind. Die Bi<dogie lehrt, daCs der Erfolg intensiver und
dauerhafter ist, je mehr die Sinne in harmonischer Tätigkeit zusammen-
wirken. Wenn ich mit der rechten Hand arbeite, benutze ich die linke
GMurahälfte, wenn die linke Hand tätig ist, die rechte. Die bewufste
Bewegung setzt bestimmte motorische Zentren des Gehirns in Aktion, jeder
Wechsel in der Bewegung ein anderes. Wird die Bewegung mit Kraft
und Genauigkeit durehgeftihrt, so wird dadurch die Entwicklung des ent-
s]Mrechettden motorischen Zentrums gefördert. - Durch diese organische
Tätigkeit wird Gehirn und Geist entwickelt Ich ghmbe last, dab Gehirn
und Geist, Gedanke und Embildung kräftiger werden, je fester die Ver-
bindung jeder Hand mit der entsprechenden Grehimhailte ist und mit je
grösserer Leichtigkeit beide zusammenvnrken. Die Resultate meiner Methode
sM mir ein Beweis dafür.
Ich erwarte bessere Resultate von der rechten Hand, wenn die linke
mit ihr zugleich übt. In ca. 24 % aUer Gewerbe gebraucht der Arbeiter
beide Hände ganz frä, und bei gewissen Besehäftigungen, wie Schnitzen,
ModeUieren u. s. w., muls die rechte Hand ebenso wie die linke arbeiten.
Es ist daher die Übung beider Hände, abgesehen von den physiologischen
und geistigen Vorteilen, für viele Gewerbe wichtig.
179
Die alte Erziehung vernachlässigte beide Hände, nicht allein die linke.
Wir dtirfen so wunderbar gebaute körperliche Werkzeuge nicht länger bei
der Erziehung ignorieren. Th. Bell sagt („Die Hanct*, S. 134): ,,Die
mensebliehe Hand ist so wunderbar gebildet, so schön geformt, hat ein
solch feines, jede Bewegung genau leitendes GeAlhl, beantwortet jeden
Willenimpuls so unmittelbar, als ob sie selbst der Sitz des Willens wäre.
Ihre Handlungen sind so kunstvoll, frei und zart, dafs es kaum eine Vor*
Stellung von ihrer Zusammengesetztheit und von allen Beziehungen, die sie
zur Dienerin des Geistes macht, geben kann. Wir benutzen sie unbewulst,
wie wir atmen, und haben alle Erinnerung an die schweren Anstrengungen
verloren, durch die sie vollkommen ward." Auch MstssoNiEB ist der
Ansicht : „Es wäre ein grolser Vorteil, beide Hände gebrauchen zu können.
Kindern sollte dies zur Gewohnheit gemacht werden **.
(Mitg. V. Dir. E. BAYB-Wien).
Sehwinmimterricht flir flambnrger Yolkssehttler. Seit einigen
Jahren hat die Oberschulbehörde Kurse veranstaltet, um hiesige Lehrer zu
Schwimmlehrern ffir Knaben auszubilden, da der Schwimmunterricht an den
hiesigen Knabenschulen seit einigen Jdiren einen größeren umfang an-
genommen hat. An dem Unterricht beteiligen sich die Knaben der zweiten
Klassen, und zwar wird der Unterricht so gehandhabt, dafs während des
Sommers ein Teil der Turnstunden dem Schwimmunterricht dienstbar ge<
macht wird, so dafs eine Abteihing der Knaben turnt, die andere aber in
erae nahe Badeanstalt zum Schwimmen geht. Im vorigen Sommer erhielten
Schfller aus 28 Volksschulen Unterricht im Schwimmen und zwar aus elf
Schulen in Hallenbädern, aus zwölf Schulen in Fktlsbade-Anstalten ; ca.
80 % der Unterrichteten haben das Schwimmen erlernt, manche derselben
sind auch im Retten oder in Wiederbelebnngs-Versuchen unterwiesen
worden. Diese praktische Einrichtung hat also günstige Erfolge zu ver-
zeichnen. Mit einem Brausebad ist bisher nur eine Doppelscbule ver-
sehen. Aus einigen Klassen benutzten 64 bezw. 66 ^/o der Schüler, ans
andern aber nur 29 bezw. 31 und 33 % die Brausebäder.
Bii kygieiischer FortbildnBgsknrsM für Leiter «nd Lehrer
hikerer Lehranstalten hat, wie wir der „800. J^axis" entnehmen, vom
5. bis 8. Jan. d. J. zum ersten Mal in der Provinz Posen gemäfs dem
in dem kaiserl. Erlafs vom 26. Nov. 1900 ausgesprochenen Wunsche nach
Forderung und Belebung der Schulgesundheitspflege stattgefunden. Es
bandelt sich hier um einen ersten Versuch, die Lehrer direkt an den
Aufgaben der Schulhygiene zu beteiligen — ein Beginnen, das unserer
Sympathie wert ist und hoffentlich Nachahme finden wird.
Erriehtnig von ErhehingsatStten Ar Kinder in Oaterreieh.
Durch die in der Ersten internationalen Tuberkulosekonferenz in Berlin im
OJEtober V. J. gegebenen Anregungen veranlafet, hat in einer seiner letzten
Sitzungen der niederOsterreichische Landtag ein Programm betreffend Mafe-
regeln zur Bekämpfung der Tuberkulose aufgestellt und hierin u. a. auch
(he Errichtung von Erholungsstätten für tuberkulöse oder infolge durch-
gemachter schwerer Erkrankungen körperlich herabgekommene Kinder vor-
fesehen. Auf Grund einer vom Landesausschufs eingeleiteten Enqn6te soll,
wie die „8ob. Praxis"' mitteilt, bereits in diesem Frtlhjahr an die Ein-
180
richtnng mehrerer solcher Erholangsstätten gegangen werden. Als Vorbild
soll die Tom Heilst&ttenverein vom Roten Krenz in Berlin in Betrieb ge-
setzte Kindererholongsstätte in SchOnholz dienen. Es sollen in der Um-
gebung von Wien mehrere Waldkomplexe im Ansmafse von einem Hektar
leihweise übernommen und auf demselben je eine Baracke nnd Liegehalle
errichtet nnd daselbst erholungsbedürftige Kinder vom 1. Mai bis Ende
September, in der Zeit von 8 Uhr früh bis zum Eintritte der Dämmerung,
untergebracht werden. Die Kinder werden in der Erholungsstation voll-
ständig verköstigt. Kindergärtnerinnen werden die Überwachung und Be-
schäftigung leiten. Es wäre dringend zu wflnschen, dafs dieser Gedanke
eine recht fruchtbare Ausgestaltung erhielte und auch andere Staaten zur
Nacheiferung anregte.
Eine Yereinigiuig abstinenter Studenten hat sich, wie die
„Ähstmence^ mitteilt, am 17. Dez. v. J. in Heidelberg gebildet.
Die hygienische Ausbildung der Lekrer wurde — wie wir dem
^Brit med. Jaum,*^ entnehmen — unifingst in einer Konferenz, die das
Bredford College und das Sanitary Institute einberufen hatten, erörtert.
Professor C. S. SHERBiNOTON-Liverpool führte aus, dals eine auf wissen-
schaftlicher Grundlage beruhende Schulhygiene eine notwendige Forderung
der Zeit sei. Die sanitären Einrichtungen in den meisten Volksschulen
genügten keineswegs; England müsse gro&e Anstrengungen machen, um
den Vorsprung, den Deutschland, Frankreich, die Vereinigten Staaten von
Nord- Amerika in dieser Beziehung gewonnen haben, wieder einzuholen. Im
besonderen müsse man die Lehrer fQr schulhygienische Bestrebungen za
gewinnen suchen; jedem Pädagogen müsse Gelegenheit geboten werden, die
Haupttatsachen der Physiologie und Gesundheitspflege kennen zu lernen
und sich anzueignen. Dr. J. KBBB-London wies auf die engen Beziehungen
zwischen Schule und Haus hin und betonte, dals gerade die Schule durch
eine geeignete Unterweisung der Kinder die beste Gelegenheit biete, den
wichtigsten sanitären Lehren und Vorschriften in den Familien Eingang
zu verschaffen.
Die Zahnkaries — eine Yolksseuche. Über dieses Thema sprach
am 28. Januar in einer im Hörsaale des hygienischen Universitätsinstitutes ab-
gehaltenenPlenarversammlung der österreichischen Gesellschaft für Gesundheits-
pflege der Präsident des Vereins der Zahnärzte Wiens, Dr. Johann Frank,
und wies an der Hand statistischer Daten die Gefahren nach, welche die
Unterschätzung dieser Volksseuche in sich birgt. Der Schwerpunkt der
Aktion zur Sanierung der Volkskrankheit „schlechte Zähne** sei in die
Volksschule zu verlegen, da schon beim Eintritte in dieselbe, also im
sechsten Lebensjahre, die Untersuchungen ergeben hätten, dafs jedes dritte
Kind zahnkrank sei. Im 16. Lebensjahre seien es bereits 70%, ja eine in
Deutschland durchgeführte Untersuchung an jungen Leuten habe sogar die
traurige Tatsache zu Tage gefördert, dafs von 20000 Untersuchten nur
1000 gesunde Zähne besafsen. Der Vortragende kommt nun auf die Ent-
stehungsursache der Zahnkrankheiten zu sprechen und erörtert sodann die
schädlichen Folgen für Beruf, Aufnahmefähigkeit in geistiger Beziehung
u. s. w. sowie die Wirkungen, welche schlechte Zähne an der Gesundheit
haben können. Um diesen Übelständen zu steuern, müfsie die Unter-
181
snchnng des Mundes der Schalkinder auch bei ans durch Schulärzte er-
folgen. Die Behandlung der erwachsenen Unbemittelten in eigens zu diesem
Zwecke den Spitälern angegliederten zahnärztlichen Abteilungen wäre eben-
falls zu inaugurieren und für eine Popularisierung einer entsprechenden
Zahnpflege Sorge zu tragen. Der Vortrag wurde mit grofsem Beifalle
aufgenommen. (Mitget. y. Dir. E. BAYH-Wien).
Eine ErholungsstXtte f&r kranke Kinder nach dem Muster der
Tom Berliner VolksheOstättenverein im SchOnholzer Forst eingerichteten wird
in Wien geplant. Der niederösterreichische Landtag beschlofs — wie die
„ Voss. Zig,^ mitteilt — far die Bekämpfung der Tuberkulose, die von
alters her in Wien zahlreiche Opfer fordert, besondere Aufwendungen zu
machen. Der Inspektor der niederösterreichischen Landes -Wohltätigkeits-
anstalten, Dr. Gebenti, unterbreitete dem Landesausschusse einen breit-
angelegten und weitschauenden Plan zur Bekämpfung der Kindertuber-
kulose in Wien, der sich auf die in der Berliner Kindererholungsstätte
erprobten Grundsätze stützt. Es sollen in den Wiener Schulen die tuber-
kulösen und tuberkulose-yerdächtigen Kinder ausgelesen und den Kinder-
erholungsstätten zugeführt werden. Zu diesem Zwecke werden in der Um-
gebung Wiens alsbaJd sechs Kindererholungsstätten errichtet. Die Kinder
verbleiben in der Erholungsstätte solange, wie dies nach dem Urteile des
Arztes erforderlich ist. Die gesamten Kosten, einschliefslich deijenigen fär
die Fahrt der Kinder von ihrer Wohnung zu der Erholungsstätte, über-
nimmt der Landesausschuls. An der Leitung der Wiener Kindererholungs-
stätten werden sich die Wiener Kinderschutzstationen beteiligen. In einer
vom Landesausschufö einberufenen Versammlung ist der von Dr. Gebenti
ausgearbeitete Plan unter Beteiligung von Sachkundigen, insbesondere der
Professoren der Kinderheilkunde Monti und Esghebich, gebilligt worden.
Es wird damit gerechnet, bis 1000 Wiener Kindern zugleich die Erholungs-
stättenpflege zu teil werden zu lassen.
Eäne eigentflmliehe Hotiviemng fBr die Notwendigkeit der
SehnUrzte bringt ein Einsender im ^Fädag^Wochmhl'' (7. Januar 1903).
Derselbe meint, es erkläre sich nur vom engen Standes-Interesse aus, wenn
Schulärzte gefordert werden, z. B. um die Lage eines Schulgebäudes
gutznheifsen, um die Luft in den Schulräumen etwa vor und . nach einer
Unterrichtsstunde zu untersuchen, um das Heizsystem zu begutachten, um
die Lage des Gebäudes in Rticksicht auf die Menge des einfallenden Lichts
zu beurteilen und dergl. m. ; dies seien alles Fragen, die der Naturwissen-
schaftler der Anstalt ebenso gut oder besser entscheiden könne, als der
Arzt (? D. R.). Dagegen empfehle es sich, dafs die Schule einen Arzt
halte, damit derselbe ex officio verpflichtet wäre, die Schüler kennen zu
lernen und dadurch besser in den Stand gesetzt würde, beispielsweise
Kopfschmerzen als Ursache für Tumdispensation zu bescheinigen als ein
der Schule femstehender Arzt.
Über Sehwaehsinnigen-Erziehnng sprach der Berliner Stadtschul-
inspektor Dr. VON GiZYCKi in dem Kursus über Gesundheitspflege in
der Schule, den der Deutsche Verein für Volkshygiene im Laufe dieses
Winters fär Lehrer und Lehrerinnen abhielt. Nach einem Berichte der
^Jugendf&rsorge*' (1. Januar 1903) führte der Vortragende u. a. aus, dafs,
182
wie die Schulärzte festgestellt haben, gewöhnlich nfthere Angaben Aber das
Verhalten der schwachsinnigen Kinder w&hrend der ersten Jngen^iahre
fehlen nnd zwar, weil der Zustand des Schwachsinns schwer von dem
einer langsam sich entwickelnden Normalität zu unterscheiden ist, und den
meisten Eltern das Urteil zu einer richtigen Charakterisierung fehlt. Erst
in der Volksschule werden die Schwachsinnigen genau erkannt. Bisher
¥mrden sie nach einem zwe^ährigen Besuche der Normalschule der Neben-
klasse überwiesen. Man will künftig in Beriin von dieser Bestimmung
abgehen und die Überschulung schon nach kürzerer Zeit gestatten, wenn
eine Feststellung des Schwachsinns früher möglich ist. Man steht jedoch
dabei auf dem Standpunkte, dafs keine andere pädagogische Untersuchung
die nötige Klarheit über das Wesen der Kinder schaffen kann, als die
Beobachtung auf der Unterstufe der Volksschule, wo der Gegensatz zwischen
dem Verhalten der Normalen und der Schwachsinnigen fortwährend deutlich
hervortritt. Auf Grund exakter Zahlenbeweise, die das Ergebnis sorg^-
tiger Beobachtung waren, und die in ihrer Art heute noch einzig dastehen
dürften in der Literatur der Schwachsinnigen-Erziehung, stellte der Vor-
tragende mit Bezug auf das Milieu, aus dem die Schwachsinnigen hervor-
gehen, folgendes fest:
1. Die meisten Schüler der Nebenklassen entstammen Arbeiterkreisen.
2. Bei dem größeren Prozentsatze der Schüler herrscht im Eltern-
hause andauernd wirtschaftliche Schwäche. In kausalem Zusammenhang
damit stehen die Gegensätze: hohe Kopfzahl des Hausstandes und Enge
des Wohnraums, Dürftigkeit und bedenkliche Eigenart der Schlafgelegenheit,
mangelhafte oder nur mittelmäfsige Ernährung.
3. Die Erziehung der schwachsinnigen Kinder durch die Eltern ist
in vielen Fällen eine unverständige, verkehrte; sehr oft bleiben diese
Kinder sich selbst überlassen, während Vater, Mutter und die älteren Ge-
schwister dem Gewerbe nachgehen. Viele Eltern halten ihre schwach-
sinnigen Kinder ebenfalls zur Erwerbstätigkeit an, allerdings oft ohne Rück-
sichtnahme auf die körperliche Konstitution derselben.
4. Ein hoher Prozentsatz der Eltern schwachsinniger Kinder ist
erblich belastet (50 — 72 %). Neben Tuberkulose, Alkoholismus, Lnes,
Nerven- und Geisteskrankheiten spielen sittliche Defekte oft eine gleich ver-
hängnisvolle Rolle für die betr. Kinder.
Die gesundheitliche Minderwertigkeit, der Einflufs des Milieus prägen
sich bei den meisten Kindern schon im Äufseren aus. An der Hand gut
gelungener Photographien wies der Vortragende darauf hin, wie Aussehen,
Gestalt und Haltung bei einzelnen Kindern den Schwachsinn verraten. Bei
einer genaueren Betrachtung der Kinder entdeckt man eine Reihe so-
genannter Degenerationszeichen, denen aber für die Diagnose des Schwach-
sinns nicht absoluter Wert beigemessen werden kann.
Die Vertikalsehlebfenster Ar Schnleo verteidigt im „Sc^nOhaus*'
(No. 12, 1902) Architekt Vogel- Hannover. Die Kippflügel werden von
ihm verworfen, auch der im allgemeinen als der zweckmäbigste anerkannte
Kipp-Oberflügel mit unterer Drehachse, bei welchem die kalte Luft nach
oben gegen die Zimmerdecke geleitet wird und erst, nachdem sie sich
etwas erwärmt hat, mit den im Zimmer anwesenden Personen in Berührung
183
koiunt Dem gegenüber empfiehlt TO01!L die Vertikal scbiebfesster,
die Tor allem den Yorzng haben sollen, dafe sie eine genane Einstellung
der Lnftzirkolation ermöglichen; man loum hier sowohl den oberen Flflgel
herablaasen, wie den «nteren heran&chieben, so da(s beliebig schmale
HoTizontabchlitze entstehen, der eine oben, bei dem die yerbranchte warme
Luft anstritt, der andere nnten, bei dem die kalte an der Anisenwand zom
Folsboden herabsinkt, ohne Zng zn veranlassen. (Wir mttssen gestehen,
dafe nie die Ansftthmngen des Verfassers nicht flberzengend erscheinen, nnd
dab es beim Heraofscbieben cter unteren Flügel^ wenn erhebliche Tem*
peratordifferenzen zwischen Innen- nnd Anlsenlnft vorhanden sind, nicht
ohne anüebsame Folgen fdr die dem Fenster znnftchst sitzenden SchtQer
abgehen wird. Bis auf weiteres werden wir die gewohnten, sich nach
innen nnd oben öffnenden Kippflügel den Schiebefenstern noch vorziehen.
D. Red.)
Das Arachen der Sehnlkmder. Auf die Gefahren, mit denen die
ständig zunehmende schlechte Grewohnheit der heranwachsenden Jngend,
Zigaretten zu rauchen, ihre körperliche Entwicklung bedroht, lenkt ein
en^cbes Blatt die Aufmerksamkeit. Von den verschiedenen Arten, Tabak
zn ranchen, ist das Zigarettenrauchen am beliebtesten nnd bequemsten,
aber auch am gefährlichsten. Besonders stark ist die Wirkung des Rauchens
anf das Nervensystem. Das leichte Zittern der Hände, das falsche Sehen,
die muregelmäfsige Herztätigkeit, die gestörte Verdauung, die schleimige
Zonge und die reizbare Kehle sind alles Zeichen des vielen Rauchens.
Früher kaufte der Strafeeigunge fQr seinen Penny einige Unzen Gewtkrz-
zQcker oder gebackene Früchte und Mehl und erhielt so wenigstens etwas
Nahrang. Heute verkünden seine untersetzte Figur und seine runzeligen
Z&ge seine Entartung. Der Arzt eines Kinderkrankenhauses in einer
großen Provinzstadt schreibt das frühzeitig gealterte und müde Aussehen
der Kinder der Stadt der herrschenden Mode des Zigarettenrauchens zu.
Bas ist das wohlerwogene urteil eines wissenschaftlich geschulten Beob-
achters. Die Mediziner haben es immer verdammt, dais die Jugend Tabak
rancht, und das Übel wird durch die Zigaretten sehr vermehrt. Eine
Untersuchung, die an einer Klasse von Studenten der Tale-Universität vor-
genommen wurde, zeigte merkwürdige Ei^ebnisse. Acht Jahre lang stellte
man Vergleiche zwischen Rauchern und Nichtrauchern an. Gegenüber den
Baochern gewannen die Nichtraucher 24 % an Gewicht, 37 Vo an Gröise,
42% an Taillenumfang und 8,36 Kubikzoll an Lungenausdehnung. So
anfallend war die „verkümmernde^ Wirkung des Tabaks auf Menschen in
der EntwicUnng. Die Gesetzgebungen von 33 Staaten Nordamerikas ver-
bieten daher den Verkauf von Tabak an Burschen unter 16 oder 18 Jahren,
und im norwegischen Storthing hat man drastische Malsregeln gegen den
Verkaof von Tabak an Kinder in den Stfldten ergriffen und die Polizei
ermftchtigty aus den Händen der Knaben Tabak und Pfeifen zu nehmen,
die man in ihrem Besitz findet. Ähnliche Bestimmungen findet man auch
in anderen europäischen Ländern. Den hier geschilderten Gefahren — sagt
das ^^ädag. Wochmbl^ (28. Januar 1903) — , die durchaus nicht über-
trieben sind, müssen auch wir Lehrer die allergrölste Sorgfalt schenken;
^e rauchenden Tertianer sind ja leider keine Seltenheit.
184
Angenkrankheiten in New Yorker Sehnlen. Die mit giofser
Sorgfalt durchgefahrtea Untersachnngen der New Yorker Schalen haben
eine erschreckend weite Verbreitong Yon ansteckenden Angenkrankheiten
ergeben; hauptsächlich sind von ihnen diejenigen Teile der Stadt betroffen,
die von eingewanderten rassischen Juden bewohnt werden. Von 60000
Kindern worden laat Bericht der y^MediccU News^ (No. 6) 6000 aagenleidend
befanden; über 1000 derselben mausten sich jsofort einer Operation unter-
ziehen. Im allgemeinen treten die Krankheiten mehr bei Knaben wie bei
Mädchen auf. In einem einzigen Monat sind allein 900 neue Fälle ge-
meldet — eine Mahnung, wie notwendig eine genaue amtliche KontroUe
ist. Die Schulärzte haben Weisung erhalten, im besonderen die Kinder
der untersten Stufen zu beachten, die Augen und Hände derselben einer
gründlichen Untersuchung zu unterziehen. Während des Bestehens der
schulärztlichen Institution sind über 2000000 Kinder untersucht und
40000 von ihnen aus hygienischen Gründen vom Unterricht ausgeschlossen
worden.
Kinderansbentttng in Schweden. In ihren Jahresberichten klagen,
nach einer Mitteilung der y^Soc, l^axia^, die schwedischen Gewerbe-
inspektoren über die vielfachen Yerstöfse der Fabrikanten gegen die wenigen
gesetzlichen Bestimmungen über Kinderschutz. In den meisten Fällen gibt
eine zu lange Arbeitszeit für Kinder von 11 — 13 Jahren Veranlassung zum
Einschreiten. Zu Bestrafungen sowohl der Fabrikanten, als auch in ein-
zelnen Fällen der Eltern und Vormünder fährte oft der Umstand, dals
Mindeijährige gezwungen wurden, fortdauernd und jede Nacht zehn Standen
Nachtarbeit zu verrichten. Allerdings mufe berücksichtigt werden, dals die
Kinderschutzbestimmungen in Schweden noch jungen Datums sind, und dafs
ein Teil der Übertretungen wohl mehr auf Unkenntnis des Gesetzes als
auf bösen* Willen zurückzuführen ist.
Der 12. Kvrs fflr Midchentnrnen, der vom Schweizerischen Tum-
lehrerverein arrangiert wurde und im Anschlufs an den Turnlehrertag am
6. Oktober v. J. in Winterthur (Kanton Zürich) begonnen hatte, fand am
Samstag, 25. Oktober, durch die übliche Inspektion seinen Abschlufs. Eine
stattliche Anzahl von Teilnehmern, 27 Lehrer und 10 Lehrerinnen, machten
denselben mit. Das tägliche Programm des dreiwöchigen Kursus sah
sieben Arbeitsstunden vor, die vereinzelt Vorträgen und schriftlichen
Arbeiten gewidmet waren. Die Schlufsinspektion ergab ein sehr günstiges
Resultat. An derselben beteiligten sich auch Abgeordnete des zürdierischen
Erziehuogsrates und der städtischen Behörden.
Über Schnlgebände und LehrerwohnEngen ze Anfang des oeun-
zehuten Jahrhunderts schreibt man der „Voss. Ztg.* aus Weimar: Bei
dem Interesse, das aus Anlals der Landtagsverhandlungen in Berlin von
neuem auf die unwürdigen Trakehner Schulznstände gerichtet worden ist,
dürfte ein Hinweis auf jedenfalls auch ganz ungewöhnliche Zustände am
Platze sein, die im Jahre 1816 in einer kleinen Residenz in Thüringen
dem damaligen leitenden Direktor des Gymnasiums zu höchst beachtens-
werten, in scharfer Tonart gehaltenen Beschwerden AnlaiSs gaben. So
drohte im Sommer des Jahres 1816 die Decke des Lehrzimmers der
Primaner, worüber die ganze Last der Schulbibliothek ruhte, einzustürzen,
185
anch die Orgel im Festsaal der Anstalt war banfilUig geworden. „Daneben"
— so lautet der Bericht an die OberbehOrde wörtlich — «lastet aber dem
Lehrzimmer der Sekondaner des Qnartns Küchenherd, der steinerne Fnls-
boden der Qoartaskflche nnd die ganze Kirchenbibliothek nebst Scheide-
wftndeo, welche zwei Kftmmerchen von der Kflche nnd nnter sich abson-
dern . . . Mir scheint die Gefahr des Deckeneinstnrzes beider Lehrzimmer,
nnd somit anch der daninterliegenden Tertia- nnd Qnartalehrzimmer,
schaoderiiaft grols nnd gewils. Bricht es aniser der Schulzeit, so sind die
ganze grö&ere und kleinere Schulbibliothek Vernichtet; nnd schon der
Bau- und MObelschade wird sich auf mehr als 1000 Taler belaufen.
Bricht es aber w&hrend der Schulzeit, so können die jetzt zusanmien 262
Selektaner, Primaner, Sekundaner, Tertianer und Quartaner samt ihren
fünf Lehrern; ja, wenn gerade die jetzt 39 Seminaristen in Sekunda mit
anwesend sind» 301 Schfiler zugleich aufe grftTslichste umkommen.*' Und
ttber die Gebrechen seiner Amtswohnung berichtet der Direktor wörtlich
wie folgt: „Durchs Dach des Hauptgebäudes, vom heraus, regnet es seit
drei bis yier Jahren in einem fort stromweise. Vor drei Jahren (1813)
wurden die Direktoratsdftcher befahren ; aber gerade vom heraus hatte der
Iflderiiche Tflncher Löcher gelassen. Seit ein oder zwei Jahren konnte ich,
aller wiederholten mündlichen und schriftlichen Bitten ungeachtet, keine
Ausbesserung der alten durchlöcherten Dftcher erlangen. „Es fehle an
Geld*' u. s. w. Seit einigen Jahren strömt also Regen- und Schneewasser
durch Vorder-, Seiten- und Hintergebäude-Dächer herein; es geht alles zu
Grunde und yerfault, die Kalkdecken fallen herunter. Man ist des Lebens
kaum sicher. Bald mufs der Direktor ausziehen. Zwei Schlafkammem
sind wegen des Hineinregnens und Kalkherabfallens lebensgefährlich; die
dritte Schlafkammer ebenso durch Erkältung seines Weibes nnd seiner
armen Kinder. Denn die Fenster der Haupt-Schlafkammer der Familie
auf den Hof hinaus sind unten so verfault, ausgefressen und offen, dais
aller Wind schrecklich auf der Frau und der Kinder Betten streicht, man
im Winter erfrieren möchte, durch diese Löcher unter den Fenstern das
Schneegestöber auf die Betten bekommt, Zug, Nässe und Kälte an, über
und in den Betten unerträglich und doch anderswo keine Zuflucht mehr
zu finden ist. Denn auch durch zwei andere Schlafkammem regnet es so,
dafe man durch herabfallenden und fallen wollenden (1) Deckenkalk im
Bette erschlagen werden kann. Alles ist seit Jahren wegen der Dächer
nnd unten ausgefaulten (offenen) Fenster nnd Fensterbretter mit münd-
lichen und schriftlichen Bitten versucht und erschöpft worden. Vergebens!
Sehr viel habe ich seit neun Jahren für mein Geld reparieren lassen, ohne
Verpflichtung! Ich darf aber doch meinem Amtsnachfolger nicht alles ver-
geben und verderben. An beiden Holzställen fehlen eine Anzahl Latten.
Einst wurden (1806 glaube ich) eine Menge Soldatenpferde in meinen Hof
gezogen und an die Latten gebunden, wodurch sie losgerissen und zer-
brochen wurden.** Die hier auszugsweise gemachten Mitteilungen zeigen
den armen Schulmeistern nnd Schülern im fernen Osten, dafs Ahnliches
gschon dagewesen'' ; freilich fallen die im vorstehenden geschilderten Mängel
in die materiell gedrückte Zeit nach den Freiheitskriegen, und heute
schreiben wir 190S!
186
9ft9esi|efd|td|tHd|es<
Zu 4. Verkuidstag der HilfMelmlen DentsehhuidSy der am
14., 15. und 16. April in Mainz stattfinden soll, ladet der Ortsaasschnfs
die Interessenten ein — insbesondere die staatlichen und kommunalen Be-
hörden, die Ärzte, Geistlichen, Juristen, Schulleiter, Lehrerinnen, Lehrer,
Schul- und Yolksfreunde. unter den in Aussicht genommenen Yerhand-
lungsgegenständen sind besonders erwähnenswert: 1. ein Referat aber die
Frage, ob Kinder zwangsweise der Hilfsschule zugeführt
werden können (Ref. Rektor Grote- Hannover), und 2. ein Referat
über das Schwachbegabte Kind in Haus und Schule (Ref. Hllfis-
Schulleiter Delitsgh- Plauen). Auch soll eine Beratung über die dem
2. Verbandstage vorgelegten Leitsätze über die Organisation der
Hilfsschule stattfinden. Im Aufruf wird darauf hingewiesen, dafs geg^eD-
wärtig in unge&hr 100 deutschen Städten Hilfsschulen gegründet seien.
Deutscher Verein für öffentliche Geanndheltapflege. Nach einer
Mitteilung des ständigen Sekretärs, Geh. Sanitätsrat Dr. Spibss in Frank-
furt a. M., wird die diesjährige Jahresversammlung des Vereins in den
Tagen des 16. bis 19. September in Dresden stattfinden, unmittelbar
vor der am 21. September beginnenden Versammlung Deutscher Nator-
forscher und Ärzte in Gassei.
Folgende Verhandlungsgegenstände sind in Aussicht genommen:
1. Nach welcher Riditung bedürfen unsere derzeitigen Mafs-
nahmen zur Bekämpfung der Tuberkulose der Ergänzung?
'2. Die gesundheitliche Handhabung des Verkehrs mit Milch.
3. Die Bauordnung im Dienste der öffentlichen Gesundheit.
4. Hygienische Einrichtungen der Gasthäuser und Schank-
stätten.
5. Reinigung des Trinkwassers durch Ozon.
Volks- nnd Jngendspiele in Deutschland 1903. Der Zentral-
Ausschufis für Volks- und Jugendspiele in Deutschland hält in diesem
Jahre die folgenden Versammlungen und ünterrichtskurse ab:
1. VI. deutscher Eongrefs vom 5. bis 7. Juli zu Dresden, woselbst,
me bekannt, während des ganzen bevorstehenden Sommers eine einzig-
artige deutsche Städte- Aus Stellung im grofsen Stile stattfinden
wird. Hauptkongrefsredner: Oberbürgermeister a. D. Wittinq -Berlin,
Professor Dr. Walbeteb- Berlin und Dr. med. F. A. Schmidt -Bonn.
Daneben Musterspiele und Schwimmvorführungen nach neuerer Methode.
Am 5. Juli gehen den eigentlichen Kongrefsverhandlungen die schon in
weiteren Kreiden rflhmlichst bekannt gewordenen • Dresdener vater-
ländischen Festspiele voran, welche im Rahmen eines im vorbild-
lichen Sinne gehaltenen Volksfestes neben Turn-» Frei- und volks-
tümlichen Übungen auch die verschiedensten Jugend- und Volksspiele
vorfahren.
187
2. Spielknrse für Lehrer.
a) Altena Tom 24. bis 29. Mai, anzumelden beim Tnrninspektor
Karl Mölleb. b) Bielefeld vom 24. bis 30. Mai, Obertarnlehrer
Fb. Schmale, c) Bonn vom 24. bis 30. Mai, Dr. med. F. A. Schmidt.
d) firannschweig vom 24. bis 30. Mai, Gymnasial-Direktor Dr. Eol-
DEWET. e) Frankfurt a. M. vom 22. bis 30. Mai, Tominspektor W.
Weidenbüsch. i) Greifswald i. P. vom 26. Juli bis 1. Angnst, üni-
TersitAtstnrnlehrer Dr. H. Wehlitz. g) Hadersleben vom 14. bis
18. April, Oberlehrer Dünker. h) Königsberg i. Fr. vom 2. bis
9. Angast, Stadtschnlrat Dr. Tbibükait. i) Liegnitz vom 1. bis 6. Juni,
Gymnasialtamlehrer M. Gerste, k) Posen vom 24. bis 29. Angnst,
Obertamlehrer Eloss. 1) Stolp i. P. vom 8. bis 13. Jnni, Dr. 0.
Preussneb. m) Zwejibrtlcken i. d. Pfalz vom 8. bis 16. Angnst,
Lehrer Fbitz Bühleb.
3. Spielknrse fflr Lehrerinnen.
a) Bonn 1. bis 6. Jnni, anznmelden bei Dr. med. F. A. Schmidt.
b) Brannschweig 1. bis 6. Jnni, Tnrninspektor A. Hermann.
c) Frankfurt a. M. 27. Juli bis 1. Angnst, Tm-ninspektor W. Weidbn-
büsch. d) Hamburg vom 14. bis 18. April, Lehrer Ernst Fischeb,
Hasselbrookstr. 13. e) Königsberg i. Pr. vom 2. bis 9. Angnst, Stadt-
schnlrat Dr. Tbebukait. f) Krefeld vom 2. bis 6. Jnni, Tnmlehrerin
Martha Thübm. g) Magdeburg vom 3. bis 8. Angnst, Stadtschnlrat
Platen. Die vorgenannten Spielknrse sind sämtlich kostenfrei.
(Mitget. V. E, V. Schenckbndoket).
Über Ersietanng und Sehnte im Kampfe gegen den Alkoholismns
werden A. DoN-Rotterdam, Chables WAKELY-London nnd Mrs. Maby
HüNT-Boston am IX. internationalen Kongrefs gegen den Alkoholismns
sprechen, der vom 14. — 19. April d. J. in Bremen stattfinden wird.
Die gehweicerisehe Oesellsehaft fBr Sehnlgesnndkeitgpflege
versammelt sich am Sonnabend nnd Sonntag, 16. nnd 17.* Mai d. J., in
Scbaffhansen. Znr Behandlnng kommen: „Die Schnlbäder" nnd zwar: die
technische Ansftlhmng, Ref. Ingenieur Paul LiNEE-Zttrich ; die Bedentnng
der Schnlbäder in hygienischer Hinsicht, Ref. Polizeiarzt Dr. OST-Bern;
die pädagogische Bedentnng nnd praktische Dnrchfflhmng, Ref. Schnl«
Inspektor TUCHSCHMID-Basel. — „Die Ohrennntersnchnngen in der Vdks-
schüle", Ref. Dr. med. 0. Laubi, Ohrenarzt, ZQrich. — „Der Stundenplan
der Mittelschnle, vom hygienischen Standpunkte ans betrachtet und unter
besonderer Berttcksichtigung der schweizerischen Verhältnisse*^, Ref. Rektor
Dr. EELLEB-Winterthur. — Es sind auch einzelne Votanten in französischer
brache in Aussicht genommen.
Wegen einer Diphtheritis-Epidemie, die ungewöhnlich ernst auf-
trat, sind, wie „The Jaum, of ihe Am, Med. Assoc.^ (No. 4) mitteilt,
die öffentlichen Schulen von Hartem (Illinois) geschlossen worden.
Franen in den SehnlbehSrden. Wie die Tagesblätter melden, hat
der Regiemngsrat des Et. Basel- Stadt die Vorlage des Erziehungs-
Departements betr. Vertretung der Frauen in Schulbehörden zu Händen
des Groben Rates genehmigt.
Sehalgesandheitepflege. XVI. 11
188
Eine setaulhy^enisehe Versammlung der Ärzte und Lehrer der
Moskaner Landsehaft wird im Oktober d. J. stattfinden. Sie hat zum
Zweck, die wesentlichsten Fragen der Schnlgesimdheitspflege, Insoweit sie
die Schalen auf dem Lande betreffen, in Beratung zu ziehen. Auf der
Tagesordnung stehen u. a. : Die Erörterung der wesentlichsten medizinisch-
hygienischen Bedürfnisse der Schulen, die Durchsiebt der bestehenden Vor-
schriften über die Einrichtung der Schulen, die Versorgung der Schulen
mit Trinkwasser und die Organisation der SchOlersuppen, die Verteilung
der Lehrfächer auf die Schulstunden, die erzieherische Bedeutung der
Volksschule, die Organisation der ärztlichen Schulaufsicht u. s. w. (Man
scheint in Bufsland in Bezug auf die Befriedigung der hygienischen Be-
dflrftiisse der Landschulen weiter zu gehen als mancherorts in den Kultur-
staaten des westlichen Europa. D. Red.)
Sehlechte Schalyerhiltnisse im Staate Quebec (Canada). In
der Februarsitzung der «St. Francis Medical Association*" schlug Dr.
Stevenson, Inspektor der öffentlichen Gebäude Quebecs, vor, eine Ein-
gabe an die Regierung zu richten und gegen die schlechten Schulverhält-
nisse zu protestieren. Seine Klagen richteten sich laut Mitteilung des
y^JofUfm, of ihe Am. Med, Ass.** (No. 4) hauptsächlich gegen eine gesund-
heitsschädigende Überanstrengung der Kinder und gegen die hygienisch
voUständig ungenflgenden Schullokalitäten.
Zar FSrderong der Zahnpflege bei Sehnlkindem hat, wie die
„Bonner Ztg.^ mitteilt, die städtische Schulverwaltung in Bonn unlängst
jeder Klasse der Volksschulen sowie dem Lehrpersonal eine kleine Schrift
des geschätzten Bonner Zahnarztes Dr. R. F. Günthbb zustellen lassen,
worin das Notigste Aber die Mund- und Zahnpflege in Form von „zehn
goldenen Regeln^ mit kurzen Erläuterungen niedergelegt worden ist.
Aulserdem erhielt jedes Kind ein Exemplar dieser Regeln (ohne Erläute-
rungen) auf einem Plakat, das zum Aufhängen in den Wohn- und Schlaf-
räumen eingerichtet ist. Die Regeln enthalten in knappen, jedem Schul-
kinde yerständlichen Sätzen Angaben, auf welche Weise und wie oft die
Zähne zn reinigen sind, welche Wassertemperatur zum Spülen des Mundes
die richtige ist, welcher Gegenstände man sich zum Reinigen bedient und
dgl. m. Das Vorgehen der Schulverwaltung ist auf das wärmste zu be-
grOfsen, da die Mund- und Zahnpflege gerade in den breiteren Volksschichten
noch sehr im argen liegt.
Die Schnlmisere in Rixdorf scheint kein Ende nehmen zu wollen.
Zwar ist beschlossen worden, bis zum Herbst 1903 ein neues Doppel-
Schulgebäude zu errichten, doch wird es wohl nicht möglich sein, mit den
Torhandenen Klassenräumen bis dahin auszukonunen. Die Schfilerzahl ist
von 2800 auf 3026 gestiegen, so dals in aller Eile Parallelklassen unter
Streichung einzelner Unterrichtsstunden eingerichtet werden mufsten. Auch
die Lehrer sind in Bezug auf die Anzahl der Unterrichtsstunden an der
Grenze der Leistungsfähigkeit angelangt; die von der Regierung vor-
geschriebene Anzahl der Maximalstunden ist schon teilweise überschritten
worden. Rechnet man dazu das Korrigieren der Aufgaben zu Hause, so
kann man. sich von der geistigen Abspannung der Lehrer ein Bild machen.
Nach dem Etat der Gemeinde beträgt die Anzahl der Lehrkräfte an den
189
hiesigen Volksschulen 51. Es kommen demnach anf jede Lehrkraft etwa
60 Schfiler. Dnrch Gemeindebeschlnfs sollen vom 1. April 1903 zwei
Lehrer nnd eine Handarbeitslehrerin eingestellt werden. Das heifst, dafe
alles beim alten bleiben soll, denn zum 1. April wird wiedemm eine
Steigenmg der Schttlerzahl zn konstatieren sein, welche die Leistungsfähigkeit
der neuen Lehrkr&fte vollständig in Ansprach nimmt.
Über den praktischen Wert der einzelnen Sehnlbanksysteme
fand anlangst eine lebhafte ErOrterong in der SchuWorstandssitznng der
Stadt Weimar statt. Die Aussprache zeigte, dafs sich die wider-
sprechendsten Ansichten vorfinden, sowohl in den Kreisen der Techniker
als auch in demjenigen der Schulmänner. In der Lehrerschaft Weimars
scheint die Yorstellung die herrschende zu sein, dafs einer festgeschraubten
Bank unbedingt der Vorzug vor der Schwellenbank zu geben sei, während
Herr Stadtbaurat Schmidt sich ganz entschieden gegen derartige Bänke
aussprach, weQ sie nicht nur die Fufsböden ruinierten, sondern auch eine
grAndliche Reinigung der Schulräume unmöglich machten. Schulvorstands-
mitglied Hebmann Schmidt als Referent betonte, dafs er sich persönlich
von der Reinlichkeit der Klassen mit angeschraubten Bänken überzeugt
habe; er könne nur sagen, dafs er die peinlichste Sauberkeit in den be-
treffenden Klassen vorgefunden habe. Da die Meinungen in dieser Frage
weit auseinander gingen, so sei es am besten, wenn die Mitglieder des
Schulvorstandes Gelegenheit nähmen, die einzelnen Banksysteme persönlich
in Augenschein zu nehmen.
(Mitget. V, Physikus Dr. Pfeipfbr- Weimar).
Über BekämpftiDg des Alkoholismns dureln die staatliehen
üntemehts- nnd finiehnngsanstalten richtet der Vorstand des
schweizerischen Vereins abstinenter Lehrer und Lehrerinnen eine Eingabe
an den Bundesrat. Die Eingabe ist unterzeichnet von einer Reihe von
Ärzten und Professoren in der Schweiz.
Eine Rednktion des Lehrstoffes in den Primarsehnlen plant,
wie die Tagesblätter melden, der neue Erziehungsdirektor des Kantons
Graubünden. In einem Kreisschreiben der Erziehungsdirektion an die
Schulinspektoren werden dieselben angewiesen, die Prüfung in allen
Fächern selbst durchzufahren, mit aller Energie gegen ein sinnloses Aus-
wendiglernen, sowie gegen jede Oberflächlichkeit im Unterricht anzu-
kämpfen, ganz besondere Aufmerksamkeit den Leistungen in der Mutter-
sprache zuzuwenden und bei der Beurteilung der Schulen nicht zu grofses
Gewicht auf die behandelte Stoffmenge zu legen, sondern mehr die Art der
Behandlung zu berücksichtigen.
Es wird sicherlich viele Lehrer — gewifs nicht die schlechtesten —
and Schüler in der Schweiz herum geben, die nach diesem trefflichen
ErlaCs nicht übel Lust hätten, nach Graubünden auszuwandern. Hoffentlich
kommt man endlich auch anderorts dazu, mit dem geistlosen Drill, der
stumpfsinnig machenden Auswendiglemerei und der Überladung des Lehr-
plans abzufahren.
11'
190
£tteratttr.
Besprechungen.
Hans Süge. Die Hygiene der Sebnlbank. Mit 17 Abbfldungen.
Berlin. Yerlag von Wiegandt & Grieben. 1902. 8^. 74 Seiten.
Preis 2 Mk.
Wenn man Yon den Gefahren spricht, welche unserer Jugend während
der Schulzeit durch den Aufenthalt in den Schulräumen drohen, so erblickt
man diese nicht zum kleinsten Teile in dem Zwang zum anhaltenden Sitzen
in der Schulbank. Es ist daher erklärlich, dafs die hygienische Wissen-
schaft diesem Einrichtungsgegenstande ein besonderes Augenmerk zuwendet.
Die zahlreichen Banksysteme und nicht minder die grofse Zahl von Ab-
handlungen sind ein Beleg für die Bestrebungen auf diesem Gebiete. Der
gröbte Teil der Bankliteratur wird aus den Begleitschreiben der Erfinder
zu ihrem Erzeugnisse gebildet, die jedoch wegen der nicht immer einwand-
freien Objektivität nur selten ein klares Bild von dem Wesen der Schul-
bankfrage geben. Andere Schriften bringen eine Aufzählung aller bisher
versuchten Konstruktionen und haben somit nur ein historisches Interesse.
Ein Mangel herrscht nach der Ansicht des Verfassers noch an theoretisch-
praktischen Büchern, die in erschöpfender Weise alle die Forderungen
begutachten, die an eine gute Schulbank zu stellen sind. In der vorliegen-
den Schrift beschäftigt sich der Autor hauptsächlich mit der Hygiene der
Schulbank, die nach seinem Ausspruche bei den bisherigen Yeröffentlichungen
entschieden zu kurz gekommen ist. Bis letzt hat man als fast einziges
Moment die Körperhaltung zur Bank in Beziehung gesetzt und sich begnügt,
daraus die nötigen sanitären Anforderungen an die Schulbank herzuleiten.
Man hat andere wichtige Momente, wie Beschaffenheit der Decke, Fnfe-
bodenbelag, Beinigung, Lüftung usw. grölstenteils mit Stillschweigen über-
gangen.
Verf. wendet sich sodann zu den schlechten Folgen, die aus dem schon
erwähnten Zwang zum schlechten Sitzen resultieren, und bemerkt: „Zu den
bekanntesten und mit der Bank direkt in VerbiDdung gebrachten Schul-
krankheiten gehören die Formen der seitlichen Rückgratsverkrümmung oder
Skoliose". Nach meiner auf Grund langjähriger Erfahrung erworbenen
Ansicht ist dieser Ausspruch unrichtig, da in erster Linie die seitliche
Rückgratsverkrümmung nicht mit der Bank, sondern mit der schrägen
Heftlage direkt in Verbindung steht. Von der Richtigkeit des Gesagten
kann sich jedermann dort, wo die Steilschrift richtig betrieben wird, mit
Leichtigkeit überzeugen. Damit soll keineswegs ausgesprochen sein, dafs
eine richtig dimensionierte Bank usw. nicht vorteilhaft wäre. Aber das
eine steht fest: Mag die Bank noch so gut gestaltet sein, eine
andauernde richtige Körperhaltung beim Schreiben der
Schrägschrift wird sie nicht bewirken können, da nicht sie,
191
sondern das Auge der maßgebende Faktor des Schreibaktes ist; and da
wir das Ange, den malsgebenden Faktor des Schreibaktes, nicht dem
Schreiben angemessen konstruieren oder formen können, so sind wir
gezwungen, den Schreibakt dem Ange entsprechend zu gestalten, und dies
kann, wie die Erfahrung zeigt, nur dadurch erfolgen, dafs wir Steilschrift
(senkrechte Handschrift) flben lassen, unbektlmmert darum, ob sie
schneller oder langsamer als die Schrägschrift ausgefQhrt werden kann.
Sitzen bei der Ausfflhrung der Steilschrift die Kinder einer
Klasse nicht korrekt^ so ist dies eine Pflichtvers&umnis der
Lehrkraft. Die aufrechte Haltung des Oberkörpers, welche die Steil-
scbrift ermöglicht, ist es aber, bei der die Arbeitshaltung am längsten
ohne £rmtldung ertragen werden kann. Die Bank kann die normale
Körperhaltung nur unterstfltzen. Dafs sie bei der Schreibhaltung durchaus
nicht die wichtigste Rolle spielt, dies beweist mir einerseits die gute
Schreibhaltung steilschreibender Gewerbeschaler, die oft in Bänken sitzen,
die nicht fQr sie, sondern für Volksschtüer bestimmt sind; anderer-
seits die schlechte Schreibhaltung schrägschreibender GewerbeschOler in
eben diesen Bänken. Dabei soll keineswegs ausgesprochen sein, dafs beim
Schreiben der Steilschrift keine Ermüdung entsteht; dieselbe tritt bekannt-
lich, wie der Verfasser gleichfalls betont, bei jeder Körperhaltung, die
längere Zeit ohne Wechsel andauert, ein, ja selbst beim Liegen. Es ist
daher ein sanitäres Grebot der Notwendigkeit, die Schreibtätigkeit in der
Schulzeit nicht in unnötiger Weise auszudehnen. Ich meine hier ins-
besondere das Schreibenlemen zweier Schriftsysteme, das so viele Schreiben
bei Erlernung der Orthographie. Berttcksichtigt man aber, dafs die Kinder
8 Jahre ihres Lebens in der Schule zubringen und während dieser Zeit
zu täglich vier- bis fftn£9tflndigem Stillsitzen genötigt sind, so ist es wohl
klar, dafs die Bank, auf der diese Zeit zugebracht wird, fOr den Organismus
des Schülers Yon besonderer Wichtigkeit ist. Als einen sehr traurigen
Irrtum bezeichnet der Verfasser die Anschauung, als wäre die Skoliose
nur ein „Schönheitsfehler". Eine beigegebene Abbildung aus Pasghes
orthopädischem Institute in Dessau unterstützt seine Ausführungen in dieser
Hinsicht. Hierauf schreitet er zur Besprechung der Körperhaltung mit
Bezug auf die Bank und verlangt; dafs sich der Körper des Kindes beim
Sitzen im stabilen Gleichgewicht befinde, und dafs der Eintritt des Er-
müdungszustandes möglichst weit hinausgeschoben werde, dafs die Bank also
sowohl „Sicherheit*' als auch „Bequemlichkeit** bieten müsse. Dabei weist
er auf die Schädlichkeiten eines zu hohen oder zu niedrigen Pultbrettes
hin und nennt jene Bank, deren Lehne nur bis zum Kreuz führt, ein
wahres Marterwerkzeug. Er wendet sich nun zu den Momenten, die an-
gesichts der Forderung: möglichst grofse Sitzfläche, Sicherung der auf-
rechten Stellung des Oberkörpers in der Arbeitshaltung (mit Berück-
sichtigung der am häufigsten geleisteten Arbeit „Schreibhaltung" genannt)
und AufTangen des zurückgelehnten Körpers bei der Buhehaltung, in Betracht
kommen. Diese sind! die Sitzfläche, Höhe und Breite derselben; Ent-
fernung zwischen Pult und Sitzbrett, Lehnenabstand, Form der Lehne.
Er fordert ein schmales Bücherbrett, das so hoch angebracht und soweit
znrückliegen soll, dafs der Schüler daran niemals einen Stützpunkt für
192
seine Beine finden kann. Die Mappe des Schülers sollte bei zweisitzigen
Bänken entweder zwischen den beiden Plätzen oder aufsen an den Sitz-
wangen Platz finden; letzteres wäre nach meiner Ansicht vorzuziehen.
Verf. vergegenwärtigt anch die Gründe, die gegen die beweglichen Kon-
struktionen sprechen. Sodann bespricht er die Wirkung des zn beiden Seiten
verkürzten Sitzbrettes und zeigt an Abbildungen die ÜbelständOi welche sich
bei gleicher Länge des Sitzbrettes mit dem Pultbrette ergeben können. Zur
Anbringung des Tintenfasses schlägt er aus pädagogischen (Verdecken durch
das Schreibheft) und wissenschaftlichen Gründen die Mitte zwischen den
beiden schreibenden Annen vor, ohne jedoch zu bemerken, dafs hierdurch
die Hand des rechts Sitzenden den Weg mit der eingetauchten Feder
entweder über einen Teil der Schreibfläche zurücklegen oder einen zeit-
raubenden Umweg machen mufs. Ob dies bei Schrägschrift einen Vorteil
bietet, darüber fehlt mir die Erfahrung, bei Steilschrift entfällt der päda-
gogische Grund.
unter Hinweis, dafs die Unzukömmlichkeit des Aufstehens oder Heraus-
tretens ans einer Bank, die Null- oder Minusdistanz habe, durch verschiedene
Vorrichtungen (bewegliches Pult oder beweglicher Sitz usw.) ermöglicht
werden müsse, gelangt Verf. zur Besprechung des Ein- und Austretens bei
einer mit ^ost versehenen zweisitzigen Bank mit unbeweglichen Teilen.
Abbildungen unterstützen auch hier seine Erläuterungen.
Der nun folgende Teil des Buches bildet gewissermafsen den
Schwerpunkt der ganzen Arbeit.
Verf. würdigt hier in eingehender Weise die Beziehungen, die zwischen
der Schulluft und der Schulbankfrage bestehen, und die bis jetzt in der
Bankliteratur nicht so in den Vordergrund getreten sind. Aus den an-
geführten Untersuchungen kommt er zu der Folgerung: Jede mehrsitzige
Bank bedeutet für den Schüler eine direkte Gefahr, weil der verstärkte
Kohlensäuregehalt auf den Mittelplätzen gesundheitliche Nachteile herbei-
führt. Denn das dort sitzende Kind ist genötigt, immer wieder stark ver-
dorbene Luft einzuatmen. Im Interesse der Hygiene muls darum gefordert
werden, dafs die Schulbank höchstens zweisitzig sein darf.
Als zweites hygienisch wichtiges Moment der Schulluft bezeichnet der
Autor deren Temperatur. Die Gefahr, dafs sich die Kinder durch die auf dem
Fufsboden herrschende niedrige Temperatur, die mit der in Brusthöhe stark
kontrastiert, eine Verkühlung zuziehen können, kannnur durch Anbringung eines
Rostes für die FüCse beseitigt werden. Die Verwendung eines solchen ist heute
durch das Umlegen der Bänke möglich, da hierdurch der Reinigung kein
Hindernis entgegengestellt wird. Im Gegenteil kann durch umlegbare
Bänke die Reinigung bequemer und gründlicher als bei den übrigen Bank-
systemen vorgenommen werden. Durch das mit Rillen oder Schlitzen ver-
sehene Fufebrett kann auch das nasse Schuhwerk leichter trocknen usw.
Um geschlechtlichen Verirrungen vorzubeugen verlangt Sück, dafs
sich die Rückwand der Bank auf schmale Leisten mit weiten Öffnungen
beschränkt.
Das Buch würde es im vollsten Mafse verdienen, dafs jeder Lehrer»
jeder Schularzt in dasselbe Einsicht nähme.
Direktor Emanubl BAYB-Wien.
193
Fb. Fkknzel. Die (hrganiflatioii der Hilfsselmle. Sep.-Abdr. a. d.
Mediz.-pftdag. MonatSBchrift f. d. ges. Sprachheilkunde. Maiheft 1902.
In der Yorliegenden Schrift behandelt der Verfasser nach einander
1) die Entwicklung der Hilfsschulen, 2) die Notwendigkeit der Hilfs-
schulen, 3) die Auswahl der Kinder f&r die Hilfsschule, 4) Zweck und
Ziel der HLlÜBSchulen, 5) die innere Organisation der Hilfsschulen (hygie-
nische Schul- und Unterrichtseinrichtungen, Lehrplan der Hilfsschulen,
Zahl der Klassen und Schaler, Lehrer der Hilfsschulen, der Arzt in der
Hilfssdiule), 6) soziale Einrichtungen zur Fürsorge der Hilfsschfller, 7)
Schema zum Personalbuch für Hilfsschtüer.
Dieser umfangreiche Stoff kann in einer 37 Seiten zählenden Broschüre
eingehend und allseitig erwägend nicht zur Darstellung kommen. Vielmehr
bat der Verfasser mit richtigem Blick die wichtigsten Punkte geschickt
zusammengestellt und in angenehmer Form zur Behandlung gebracht. Die
Schrift ist deshalb in erster Linie geeignet, Laien auf dem Gebiete des
Hilfsscbulwesens mit dem jüngsten Zweige der Volksschuleinrichtnngen
schnell und ausreichend bekannt zu machen. Bei Neueinrichtung von
Hilfsschulen wird deshalb die yorliegende Arbeit gute Dienste leisten.
Aber auch der Fachmann wird die sachkundigen Darbietungen, die sich im
ganzen an die Verhandlungen des Verbandes der Hilfsschulen Deutsch-
lands anlehnen, mit Interesse und Gewinn lesen« — Etwas befremdet hat
uns der Umstand, dals der Verfasser bei dem Kapitel über die Tätigkeit
des Arztes in der Hilfsschule, abweichend von seiner sonstigen Gepflogen-
heit, an die Stelle seiner eigenen Darlegungen die Äufserungen des Bres-
lauer Arztes Dr. Göbke aufgenonunen hat. Der Umstand, da(s diese
Auslassungen den Widerspruch der Pädagogen herrorrufen werden, konnte
doch ftlr eine Schrift, die Torwiegend der Orientierung und nicht der
Polemik dienen soll, nicht mabgebend sein; und der andere Grund, dafs
jene Ausführungen wenig bekannt sind, würde nur dami ausschlaggebend
sein können, wenn sie eine weite Verbreitung wirklich verdienten. Aus-
lassungen aber, die durchaus zu verkennen scheinen, dafs die Hilfsschule
in erster Linie eine Unterrichts- und Erziehungsanstalt, mithin eine päda-
gogische und nicht sanitäre Einrichtung ist, können als Gegenstand ernster
Erwägungen nicht in Frage kommen. Jede Hülfsschule soll sich der Wohl-
tat eines ärztlichen Beirats erfreuen; wenn aber Dr. Göbkb z. B. schreibt:
„Aus all dem Gesagten geht klar hervor, dals nicht nur. die Anwesenheit
eines erfahrenen und psychiatrisch vorgebildeten Arztes bei der Umschulung
der Kinder notwendig ist, sondern dafs diesem allein die Entscheidung
in der schwierigen und wichtigen Frage überlassen werden mufs ....•'
oder: „Die ganze körperliche Erziehung der Kinder . . .^wird nur unter
Leitung und Aufsicht eines sachverständigen Arztes in befriedigender Weise
gehandhabt werden können ...*', oder: „Der Arzt mufs eigentlich dauernd
den Lehrer unterstützen und kontrollieren*', so haben diese Auslassungen
für den Pädagogen nur ein Interesse, weil sie zeigen, wie eigenartig
Dr. GÖBKE seine Stellung als Schularzt der Hilfsschule auffafst. Meines
Erachtens wäre es besser gewesen, wenn der Verfasser der vorliegenden
Schrift dem in Rede stehenden Abschnitte seine eigene Bearbeitung mit-
gegeben hätte. Zum Schlufs bemerke ich, dafs ich bezüglich der Ver-
194
Wendung der Rettigbank in Hilfsschulen genau entgegengesetzter Ansicht
bin. Im übrigen aber empfehle ich die schätzenswerte Arbeit aufs beste.
Rektor GBOTE-Hannoyer.
Kreisarzt Dr. Bebgeb: Kreisarzt und Schulhygiene« (Nach einem
Vortrag, gehalten auf der XIX. Hauptversammlung des Preufsischen
Medizinalbeamten-Yereins zu Kassel am 12. September 1902) Hamburg
und Leipzig. Verlag von Leopold Voss. 1902. 8^. 88 S. Preis
M 1.50.
Nach den ausfQhrlichen Auszügen aus der vorliegenden Arbeit in
No. 11 und 12 (1902) dieser Zeitschrift ist es kaum noch nötig, auf
den Inhalt derselben an diesem Orte weiter einzugehen. Die Broschüre
kann in ihrem ersten Teile als ein geschickt zusammengestellter Leit-
faden der Schulhygiene betrachtet werden, der uns in gedrängter
Aufeinanderfolge die einzelnen Gebiete der Schulhygiene vorführt. Im
weiteren gibt uns Verfasser seine Ansichten Aber die Frage nach beson-
deren Schulärzten kund, die um so beachtenswerter sind, als sie aas
dem Berufe des Verfassers als Kreisarzt und seinen Erfahrungen bei
den amtlichen Schulbesichtigungen erwachsen sind. Mit den mafs-
vollen Forderungen und wohlmeinenden Vorschlägen des Verfassers kann
sich der Pädagoge in jeder Hinsicht einverstanden erklären. ViTir unter-
lassen es nicht, die Lektüre der BEBGEBschen Arbeit jedem, der beruflich
direkt oder indirekt mit schulhygienischen Fragen in Berührung tritt, aufs
wärmste zu empfehlen. Kabl Eollbb, Oberlehrer in Darmstadt.
Bibliographie.
Die mit * beieiohneten Werke worden der Bedaktion zugesandt.
*Altbnbubg, 0., Dr. Psychologische Rätsel in der Schule. Gesundheits-
warte der Schule, No. 2, 1903.
*Ah Ende, Paul. Das Schulbrausebad und seine Wirkungen. Braun-
schweig, Vieweg & Sohn, 1903. 13 S. A 0,40.
Andbeab, Dr., Seminardirektor. Was können die Volksschulseminare tun,
um die künftigen Lehrer hygienisch ausmbUden? Pädagog.' Blätter,
No. 10, 1902.
*AnnaU d^igiene sperimentale, e diretti del Prof. Angblo Cblli. Vol. XIII
(N. S.), Fase. L 1903.
Baginset, A., Prof. Die Bedeutung der Seehospige (Heilstätten an der
See) für die Behandlung der Skrophuhse und der örtlichen Tuberkulose
der Kinder. Beil. zur Hyg. Rundschau, No. 3, 1903.
*Baumgabtbn, Alfbbd, Dr. med. Neurasthenie, Wesen, Heilung, Vor-
beugung. Für Ärzte und Nichtärzte. Wörishofen, 1903. 8®. 347 S.
*Baub, A., Dr., Seminararzt. Die Ermüdung der Schüler in neuem
Lichte. Mit zahlr. Figuren. Berlin, Gerdes & Hödel, 1902. Gr. 8^.
M. 0,60.
* Lehrerkrankheiten. Sond.-Abdr. aus A. Baub, Das kranke
Schulkind. 2. Aufl. Stuttgart, F. Enke. 8<>. 47 S.
195
BODS, WiLH., Dr. SchiOe tmd AJkoholfirage. Weimar, Bode, 1902.
go IV— 183 S. Ä 2,40.
BüHBnre, Dr. med. Über die Verwendung des LusÜessöles m Sehulen.
Gesimdheit, No. 3, 1903.
BuBSASS, Dr., Oberlehrer. Über die Begkhungen nmcAe» Ktmst und
leibUeher Übung. Körper u. Geist, No. 25, 1908.
*CoHK, Hbbm., Prof. Blendung und Finstemis im Theater. Sep.-Abdr.
a. d. Wochenschr. f. Therapie n. Bjg, d. Auges. Jahrg. YI, No. 15.
*Dreiunddreif8ig8ier Jahresbericht des k. Landes-Medmnal'KoUegiums ^Über
das Medisfinahoesen im Königreiche Sassen auf das Jahr 1901, Leipzig,
Vogel, 1902. Gr. 8^. 402 8.
*Eingabe an den hohen Bundesrat der schweiserisehen Eidgenossenschaft^
sowie die heh. Begierungen sämtUcher Kantone der Schweig behufs An-
bahnung einer energischen Bekämp/Ung des ÄlkohoUsmus durdi die
siaatUchen Unterrichts^ und Ersriehungsanstalten. Vom Schweiz. Verein
abstinenter Lehrer und Lehrerinnen. Mit üntersttltzang Ton Professoren
nnd Ärzten der Schweiz. Jannar 1903. Herisau, Schl&pfer A Gie.
4». 11 8.
Ergebnisse der Sommerpflege in Deutschland (Ferienkolonien, Kinderbeil-
stfitten n. s. w.) im Jahre 1900. Bericht der Zentralstelle der Verehii-
gnngen ftr 8ommerpflege in Deutschland. Berlin, Pntticammer A Mflhl-
brecht, 1902. Gr. 8^ 53 8. Ji. 1,60.
^EsMABOH, E. y., Prof. Versu(he über FenstemischenheiMunff. Sond.-
Abdr. a. d. Ges. Jng., 1901, No. 18.
*Gesunde Jugend^ Zeitschrift f. (Gesundheitspflege in Schule und Haus,
n. Jahrg., H. 5/6. Mit 3 Abbildungen im Text. 1903. Leipzig u.
Berlin, B. G. Teubner.
Originalabhandlungen :
Brandbis. Über KOrperergiehung tmd Voiksgesundheit.
Am Enbb, Paul. Das SekuXbrausebad und seine Wirkungen.
8GHANZB, G., Lehrer. Ergebnisse und Wert sehuiOrßÜicher Unter-
suehungen.
Gebhabdi, K. A., Dr. Erwiderung auf den Artikel r^Die deutsche
Schnfl"" V. Herrn Adam Böder im „Bhein. Kurier*" (Wiesbaden)
vom 29. Aprü 1902.
GüTTMAKN, Max. Unterricht und ErmUdung. Körper u. Geist, No. 23,
1908.
Hbir, Mary. Der Handarbeitsunterricht in der Hamburger Volksschule.
Pftdag. Reform, No. 51 u. 52, 1902.
*HCBPPB, Fbbd., Prof. Bemerkungen Mur Tuberhulosefirage. 8ond.-Abdr.
a. d. Prag. Mediz. Wochenschr., XXVU, No. 52, 1902.
*HüL8, Dr., Schularzt. Die Schulbank mit fester NuU- oder Mmusdistane.
Padag. Ztg., No. 87, 1902.
^Jahrbuch der Schweigerischen OeseUsehaft für SdnUgesundheitspflege.
HI. Jahrg. 1902. Ztlrich, Druck u. Eomm.-Verlag von Zttrcher &
Furrer. Gr. 8^ 92 S. Mit Planen der Schulh&user Basels.
Wbttbbwald, X., Dr. Beruht Über die Jahresversammlung der
schweig. G^eseOschaft f. Schulgesundheitspflege in Basel.
196
BüBCEHARDT, Albrbcht, Prof. Die Bekämpfung der ansUekmden
Krankheiten in der SchtUe,
SIB6RI8T, A., Dr., und Stbigbr, Dr. Zweck tmd Methode der
AugenuntersiuJhungen in den YolksschtUen.
Rbbsb, H., Regierungsrat. Die neueren Schtdhäuser in Basel. Mit
21 Tafeln nnd 2 Tabellen.
*Jb8SBN, Ernst, Dr. med. Zahnhygiene in Schule und Haus. Eine Er-
gänzung und Erläuterung der Wandtafel „Die Zähne und ihre Pflege''
mit 10 Abbildgn. Straisburg 1. E., Heitz, 1903. Gr. 8^ 46 S.
*IaNATlBBF, W. J. Die hygienische Beurteilung der Beleuchtung van
Klassenzimmern mit elektrischem Licht (Photometrische Untersuchungen.)
Russ. Mit Zeichnungen. Moskau, 1903. Gr. 8®. 114 S.
KlNDLBB, M., Schuldirektor. Katechismus einer natürlichen Schülgesund-
heitspflege. Obercrinitz, S. Hilmar Kandier, 1902. 8^. 51 S.
KlBNSCHBRF. Über Schülerwanderungen. Neue Pädag. Ztg., No. 10,
1903.
Klbttb, W., Dr. Erziehung nervöser und nervös beanlagier Kinder.
Berlin, Deutscher Verlag, 1902. Gr. 8^ 32 S. M. 0,60.
^KöHLBR, 0., Zahnarzt. Eröffnungsfeier der zahnärztUchen Poliklinik fUr
Volksschulkinder des Vereins hessischer Zahnärzte zu Darmstadt. Sep.-
Abdr. a. Odontol. ßlätter, VII, No. 18. Berlin, Oranienburgerstr. 38.
8^ 16 S. u. AbbUdgn.
Kovlcs, Rdd. Die körperliehe Erziehung in Ungarn. Monatsscbr. f. d.
Turnwesen, No. 2, 1903.
KrIpblik, Emil, Prof. Alkohol und Jugend. Nach einem Vortrage.
Basel, Schriftstelle des Alkoholgegnerbundes, 1902. 8^. 16 S. Frs. 0,10.
*Kraus, Sibqmünd. Schulärzte. Neues Frauenleben, No. 2, 1903.
"^Krbbs, Jul., Dr. med. Wie sollen sich unsere jungen Mädchen kleiden?
Mit 12 AbbUdgn. Breslau, Heinr. Handel, 1903. 8^ 16 S. M. 0,25.
Laufbnbbrg, P., Lehrer. Die Beformhank. Centralbl. f. öff. Gesund-
heitspfl., 1903, 1. u. 2. Heft.
*LbubU8CHBR, Prof. Tuberkulose und Schule. Die Gesundheitswarte der
Schule, No. 1 u. 2, 1903.
Mikulicz, v., Prof., und Tomasczbwski, Valeska. Orthopädische Gym-
nastik gegen Bilckgratsverkrümmtmgen. Für Ärzte u. Erzieher. Mit
103 Figuren im Text. Jena, G. Fischer, 1902. 103 S. M. 3,—.
MiTTBNZWBY, L., Schuldircktor. Die schädlichen Folgen der Trunksucht
und ihre Abwehr auch durch die Schule. Beitrag zur Schul- und Volks-
gesundheitspflege. Leipzig, Siegismund & Volkening, 1903. Gr. 8^.
111-23 S. Ji. 0,60.
Nbubndorff, Dr., Rektor. Zur Tumlehrerbildungsfrage. Monatsscbr. f.
d. Tumwesen, H. 12, 1902.
* Offizieller Bericht über die XIX. Hauptversammlung des Preufsisdien
Medizinälbeamtenvereins zu Cassel am 12. Sept. 1902. Berlin, Fischer,
1902. 8«. 69 S.
*PteBZ, Abbl, J., Dr. Memoria correspondiente al afU> 1901 presentada
d la Direccidn general de inshuccidn publica. Montevideo, 1902.
Gr. 8^ 296 S.
197
*FlSiJfFWRj R., Prof., und Pboskaubr, B., Prof. EncyUopääie der Hy-
Stent. Lief. 1--7. Leipzig, F. C. W. Vogel. 4^ 320 S. Jede
Lief. JL 2,-.
Pfisteb, H., Prof. Dr. Die Erziehung und Behandlung seelisch Be-
lasieier in Haus und Schule, Münch. mediz. Wochenschr., No. 7 u. 8,
1903.
*P0HL, J., Dr. Das Haar, Die Haarkrankheiien, ihre Behandlung und
die Haarpflege, 5. Aufl. Stattgart a. Leipzig, Deatsche Yerlagsanstalt,
1902. Kl. 8^ 170 S. Geh. M. 2,50, geb. it. 3,50.
*QuiR8FELD, Eduard, Dr., Bezirksarzt. Ergebnisse einer Schulkinder^
Untersuchung. Prag, mediz. Wochenschr., No. 26, 29, 31, 34, 36,
39, 40, 41, 43, 46, 47, 48, 49, 52.
Salomon, Aligb. Der Schute der Kinder vor Mifshandking, Die Jagend-
ftrsorge, H. 3, 1903.
SCHBBBBL, S., Dr. med. Moderne Schulgesundheitspflege. Reclams Uni-
versum, 18. Jahrg., Heft 41. 5. Juni 1902.
*SCHBNCKBND0RPP, E. V. und SCHMIDT, F. A., Dr. Jahrbuch fä/r VoUcs-
und Jugendspiele, XI. Jahrg., 1902. Leipzig, R. Voigtl&nder. 8^.
364 S.
Originalabhandlungen :
Schmidt, F. A., Dr. Körperpflege und Tuberkulose,
Habnbl, Hans, Dr., Nervenarzt, über Ermüdung und Erholung.
MöLLBR, Karl, Tuminspektor. Die kunster/nehlichen Bestrebungen
und ihr Verhältnis eu den Leibesübungen.
BURGBRSTEIN, Lbo, Dr. Über einige Punkte der Schulgesundheiis-
pflege.
y. BiBBERSTBiK, M. Ein System der ästhetischen Gymnastik.
Schmidt, F. A., Dr. Die turnerische Behandlung des Schritts.
POBLCHAU, Dr. Das Badewesen der Vergangenheit.
Friebel, R. Mittel und Wege eu/r weiteren Verbreitung der
Volks- und Jugendspiele,
Matthbs, Dr. Die Bedeutung der Volks- und Jugendspiele für die
nationale Wehrkraft.
*SCHUYTBN, M. C, Prof. Stad Antwerpen, Fäedologisch Jaarboek. 3** en
4*« Jaargang, 1902 — 1903. De Nederlandsche Boekhandel Antwerpen-
Gent. Leipzig, F. Brandstetter. 8®. 482 S.
Originalahhandlungen :
Schütten, M. G. Sind die Kinder der gut situierten Antwerpener
Eltern muskelstärker als die Sjnder armer Eltern?
Schütten, M. C. Die Variationen der Muskelkraft und der geistigen
Entwicklung der SchtUkinder,
Schonte, G. J., Dr. Die Untersuchung der Beleuchtung der Schulen.
Schütten, M. C. Verhältnis zwischen Schulklasse und Altersstufe
der Schüler.
GuNZBURQ, J., Dr. IJber den Zander-Apparat und die Messung
der Skoliose.
Schütten, M. G. Versuch einer vollständigen Kindesanalyse.
Schütten, M. G. tber die Variationen des Gedächtnisses der Schüler.
198
^Sechszehnier Jahresbericht der Jugendhorte Zürich 1. 1901 — 1902.
Kl. 8^ 39 S.
*8iehenter Bericht Ober die Hüfssd^tUe fiir Schwachbeßhigte in Le^eig auf
die Zeit von Ostern 1901 bis Ostern 1902. Leipzig, Hesse & Becker,
1902. 8^ 27 S.
SlBFRiG, S. The normal School hygiene, London, Simpkin, 1902. Gr. 8^
*00 S. 3 sh. 6 d.
*Thomas, K. Alkohol md Volksschule. Padagog. Ztg., No. 38 a. 39, 19Ö2.
'*TOLLERT, J., Prof. Ein Wort über die Gesundheitslehre als Unterridtts-
gegenständ. KOrper and Geist, No. 20, 1902.
"^WiNDHBüSBR, E., Dr. Tüberkulosebekämpftmg u/nd Schule. Hambarg
und Leipzig, Voss. 8^ 24 S. iL. 0,50.
*Wlassae, R., Dr. Die Beeinflussung der HimfunkUonen durch den
Alkohol. Ergebnisse einer amtl. Umfrage über den Alkoholismus in
Österreich. Sond.-Abdr. a. d. Verh. d. YIII. intern. Kongr. gegen d.
Alkoholismus. Wien, 1901. 8^ 21 S.
§tt $<l^ttliirfi
I. Jahrgang. 1903. No. 3.
SM^^B
Ihre Mitarbeit am Schularzt haben femer zugesagt:
Bornmann, Max, Stadtsohulrat, Kassel
DSrr, Lehrer, Nümberg.
Ig], Dr., Stadtphysikus, Brunn.
Meyer, Emy, stadt. Lehrerin, Stockholm — Müran, Dr., Augenarzt,
Stettin.
Both, Dr., Professor, Zfirich.
Sem 1er, Dr., Sohnlarzt, Berlin.
Wehrhahn, Dr., Stadtachnlrat, Hannoyer.
(ArtgitiiiUb^tiMititseti.
Schvlarst nnd Armenarst.
Von
Dr. med. Fbakkenbubgbb- Nürnberg.
Mit dieser Frage beschäftigt sich der erste Teil einer ^Denk-
schrift des Vereins der Berliner Armenärzte, betreffend die Anstellung
Ton Schulärzten, die Neuregelung der armenärztliohen Verhältnisse
und die Besoldung der Armenärzte^, welche im Auftrage des Vereins
von dessen Vorstand verfafst ist und den städtischen Behörden über-
reicht wurde. Wir erfahren daraus zunächst, dals ein geringer Teil
schulärztlicher Pflichten bisher von den Berliner Armenärzten ausgeübt
werden mulste, indem sie nach ihrer Dienstanweisung gehalten
waren „auf Verlangen der Sohuldeputation und der Sohulkom-
mifisionen Gesundheits- und Krankheitsbescheinignngen unentgeltlich
auszustellen", und zwar nicht nur für die armenärztlich behandelten
Personen, sondern in allen Fällen, „in denen namentlich die Schul-
deputation bezw. Schulkommission die ärztliche Untersuchung wünschen
sollte".
Der Schalarst I. 5
42 20O
Entgegen dem hier betätigten Prinzip soll nun geplant sein,
bei der Verleihung der neuen (18) Sohularztstellen Armenärzte
grundsätzlich auszuschliefsen. (Bisher waren v^on den zehn
Schulärzten vier Armenärzte.) Dagegen wendet sich dieser Teil der
Denkschrift in kurzen Ausführungen, gipfelnd in dem Satze, dafs
für die Beurteilung der Befähigung zum Schularzt lediglich ärztliche
und verwaltungsteohnische Eigenschaften maisgebend sein dürfen.
Die Qualifikation zum Schularzte besitze jeder gebildete Arzt ohne
weiteres, warum also nicht der Armenarzt? Die Anstellung von
Armenärzten, welche zu den Wohnungen der Armen Zutritt und
die Macht haben, dem aus der Armut entspringenden Schaden für
das körperliche Befinden der Schulkinder nach Möglichkeit zu
steuern, biete für ein erfolgreiches Wirken Vorteile, gegen welche
die angeführten Einwände zurücktreten mü&ten. Wenn der erste
dieser angeführten Einwände, „dafs die Anstellung eines Armen-
arztes als Schularzt bei einem Teil der Mitbürger die Besorgnis er-
wecken könnte, als wolle man sie in ihren Gemeinderechten be-
schränken", wirklich ernstlich erhoben sein sollte, so ist er jedenfalls,
wie so viele gegen die Schularzteinrichtung überhaupt gemachte
Einwürfe, ganz theoretisch und gewaltsam konstruiert. In der Schule
ist der Schularzt eben Schularzt; ob er dabei zufällig Armenarzt
sein sollte oder nicht, danach braucht gar nicht gefragt zu werden,
und es wird nicht danach gefragt werden, ebensowenig wie in dem
Falle, wenn ein Lehrer zufällig Armenrat ist, wie dies in der
Vaterstadt des Beferenten zutrifft. Zu fragen brauchen nur die-
jenigen, welche einen Armenarzt nötig haben, und denen kann das
Zusammentreffen nur von Vorteil sein.
Etwas anders steht es ja mit dem weiteren Einwände, dafs man
an Armenärzte, welche schon eine städtische Anstellung besitzen,
nicht eine weitere verleihen wolle, um die städtischen Stellen mög-
lichst vielen Ärzten zugänglich zu machen. Dieser Grundsatz, welcher
z. B. auch in Nürnberg bei städtischen Anstellungen beobachtet
werden soll und auch bisher bei Schularztanstellungen teilweise
befolgt wurde, hat manches für sich und würde noch mehr für sich
haben, wenn er wirklich strikte durchgeführt und nicht doch durch
nicht zu seltene Ausnahmen durchbrochen würde. Wenn er aber
doch durchbrochen wird, ist nicht abzusehen, warum dies nicht dann
der Fall sein sollte, wenn der Durchbruch des Prinzips gerade be-
sonders im Interesse der Sache gelegen ist. Dafs das aber bei der
Verschmelzung der Tätigkeit des Armenarztes und Schularztes der
201 43
Fall wftre, darin kann Referent der Denkschrift nur beipflichten —
er glaubt dabei, obwohl selbst Armenarst, ebensowenig als die
Berliner Kollegen pro domo, sondern nur für die Sache zn sprechen
— nnd nnr den Wnnsch äoisem, die Motiviernng der Denkschrift
wäre in diesem Punkte eine noch ausführlichere.
Hat man doch an manchen anderen Orten in richtiger Würdigung
der Sachlage die schulärztlichen Funktionen direkt den Armenärzten
bereits zugewiesen. Es wird kaum ein Zweifel darüber bestehen, daüs
die Mehrzahl der Kinder, welche der Schularzt bei den ersten unter-
snchxmgen als gebrechlich und kränklich auszumustern hat, nicht
minder wie derjenigen, welche späterer ständiger schulärztlicher
Überwachung bedürfen, gerade den ärmsten Bevölkerungsklassen
entstammen. Der Armenarzt kennt sie schon vorher, er kennt die
Familie und die häuslichen Verhältnisse, er weils, wo und wie an-
gepackt werden mufs. Er ist im stände, die Maljsregeln, welche der
nicht armenärztliche Schularzt eben nur empfehlen kann, gerade da,
wo Indolenz der Eltern, Nachlässigkeit, Torheit oder böser Wille nichts
tun will, auch einigermalsen durchführen zu lassen. Er besitzt die
Möglichkeit, bessere Emährungsverhältnisse, bessere Wohnverhältnisse
zu schaffen und eine ständige Kontrolle zu üben. Er kann bei
Infektionen für Isolierung sorgen u. s. w. Natürlich wird er nur
da eingreifen, wo es notwendig und erwünscht ist, und für diejenigen,
welche seiner nicht bedürfen, wird er eben nicht in dieser Richtung
in Tätigkeit treten. Miüsverhältnisse, Kompetenzkonflikte zwischen
Hansarzt und armenärztlichem Schularzt würden sich sicher ebenso-
wenig ergeben, als sie sich, wie bereits jetzt ah erwiesen gelten kann,
entgegen den vielen bei Einführung der Schulärzte geäufserten Be-
denken, zwischen Schulärzten und Hausärzten bisher ergeben haben.
Wir möchten wünschen, dais die Denkschrift in Berlin und
anderwärts Berücksichtigung finden und dals es ihr gelingen möge,
die mabgebenden Stellen von den sicherlich unrichtigen Bedenken
abzubringen.
44 202
ftleinere MiiUiiun$tn,
m
Sehnlant und Amenarst* Die anf Seite 41 dieser Nammer von
Dr. FBANKBNBUBaEB Yertretene Anschaaung über die Yereinigang der
Pflichten des Schalarztes und Armenarztes in einer Person scheint nicht
iJlgemein geteilt zu werden. So schreibt z. B. die „Äügemeine medünn,
Geniral-!Zeitung^ in dieser Frage folgendes: Ein starkes Stück hat sich der
Verein der Berliner Armenärzte geleistet, indem er an den Magistrat eine
Denkschrift richtete, die anf das Gesuch hinauslftnft, seinen Mitgliedern
gleichzeitig die neu zu schaffenden städtischen Schnlarztstellen gegen eine ent-
sprechende Erhöhung ihres Gehalts zu übertragen. Früher hieCs es, die
Armenärzte sollten prinzipiell von den Schularztstellen ausgeschlossen
werden ; nichtsdestoweniger aber befand sich bereits unter den vor einigen
Jahren zunächst probeweise angestellten zehn Schulärzten ein erheblicher
Prozentsatz solcher Herren, die Yorher schon Armenärzte waren. Dies
Verhältnis, das Yon den übrigen Ärzten als Unbilligkeit empfunden wurde,
wollen die Armenärzte jetzt zur Regel erheben. Die Herren, die ihre im
Hinblick auf die an ihr Amt gestellten Anforderungen jedenfalls besser als
Eassenarztstellen dotierten Posten keineswegs besonderer beruflicher oder
sonstiger Tüchtigkeit verdanken, führen zur Begründung ihres Gesuchs
ihre besondere wissenschaftliche Erprobung und ihre «tech-
nische^ (gemeint ist bureaukratische) Schulung an, ferner den Umstand,
dafs ihre armenärztliche Tätigkeit ihnen einen besonderen Einblick in die
privaten Verhältnisse der in Betracht kommenden Bevölkerungsschichten
gewähre. Die Fadenscheinigkeit dieser Begründung, die selbst für den
Nichtarzt — wie aus Äufsernngen der Tagesblätter hervorgeht — nicht
den wahren Beweggrund der Herren zu verhüllen vermochte, liegt anf der
Hand; denn die bureaukratischen Formalien lassen sich in wenigen Stunden
erlernen und drei Viertel der Berliner Ärzte, nicht blofs die ca. 85 Armen-
ärzte, sind tagtäglich nicht nur als Kassenärzte, sondern auch privat-
ärztlich in deigenigen Kreisen beschäftigt, deren Kinder die Berliner Ge-
meindeschulen besuchen. Die Armenärzte haben also nicht den mindesten
Anspruch auf die von ihnen erstrebte Monopolisierung städtischer Arzt-
stellen. Dem Ansehen des ärztlichen Standes aber kann diese auch in
den öffentlichen Zeitungen breit erörterte Stelleigagd durchaus nicht
förderlich sein.
Von Seiten der Berliner Armenärzte wird zur gleichen
Frage der „Voss. Zig." geschrieben: „Gegen die Kritik der Denkschrift
der Berliner Armenärzte, wie sie im Abendblatt der „Voss, Ztg,*^ vom
31. Januar sich kundgibt, und die falsche Auffassung, die in einem
Bericht vom 28. Januar enthalten ist, bitte ich, folgendes erwidern zu
dürfen: Die Denkschrift ist entstanden als ein Protest gegen die den
Armenärzten bekannt gewordene Anschauung der Behörde, Armenärzte
bei der Verleihung von Schularztstellen grundsätzlich aus-
203 45
zaschliefsen. Gegen diese Anschaanng, welche sie fttr „ungerecht-
fertigt*^ erldärt, wendet sich die Denkschrift, aber sie sagt in keinem
Satze, daSs nur die Armenärzte für die zn yergebenden Schalarztstellen ge<
eignet seien, oder gar, dals sie besser sich eignen als ihre Kollegen. Sagt
sie doch wörtlich: „Die von den Schulärzten zn befolgende Dienstonweisnng
enthält nichts, was nicht jeder gebildete Arzt ohne weiteres gleich erfolgreich
ausfahren könnte**. Ist das nicht eine deutliche Anerkennung der Be-
rechtigung eines jeden Kollegen? Den Armenärzten war, wie sie in der
Denkschrift ausfähren, bisher schon ein Teil der schulärztlichen Funktionen
durch § 18 ihrer Dienstanweisung zugeteilt. Wenn sie nun darauf hin-
deuten und wenn sie das hervorheben, was durch ihr Amt und ihre bis-
herige Amtsfährung nach ihrer Meinung für sie spricht, so ist doch das
ihr gutes Recht, das durchaus nicht kollidiert mit der Erfüllung kollegialer
Pflichten, deren sie sich vollauf bewulst sind. Wie sie das begrflnden, das
kann nur im Zusammenhang gewürdigt werden, und man sollte sich hüten,
durch Sätze, die aus dem Zusammenhang genommen sind, auch nur den
Schein eines unkoUegialen Verfahrens zu erwecken/
Dazu bemerkt der Einsender der Zuschrift in No, 40 der „Voss,
Ztg.^i Mein Antikritiker führt aus, die Denkschrift sage in keinem Worte,
»dals nur die Armenärzte für die zu yergebenden Sehularztsteüen geeignet
seien, oder gar, dalis sie besser sich eignen, als ihre Kollegen^. Man
vergleiche damit die folgenden beiden Stellen in der Denkschrift: 1. „Man
wünschst mit Recht eine möglichst grofse Zahl von Schuläizten; die Ver-
waltung würde durch die Übertragung dieses Amtes auf die städtischen
Armenärzte ohne weiteres zusammen mit den bisherigen zwölf Schulärzten
eine Anzahl von 100 verwaltungstechnisch erprobten . . . wissenschaftlich
and praktisch erfahrenen Ärzten zur Verfügung haben. ^ 2. „Es dürfte auch
der fiskalische Standpunkt bei einer tnnlichsten Verwendung der Armenärzte
als Schulärzte seine volle Rechnung finden . . . wenn hier und da oder
allgemein die Armenärzte ... die Schularzttätigkeit ausübten, so würde
eine Erhöhung ihres Gehaltes um 1000 Mk. gegen Übernahme der Schul-
arzttätigkeit an zwei oder drei Gemeindeschulen der Verwaltung erhebliche
Ersparnisse ermöglichen.** Ist das etwa keine Anpreisung der Armenärzte
vor allen anderen Ärzten für die Schularztstellen? und klingt nicht aus
jeder Zeile der Denkschrift heraus: die Armenärzte sind die geborenen
Schulärzte, und alle anderen Ärzte kommen höchstens in zweiter Reihe in
Betracht?
Selmlärste in Forst. In der Stadtverordnetensitzung vom 29. Januar
wurde in Forst die Anstellung von zwei Schulärzten ab 1. April d. J.
genehmigt. Ein zweiter Antrag, der die Errichtung einer Hilfsschule für
Schwachbegabte Ejnder verlangte, dürfte am 1. April d. J. zur Ausführung
kommen.
SchnUrste in Brannsehweii;. Nach Berichten der Tagesblätter hat
der Magistrat von Braunschweig den Stadtverordneten eine Vorlage ge-
macht, in der es u. a. heilst : Die von ärztlicher Seite früherhin im über-
triebenen und der Sache keineswegs förderlich gewesenen Eifer hier und da
gestellte Forderung einer ärztlichen Mitwirkung bei der Hygiene des
Unterrichts (bei FeststeUung des Lehrplans behufs richtiger Abwechslung
D«r Sehularxt. L Q
46 204
der Unterrichtsstanden, bei Bestimmung des ohne Überbürdung der Schal-
kinder zulässigen Maises der häuslichen Arbeiten n. s. w.) wird jetzt wohl
allgemein als fehlerhaft und mit der inneren Organisation der Schale nicht
Terträglich anerkannt: Der allgemeine deutsche Verein fllr Schulgesund-
heitspflege begrenzt die der schulärztlichen Tätigkeit zu überweisenden
Aufgaben auf Begutachtung der Schulgebäude und ihrer Einrichtungen, auf
Beobachtung des Gesundheitszustandes der Schulkinder und auf Förderung
aller mit der Schule auch im weiteren Sinne zusammenhängenden hygienischen
Bestrebungen, wie z. B. der Schulbäder u. s. w.
Insoweit die Forderungen, die die Oesundheitspflege hiemach an die
Schule stellt, sich auf die Beschaffenheit der Schulgebäude und ihrer Ein-
richtungen beziehen, dflrfte denselben hier eine gentigende Beachtung bereits
geschenkt werden, indem der Inhaber der hier vor mehreren Jahren ge-
schaffenen Stelle eines Stadtarztes die Aufgabe hat, auf Erfordern dies-
bezflglich sich gutachtlich zu äu&em und die Schuleinrichtnngen zu kon-
trollieren; ttberdies handelt es sich hierbei um nachgerade allgemein be-
kannte und angewandte Regeln, ttber deren Befolgung die hiesigen
städtischen Behörden und Organe nicht mehr im unklaren sich befinden.
In dieser Beziehung halten wir dafllr,. dab das öffentliche Interesse eine
behördliche Feststdlung und Überwachung des Gesundheitszustandes der die
gehobenen Schulen und mittleren Bflrgerschulen besuchenden Kinder in-
sofern nicht erfordere, als die Eltern dieser Kinder sich vermöge ihrer
äuberen Stellung gemeiniglich in der Lage befinden, ihrerseits die gesund-
heitliche Überwachung der Kinder durch einen Arzt, wie solches im
groisen und ganzen wohl auch geschieht, ohne Mitwirkung der Stadt ein-
treten zu lassen, und dals zwar eine ärztliche Überwachung auch dieser
Schulen zu dem Zwecke, um die darin untergebrachten Kinder vor der
Gefahr der Ansteckung in der Schule zu bewahren, wünschenswert, dals
jedoch eine hierauf gerichtete Anordnung — zumal neben den städtischen
Schulen staatliche und private Anstalten in Frage kommen — der oben
erwähnten denmächstigen „Gesundheitskommission ' zu ttberlassen sei. Da-
gegen liegt unseres Erachtens Veranlassung vor, in der zuerst beregten
Beziehung eine öffentliche Fürsorge für die der ärmeren Bevölkerungs-
klasse angehörenden Kinder der unteren Bürgerschulen ins Leben zu rufen,
da es den Eltern dieser Kinder wohl durchgehends an Mitteln gebricht,
um ihrerseits eine fortgesetzte Überwachung der Kinder nach deren körper-
licher Entwicklung hin eintreten lassen und dadurch verhindern zu können,
da£s ihre etwa mit gesundheitlichen Fehlern behafteten Kinder einem
Siechtum verfallen. Für jede untere Bürgerschule wird ein Schularzt be-
stellt. Derselbe hat die neu eintretenden Schulkinder 1. in den ersten
Tagen des Schaltjahres einer äuOseren Besichtigung behufs der Ermittlung
von übertragbaren Krankheiten und Ungeziefer zu unterziehen; 2. in den
ersten Wochen des Schu^ahres auf ihren Gesundheitszustand genau zu unter-
suchen, um festzustellen (und in dem das Kind während seiner ganzen
Schulzeit begleitenden „Gesundheitsscheine^ zu vermerken), ob ein Kind
einer dauernden ärztlichen Überwachung oder besonderen Berücksichtigung
beim Schulunterrichte (z. B. Anweisung eines besonderen Sitzplatzes wegen
Gesichts- oder Gehöriehler u. s. w.) bedürfe; 3. in derselben Weise, wie
205 47
vorstehend unter 2. angedeutet, die sämtlichen Schulkinder des dritten und
fllnften Jahrganges zn nntersnchen; 4. alle 14 Tage — bei Epidemien
hftofiger — in der Schale eine Sprechstunde abzuhalten, deren erste H&lfte
zn einer ftoiseren Besichtigung der sämtlichen Kinder dient, während in
ihrer zweiten Hälfte die einer genaueren Untersuchung bedürftig befundenen
Kinder in einem besonderen Zimmer einer eingehenden Untersuchung unter-
zogen werden. Die Behandlung erkrankter Kinder soll nicht zu den Ob-
liegenheiten des Schularztes gehören; erscheint eine solche notwendig,
sollen die Eltern hiervon benachrichtigt werden. — Wir sind der Meinung,
dab es sich empfehle, das Amt der Schulärzte, deren zurzeit 9 anzu-
stellen sein wttrden, an Armenärzte zu übertragen, indem hierdurch erreicht
werden würde, dafe der Schularzt die ihm als Armenarzt überwiesenen
Kinder genau kennen lernt und hiervon in seiner armenärztlichen Praxis
wertvollen Gebrauch machen kann. Die zur Besoldung der Schulärzte er-
forderlichen Kosten sind auf etwa 3600 bis 4000 Mark jährlich ver-
anschlagt.
Za]uiintli«lie ÜBtonieliiiiif der Sehnlkinder in StotüB. Die
Stadtverordnetenversammlung hatte beschlossen, den Magistrat um eine Vor-
lage betrefis der zahnärztlichen Untersuchung der Schulkinder zu ersuchen.
Nach Prüfung dieser Frage teilte der Magistrat der Stadtverordneten-
versammlung mit, dafis nach seiner Ansicht von der Anstellung von Zahn-
ärzten als Schulärzte abzusehen sei. Die bei anderen Städten angestellten
Erhebungen haben ergeben, dafs Zahnärzte für die Schulen nirgends an-
gestellt sind, und dals auch aulserordentliche Untersuchungen der Zähne
nur ansnahmsweiBe in den Universitätsstädten Halle und Leipzig vor-
genommen worden sind. Besonders anerkannt werden vom Magistrat die
von Breslau gemachten Gregengründe, dafe einmal der Zeitaufwand, den die
Untersuchung erfordern würde, mit vier Minuten für jedes Kind, zu grob
sein würde, sodann eine Ansteckungsgefahr bei diesen Massenuntersuchungen
des Mundes, bei welchen ein besonderer Apparat, der Mundspiegel, zur
Anwendung kommt, zu befürchten ist. Die königliche Regierung in Breslau
hat sich dieser Ansicht angeschlossen, auch der Herr Unterrichtsminister
hat sich einer Yorstellung der zahnärztlichen Untersuchungs-Kommission für
das Königreich Preufsen gegenüber im allgemeinen ablehnend verhalten.
Der Referent, Herr Dr. Ifland, beantragt, es bei dem Beschlüsse
des Magistrats bewenden zu lassen, während von anderer Seite der
Wunsch ausgesprochen wurde, dafis im Interesse def außerordentlich
wichtigen Mundpflege spätere Beratungen ein positives Resultat ergeben
möchten.
Die Frage der Schnlärzte in Elmshorn ist in Wiederberatung
gezogen worden. Die j^ Kieler Neueste NackricMen^ melden hierüber fol-
gendes: Nachdem die städtischen Kollegien s. Zt. die Weiterbeschäftigung
der Schiärzte abgelehnt hatten, beschäftigten sie sich gestern infolge eines
Antrages des Schulkollegiums von neuem mit der Frage. Eine Rundfrage
bei den Rektoren hat ergeben, dafe die Lehrer gröfstenteils für die Bei-
behaltung sind. Die Rektoren sind gegen die Einrichtung in ihrem bis-
herigen Umfang. Beschlossen wurde, den bisherigen Etatsposten von
1200 Mk. stehen und bei der Aufiiahme der Schüler eine Untersuchung
6*
48 206
Tomehmen zu lassen, Aber welche die Kektoren eine Befhndliste erhalten
müssen. Rektoren und Lehrer haben anfserdem das Recht, erkrankte
Kinder zum Arzt zn schicken. Der von den 1200 Mk. verbleibende Rest
soll in besonderen F&llen zn Euren für arme Kinder verwandt werden.
SclmlSrzte in OSrlitz» Die Schnldeputation hat einstimmig dem
Magistrat die Einführung von Schulärzten empfohlen, und es besteht Aus-
sieht, dafs diese Anregung für das Jahr 1904 durchgeführt wird.
fxittatif^t ßtfptt^nnitn.
Jaliresberielit Aber die Venvaltnnii: des MedizinalweMis, die
Ennkenansialten und die SfeBtlichen OesmidlieitsYerliUtnisse der
Stadt Frankflirt a. M. XLV. Jahrg. 1901.
Über die Tätigkeit der im Berichtsjahr 1901/1902 von 11 auf 14
vermehrten Schulärzte entnehmen wir dem Jahresbericht folgendes: Die
Organisation, angegliedert an den Stadtarzt, hat sich auch im dritten Jahre
ihres Bestehens durchaus bewährt. Mifshelligkeiten sind nicht vor-
gekommen, Lehrer, Eltern und Hausärzte erkennen willig den Nutzen der
Schulärzte an. Prinzipiell haben sich diese für Beibehaltung des Siebenuhr-
anfangs der Schulen beider Geschlechter während der Sommermonate aus-
Anstellung eigener Schul-Zahnärzte widerraten. Die Haupttätigkeit erstreckt
gesprochen (nur die drei Yorschulklassen sollen um 8 Uhr beginnen) und die
sich auf Untersuchung und Beaufsichtigung der Schulkinder, wobei sich
regelmäfsige Sprechstunden als zweckmäfsig erwiesen. Die Zahl der Erst-
untersuchungen betrug 1723 Knaben und 1883 Mädchen in 34 Bürger-
schulen. Hinsichtlich der Konstitution ergab sich das Zeugnis:
bei Knaben: 40,7 7o gut, 53% mittel, 6,3% schlecht,
bei Mädchen: 36,1% gut, 66,2% mittel, 8,7 Vo schlecht.
Am ungünstigsten waren diese Verhältnisse in den beiden Hauptschulen der
Altstadt. Zu den Erstnntersuchungen werden mehr und mehr die Mütter
eingeladen. Mündlich dabei erteilter Rat wirkt besser als spätere schrift-
liche Meldung. Die üngezieferplage spielte, besonders in den Mädchen-
schulen, eine nicht unbedeutende Rolle, auch gab es hier mit den Schul-
bädem oft Schwierigkeiten. Dr. SiEVEKiNa- Hamburg,
G. Schanze, Lehrer. Ergebnisse und Wert sehnlirztlielier Unter-
snehiuigen. Gesunde Jugend, II. Jahrgang, Heft 6/6. 1903.
In Dresden wurden innerhiJb drei aufeinander folgender Schuljahre
sämtliche neu eingetretene Elementarschüler eines Schularztbezirkes
ärztlich untersucht, jedesmal etwa 600. Die Ergebnisse dieser Unter-
suchungen blieben sich im grofsen und ganzen ziemlich gleich: stets fanden
sich 40 — 60 % der Kinder mit gesundheitlichen Anomalien behaftet, Yon
welchen ein grofser Teil auf Blutarmut, schwächliche Körperkonstitution
207 49
u. dgl. sich bezog, wfthrend Erkranknngen der einzelnen Organe jeweils
nur yerhältnisrnftlsig geringe Zahlen aufwiesen. Weitere üntersochnngen
an allen neueintretenden Kindern der Dresdener Schulen sollen vom
laufenden Scho^'ahre an stattfinden. Aus den vergleichenden Tabellen über
die Ergebnisse, welche bei den Untersuchungen von Neuaufgenommenen
in neun Stftdten des In- und Auslandes gefunden wurden, ergaben sich
interessante Resultate, die, obwohl die Ungldchmäfsigkeit der einzelnen
Berichte manche Frage offen lälkt, doch in anderen wesentlichen Punkten
ttbereinstinmien. So wurden im allgemeinen überall gegen ÖO Vo der
Untersuchten nicht ganz gesund befunden: Schöneberg, der Yorort der
deutschen Millionenstadt, bildet mit 62 % die Grenze nach der ungün-
stigen, die schulhygienische Musterstadt Zürich mit 33% nach der gün-
stigen Seite hin; dazwischen liegen Dresden und Leipzig mit 44 bezw. 41,
Wiesbaden 50 bezw. 65 %, u. s. w. Ähnliche Übereinstimmung besteht
bezüglich der Körperkonstitution, bezüglich Skrophulose und Rhachitis.
Dub die beiden letztgenannten in den höheren Klassen seltener geworden
oder sogar ganz geschwunden sind, wie eine weitere Yergleichstabelle
zwischen den Ergebnissen der ersten (oder Aufiiahme-) Untersuchung und
denmi an den filteren Schülern zeigt, ist wohl keinem Ärztlichen Leser auf-
ftllig. Über diese körperlichen Mftngel wachsen die Kinder wfihrend der
Schulzeit eben hinaus ; dagegen erfahren andere Leiden, wie Blutarmut und
Augenkrankheiten, eine Steigerung; in Darmstadt von 6 auf 13 bezw.
2:6%, in Schöneberg 14:17 bezw. 10:14%, in Weimar 2:5 bezw.
3:10%.
Die bei diesen Untersuchungen gemachten Entdeckungen sind nun Tor
allem für die befallenen Kinder von hohem Wert. In den meisten Städten
erhalten die Eltern eine schriftliche Mitteilung über den ärztlichen Befund,
und wie häufig den damit gegebenen Anregungen Folge geleistet wird, be-
weisen z. B. die Zahlen Yon Weimar, woselbst bei 100 Benachrichtigungen
65-, in einem anderen Jahre bei 185 75 mal Erfolg konstatiert werden
konnte. Aber auch für Lehrer und Schule sind die Untersuchungen be-
deutungsvoll: Kücksicht auf die mit chronischen Katarrhen, mit Mandel-
und Drüsenschwellung behafteten Kinder, Anweisung besonderer Sitzplätze
bei Sehstörungen und Schwerhörigkeit, Dispens vom Handarbeits- oder
Turnunterricht u. s. w. ergeben sich von selbst als Forderung aus den ge-
fundenen Resultaten. Dafs auch die Gesellschaft (Staat und Gemeinde)
aus solchen schulhygienischen Maßnahmen Nutzen zieht, leuchtet wohl
ohne weiteres ein.
Verfasser schliefet seinen mit groCser Sachkenntnis geschriebenen Auf-
satz mit einem Appell an Städte und Staaten, schulärztliche Untersuchungen
einzuführen. Dr. Steinhabdt- Nürnberg.
50 208
Dte»|lor)ttttit«|ex fir S^ifuUt^it.
DienstaBweisniig fBr die SehvUrst« der Stadt BoBn.*
§ 1-
Die Schulärzte haben in den ihnen anvertrauten Schulen den Gesund-
heitszustand der Schfller, sowie die gesundheitlichen Verhältnisse der zur
Schule gehörenden Räumlichkeiten und Einrichtungen zu überwachen; sie
sollen femer den Leitern und Lehrern der Schulen in Fragen der Schul-
gesundheitspflege die nötige Auskunft erteilen. Sie sind daher verpflichtet,
alle in diese Aufgaben fallenden Aufträge der Stadt gewissenhaft ans-
zuftlhren. Insbesondere wird den Schulärzten folgendes obliegen.
§ 2.
Neueintretende Schfller sind von dem Schalarzte möglichst bald nach
ihrem Eintritt auf ihren Gesundheitszustand zu untersuchen, wobei fest-
zustellen ist, ob das Kind einer besonderen Berücksichtigung beim Unter-
richt bedarf (z. B. AusschlieCsnng oder Beschränkung in einzelnen Fächern,
Turnen, Singen, oder Anweisung besonderer Sitzplätze bei Eurzsichtigkeit,
Schwerhörigkeit).
Den Eltern ist nach Eintritt ihrer Kinder in die Schale die bevor-
stehende Untersuchung alsbald mit der Aufforderang bekannt zu machen,
dalis sie, wenn sie die Untersuchung durch d^ Schularzt nicht wünschen,
den erforderlichen ärztlichen Nachweis durch einen anderen approbierten
Arzt nach dem vorgeschriebenen Formular zu erbringen haben.
Über jedes Kind wird ein Gesundheitsbogen ausgefallt, welcher das
Kind von Klasse zu Klasse bis zur vollendeten Schulzeit begleitet und bei
etwaigem Schulwechsel ebenfalls mitgegeben wird. Kinder, welche einer
besonderen ärztlichen Beobachtung bedürfen, erhalten einen diesbezüglichen
Yermerk auf den Gesundheitsbogen.
Die halbjährigen Körperwägungen, -Messungen sind vom Schaldiener
unter Aufsicht der Klassenlehrer und nicht vom Schalarzt auszuführen. Der
Brustumfang wird dagegen vom Arzte gemessen und soll gemessen werden,
wenn Verdacht auf chronische Lungenerkrankung vorliegt.
§3.
In jeder Schule wird von dem Schularzte jeden Monat während der
Schulstunden zwischen 10 und 12 Uhr vormittags oder zwischen 2 und
4 Uhr nachmittags an einem vorher festgesetzten Tage eine Sprechstunde
in Gegenwart des Leiters bezw. der Leiterin der Schule abgehalten. Letz-
tere haben den Schularzt bei seinen Klassenbesuchen zu begleiten und die
erforderliche Schreibhilfe zu leisten. In der Regel soll die Sprechstunde
nicht über zwei Stunden ausgedehnt werden. Ist der Schularzt aosnahms-
' Vom Magistrat gütigst znr Verfogang gestellt.
209 51
weise verhindert, die Sprechstunde abzuhalten, so hat er dem Leiter der
Schale davon möglichst frühzeitig Kenntnis zu geben and zugleich einen
anderen Tag, etwa acht Tage sp&ter^ für die Sprechstande vorzuschlagen.
Im ersten Teile der Sprechstunde werden stets zwei bis vier Klassen
einem etwa 10 bis 16 Minuten dauernden Besuche des Schularztes unter-
zogen, wobei dieser die sämtlichen Kinder der Klasse äufserlich untersucht
und die etwa einer genaueren Untersuchung bedürftigen Kinder zurückstellt.
Die Gesundheitsbogen mit dem Yermerk „Ärztliche Beobachtung** sind dem
Arzte hierbei jedesmal besonders vorzulegen.
AuÜBerdem wird der Schularzt selbstverständlich bei diesen Besuchen
auch sein Augenmerk auf die Heizung, Lüftung, Beleuchtung und sonstigen
hygienischen Einrichtungen der Klasse zu richten haben. Etwa entdeckte
Mängel sind, soweit sie von der Schule selbst beseitigt werden können,
sofort zur Sprache zu bringen, jedoch nicht in Gegenwart der Schulkinder.
Soweit sie nicht von der Schale selbst beseitigt werden können, ist dem
Oberbflrgermeisteramt Anzeige zu machen.
Jede Klasse soll möglichst zweimal im Schulhalbjahr in dieser Weise
vom Schularzt besichtigt werden.
Den zweiten Teil der Sprechstunde bildet die genauere Untersuchung
der zurückgestellten, sowie der dem Schularzt von den Lehrern aus be-
sonderer Veranlassung (Krankheitsverdacht) zugeftthrten Kinder anderer
Klassen. Zu diesem Zweck wird dem Schularzt ein geeigneter leerstehender
Raum (Klasse, Konferenzzimmer) zur Verfügung zu stellen sein.
Der Gesundheitsbogen ist von dem Klassenlehrer, der, wenn möglich,
bei der Untersuchung zugegen sein mufis, zur Stelle zu bringen.
Kinder, welche sich als krank oder behandlungsbedürftig erweisen,
werden, mit einer diesbezüglichen schriftlichen, verschlossenen Meldung
versehen, den Eltern nach Hause geschickt. Eine Behandlung der Kinder
findet durch den Schularzt nicht statt.
§4.
Erscheinen dem Schulleiter Kinder seiner Schule einer ansteckenden
Krankheit verdächtig, so kann dieser, insofern nicht umgehend ein Attest
von einem anderen praktischen Arzte beigebracht wird, die Kinder dem
Schularzte jederzeit in seine Sprechstunde senden oder in dringlichen Fällen
denselben ersuchen, auch außerhalb der im § 3 festgesetzten Zeit eine
Sprechstunde in der Schule abzuhalten.
Femer sind von dem Schularzte diejenigen Kinder zu untersuchen,
bezüglich deren der Antrag auf Zurückstellung vom Schulbesuch gestellt
ist, ohne dafs ein ärztliches Attest beigebracht wurde. Endlich sind auf
Ersuchen des Stadtschulinspektors einzelne Kinder vom Schularzt zu unter-
suchen, wenn Zweifbi darüber bestehen, ob Schalversäumnisse wegen Krank-
heit gerechtfertigt sind.
§5.
Die Schulärzte haben strengste Rücksicht auf die behandelnden Ärzte
zu nehmen. Sie haben es sich zum Grundsatze zu machen, in allen Fällen,
wo behandelnde Ärzte zugezogen wurden, nur nach Einvernehmen mit
diesen eine Untersuchung vorzunehmen bezw. ein Zeugnis auszustellen.
52 210
§6.
Einmal im Jahre sind von dem Schulärzte die gesamten Bäume der
Schulen anf ihre gesundheitliche Beschaffenheit in Gegenwart des Schul-
leiters, des Stadtschulinspektors, des städtischen Baubeamten und des Yor-
sitzenden der Schulkommission genauer zu untersuchen.
§7-
um ein möglichst einheitliches Vorgehen der Schulärzte herbeizuführen,
haben sich diese halbjährlich mindestens einmal zu einer gemeinsamen Be-
sprechung zusammenzufinden. Mindestens einmal im Jahre haben die
Schulärzte in einer Sitzung der Schulkommission ftber ihre Tätigkeit und
ihre Beobachtungen mttndlich Berieht zu erstatten. Auüserdem ist Yon den
einzelnen Schulärzten am Ende des Etatsjahres dem Oberbflrgermeisteramt
ein schriftlicher Bericht über ihre Tätigkeit als Schularzt einzureichen.
§ 8.
Jeder Schularzt ist verpflichtet, einmal im Jahre auf einer von dem
£rei88c|iulinspektor angesetzten Konferenz den Lehrern einen Vortrag über
die wichtigsten Fragen der Schulgesundheitspflege zu halten.
§ 9.
In den Privatschulen und Einderbewahranstalten beschränkt sich die
Tätigkeit des Schularztes auf die Untersuchung der gesundheitlichen Ver-
hältnisse der zur Anstalt gehörenden Bäumlichkdten und Einrichtungen.
Zu diesen Untersuchungen, welche jährlich zweimal stattfinden, sind der
Kreisschulinspektor und der städtische Baubeamte zuzuziehen.
§ 10.
Muüs ein Schularzt aufserhalb der Schulferienzeit die Stadt anf länger
als acht Tage verlassen, oder ist er über diese Zeit hinaus durch Krank-
heit verhindert, so hat er auf seine Kosten für seine Vertretung, und zwar,
wenn angängig, durch einen anderen Schularzt, zu sorgen, und liat das
Oberbürgermeisteramt hiervon in Kenntnis zu setzen.
§ 11.
Für ihre Mühewaltung erhalten die Schulärzte eine Vergütung, welche
vierte^fthrUch nachträglich denselben ausgezahlt wird.
§ 12.
Die Annahme der Schulärzte erfolgt auf unbestimmte Zeit mit dem
jedem Teile jederzeit zustehenden Recht einer vierteljährlichen Kündigung.
§ 13.
Die Schulkommission behält sich vor, diese Dienstordnung abzuändern
oder zu erweitem.
Festgestellt in der Sitzung der Stadtverordnetenversammlung vom
30. Dezember 1898.
Bonn, den 6. Februar 1899.
Der Oberbürgermeister.
I. V.:
Heuser.
Jrttfdnfl fk Bijntlirfmlliritiitiflrgr.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 4.
<l^rt$titaUbl)anblittt$eit«
Der Ha&darbeitsiintMrricht vom angeoftritUehen Standpunkt.
Von
Dr. E. H. Oppbnhbimbr,
Augenant in Berlin.
Anlft&lioh einer Eingabe an die SohnlbehOrde der Stadt Berlin,
in der ioh aof gewisse soliadliehe Einflüsse der in den hiesigen (260)
GemeindesohTilen betriebenen Handarbeiten die Aufmerksamkeit zu
lenken mir erlaubte, wurde mir die Aufforderung von der Behörde
zn teil, einen Vortrag Aber diesen Gegenstand im Verein der Ber-
liner Schulärzte zu halten. Die folgenden Betrachtungen faüsen
daher im wesentlichen auf dem damaligen Bericht ; einige seitens der
Vertreter der Schulbehörde in der Diskussion hervorgebrachten Ein-
wände habe ich bei G-elegenheit eingeflochten.
Seit Aber SO Jahren ist der Handarbeitsunterricht obligatorisch
in Preuisen. Es mnüs daher Wunder nehmen, dals bei dessen Be-
deutung in augenhygienischer Beziehung o£Eenbar so viel weniger auf
diesem Gebiet gearbeitet worden ist als in der Hygiene des Leeens
and Schreibens. Liegt das daran, dab es sich nur um Mädchen-
schulen oder nur um einen Nebenunterricht handelt, oder daran, dab
den Ärzten das Nähen etc. aus eigener Anschauung selten bekannt
ist? Wie dem auch sei, in der Literatur konnte ich nur wenig über
Handarbeiten ausfindig machen.
Als wichtigstes ist das im Jahre 1884 über die Volksschulen
filsafe- Lothringens erstattete Strabburger Gutachten zu erwähnen,
in dem mehrere Hauptleitsätze für den Betrieb des Handarbeits-
unterrichts aui^estellt sind. Die Lehr- und Handbücher der Hygiene
SebulgesimdheitBpflege. XVL 12
212
fassen sich auffallend knrz. In dem neu erschienenen (1899) Hand-
buch der gesamten Augenheilkunde von G-basfe-Saemisgh (Bd. X,
Gesundheitspflege des Auges von Fiok) wird dieses Thema gar nicht
berührt, trotzdem die Praktiker von alters her in bestimmten Fällen
ihren Patienten jegliche Handarbeit zu verbieten pflegen. In dem
ausgezeichneten Lehrbuch der Hygiene des Auges von Cohn (1892)
findet sich eine Seite (üblichen Drucks) über diesen Gegenstand, im
Handbuch von B/lginsky-Janke etwas mehr (iVt Seiten); im grofsen
Handbuch der Hygiene Von Weyl sind einige weitere Bemerkungen
yerzeichnet.
So wünschenswert und verlockend dankbar demnach eine gründ-
liche Durcharbeitung dieses Gegenstandes wäre, so fehlte mir jedoch
die Gelegenheit und das Material, um dem Ziele gerecht zu werden.
Denn abgesehen von Beobachtungen aus der Praxis, besonders aus
meiner von Kindern relativ viel aufgesuchten Poliklinik, und vielen
mündlichen Erkundigungen bei Frauen aus den verschiedensten Ge-
sellschaftskreisen konnte ich meine diesbezüglichen Erfahrungen nur
aus dem ca. 1^/t stündigen Besuch mehrerer Erlassen (mit zusammen
über 100 Schülerinnen) einer recht alten Berliner Gemeindeschule
schöpfen.
Jede Handarbeit vereinigt in sich die nachteiligen Einflüsse der
Nahearbeit und der sitzenden Stellung. Über die Nachteile
der sitzenden Stellung kann ich mich, da sie das Auge weniger be-
trefifen, kurz fassen; sie treten überdies bei der Handarbeit weniger
oft in die Erscheinung als beim Schreiben, z. B. die Skoliosen u. a.
Dadurch schon, dafe bei den Handarbeiten die Arme nicht angelegt
werden dürfen — eine Forderung, auf die übrigens nicht immer
geachtet ?mrd — , ist an sich eine wesentlich freiere Beweglichkeit
möglich. Dagegen macht sich eine verschieden starke, für die Be-
günstigung der Kurzsichtigkeit gewüjs nicht belanglose Kopfneigung
bemerkbar; nach dem Stralsburger Gutachten sollten die Arbeiten
aus freier Hand (Stricken, Stopfen, Nähen) eine noch stärkere Kopf-
neigung herbeiführen als selbst das Schreiben. Im groüsen ganzen
konnte ich diese Tatsache nicht bestätigen. Beim Stricken tri£% sie
sicherlich kaum zu; bei den anderen Arbeiten ist es allerdings be-
quemer fOr die Kinder, die Arbeit dicht an sich zu halten, woraus
leicht eine gröisere Kop&eigung resultieren könnte als beim Schreiben.
Als das kleinere und nicht zu vermeidende Übel hat jedoch die
möglicherweise etwas vermehrte Kopfheigung weniger Bedeutung.
213
Waa nnn die Schttdliohkeiten der Nahearbeit anbelangt, ao
möohte ich diese nnter folgenden G^iohtspnnkten erörtern:
1. Beleaehtangsfrage.
2. Farbe nnd Feinheit des Arbeitsmaterials.
3. GröÜBenverhältnisse der Arbeiten.
4. Stundenplan.
Ad 1 : Handarbeiten sollen nach Cohn bei Tag nnd genügendem
Oberlieht aui^eführt werden, bei künstlicher Beleuchtung nur, wenn
elektrisohes Licht zur Verfügung steht. Letztere Forderung hat heut-
zutage jedoch weder fdr Schulen, noch sonst Geltung ; denn selbst wenn
eine indirekte Beleuchtung, wie in den meisten Fällen, ein frommer
Wunsch bleibt, so genügt in augenhygienischer Hinsicht reichliche
Gkisglühliohtbeleuohtung allen Anforderungen. Nur mufs diese auch
in der Tat eine ausreichende sein und nicht, wie dies in den erwähnten
Sehulzimmern der Fall ist, aus nur vier feststehenden, über 1^/t m
Ton den Subsellien entfernten Auerlichtbrennem bestehen, die so
wenig Licht abgeben, dais selbst an günstigen Plftteen ein Lesen
kleiner Druckschrift auf 30 cm mir unmöglich wurde.
umgehen l&bt sieh bei der Kürze der nordischen Wintertage
die künstliche Beleuchtung gar nicht oder schwerlich. Der Vorschlag
andererseits, den Unterricht in den schlimmsten Monaten gänzlich
einzustellen (Niggs), hatte wenig Gegenliebe gefunden; trotzdem
möchte i<di ihn für Schulen älteren Schlages als sehr richtig empfehlen.
Auch meine Forderung, die Handarbeitsstunden in die Zeit zwisehen
9 bis 2 zu verlegen, wurde als unausführbar yerworfen. Im übrigen
möchte ich selbst nicht zu viel Wert auf das Tageslicht legen ; denn
meines Erachtens ist eine gute künstliche Beleuchtung dem zumeist
doch ungleichmäliBig verteilten Tageslicht vorzuziehen.
In der besichtigten Schule wäre auch die Tages be leuchtung
durch einige von mir vorgeschlagene Änderungen zu verbessern ge-
wesen: 1. Durch einen neuen Anstrich der altersgrauen Wände etc.;
2. durch öfteres Fensterputzen — alle drei Monate wurden die Scheiben
gereinigt, was für Berliner Staubverhältnisse einer jährlichen
Beinigung in der Provinz vielleicht gleich käme ; 3. durch Beseitigung
einiger Bäume im Hof, die kaum 1 — 2 m entfernt von den Schul-
zimmem standen. Es waren wohl Akazien, die zum Glück so rück-
sichtsvoll sind, ihr Laub im Herbst zu verlieren. Aber trotzdem
glaube ich, dais das Oberlicht, das sie verschlucken, hygienisch mehr
wert ist als das bilschen Ozon und der Schatten, die sie den Kindern,
und der ästhetische Genufis, den sie den Lehrerinnen spenden. Die
12*
214
Bäume sollen jedoch bleiben, zumal ihrer Gröfse wegen eine Ver-
pflanzung nicht möglich ist und eine zweckmftüsigere Zucht nach
einer anderen Richtung hin wohl nicht anginge.
Ad 2: Dunkle Stoffe sind zu yermeiden ; eine B.egel, die so gut
wie keine Berücksichtigung gefunden hatte. Schwarze Strümpfe sind
modemer als helle, und so wird den Eltern nachgegeben und dunkel
gestrickt, was übrigens weniger zu bedeuten hat als der umstand,
dals auf allerlei dunklen Stoffen geflickt und gestopft wird; letzteres
wäre sicherlich einzuschränken gewesen. Bei dieser Grelegenheit
empfahl ich, in ausgedehnterer Weise Kontrastfarben in Anwendung
zu ziehen, ein Vorschlag, der künftig hier mehr Beachtung
finden soll.
Da den Eltern die Wahl des Stoffes in den meisten Fällen
obliegt, so haben selten hygienische Überlegungen irgend welchen Ein*
fLxkSB bei der Wahl. So konnte ich wiederholt konstatieren, dais
gerade solche Kinder, bei welchen dies am wenigsten angebracht war,
das feinste Material zur Bearbeitung hatten. Es Ueise sich hier-
gegen ohne viel Mühe ein Mindestmals fär die Feinheit der Stoffe
von der Lehrerin aufstellen und ein Verteilungsmodus finden, der
diesem Übelstand abhelfen würde.
Ad 3: Es ist klar, dals ceteris paribus je kleiner der Gegen-
stand, desto gröiser die Annäherung sein muls, um ein genügend
greises Bild zu erhalten; um so gröÜBer demnach auch die hygieni-
schen Nachteile für das Auge. Cohn teilt in seinem Lehrbuch die
weiblichen Handarbeiten nach dem G^chtspunkt ihrer Schädlichkeit
in yier Elategorien ein. Nach ihm führen feines Weiisnähen, eng-
lisches imd firanzösisches Sticken, Knopf loohnähen, Plattstich, Namen-
sticken (dritte Gfruppe) zur Kurzsichtigkeit und Asthenopie tmd sind
daher mit Vorsicht zu betreiben; absolut schädlich sei Spitzen- und
Perlensticken etc. Diese Gruppierung, so wertvoll sie ftür weibliche
Handarbeiten im allgemeinen sein mag, ist für die Beurteilung des
Handarbeitsunterrichts wenig zweckdienlich, da die Schularbeiten
andere sind.
Von diesen verlangen das Stricken und das Zuschneiden die
geringste Annäherung der Augen. Beim Stricken wurde fiast immer
die Distanz von 25 cm eingehalten — ab und zu nahm ein Kind
die Arbeit einen Augenblick näher heran, um eine besondere Masche
genauer zu studieren. Bald sinkt jedoch das Stricken zu einer fast
automatischen Fingerbewegung herab, die der Hilfe der Augen
höchstens zeitweise als Kontrolle bedarf. G^gen das Stopfen, das
215
Plioken und das gröbere Nähen ist in dieser Hinsicht desgleichen
^wenig einzuwenden; trotadem ist zu bemerken, dals die Kopfiieigong
liierbei gröÜBer ist, und dafs bei sehr vielen Kindern eine Distanz
▼on 26 cm keineswegs eingehalten zu werden pflegt.
Dagegen wird in allen Schulen eine besondere Naht eingeübt,
g«gen die ich energisch ins Feld rücken zu mttssen für meine Pflicht
erachtete. Es handelt sich um die sog. Steppnaht. Diese wird
so ausgef&hrty dafs in einer durch Herausziehen eines Längsfadens
entstandenen Leitfnrche immer zwei Fäden zusammengezogen werden.
Sedenkt man, dafs die einzelnen Fäden einen Abstand von kaum
Vt mm haben — bei feinerem Material noch weniger — und dals
weife auf weüs genäht wird, so kann man sich auch ohne praktischen
Versuch am eigenen Leibe eine Vorstellung davon machen, wie an-
strengend diese „Uhrmacher ^-Tätigkeit für die Augen sein mnüs, selbst
wenn sie auch nur einige Minuten dauern würde. Bereits vom zehnten
Jahre quälen sich die Mädchen mit der Steppnaht ab. Unter anderem
wird sie z. B. bei der Anfertigung eines Mustertaghemdes verwendet,
dessen Front allein von sieben langen Reihen dieser Naht geziert
wird. Ich konnte konstatieren, dals der Augenabstand beim Steppen
ÜEist allgemein nur 15 cm betrug, oft weniger; ein Vergleich det
Nahtverhältnisse mit denen der Lesesohrift, bei der 1^/t — 2 mm
Buchstabenhöhe als Norm verlangt werden und bei der die Unter-
brechung in Worte und Sätze, die Kontrastschwärze der Buchstaben etc.
die Arbeit erleichtem, erklärt die erstatmliohe und unvermeidliche
Annäherung der Augen beim Steppen zur Q^nflge.
Was nun den Zweck des Steppens betrifiPt, so ist mir aus den
verschiedensten Kreisen versichert worden, darunter von erfahrenen
Lehrerinnen, dals man die Steppnaht im späteren Leben nie an-
wende; denn die Naht ist überhaupt keine Menschenarbeit, sondern
Maschinenarbeit. Wer später keine Maschine besitzt, der wird sich
hüten, eine so mühselige Naht, wie die Steppnaht, zu machen, selbst
wenn die Augen dessen fähig sind, sondern man wird sich mit einer
anderen behelfen oder besser und ebenso billig Fertiges einkaufen.
Ich gebe ja nun zu, dals die Schule nicht immer das „vitae discimus^
zur Richtschnur zu nehmen hat, sofern erziehliche Momente zuweilen
wichtiger sind. Aber selbst wenn durch die Einübung des Steppens
das Eand zur Sorgfalt etc. erzogen werden soll, so ist in jedem Fall
die Hygiene in erster Linie zu berücksichtigen. — Lnmerhin hatte
ich die Freude, wenigstens das durchzusetzen, dalis künftighin
weniger Gewicht auf das peinlich genaue Abzählen der Fäden
216
gelegt wird; auch das Herausziehen des Leitfadens soll weg&llen,
was ich selbst übrigens als problematischen Vorteil beia^ushte.
Ad 4 : In den Wintermonaten sollen Handarbeiten nnr zwischen
9 und 3 vorgenommen werden, und zwar sind zwei Arbeitsstunden
nie hintereinander abzuhalten. Die letztere Forderung wird deswegen
aufser acht gelassen, weil durch das Auspacken der Sachen zu viel
Zeit verloren ginge, als dab sich eine einzige Stunde lohne. Diese
Logik könnte jedoch auch fttr manchen anderen ünterrichtsgegenstand
geltend gemacht werden. Andererseits macht die Unterbringung der
Hauptfächer in den Stundenplan es meist unmöglich, die Tages-
stunden für Handarbeiten zu reservieren. Meines Eradhtens ist die
erste Forderung übrigens bei der heutzutage möglichen, guten künst-
lichen Beleuchtung zu vernachlässigen.
Berücksichtigt man, dais wohl der fünfte Teil aller Schulkinder
eine anormale Refraktion aufweist, so läist sich denken, wie schwer-
wiegend die schädlichen Folgen eines unhygienisch eingerichteten
Handarbeitsunterrichts sein müssen. Abgesehen davon, dafs die Kurz-
sichtigkeit, vor allem bei dazu disponierten Kindern, begünstigt
werden kann, steigert sich die Kurzsichtigkeit bereits kurzsichtiger
Kinder; Übersichtige klagen über Augen- und Kopfschmerzen, ün-
fthigkeit mitzumachen etc. ; astigmatische Kinder, von denen in jeder
Ellasse meist einige sitzen, können beide Wege einschlagen. Li
vielen Fällen genügt nicht eine G-läserkorrektion, um den Augen die
nötige Ausdauer zu verschaffen.
Der Handarbeitsunterricht erfreut sich bei den Kindern wie bei
deren Eltern einer solchen Beliebtheit (schon als praktisches Fach),
dafe sich selten ein Kind spontan meldet, damit es davon befreit
werde. Andererseits geschieht dankenswerterweise seitens der Lehre-
rinnen viel darin, bei verdächtigen Kindern die Augen untersuchen
zu lassen: ja, erst das Handarbeiten bringt manche Lehrerin auf
den Gredanken, dafs das oder jenes Kind anormale Augen hat, ein
weiterer Beweis dafür, dais dieser Unterricht die gröfsten Anforde-
forderungen an das Auge stellt.
Wir Ärzte haben daher oft die Pflicht, Atteste für solche Elinder
auszustellen, sie vom Unterricht auszuschlieisen oder, je nachdem,
sie bedingt zuzulassen. Um bestimmte, freilich nicht absolut fest-
stehende Normen für die Dispensationen an der Hand zu haben,
fertigte ich seinerzeit folgende Zusammenstellung an:
Auszuschliefsen sind: Kurzsichtige von 5^ an, Astigmatische von
3^ an, Kinder, die aus irgend einem Ghrunde weniger als ^/s Seh-
217
sohftrfe auf beiden Augen haben, oder solche, die gewisse Augen-
leiden, wie Nystagmus etc., aufweisen.
Bedingt, d. h. nur zu den gröberen Arbeiten zuzulassen sind :
Kurzsichtige von 3®— 5^ Astigmatische |[Yon V/t^ — 3*, schielende
Kinder oder auch solche, die auf dem einen Auge weniger als
Va Sehschärfe haben, während das andere nur Vs zeigt.
Zum Schluls spreche ich meine Überzeugung aus, dalis der
Elampf um die Interessen der Augenhygiene Aussicht auf die
schönsten Erfolge yerspricht, wenn Vorschläge zur Beseitigung yon
Schäden überall solch bereitwilliges Entgegenkommen und weit*
gehende Berücksichtigung finden, wie die hier dargelegten bei der
hiesigen Behörde.
Das Schulffebftude und seine Einrichtung in Frankreich
und in Elsalk-Lothringen.
Von
Dr. med. Alp&ed Kühn,
prakt. Ant za StraÜBburg-Neudorf.
In Frankreich wurde die Schulpflicht bekanntlich durch das
Gesetz vom 28. März 1882 eingeftihrt,^ während dies in Elsals-
Lothringen bereits am 18. April 1871 geschehen war.' Solange der
Schulbesuch &kultatiy war, ist in beiden Ländern fär die Schul-
gesundheitspflege nur verschwindend wenig getan worden. Erst
durch die Einftlhrung des obligatorischen Unterrichtes haben sich
die beteiligten Begierungen die yerantwortliche Pflicht auferlegt, den
zahlreichen Gefahren, welche sowohl Schüler als auch Lehrer in
der Schule bedrohen, nach Kräften entgegenzutreten, um nicht nur
geistig gebildete, sondern auch körperlich gesunde junge Leute zu
erziehen. Ohne die körperliche Gesundheit hat nämlich die Er-
ziehung ihren Zweck verfehlt und wird die geistige Ausbildung zum
grofsen Teil, ohne Früchte getragen zu haben, verloren gehen.
Wenn nun auch nicht alle Nachteile, welche mit dem Schulbesuch
' Becueil des travaux du comiti amaultaüf d*hygihie publique de France.
Bd. 28, S. 71.
* Sammkmg der in Eleaß-Loikrmgen geUmidm GeeeUe, Bd. lU, S. 16.
218
yerbimdeu sindi yermieden werden können, so mofs doch wenigstens
danach getrachtet werden, die in Betracht kommenden G^efediren anf
einen möglichst geringen Ghrad zu beschränken. Dieses Ziel kann
natürlich nnr mit Überwindung zahlreicher Schwierigkeiten eneioht
werden, nnd es sind zu diesem Zwecke genaue Vorschriften erforder-
lich, die aber auch mit der nötigen Strenge darchgefährt werden
müssen.
Meine Aufgabe soll es sein, etwas näher zu prüfen, welche Vor-
schriften betrefis der Erbauung von Schulhäusem in beiden Ländern
zur Geltung kommen. Ich werde die diesbezüglichen Verfügungen
zum Vergleich heranziehen, um dieselben zu gleicher Zeit einer
Kritik zu unterwerfen. Hierbei werden sich manche Mängel der in
Betracht kommenden Bestimmungen entdecken lassen, und es möge
mir dann gestattet sein, Vorschläge zu eventuell nötig scheinenden
Abänderungen zu machen.
Dals bei der Konstruktion der Schulhäuser der Architekt seinem
Kunstgeschmack nicht allzu freien Baum lassen darf, braucht wohl
kaum erwähnt zu werden. Das Schulhaus ist kein Luzusgebftnde,
sondern die fiinfiEU)hheit und praktische Ausführung sind hier mala-
gebend, und es muls die Schule hauptsächlich in hygienischer Hin-
sicht mustergültig sein.
Die wichtigsten Mabregeln, welche „für die Anlage, Einrich-
tung und Ausstattung von Schulen^ in Elsals-Lothringen getrofien
worden sind, finden sich vereinigt in den „Bestimmungen des
Oberpräsidenten vom 3. Juli ISTG'',^ während in Frankreich
die betreffenden Verordnungen im |, Reglement pour la oon-
struction et l'ameublement des maisons d'öcoles*'* enthalten
sind, welches am 17. Juni 1880 vom Ministerium verfügt wurde.
Es muls vorausgeschickt werden, dalis diese Bestimmungen nur für
die Elementarschulen, dagegen nicht für die höheren Lehranstalten
Geltung haben. Für letztere bestehen bis jetzt weder in Frank*
reich noch bei uns bindende Vorschriften.
In Frankreich war allerdings schon am 15. Juni 1876 ein
^circulaire du ministäre de l'instruction publique relative k la pro-
pagation et ä l'amölioration des maisons d'^oles^ erschienen, welches
^ Sammkmg der in EUafa-Lothringen geUenden ChuUe. Bd. III, S. 791
* DuBBiBAT et IvoH, MomnUl d^hygihie icokdre. S. 112 a. ff.
219
gewisse hygienisohe Forderungen an die Sohnlhänser stellte nnd den
Eltern die Glarantie geben sollte, dals die G-esondheit ihrer Kinder
doroh den obligatorisohen Scholbesuch nicht geschädigt mrd.^
Diese Zirknlarverfügung enthält jedoch keinerlei Angaben über
die Art und Weise, wie die jin derselben genannten Forderongen
erfUlt werden sollen. Erst im ^B^glement" von 1880 wird eine
genaue Anleitung zu all den wichtigen Fragen, die bei Erbauung
eines Schulhaases in Betracht kommen, gegeben und sugleich vor-
geschrieben, dais die Behörden sich streng an dieses „Böglement" zu
halten haben.
A. Bauplatz.
Einer der wichtigsten Punkte, die bei der Gründung eiuer
Schule in Betracht kommen, ist die Wahl des Ortes, auf dem sich
das zukünftige Ghbäude erheben soll. Hierbei hat man es oft mit
ganz verschiedenartigen Verhältnissen zu tun, je nachdem es sich
um eine Schule in der Stadt oder auf dem Lande handelt Durch
die häufig sehr beschränkten und engen Ortsverhältnisse in den
Städten kann nämlich die Handhabung einer idealen Verordnung
beträchtlich erschwert werden.
Die französischen Bestimmungen des M-E^l^ment*' lauten
betreffs der Wahl des Bauplatzes f olgendermafsen : „1. Le terrain
destinö ä recevoir une ^cole doit dtre central, bien airö, d'un acc^
facil et 8Ür, öloign^ de tout Etablissement bruyant, malsain ou dan-
gereux, ä 100 m^tres au moins des cimeti^ree actuels. Le sol, s'il
n'est exempt d'humiditä, sera assaini par le drainage.'' 2. „L'ötendue
superficielle du terrain sera Evalu^ ä raison de dix m^tres au moins
par el5ve, eile ne pourra en aucun cas dtre införieure k 500 m*.*"
Die Verfügung des Oberpräsidenten in Elsafs-Loth-
ringen bestimmt, wie folgt: „1. Der Bauplatz muTs frei, trocken
und sonnig sein, fem von allem, was übelriechende oder schädliche
Ausdünstungen verbreiten oder durch Lärm und G-eräusch den Unter-
richt stören kann. Eben deshalb ist auch die Lage an firequenten
Stralsen und Plätzen möglichst zu vermeiden. Bei ausgedehnten
Schulbezirken ist darauf zu achten, dals der Bauplatz möglichst in
der Mitte des Bezirks liegt oder doch für alle Kinder gut erreichbar
ist. Auf dem Schulplatz muls gutes Trinkwasser zu gewinnen sein
(§ 16). Über die Wahl des Bauplatzes in gesundheitlicher Be-
^ Nabjoux, Jßeolea primairea et saßes d'aaik. S. 296.
220
Ziehung ist das Gataohten des Kreisantes einzuholen. Der Ban-
platz mnfs eine solche GröJse haben, dafs das Schnlgebände wo-
möglieh frei zu liegen kommt, und dafs für den erforderlichen Spiel-
und Turnplatz, sowie für die Anlage von Abtritten hinreichend
Baum vorhanden ist. Mufs das Schulhaus in der Nähe einer Straüae
errichtet werden, f [so ist wünschenswert, dals zwischen dieser und
dem Schulhause ein Vorplatz belassen wird, damit die Kinder beim
Austritt aus dem Gebäude [nicht direkt auf die Straiise gelangen.
Der Sohulplatz ist gegen die Straüse hin mit einem Abschluis zu
versehen.''
a) Der Baugrund. Vor allem mufs der Boden trocken sein.
Die Vorschriften beider Länder stellen, wie wir soeben gesehen
haben, diese Bedingung an einen guten Bauplatz. Jedoch macht
das „Reglement'' hierbei noch ein wichtiges Zugeständnis, indem es
bestimmt, dafs, wenn dies nicht der Fall ist, dem betrefiPenden Übel-
stande durch Drainage abgeholfen werden soll. Dafs eine solche
Bestimmung durchaus nicht überflüssig ist, ergibt sich daraus, dals
zur Lage eines Schulhauses, je nach den lokalen Verhältnissen, nicht
immer ohne weiteres ein seiner Natur nach trockener Platz, z. B.
Fels-, Geröll-, Kies- oder Sandboden, zu finden ist. Diese Be-
stimmung hat demnach für einzelne Fälle volle Berechtigung. Li
Verbindung mit noch später zu erwähnenden Malsregeln, die bei
der Konstruktion von Schulen zu befolgen sind (Unterkellern des
Hauses, Isolierschichten), würde dieselbe wesentlich dazu beitragen,
selbst in ungünstigen Fällen die nötige Garantie für die Trocken-
erhaltung des Schulgebäudes zu bieten.
b) Lage des Bauplatzes. Daus femer der Bauplatz frei,
also der Luft gut ausgesetzt (bien aärö) bezw« sonnig sein soll, darin
stimmen die Verordnungen beider Länder überein. Alsdann muüs
die Schule ^möglichst in die Mitte des Schulbezirks zu liegen
kommen^, um von allen Kindern gleichmä&ig erreichbar zu sein.
Dies ist hauptsächlich auf dem Lande von Wichtigkeit, wo die
Kinder oft sehr weit von der Schule entfernt wohnen und demnach
auf dem Wege nach derselben allen Wittemngseinflüssen ausgesetzt
sind, wodurch besonders im Winter ihre Gesundheit Schaden er-
leiden kann.
Eine weitere Vorschrift sagt, dafs „die Schule von schädlicher
oder Lärm verursachender Umgebung frei sein muis^ (äoign^ de
tont Etablissement bruyant, malsain ou daugereux). Diese Forderung
ist zwar äufserst berechtigt, bleibt jedoch häufig, besonders in Städten,
221
nur ein frommer Wtmsoh, da deren Befolgung manohmal mit nn-
überwindliohen Sohwierigkeiten yerbnnden ist. Unter sohftdlioher
Umgebung sind wohl hanptsftchlicli Spitäler, Kasernen nnd vor
allem Fabriken zn verstehen, überhaupt alles, was übelrieohende
oder sohftdliche Ausdünstungen verbreitet, wie dies in der „Verfügung
des Oberprfisidenten" noch wörtlich ausgedrückt ist.
Zu der Lftrm verursachenden Umgebung gehören vor allem fre-
quente Strafsen und Plätze, die demnach möglichst zu vermeiden
sind. Auf dem Lande und in kleineren Städten, wo gewöhnlich
kein Platzmangel besteht, kann dieser Wunsch meist mit Leichtig-
keit erfüllt werden. In gröfseren Städten jedoch, besonders in deren
älteren Teilen, treten häufig in dieser Hinsicht grolse Schwierigkeiten
auf, da oft mit dem besten Willen kein geeigneter Platz gefunden
werden kann, der dieser Forderung entspricht. In derartigen Fällen
muls daher durch andere Mittel Abhilfe gesucht werden, denn bei
starkem Stralsenlärm ist ein Unterricht in der Schule nicht gut
möglich. Die Schüler werden durch denselben leicht zerstreut, und
der Lehrer ist, wenn er nicht seine Zeit zum Unterricht verlieren
will, gezwxmgen, zu laut zu sprechen, ermüdet zu schnell und
schadet dadurch seiner Gesundheit. Für solche Verhältnisse, welche
die Wahl eines freien Ortes fem vom Stralsenlärm unmöglich er-
scheben lassen, wäre es demnach notwendig, vorzuschreiben, dalis in
der nächsten Umgebung der Schule lärmdämpfende Pflaster her-
gestellt würden. Dieser berechtigte Wunsch wäre durch Verwendung
eines entsprechenden Holzpflasters oder eines Asphaltbodens ohne
allzu groJsen Geldaufwand leicht zu erfüllen. Für manche Schulen
bat dieser Modus ai^oh ohne entsprechende behördliche Bestimmung
bereits Eingang gefunden.
Nicht ohne triftige Gründe ist der elsafs-lothringischen Ver-
fügung noch beigefügt, „dab, wenn das Schulhaus in der Nähe der
Stralse errichtet werden mufs, zwischen dieser und dem Schulhause
ein Vorplatz belassen werden soll, damit die Kinder beim Austritt
ans dem Gebäude nicht direkt auf die StraTse gelangen. Der Schul-
plata ist gegen die Strailse hin mit einem Absohlufs zu versehen*'.
Letzteres wird übrigens auch im ^Räglement" gefordert. Durch
diese Vorkehrung wird ofiFenbar mannigfaltigen Unglücksftlllen vor-
gebeugt, welche im entgegengesetzten Falle leicht entstehen würden,
wenn die Kinder in ihrem jugendlichen Leichtsinn und mit der
ibnen angeborenen Unaufmerksamkeit in gröüserer Zahl direkt aus
der Schule auf die Straise springen und sich so z. B. leicht der
222
Qefahr auBsetzen würden, von vorbeikommenden Fnlirwerken über-
fahren zu werden.
c) Grösse des Bauplatzes. Hierin ist das „Reglement** viel
bestimmter als die entsprechende Verordnung für Elsals-Lothringen.
Dasselbe setzt nämlioh genan die Anzahl Quadratmeter fest, welche pro
Schüler in Berechnung zu kommen hat, und zwar 10 qm pro Schüler
und in jedem Fall nicht unter 500 qm für eine Schule. Die „ Verf&gung
des Oberprasidenten'^ hingegen bestimmt folgendes: y^Der Bauplatz
mufs eine solche Grösse haben, dafs das Schulgebäude möglichst frei zu
liegen kommt, und daCs für den erforderlichen Spiel- und Turnplatz,
sowie für die Anlage von Abtritten hinreichender Baum vorhanden iat^.
Eis werden zwar in einem anderen Paragraphen die Anzahl Quadrat-
meter erwähnt, die bei Berechnung der Gröise des Klassenzimmers
und des Spielplatzes in Betracht kommen. Es ist jedoch der
Baum, der nach diesen später noch zu besprechenden Bestinunungen
jedem einzelnen Schüler zukommt, etwas knapp bemessen. Es scheint
mir daher, als ob eine genaue Angabe der für eine bestimmte Schüler-
zahl notwendigen Quadratmeter sehr praktisch wäre, um bei Ankauf
eines Bauplatzes einen unzweideutigen Anhaltspunkt zu haben, da er-
fahrungsgemälis die Schulplätze selten zu grofs, sehr oft jedooh,
besonders in den Städten, wo das Terrain teuer ist, zu klein berechnet
werden. Dabei wären 10 qm pro Schüler nicht zu viel.
Der Bestimmung der Gröüse des ganzen Schulplatzes mulis natür-
licherweise die Festsetzung der Schülerzahl vorangehen, welche in
der Schule untergebracht werden soll. In Frankreich wird zu diesem
Zweck nach einem Ministerial-Bunderlafs vom 30. Juli 1866 so ver-
fahren, dais man die Anzahl Kinder bestimmt, die sich in einer
Gemeinde vorfinden, und zwar zählt man die Kinder vom 7. bis 13.
Lebensjahr, wenn bereits eine Kleinkinderschule vorhanden ist, und
vom 5. bis 13. Jahre, wenn eine solche noch nicht besteht.^ Im
ganzen darf jedoch nach dem „B^lement" von 1880 (No. 11) die
sogenannte „groupe scolaire'', d. h. Knaben-, Mädchen- und Klein-
kinderschule zusammen, nicht mehr als 750 Kinder beherbergen,
nämlich 300 Knaben, 300 Mädchen und 160 Kleinkinder. Diese
MaTsregel scheint nicht recht erklärlich, da es doch vom hygienischen
Standpunkte aus nicht viel schaden kann, wenn in einer Schule
mehr als 760 Schüler untergebracht werden, vorausgesetzt, daCs die
Gröfse der in Betracht kommenden Räumlichkeiten der Zahl der
> DuBBUAT et Iton: Manud dhygüne scolaire, S. 67.
223
Sohüler entspricht. Dals es natürlich zweckentsprechender ist, bei
zn grolser Sohülerzahl eine weitere Schnle zn errichten, kann in
pftdagogischer Hinsicht nicht bestritten werden.
In der «YerfÜgnng des Oberpräsidenten" yom 3. Juli 1876 wird
(unter 2) darauf aufmerksam gemacht, „dab auf die Möglichkeit einer
späteren Vergrölsemng bei Errichtung eines Schulgebäudes tunlichst
Bedacht zu nehmen ist**. Dieser Bestimmung muis man voll und
ganz beipflichten, und ist dieselbe besonders für Städte von grofser
Bedeutung. Eine später eyentuell notwendig werdende YergröUserung
des Schulgebäudes kann, wenn nicht erneuter Ankauf von Terrain
in Aussicht steht, nur auf Kosten des Qesamtplatzes geschehen, so
dab hierdurch der Spielplatz unter Umständen beträchtlich verringert
wird. Um dies zu verhindern, sollten die Verordnungen noch
energischer darauf dringen, dafis bei der Erwerbung des Bauplatzes,
wenn nur irgend möglich, ein Reserveplatz mit erworben werde,
damit nicht der in hygienischer Einsicht so wichtige Spielplatz der
Gefahr einer späteren Verkleinerung ausgesetzt ist.
B. Orientierung des Schulhauses.
Unter No. 3 beschäftigt sich das „ Reglement ^ mit der ^Orien*
tation" des Schulhauses, d. h. mit der Orientierung der Schulzimmer-
fenster&ont bezüglich der Himmelsrichtung. Die betreffende firan-
zOsifiohe Vorschrift lautet folgendermalsen: „L'orientation de T^cole
sera d^terminöe suivant le climat de la rögion et en tenant compte
des conditions hygiäniques de la localitö'^. In einem Lande von der
Ausdehnung Frankreichs können selbstverständlich in diesem Punkte
kerne ganz präcisen Verordnungen erlassen werden, die für alle
Schalen Geltung hätten, da ja die Orientierung eines Gebäudes sich
hanptsächlich nach dem entsprechenden Klima zu richten hat, die
klimatischen Verhältnisse der einzelnen Gegenden Frankreichs aber
beträchtlich von einander abweichen.
Schon eher wäre dies fär ein kleines Binnenland wie Elsals-
Lothringen möglich. Hier entbehren wir jedoch jeder diesbezüg-
lichen Verfügung, wenn wir von dem ärztlichen Gutachten über das
böhere Schulwesen absehen, welches nicht als bindende Vorschrift
betrachtet werden kann. In demselben wird die Ost- oder Westseite
empfohlen, dabei jedoch eine Abweichung von 20 Grad nach Süd oder
Nord gestattet.^ Allerdings ist es sehr schwierig, für alle Fälle das
^ Ärstliches Gutachten über das höhere Sohalwesen Elaars-Lothringens
1882. 8. 80.
224
Biobtige zu treffen, da ja jede Orientierung, je nach den einzelnen
Jahreszeiten, sowohl Vorteile als auch Nachteile aufweist. Daher
rührt es auch, dafs die einzelnen Autoren so sehr in ihren Ansichten
hierüber abweichen. Die Nord läge z. B. hat den Nachteil, dals sie
kalt und lichtschwach, daher bei trübem Wetter düster und unfreund-
lich ist. Dafür ist jedoch das Licht, welches sie bietet, ruhig und
gleichmälsig und wäre daher für Zeichens&le gut zu gebrauchen.
Die Südseite hat den groben Vorteil, dalis sie sonnig ist und daher
am meisten Licht gewährt, was gerade für die Schule von greiser
Bedeutung ist. Dagegen werden die Schulzimmer im Hochsommer
leicht zu warm. Die Westseite ist bei uns die sog. Wetterseite,
d. h. dem Wind, Bogen, Schnee usw. am meisten ausgesetzt; dahin-
gegen hat sie den Vorteil, dafs in den Vormittagsstunden bei immer-
hin genügender Beleuchtung keine direkte Bestrahlung durch die
Sonne erfolgt. Dafür ist dann in den heifsen Sommertagen die Et-
wärmung am Nachmittag zu stark. Das Gegenteil bietet die Ost-
lage: hinreichende Beleuchtung, aber direkte Bestrahlung und im
Sommer allzu grofse Wärme am Vormittag. Dieselben Vorteile,
jedoch weniger Nachteile zeigt die Bichtung nach Ostnordost und
Nordost. Hier ist in den Vormittagsstunden ausreichende Beleuch-
tung vorhanden. Direktes Sonnenlicht fällt nur in geringen Mengen
während der ersten Unterrichtsstunden in die Klassenzimmer, die
Erwärmung wird keine übermäfsige, da in den späteren Vormittags-
stunden die Sonnenstrahlen nur in schräger Richtung die Fensterwand
treffen. Aber vor Beginn des Unterrichts wird das Zimmer schon
von der Sonne bestrahlt." ^ Ziehen wir den Schluis aus dieser Be-
trachtung, so sehen wir, dafs es besonders darauf ankommt, ob es
sich um den Vormittags- oder Nachmittagsunterricht handelt. Wird
am Vor- und Nachmittag Unterricht abgehalten, so ist die Ostnordost-
und die Nordostseite vorzuziehen, wird dagegen nur am Vormittag
Unterricht abgehalten, so ist die Westseite gleichfalls gut zu
gebrauchen. Da nun bei zu grofser Hitze in EIsafs-Lothringen der
Nachmittags-Unterricht aus&Ut, so erscheinen bei uns beide Orien-
tierungen zulässig. Dafs in gröüseren Schulen nicht alle Räume
nach der günstigen Seite zu liegen kommen können, versteht sich
von selbst. Dann mögen diejenigen, welche nur für kürzere Zeit
dem Aufenthalt der Schüler dienen, die ungünstige Lage einnehmen.
^ Baoikbkt: Handbuch der SchuJhyffieney Bd. I. S. 81.
225
Für Zeiohensftle lie&e sich, wie oben schon erwälmt wurde, des
rahigen, gleiohmäfaigen Lichtes halber die Nordseite wählen.
Wenn nun auch alle diese Bedingungen in Städten nicht immer
XU erfällen sind, so könnten dieselben dennoch in den betreffenden
Verfügungen Aufnahme finden, dabei jedoch f&r spezielle umstände
Ausnahmen gestattet werden.
C. Bauart und Konstruktion des Schulgebäudes.
Einer der Hauptpunkte, denen bei der Konstruktion einer Schule
die Aufmerksamkeit zugewendet werden muls, ist die Wahl eines
geeigneten Baumaterials. Nur mit einem guten Material kann man
erreichen, dafs ein Haus fest, wetterbeständig und trocken ist, und
diese drei Eigenschaften muCs eine Schule unter allen Bedingungen
aufweisen. Hit welcher Bauart man am besten dieses Ziel erreicht,
möge im folgenden gezeigt werden.
Was die Permeabilität des Baumaterials betrifft, so braucht
dieselbe beim Bau einer Schule nicht besonders streng berücksichtigt
zü werden, „da ja die natürliche Ventilation durch die Wandporen,
worauf es bei der Permeabilität des Baumaterials wesentlich ankommt,
in gar keinem brauchbaren Verhältnis zu dem aulserordentlichen
Ventilationsbedarf eines besetzten Schulzimmers steht ^.^
In allen diesbezüglichen Bestimmungen ist nun das französische
.fi^lement^ präciser im Wortlaut als die „Verfügung des Ober-
pifisidenten'^. Letztere sagt: „Der Massivbau gilt als Begel für die
Errichtung von Schulgebäuden ^. Die Wahl des Baumaterials bleibt
hiermit dem Architekten yorbehalten, und auch die Dicke der Mauern
kann nach dem Wortlaut dieser Vorschrift beliebig sein. DaCs aber
gerade auf diesem Gebiete sehr häufig gesündigt wird, ist hinreichend
bekannt, und es scheint mir demnach die firanzösische Verordnung
zweckmälsiger zu sein, welche für Bruchsteinmauem eine Dicke von
wenigstens 0,40 m, für Backsteinmauem eine solche von wenigstens
0,35 m yerlangt. „Ijos mat^riaux trop permeables, tels que les gres
tendres, les molasses, les briques mal cuites etc. sont exdus de la
construction.^ Man würde wohl nicht zu weit gehen, wenn hier eine
Vorschrift betreffend die Wahl von gesundem, trockenem Holze an-
geschlossen würde für den Fall, dais nicht ausschlieiSslich Eisen an
ittsen Stelle zur Verwendung kommt, wie dies in neuerer Zeit
^ BuKGBHiTBiN nnd Nbtolitzkt: Handbuch der Schulhygiene in: Handbuch
der Hygiene von Theodor Wbtl. S. 15.
226
häufig zu geschehen pflegt. — Die Verfügung des Oberprftsidenten
geht jedoch in ihren Zugeständnissen noch weiter, indem sie selbst
den Fachwerkbau gestattet, „wo dies in besonderen örtlichen Ver-
hältnissen Begründung findet ''. Diese örtlichen Verhältnisse sind
meist nur ökonomischer Art, denn der Umstand, dafs das nötige
Material zu einem Massivbau in irgend einer Gegend Elsaiis-Loth-
ringens nicht an Ort und Stelle gebracht werden kann, ist wohl eine
seltene Ausnahme und kann sich höchstens in hochgelegenen Gebirge-
orten einstellen. — Es drängt sich uns nun die Frage auf, ob denn
die Fachwerkbauten vom hygienischen Standpunkt aus yerwerflioh
sind? Ich glaube, dafs man auf diese Frage mit „Nein^ antworten
kann, denn es lassen sich auch bei Fachwerkbauten durch saoh-
gemäise Ausführung derselben völlig gesunde Bäume herstellen.
Dab dieselben nicht so dauerhaft sind und daher viel leichter und
eher reparaturbedürftig werden, ist eine Frage für sich und hat uns
hier nicht näher zu beschäftigen. Der gröfste Nachteil der Fach-
werkbauten besteht darin, dafs dieselben nicht die gleiche Feuer-
sicherheit gewähren wie der Massivbau. Wegen dieser geringeren
Feuersicherheit und Dauerhaftigkeit ist natürlich der Massivbau immer
vorzuziehen. Wo es jedoch die oben erwähnten Umstände gebieten,
können vom hygienischen Standpunkte aus gegen die Verwendung
von Fachwerkbauten keine Bedenken erhoben werden, vorausgesetzt,
dafis gewisse, auf die Trockenheit der Wände abzielende Vorsiohts-
mafsregeln beobachtet werden.^
Beine Holzbauten, die man in holzreichen Gebirgsgegenden
mit sehr kaltem Klima antri£Et, gewähren zwar einen guten Wftrme-
schutz, sollten jedoch wegen zu grober Feuersgefahr nur für kleinere
Schulgebäude gestattet werden.-
Nach all dem Gesagten muJs der Massivbau aus Backsteinen
oder Bruchsteinen für Schulen als Begel gelten. Bei Verwendung
der letzteren schreibt das „ Reglement ^, wie schon vorhin erwähnt
wurde, eine Mauerdicke von 0,40 m, bei Verwendung von Backsteinen
eine solche von 0,35 m vor. In den durch einen Ministerialerlafs
vom 18. Januar 1893 gegebenen „Instructions sp^iales concemant la
construction etc.'* wird die Mauerdicke bei Verwendung von Back-
steinen auf 0,45 m festgesetzt.^ Eine solche Mauerdicke dürfte für
die gewöhnlichen Verhältnisse genügen. Zu weiche Sandsteine und
^ BAGDfSKT 1. c. Bd. I. S. 141.
* 6. Baudban 1. c. S. 49.
227
schlecht gebrannte Backsteine sollen nach dem „Reglement'' mit
Recht nicht znr Verwendung kommen.
Bei der Herstellnng der Fundamente mnfs natnrgemälis das
Augenmerk hauptsächlich darauf gerichtet werden, dais das Auf-
steigen der Feuchtigkeit vom Erdboden aus in das Gebäude ver-
hindert werde. ' Deshalb wird, wie wir schon oben gesehen haben,
durch beide Verfftgungen bestimmt, dafs der Baugrund trocken sein
soll. Ist jedoch die Wahl eines feuchten Terrains nicht zu vermeiden,
so ist im „Bäglement^ die Drainage vorgeschrieben. Zur Abhaltung
der Bodenfeuchtigkeit ist femer in beiden Ländern die MaCsregel
vorgesehen, dals der Fulsboden des Erdgeschosses nicht in gleiche
Höhe mit dem Terrain gebracht werden soll. Die ^ Verfügung des
Oberpräsidenten" bestimmt hierfür eine Erhöhung über das Terrain
von 0,5 m, das „Reglement** dagegen von 0,60 — 0,70 m (No. 8).
Ein wesentlicher Unterschied zwischen beiden Verfügungen besteht
demnach in diesem Punkte nicht, und dürften auch 0,50 m vollauf
genügen.
Bestimmte Vorschriften werden gegeben für den Fall, dafs
Unterkellerung des Gebäudes unmöglich ist. „Si le plancher au
rez-de-chauss^e ne peut §tre ätabli sur cave, il sera isolö du sol par
des espaces vides**, sagt das „Bäglement'', während die „Verfügung
des Oberpräsidenten" bestimmt, „dais bei nicht unterkellerten Räumen
für eine trockene Lage (des Fufsbodens) Sorge zu tragen ist*'. WiiB
dies geschehen soll, ist in letzterer Verfügung nicht näher beschrieben.
Es bieten sich hierfür zwei 'Möglichkeiten. Entweder stellt man
zwischen Terrain und Fufsboden einen leeren Raum her, wie es
das „Reglement'' wünscht, und läfst in demselben die Luft frei zirku-
lieren, oder aber man fügt zwischen beide eine Isolierschicht ein,
z. B. eine unter dem ganzen Gebäude durchgehende Betonplatte,
wodurch das Eindringen von Grundwasser und der Zutritt der
Grnmdluft verhindert wird. Selbstverständlich ist die Unterkellerung
des Schulhauses unter allen umständen vorzuziehen.
Dem Aufsteigen von Feuchtigkeit in den Mauern, die sich in
direkter Berührung mit dem Erdboden befinden, sucht die „Verfügung
des Oberpräsidenten^ durch folgende Vorschrift zu begegnen : „Sämt-
liche aufgehende Mauern des Gebäudes sind unterhalb der Fufs-
boden des Erdgeschosses, aber über Terrain, mit einer zur Abhaltung
der aufsteigenden Erdfeuchtigkeit geeigneten Isolierschicht zu ver-
sehen". Diese Isolierschicht mufs demnach oberhalb des Terrains
das Hauerwerk des Fundamentes quer durchsetzen, um den Zweck
Seholgesnndheitspflege. XVI. 13
228
der Yorsohrift zu erfüllen. Welohes Material am besten hierbei zu
verwenden ist, ob Beton, GnJsasphalt etc., ist nicht angegeben. An
Stelle genannter Yorsohrift wäre es vielleicht praktischer, zu be-
stimmen, daijs die ganze Umfassungsmauer, soweit sie mit dem Erd-
boden in Berührung ist, also seitlich und noch etwas über den Erd-
boden hinaus, mittels einer solchen Isoliersohichi; vor .dem Eindringen
der Feuchtigkeit zu schützen ist. Oder man könnte statt einer
solchen Isolierschicht eine Isoliermauer herstellen, welche von den
eigentlichen Umfassungsmauern durch eine etwa 10 cm breite Luft-
schicht getrennt wäre. Durch Anbringen von Öänungen im
Keller und von Yentilationsröhren nach dem Dachboden kann die
Luft in diesem Hohlraum zirkulierend erhalten werden. Die An-
lage solcher vertikaler Luftschichten wird übrigens in der elsafa-
lothringischen Yerordnung fär die dem Schlagregen ausgesetzten
Umfassungsmauern empfohlen, um das Eindringen des Begenwaasers
in dieselben zu verhüten, indem daselbst gesagt wird: „Für die dem
Schlagregen ausgesetzten Umfassungsmauern empfiehlt sich die An-
lage von vertikalen Luftschichten^.
Um dem Begenwasser Abflugs zu verschaffen, „sind an den
Dachtraufen Binnen mit Abfallröhren anzubringen'', wie es in der
„Yerfügung des Oberpräsidenten" speziell erwähnt wird. Es ist dies
eine so allgemein angewandte Mafsregel, dafs deren Fehlen im
„B^lement" wohl kaum erwähnenswert ist. Beide YerfSägungen
fordern auiserdem, dals die direkte Umgebung des Schulhauses ein
Gefälle zur Abführung der Tagwasser aufweise: „Les pentes du
terrain entourant la construction seront am^nag6es de fagon k en
^loigner les eaux'', sagt das „Bäglement", während bei uns „eine
Pflasterung von mindestens 1 m Breite mit hinreichendem Gefälle
zur Abführung der Tagwasser anzulegen ist^. Es ist leicht ersicht-
lich, dals eine solche Yorkehrung notwendig ist, um das Eindringen
der Tagwasser in die Fundamente zu verhindern.
„Die Dächer sind^, gemäfs der elsafs-lothringischen Yerfttgnng,
»mit feuersicherem Material einzudecken.'' Nach dem^ Wortlaute
dieser Yerordnung kann man demnach zwischen Ziegel-, Schiefer-
oder Metalldach wählen, und können aufserdem noch die in neuerer
Zeit häufig angewandten Holzcementdächer in Betracht kommen.
Letztere sind zwar nur bei niederer Dachkonstruktion verwendbar,
was jedoch bei den Schulen, die einen hohen Dachboden vermissen
können, angängig ist. In diesem Punkte ist die französische Yor-
schrift strenger, indem sie bestimmt: „La tuile sera employde ppur
229
la toitore de präFörenoe ä Fardoise et surtont an m6tal^. Die Me-
talldäoher werden auch bei uns für Sohnlen nicht oder nur sehr
selten angewandt. Dieselben haben bekanntlich ein sehr hohes
Wärmeleitongsyermögen und übertragen daher jeden Temperatar-
wechsel schnell auf die nnter ihnen liegenden BAumlichkeiten, was
im Winter nnd hauptsächlich im Hochsommer sehr lästig und un-
gesond ist. Ein weiterer G-mnd, weshalb die Metalldächer nicht
praktisch sind, liegt in dem Umstände, dals sie bei G-ewittem eine
groüse Grefahr bilden und daher das Anbringen von Blitzableitern
imentbehrlich machen.
Zwischen Ziegel- und Schieferdächern besteht in hygienischer
Hinsicht kein nennensvirerter Unterschied, und hängt daher die Wahl
hauptsächlich von den zur Verfügung stehenden Geldmitteln und
den lokalen Verhältnissen ab.
Die Holzcementdäoher endlich scheinen sich gut bewährt zu
haben. »Wo die Dächer fachmännisch richtig hergestellt wurden,
waren sie dicht gegen Regen, gewährten hinreichenden Schutz gegen
Hitze und Kälte. Boten sie diese Vorzüge nicht dar, so lag es
jedesmal an nachlässiger Ausführung und technischen Fehlem."^
Es stände hiemach deren Verwendung bei Schulen in hygienischer
Hinsicht kein Bedenken entgegen.
Was die Konstruktion der Zwischendecken im Schulgebäude
betriffi, so vermissen wir im »Bäglement^ sonderbarerweise jegliche
Anleitung zur zweckmäfsigen Anlage derselben. Auch die „ Ver-
fügung des Oberpräsidenten*' beschränkt sich darauf, die Anwendung
der Windelböden zu empfehlen. „Um das Durchdringen des Schalles
von einem Stockwerk in das andere zu verhindern'', heiüst es in
letzterer, „sind die Decken als Windelböden zu konstruieren.'' Diese
Vorschrift entspricht ofiFenbar nicht mehr den neueren Anschauungen
und wäre dieselbe daher einer gründlichen Abänderung bedürftig.
Die Windelböden bestehen bekanntlich aus sog. Staakhölzem, die,
mit Stroh umwickelt, in^ die Balkenfächer eingeschoben und mit
Lehm betragen werden. Oben werden die Balken bedeckt mit
einem Blindboden, worauf der eigentliche Fufsboden zu liegen
kommt, und unten werden dieselben mit Brettern verschalt. „Diese
Konstruktion liefert zwar wärme- und schalldichte und für Wasser
undurchlässige Decken, wird aber wegen ihres groüsen Gewichts nur
selten ausgeführt. Auch ist die Verwendung von Lehm nicht un-
* Viertelfahressehr. f, öffentl Oesundheitspfl, Bd. 22, Sappl., S. 115.
13*
230
bedenklich, weil er oft vegetabilische Stoffe enthält nnd durch seinen
Gehalt an Feuchtigkeit bei zu frühem Verlegen der Dielen etwa
vorhandene Schwammsporen zur Entwicklung bringen kann.** (Ba-
GiNSKT 1. c, Bd. I., S. 171.) Der Windelboden wird daher zweifellos
übertroffen durch die Zwischendeckenkonstmktion, welche mit Hilfe
von Einschubdecken hergestellt wird nnd bei der in hygienischer
Hinsicht am wichtigsten ist die Anwendung von trockenem Holz
und die Wahl eines gesunden Füllmaterials. Werden diese Be-
dingungen nicht erfüllt, so kann das Holz faulen und der Haus-
schwamm (Merulius lacrymans) darin Platz greifen, woraus die Zer-
störung des Holzwerkes resultiert. Es sollten deshalb für die Schul-
bauten bindende Vorschriften betreffend das Füllmaterial vorhanden
sein. Auch die Angabe der Höhe der Füllung sollte in der Ver-
ordnung nicht vermüst werden, da bei zu niederer Füllung die
Schalldichtigkeit nicht hinreichend ist. Man k(^nnte hierfür etwa
10 cm .als Minimum annehmen. Noch besser wSxe es jedoch, wo
angängig, der Konstruktion mit Eisen und Beton den Vorzug zu
geben, wie es in der modernen Bautechnik vielfach zu geschehen
pflegt. Es ständen dem auch vom ökonomischen Standpunkte aus
keine Schwierigkeiten entgegen, da ja Eisen nicht viel teurer zu
stehen kommt als Holz. Dafür wären die Feuergefährlichkeit der
Holzbalkendeoken, die Möglichkeit von Fäulnisbildung und die
eventuell durch das Fülimaterial bedingten Gefahren endgültig be-
seitigt.
Treppen und Gänge. Der Zugang zum Schulhaus mub bei
uxis, da nach der oben erwähnten Vorschrift der Parterrefulsboden
über dem Niveau des Terrains liegen soll, durch eine Treppe ver-
mittelt werden. Befindet sich letztere aufserhalb des Gebäudes, so
spricht man von einer Freitreppe. Die „Verfügung des Oberpräsi-
denten^, in welcher solcher Freitreppen vorgesehen sind, bestimmt
hierfür folgendes: „Die Freitreppe vor der Bingangstüre ist aus
Hausteinen zu konstruieren und womöglich mit einem Podest zu
versehen". Zunächst ist zu bemerken, dafs es wohl besser wäre,
solche Freitreppen ganz zu vermeiden, da dieselben im Winter wegen
der Winterglätte manche Ge£Eihren für die Kinder nach sich ziehen.
Es wäre vorzuziehen, die Stufen, welche zum Erdgeschofs führen,
innerhalb des Gebäudes^ anzubringen. Ist letzteres jedoch unmöglich,
so sollte die Freitreppe wenigstens durch einen Vorbau oder ein
Vordach geschützt werden. Dies hätte noch den grolsen Vorteil,
dals die Kinder, welche zu früh zur Schule kommen, bei ver-
331
dcUoeaener Tür Dioht allem Unwetter avBgeeetst wären, sondern
dtmh dieee Vorkehrung einigermafsen Söhnte filnden. Noch besser
wfixe eS) wenn nahe dem Eingange ein Wartoranm angel^ wtrde,
wo die Kinder oder auch die Angehörigen, welche dieselben abholen,
sich aufhalten könnten. Im fransösischen „R^ement'' ist roh
Freitreppe überhaupt nicht die Bede, jedoch wird daselbst ein solcher
Wartemnm („Salle d'attente**) fiir die Sltem gefbrd^. Derselbe
kann natürlich auch den Kindern eu demselben Zwecke dienen.
Beyor nun die Kinder nach den Otogen und Treppen im
Innern der Schule gelangen, muls ihnen Gfelegenheit geboten werden,
ihre Schuhe Ton Straisenschmnte asu befireien. Leteterer ist offenbar
eine der Hauptquellen des 8chulstaubes,|dessen G^&hren hinreichend
bekannt sind. Die elsais-lothringische Verfügung bestimmt hiersu:
„Am FuDb der Treppen sind Vorrichtungen aum Beinigen der
Fuisbekleidung anzubringen^, wfthrend im „B^glement*' hieran über-
haupt nicht erinnert wird.
BuBOBBSTSiN und Nbtolidzkt (1. c, S. 31) schlagen Tor, „inner-
halb des Hauseinganges an den Seitenwftnden möglichst lange, etwa
10 cm über den Boden ragende Eisenstreifen mit darüber befind-
licher, passend hoch angebrachter Anhaltsstange anzubringen. Weiter-
hin sind im Hauseingang entsprechend grolse, dicke Kokos- oder
Strohmatten aufzulegen, an welchen die Schuhe bezw. Füfse allseitig
ordentlich von den letzten Schmutzresten gereinigt werden können*^.
Bagikbky (1. c.L, S. 188) sagt dagegen: „Diese Fulskrateeiseü sind
nicht zu empfehlen, weil sie er&hrungsgemüls selten benutet werden,
d^^goi^ 2U Beschädigungen der Kinder Veranlassung geben können.
Den zweckmaisigsten Fufsreiniger bildet ein mit Schamierbttndem
versehenes, abhebbares Eisengitter, welches über einer zur Aufnahme
des Schmutzes bestimmten Vertiefung im Boden liegt"*. Baginsky
will dieselben innerhalb des Hauses angebracht wissen, da das Fufs-
gitter bei Bogen und Winterglätte leicht schlüpfrig wird. „Vor der
nach dem Erdgeschoß führenden Treppe sind auiserdem noch ein-
mal diese Eisengitter-Fursreiniger, Stehldraht-Fu&matten oder auch
in einer entsprechenden Vertiefung des Bo4cn8 liegende Kokosmatten
zur YoUständigen Steinigung des Fufszeuges erforderlich.* Diese
Vorschläge Bagikskys sind vollauf berechtigt und die von ihm
empfohlene Methode praktisch. Bei dieser Vorrichtung gewöhnen
sich nämlich die Kinder von selbst an das Beinigen der Schuhe,
was bei der von Bvrgebstein und Netolitzki empfohlenen Ein-
richtung nicht so leicht der Fall wäre.
232
Über die Konstraktion der Gküige und der inneren Treppen
sind yersohiedene Einzelheiten in der ^ Verf&gung des Oberprftüdenten^
angegeben, und auch das „B^lement" beschäftigt sich etwas ein-
gehender mit diesem Thema. Die erstere enthält folgende Bestim-
mung: „12. Die Gänge und Treppenräume eines Schulgebäudee
müssen hell, geräumig und zugfirei sein. Die Breite der Haupt-
gänge darf nicht unter 2,5 m betragen^. Das „B^lement*' hin-
gegen schreibt folgendes vor: „L'öntrto des ölöves se fera par des
Couloirs ou galeries d^une largeur de 2 mötres, receyant directement
l'air et la lumi^re". Nach der Instruktion des Ministenalerlasses
Yom 18. Januar 1893 braucht die Breite der Gänge in den firaneö-
sischen Schulen nur 1,50 m Tzu betragen. Das „B^lement" ist,
wie man sieht, die Beleuchtung und Lüftung der Gänge betreffend,
etwas präciser als die elsafs-lothringische Verfügung, indem es fordert,
dais dieselben direkt Luft und Licht erhalten sollen. Hiermit ist
ohne weiteres ausgedrückt, daCs die Beleuchtung der Gtoge nicht
indirekt erfolgen darf, z. B. durch Oberlichtfenster in den oberen
Füllungen der Klassentüren oder durch die Treppenhäuser. Nach
der Verfügung des Oberpräsidenten wäre dies nämlich erlaubt, die
Gänge könnten trotzdem hell und auch zugfrei sein. Gesunde Luft
kann aber nur dann in die GtiSaxge kommen, wenn von diesen aus
hinreichend groise Fenster ins Freie münden. In kleinen Schulen
können diese Fenster an den beiden Enden der Gilnge angebracht
werden, also zu beiden Seiten derselben Klassenzimmer sich befinden.
In gröiseren Schulen wäre es jedoch vorteilhafter, daüs nur auf einer
Seite Klassen untergebracht und längs der gegenüberliegenden Seite
des Gkmges Fenster angebracht würden, wodurch den hygienischen
Forderungen am besten entsprochen würde.
Was die Breite der Gänge angeht, so ist dieselbe in beiden
Verfügungen zu knapp bemessen, besonders in der für Elsals-Loth-
ringen, obwohl dies äuCserlioh ein Widerspruch zu sein scheint, da
ja bei uns 2,50 m, in Frankreich dagegen nur 2 m bezw. 1,50 m
gefordert werden. Wie nämlich noch später erwähnt werden wird,
ist in der „Verfügung des Oberpräsidenten ** kein gedeckter Spielplatz
vorgesehen. Ist nun ein solcher nicht vorhanden, so müssen sich
die Schüler bei schlechtem Wetter während der Pausen in den
Schulzimmem aufhalten. Letzteres ist schon deshalb nicht angängig,
weil in den Pausen die Schulzimmer gut durchgelüftet werden
müssen, also Zugluft notwendig wird, in welcher sich die Schüler
nicht aufhalten dürfen. Werden jedoch die Gänge zum Aufenthalt
233
während der Pausen benutzt, so müssen dieselben selbstverständlich
viel breiter sein als 2,5 m.
Hierzu kommt noch der umstand, dafs die Gänge vielfach als
Kleiderablage dienen. Es heifst am Schlüsse der „Verfügung des
Oberpräsidenten'' : „Zur Aufbewahrung von Kopfbedeckungen, Über-
kleidern usw. sind in den Schulzimmern oder, wo es angeht, in be-
sonderen Bäumen geeignete Vorrichtungen anzubringen **. Die Auf-
bewahrung der Oberkleider in den Schulzimmem ist aus verschiedenen
Gründen zu verwerfen, besonders jedoch wegen der durch dieselben
bedingten Luftverschlechterung bei nassem VtTetter. Nach dem VtTort-
laute des „Röglement^ ist es in den Landschulen gestattet, das
„Vestibüle*^ (Flur) als Garderobe zu verwenden. Im allgemeinen
soll jedoch nach dem „R^lement** in jeder Schule für jede Klasse
ein besonderer Raum für die Kleiderablage vorhanden sein.
Vom hygienischen Standpunkte aus ist nicht viel dagegen ein-
zuwenden, dafs die Gänge als Kleiderablage dienen, vorausgesetzt,
dafs letztere demgemäis praktisch beigestellt und |die Gänge hin-
reichend breit sind. Eine Breite von 3 m bis 3,50 m wäre hierfür
durchaus nicht zu viel, und man mufs daher die Breite, welche im
„Bäglement^ für die Gänge vorgeschrieben ist, ebenfalls als unzu-
reichend bezeichnen, besonders aber die Breite von 1,50 m, welche
nach der vorhin erwähnten Instruktion in Frankreich zulässig ist.
Besondere Kleiderräume haben den groüsen Vorteil, dafs sie
unter Verschlufs gehalten werden können. Ferner kann daselbst
das Wechseln von nassem Schuhwerk leicht vorgenommen werden.
Da jedoch durch Herstellung derselben die Baukosten nicht unerheb-
lich erhöht werden, die Kleiderablage im Korridor aber vom hygie-
nischen Standpunkt aus nicht zu verwerfen ist, so kann letzterer
Methode der Vorzug gegeben werden.
Über die Vorrichtungen der Kleiderablagen soll hier nicht im
einzelnen gesprochen werden. Nur das wäre zu betonen, dafs dafür
gesorgt werden mufs, dais die VtTände nicht durchfeuchtet werden
und auch der Fulsboden besonders durch die Schirme nicht zu sehr
dnrohnäfst werde.
Über die Bekleidung der Gänge besteht bei uns keine nähere
Verordnung. Es kann hierbei am besten verfahren werden, wie es
die entsprechenden Vorschriften für die Klassenzimmer begehren.
Das „Räglemenf enthält gleichfalls keine diesbezüglichen Be-
BÜinmungen, die in hygienischer Hinsicht von Wichtigkeit wären.
Über die Konstruktion der inneren Treppen finden wir in
284
beiden Verfügangen genaue Bestimmungen. Was zunftohst die Mafse
der Treppen angeht, so werden in der „Verfügung des Oberpräsidenten^
folgende Forderungen gestellt: „Breite 1,25 m, Stufenhöhe nicht
über 17 cm, doppelte Steigung -|- einfacher Auftritt = 63 cm, also
2X 17 -f einfacher Auftritt = 63. Einfacher Auftritt (Breite des
Auftritts) also 63 — 34 = 29 cm.**
Im „Beglement^ ist folgendes yorgeschrieben : „Lee marches
auront 1,6 m de largeur, 0,25 ä 0,30 de foulöe et au maximum 0,16
de hauteur".
Von der Breite abgesehen bieten also die beiden Verordnungea
keinen groJlsen unterschied, und es sind, was die Breite des Auftritts
und die Höhe der Stufen angeht, vom hygienischen Standpunkte
aus keine Bedenken gegen die betreffenden MaJse zu erheben. Die
bei uns vorgesehene Treppenbreite von 1,25 m ist jedoch zu gering.
EJs ist zwar zu bemerken, dais kleinere Kinder die Treppe haupt-
sächlich längs der Geländer oder längs der Wände benutzen. Jedoch
kann bei so engen Treppen das Gedränge zu stark werden, be-
sonders am Schlüsse des Unterrichts. Die Breite der Treppe wäre
daher am besten nach der Anzahl Kinder, welche dieselbe benutzen
sollen, zu bestimmen. Jedenfalls müiste man auch für kleinere
Schulen mindestens 1,50, für grössere jedoch 2,00 m fordern.
Femer wäre es nützlich, vorzuschreiben, dals bei einer gröiserea
Anzahl Schüler nicht nur eine, sondern mehrere Treppen vorhandea
sein sollten. Hierauf nimmt übrigens das „R^lement*' Rücksicht,
indem es sagt: „Tonte äcole reoevant plus de 200 äl^ves devra avoir
un escalier ä chaque extremitö du bätiment"^. Nach der Instruktion
vom 18. Januar 1893 ist diese Zahl auf 300 erhöht.^
Es wird femer in beiden Verfügungen darauf hingewiesen, daüs
die Treppe nicht gewunden sein darf, und dais dieselbe mit Podesten
versehen sein muls.
Die Gründe, weshalb diese Vorkehrungen getroffen werden
müssen, sind leicht ersichtlich. Gewundene Treppen würden die
Kinder zu leicht der Gefahr aussetzen, herabzufallen, besonders
wenn viele Kinder miteinander die Treppe benutzen, wie dies doch
meistens der Fall ist. Allzu hohe Stiegen ohne Podeste würden die
Kinder zu sehr ermüden.
Von Wichtigkeit ist femer noch die Sorge für entsprechende
Geländer längs der Stiegen. Die diesbezügliche Verordnung lautet
* G. Baüdran 1. c. S. 60.
295
bei uns: „An der freien Seite ifit jeder Treppenarm mit einem soliden
Handgeländer, an der Wandseite mit einfachem Handgriff zu ver-
sehen. Das flandgeländer ist so einzurichten, dais ein Hemnter-
rutschen der Kinder auf demselben unmöglich ist**. Dieser Be-
stimmung entspricht in Frankreich folgende Vorschrift im „R^glement^:
„Les barreaux seront espac^ de 0,13 d'axe en aze; la main courante
sera garnie de boutons saillants placös ä 1 m de distance au plus.
Une seconde main courante sera dispos^e le long des murs**.
Diesen Vorschriften ist nicht viel hinzuzufügen. Praktisch ist
68, die Entfernung genau anzugeben, welche die Stäbe des Geländers
von einander haben sollen, wie dies im ,,B^lem«at'' gesohieht.
Hierdunoh wird das bei den Kindern so beliebte Durohkrieohen
2wisehen denselben verhindert. Auch ist es zweokmäftig, die Art
und Weise anzugeben, wie man das Herunterrutschen der Kinder
auf den Geländern unmöglich macht. Die im „Röglement^ ange-
gebenen Knöpfe sind hierzu recht praktisch.
In der elsaJs-lothringischen Verfügung *wird sohUeJaUch noch
gefordert, „dafs in gröfseren Schulgebäuden die Treppen massiv her-
zustellen sind**. Es ist dies darum nötig, damit die Treppen hin-
reichend fest und vor allem feuersicher sind. Die einzelnen Kon-
stmktionsarten können hier nicht näher beschrieben werden.
Ist die Errichtung des Schulgebäudes vollendet, so kann dasselbe
nicht ohne weiteres seiner Bestimmung übergeben werden, sondem
erst dann, wenn man sich davon überzeugt hat, daCs sowohl das
Mauerwerk als auch die innere Ausstattung der Wände völlige
Trockenheit aufweist. Die Art und Weise, wie dies festzustellen
ist, bleibt denjenigen überlassen, die hierzu berufen sind, nämlich
in Elsals-Lothringen den Kreisärzten und in Frankreich den „m^decins
inspecteurs des öcoles", deren Institution durch das Gesetz vom
30. Oktober 1886 obligatorisch geworden ist. Die „Verfügung des
Oberpräsidenten'' enthält hierüber folgende Vorschrift: ,,Die Benutzung
neu errichteter Schulhäuser ist erst dann statthaft, wenn die völlige
Trockenheit zuverlässig konstatiert ist; beim Massivbau wird dies
frühestens 6 Monate nach Vollendung des Rohbaues der Fall sein
können.*'
(Portsetzong folgt)
236
2.US Hecfattttttlititseit ttnb Heceinem
Die Leibesfibnngen auf den Hochschulen.
Nach einem vor der „Gesellschaft für wissenschaftliche Gesundheitspflege
in Zürich" vod Seminarlehrer J. Spühleb gehaltenen Vortrage.
(Antoreferat.)
Die Pflege der Leibesübungen durch die studierende Jugend ist zu-
nächst für diese selbst von grofser Bedeutung. Einmal gibt sie den noch
meist in der Entwicklung begriffenen Jünglingen die nötigen Wachstums-
anregungen, dann bildet diese Betätigung ein heilsames Gegengewicht gegen
das Sitzleben des Studenten innerhalb und aufserhalb der Kollegien, femer
fördert sie das Studium, insofern sie dessen Unterbrechung durch Gesund-
heitsstörungen seltener werden läfst und im Studierenden eine Heiterkeit
des Geistes erzeugt, die günstig auf den Fortgang der Studien wirkt.
Leibesübungen helfen das Studentenleben in richtige Bahnen leiten, stärken
den Willen und bilden im Individuum die Disposition zu tatkräftigem
Handeln, was für den Studierenden um so wichtiger ist, als ihn der jahre-
lange Schulsitz in dieser Beziehung schädigt.
Die durch körperliche Übungen erzeugte Rüstigkeit und Tatkraft hat
eine gröfsere Tüchtigkeit im Berufe zur Folge und wirkt somit über die
Studienzeit hinaus segensreich nach.
Bedenkt man, dafs aus den Reihen der Studierenden eine grolse Zahl
höherer militärischer Führer hervorgehen, denen vor aUem körperliche
Rüstigkeit, Tatkraft und Entschlossenheit eigen sein müssen, so erblicken wir
in einer turnenden studentischen Jugend ein Pfand ihrer zukünftigen
Waffentüchtigkeit. Und nur wenn die Studenten selbst den Leibesübungen
obliegen, werden sie später auch als geistige Führer der Nation das
nötige Verständnis für das im Volke mehr und mehr erwachende Bestreben
finden, durch ausreichenden Betrieb von Leibesübungen und damit ver-
bundener einfacher Lebenshaltung zurückzuerobern, was unter dem Ein-
flüsse einseitiger Berufstätigkeit und verkehrten Lebensgenusses an Volks-
kraft und Volksgesundheit verloren gegangen ist.
Nun ist es aber mit der Pflege der Leibesübungen an den Universi-
täten im allgemeinen nicht gut bestellt.
In Deutschland stehen (nach dem y^Jahrbtich /. Volks- u. Jugend-
^mle'^ pro 1901) an 16 Hochschulen (= 65%) Turnhallen zur Ver-
fügung, 10 Hochschulen (= 35 ^/o) jetzt wohl 4 mehr, weisen Turnplätze
auf, und auf 7 Hochschulen (= 24 %) ist Gelegenheit zum Tennisspiel
vorhanden. An 22 Hochschulen (= 76 %) sind Fechtlehrer, an 52 %
Reitlehrer, an 45% Tanzlehrer und an ebenso vielen Turnlehrer, an 18%
Schwimmlehrer angestellt. Am idealsten sind die Verhältnisse in Tübingen,
wo für alle Zweige der Körperpflege (aufser Rudern) die nötigen Einrich-
tungen vorhanden und entsprechende Lehrer angestellt sind, ja aufser
Turnhalle und Fechtboden sogar Badeanstalt, Reithaus und Tanzboden
Universitätsinstitute sind, die vom Staate unterhalten werden.
.237
Die Zahl der dem Tarnen und Bewegangspiel obliegenden dentschen
Studenten mag etwa 5%, die dem Fechten obliegenden 10% betragen.
In den Yorlesongsverzeichnissen verschiedener deutscher und öster-
reichischer Hochschulen erscheint auch das Tarnen. So haben diejenigen
Yon Grei&wald, Halle- Wittenberg, Graz, Prag und Wien eigentliche Tum-
lehrerbildungskurse mit dem nötigen theoretischen und praktischen Unter-
richte. Besondere Turnstunden finden wir in den Vorlesungsverzeichnissen
von Kiel, Königsberg, Münster i. W., Akademie Mttnster, Insbruck und
der technischen Hochschule Karlsruhe angegeben. Halle- Wittenberg ver-
zeichnet einen gemeinsamen Tumabend fttr nicht inkorporierte Studierende
und für Angehörige nicht turnender Korporationen.
In den Vorlesungsverzeichnissen der schweizerischen Hochschulen finden
wir das Turnen nur bei der Lehramtsschule der Hochschule Bern erwähnt.
Am aUgemeinsten ist auch bei uns das Fechten verbreitet. An und
ftir sich eine prftcfatige Leibesübung, ist sie, ausschUefslich betrieben, zu
einseitig und meist auf den geschlossenen Raum beschränkt. Turnen,
Spiel und Tumfahrten finden ihre Pflege in der schweizerischen akade-
mischen Turnerschaft, die zurzeit aus fünf akademischen Turnvereinen
besteht und dieses Semester (mit Weglassung der auswärtigen Mitglieder)
* 9d Mitglieder zählt. Wie viele Studenten dieser oder jener Form des
Sportes obliegen, Iftfet sich nattlrlich nicht feststellen.
Wie wenig genügend diese Verhältnisse an unseren schweizerischen
Hochschulen sind, möge an dem Beispiel Zürichs gezeigt werden, das
durchaus nicht in letzter Linie steht. An unseren beiden Hochschulen
(Universität und Polytechnikum) mit ihren 2060 regelrechten Schülern
(total 2721 Hörern) besteht ein akademischer Turnverein, der wackere
Universitätstumverein, der aber nur 31 Aktive aufweist. Hierzu kommen
noch etwa 25 Mitglieder des Polytechniker Ruderklubs, vielleicht je eben-
aoviele Mitglieder des Schützenvereins schweizerischer Studierender und
des^^^akademischen Alpenklubs. ^ine kleinere Anzahl von Studenten nimmt
überdies an den Bestrebungen bürgerlicher Tum- oder Sportvereine teil.
Wie verbessern wir diese ungenügenden Verhältnisse? Von den ge-
schlossenen akademischen Turnvereinen, in welche Angehörige andrer
studentischen Verbindungen nicht eintreten können, viele Studenten aus Mangel
an Zeit oder an Geld nicht eintreten wollen, kann nicht alles erwartet
werden; wir müssen diese Institation erweitem durch die Einrichtung freier
Tum- und Spielgelegenheiten, wie an der Universität Basel durch den
Privatdozenten Dr. Flatt ein Versuch gemacht worden ist. Unabhängig
von der Hochschule mag der Student den Fufswanderungen, dem Schwimmen
und den winterlichen Leibesübungen obliegen, für Reiten, Radfahren,
Rüdem und Fechten könnten die Hochschulbehörden mit Leichtigkeit
günstige Mietbedingungen schaffen, für den Betrieb des Bewegungsspieles
und des Turnens aber sollte jede Hochschule unentgeltliche Gelegenheit
bieten.
Eine erste Aufgabe ist nun, die Studenten für die Pflege der Leibes-
ftbungen zu gewinnen, und wenn dies in anbetracht der vielen entgegen-
stehenden Schwierigkeiten durchaus nicht leicht ist, so sollte es doch
schlielslich gelingen, die akademischen Bürger für eine Angelegenheit zu
238
gewiaaea, die dfisselbe Volk angebt, das ««s seiner H&nde Arbeit die
obersten Bildongsst&tten unteiiiält.
Zur Beschaffung der n&tigen Hilfsmittel (Plfttze, Spiel- and Tom-
gerate and Leiter der Übungen) ivUrde ans w<^ die Hilfe der Staats- und
Hochscbnlbehörden nicht mangein. Als Leiter des Tomens und des
Spieles können hierfür qualifizierte Dozenten und Studierende inner- und
auiserhalb der akademischen Turnvereine, im Notfalle auch Tnmlehrer und
Vorturner bürgerlicher Turnvereine in Frage kommen, and am der Insti-
tution unter der stets wechselnden Studentenschaft Bestand zu verleihen,
könnte neben einem Studenten- ein Dozentenansschols eingesetzt werden.
Das Interesse für die körperlichen Übongen und das VerstAndnis
ihrer hohen Bedeutung für die Gesundheit und für die psychischen Vor-
gänge sollte im ferneren geweckt werden durch Vorlesungen über Ana-
tomie und Physiologie der Leibesübungen, die den Hörern aller Fakolt&ten
zugänglich wären. Vorträge über Gesditchte und Methoden der Leibes-
übongen und Belehrungen über die Methodik des Tamunterrichtes dürften
sich anschliefsen, und diese beiden Vortragsreihen in Verbindung mit den
praktischen Übungen böten den Studierenden des Lehramtes nebenbei
Gelegenheit, sich zu tüchtigen Turnlehrern unserer Mittelschulen und
Seminarien auszubilden.
Den Inhalt seines Vortrages fafete der Sprechende in folgende B&tze
und Anträge zusammen:
Die Gesellschaft für wissenschaftliche Gesundheitspflege
erblickt in dem ausreichenden Betriebe richtig gewählter
Leibesübungen durch die studierende Jugend ein Mittel zar
Gesundung und Kräftigung des studentischen Lebens, sowie
zur Anlegung einer Summe physischer und sittlicher Eigen-
schaften, die auch dem späteren Berufsleben und dem vater-
ländischen Wehrwesen zu statten kommen. Sie hält im fernem
daiür, dafs der Erfolg der Bestrebungen, durch stramme
Leibeszucht eine gesundheitliche und sittliche Ertüchtigung
unseres Volkes herbeizuführen, in hohem Mafse von der
Stellung abhängig ist, welche die künftigen Führer der
Nation hierzu einnehmen. Gestützt auf diese Erwägangen
beauftragt sie ihren Vorstand, die nötigen Schritte zu tun,
um an unseren beiden Hochschulen dem Betriebe der Leibes-
übungen wie ihrer Vertretung in den wissenschaftlichen Vor-
lesungen eine ihrer Bedeutung entsprechende Stätte zu
schaffen.
Ängstliche Gemüter, so führte der Referent zum Schlüsse ans, mögen
die Befürchtung hegen, die f^flege der Leibesübangen beeinträchtige die-
jenige der Wissenschaft. Innerhalb gewisser vernünftiger Grenzen ist ge-
rade das Gegenteil richtig. Und wer noch erwägend beiseite steht, ob
das Studium die Kürzung der auf das Sinnen und Denken zu verwendenden
Zeit gestatte, der lasse sich bestimmen durch H. y. Tbeisghkes Aus-
spruch: „Nicht der Gedanke, sondern die Tat bestimmt das
Geschick der Völkerl
289
IlUtiitre Jltiietl]tii)tii<
ftflentlkke Vtmngt Ar rtotterade Sekulkiiiler. Vor mehr als
10 Jahren wurden, infolge einer Anregung des Herrn Dr. CoiBN, in einer
Komnuinalschnle des I. Bezirks in Wien öffentliche HeSkorse fttr stotternde
and stammelnde Schulkinder eingerichtet. Die Stadt stellte die Schul-
iokalitftten zur freien Verfllgung und yerabreichte ganz mittellosen Kindern
aodi die Textbücher, Anschaoungstafeln etc. unentgeltlich. Aus dem vor-
jährigen Berichte des Dr. CoisN geht nun hervor, daCs im ersteo Dezennium
des Bestehens dieser Kurse 158 vorwiegend mit Stottwn und Stammeln
behaftete Schulkinder unentgeltlich behandelt und hierb^ durchschnittlich
60% Heilungen und 30% Besserungen erzielt wurden — ein Ergebnis,
das im Vergleiche mit dem anderer diesbezüglicher Statistiken als ein sehr
günstiges bezeichnet zu werden verdient. Das Ziel, möglichst wenige Mife-
erfolge zu haben, das der Kurleitung stets vorschwebt, wird um so eher
erreicht werden, wenn einerseits die Lehrer durch wohlwollende Behandlung
in der Schule, andererseits die Eltern durch häusliche Beobachtung und
stete Aneiferung zum fleibigMi Besuche der Heilkurse diese Bemühungen
unterstützen werden. Diese humanitäre Institution wird jedoch, trotz ihres
unstreitigen Nutzens, stets nur ein palliatives Mittel bleiben, solange der
Staat oder die Gemeinde nicht daran geht, ähnlich wie für andere Ge-
brechen der heranwachsenden Jugend, auch für diese eine Spezialschule
zu errichten, in welcher die sprachgebrechlichen Kinder, bei Einhaltung
des für normale Schüler vorgeschriebenen Lehrplanes uod Berücksichtigung
ihrer Übel, von kundigen und geeigneten Lehrpersonen und unter der
Leitung eines tüchtigen Spracharztes klassenweise unterrichtet werden sollen.
Nur eine solche Schule könnte den armen sprachleidenden Kindern, die
ebenso wie die Blinden und Taubstummen das Recht auf öffentliche Ftlr-
sorge haben, eine sichere und dauernde Verbesserung ihres traurigen Zu-
standes gewähren.
Auch in Berlin sind öffentliche Unterrichtskurse für stotternde Ge-
meindeschüler eingerichtet. Dieselben werden von Gemeindelehrern geleitet,
welche sich die für diesen Unterricht erforderliche Vorbildung erworben
haben.
Über Unterricht und Erziehung schwachsinniger Kinder sprach
in der Reihe von Vorträgen, die der Deutsche Verein für Volkshygiene
über „Gesundheitspflege in der Schule*' für Lehrer und Lehrerinnen ver-
anstaltet, unlängst Dr. Y. GiZYCKi. Der Vortragende sprach, wie die
„TägL Bundschau*^ mitteilt, u. a. die Ansicht aus, .die bisher oft betonten
Grundsätze der Unterrichtsmethode bei Schwachsinnigen, nämlich die An-
schaulichkeit und die häufige Wiederholung, seien unzureichend und zum
Teil irrefllhrend. Er erklärte, dafs die Methode ihre Richtlinien erhalte
durch das Ziel der Erziehung: diese Kinder erwerbsfähig und sittlich
240
tflchtig zu machen. Unter Beachtung dieser Ziele trete bei schwach-
sinnigen Kindern das Wissen hinter dem Können zurück, and
es müsse unbedingt eine durchaas praktische Gestaltung des gesamten Unter-
richts gefordert werden. Diese letztere sei, soweit sie sich auf die anzu-
strebende Erwerbsfähigkeit der Kinder beziehe, herbeizuftlhren durch
Spaziergänge und Pflege der Selbsttätigkeit behn Spiel, im Handfertigkeits-
unterricht und bei praktischen Übungen.
Über die Fortsehritte der Sehnlgesundheitspflege in Brann-
sehweig sprach am 25 jährigen Stiftungsfest des Vereins für öffentliche
Gesundheitspflege im Herzogtam Braunschweig u. a. Prof Blasius. Er
erwähnte, dafs namentlich auf dem Gebiete der Schulhygiene Grofises ge-
leistet worden sei; in dieser Beziehung seien besonders die Turnhallen und
die Schulbrausebäder zu erwähnen. Die Hygiene des Unterrichts wurde
durch eine Reform der Stundenpläne, durch schulfreie Nachmittage, durch
Ausflüge und Ferienkolonien (im Harze) gefördert, und die Frage der An-
stellung Yon Schulärzten steht vor ihrer Lösung.
I)er flSrf&higkeit der Sehnlkinder ist bisher bei weitem nicht die
genügende Aufmerksamkeit zugewandt worden. Ein taubgeborenes Kind ist
Yon vornherein vom Besuch einer gewöhnlichen Schule ausgeschlossen. Bei
schwerhörigen Kindern ist die Tatsache in Erwägung zu ziehen, dafs nach
der Ansicht hervorragender Physiologen die Erregung der Gehörsnerven
viel mehr zur geistigen Entwicklung beiträgt, als die der Sehnerven. Daraus
ergibt sich bereits die aufserordentliche Wichtigkeit der Feststellung, da&
die Zahl der Schulkinder mit mangelhaftem Gehör sicher eine weit gröfsere
ist, als sie gewöhnlich ermittelt wird.
Die Beweise dafür hat Dr. Bbühii in der Monatsschrift „Die Kranken-
pflege" gesammelt und zu den notwendigen Schlufsfolgerungen verarbeitet.
Zunächst mufs man bei der Behauptung verweilen, dafs das Gehör der
Kinder viel zu selten geprüft wird. Die Eltern selbst können eine solche
Prüfang ohne viel Umstände vornehmen. Sie müssen sich dazu der Flüster-
sprache bedienen. Als normalhörig kann das Kind betrachtet werden, wenn
es auf beiden Ohren mindestens auf acht Meter weit die Flüstersprache
versteht. Ein ganz normales Ohr wird die Flüstersprache allerdings noch
auf 20 Meter Abstand wahrnehmen, aber die Hörfähigkeit auf acht Meter
genügt wenigstens für alle Anforderungen des täglichen Lebens. Dieser
mindeste Anspruch wird aber, wie gesagt, von einer überraschend grofsen
Zahl von Schulkindern nicht erfüllt. Im Jahre 1885 wurden durch die
Lehrer ohne Mitwirkung von Ohrenärzten Erhebungen angestellt, um die
Hörfähigkeit der Schüler in den höheren Schulen zu ermitteln, und es
stellte sich dabei heraus, dafs nur 2,18% als schwerhörig zu bezeichnen
waren. Nun hat sich aber durch die Untersuchung seitens Sachverständiger
unzweifelhaft ergeben, dafs dies Verhältnis leider viel höher ist. In Riga
fand man unter 1055 Schulkindern 22% mit mangelhaftem Gehör, in
Stuttgart von über 6000 gleichfalls etwa den vierten Teil. Überhaupt
kommen die ärztlichen Untersuchungen über die Hörfähigkeit der Schul-
kinder zu dem wahrhaft erschreckenden Ergebnis, dafs etwa der vierte Tefl
der Schüler als schwerhörig in höherem oder geringerem Grade zu be-
zeichnen ist. Ist diese Tatsache schon an sich höchst bedenklich, so wird
241
sie dadurch noch peinlicher, dafs sie eben in den meisten Fällen nicht
erkannt wird, so dals die schwerhörigen Kinder nicht die richtige Ftkr-
sorge während des Unterrichts finden, Ton einer ärztlichen Behandlung ganz
abgesehen. — Die häufigste Ursache der Schwerhörigkeit bei Schnlkindem
besteht in einem Mittelohrkatarrh, der sehr allmählich einsetzt und
schliefslich mit einer hochgradigen Schwerhörigkeit oder Tölliger Taubheit
endet, aber in vielen Fällen geheilt werden kann, wenn er zeitig zur Be-
handlung kommt. Es ist, wie jeder einsehen mu&, geradezu ein Verlust
am Nationalvermögen, wenn eine weitverbreitete Krankheit so lange ver-
nachlässigt bleibt, bis ihre Heilung unmöglich geworden ist. — Als vor-
beugende Malsregeln empfiehlt Dr. Bbühl zunächst das Tragen von Watte
im Ohr, femer die Vermeidung eines unzweckmäßigen Schneuzens der Nase
(es darf nar jedes Nasenloch einzeln ausgeblasen, aber nicht beide Nasen-
löcher zugleich zugehalten werden), sodann eine besondere Berücksichtigung
ohrenkranker Kinder beim Turnunterricht, und vor allem die Abstellung
einer Ztlchtigung durch Ohrfeigen. Das Wichtigste, so schlie&t
er seine Ausfährungen, wäre freilich, dafs alle neu einzuschulenden Kinder
einer Hörprflfang unterzogen würden, die womöglich bei jedem Klassen-
wechsel, jedenfalls bei allen zurückgebliebenen Schülern wiederholt werden
müiste.
SehwaehbefSUgte in New Torker Schulen. Das „New York
Medic. Joum," (1903, No. 1) gibt an, dals laut amtlicher Statistik von
den 500000 Kindern in öffentlichen Schulen gegen 8500 schwachbefähigt
sind. Also 1,7% Kinder können infolge ihrer Veranlagung das den ein-
zelnen Klassen vorgesteckte Ziel entweder gar nicht oder nur mit einem
gesondheitsschädlichen Aufwand von Mühe erreichen; sie sind auf jeden
Fall aulserordentlich benachteiligt im Vergleich mit ihren geistig regsameren
Kameraden. Selbst wenn die Zahlen zu hoch gegriffen sein sollten, lehren
sie doch, dais es eine Kategorie von Schülern gibt, die gleicherweise im
Interesse ihrer Mitschüler, ihrer Lehrer und ihrer selbst vom öffentlichen
Unterricht auszuschliefsen sind. Diese Kinder dürfen nicht den Idioten,
Imbecillen, Epileptischen eingereiht werden, für die der Staat schon sorgt;
sie sind im Besitz normaler, aber nicht genügend ausgebildeter geistiger
Fähigkeiten, so dafs sie durchaus einer individuellen Erziehung bedürfen.
Sie in den regulären Schulen zu belassen, würde gleichbedeutend sein mit
einer sündhaften Vernachlässigung der intelligenteren Schüler.
Aus allgemein sozialen Gründen mufe sich der Staat, aus gesund-
heitlichen Gründen mnfs sich der Arzt veranlafst sehen, hier Abhilfe zu
schaffen.
Fürsorge fBr kränkliche Schulkinder in Posen. Von selten der
Stadt wird ein jährlicher Zuschufs von Mk. 250 zn die Krankenküche ge-
geben, wofür diese im Laufe des Jahres 1000 Portionen Essen an die
Schüler und Schülerinnen der Hilfsklassen verabfolgt, Aufserdem gewährt
der Vaterländische Frauenverein über 1000 Portionen. Die Schulärzte
setzen sich mit den Rektoren in Verbindung, die nach Prüfung der häus-
lichen Verhältnisse die Kinder der Krankenküche zuweisen.
Ein Yor Witternngseinflfissen gesehfitzter Spielraum fBr Schul-
kinder wird neuestens von verschiedenen Seiten her gefordert. „Fast
242
•
durchwegs fehlt es in unseren Schalen — schreibt die „Nat-Ztg.^ — an
einem Ranm, wo die Kinder an regnerischen Tagen während der Pansen
sich anfhalten können, In den Klassen können die Kinder nicht bleiben,
da infolge der AnsdQnstnng der nafsgewordenen Kleider die Luft schon
nach einer Stande völlig anbraachbar and gesondheitsschädlich geworden
ist, so dafs ihre Emeuerang eine dringende Notwendigkeit ist. Aof den
Grängen herrscht gewöhnlich eine derartige Zagluft, dafs ein längerer Aof-
enthalt ebenfalls gesnndheitsschädlich wirken würde. Aaf den nassen Hof
za gehen, kann man den Kindern auch nicht ansinnen. Es wäre also eine
Wohltat fär die Kinder, wenn ihnen ein genügend grofser Raam zur Yer-
fügang stände, der ihnen Schatz vor der Witterung und Zugluft gewährt
und genügende Freiheit zur Bewegung gestattet. Frankreich, insonderheit
Paris, ist uns in dieser Beziehung voraus. Dort hat jede Schule ihren
sogenannten „Pr^au". Das ist ein Raum, der mit der Schule verbunden
und grols genug ist, um alle Schüler der Anstalt aufzunehmen. Die mi-
nisteriellen Bestimmungen fordern, dafs der Pr6au geschützt und so grofs
sein soll, dafs auf jeden Schüler 1,25 m Raum kommen. Hier bewegen
sie sich an regnerischen Tagen ganz nach Belieben, natürlich unter ge-
nügender Aufsicht. Der Raum liegt am Schulhof zur ebenen Erde, oft ist
er auch noch rings mit einem schützenden Glasdach versehen. Vielfach
vertritt er die Stelle der Turnhalle und Aula, da nicht jede Schule über
eine Turnhalle verfOgt. Der Pr^au liefse sich bei uns ohne gröfsere Mehr-
kosten sehr leicht einrichten; denn jede Schule hat doch eine Aula auf-
zuweisen. Wenn man diesen Raum, der ja nur zu Feierlichkeiten benutzt
wird, was im Jahre höchstens fünf- bis sechsmal geschieht, in Klassenzimmer
teilte und dafür im ErdgeschoOs aus den Klassenzimmern einen „Beweguogs*
räum" ausbaute, so wäre der Raum sowohl für Schulfeierlichkeiten, wie als
Aufenthaltsort der Kinder bei Regentagen zu verwenden.^
Gegen die Schleppe in den Sehnlen macht, wie wir dem „Ptst
Lhyd^ entnehmen, der 1. Schulstuhl des YII. Bezirks in Budapest Oppo-
sition. In einer Eingabe an den Magistrat bittet er denselben, den Lehre-
rinnen das Tragen von Schleppkleidem in den Schulen zu untersagen; zu-
mindest wären die Lehrerinnen zu verpflichten, ihre Kleider während der
Unterrichtsstunden aufzustecken und fufsfrei zu machen. In der Motivierung
dieses jedenfalls beherzigenswerten Antrages wird darauf hingewiesen, dafs
die Schleppe in den Schulsälen bei jedem Schritte, den die Lehrerin macht,
Staubwolken aufwirble, welche nicht nur den Atroungsorganen der Schul-
kinder schädlich sind, sondern nur zu oft Bacillen freimachen, welche die
Keime zu den gefährlichsten Infektionskrankheiten bilden. In der gleichen
Angelegenheit hat vor etwa Jahresfrist ein anderer Schulstuhl eine Vorlage
an den Magistrat gerichtet, ohne dafs bis zur Stunde ein Bescheid erflossen
wäre. Offenbar wagte es die Behörde nicht, in eine so delikate Sache
mit harter Faust dreinzufahren, vielleicht weil sie nicht recht wufste, wie
das Ding anzufassen sei. Nun hat der Schulstuhl des YII. Bezirks sehr
vernünftig beantragt, dafs die Schleppe während der Schulstunden auf-
gesteckt werden solle. So sind die Kinder vor den bösen Folgen der
Schleppe beschützt und die Schleppe selbst ist doch gerettet.
243
Ohrenkranklieiten bei Schnlkiiideni in England. Das „British
Med. Jaum.*^ bringt an leitender SteUe über dieses Thema einen Artikel,
der weiteste Beachtung verdient. Vor einigen Monaten legte Mr. Abthitb
Chbatle der Otological Society of Great Britain einen Bericht aber die
an 1000 Schulkindern des Hanwell-Distrikts vorgenommenen Ohrenunter-
snchungen vor, der ein höchst trauriges Bild von den sanitären Verhält-
nissen der dortigen Schuljugend entwirft. Von 1000 Kindern hatten nur
432 ein normales Gehör, d. h. sie vermochten in einer Entfernung von
18 Fuis geflüsterte Worte au verstehen. Das Mittelohr war in 518, das
innere Ohr in 1, das äufsere Ohr in 49 Fällen angegriffen, 18 F&lle
waren durch Fremdkörper im Ohr gekennzeichnet, 166 Kinder litten an
vergrößerten Tonsillen oder Adenoiden. Von diesen Fällen konnte
natürlich die Mehrzahl geheilt werden, doch bleiben recht viele Leiden
zurück, die nicht nur das Hörvermögen ernstlich gefährden, sondern auch
die Gesundheit und oft das Leben der Patienten; dieser Bubrik sind die
88 chronischen Mittelohreiterungen einzureihen, von denen sechs eine so-
fortige Operation am proc. Mastoideus notwendig machten.
In derselben Versammlung wiederholte Dr. Pebmewak die Ergebnisse
seüier an 203 Liverpooler Schulkindern veranstalteten Untersuchung. Er
teilte die Schüler nach ihren geistigen Fähigkeiten in drei Klassen ein,
als gute, genügende und schlechte Schüler, und suchte dann ausfindig zu
madien, inwieweit die Hörkraft auf das intellektuelle Vermögen Einfluls
hahe. Die 62 „schlechten" Schüler konnten das Ticken einer Taschenuhr,
das in einer Entfernung von 60 Zoll für Gesunde zu hören war, durch-
schnittlich nur in einer Entfernung von 3V/i Zoll vernehmen, bei den
Ö2 „genügenden'* Schülern betrug der Abstand 47V8, bei den 89 „guten''
Schfllem 51 Zoll. Von den 14 geistig unfähigsten Kindern hörten mehrere
die Uhr nur bei direkter Berührung, andere in einer Entfernung von
8 — 12 Zoll, wenige erreichten 30 — 40, ein einziger 60 Zoll.
Dr. MuBBAY hatte 400 Zöglinge von Greenwicher Schulen untersucht.
Er fand 43 Kinder gehörleidend; 12 von ihnen litten an chronischem
Mittelohrkatarrh mit Eiterung, die Mehrzahl an chronischem Katarrh ohne
Eiterung, viele wiesen vergröfserte Tonsillen und Adenoiden auf. Das Ver-
hältnis der gehörleidenden Kinder zu den gesunden war also = 107,5 : 1000,
nähert sich mithin sehr den Zahlen, die Dr. Bohber fand für die Sch^ireizer
Schlfler (117 : 1000).
Dr. Cheatles Prozentsatz ist ganz bedeutend höher; nach ihm ent-
fallen auf 1000 Kinder 520 Kranke. Diese auffallenden Verschiedenheiten
erklären sich größtenteils aus den abweichenden üntersuchungsmethoden.
Dr. Cheatle untersuchte jedes einzelne Ohr und zog dann den Schlufs
auf normales oder anormales Hörvermögen, Dr. Pebmewan hingegen nahm
das aryihmetische Mittel zwischen dem Hörvermögen beider Ohren und
erklärte dann dieses für normal oder anormal.
BekAmpfting des Alkoholismns durch die Schule. Folgende
LeiUfttze über dieses Thema wurden der amtlichen Lehrerkonferenz des
Stadtkreises Kiel am 16. Dezember 1902 vorgelegt:
I. Der Alkoholgenufs ist schädlich. Der durch ihn hervorgerufene
Schaden ist so weitreichend und tiefgreifend, da(s er zurzeit eines
Sehalgeinndbeitspflei^. XVL 14
244
der gröfeten — wenn nicht das gröbte — Yolksttbel bildet. Die
Gefahr wächst nnd zwar doppelt schnell, da der Alkoholkonanm
beständig steigt.
II. Die Bekämpfung des Alkoholismns gehört zu den wichtigsten Auf-
gaben der Gegenwart. Der BLampf ist Sache des ganzen Volkes.
Die Schule ist ihrer Gesamtanfgabe nach verpflichtet, mit Eifer an
der Bekämpfung des Alkoholismns sich zu beteiligen.
III. Die Schule kann auf diesem Gebiete Hervorragendes leisten; ins-
besondere kann sie viel dazu beitragen, dab
1. die Jugend vor dem Alkoholgenufe bewahrt bleibt,
2. Aufklärung über die Gefahren des Alkoholgennsses im Volke
verbreitet wird, besonders aber, dais
3. allmählich ein Geschlecht heranwächst, das den heute herrschen-
den Trinksitten mit ganz anderen Anschauungen entgegentritt
nnd daher zur DnrchÄhrung weitgehender Beformen bereit ist.
IV. Dazu ist in erster Linie nötig, dals der Lehrer sich eingehend nit
der Alkoholfrage beschäftige.
V. Auf den Seminaren muTs den Seminaristen eine den neuesten Er-
gebnissen der wissenschaftlichen Forschung entsprechende gründliche
Belehrung über die Alkoholfrage, sowie über die methodische Be-
handlung derselben in der Schule gegeben werden.
VI. Aus den Schulbüchern, insbesondere ans den Lese- und Realien-
büchem, den Bechen- und Liederheften, muis entfernt werden, was
falsche Vorstellungen vom Werte des Alkohols hervorruft. Dagegen
müssen geeignete Stoffe zur richtigen Belehrung über die betäubenden
Genulsmittel aufgenommen werden. Auch bei der Auswahl der
Bücher für die Schülerbibliothekem sind diese Gesichtspunkte za
berücksichtigen.
Vn. In der Schule hat die Belehrung über den Alkohol haoptsächlich
im Unterricht iu der Gesundheitslehre, der ein breiter Raun zn
gewähren ist, zu erfolgen.
VIU. In jedem Unterrichtsfache kann der Lehrer gelegentlich auf die
Alkoholfrage eing^en, in manchem Fache oft. Er soll es jedoch
nur dann tun, wenn der Stoff es ungezwungen ergibt, dann aber
gründlich.
IX. So wenig der Lehrer ein Recht hat, in der Schule zu lehren,
mä&iger Gebrauch von Opium, Morphium u. dergl. ist statthaft
oder gar nützlich, ebensowenig hat er ein Recht, in der Schule
den mä&igen Genufs alkoholischer Getränke gutzuheifsen oder zu
empfehlen. So gut er vielmehr die Pflicht hat, auch den mäbigMi
Gebrauch von Morphium etc. zu verurteilen, ebensowohl hat er die
Pflicht, vor dem mä&igen Alkoholgenuls zu warnen.
X. Von gröfster Bedeutung ist das Beispiel des Lehrers. Lehre und
Tun müssen im Einklang miteinander stehen. Es ergibt sich auch
daraus für den Lehrer die Forderung der Enthaltung vom Alkohol-
genuÜB.
XI. Wer einstweilen völlige Enthaltsamkeit nicht fordern mag, stelle
bezüglich des Alkoholgenusses überhaupt keine Forderungen; er
24Ö
begnflge sich damit, die Kinder eingehend nnd dem wissenschaft-
lichen Stande der Alkoholfrage entsprechend über den Alkohol zu
belehren. fMitget. von J. PETEBSEK-Eiel.)
Das fieaetc, betreffend gewerbliehe Einderarbeit in Dentsehland,
befindet sich vor einer Reichstagskommission, die, wie wir der „Pädag.
Zig.^ (No. 45, 1902) entnehmen, zn einigen Paragraphen Beschlüsse Yon
gnindsfttzlicher Bedeutung gefafst hat. Von sozialdemolöratischer Seite wurde
beantragt, den Schutz des Gesetzes auch auf die in der Landwirtschaft be-
schftfiigten Kinder anszudehnen nnd nicht diese zwei Millionen geplagter
junger Geschöpfe auszuschlielsen. Von agrarischer Seite her wurde dem-
gegenüber natürlich die Yortreff lichkeit der ländlichen Verhältnisse im all-
gemeinen und der ländlichen Kinderarbeit im besonderen dargelegt; auch
die anderen Kommissionsmitglieder waren nicht geneigt, das Gesetz in
dieaer RichtuAg sdion jetzt zn erweitem, znmal von den Regierungs-
vertretem Einspruch gegen eine solche Beschlulsfassung erhoben wurde.
Man lehnte also den Antrag ab, einigte sich aber auf eine Resolution, die
den Reichzkanzler ersucht, die Landesregierungen zu Erhebungen über die
Verhältnisae der in 4er Landwirtschaft tätigen Kinder zu bewegen. — Als
Alteragrenze der vom Gesetz zu schützenden Kinder sieht der Entwurf ^
13. Leben^ahr vor; ein Antrag, statt dessen das 14. Jahr zu setzen, fand
wohl von einigen Seiten üntecstützung, wurde aber doch schlieislich ab-
gelehnt. Safs die Schnl^flicht in Bayern und Württemberg bereits mit
dem vollendeten 13. Lebensjahre endet, ist schuld an diesem bedauerlichen
Besehlufs. — Ebensowenig Glück hatte der Versuch, die Scheidung der
„eigenen und fremden ** Kinder, die das Gesetz vornimmt, aufzuheben. Die
bekannten Einwände (unberechtigte Eingriffe in die Rechte der Eltern,
Unmöglichkeit der Kontrolle) schlugen alle Argumente für solches Vorgehen
zurück. Wenigstens aber gelang es, die in Fürsorgeerziehung unter-
gebrachten Kinder unter den den „fremden^ Kindern zugedachten gesetz-
lichen SchntE zn bringen. — § 4 des Gesetzentwurfs nennt die für fremde
Kinder verbotenen Beschäftigungsarten (auf Bauten, in der Schieferindustrie,
in Kalkbrennereien, Blei-, Zinn-, Zinkgiefsereien, Feilenhauereien u. s. w.).
Es wurden in der Kommission viele Versuche gemacht, den Kreis der ver-
botenen Beschäftigungsarten zu vergröfsem, was auch hinsichtlich der
Arbeit in Gipebrennereien, Schmiede- und Schlosserwerkstätten, Gerbereien,
im Schornsteinfeger- und im Speditionsgewerbe gelang. Weitere Anträge,
anch das Kegelaufsetzen, die Beschäftigung in SchieCsbuden, das Rttben-
vemehen und die Dienstleistung bei Treibjagden zu verbieten, drangen
dagegen nicht durch.
14*
246
9a9es9ef4)td|tltd|es.
Der 9. Internationale Eongrefs gegen den Alkoholisrnns findet
vom 14. — 19. April in Bremen statt. Unter den vorgesehenen „Diskns-
sions-Themata'^ ist hier besonders zn erwähnen : Erziehung und Schule
im Kampfe gegen den Alkoholismns. Referenten sind: Anton
DON-Rotterdam, Ghables WAKELT-London, Mrs. Mary HuNT-Boston
(U. S. Amerika).
Ein InltiatiY^egehren anf Reduktion der tftgliehen Sehnlseit
für die Madchen- und unteren Enabenklassen im Sinne der fakultativen
Einführung des Halbtagsunterrichts wurde der Landsgemeinde des Kantons
Obwalden (Schweiz) eingereicht.
Eine Bildnngsanstalt fflr sehwachsinnige Kinder beider Eon-
fessionen zu gründen, beschlofs die Kommission der Gemeinnützigen Ge-
sellschaft des Kantons St. Gallen (Schweiz).
Über die Fürsorge fflr die infolge Austrittes ans der Schule
Yom Armenetat entlassenen Kinder referierte unlängst Regierungsrat
RiTSCHABD in der Sitzung des Grofsen Rates des Kantons Bern (Schweiz).
Diese Fürsorge hat den Zweck, das Wohl der Entlassenen in sittlicher,
geistiger und körperlicher Hinsicht zu fördern, sie geeigneten Beschäfti-
gungen und Berufstätigkeiten zuzufahren und dadurch in den Stand zn
setzen, ein ehrbares Auskommen zu finden.
Einen Ferienkurs fiber Sehulhygiene wird im Juli d. J. in Greifs-
wald Geh. Medizinalrat Prof. Dr. Löffleb einstündig wöchentlich lesen.
(Mitgeteilt von Prof. Bbbnheim.)
Über das Zttchtlgnngsrecbt der Lehrer hat das Reichsgericht eine
bemerkenswerte Entscheidung geftllt. Ein Lehrer wurde von einem
Schüler, der zwar nicht seiner Klasse, aber derselben Schule angehörte,
beschimpft und erteilte ihm dafür in vorschriftsmäßiger Weise zwölf Stock-
schläge, die Striemen verursachten. Auf Antrag des Vaters verurteilte
das zuständige Landgericht den Lehrer wegen fahrlässiger Körperverletzung
zu 20 Mark Geldstrafe, weil es von der Ansicht ausging, dals auch eine
geringere Anzahl von Schlägen genügt hätte. Das Reichsgericht hob dieses
Urteü auf und verwies die Proze&sache an das betreffende Landgericht
zurück, indem es ausführte, das Gericht habe nicht zu untersuchen, ob in
dem einzelnen Falle gerade vier oder acht Stockschläge genügt hätten,
sondern es sei festzustellen, ob das Züchtigungsrecht überhaupt überschritten
worden sei. Demnach beruhe es auf einem Rechtsirrtum, wenn das Land-
gericht aussprach, dafs der Lehrer sich im Rahmen des Züchtigungsrechte
gehalten habe, dafs aber die Schuld des Schülers durch weniger als zöwlf
Stockschläge gesühnt gewesen sei.
Zu Gunsten des Schulranzens. Eine höchst beachtenswerte Be-
kanntmachung hat, nach einer Mitteilung der „Ältehburg, Ztg,^, soeben
247
der Stadtrat in Netzschkau erlassen, indem er die Eltern der neu der
Schale zuzuführenden Kinder aufmerksam macht, daüs sie den Kindern
zum Schulbflchertragen einen Schulranzen (Schultornister) statt einer Schul-
tasche anschaffen möchten. Durch die einseitige Belastung des jugend-
lichen Körpers, so wird die Bekanntmachung motiviert, wie sie das Tragen
einer Schultasche mit sich bringt, werden leicht Rückgrat- und Schulter-
Yerkrflmmungen u. s. w. hervorgerufen oder doch zum mindesten gefördert.
Ffir skrophulSse Selinlkillder. Wie wir der „Strafsburg. Ztg^
entnehmen, hat der Gemeinderat von Strafsburg auch dieses Jahr die
Mittel bewilligt, aus welchen wieder 100 an Skrophulose leidenden Schul-
kindern Gelegenheit zu einer unentgeltlichen Kur in einem Soolbade ge-
geben werden soll, und zwar können von jeder Schule bis drei Knaben
oder Mftdchen mit dieser Wohltat bedacht werden. Die sonst kränklichen
oder schwächlichen Schulkinder werden in den verschiedenen Ferienkolo-
nien im Laufe des Jahres gepflegt werden.
Besfiglieh der Sehnlgesnndheitspflege hat, wie die „Frank, Zig,""
mitteilt, die Kreisregierung von Oberfranken eine Entschlieüsung er-
lassen, worin bemerkt ist, dafs vielfach die rechtzeitige und vorschrifts-
mäfeige Durchheizung und Lüftung der Lehrzinuner nicht vorgenommener
die Vorschriften über Keinigung und Beinhaltung der Schulgebäude nicht
streng durchgeführt, ferner für warmes Schuhwerk der eingeschulten Kinder
nicht genügend gesorgt werde und entschieden noch mehr zu geschehen
habe, um demjenigen Kindern, welche wegen weiter Einschulung über
mittag in der Schule verbleiben müssen, eine warme Suppe oder et^as
erwärmte Milch verabreichen zu können.
Der Gesundheitszustand der Dresdener Schnlkinder ist nach
den schulärztlichen Untersuchungen kein befriedigender. Wie die j^Dresd,
N. Nachr. ^ mitteilen, war nämlich von etwa 5000 untersuchten Kindern
die reichliche Hälfte krank, und zwar wurden namentlich solche Krank-
heiten gefunden, die auf mangelhafte Ernährung und ungesunde Wohnungen
zorflckEufÜhren sind. Abgesehen von Lungenkrankheiten, fanden die Ärzte
19,3% Blutarme und Schwächliche und 12,4%, die an Erkrankungen
des Knochensystems, besonders an Rachitis, litten. In Dresden gibt es
Bezirksschulen und Bürgerschulen; die ersteren werden namentlich von
Arbeiterkindern, die letzteren von Kindern des Mittelstandes besucht. Es
gewährt nun einen Einblick in die sozialen Verhältnisse, daCs nach den
bei 51000 Schulkindern angestellten Messungen die Kinder der Bezirks-
sdralen im Durchschnitt, sowohl im ersten wie im achten Schuljahr, etwa
3-4 cm kleiner waren, als jene der Bürgerschulen. Auch dieser Gröfsen-
onterschied ist auf die verschiedene Lebenshaltung in den beiden Bevölke-
nmgsklassen zurückzuführen.
Znr Haftpfliclit der Stadtgemeinde gegenfiber Schnlkindern
hr Schäden, welche auf Mängel in den Schuleinrichtungen zurückzuführen
sind, ist eine Verfügung bemerkenswert, die von der Schuldeputation in
Berlin an die Rektoren der Gemeindeschulen gerichtet worden ist. Die-
selbe lautet, wie wir der ^^Deutsch. Warte^ entnehmen, am Eingange
folgendermalsen : „Zu unserem Bedauern haben sich mehrfach Schulkinder
durch Einreifsen von Banksplittern verletzt und muTsten auf Kosten der
248
Stadt ftrztlich behandelt werden!*' Um diese Voricoittninifise nach Möglich-
keit za verliflten, sollen fottan die Rektofen halbj&hrlieh, und 2W8f $m
1. Mftrz and am 1. September eines Jeden Jalktee, beriebtett, dab die
Bftüke der betreitenden Oemeindeschnle auf ihren Ztrstattd tdtterstieht sind.
Die bei dieser üntersiicbüng etwa anfgefnndeiien Mängel sind der BetaMle
Bot6tt Tä melden.
Ül^t <aa ZnaftHmi^iiwirkeii tra inUn und hOmm aar
leMmg Am ffUftundbidtaciutolldea 4#f Selmffii^eild sptneb Professor
Dr. A. HaHtmxnkt in der MAtzsitzong des JngendfOrsorge-Verbandes der
Beiilner Lelfferschaft.
In BefUnei^ Ytttin Ar S^lml^ecrtuiA^ttapflege sprachen im Man
Obeil^ter Dr. KsttsiES Aber das ünterrichtspensum der ttnteren Klassen
hOhei'er Lehranstalten im Liebte der Psychologie nifd Hygiene, und Prof.
D^ A. Baginskt Aber die Aaswahl der neneintretenden Schtdkinder dnrch
den Schalarzt.
Pfl^^aehwert^n an 9tetdÜthM Bekll^ll. im Ostende ron New
Tori[ dhd kftrzlich nenn nnd in Brooklyn drei Pflegeschwestem an öffent-
lichen Scbiüeh angestellt. Jede Yon ihnen hat — Wie iHr dem ^New
T&tk Med. JoufH^ (Deüettiber 1902) entnehmen — tagUdi einen Rund*
gang durch drei bis vier Schalen ztt machen and sich den Kindern zu
widmet, die ihr Tom nntersnchenden Arzt zagewiesen shud. Nach Schol-
schhils sacht sie die kranken Kinder it ihren Wolmangen aof nnd steht
den Eltern der kleinen Patienten mit Rat und Tat zof Seite. Hierdarch
wird ton seiteü der Schale aach eine gewisse Kontrolle geschaffen, indem
die Pflegerinnen sich bei ihren Besnchen tergewissera, daA die Kinder
nicht langer als notwendig dem Unterricht fem bleiben.
WeiblielieB Pflegepersonal für die Schul«, ün letzten Jahre
— so berichtet das „British Med, Joum.** -— wurde von dem Londoner
„School Board*' eine Pflegerin angestellt, die in einer bestfanmten Anzahl
Sehulea die Kinder auf Ünrdnlichkeit, Hantansschlage, HaaransMl u. s. w.
zu ohtersnchen hat. In besonderen Fällen setzt sie sich mit den Eltern
ins Einvernehmen, gibt Anweisung zu einer angemessenen Pflege oder Ter-
anlaibt sie, ärztlidie Hilfe in Anspruch zu nehmen.
Sie darf nicht selbständig eine Behandlung vornehmen, gibt nur Direk-
tiven fttr eine solche, erieichtert und untei*stCitzt also die Arbeit der Schul-
ärzte, als deren Gehflfln sie sich zu betrachten hat.
Die Einrichtung bewährte sich so vorzfigllch, daTs zwei weitere Pflege-
rinnen angestellt werden konnten, doch hat hierbei die ungeschickt abge*
faikte Ankündigung des School Board, die den Pflegerinnen fast ärztliche
Beftignisse einräumte, in medizinischen Kreisen recht verstimmt.
Die erste hessische zahntrztliehe Poliklinik flr Volkaaekil-
kind^ir wurde unlängst in Darm Stadt feierlich eröffnet. Dieselbe wurde
durch den Verein hessischer Zahnärzte unter Mitwirkung von Privaten und
der städtischen Verwaltung ins Leben gerufen. Der Verein hat außerdem
einen Preis von 400 Mark ausgesetzt für das beste ztt Schulzwecken ver-
wendbare Werk über „das menschliche Oebifs und seine Pflege".
Eine Ansstellnng auf itm Gebiete der Sehnl^eanndkeltai^iege
soll, wie die Tagesblätter berichten, mit der im laufenden Jahre in
249
Dresden stattfiodenden deutschen StädteavssCeUimg, nach deren Pro-
llberhanpt die Abteihing „Schulwesen'' in heryorragender Weise be-
werden dttrfte, verbnnden werden. Im Anschlösse an diese Ab-
teHmg soD eine besondere Gruppe fflr das BOdnngswesen der Erwachsenen
gebildet werden, in welcher die Einrichtungen der Städte anf dem Oebiete
des Yolksbildnngswesens, wie LesehaDen, VolksbibHoliieken, Yolksheime
n. dergl., zur DarsteOnng kommen sollen.
9M^itigng 1er Kitliflfe der Kmier an <er Kefaiigug der
SAllftiuer. Die kgl. R^erong in Coblens hat bezflgUch des Reinigens
der Sehnlzhnmer dnrdi Sdralhinder an den Enltusminister eine Ehigabe
geriditet, die in ihrer Hanptsteüe hintet: Es ist in letzterer Zeit ans ein-
zdnen kuidrfttHehen Kreisen heraus wiedeiiioH bei nns beantragt worden,
(fie Sdinlreinignng anderweit zn r^eln und die Einderarbeit gftnztich zu
untersagen. Wir haben zufbigedessen neuerdings hierflber unsere sämt-
liehen ünterbehOrden befragt. Fast ausnahmslos ist die obige Anforderung
(Reinigimg durdt Erwadisene) sowohl hn Interesse der Oesundheitspflege,
als auch zur Fdrderung der Reinlichkeit und Ordnung in den Schulhäusem
gitg^elften worden, und sdbst diejenigen Tereinzelten Berichterstatter»
die f&r die einfacheren Schulverhflltnisse, hauptsflchlich im finanziellen
Interesse der Gemeinden, das zmrzeit bestehende Herkommen erhalten sehen
mechten, sind durchweg der Überzeugung^ dafs eigentlich nur durdi die
Beseitigung der unzureichenden Kinderbeihilfe ertrftglidie Zustande auf
diesem CMdete geschaffen werden können. Eure Exzellenz bitten wir
hisnifteb nunmehr gestalten zu wollen, dafs wir ffOiT unseren Terwaltungs-
bezirk eine gleichartige Bestimmung treffen.
Inttlif^e D(rftt)itit)en.
Bau und ffinriehtu^ I&EdHeker Scknllüliuer.
Berlin, den 20. Deoember 1902.
Aue den auf den Rnnderlafe Tom 15. November 1896 — U. HI.
E. 7422, G. III. A. *• ^■«- — (Zcntrbl. S. 828) erstatteten Berichten
der Königlichen Regierungen habe ich mit Befriedigung ersehen, dafs die
Bestimmungen der mit diesem Erlasse mitgeteilten Denkschrift über Bau
rai Einriditung l&ndlieher YolksschuMuser in Preufsen sich in ihrer An-
wendung in ganzen bewährt haben, und dals ein Bedttrfnis zur Abftnde-
nmg oder Ergänzung dieser Bestimmimgen oder der ihnen beig^^benen
Mvter-Entwflrfe im allgemeinen zurzeit nicht vorliegt.
Wenn von einigen Sdten bezflgUch einzelner Anordnungen Einwen-
duigen und Abftnderungswflnsche vorgetragen sind, so beruhen dieselben
zom gröiseren Teil auf einer Verkennung der Absicht, welche f&r die
Denkschrift und die Aufstellung der ihr beigegebenen Muster-Eatwfirfe
250
leitend war, und welche dahin ging, zu zeigen, wie vielseitig sich Grand-
rüs nnd Anfbaa der Schnlh&nser gestalten lassen. Weit entfernt, den
Mnster-Entwürfen die Bedeutung bindender Normalien zu geben, sollte
allein die Erfüllung der bezeichneten hygienischen schul- und bautecbnischen
Anforderungen bei der Ausführung der Schulbauten sichergestellt, im übrigen
aber Air diese in jenen Entwürfen lediglich eine Reihe von Beispielen mit-
geteilt werden ; denn es ist naturgemäis nicht wohl möglich, für alle Fälle
verwendbare Entwürfe zu geben. Die Art der Ausführung wird sich viel-
mehr im Einzelfall nach dessen besonderen Verhältnissen zu richten haben.
Ich kann es aber auch nur als erwünscht bezeichnen, wenn sich die Aas-
führung in Bauart, Ausstattung u. s. w. tunlichst den örtlichen Verhält-
nissen anpafst, und damit nach Möglichkeit Beschwerden vorgebeugt wird,
wie sie in neuerer Zeit auch im Landtage laut geworden sind. In dieser
Beziehung erwarte ich daher, dafs die in dem Runderlasse vom 15. No-
vember 1895^ und der Denkschrift enthaltenen Weisungen, wonach die
Entwurfsbeispiele den örtlichen Bedür&issen derart anzupassen sind, dafe
der Bauausführung hinsichtlich der Anwendung und Erhaltung des Orts-
üblichen volle Bewegungsfreiheit gewährt wird, entsprechende Beachtung
finden.
Einzelne Regierungen haben darauf hingewiesen, dafs die Mause der
in den Entwurfsbeispielen vorgesehenen Eingangsflure bei Anbringung von
Vorrichtungen zum Aufhängen der Überkleider nicht ausreichen. Dieser
Hinweis erscheint zutreffend. Eine in mäfsigen Grenzen gehaltene Erwei-
terung der Flure kann deshalb in Fällen, wo derartige Vorrichtungen ge-
wünscht werden und nicht etwa anderweiten Bedenken (z. B. Diebstahls-
gefahr) begegnen, gut geheifsen werden.
Von anderer Seite sind Wünsche im Interesse einer Erleichterung der
Erwärmung der Elassenräume geäuCsert und durch die Besonderheit der
klimatischen Verhältnisse bestinmiter Gegenden begründet worden. Um
diesen Wünschen entgegenzukommen, will ich mich damit einverstanden
erklären, da(s unter derartigen Verhältnissen, sofern im Einzelfall die hin-
reichende Beleuchtung der Elassenräume durch die freie Lage des Schnl-
hauses gesichert ist, das für die Fensterfläche vorgeschriebene Mindestmafs
auf V« <^^f Bodenfläche des Elassenraums herabgesetzt, und das Mindest-
mais von 3,20 m für die lichte Höhe des Elassenraumes auch dann zu-
gelassen wird, wenn bestimmungsmäfsig ein höheres anzuwenden sein würde.
Im übrigen aber wird auch fernerhin an den Grundsätzen des Rand-
erlasses vom 15. November 1895 und der zugehörigen Denkschrift fest-
gehalten werden müssen. Insbesondere wird eine Ermäfsigung der unter
Ziffer 1 — 4 dieses Runderlasses gestellten hygienischen, bau- und schul-
technischen Forderungen nicht eintreten können. Es gilt dieses, wie ich
ausdrücklich gegenüber abweichenden Wünschen hervorhebe, namentlich auch
hinsichtlich der Lüftungsvorrichtungen und Isolierschichten. Anderseits
können, wenigstens bei den mit staatlicher Beihilfe auszuführenden Schul-
bauten, Wünsche, welche hinsichtlich des Umfanges und der Ausstattung
' Biese Zeitschrift, 1896, S. 221, 282, 347, 423.
251
der Gebftade über die in der Denkschrift gezogenen Grenzen hinausgehen,
nur bei ganz dringenden Anlässen berücksichtigt werden.
Dabei wird indessen nicht an(ser acht zu lassen sein, dafs die Denk-
schrift nur Landschulhäuser kleinerer Gattung im Auge hat. Ihre Be-
stimmungen können daher bei vielklassigen Schnlhäusem mit zwei und
mehr Geschossen neben dem Erdgeschosse nicht ohne weiteres in Betracht
konunen. In solchen Fällen kann yielmehr nur ihre sinngemäfse Anwen-
dung in Frage kommen, während im flbrigen die im Interesse der Ver-
kehrssicherheit ftlr Gebäude mit Yersanmilungs- u. s. w. Bäumen gegebenen
Vorschriften vom 1. November 1892 entsprechend anzuwenden sind. In
derselben Weise haben die Bestimmungen der Denkschrift auf städtische
Schulen Anwendung zu finden, wobei namentlich diejenigen hygienischen,
sowie bau- und schultechnischen Charakters in Betracht kommen.
Ich nehme in diesem Zusammenhange Veranlassung, auf die Not-
wendigkeit gründlicher, in angemessenen Zeiträumen zu wiederholender
Revision der Schulen in Bezug auf ihre bauliche Unterhaltung und Instand-
setzung hinzuweisen. Soweit die Aufsicht der Schulvorstände bezw. die.
kommunale Aufsicht sich in dieser Hinsicht nicht als ausreichend erweisen
sollte, werden die Orts- bezw. Ereis-Schulinspektoren ihr Augenmerk auch
hierauf zu richten und, falls den gerflgten Mängeln seitens der Banpffichügen
nicht alsbald abgeholfen wird, der Königlichen Regierung behufs Veran-
lassung des Erforderlichen zu berichten haben. Zugleich werden die
Lehrer mit der Weisung zu versehen sein, die ihrerseits bemerkten Bau-
mftngel bei der zuständigen Behörde rechtzeitig zur Anzeige zu bringen
nnd sich dabei gegenwärtig zu halten, dafs die verspätete Beseitigung ur-
sprünglich unbedentender Mängel mit vermehrten Kosten verbunden ist.
Endlich ist noch hervorzuheben, dafs sich unter Umständen da, wo es.
sich um die Beschaffung von Interims-Schulräumen handelt (bei elementaren
Unglflcksftdlen, Epidemien, starker KlassenüberflÜlung und anderen Anlässen)
die Beschaffung der neuerdings von mehreren Fabriken hergestellten trans-
portabeln Schulbaracken möglicherweise namentlich in den Bezirken zu
empfehlen ist, in denen mit einer wiederholten lohnenden Verwendung
gerechnet werden kann.
Einem weiteren Berichte über die Bewährung der Bestinmiungen der
Denkschrift wiU ich nach Abhiuf von fOnf Jahren entgegensehen.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
Studt.
An
die Königlichen Regierungen.
U. m. E. 9136.
[y^ZontraXbl. f. d. ges. UfUerr.'Veno. m Freufsm*", Febr.-H., 1903.)
252
£Httainx.
Bespreohnngen.
8t. RuncKA, Madien zir relatl?eB Photometrie, Jtrchh f. Hfgime,
Bd. 43. 1909.
R. bespricht die verschiedeneB Arten der Liditmesflirag, besonders
genau die chemisefaen Methoden, bei denen die chemischen Wirknngen der
Lichtstrahlen als ein Malsstab fttr die Lichtintensftftt bennt2t werden, indem
man die Einwirkung des Lichts anf leicht empfindliches Papier nntersncht.
Er berichtet weiterhin, da(h es ihm gelangen, ein fttr derartige ünter-
snchnngen besonders geeignetes Papier, und zwar derart herzustellen, dads
es ohne Yorschaltnng eines blauriolette Strahlen absorbierenden Filters an
nnd ftr sich schon das Maximum der Wirkung ergibt, was deshalb Ton
Wichtigkeit ist, weil die Netzhaut unseres Auges das Maximum der
Empfindlichkeit im gelben Tefle des Spektrums besitzt.
Verfasser bespricht dann weiter eine neue Methode der Liehtmessnng,
welche er als „relative Photometrie** bezeichnet. Da es sich nun in
der Yorliegenden Arbeit nicht um eine fertig durchgearbeitete, fdr die
Praxis verwendbare Methode, sondern nur um Studien fftr Gewinnung einer
solchen handelt, nnd da diese Studien verschiedene, in einem kurzen
Referat kaum wiederzugebende Hypothesen enthalten, dürfte es sich
empfehlen, mit der Beschreibung der Methode in dieser Zeitschrift zu
warten, bis R. dieselbe mit seinem neuen Papier ausgearbeitet haben wird,
was er in seiner Arbeit in Aussicht stellt.
Professor W. PRAirsNiTZ-Gri^.
Ravbnhill, Augb, On the TeaeUng* of Hygiene in the sehools and
eollegea of the United States of Ameriea. Jeumal of the Semitary
Insmute. London, April 1902. Vol. XXTTT, part 1.
Verfasserin schildert in ausführlichem Bericht die Eindrücke, welche
sie anf einer im amtlichen Auftrag unternommenen Studienreise gewonnen
hat. In den Vereinigten Staaten ist die Schulverwaltung nicht in europiti-
schem Sinne zentralisiert. Wohl bestehen einheitliche Orundzüge für den
Lehrplan, aber die Einzelausführung bleibt dem Lehrer frei überlassen, so
dais seine Individualität und die wechselnden Bedürihisse der Schüler voll
zur Geltung kommen können. So ist das Bild des Unterrichts von an-^
regender Vielseitigkeit, deren Reiz noch erhöht wird durch die eigenartig
ausgeprägte Selbständigkeit des amerikanischen Kindes im Denken und
Handeln. Es gibt unter den Schülern keine gesellschaftlichen Unterschiede.
Aller Unterricht in Volks- und höheren Schulen ist — bis auf geringe
Abgaben ftlr fortgeschrittene technische Kurse — völlig frei. Die Kosten
werden teils durch Steuern aufgebracht, teils durch grolsartige Stiftungen
reicher Bürger gedeckt. Auch in den zahlreichen Fällen, wo die Schüler
258
fern ytm ElterBbaas aufwachsen misaeii, ist ittr VSMge und ffWMbnÜBige
üaiferlRinft gesorgt. Es ist — oft zm Sduulan der Oesimdheit — mchts
sekeiies, dab ein Kind durch Nebenverdienst sich den Unterhalt ftr die
16 BehttQahre erwerben mnft.
In aHen Sebiditen der Berölhernng wird die Schule deshalb mit be-
sonderer Liebe gefordert und gepfflegt, weil man sie aHgemefn als einen
der Ortmdirfeiler nationaler WoUfshrt nnd (^esmidheit würdigt. Die
allgeneine Hygiene nnd die Hygiene des Körpers nehmen denn aveh hn
UttCerrieht dnen heryorragenden Platz ein. IMbei wird weniger aof ttieo-
retisebe Kemitaisse, als auf Anscfaaimng itnd praktische Übnng Gewicht
gelegt Die Lehrer, denen zom Stndimn der Hygiene tberall mannigfiuihe
Gelegenheit gegeben wird, werden v<m vornherein dazn ansgebüdet and
daaernd dahin flberwacht, dab sie mit gutem Beispiel vorangehen imd
gMehsam als lebendige Predigt das Evangelium der Hygiene in weitesten
Kreisen ausbreiten. Knne während der dreunonatUchen Sommerferien und
Uflätersity' Extension -Lectures sorgen Itlr Auffrischung und Fortsdneiten
ihrer Kenntnisse auch in diesem Fadi. Mehr und mehr werden neuer-
dings Leibesübungen gepflegt und Spiele, wie Tennis, audi Radfahren,
Schwimmen u. a., angeregt. An manchen höheren Schulen wird Jedes Kind
beim Eintritt auf seinen Oesundheitszustand untersucht und alQahrlich nach-
untersucht. Bei dieser Odegenheit wird es auf etwaige Fehler und Schwachen
hhigewiesen und seüi Ehrgeiz geweckt, durch entsprechende Übungen solche
aussi^leichen. Der Atemgymnastik widmet man besondere Soi^gfslt.
Was die Schulgebäude anlangt, so klagt man vor aDem in den West-
staaten darfiber, daCs das flbliche Submissionswesen in kurzsichtiger Krämer*
Politik die Fortschritte der Hygiene hindere. Bei der Planlegung eines
Gebäudes wird in erster Linie danadi gestrebt, vernünftige Klassenräume
zu schalfen, erst in zweiter Linie wird die äubere Form bedacht. Ein*
gehender beschrdbt der Bericht die Stadtschulen in New York. Volks-
schulen finden sidi häufig in H-Form gebaut, wobd die langen Schenkel
zu zwei Pardlelstrafsen querstehen. Ziegdrohban mit Eisenkonstruktion
herrscht vor. Flache Dächer, dicht mit galvanischem Drahtnetz aberzogen,
dienen viel als Spielplätze, die Luft ist vid klarer, trockener und reiner
als in dem feuchten Nordseeklima. Eine Aula fehlt meistenteils. Die
FnfebMen bestehen durchweg aus gefalzten Hartholzbohlen. Konkret hat
sieh auf Korridoren nicht bewährt, es stäubt zu stark. Letztere fidlen
flbiigens allgemein durch ihre Brdte (bis zu 24 Fuft = ca. 7,3 m) auf,
sie sind mit Bildern hübsch geschmttckt, hell und oft als Spiel- oder Tum-
räume benutzt. Wendeltreppen sind verpönt. Treppengeländer haben häufig
zwei Leitstangen übereinander ftlr kleinere und gröbere Kinder. Alle Türen
schlagen nach aulsen. Auf manchem Schulhof ist ein grofser Sandhaufen
die Wonne der Kleinen. Eine kahle Hofinauer war durch ein Bild, das
Meeresufer darstellend, wirksam geschmückt.
Bei Grundrissen von höheren Schulen wird die T-Form bevorzugt.
Im Gegensatz zu den einfachen Volksschulbauten herrscht hier ein gewisser
Luxus, und zwar weniger an dem Gebäude selbst als in der Innen-
einrichtung. Neben Treppen finden sich Aufzüge für 30 Personen. Künst-
liche Ventilation ist überall angebracht; man sieht dabei ab vom Filtrieren
264
und Anfeuchten der zugeffthrten Luft, ac)itet aber sorgfältig auf möglichst
reine Bezugsquellen. Auf jeden Schüler werden an Klassenraum durch-
schnittlich 20 Quadratfiifs und 240—270 Kubikfufs gerechnet. Doppel-
fenster sind gegen Kälte und Lärm beliebte Mittel. Fenstervorhänge haben
durchweg grüngelbe Farbe und sind meist noch als Bouleaux angebracht.
Die Aborte wurden häufig dunkel befunden, sie liegen noch oft in den
Schulhäusern selbst, und das übliche Trogsystem kann Geruchsbelästigungen
nicht ausschliefen. Auch die Waschgelegenheiten lassen zu wünschen übrig.
Die Kleider der Schüler hängen auf den Korridoren, einzelne besondere
Garderobenräume waren schlecht erleuchtet und ventiliert. Schulbäder gibt
es noch nicht viele. Zur Klasseneinrichtung übergehend, bemerkt Ver-
fasserin, dafs in neueren Schulen verstellbare Einzelsitze und -Tisdie be-
vorzugt werden. Die Systeme „Heusinger*', „Frictionside*^, „Union** und
„Moscher" sind auch in Deutschland mit ihren Vorzügen und Nachteilen
bekannt. Eigenartig fällt auf, dafs oft drei Klassenwände als schwarze
Zeichentafeln aus Schiefer oder Holz ausgebildet sind. Man will die Kinder
zum Zeichnen anreizen und sie dadurch hindern, die Tische zu bekritzeln,
freie Armbewegung und sichere Strichführung fördern. Die oberen Teile
der Wände, meist mattgrün, -grau, -gelb gestrichen, sind mit Bildern
geziert ; auch Blumen, kleine Herbarien oder Aquarien fehlen fast nirgend,
so dals die Klasse ein viel behaglicheres Aussehen erhält als bei uns. Die
Reinigung der Klassen, Vorplätze und Treppen ist häufig wegen mangelnder
Geldmittel ungenügend. Für Trinkwasser ist ausgiebig gesorgt, ein etwa
1 m hohes Becken mit einem durch Federdruck senkrecht hochspritzenden
Strahle soll sich als direkte Trinkgelegenheit besser bewähren als Fontänen
mit Schöpf becken. In der richtigen Erkenntnis, dafs die Ernährung während
der langen, ungeteilten Schulzeit von hervorragender Bedeutung für das
Körperwohl und für die geistige Au&ahmefilhigkeit der Kinder ist, und dafs
da noch vieles im argen liegt, hat man mit grofsem Erfolg warme MaM-
zeiten zu 5 cts. (ca. 20 Pf.) in möglichster Mannigfaltigkeit bei ver-
schiedenen Schulen eingeführt. Eigentümlicherweise sind die Spielplätze
gänzlich ungenügend — oder sollte hier das englische Auge der Bericht-
erstatterin zu verwöhnt sein? Die Schularztfrage ist ganz verschieden
gelöst, in einzelnen Städten vollkommener als in anderen. Die Über-
bflrdungs- und Überfüllungsfrage beschäftigt auch jenseits des Ozeans die
Gemüter, ohne dort ihrer Lösung näher gebracht zu sein als hier. Klassen
mit 60 Schülern sind keine Seltenheit, neue Klassen werden mancherorts
nur für 40 Kinder berechnet. Zum Schlufs werden noch einige private
Musterschulen und die Kurse für schwachsinnige Schüler kurz beschrieben. —
Man sieht, auch in Amerika ist noch nicht alles vollkommen, aber in
manchen Dingen können wir von dort viel lernen.
Dr. SiEYEKiNG-Hamburg.
§tv $fl^itlitrfi
L Jahrgang. 1903. No. 4.
<Drt9titalabl|aitblitft9ett.
über BchnUritliche Statistik und die Priniipien bei Auswahl
der sogenannten ärstlichen BeobachtnnfsschtQer.
Von
Dr. Samosch,
Schularzt in Breslan.
Die Frage der solmlärztliolien Statistik und der Answahl ärzt-
liclier Beobaohtnngsschüler sind Detailfragen anf scbnlärztlichem
G-ebiete, an deren Beantwortung erst herangegangen werden kann,
nachdem eine genügende Menge sohnlärztlicher Erfahrungen gesammelt
worden ist. Erfreulicherweise hat nun die Schularztinstitution in
den letzten Jahren eine derartige Verbreitung und Ausdehnung ge-
wonnen, dafs heute wohl schon der Zeitpunkt gekommen ist, wo
wir die oben genannten Fragen zur Diskussion stellen können, um»
wenn möglich, eine Einigung deutscher Schularzte über dieselben zu
erzielen und eine Einheitlichkeit in unserem Vorgehen nach dieser
Richtung hin herbeizuführen. Eine sorgftlltige, einwandsfreie schul-
ärztliche Statistik erscheint mir von prinzipieller, ja geradezu funda-
mentaler Bedeutung für die Schulhygiene nach zwei Seiten hin.
Einerseits verschafft; sie dem Schularzt einen Überblick über das ihm
anvertraute Material und bietet ihm somit eine Unterlage für eine
weitere ersprieisliche Tätigkeit, andererseits dient sie fär die Behörden
und die Laienwelt als unwiderlegliches Beweisstück für den Wert
schulärztlicher Untersuchungen.
Um die behauptete Wichtigkeit der Statistik ftir die Fort-
entwicklung einer 'praktischen Schulhygiene darzutun, dürfte es zu-
Der Schulant. L 7
64 256
nächst zweokmälüsig sein, den bisherigen Entwicklungsgang der Schul-
hygiene in greisen umrissen kurz zu skizzieren.
Die Schulhygiene, eine Errungenschaft der letzten Jahrzehnte
des yergangenen Jahrhunderts, nahm ihren Ausgangspunkt dayon,
dais durch zahlreiche, beweiskräftige Arbeiten hervorragender
hygienischer Forscher schwere G-esundheitsstörungen bei Schul-
kindern als Folge des Schulbesuchs festgestellt worden waren. Auf
Grund dieser Feststellungen liels man es sich angelegen sein, die
äuiseren Einrichtungen der Schule und den gesamten Schulbetrieb
auf ihren hygienischen Wert zu prüfen; man bemühte sich, an-
erkannte Lehrsätze der allgemeinen Hygiene auf das Sondergebiet
der Schule zu überdragen, wobei man sehr bald erkannte, daTs die
Schule eine ganz besondere, eigenartige hygienische Betrachtungs-
weise verlangt. Aus der allgemeinen hygienischen Wissenschaft
wuchs als Spezialzweig derselben die Schalhygiene heraus. Mit
Rücksicht auf die vorwiegend praktischen Ziele und Zwecke der
Schulhygiene lieisen die berufenen Vertreter derselben sehr bald den
Ruf nach dem Schularzt erschallen, weil nur von einem hygienisch
vorgebildeten Arzt zu erwarten war, daTs er die Lehrsätze der
Schulhygiene in zweckentsprechender und nutzbringender Weise zur
Geltung bringen würde. Der Ruf nach dem Schularzt wurde so
lange wiederholt, bis er gehört wurde. In dem Augenblick aber,
wo der Schularzt Eingang in die Schule fand, war damit die Mög-
lichkeit einer wesentlichen, ja wie ich meine, für das Ganze unent-
behrlichen Erweiterung der Schulhygiene gegeben. Der kundige
Blick des Arztes blieb nicht blofs an den Mauern, Heizungs- und
Ventilationsvorrichtungen haften, sondern er schweifte' sehr bald auf
das lebende Material, auf die Schulkinder hinüber. Zur Schulhygiene
kam die Schülerhygiene hinzu. Um Wert und Bedeutung dieses Teils
schulhygienisoher Fürsorge darzulegen, bedarf es nicht vieler Worte.
Denn wie es von vornherein klar ist, dafs man den Einflufs eines
Milieus auf Lidividuen nur dann sachgemäfs beurteilen kann, wenn
man beides kennt, so kann auch die hygienische Bedeutung der
Schule nur dann richtig beurteilt werden, wenn man das Schäler-
material genau kennt. Es gibt ja allerdings eine Menge Fragen, die
allein vom allgemein-hygienischen Standpunkt aus beantwortet werden
können, z. B. der Bauplan, Ventilation, Heizung etc.; die Beant-
wortung der Frage aber: „Welchen Einflufs hat die Schule
auf den Gesundheitszustand der Kinder?^' setzt die Kenntnis
des Gesundheitszustandes der Schulkinder überhaupt voraus. Nehmen
257 55
wir z. B. «DL, es leidet ein Kind an dichten, zentralen Hornhaat-
fleoken; dieses Kind wird, am mit seinen gesondheitlioh besser ge-
stellten Konkurrenten gleichen Sohritt halten zu können, ein Plus
▼on geistiger bezw. nervöser fijraft aufwenden müssen. Dieser Mehr-
aufwand von geistiger Kraft wird das kranke Eand den Anstrengungen
der Schule eher erliegen lassen, als gesunde Sander. Ist nun hier
die Schule für den« durch sie angerichteten Schaden verantwortlich
zu machen? Nie und nimmermehr 1 Die Homhautflecke allein
tragen die Schuld. Ein anderes Kind, das sich vollkommen gesund
fühlt, wird zu Beginn des Schuljahres, etwa im April, vom Schul-
arzt als durchaus frei von Krankheitserscheinungen befunden. In
den nächsten Wochen siecht das Kind allmählich dahin, klagt viel
über Kop&ohmerzen, fühlt sich matt und elend. Der Schularzt
stellt zu Beginn der Sommerferien, Anfemg Juli, hochgradige Anämie
fest und konstatiert gleichzeitig, dals die Klasse des kranken Kindes
dauernd überfüllt ist, und dab das Klassenzimmer hygienischen An-
forderungen durchaus nicht entspricht. Die vierwöchigen Ferien
genügen, um das Band frisch aufblühen zu lassen. In diesem Falle
steht die Schuld der Schule an der beobachteten Gesundheitsstörung
auiser Zweifel. Die eben angeführten Beispiele illustrieren khur und
deutlich, welch groisen Wert Schuluntersuchungen für die Beurteilung
des Eiinflusses der Schule auf den Gesundheitszustand der Kinder
haben. Nebenher möchte ich erwähnen, dals dieser Teil schulärzt-
licher Tätigkeit in erster Beihe geeignet ist, den Widerstand der
Pädagogen gegen die Schularztinstitution zu brechen. Muls es denn
nicht jedem einsichtigen Schulmann als Vorteil dünken, von sach-
verständiger Seite über den Gesundheitszustand des ihm zur geistigen
Bildung anvertrauten Materials aufgeklärt zu werden? Der Bedeutung
der Schülerhygiene tragen wohl alle Dienstanweisungen Rechnung,
indem sie dem Schularzt auiser der Durchfiihrung der eigentlichen
Schulhygiene die Beobachtung und Überwachung des Gesundheits-
zustandes der Schüler zur Pflicht machen.
Wenden wir uns nun au der Frage, „Welches ist die Grund-
bedingung für eine erspriefsliche Tätigkeit auf dem Ge-
biete der Schülerhygiene?^ so kann die Antwort, wie bereits an-
gedeutet, nur lauten: Zunächst muTs der Gesundheitszustand der
Schüler überhaupt einmal festgestellt werden, es muls, wenn ich
mich so ausdrücken darf, der gesundheitliche Tatbestand erhoben
werden, und zwar in Form einer möglichst einwandfreien, einheitlich
und vorurteilslos zusammengesetzten Morbiditätsstatistik. Nun
56 258
hat allerdings das Wort Statistik in den Kreisen praktischer Medi-
ziner einen etwas üblen Beigeschmack. Was ist nicht alles schon
in der Medizin mit Hilfe der Statistik behauptet, bewiesen and
widerlegt worden 1 Die mangelnde Exaktheit nnserer Wissenschaft,
das subjektive Moment, das sie wie ein roter Faden durchzieht, der
menschlich recht verständliche Wunsch des klinischen Forschers,
klinische üntersuchungsergebnisse in Ermangelung experimentell oder
anderswie exakt beweisbarer Feststellungen durch die Statistik erhärten
zu wollen, haben dazu geführt, die klinische Statistik etwas in MiTs-
kredit zu bringen. Es wäre demgemäß recht wünschenswert, wenn
wir Schulärzte, die wir ja als solche Kliniker sein müssen, der
Statistik entraten könnten. Doch das ist unmöglich, weil wir ver-
pflichtet sind, unsere Resultate der ÖfPentlichkeit, und zwar haupt-
sächlich den Laien, zugänglich zu machen. Es wird sich nun darum
handeln, nach Möglichkeit bei unserer Statistik Fehlerquellen aus-
zuschalten. Das subjektive Moment, das unserer Wissenschaft eigen-
tümlich ist und schon bei der Frage, wann liegt Krankheit über-
haupt vor, eine erhebliche Rolle spielt, können wir nicht ganz aus<
schalten; wir können und müssen es aber vermeiden, Statistik von
einem vorgefaisten Standpunkt zu treiben, etwa in dem Sinne, daüs
wir die Schädlichkeit oder Unschädlichkeit der Scbule bezüglich des
Gesundheitszustandes der Kinder erweisen wollen. Unsere Aufgabe
ist es also, den Gesundheitszustand der Schulkinder zunächst einmal
ganz losgelöst von dem Milieu der Schule nach Möglichkeit objektiv
festzustellen. Nur ein derartig unparteiischer Standpunkt wird es
ermöglichen, klarzulegen, inwieweit soziale Schäden auJserhalb der
Schule, und inwieweit die Schule selbst den Gesundheitszustand der
Jugend beeinträchtigt. Ich bitte aber, mich hier nicht müseuverstehen
und etwa zu glauben, dafs ich die Notwendigkeit schulärztlicher
Fürsorge bestreiten könnte für den Fall, dais unsere Untersuchungen
die Schädigungen aufserhalb der Schule für wesentlicher erweisen
würden, als die durch die Schule bedingten. Granz im Gegenteil
haben wir gerade in diesem Fall Gelegenheit, unser ärztliches Wissen
und Können im Interesse unserer Jugend zu betätigen. Indem wir
nämlich durch unsere amtliche Tätigkeit bisher unbekannte und ver-
borgene Gesundheitsstörungen aufdecken, Eltern und Erzieher auf
die üblen Folgen mangelhafter häuslicher Pflege aufmerksam machen,
leisten wir der Allgemeinheit einen sozial und hygienisch ungemein
wertvollen Dienst. Bevor ich nun näher auf das „Wie' einer guten
schulärztlichen Statistik eingehe, halte ich mich verpflichtet, zuvörderst
259 57
eine kune ZuBammenstellung der mir sugänglioben Literatur* Angaben/
Statistik betreffend, zu geben. Die ersten statistisohen Zusammen-
stellungen von Wert stammen meines Wissens von Axbl Hsbtbl,
Kommune- Arst in Kopenbagen, der im Jabre 1881 die Resultate
der üntersuobung von S141 Knaben und 1211 Mftdoben der böberen
Schulen yeröffentliehte. Er &ud 31 % der Knaben und 39 % der
Mädoben obronisob krank. Die Untersuchung gesehah mittels Frage-
bogen an die Eltern, in denen sehr detaillierte Fragen betreffend
den GesundheitsBustand des Kindes zur Beantwortung duroh den
Hausarzt enthalten waren, und die auch nach Schlafens- und Arbeits-
seit zu Hause fragten. Die Untersuchungen von Hbbtsl sind auch
darum von greiser Bedeutung, weU sie die Anregung gaben, dafe
im Jahre 1882 in Dtaemark und in Schweden Kommissionen zum be-
sonderen Studium schulhygienischer Fragen eingesetzt wurden. Die
Untersuchungaergebnisse der schwedischen Kommission sind von Axel
Key in einem geradezu klassischen Bericht, der ien G-egenstand in seitdem
uneneicditer Weise erschöpft, zusammengestellt. Axbl Keys schul-
hygienische Untersuchungen, von denen eine sehr gute auszugsweise
Bearbeitung von Büii&BBSi^aiN existiert, imponieren durch die Zahl
und Form der statistischen Zusammenstellungen und die fHlUe der
Sehlu&folgerungen, die aus diesen Zusammenstellungen gezogen
werden konnten. Die Besultate der dänischen und schwedisehen
Kommission im einzelnen hier anzuführen, unterlasse ich und be-
achrfinke mich darauf, die Angaben Axbl Hbbtels wiederzug^sben,
der im Jahre 1888 in der ZeURChrifi für SchulgesundheUäpflege die
Beeultate der drei Untersuchungsreihen zusammengefabt und folgendes
fes^estellt hat : 29 % aller Knaben in höheren und in Volksschulen
eind knnk; 20% sind es bereits beim Sohuleintritt; im achten
Liebensjahr sind es 28%, dann steigt die Zahl der Kranken lang-
sam bis zum zdhmiten Jahre an, um im elften Lebensjahre stehen
' Die folgende ZnsammenBtellung soll keinen Ansprach aof absolnte Voll
«tfindigkeit erheben. Von der Voraussetzung ausgehend, dafs alle wichtigeren
Literatnr-Angaben, die die schnlarztliche Tätigkeit betreffen, in der ZeÜ^ihrift
für SfMlgtHmdKeUtpfltge in irgend einer Form erwähnt sein würden, habe ich
mieh darauf bescfarSnkt, aalier den gebränohiichen Handbfichem die 16 Jahr-
ginge dAaer Zdisehrift daraufhin dnndizusehen. Weggelassen habe ioh alle
Angaben, die mir aus irgend einem Grande für wissenschaftliche Zwecke nicht
geeignet erschienen. Aufserdem habe ich nur solche Statistiken erwähnt, die
den aUgemeiaeB OetondheitsKostand der Kinder betreffen. SperieHe unter-
snchnngan der Augen und Ohren z. B. blieben unberücksichtigt.
Der Sehalant I. 8
58 260
zu bleiben oder zu fallen. Im zwölften Lebensjahre wird jedoch
das Maximum Ton 31 % erreicht, dann sinkt die Zahl wieder bis
zum sechzehnten Lebensjahr, um nachher wieder etwas zu steigen. —
Von den Mädchen sind 41 % krank; beim Schuleintritt sind es
25 %, im zehnten Lebensjahr 43%; dann folgt ein Stillstand; mit
dreizehn Jahren wird das Maximum von 51 % erreicht. — loh
habe diese Untersuchungen etwas genauer angefahrt, nicht etwa, um
sie als vorbildlich für unsere Tätigkeit hinzustellen; die ünter-
suchungsmethoden, die wir in Deutschland anwenden, das Material,
das uns zur Verfügung steht, läfst keinen Vergleich mit den
nordischen Ländern zu. Ich habe sie nur angefahrt, weil sie, wie
schon oben erwähnt, die ersten wissenschaftlich wertvollen, statistischen
Zusammenstellimgen betreffend den allgemeinen G^esundheitszustand
der Schulkinder enthalten.
Von eminent praktischer Bedeutung fbr die Einführung der
Schularztinstitution in Deutschland waren die im Jahre 1895 vor-
genommenen Untersuchungen von 5000 Schulkindern in Wiesbaden,
bei denen 25% der Schulkinder als mit körperlichen Gebrechen
behaftet erkannt wurden. Auf Grund dieses Ergebnisses wurden im
Jahre 1896 in Wiesbaden Schulärzte angestellt, eine Tatsache, die
darum von so greiser Bedeutung ist, weil das preuüsische Kultus-
ministerium in einem Ministerialerlafs vom 18. Mai 1898 die Wies-
badener Schularztinstitution den preulsischen Städten zur Nachahmung
empfahl. Tatsächlich ist denn auch die Wiesbadener Schularzt-
institution vorbildlich für andere Städte geworden. — Eben&lls im
Jahre 1895 wurden in Marienberg, Königreich Sachsen, von 12000
Schulkindern 33 % für krank befanden. Aus demselben Marienberg
berichtet Bezirksarzt Dr. Oppblt im Jahrgang 1902 der Zeitschrift
für Schulgesundheitspflegej dafs er von 1845 Kindern 51 % für krank
befanden habe. — Aus den Berichten des Schularztes Dr. Gbein aus
Offenbaoh über die Jahre 1896/97 und 1899/1900 geht hervor, dals
er von 4393 beziehungsweise 5273 Schulkindern 3711 beziehungs-
weise 22Ö4 Krankheitserscheinungen^, mit Aussohlufs von Zahn-
erkrankungen und der unter ünsauberkeit aufgeführten Fälle, fest-
gestellt hat. — In Darmstadt wurden im Jahre 1898/99 unter 838
Lernanfongem 273, und unter 4664 älteren Schülern 2035 Krank-
heitserscheinungen^ festgestellt; 10,8 % wurden in dauernde ärztliche
^ Wieviel kranke Individuen den Krankbeitsersoheinnngen entsprechen,
ist nicht angegeben.
261 59
Beobaohtung genommen. — Aus Wiesbaden wird beriohtet, daüs im
Jahre 1898/99 von 970 Lemanfängem 51 % für krünklioh befanden
wurden. Im Jahre 1899/1900 waren von 939 Lemanfängern 55 %
krank; Ton 6672 älteren Schülern wurden in demselben Jahre bei
9,6% körperliche Gebrechen notiert. — In Königsberg standen im
Jahre 1899 von 18258 Kindern 42 %, und im Jahre 1900 von
18510 Kindern 24 ^/o in ärztlicher Beobachtung. Zieht man aber
die Zahl der an GAraohom Erkrankten, das in den Berichtsjahren
epidemisch auftrat, ab, so sind die entsprechenden Prozentzahlen
37% und 20%. — In Cannstatt wurden in zwei aufeinander folgenden
Jahren Schuluntersuchungen derart vorgenommen, dals 15608 Kinder
oberflächlich besichtigt wurden; die, welche auffielen oder sich selbst
als krank meldeten, oder vom Lehrer als krank bezeichnet wurden,
wurden genauer untersucht. Das Beeultat war, dals im ersten Jahre
11,6 % der städtischen und 7,5 % der ländlichen, und im zweiten
Jahie 12.3 % der städtischen und 7,7 % der ländlichen Eander fdr
krank befunden wurden. — Im Jahrg. 1901 der Zeitschrift fü/r Schul-
gesundheitspftege wird berichtet, dafs ein Antrag an das sächsische
Landee-Medizinalkollegium, betreffend die Überwachung der Schul-
kinder im ganzen Lande, damit motiviert worden sei, dafs in Leipzig
1899 54 % gesunde und 46 % der ärztlichen Überwachung bedürftige
Kinder festgestellt worden seien. In Dresden sind, wie die oben
genannte Zeitschrift dem Schwäbischen Merku/r entnimmt, in einem
Sohularztbeiirk 50,95% der Lemanfilnger für leidend befunden
worden. — In Schöneberg betrug das Krankenprozent der Leman&nger
62 % und in Leipzig nach einer genauen, tabellarisch gut über-
sichtlichen Statistik 41,6 Vo.^
(SohluA folgt.)
' Die letzten drei Angaben entstammen dem Jahrgang 1902 dieser Zeit'
sdifift.
tiitintxt iltitteilitit)eft.
Über Neueinfflhrnng yon Schul&rzten liegen ans mehreren
deutschen Städten Nachrichten vor. Strafsburg hat nach Mitteilung
der y,8irafsburger Pöst^ vom 1. April ab zwei Schulärzte für die innere
Stidt angestellt; vom nächsten Jahre an sind drei weitere Schulärzte
^ die Vororte in Aussicht genommen. Die neuemannten Schulärzte
8*
60 262
Dr. Belin and Dr. SOHLEsmaEB hielten in einer amtlichen Konferenz
der städtischen Elementarlehrer Vorträge fiher die Funktion der Schalärzte
and flher den Alkoholismas anter den Schfilem. — In Mainz ist nach
langen Yorrerhandlangen jetzt die yorlänfige Dienstanweisang fär Schalärzte
fertiggestellt. Es sollen fQnf Schulärzte angestellt werden mit je 800 Maik
Jahresgehalt. — In Saarloais wurde ein Schularzt in der Person des
Dr. Hesse angestellt. — Falkenstein in Sachsen wird nach ßesdünfs
der städtischen Kollegien eine Schalarztstelle schaffen. — InDuishurg
war im Stadtrat der Antrag auf Anstellung Ton Schulärzten Ton der Stadt-
schulTerwaltung bekämpft worden. Auf energisches Eintreten von Dr. Cop-
MANK wurde indessen der Antrag angenommen, die Schularztfrage einer
aus Mitgliedern der StadtschulTcrwaltung und des Ärztevereins bestahenden
Spezialkommission zur Prttfang zu unterbreiten. — Auerbach im Voigt-
land wird mit Beginn des neuen Schuljahres einen eigenen Schularzt an-
stellen. Die Dienstanweisung wird sich der in Leipzig geltenden an-
schlieben. — In Stadt Forst treten am 1. April die neuernannten
Schulärzte in Tätigkeit. — Den Landtag des Grobhensogtums Oldenburg
hat die Schularztfrage in einer Februarsitzung beschäftigt. Zu Gunaten
staatlicher Anstellung von Schulärzten sprachen sich aus die Abgeordneten
SOHULZ, Ahlhobn, HEiTMAim und Taxjtzen. Ein entsprechender
Antrag wurde der Regierung zur PrQfung fiberwiesen.
In Mfinchen stand im Gemeindekollegium der Antrag Dr. Wacexr
und Schön auf Einführung von Scholärsten zur Beratung. Der Aussdnis
hatte sich dafür ausgesprochen, den Antrag dem Magistrat zur WOrdigong zu
empfehlen. Die Mehrzahl der Bevollmächtigten sprach sich fär den Au8solni&-
antrag aus. Von liberaler Seite namentlich wurden die f&r die Einf&hrung ^on
Schulärzten sprechenden Gründe wirksam und nachdrücklich zur Geltung ge-
bracht. Die uHrunontanen Redner sagten, dab sie zwar nicht prinzipiell Gegner
der Institation der Schulärzte seien, dafe sie aber schwere finanzielle BedeAen
dagegen hätten. In namentlicher Abstimmung wurde der Antrag des Aus-
schusses mit 45 gegen 2 Stimmen angenonunen. Der Antrag Dr. Hbi«bl,
welcher dahin lautete, die Prüfung dieser Frage einer ans Vertretern der
Stadt, des Staates und der Münchener Ärzteschaft zu bildenden Konunission
zu übertragen, wurde mit grober Mehrheit abgelehnt. GemeindeberoU-
mächtigter Dall'Abmi regte als Finanzreferent des Gemeindekolleginms
an, der Magistrat wolle sich an das Ministerium wenden mit dem Ersuchen
um Übernahme der Kosten ftlr die Schulärzte durcJi den Staat. Dieser
Anregung stimmte das Kollegium zu.
SehnlSratliche Vortrige werden in Königshatte (Oberschleeien)
auf Anordnung des Magistrats TOr Lehrern, Magistratsmitgliedern und
StadtTcrordneten gehalten. Dr. Patbzbk sprach über Nervosität der
Schulkinder, Dr. Kaibeb über Tuberkulose und ihre Bekämpfung durch
die Schule.
Resultate der Sehllerutennekugen ii Dresdei. In dieser
Stadt war bekanntlich die allgemeine Untersuchung aUer SdiulBenMnge
in der bisherigen Schuldienstordnung noch nicht itorgesdirieben, und
nur probeweise ist im Jahre 1902 eine solche Untersuchung Tor-
genommen worden. Über die Ergebnisse derselben hat Herr Lehrer
263 61
G. Schanze im Dresdner pädagogischen Verein berichtet nnd dabei den
Wonsch aasgesprochen, es möge daraus eine st&ndige Einrichtong gemacht
werden. In demselben Verein teilte dann Herr Lehrer GbaüPKBB die
Resultate der Körpermessungen der Dresdner VolksschtQer mit, wobei sich
a. a. ergab, dais die Bflrgerschfller den Bezirkaschnlkindam in den Unter-
klassen durchschnittlich um ein ToUes Jahreswachstnm, in den Oberklassen
um ein halbes Jahreswachstum Toraus waren. Die Sitzengebliebenen sollen
durcbfichnittlich um ein halbes Jahreswachstum kleiner sein als die gleich-
altrigen nicht Sitzengebliebenen.
Scklllrzte in Japan. Nach dem Tor kurzem erschienenen offiziellen
Bericht des japanischen Unterrichtsministers für das Verwaltungsjahr 1901
bis 1902 waren von Schulen, an welchen Schul&rzte wirkten, 6701 Volks-
schulen, 52 Lehrerbildungsanstalten, 178 Mittelschulen, 42 höhere Schulen
für das weibliche Greschlecht, 2 Spezialschulen, 215 technische Schulen und
4 gemischte, Summa 7094 Schulen^; an diesen wirkten zusammen 3758
Schulftrzte. Die gesamte Jahresausgabe fQr diese Schulärzte war 104 225
Ten (tiber 400 000 Mk.) Verglichen mit dem Stande des Vorjahres ist
die Zahl der Schulärzte um 852 angewachsen, es gibt aber dennoch Orte,
weldie wegen Mangels an entsprechend qualifizierten Personen des Schul-
arztes entbehren, während in anderen aus finanziellen Gründen ein
Schularzt mehrere Schulen besucht. Viele Jahre werden noch vergehen,
bis die Schularzünstitution vollständig durchgefOhrt sein wird. — Die Schul-
ärzte inspizieren die Schulhäuser, untersuchen die Kinder beim Auftreten von
epidemischen Krankheiten und ftthren die nötigen PräventivmaCsregeln durch ;
beim Auftreten von Infektions-Erkrankungen in den Schulen selbst sorgen
sie fOr Isolierung, eventuell fOr Schulschlufs. Femer halten sie manchmal
Besprechungen hygienischer Fragen sowohl mit den Kindern, als mit den
EHem ab. Endlich wurde die Aufnahme des körperlichen Entwicklungs-
zustandes der Jugend an vielen Schulen durchgef&hrt, so z. B. an 296 659
SchlUem und 177 651 Schtilerinnen von Volksschulen, 8937 männlichen
und 1373 weiblichen Zöglingen der Lehrerbildungsanstalten u. s. w.
(Mitget. V. Prof. Dr. Bübgebstbin).
Seknlant nid Berufswahl. In der y^Chemnitger AUg. Ztg.*" richtet
Dr. W. Nakaueb unter der Aufschrift „Berufswahl und Gesundheit' ein
beherzigenswertes Mahnwort an Eltern und Erzieher und hebt darin hervor,
wie nutzbringend das sachverständige urteil der Schulärzte wirken könne,
wenn es beim Austritt der Kinder aus der Schule in dem Sinne eingeholt
werde, ob der gesundheitliche Zustand des Kindes mit dem in Aussicht ge-
nommenen Beruf vereinbar ist, oder ob eine andere Beschäftigung ärztlich
empfohlen werden müsse. Bekanntlich haben einzelne Städte, z. B. Frankfurt a.M.,
ihre Schulärzte verpflichtet, auf Befragen einen solchen Rat zu erteilen.
WeibÜcke Sehnllrzte. Der Verein „Frauenwohl' zu Berlin hat an
den Magistrat eine Eingabe gerichtet, worin er bittet, bei der in Aussicht
genommenen Anstellung von Schulärzten auch weibliche Ärzte anzustellen.
^ Die Summe der vorstehenden Zahlen wäre 7194; da die Angabe „7094''
«piftar noch einmal wiederkehrt, dürfte der Satifehler in einem der Summanden
62 264
£iterarifd^e 6efpred^ittt$ett.
Dr. Eduard Quibsfeld, Bezirksarzt in Rnmbiirg in Böhmen. Ergebnisse
einer Schnlkindernntersnchnng.
In No. 26 der ^Frag, med. Wochmschr,'' (26. Juni) 1902 beginnt
der Amtsarzt Dr. Quibsfeld mit der Veröffentlichang der Ergebnisse der
in seinem Amtsbezirke von ihm vorgenommenen Schulkindernntersachiingen
nnd beschliefst die Publikation nach 13 Fortsetzungen in No. 52 des
Jahres 1902 der citierten Zeitschrift. Bei dem groisen umfange, welchen
die detailliert und mit groiser Sorgfalt und Sachkenntnis ansgeftlhrte Ar-
beit aufweist, ist es naturgemäfs kaum möglich, ein ausffihrliches
Referat an dieser Steile zu geben, es seien daher nur die wichtigsten
Endergebnisse der QuiBSFELDschen Untersuchungen hier angefahrt, und
es möge dabei betont werden, daTs die mühsamen Untersuchungen dadurch
wesentlich an Wert gewinnen, dafs sie nicht nur in einer einzigen Stadt,
sondern in einem politischen Bezirke ausgefOhrt wurden, wodurch die
etwa durch lokale Zufälle verursachten Fehlerquellen auf ein Minimum
reduziert erscheinen.
Quibsfeld hat nach dem Yorschlftge Julius Mahlebs mit dem
Beginne des Schutjahres 1899/1900 alle neueingetretenen Kinder unter-
sucht und fOr jedes einzelne Kind einen Gesundheitsbogen angelegt, der
durch die ganze Zeit des Unterrichtslebens fortgeführt werden soll. In
diesem Gesundheitsbogen sollen nachstehende 14 Punkte mit Abschluß
eines jeden der acht Schuljahre Berücksichtigung finden: 1. Das Lebens-
alter. 2. Die Körperlänge. 3. Der Brustumfang. 4. Die vitale Lungen-
kapazität. 5. Das Körpergewicht. 6. Die Entwicklung der Muskulatur.
7. Der allgemeine Ernährungszustand. 8. Die Lage der Wirbelsäule.
9. Die Entwicklung der Schilddrüse. 10. Die Sehschärfe und Refraktion
des Auges. 11. Interkurrente Krankheiten. 12. Das Auffassungsvermögen.
13. Das Gedächtnis. 14. Verschiedene Gebrechen.
Untersucht wurden an 33 Schulen (darunter 7 Bürgerschulen) 7880
Kinder, von denen um 0,52 7o mehr Knaben als Mädchen waren.
Es waren nur etwas mehr als ein Viertel der untersuchten Kinder
gesund, der vierte Teil derselben wies krankhafte Veränderungen des
Organismus auf und mehr als ein Vb war bresthaft. Im ersten Schul-
jahre fand sich die gröüste Zahl der gesunden Kinder mit 35,29% ^^^
Untersuchten und im achten Schuljahre die kleinste Zahl derselben mit
28,45 >.
In 101 städtischen Schulklassen wurden 4850 und in 73 Schul-
klassen der Landgemeinden 3030 Kinder untersucht und konstatiert,
dals sowohl die Zahl der krankhaft veränderten, als bresthaften Kinder in
den Landgemeinden gröüser ist als in den Städten, und dafs diese Differenz
56 7oo bezw. 25 ®/oo aller Untersuchten beträgt.
265 63
Anämie wurde bei 949 = 120,33 Voo aller untersnchten und bei
44,53% aller krankhaft Terftnderten Kinder gefdnden; die Zahl der
anftmischen MAdchen fibersteigt jene der Knaben am 16,76%. Aaf die
Kinder der städtischen Schulen entfallen von je 1000 der Untersnditen
73,09, in den Landgemeinden 47,33 an&mische Kinder.
Die Zahl der anämischen Kinder wächst vom Anfange des ersten
Scholjahres bis zum Ende desselben am 7% an, daraus ergibt sich, dafs
der Übergang vom freien, angebundenen Leben des nicht schalpflichtigen
Kindes zum ersten Schulonterricht^ahre die aUeinige Ursache der krank-
haften Veränderung ist, und darum ist die Stundeneinteilung ffir den
Unterricht in der ersten Yolksschulklasse von der grölsten Wichtigkeit.
Durchschnitüich waren 12% der Kinder anämisch; ein nicht ge-
ringer Prozentsatz der anämischen Kinder ist aber nicht der Schule zuzu-
schreiben: die anämischen Kinder gehörten in 60,09% der Fälle dem
Arbeiterstande, in 34,24% dem gewerblichen Stande und nur in 5,07 %
der Fälle anderen Ständen an.^
An Skrophulose erkrankt wurden 11,21 7o aller Untersuchten ge-
funden, und zwar waren in den Stadtschulen 96,7 7oo, in den Land-
sdiulen 133,66 Voo skrophulös; 72,85% aus dem Arbeiterstande,
25,79 % aus dem gewerblichen, der Rest 1 ,36 % aus den anderen Ständen.
Die Zahl der augenleidenden Kinder (mit Ausschlufs der Kurz-
sichtigen) betrug 298 = 57,81 7oo aller Untersuchten und 18,99 %
aller Kranken. 69,79% aus dem Arbeiterstande, 28,18% aus dem Ghs-
werbestande, 2,03% aus den fibrigen Ständen.
Die Rfickenmifsbildungen wurden in nahezu doppelt so grolser
Anzahl vorgefunden, wie alle fibrigen Gebrechen zusammengenommen.
283,19 %o aller Untersuchten sind ,,rttckenmifsb]ldet'' ; die Zahl der
Knaben fiberragt jene der Mädchen um 9,42%.
Kyphose und Lordose kamen nur selten vor und wurden sämtlich
bereits in die Schule mitgebracht. Die Skoliose erreicht ihre
höchste 2^1 im zweiten Schu^ahre mit 26,02% aller Untersuchten.
(Diese Ergebnisse sind immerhin etwas ungewöhnliche, und es fragt sich,
wo bei QüiBSFELD die krankhafte seitliche Bfickgratsverkrfimmung be-
ginnt. Bef.) Mit Ausnahme des zweiten und vierten Schu^ahres ist die
rechtsseitige Skoliose in allen Jahrgängen bei den Mädchen häufiger
als bei den Knaben, und ist die Zunahme bis zum achten Schuljahre bei
den Mädchen eine weit gröfsere als bei den Knaben. — Die links-
seitige Skoliose nimmt vom ersten zum achten Schuljahre ab.
In den Städten ist die linksseitige Skoliose ungleich häufiger (61,29 %
aller Skoliosen), hingegen ist die recittsseitige Skoliose in den Landstädten
häufiger: 66,32% aus dem Arbeiterstande, 31,18% aus dem Gewerbe-
stande, 2,50% aus den fibrigen Ständen.
^ AuB derartigem statistischen Materiale Schlüsse absaleiten, wie es der
Verfasser tut, halte ich nicht für korrekt. Es mnfs erst bekannt sein, wie die
Zusammensetzung des Schnlermaterials nach der fieschäftiganmrt der Eltern
beschaffen ist. Gibt es z. B. in dem gesamten nntersachten Schtiler-
material etwa 60 7o Arbeiterkinder und 85% Rinder von Gewerbetreibenden,
80 sind die obigen Zahlen nichts AafE&Uendes. (D. Ref.)
64 266
Ein wichtiges iUiologisches Moment, dem bisher zu wenig Anfinerk-
saakeit geschenkt wnrde, ist der Handarbeitsanterricht bei den
MAdchen (und doch überwiegen die Knaben! Ref.), der, wie er hente ge-
handhabt wird, einfach zn verwerfen ist.
Fflr die Platzanweisnng ist ein Schalarzt notwendig, das kann der
Lehrer nicht, so wertvoll seine ünterstfltznng sonst anch ist.
Die Klassen haben in der Regel zu viel Schiller, so dais der Lehrer
seiner Aufgabe nicht gerecht werden kann.
Die Zahl der Kurzsichtigen betrag 735» 93,27 %o aller Unter-
suchten, und zwar 31,19 %o Knaben und 60,81 %o (fRef.) Mftdchen.
In den Städten ist die Zahl der Kurzsichtigen gröber als in den Land-
gemeinden (um 30%); in den Städten nimmt die Kurzsichti^eit vom
ersten bis achten Schuljahre stetig zu, auf dem Lande nur bis zum fünften
Schuljahre.
Im ersten Schuljahre ist die Zahl der Kurzsichtigen in den Städten
um 2% gröfeer, im achten Schu^ahre ist sie hier 11 mal gröiser als auf
dem Lande; die Zahl der Knaben, bei welchen die höchsten Grade der
Myopie nachgewiesen wurde, ist auf dem Lande gröber als in den Städten.
Schwerhörigkeit wurde bei 90 = 11,42 7oo konstatiert —
den größten Teil der Schuld trägt das Elternhaus — , die Mehrzahl
der Schwerhörigen (72 Vo) hatte Infektionskrankheiten fiberstanden: Ar-
beiterstand 68,08 7o, Oewerbestand 29,78 7o, die übrigen Stände 7,14%.
An Sprachfehlern leiden 4% aller Kinder; 277o mehr Knaben
als Mädchen, und auf dem Lande mehr als in den Städten.
Schwachsinnig sind 2% der Kinder, ihre Zahl ist auf dem Lande
gröfser als in den Städten ; 1 Voo sind Epileptiker (zumeist Mädchen),
die Städte weisen eine gröfsere Zahl auf..
Die anderen Details mflssen in dem lesenswerten Originale nachgesehen
werden. Dr. AxTSCHUL-Prag.
iXtntli^e 9erftt$tttt$en«
MiiugteriAlerl&rs des HenogL Meinuigeiiaeheii KultasmiBisteriima.^
Meiningen, den 17. April 1900.
An
die Schulvorstände, Direktoren, Rektoren
und Lehrer an den Volksschulen.
In betreff der Beaufsichtigung und Instandhaltung der Schulgebäude,
der Lüftung und Beheizung der Schulräume und der Erhaltung der Sauber-
keit und Ordnung darin und in den Vorräumen werden folgende Bestim-
mungen getroffen:
^ Vom henoglichen Staataministeriam für Kirehen- and Sehulensaohen
gütigst zur Veröffentliohang überlassen.
267 65
1. IHe Schulvorstände haben in Ansffthning der ihnen durch das
Yolksschulgesetz (Art. 77c) zugewiesene^ Pflieht der Aaisicht Aber
die Schnlgeb&nde, soweit nicht solche an mehrklassigen Schulen
einem Rektor zukommt (Art. 45, Abs. 2 a. a. 0.), die Sehulhäuser
in ihren Haupt- und Nebenräumen nach yorheriger Verständigung
mit dem betreffenden Lehrer in bestimmten Zeiträumen, mindestens
aber zweimal im Jahre (FrtÜgahr und Herbst), einer sorgfältigen
Besichtigung zu unterziehen, hierüber ein Protokoll aufzunehmen
und von diesem Abschrift mit Bericht Aber das, was zur Ab-
stellung etwa Yorgefnndener Mifsstände geschehen soll, beziehungs-
weise geschehen ist, bis zum 15. April und 15. Oktober jeden
Jahres an das Herzogliche Schulamt einzureichen.
2. Die Schulzimmer mflssen in der Regel jährlich, mindestens aber
alle zwei Jahre, getflncht werden.
3. Dieselben sind mindestens alle 14 Tage, d. h. nach jeder zweiten
Schulwoche, von erwachsenen Personen gründlich zu scheuem,
geölte oder gefirnifste Fußböden aber sorgfältig aufzuwaschen,
wobei sämtliche Teile des Zimmers, Wände, Decke, Öfen, Fenster,
Türen, ßänke, Schulgeräte n. s. w., ordentlich zu reinigen sind.
4. Das Auskehren der Schulzimmer soll womöglich täglich, min-
destens aber dreimal wöchentlich, und zwar mit Verwendung
feuchter Sägespäne oder dergleichen erfolgen, damit kein Staub
aufgewirbelt wird; nach dem Kehren sind Öfen, Schulbänke und
Schulgeräte gehörig zu säubern.
5. In der Freiviertelstunde, wie nach Schlufe des Vor- und Nach*
mittagsunterrichts und nach Schlufs der Fortbildungsschule ist für
gründliche Lufterneuerung zu sorgen, worauf überhaupt der Lehrer
mit aller Wachsamkeit zu sehen hat.
6. Mäntel, Überzieher, Tücher, Mützen, Schirme sind, wo es der
Raum gestattet, außerhalb des Schulzimmers aufzubewahren.
7. Zur Ausstattung des Schulsaales gehört ein zweiskaliges Thermo-
meter, welches in Kopf höhe der Kinder an geeigneter Stelle so
aufzuhängen ist, dals es die Wand nicht berührt.
8. Die angemessene und zuträgliche Wärme für den Schulsaal beträgt
14-15^ R.
Bei einer Zimmerwärme von nur 12^ oder weniger mufs
geheizt werden.
Wenn während der Sommermonate die Hitze bei dem Schlüsse
des Vormittagsunterrichts bis 20^ R. im Schatten gestiegen ist,
sollen in der Regel die Nachmittagsstunden aus&llen (vergl. Be-
kanntmachung vom 3. Juli 1897 in No. 105 des Regierungsblattes
vom Jahre 1897).
9. Für gute Aufbewahrung der Lehrmittel, für Ordnung im Schul-
schranke etc. hat der Lehrer Sorge zu tragen, wie überhaupt das
Schnlzimmer in allen seinen Räumen und Geräten das Bild
musterhafter Ordnung darbieten mufs, worauf mit peinlicher Sorg-
falt zu halten ist
10. Vor dem Haupteingang zur Schule, wie v(Mr dem Schnlsaale s^bst.
66 268
bezw. vor dem Treppenaufgang, mfissen breite Folsabtreter liegen,
za deren regelm&Tsiger Benutzung die Kinder mit aller Strenge
anzuhalten sind.
11. In dem Schulsaai soll ein emaillierter oder porzellanener, mit
Henkel versehener nnd stets mit etwas Wasser gef&llter Spuck-
napf stehen; derselbe ist regelm&fsig nach dem jedesmaligen
Kehren in den Abort zu entleeren und wieder zu fallen.
12. Schulhof und Schulaborte mfissen öfter nachgesehen und letztere,
so oft erforderlich, mindestens aber alle Woche, gescheuert bezw.
aufgewaschen werden.
Auch Spiel- und Turnplätze sind stets in gutem Zustande zu
erhalten.
Herzogliches Staatsministerium,
Abteilung für Kirchen- und Schalensaclien.
V. Hbim.
Anaaehreiben des Herzoglichen Staatsminiateriiims,
AbteiluDg für Kirchen- und Sehulentutchen,
vom 24. Juli 1902, betreffend die Anlage von Schulhftnsem.
Auf Grund von Art. 12 und 13, Abs. 6 des Volksschulgesetzes vom
22. März 1875 wird hiermit an Stelle des Ausschreibens vom 15. Mflrz
1889 Aber die Anlage von Schulhänsem fQr Volksschulen folgendes ver-
ordnet :
I. Sachliche Vorschriften.
1. Der Bauplatz.
§ 1-
Bei Wahl des Bauplatzes ist auf für den Schulbesuch bequeme, freie,
gesunde, sonnige Lage, insbesondere darauf zu sehen, dafs den Schul-
zimmern und der Lehrerwohnung nicht das Licht durch Gebäude und
Baumpflanzung auf den Nachbargmndstflcken entzogen, der Schulbetrieb
nicht durch geräuschvollen Straßenverkehr nnd Gewerbebetrieb in der
Nachbarschaft gestört und die Luft im Schulhause, auf dem Spiel- und
Turnplatz nicht dem Verderb durch benachbarte landwirtschaftliche oder
gewerbliche oder sonstige Anlagen ausgesetzt ist.
Darauf, dafs ein Brunnen mit gutem Trinkwasser in der Nähe ist
oder angelegt wird, ist Bedacht zu nehmen.
2. Das Schulhaus.
Allgemeine Bestimmungen.
§ 2.
Die Mauern, Wände und FnfsbOden des Schulhanses sind gegen auf-
steigende Gmndfeuchtigkeit, sowie gegen seitliches Eindringen von Feuchtig-
keit aus dem Erdreich, aus Abortgruben und Dungstatten, von atmosphäri-
schen Niederschlägen, von Abwässern der Haushaltung gehörig zu schätzen.
Gegen den Hausschwamm sind sichere Vorkehrungen zu treffen.
Die Dächer sind mit Dachrinnen und Abfallrohren zu versehen; das
Tagwasser und die Wirtschaftswässer sind, wenn möglich, durch Kanalrohre
269 67
unter dem Erdboden, jedenftlls aber dnrch sorgfidtig gepflasterte Or&ben
oder in Halbrinnen in Beton oder Zement mit gutem Gefl&lle so schnell
als möglich abzuleiten.
Das Schulhans soll gut, dauerhaft und wohlgefällig, wenn auch in
einfachen Formen hergestellt werden.
Schulzimmer,
a) Grundfläche und Höhe.
§3.
Bei Bemessung der Grundfläche ist nicht nur die dermalige Schüler-
zahl, sondern auch die voraussichtliche Zunahme, sowie die Zahl der Kon-
firmanden zu berQcksichtigen, die im Schulzinmier unterrichtet werden
(vergl. Art. 12 des Yolksschulgesetzes).
Als durchschnittliches Mafs der Schülersitze ist 6ö cm Breite und
77 cm Tiefe anzunehmen.
Die Entfernung zwischen der vordersten Schulbank und der Wand
hinter dem Sitz des Lehrers soll nicht unter 2 m betragen.
An der Fensterwand und an der Rückwand sind Gänge von mindestens
60 cm Breite erforderlich, femer, wenn mehr als fünf Schüler in einer
Reihe sitzen, ein Mittelgang von gleicher Breite.
Der Gang für den Eintritt der Schüler soll mindestens 1 m breit sein.
Eine Yergröberung der hiemach sich ergebenden Gmndfläche ist
zweckmälsig, dann aber notwendig, wenn Schlotvorlagen und Öfen (§ 4,
Abs. 3) den Raum schmalem.
Das Schulzimmer soll nicht länger als lü,ö m und nicht breiter
(tiefer) als 7,5 m sein; Säulen in demselben sind zu vermeiden.
Die Höhe des Schulzünmers soll im Lichten 3,5 bis 4 m betragen;
ausnahmsweise kann sie auf 3,3 m ermäfsigt werden.
b) Öfen.
§4.
Bei Schulzimmem von über 40 qm Grandfläche sind die Schlotanlagen
so anzuordnen, dafs ein zweiter Ofen aufgestellt werden kann; für Schul-
zimmer von über 70 qm Grundfläche sind zwei Öfen erforderlich.
Bei der Wahl und Stellung der Öfen ist darauf zu achten, dafe sie
den Raum ausgiebig erwärmen können, daüs aber ihre Hitze den Schülern
nicht schadet.
Die Entfernung der Bänke von den Öfen soll nicht unter 90 cm
betragen.
c) Fenster.
§5.
Der völligen und guten Beleuchtung der Schulzimmer ist besondere
Aufmerksamkeit zuzuwenden.
Das Licht soll auf der linken Seite der Schüler einfallen.
Die Fenster auf dieser Seite sollen eine Gesamtfläche von nicht
weniger als ein Fünftel der Grandfläche des Schulzimmers haben; sie sind
tonlichst nach Süden, Südosten oder Osten zu richten, die West- und
Nordlage ist, wenn möglich, zu vermeiden. Fenster hinter dem Sitz des
Lehrers sind unstatthaft; etwaige Fenster an der entgegengesetzten Seite
mflssen matte Scheiben haben.
68 270
Die Fenster sollen so hoch wie möglich unter die Decke reichen, die
BrOstang etwa 1 m hoch sein. Die Zwischenräome zwischen den Fenstern
sind so schmal als möglich zu halten.
d) Fufshoden nnd W&nde.
§6.
Der Fufshoden ist aus hartem Holz (Eichen-, Buchen-, Kiefernholz)
fugendicht herzustellen, zu heizen und mit Stauhöl zu tränken.
Die Wände sind so zu färhen (graublau, graugrfln), dafis die Farbe
den Augen nicht nachteilig wird. Die Wände sind mit 25 cm hohen
Sockelleisten und auf 1,5 m Höhe mit Zementputz und ölfiEurbenanstrich
zu versehen.
Die Decke des Schulzimmers ist zu weiisen.
e) Einrichtungen zur Lüftung.
§ 7.
Um die verbrauchte Luft ab- und frische Luft von aulsen zuzuffthren,
sind ausreichende Vorkehrungen zu treffen, wozu Schlote mit oberer und
unterer Jalousieklappe (fttr Sommer und Winter) und an den Fenstern
nach innen gehende obere Elappflttgel oder verstellbare Jalousien in den
Oberflügeln anzuordnen sind.
f) Ausstattung.
§ 8.
Zur Ausstattung des Schulzimmers gehören:
1. ein Tritt fOr den Lehrer,
2. ein Tisch mit verschliefsbarem Tischkasten und ein Stuhl für den
Lehrer,
3. wenigstens zwei grofse, drehbare, schwarze Wandtafeln von Holz
oder Schiefer — eine mit Notenlinien — ,
4. Schulbänke in genügender Anzahl und von guter, den gesundheit-
lichen Anforderungen, insbesondere nach Gröfse und nach Abstand
zwischen Sitz und Tafel entsprechender Beschaffenheit, mit Tisch-
platten und Sitzbrettem von hartem Holz,
5. ein gröfserer, verschliefsbarer Schrank oder zwei Wandschränke,
6. fOr jeden Ofen ein genügend grofser, aber nicht bis zum Fufe-
boden reichender Ofenschirm mit Doppelwand,
7. für jedes Fenster ein seitlich auf- und zuziehbarer, übergreifender
Vorhang,
8. eine tragbare Treppe (Treppenleiter) zur Benutzung beim Reinigen,
Abkehren der Wände, Öfen etc.,
9. ein Thermometer (nach Celsius), das in Kopf höhe der Kinder an
geeigneter Stelle so aufzuhängen ist, daCs es die Wand nicht
berührt,
10. ein emaillierter oder porzellanener, mit Henkel versehener und
stets mit etwas Wasser gefällter Spucknapf.
(Schlufs folgt.)
Iritfilitifl fit Si|nlgrfiii^|irtt9|i|lrf|(.
XYI. Jahrgang. 1903. No. 5.
a^a^B^MKaaBaBaaKs^aBsaBaHaBSB^aaa^BBSBSB^s^«
orthop&disclien Übungen am k. k. OflUentochter-
ErsiehungB-InBtitut m HernalB in Wien.
Von
Prof. J. Pawel,
Unirenitätslehrer in Wien.
Der Tarnnnterrioht an dem genannten Institut erfreut eioh unter
der fachmännifloh tüchtigen Leitung des in den Tumlehrerkreisen
Österreiclis allgemein geschätzten Prof. Dir. Josm Posoh einer be-
sonderen Fürsorge. Seit dem Jahre 1899/1900 hat Prof. Posch,
angeregt durch seine Studien des schwedischen Turnens, den Versuch
nDtemommeni an dem genasmien Inetitai auf besondere Heikwecke
abzieUaade orthopftdisehe Übungen Toraanehnan. Der Erfolg
dienr Übungen mufii als ein überaus günstiger bezeichnet werden
oad zeugt von der fachkundigen Auswahl und Dorohfilhrung der-
artiger Heilbewegungeo, wie sieh aus der nachstehenden Zusammen-
atellong ersehen IftÜBt.
In Schuljahre 1899/1900 gelangten folgende Schülerinnen zur
ortkopidiachen Behandlung:
J. K., 12 JahM, Scolioais den. deactra II. Grad, keine Besserung.
L „ gebessert.
„ „ geheilt.
B. H., 16
n
V
»
»
W. 8., 16
n
f»
n
n
K.M., 14
»
n
»
sin.
N. P., IS
»
V
»
n
L. H., 16
n
V
»
71
G. J.. 12
n
n
9)
n
W. M., 14
»
9t
11
n
8. Th., 14V^
»
n
Inmbalis
N. J., 12
n
7»
dors.
deztra
K.J., 14
9
1)
n
sin«
8. 0., 14V«
n
ff
»
»
M. H., 16
1)
Serratusp
arese,
Sehttlgwundheitspfleire. XVI.
»
gebessert.
15
272
L. M., 18 Jahre, Sooliosis lumbalis rin., gebessert.
fl. A,, I2V4 „ „ dors. deztra, „
M. A., 13 » n 9» » 1»
R. J., 13V« n n » » H. Grad, keine Besserang.
Es wurden 17 Schülerinnen orthopädischen Übungen unterzogen;
9 wurden Yollstftndig geheilt, bei 5 Schülerinnen wurde das Übel
gebessert, und nur bei 3 Schülerinnen, allerdings mit weit vor-
schrittenem Übel IL Grades, konnte keine Besserung erzielt werden.
Die erzielten Erfolge müssen als höchst günstig bezeichnet werden.
Noch günstiger ist das Ergebnis der in den nachfolgenden Jahren
unternommenen Versuche.
Im Schuljahre 1900/1901:
Cz. 0., Scoliosis lumbalis sin. I. Grad, gebessert
„ geheilt
„ gebessert.
M« A.,
n
dors.
deztra
7i
w. s.,
it
it
»
Jl
J. K..,
n
»
»
1t
A.. «1 .,
T»
99
n
1»
L. M.,
n
n
n
ii
H. A.,
n
j»
»
ff
n
Es wurde also bei sftmtlichen Schülerinnen, teils der Erfolg der
Heilung, teils der Besserung erzielt Bemerkenswert ist, dals die
Schülerin J. K., bei der im Vorjahre die Übungen keine Besserung
aufwiesen, eine merkliche Verbesserung ihres Zustandes feststellen lieis.
Geradezu glänzend sind die Heilerfolge des letzten Schuljahres.
Der Behandlung wurden im ganzen 10 Schülerinnen unterzogen,
wovon die Hftlfte geheilt wurde. Unter diesen Schülerinnen ist auch
die Schülerin J. K., deren Übel im Schuljahre 1899/1900 keine Ver-
besserung aufwies. 4 Schülerinnen zeigen eine wesentliche Besserung,
nahezu in allen Fällen mit Übergang aus dem IL Grade in den
T. Grad, und nur eine Schülerin, bei der man mit den Übungen erst
spttt beginnen konnte, liefs keine Änderung des Übels wahrnehmen.
Dieser an sich so günstige Erfolg des Turnens zu Heilzwecken
ist um so höher anzuschlagen, als die Versuche solcher Übungen erst
Yon kurzem Bestand sind. Er beweist zur Genüge, dafs der Tumbetrieb
des Institutes, dessen fürsorgliche Leitung auch sonst der leiblichen
Wohlfahrt der Schülerinnen stete Aufmerksamkeit zuwendet, und die
man zu den erzielten Erfolgen allen Bechtes beglückwünschen kann^
in fachmännisch tüchtigen Händen ruht. Mögen die nächstjährigen
Versuche gleich günstige Ergebnisse bringen I
278
Das Scliiilgebftiide und leine Einrichtimg in Frankreich
und in Elsafii-Lothringen.
Von
Dr. med. Ai<frbd Kühn,
prakt. Arzt la StraTsbarg-Nendorfl
(FortMtniog.)
D. Die Verteilung der einzelnen Bftnme.
Wie sollen im Sohnlgebände die einzelnen Bänme verteilt werden,
damit sie in kygienisoher Hinsicht ihrer Bestimmung entsprechen?
Dafs die Schulsimmer womöglich im Erdgeschois einsunchten
sind, besonders fläi die jüngeren Schüler, wird in der Verft^^g
vom S.Juli 1876 ausdrttoklioh bestimmt: ,,Die Schulzimmer sind
vorzugsweise im ErdgesohoÜB einzurichten; müssen dieselben in
andere Stockwerke verteilt werden, so sind in der Regel die Bäume
des Erdgeschosses für die jüngeren Schüler zu bestimmen.^ Das
lyB^lement^ enthalt eine fthnliche Vorschrift.
Wenn besondere Mftdchen- und Elnabenklassen vorhanden sind,
so müssen dieselben nach dem Wortlaute der Vorsobriften beider
Länder von einander getrennt sein. Die betreffende Bestimmung
in Blsals-Lothringen lautet: „Sofern besondere Knaben- und Mädchen«
schulen eingerichtet werden, so sind dieselben durch besondere Ein*
gänge resp. Fluren von einander getrennt zu halten^, während das
„B^lement'' vorschreibt: „Dans tont groupe scolaire, les bfttiments
affect^ aux divers Services (teole de gargons, teole de filles, salles
d'asile) seront distincts les uns des autres.*'
Das „B^lement^ fordert aufserdem noch, dafs die Kleinkinder-
schule nicht zwischen Mädchen- und Knabenschule zu liegen komme.
Diese Maüsregel ist hauptsächlich deshalb getroffen, weil die Be-
schäftigungen, denen man sich in der Elleinkinderschule widmet,
besonders wenn die Kleinen, wie es bei gutem Wetter vorzüglich
zu geechehen pflegt, sich im Freien aufhalten, unter Umständen störend
auf den Unterricht der übrigen Schüler einwirken köDueu, was doch
soviel wie möglich vermieden werden muls.
16*
>74
Wichtiger ist die Entsoheidung der Frage, ob es sich empfiehlt,
LehrerwohnxmgeiL im Soholgebftade unterzubringen und ob vom
hygienischen Standpunkte aus hiergegen keine Bedenken zu er-
heben sind.
Gegen die Unterbringung von Wohnungen innerhalb des Sohnl-
gebäudes spricht vor allem die Gefahr, welche eine Infektionskrankheit
in den betreffenden Familien für sämtliche Schulbesuoher im G^olge
haben kann. Diese Gefahr wird yermindert, wenn die Trennung
von Sohulräumen xmd Lehrerwohnung streng durohgeffthrt wird, wie
es sowohl die französische als auch die elsaJs-lothringische YerfQgung
verlangt. Letztere schreibt vor: ,, Sollen Lehrer Wohnungen im Schal-
gebäude eingerichtet werden, oo sind dieselben von den Schulräumen
angemessen zu trennen und womöglich mit besonderem Eingang zu
yersehen. (Verfügung des Oberpräsidenten vom 3. JuU 1876.) Dieser
Bestimmung entspricht auch im wesenÜichen die entsprechende Vor-
schrift im ^Biglement*^, wdohes unter No. ö sagt: „L'^oole ei le
logement de Tinstituteur seront itablis sur des emplaoements distincis
ou au moins ind^pendants de Tautre^.
E. Das Schulzimmer.
Im Schulzimmer halten sidi Lehrer und Schfller durofasohiiiit-
lioh etwa sechs Stunden pro Tag auf. Dasselbe muis daher mehr
wie jeder andere Baum allen sanitären Anforderungen im vollsten
Mafse entsprechen.
a) Gröfse des Schulzimmers. Die Gröise des Schuisimmei«
ist naturgemäß nach der Anzahl Schüler zu bemeasen, welche in
demselben untergebracht werden sollen. Was die Schülerzahl betrifft,
sohreibt das „B^glement* vor: „Le nombre maiiinuni des plaoes
par dasse sera de 50 dans ies öcoles ä une dasse et de 40 dans lea
^cokfi k plusieurs classes^. Wee^itlich andere Bestimmungen finden
wir in den „Begulativs^, welche der Beicbskanzler am 10. Juli
1873 für die höheren Lehranstalten und am 4. Januar 1874 für die
filem.entar8ohulen von Elaata-Lothringm erlassen hat.^ Hiemach
darf die Schülerzahl betragen: In den Elementarschulen fttr ein-
klassige Schulen 80, für mehrklassige Schulen in der Mittel- und
Oberstufe 80, in der Unterstufe 60. Wir sehen als0| dafii die
Sohülersahl für eine Klasse bei uns viel höher bemessen ist als in
^ Sammlunfl der in EUaß-Loihringen geUmdm €^etge. Bd. lU, S. 4S9
u. 531. Bd. IV, S. öd a. dlO.
27B
Fnutlcretob. Etwas günstiger sind die Zahlen fär die heberen Lehr*
anstalten: in Seixta und Quinta 50, in Qnarta und Tertia 40, in
Seonnda und Prima 30.
Das Unterbringen einer zn groügen Sehttleraabl in einem Zimmer
ist yom hygienischen Standpunkte ans streng za verwerfen. Die
Bedingungen fdr Erhaltung von guter Luft, worauf es hierbei haupt-
sSehlidi ankommt, sind nftmlich um so schwerer zu erfüllen, je mehr
Sehftler sieb in einem Zimmer befinden. Femer wächst auch die
Gefahr der Verbreitung Ton Infektionskrankheiten mit der Sehtder-
zahl. ScdLliefslioh mub zugegeben werden, dafs ein gewissenhafter
Lehrer bei zu g^oiser Schülerzahl sich übermftlsig anstrengen muis,
um ein einigermalisen günstiges Resultat zu erzielen. Es scheinen
daher die Klagen mancher Lehrer wegen Überbürdung durch zu
greise Schülerzahl vollauf gerechtfertigt, und es w&re wünschenswert,
dafs man in dieser Hinsicht den begründeten Forderungen der Lehrer
nachkommen würde. Die elsafs- lothringischen Behörden sollten
hierin dem Beispiel der Franzosen folgen und in keinem Falle über
50 Schüler in einer Klasse vereinigen, tunlichst sogar nur 30 bis
40 Schüler einem Lehrer übergeben. Dais hierbei neben den hygie-
nisehen Vorteilen sich auch noch solche pädagogischer Art einstellen
würden, sei nur angedeutet.
Aueh im wichtigsten Punkte, nämlich der Bestimmung des pro
Schülarkopf notwendigen Banmes, ist das „Rfeglement^ der bei uns
geltenden Vorschrift vorzuziehen. Li dem ministeriellen Hunderlals
von 18&8 war der Baum fdr einen Schüler auf 1 m' Bodenfläohe
imd 4 m' Baum (Luflcubus) bemessen. Das ^B^lement^ geht
jedoch Veiter imd bestimmt: „La snrface de la classe sera calcul^
de fii^n k aasurer k chaque öl^ve de 1,25 m* ä 1,50 m^ La capamt^
de la salle de classe sera ealcul^ de Isfon ä assurer k chaque elöve
im minimum de 5 m^tres cubee (13).'' „La hauteur sous plafond
86m au moins k 4 mötres. Si l'äclairage est unilateral cette hauteur
de?ia dtre au moins ^gale aus deux tiers de la largeur de la classe
sngmentäs de T^aiaseur du mur dans lequel les fendtres sont per-
ota (24).*^ Sehen wir uns im Gegensatz hierzu die „Verfügung des
Oberprfisidenten'* an: „§ 5. Für jedes Kind ist eine Bodenfläohe
Ton nicht unter 0,75 m' zu rechnen, worin der erforderliche Baum
ter GängCi Katheder, Ofen xl s. w. mit inbegriffen ist. Ein Schul-
ammer von 80 Kindern erfordert somit eine Bodenääche von min-
destens 80 X 0,75 =* 60 m'. Dahingegen müssen Schulräume, welche
fär weniger als 50 Schüler bestimmt sind, für jeden derselben min-
276
destens 1 m' Bodenfläohe enthalten.'' Am Ende des § 5 wird weiter
bestimmt: „Die lichte Höhe dee Sohnlzimmers kann Kwisohen 3,5
bis 3,8 m betragen, Zimmer nnter 3,5 m Höhe sind unstatthaft.
Orondfläohe und flöhe müssen stets so bemessen sein, dafs fttr jedes
Kind bei natürlicher Loftemenernng nicht nnter 3 m' Raum vor-
handen ist^.
Der Unterschied zwischen beiden Verftignngen ist also im ror-
liegenden Falle ein sehr beträchtlicher. Im „Bäglement'' werden
für höchstens 50 Schüler mindestens 250 m' Lnft, bei nns für 80
Schüler nur 240 m' Lnft als Minimum berechnet. Welche von
beiden Bestimmungen den hygienisohen Forderungen am meisten
entopricht, braucht wohl nicht näher beleuchtet zu werden. Selbst
in den Städten sollte das Luftquantum für unsere Schulkinder und
Lehrer nicht so knapp bemessen werden, und es wäre wohl nicht
zu viel verlangt, wenn man jedem Schüler mindestens 1 m' Boden-
fläche mit 4 m Zimmerhöhe, also 4 m' Luft zukommen lielse, da
jedoch, wo es die Verhältnisse nur einigermaÜBcn gestatten, ebenso
freigebig mit dem Baume sein würde, wie in Frankreich.
Die weitere Besprechung der Gröfse des Sohnlzimmers führt
uns zu der interessanten Frage, welche Form dasselbe haben soll.
yyLa dasse sera de forme rectangulaire^, sagt das „B^lement^,
während die Verfügung in Elsais-Lothringen folgendes bestimmt:
„Als angemessenstes Verhältnis der Länge zur Breite ist dasjenige
von 3 : 2 zu betrachten'' . Also auch hier wird die rechteckige Form
vorgeschrieben. ^Nur bei Klassen für weniger als 50 Schüler ist
eine dem Quadrate sich nähernde Grundform zulässig", heilst es
weiter. Ferner darf nach derselben Bestimmung „die Länge nicht
über 10 m, die Breite nicht über 6 m betragen, vorausgesetzt, dafs
die Zimmerlänge vom Katheder und den SohulbäDken völlig aus-
gefüllt werden soll und die Beleuchtung eine einseitige ist. Dieser
Verordnung wird zugleich deren Begründung hinzugefügt, nämlich
„damit die Schrift auf der an der Kathederwand hängenden Tafel
noch von den in der letzten Bankreihe sitzenden Schülern deutlich
und ohne Anstrengung erkannt werden kann^ und „damit die von
der Fensterwand entferntesten Plätze noch hinreichend beleuchtet
werden".
Die Verordnung in Elsafis-Lothringen ist also in diesen Forde-
rungen präciser als das „Reglement'' und zwar mit Recht, denn die
Wirkungen eines zu langen oderjzu breiten Zimmers sind sowohl
für Schüler als auch für Lehrer recht nachteilige.
277
b) Fufsboden. Dezselbe bildet einen in auiitttrer Beäehnng
sehr wichtigen Beetandteil des Sohnlsimmen. Er moÜB widentands-
fiüiig, dioht und fofswarm sein nnd soll aufserdem sickeren Stand
gewähren.
Die Möglichkeit der Bildung sogenannter Schwindfugen ist su
Tenneiden, weil zwischen den Fugen Staub und Wasser eindringen
können, was besonders bei Deokenkonstruktionen mit Füllung leicht
sehr nachteilig werden kann, da hierdurch in der Füllung eine Zer-
setzung organischer Stoffe bedingt wird und ein günstiger Nährboden
für Infektiondceime entsteht.
Die „Verfügung des Oberprttsidenten^ bestimmt hierüber fol-
gendes: «Der Fu&boden des Schulzimmers muls eben und dicht
sein, und wird derselbe am zweckmftfsigsten gehörig mit Leinöl
getr&nkt. Die Dielbretter müssen der Entfernung der Unterlaghölzer
oder Balken entsprechend stark und* aus nicht zu weichem Holz
gefertigt sein^. Das «Räglement^ dagegen schreibt vor: „Le sol des
classes sera revdtu d'un parquet dur, scell^ sur bitume, lorsque la
ohose sera possible^. Die Instruktion von 1893 erlaubt jedoch für
besondere FiUe auch die Verwendung tou Tannen- und Fichtenholz.
Daselbst heilst es unter Art. 23: ,,Le sol des classes sera parquet^
en bois dur, scellö autant que possible sur bitume. Toutefois on
admettra les bois de sapin et de pin dans les rögions oü ils sont
seub en usage, sous la condition qu'ils seront employäi par lames
^troites et pass^ ä Thuile de lin bouiUante^.
Den Fuisboden mit Leinöl zu tränken, wie es bei uns und in
dar soeben erwähnten Listruktion vorgeschrieben ist, erweist sich
als sehr zweckmäbig, weil hierdurch die Poren des Holzes rerlegt
welrden und so das Eindringen Ton Staub und Wasser in dasselbe
verhindert wird. Sehr unpraktisch dagegen scheint mir die Vor-
schrift zu sein, dals der Fuisboden „aus nicht zu weichem Holz''
gefertigt werden soll. Zwedkmälsiger wäre es, die Holzarten, welche
zur Verwendung kommen dürfen, zu benennen (Eichenholz, gut
präpariertes Buchenholz etc.).
Femer wäre es von Wichtigkeit, die Breite und Länge der
Dielbretter zu berücksichtigen. Je breiter die Dielen sind, desto
grölser werden die Schwindfugen, und umgekehrt. Aufserdem tritt
bei breiten Dielen häufig der Nachteil auf, dafs dieselben sich
werfen. Demnach ist es vorteilhafter, den Fuisboden aus kurzen,
schmalen Holzstücken herzustellen. Diesem umstände wird im
«Böglemenf Bechnung getragen« indem daselbst das „parquet'' ge«
S78
fortot wird, wonmter der aas knreen, sehmalen Sttben bef gestellte
Stebfoisboden m yerstehen ist Diese Siftbe könne» bis an 1 m
Länge haben, sind jedoch am besten viel kürzer. Dieselben werden
entweder anf einem IJnterfaJsboden (Blindboden) oder besser auf
Beton verlegt. Letztere Methode hat den Vorteil, dals Fenohtig-
keit und Staub weniger leicht in die Zwischendecken dringen können«
Bei der oben empfohlenen Konstraktion der Zwisehendeoken aas
Bisen nnd Beton kommt dieselbe sowieso meistens enr Anwendang.
Wie man ans diesen Ansführangen ersieht, kommt die franzd-
sisohe Yerfdgung den erwähnten Forderungen näher als die ent-
sprechende Verfügnng in EIsalis-Lothringen. Sie ist kOrzer, dafür
aber präeiser, indem aus ihr die ganze Konstruktion des FuCsbodens
ersichtlich ist. Wenn man aus beiden Verordnungen das Ghite
herausnimmt, so könnte man yielleioht folgende Bestimmung Tor-
schlagen : „Der Fufsboden des Schulzimmers mufs aus harten Holz*
Stäben (Eichenholz, gut präpariertes Buchenholz), als sogenannter
Stabfufrboden (Stabparkett), hergestellt sein. Die Holzstäbe sind auf
Beton zu verlegen und vor dem Gebrauch gehörig mit Leinöl za
tränken. Wo es die Umstände nicht anders erlauben, dürfen längere
Dielen, auf Balken verlegt, verwendet werden. Es darf nur völlig
getrocknetes Holz zur Verwendung kommen''. Letztere Bemerkung
ist durchaus nicht überflüssig, da gerade durch nicht gehörig ge-
trocknetes Holz das Entstehen der Schwindfugen und das Werfen
der Dielen verursacht wird.
c) Die Wände und Decken der Schulzimmer müssen gleich-
falls mannigfachen hygienischen Anforderungen entsprechen. Die-
selben müssen vor allem glatt sein, um das Absetzen von Staub
möglichst zu beschränken. Sowohl die elsais-lothringische als auch
die französische Verfügung berücksichtigt diesen Punkt. Erstere
besagt: „Wände und Decken müssen glatt sein**, während das
„Reglement'' vorschreibt: „Les plafonds seront plans et unis, ils
seront exöcut^s en plätre (25)^. „Tons les parements des murs de la
classe seront recouverts d'un enduit qui les rendra lisses et unis
(stuc, plätre, peint ä l'huile)." Aus demselben Grande setzt das
„Reglement*' noch folgende Vorschrift hinzu: „H n'existera pas de
comiche autour des murs (26)''. Weiter: „Les angles formte par
la rencontre des murs lat^raux avec les cloisons et les plafonds seront
remplacte par des surfaces arrondies concaves, d'un rayon de 0,10 m**.
Diese Vorsidttsmafsregeln sind durchaus nicht in ihrem Werte zu
unterschätzen.
27»
Yos grober Wichtigkeit ist sehüefrlieh noek die Farbe der
Deeken und Wftnde. Für enstere ist die weiÜM Farbe am geeig«
netston, weil dadnrok mögliobst viel Lieht reflektiert wird. Dieselbe
ist aaoh in beiden Ländern voi^eBohrieben. »Die Decken werden
am zweckmäCrigsten geweirsf, sagt die „Yerf&gang des Oberprftsi-
denten**, wfthrend im „B^glement'^ die Hentelhmg der Decken ans
Gips gewi&nsoht, also eben&lls die weilse Farbe gefordert wird.
FOr die Wände darf selbstrerstttndlieh anoh keine dnnkle Farbe
gew&hlt werden; reines Weifs wäre jedoch fbr die Augen zu hell
nnd würde blenden. Es werden daher am besten grünliche oder
blane Töne zu wählen sein. »La teinte la plns faroiable est la
teinte gris de lin**, sagt das „lUglement", während bei nns die Wahl
zwischen blau nnd grünlich gelassen wird. »Die Wände sind ein*
farbig, mit einer leichten» blau- oder grünlichgrauen, giftfreien Farbe
anzustreichen.^
Wohl mehr ans ökonomischen als hygienischen Gründen schreibt
das „B^glement^ noch vor: „A la hantenr de 1,20 m ä d^at de
boiserie, le reyfttement sera eztentä en oiment ä prise lente**. Jedoeh
anoh in hygienischer Hinsicht bietet eine solche Bekleidung einen
nennenswerten Vorteil, indem dieselbe verhältnismäfsig am wenigsten
Stanb liefert.
d) Türen des Schulzimmers. Bei der Anlage ron Türen
ist es Yor allem yon Wichtigkät, dieselben hinreichend breit her^
zustellen. Es wird hierfür im ,,B^lement'^ 0,90 m (nach der In-
struktion von 1893 1 m), in der elsafis-lothringischen Verfügung 1 m
bestimmt.
Wichtig ist auch die richtige Wahl der Stelle, an welcher die
Tür angebracht werden soll. Nach § 81 des »Bäglement* ist es
gestattet, zwischen zwei Schulzimmem eine Tür anzubringen: «Des
portee de communication pourront dtre pratiqu^ dans les cloisons
B^parant deuz olasses contiguös". Diese Türen haben meines Er-
achteos mehr Nachteile als Vorteile, da durch dieselben der Unter-
rieht mannigfache Störungen erffthren kann. Höchstens könnte man
Doppeltüren gestatten, yon denen die eine mit einem schalldichten
Überzog yersehen ist. In der „Verfägung des Operpräsidenten" sind
solche Türen nicht vorgesehen, was auch richtiger ist.
Bei einseitiger Beleuchtung ist es praktisch, die Bingangstür an
der den Fenstern gegenüberliegenden Wand anzubringen, wodurbh
die Herstellung einer günstigen Ventilation bezweckt wird. Daher
beeteht bei uns folgende Vorschrift: „Am geeignetsten liegt die Ein«
280
gangatür in der der Fenaterwand gegenOberliegenden Lftngswand, in
der Nähe der Hückwand des Scholzimmers". Letztere Bemerkung
ist offenbar ans dem Grunde hinzugefügt, um durch diese Anordnung
die Sobüler soviel wie möglich dem Durchzug zu entziehen, der
selbst bei geschlossenen Türen und Fenstern entstehen könnte.
Das „fi^lement" enthält schlie/slich noch folgende» die Tflren
betreffende Vorschrift: „Suirant les besoins de la surveillance et la
disposition des locau^ elles (les portes) seront pleines ou vitröes*'.
Diese Forderung hat nur Berechtigung, wenn die Schule im übrigen
unzweckmälsig angelegt ist, was doch nicht der Fall sein soll.
e) Beleuchtung des Schulzimmers. Bei der Beleuchtung
des Schulzimmers spielt selbstredend die natürliche Beleuchtung die
Hauptrolle. Diese möge uns deshalb auch in erster Linie be-
schäftigen.
1. Tagesbeleuchtung. Eine gute Beleuchtung ist erforderlich,
damit das Auge bei seiner Arbeit nicht geschädigt und die aus einer
ungenügenden Beleuchtung resultierende schlechte Ebltung der Sander
yermieden wird. Das Licht, welches man im Schulzimmer gebraucht,
darf jedoch nicht zu intensiv sein; es darf während des Unterrichts
nicht das direkte Sonnenlicht zur Verwendung kommen, da dasselbe
beim Lesen und Schreiben stört und durch Blendung den Augen
erheblichen Schaden zufügen kann. Während des Unterrichts ist
demnach ein diffuses, gleichmäfsiges Licht vorzuziehen. Dieser Um-
stand ist in der „Verfügung des Oberpräsidenten^ genügend berück-
sichtigt, welche besagt: „Bei Anlage der Fenster ist zu beachten,
daJs das Eindringen von direktem oder durch naheliegende Grebäude
reflektiertem Sonnenlicht während der Schulzeit möglichst vermieden
wird. Wo dies nicht zu vermeiden, da sind zur Abwehr des Sonnen-
lichts entweder innere, die Fenster völlig deckende Eouleauz oder
Markisen anzubringen; letztere empfehlen sich vorzugsweise bei
direkt einfallendem Sonnenlicht, da sie das gleichzeitige Öfinen der
Fenster und eine gehörige Luftemeuerung ungehindert gestatten.
Die Rouleaux werden am zweckmäfsigsten aus mattgrauem Stoff her-
gestellt*'. Ob die Markisen zu diesem Zwecke praktisch sind, möchte
ich bezweifeln, da dieselben doch offenbar den Nachteil haben, das
Oberlicht abzuhalten, ganz abgesehen davon, dals sie den Sonnen-
strahlen bei seitlicher Sonnenstellung den direkten Eintritt teilweiae
gestatten.
Viel umstritten ist die Frage, von welcher Richtung das Licht
einfallen soll.
3S1
GbtOBS^ hat seinerzeit yoigeeehlagen, das Idokt yon der Deoke
her ein&llen za lassen. Abgesehen davon, dais dieser Modns nnr
in einstöckigen Oebänden oder in mehrstöokigen nnr in der oberen
ütage dnrohfELhrbar wäre, ist bu erwähnen, dals derselbe sieh nicht
gnt znr Ventilation der Sohnlzimmer eignen wflrde, worauf doch bei
der Fensteranlage Bfloksiobt zu nehmen ist. Es wäre diese Be-
lenohtong demnach höchstens fttr ganz spezielle Bänmci z. B. ftbr
Zeiohensäle, empfehlenswert Nach dem „Reglement* ist übrigens
eine solche Belenchtungsart direkt verboten: ,L'6clairage par nn
plafond vitro est interdif.
Am natfirlichsten ist die Belenohtong von der Seite, diejenige
von vom oder von hinten ist dagegen zn verwerfen. Kommt Licht
von vom, so blendet das die SdlitQer und hindert sie, das an der
Wandtafel Geschriebene dentlich zn sehen. Kommt das Licht von
hinten, so entsteht derselbe Übelstand für den Lehrer, und fär die
Schüler werden hierdurch auf den Schreibheften Schatten verursacht,
welche nur allzu leicht zur Annahme von verderblichen Haltungen
Anlaifl geben. Es bleibt also nur noch die Wahl zwischen der so-
genannten „unilateralen" und der „bilateralen"* Beleuchtung. Die
letztere kann aber sowohl durch Schattenbildung als auch durch eigen-
tümliche Reflexe den Augen der Kinder nachteilig werden, während
bei der unilateralen Beleuchtung diese Nachteile vermieden sind,
und es wäre demnach diese von allen Beleuchtungsarten die beste.
Dais hierbei das Licht von der linken Seite her einfallen muls, ist
selbstverständlich, da ja im entgegengesetzten Fall störende Schatten
von Hand und Feder auf das Papier Mlen. Diesen Ausführungen
entsprechend wäre es wünschenswert, daüs die einseitige Beleuchtung
von links zur Vorschrift gemacht würde.
Betrachten wir die entsprechenden Beetimmungen, so sehen wir,
daA das „Böglement'^ dieser Forderung nachkommt, während die
elsaTs-lothringische Verordnung auf einem etwas unpraktischen Stand-
punkt steht, indem sie folgendes bestimmt: ^^Das Licht soll den
Schülern zur linken Seite und etwa auch noch vom Rücken her
ein£Edlen. Fenster in der Kathederwand sind gänzlich unzulässig,
und die Anlage von Fenstern in beiden Längsseiten ist nur in be-
sonderen Fällen ausnahmsweise gestattet. Das „B^Iement^ hingegen
schreibt vor: „L'telairage unilateral sera adopte toutes les fois que
les conditions suivantes pourront dtre röunies. 1. Possibilitö de dis-
^ Gboss, Grandsüge der SohalgMondheittpflege,
28S
•pomt d'iiB jonr siiflGuBaiit. 2. Prop<»rtion oonyenable entre la liantear
des fenftfares et la hurgeur de la elaase.^ 3. fitabUssement de baies
pereöeB sur la &oe opposäe ä'oelle de Töclaiiage (1 m X ^ ii^) ^t desti-
ndes ä eervir h Taäration et ä rintrodnotion dn soleil pendant Tab-
senoe des älftree. Lonsqne TMairage sera unilatöral» le jonr riendra
nteessairemeiit de la ganohe des ä^ves^. Weiter heiikt es: „Loisqne
lee oonditionB qni präoMent ne pourront dtre röalie^, on anra
reooura h Föolairage bilatöteral, ayeo öolairage pltis intense k ganohe
qu'ä la droite. (16). On ne peroeia jamais de baies d^älairage dans le
mnr qni fait £eu)e a la table du mattre, ni ä plns forte raison, dans
oelni qni £ut £etoe ans ölftres^.
Die nnter No. 16 erwähnten Bedingungen sind Yorsiehtsmab«
regeln, die bei bilateraler Beleuchtung getroffen werden müssen.
Hierdurch werden nämlich die Lichtkreuzungen bis zu einem ge-
wissen Ghrade unterdrückt, und der Schatten &llt ron links nach
rechts.
Wir sehen also, dab die Vorschriften des „R^glement^ den
hygienischen Forderungen bezüglich der Lage der Fenster ent»
sprechen, und es wäre eine entsprechende Änderung der elsab-
lothringischen Verfügung dringend wünschenswert.
Damit nun mittels der Fenster den Zimmern eine müglichst
reiche Lichtmenge zugeführt werde, müssen die Fenster ein tunlichst
groÜBes Flächenmals repräsentieren. Um hierfür einen Mafestab zn
haben, hat man yiel£EU)h die Grülse der Fensterfläohe zur Grund«
fläche des Sdhulzimmers in Beziehung gesetzt* So bestimmt auch
die ^Verfügung des Oberpräsidenten*' folgendes: „Die Gesamtfläche
der lichten Fensteröffiiungen muls bei vollkommen freier Lage min*
destens ein Sechstel der Bodenfläche betragen ; bei Beschränkung dee
Lichts durch Nachbargebäude, Bäume u. dergl. ist die Fensterfläohe
verhältnismäbig zu vergrOfsem«'.
Dafs selbst bei genauer Befolgung dieser Vorsohrifi ebe un*
genügende Beleuchtung einzelner Plätze eintreten kann, leuchtet ein.
Bin Platz in einem Zimmer ist im allgemeinen nur dann hinreichend
beleuchtet, wenn von demselben aus ein Stück Himmel gesehen
werden kann, und die Beleuchtung ist offenbar um so besser, je
greiser dieses Stüdc Himmel ist. Am besten wäre es daher, wenn
^ Diese Proportioii mnfs doh nach der Instruktion yon 1893 folgender-
mafsen verhalten: Art. 19. 1. La hautenr de la classe devra etre Sgale aox
denz tiers environ de la largenr (BAcnaur, ]. o. p. 51).
die Yerfttgnng anordnen würde, dab von jedem Sehülarplate nach
links ein Stflok Himmel siehtbar seL Statt dee FliehenTeArttnimea
Ton 1 : 6 könnte man das günstigere yon 1 : 4 wtlikkn.
Sine solche Verordnung wäre aueh einfacher nnd prakttschsr
als die MiisiMfoohende Vorschrift im ,,B^lement^, weiche kntst: ,,Qm
k daflse soit telairäe d'nn cdiö on de plnsienrs c6täi, par tum faaia
nniqne on par plnsienrs fendtres, ks dimensuHis de ces ouvertiires
devront tonjonrs dtre calonlees de fsQons qne la lumitee ^daire toules
les tables. Dans le cas d'^olairage bilateral, lee baies plaeöes ä k
ganchc des äkyes seroni an moins ägales an largenr h Tespace oceap^
par les tables".
Dm Fenster werden dm Torhin aufgestellten Fordernngwi am
so leichtttr genügen, je höher sie gegen die Decke geführt wcidsii,
d. h. je nfther der Fcnsterstons an die Decke heranxaicht Nnr auf
diese Weise kann den tieferen Teilen des Schnkinmiers» für wcMm
ja die Hauptmasse des Lichtes ans der Höhe kommt, genügend
licht rageführt werden. Es ist daher die in der y^VerfiBIgang des
Oberprfisidenten'' enthaltene Bestimmung recht zweokmiürigi »dm
Fenster so hoch gegen die Decke hinau&ufühien» ak konstmktiv
anlftssig ist''. Das ^BAgiBmuA**^ bestimmt hierfür folgendes: ,fin
CBS d'^olairage nniktäral, le lintean des fendtres sera pkci an moins
4 nne hanteur ögale anx deux tieis de k kxgeur de k cksse. Dans
toua ks caSf le dessous du lintean des Isndtres devra atteindne k
nivean du plafond.** Die Instroktion yon 1893 dagegen Terkogt
xwiaohen oberem Fensterrand und Plafond ca. 20 cm Abstand*
Bei der Anlage der Fenster ist es femer ankerst wichtig» so
wenig lieht wk mögtich durch die Pfeikr zwischen den einaelnen
Fenstern verloren gehen zu lassen. Dieselben müssen daher so
schmal sein, ak es die Konstruktion des Gkbftudes zulftfat In diesem
Pnnkie eeheint mir dk ekab-lothrmgisohe Verordnung nicht streng
genug zu sein, indem sk Pfeikr bk zu 1,25 m gestattet. »Der
Wandranm zwischen zwei Fenstern darf nicht ttber 1,25 m betragen.^
Das «Bäglement*^ will die Breite der Pfeiler auf das Minimum be-
cchrünkt wissen. j^Lbl largenr des tmmeaux söpanmt ks fendtres
4ma aussi r^dnite que possibk.'' Bei einem gut ausgeführten Massir-
bau könnte man wohl die Pfnler zwischen zwei Fenstern auf 0,50 m be-
schrftnken, wenn man nicht eiserne Sttnlen ak Zwischenträger anwenden
will, was natürlich vorzuziehen wäre, da hierdurch die Trennungsflüohe
der Fenster soft kleinsk Mab reduziert würde. Wo die Verhältnisse
es gestatten, sollte man daher deren Anwendung vorschreiben.
284
Dafe die Fenster, wenn sie ge5£fnet sind, den Kindern keine
GbefiEihr bieten dOrfen hinaasznfiedlen, versteht sich von selbst. „Die
Fensterbrüstungen müssen^ daher nach der „Verf&g:nng des Ober*
Präsidenten ** „mindestens 1 m über dem Fnlsboden liegen''. Hierbei
kommt anÜBerdem noch in Betracht, daüs, wenn die Fenster tiefer
nach unten gehen würden, Blendung von nnten stattfinden würde.
Das. „Bp^lemenf schreibt hierfür eine Höhe von 1,20 m vor.
„L'i^pni des fendtres sera ^levä de 1,20 m au dessus du sol.**
2. Künstliche Beleuchtung. Weder in Elsafs-Lothringen,
noch in Frankreich finden wir Bestimmungen, welche sich auf die
künstliche Beleuchtung der Schulen beziehen. Am besten wttre es
allerdings, wenn man dieselbe in den Schulen yollkommen entbehren
könnte, denn es mufs zugegeben werden, dais selbst die beste künst-
liche Beleuchtung das Tageslicht niemals ersetzen kann, und daÜB
jede künstliche Beleuchtung Ton gewissen Gefahren für die Gesund-
heit begleitet ist, indem sie einerseits die Luft rerschlechtert (mit
Ausnahme der elektrischen Beleuchtung) und andererseits dem Auge
Schaden zufügen kann.
Es wäre daher yorzuziehen, den Unterricht nur am Tage zu
erteilen. In den Elementarschulen ist dies ja der Fall. Anders verhalt es
sich jedoch mit dem Unterricht in den sog. Fortbildungsschulen (Nacht*
schulen), der abends nach dem Nachtessen erteilt wird. Die jui^en
Leute, die sich an diesem Unterricht beteiligen müssen, sind not-
wendigerweise den Schädlichkeiten der künstlichen Beleuchtung aus-
gesetzt und haben daher auch Anspruch auf möglichst hygienische
Handhabung derselben. Es wäre daher wünschenswert, dais auch
die künstliche Beleuchtung in den Verfügungen Berücksichtigung
finden würde.
Wir könnten im allgemeinen die Forderung, die man an eine
gute Beleuchtung stellen muls, nach Burgebstein und NBTOiiTrzKT
(1. c, p. 111) in folgende Worte zusammenfassen: „Eine gute Be-
leuchtung soll die nötige Helligkeit für jeden Schülerplatz geben,
richtig yerteilt und so eingerichtet sein, dafs störende Schatten auf
den Plätzen, sowie blendende Reflexe vermieden werden und die
Kinderaugen beim Sehen auf die Tafel nicht durch grelles Licht
getroffen werden; endlich soll sie die Luft möglichst wenig verun-
reinigen und nicht durch Wärmestrahlen oder zu groDse Wärme-
produktion belästigen^.
Im Hinblick auf diese Forderungen bietet ohne Zweifel am
meisten Vorteile die elektrische Beleuchtung, und zwar in Form der
886
indirekten Belenchtong, welche in der Weise erzielt werden
kann, dab man die Lichtquelle dem Ange durch undnrehsichtige
Befiektoren entzieht, welche unterhalb der Flamme angebracht sind
und allee Licht nach der Decke und den oberen Teilen der Wände
werfen, so daJb diese grofsen beleuchteten Flflchen dann ala Licht-
quelle dienen. Durch eine derartige Beleuchtung wird das ganze
Zimmer gleichmälsig und diffus erhellt; Schatten entstehen nicht,
wie man sich auch setzen mag (Baoikskt, 1. c, Bd. 1, p. 806).
Wo elektrisches Licht nicht vorhanden ist, sollte man sich wo*
mOgUch des Leuchtgases bedienen, und zwar in der Form des Ghs-
glflhlichtes von Aueb, welches von allen Beleuchtungsarten mit Gas
am meisten Helligkeit gewährt, mit der geringsten Wärmeentwicklung
verbunden ist und auch die geringste Verunreinigung der Luft ver-
ursacht. Das Licht ist außerdem gleichmäfsig, ruhig und weils.
Das Gkisglühlicht eignet sich auch zur indirekten Beleuchtung.
Li Gegenden, wo man nicht über Leuchtgas verfbgt, wie es
meistens auf dem Lande der Fall ist, kommt schliefslich die Be-
leuchtung mit Petroleum in Betracht. Mit demselben kann eine
hinreichende Beleuchtung erzielt werden, wenn man sich hierzu des
Petroleum- Regenerativlichtes (nach SohuIjKb) bedient, bei welchem
auüserdem fbr Ableitung der schädlichen V erbrennungsprodukte durch
ein Abzugsrohr gesorgt ist. DaÜB hierbei nur gut gereinigtes Pe-
troleum zur Verwendung kommen darf, versteht sich von selbst.
Die Lampen, welche die Tafel beleuchten, sollen gegen die
Schüler zu durch undurchsichtige Schirme verdeckt sein, welche das
Licht auf die Tafel werfen.
f. Ventilation. Die ausgiebigste Ventilation erhält man durch
gleichzeitiges Öffnen w)n Türen und Fenstern. Die Türen werden
wohl selten allein zur Lüftung von Zimmern benutzt und dienen
hauptsächlich zur Herstellung von Luftzug bei gleichzeitigem öffnen
der Fenster. Die letzteren müs^n, um den Zweck der Ventilation
hinreichend erfüllen zu kOnnen, von oben bis unten sich öffnen
lassen, weshalb auch schon die „Verfügung des Oberprfisidenten*
von 1876 vorschreibt: „Sämtliche Fenster müssen vollständig ge-
öffnet werden können^.
Om andauernd eine gute Luft in den Schulzimmem zu erhalten,
wäre es richtig, die Luftemeuerung auch während des Unterrichts
stattfinden zu lassen. Da nun in vielen Fällen das öffnen der
ganzen Fenster unzulässig ist, so müssen dieselben so eingerichtet
sein, dafs deren obere Teile gesondert geüffiiet werden können. Zu
di«0em Zwecke smd die Oberlichter gem&Ts der ^Yerftlgiiiig deB
OberprfimdeDten^ von 1876 „so einzurichten, dafe eie nm eine hori-
zontale Achse drehbar Bind**, so dals also dieser obere Teil der
Fenster auch fftr sieh allein geOffiiet werden kann. Die Y orsdiriften
über die Lflftnng der Schnlzimmer in Elsafs^Lothringen yom 22. ICai
1901^ präcisieren diesen Punkt noch etwas genauer, indem sie fol*
gende Bestimmung enthalten: ,,Die Fenster sind am zweckmftfingsten
dreiflttgelig einzurichten. Durch den mit dem Fensterrahmen feat
Terbundenen Kämpfer ist das Fenster so zu teilen, dab der obere
Teil desselben etwa V? der Gksamtflaohe bildet, so daft zwei untere
und ein oberer Fensterflagel entstehen. Der über dem Eftmpfer
liegende Oberliohtflügel ist als Kippflügel, sich von oben nteh unten
drehend, zum Hereinlegen ins Zimmer bis zu einem Winkel you
45^ einzarichten*^.
Das ^Bdglement^ von 1880 enthalt eine fthnliche Bestimmung^^
welche lautet: „Les fendtres sont divisto en deux parties. Lia
partie inf(§rieure, dont la hauteur sera ägale aux trois cinqui^mes de
la hauteur totale, s'ouyrira k battants. La partie sup^rieure, formte
de panneaux mobiles, s'ouvrira & rintörieur**. Ont&r „s'oumra k
rint^rieur^ mula also, da dies im Qegensatz zu „s'ouyriia k battants*
steht, das Öfiben um eine horizontale Achse zu yerstehen sein.
Ist es nun eigentlich zu verwerfen, dafs man die ganzen Fenster
während des Unterrichts öffnet? Gesundheitsschädlich kann das
öflnen der Fenster werden, wenn entweder dadurch fühlbare Zug-
luft entsteht, oder wenn die AuUaenluft zu kalt ist und durch das
Herabsinken dieser zu kalten Luft auf den Fufeboden eine zu starke
Temperatnremiedrigung der unteren Luftschichten stattfindet, woduroh
den ruhig siteenden Sdiülem Gkfzhr der Erkältung droht. Endlioli
kann auch durch Öffnen der Fenster die Gesamttemperatur des
Zimmern zu tief sinken. Das ständige Offenhalten der ganzen
Fenster empfiehlt sich daher besonders bei warmer Temperatur der
Aulsenluft, während bei niedriger Temperatur am besten nur die
Oberiichtflügel offen gehalten werden.
In diesem Sinne sind die vorhin erwähnten „Vorschriften über
die Lüftung der Schulzimmer'' vom 22. Mai 1901 verfalst, indem
dieselben folgende diesbezüglichen Stellen enthalten: „Während der
heilsen Jahreszeit (bei Aufsentemperaturen von mehr als 20® C.)
^ Yorsohriften tn)6r die Lüftung der Sehnlshmner vom 22. Mai 1961, den
Akten det Kreitantet von 8trafid)iirg entnommen.
287
sind die Fenster fortwährend offen zu halten. Bei AuiSsientempera-
tnren von mehr als 15^ C. ist die Luft der Schalzimmer durch
Offenlassung der Oberlichtflfigel zu erneuern. Nur bei starkem
Winde kann hiervon Abstand genommen werden. Bei stauberfüllter
Luft sind diejenigen Fenster, welche in der Windrichtung liegen,
geschlossen zu halten**.
In der kälteren Jahreszeit wäre es nattlrlich gewagt, alle Ober-
lichtfltigel offen zu halten, da hierdurch eine zu starke Abkühlung
der Zimmertemperatur bedingt würde. Da übrigens bei gro&er
Differenz der Aufsen- und Linentemperatur der Luftwechsel leichter
und schneller erfolgt, so genügt das Offenlassen nur eines Ober-
lichtflflgels, wie es die soeben genannten Vorschriften bestimmen:
„Auch in der kälteren Jahreszeit soll mindestens ein Oberlichtflügel
offen gehalten werden. Nur bei stürmischem oder sehr kaltem
Wetter (etwa von 0^ abwärts) sollen auch diese Fensterteile ge-
schlossen werden".
Wenn nun gegen das Öfihen der Fenster während des Unter-
richts zu gewissen Jahreszeiten mit B«cht Bedenken erhoben -werden
können, so mulis um so mehr auf die Ventilation während der
Pausen Aücksicht genommen werden.
Die diesbezüglichen Vorschriften vom 22. Mai 1901 in Elsars-
Lothringen lauten folgendermaisen: „Während aller Erholungspausen
ist eine gründlichere Lüftung der Schulsäle durch Öfihen eines oder
mehrerer Fenster vorzunehmen. Bei einer Temperatur unter 0^
genügt ein V« — 1 Minute, bei einer Temperatur unter + 10^ ein
1 — 2 Minuten dauerndes Öffnen der Fenster. Selbst wenn die Luft
sehr kali eintritt, erwärmt sich dieselbe, wenn Wände, Fuisboden
und G-eräte wann sind, doch wieder sehr schnell. Bei starker Kälte
müssen während der Lüftung die an Fenstern sitzenden Kinder von
diesen an eine vor Zug geschützte Stelle des Zimmers zurücktreten.
Erlaubt es die Witterung, so sind die Kinder in der Zwischenzeit
auf die für sie bestimmten Spielplätze zu führen".
Man kann nicht umhin, diesen Vorschriften Beifall zu zollen,
da dieeelben vollständig genügen und zudem möglichst einfach sind.
£s wäre jedoch vorteilhafter, wenn die Schüler das ganze Jahr hin-
durch, also auch bei schlechtem Wetter, das Schulzimmer während
der Pausen verlassen könnten. Es wäre zu diesem Zweck das Vor-
handensein eines gedeckten Baumes (pr^u couvert) im Hofe erforder-
lich, wovon später noch eingehender die Bede sein wird. Aufser-
dem sollten die Schüler nach jeder Unterrichtsstunde auf den Hof
Sehvlgesiindheitspflega. XVL IG
288
geschickt werden, wie dies in den höheren Lehranstalten üblich ist,
und nicht, wie es in den Elementarschulen geschieht, nur einmal
des Morgens nnd einmal des Nachmittags. Auf diese Weise könnte
man nach jeder Stunde eine gründlichere Lüftang vornehmen nnd
brauchte sich nicht mit einem Öffiien der Fenster yon nur V> — 2
Minuten zu begnügen.
Nach den bisher erörterten „Vorschriften über die Lüftung der
Schulzimmer^ mufs außerdem noch in folgenden Fällen durch Offnen
der Fenster oder auch der Oberlichtflügel gelüftet werden: „Wenn
die Luft des Schulzimmers übel riecht, wenn Bauch auftritt, wenn
das Zimmer überheizt ist (d. h. wenn die Temperatur über 20^ ge-
stiegen ist), oder wenn die Luft bei grofser Schülerzahl oder nafe-
kalter Witterung allzu wasserreich ist*'.
Daifl auch aufserhalb der Schulzeit eine gründliche Lüftung der
Sohulzimmer vorgenommen werden mulis, versteht sich von selbst.
Der YoUständigkeit halber mögen die diesbezüglichen Vorschriften,
welche bei uns zur Geltung kommen, angeführt werden: «Nach Be-
endigung der Schulzeit, morgens und nachmittags, ebenso vor Be-
ginn der Heizung, sind mehrere Fenster zu öfinen. In der wftrmeren
Jahreszeit ist es zweokmäisig, die Fenster bis zum Beginn des
Unterrichts offen zu lassen, wenn die AuTsenluft nicht staubig ist;
in der kalten Jahreszeit dürfen die Fenster nur kurze Zeit offen
bleiben, da sich sonst Fufsboden und Wände zu stark abktLhlen".
Wir sehen, dafs die erwähnten Ventilations- Vorschriften äufiserst
einfach sind, aber dennoch alle in Betracht kommenden Punkte ge-
nügend berücksichtigen. Ähnliche Bestimmungen in Frankreich
habe ich nicht aufgefunden, und wäre diese Lücke, sollte sie wirk-
lich bestehen, als eine recht beträchtliche zu bezeichnen.
Erklären wir uns mit einem Kohlensäuregrenzwert von 0,3 7o
einverstanden, was wir nach den Ausführungen Kbisobbs^ ohne
Zögern tun können, so müssen wir die erörterten Ventilations- Vor-
schriften, die übrigens den im Jahre 1873 erlassenen in den meisten
Punkten entsprechen, als völlig hinreichend bezeichnen, zumal die
Untersuchungen, die Bbunb in hiesigen Volksschulen, welche nach
den genannten Vorschriften gelüftet werden, angestellt hat, ergeben
haben, daifs der Kohlensäuregehalt der Luft niemals mehr als 0,3 %
betrug (1. c, S. 105, Anm. 102). „Höher als 0,2 bis 0,3% steigt
auch der Kohlensäuregehalt der Luft nicht, wenn man auf jedwede
^ Kbibgbb, Der Wert der VentilatioD. S. 69.
289
künstliche Yentilation verzichtet tmd die genaDnten einfEichen Yen-
tilatioii8-Voi8chriften pünktlich beobachtei Und wenn der Kohlen-
sftnregehalt der Schnlluft bei ungünstigen Lüftungsbedingnngen, die
sehr selten sind« einmal höher, auf 0,4 und 0,5 %, steigen sollte, so
ist das, wenn die SchuUnft die übrigen erforderlichen Qualitäten
hat, gar nicht so schlimm.*' (Kbiegeb, 1. c, S. 69.)
Man kann demnach auf die künstliche Ventilation in den
Schulen völlig verzichten.
Nach der „Verfügung des Oberprfisidenten*' von 1876 war die
künstliche Ventilation vorgeschrieben, indem mit der Heizvorrichtung
zu gleicher Zeit eine Ventilationsvorrichtung verbunden werden
mu&te: „Es ist — sagt die Verfügung — bei der Anlage der Heiz-
vorrichtungen stets darauf Bedacht zu nehmen, dais eine ausgiebige
Abführung verbrauchter und Einführung frischer Luft stattfindet.
Ersteres ist durch Anlage von Ventilationsröhren in der Nähe oder
in Verbindung mit dem Schomsteinrohr zu bewirken. Letzteres
geschieht am zweckmülsigsten durch einen unter dem Fufsboden
anzulegenden Luflkanal, welcher die frische Luft dem zwischen Ofen
und Mantel befindlichen, oben offenen Baum zuführt. Bei den
Kachelöfen mit Ventilation tritt die frische Luft in ein vom Feuer
umspieltes Eisen- oder Tonrohr. Sowohl dieser Luftkanal wie die
Abzugsrohre sind mit stellbaren Klappen, Schiebern u. dergl. zu
versehen. Bei Anlage von Zentralheizung ist stets gleichzeitig auf
Herstellung eines angemessenen Ventilationssystems Bedacht zu
nehmen**.
Diese Verfügung wurde durch die „Vorschriften über die Lüf-
tung der Schulzimmer vom 22. Mai 1901" dahin abgeändert, dab
von nun an die Anlage von Abluftkanälen für die Lüftung in den
mit Öfen geheizten Schulzimmem unterbleiben sollte. Diese Mais-
nahme wird dabei folgendermafisen begründet: »Die Anlage besonderer
Abluftkanäle für die Entlüftung der durch Öfen beheizten Schul-
Bimmer soll in Zukunft unterbleiben, da die den Luftwechsel
regelnden, verstellbaren Klappen vor den Einströmungsöffiiungen der
Kanäle vielfach unrichtig oder überhaupt nicht gehandhabt wurden,
so dafs der beabsichtigte Zweck der Kanäle nicht erreicht werden
konnte, und da femer auch nach den gemachten Erfahrungen die in
der kälteren Jahreszeit erforderliche öffiiung der dem Fufsboden zu-
nächst befindlichen Klappe dieser Kanäle dem Fnüsboden infolge der
im Baume entstehenden Luftbewegung in empfindlicher Weise ab-
kühlt. Aus den gleichen Gründen sollen« die Einströmungsöffiiungen
16*
290
der bereits bestehenden AblufÜcanäle in den bisher erbauten und
mit Ofenheizung versehenen Schulen dauernd in geeigneter Weise
geschlossen werden *'.
Es ist demnach der Yentilationsofen, jedoch ohne Abluftkanäle,
gestattet. Derselbe hat den Vorteil, dals der Fu&boden und die
unteren Luftschichten etwas w&rmer werden als bei der ein&ohsB
Ofenheizung. „Ist der Ventilationsofen nicht mit Abluftkanälen
verbunden, so wird auch die Luft für Schulen nicht zu trocken.
Auch eine Staubgefedir ist kaum vorhanden, wenn die Luft nicht
aus staubigen Gklngen bezogen wird; der Frischluftkanal mub im
Freien mflnden. Ftlr letzteren Fall genügt, dals der Frisohluftkanal
bei staubiger Witterung abgestellt werden kann und abgestellt wird.
Staubkammem sind überflüssig.^ (ELKOsaER, 1. c, S. 70.)
Li Frankreich sind dagegen die Abluftkanäle nach der Lostrok-
tion von 1893 noch vorgeeohrieben, indem es daselbst heilst:
(Art. 27.) ^Des dispositions seront prises pour assurer, concurrem-
ment avec le chauffage, une Ventilation convenable de toutes les
partiee de la salle de dasse. Les orifices de l'aco^ de l'air pur qui
devra 6tre pris immMiatement ä l'ext^rieur, et les orifices d'tehappe-
ment de l'air vici^ aurout une suction süffisante pour prä^enir les
obstructions." (G-. Baüd&an, 1. c. S. 52.)
g) Heizung. Wohl ebenso unerläislioh als die Erhaltung einer
gesunden, reinen Luft im Schulzimmer ist die Beschaffung einer un-
serem Körper bekömmlichen konstanten Temperatur.
Deren Grad kann mit Sicherheit nur mittels eines Thermo-
meters bestimmt werden. Daher ist auch sowohl in Frankreich als
in Elsals - Lothringen die Bestimmung getroffen, dals sich ein
solcher in jedem Klassenzimmer vorfinden soll: „Zur Begnlienmg
einer angemessenen Temperatur*', sagt die „Verfügung des Ober-
präsidenten", „ist in jedem Schulzimmer ein Thermometer in 1,5 m
Höhe über dem FuiBboden aufzuhängen^. Die „Vorschriften und
Regeln über Heizung und Lüftung der Schulzimmer*',* fügt noch
folgendes zu dieser Bestimmung hinzu: „§ 1. Dasselbe ist auf einer
Unterlage von Holz (Brettchen) oder von dicker Pappe, 1,50 m hoch,
von Fenster, Tür und Heizung entfernt, zu befestigen. Zur Beob-
achtung der Temperatur im Freien ist ein zweites Thermometer im
Hofe eines jeden Schulhauses, geschützt vor direkten Sonnenstrahlen,
^ Kleine Broschüre, den Lehrern StraiflbnrgB zugestellt Abgedmcki in
EanoBB, Der Wert der VeiUUaUon. S. 90.
291
Regen and Schnee, anzubringen.*' Das „S^lement^ en&ält folgende
diesbezügliche Bestimmung: „Ghaque dasse sera munie d'un thermo-
mdtre plac^ ä une assez grande distanee du podle.
Die Temperatur darf offenbar in einem Schulzimmer, in dem
riele Personen zusammen sich aufhalten, nicht nach den individu-
ellen Empfindungen eines einzelnen, z. B. der Lehrperson, bestimmt
werden. Es muTs yielmehr dasjenige Temperaturmittel Berüdcsichti-
gung finden, welches erfahrungsgemäJs als das zaträgliohste erscheint.
BuBNBB^ ist der Meinung, dafis man bei der in unseren Breiten üb-
lichen (mittleren) Bekleidung, sowie bei einer relativen Feuchtigkeit
von 40— 607o, für Schulsäle 17—19«^ C. nehmen solle. Die Ver-
Ordnung in Elsals-Lothringen gibt 16—20^ C. oder 13—16^ R. als
zulässiges Mittel an. Hiermit kommt man bei uns in den meisten
Fallen recht gut aus. Dahingegen scheint die im „B^lement'' ge-
forderte Temperatur von 14 — 16^ G. nicht allen Anforderungen zu
entsprechen. Eine Temperatur von 14^ C. mOge für kräftige, ältere
Schüler genügend sein, für kleinere Kinder und ältere Lehrer ist
sie sicher zu gering, besonders wenn sie in einer Höhe von 1,5 m,
also etwa in Kopfhöhe, gemessen wird, wie dies auch ohne die be-
treffende Yoischrift zu geschehen pflegt.
La den bei uns geltenden vorhin schon erwähnten „Vorschriften
und JEtegeln über Heizung und Lüftung der Sohulzimmer^, wird
nachstehende Forderung angestellt: „§ 4. Es ist Pflicht des Lehrers,
stets darauf zu achten, dafs die Wärme des geheizten Schulzimmers
mindestens 15^ beträgt, 20^ aber nicht übersteigt, da überheizte
Zimmer ebenso schädlich sind wie zu kalte*".
Hieraus ergibt sich von selbst die Temperatur, bei welcher ge-
heizt werden muls. Da die Luft des Schulzimmers, selbst wenn
geheizt wird, immer etwas höher zu sein pflegt als die AuTsen-
temperatur, so braucht man meistens erst zu heizen, wenn im Freien
die Temperatur 15^ oder wenig darunter beträgt.
In unseren Schulen gilt hierfür folgende Vorschrift:* § 2.
„Wenn die Temperatur im Freien 10 — 15® beträgt, so ist es dem
iSrmeflsen des Lehrers anheimgestellt, das Schulzimmer heizen zu
lassen. Die Luft bewohnter Bäume hat fast stets, auch wenn letz-
tere nicht geheizt sind, eine höhere Wärme als die Luft im Freien,
such nimmt in der Regel die Luftwärme bis etwa 2 Uhr nach-
^ RuBRSR, Lehrbuch der Hygiene, S. 157.
* VorBchrifien und Begeln über Heizung und Lfiftang der Sehnlsimmer.
292
mittags zn, so dafs das Einheizen für gewöhnliob noch niolit not-
wendig erscheint. Sobald aber der Lehrer bemerkt, dais die Sohüler
frieren, so ist das Einheizen anzuordnen**. §3. „Q^ht die Lufl im
Freien unter 10®, so darf von der Heizung nicht abgesehen werden.
Die Schulräume müssen bei Ofenheizung eine volle Stunde vor Be-
ginn der Schulzeit geheizt werden, damit nicht allein die Luft,
sondern auch FufsbOden, Wände und Schulgeräte V« Stunde vor
Beginn des Unterrichts durchwärmt sind. Auch die Warteräume
müssen in gleicher Weise vor der Ankunft des zuerst kommenden
Schülers durchwärmt werden. Bei Gas- und Zentralheizungsanlage
gelten je nach dem System andere Vorschriften.^
Man kann wohl die Ansicht aussprechen, dals diese Bestimmungen
im allgemeinen genügen. Höchstens könnte man darüber verschie-
dener Meinung sein, ob bis zu 10® die Heizung dem Ermessen des
Lehrers anheimgestellt werden soll. Im allgemeinen wird bis zu
10® Aufsentemperatur die Temperatur^ im Schulzimmer hoch genug
sein, so dais nicht geheizt zu werden braucht.
Was nun die Vorschriften betrifft, welche sich mit dem Heizungs-
system selbst befassen, so fällt vor allem auf, dals sowohl in der
elsafs-lothringischen Verfügung als auch im „Biglement" nur die
sog. Lokalheizung Berücksichtigung gefunden hat, indem der so
wichtigen Zentralheizung keine nähere Aufmerksamkeit geschenkt
wird.
Bevor ich jedoch näher erOrtere, ob die Zentralheizung Auf-
nahme in die Schul- Verordnungen verdient, wollen wir zunächst
sehen, welche Lokalheizung nach dem Wortlaute der Verfügungen
in Betracht kommt, und ob dieselbe die an die Heizung zu stellen-
den Forderungen erfüllt.
„Zur Erwärmung der Schulzimmer — sagt die „Verfügung des
Oberpräsidenten*' — sind Kachelöfen oder auch eiserne Öfen
zulässig. Letztere sind so zu konstruieren, dais sie nicht glühend
werden kOnnen, daher sie nach Art der Meidinger sehen Füll- und
Regulieröfen mit einem festen Mantel zu umgeben sind, in welchen
die frische Luft in der Nähe des FulÜsbodens eintritt und aus
welchem am oberen Teile die erwärmte Luft in das Zimmer aus-
tritt, wobei die Öffiiungen durch Schieber zu regulieren sind.*" Die
entsprechende Bestimmung im „B^glement^ ist in folgenden Sätzen
zusammengefalst: „II (le poSle) devra Stre gami d'une double enve-
loppe mötallique ou d'une euveloppe de terre ouite. Le po§le en
fönte ä feu direct est interdit."
298
Eb ist leioht eniohtlioh, daJB die beiden Bestimmungen sidi
decken. Beide gestatten den Elachel- und den eisernen
Ofen, letzteren jedoch nnr unter der Bedingung, dais er mit einem
doppelten Mantel versehen ist, und rerbieten den eisernen Ofen mit
einfachem Hantel, worunter offenbar auch der ^poSle en fönte k feu
direct'' zu verstehen ist.
Dals die Heizung mittels des Kamins in den Verfügungen
ttberhaupt nicht erwähnt wird, scheint uns hier in Elsals-Lothringen
ganz selbstverständlich, und es sind die mannigfachen Nachteile dieses
Heizungssystems hinreichend bekannt. Wichtig ist jedoch, dals man
auch in Frankreich allmählich davon abgekommen ist und dasselbe
in den Schulen keine Verwendung findet.
Wie schon erwähnt, dürfen sowohl in Elsa&Lothringen als
auch in Frankreich Kachelofen (podle garni d'une euveloppe de
terre cuite) zur Verwendung kommen. Da dieselben sich und somit
auch die Zimmerluft nur langsam erwärmen, ist vorgeschlagen
worden, „durch den Ofen eine Bohre zu führen, welche, nahe am
Boden beginnend, in der Ebene der Ofendecke ausmündet; die in
dieser Bohre lebhaft erwärmte Luft gestattet eine rasche Luft-
zirkulation durch den Zimmerraum '^.^ Hierdurch wird offenbar die
Erwärmung der Zimmerluft bedeutend beschleunigt. Dieses Ofen-
system kann zu gleicher Zeit zur Herstellung der Ventilation
dienen, indem dann „die frische Luft in dieses vom Eeuer um-
spielte Eisen- oder Tonrohr tritt^, wie es in der „Verfügung des
Oberpräsidenten^ unter den Ventilationsvorschriften bestimmt ist.
Kraft dieser Vervollkommnung ist der Tonofen als ein für die
Schule recht zweckmäfsiger Heizkörper zu bezeichnen.
Was die eisernen Öfen betrifft, so sind die betreffenden Be-
stimmungen, besonders bei uns, viel präciser. Das Eisen nimmt
infolge seiner greisen Leitungsf^gkeit die Wärme aufserordent-
lich schnell auf, gibt sie jedoch auch ebenso schnell wieder
ab. Die Folgen davon sind bei nicht ganz genau regulierter Feue-
rung zu rascher und zu grober Temperaturwechsel, der die Lisassen
der Schulzimmer mannigfachen Erkältungskrankheiten aussetzt. Femer
wird das Eisen bei einer etwas energischen Feuerung leicht glühend,
was dann eine allzu grofse WärmestrahluDg xmd das Verbrennen
organischer Staubbestandteile der Luft zur Folge hat. Diese Nach-
teile können vermieden werden, wenn man den Bestimmungen der
^ SoHiHTZ, Die HeisuDg and Ventilation in Fabrikgeb&aden.
294
ekaCs^othringisdien Verfagang nachkommt und den eisernen Ofen
mit einem Doppelmantel versieht, ^in welchen die frische Lnft in
der Nähe des Fnfsbodens eintritt nnd ans welchem ans dem oberen
Teile die erwärmte Lnft in das Zimmer tritt". Es sind dies die
nach Meidingbb konstruierten Öfen, die WoiiFEBT - Öfen nnd noch
viele andere in nenerer Zeit hergestellte Systeme.
Eine Kombination von Eisen nnd Ton findet sich in den mit
Mänteln versehenen Begulierfüllöfen. Hier vereinigen sich die Vor-
teile beider Materialien, während die Nachteile beider sich gegen-
seitig anfheben.
Für die zu wählende Ofengrölse enthält die „Yerfiignng des
Oberpräsidenten ^ eine Anleitung, indem sie bestimmt: '^^Die ßröDse
der Heizfläche beträgt pro 100 cbm Luftraum für eiserne Öfen min-
destens 1 qm, für Kachelöfen 6 qm.^ Das „Böglement" sagt da-
gegen einfach : „La surface de chauffe sera proportionnöe aux dimen-
sions de la salle ä chaufPer, de &(on qu'en moyenne la tempörature
des salles atteigne 14 degr^ centigrades et ne d^passe pas 16 degr^.''
Die Bestimmungen, welche die G-rölse der Heizfläche betreffen, können
natürlich nur annähernd den genaueren Forderungen entsprechen, da
doch offenbar die vom Ofen gelieferte Wärme in jedem einzelnen
Fall besonders von der Menge des Heizmaterials abhängig ist, welche
zur Verwendung kommt.
Einen genaueren Anhalt für die Berechnung der Ofengrölse hat
man jedenfalls, wenn dieselbe für eine gewisse Anzahl Quadratmeter
Zimmerfläche bestimmt wird. Vergleichen wir die in der elsafs-
lothringischen Verfügung vorgeschriebene Oberflächengröfse mit den
Zahlen, welche Habtmakn^ gefunden hat, so ist dieselbe offenbar
nicht hinreichend. Nach Habtmakn kann nämlich für 100 cbm
Bauminhalt und Heizung mit Ventilation (Luftzufuhr von aulaen)
bei eisernen Öfen als ungefähre Heizflächengrölse im allgemeinen
gerechnet werden:
„Für geschützt liegende Bäume mit Doppelfenstern 2,4 — 3,0 qm
Desgl. mit einfachen Fenstern 3,2^-4,0 „
Für ungeschützt liegende Bäume mit vielen Doppel*
fenstem (Eckräume, fnüskalte) 3,6 — 4,5
Desgl. mit einfachen Fenstem 4,8 — 6,8
Die kleineren Werte gelten für grolse Öfen und umgekehrt; für
Tonöfen sind die Zahlen mit 2,5 zu multiplizieren. **
^ Habtmank, Banknnde des Architekten (1891), 1. Band, 8. 926. 2. Aufl.
Citiert nach Büboirstbiv nnd Netolitzct, 1. c, S. 158.
895
Sind diese Bereohnungen riditig, 8o mflliste die betreffende Vor-
schrift abgeftndert werden, da die daselbst angegebenen Zahlen weit
unter denen von Habtmakk bleiben.
Soll die Heizung der Öfen im Innern des Schnlzimmers selbst
oder von anisen, vom Korridor her, besorgt werden? In diesem
Punkte befinden sioh das französische „Bäglement^ und die »Ver-
fägung des Oberprfisidenten^ in direktem Widerspruch. Letztere
schreibt vor: ^Die Heizung der Öfen erfolgt von innen mit her-
metischem Yerschluls der Heiztüre und nicht völlig schlieisender
Ofenklappe*^. Die Heizung von innen ist allerdings yiel&oh be-
quemer, besonders auf dem Lande. Wird nämlich die Heizung vom
Korridor her besorgt, so mufe diese Funktion einer Dienstperson
anvertraut werden. In kleineren Landschulen ist jedoch eine solche
meist nicht vorhanden, so dals die Heizung von der Lehrperson
selbst überwacht werden muis. In gröiseren Landschulen dagegen,
wo es an Dienstpersonal nicht fehlt^ würde die Heizung vom Korri-
dor aus vorzuziehen sein. Hierdurch würde die Verunreinigung der
Zimmerluft durch das Brennmaterial, die Asche und die Ver-
brennungsprodukte wegfallen, letzteres natürlich nur, weim der Ofen
nachi dem Innern des Zimmers dicht abgeschlossen ist. Aus diesen
G-ründen enthalt das „Reglement*' folgende Bestimmung: „Lorsqu'un
agent sera chargä de Tallumage et de l'entretien des podles d'une
^cole, oes pogles auront leur Ouvertüre de chargement ä l'ext^rieur de
la olasse.'' Für den FaU, dafs ein solcher „agent" nicht bestellt ist,
kann der Ofen von innen beschickt werden, die zur Verbrennung
nötige Luft soll er jedoch trotzdem von aufsen bekommen: „Le podle
prendra ä Fext^rieur Tair pur nöcessaire ä la combustion et ä la
Ventilation". Bei dicht schlieisender Heiztüre ist so das Eindringen
von ungesunden Verbrennungsprodukten in das Zimmer vermieden,
und es sind daher die Vorteile dieser französischen Bestimmung
nicht zu unterschätzen.
Sonderbarerweise enth< die elsafs*lothringische Verfügung noch
eine Vorschrift über die Ofenklappe, von der gefordert wird, „daiS9
sie nicht völlig schUefsen darf". Es ist hiermit die früher so be-
liebte Ofenklappe am Abzugsrohr gemeint Es ist jedoch hinreichend
bekannt, dals gerade durch das Schlielsen der Ofenklappen, selbst
wenn dies nur teilweise geschieht, das Austreten der Verbrennungs-
gase in das Zimmer begünstigt wird. Es wäre demnach angebracht,
das Anbringen solcher Ofenklappen direkt zu untersagen. Dieselben
sind übrigens in den meisten Städten durch besondere städtische (poli-
296
zeiliohe) VerordntiDgeD bereits verboten, weil dorob das Sohlieliseii
derselben die Entwicklung von Koblenoxydgas begünstigt und hier-
durch Vergiftungen yerursacht werden können.
Nach der ,, Verfügung des Oberprftsidenten*' ^ist den Öfen eine
solche Stellung zu geben, dafs das Schulzimmer möglichst gleich-
mäifiig erwärmt wird, ohne dais die Schüler durch die strahlende
Warme belästigt werden**. Am besten ist „der Ofen an der der
Fensterwand gegenüberliegenden Längenwand aufzustellen. Die Ent-
fernung des Ofens von den ihm zunächststehenden Subsellien beträgt
mindestens 1 m.^ Letztere soll nach dem „B^glement'' 1,25 m be-
tragen. „Un espace Ubre de 1,25 sera laiss^ entre le podle et les
^l^ves.'' Auüserdem soll bei uns nach den „Vorschriften und Regeln
über Heizung und Lüftung der Schulzimmer^ folgende Malsregel
befolgt werden: § 5. „Die in der Nähe des Ofens sitzenden Kinder
sind vor dem Einflüsse der strahlenden Wärme durch Ofenschirme
aus Weifsblech zu schützen, soweit solche nach der Beschaffenheit
der Öfen nötig sind". Durch diese Maisregeln ist den Übelständen
der strahlenden Wärme für die in der Nähe sitzenden Schüler nach
Möglichkeit abgeholfen. „Die Aufstellung in der Mitte des Zimmers
ist unstatthaft*^, sagt die „Verfügung des Oberpräsidenten', wohl
hauptsächlich deshalb, damit die Bauchrohre nicht über die Köpfe
der Sander geführt werden, was übrigens im „B^glement^ aus-
drücklich yerboten ist. „II est interdit de faire passer le tuyau ob-
liquement audessus de la tdte des eläves."
Die weitere Betrachtung der Heizungsanlagen führt uns zu der
Frage, ob man in den Schulzimmern einer künstlichen
Befeuchtung der Luft bedarf oder nicht. Es wird diese
Ma®el in den „Vorschriften und B.egeln über Heizung und Lüftung
der Schulzimmer' für gewöhnlich nicht für notwendig erachtet.
§ 7. „Die künstliche Befeuchtung der Schulluft durch Verdunsten
von Wasser ist in der Regel nicht notwendig, da die groJsen Mengen
von Wasserdampf, welche durch Lungen und durch Haut abgegeben
werden, zur Befeuchtung der durch die Heizung erwärmten Sohul-
luft genügen. Eine allzu dunstige Luft ist ebenso schädlich wie
eine allzu trockene. Die künstliche Befeuchtung ist nur bei der
Luftheizung und bei Ventilationsmantelöfen mit Zuluftkanälen und
Abzugskaminen notwendig. Auch in grolÜsen Sohulzimmem mit wenigen
Schülern ist gegen das Verdunsten von Wasser nichts zu erinnern."
In Frankreich, wo die künstliche Ventilation nach den Vor-
schriften der Instruktion von 1893 immer mit der Heizung einher-
297
gehen mnfe, ist anoli fOr alle Fälle die kttnstliohe Befenchtiing vor-
gesehen : „n (le po^e) sera ponrva d'on röservoir k ean mtini d'tine
sarfaoe d'^vaporation^. (Reglement.) Da& bei Vorhandensein einer
solchen Ventilation die Befenohtnng der Lnft notwendig ist» ebenso
wie bei der Luftheizung, geht ans folgenden Tatsachen hervor : Das
SättigungsvermGgen der Lnft für Wasserdampf steigt mit der Tempe-
ratorerhohung, nnd zwar in rascherer Proportion als die Temperatur.
Sie muls daher, wenn eine andere Quelle fär Wasserdampf nicht
vorhanden ist, dem menschlichen KOrper Wasser entziehen. Li den
Schulzimmem nun, in welchen durch die genannte künstliche Ven-
tilation immer von neuem gewärmte Luft zugeführt wird, wiederholt
sich dieser Vorgang fortwährend, weshalb die Luft als trocken
empfunden wird. Dies ist vor allem für die Lehrpersonen sehr
lästig, weil die Wasserentziehung besonders auf Kosten der Schleim-
häute geschieht und hierdurch das Sprechen beträchtlich erschwert
wird. Diesem Übelstande mufe daher bei der Ventilationsheizung
durch künstliche Befeuchtung abgeholfen werden.
Um die Kinder vor Verbrennungsgefahr zu schützen und wohl
auch um dieselben daran zu verhindern, die Heizung nach eigenem
Gutdünken zu besorgen, empfiehlt das „Reglement", den Ofen mit
einem Eisengitter zu umgeben: „II sera entourö d'une grille en fer**.
Es ist dies durchaus nicht unwesentlich, denn jedermann weiTs aus
eigener Erfahrung, dals die Schüler durch eigenmächtige Hand-
habung der Heizung sich vielfach zum Schaden ihrer eigenen Gre-
sundheit vergehen.
Dalis das „Reglement'' erlaubt, einen Ofen für zwei aneinander-
stolsende Erlassen zu benutzen, halte ich nicht für praktisch, da auf
diese Weise sowohl die Heizung als auch die Ventilation jedes ein-
zelnen Schulzimmers nicht immer nach Bedarf gehandhabt werden
kann.
Ich habe oben schon bemerkt, dals die Zentralheizung weder
in der einen noch in der anderen Verfügung hinreichend Berück-
sichtigung gefanden hat. Dies entspriobt nicht mehr der gegen-
wärtigen Praads, da in vielen gröfseren Schulen man in neuester
Zeit die Lokalheizung verlassen hat und zur Zentralheizung überge-
gangen ist, deren Vorteile sich folgendermafsen zusammenfassen lassen :
Bequemere und bessere Regulierbarkeit der Verbrennung und Aus-
nutzung des Brennmaterials, geringere Feuergefährlichkeit als bei
Binzelheizung infolge der geringeren Zahl von Feuerstellen, leichtere
Möglichkeit ununterbrochener Heizung, gröüsere Reinlichkeit des
298
SohnlhauBes, Erleiohterong der künstlichen Ventilation, nnd sohlielfi-
lioh die Möglichkeit, mit nnbedentenden Mehrkosten auch die Korri-
dore nnd Stiegenh&nser gleichmftlsig zu erwärmen.
Die einzelnen Zentralheiznngssysteme näher zu erörtern, kann
hier nicht meine Anfgabe sein. Es wäre übrigens nnzweckmäfsig,
in einer Verfügung das eine oder das andere System Torznschreiben^
nnd es wird die Frage, welches System in Anwendung kommen soll,
am besten in jedem einzelnen Fall je nach den Umständen au ent*
scheiden sein.
(SoUnlB folgt)
Uns ^txfamminuitn tinb Detretne«.
Znr Schnlarztfrage.
Vortrag, gehalten Yon Prof. A. Schattekfbou in der Yollversammlimg
der österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege.
{Monatsschrift für aemndMtspfUge, 1902, No. 11.)'
Nachdem der Vortragende in einigen Worten auf den gegenwärtigen
Stand der schnlärztlichen Einrichtungen allerorten eingegangen ist, macht
er seine Znhörer mit der yielfach yorbildlich gewordenen Wiesbadener
Dienstordnung bekannt und weist auf einige Abweichungen anderer Städte
von dieser hin. Er bestätigt im folgenden, dals die schulärztlichen In-
stitutionen sich bis Jetzt aufs beste bewährt haben. Die Eltern lernten
überall bald einsehen, dals die Untersuchung ihrer Kinder und deren Be«
aufsichtigung durch einen Arzt in den Schulen nur Vorteile bringen könne.
In Ärztekreisen ist das Müstrauen gegenüber den Schulärzten so ziemlich
aDgemein einem fireundlichen Entgegenkommen gewichen, seitdem man
erkannt hat, dab die Behandlung des erkrankten Kindes niemals Sache
des Schularztes ist. Es kann ja auch nur eine Förderung der ärztlichen
Berufsintentionen durch den Schularzt gewährleistet werden, da in vielen
Fällen erst über Intervention desselben die Eltern für ihre Kinder ärzt-
liche Hilfe aufsuchen. Sehen wir uns nach den Erfolgen um, welche die
schulärztliche Einrichtung aufzuweisen hat, so kommt in erster Linie die
Entdeckung von Krankheiten bei der Untersuchung der neu-
eingetretenen Schüler in Betracht. Anlserdem sind noch bemerkens-
werte Erfolgein der Verbesserung der Schüllokalitäten und deren
Einrichtungen zu verzeichnen. Was die Verhütung von Infek-
tionskrankheiten betrifft, so erwartet der Vortragende nicht allzuviel
vom Schularzte. Selbst wenn der Lehrer berechtigt ist, jeden verdächtigen
Schüler zum Arzte zu sdücken, wird dieser häufig nicht mehr im stände
299
sein, einer Weitervorbreitong der ansteckenden Krankheit zu begegnen.
Den HanptTorteil der Intervention des Schnlarztes bei ansteckenden Krank-
heiten sieht der Verf. darin, dals derselbe im Falle des Schnlschhisses
bei der Desinfektion rasch persönlich eingreifen kann und sich nicht
darauf beschränken mnb, alle diese Dinge einfadi nnr anzuordnen.
Mit Oenngtnnng konstatiert der Verf., dab die weitaus gröCste Mehr-
zahl der Lehrer gegenwärtig dem Schulärzte mit Vertrauen entgegenkommt,
ja denselben oft tatkräftig fördert und unterstatzt. Eine selbstyerständ-
liche Voraussetzung fllr die gedeihliche Entwicklung der Schu^gend ist
es, dab Lehrer und Arzt an deren Wohl Hand in Hand ar-
beiten, und jeder gewissenhafte Pädagoge sollte firoh sein, die schwere
Verantwortung f&r das Wohl der ihm anvertrauten Kinder nicht aaf seinen
Schultern allein tragen zu müssen. Die Quelle des ursprünglichen aUge-
mein^i Milstrauens war die Besorgnis, es könnte dem Schularzte das Recht
eingeräumt werden, in das Gebiet des Unteirichtes einzudringen. Auber-
dem fOrchtete man die durch die ärztlichen Besuche verursachten Störungen
des letzteren, und weiter vermutete man in dem künftigen Schularzte einen
neuen Vorgesetzten, der Schulleitem und Lehrern nach seinem GutdOnken
Weisungen erteilen würde.
Was den ersteren Punkt betrifit, so hat man im allgemeinen davon
Abstand genommen, dem Schularzte jetzt schon einen Einflub auf den
Unterricht einzuräumen. Der Verf. hält das auch für richtig. An dem
Lehrplane kann er ebensowenig wie der Lehrer Veränderungen vor-
nehmen, und wenn er auch dabei von den besten Absichten geleitet wäre.
Die* Ermüdungs- oder besser Erschöpfnngsfrage spielt auberdem itür die
Volksschule lange nicht die Rolle wie für die höheren Sdinlen. Ist so-
mit dem Schularzte gegenwärtig eine dh*ekte Einflubnahme auf den Unter-
richt unmöglich, so wird er es sich doch angelegen sein lassen müssen,
anläblich seiner periodischen Klassenbesuche auf Überbürdung emzelner
Schüler zu achten, soweit ihm gewisse Symptome, wie Nervosität, Ab-
nahme des Körpergewichtes u. a. hierzu eine Handhabe bieten. Was die
Lehnnittelirage anlangt, so weist der Verf. deren Regelung den Zentral-
stellen unter Zuziehung sanitärer Fachräte zu. Auf die schulärztlichen
Inspektionen während des Unterrichtes will Verf. nicht verzichten; einmal
nicht, weil der Arzt Gelegenheit haben müsse, den Gesundheitszustand der
Schulkinder, wenn auch nur durch eine äuberliche Inspektion, fortlaufend
zu kontrollieren, dann aber auch nicht, weil in Bezug auf Einrichtungen
der Schularzt eher in der Lage sei, seinen Forderungen Nachdruck zu
verleihen als etwa ein Klassenlehrer, der seine Wege bald verrammelt
finden wird. Aus diesem letzteren Grunde möchte Verf. dem Schularzte
auch die Fürsorge über die Einrichtungen in der Schule zugewiesen haben.
Am idealsten wird den schulhygienischen Forderungen entsprochen
werden können, wenn Arzt und Lehrer mit einander kooperieren, speziell
der Lehrer nach Kräften den Schularzt unterstützt. Zum Zwecke einer
intensiveren Heranziehung des Lehrers zu gemeinsamer Tätigkeit ist eine
viel gründlichere Unterweisung des Lehrerstandes in der
Hygiene, speziell der Schulhygiene, nötig als bisher. Zweckmäbig ist
es, wenn einerseits in der Lehrerbildungsanstalt Unterricht in den Grund-
300
lagen der Hygiene erteilt wird, und wenn andererseits die Lehrer Gelegen-
heit haben, in Fortbildnngsknrsen Kenntnisse in schnlhygienischen Fragen
zn erwerben.
Ein Grenzgebiet zwischen Lehrer und Arzt ist die Begatachtnng
des Geisteszustandes der sogenannten schwachsinnigen oder
minderwertigen Kinder, nnd von hoher Wichtigkeit ist es, dals
letztere ans den Normalschnlen ausgeschaltet und entsprechenden Hü&-
schulen überwiesen werden, da ja oft der ganze Lernerfolg durch einige
solcher armen Geschöpfe in Frage gestellt wird. Zweifellos ist in enter
Linie der Psychiater berufen, die Entscheidung, ob ein Kind schwachsinnig
ist und einer besonderen Behandlung bedarf, zu fiUlen, dem Arzte gegen-
über hat aber der Lehrer, der auf seinen Erfahrungen fnÜBt, manches vor-
aus. Jedenfalls ist die Forderung berechtigt, dafs der Schularzt
neben den Kenntnissen eines tüchtigen praktischen Arztes
und neben einer tüchtigen Ausbildung in der Hygiene auch
über ein gewisses Mafs von psychiatrischem Wissen verfügt.
Die Ausführungen des Verf., die ich in ihrer Allgemeinheit billige,
geben uns einen verstftndlichen Überblick über den heutigen Stand der
Schularztfrage für die Volksschule. Vielleicht findet Verf. früher oder
später Gelegenheit, wie auch ursprünglich beabsichtigt gewesen zu sein
scheint, die höheren Schulen in den Kreis seiner Betrachtungen zn
ziehen. Die Ausführungen des Verf. haben der österreichischen Ge-
sellschaft für Gesundheitspflege Veranlassung gegeben, in der
Schularztfrage selbst fördernd vorzugehen durch die Einsetcung eines
Komitees zum Studium dieser Frage, welches durch geeignete Fachmftnner
erweitert werden soll. Zur kritischen Würdigung des SCHATTENi'BOHschen
Vortrages verweise ich im übrigen auf die dem Vortrage folgende Dis-
kussion, und zwar insbesondere auf die Ausführungen des Direktors
Emanüel Bayb in seinem Beferate: Ist ein Schularzt vom pftda*
gogischen Standpunkte aus überhaupt notwendig. (Vergl. Mo-
natsschr. f. GesundheUspfl. 1902. No. 11.)
Oberlehrer Karl RoLLBB^Darmstadt
Altintxt Jtttteilitngen
Über die Erfolge der Behandlung erhoIuBgsbedttrftiger Kinder
in den Hamburger Kinderkeilstiitten im Jakre 1902 berichten die
„Blatt f. d. Hamburg. Armmwesen** (Dez. 1902). Die unmittelbaren, in
den Kinderheilst&tten zu Duhnen, Westerland*Sylt und Oldesloe erzielten
Kurerfolge sprachen sich in einer Hebung des allgemeinen GesundheitB-
zustandes, namentlich der Ernährung und somit auch des Körpergewichtes
aus, das bei 499 von 529 Kindern im Laufe der vier Kurwochen zwischen
1 — 10 Pfund zugenonmien hat. Die Zunahme betrug in der Mehrzahl der
301
Ftile 2 — 6 Pfund. Zahlreiche Kinder wurden wegen Verdacht anf Anlage
zur Tuberkulose den Heflstfttten übergeben, wobei flbrigens Kinder, welche
durch Husten oder Auswurf fftr ihre Umgebung bedenklich erscheinen
konnten, ausgeschieden wurden. Die Zahl dieser Kinder war Übrigens sehr
gering, ungemein wichtig scheinen uns die folgenden Bemerkungen, die
sich an den Bericht anschlieben:
«Wenn es nun — sagt der Berichterstatter — in so erfreulicher
Weise nachweisbar ist, wie sich solche Kinder in der kurzen Zeit von drei
bis Tier Wochen in den Kinderheilstfttten und Ferienkolonien bei guter
Emfihrung und reichlichem Aufenthalt in firischer Luft erholen, und wenn
andererseits der Arzt zu beobachten Gelegenheit hat, wie bald dieser Erfolg
in manchen Fftllen unter dem Einflüsse der mangelhaften Emflhrungs-
verh<nisse wieder verschwindet, so drängt sich der schon im Teijährigen
Berichte ausgesprochene Gedanke auf, ob nicht durch eine umÜEissendere
und planmftfsigere Benutzung der Schulspeisungseinrichtungen der erzielte
Erfolg befestigt und so einem späteren Verfall gerade dieser besonders ge-
fährdeten Kinder in Krankheit und Siechtum mit Yerhältnismätsig geringen
Mitteln vorgebeugt werden könnte.
Man wird in dieser Erwägung bestärkt, wenn man bedenkt, dafs die
in drei- bis vierwOchentHcher Kurzeit erzielten, vielfach nicht unbetrilcht-
lichen Gewichtszunahmen, so erfreulich sie an sich sind, doch zugleich den
ernsten Nachweis liefern, dals sich die Mehrzahl dieser Kinder in einem
Znstande der Unterernährung befand. Es geht dies im besonderen daraus
hervor, dafe man so erhebliche Gewichtszunahmen bei gut genährten Kindern
besser situierter Eltern gewöhnlich nicht beobachtet; bei solchen Kindern
vermag, wie z. B. in dem Jahresberichte der Kinderheilstätte Oldesloe pro
1900 hervoi^ehoben wird, die gute Kost den zehrenden Effekt der Sool-
bftder etc. nicht auszugleichen, und das Körpergewicht zeigt daher in
manchen Fällen sogar eine Gewichtsabnahme.
Ein solcher Zustand der Unterernährung aber hat, zumal in den
Jahren der Entwicklung des Jugendlichen Organismus, eine besonders ernste
Bedeutung insofern, als er nicht nur bestehende Krankheitszustände zu ver-
schlimmem und vorhandene Krankheitsanlagen zur Entwicklung zu bringen,
sondern auch Krankheitszustände hervorzurufen vermag (vergl. das Auftreten
der Skiophulose in der Hälfte aller Fälle bei Kindern von gesunden Eltern).
Aus diesen Erwägungen heraus und auf Grund dieser Erfahrungs-
tatsachen schien es angezeigt, die in Hamburg seit langer Zeit bestehenden
Sebulspeisungseinrichtungen in eine engere Beziehung zur Heilstättenfllrsorge
der Kinder in der Art zu bringen, dafs nach Rttckkehr der Kindar aus
den Heilstätten die Kinder aus unterstfitzten Familien zur Schulspeisung
auf Kosten der Armenanstalt, und die Kinder aus nicht unterstutzten Fa-
mflien zur Schulspeisung dem Wohltätigen Schulverein empfohlen worden
sind. In gleicher Weise ist bezfiglich der in den Ferienkolonien unter-
gebrachten und auch bezfiglich der wegen Platzmangels ganz unberficksichtigt
gebliebenen Kinder verfahren worden, soweit sich aus den ärztlichen Be-
richten ein dringendes Bedfirfhis ffir eine regelmälsige, gute Ernährung
ergab, und insoweit nach den pflegerischen Berichten eine solche nicht
dnrch die häuslichen Verhältnisse gewährleistet erschien.
302
Gerade von einer solchen engeren Verbindung der Schnlspeisnngs-
einrichtongen mit der Sache der Einderheilstfttten nnd Ferienkolonien darf
eine wirksame nnd sich wechselseitig ergänzende Förderung der Kinder-
Vorsorge im Interesse der Erhaltung der Yolksgesundheit sowohl wie im
Interesse vorbeugender Armenpflege erwartet werden, zumal wenn nicht nur
die Mittel der öffentlichen Annenpflege für ihren beschränkten Geltungs-
bereich, sondern auch die reichen Mittel der Privatwohltätigkeit für die
segensreiche Sache dieser Kinderfürsorge planmäfsig nach ärztlichen Gesichts-
punkten in erster Linie zu Gunsten der in ihrer Gesundheit nachweislich
bedrohten oder schon tatsächlich beeinträchtigten Kinder eingesetzt werdea.
Nur das Auge des Arztes vermag ja schon in einem Kinde den künftigexi
Schwindsüchtigen zu erkennen, dessen Krankheit vielleicht erst nach zehn
Jahren sichtbar hervortritt. Solche Individuen — zumal erblich belastete —
bieten nämlich in der Tat, lange bevor sie an einer wirklich badllären
Erkrankung leiden, in ihrem Habitus, dem Knochenwachstnm, d^ Muskel-
entwicklung, in ihrem Wundheilungstriebe, in ihrer Neigung zu Schleimhant-
katarrhen Zeichen eines Krankseins, das nach klinischen Erfahmngen zu
den Yorstadien der Tuberkulose gehört oder wenigstens eine Neigung zur
Tuberkulose dokumentiert. Hier muis eine wirksame Bekämpfung der
Tuberkulose als Volkskrankheit einsetzen, nnd hier erscheint sie natur-
gemäb sehr viel dankbarer und aussichtsvoller, als bei den schon tatsächlich
an Tuberkulose erkrankten Erwachsenen.
Und wie bei der Tuberkulose, so ist es auch bei den anderen in der
Konstitution begrändeten Yolkskrankheiten; überall kommt es für eine
wirksame Yerhütung und Bekämpfung derselben darauf an, die auf dem
Boden einer ererbten oder durch ungünstige Lebensverhältnisse erworbenen
Disposition sich entwickelnde Krankheitsanlage möglichst firtthzeitig zu be-
kämpfen, und das wird stets am wirksamsten geschehen durch eine gute,
regelmäßige und zweckmäfsige Ernähmng, durch die alle jene vielfach un-
vermeidbaren (xesundheitsschädigungen, welche in den ungünstigen Wohn-
und Lebensverhältnissen — zumal unserer modernen Gro&städte — liegen,
bis zu einem gewissen Grade ausgeglichen werden können.
SchlieMich mag an dieser Stelle auch noch, wie im vorigen Jahre,
in Anregung gebracht werden, ob es sich nicht empfiehlt, die ans Heil-
stätten oder Ferienkolonien zurückgekehrten Kinder in ähnlicher Weise,
wie dies bezüglich der aus Sylt heimgekehrten ELinder bereits von selten
der „Sozialen Hilfsgruppen", der hiesigen Ortsgruppe des Allg. Deutschen
Frauenvereins, geschieht, der besonderen Fürsorge der in der öffentlichen
Armenpflege tätigen Frauen zu unterstellen. Hierdurch dürfte dem Wohle
der Kinder eine wesentliche Förderung gesichert, den Frauen ein dank-
bares Arbeitsfeld eröffiiet und zugleich die Privatwohltätigkeit in besonders
glüddicher Form zu einem die öffentliche Armenpflege ergänzenden Wirken
angeregt werden.
Über die Verwendug von DasflessSl iB Sehnlzlmmern teilt der
'^33. Jahresber. d. K. L,'M.'CoU. über d, Medie.-Wes. i. Kgr. Sadtam'^
folgendes mit: Der mit dem DusÜessöl in Ölsnitz gemachte Yersuch ergab, nach
einem Berichte des Bezirksarztes, em sehr günstiges Resultat. Das Öl dringt
gut in den Fulsboden ein, verursacht keinen üblen Geruch, beim Kehren
303
wird kein Stanb avi^s^wirbelt und die Bftnke bleiben frei yon Staubbelag.
Die Anwendmig kommt «nlBerdem ziemlich billig zu stehen, denn die Kosten
beliefen sich filr 60 (im Fnisboden inkl. Streicherlohn auf 7^ Mk.
Yon den städtischen Kollegial in Döbeln ist beschlossen worden, die
Fn&böden der Klassenzinmier nnd Korridore der städtischen Schnlen mit
einem jährlich dreimal zn emeaemden Anstriche mit Fnisbodenöl yerseheo
zn lassen.
Ans Leipzig wird berichtet, dafs sich die Präparate des staubfreien
Öles je länger, je mehr bewähren. Die Stanbyerminderong wird in allen
beteiÜgten Sehnlen sehr angenehm empfanden. Das Streichen der Boden-
flidien macht sich jährlich etwa fiänf- bis sechsmal nötig.
Über die Benntinng des Sehnlbnnsebades in den attdtiselien
Seklden teilt der ^33. Jakresber. d. K. L.-M.-Coü. über d. Meduf.- Wes.
f. Ejffr. Sadisen^ folgendes mit:
Das SchnUmnsebad der YL Bttrgerschnle zn Planen i. Y. wnrde von
56% der Kinder benatzt, nnd zwar haben die Knaben 6924, die Mädchen
3879 Bäder genommen. Der Preis eines Bades stellte sich auf 2 Pf. —
Yon 3180 Knaben nnd 3602 Mädchen der YU. Bttrgerschnle haben 2370
= 74% Knaben nnd 2139 == 61 7o Mädchen, also 68% der Kinder
Oberhaupt, das Schnlbrausebad benutzt. Ein Bad kostete der Stadt 1,5 Pf.
Die Schnle in Glauchan, in welcher das Schulbad eingerichtet ist,
zäUt 1000 Knaben und 1118 Mädchen. Es wurden 5883 Bäder fOr
Knaben und 4520 Bäder fttr Mädchen, d. h. fOr jeden Knaben fast 6, fOr
jedes Mädchen reichlich 5 Bäder gegeben.
Die Schule für zKrflckgebUebene Kinder in Amsterdam. In
dieser ZeUschrift, Jahrgang 1900, S. 44, machten wir dnige Mitteünngen
betreffs dieser Schule, welche yom „Yerein f&r zurflckgebliebene und mit
Sprachfehlem behaftete Kinder^ gegilkndet wurde. Damals betrug die yon
der Stadt gewährte Subyention 5000 Fl. (ungefähr 8300 Mark). Fflr das
laufende Jahr wurde yom Ausschuis des Gemeinderates der Antrag gestellt,
den städtischen Beitrag auf 12600 Fl. (21000 Mark) zu erhöhen. Dieser
YoTBchlag des Ausschusses wurde yom Gemeinderat einem Ablehnungs-
antrage aus dem Schöbe der Yersammlnng gegenüber genehmigt.
Aus der Tatsache, dafe schon seit Jahren in Rotterdam eine HilfiB-
schale besteht, und dals neulich auch im Haag eine Hil&klasse in Wii^ung
trat, sieht man, wie auch in Holland das Interesse der schwachbefähigten
Kinder, wenn auch yorderhand in bescheidenem Umfange, gewahrt wird.
(Mitget. y. Dr. med. J. M. C. MouTON-Haag.)
Gegen die kritiklese Anwendung Yen orthop&dischen Apparaten
bei RückgiatsTerkrümmnngen wendet sich in der y^ÄrgU. GentrdUlg.*'
Dr. 0. Y. Hayobka, Chefarzt für Orthopädie im Zander-Institute in Wien.
^Die weiteste Anwendung — sagt er — finden portatiye orthopädische
Apparate noch immer bei den Yerkrflmmungen der Wirbelsäule und des
^ostkorbes. Die Skoliose, yon ihren leichtesten Formen bis zum wohl-
tnsgebildeten Buckel hin, bildet noch immer das ausgiebigste Feld fftr den
BindagistWL Und doch muis auf das entschiedenste gegen die kritiklose
imd unbedachte Empfehlung eines Mieders bei allen Bttckgratsyerkrtimmungen
Stdhmg genommen werden. Es ist besonders bei Proyinz- und Land*
Schnlgesiuidheitepflegre. XVI. 17
304
&rzten eine beliebte Methode, Kinder, die mit schlechter Haltung, rändern
Bücken oder mit Skoliose in ihre Ordination kommen, einfach nach der
Stadt zum Bandagisten behnfs Anfertigung eines Geradehalters oder Mieders
zn schicken. Dasselbe wird in den meisten Fällen nach einem einfachen
Mafs, zumeist ohne Anprobe, fertiggestellt und der Partei nachgeadiickt
Im Gewissen beruhigt und voll Hofihungsfreude auf die nun gewiüs
kommende Heilung, wird das Mieder dem Kinde angelegt. Der nllchste
E£fekt ist der, da(s das in das zumeist schlecht passende Mieder ein-
gezwängte Kind unter Unbequemlichkeiten, wenn nicht Schmerzen aUer Art
ächzt und stöhnt. Man setzt sich über diese ersten Qualen des Kindes
mit der Beruhigung hinweg, dafs „ein Mieder doch schliefslich kein Schlaf-
rock sei" und tröstet es selbst Aber seine Leiden hinweg mit dem Hinweis
darauf, dals dies so sein mflsse und da(s es sich ins Mieder schon hinein-
gewOhnen werde. Nachdem das Kind tatsächlich nach einiger Zeit, vielfach
auf Kosten seines Appetits, Schlafes und sonstigen Wohlbefindens, sich in
das Mieder „hineingewOhnt'' hat, nachdem es dasselbe ein oder mehrere
Jahre getragen, nachdem selbst mehrere Mieder verbraucht worden, da
mflssen sich Eltern, Arzt und Bandagist gestehen, dafs die Skoliose im
Laufe der Zeit nicht besser, ja sogar viel schlimmer geworden ist, dafe
ans der ursprünglichen leichten Deviation und aus dem geringen „Hflften-
unterschied** eine schwere Skoliose mit starker Torsion der Wirbelsäule,
mit starkem Bippenbuckel und mit starker Verschiebung der Hüftknochen
entstanden ist. Solche Fälle sind leider aUtäglich. Noch niemals hat aber
ein Mieder eine Skoliose zur Heilung gebracht. Ein orthopädi^hes Mieder
darf nur in gewissen Fällen, auch nicht wahllos in allen, als Unterstützungs-
mittel der sonstigen orthopädischen Behandlung in Verwendung genommen
werden. (Mitg. v. Direktor E. BAYB-Wien.)
Aufruf eises Schularztes an die Lehrer. Der Arzt der sieben-
klassigen Handelsschule in Warschau, Dr. St. Kopozykski, hat den fol-
genden Aufruf an die Lehrer dieser Schule gerichtet.
Der Schularzt bittet: 1. die Herren Klassenleiter mögen von
den Schülern im Falle eines mehrtägigen Ausbleibens aus der Schule infolge
einer Erkrankung ein ärztliches Zeugnis, soweit es möglich ist, verlangen.
Sollte die Krankheit länger als fünf Tage dauern, so ist der SchtQer un-
bedingt verpflichtet, ein ärztliches Zeugnis über die Art der voi^ekommeneD
Erkrankung vorzulegen. Die Herren Klassenleiter werden gebeten, alle
Zeugnisse an den Schularzt richten zu wollen. 2. Die Herren Fach-
lehrer mögen den SchfUem das Verlassen des Lokales während der
Unterrichtsstunde untersagen und diejenigen SchtUer, welche dringend und
wiederholt darum bitten, nachträglich zum Schularzt schicken. 3. Die
Herren Lehrer mögen gOtigst diejenigen Schfller, deren Verhalten oder
Aussehen auf irgend welches Leiden oder eine akute Ericrankung hindeutet,
gleichfalls zum Schularzt in sein Untersuchungszimmer schicken. 4. Die
Herren Lehrer mögen den Schülern untersagen, bei einer kurzen Antwort
von ihren Plätzen aufzustehen; bei einer längeren Antwort sollen die
Schfller aus den Bänken herausgehen und sich in den Zwischenräumen
aufstellen. 6. Die Herren Lehrer werden gebeten, der Haltung der Sdifller,
besonders beim Schreiben, die grölste Auftnerksamkeit schenken zu wollen.
806
Die Entfernimg der Angea vom Hefte bei normateichti^en Knaben soll
40 — 50 cm betragen. Die Knaben mit Sehstönuigen sollen Gliser nach
YoTMhnft eines Augenarztes benutzen.
Die Wichtigkeit dieser Bemerkungen ist selbstverständlich.
Punkt 1 beabsichtigt eine gehörige Kontrolle der Gesundheit des Schfllers;
er soll die Eltern zwingen, mehr als bisher hierauf zu achten und das
Übertragen infektiöser Keime durch zu frohe Rückkehr in die Schule zu
▼eiliindeni. Indem der Schularzt alle Erkrankungen des SchtUers auf-
zeichnet, wird er zu einem genauen Bilde des Gesundheitszustandes des-
selben gelangen. Indem die EStem Teranla&t werden, rechtzeitig ärztliche
Hilfe in Anspruch zu nehmen, wird manche ernsthafte Erkrankung verhtltet.
Indem endlidi der behandelnde Arzt gezwungen wird, ein Zeugnis Aber die
Krankheit des Kindes auszustellen, wird er dasselbe nicht wieder in die
Schule gehen lassen, bevor die Gefahr der eventueDen Ansteckung fttr die
Mitschlller endgftltig verschwunden ist.
Punkt 2 soll schlechten Gewohnheiten vorbeugen, die zu einer wahren
Plage in mancher Schule geworden sind. Wenn der gesunde Knabe sein
Bedflrfids in den Pausen zwischen den Unterrichtsstunden befriedigt hat,
so kann er ganz bestimmt 45 Minuten in der Klasse aushalten und sogar
noch langer. Ist er genötigt, Öfter auszutreten, so beweist das, dafis er
krank ist, und dann soll er ärztlich untersucht werden.
Punkt 8 beabsichtigt gleichfalls, die Verbreitung infektiöser Krank-
heiten durch die Sdrale zu verhtlten. Ein unp&fsliches Kind trflgt oft
infektiöse Keime in sich herum und kann dadurch fttr die Umgebung ge-
fthrlidi sein. Der Schularzt, wenn es ihm gelhigt, den Beginn einer in-
fektiösen Krankheit beim Kinde zu konstatieren, wird dasselbe nach Hause
schicken und somit den Infektionsherd von der Schule fernhalten.
Punkt 4 ist mit Rflcksicht auf die Konstruktion der RsTTio-Bank
angegeben. In dieser Bank ist die Entfernung des Tischrandes vom Sitz
in horizontaler Richtung =s 0. Zum Schreiben ist das sehr bequem, aber
wegen der Unbeweglichkeit sftmtHcher Teile kann sich das Kind in der
Bank nicht aufrecht halten; da aber die Bank blob zwei Sitze hat, kann
sich der SchOler sehr leicht und bequem im Zwischenraum aufstellen, ohne
die hinter ihm Sitzenden zu verdecken.
Punkt 5 soll dazu beitragen, die so häufige Rflckgratsverkrflmnmag der
SchOler zu verhüten. Bei unseren Knaben hat sich die höchst verhängnis-
volle Gewohnheit ausgebildet, die Augen dem Hefte während des Schreibens
allzu sehr zu nähern. Es kommt öfters vor, dafe ein vollkommen normal-
mchtiger Knabe, der ganz gut bei einer Augenentfemung von 50 cm sehreiben
könnte, die Augen ganz unmittelbar Über dem Heft hält. Dies ist nur
eine schlechte Gewohnheit, die energisch zu bekämpfen ist. Die Lehrer,
die die Gesundheit der SchUler stets im Auge behalten sollen, dürfen weder
Zeit noch Mühe scheuen, um die Knaben auf ihre schlechte Haltung anf-
nei^sam zu machen. Bei höheren Graden von Myopie sollen den Schülern
entsprechende Gläser nach ärztlicher Vorschrift gegeben werden. Es ist
das gute Recht der Schule, das zu verlangen, damit sie später nicht der
Vorwurf treffe, sie habe dem Kinde die Augen ruiniert.
(Mitget V. Dr. H. Kopcztnski, Schularzt in Warschau.)
IT
806
Z«luipflog6 in den hamburguehei VollumkiilM. Zu den Tiden
Aufgaben einer modernen Stadtverwalfcong gehört auch eine rationeUe Schul-
hygiene, wof&r aber unsere Stadtväter in den meisten Städten vorUnfiir
noch nicht zu haben sind. In einigen kleineren Stftdten DeutschlandB sind
die Organe der Yolksgesondheit zwar in der Schulhygiene schon tfttig, aber
in den grolsen Stftdten bleibt noch alles zu tun übrig. In jüngster Zeit
jedoch hat der Verein für öffentliche Gesundheitspflege in Hambvxg die
InitiatiTe zur Einführung einer rationellen Zahnpflege bei den Yolksschnl-
kindem ergriffen. Eine grOlsere Zahl Hamburger Zahnftrzte hat, wie die
„ZaImärMÜ. Bmdschau^ mitteUt, einen Teil ihrer Zeit und Kraft für
diesen Zweck dem Verein zur Yerfügung gestellt. Jeder der betreffenden
Zahnftrzte hat wöchentlich eine bestimmte Stunde festgdegt, für die ihm
zahnleidende Schulkinder durch die Leiter der Schulen zur Behandlung
überwiesen werden können.
Den GesundheitsYerhUtniggen und der klrperliehen Entwiek-
lang der Volkaacknlkinder in Dresden war unUngst eine Sitzung des
„Pftdagogisohen Vereins'^ in Dresden gewidmet. Wie die f,Dmt8^, WacM'^
mitteilt, führte Herr G. SOHiiNZB (10. Bez. -Schule) in seinem Vortrage:
„Die erste allgemeine schulftrztliche Untersuchung unserer Besirksschulkinder"
nach Mitteilung der Ergebnisse aus, es sei wünschensw^, dafs die im Jahre
1902 probeweise eingeführte schulftrztliche Prüfung des Gesundheitssustandes
der in die Schule neu eintretenden Kinder eine stftndige Einrichtung werde.
Diese Untersuchung möchte bei allen Kindern innerhalb desselben Monats,
wenigstens aber vor Michaelis stattfinden. Wünschenswert sei ferner ein
etwas ausführlicherer Gesundheitsbogen für das einzelne Kind, eine wenn
nötig auf stftdtische Kosten zu erfolgende Unterbringung einer Anzahl der
bedürftigsten unter den blutarmen und schwftchlichen Kindern in Sommer-
pflegen und eine Vermehrung der Schulbftd er. — * Herr GaAUPNEB (10. Bürger-
schule) besprach sodann die Ergebnisse der Untersuchung über die Körper-
grobe der Dresdner Yolksschfller. Er hatte die durchsehnittiiehen Ergebnisse
der an 57 000 Schulkindern in Dresden und Umgebung vorgenommenen
Messungen der Körperl&nge in Tafeln veranschaulicht Einige Ergdinissfttse
sind: 1. Das Jahreswachstum eines Schulkindes beträgt rund 5 cm. 2. Die
Bürgerschüler sind in den Unterklassen den Bezirksschulkindem um ein
Jahreswachstum, in den Oberklassen um ein halbes Jahreswaohstum vorans.
3. Die Sitzengebliebenen sind durchschnittlich ein halbes Jahreswachstom
kleiner als die gleichaltrigen nicht Sitzengebliebenen. 4. Für die Be-
schaffung der richtigen Schulbänke sind nicht blob die Durchschnittszahlen,
sondern auch die Schwankungen in den einzelnen Klassenstufen von grober
Wichtigkeit. Erreichen doch die kleinsten Schüler im achten Schu^ahre
noch nicht die Körperl&nge der grölsten Schüler im ersten Schuljahre.
Die Segannj^en eines Bade- und ErholauKsaareBthnltes sollen
durch eine eigenartige Unternehmung auch den Kindern weiterer Kreise
zugftnglich gemacht werden. Wie wir den Tagesblftttern entnehmen, will die
Allgemeine Bäderverkehrsanstalt, G. m. b. H., Berlin NW., Neaatftdt.
KirchstralBe, durch Einrichtung der in England bekannten « Ferienkassen ^
hierzu die Hand bieten. Diese Anstalt mit ihren 30 deutschen Filialen
nimmt jederzeit Spareinlagen für Familien von 10, für Kinder von 6 Mk.
807
fOr eine Bade- ond Erholungsreise an nnd fahrt sie an ein solides Bank-
hans aby nm den Sparern durch allmähliches Ansammeln eines Reisefonds
eine Badereise zn ermöglichen. Die Spareinlagen werden mit 2% Terzinst,
nnd damit ihr Zweck anch whrklich erreicht werde» von EinselfUlen ab-
gesehen, erst znm Beginn der Keisezeit zurückgegeben. FQr die Yermittlnng
der Yerkehrsanstalt sind Gebflhren nicht zn zahlen, anch werden die Pro-
spekte gegen Rückporto gratis versandt. Oanz besonders sind diese Spar-
einlagen geeignet, Schnlkindem ans den groben Städten ohne Begleitung
Erwachsener zn einem Aufenthalte in einer Kinderheilstätte, Ferienheim
oder Pflegeheim an der See oder auf dem Lande zu verhelfen, welcher in
See- und Soolbädem fär vier Wochen 65 Mk., auf dem Lande 60 Mk.,
in Kinderheilstätten aber 80 Mk. und mehr kostet. Diesen Betrag all-
mählich anzusammeln, sind viele im stände, die sich vor der einmaligen
Ausgabe scheuen. Welch' traurige Sprache reden die Zahlen des Berichtes
der Berliner Schulärzte? Nur 44% der Schulkinder sind gesund, 56%
sind schwächlich, blutarm, skrophulOsl Welcher Verlust an Arbeitskraft
und Yolksgesundheit, wie viel Sorge, Elend und Not bedeutet das für
weitere Jahre, wenn in der Zeit der körperlichen und geistigen Entwicklung
der Körper siech ist!? Das einzige zuverlässige Heilmittel fttr die grofs-
städtische Jugend sind einige Wochen Sommeraufenthalt auf dem Lande
oder an der See ; ganz besonders tut dies den 56 % schwächlichen Schul-
kindern not, fttr die freilich meist sechs Wochen Ferien erforderlich wären.
Die städtische Schuldeputation in Berlin hat die beabsichtigte Wohlfahrts-
ehurichtung eingehend geprüft, für eine segensreiche anerkannt und bringt
ihr ein lebhaftes Interesse entgegen.
Avgenkranke Schnlkinder in Posen. Wie wir der „Pasener Ztg^
entnehmen, hat der dortige Augenarzt Dr. PingüB im verflossenen Winter
in mehreren Stadtschulen Augenuntersuchungen bei Kindern vorgenommen.-
Dabei wurden in jeder Schule eine Anzahl Kinder ermittelt, welche in ge-
ringerem oder stärkerem Mafse augenkrank waren. Fast durchweg handelte
es sich um Granulöse, jedoch meist npr um leichte Fälle. Gegen früher
wird jetzt ein ganz anderes Verfahren gegen angenkranke Schulkinder be-
obachtet. Während früher Schulkinder mit ausgeprägter Granulöse ge-
wöhnlich vom Schulunterricht befreit wurden, läfet man heute diese Kinder
am Schulunterricht teilnehmen. Die Schulaufsichtsbehörde hat aber die
Absonderung augenkranker Schulkinder von den übrigen angeordnet. Dem-
gemäGs erhalten die Kinder mit Granulöse besondere Sitzplätze, so dafs sie
während des Unterrichts mit den gesunden Kindern nicht in Berührung
kommen. Für die Durchführung der sanitären Yorschriften in der Schule
werden die Schulpersonen verantwortlich gemacht. Gleichzeitig ist ein
froherer Erlab des Ministers über die verschiedenen Augenkrankheiten bei
SchuUdndem und das dabei zu beobachtende Verfahren zur Kenntnis der
Lehrer gebracht worden. Eine Ausschliefsung von augenkranken Schul-
kindern vom Unterricht soll in der Regel nur bei eitrigen Absonderungen
der Augen stattfinden. In allen übrigen Fällen wird die Teilnahme am
Unterricht gestattet. Es darf daraus der Schluls gezogen werden, dafl»
man weniger schwere Erkrankungen der Augen für ungefährlich hält, sowohl
ftr die behafteten, wie Ar die gesunden Kinder. Der Erlals des Ministers
308
hftlt die Mitwirkung der Lehrer bei der Bekämpfung ansteckender Augen*
krankheiten nnter der Schn^ngend fflr sehr wichtig nnd nimmt dieselbe
hierfOr im Tollsten umfange in Anspruch.
Steilsebrifl; in den Schalen Eroaüens nnd Slavoniens. Bei Ge-
legenheit einer £nqu6te ttber den Schreibunterricht in Volks-, Bürger- nnd
Mittelschulen erhielt Dir. £. Batb aus Agram den Bescheid^ daCs in allen
Schulen Kroatiens und Slavoniens die Steilschrift eingeführt sei.
(Mitget. V. Dir. E. Batb- Wien.)
Bin Antragy den Volkssebnlkindern freies Fiühstfick zu ge-
Währen, wurde Yon der Stadtverordnetenversammlnng in Gharlottenbnrg
abgelehnt. Dagegen wurde, wie die „2%2. Bundschau^ mitteilt, be*
schlössen, einem Wohlt&tigkeitsverein, der Kindern armer Eltern freies
Frühstück gewährt, 15000 Mk. zur Verfügung zn steUen.
^.a^tBitf^x^tlx^ts.
Anihahme von Mädchen in das kantonale Gynnasinm in Zfirieh.
Das Rektorat des Gymnasiums, darauf hinweisend, daüs sich für das Schul-
jahr 1903/04 drei Mädchen zum Eintritt in die I. Klasse des unteren
Gymnasiums gemeldet hätten, wünschte einen prinzipiellen Entscheid des
Erziehungsrates darüber, ob das Gymnasium dem weiblichen Geschlechte
geöffnet werden solle.
Der Erziehnngsrat, in Erwägung, dafis:
1. der Zug der Zeit dahin gehe, dem weiblichen Geschlechte immer
mehr Erwerbsquellen zn erö&en nnd die Schulen diesem Zug
Rechnung zn tragen haben,
2. für die an die Hochschule übergehenden jungen Mädchen die
normale Yerbindungsstrafse zwischen Volksschnle und Universität
angebahnt werden müsse,
3. man anderen Ortes mit den gemischten Klassen in den Mittel-
schulen durchaus gute Erfahrungen gemacht habe,
besehlofSy dem Antrage des Rektorates insofern zuzustimmen,
dafs das Gymnasium grundsätzlich auch den Mädchen za
öffnen sei. Dagegen sei vorderhand von der Zulassung der Mädchen
zur Kantonsschule abzusehen nnd zwar solange, bis die projektierten Er-
weiterungsbauten im Kantonsschulgebäude durchgeführt seien. („AmÜ,
SchfObl. d. Kt. Zürich^ 1903, No. 4.)
Schnlftrzte in Berlin. Am 26. März d. J. haben, wie die „Soer.
Praxis'' (No. 27) mitteilt, die Berliner Stadtverordneten die Zahl der
Schulärzte von 12 auf 36 vermehrt und als Honorar 2000 Mark fOr jeden
bestimmt.
Die Einrichtung von Sommerwebnnngen fflr arme Kinder wird
in Brooklyn geplant. Es ist bereits ein gröberes Grundstück angekanit,
809
das mit zahlreichen kleinen H&nsem Air den angegebenen Zweck bebaut
werden soll.
Zu Leiter der kSrperlichen Avsbildiuig der New Yorker Schnl-
jagend wurde Dr. L. H. Gumck gew&hlt nnd ihm za £hren ein Fest-
^aaen gegeben.
Bine Scharlafk-Epidemie ist in der Lymaner Knabenschnle zu
Boaton ausgebrochen. Von 350 Zöglingen erkrankten nach Bericht des
^PhäaddpMa Med. Jaum^ (No. 11) 43 Schiller, davon 7 töUich.
Wegen eines Ansbrnchs der Pockenkrankheit muisten die Unter-
richtsanstalten Yon Edinboro (Erie) geschlossen werden. Sobald nftmlich
bekannt wurde, dab 7 Studenten yon dieser Krankheit befallen waren,
yerlielsen gegen 400 Hörer die Stadt.
Die Frage der Einriehtang eines aahnärztlicken Dienstes in
der stSdtisehen Velksschnle oberwies nach einer Mitteilung der „ZoAn-
äräfil. Rundschau^ der Gemeinderat von Markirch zur näheren Prüfung
an eine Kommission.
Den Kampf mit dem Seknlstanbe hat nach einer Mitteilung des
„Qm.-Anjs, f. Elberfeld u. Barmen^ neuerdings auch die Schulverwaltung
in Elberfeld unternommen, um den Staub, der infolge seiner Durchsetzung
mit Mikroorganismen, unter denen auch Krankheitskeime sein können, grolse
Gefahren für die Jugend wie für die Lehrer in sich birgt, aus den Schul«
r&nmen fernzuhalten bezw. leichter beseitigen zu können, sollen die Fufsböden
fortan in gewissen Zeiträumen mit hei&em Leinöl getränkt werden. Die
Kosten sind auf insgesamt 9000 Mark berechnet. Damit der Etat bei
der gegenwärtigen schlechten Finanzlage nicht zu sehr belastet wird, soll
die Arbeit auf die nächsten drei Jahre verteilt werden. Die Stadtverord-
neten haben hierzu bereits ihre Zustimmung gegeben. Mit der Ölung der
Fnlsböden wird somit im Frfll\jahre begonnen. Neuerdings war ein so-
genanntes Patentöl in den Handel gebracht worden, dem nachgerdhmt
wurde, dab es besonder^ geeignet sei, Staub niederzuschlagen. Nach dem
Urteile sämtlicher Stadtbauräte ist diesem Patentöl jedoch wenig Wert
beizumessen.
Gegen den Sehnlstanb richtet sich ein Antrag des Schularztes in
Pankow, nach welchem, wie die Berliner „VolksJiftg.*^ berichtet, in Zu-
kunft die Böden der Schulzimmer von Zeit zu Zeit mit Fulsbodenstauböl
gereinigt werden sollen. Zu diesem Zwecke sind den Schulen vom Ge-
meinderat insgesamt 400 Mark jährlich überwiesen worden.
Das Schnibad in Gera soll aufgehoben werden. Aus den amtlichen
Mitteilungen Aber die Sitzung des Stadtrates in Gera vom 5. März ergibt
liich, dals das Schulbad in der Mittelschule von der Mädchen-Abteilung
flberhaupt noch nicht benutzt worden ist und dals von selten der Knaben-
Abteilung der Besuch des Bades stets gering gewesen ist. Seit ttber
Jahresfrist ist das Baden gänzlich eingestellt worden. Der Schulvorstand
hält nach Lage der Sache das Bad in der Schule für flberflttssig und
empfiehlt, letzteres vielleicht für die in Aussicht genommene neue Bezirks-
schule zu verwenden. Der Rat schlois sich diesem Vorschlage an.
Oleichlegung der Ferien. Ein Gesuch vom 19. Juni 1902 um
Gleichlegung der Ferien an Volksschulen und an den Mittelschulen in
SlO
Brandenburg a. H. ist, wie die y^N, FOd. Ztg.^ mitteüt, infolge eines
Erlasses des Ministers dnrch die Kgl. Begiemng in Potsdam jetzt ablehnead
beschieden worden, weil „das ScfaiüintereBse eine weitere Verktkming der
Unterrichtszeit nicht zol&bt''.
Einen Antrag anf AnateUnng besonderer Zahnlrnte für Sckil-
nnd aof Einstellong von 3000 Mark in den Etat zn diesem Zwecke
hat nach einer Mitteilnng der rtTägh Bi/mäsi^wu*^ die Stadtyerordneten-
Yersammlnng in Charlottenbnrg abgelehnt.
ünterweisang der Yolkssclinlküider in Zahnpflege. Wie wir
der „2>. EochwachV entnehmen, hat das Schnlkolleginm in Oöteborg
beschlossen, sich an die „Oöteborger zahnärztliche Oesellschaft'' mit dem
Ersuchen zu wenden, in Erwägong zn ziehen, wie am besten eine Beleb-
mng ttber den Wert nnd die Pflege der Zfthne fflr die Kinder der Yolks-
schnlen einzurichten sei.
Die Grannlose in den Yolksschnlen Ostprenüsens scheint in
stetiger Abnahme begriffen zu sein. Aus Barten wird der „Os^prsu/s.
Zig.^ gemeldet, dab gegenwärtig nur noch ein ganz geringer Prozentsatz
der Kinder mit dieser ansteckenden Augenkrankheit behaftet ist. Während
beispielsweise an der dortigen Stadtschule vor etwa drei Jahren noch Aber
60 Kinder, also mehr als ein Yiertel der Gesamtzahl, an der Chranulose
erkrankt waren, sind es auf Grund der unlängst durch den Kreisarzt
Dr. SoHMOLGK aus Bastenburg vorgenommenen Augenreyision heute nur
noch deren fOnf. Auch unter den Erwachsenen sind Neuerkrankungen nur
selten zu verzeichnen.
Eine internationale Ansstellnng für physische Eniehnng
wird, nach einer Mitteilung der „QymnasHque Frcm^aise'^ im August
d. J. in Anvers stattfinden.
Ferienkolonien in flambnrg. Nach einer Mitteilung der „B&dag.
Befarm^ (No. 11) beträgt die Zahl der für dieses Jahr gemeldeten Kinder
8121 (1Ö59 Knaben und 1562 Mädchen), während bis jetzt nur 2370
Plätze zur Verfügung stehen, so dais 751 Meldungen unberücksichtigt
bleiben müssen. Die Ferienkommission des Wohltätigen Schulvereins ver-
fügt noch über 90 Plätze in ihren geschlossenen Kolonien, welche sie
jedoch der fehlenden Mittel wegen nicht belegen kann. Privatwohltäter,
welche zu Gunsten bedürftiger Kinder auf einen oder mehrere dieser Plätze
reflektieren, können die nötigen Anmeldeformulare von der Zentralstelle
für Sommerpflege (Methfesselstrafse 53) beziehen. Der Pensionspreis be-
trägt 30 Mark für einen dreiwöchigen Aufenthalt.
Eine neue Tintentafel und eine derselben angepaßte neue Tinte
(sog. ^Abwischtinte'') empfiehlt Lehrer 0. Sohwbolbb in Gannstatt-
Stuttgart. Die Tafel gleicht in ihrer Einrichtung der Schiefertafel, nur ist
der Schiefer durch eine Platte aus Holz oder steifer Pappe ersetzt, die
beiderseits ein Linien- und ein weifses Celluloidblatt^ aufgeklebt trägt.
Die Tinte ist schwarz und billig; sie dringt weder in Papier, noch
Celluloid, noch in die Haut, noch in Holz oder Zeuge ein und läfet sich
mit einem nassen Schwämme mühelos und spurlos wegwischen. Nach dem
' Vergl. die Abhandlang Lakovs in dieser Zeittehr,, 1902, S. 601 u. ff.
SU
trocknet man die Tafel nidit mit den Hftnden oder Leinwand»
sondern mit einem wollenen Lappen. Me YierteUahr wird die TaM
mit Seife nnd Barste gereinigt. SchwboIiBB fordert Lehrer nnd Schal«
hehörden anf, seine Tintentafel zn prflfen, ihm Ontaditen anssnateUen nnd
ihre Einftthmng in den Schulen zn nnterstfltzen.
TalNikranehei md Schule. Die „Britische Antitabak- nnd ioiti-
Dikotin-Liga'' wird, nach einer Mitteilung der y^Brit med, Jovßm.^^ dem-
nftchst dem Parlament ein Gesetz znr Annahme Yorlegen, das sich gegen
das Bauchen jugendlicher Personen unter 16 Jahren wendet. Die Haupt-
paragraphen sind folgende: Keine Person unter 16 Jahren soll rauchen
oder den Tabak in irgend einer Form brauchen, bei einer Strafe
bis zu 10 Shilling fflr jeden Übertretungsfall. Niemand darf Personen
unter 16 Jahren Tabak schenken oder Yerkanfen; Zuwiderhandlungen werden
mit einer Strafe bis zu 20, im Wiederholungsfiüle bis zu 40 Shillings
geahndet. Yerk&ufem ist, wenn sie zum dritten Male sich gegen das OeseCi
Yergangen haben, der Oewerbeschein fBr die Daner von fBnf Jahren zu
entziehen.
Begründet wird diese Vorlage mit der erschreckenden Zunahme des
Zigarettenrauchens. Fabriken, die sich diesem Erwerbszweig bisher über«
haupt nicht gewidmet haben, werfen wöchentlich 80 Millionen Zigaretten
auf den Markt, zumeist eine wegen ihrer minderwertigen Qualit&t direkt
gesnndheitsgefjUirdende Ware. Die Schulen haben neuerdings dem Einflufs
des Bauchens auf die körperliche und geistige Konstitution ihrer Zöglinge
besondere Aufmerksamkeit gewidmet. In einer amerikanischen Anstalt
wurden 20 passionierte Zigarettenraucher im Alter von 10 — 17 Jahren
(20 Nichtrauchern gegenüber) einer längeren, eingehenden Untersuchung unter«
zogen. Man fand, dals 12 von ihnen an schweren OedachtnisstOrungen litten.
Ein wirklich gutes Gedächtnis wies kein einziger auf, 12 befanden sich in
einer schlechten körperlichen Verfassung, 6 waren mehr oder minder
Todeskandidaten. Nach den über einen Zeitraum von acht Jahren sich
erstreckenden Ermittelungen der Tale-Üniversität gewinnen die Nichtraucher
gegen die Baucher um 24Vo an Gewicht, 37^o an Höhe, 42% an
ümfiing.
Von den Vereinigten Staaten Nordamerikas haben 33 versucht, auf
gesetzgeberische Weise gegen dieses Übel vorzugehen; Canada, Tasmania,
Bermuda, die Prince-Edwards-Inseln und in jüngster Zeit Norwegen sind
ihrem Beispiel gefolgt.
FBrsorge flir sehwaehbeflhigte SehnlUiider in Charlotteibarg
wurde, wie wir der j^AMg, med, Central-Zig.'' (1902, No. 102) entnehmen,
dadurch getroffen, dafs zwei Hilfsschulen mit zusammen dreistufigem Lehr-
System eingerichtet wurden. Neu und wohl zum erstenmal geübt ist die
von der Schulverwaltung zu Gharlottenburg getroffene Einrichtung, dals
zwei Kinder, die infolge körperlicher Oebrechen ihre Wohnung nicht ver-
lassen können, in der Woche einige Male von zwei Hilftlehrerinnen in
ihrer Wohnung aufgesucht werden, damit sie wenigstens den notwendigsten
Unterricht erhalten.
312
£xtttatnt.
Besprechnngen.
£. VON ScHENKENDOBFF Und Dr. med. F. A. Schmidt. Jahrbnch für
Volks- nnd Jngevdspiele. Elfter Jahrgang, 1902. R. Voigüänders
\^erlag in Leipzig. ^
Der vorliegende elfte Jahrgang des Jahrbuches ftkr Volks- nnd Jngend-
spiele wird mit einer höchst beachtenswerten Arbeit von Dr. F. A. Schmidt,
^Körperpflege und Tuberkulose^, eröffnet. Der Verfasser aner-
kennt durchaus die günstigen Wirkungen der Lungensanatorien. Immerhin
kommt in Betracht, dafs hierfür ungeheure Summen nötig sind. Werden
von den circa 260000 Schwindsüchtigen Deutschlands die unheilbaren
ausgeschieden, so können etwa noch 50000 zur Unterbringung in Heil-
stätten in Betracht kommen, woftlr eine Barsumme von 100 Millionen
Mark aufzubringen wäre, die jährlich noch durch 37 Millionen Mark f&r
den Betrieb und für Familienunterstützung ergänzt werden müfste. Durch
diese gewaltigen Mittel kann die Krankheit aber nur gemildert werden;
wollen wir die Volksseuche energisch bekämpfen, so müssen wir die
Widerstandskraft des Volkes heben. Schaffung gesunder Woh-
nungen und gesunder Arbeitsstätten und Sorge für eine richtige Volks-
em&hrung sind Mittel hierzu, aktive Körperpflege in frischer Luft aber
die unerläfsliche Ergänzung. Gestützt auf die Untersuchungen über die
Lungenschwindsucht im deutschen Heere kommt Dr. Schmidt zur Über-
zeugung, dafs alle Mafsnahmen, welche eine vollkräftige körperliche Ent-
wicklung des heranwachsenden Geschlechtes herbeizuführen im stände sind,
das Angriffsfeld der Tuberkulose einschränken und in der Bekämpfung der-
selben als Volkskrankheit eines der wichtigsten und wirksamsten Kampf-
mittel sind. Sorgen wir dafür, dafs die Leibesübungen in freier Luft zur
lebendigen Volkssitte heranreifen (Pflege des Spieles, des Schwlmmens und
der Tumermärsche), so werden wir die böse Volksseuche erfolgreich be-
kämpfen.
In Anlehnung an Kbäpelins Broschüre: „Zur Hygiene der Arbeit^
weist der Nervenarzt Dr. Hans Hänel auf die Bedeutung des Be-
wegungsspieles für die Erholung hin. — Tuminspektor Ka&l
MÖLLEB stellt die Leibesübungen als ein Mittel zur Durchdringung des
Lebens mit Schönheit hin und wird durch M. von Biebebstein mit dem
Artikel: n^i^ System der ästhetischen Gymnastik" ergänzt. — Über
einige Kapitel der Schulgesundheitspflege spricht Dr. Leo BuBaEBSTEiN.
— Ein Lieblingsthema behandelt Dr. F. A. Schmidt unter dem Titel:
„Die turnerische Behandlung des Schrittes"; der natürliche
Gang wird dem Kunstschritte gegenüber gestellt und der letztere zu Gunsten
des ersteren stark (vielleicht zu stark) eingeschränkt.
313
Das Badewesen der Yei^iangenheit stellt Dr. med. Poblchau dar,
die Bedeatong der Volks- und Jagendspiele Ar die nationale Wehrkraft
Stabsarzt Dr. Matthes. — Richabd Fbibbbl sacht Mittel and Wege
zur weiteren Yerbreitang der Jagend* and Volksspiele and
kommt dabei anf folgende Leitsätze:
I. Wer das Jagend- and Volksspiel verbreiten will, der sorge dafür,
dafe das Volk in allen Schichten die hohe Bedeatang dieser Bestrebangen
recht erkenne and würdige.
II. Wer die Jagend- and Volksspiele weiter verbreiten will, der sorge
fltar den Zasammenschlafs ma(sgebender, einflalsreicher Personen za einer
planvollen and zielbewnlsten Arbeit im Sinne des Zentralaosschasses. Die
Wirksamkeit der za konstraierenden Spielvereinignng erstrecke sich:
a) aaf Beschaffung der nötigen Mittel,
b) aaf Werbang von Spielern,
c) aaf Oewinnnng von sachkandigen Spielleitern.
in. Wer die weitere Aasbreitang der Spielbewegang f&rdem will, der
stelle sich als Spielleiter in ihren Dienst.
Der grOfsere Raam im Jahrbach ist der Praxis der Spielbewe-
giing eingeräamt.
Eine von Dr. BüsaASS verfalste Übersicht Aber die Spielliteratar
des Jahres 1901 Iftfst erkennen, wie reichhaltig diese nnn geworden ist.
Abgedrackt ist die Eingabe an die deatschen Städte zwecks Befestigang
und Vertiefung der Jngendspielbewegang.
Prof. Dr. Konbad Koch and Dr. Witte verbreiten sich eingehend
über die Notwendigkeit der weiteren Schaffang von Spiel-
plätzen in Dentschland, and Aber Wanderangen der Jagend finden
wir fOnf Originalarbeiten.
Ansprechend sind verschiedene der Schilderangen and Berichte, and ge-
wüs geeignet, Stimmang für das Volks- and Jagendspiel za machen. Die
Tfttigkeit des Zentralaasschasses geht ja in der Veranstaltang von Spiel-
knrsen nicht aaf; aber es ist doch schon eine schöne Leistong von ihm,
Ton 1890—1901 im ganzen 4207 Lehrer and 2208 Lehrerinnen im
Tomspiel aasgebildet za haben. Aach im letzten Jahr — das Jahrbach
beweist es — hat der Aasschals wieder tüchtig gearbeitet, and bald wird
der Xn. Band die erfolgreiche Tätigkeit des Jahres 1902 registrieren.
J. SPÜHLES-Ztlrich.
Dr. med. Ebnbt Jessen. Zahnhygiene in Seknle md Hans. Eine
£rgänzang and Erlänterong der Wandtafel „Die Zähne and ihre Pflege^,
mit 12 AbbUdangen and 2 Tafeln. Stra&barg i. £. Heitz, 1903,
gr. 8«, 46 S.
Die vorliegende Schrift, sowie die daza gehörende Wandtafel für
Schalen sollen znr Aafklärang des Volkes Aber die Bedeatang der Zahn-
pflege fOr die Oesnndheit des Menschen dienen. In knapper, allgemein-
verständlicher Form gibt der aaf diesem Oebiete bekannte Verfasser einen
Überblick Aber Bedeatang, Zweck and Nntzen der Zähne filr die Ver-
danong, Sprache nnd Schönheit, wobei der erste Pnnkt, d. h. Bedeatang
für die Verdaaang, mit Recht betont wird. Femer wird aaf die Not-
SU
wendigkeit der zahiArztlichen Behandlung im Eindesalter hingewiesen; im
Anschlob daran die Anstellung von Schnlzahnärzten auf Ge-
meindekosten, wie dies in Strabfourg eingeführt wurde, verlangt. Auch
im Heere liebe sich die Zahnpflege Ton Staats wegen organisieren, indem
die eiigährig-freiwilligen Zahnärzte nnter Leitung der Korps- und Divisions-
zahnSrzte ihren Beruf ansahen würden. Es folgen einige heschreibende
Kapitel Aber Bau, Farbe der Zfihne, Aber das Milchgebib und die blei-
benden Z&hne; eine ganze Anzahl von Abbildungen eriautert den Text.
Im weiteren wird die Pflege der Zähne, und zwar Pflege durch den Be-
sitzer selbst, sowie die durch den Zähnarzt besprochen. Der Caries der
Zähne, ihren Ursachen und ihrem Verlaufe ist ein besonderes Kapitel
gewidmet. Den Schlufs bildet eine Besprechung der Zahnschmerzen und
ihrer Ursachen. Dem Bflchlein ist eine verkleinerte Abbildung der Wand-
tafel beigegeben. H. MAiTBizio-Zfirich.
Dr. H. Rbighenbaoh. Ober dei Binfliiliei der Farbe klnstlieher
Liehtqnellen auf die Sehschärfe. Nach gemeinsam mit Prof. Dr.
DBS CoüDBES im physikalischen Institut der Universität Oöttingen an-
gestellten Versuchen. [Zeitscknft fOr Hygiene und InfeküonskrakkheUen,
XLI, 1902.)
Die Verfasser suchen durch interessante Experimente, Ober deren
Anordnung man sich in der Originalarbeit umsehen muls, die Frage zu
beantworten, ob nicht die Verschiedenheit der spektralen Zusammensetzung
verschiedener Lichtquellen bei gleicher Helligkeit Unterschiede in der Seh-
schärfe bedinge. Wenn uns zwei Lichtquellen den Eindruck gleicher
Helligkeit machen, aber von differenter Farbe sind, so lälst sich denken,
dafs diese Verschiedenheit der Färbung der gleich hellen Lichter in
der Sehschärfe, bezw. in der Erkennbarkeit feiner Einzelheiten auf einer
von diesen Lichtquellen beleuchteten Fläche zum Ausdruck kommt — mit
anderen Worten: es kann bei gleicher optischer Helligkeit von zwei
verschieden gefärbten Lichtquellen ungleiche Sehschärfenhelligkeit
vorhanden sein.
Das Resultat der Untersuchungen war nun, dals Nemst- und Auer-
lampe einer Olflhlampe von gleicher optischer Helligkeit soweit an Seh-
schärfenhelligkeit nachstehen, wie einer Verminderung der optischen Hellig«
keit um 12 — 14 Vo entspricht.
Die praktische Tragweite dieses Befundes dflrfe aber deshalb nicht
flberschätzt werden, weil die Nemstlampe die elektrische Energie fast
doppelt so gut ausnütze wie die Glühlampe und der Auerbrenner das Oas
sechsmal so gut wie der Argandbrenner. Die wirtschaftliche Überlegenheit
der beiden Lampen sei also so bedeutend, dafs die etwas geringere Seh-
schärfenhelligkeit dagegen nicht in Betracht komme.
Dr. A. STSiaBB-Zttridi.
§tv ^i^ulurft
L Jahrgang- 1903. No. 5.
Als neuer Mitarbeiter ist so nennen:
Soheibert, L., Oberlehrer, Tflsit
•rigiitalalil^aitblititseit*
über schnUntliche Statistik und die Priniipien bei AntwaU
der soffeaannten irgtUoben Beobaebtnngasobttler.
Von
Dr. Samoboh,
Sohnlsrst in BretUu.
(SohInfB.)
Eine reobt branohbare nnd ftbendditliobe Zusammenstellung
aohulftratlioker Statistiken findet sidi im sweiten Jahrgang der
Zeitsdirift Gesunde Jugend in einer Arbeit des Lehrers G. Schanze
ans Dreed^ betitelt: „Ergebnisse und Wert sehulärztlioher ünter-
suehuii^n^. Auf Grund der yon ihm susammengesteUten Zahlen
liilt der Verfinsser den Beweis flOr den Wert und die Notwendigkeit
sohulftrBtlioher Untersuchungen Air erbracht, eine Schluisfolgemng,
der wir uns nur yoll und ganz ansohliefsen können.
Fragen wir aber, was beweisen die bisherigen Statistiken £är
die Morbidität der deutschen Schuljugend, so müssen wir die Ant-
wort etwas vorsichtig geben. Wir können eigentlich nur die Be-
hauptung auEstellen, dais die bisherigen Statistiken mit groiser Wahr-
scheinlichkeit auf eine recht erhebliche, unerwartet hohe Morbidität
der Schulkinder hindeuten. Exakt bewiesen ist aber diese Behaup-
tung noch nicht. Die bisher bekannten Statistiken sind viel zu
Iflekenhaft, viel zu wenig einheitlich auf- und zusammengestellt, als
Der Belmlant. L 9
70 316
daCs sie mehr als eine rein lokale Bedentnng im besten Falle be-
anspruchen dürften. Eine kurze kritische Prüfong der bisher ver^
öffentlichten Berichte, ein Blick auf die von Herrn Lehrer Sghakzs
zusammengestellten Tabellen lassen sofort die Fehler, die den
Statistiken die beweisende Kraft raaben and Vergleiche verbieten,
hervortreten. Von vornherein aasznsohalten sind diejenigen Statistiken,
die sich nnr auf eine geringe Anzahl von Schulkindern, bis etwa
5000, erstrecken. Nahezu wertlos für unsere Zwecke sind diejenigen
Statistiken, die nicht die Zahl der kranken Individuen, sondern nur
die der beobachteten Krankheitserscheinungen angeben. Als erheb-
licher Fehler muis es bezeichnet werden, wenn die Lernan&nger
nicht von den übrigen Schülern getrennt betrachtet werden; als
vierten, allerdings recht begreiflichen Übelstand möchte ich bezeichnen,
dafs die verschiedenen Dntersucher die beobachteten Krankheits-
erscheinungen ganz verschiedenartig und manchmal wohl nicht recht
zweckmäbig eingeteilt haben. In einem Bericht z. B. wird Nervo-
sität unter „Blutarmut" aufgeführt, ein anderer hat die Rubrik „Nervo-
sität*' und zählt darunter Epilepsie; eine Anzahl von Tabellen weisen
eine Rubrik „chronische Krankheiten** auf, ohne dafs ersichtlich ist,
was darunter gemeint ist. Auch halte ich es fQr unzweckmäisig,
dafs man Augen- und Ohrenleiden ohne genauere Spezifikation aufführt.
Hyperopie und Trachom können doch nicht einfach nebeneinander
unter „Augenleiden" subsumiert werden. In vielen Fällen fehlt —
und das ist ein fünfter Übelstand — die Angabe, wie viele von
den kranken Kindern in besondere Ärztliche Beob-
achtung genommen wurden und nach welchen Prin-
zipien die Auswahl geschehen ist.
Diese hier angeführten fünf Fehler, die natürlich nicht sämtlich
jeder bisherigen Statistik anhaften, sondern die bald hier, bald dort
im einzelnen oder in ihrer Gesamtheit vorkommen, müssen in Zukunft
vermieden werden, oder positiv ausgedrückt: Wir müssen folgende An-
forderungen an eine beweiskräftige Statistik stellen: 1. Die Statistik
muis sich über grolse Zahlen erstrecken ; als Mindestzahl wären 5000
oder besser noch 10000 Schulkinder festzusetzen. 2. Sie mufs die Zahl
der kranken Individuen gesondert von der Zahl und Art der beob-
achteten Krankheitserscheinungen angeben. 3. Sie mufe die Lern-
an&nger gesondert von den übrigen Schülern betrachten. 4. Sie
mufs eine zweckmäbige Einteilung der beobachteten Brkrankungs-
formen aufweisen. 5. Sie darf sich nicht blois auf die sogenannten
ärztlichen Überwaehungsschüler erstrecken, sondern sie muis alle
317 71
dem Schularzt bekannten gesnndheitUoh minderwertigen Kinder auf-
zählen, loh betone anfldrttoklich; alle dem Schularzt bekannten,
und nioht alle gesundheitlich minderwertigen Kinder schlechtweg. Denn
bei dem grofsen Wirkungskreis, der fast überall dem einzelnen
Schularzt zugewiesen ist, ist es unmöglich, dab ein Schularzt den
Gesundheitszustand aller Kinder seines Bezirkes kennt Die dem
Schularzt bekannten kranken Kinder stellen also nur eine Minimal-
2ahl dar. Eine schulärztliche Statistik, auch wenn sie grolse Zahlen
umfatsty wird ako nie der absolute Ausdruck einer bestehenden
Morbidität sein, sondern sie stellt nur die Grenze nach unten fest.
Bei den Leman&ngem ist es natürlich anders, da dieoe fast an
allen Orten samt und sonders untersucht werden ; hier ist es möglich,
einen absoluten Zahlenwert anzugeben.
Die ersten drei hier aufgestellten Forderungen bedürfen keiner
weiteren Eröriierung, weil sie als selbstverständlich anzusehen sind.
Zu Punkt 4 bemerke ich, dals es sich empfehlen dürfte, als Ein-
teilungsprinzip mehr die speziellen Diagnosen und nicht Sammel-
namen festzuhalten. Den Krankheitsbegriff „Skrophuloee" z. B. würde
ich, so berechtigt er auch sonst ist, für die Statistik streichen und
daftr Ekzem — in Klammem vielleicht die Bemerkung „skrophulös"
— Phlyotänen, Drüsenschwellungen aufzählen ; an Stelle von Haut-,
Augen-, Ohrenleiden, chronischen Erkrankungen müssen meines
Srachtens die speziellen Erkrankungsformen genannt werden; Myopie
und Homhautgeschwür z. B. sind doch ganz verschiedenartige
Dinge, die nicht unter dem Sammelnamen „Augenleiden*' zu-
sammengefaDst werden dürften; dasselbe gilt von den verschiedenen
Haut-, Ohren-, Nervenleiden etc. Zweckmäßig wäre es vielleicht,
neben der Aufzählung der speziellen Diagnosen noch eine Zusammen-
stellung von zusammenfassenden Krankheitsbegriffen zu geben. Es
würden z. B. die zunächst xmter Psoriasis, Prurigo, Scabies aufgeführten
ESrkrankungsfälle in einer zweiten Zusammenstellung ak „Hautleiden"
SU gruppieren sein. Chorea, Epilepsie, Hysterie, Spinale Kinder-
lAhmung mübten zunächst gesondert aufgeführt werden, könnten dann
aber als „Erkrankungen des Nervensystems** zusammengeffidst werden.
Auf das fünfte Postulat, in dem verlangt wird, alle dem Schul-
arzt bekannten, gesundheitlich minderwertigen Kinder sollen in der
Statistik berücksichtigt werden, muls ich etwas ausführlicher ein-
gehen, weil nach dieser Richtung hin die Dienstanweisungen zu
Mifflgriffen verleiten, und weil ich zur Vermeidung solcher MiÜBgriffe
einen praktischen Vorschlag machen möchte.
72 818
Fast in allen Dienstanweisungen existiert ein Paragraph, in dem
dem Schularast die Yerpflidhtung auferlegt wird, aber krftnkliohe,
der ftrztliohen Beobaohtnng bedürftige Kinder, und solche, die einer
besonderen Berttcksichtignng beim Unterricht bedürfen, besonders
Buch SU führen. Bei dem Mangel an Ausftiirungsbestimmungen,
bei der Dehnbarkeit des Paragraphen ist die Annahme einer recht
Tersdhiedenartigen Auslegung und Anwendung dieser Bestimmung
seitens der einzelnen Kollegen sehr naheliegend. Dem Wortlaut
des Paragraphen entsprechend, wird ein Teil der Kollegen nur die-
jenigen Kinder in Beobachtung nehmen, bei denen sie sich ron der
Überwachung einen greifbaren, praktischen Nutzen versprechen. Ein
anderer Teil der Kollegen dürfte in dem Paragraphen «ine still-
schweigende Aufforderung für Aufstellung einer Morbiditätsstatistik
sehen, zumal ein anderer Hinweis auf die Zusammenstellung einer
solchen Statistik fehlt. Um die kranken Kinder zfthlen zu können,
könnte ein Teil der Kollegen sich versucht fühlen, sie sftmüich in
Überwachung zu nehmen; infolge der groAen Zahl der kränklichen
Kinder aber und infolge der durch die Überwachungsscbüler bedingten
erheblichen Arbeitslast — gesonderte Buchführung, häufige KontroU-
Untersuchungen etc. — dürfte jedoch der Versuch, auf diese Weise
eine Morbiditätsstatistik zu gewinnen, als aussichtslos anzusehen sein.
Ich glaube, es wird au statistischen Zwecken unbedingt notwendig
sein, eine Zweiteilung eintreten zu lassen, die auch für den
Schularzt eine gewisse Arbeitsentlastung bedeuten würde. Wir
müssen in Zukunft getrennt notieren: 1. die Überwachungs-
schüler, das sind diejenigen Eander, die an einer mehr oder
minder akuten oder subakuten Krankheit leiden, bei der in ab-
sehbarer Zeit Besserung beziehungsweise Heilung zu erwarten ist;
hier hat die schulärztliche Beobachtung einen Zweck. 2. müssen
wir notieren diejenigen gesundheitlich minderwertigen
Kinder, bei denen objektiv nachweisbare Krankheitserscheinungen
als Resultat abgeschlossener Krankheitsprozesse be-
stehen. Hier hat die schulärztliche Beobachtung keinen rechten
Zweck mehr ; bezüglich dieser Kinder hat der Schularzt wenigstens
für ein Schuljahr seine Pflicht getan, wenn er sie festgestellt
und registriert hat, und braucht sich um sie weiter nicht
zu kümmern. Aber gerade diese Kinder festzustellen, erscheint von
ganz besonderem Interesse und Wert. Denn sie stellen ja das
Kontingent der Schulinvaliden dar; durch dauernde Gebrechen in
ihrer Leistungsfähigkeit beschränkt, sind sie besonders in Gre&hr,
319 73
den Anstrengfangen des Sohulbesuohe zu unterliegen, ohne dass
hierans der Schule ein Vorwurf gemacht werden dürfte. Die Arbeits-
last, die aus der Feststellung und Aufzeichnung dieser gesundheitlich
dauernd minderwertigen Kinder erwachsen würde, dürfte mehr
als ausgeglichen werden dadurch, dais bei dieser Zweiteilung die
Zahl der Überwaohungsschüler, die ja recht viel Arbeit machen,
bedeutend sinken würde. Denn dann kommen bei der Auswahl
der Überwachungsschüler nur noch praktische und keine statistischen
G^ichtspunkte mehr in Frage. Die Hauptsache ist aber, dafs die
Zweiteilung es uns ermöglicht, alle kranken Kinder, gleichgiltig ob
in Beobachtung oder nicht, für die Statistik zu verwenden. Die
praktische Verwertung meines Vorschlages denke ich mir folgender-
malsen: In einem für je eine Klasse Torgeschriebenen Listenformular,
das die Rubriken: ]Name, Krankheit, Bemerkungen des Arztes,
Bemerkungen des Lehrers, Datum der Aufnahme in die Liste,
Datum der Streichung aus der Liste enthalt, machen wir wenn
möglich in der ersten Hftlfte des Schuljahres die entsprechenden
Vermerke. Die Liste erhält der Lehrer zur Aufbewahrung im
Klaasenbuohe, damit er sie zu jeder Zeit zur ELand hat; am Shide
des Schuljahres macht er in der Bubrik: „Bemerkungen des Lehrers^
einen kurzen Vermerk bezüglich der Klassenleistungen der betreffen-
den Kinder, etwa in Form einer 1,71, III, die „gut^, „mittel'' und
„schlecht'' bedeuten würden; selbstverstftndlich bleibt es ihm überlassen,
noch andere Notizen zu machen, ihm wichtig erscheinende Beob-
achtungen zu yerzeiohnen etc. Die Listen werden dann am Schluls
des Schuljahres von den Schulärzten eingesammelt, um im Jahres-
bericht statistisch verwertet zu werden.^
Die Forderung, daCs der Lehrer in die vom Schularzt auf-
gestellten Listen Vermerke zu machen hat, erscheint mir von ganz
besonderer Wichtigkeit und von grofsem Vorteil. Der Lehrer erhält
dadurch Gelegenheit, sich über den Zusammenhang gesundheitlicher
Minderwertigkeit und geistiger Leistungsfthigkeit beziehungsweise
ünfthigkeit zu informieren, und wird gezwungen, gewissermaisen
unser Mitarbeiter zu sein. Die meinem Empfinden nach bislang
noch manchmal fehlende Verbindung zwischen Schularzt xmd Päda-
^ Zur genaaen Elantellang über die Art, wie ich mir die Verwirklichung
meines Vonohlagf denke, füge ich ein Schema einer aatgeföllten Ermnkenlitte
mit je einer Anweisung zum Qebraacb derselben für den Schnlant und den
Lehrer bei. Gleichseitig fuge ich einen mir handlich erscheinenden Entwurf
für einen Überwachungsschein bei.
Der SehnUnt. L 10
74 320
gogen wird dadurch angebahnt. Wir Ärzte dagegen werden in den
Urteilen der Pädagogen ttber gesnndheitlieh minderwertige Kinder
zweifellos ein wiaeensohaftlich wertvolles Material finden.
In Vorstehendem habe ioh nachzuweisen yersucht, dafs uns
bisher noch die Unterlagen für eine allgemeine» über
das ganze deutsche Sprachgebiet sich erstreckende
schulärztliche Statistik fehlen; es lag in meiner Absicht,
unter Betonung der ungemein greisen Wichtigkeit einer solchen
Statistik fiir die Forderung der Schulhygiene eine Diskussion
darüber anzuregen, von welchen Gesichtspunkten aus und
in welcher Weise fürderhin Statistik getrieben werden solle. Die
uns Schulärzten gestellte Aufgabe, den Gesundheitszustand der
heranwachsenden schulpflicbtigen Jugend zu beobachten und zu
überwachen, erscheint mir von eminentester Wichtigkeit für die
Allgemeinheit sowohl, wie für die Schule und die Behörden im
speziellen^ Die Neuheit der Schularztinstitution bedingt es, dab
noch mancherlei Fehler gemacht werden. Unsere dringendste Auf-
gabe ist es, die Fehlerquellen nach Möglichkeit zu verstopfen und
in produktivem Schaffen eine möglichst exakte, praktische Schul-
hygiene aufzubauen. In diesem Streben werden wir wesentlich ge-
fördert werden durch einen lebhaften Meinungsaustausch in den
Spalten einer Fachzeitschrift überglas „Was" und „Wie '^ unswer Tätig-
keit. Zweckmäfsig und wünschenswert dürfte es vielleicht auch Sein,
auf besonderon, regelmäCsig wiederkehrenden Kongressen wichtige
spezielle Fragen des schulärztlichen Dienstes zu diskutieren und zu
regeln; der Gedanke, eine besondere Organisation, einen Verband
deutscher Schulärzte mit regelmälsig wiederkehrenden Jahresversamm-
lungen zu schaffen, scheint mir immerhin der Anregung wert zu
sein. Dieser Verband würde durchaus keine Konkurrenz für andere,
sohülhygienische Ziele verfolgende Vereinigungen sein sollen; Zw^ok
und Ziel einer solchen Organisation wäre es nur,, auf Grund sorg-
fältig gesichteter und geprüfter Erfahrungen und wissensohaftlieher
Forschungen die denkbar beste Begeluog und Einheitlichkeit des
schulärztlichen Di^istes herbeizuführen.
3S1
75
Sclnkrztbeflirk: No. .
Sdnilarzt: Dr
Rektor;
Lehrer:
Schule No Klasse VI.
Schuljahr 1VK)3/1904.
A. Dauernd kranke Kinder«
Name
KrankheU
80/4.08.
Datum der
Streichung
aus der liste
Bemerkungen
des Arstes
Bemerifcungen
des Lehrers
am Schiute des
Schnyahrmi
Selidlc, Paul
RflckgratsTer»
kr&nmung,
hochgradig
IL
•
Lehmann,
Bmst
Hersfehler
ao/ft.08.
■
Ist dauernd vom
Turnen und Ba-
den SD dispen-
sleren; darf nloht
körperlich ge-
xfichtigt werden
L
Riedel» Geurf
Stottern
a^s.«s.
IIL Die Leistungen
im Schreiben
sindalleafailasu-
friedenstellend;
im Reehaen und
Lesen sind die
Leistungen gans
ungenllgend.
Sehwan, Max
Leistenbruch
4/0.08.
Der Brueh wird
durch ein Bruch-
band gut snrttek-
gehaltea. Dis-
pensation Tom
Turnen
L
Storeh, Max
Geistig surflekge-
blieben, Schwer^
hörigkeit, Horn-
hauUleckei aden.
Vegetationen
8/7.08.
Bedarf der Be-
raoksichtignng
beim Unterricht
IIL fit Ar die
Hllfssehiile Tor-
snmerken.
Seidel, Robert
Schielen (Operat.
abgelehnt), Kor-
rektion durch
Brille nicht
mSgUeh
8/7.08.
Anweisung des
Platses in den
▼Order. Bänken
IL
Retmami, Frlts
Woibraehen
8/7.08.
10/». 08.
Ist operiert
worden
U.
John, Karl
Schief hals
lO/t.08.
—
L
VeUbsMT, Paul
AngsboTene Httfi-
gelenlESTerren-
Kung
10/8.08.
*^
■"^
iL
lO*
76
322
B. Üb
erwachangsschfller.
(Seite 2 der Krankenliaie.)
N&m«
Krankheit
60
a a
Bemerkungen
des Arstee
Bemerkungen
des Lehrers
am Bnde des
Jl
T-
SehalJahres
Daum, Frledr.
Akntee Homhani-
geeehwfir
6/6. OS.
—
Dispensation Tom
Lesen a. Sehrei-
ben auf swei
Woehen
IL
KlOM, WUI7
•
Ohreneitening
tf9.n.
^—
bogen
IIL Hat TiellSaeh
den Untenieht
▼ersftnmt.
Langer, Hugo
Knrssielitlgkelt
8/8.08.
11/io.Oi.
Hat Tollkorrifl^e-
rende Brille he*
kommen
IL
Meyer, Prits
Epilepsie
8/&0i.
—
Darf nicht an den
Kopf gesehlagen
werden
in. Ist für die
Hilfssehnle Tor-
snmerken.
Nagel, lUz
Blatarmat
8/iaoi.
in. Zeigt guten
Willen, ist aber
den Anforderun-
gen nioht ge*
wachsen.
Anweisug fBr des Schularzt zw Benutziing der KraikenligteB.
Auf die erste Seite werden unter A. di^enigen Kinder eingetragen,
bei denen objektiv nachweisbare Krankheitssymptome als Resultate ab-
geschlossener Erankheitsprozesse bestehen. Als solche (Gebrechen wftren
beispielsweise zu nennen:
1. Adenoide Vegetationen, die Fonktionsstöningen bedingen, und deren
Operation abgelehnt worden idt.
2. Asthma (chronisch).
3. Brflche, die durch Brachband znrflckgehalten werden.
4. Geistig znrflckgebliebene Eander (geistige Minderwertigkeit).
5« Geienkserkrankongen chronischer Art. — Ankylosen. Angeborene
Httftgelenkslnzationen.
6« Gibbns.
7. Homhantflecke, dicht and zentral gelegen.
8. Herzfehler.
9. Knodientaberkolose (chronisch).
10. Lflhmongen.
11. Magen-Dannleiden (duronisch).
12. Nierenleiden.
18. Nystagmus.
14. Psoriasis.
15. Prarigo.
16. Befraktionsanomalien 1 •^^'^•** Korrektion durch BrfUen nieht SU erreiehwi
17. Schielen
}
ist, sei es aus &nAieren oder dureh das Leiden
hedingten Gründen.
328 77
18. Rflckgratsverbiegnngen hochgradiger Art.
19. Sprachfehler.
20. Schiefhals.
21. Wolfsrachen.
Auf die zweite Seite unter B. werden diejenigen Kinder eingetragen,
die an einer mehr oder minder aknten Krankheit leiden, bei der in ab-
sehbarer Zeit dnrch ärztliche Behandlung Heilnng oder Besserung zu er-
¥rarten ist. Es sind dies die Überwachongsschfller. Dazn w&ren zu zählen
Kinder mit folgenden Gebrechen, etwa:
1. Adenoide Vegetationen, mn ihre Operation herbeiznfOhren.
2. Anftmie.
8. Angenleiden akuter Art:
a) FhlyktäneQ.
b) Homhantgeschwtlre.
c) LidentzOndnngen.
d) Trachom.
4. Blasenleiden.
5. Brflche, die nicht durch ein Bruchband zurttckgehalten sind.
6. Chorea.
7. Drflsenschwellungen.
8. Epilepsie.
9. Epistazis.
10. Hautleiden (akute):
a) Parasiten.
b) Scabies.
c) Akute Ekzeme.
1. Herzfehler zweifelhafter Art.
.2. Hysterie.
[3. Kropf.
14. Lungenkatarrhe und Lungentuberkulose.
.5. Ohreneiterung.
6. Ozaena.
.7. Befiraktionsaaomalien, um Korrektion durch Brillen herbeizuftthren.
.8. Rflckgratsyerbiegungen beginnender und leichter Natur.
.9. Schreibkrampf.
Es ist selbstyerstftndlich nicht ausgeschlossen, dais Kinder mit den
unter A. angefahrten Oebrechen unter B. geführt werden, sobald der
Schularzt irgend welche OrOnde f&r diese Umstellung hat. Will er z. B.
em Kind mit Psoriasis oder Prurigo aus irgend einem Orunde, z. B. akuter
Exacerbation, Öfters und genauer beobachten, so wird er es eben in Über-
wachung nehmen ; ebenso werden unter B. geführte Kinder in die Rubrik A.
ttberftahrt werden, sobald die Überwachung aus irgend weichen Gründen,
X. 6. infolge der Weigerung der Eltern, ärztliche Hilfe nachzusuchen, sich
als zwecklos erweist. — Die oben angeffthrte Scheidung der Krankheits-
symptome soD nur ein Anhaltspunkt ftkr eine Trennung, aber keine bin-
dende Bichtschnur sein.
78
894
Anweisung fBr den Lehrer «hi ftebraaeh 4er vam iSehnUnt
ansgestellten Krankenlisten.
1. Die Liste hat den Zweck, den Lehrer stets auf dem Laufenden
zn erhalten Aber den Bestand seiner Klasse an gesundheitlich minder-
wertigen Kindern. Sie soll deshalb im Klassenbuch aufbewahrt werden,
um dem Lehrer jederzeit zur Hand zu sein. Bei Revisionen ist die Liste
eventuell Torzulegen, um mangelhafte lieistungen kranker Kinder xa er-
klären.
2. Die Löste ist dem Schularzt beim Klassenbeauch vorzulegen und
es soD der Lehrer zur näheren Auskunfterteilung beztlglich der in der Liste
verzeichneten Kinder verpflichtet sein.
3. Am Ende des Schuljahres ist der Lehrer verpflichtet, in der
Rubrik: ^^Bemerkungen des Lehrers", durch eine römische I, II, m, die
den Prädikaten »gaf, „mittel^* und „schlecht^ entsprechan, ein urteil
über die Leistungen der Kinder abzugeben. Es steht ihm frei, noch
andere Bemerkungen, z. B. ttber ihm irgendwie interessant erscheinende
Beobachtungen zu machen.
Üb«rwaekug8-SeheiB.
Name Krankheit
Alter .
Schule
Klasse
In Überwachung genommen am
Aus der Üherwachung entlassen am ... . { ungafaeut
\weg^n Schalweohael
Üherfährong in die Kraokenliste am
OB
a
p
«
t
Unteriaoliangi-
befnnde
Antrage an die Schule betr.
S 4»
« E
0
nj
o OD Tf
«8«
Ol
§1
O M
Sit
m
4
e
s
^
NAAe
Schntarste
•i««na>wir
325 79
ftltitiete Jtilteilitit$«it*
N^MinfUiriUig tob SdmUnitaB. In Mannheim wurde yom
StadtYerordnetenkollegiain die Summe von 10000 Mark zur Anstellnng
▼on Sohalftrzten bewilligt. Besonders warm trat Stadtschalrat Dr. Siokinobb
fOr den Antrag ein. — In Neuweissensee ist ein Sohnlarzt mit 500 Mark
angestellt worden. — In Karlsrahe bat anf Antrag der Schalkommission
der Stadtrat beschlossen, eine engere Kommission niederzosetzen zor Prflfong
der Frage der Anstellnng von Schol&rzten. — Anf der im Janaar in
Eisen ach abgehaltenen Ministerkonferenz ist die Anstellnng yon Siihiil-
ftrzten erörtert worden. Eine Entschlieisang ist nicht gefalst worden, die
Angelegenheit soll aber weiter in wohlwollende Erwägung gezogen werden.
— In Gotha ist anf Anregung des Herzogl. Staataministeriams die An-
fitelkmg Ton Scholftrzten in der Stadtverordnetensitsong erwogen worden.
Die SanitAtskonunission hatte die Angelegenheit in wiederholten Sitzungen
Torberaten and empfehlend begntachtet. Sie hat gleichzeitig in Ctemein-
achaft mit den Schnlleitem den Entwarf einer Dieostordnnng aasgearbeitet,
welche sich an das Wiesbadener Master ansohlie&t Die Scholkonoüssion
empfidilt, nicht aas inneren Gründen, sondern mit Rücksicht auf die Fi-
nanzen der Stadt, die Yoriage zorflckzastellen. Die Yersammlinig besoUUeiSst
nach längerer Diskussion Vertagung.
Ober die ^BuAUipui)^ •¥on fidndimteo in «taiigw Sttdten der
Yereiiigtea Steatea N.-A. teilt „The American SOiao^Board Joum^
(March 1909) folgendes mit: In Boston, Mass., hat der Oesundheitsrat
im Jahre 1990 ftrztlicfae Sehnlinspektion empfohlen, welche erst 1894
tatsächlich eingeMhrt wurde. Die Stadt wurde in Bezirke geteilt, deren
jeder durcfaschnittlidi 1400 Schulkinder oder vier Schulhiuser umffllfst.
Fflr jeden Bezirk wurde ein Inspektor mit einem Jahresgehalt von >$ 260
bestdlt. Dieselben 'haben täglich jede Sdrale am Morgen zu besuchen und
die von den Lehrern als ^unpäfsMoh bezeichneten (Kinder zu untersndien.
— Pertfierffon, VT.^J., bat 1900 die sohulArzeii^e Inspektion eingeftlhrt.
Die ärztlichen Inq»Aloren werden von der SohulbehOrde bestellt, welcher
sie monatlieh Bericht erstatten mttssen; sie stehen unter der Aufsicht des
Gesundheitsamtes, welchem allwöchentlich die Zahl der Inspektioaen, die
Art der Efkfsnknngen u. a. zu melden ist. Bas Jahresgehalt betiägt
4 250. — Chicago hat 1499 ÜOsMg Schulärzte mit einem Monats-
gehalte von '$ 50 besl^ welche dem Gesundheitskommissftr unterstehen.
— -New York <City hat 1897 Schulärzte eingefttfart, welche derzeit in
der Zahl von d50 tätig sind. — !I(ew Haven, Conn., Minne«polis,
Minn., Detroit, Mich., <und Lincoln, Neb., haben freiwillige SdraHbrzte.
(Mitg. V. Prof. Carl HiKTBAGom-Wien;)
Me )Seliilfaurstfrife !■ Stekeen. In der am il5. Deaember 1902
abgehflltaien Plenarversammlang des S&chsischen Landesmedizinal-
80 326
kollegiBms wurden nach einer Mitteilung des jtBayer. ärisü, Ccrr,'Bl.'*^
(No. 5, 1903) bei Beratung über Schularzt und Schulüberbürdungsfirage
folgende Beschlüsse gefalst:
I. „Die Anstellung hygienisch vorgebildeter Schulärzte für sftmtliche
ünterrichtsanstalten des Landes bildet das Endziel der schulhygienischen
Bestrebungen; dasselbe ist jedoch zur Zeit aus praktischen Gründen noch
nicht erreichbar. — Dagegen macht sich die alsbaldige Durchführung
folgender Maisnahmen bereits jetzt erforderlich:
1. Die Anstellung von hygienisch gebildeten Schulärzten ist notwendig
Mr grobe und mittlere Städte, wünschenswert (mindestens ein Schularzt)
für die Schulen in kleineren Orten.
2. Es macht sich eine Beau&ichtigung in schulärztlicher EUnsicht ftkr
sämtliche Privatschulen sowie der höheren Lehranstalten erforderlich.
3. In den Orten, in denen Schulärzte angestellt sind, ist die Mit-
wirkung eines Schularztes bei den Schulausschüssen und Vorständen er-
forderlich.
4. Es ist auf eine schulhygienische Ausbildung der Ärzte auf der
Universität besonderes Gewicht zu legen.
5. Bei dem Unterricht auf dem Seminar sind die Grundlagen der
Hygiene bezw. Schulhygiene zu berücksichtigen und zwar tunlichst durch
ärztliche Vorträge.
6. In den Angelegenheiten der Schulgesundheitspflege sind auch die
Bezirksärzte stärker als bisher heranzuziehen. Wo keine Schulärzte an-
gestellt sind, soll der Bezirksarzt eintreten und die Schule mindestens
jährlich einmal revidieren, wobei er auch dem Gesundheitszustand der
Schulkinder besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden hat
7. Für die Revisionen der Schulen durch die Schul- bezw. Bezirks-
ärzte sind besondere Fragebogen aufzustellen.
8. Kein Schularzt darf ohne Instruktion angestellt werden, die von
der Bezirksschulinspektion nach Gehör des Bezirksarztes aufgestellt wird.
n. Bezüglich der Frage der Überbürdung von Schülern und Lehrern
hat das EoUegium nicht zu der Ansicht gelangen können, dals eine solche
bis jetzt nachgewiesen ist, wohl aber hat man die Überzeugung gewonnen,
dafs bereits von selten der Schulbehörden den Verhältnissen in dieser
Richtung mit Erfolg fortdauernde Au^erksamkeit geschenkt wird.**
Die zu erwartenden Kosten ffir EinflUinuig der Sehullrate in
Wien berechnet Dr. Rudolf Neu&ath nach Mitteilung des „N, Wiener
TagehL** wie folgt: Er führte aus, dafs, wenn man für fflnfidg Wiener
Schulklassen einen Arzt annehmen würde, derselbe ungefähr 4000 Schul«
kinder zu überwachen hätte. Nach der Zahl der Schulklassen kämen somit
auf die zwanzig Bezirke Wiens vierzig Schulärzte. Würde die Stadt nun
jedem Schulärzte ein Honorar von 1000 E. bezahlen, so würde sich ihr
Budget um einen Betrag von 40000 K. erhöhen, eine Summe, die gewifs
leicht aufzubringen wäre und angesichts des grolsen Nutzens dieser in einer
Reihe von deutschen Städten bereits bestehenden Einrichtung gar nicht in
Betracht käme.
Sehnlftrzte in Kassel. Seit Ostern 1902 sind für die ärztliche
Beobachtung der städtischen Bürger-(Volks-)Schulen, der Mittelschule und
327 81
der Hilftschnle sechs Schulärzte angestellt An ihrer Spitze steht der
Kgl. Kreisarzt Dr. Rogkwitz als Obmann. Die Wiesbadener Dienst-
anweisong r^elt ihre Tätigkeit. Die Zateilong der Schulen erfolgte so,
dab anf jeden Schalarzt etwa 2200 Schulkinder entfallen. An Honorar
bezieht jeder dieser Ärzte 600 Mark jährlich. Die im Mai fälligen Be-
richte werden zeigen, welche Erfahrungen bei dieser Neneinrichtong gemacht
worden sind. (Mitg. y. Stadtschnhrat Dr. BoBSTMANN-Kassel.)
Irztliehe üatersnehunji; der neueintretenden Schiller. In der
„Garkniaube'' (1903, No. 11, S. 179) behandelt Dr. Hsrm. Baa8
Schule, Schnlkrankheiten und Schalrekmtierung. Er kommt za dem
Schlnfs, dals, ebenso wie man den 20jährigen Weh];pflichtigen vor dem
Dienstantritt grflndlich auf seine körperliche und auch geistige Leistungs-
fähigkeit und Tauglichkeit untersucht, man auch mit dem 6jährigen schul-
pflichtigen, gegen jede Schädigung der Gesundheit doch zweifellos viel
schutzbedflrftigeren Kind, namentlich mit den Mädchen, ebenso yerfahren
sollte. Man müsse, in Erwägung, daCs eine Menge kränklicher Kinder
auf den Schulen festzustellen seien, das Übel bei der Wurzel anfassen
und, dem Ruf nach Schulärzten folgend, durch eine grOndliche ärztliche
Untersuchung die Tauglichkeit des Kindes zum Schulbesuch orst feststellen
und danach Aber die Aufnahme oder Zurückstellung entscheiden. Mit
einem Worte, es müsse eine Schulrekrutierung stattfinden, das fordere
die Schulgesundheitspflege. Es ist ein gewisses Verdienst, derartige An-
regung in ein so yiel gelesenes öffentliches Blatt wie die „Qiurtenlaube'^
zu bringen, um auch weiteren Kreisen die Notwendigkeit ärztlicher Beob-
achtung der Schulkinder klar zu machen.
(Mitg. Y. Dr. SCHMiD-MoNNABD-HaUe a. S.)
Zur Sehnkahnarztfrage in Hamburg. Im Frülgahr 1902 wandte
sich der Verein für Öffentliche Oe8U^dheit8pflege in Hamburg in Ver-
bindung mit dem zahnärztlichen Verein in Hamburg an die Oberschul-
behOrde zwecks zahnärztlicher Behandlung der Volksschulkinder. Es hatten
sich 18 Hamburger Zahnärzte zur kostenlosen Behandlung gemeldet; eine
aus beiden Vereinen kombinierte Kommission sollte die Vereinbarungen
mit der Oberschulbehörde treffen. Leider scheiterten diese an einem
einsigen Punkte, was im Interesse der zahnleidenden Kinder sehr zu be-
danem ist. In Hamburg liegen die Sprechstunden der Zahnärzte fast
durchweg yon 9—4 Uhr, so daCs während dieser Zeit die Behandlung,
zunächst der schmerzenden Zähne, hätte stattfinden müssen. Die Ober-
schulbehörde hielt es aber nicht für angebracht, während der Schulzeit das
betreffende Kind zum Zahnarzt zu senden, sondern der Zahnarzt sollte
noch eine besondere Zeit für die Behandlung opfern. Dabei wurde auch
nicht bedacht, da(s ein Kind mit Zahnschmerzen dem Unterricht wenig
Anfinerksamkeit schenken kann. In unserer Nachbarstadt Altena ist bereits
seit längerer Zeit der von unseren Zahnärzten Yorgeschlagene Modus durch-
geführt, ohne Benachteiligung des Unterrichts. Eine Kontrolle wird durch
Terschiedene auszufällende Formulare (von den Eltern, vom Lehrer und
Zahnarzt) herbeigeführt, so dals ein Mifsbrauch ausgeschlossen ist. Es
wäre zu wünschen, dals baldigst geeignete Persönlichkeiten hierin Wandel
schafften. (Mitg. y. Dr. Huao LBVY-Hamburg.)
«2 328
Seknlhygieiiisches ans (krterreieh. Im Wiener Oemeinderate
wurde gelegentlich der Budgetdebatte am 10. Dezember 1902 seitens der
sozialdemokratischen Vertreter eine Beihe modemer scfatilhygieniseber
'Fordemngen erhoben. Der Bedner der Majorität, der cbristlich-soKiale
Gemeinderat Biblohla^wes:, sagte : „Der Schnlarzt kann gar nichts maeh^i.
Soll er die Kinder aasziehen und abhorchen? Das kann er nicht. Oder
soll er nur die Kinder fragen: Was fehlt Dir denn? Da wird das eine
sagen, mir fehlt gar nichts, nnd das andere, mir fehlt das und das, ich
mag nicht in die Schule gehen. Also die Schulärzte haben gar
keinen Wert. Sie verlangen die Ausspeisung der Schulkinder, sie Ter-
langen unentgeltliche Lernmittel, mit einem Wort: Sie erzeugen nur
die Kinder, für sie sorgen sollen andere!'* Solche AnschamiDgen
vertritt die herrschende, christlich-sozial sich nennende Partei, die nicht
nur in Wien, sondern fast in der ganzen Provinz NiederOsterreich nnein-
gescbrftnkt ihren Einflufs auf die gesamte Verwaltung ausObt.
(£tteriirif4fe flefprei^itti^esi.
Dr. Hugo Stebnpeld. Wansehenswert oder notwendig? Bin Behvap;
rar Sohllhmtfrage in Mfincben. Nach einem im „Ärztlichen Klub
Mttnchen'' am 5. Februar 1903 gehaltenen Vortrag. {„Baf^ensches
ärMiches Carre^andms-Blatt'' , 1903, No. 4, ö, 6.)
Der Verfasser hat bereits im Jahre 1899 gelegentlich der ■ ersten
Verhandlungen der städtischen Kollegien in München ttber die AufeteUnng
von Schulärzten, sowohl im ärztlichen Bezirksverein München als in der
Tagespresse {Münch. N, Nachr.), die Notwendigkeit der Einffthmng von
'Schulärzten in Manchen bestritten und schon damals Widerspruch hervor-
gerufen. Jetzt, da neueriings die Frage die Mfinchener städtischen Kollegien
'beschäftigt, vertritt er wiederum in ansfllhrlicher Abhandlung seinen im
wesenttidhen gleichen, wenn auch etwas gemilderten Standpunkt, unter
Wiederholung der schon damals angefahrten und von dem zu frflh ver-
«fltorbenen Dr. WBiss-Mfinchen auch schon bekämpften Argumente, welche
^er nunmehr durch Beweismaterial aus den inzwischen gemachten Erfahrungen
zu 'Stätten sucht. Merkwürdig ist dabei, dafs dem Verf. gerade einselne
zweifelnde 'Berichte, besonders aus Vororten von Berlin (Rununelsboig,
<Obersch(yneweide!), von so hervorragender Bedeutung erschienen sind, um
besonders citiert zu werden, während von den an Zahl so weit Aber-
«wiegenden guten' Erfahrungen mit der SchularzteinftlhTong, wie sie «<^t
«nur in den Schularztberiofaten selbst, sondern in denen von Stadtverwal-
«langen und sogar in minisfeeriellen Erlassen niedergelegt sind, mehte er-
"Wäfant ist, als dafs „in verschiedenen Orten das Institut der SdiulArzte
seit einiger Zeit existiert und sich auch bewährt haben solP (!).
829 83
Die eingangs seiner Abhandlung yom Verf. wiedergegebene bekannte
Tatsache, dab in Bayern (wie in anderen Staaten) dem Amtsarzte, hier
Bezirksarzte, durch yerschiedene Oesetsesvorschriften und Erlasse eine
Überwaohong der Sohnlen in hygienischer Beziehung und ein gewisser
(geringer) Einfiuls auf die hygienischen Verhältnisse der Schule zusteht,
scheint doch, seihst wenn — wie wir überzeugt sind — gerade in den
Städten die Vorschriften durchaus „nicht nur auf dem Papier stehen',
sondeni nach bester Möglichkeit yon den Amtsärzten befolgt werden, nicht
gevflgend, um die vom Verfasser allein als „notwendig*^ zugegebene
«Mitwirkung von Ärzten an der Schule zur Eontrolle und Beaufsichtigung
der hygienischen Verhältnisse derselben^ (1. c. No. 6, S. 48) in aus-
reichmidem Mabe gewährleisten zu können. Das hat Verf. wohl selbst
gefUH und darum erkennt er „die Aufstellung besonderer ärztlicher Kräfte
für die fachmännische (?) Beaufsichtigung der Schule'* als „wfinschens-
werf gerne an. Notwendig aber erscheint ihm die Aufstellung von
Sdiulärzten fibr Manchen auch heute noch nicht.
Bei den vorztkglichra hygienischen Verhältnissen der MOnchener
Sehulhäuser, welche in Bezug auf Anlage, Heizung, Lfiftung, Beleuchtung,
Schulbänke u. s. w. allen Ansprüchen der modernen Schulgesundheitspflege
«ntsprechen, erscheint zunächst, und das ist einer der Hauptbeweisgrttnde
gegen die Notwendigkeit, die Mitwirkung von Schulärzten ffir die
Hygiene des Schulhauses und seiner Einrichtungen unnötig.
Es ist dem Eef. allerdings nicht bekannt, ob nun tatsächlich alle 54000
Miknchener Schulkinder in solchen neuen hygieuKdien Musterbauten, deren
einzelne er selbst kennen gelernt hat, untergebracht sind und nicht, wie
«nderwftrts, noch ein Teil in älteren und ältesten Schullokalen, ob nicht
ein Teil alter unhygienischer Sdiulbftnke noch vorhanden ist u. s. w.
Jedenfalls «ber muls die Behauptung, welche Verf. aufsteUt und für die er
einzelne Beispiele beibringt, dafe in den meisten Städten, wo bidier Schul-
ärzte angestellt wurden, dies geschehen sei, weil „wirklich ein Be-
dürfnis dazu vorhanden war, um bestehenden Mängeln (der
Schulhans- bezw. Schulzimmerhygiene) abzuhelfen**, in dieser Ver-
allgemeinerung entschieden bestritten werden. Wir haben z. B. in Ntim-
berg ebensolche hygienische Musterschulhäuser, aber ein Sdiularztbedflrfnis
wurde doch anerkannt, weil eben dem Schularzt noch ganz andere Auf-
leben, deren einen Teil der Verf. zum mindesten ganz erheblich unter-
echätzt, zufallen.
Und was nfltzt die herrlichste Heizungs- und Ventilationsanlage,
wenn sie nicht oder falsch gehandhabt wird (wie häufig ist dies der
FaDI), was nützen ^e besten Bänke, wenn sie den OrölsenverhältniBsen
der Kinder nicht entsprechen, wenn diese falsch und schlecht darauf
sitzenr? u. s. f.
und „wenn i^uch zugegeben werden mufs, dafs hier eine Kontrolle
notwe-ndig ist**, wer wird denn diese am besten ausüben? Wie denkt
sich der^Verf. die Konirolle, welche „Mitglieder der k. Lokalschulkommission,
der ei» Amtsarzt anzugdiören hätte**, ausführen sollen? Wie oft wird
der Anflsanit dazu Zeit haben? Olaubt Verf. nicht, data diese Eontrolle
doch besser durch Schulärzte, welche nicht wie eine Kommission ein- oder
84 830
zweimal im Jahre, sondern oft mid zu allen Zeiten das Sdmlhans
besuchen, ansgeflbt werden kann?
Scheidet also Verf. zunächst die Überwachimg der Hygiene des Schi^-
hanses ans den Aufgaben eines Münchener Schularztes ans, so bleibt die
Überwachung der ^Hygiene der Schulkinder, welche in erster
Linie (aber doch nicht ausschlielslich, Ref.) eine Beschr&nkung der
akuten Infektionskrankheiten bezweckt^. „Hier aber lafst sich,
wie die Erfahrungen in Nürnberg, der einzigen bayerischen Stadt, die seit
1. September 1898 Schulärzte hat, und anderen Städten beweisen, durch
die Anstellung von Schulärzten allein kein Erfolg erreichen.'' Das letztere
ist gewiis zuzugeben. Aber aus dem Umstände, „dafs sich z. B. in
Nürnberg seit Einführung der Schulärzte (also in A}/% Jahren!)
kein Rückgang der Infektionskrankheiten bezw. kein selte-
neres Notwendigwerden von Schulschlufs verzeichnen läfst*'
(dieser Satz ist im Original gesperrt gedruckt), schlieist Verf., daCs die
Notwendigkeit der Anstellung von Schulärzten »mit Rücksicht auf
deren Erfolg'', nicht gefordert werden könne.
Das ist doch entschieden zu viel verlangt, wenn man den Erfolg der
Schularzteinrichtung leugnet, weil es den Schulärzten nicht gelungen ist,
in 4 Vt Jahren einen in Zahlen nachweisbaren Rückgang der Erkrankungs-
häufigkeit an Kinderinfektionskrankheiten (vor allem Masern) herbeizufllhren.
Refer. ist seinerseits geneigt, zunächst einen Vorteil der Schularzteinrichtnng
nicht in dem selteneren, sondern in dem häufigeren (und rascheren) Schlufs
von Schulklassen wegen Infektionskrankheiten zu sehen.
Dem, was Yerf. über die Reinlichkeit in den Schulen als prophy-
laktisches Mittel, über die sonstigen zur Verhütung von Infektionserkran-
kungen zu erlassenden Vorschriften (Anzeigepflicht, Ausschluß der Ge-
schwister u. s. w.) ausfahrt, kann man im ganzen wohl zustimmen; aber
gerade daraus, alle diese Dinge anzuregen, sie zu kontrollieren, erwachsen
doch wohl dankbare Aufgaben für den Schularzt.
Mit diesen beiden Hauptpunkten, der Überwachung der Hygiene des
Schulhauses, „welche in München unnOtig ist", und der Bekämpfung der
Infektionskrankheiten, „für welche der Schularzt nichts nutzt", hat Verf.
die Aufgaben des Schularztes ziemlich erschöpft, andere streift er nur so
nebenher oder ignoriert sie ganz.
Gegen die Aufnahmsuntersuchungen aller Schulkinder sind die-
selben theoretischen Einwände erhoben, wie sie auch sonst bei Bekämpfung
dieser wichtigen Einrichtung (welche jetzt endlich auch in Nürnberg eingeführt
werden soll) erhoben werden, von dem ,|Eingriff in die (merkwürdigerweise
nach allen Berichten von den Beteiligten selbst nie angegriffen geglaubten)
Rechte der Eltern", dieselben theoretischen Berechnungen über
die notwendige Zeit und die Anzahl der erforderlichen Kräfte. Die viel-
fältigen tatsächlichen Erfahrungen über die reale DurchftJirbarkeit
und den Nutzen dieser Untersuchungen sind aber nicht berücksichtigt.
Verf. glaubt auch hier die Notwendigkeit bestreiten zu müssen, da
die Münchener Volksschulkinder nicht nur den niederen Ständen angehören.
Das ist auch anderwärts nicht der Fall, und doch hat sich dort die Unter-
suchung nicht als nutzlos, sondern als sehr erfolgreich erwiesen und selbst
331 86
bei den «höchsteii Kreisen^, welchen die Mflnchener Kinder entstammen,
kann die private Hygiene im Eltemhanse Aofimonterong nnd Nachhilfe
nicht selten brauchen.
^Wenn dbrigens — schreibt der Verf. — nnter den Aufgaben der
Schulärzte immer wieder die Yerhfltnng der Eurzsichtigkeit ins Feld geführt
wird, so mufs daran erinnert werden, da(s dieselbe nach Stiluno nicht
bedingt ist durch die ungOnstigen Yerhflltnisse in der Schule, sondern
durch die Naharbeit (findet solche nicht in der Schule statt? ist Heftlage,
Schreibhaltung darauf nidit von Einflufii? Ref.) an und fOr sich bei Prft-
ezistenz einer besonderen Anlage zur Eurzsichtigkeit/
„Bezüglich der Zunahme der Bflckgratsyerkrflmmungen interessiert es
vielleicht, zu hören, da(s das Ergebnis der in München gemachten Unter-
suchungen von Bbunneb, Elaubsneb und Seydxl (die Untersuchungen
erstredrten sich überhaupt nur auf die untersten zwei bezw. dreiElassen!)
allen übrigen derartigen widerspricht.*^
Es kann im Bahmen dieser Besprechung wohl nicht auf die genaue
Würdigung bezw. Widerlegung dieser S&tze eingegangen werden. Aber
bei wie vielen Eindem mufs die Eurzsichtigkeit oder andere Refraktions-
anomalien — gleichviel ob durch die Schule verschuldet oder nicht —
überhaupt durch den Schularzt erst herausgefunden und den Eltern mitgeteilt
werden! Und wie verh< es sich in gleicher Weise mit den zahlreichen
anderen körperlichen und geistigen (Gebrechen (Grehörsstörungen, adenoide
Wucherungen, Herzklq>penfehler, geistige Minderwertigkeit u. s. w.)? Be-
weisen die Schularztberichte nicht nur die Dankbarkeit, sondern die drin-
gende Notwendigkeit solcher schulärztlichen Untersuchungen?
Verf. hat gewils als Arzt all diesen Er&hrungen doch nicht jede
Bedeutung absprechen wollen, und darum erscheint ihm schliesslich doch
eben die Aufteilung von Schulärzten als „wünschenswerf*.
Dab dagegen als solche rein beamtete Ärzte im Hauptamt „denen
ausschliefslich diese Funktion zu übertragen wäre** angestellt würden,
erscheiDt nach den jetzigen Erfahrungen weder notwendig noch wünschens-
wert Gerade die Beziehungen des Schularztes zur allgemeinen Praxis
und nicht das völlige Losgelöstsein von dieser und Aufgehen in starres
Beamtentum scheinen für die ersprieisUche und wirksame Tätigkeit des
Schularztes von Wert.
Auch der Nachweis bestandener Physikatsprüfung als Vorbedingung
ftlr Schularztanstellung erscheint dem Ref. durchaus nicht dringend not-
wendig; es wird doch jeder Arzt hygienisch vorgebildet und geprüft.
Und die zahlreich vorhandenen tüchtigen, nicht pro physicale geprüften
Schulärzte sprechen gegen die Dringlichkeit dieser Forderung.
Wir müssen so den meisten Ausführungen des Verfassers widerstreiten.
Jedenfalls mufs aber anerkannt werden, dais er seinen früheren noch
streng ablehnenden Standpunkt verlassen und sich einer milderen Auf-
fassung über die Nützlichkeit der Schularzteinrichtung schon zugewandt hat.
Wir hoffen darum auch, dafs er schlielslich doch noch dazu kommen
werde, nach den schon jetzt vorliegenden und noch weiter sich bietenden
Erfahrungen mit uns vom „wünschenswert** zum „notwendig** überzugehen.
Dr. M. FBAMKEiTBüBaEB-Nümberg.
86 332
Hwiixi^t )Derfi$ttti9(tt im) J^rnftothunu^vx.
Ausschreiben des Herzogliehen Staatsministeriams,
AbteQnDg; fBr Kirchen- nnd Schalensachen,
vom 24. Jnli 1902, betreffend die Anlage von Scholhäosern.
(SohlnfB.)
Vorplätze nnd Treppen.
§ 9-
Die Türen znm Eingangsflur und zu den Schnlzimmem sollen nach
andsen aufschlagen und gentkgend breit sein. Wo es zum Schutz gegen
ungünstige Witterung erforderlich ist, sind Windftnge oder ein Yorbaa
anzubringen.
An den Hauseingängen sind dicht hinter der Haustür in der Breite
der aufschlagenden Türflügel herausnehmbare Gitter zum Reinigen des
Schuhwerks in Winkeleisenrahmen ins Plattwerk so einzulegen, dafs sie
mit diesem eine Ebene bilden, und darunter ein 8 cm tiefer Schacht an-
zuordnen.
Vor dem Hauseingang soU sich ein hinlänglich gro&er Fufsreiniger
befinden.
Bei Treppen, die für den Verkehr der Schüler bestimmt sind, sollen
die Trittstufen und Podestfufsböden von hartem Holz hergestellt werden.
Die Treppen sollen einschliefslich der Wangen mindestens 1 ,4 m breit sein,
die Höhe der Stufen etwa 1 7 cm und die Breite des Auftritts etwa 30 cm
betragen. Gewundene Treppen und Winkelstnfen sind für den Verkehr der
Schüler zu vermeiden ; vielmehr sind volle Mittelpodeste in der Breite der
Treppen anzuordnen.
Die Treppengeländer au der freien Seite müssen fest und dauerhaft,
hinreichend dicht und so hergestellt werden, dafs das Herabrutschen der
Schüler auf dem Handgriff verhindert wird. An der inneren Seite (Wand-
seite) sind nur gut befestigte Handgriffe erforderlich.
Für das Aufhängen der Kleidungsstücke sind ausreichende Vorkehrungen
auf den Vorplätzen zu treffen.
ä. Lehrerwohnung.
§ 10.
Die Familienwohnung des Lehrers (Volksscbolgeseli Art. 12, Abs. 3)
soll mindestens bestehen aas:
drei heizbaren Räumen von zusammen mindestens 60 q» Gnadfläche,
einer Kammer von mindestens 15 qm,
einer Küche von mindestens 12 qm Grundfläche mit gste» fiodiherd
und mit Ausgnftvorrichtuiig,
einer Speisekammer,
einer Kammer für den Dienstboten,
333 87
dnem gedielten Dachboden,
einem gewölbten, trockenen, frostfreien Keller,
dnem Gelafs fQr Holz nnd Kohlen,
Waschgelegenheit mit Kesselherd and Kessel,
einem Abort (§ 12).
Die Wohnung ist von dem Vorplatz fttr die Schulkinder tunlichst
abzuschlielsen.
§ 11.
Wenn nach den örtlichen Verhältnissen Landwirtschaftsbetrieb und^
Viehhaltung angängig sind, sind wenigstens fQr den ersten Lehrer die
nach dem Umfang der Dienstgmndstttcke und des entsprechoideB Land«-
Wirtschaftsbetriebs erforderlichen Wirtschaftsränme (StaU, Sdhuppen, Scheune),
mindestens aber ein Stallraum' fflr zwei Ziegen und zwei Sehweine nebst
Futterranm, sowie eine undurchlässige, umkandelte Dungstätte herzustellen.
Der Stallraum darf sich keinesfalls im Schulhaus befinden.
4. Aborte.
§ 12.
Jeder im Schulhaus wohnende Lehrer erhält fQr sich und seinen Haus-
stand einen abgesonderten, verschliefsbaren Abort. Dieser ist im Schulhaus
selbst oder in einem Anbau anzuordnen.
FQr die etwa außerdem im Schulhause unterrichtenden Lehrer genügt
ein Abort, desgleichen fQr die Lehrerinnen.
Die SchQleraborte sind aulserhalb des Schulhauses anzulegen.
Zwischen den Aborten fQr die Lehrer, fQr die Knaben und fQr die
Mädchen sind dichte Trennungswände bis unter die Decke aufzuführen.
FQr je 40 Knaben und für je 20 Mädchen ist je ein Abortsitz vor-
zusehen. Die Sitze sind nach vorn abzuschrägen und mit gut schlie&enden
Deckehi zu yersehen.
Zwischen den einzelnen Sitzen sind dichte, mindestens 2 m hohe oder
bis an die Decke reichende Schiede und vor jedem Sitz eine verschliefs-
bare Tür anzubringen, die oben mit greisen, matten Glasseheiben yersehen
ist, so dab der Raum gut erhellt wird.
Die Aborte sind hell, lufUg und sauber herzustellen und zu platten.
FQr gute Lüftung und Reinhaltung ist baulich vorzusorgen.
Die Abortgniben sind undurchlässig und so, dafs sie leicht entleert
werden können, herzustdlen, gegen Eindringen von Tage- und Schicht-
wasser ausreichend zu schützen, luftdicht abzudecken und durch Dunstrohre
mit Lnftsaugem über Dach zu entlüften.
Die Abfallrohre sollen 20 cm weit und aus Steingut oder Eisen sein.
Für die Knaben ist weiter ein Pifsstand ohne Schiede in genügender
Ausdehnung, mit in den Fuieboden eingelassenen, geplatteten oder betonierten,
zü der Abortgrube führenden Rinnen mit starkem Gefälle herzustellen.
Die Oebäudewand in dem Pifsstande ist mindestens 1 m hoch massiv
aoBznführen, mit Cementmörtel zu putzen und in öl zu streichen.
Die Zugänge zu den Aborten sind durch gutes Pflaster oder Plattwerk
zu befestigen.
88 334
5. Schalhof, Tarnplatz, Garten.
§ 13.
Am Schulhaus soll sich ein geräumiger Hof und ein Spiel- nnd Turn-
platz zu Gerätetomen, zu Frei- und Ordnungsübungen und zur freien Be-
w^ung der Schulkinder befinden.
Der Hof ist gehörig zu ebnen, abzuwassern und, soweit es der
Reinlichkeit wegen erforderlich ist, durch Bekiesung, Chaussiening und
dergl. zu befestigen, zu umwehren und zur Erzielung guter Luft, kohlenden
Schattens und freundlichen Aussehens mit Bäumen zu bepflanzen.
Der Spiel- und Turnplatz soll eben, angemessen befestigt und so grofs
sein, dab etwa 4 qm Fläche auf den Schfller kommen, doch soll er nicht
weniger als 200 qm haben.
Auberdem soll ein eingefriedigter Garten für den Lehrer und, falls
mehr als ein Lehrer im Schulhause Wohnung hat, wenn möglich ein solcher
noch fOr den zweiten Lehrer angelegt werden.
6. Badeeinrichtung.
§ 14.
Bei Schulneubauten soll, wenn irgend tunlich, eine Badeeinrichtong
(Brausebäder) für die Schulkinder in dem Sockelgeschoß des Schulhanses
oder an anderer geeigneter Stelle und zwar so hergestellt werden, dab sie
auch von Erwachsenen benutzt werden kann.
n. Verfahren in Schulbausachen.
§ 15.
Jeder Antrag auf Neubau, Erweiterung oder Umbau eines Schulhauses
ist zunächst in abgektkrzter Bearbeitung vom Schulamt uns vorzulegen.
Dazu gehört:
1. eine kurze Darlegung des das Bauvomehmen veranlassenden Sach-
verhalts und Bedflrfiiisses mit den zur Bemessung des Bannmfangs
erforderlichen Angaben, wie der Anzahl der Schulkinder in den
letzten zehn Jahren und der Schfllerzahl, die in den nächsten fünf
Jahren nach der Zahl der Geburts- und TodesfUle, der Zu- und
Abwanderungen u. s. f. zu erwarten ist,
2. ein genauer Lageplan Aber den Bauplatz und die nähere und
entferntere Umgebung mit Angabe der Himmelsrichtung, wozu am
besten der Ortskatasterplan zu benutzen ist, femer mit Angabe
der Gröise des Bauplatzes und mit Andeutung der Stelle des
Schulhauses selbst (s. § 5, Abs. 2) und der zugehörigen Neben-
gebäude (§§ 11, 12) und AnlaRcn (§ 18),
3. Angaben Aber Bodengestaltung, Baugrund, Entwässerung des Bau-
platzes,
4. Angaben Aber die Umgebung des Bauplatzes, insonderheit Aber
die in der Nähe befindlichen gewerblichen und sonstigen Betriebe,
sowie Aber die Versorgung mit Trinkwasser (§ 1),
5. die Gebäude-Grundrisse im Mafsstabe 1 : 100 mit eingeschriebenen
Haben, woraus Lage, Verbindung und Grundfläche der Räume
ersehen werden kann, mit Einzeichnung der Sitze und Gänge in
den Schulzimmem (§ 3), ferner
335 89
6. ein Gebändeanfrifii mit eingetragenen HOhenmaben,
7. eine tkbenchlftgliche Eostenberechnnng nach Gnindfl&che oder
Ranminhalt des Oebftndes,
8. eine Darlegung Ober die Beschaffong der Baokosten.
Diese Vorarbeiten sind zunächst durch d«i Landbaumeister und den
Physikus, wenn aber dieser nicht zugleich Schularzt ist, auch durch den
Schularzt zu begutachten und mit deren Gutachten nach Gehör des Ge-
meinde- und Schulyorstandes, sowie des Gemeinderates yom Schulamte mit
seinem eigenen Gutachten uns yorzulegen.
§ 16.
Nachdem die allgemeinen Yorarbeiten (§ 15) — die erste Vorlage —
von uns genehmigt worden sind, ist der genaue Lageplan mit Kosten-
anschlag auszuarbeiten.
Hierzu gehören:
1. die TOllstftndigen Grundrisse sämtlicher Geschosse im Malsstab
1 : 100 mit Angabe der Längen- und Flächenmaise, der Wand-
stärken, der Grundfläche der Schulzimmer, der Lage und Weite
der Türen und Fenster, der Gesamtfläche der Hauptfenster zur
Linken der Schulkinder in jedem Schnlzimmer (§ 5, Abs. 2),
femer mit Angabe der Feuermauem und Feuerungen, der Vor-
plätze und Treppen, der Balkenlagen und ihrer Auswechslung um
die Schlote, sowie der Scbfllersitze, des Lehrersitzes, der Öfen
und der Gänge im Schulzimmer, auch Andeutung, wie die Türen
aufschlagen (§ 9, Abs. 1),
2. die Aufrisse der Haupt- und Nebenansichten,
3. die Querschnitte mit eingeschriebenen Ma&en,
4. die genaue Zeichnung der Aborte (Grundrils, Durchschnitt, An-
sicht) mit Angabe de^ Sitze und Türen, der Pifsstände, der Ab-
ortgrube im Mafisstab 1 : 50, ferner genaue Angabe über Beleuch-
tung und Lüftung, .über Befestigung der Gänge und Fuisböden,
5. der Kostenanschlag einschlieislich des Anschlags für Ausstattung
des Schulzimmers.
Diese Vorlagen sind in eine Mappe mit Aufschrift und Inhaltsverzeichnis
einzuscUiefsen.
Durchzeichnungen des genehmigten Bauplanes sind in den Akten des
Kreisschnlamtes au&ubewahren.
§ 17.
Die Bauausführung soll nur durchaus zuverlässigen Werkmeistern und
Unternehmern übertragen werden. Die Unternehmer haben mindestens ein
jahrlang, sofern nicht eine längere Zeit vertragsmäisig bedungen wird, für
die Güte ihrer Arbeiten einzustehen.
§ 18.
Der Herzogl. Landbaumeister hat unentgeltlich, als zu seinen Amts-
pflichten gehörig, alle Vorlagen (§§ 15, 16), sofern er sie nicht selbst
gefertigt hat, zu prüfen und zu begutachten, ingleichen den Rohbau, be-
vor mit dem Bewurf begonnen wird, und sodann die fertig gestellten Bau-
lichkeiten, bevor sie benutzt werden, unter Zuziehung der Werkmeister
und des Gemeindevorstands zu prüfen und abzunehmen.
Der Sehal&rit. L H
l
336
Über Prafong and Abnahme ist eine YerbandlpngsachEift anfzosetzen
niid dem Sclralamt zHzofert^gen-
Die Anfertigung der Plftne and EostenanaohUge, aowie die Banans-
fohrong geh(yrt nicht zu den Amtspflichten des Lajidbaameiaters {vergl.
Anaschreihea vom 27. Dezember 1837).
HL Schliifsb€6timmangen.
§ 19.
Die Yorstehenden Yorschriften scblieisen die Znlaasong imd Anord-
nung weitergehender baulicher Yorkehmngen, namentlidi in gesnndheitUoher
Beziehung und bei umfänglicheren Bauten, nicht ans.
Sie gelten gleichm&Csig — jedoch unter Berttoksichtigung der Yei^
schiedenheit der örtlichen YerhÜtnisse — für Yolksschulfoauten in den
Städten und auf dem Lande.
Bei Umbauten, Erweiterungsbauten und Yerbesserungen Torhandener
Schalanstalten finden sie sinngemä&e Anwendung.
Auf bereits bestehende ScfauHiftuser finden sie insoweit sinngem&be
Anwendung, als eine ihnen entsprechende Umgestaltung oder Yerbessenrng
infolge zunehmender Zahl der Schulkinder oder, insofern «ie ohne wesent-
lidie Umänderung der Hauptbautefle ausfahrbar ist, durch dringliche ge-
sundheitliche oder sonstige Rflcksichten erfordert wird.
Meinii^en, den 24. Juli 1902.
Horzogliehes Staatswaisterion,
Abteilung f&r Kirchen- und SchulensaclMn.
Y. Hbim.
Anweiaug Tom 1. Mai 19M,
die ftrzfliehe OberwaefciDg der Heraeglielmi OynMtiray Beal*
gymaarien «id der lersoglielien Reabekalea ketrefead.
I. Abschnitt.
§ 1.
Die ärztliche Überwachung bezieht sich
1. anf die ScMJer, — auf deren KOrperbeschaffeaheit and (i^esand-
heitszustand,
2. auf die Schulräume, deren Ausstattung und Zustand, insbesondere
aaf Yoririflitze, Treppen, Untferrichtazinuner, Beleaehtpng, Heizung,
Lttftaag, Bftnke,
auf Toraplatz, TuiihaUe, Tomgertto,
auf die Abtritte,
auf die Wohnung des Schaldieners,
aal etwaige Badeeiarichtung.
Dar Bdadarit ist in allen Aageteigenheiten der Gesuadbeitspflce^ in
dar AmUU; Berater des Leiters derselbea.
§2.
Der mit der ftratUcJken Überwachaag beaaftvagte Arzt (Schulia?irt^ hat
die Anstalt wenigstens zweinal in jedem Schu^ahre zu beiOAkaOi
387 91
das erste Mal im FrQlgahr nadi dem Begiia der driUan Woche
zwischen dem Osterfest und Pflagsteiii
das zweite Mal im Monat (Oktober oder November.
n. Abschnitt.
§3.
Jeder in die Anstalt neu eintretende SchtUer hat entweder seinen
Geanndheitsbericht (Anweisung vom 21. April 1900 — Formnlar II) oder
einen von den Angehörigen — den Eltern oder deren Vertretern — ans-
gefönten Fragebogen (Formnlar I) dem Direktor vorzulegen.
Das Formnlar wird vom Direktor d«i Angehörigen zagestellU
§4.
Der Schnlaret nimmt bei dem Fr&bjahrsbesnch von den Gesandheits-
berichten nnd den ansgefOllten Fragebogen Einsicht nnd nntersnoht jeden
neu eingetretenen Schfller, fOr den nicht ein Oeinndheitsbericht oder ein
anderes dem Zweck entqNrechendes ftrsUiches Zeagnis vorliegt, einzeln
genan anf Körperbeschaffenheit nnd Gesandheitsinstand.
Soweit es sich nicht nm Untersnchuag der Angen, der Ohren, der
Naae, der Mundhöhle, der Hfiade nnd dergleichen handelt, soll dar einzelne
Sehtier vollständig abgesondert nntersncht werden, wie denn flberhanpt d«Bs
Empfinden der Schaler alle Schonung zu teil werden mnjs. Hieraal ist
m allen Fällen besonderer Wert zu legsn und jede dem widersfirecheAde
Maßregel zu vermeiden.
Den Eltern des Schillers wird in der Begel auf Wunsch gestattet
wmlen können, der Einzeluntersuchuag desselben beiBuw<^en.
§6.
kt der Schfller gesnnd, so wird dies im Gesuadheitsberioht (Formnlar 11,
Rückseite des Fragebogens I) unter „Vermerke des Arztes ** eingetragen.
Etwa v<Hrgefundene Fehler und Abnormitäten vermerkt der Schularzt
ebendaselbst unter kurzer Angabe, was er des SchQlers und der Sehnle
halber ftr notwendig oder wttaMSchenswert erachtet (Anweisung passender
Plfttze für Kurzsichtige oder Scbwerhörigei Befreiung von Tum-, Gesang-
oder Zeichenunterricht, oder Aussetzung des Unterrichts Oberhaupt, be-
sondere Haltung beim Schreiben n. s. w.).
Zugleich setzt er davon den Direktor oder den Klassenlehrer behufii
der erforderlichen Anordnung und der etwaigen weiteren Mitteilung an die
anderen beteiligten Lehrer in Kenntnis.
Von manchen Fehlem und Erkrankungen, sowie von zweckdiMdichen
VerhaltungsmaCsregeln wird der Schularzt oder nach Verständigui^ mit ihm
der Direktor oder Klassenlehrer den Angehörigen (s. Formular HI), nach
Befinden auch dem Schüler selbst — insbesondere dem reiferen — Mit-
teifaujf zu Bsaehen haben.
§6.
Etwa nach der FrälgahrsualerBnchuBg ne« eintretende Schttlnr weil!
der Direktor an, sich mit ausgefälltem Fragebogen dem Schularzt in deseen
Wehnung zur Untefsuehung zu steUen.
§7.
Eine spätere Enzeluntennehung des Schfllers findet nur dann statt,
wenn entweder die erstmalige Untersuchung eine Abweichung vom NormaieQ
92 388
ergeben hat, oder wenn aas irgend einem anderen Anlafs, namentlich auf
Grand der Beobachtangen des Lehrers, die Yermatang besteht, da(s sich
seit der ersten üntersachang eine krankhafte Yeranderang eingestellt hat.
Im flbrigen hat sich der Schalarzt rücksichtlich der Schaler, die nicht
nen eingetreten sind, and bei dem zweiten Besach im Scbo^ahr aaf eine
Revision za beschränken, sich aber stets davon zn überzeagen, dab die
von ihm hinsichtlich der mit Fehlem behafteten Schfiler erteilten Rat-
schlage befolgt worden sind.
Indessen sollen — bei dem zweiten Besach im Scha^'ahr — die vor
der Abgangsprüfang stehenden Schaler, sowie diejenigen Schaler, welche
im folgenden Jahre die Schale za verlassen beabsichtigen, nodi einmal
nntersacht werden and zwar mit besonderer Beracksichtigang des kOnfügen
Berab.
Es ist besonderer Wert darauf za legen, dab die Angehörigen in der
Lage sind, sorgfältig za prOfen, ob die körperlichen Eigenschaften nnd der
Gesondheitszastand für den künftigen Beraf — namentlich f&r das Studiom
überhaupt oder für das gewählte Stadienfech oder für einen anderen aaf
Yerwendang im Staatsdienst abzielenden Bildangsgang — vollkommen
aasreichen and die ins Aage gefafste Wahl darchaos rätlich erscheinen
lassen. Den Angehörigen sind daher vom Schalarzt hierüber (nach For-
mular m) die zweckdienlichen lütteilangen za machen.
§8.
Der Gesondheitsbericht (Formolar 11) begleitet den Schüler bei seinem
Gange durch die Schule und wird bei seinem etwaigen Übertritt in eine
andere Unterrichts- oder Erziehungsanstalt unmittelbar an diese abgegeben.
Im flbrigen sind die Gesundheitsberichte vom Direktor nadi den
Jahrgängen — den Geburtqahren — und in jedem Jahrgang nach der
Buchstabenfolge der Namen geordnet, in Mappen unter Verschlub aufiEu-
bewahren und zwar — wegen der etwaigen Bedeutung Ar die Militär-
musterung — bis zum Ablauf des Jahres, in dem der Schfller das
23. Lebensjahr vollendet; alsdann sind sie zu vernichten.
§9.
Der Schularzt ist verpflichtet, auf Antrag der Direktion Schüler in
ihren Wohnungen zu untersuchen, wenn bei längeren Schulversäumnissen
ein anderweites genügendes ärztliches Zeugnis nicht vorliegt.
§ 10.
Die Behandhing erkrankter Schüler gehört nicht zu den Dienst-
obliegenheiten des Schularztes.
m. Abschnitt.
§ 11.
Der Schularzt wird beim Besuche der Anstalt der Beschaffenheit and
dem jeweiligen Zustand der Räumlichkeiten — § 1, Ziffer 2 — unter
Berücksichtigung der in Beziehung auf deren Pflege eriassenen Vorschriften
seine besondere Auteerksamkeit zuwenden.
Auf Mängel wird er den Direktor sofort aufmerksam machen, dieser
aber wird dergleichen unverzüglich abstellen oder, sofern er dazu nicht
in der Lage ist, sofort an die unterzeichnete Behörde wegen der Ab-
stellung Bericht erstatten.
339
98
Schule zu
I. Fragebogen.
An das Elternhaus: Damit in der Schule auf die Eigenschaften der
Kinder, insbesondere auf etwaige Fehler und Schäden gebührend
RAcksicht genommen werden kann, ersuchen wir um sorgfältige
Beantwortung der nachstehenden Fragen und um Rückgabe des
Bogens binnen drei Tagen.
Der Lehrer wird bei der Beantwortung zur Beihilfe gern bereit sein.
Etwaige vertrauliche Mitteilungen über das Kind woUe der Vater
oder die Mutter mündlich dem Lehrer machen oder machen lassen.
Fragei:
Name des Kindes
geboren den
geimpft den
wiedergeimpft den
(•plter ▼om Lehrer la beantworten.)
Namel des Vaters (der Mutter,
Stand J Pflegeeltern)
Vielehe Krankheiten oder Operationen
hatdas Kind überstanden ?In welchem
Lebensalter stand es damals?
Sind Nachteile zurückgeblieben?
und welche? (Gehörleiden u. dgl.)
1. Ist das Kind kurzsichtig?
2. Schielt es?
3. Ist es schwerhörig?
4. Stottert es?
5. Ist es lungenkrank?
6. herzkrank?
7. mit Bruchschaden behaftet?
8. mit schiefem Rückgrat?
9. mit welchem sonstigen Fehler?
10. Ist ein Fehler in Mund, Rachen-
höhle, Nase bemerkt worden?
11. Hatdas Kinde. Hautkrankheit?
12. Ist es epileptisch?
13. geistig dem Alter entsprechend
entwickelt?
14. odergeistigzurückgebliebenund
weshalb?
11..
12..
18..
14..
(Ort)
(Tag)
Antworten
1
2
3
4
6
6
7
8
9
10
(Unterechrift)
Fragebogen ist anageftillt Tom Yater? Mutter? Pflegeeltern? Grofs-
eltem? Hausarzt oder Lehrer? (Das Zutreffende ist tu unterstreichen.)
94
340
1 «
^ 1 i
? 1
•8
i i 1
5 1 i
1 i
1 '
0
sr
•*•
8.
0
S ! i
§ i
w
o
0 j
M
0
Sil.
5 i
Jahr Tag
Beobtchtnngen des Lehrers
der Einträge
® 1 — r
0 : :
ä i i
1 ! 1 ^
M 1 • ;
0
o* j
S ;
P i
■ »
" t
• ff
• •
• •
■ ■
• •
• t
: :
• t
■ •
• ff
• 1
: '•
• •
1 I
:
• ff
: :
i I
■ ff
i .
■ t
■ ff
• •
• ff
: :
• ff
" ff
• ff
• ■
'- :
• •
l f
7 •
S ff
I ' ■
I ■ ■
Z ff
• 1 1
ff ff 4
fl ff
• 1
■ •
ff • ■
i >
• * <
i 1 i
<
1
«ff
fl
0.3
07
u
-sr'
ir
0
* 2
'4
h
i
B
Körper
beBehiJbBheit*
Kuriaiehtigkeit
Andere Aagen-
erkranknngen ^
SokwerkOrIgkeit ?•
Andere ^
Ohrerkranknngen ■
Sprachstörungen
Skrophulose ?»
LnngMi-
tuber£ulo0e
Andere
BrkrankoBgen der S
A tm nngsorgane
Organische
Heraencrankungea
Senstiffe
Herzleiden
Blaffen- u. Darm- »^
erkrankungen P*
BrQche und
Bruchanlagen
Rro^ff
BcUefe Wlrbel-
■ftule oder aofllHIg, 3
schlechte Haltung *
Auff&lligschad- ^
hafte Zfthne S
r'
Andere PeMer fn
Unndr» Bachen- u. ^
Nasenhöhle
HAutkrankheiten J^
Epilepsie $
Geistig anifallentf ^
saxilGkg«UiehMi. r^
er
3.
CD
§
0*
•
9
{^
&
•
i.
O
rff-
CP
D
0
95
m
Mitteihmg.
Naeli der üntersacliuikg des Sebnlantes leidet Ihr ^
Ffir die Gesundheit, wie der Schale halber ist dringend er-
ibrderlicb. .
Sie woüen die»» Mitteflongr ontersdireiben mid bhuN» drei
Tagen zurückgeben, dabei aber von jeder Znsatzbemerkung absehen.
Zn persönlicher Rflcksprache ist der Lehver gern bereit.
, den 190
Oelesen :
IVa.
Mitteilung des Schularztes
in an das Herzogliche £Teis-(Stadt-)Schulamt in
über MAagel an Sehidh&nsem ete.
Umm^i^^i^mmUm
lffflidHi<A(t des HensogUchen Hreis-(8tadi^)Scfaria»tes zu
m^ dm Bchikwt in über die wegen
Beieitignng der Mängel an? Sdiulhftvsem etc. getroffenen Verfügungen.
^ Bkemft' A%<ehnftt ist rar Benaofarichtigiing deft Sehulsnrtes aA^raCreimen.
96 342
lY. Abschnitt.
§ 12.
Es versteht sich Ton selbst, daCs der Schularzt alles Termeidet, was
etwa die Lehrer vor den Schülern bloCsstellen könnte, sowie dab ycm
ihm, dem Direktor und den Lehrern Über das Ergebnis der Untersachnng
der Schüler Stillschweigen zn beobachten ist.
§ 13.
Der Schularzt hat bis znm 16. Dezember j. J. einen Bericht über
seine Beobachtangen mit einer Obersicht über die in den einzelnen Schulen
Yorgefandenen Mängel an die Direktion zn erstatten ; diese legt den Bericht
mit ihren Begleitbemerknngen bis zom 15. Januar des nächsten Jahres
dem Herzoglichen Staatsministeriom, Abteilang für Kirchen- and Schalen-
sachen, vor.
Y. Abschnitt.
§ 14.
Ausnahmsweise sollen im Jahre 1901 nicht nur die neu eingetretenen,
sondern alle Schüler — mit der in § 4 bemerkten Ausnahme — rflck-
sichüich deren daher auch Fragebogen auszusteUen sind, wie in §§ 4 u. 5
angegeben, einzeln untersucht werden.
Dagegen würde im laufenden Jahre die § 7, Abs. 3 Torgeschriebene
wiederholte Untersuchung, sofern dafür nicht besondere Yeranlassung yor-
liegt, hinwegfallen können, nicht aber die Absatz 4 daselbst vorgeschriebene
Mitteilung.
Meiningen, den 1. Mai 1901.
Herzogliches Staatsministerium.
Abteilung für Kirchen- und Schulensachen.
Ghim.
Meiningen, den 6. Januar 1903.
All die Bimtliehen Sehnlirate.
Bei Ausfahrung der Anweisung vom 21. April 1900 ersuchen wir,
folgendes zu beachten:
L Das Schulhaus, die Schulräume und ihre Einrichtungen.
Die Untersuchung hat sieh auf die Räumlichkeiten der Schule und auf
deren Einrichtungen, sowie auf die Dienstwohnung der Lehrer zu erstrecken.
a) Soweit es sich indessen hierbei um gleichbleibende Yerhältnisse
(Länge, Breite, Höhe etc.) handelt, bedarf es keiner wiederholten Er-
mittelung.
Yielmehr werden Ihnen die hierüber getroffenen Feststellungen jeweils
bei Ihrem ersten Besuch von den Lehrern Ihres Bezirics zugänglich gemacht
werden (vergl. Bekanntmachung in No. 13 des Regierungsblattes vom
23. Januar 1903).
Einer Erwähnung dieser feststehenden Yerhältnisse in dem Jahres-
berichte bedarf es nur dann, wenn etwaige damit zusammenhängende und
nicht inzwischen beseitigte MiCsstände dies wünschenswert erscheinen lassen.
343 97
b) Dagegen ist der Zustand und die Art der Unterhaltung der Schal-
räinne und -Einrichtungen zn prüfen und festznsteUen, ob sie den gesund-
heitlichen Anforderungen entsprechen. Insonderheit ist das Augenmerk zu
richten auf
1. die Belichtung des Schulsaales,
2. die LOftungsTorrichtungen,
3. die HeizYorrichtungen,
4. die Schulbänke,
5. Beschaffenheit und Art der Reinigung des Fufsbodens (Stauböl),
6. die Vorplätze und Treppen,
7. die Vorrichtungen zum Reinigen des Fufswerks,
8. die Kleiderablagen,
9. die Spucknäpfe,
10. die Beschaffenheit der Aborte (vgl. Ausschreiben vom 24. Juli 1902,
betreffend die Anlage von Schulhänsem, § 12),
11. den Tummelplatz (Tum- und Spielplatz),
12. die etwa vorhandenen Badeeinrichtungen,
13. die Dienstwohnung des Lehrers oder der Lehrerin (Wohn-, Schlaf-
und Wirtschaftsräume) und den Schulbrunnen.
c) Es ist zweckmä&ig, die Untersuchung zu b jeweils bei dem erst-
maligen, nach Beginn des Schulljahres stattfindenden Besuche yorzunehmen.
Die dabei yorgefundenen Mängel sind sogleich (nicht erst mit dem am
1. Februar des kflnftigen Jahres zu erstattenden Berichte) — fUr jeden
Schulort besonders — dem Kreis- oder Stadtschulamt anzuzeigen,
damit sie, soweit möglich, sofort abgestellt und die gute Jahreszeit und die
Ferien benutzt werden können.
Sie wollen sich hierzu der angefügten Formulare (IV a) bedienen.
Nachricht von dem zur Abhilfe Geschehenen wird Ihnen durch das Kreis-
(Stadt-)Schulamt auf dem loszutrennenden Abschnitt (IV b) zugehen.
Bei der Nachschau im Herbst wollen Sie sich sodann yergewissem,
ob die gerügten Mängel abgestellt sind.
d) In dem Jahresbericht woUen Sie über den Befand der unter b
bezeichneten Richtungen für jeden Schulort besonders in übersichtlicher
(tabellarischer) Form angeben, inwieweit sich bei der Nachschau die Be-
seltigang der Mängel ergeben hat.
War an den Schulräumen etc. nichts zu beanstanden, so genügt ein
aUgemeinar Vermerk hierüber.
II. Untersuchung der Kinder.
a) Der Bericht hat jeden einzelnen Schulort besonders zu behandeln,
so da£s die örtlichen gesundheitlichen Verhältnisse erkennbar werden.
Inwieweit es sich empfiehlt, bei Angabe der vorgefundenen Fehler und
Krankheiten auch die einzelnen Klassen mehrgliedriger Schulen auseinander-
zuhalten, bleibt Frage des Einzelfalls und daher dem Ermessen des Schul-
arztes überlassen. Eine solche getrennte Berichterstattung wird dann
wünschenswert sein, wenn die Einzelergebnisse auffallende Erscheinungen
herrortreten lassen, die einen Rückschluß auf in der einen oder anderen
Klasse obwaltende besondere Ursachen erlauben.
98 844
b) Im einzelnen hat sich die Untersachong und der Bericht anf
folgendes zn erstrecken:
1. anf die Zahl der an jedem Sditdort nntersnchten Kinder. Drim
sind Mädchen nnd Knaben zn scheiden, nnd ist anzugeben, wieviel Mfldchen
der oberen vier Klassen oder der entsprechenden Lebensalter nntersncht
worden sind;
2. anf den allgemeinen Eindruck, den die Uhtersnehten hinterliassen.
Es ist anzugeben, ob die Kinder kraJPtig oder schlecht entwiekelt, ob sie
gut genährt, bla(s, unsauber sind, ob bezüglich ttberstandener Krankheiten
etwas Besonderes zu bemerken ist. Im allgemeinen wird es hierbei ge-
nfigen, wenn die allgemeine Konstitntion mit kurzen Yermerken wie „gut^,
„mittel**, „schlecht ** gekennzeichnet wird; nur bei besonderen Befonden
wird eine nähere Angabe erforderlich sein;
3. anf den Verlauf der Untersuchung. Es mu& aus dem Berichte zu
ersehen sein, ob Störungen oder ünzntrftglichkeiten bei der Untersuchung
hervortraten, wie die Bevölkerung sich zu ihr verhielt, und ob die Eltern
der Kinder der Unterauchung beiwohnten;
4. auf die im Oesundheitsbericht (ü), Ziffer 3 — 21 bezeichneten ein-
zelnen Krankheiten und Störungen.
Bei jeder Kategorie ist die Snmme der von der Krankheit oder
Störung Betroffenen zu ziehen und anzugeben. Die Zusamnensteflung
erfolgt zweckmäiSsig in tabellarisdier Form.
Bei besonders häufig vorkommenden oder auffallenden Erkrankungen
ist tunlichst zu ermitteln und anzugeben, auf welche ürsuchen sie zurfiok-
zufQhren sind, insonderheit ob etwa die Beschaffenheit der Schuirämtie
(z. B. bei Kurzsichtigkeit oder Augenerkrankungen) oder d<eren Einrichtongen
(z. B. bei Rfickgratsverkrflmmnngen infolge schlechter Schulbänke) oder
häusliche YerhäUnisse- oder die Art der betriebenen Hausindustrie (z. B.
bei Lungentuberkulose) od^r andere Faktoren für die Verbreitung der
Krankheitserscheinungen verantwortlich zn machen sind.
Fehler und Erkrankungen, die in dem Verzeichnis des G^esundfaeits^
berichte ZSiff^r 3 — 21 nicht enthalten sind, sind gleichwohl besonders an-
zugeben, wenn ihr Auftretien aus irgend einem Grunde bemerkenswat ist.
Finden sich Kinder mit ansteckenden Krankheiten (LungentobetiniliMe
mit Absonderung von tuberkulösem Sputum, akuten Exanthemen, Krilze
oder sonstigen Hautkrankheiten oder Ungeziefer), so ermächtigen wir Sie,
in dringlichen Fällen, soweit erforderlich, die Ansschliefeung von dem
Schulbesuch bis weiter anzuordnen. Hiervon ist jedoch dem Kreis-(Stadt-)
Schulamt sofort Mitteilung zu machen; ist der Fall dagegen nicht dringlich,
so wollen Sie sofort — nicht erst mit dem Jahresbericht — don Kreis-
(Stadt-)Schulamt Anzeige erstatten, damit dieses alsdann das Weitere ao*
ordnet und Sie von dem Geschehenen benachrichtigt.
Kind^, deren Behandlung in einer Heilanstalt ete. angezeigt ist, sind
sofort dtgm Schulamt nunhaft zu machen. Im flbrigen wollen Sie bei den
sonstigen Fehlem und Krankheiten im unmittelbaren Anscblnfe an die
Untersuchung die nötigen Anweisungen geben, die, soweit sie sich anf die
Teilnahme am Unterricht beziehen, fOr den Lehrer bmdend sind; die gpe^
troffene Anordnung woUen Sie durch einen kurzen Vermerk in dem
346 99
Gesnndheitsbericht (Formular II) ersichtlich machen (z. B. „Daher vom
Tonm anssosehlie&en'' ; «tom Singen Ms anf weiteres anssoschliefsen").
Entsprechend mob anch der Jahresbeneht erkeoneii lassen, welche An-
Ordnungen und Weisungen Sie gegeben haben;
5. «of das Ergebnis der Nachschau. Es ist anzugeben, wie die bei
der ersten Untersuchung gegebenen Anwefaungen befolgt worden sind,
welche Kinder inzwischen gehsüt, wie Tide noch ungeheilt sind und ob
sieh iBr gewisse — mit Namen anterfttrende — Kinder die Unterbringung
in eine Heilanstalt (Greorgenkrankenhaas in Meiningen, Kreiskiankenhaiis,
LnngenheBstitte, Ghorlottenhall in Salinngen) oder Speäalbehandhmg er-
forderlich macht;
6. auf das Ergebnis der Untersuchung der Konfirmanden. Hierbei
ist anaugeben, ob einzehieB bezfl^ich der WaU ihres spiteren Berufes
besondere Weisungen erteflt worden sind*
Endlich spredien wir die zuversi<Miclie Erwartung aas, da(s von den
SchnUrslen auch sonst in sachdienlicher Weise, z. B. durch gemeinterstind-
liche Vortrage, Aufsätze und dergleldien, die Sdndgesundheitvflege nach
Möglichkeit gefördert werde.
Herzogliches Staatsministerium.
Abteilung fttr ffirchen- und Schulensachen.
Tbinks.
ijmeisng Ttn 2. Mai NM
die intliehe Überwaehuig des Hersoglieheii LehreneiüMn
betreffend«
Abschnitt I.
§ 1.
Bei der ftrztlichen Überwachung des Lehrerseminars samt Übungs-
schule und Tanbstummenschule ist nach der Anweisung vom 1. Mai 1901,
die ftrzüiche Überwachung der Gymnasien, Realgymnasien und Realschulen
betreffend, zu «srfahren, soweit nicht nachstehend etwas anderes bestimmt ist.
Abschnitt IL
§3.
Der Lehrerberuf erfordert gutes Qehür und Gesicht und stellt groise
Anforderungen an feste, ausdauernde Gesundheit Überhaupt, insbesondere
aber des Kehlkopfs, der Lunge und namentiich der Nerven.
Die Seminaristen und alle Einrichtungen des Seminars bedürfen daher
einer besonders sorgfiUtigen ärztlichen Überwachung, damit nichts verab-
säumt wird, um Schftdlichkeiten sofort zu beseitigen, fftrderliche Vor-
kehrungen zu treffen, die Seminaristen selbst an gesnndheitsdienliche
Lebensfnhrung zu gewöhnen und damit solche, die nach körperlicher An-
lage und Oesundheitsverhftltnissen und nach ihrer Haltung voraussichtlich
ihrem kflnftigen Berufe nicht gewachsen sind, rechtzeitig von der Anstalt
entfernt werden.
100 346
§3.
Der Schularzt hat mindestens dreimal im Scho^^ir das Seminar zu
besuchen and die Seminaristen zn nntersnchen.
§4.
Die Einzelnntersnchnng der neu eingetretenen Seminaristen
soll knrz vor den grofeen Sommerferien stattfinden; dabei wird besonders
zu beachten sein, ob die Angaben des fiiztlichen Befondberichts, der vor
Zulassung zur AufnahmeprOfnng vorgelegt worden ist, sich nach der bis-
herigen Erfahrung als zutreffend erweisen.
Die weiteren Besuche und Untersudiungen sollen gegen Ende Sep^
tember und in der ersten Hftlfte des Januar stattfinden.
§5.
Bei dem letzten Besuch hat der Schularzt diejenigen, die vor der
nächsten Entlassungsprflfung stehen, genau zu untersuchen und sich in dem
Verzeichnis dieser Seminaristen, das der Direktor ihm vorlegen wird, über
jeden einzelnen bestimmt zu erklären, ob er sich nach ftrztHchem Ermessen
ffir den Lehrerberuf eignet oder nicht.
§6.
Der Schularzt soll erkrankte Seminaristen solange ftrztlich behandeln,
bis es nOtig oder doch angezeigt erscheint, die Aufnahme ins Kranken-
haus zu verfügen.
Auf Seminaristen, die bei ihren Eltern wohnen, bezieht sich diese
Bestimmung nicht.
Denjenigen Seminaristen, die nicht im SeminargebAnde wohnen, bleibt
freigestellt, sich von einem anderen Arzt ihrer Wahl behandeln zu lassen.
Abschnitt m.
§7.
Die Taubstummenschule ist in jedem Jahre dreimal, etwa zu den in
§ 4 angegebenen Zeiten, zu besuchen.
Abschnitt IV.
§8.
Im laufenden Jahr ist die Einzeluntersuchnng nicht anf die neu ein-
getretenen Zöglinge zu beschränken, sondern auf alle Zöglinge zu erstrecken,
auf die Mädchen der vier letzten Jahrgänge in der Taubstummen- und in
der Übungsschule jedoch nur mit Zustimmung ihrer Eltern.
Meiningen, den 2. Mai 1901.
Herzogliches Staatsministerium.
Abteilung für Kirchen- und Schulensachen.
OBIlff.
Jtttfflittf) fit $i|Klgrfiit^||fit$|i|lriie.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 6.
Warme FtlTse in der Schnle.
Von
H. Plack,
JonmaliBtin in Berlin-Friedrichshagen.
um die Kinder vor Erkältungen zu. bewahren, die sie in der
Regel Yon der Schnle mit nach flanse bringen, ist es unbedingt
nötig, dafs es ihnen gestattet werde — und zwar gerade den Kindern
der Volksschulen — , während der kalten und nassen Jahreszeit in
der Schule die Schuhe zu wechseln. Auf dem Wege zur Schule
erkälten sich die Kinder höchst selten, denn während der Bewegung
im Freien bleiben sie warm; wenn sie aber in der Schule stunden-
lang mit den durchnäfsten Schuhen an den Fülsen still sitzen
müssen — denn die Frühstückspause genügt lange nicht, um das
während der Unterrichtsstunden erstarrte Blut wieder gehörig in
Bewegung zu bringen — , dann sind Erkrankungen unvermeidlich.
Ein Arzt, der vor einiger Zeit die Zöglinge einer Anzahl
Schulen in Schlesien auf ihre Hör&higkeit untersuchte, gelangte zu
dem traurigen Resultat, dafs Zweidrittel der Kinder mehr oder
weniger schwerhörig waren. Wie sehr aber gerade kalte Füise die
Neigung zu Nasen- und Ohrenkatarrhen und damit die Schwerhörig-
keit befördern, wird jeder Arzt zugeben.
Da werden nun alljährlich Tausende von Mark gesammelt, um
kranken Kindern die Teilnahme an den Ferienkolonien zu ermög-
lichen, aber fär das so viel näher liegende Bedürfnis, es diesen in den
Schulen so warm und behaglich einzurichten, data der Erkrankung
vorgebeugt wird, fehlt vielfach das Verständnis. Den mafsgebenden
Persönlichkeiten erscheint es meistensteils als eine Art Entweihung
der geheiligten Stätte — der Schulklasse — wenn das körperliche Be-
finden der Kinder in individueller Weise berücksichtigt wird. Die
Schnl^sandheitopfleg^e. XVI. 18
348
SohnlklasBe soll keine Kinderstube sein, und sobald sie fQr die toU-
blütigen, gat^nfthrtea and gesondea Kinder warm genng ist, bleibt
ee meistens nnbeaotitet, wenn die sobwäcUiolien, blntannen und
skrophnlOsen Kinder frieren; und wieviel mehr noch müssen diese
leiden, wenn sie nasse Sohnhe ftn den Ftilsen haben. Was nützt aber
alles Lernen, was bilfi alle Weihe and Andacht, wenn die Glesandheit
dabei verloren geht? Krankheiten vorzabengen ist doch leiditer
als sie zu bellen, nnd da mnis man sieb billig wnndem, daJs die
Wohltäter, welche die Ferienkolonien unterstützen, nicht vor allem
dafür sorgen, dals den armen Kindern, wenn sie bei nassem Wetter
— nnd, wie es meistens der Fall ist, mit vOUig nnznlänglicher Fnfa-
bekleidoug — zur Sobnle kommen, Filzschuhe zur Verfttgung
gestellt werden und trockene Strümpfe. Diese Sachen, nur znm
(gebrauch in der Schule bestimmt, können dort in Yerwahrang
bleiben; die nassen Schuhe nnd Strümpfe aber kannten in einem
Torraum derartig untergebracht werden, dafs sie bis zum Schnlsohlols
mOgliobst auBtrockoen. Dort, wo moderne Heizanlagen vorhanden
sind, ist dies auch leicht ausgeführt, indem man eine Yorrichtaug
mit den HeiznngsrObrea in Verbindung bringt, die eigens zu diesem
Zweck erfnnden' wurde und gesetzlich geschützt ist,
Dieser neue Apparat^ aus Fisenblech gefertigt, stellt einen
niederen Tisch dar und besteht aus einer Doppelplatte, in welcher
eine beliebige Anzahl vertikal stehender, oben gesoblosseaer Zylinder
eingelassen sind. Zwei ÖShungen an der Hohlplatte mit ent-
sprechender Regulierungs Vorrichtung ermöglichen das DnrohstrOmen
der warmen Luft aus den Heizungsröhren. Werden die nassen
Schuhe und Stiefel nun, mit der Sohle nach oben, über die Zylinder
349
gelifingt, 80 können sie leicht während der Unterrichtsstunden trocknen
nnd ebenso auch die Strümpfe, die man zwischen den Zylindern
auf die warme Platte legt. Dieser Apparat lie&e sich sehr gat in
den untersten Klassen der Ejiaben- wie Mädchenschulen einfahren,
ohne dafe der Gebrauch desselben die Weihe der Schulräume ge«
filhrdet. Man kann ihn aber auch zum Privatgebrauch für nur
zwei oder drei Paar Stiefel einrichten lassen. Sind keine Heizungs-
röhren vorhanden, dann läist er sich ebenso gut auch durch elek-
trische Glühkörper erwärmen, indem man ein paar der mit glühen-
dem Draht durchzogenen Glasbirnen in die Doppelplatte legt. Für
Jagdliebhaber, Militärpersonen, wie überhaupt für jeden, der ge-
nötigt ist, sich tagsüber stundenlang auf nassen Wegen aufzuhalten,
ist diese Vorrichtung zum Trocknen der nassen Stiefel ganz besonders
zn empfehlen. Um derselben ein gefälligeres Aussehen zu geben,
umzieht man sie für bessere Schla&tuben-Einriohtungen auch wohl
mit einer dreiseitigen Gardine, oder man stellt den Apparat auch ganz
aus Holz her, hängt Kinderschuhe und Schaftstiefel über die Säulen
und bringt den Tisch in die Nähe des Ofens.
AuB dem Institut fär Hygiene and experimentelle Therapie zu Marburg.
Abteilong fnr Hygiene (Vorstand: Prof. Bohhovf).
Stanbbindende FnDibodenöle nnd ihre Verwendung.
Von
Dr. Engels,
Assistenten des Institutes.
Anf dem Gebiete der Schulhygiene wird augenblicklich der
Beseitigung des Staubes durch die sogenannten „staubbindenden
Fnisbodenöle" ein groiees Interesse entgegengebracht. Diese staub-
bindenden FuJsbodenöle bezwecken, nicht nur das lästige Aufwirbeln
das Staubes zu yerhindem, sondern auch den Staub selbst nach
Möglichkeit zu entfernen resp. zu binden. Sind es doch gerade die
kleinsten und feinsten Staubpartikelchen, welche fortwährend die
Atmungs- und Bachenorgane mechanisch reizen und hartnäckige
Bachen- und Kehlkopfkatarrhe bewirken können. Hierher zu rechnen
sind die Sonnenstäubchen und insbesondere die mit dem Auge nicht
18*
350
wahrnehmbaren Staabieile, welche dazu nicht selten Krankheits^
erreger der yersohiedensten Art enthalten und so der Verbreitung
von Infektionskrankheiten Vorschub leisten.
Es ist deshalb von unverkennbarem Werte, d&fs die Technik
gerade in den letfsten Jahren mit Hilfe der staubbindenden Enb-
bodenöle anscheinend mit gutem Erfolge bestrebt ist, dieser Kala*
mität Herr zu werden.
Ein solches staubbindendes EuiSsbodenöl, welches in hygienischer
Beziehung den Anforderungen entspricht, d. h. geruchlos^ säurefirei
und durchsichtig ist, die Staubentwicklung wirklich zurückhält und
zwar auf möglichst lange Zeit hinaus, und welches auch die Be-
nutzung des Zimmers bald nach dem Anstrich wieder gestattet, hat
xweifellos eine hohe schulhygienische Bedeutung.
Versuche mit diesen FuJsbodenölen unter Benutzung unserer
bakteriologischen NachprfLfnngsmethoden liegen bislang nur in kleiner
Anzahl vor. Diese Erwägungen führten dazu, auch in unserer Ab-
teilung Untersuchungen mit yerschiedenen Ölen anzustellen, um
gleichzeitig brauchbare Vergleichswerte zu erhalten.
Der erste, welcher für diese Prüfungen den bakteriologischen
Weg beschritt, war Lode.^ Derselbe prüfte das sogenannte ^^Dustless-
Öl^ (Dustlessgesellschaft m. b. H.) in den Schulräumen einer Ober-
realschule während des Unterrichtes und während desKehrens.
Die Platten mit Nährgelatine wurden auf kleinen Tragbrettchen, die in
einer Höhe von 180 cm vom Boden an der Wand angebracht wurden,
ausgelegt. Eins der Brettchen befand sich auf der Fensterseite, eins
an der gegenüberliegenden Wand. Die Platten wurden 4 — 24 Stunden
der Luft ausgesetzt und nachher in eine feuchte Kammer gebracht
Resultat während des Unterrichtes:
Im Versuchszimmer blieb die Luft klar, eine Staubentwicklung
war nicht zu bemerken; die Tischplatten blieben im Gegensatz zum
Kontrollzimmer „blank und staub&ei".
Ähnlich war der Erfolg während des Kehrens, bei welchem sich
in dem gestrichenen Zimmer eine Reduktion der Keimzahl von
97% zeigte, so dals Lode zu dem Schlufs kommt:
„Unser Urteil zusammenfassend, müssen wir in der Lnprägnierung
des FuTsbodens mit Dustlessöl ein wirksames Mittel erkennen, die
Staubplage in geschlossenen Räumen auf ^ Minimum herabzusetzen. **
* LoDX, Einige Versnohe über die Branohbarkeit des DuBÜess-Öles als
Imprügnierangsmittel fSr Fnrsböden. M<mat$8chr, f. Qmmdheitapfl. 1899. No. 11 .
351
Zu gleich günstigem Besultaten gelangte nach einer Mitteilung
der DnsÜeasgesellflchaft Professor Hofpmann, Yorstand des hygie-
nischen Instituts der Universität Leipzig, bei Anwendung der
DusÜess-Methode in den Auditorien.
Auch BuCHüTBJUS^ Untersuchungen bestätigen die stambyermin-
demde Eigenschaft des Dustlessöls. „Es ist somit nicht zu rer-
kennen — heiüst es in dem betrefPenden Gutachten — , daJs die
Imprägnierung mit DusÜeesid eine beträchtliche Verminderung des
Eeimgdudts und somit auch des Staubgehalts der Luft in dem
Klassenzimmer bewirkt hat; und da einer solchen Verbesserung der
Luft in den Schulzimmern ein erheblicher Wert in gesundheitlieher
Beziehung zugesprochen werden muJs, so kann auf Grund der vor-
liegenden Ej^ebniase die Fortsetzung der Versuche im Egl. There-
siengymnasium und auch anderwärts nur aufs dringendste vom
hygienischen Standpunkte aus befürwortet werden. Die Abnahme
der Keimzahlverminderung im Versuch IV, also 6Vs Wochen nach
der Imprägnierung, weist darauf hin, dals die Imprägnierung etwa
alle sechs Wochen erneuert werden mufs, wenn der yolle Effekt zur
Geltung kommen soll."
In neuester Zeit ist dann Rbighestbach,* da die vorliegenden
Arbeiten nicht ganz übereinstimmende Kesuitate zeigten, dieser Erage
näher getreten« Seine Untersuchungen erstreckten sich auf das
Dustlessöl und das Eloricinfufsbodenöl (Dr. NöBDLiNan&f
Flörsheim). Eäne Anzahl Agarplatten wurden in den Hörsälen auf
den Pulten verteilt, dieselben nachher bei einer Temperatur von 20^
gehalten und am vierten Tage die gewachsenen Kolonien ausgezählt.
Die ersten Versuche wurdmi während des Ausfegens des Zimmers
angestellt und erzielten ein sehr gutes Resultat:
DoBtleawimmer : Vergleiohsummer:
6 Kolonien 580 Kolonien
18 , 800 ,
9 « 600 „
12 „ 650
6 „ 900 „
6 . 850 „
9 . 700 „
^ Gutachten des hygienischen Institutes in Hünchen über die Wirkung
des Dnstless-Öles. 15. Dezember 1900.
* BuoHJuaAOH, Binige Versnohe mit stanbbindenden Fufsbodenölen. Diese
Zeii8dur, 1902. No. 7.
852
»Nach diesen Yersachen — sagt Beichenbach — wird die
Staabentwicklong beim Kehren durch den Dnstless-Anstrioh sehr
stark vermindert.^
Auch die Prüfungen während der Vorlesungen fielen zu gunsten
des Dustlesszimmers aus, waren jedoch nicht so eklatant, wie die
während des Kehrens.
In derselben Weise und mit demselben Erfolge wurde das
Floricinöl von Beichenbach einer Nachprüfung unterzogen. Aueh
hier konnte während des Kehrens eine bedeutende Staubverminde-
rung konstatiert werden, die während der Vorlesung weniger deut-
lich hervortrat. Beichenbach kommt daher zu dem Schluls, dafs
zwischen den beiden geprüften Fufsbodenölen, dem
Original-Dustlessöl und dem Floricin, kein wesentlicher
Unterschied vorhanden sei.
Die letzte, hierher gehörige Arbeit ist, soweit mir die Literatur
bekannt ist, die von Webnicke. ^ Derselbe bezeichnet als Gesamt-
resultat seiner Versuche die Tatsache, daüs das Dustlessöl „ein vor-
trefifliches Mittel ist, um den Staub in den Schulen zu vermindern,
und dals es deswegen verdient, in solchen Schulen eingeführt zu
werden, in welchen wegen mangelnder Mittel die Verbesserung des
Fu&bodens, die Beschaffung umlegbarer, guter Bänke und die Ein-
führung einer täglichen, feuchten Beinigung zurzeit noch nicht mög-
lich ist. Das Dustlessöl stellt so ein nicht zu unterschätzendes
Mittel für die Verbesserung der Schulhygiene auch im Kampfe
gegen die Infektionskrankheiten in einer grolSsen Zahl von Schulen
dar, es erleichtert und verbessert die Beinigungsmöglichkeit^.
Die staubvermindemde Wirkung der FuTsbodenöle wird dem-
nach von allen Autoren anerkannt.
Andererseits ist in der Literatur verschiedentlich auf einige
Nachteile dieser Öle hingewiesen.
In erster Linie wird die Glätte des gestrichenen Fuisbodens
hervorgehoben.' Auch sollen hingefallene Gegenstände leicht be-
schmutzt werden können.
Den Nachteil der Glätte teilt nach einer Mitteilung von Samt-
leben' auch das Konkurrenzpräparat „Sternolit". Die Luft war
nahezu staubfrei, jedoch war der Boden der Turnhalle nach dem
^ WiEBKiOKB, Versuche über Dustless-Öl und seine Verwendung in Schulen.
„Oeaundheü", hygim. u. getundheitatechn. Zeitschr. 1902. No. 22.
* Medizinalrat Dr. K. in S. ÄreÜ. CmtralofU. 1901. No. 5.
' Diese ZeUschr. 1900. No. 6.
853
Anstrich so glatt geworden, „dafs das Gehen darauf nnr mit groCser
Vorsicht möglich war, das Laufen aber überhaupt ausgeschlossen*'.
Die Turngeräte standen wegen der Glätte nicht fest.
Diese nachteiligen Wirkungen, die beim Stemolit wochenlang
anhielten, konnte Reighenbach beim Dustlessöl und beim Moricin
in dem Mause nicht feststellen. In den Yersuchszimmem (keine
Turnhalle) fährte die in den ersten Tagen nach dem Ölen aufgetre-
tene Glätte zu keinerlei Störungen.
Dasselbe bestätigt auch Bühl^ bezüglich des Dustlessöles. „Über
gefthrliche Glätte — sagt er — , wie sie mehrfach in Turnhallen
beobachtet worden ist, wird nicht geklagt."
Andere lästige Begleiterscheinungen sollen die fettige Be-
schaffenheit der Fufsbodenfläche sein (Reichenbach 1. c), die
Höbe der Anstrichskosten (Rühl 1. c.) und nicht zum mindesten das
schmutzige Aussehen^ welches der Fulsboden durch den sich
allmählich auf der Ölschicht festsetzenden Schmutz mit der Zeit
annehmen soll. Zur Reinigung werden deshalb von der Dustless-
Gesellschaft Piassarabesen empfohlen, die mehr von dieser Kruste
entfernen als die gewöhnlichen Haarbesen, wie sie Reichenbach für
▼orteilhafter hält, da sie eine länger dauernde Wirksamkeit des An-
striches garantieren.
Reichenbach hält dann besonders bezüglich des Dustlessöles
einen einmaligen Anstrich pro Semester für genügend, während bei
Lobe nach einem Vierteljahre, bei Büchneb sogar schon nach sechs
Wochen eine Erneuerung der Imprägnierung nötig wurde.
Webnicee konstatierte noch nach 57 Tagen nach dem erst-
maligen Ölen, eine Verminderung des Bakteriengehaltes der Luft um
das 15 fache.
Schlieüslich sei noch erwähnt, dafs sich im Gegensatz zu dem
Dustlessöl, welches vollkommen geruchlos verarbeitet werden konnte,
bei Benutzung des Floricins in den REiCHBNBACHSchen Versuchen
ein während des ganzen Semesters anhaltender petroleumähnlicher
Geruch schwach bemerkbar machte.
Meine eigenen Versuche und die daraus geschöpften Erfahrungen
möchte ich nun im folgenden kurz wiedergeben.
Geprüft wurden von mir drei Fuisbodenöle :
Das Floricin-, das Hygiene- und das Dustlessfufs-
bodenöl.
> Diese Zeitsehr. 1902. No. 10.
354
Die Yersuohe mit einem vierten Ole, dem sogenannten Becen-
tinol, mufsien leider unterbleiben, da die hiesige städtisobe Ver-
waltoDg noch in letzter Minute die Benutzung einiger Zimmer in
einer Elementarschule dahier aus unbekannten Gründen untersagte.
Meine Yersuohsanordnung war folgende:
Als Ntthrsubstrat kam nur Gelatine, in PEXAisohe Schälchen
ausgegossen, zur Verwendung. Zwei solcher Platten wurden, in
ca. 2 m Eintfemung von einander, auf die Pulte gesetzt, zwei andere
in ca. iVi m FuJsbodenhöhe über den Bänken unterhalb der Gtas-
brenner auf Tragbrettohen untergebracht (ebenfalls in ca. 2 m Ent-
fernung von einander), und wiederum zwei im Gange, ca. 2 m ent-
fernt von den Bänken, auf einem ca. 1 m hohen Tisch verteilt.
Diese Anordnung blieb für das Floricin und das Dustlessöl in
jedem Versuche dieselbe. Beim Hygieneöl änderte sie sich etwas
(siehe unten).
Die Gelatineplatten, welche durchweg, sowohl während des
Unterrichts als auch während resp. nach dem Kehren eine Stunde
der Luft ausgesetzt wurden, blieben, da die Luftbakterien bei
Zimmertemperatur sehr gut gedeihen, auch bei solcher (ca. 18^ C.)
vier Tage lang stehen; sodann wurden die Keime auf den Platten
des gestrichenen Zimmers jedesmal ausgezählt, die Keimzahl auf den
Platten des Kontrollzimmers mit dem WoLFFHÜGhELSchen Apparat
festgestellt.
Versiehe Mit Florioin-FnüibodentK
Dieses Öl stellt eine dickliche, schwach riechende, durchsichtige
Flüssigkeit von gelblicher, bemsteinähnlicher Farbe dar.
Für die Versuche stand mir das Auditorium des hygienischen
Instituts zur Verfügung, um brauchbare Vergleichswerte zu er-
halten, untersuchte ich zunächst die Luft dieses Hörsaals, bevor der-
selbe gestrichen wurde, während der Vorlesung und während des
Kehrens.
L Kontroll versuche.
Die ersten Versuche wurden während der nachmittags von
4 — 5 Uhr bei Gasbeleuchtung abgehaltenen Vorlesung vorgenommen.
Punkt 4 ühr wurden die Schalen geö&et und pünktlich 5 Uhr
wieder geschlossen.
355
a) Während der Vorlesung
(durohschnittliolie Zuhörerzahl = 14).
Versuch 1. (29. X. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
495
550
Bank
3d0
240
In l'Am Hohe..
110
83
Yersach 2. (81. X. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Oange .
660
605
Bank
275
335
In IV« m Höhe . .
165
148
Versuch 3. (5. XI. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
84
96
Bank
53
41
In IVim Höhe..
40
29
Aus diesen Versuchen geht heryor, dais die Platten, die abseits
von den Bänken auf einem Tische standen und am weitesten von
der Beleuchtung entfernt waren, die meisten Kolonien aufzuweisen
hatten; es folgen mit Regelmftisigkeit die Platten auf den Bftnken
und schliefsUch die direkt unter den Gasbrennern in VU m Höhe
oberhalb der Bftnke angebrachten. Es mag dahingestellt bleiben, ob
hier die Beleuchtung einen bestimmenden oder ausschlaggebenden
Faktor spielt; jedoch ist anzunehmen, dals ein Teil der in die Luft
aufgewirbelten Bakterien mit den Staubpartikeln sich schnell wieder
zu Boden senkt und wahrscheinlich gar nicht bis zu den in circa
V/i m Höhe unter den Gksbrennem angebrachten Platten gelangt.
Weiterhin wurde die Luft desselben Zuhörerraumes während
des Kehrens bei Tagesbeleuchtung auf ihren Keimgehatt
untersucht. Die Platten blieben während und nach dem Kehren,
im ganzen eine Stunde, geöffiiet im Zimmer bei geschlossenen Türen
und Fenstern stehen.
356
b) Während des Kehrens.
Versuch 4. (3. XL 02.) Versuch 5. (9. XL 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
715
770
Bank
190
210
In l'Am Höhe..
220
165
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
825
715
Bank
220
330
In l'A m Höhe. .
248
275
Versuch 6. (18. XI. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
180
317
Bank
165
190
In 1 V« m Höhe . .
56
45
Die Platten aus Versuch 4, 5 und 6 zeigen im ganzen, was
nicht zu yerwundem ist, eine erhöhte Keimzahl im Verhältnis zu
denen der drei, ersten Versuche. Wiederum weisen die Platten im
Gange die grölste Bakterienzahl auf, meist folgen dann die Platten
auf den Pulten und schließlich die in IV« m Höbe. Eine Regel-
mäßigkeit sehen wir jedoch nur in Versuch 6, weniger in Versuch
4 und 5. Die ünregelmälsigkeit in Versuch 4 und 5 erklärt sich
zur Genüge aus der ungleichmäfsigen Aufwirbelung des Staubes
während des Kehrens.
IL Bei Floricinanstrich.
Am 22. XI. 02, morgens 8 Uhr, wurde nun dieser bis jetzt
nur zur Kontrolle benutzte Hörsaal mit dem Floricin-Fufsbodenöl
gestrichen. Verbraucht wurden — das Öl wurde sehr dünn auf-
getragen, um dem Fußboden die möglichst vollkommene Absorption
zu erleichtem und um andererseits kein Öl an der Oberfläche un-
benutzt stehen zu lassen — 1% kg Öl bei einer Gresamtbodenfläcbe
von ca. 75 qm, pro qm demnach 0,0233 kg = 23,3 g.
357
Der Preis des Floricins stellt sich nun folgendermaisen (Preis-
liste für ieohnisohe Fabrikate, chemisolie Fabrik Flörsheim, Dr.
H. Nöbdlingeb):
100 kg in Fässern ä ca/180 kg inkl. Packung 55 Mark
100
Eorbk. ä 250 . ezkl.
Pos&olli k 3Vt „ inkl.
60
»
n
Der Anstrich unseres Auditoriums wurde demnach bei Verbrauch
▼on IV4 kg für ca. 2 Mark hergestellt.
In den ersten acht Tagen konnte eine gewisse Glätte festgestellt
iRrerden, die sich aber in unserem Auditorium nicht störend bemerk-
bar machte und schon nach 10 — 14 Tagen vollkommen ge-
schwunden war.
In den ersten 2 — 3 Tagen wurde aulserdem ein geringer, an
Bicinusöl erinnernder Qeruch wahrgenommen, der nach dieser Zeit
aber auch schnell wieder verschwand.
Am 24. XI. 02, also am dritten Tage nach dem Anstrich,
wurde wiederum mit den Versuchen wie oben begonnen.
a) Während der Vorlesung
(durchschnittliche Zuhörerzahl = 12).
Versuch 7. (24. XI. 02.) Versuch 8. (25. XL 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
8
15
Bank
4
8
In IV« m Hohe . .
12
25
Platte 1
Platte 2
Tisoh im Gange .
37
39
Bank
8
29
In V/a m Höhe. .
1
3
Versuch 9. (26. XI. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
42
32
Bank
45
29
In IV4 m Höhe. .
29
28
358
Diese drei Yersnclie, die während der Vorlesung von 4 — 5 Ohr
nachmittags bei Gksbeleuchtung vorgenommen worden, zeigen, dafs
nach dem Anstrich die Anzahl der Keime auf den ein-
zelnen Platten bedeutend geringer geworden ist, als sie
vor dem Streichen gewesen war. Eine Staubyerringerung resp. eine
Staubbindung durch das Floricin muüs daher als sicher angenommen
werden.
Ganz ähnliche Verhältnisse bieten die Platten dar, welche
während des Kehrens in bekannter Weise angestellt waren.
Nur ist die Keimzahl eine etwas grölsere. Im einzelnen ist das
Resultat das folgende:
b) Während des Kehrens.
Versuch 10. (26. XI. 02.) Versuch 11. (28. XI. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
61
47
Bank
88
33
In VUm Höh«..
19
11
Platte 1
Platte 2
Tisch im Ghinge .
52
55
Bank
7
17
In IV« m Hohe . .
36
33
Veraach 12. (2. XH. 02.)
Versneh 13. (3. XH. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Oange .
49
96
Bank
30
21
In Vhm Höhe..
16
22
Platte 1
Platte 2
Tisch im Ghinge .
43
54
Bank
67
46
In IV« m Höhe . .
31
27
In Prozenten der bei den KontroUyersuchen fest-
gestellten Keimzahlen erhielten wir also an Keimen nach dem
Anstrich mit Floricin:
Tisch im Qange Bank IV« m Höhe
Vorlesung 7% 10% 16V«%
Kehren 10% 20% 12Vt7o
im Durchschnitt also während der Vorlesung 11%, während des
Kehrens 14%.
359
Nach dieaen Versuchen wird die Staubentwicklung während der
Yorleeung und beim Kehren nach dem Floricin-Anstrich sehr stark
Termindert, ein in schulhygienischer Hinsicht in der Tat nicht ku
unterschätzender Vorzug.
Nun wurden die Versuche für einige Zeit in diesem Floricin-
zimmer ausgesetzt, um später wieder damit zu beginnen xmd dann
festzustellen« ob nach Verlauf von circa acht bis zwölf Wochen noch
ein Einflufs der staubbindenden Wirkung des Öles zu konstatieren sei.
Am 28. I. 03 wurden zu diesem Zwecke zum ersten Male
wieder in demselben Auditorium Platten aufgesetzt. Das Re-
sultat dieses und der darauf folgenden Versuche während der Vor-
lesung und während des Kehrens war folgendes:
a) Während der Vorlesung
(durchschnittliche Zuhörerzahl = 13).
Versuch 14. (28. I. 03.)
Versuch 15. (3. IL 0.8)
Platte 1
Platte 2
Tiflch im Oange .
64
75
Bank
63
72
In l'A m Hohe . .
45
31
Platte 1
Platte 2
Tisch im Oange .
165
83
Bank
110
79
In l'Am Höhe..
85
42
Versuch 16. (4. II. 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
62
56
Bank
67
47
In IV« m Hohe. .
87
83
360
b) Während des Kehrens.
Versuch 17. (3. H. 03.) Versuoli 18. (4. U. 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
182
180
Bank , . . .
126
96
In VI 4, m Höhe. .
43
79
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gbnge .
112
126
Bank
64
104
In V/a m Hohe . .
47
88
Versuch 19. (6. IL 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
70
87
Bank
51
69
In IV« m Höhe . .
27
25
Als Ergebnis dieser letzten Versuche darf ich die Tatsache be-
sseiohnen, dafs die Zahl der Keime auf den Platten» sowohl
während der Vorlesung, als auch während des Ausfegens,
im Verhältnis zu den früheren, unmittelbar nach ge-
machtem Florioin-Anstrich angestellten Versuchen, um
das Zwei- bis Dreifache zugenommen hat, dafs sich jedoch
mit Hinsicht auf die Kontrollplatten jetzt nach circa
10 Wochen = 2Vs Monaten noch ein deutlicher Einflufs
des Floricins geltend machte.
In Prozenten ausgedrückt erhielten wir nach 2Vs Monaten:
Tisch im Gktnge Bank 1'/« m Höbe
Vorlesung 207o 38,3% 50%
Kehren 267o 40Vo 83,3%
im Mittel also während der Vorlesung 34,3%, während des Kehrens
32,8% der in den Kontrollyersuohen gewonnenen Keimzahlen.
Ich komme deshalb bezüglich der staubbindenden Wirkung des
Floricin-Fuisbodenöls zu folgendem Endresultat:
Das Floricinöl ist ein schwach nach Ricinusöl riechendes, durch-
sichtiges, schnell trocknendes Fufsbodenöl, welches den Staub bindet
861
und infolgedessen die Luft des Zimmers reiner nnd bakterienärmer
zu maohen im stände ist. Der Einfluis des Florioins ca. 2^/t Monate
nach dem Anstrich macht sich allerdings noch deutlich bemerkbar,
ist jedoch nicht mehr genügend, um die Insassen einer Schule völlig
und mit Sicherheit vor Staub und seinen Schädlichkeiten zu schützen.
Es ist daher, wenn wir das Schuljahr zu circa neun bis zehn Monaten
rechnen, ein viermaliger Anstrich im Jahre notwendig, falls die er-
wünschte Wirkung erzielt werden soll.
Yersache mit dem Hygiene-Fufsbtdeitl«
Das zweite FuGsbodenöl, welches ich einer Prüfong unterwarf,
ist das unter der Handelsmarke ,|Hygiene" in den Handel gebrachte
und von der St. Elisabeth-Drogerie, Firma Chbistoph Estab (firüher
Max Bbunn), Marburg a. d. Lahn, Steinweg 40, hergestellte staub-
bindende Präparat.
Dasselbe ist ein geruch£reies, durchsichtiges Öl von citronen-
gelber Farbe.
Zum Versuch waren mir vom Direktor der hiesigen Oberreal-
sohule, Herrn Dr. A. Knabe, in freundlichster Weise zwei Zimmer
von ungeftüir gleicher Gröfse und mit gleicher Schülerzahl zur Ver-
fügung gestellt.
Eins dieser beiden Schulzimmer, die Untertertia b — 9,20 m
lang und 6,25 m breit, Schülerzahl 25 — wurde am 27. XI. 02,
nachmittags 2 Uhr, mit „Hygiene^ gestrichen. Da der Boden stark
abgenutzt war und viele Stellen mehrere Male hintereinander geölt
werden mu&ten, wurde in diesem Falle eine verhältnismäJsig grolse
Menge, ca. 5 kg, benutzt. Für gewöhnlich soll 1 kg für eine Fläche
von 20 — 30 qm genügen.
Der Preis beträgt für 1 kg 1,00 Mk., ist also bei kleinen Be-
zügen etwas niedriger als der des Floricinöls. Es würden demnach
normalerweise für ein Zimmer, wie das oben beschriebene, nicht ganz
2 kg benutzt werden, der Preis für je einen Anstrich sich also auf
nicht ganz 2,00 Mk. belaufen.
Bei gröfseren Bezügen stellt der Preis sich wie folgt:
Fässer von 150—160 kg Inhalt ... pro 100 kg 44 Mk. inkl. Fais
£annen „ 50 „ „
71
25
12Vt
5
2Vt
y, 100 „ 50 „ exkl. Kanne
. 100 , 54
„ 100 „ 58
n 100 „ 70
« 100 « 80
n
362
Am 28. XI. 02 wurde mit den Versuchen in der Oberrealschnle
begonnen. Das gestrichene Zimmer war, 24 Stunden naoh dem Anstrich,
trocken und geruchfrei. Als Eontrollzimmer diente die Untertertia a
mit einer Schülerzahl von 26 und einer Länge von 9 m bei einer
Breite von 6,15 m. Zwei Platten wurden während des Unterrichts
auf einer Bank verteilt, zwei auf einer Fensterbank oberhalb der
Heizxmg und zwei in ca. IV^ ni Höhe auf der Tafelumrahmung.
Einige Platten (in den Tabellen mit — bezeichnet) waren leider zu
Boden gefallen und unbrauchbar geworden.
Versuch 1. (9—10 Uhr vormittags.)
Gestrichenes Zimmer
Kontrollzimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
38
28
Fensterbank . . .
152
124
Schalbank
63
73
Schulbank
133
275
In IV« m Höhe .
115
—
In l'A m Höhe.
180
168
Versuch 2. (10 — 11 Uhr vormittags.)
Gestrichenes Zimmer
Eon troll Zimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
38
48
Fensterbank . . .
88
111
Schalbank
61
40
Schulbank
212
232
In 1»A m Höhe .
21
In l'AmHöhe.
120
300
Versuch 3. (11 — 12 Uhr vormittags.)
Gestrichenes Zimmer
Eontrollzimmer
Platte 1
Platte 2 1
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
26
62
Fensterbank . . .
89
136
Schulbank
76
50
Schulbank
350
340
In IV« m Höhe .
36
—
In IV« m Höhe.
200
156
363
Bei BämtliolieiL yorstehenden Versuchen fiel die Prüfang der
Platten zu Quasten des mit „Hygiene'' gestrichenen Zimmers aus;
doch ist die Differenz nicht gerade beträchtlich.
Etwas deutlicher ist die Keimzahldifferenz zwischen dem ge-
strichenen und dem Vergleichszimmer auf den Platten, die während
des Kehrens und nachher, zusammen eine Stunde, der Zimmerluft
ausgesetzt waren. Am eklatantesten fielen dabei der erste und dritte
Versuch (Versuch 4 und 6 in den Tabellen) aus.
Versuch 4. (29. XI. 02.)
OestriobeDes Zimmer
Kontrollzimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
74
83
Fensterbank . . .
2100
2240
Schulbank . . .^ . .
71
111
ScEolbank
1400
1710
In IV« m Hohe .
51
69
In 1 V« m Höhe .
1190
700
Versuch 5.
(3. Xn. 02.)
Gestrichenes Zimmer
Kontrollzimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
86
63
Fensterbank . • .
490
980
Schulbank
140
94
Schulbank
770
1060
In VU m Hohe .
77
113
In IV^mHöhe.
660
940
Versuch 6. (10. Xu. 02.)
Gestrichenes Zimmer
Eontroll Zimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
32
58
Fensterbank . . .
890
325
Schulbank
39
56
Schulbank
350
286
In IV« m Höhe .
37
18
In iV^mHöhe.
280
140
Schalgesandheitspflege. XVL
19
364
Die Wiederholang der Versnobe fand während des Unter-
richtes am 29. I. 03 statt. Gleichzeitig worden wiederum die
KontroUplatten aufgestellt. Der Versuch hatte folgendes Ergebnis:
Versuch 7. (9 — 10 Uhr vormittags.)
Gestrichenes Zimmer
£ontrollsimmer
Platte 1
Platte 2
PUtte 1
Platte 2
Fensterbank
68
80
Fensterbank . . .
148
95
Schulbank
110
135
Schulbank
190
188
In 1V4 m H5he .
74
124
In IV« m Höhe.
885
195
Versuch 8. (10 — 11 Uhr vormittags.)
Gestrichenes Zimmer
Eontroll simmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
89
128
Fensterbank ...
96
189
Schulbank
188
98
Schulbank
180
195
In IV« m Höhe .
45
48
In IVimHöhe.
90
—
V
ersuch 9. (11 —
12 Uhr vormittags.)
Gestrichenes Zimmer
EontroHsimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
58
68
Fensterbank . . .
116
184
Schulbank
66
97
Schulbank
198
124
In IV« m Höhe .
41
62
In l'AmHöhe.
126
118
866
Am 29. Januar, 4. Februar iind 7. Februar 1903 wurden sodann
auch die Platten während des Eehrens wieder der Luft aus-
gesetzt und dabei folgendes Besultat erzielt:
Versuch 10. (29. I. 03.)
Gestriohenes Zimmer
Eontrollsimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
179
195
Fensterbank . . .
1800
520
Schnlbank
189
315
Soholbank
660
1860
In l*/4 m Hohe .
252
168
In l'AmHöhe.
900
715
Yersueh 11. (4. U. 08.)
Gestrichenes Zimmer
Kontrollzimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
100
108
Fensterbank . . .
660
660
Schulbank
68
110
Schalbank
8880
1040
In Vh m Höhe .
58
51
In l'AmHöhe.
1285
1480
Versuch 12. (7. n. 03.)
Gestrichenes Zimmer
Kontrollzimmer
Platte 1
Platte 2
Platte 1
Platte 2
Fensterbank
63
37
Fensterbank . . .
480
600
Schulbank
24
83
Schulbank
585
715
In 1V4 m Höhe .
20
34
In iVimHöhe.
650
1280
19»
386
Das Fnfsbodenöl „Hygiene^ übt also, wie die vor*
stehendenVersuche, sowohl während des Unterrichts, als aaeh
während des Kehrens, gezeigt haben, auch nach oa. 2Vi
Monaten noch einen günstigen Einflafs anf die Staub-
entwicklung im Schulzimmer aus. Besonders deutlich tritt
diese Wirkung während des Kehrens, in Versuch 11 und 12, hervor.
Ziehen wir mit Rücksicht auf die Keimzahl noch eine Parallele
zwischen diesen Platten und denen, welche kurz nach dem Anstrich
gewonnen wurden, so fUlt der Vergleich wieder zu Ghinsten der
letzteren aus. Wir finden hier demnach ähnliche Verhältnisse, wie
wir sie bei dem Florioin kennen gelernt haben.
Mein Urteil über „Hygiene" ist dementsprechend das folgende:
„Hygiene" ist ein brauchbares, staubvermindemdes Fufsbodendl,
welches in der Wirkung dem Floricin gleich, im Preise aber etwas
niedriger ist als dieses. Der „Hygiene^'-Anstrioh bleibt im Gegen-
satz zum Floricin geruchfrei, verliert aber in Übereinstimmung mit
diesem nach circa zehn Wochen schon teilweise seine Wirksamkeit;
es wird deshalb unter Zugrundelegung einer Ferienzeit von zwei bia
drei Monaten im Jahre auch für „Hygiene* eine viermalige Erneue-
rung des Anstriches jährlich gefordert werden müssen.
Prftfling des Dnstlesstles.
Was die physikalischen Eigenschaften des Dustlessöles (DustlesB-
öes. m. b. H.) angeht| so sind sie denen des „Hygieneöles'' ziemlich
ähnlieh. Dustless ist durchsichtig, von einer etwas gelblicboi Farbe
und &st ganz geruchfrei; auch das Zimmer ist nach dem Anstrich
fast ganz firei von irgend welchem Geruch.
Die Preise für Dustlessöl bei Bezug desselben in Kannen
stellen sich wie folgt:
ä 10, 20 und 30 Pfund Inhalt auf Mk. 0,80 pro Kilo
„ 60 und 100 « „ „ „ 0,70 „ „
ein Fab von ca. 330 „ » n » 0,65 n »
Zur Prüfung des Dustlessöles wurde das Auditorium des hiesigen
pharmakologischen Instituts benutzt, dessen Bodenfläche etwa 75 qm
grob ist. Da dasselbe Zimmer auch gleichzeitig Kontrollzimmer
sein sollte, so wurde in genau derselben Weise wie bei der Unter-
suchung des Floricinöls vorgegangen, d. h. die Platten einmal während
der Vorlesung, von 5—6 Uhr abends bei Gksbeleuchtung, sodann
auch während des Eehrens in gewohnter Form, und zwar zunächst
vor dem Ölans trieb, der Luft exponiert.
867
Diese Kontrolle ergab folgendes Resultat:
I. Kontrollyersnohe.
a) Während der Vorlesung (dnrch8efanittlieheZnliörersahl=19).
Versuch 1. (25. XI. 02.)
Versuch 2. (26. XI. 02.)
PUttel
Platte 2
Tiaoh im Gange .
Wb
265
B«nk
140
133
In l'Am Höhe..
lai
135
Platte 1
Platte 2
Tisch im Qange .
210
226
Bank
198
106
In IV« m Höhe . .
111
103
Versuch 3. (27. XI. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
370
735
Bank
138
190
In l'A m Höhe . .
108
77
Als „Tisch im Gange" wurde in allen Fällen ein kleiner Vor-
bau an der Wandtafel benutzt, die Platten „in IV« m Höhe" wieder
unterhalb der Gasbrenner angebracht.
b) Während des Kehrens.
Versuch 4. (22. XI. 02.)
Versuch 6. (26. XI. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gkmge .
413
275
Bank
385
440
In VI Am Höhe..
28
220
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
145
153
Bank
151
135
In IV« m Höhe..
180
121
368
Versa oh 6. (26. XI. 02.)
Platte 1
PlaUe3
Tisch im Gange .
300
770
Bank
231
519
In l'/im Höhe..
154
140
n. Bei Dnstless- Anstrich.
Nachdem diese Vergleichszahlen gewoDnen waren, wurde am
6. XII. 02, nachmittags 2 Uhr, der Saal mit dem Dnstlessöl ge-
strichen.
Es wurden verbraucht 2 kg pro 75 qm = 0,027 kg s= 27 g
pro 1 qm. Der Preis für den einmaligen Anstrich des ^obigen
Zimmers beläuft sich demnach auf nicht ganz 2 Mk.
Die nunmehr mit dem Dnstlessöl angestellten Versuche hatten
ein sehr günstiges Ergebnis:
a) Während der Vorlesung (durchschnittliche Zuhörerzahl = 15).
Versuch 7. (8. XII. 02.) Versuch 8. (9. XII. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
15
14
Bank
10
11
In 1V4 m Höhe .
8
5
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
13
15
Bank
4
9
In IV« m Höhe .
3
3
Versuch 9. (10. XII. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
7
6
Bank
4
7
In IV« m Höhe .
4
12
369
b) Während des Kehrens.
Versuoh 10. (8. XII. 02.) Versuch 11. (11. XH. 02.)
Platte 1
Platte 2
TiBoh im Gange .
27
55
Bank
28
14
In l'A m Höhe .
24
21
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
51
21
Bank
16
11
In IV« m Höhe .
15
4
Versuoh 12.
(13. Xn. 02.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gbmge .
9
5
Bank
6
6
In 1»A m Höhe .
9
10
Ich konnte feststellen, dais anf allen Platten, welolie während
der Vorlesung aufgestellt waren, nur sehr wenige Keime wuchsen.
(Näheres s. Tabellen.) Nur um ein geringes gröfser war die Keim-
zahl auf den Platten, welche während des Kehrens im Zimmer ver-
teilt waren.
In Prozenten der Keime der KontroUversuche berechnet traten
in dem gestrichenen Zimmer auf:
Tisch im Gange Bank l'A ni Hohe
Vorlesung 3,5 7o 5 7o 6%
Kehren 8,37o 4,57o 107o
im Durchschnitt während der Vorlesung 4,5 7o, während des Kehrens
7,2%.
DasDustlessöl vermindert demnach mehr wie „Hygiene"
und „Florioin'' die Keimzahl resp. in erster Linie den
Staubgehalt des gestrichenen Zimmers. Dabei teilt es
mit „Hygiene" den. Vorzug der fast völligen Geruchlosig-
keit: es glättet aufserdem weniger als „Floricin^.
370
Auch in diesem Dnstless-Saal wnrden naeh ca. 27s Monaten er-
neute y ersuche aufgenommen. Dabei wurden während der Vor-
lesung und während des Eehrens Ende Januar und Anfang Februar
dieses Jahres folgende Resultate erzielt:
a) Während derVorlesung (durchschnittliche Zuhörerzahl = 15).
Versuch IS. (28. I. 03.) Versuch 14. (8. IL 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
27
23
Bank
42
26
In l'A m Höhe .
22
18
•
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
20
24
ßank
19
23
In IV« m Höhe .
12
15
Versuch 15. (4. IL 03.)
Versuch 16. (6. IL 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im GFange .
31
23
Bank
87
86
In 1'/« m Höhe .
6
10
Platte 1
Platte 2
Tisch im Ghmge .
35
53
Bank
43
48
In l'A m Höhe . .
8
6
b) Während des Kehrens.
Versuch 17. (4. 11. 03.) Versuch 18. (5. 11. 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
110
80
Bank
83
76
In lV4m Höhe..
17
24
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
28
73
Bank
29
63
In l'/i m Höhe . .
11
11
371
Versnch 19. (14. 11. 03.)
Platte 1
Platte 2
Tisch im Gange .
90
118
Bank
82
70
In IV« m Höhe . .
29
48
Der Erfolg war in beiden YersnohBreihen also ein ähnlich
günstiger, wie knrz nach dem Anstrich. Wir erhielten nämlich:
Tisch im Ghmge Bank IV« m Hohe
Vorlesung 9% 20Vo 107©
Kehren 26 7o 20 Vo W/zVo
im Mittel also während der Vorlesung 13Vo, während des Kehrens
20,5^0 der in den KontroUyersuchen beobachteten Keime.
Die staubbindende Wirkung des Dustlessöles hat demnach
nach 2Vs Monaten nur yerhältnismäfsig wenig nach-
gelassen. Eine Erhöhung der Keimzahl ist gewifs zu
konstatieren, jedoch nicht in dem Mafse wie beim „Flo-
ricin" und bei „Hygiene".
Fassen wir die Resultate mit Dustlessöl zu einem Gesamturteil
über dieses Präparat zusammen, so würde dasselbe folgendermaisen
lauten :
Das Dustlessöl hat sich als ein hervorragendes Fuisboden-
Imprägnierungsmittel zur Verminderung des Staubes und der Bak-
terien erwiesen. Dasselbe besitzt alle Vorzüge eines FuiSsbodenöles
und übertrifft an Wirksamkeit die beiden zuerst geprüften Öle.
Da nach 2Vs Monaten eine nur äuJberst geringe Zunahme der
Keimzahl in den Versuchen zu konstatieren ist, so glaube ich mich
berechtigt, daraus den Schluls zu ziehen, daCs beim Dustlessöl für
Schulen mit neun- bis zehnmonatlicher Unterrichtsdauer ein drei-
maliger Anstrich im Jahre hinreichen würde, um die für Schulen etc.
erforderliche staubarme Luft zu erzielen.
Denmach würde für Universitätsauditorien, in denen gewöhnlich
nicht länger als 3^/s Monate im Semester doziert wird, ein Anstrich
kurz vor Beginn des Semesters, also ein zweimaliger Anstrich im
Jahre, völlig genügen.
372
Bei Verwendang des FloriciDS und des Hygieneöls wäre jedoch
auch fOr üniversitätsauditorien mindestens eine dreimalige Erneaerong
des Anstriches dringend zu empfehlen.
Die Glätte des FuGsbodens ist zurückzuführen auf die fettige
Schicht, die besonders an wenig benutzten Stellen einige Tage sicht-
bar bleibt und mit Recht schon von Reichenbach als unangenehme
Beigabe der sonst brauchbaren FuTsbodenöle bezeichnet wurde. Es
ist bedauerlich, dals auch dem Dustlessöl bei seinen sonst so hervor-
ragenden Eigenschaften der Vorwurf des „Glättens^ nicht ganz
erspart werden kann. Sollte es der Technik noch gelingen, diesem
Übel abzuhelfen, so würden wir in dem Original-Dustlessöl ein nach
jeder Richtung hin empfehlenswertes und einwandfreies staubbindendes
Fuisboden-Imprägnierungsmittel besitzen.
Nach den Resultaten meiner Versuche verdient demnach
das Dustlessöl unter den drei geprüften Fufsbodenölen
entschieden den Vorzug, nicht allein wegen seiner erhöhten
staubbindenden Wirkung, sondern nicht zum geringsten Teile wegen
der gröfseren Haltbarkeit des Anstriches, die einen geringeren Ver
brauch von Dustlessöl pro Zimmer im Jahre garantiert und deshalb
in ökonomischer Beziehung nicht zu niedrig anzuschlagen ist.
Wie ich oben schon erwähnt habe, konnte Reighenbach (1. o.)
zwischen dem Dustlessöl und dem Floricin keinen wesentlichen Unter-
schied in der Wirkung konstatieren. Nach meinen Versuchen ist
dieser Unterschied in immerhin auffallender Weise zu Gunsten des
Dustlessöles aufgetreten, so dafs ich die Worte Reichenbachs:
„Zwischen dem Original-Dustlessöl und dem Floricin ist ein wesent-
licher Unterschied nicht vorhanden^ für nicht ganz den Tatsachen
entsprechend halten kann. Da die Differenz im Preise nicht grols
ist, wird das DusÜessöl als das nach seinen physischen und sonstigen
Eigenschaften angenehmste und als das wirksamste und dauerhafteste
Mittel den anderen von mir geprüften unter allen Umständen vor-
zuziehen sein.
373
Zur Hygiene des ünterrichtsplans.
Vortrag im Ärztlichen Verein za Nämberg am 5. März 1903.
Von
Dr. med. Richabb Landau,
Stadt. Schularzt in Nürnberg.
Wenn sich die Stellnng des heutigen Arztes gegen jene der
Vergangenheit in der Richtung verschoben hat, dafs der Arzt aus
engem Kreise mit seinem Handeln und Denken in die breiteste
Öffentlichkeit gestellt wurde, so ist die Ursache dieser Wandlung
wesentlich in der modernen sozialen Gesetzgebung zu suchen; nicht
wenig aber trägt die hohe Bedeutung dazu bei, welche die öffentliche
Gesundheitspflege in der Gegenwart gewonnen hat. Die Geschichte
der Hygiene ist eine merkwürdige; ihre Wurzeln haften in den
fernsten Zeiträumen, Jahrtausende vor der christlichen Zeitrechnung,
und dennoch lieis man diesen altehrwürdigen Zweig der Heilkunde
yerkümmem und verdorren, bis endlich die Neuzeit wieder seinen
Wert erkannte. Da aber pflegte und hegte man die Hygiene, als
ob man das Versäumte nachzuholen gewillt wäre. Folgen dieses
Strebens, das einen gewaltigen Fortschritt in der Erkenntnis bedeutet,
sind die Assanierung der Städte, die Überwachung der Gewerbe, die
Beaufsichtigung des Nahrungsmittelverkehrs, die Seuchenprophylaxe
und schlieJslich auch die Schulhygiene. Gerade diese letztere ver-
dient die fortgesetzte und stets erhöhte Aufmerksamkeit der Ärzte,
weil ihr Ziel darin besteht, dem Volke eine gesunde Jugend zu er-
halten, und damit die Gewähr seiner Blüte. „Die Schule ist^, wie
Gbiesbaoh mit Becht betont, „für die Zöglinge das zweite Heim.
Mit dem sechsten oder siebenten Jahre erfolgt durchschnittlich die
Au&ahme der Kinder in die Schule und dann verbringen sie dort,
die Ferienzeit, Sonn- und Feiertage ausgenommen, etliche Jahre
täglich vier, sechs und mehr Stunden. In solchen Zeiträumen können
selbst kleine xmd geringfügig erscheinende Schädlichkeiten die ver-
hängnisvollsten Folgen für die Gesundheit haben.''
Die Schulhygiene hat nun zweckmälsig eingerichtete Schulhäuser
bauen gelehrt, hat wohlgeeignete Schulbänke geschaffen, hat für Licht
und Luft gesorgt, hat den Wert der Körperpflege in der Turnstunde
374
«
und auf den Spielplätzen, im Bade u. s. w. zu Ansehen gebracht,
hat sieh die Prophylaxe der Infektiooskrankheiten angelegen sein
lassen, hat in den Kampf gegen die Alkoholisierung der Jugend
eingegriffen und anderes mehr geleistet — aber zaghaft und bis-
her nur mit geringem Erfolg hat sie den Unterrichts-
plan der Schule beeinflufst. Hier harrt ihrer noch eine grofse,
eine schöne Aufgabe, die sie durch gemeinsame Arbeit einsichtiger
Schulmänner und Ärzte zu lösen hat.
Gewifs hat auch die Vergangenheit, in der die Schulhygiene
eine so untergeordnete Bolle spielte, im ünterrichtsplan der Schulen
— ich meine hier natürlich immer nur die Volksschulen — einige
gesundheitliche Bücksichten genommen. So hat z. B. schon die
Wittenberger Kirchenordnung von 1533 für Mädchenschulen die
Nachmittage des Mittwochs und Samstags für unterrichtsfrei erklärt.
Und Johann Psteb Frank, den wir als Schöpfer der modernen
Schulhygiene bezeichnen dürfen, verlangte für die jüngeren Kinder
sowohl vormittags als nachmittags je eine Stunde weniger Unterricht
als für die älteren, forderte einen nützlichen Wechsel im Vortrag
der Lehrsätze, „so dafs weder die Einbildungskraft, noch das Ge-
dächtnis mit einer und der nämlichen Sache überläatigt, sondern all-
zeit zu einiger Erholung zwischen den Vorträgen Platz gelassen
werde*', und verwarf die Verkümmerung der Ferientage durch Schul-
aufgaben. Allein alle diese löblichen Vorschläge trefiFen nicht das
Ganze, schafifen keine Grundlage, auf der sich ein gesundheitsgemälser
Unterrichtsplan aufzubauen hat, und entbehren darum des genügenden
und wünschenswerten Erfolges. Wer sich diesen sichern will, mols
davon ausgehen, dafs der Schule in ihren Rekruten ein bunt zu-
sammengewürfeltes, körperlich tmd geistig ungleichwertiges, durchaus
mannigfaches Menschenmaterial zugeht, ein Material, das nicht nach
konfessionellen, politischen oder materiellen Gesichtspunkten gesondert
werden darf, wenn es anders zur bestmöglichen Ausbildung gebracht
werden soll, sondern einzig und allein unter Berücksichtigung der
natürlichen Körper- und Geistesanlagen 1 Das Ideal allen VolkssohuU
Unterrichts erblickt der Hygieniker in der Berücksichtigung des Indi-
viduums. Denn der Mensch ist individuell beanlagt und individuell
bildungsfähig; eine Menschenmenge ist nicht eine Herde, eine gleich-
artige Masse, sondern eine Summe von Einzelwesen.
In unseren Ellassen freilich, die bis zu 60 und 70 Insassen be-
herbergen, zuweilen noch mehr, ist natürlich individueller Unterricht
unmöglich. Der Unterrichtsplan konstruiert sich aus der Er£a,hrang
375
heraus ein Mab derjenigen Anlagen, das man durohscbnittlioli bei
Kindern eines gewissen Alters voraussetzen kann, und baut auf dieser
Grundlage die Menge der Kenntnisse auf, fbr welche durchschnittlich
Kinder einer gewissen Altersstufe au&ahmefUiig sein sollen. In das
Schema, welches sich solcherart ergibt, werden alle Kinder gleichen
Alters hineingezwängt. Es gibt keinen Unterschied für körperlich
schwächliche Kinder, für geistig minderwertige Kinder. Wer nicht
mitkommt, bleibt zurück und erreicht schlieMich keinen AbschluTs
seiner Ausbildung, weil er vor Erreichung der obersten Klasse seine
Schulpflicht erfüllt hat und abgeht. Das einzige, was bisher die
Schule, wenigstens in vielen deutschen Grolsstädten, tat, war die
Fürsorge für geistig unterwertige Kinder durch Errichtung von
Hilfsklassen; diese vereinigen Kinder mit so geringen Geistes-
gaben, dals sie auch nach zweijährigem Besuch der ersten Volksschul-
klaase für die zweite unfthig erscheinen, ohne deshalb geradezu
idiotisch genannt werden zu dürfen; und in ihnen wird von einem
besonders erfahrenen Lehrer möglichst individuell jeder Insasse unter-
richtet. Es sind teilweise gemischte, teilweise geschlechtlich getrennte
Klassen; in Nürnberg haben wir zurzeit sechs gemischte Hilfsklassen.
Im ganzen Deutschen Reiche ist nach der Statistik von J. Tbüpeb
durch 326 Klassen in 98 Schulen für 7013 schwachbef&higte Kinder
solcher Art im Jahre 1902 gesorgt gewesen. Auch im Auslande,
in Wien, Rotterdam, Christiania und vor allem in der Schweiz, gibt
es Hil&klassen.
Seheiden wir diese geistig unterwertigen Kinder aus und be-
trachten mit ärztlichen Augen die übrigbleibende Hauptmenge der
Schüler und Schülerinnen, so werden wir sowohl solche mit körper-
lichem Mangel^ als solche mit geistigem finden, wobei natürlich die
körperlich Schwachen oft zugleich geistig schwach sein werden.
Von den körperlich Schwachen faUen zunächst einige aus, welche
als Krüppel nicht der öffentlichen Schule, sondern den Blinden-
anstalten, Taubstummenanstalten oder Krüppel heimen zugehören;
wenngleich ihre Zahl weit grölser ist, als man auch in ärztlichen
Kreisen anzunehmen geneigt ist, wie Leokhabd Rosenfelb und
VuLPius betont haben, so haben sie doch für die vorliegende Frage kein
Interesse. Weit eher gilt das von hochgradig Schwerhörigen,
welchen ihr Gebrechen die Beteiligung am allgemeinen Unterricht
erschwert oder unmöglich macht, ohne dafs sie doch den Taub-
stummenanstalten zuzuweisen wären. Für solche Kinder sorgt bisher
meines Wissens nur privater üntemehmersinn; so existiert z. B. zu
376
Wenigenjena in Thüringen das BsAüCEMANN8olie Lehnnstitut fiOr
Schwerhörige seit 1894; dasselbe ist sowohl Knaben als Mädohen,
aber natürlich nur bemittelten, zugänglich. — Noch wichtiger sind
Sprachgebreohen, nnd es ist erfirenlioh, dals in jüngster Zeit in
einer Reihe von Städten die Yolksschnle Stotterkorse eingerichtet
hat nnd unterhält. Auch Nürnbergs Volksschulen besitzen drei
solche Kurse in räumlich getrennten Schulhäusem und man lälst den
Stotterern wöchentlich eine Sprechstunde während des Schuljahres
geben. AuiSserhalb desselben und zwar in die Ferien yerlegt diesen
Unterricht die Schule zu Zürich: so gab es in den Herbstferien 1898
zwei Kurse mit 24 Teilnehmern, und in den Sommerferien 1899
bildete man — eine originelle und nicht üble Idee — aus 17 Knaben
und 4 Mädchen, welche stotterten, eine besondere Ferienkolonie, um
in dieser Sprachunterricht zu erteilen.
Ein Wort ist auch über die tuberkulösen Kinder zu sagen.
Die Ansichten von der Seltenheit der Tuberkulose im Kindesalter
haben sich ja sehr geändert; in einer Kieler Dissertation von 1892
gibt BoLTz die Sterblichkeit an Tuberkulose für das fiinfte bis zehnte
Lebensjahr auf 34,3% an! Auf denselben Lebensabschnitt entfielen
1898 in Preuisen 1558 Todes&Ue. Die unbekannten Erkrankungs-
zifiem sind natürlich wesentlich höhere, wennschon sie nach Leu-
BUSCHEB die theoretischen Erwartungen glücklicherweise nicht er-
reichen; andererseits ist freilich die Schwierigkeit der Diagnose im
ersten Lebenerjahrzehnt nicht zu verkennen, soweit die Lungentuber-
kulose in Betracht kommt. Obebtüschen hat in der letzten Sitzung
des internationalen Zentralbureaus zur Bekämpfung der Tuberkulose
in Berlin gefordert, dafs alle Kinder mit sicher konstatierter oder
höchstwahrscheinlicher Lungentuberkulose vom Schulbesuche, solange
der infektiöse Prozefs dauert, auszusohlielsen sind. „Dergleichen
Kinder^, bemerkt Leübuscheb, ^bedeuten eine grofse Gefahr für
ihre Mitschüler.'' Und doch könnten diese Kinder, rechtzeitig
behandelt, geheilt werden. Darum ist durch die Bemühungen Lsu-
BUSOHEBS in Meiningen am 14. November 1902 verfügt worden, dieee
tuberkulösen Schulkinder vom allgemeinen Unterricht auszuschliefsen,
um sie in der Lungenheilstätte der thüringischen Jjandesversicherungs-
anstalt, mit der ein entsprechendes Abkommen getroffen wurde, unter-
zubringen (13 Wochen). „Wenn die Sache sich gut entwickelt'',
bemerkt mir Prof. Leubüsgheb in einer dankenswerten Zuschrift,
„und nicht am Kostenpunkte scheitert, so werden die betreffenden
Kinder gemeinsam in der Heilanstalt unterrichtet werden können. '^
877
Nicht wenige Kinder endlich sind mit nervösen Leiden be-
haftet; dalB die Zahl der nervösen Yolksschnlkinder unterschätzt wird,
habe ich anderenorts nachgewiesen. Zu den nervös Beanlagten, den
nenrasthenischen, hysterischen Schulkindern gesellen sich jene mit
Veitstanz, mit Krämpfen u. a. m. Ängstlich, scheu, gedrückt ver-
mögen diese Kinder schwer oder gar nicht dem Unterricht zu folgen,
und manche gelten wohl als träge, dumm oder verstockt. Rücksicht
auf ihr sensibles Nervensystem nimmt der ünterrichtsplan nicht und
schädigt dasselbe dadurch schwer, vielleicht dauernd; man bedenke
nur, daCs nicht nur eine Zunahme der Geisteskrankheiten bei Kindern
feststeht, sondern dais nach den Untersuchungen von Kahlbaüm und
jüngst von J. Babb sogar die Zunahme der Kinderselbstmorde wegen
gekränkten Ehrgefühls, aus Furcht vor Schulstrafen u. s. w. auTser
Zweifel ist, und wer wollte jene Kinder als normale erachten ? Dennoch
fehlt bis zur Stunde eine Fürsorge der Volksschule für solche ner-
vöse und nervenkranke Schulkinder. Besonders Stadelhakn in
Würzburg hat im Juli 1902 die öffentliche Aufmerksamkeit auf
solchen Mangel gelenkt und Schulen für nervenkranke Kinder ver-
langt. Nach einer freundlichen brieflichen Mitteilung nimmt er in
seiner eigenen „Schule für nervenkranke Kinder*^ gerade die schwersten
Formen, in denen Assooiationsstörungen, Koordinationsstörungen u.8.w.
sich zeigen, also Kinder mit Chorea, mit Krämpfen u. dergl. auf und
unterrichtet sie persönlich, indem er die Behandlung zum Unterricht
werden lälst, mit Hilfe zweier erfahrener Lehrer individuell, sogar
einzeln, um eine psychische Infektion, deren Vorkommen die nicht
so gar seltenen psychischen Schulepidemien beweisen, zu verhüten.
Die Stundenzahl ist auf das geringste Mafs beschränkt. Unversorgt
und vom Unterrichtsplan unbeachtet bleiben aber alle unbemittelten
Kinder der Art und vor allem alle die leichteren Fälle von nervöser
Veranlagung, die gerade prophylaktisch so gut zu beeinflussen sind,
während sie sonst nur die unterste Stufe zu den höheren Gattungen
bilden.
Jetzt kommt das Heer der dyskrasischen Kinder dazu, und
wer wollte bezweifeln, daüs sie alle die körperliche Untüchtigkeit un-
geeignet zu einem sohematischen Unterricht mit einem Durchschnitts-
lehrplan, einem sog. Normalplan, macht? — sei es vorübergehend
oder dauernd I Daus solche vorübergende Untüchtigkeit auch durch
lange Schulversäumnisse im Gefolge schwerer Erkrankungen erworben
werden kann, sei nur erwähnt 1
Noch viel bedenklicher aber erscheint dieser Normallehrplan,
378
wenn wir die körperliob gesunden oder nngesunden Eonder auf ihie
Intelligenz, auf ihre Auffassungsf^higkeit, auf ihr Gedächtnis u. s. w.
prüfen! Kaum eines gleicht da wohl dem anderen, und dennoch
gibt es für jeden Geist dieselbe Speise I Natürlich wäre es absurd,
jemals an die Möglichkeit zu denken, der Pädagogik die Psychologie
so zu Grunde zu legen, dais zunächst die Psyche jedes Eondes ge-
prüft wird, um auf dem Prüfnngsergebnisse einen genau passenden
Lehrplan aufzubauen. Das wäre das Ideal, doch ebenso unerreichbar
und utopistisch, als eben in unserer realen Welt andere Ideale auch 1
Aber das ist auch nicht notwendig, um so weniger notwendig, als
die heutige Volksschule bei Aufstellung des Unterrichtsplans trachtet,
eher etwas unter dem Durchschnitt der geistigen Begabung und der
geistigen Aufnahmefähigkeit zu bleiben, als diesen um ein weniges
zu überschreiten. Auch haben einsichtige Pädagogen schon gewarnt,
in rücksichtsloser Hast und ungeduldigem Streben ein möglichst
günstiges Lehrergebnis erzielen zu wollen. Für solche Eander end-
lich, die in ihrer geistigen Entwicklung durchaus zurückgeblieben
sind, ist obendrein der Beginn der Schulpflicht hinausgerückt, und
mit der Auswahl dieser Kinder aus den Schulrekruten können Arzt
und Lehrer gemeinsam ein nützliches Stück praktischer Hygiene
treiben. Dennoch ist die Zahl derjenigen Schulkinder, welche dem
Normallehrplan nicht gewachsen sind, recht groüs. Das beweisen die
Ziffern derjenigen, welche das Schulziel mit vollendeter Schulpflicht
nicht erreichen!
Für die Mannheimer Volksschule hat Sickingeb, der verdiente
Schulhygieniker, den Durchschnittsprozentsatz der entlassenen Schüler
nach der Abgangsklasse berechnet. Er fand für die Zeit von 1887
bis 1897 die entlassenen Kaben:
in 8,80% bis zur V. Klasse aufgestiegen,
„ 21,637o „ „ VI. „
, 37,84% „ „ VII. „ und
nur „ 29,21% „ „ VHI. „
Die entlassenen Mädchen waren:
in 10,74 7o bis zur V. Klasse gelangt,
„ 21,64% „ „ VL „
„ 42,457o „ „ Vn. , und
nur „ 21,23% „ „ VIIL „
Dabei haben sich durch einen herabgeminderten Lehrplan diese
Ziffern gegenüber dem Jahrzehnt 1877/1887 günstiger gestellt.
Beträchtlich besser als in Mannheim, gestalten sich immerhin
379
die Yerhaltniflse in Nürnberg, wo der Normalnnterrichtsplan nur
sieben Klassen umfalst. Hier gehörten nach Angaben, die ich der
groisen Liebenswürdigkeit des Herrn Schnlrat Prof. Dr. GriiAsmNQ
verdanke, von den entlassenen Schülern nnd Schülerinnen der
IV. Klasse
im Schuljahre 1890/1891 an 0,40%
1891/1892 0,497o
„ 1892/1893 0,66Vo
„ „ 1893/1894 0,38%
„ 1894/1895 0,677o
„ „ 1895/1896 0,20%
1896/1897 0,19Vo
1897/1898 0,29%
1898/1899 2,08%
1899/1900 0,67%
1900/1901 0,677o
also der IV. Klasse im Zeitraum 1890/1901 durchschnitt-
lich 0,6%.
Für die V. Klasse sind die Ziffern im gleichen Zeitraum:
6,12%; 6,177o; 5,237o; 6, 10 7o; 6,32 7o; 6,80 7o; 3,86%; 3,76 7o;
3,94 7o; 4,887o; 5,24 7o,
d. h. durchschnittlich im Zeitraum von 1890/1901 — 5,137o.
Für die VI. Klasse:
18,707o; 18,907o; 16,397o; 20,547o; 15,997o; 22,007o; 15,867o;
15,57 7o; 15,767o; 18,447o; 17,7S7o,
d. h. durchschnittlich im Zeitraum von 1890/1901 — 17,767o.
Für die VII. Klasse endlich:
74,607o; 74,427o; 77,727o; 73,9l7o; 77,127o; 71,987o; 74,757o;
74,337o; 73,347o; 68,887o; 76,387o,
d. h. durchschnittlich im Zeitraum von 1890/1901 — 74,227o.
Mit dürren Worten besagen diese Zahlen, dafs in
Mannheim noch nicht die Hälfte der Volksschüler mit
beendigter Schulpflicht die VII. Klasse erreicht haben,
in Nürnberg noch nicht drei Viertel derselben, so dafs in
beiden Städten zusammen durchschnittlich von drei
Volksschülern nur zwei die Vil. Klasse wirklich durch-
laufen. Ich meine, das sollte Ärzten sowohl als Pädagogen zu
denken geben I Denn es ist damit bewiesen, dals der Normallehrplan
f&r eine Anzahl Eünder zu hoch gestellt ist. Diese Anzahl ist zwar
die Minderheit, aber absolut ist sie wahrlich grois genug, selbst wenn
SehulgeMuidheitopflege. XVI. 20
380
wir nnr die guten Nürnberger Zahlen ins Auge fassen wollten.
Nun geht aus dem mitgeteilten Grundsatz bei Aufstellung des Unter-
riohtsplans für die Volksschule klar hervor, dafs eine Verringerung
des LehrstofiFes nicht wohl angängig ist; es wäre auch ungerecht
gegenüber den vielen, die ihn bewältigen, und zwar manchmal sogar
spielend leicht. Aber jene Minderheit bedarf einer Berücksichtigung.
Das müssen wir Ärzte unbedingt fordern, und jedermann dem die Volks-
wohlfahrt am Herzen liegt, muls uns zustimmen. Haben wir doch
gesehen, dais jene Minderheit aus körperlich oder geistig oder körper-
lich und geistig Schwachen besteht! Ihnen darf aus der Schulzeit
kein Schaden für das spätere Leben erwachsen; ihre körperlichen
Gebrechen dürfen nicht vermehrt werden; ihr widerstandsunfUiiges
Nervensystem, das im späteren Leben gegenwärtig tausend unver-
meidlichen Schädigungen ausgesetzt wird, bedarf der Schonung, nicht
weiterer Schwächung; das Gehirn, das nicht genügende Arbeit leisten
kann, darf nicht überreizt — das Seelenleben nicht durch das Be-
wulBtsein der Unfähigkeit, durch Tadel und Strafe des Lehrers, durch
Spott und Verachtung des Mitschülers bedrückt werden!
Wie ist da zu helfen? Wie ist der ünterrichtsplan der
Volksschule hygienisch zu gestalten?
Schuldirektor Seiffert hat bereits 1891 den richtigen Weg
gezeigt. Er benutzte einfach die Parallelklassen so, dafs er sie
nicht willkürlich oder nach irgend welchen praktischen Gesichtspunkten
bevölkerte; sondern so, dafs er der einen Abteilung die geistig
stärkeren, der anderen die geistig schwächeren Schüler zuwies
und in diesen Abteilungen den (Jnterrichtsplan den Lasassen anzupassen
suchte. Freilich lieis er diese Trennung, also auch den hygienischen
Unterrichtsplan, erst vom Beginn des vierten Schuljahres ab ein-
treten. Dieses vierte Schuljahr diente ihm als Probejahr; vom
fünften Jahre ab war dann die Scheidung eine endgültige. 1897
erhob der Philologe Max Bbahm aufs neue den Ruf, die gleich-
altrigen Volksschüler nach dem Mause ihrer Fähigkeiten in wenig-
stens zwei Abteilungen zu sondern, deren eine die excessiv schnell
geistig ermüdenden Kinder aufzunehmen habe. Eine ärztliche Stimme
scheint sich nicht erhoben zu haben ; Binbwangeb hat ohne bestimmte
Vorschläge nur allgemein verlangt, dafs der Erziehungsplan ein-
geschränkt und der Lehrstoff vereinfacht werde, sobald durch ge-
steigerte Ermüdbarkeit intellektuelle Lisufficienz sich anzeigt. Eine
allgemeinere Beachtung scheint eben, wie eingangs erwähnt, die
Hygiene des ünterrichtsplans nicht gefunden zu haben.
381
Einen praktischen Anfang in dieser Angelegenheit nDtemahm
die Schnlleitnng der Stadt Basel. Die geographische Lage brachte
es dort mit sich, dafs vom fünften Schuljahr ab in der Yolkssohnle
auf Kosten des deutschen Unterrichts und des Eechnens die franzö-
sische Sprache obligatorischer ünterrichtsgegenstand wurde. Nach-
dem man einsah, dafs solcher Art deu schwächeren Kindern das
Erreichen der letzten Klasse erschwert oder unmöglich wurde, fafste
man diese Schüler in besondere Parallelklassen, die sog. ^^deutschen''
Klassen, zusammen, um sie ohne Französisch nach einem einfacheren
Lehrplan zu unterrichten. Dabei ist die Kopfzahl dieser Klassen
eng begrenzt, der Klassenlehrer sorgfältigst ausgewählt, und es steigt
dieser mit seinen Zöglingen von Klasse zu Klasse auf, was natürlich
ein inniges Yertrautwerden mit den individuellen Eigenschaften der
Kinder zur Folge hat. Das Tempo der Fortschritte geben die
schwächsten Schüler an.
Ähnlich hat die Volksschule zu Zürich, wo die Schulpflicht
acht Klassen umgreift, für die letzten zwei Klassen parallele Klassen-
reihen mit engerem und weiterem Lehrplan (I. und 11. Sekundar-
klasse einerseits und YU. und YIII. Erlasse der Primarschule an*
dererseits) eingerichtet. Schüler, die dem erweiterten Lehrplan in
einer gewissen Probezeit zu folgen nicht vermögen, werden laut
Gteeeiz in die Primarschule zurückverwiesen. Seit 1897 bestehen
behufs zweckmälsiger Schulung der schwächsten Elemente besondere
Kiasaen (Hilfisklassen) mit besonderem Lehrgang, anfangs eine, im
Schuljahre 1899/1900 schon sieben. Der Erfolg dieser Einrichtungen
blieb nicht aus, und von den Klassen in Zürich mit dem engeren
Lehrplan sagte der Yisitationsbericht, daCs sie das volle Yertrauen
von Bürgern und Behörden verdienen.
Auf Grund der in Basel und Zürich mit der Einrichtung von
Fähigkeitsklassen gemachten günstigen Erfahrungen hat nun Ende
1899 der Stadtschulrat von Mannheim, Herr Professor Dr. SiOKiNasB,
dem ich an dieser Stelle für seine ausführlichen Mitteilungen und
für die Überlassung seiner Druckschriften vielmals verbindlichst
danke, dem Stadtrat die von ihm zu Begiim des Jahres 1899 em-
pfohlenen Organisationsvorschläge der Yolkssohnle in Mannheim zur
Durchführung dringlichst wiederholt empfohlen, damit „innerhalb
des weit ausgedehnten Schulorganismus mit seiner reichen Klassen-
gliederung jedem Kinde, dem schwachen, wie dem starken, die
seiner Eigenart gemäfse Entwicklung und Förderung zu
teil werde".
20*
382
Aus den Leitsätzen, in denen jener höchst lehrreiche Bericht
gipfelt, hebe ich folgende hervor:
snb 5. Ein einheitlich zugeschnittener Lehrplan ist deshalb
fdr die obligatorische Volksschule, die alle Kinder unterschiedslos
aufzunehmen und durch Unterricht zu erziehen hat, ein Unding.
sub 6. Es müssen vielmehr, damit in der obligatorischen Volks-
schule jedem Kinde, dem schwachen, wie dem starken, die seiner
Eigenart gemaise Entwicklung und Förderung zu teil werde, mehrere
quantitativ und teilweise auch qualitativ verschiedene Unterrichts-
gänge eingerichtet werden.
und bereits vorher war sub 3 die Schädigung der Kinder durch
den Grundsatz, alle Kinder hätten ein Recht auf gleiche Bildung,
folgendermalsen begründet worden:
„Man hatte eben aulser acht gelassen, dais die Arbeitsbefähi-
gung der Lidividuen substantiell und graduell sehr verschieden ist,
und dafs das Individuum zu keinem anderen Qrade der Brauchbar-
keit geführt werden kann, als wozu es seine Ejräfte fähig machen.''
Das ist der rechte Gesichtspunkt! Das ist der erspriefsHohe
Ausgangspunkt, den man vom Standpunkt der Hygiene herzlich be-
grüJTsen muls. Und überzeugt, wie ich um der Gesundheit der
Jugend willen, die ja die Gesundheit der Zukunft ist, von der
Notwendigkeit eines hygienischen Unterrichtsplanes nun einmal bin,
freue ich mich, berichten zu dürfen, dafis die Bemühungen Siokinoebs
zu einem Ziele führten, das zwar nicht ganz dem weit- und um-
sichtigen Programmentwurf dieses hygienischen Schulmannes ent-
spricht, aber doch für das erste hoch befriedigt.
Ohne den ganzen Entwicklungsgang dieser Schulreform auf hygie-
nischer Grundlage darzustellen — , ohne auf die Begründung der recht-
lichen Zulässigkeit, Kinder in die Klassen mit engerem Lehrplan zu
yerweisen, einzugehen — , ohne endlich des guten Einflusses solcher
Einrichtung auch auf Gesittung und Gesinnung der Schüler zu ge-
denken, gebe ich hier nur den Umrüs des Aufbaues der hygienischen
Volksschule zu Mannheim, wie ihn SiCKiKaEB mir brieflich schildert
und wie ihn der Jahresbericht über den Stand der Mannheimer Schulen
im Schuljahr 1901/1902 vor Augen führt. Es waren in diesem Schul-
jahr die Klassen zum erstenmal gegliedert in Normal- und Sonder-
klassen; die Sonderklassen aber waren zwei „flilfsklassen^ mit 31
Kindern, vier „Wiederholungsklassen^ mit 151 Kindern und zehn
^AbschluiGsklassen'' mit 825 Kindern, verteilt auf verschiedene Schul-
häuser.
38S
Die Hilfsklassen entsprechen ganz den Hilfskiaasen in an-
deren Volkssoholen, sind also für geistig nnterwertige Kinder be-
stimmt. Die Abschlafsk lassen haben vorzüglich pädagogisches
Interesse; denn sie sind bestimmt den Kindern, welche ans irgend
einem Grunde mit Beendigung der Schulpflicht nicht das Schul-
endziel erlangen, also des Abschlusses der von der Volksschule ge-
botenen Bildung entbehren würden, in nuce, in grolsen Umrissen
innerhalb eines Jahres zu bieten, was sonst den Lehrplan mehrerer
Klassen umfabt, um eben die geistige Ausbildung abzurunden und
zu einer gewissen Vollendung zu bringen. Von hygienischem G-e-
sichtspunkte ist bei dieser Maüsnahme nicht zu unterschätzen, dafs
solcher Art der Lehrer nicht leicht in den gewils wohlgemeinten,
aber doch dem Nervensystem schädlichen Fehler eines allzu raschen
Tempos im Unterricht gegenüber allen Kindern verfallen wird; er
wird vielmehr leichter trotz allen Pflichteifers sich entschliefsen, die
Schüler, welche nicht seinem Unterricht ganz zu folgen vermögen,
schonend zu berücksichtigen; weiis er doch, daüs durch diese Ab-
schlnfsklassen ein wesentliches Bildungsdefizit ausgeglichen wirdi
Von durchaus hygienischem Werte sind aber die sogenannten
Wiederholungsklassen. Diese Bezeichnung wurde, obgleich sie
nicht ganz dem Umfange der Einrichtung entspricht, gewählt, „weil sie
tatsächlich von den mitsprechenden Faktoren am wenigsten bean-
standet wurde*^. Wie man sich diese Klassen zu denken hat, schil-
dere ich am besten mit Sickinoebs eigenen Worten:
„Alle diejenigen Kinder, welche im ersten Jahre des obligato-
rischen Schulbesuchs aus irgend welchen Gründen (aus inneren oder
äuiseren, z. B. wegen Krankheit und häufigen Fehlens) das Ziel der
I. (untersten) Klasse nicht erreichen konnten, werden im zweiten
Jahre ihres Schulbesuches nicht — wie es bisher hier war und
anderwärts jetzt noch der Fall ist — , als Repetenten unter die
neuen Anftngerklassen verteilt, sondern werden in besonderen, sog.
Wiederholungsklassen mit höchstens 35 Köpfen zusammengefalst,
besonders geeigneten Lehrern zugewiesen, die die auTserordentlich
bedeutsame Möglichkeit haben, täglich den schwächsten Teil ihrer
Zöglinge und ebenso den fUiigeren Teil in getrennten Unterrichts-
stunden zu unterrichten und so den Massenunterricht möglichst in-
dividuell zu gestalten (successiver Abteilungsunterricht).
ümCafst z. B. die Wiederholungsklasse 85 Schüler, so bezeichnet
der Klassenlehrer vielleicht seine 10 schwächsten als a- Abteilung,
die 25 besseren als b-Abteilung und hat demgemäls drei Arten von
384
Stunden: 1. solche, in denen er nur die a- Abteilung hat, 2. solche,
in denen er nur die b-Abteilung hat, 3. solche, in denen er alle
Schüler (aundb) hat.^ Vermöge dieses individualisierenden Massen-
unterrichts ist es nun möglich, die Bepetenten, die bisherigen Stief-
kinder der Volksschule, in ganz besonders pfleglicher Weise zu be-
handeln, indem eben der Lehrer nach der Seite des Stoffausmafses
und der Stoffdarbietung und namentlich hinsichtlich des Tempos des
Vorwärtsgehens in weitestgehender Weise den individuellen Bedürf-
nissen entsprechen kann. Das Lehrziel der Wiederholungsklasse I
ist im grolsen und ganzen das gleiche, wie in den Normalklassen I,
nur dafs sich der Lehrer auf das wesentlichste beschränkt.*'
Zum Schlüsse des Schuljahres werden nun die Kinder, welche
durchaus befriedigende Erfolge erzielt, wieder in Normalklassen II
überführt; diejenigen, welche zwar das Ziel erreicht haben, die je-
doch auf der nächsten Stufe voraussichtlich nur mitkommen, wenn
sie wieder unter besonders günstigen Bedingungen untemchtet
werden, kommen in Wiederholungsklasse II, die sie mit wirklichen
Repetenten der II. Normalklasse bilden, in der Regel unter Leitung
desselben Lehrers, der mit ihnen aus Wiederholungsklasse I aufrückt.
Haben Kinder infolge häufigen Fehlens das Ziel der Wiederholungs-
klasse I nicht erreicht, verbleiben sie in dieser ein weiteres Jahr;
ist der Grund solchen Miiserfolges mangelnde Begabung, so werden
diese Kinder „nach einer seitens des Arztes und des Schulleiters
vorgenommenen Prüfung einer Hilfsklasse für geistig zurückgebliebene
Kinder zugewiesen. Erweisen sie sich auch hier -unbildungsfUiig,
^ Z. B. : Montag 8—9 a |
Bechnen
Deutsch
9—10 anndb Beligion
10-11 a«ndb{ £»5,--
11—12 —
2 — 8 a und b Dentsch
o j v ( Rechnen
*-* ^ ^ Deataoh
oder Dien.t.g 8-9 a ^ ^^^
9-10 aundW ^^-
"-faundb/g-r
o A u f Rechnen
^""* ^ \ DeutMh u. 8. f.
385
60 werden sie aus der öfPentlioken Schule überhaupt beseitigt und
einer Idiotenanstalt überwiesen^. Die aus Wiederholungsklasse I in
Normalklasse II yersetzten Kinder bevölkern später diejenige Ab-
schlulsklasse, welche die fehlende YIII. Normalklasse ersetzt, um
eben das verlorene Jahr wieder einzubringen. Natürlich kann auch
aus der Normalklasse wieder eine Bückverweisung in die Wieder-
holungsklasse erfolgen; bei Kindern aber, welche infolge Krankheit
von längerer Dauer oder Zuwanderung aus anderen Orten mit ge-
ringeren Schulansprüohen in die Wiederholungsklasse kamen, kann
während des Schuljahres eine Einreihung in die Normalklasse gün-
stigsten Falles eintreten, so daCs ihnen kein Schuljahr verloren geht.
Die Wiederholungsklassen bilden vier Lehrkurse; vom fünften
Schuljahre ab beginnen die Abschlufsklassen, so dafs in die erste
AbschluTsklasse diejenigen gelangen, welche ein Jahr vor Ablauf
der Schulpflicht erst vier Klassen normaliter durchlaufen haben.
Auch in die Abschlulsklassen kommen höchstens 35 Insassen, welche
ebenjGEdls — wenn auch in beschränkterem Malse als in den Wieder-
holungsklassen, — suocessiven Abteilungsunterricht erhalten.
Dieses System, vielleicht für den ersten Blick etwas kompliziert
und doch bei näherem Zuschauen sehr durchsichtig, vor Ärzten zu
rühmen und zu preisen, das ist wahrhaftig überflüssig I Es ruht auf
so gesimden Q-rundlagen und ist von so greisem Verständnis für das
Individuelle des Menschen, dessen Berücksichtigung ja der Itfafsstab
alles ärztlichen Handelns ist, durchdrungen, dals es Beachtung,
Aufmerksamkeit, Nachahmung und Verbesserung erfSfthren muls und
wird. Gerade darum halte ich mich berechtigt, in einem Kreise
praktischer Ärzte von diesem System zu berichten; das ganze System
ist praktische Hygiene.
Was aber könnte diesem System, was im allgemeinen der
hygienischen Gestaltung des Unterrichtsplanes entgegen stehen?
Wenn das Ziel die Gesundheit ist, dann müssen alle Vorurteile und
Bücksichten fallen 1 Vorurteilslos und rücksichtslos müssen wir
Ärzte fordern, dafs die Sonderung der Volksschulklassen in konfes-
sionelle und simultane, in solche mit und solche ohne Schulgeld u.
dergl. m. yerschwindet, weil sie die Scheidung in solche mit engerem
und weiterem Lehrplan von der höheren Warte der Gesundheits-
pflege aus vereitelt. Den Widerstand der Eltern, die in falscher
Liebe wegen Bezeichnung ihrer Lieblinge als minderbegabte solchen
Beformen feindlich sein möchten, fürchten wir nicht. Ihnen rufen
wir die Mahnung Jean Pauls zu : „ Wer der Weisheit die G^undheit
386
opfert, hat meisteius auch die Weisheit mitgeopfert^, und er-
innern sie an den grolBen nordischen Dichter, der als Ziel der Zu-
kunft nennt, die Menschen gesund und froh zu machen. Nach den
Erfahrungen in Mannheim giht es tihrigens diesen Widerstand nicht;
wie der Jahreshericht der dortigen Schulen für 1901/1902 hetont,
ist in keinem einzigen Falle Einspruch gegen die Einschulung in
Wiederholungs- und Abschlulsklassen erhohen worden — vielmehr
wiederholt Befriedigung darüber ausgesprochen worden, weil jetzt
die Kinder lieber zur Schule gingen, ungerechte Beurteilungen der
Kinder lassen sich obendrein ausschliefsen, weil man in Fällen, wo
die Angaben des Lehrers über mangelnde Be&higung auf Zweifel
stoüsen, objektiv nach den Methoden von EBBiNanAüS oder Kbaepelin
oder G-BEBBBAGH die abnorm rasche geistige Ermüdung, die intellek-
tuelle Insufficienz, nachprüfen kann. Dais endlich die Idee eines
gesundheitsgemäUsen Unterrichtsplanes auch „wider Erwarten schnell
in den Kreisen der Lehrerschaft und bei den Stadtverwaltungen
Eingang gefunden hat^, das konnte SiCEiNesB mit Befriedigung
feststellen.
Soll ich nun meine Anschauungen noch einmal kurz zusammen-
fassen, so mufs ich sagen:
1. Die Hygiene des unterrichtsplanes erfordert Berücksichti-
gung der individuellen körperüchen und geistigen Fähig,
keiten der Schulrekruten.
2. Der Normallehrplan palst nur für einen Teil der Schul-
kinder.
3. Darum ist die Gliederung der Parallelklassen in der Volks-
schule lediglich nach hygienischen Gesichtspunkten unbe-
dingtes Erfordernis der öffentlichen Gesundheitspflege, so
dals neben den Klassen mit dem Normallehrplan solche mit
engerem Lehi^iel geführt werden.
4. Wenn sich dieser Gliederung der Klassen zunächst Schwierig-
keiten entgegenstellen, ist wenigstens das Mannheimer System
der Wiederholungs- und Abschlulsklassen einzuführen und
auszubauen.
6. Die Einrichtung der Hilfsklassen, der Stottererkurse und
ähnlicher hygienischer Einrichtungen darf in keiner Volks-
schule fehlen.
387
Jim ^ttfamminn^tn ttn) )Üereiiteit.
Der vierte Verbandstag der Hilfsschulen Deutschlands in Mains.
Von
K. BASESOW-Hannover
und
Stadtsohulrat Dr. Wehbhahk,
erster Vorsitzender des Verbandes der Hilfsschulen Deutschlands.
Am 14. und 15. April d. Ja. fand in Mainz der vierte Ver-
bandstag der Hilfsschulen Deutschlands statt, der sich einer auüser-
ordentlich regen Beteiligung aus allen Teilen Deutschlands und auch
ans dem Auslande zu erfreuen hatte. Neben den Vertretern der
Hilfsschule selbst waren Schulaufsichtsbeamte, Vertreter von in- und
anslftndischen Ministerien, Regierungen und Magistraten, Leiter und
Lehrer aller Schnlgattungen, Professoren, Juristen, Geistliche, Ärzte
und Privatpersonen in beträchtlicher Zahl anwesend. Die Verhand-
lungen wurden von dem Vorsitzenden des HUfschulrerbandes, Stadt-
schuLrat Dr. Wehbfa HN-Hannover, geleitet.
Am ersten Tage fand eine Vorstandssitzung, eine Sitzung des
Ortsausschusses und Vorstandes und abends von 7 bis 12 Uhr die
erste Versammlung statt. Li seiner BegrüJSsungsansprache wies der
Vorsitzende auf das rege Streben und die bedeutsamen Fortschritte
auf dem Gebiete des Hilfsschulwesens hin. Die Lehrkräfl;e der
Hilfsschulen haben sich in einigen Provinzen und kleinen Staaten
zu SpezialVereinen zusammengeschlossen. Der Verband begrüist der-
artige Vereinigungen mit Freuden in der HofFnung, dafs sie sich
ihm anschlielsen werden, um mit ihm den gemeinsamen Zielen zu-
zustreben. Auch im Auslande — in England und Österreich —
planen die Vertreter der Hilfsschulen einen Zusammenschlufs nach
dem Muster unseres Verbandes.
Den ersten Vortrag hielt Hauptlehrer GiESE-Magdeburg über
„Das Reehnen auf der Unterstufe der Hilfsschule'^ Der Referent
setzt folgende Bechenziele für die sechs Schuljahre in der Hil&*
schule fest: Erstes Jahr: Addition und Subtraktion von 1 — 10;
zweites Jahr: dasselbe bis 20; drittes Jahr: dasselbe bis 100; viertes
388
Jahr: Multiplikation und Division bis 100, und fünftes und sechstes
Jahr: die vier Spezies bis 1000, dezimale Schreibung M-/^^ hl-1,
m-om und die einfachsten Fälle der Bruchrechnung. Bei der Dar-
legung der Übungen für das erste Schuljahr betont er die Wichtigkeit
der FesÜegung der Begriffe „eins^ und ^viel^ und fordert, dais auf
dieser Stufe jede einzelne Zahl gründlich für sich bearbeitet werde.
Die schriftlichen Übungen und vor allem die Art und Weise, die
Mittel und die Bedeutung der Anschauung im Bechenunterrichte der
Hilfsschulen werden ausführlich besprochen. Die Zahlenvorstellungen
müssen an konkreten, vom Einde unmittelbar anzuschauenden Dingen,
mit denen es möglichst viel selbständig zu operieren hat, gewonnen
werden. Die Anschauung mufs sich oft an verschiedenen An-
schauungsmitteln wiederholen, und durch planmälsige Wiederholung
ist auf möglichst weitgehende Rechenfertigkeit hinzuarbeiten. — In
der sehr ausgedehnten, lebhaften Debatte wurden die vom Vor-
tragenden vorgelegten Leitsätze in folgender Fassung angenommen:
1. In der Hilfsschule kommen auf der ersten Stufe Addition und
Subtraktion im Zahlenraume 1 — 10 und auf der zweiten dieselben
Grrundrechnungsarten bis 20 zur Behandlung. 2. Durch mannig-
faltige und häufige Anschauung und Darstellung wird Beohen-
verständnis angebahnt. 3. Durch vielseitige Übung und unermüd-
liche Wiederholung ist Rechenfertigkeit zu erzielen. 4. Für die
Hilfsschule ist ein den Verhältnissen derselben angepafstes Rechen-
buch wünschenswert.
Rektor Gbote - Hannover referierte hierauf über die Frage:
yyKOnnen Kinder zwangsweise der Hilfssehnle zugefOhrt werden ?^^
In dem Vortrage war das Material verarbeitet, welches infolge einer
bezüglichen Anfrage an die Stadtschulverwaltungen sämtlicher
deutscher Städte mit Hilfsschulen beim Vorstande eingegangen war.
Im Anfange der EQlfsschulbewegung machte man die Überführung
der Kinder von der Einwilligung der Eltern abhängig, weil man
sich des Erfolges noch nicht sicher war, und die vorhandenen Ein-
richtungen noch nicht für alle Schwachbegabten Kinder ausreichten.
Jetzt aber, wo die Frage der Organisation der Hilfsschule im wesent-
lichen geklärt ist, wo die Hilfsschulen den Beweis ihrer Existenz-
berechtigung erbracht und wo viele Kommunen mit grofsen Opfern
völlig ausreichende Einrichtungen geschaffen haben, liegt die Forderung
nahe, dafs nun auch wirklich alle in Frage kommenden Kinder der
Hilfsschule überwiesen werden. Diese Überweisung liege im Interesse
des Staates, der Gemeinde, des Schwachbegabten Kindes und seiner
389
Eltern. Gegen den Einwand, die Überweisung drücke dem Kinde
den Stempel der Minderwertigkeit anf, ist zn bemerken, dais das
betreffende Kind die Zeichen der Minderwertigkeit schon in die
Hilfisschule mitbringt, und dais diese im Gegenteil bestrebt ist, die-
selben zu beseitigen. In manchen Orten holt man von yomherein
die Einwilligung der Eltern überhaupt nicht ein, und hier ist man
fast nie einem Widerstände begegnet; wo aber die Eltern gefragt
werden, sind auch Fälle von hartnäckiger Weigerung derselben vor-
gekommen. Nur für solche würde eine zwangsweise Überführung in
Frage kommen; denn billige Rücksicht auf die Eltern erfordert es,
wenn möglich eine gütliche Vereinbarung mit den Eltern zu treffen.
Referent ist überzeugt, daJs auch in Preuüsen eine zwangsweise
Überführung schon jetzt auf Grund der für das Yolkssohulwesen
bestehenden Bestimmungen möglich ist. Verschiedene Regierungen
und das Ministerium scheinen diese Auffassung zu teilen, wie das
aus mehreren Verfügungen und Entscheidungen deutlich hervorgeht.
Immerhin aber erscheint es dringend wünschenswert, dais von den
Ministerien generelle Bestimmungen in dieser Angelegenheit getroffen
werden, um langwierigen Verhandlungen in jedem Einzelfalle vor-
zubeugen. — Die Versammlung zeigte in der Debatte völliges Ein-
verständnis mit dem Referenten und beauftragte auf seinen Vorschlag
den Vorstand damit, an mafsgebender Stelle in dieser Angelegenheit
vorstellig zu werden. Dem Vortrage lagen folgende Thesen zu
G-runde:
1. Es liegt im Interesse der Gemeinde, der Schule, des schwach-
befähigten Kindes und seiner Eltern, dafs da, wo Hilfsschulen be-
stehen, jedes schwachbefähigte schulpflichtige Kind die Hilfsschule
besucht.
2. Es mufs durch gesetzliche Bestimmungen oder behördliche
Verftigungen die Möglichkeit gegeben werden, Kinder, welche als
schwaohbefähigt erkannt sind, auch gegen den Willen der Eltern
der Hilfsschule zu überweisen.
3. Die zwangsweise Überweisung hat nur da einzutreten, wo
Eltern hartnäckig ihre Einwilligung zur Überführung ihres Kindes
in die Hilfsschule verweigern und nicht den Nachweis erbringen,
dafs sie anderweitig für genügenden Unterricht desselben sorgen.
4. Die zwangsweise Überweisung ist abhängig zu machen von
einer pädagogischen und ärztlichen Feststellung der Schwachbe&higung
des zu überweisenden Kindes.
5. Der Erlais gesetzlicher Bestimmungen oder behördlicher Ver-
390
fügungOB, welche die zwangsweise Überweisung von Kindeirn in die
Hilfsschule ennöglichen, ist überall da anzustreben, wo zurzeit
solche Bestimmungen oder Verfügungen noch nicht bestehen.
Die Versammlung beauftragte des weiteren den Vorstand, bei
den Behörden auf Einrichtung von Kursen zur Ausbildung und
Fortbildung von HilfsschuUehrem hinzuwirken. Der § 1 der Ver-
bandsstatuten erfuhr eine Erweiterung dahingehend, dais auch die
soziale Fürsorge für die Hilfeschulzöglinge ausdrücklich mit als
Aufgabe des Verbandes bezeichnet wird.
Am 15. April fand die von etwa 300 Personen besuchte
Hauptversammlung statt. In seiner einleitenden Ansprache
dankte der Vorsitzende den Teilnehmern, insbesondere den Vertretern
der Behörden für ihr Erscheinen, stattete den städtischen Behörden
von Mainz und dem Ortsausschusse den Dank und die Anerkennung
des Vorstandes ab für die pekuniäre Unterstützung und die zum
Zweck der Vorbereitung des Verbandstages geleistete reiche Arbeit
und gab in groben Zügen ein Bild von der Entwicklung des
Hilfsschulwesens. 1893 bestanden in 32 deutschen Städten
110 Klassen mit 2290 Kindern, 1898 (Jahr der Gründung des
Verbandes) in 52 Städten 202 Klassen mit 4281 Kindern, 1901 in
87 Städten 390 Klassen mit 7871 Kindern ; jetzt bestehen in 147
deutschen Städten 174 Schulen mit ca. 16000 Kindern. Hierbei
sind die 90 Nebenklassen in Berlin nur als eine Schule gerechnet.
— Die Versammlung wurde hierauf begrüist von Oberschulrat
Dr. SoHEUEBMANN-Darmstadt im Auftrage der hessischen Regierung,
vom 1. Beigeordneten Dr. Schmidt im Namen der Stadt Mainz,
von Kreisschulinspektor Dr. Zang im Namen des Ortsausschusses
und von Hilfsschulleiter Dbews - Hambui^ im Namen der Stadt
Hamburg.
Hil£9schulleiter DELirscH-Plauen sprach sodann über das Thema:
,,Da8 Schwachbegabte Kind im Hanse und in der Sehnle^^ Geringe
geistige Defekte werden oft erst während der Schulzeit erkannt. Da-
durch bleibt den Schwachbegabten im ersten Lebensalter manche
Zurücksetzung erspart, aber es fehlt ihnen auch die rechtzeitige zweck-
entsprechende Pflege und Erziehung. Die körperliche Entwicklung
in der frühesten Kindheit ist von der grö&ten Bedeutung ftar die
geistige Entwicklung; denn das Grehim erreicht bereits mit dem ESnde
des dritten Lebensjahres sein volles G-ewicht. Die verschiedenen
Grade und Formen des Schwachsinns werden verursacht durch
S91
Störangen in der Groishirnrinde. Um SohwaohBinn zu yerhfiten,
sollte man mit allen Mitteln der leiblichen Vernaohläsaigong der
Kinder im ersten Lebensalter entgegenarbeiten. In der zweiten
Kindheitsperiode, im vierten bis sechsten Jahre, äulsert die schwache
Begabung sich deutlicher in auffallender Verspätung und UnvoU-
kommenheit motorischer Äuberungen des allmählich erwachenden
Bewnüstseins. Zurücksetzung des unbeholfenen, unschönen, schwach-
begabten Kindes beim Spiel, Klagen und Tränen der besorgten
Mutter verschüchtern und bedrücken es. Mit dem Eintritt in die
Schule wird die Schwäche der minderbegabten Elleinen der Öffent-
lichkeit und dem Spotte der Schuljugend preisgegeben. Zu hohe
Anforderungen der Schule zeitigen Müserfolge, die vielfach von ehr-
geizigen Eltern und unerfahrenen Lehrern auf das Konto angenommener
Oharakterfehler gesetzt werden. In krassem Gegensatz zu den An-
sprüchen solcher Kinder auf Schonung stehen dann allerlei Mafs-
regeln, wie Strafarbeiten, Nachsitzen, Nachhilfeunterricht etc., durch
die man anormale Kinder zu normalen Leistungen zu bringen sucht.
Nach fruchtlosem Bemühen von Schule und Haus bleiben oft die
Schwachbegabten sich völlig selbst überlassen, obgleich gerade sie
der Leitung in ganz besonderem Mafse bedürfen. Für sie ist daher
die Hilfirachule unbedingt notwendig. Zur Au&ahme in dieselbe
bedarf es einer genauen Feststellung der schwachen Begabung.
Sorg<ige ärztliche Untersuchung fähre zum Anssohlufs von Kindern
mit schweren Sinnesdefekten und Kranken, die ihre Mitschüler ge-
fieihrden, führe aber auch zu ärztlicher Hilfe und pädagogischer
Schonung leidender Schüler. Beferent besprach dann noch die
speziellen Einrichtungen der Hilfsschule und die besonderen Auf-
gaben des HilfsschuUehrers. Für diesen fordert er Gelegenheit zur
Ausbildung und Fortbildung, Freiheit der Bewegung im Amte und
behördliche Unterstützung seiner Erziehungsmafsregeln und humanen
Bestrebungen.
Im weiteren hielt Oberamtsrichter NoLTE-Braunschweig einen
Vortrag über ^^Die Berteksiehtignng der SchwAchsinnigen im bürger-
lichen und Sffentliehen Reeht des deutsehen fieiehes'^ Das vor-
liegende Material war so umfangreich, dajjs der Vortragende genötigt
war, sich in seinen Ausführungen auf das bürgerliche Becht zu be-
schränken. — Das Gesetz bestimmt: Personen, welche sich in einem
die freie Willensbestimmung ausschlielsenden Zustande krankhafter
Störung der Geistestätigkeit befinden, und solche, die wegen Geistes-
krankheit entmündigt wurden^ sind geschäftsunfähig, dagegen sollen
392
wegen Geistesschwäche entmündigte Personen beschränkt geschäfts-
fähig sein. Der Unterschied zwischen G-eisteskrankheit und Geistes-
schwäche im Sinne des Gesetzes kann nach Ansicht des Referenten
nur in dem Grade der geistigen Störung beruhen und zwar dahin-
gehend, dats der Geistesschwache noch in gewissem Umfange ein
Erwerbsgeschäft betreiben oder eine Dienststellung yersehen kann.
Entmündigt werden solche Personen, die infolge von Geisteskrankheit
oder Geistesschwäche ihre Angelegenheiten nicht selbst besorgen
können. Sie erhalten bei der vom Amtsgericht auszusprechenden
Entmündigung einen gesetzlichen Vertreter (Eltern oder Vormund),
dem die allseitige Sorge für ihre Person und ihr Vermögen nach
der tatsächlichen und rechtlichen Seite obliegt. Derselbe wird in
seiner Tätigkeit vom Vormundschaftsgerichte unter Mitwirkung der
Gemeindeweisenräte überwacht und bedarf für viele seiner Mafs-
nahmen der vorherigen Einwilligung des Vormundschaftsgerichts.
Als weiteren Fall der Fürsorge sieht das Gesetz die Einsetzung
eines Pflegers für volljährige Personen vor, die wegen geistiger oder
körperlicher Gebrechen nur einzelne ihrer Angelegenheiten nicht zu
besorgen vermögen, jedoch ist hierzu die Einwilligung der betreffenden
Person erforderlich. Der Vortragende legte femer die hier in Frage
kommenden auf Eheschlieüsung und ^Scheidung bezüglichen Bestim*
mungen dar und hob hervor, dafs eine von einer geschäftsunfilhigen
Person geschlossene Ehe nichtig sei. Zum Schluls betonte er, dafs
auf rechtlichem Gebiete gewüs schon recht viel zum Schutz der
Geistesschwachen geschehen sei, vieles aber noch zu tun übrig bleibe,
vor allem aber ist eine möglichst weite Verbreitung der Kenntnis
der einschlägigen gesetzlichen Bestimmungen anzustreben, damit die
durch sie bezweckten MaGsnahmen auch wirklich überall zur Durch-
führung kämen. — Der Vorsitzende hob die Wichtigkeit des dar-
gebotenen Materials für die Zwecke sozialer Fürsorge für die Hüh-
Schulzöglinge im späteren Leben hervor und gab der Hoffnung
Ausdruck, dafs der Vortragende auf einem der nächsten Verbandstage
auch die übrigen Gebiete des Rechts behandeln möge.
Nach einem kurzen Einleitungsreferate des Hauptlehrers Kiel-
HOBN-Braunschweig entspann sich eine lebhafte Debatte über zwei
Abschnitte der von dem Referenten dem zweiten Verbandstage vor-
gelegten Leitsitze über die Organisatioii der Hilfsschnle. Ah
allgemeine Gesichtspunkte für den Unterricht wurden die Thesen in
folgender Fassung angenommen:
1. Der Unterricht trage erziehlichen Charakter, er suche die
393
Kinder für das Leben tüchtig zu machen und Erwerbsfthigkeit an-
zubahnen.
2. Nicht auf die StofiEmenge kommt es an, sondern auf zweck-
entsprechende, sorgfältige Verarbeitung und Aneignung des Stoffes.
Überbürdung ist zu vermeiden.
3. Die Darbietung des Stoffes sei einfach, knapp, anschaulich
und möglichst lückenlos aufbauend.
4. Lehr- und Lernmittel müssen ausreichend vorhanden sein,
denn der Unterricht muTs von der Anschauung ausgehen und durch
die Anschauung unterstützt werden.
5. Häusliche Arbeiten sind auf das Mindestmals zu beschränken.
6. Schulspaziergänge sind oft zu unternehmen. Sie dienen
unterrichtlichen Zwecken und können in die Unterrichtszeit fallen.
Bezüglich des Stundenplanes einigte man sich über folgende Sätze :
1. Die Unterrichtsstunden für Lehrer betragen im Durchschnitt
wöchentlich etwa 24; daneben ist letzteren die Verpflichtung auf-
zuerlegen, Wohlfahrtsbesirebungen für die flil&sohulzöglinge zu
fördern.
2. Die Unterrichtsstunden für die Kinder betragen in der Regel
20 bis 26, einschliefslioh Handarbeit.
3. Die Verteilung auf die einzelnen Tage ist derart vorzunehmen,
dab ein Wechsel zwischen mehr oder minder ermüdenden Fächern
stattfindet.
4. Jede Unterrichtsstunde werde durch eine Pause von 10 bis
15 Minuten gekürzt.
6. Soweit als möglich findet der Unterricht des Vormittags statt.
6. In der mehrklassigen Schule ist darauf Bedacht zu nehmen,
dals einzelne Kinder in einzelnen Fächern ausgewechselt werden
können. •
Auf Wunsch der Mehrzahl der Teilnehmer hielt dann noch
Hauptlehrer MAVEB-Mannheim einen erst nach der Veröffentlichung
der Tagesordnung angemeldeten Vortrag über das Thema: ,, Welche
Besonderheiten erf^eben sich für den Saehnnterrieht in der Hilfs-
sehlde?^^ Der Vortragende geht von der Tatsache aus, dals bei
allen Schwachsinnigen ein auffallender Mangel an Aufmerksamkeit
zu Tage tritt. Nach der neueren Psychologie ist die Aufmerksam-
keit wesentlich motorischer Art, ihre Grxmdlagen. liegen vorwiegend
im körperlichen Organismus. Sie beruht auf Muskelempfindungen,
die durch das LibereitschafiBetzen und Einstellen der Organe auf
den peripheren, die Aufmerksamkeit erregenden !Eleiz zur inneren
894
Wakrneliinting gelangen. Richtig aufmerken kann daher nnr der,
dessen muskulöse und nervöse Organe sich in normaler BeeohafEenheit
befinden. Schwachsinnige Kinder aber stehen in der Regel an
Gewicht, Gröfse und Kraft hinter normalen zurück; daher ihre Dn*
fähigkeit aufmerksam zu sein. Ohne jede Voraussetzung beginnend,
muls man systematisch bei ihnen naohholeui was normale Kinder
schon vor der Schulzeit durch Spiel und Nachahmung sich aneignen.
Der Vortragende führte darauf aus, auf welche Weise und durch
welche Mittel bei schwachsinnigen Kindern die elementaren Funktionen
der yerschiedenen Sinnesorgane ausgebildet werden können. Zu der
Sinnesauffassung muTs die Darstellung treten; es müssen von vorn-
herein nicht blofs bei allen Übungen Dinge und Tätigkeiten zum
Zweck der Ausbildung der Sprache benannt werden, sondern es hat
sich auch behufs Ausbildung der übrigen Organe des Ausdrucks,
vor allem der Hand, an die Sinnesübungen ein systematischer Hand-
arbeitsunterricht anzusohlielsen. Referent glaubt den Umstand, dafs
eich unter den Mädchen weit weniger Fälle von Schwachsinn zeigep,
darauf zurückführen zu können, dab diese sich in früher Jugend
weit mehr im Spiel betätigen und mehr von der Mutter zu Hilfe-
leistungen herangezogen werden als Ejiaben.
Am 16. April begab sich ein Teil der Teilnehmer nach Idstein,
um die dortige von Direktor Schwenk geleitete Erziehungsanstalt
zu besichtigen. Ein anderer Teil unternahm unter Führung des
Direktors, üniversitätsprofessors Dr. Sommee, eine Besichtigung der
psychiatrischen Klinik in Giefsen. Im Anschlufs daran hielt Prof.
Dr. SoMifEB einen Vortrag über y^Die verschiedenen Formen der
Idiotie vom Standpunkt der Therapie nnd Prophylaxe'S dem
folgende Leitsätze zu Grunde lagen: Bei den unter dem Sammel-
namen Idiotie zusammengefiolBten Zuständen von geistiger Störung
handelt es sich um das Endresultat sehr verschiedener Krankheits-
prozesse. Die Idiotie ist nur in einem Teil der Fälle angeboren,
bei den anderen handelt es sich um Krankheiten, welche in den
ersten Lebensjahren erworben sind. Mehrere Gruppen der in den
ersten Lebensjahren erworbenen Idiotie, vor allem die Hydrooephalie,
sind im Beginn der Elrankheit therapeutisch beeinfluisbar und werden
bei weiterem Fortschritt der Behandlungsmethoden vermutlich heilbar
sein. Auch die unheilbaren Zustände von Idiotie, speziell die epi-
leptischen Formen erweisen sich öfter in einzelnen Symptomen als
besserungsfähig. Einige Gruppen der angeborenen Zustände von
Idiotie im engeren Sinne bilden einen Gegenstand der Prophylaxe.
395
Mit Bezug auf die angedeuteten Fonnen ron Idiotie erscheint es
als eine hygienisch und sozialökonomisch dringende Aufgabe, die
Zahl der idiotischen Geistesstörungen durch Prophylaxe so weit als
möglich, durch Therapie im Beginn der Störung zu Termindem.
Als Grundlage für die pädagogische Behandlung der Idiotie ist eine
medizinische Psychologie auf naturwissenschaftlichem Boden er-
forderlich.
Über Anzeicben beginnender Nervosität in den Sehnlarbeiten
der Kinder — Warnungssignale ffir die Erziehung.
Vortrag, gehalten in der Leipziger Ortsgruppe des Deutschen
Vereins für Volkshygiene am 24. März 1903 von Dr. Spitzneb.
Einleitend bemerkte der Vortragende, dafs es in erster Linie gelte,
gegen Zustände, wie Nervosität der Kinder, anf Grand sorgfältigster Be-
obachtung möglichst frOh eine energische Gegenwehr vorzubereiten. Frei-
lich mmls man dafOr die ersten Anzeichen kennen; statt sich aber nm
solche Erkenntnis zu bemflhen, behandelt man das Übel vielfach mit
Strafen nnd anderen änCserlichen Mitteln, weil man beim Kinde nur das
Konto des SoUens kennt, nicht auch das des Habens. Solche erste An-
zeichen bieten uns nun vor allem körperliche Leiden: 20% der körper-
lich Leidenden sind anch geistig leidend; freilich anch 6% der körper-
lich Gesunden. Auch solche Kinder, die in der Schule als geistig normal
gelten, sind doch vielfach krankhaften Affekten nnterworfen, namentlich
krankhafter Erregtheit.
Der Vortragende geht hier näher auf den Fall eines sechsjährigen,
gut beanlagten Kindes von zartem Nervensystem ein, das auf Veranlassung
der. Eltern geistig stark beanspmcht wurde. Anfangs ging es damit ganz
gut ; aber dann mufste der Vater doch schon Strenge brauchen, wenn das
Kind genflgen sollte. Allmählich liefsen die Kräfte nach, die Arbeiten
wurden schlechter, bald trat die Krisis ein: das Kind ging dauernd zurflck,
erhielt die Zensur „verstockt'^, und nun folgte auch der körperliche Zu-
sammenbruch. Das Kind konnte nicht mehr, es schwänzte die Schule,
und damit war es am Scheidewege angekommen, der einesteils zur Ver-
wahrlosung infolge Vagabundierens, anderseits ins Krankenhaus führt.
Die ersten Anzeichen einer solchen Entwicklung liegen unter Um-
ständen sehr versteckt. Aber es gibt doch Warnnngssignale. Ein solches
ist die rasche Ermüdbarkeit des Kindes bei Schularbeiten; Die
Ermüdung zeigt sich bald in Schwäche, bald in Aufgeregtheit und Unruhe.
Aber es ist zu unterscheiden zwischen dem allgemeinen Ermüdungszustande
einer Klasse und dem Ermüdungszustande des einzelnen Individuums, ebenso
wie zwischen normaler und pathologischer Ermüdung. Jegliche Ermüdung
verlangt Festsetzung von Erholungszeiten; bei Unnüie empfiehlt sich Ab-
wechslung in den Unterrichtsstoffen. Tiefer gehende Ermüdungszustände
zeigen sich auch in den Arbeiten selbst (vermehrte Fehlerzahl etc.).
Schalgreauodheitspflege. XVI. 21
396
Aulser durch rasche Ermüdbarkeit wird Nervosität auch durch das Herein-
spielen krankhafter Affekte und Affektwirkungen angekündigt. Sonst hat
ja die Erziehung Affekte geradezu herbeizuführen, damit das Kind sie
überwinden lerne; aber bei nervösen Kindern ist es schwierig, sie aus dem
Affekte herauszuführen. Unter diesen Affekten ist namentlich hervorzu-
heben die Schulangst, wie sie sich beim Auftreten eines neuen unter-
richtsgegenstandes oder eines neuen Zweiges von einem alten Unterrichts-
gegenstande, bei Memorierübungen, beim Heraustretenlassen eines Kindes
etc. zeigt. Neben diesen deprimierenden Affekten zeigen sich auch Affekte
bei krankhafter Aufgeregtheit — infolge krankhaften Ehrgeizes oder infolge
der Erwartung einer Strafe (wo nicht selten sogar momentaner Verlust
der Sprache eintritt). Andere Affekte zeigen sich bei anspruchsvollen
Kindern: infolge einer leichten Verstimmung versagen sie beim Singen,
Schreiben, Turnen. Solche Kinder sind als krank anzusehen; um so mehr
aber mufs ihnen eine gewisse psychische Rüstigkeit anerzogen werden.
Nervosität kann aber auch dauernde Schädigungen des geistigen
Lebens verursachen. Solche Zustände sind sehr schwer zu durchforschen
und mit dem gesamten geistigen lieben in Verbindung zu bringen. Hierher
gehören : Störungen des Sprechens und Schreibens, des Rechnens, lebhafte,
veitstanzähnliche Mitbewegungen bei einzelnen Handlungen, Bewulstseins-
trübungen (Dämmerzustände) u. s. w. Bei einem Knaben, der jede Nacht
verschwand, stellte sich schlielslich als Grund epileptische Bewufatseins-
trübung heraus. Die Epilepsie zeigt sich in Störungen in der Schule und
auf der Strafse, in Zwangshandlungen, die sogar zur Bedrohung des Lehrers
fortschreiten können. Trotzdem sollten für solche Kinder, mit Ausnahme
der gemeingefährlichen, keine eigenen Anstalten eingerichtet werden. Der
Vortragende schliefst mit der Mahnung eines greisen Pädagogen: „Lafst
das Kind bei der Sache sein, ihr aber müfst beim Kinde sein!'*
An den Vortrag knüpfte sich eine kurze Debatte. Ihr Schlufs ergab,
dafis die Anschauungen des Vortragenden von der ganz überwiegenden Zahl
der Anwesenden geteilt wurden. (y,Leipz. Tagebl,^)
Aitxntxt Miiitxlnn^tn.
über die Verlegnnf? der Sommerschnlferien in Wien^ bringt
„Die Zeit^ einen Aufsatz von Bezirksschulinspektor Eduard Siegert,
dem wir folgendes entnehmen:
Nach einer Mitteilung der Zeitschrift für das österreichische Schul-
wesen ist von einem Wiener Ortsschulrate die Anregung ausgegangen, die
bisher vom 16. Juli bis 15. September währenden Hauptferien an den
' S. über denselben Gegenstand das Referat über eine Arbeit Altschuls
in dieser Zeitschrift, 1898, S. 331.
397
WieDer Schalen auf die Zeit vom 1. Juli bis 31. Aagust zu verlegen. Die
hierdurch angeregte wichtige Frage soll bereits vom Bezirksschulrat beraten
worden sein, und es dflrfte nicht mehr lange währen, dafs die mafsgebende
Stelle, nämlich das Unterrichtsministerium, hierzu Stellung nimmt und eine
in das Wiener Schul- und Familienleben tief einschneidende Entscheidung
in der Sache trifft.
Wie bekannt, besteht fttr die Wiener Schulen die Institution der
Hitzferien, d. h. vom 1. Juli angefangen mu& der Nachmittagsunterricht
ausfaDen, wenn das Thermometer um 10 Uhr Tormittags 18 Grad B6aumur
im Schatten erreicht. Die Existenz dieser Institution deutet schon darauf
hin, welch zweifelhaften Wert der Schulunterricht an heifsen Sommertagen
hat, und es könnte von diesem Standpunkt aus nur begrttfst werden, wenn
ein halber Schulmonat (1. bis 15. Juli) der Hundstagezeit entrissen und in
eine kflhlere Jahreszeit (1. bis 15. September) verlegt würde. Wer ferner
weifs, mit welchen Unzukömmlichkeiten die Bestimmung der täglichen Hitz-
ferien verbunden ist, wie beispielsweise die eine Schule solche Ferien gibt,
die Nachbarschule nicht« wie etwa im 2. Bezirk Hitzferien sind, im 1. Bezirk
aber nicht, wie infolge vorangegangener heifser Tage in den Schulzimmern
eine Temperatur von 22 bis 24 Grad R^aumur herrscht und trotzdem der
Nachmittag nicht freigegeben werden kann, weil das Thermometer die Laune
zeigt, um 10 Uhr gerade nur bis 17^/t Grad zu steigen, kurz, wer alle
diese Müsstände und Zufälligkeiten erwägt, die es den Eltern nie gestatten,
von vornherein ein Nachmittagsprogramm ittr ihre die Schule besuchenden
Kinder aufzustellen, der wird gern seine Zustimmung geben, wenn die
erste Julihälfte direkt in den Ferienbereich eingezogen wird.
Hierfür sprechen aber auch noch andere gewichtige sanitäre Gründe.
Die Ferien sind in erster Linie zur Erholung der Kinder geschaffen, aber
auch viele Eltern haben ein Erholungsbedürfhis und können dieses aus
naheliegenden Gründen in der Regel auch nur zur Zeit der Schulferien
befriedigen. Da erscheint nun die erste Julihälfte in doppelter Beziehung
wertvoller als die erste Septemberhälfte. Erstlich gestattet sie ein viel
längeres Verweilen in der freien Luft. Von 4 Uhr morgens bis 8 Uhr
abends, also volle 16 Stunden, bieten sich der helle Tag und insbesondere
die warmen Abende dem Verkehr im Freien dar, während der September
mit seiner nur 12- bis 13 stündigen Tageshelle die Menschen morgens
länger an das Zimmer fesselt und das Verweilen im Freien an Abenden
ganz ausschliefst. Dazu kommt die für viele Erholungsbedürftige so wichtige
Badefrage. Juli ist ein Bademonat ersten Ranges; selbst Gebirgswässer
nehmen im Hochsommer mitunter Temperaturen an, die sie zum Baden ganz
tanglich machen. Im September aber kühlen infolge der langen Nächte
sowohl die stehenden wie die flieCsenden Wässer in einer Weise ab, da(s
sie eine Badegelegenheit nur ganz ausnahmsweise darbieten.
Auch vom geistig-hygienischen Standpunkt aus hat die geplante
Ferienverlegung ihre Vorzüge. Dafs der Unterricht im September, wo auch
an heilsen Tagen die Schulzimmer während der langen Nächte genügend
abkühlen, an Frische und Eindringlichkeit den im heifsen Juli erteilten
weitaus übertrifft, bedari' keiner näheren Erörterung, abgesehen von dem
quantitativen Gewinn,, der im Wegfäll der Julihitzferien gelegen wäre.
21*
398
Was sich allenfalls gegen die Ferienverlegong sagen Heise, schrumpft
im wesentlichen auf das einzige Argoment zasammen, dalB manche Eltern,
statt wie bisher die Kinder schon mehrere Wochen vor Schnljahrsschlois
wegen der Landübersiedelung aus den Wiener Schulen zu nehmen, die
Kinder nun wahrscheinlich zum Schu^ahrsbeginn der Schule einige Zeit
vorenthalten würden, was unterrichtlich jedenfalls ungünstiger ins Gewicht
fiele. Aber erstlich ist im Vergleich zur Gesamtzahl der hauptstädtischen
Schulkinder die in dieser Hinsicht in Betracht kommende Zahl so klein,
da(s es vermessen wäre, ihretwegen die grofsen hygienischen Vorteile der
Ferienverlegung preiszugeben, und dann handelt es sich auch hier um eine
Art Erziehung der Eltern.
Da aus allgemein bekannten Gründen die Ferien an Volks- und
Mittelschulen zusammenfallen müssen, so ist es klar, dafs die Ferienreform
sich auf die Mittelschulen erstrecken mttfste ; die oben angeführten Gründe
sind für sie ebenso, wenn nicht in höherem Grade, maCagebend als f&r die
Volksschulverhältnisse.
Es wäre sehr zu wünschen, wenn sowohl Eltern- als Lehrerkreise zur
Sache Stellung nähmen und das Für und Wider rückhaltlos darlegten.
Denn falle die Entscheidung des Ministeriums in dem einen oder dem
anderen Sinne aus, so wird auf viele Jahre hinaus an die Aufrollung der
Frage nicht mehr zu denken sein.
Ein meduinisch-pftdagogisehes Institut wird nächstens in de Bilt
bei Utrecht eröfiEnet werden. Man beabsichtigt, in dasselbe sowohl ner-
vöse als weniger talentierte Kinder außsunehmen, von denen es sich heraus-
gestellt hat, oder von denen man erwarten kann, daCs sie dem gewöhnlichen
Schulunterricht nicht oder nur mit grofser Mühe folgen können.
Idioten oder ausgesprochene Fälle von Blödsinnigkeit werden nicht
aufgenommen, ebensowenig Kinder, welche an Epilepsie oder Insania mo-
ralis leiden, weil derartige Kinder einen schlechten Einfluls auf ihre Kame-
raden ausüben. Wohl aber hat man die Absicht, auch mit Sprachfehlem
behaftete Kinder aufzunehmen, zur Heilung ihres Sprachmangels, wenn zu
erwarten ist, dals systematische Behandlung ihnen Genesung oder wenigstens
Besserung bringen wird. Auch Fälle von Enuresis, Onanie etc. sollen bei
der Aufnahme in Betracht kommen. Die Sache wird von den Professoren
JELGEBSMA und ZIEHEN und durch Dr. J. H. Gumning, Privatdozent der
Pädagogie in Utrecht, unterstützt. Professor Ziehen in Utrecht wird die
medizinische, Herr A. J. Schreuper, als Anstaltsdirektor, wird die päda-
gogische Leitung übernehmen. Herr Schreuder, der seit längerer Zeit
sich eingehend mit dem Studium der schwachbefähigten Kinder beschäftigt
und literarisch auf diesem Gebiete schon vieles geleistet hat, ist auch in
Deutschland kein Unbekannter; hielt er doch in der vierten Versammlung
des Vereins für Kinderforschung im August 1902 einen Vortrag über
Kinderzeichnen, über welchen auch in dieser Zeitschrift^ Jahrg. 1902, S. 450,
Bericht erstattet ist.
Die Anstalt wird den Charakter eines Internates haben. Es werden
Kinder im Alter von 6 — 14 Jahren aufgenommen. Man wird Sorge tragen
für längere Nachtruhe und kürzere Lehrzeiten mit Pausen, welche soviel
wie möglich in der frischen Luft zugebracht werden. Es ist ein An-
399
scbanimgsunterricht vorgesehen, bei dem alle Organe gefibt werden. Die
Kinder werden täglich Handarbeiten machen, nnd es soll der EntwicklnDg
des Eoordinationsvermögens besondere Aufmerksamkeit geschenkt werden.
Wenn die ZOglinge die Schule verlassen, soll von der Anstaltsleitnng
mit Bewilligung der Eltern eine passende Arbeitsgelegenheit gesucht werden,
wobei Charakter, geistige Anlage und Entwicklung in Betracht gezogen werden.
Das zu eröffnende medizinisch-pädagogische Institut kann einigermafsen
mit dem TBtTPEBschen Erziehungsheim in Jena oder der Anstalt Bourne-
villes in Vitry bei Paris verglichen werden ; es wird die Verwirklichung
eines glücklichen, fruchtbaren Gedankens sein: der Pädagoge, Hand in
Hand mit dem Psychiater und Nenropathologen, soll sich hier der Ent-
wicklung des weniger begabten und des neuropathischen Individuums weihen.
{Mitgeteilt von Dr. med. J. M. C. MoüTON-Haag.)
Über die Steilsclirift und das Verhältnis der Lehrer zn der-
selben macht SOHMIDTBAUER in der „Ztschr. f, Erziehg. u. Unterricht"'
(März 1903) einige treffende Bemerkungen. „Die Steilschrift — sagt er —
wurde von der Lehrerschaft mit Begeisterung begrüfst — und zum Schlüsse
liefs man die Sache wieder fallen. Ja, warum denn? Die Lehrer selbst
konnten und können noch heute nicht steil schreiben (Ausnahmen mögen
sein), nnd was man selbst nicht kann, das kann man auch andern nicht
lehren. Wo die Steilschrift rationell gepflegt wurde, da erzielte man vor-
zügliche Schriften. Ich erlebte dies selbst mit meinen Schülern, die ich
von der ersten bis in die sechste Klasse Jahr für Jahr weiterführte. Alle
hatten vortreffliche Schriften, die Buchstaben standen wie die Kerzen da,
es war eine Freude, diese Schüler schreiben zu seheu, und zu welcher
Schnelligkeit sie es bei dieser Schreibweise brachten, das geht wohl
daraus hervor, dafs sie in der Schreibgewandtheit den Jahrgang des
siebenten Schuljahres fast um das Vierfache schlugen I — Ich selbst
habe mich im Steilschreiben wochenlang geübt, habe alle meine vielen
Schreibereien in dieser Art ausgeführt, bis ich sicher war. Möchte sehr
bezweifeln, ob alle Lehrer steilschreibender Schüler dies ebenfalls getan
haben — kaum. Sie schrieben wohl alle, oder doch die meisten, in den
abscheulichsten Schiefen weiter, und von den Schülern forderte man die
Steile! Daher kam es auch, dafs derartige, Steilschriften sein sollende
Schreibereien links schief abwichen, und so wie die Schriften früher rechts
schief abfielen, war dies jetzt in verkehrter Richtung der Fall. Das Senk-
rechttreffen mufs aber ebenso geübt werden, wie alles in der Welt. Die
Steilschrift hat nur „eine^ Richtungslinie, die senkrechte; alle Schiefschriften
haben aber die schiefen Linien, und deren gibt es ja viele, zur Richtungs-
linie — , es gibt daher nur „eine** Steilschrift, Schiefschriften aber viele.
Und so behaupte ich : Die Steilschrift ist leichter wie jede andere Schreib-
weise — die lotrechte Linie ist ihr Grundstrich, keine einzige schiefe
Schrift hat dies Einheitsmafs so genau wie die Steilschrift; die Steil-
schrift ist hygienisch die beste Schreibart schon der Sitz- und Schreib-
stellung wegen, welche diese Schrift überhaupt erfordert. Der Steilschrift
mvS& aber gründlich vorgearbeitet werden; schon die Lehramtskandidaten
müssen darin die gröfste Gewandtheit bekommen, sie müssen alles in dieser
Schrift schreiben — nur so ist dann auf einen Erfolg zu rechnen; alle
400
anderen Mafsnahmen bleiben fruchtlos — ja, sie schädigen die gute Sache
nur, wie wir ja aus den abfälligen Urteilen vieler ersehen konnten.
Ich schrieb in meiner Zeitschrift in den Jahrgängen 1890, 91, 92
eine Reihe längerer und kürzerer Artikel über die Steilschriftfrage, in
denen ich ihr Wesen, ihre hygienischen Vorteile u. s. w. in erschöpfender
Weise vorführte. Da aber der Grofsteil (mit wenigen Ausnahmen!) der
Lehrer Oberösterreichs seit bald 17 Jahren trotz meines wiederholten An-
klopfens nicht weifs, dafs ihr Kollege, der Oberlehrer Sghmidtbaueb in
Schwanenstadt, eine Zeitschrift herausgibt, die sich mit der Lösung von
sehr wichtigen Lebensfragen beschäftigt — wurden alle diese Aufsätze
gerade von denen nicht gelesen, für die sie bestimmt waren.
Klage eines Ostprenfsen über fehlende Schnlcimmerventilation.
Sehr empfindlich mufs der Gegensatz zwischen dem hygienischen Soll und
und Haben für Lehrer sein, denen es nicht blols um ihr eigenes Wohl,
sondern mehr um Wohlbefinden und Gesundheit der Schuljugend zu tun
ist. Dafs ein Klassenzimmer, in dem sich 40 — 60 Schüler stundenlang
auflialten, ohne jede Ventilation sein kann, wird mancher Lehrer ins Gebiet
der Legenden oder in die graue Vergangenheit verweisen. Leider spricht jedoch
hiergegen die rauhe Wirklichkeit. Es gibt im 20. Jahrhundert noch höhere
Lehranstalten, die staatlichen keineswegs ausgenommen, welche in keinem
ihrer Räume irgend eine Ventilation aufzuweisen haben. Weshalb unter-
bleibt aber ihre Einrichtung? Blofs um den Unterschied zwischen einer
Schule und einem Pferdestall zu markieren? Der sonst so oft ausschlag-
gebende „Kostenpunkt^ kann hier mit Rücksicht auf den recht niedrigen
Preis nicht bestimmend wirken. Trotzdem verlautet bei solch dringenden
Forderungen immer noch der Bescheid: „Dazu hat die Anstaltskasse kein
Geld^^ Und für wie billiges Geld kann man heute eine sehr zweckm&fsige
Ventilation durch eine Glasjalousie im Oberfenster, das der Tür am weitesten
entlegen, erzielen! Es wären für die Anstalt bei zehn Klassenzimmern
noch keine 20 Mark! Steht dieses wohl im Verhältnis zu dem Segen,
den Gesundheit und Geistesfrische der Jugend in sich schliefst? Und wieviel
erspriefslicher wird nicht der Unterricht, wenn die Unterrichtenden in gesunder,
reiner Luft sprechen können 1 Nun ist ja an wärmeren Tagen dem Übel
durch öffnen der Oberfenster wohl abzuhelfen; aber wie traurig für die
Gesundheit steht es besonders im Winter. Da werden die Doppelfenster
ängstlich zugehalten, damit ja kein Luftzug Erkältung bringe. Da wird
die neuerdings ergangene ministerielle Verfügung, die erfreulicherweise die
Übel der verdorbenen Zimmerluft abschwächen will, eitel Dlusion. Denn
wie soll eine „gründliche Lüftung während der Pausen ** erzielt werden,
wenn die oberen Doppelfenster so angebracht sind, dafs eine Lüftung oben
unmöglich gemacht wird? Und doch ist bekanntlich die obere Lüftung
die Hauptsache, da sich die warme, verdorbene Luft in der Nähe der
Zimmerdecke ansammelt. Andererseits können bei strengem Frost auch
nicht einmal die unteren Fenster hinreichend geöffnet werden, da das Ein-
dringen der kalten Luft das Zimmer zu stark abkühlen würde. Könnten
nicht auch hier beamtete Schulärzte Abhilfe schaffen I Periculum in mora!
(Wir sind immerhin der Anschauung, es könnte mancherorts von den
Lehrern durch zweckmäfsige Benutzung der Fensterflügel viel mehr für die
401
Ventilation der Schnlzimmer getan werden, als dies leider gegenwärtig noch
geschieht. D. Red.) S.
Zur Reform des Handarbeitsimterriehts für Mftdehen in den
Schulen sprach auf der Generalversammlung der ProTinzialvereine rheinischer
und westfälischer Yolksschnllehrerinnen Frl. RoTH-Elberfeld. unter Billi-
gung der Versammlung fafste sie ihre Darlegungen in folgende Forderungen
zusammen: 1. Der Handarbeitsunterricht hat sich in der Volksschule auf
das Notwendigste zu beschränken; 2. der Handarbeitsunterricht hat sich in
Bezug auf das Material und die Ziele nach den Anforderungen des prak-
tischen Lebens zu richten; 3. nicht möglichst yollendete Leistungen für
die Ausstellungen dürfen das Ziel des Handarbeitsunterrichtes sein, sondern
Anleitung zu selbständigem Arbeiten; 4. im letzten Schuljahre ist die Näh-
maschine in den Unterricht einzufagen; 5. keine Handarbeitsklasse darf
mehr als 40 Schfllerinnen zählen.
Die FnIsbSden nnd die Schnkimmer Kassels. Die Frage, wie
eine bessere Reinigung der Schulzimmer zu erreichen sei, ohne da(s un-
verhältnismäisig hohe Kosten daraus erwachsen, hat die städtische Ver-
waltung in Kassel seit Jahren beschäftigt. Die verschiedensten Versuche
haben schlieljslich dahin geführt, dafs nunmehr in allen Klassenzimmern die
FnfsbOden mit staubbindendem öle gestrichen, in allen Neubauten mit
Linoleum belegt werden. Klagten auch einzelne Lehrerinnen darüber, dafs
durch diesen Anstrich ihre Kleider verdorben würden, so hat sich doch
die Anwendung dieses Öles im übrigen so gut bewährt, daljs von der all-
gemeinen Verwendung nicht mehr abgesehen wird.
(Mitgeteilt von Stadtschuhrat Dr. BoBKMANN-Kassel.)
Qegtn das PrfiAingswesen nnd besonders gegen die Entlassnngs-
prflfnngen an Sffentiichen Lehranstalten in ihrer heutigen Form
wendet sich mit Recht ein Einsender in der „TägL Rundschau^. Während
man — sagt er — sich im Deutschen Reichstage mit der Ausarbeitung
gesetzlicher Bestimmungen beschäftigt, welche einem Mifsbrauch der
körperlichen Arbeitskraft des Kindes hemmend entgegentreten sollen,
erhebt sich im Parlamente keine Stimme, welche auf die Schädlichkeit
der geistigen Überanstrengung hinweisen würde. Und doch hat erst kürz-
lich wieder der Steglitzer Gymnasiallehrer Dr. Gublitt in seiner Schrift:
„Der Deutsche und sein Vaterland** die Aufmerksamkeit auf die geistige
Überlastung der Kinder gelenkt.
GURLITT vergleicht eine Abiturientenprüfnng mit einem hochpein-
lichen Halsgerichte und erzählt von hervorragenden Männern der Wissen-
schaft, dais die Prüfungszeit sie so erregt hat, dafe sie noch als Greise
unter Examensträumen zu leiden haben, und von sich selbst bekennt er:
„und selbst im Traum der stillen Nächte find' ich mich keuchend im
Gefechte''. Zu wieviel Nervenkrankheiten mag wohl durch die Examen-
jahre der Grund gelegt werden? Material zur Beantwortung dieser Frage
gibt auch der bekannte Geheimrat Schkeibeb in seinem Werke: ^Ein
halbes Jahrhundert im Dienste von Schule und Kirche^: „Wiederholt
haben wir Damen am Prüfungstage veranlassen müssen, einige Stunden zu
ruhen; wir haben gesehen, dafs Damen, die wir als vorzüglich kannten,
nervös so herabgestimmt waren^ dafs sie sich kaum aufrecht erhalten
402
konnten. Nicht gering ist auch der Prozentsatz deijenigen, welche gleieh
nach der Prüfung eine Erholnngsreise antreten müssen''.
Gewifs hat ein solches Examen eine Berechtigong in all den Fällen,
in denen die Yorhereitong zu demselben auf privatem Wege erfolgt ist;
dagegen behaupten wir, dafs die sogenannten Entlassungsprüfungen an
öffentlichen Lehranstalten in ihrer heutigen Form nicht nur völlig veraltet,
sondern fast gänzlich entbehrlich sind. Man bedenke nur einmal den
gegenwärtigen Zustand: Staat oder Gemeinde gründen unter sehr erheb-
lichen materiellen Opfern Schulen, besetzen sie mit auserlesenen Lehr-
kräften, welche genau vorgeschriebene Pensen verarbeiten, und veranstalten
am Ende der Bildungszeit eine Prüfung, die so gestaltet ist, dals sie den
ganzen Zweck der Schularbeit vereiteln kann und unter den heutigen An-
stellungs- und Aufsichtsverhältnissen nur als ein grofses Mifstrauensvotum
gegen die Lehrerschaft angesehen werden mufs. Natürlich wissen wir,
dafs es ein solches nicht sein soll, und doch erscheint es so. Denn was
sollte eine Entlassungsprüfung sonst für einen Zweck haben? Jeder Schüler
hat schwarz auf weifs seine sämtlichen Leistungen vom ersten Schultage
an bescheinigt, ein Bück auf seine Zensuren zeigt sein Können; denn wenn
auch bei Feststellung derselben kleine Irrtümer unvermeidlich sein werden,
ermöglichen sie doch innerhalb einer 10- bis 12jährigen Schulzeit ein
sicheres Urteil. Aber selbst wenn sich ein „gut" an das andere reihte,
der betreffende Schüler muTs „ins Feuer^, er mufs Tag und Nacht ,. pauken *",
um den Wissensstoff sämtlicher Fächer zu einem bestimmten Zeitpunkte
bereit zu haben, und er mufs mit der Möglichkeit rechnen, durchzufallen,
zumal wenn er schüchternen Gemütes sein sollte. Glaubte man an die
Zuverlässigkeit der vorliegenden Prädikate, so könnte man doch ohne weiteres
allen Schülern, die in den letzten Semestern durchweg genügt hätten, die
Abgangsprüfung erlassen und sich darauf beschränken, nur diejenigen zu
prüfen, deren Reife fraglich erscheint, damit die Schule den Eltern gegen-
über den Beweis der Unreife führen kann. Wieviel tausend Familien
würde Angst und Sorge durch eine solche Mafsregel erspart, und un-
zähligen fleiffligen Schülern würden Jahre ihres Lebens zurückgegeben, die
ihnen jetzt durch die drohende Prüfungsnot zu Jahren banger Sorge und
Qual werden. Wenn man den Lehrern das nötige Vertrauen schenkte, so
schaffte man damit durchaus keinen Ausnahmezustand, sondern man stellte
sie dadurch nur den anderen Beamten gleich, beispielsweise den beamteten
Ärzten, die auf Grund einer kurzen Untersuchung über die körperliche
Tauglichkeit entscheiden, oder den höheren Offizieren, deren Berichte über
die Leistungen eines Hauptmanns oder Majors deren Beförderung oder
Verabschiedung herbeiführen.
Sehr ungerechtfertigt wäre es jedenfalls, wenn man behaupten wollte,
dafe durch Ausführung unseres Vorschlages der Fleifs der Schüler nach-
lassen würde ; denn gerade das Gegenteil würde eintreten — der Lerneifer
würde zunehmen, da ihm ein so grofser Lohn winkt. So mancher
Schüler verläfst sich jetzt auf das bekannte Prüfungsglück mehr als auf
seine Arbeit und sagt sich, ich versuche es, komme ich jetzt nicht durch,
dann das nächste Mal! Also auch für die minderwertigen Schüler bietet
die Prüfung noch keinen zuverlässigen Malsstab, namentlich wenn man die
403
zahllosen Täaschnngen bedenkt, die dabei nnternommen und nicht selten
erfolgreich durchgeführt werden. Der Mehrzahl unserer „geprüften*' Leser
werden solche Stücklein in genügendem Umfange bekannt sein.
Dals es tatsächlich ohne Prüfung geht, kann man schon jetzt beob-
achten. An den Vollanstalten hat man die sogenannte Eiojahrigenprüfung
gänzlich abgeschafft: jetzt genügt die einfache Versetzung nach Obersekunda;
in diesem Falle schenkt man den Lehrern das Vertrauen, warum nicht
beim Abgang aus Oberprima? — An einer sechsklassigen Realschule wird
eine umfangreiche Entlassnngsprüfnng als Einjährigenprüfung abgehalten;
sobald dieselbe Schule aber in eine Ober-Realschule umgewandelt wird,
fäUt diese Prüfung sofort weg und die Berechtigung zum einjährigen Dienst
wird durch blofse Versetzung erworben.
Auch eine alte Gepflogenheit der königlichen Augustaschule in Berlin
zeigt die Ausführbarkeit unseres Vorschlages. Die Schule ist mit dem
königlichen Lehrerinnenseminar verbunden, welches eine Anzahl der besten
Schülerinnen ohne weitere Prüfung auMmmt. Leider scheinen nicht alle
Schulgewaltigen diese Praxis zu lieben, denn im benachbarten Wilmersdorf,
wo die gleiche Schulorganisation besteht, hat man diese gewüs selbst-
verständliche Einrichtung nicht zugelassen. — Auch die gegenwärtig sehr
häufig vorkommende Befreiung von der mündlichen Prüfung zeigt schon
zur Hälfte die Entbehrlichkeit des ganzen Examens; nur bringt diese dem
Schüler keine Erleichterung, da die ganze Arbeit und Sorge hinter ihm
liegt, wenn sie ihm mitgeteilt wird.
Sollten sich der Ausführung unseres Vorschlages Schwierigkeiten ent-
gegenstellen, welche erst im Laufe einer längeren Zeit zu lösen wären, so
sollte man doch wenigstens nicht länger säumen, eine aufserordentliche
Härte, wir wollen nicht sagen Ungerechtigkeit, welche die gegenwärtigen
Prüfungsordnungen enthalten, sofort zu beseitigen, d. i. die Bestimmung,
dals deijenige, der durchfällt, das ganze Examen wiederholen mufs. Warum
begnügt man sich nicht mit einer Nachprüfung in denjenigen Fache, in
dem er nicht genügt hat? Denn bei der Wiederholung der Prüfung kann
der Fall eintreten, dafs er gerade auf einem Gebiete abfällt, auf welchem
er bei der ersten Prüfung geglänzt hat, und er somit vielleicht wieder
nicht besteht. Man hat sich leider in den regierenden Kreisen vielfach
gewöhnt, Neuerungen nur auf Drängen „von unten^ einzuführen. Wer
soll hier drängen? Die Interessenten sind Unmündige; den Elter u fehlt
meist die Sachkenntnis. Wie wäre es, wenn der Verein der Gymnasial-
lehrer oder der Realschulmänner die Forderungen zu den seinen machte?
Es unterläge dann keinem Zweifel, dafs diese durchgingen; gerade so wie
der gewerbliche Kinderschutz vor den Reichstag gelangte, als der Deutsche
Lehrerverein die Vorschläge AaAHDS auf der Breslauer Lehrerversammlung
vertreten hatte.
Erziehuni^ganstaUen anf dem Lande. Unter diesem Titel bringt
der y^Tjyon MediccW^ (No. 13) einen längeren Artikel, in dem unter Dar-
legung der Mängel in dem bestehenden Unterrichtssystem die Gründung
von Erziehungsanstalten auf dem Lande nach englischem Vorbild gefordert
wird. Die Lyceen in den französischen Groisstädten gleichen Kasernen
und Gefängnissen, der frischen Luft ist nur wenig Zugang gegeben, freie
404
Bewegung in den kleinen Zimmern, dem engen Schnlhof mehr oder minder
illusorisch. Die Hygiene der Städte macht freilich grofse Fortschritte,
aber es ist noch immer erst das wenigste getan. Zadem sind die klima-
tischen Verhältnisse vieler Orte recht ungünstige. Lyon zum Beispiel ist
während des ganzen Herbstes und Winters in dichte Nebel gehflllt, Ende Februar
noch müssen die Schüler bis Mittag bei Gaslicht arbeiten. Die Entwick-
lung des einzelnen Kindes stellt nach einem bekannten Ausspruch die
Wiederholung des Prozesses dar, den die gesamte Menschheit durchgemacht
hat. Ursprünglich wohnten aber die Menschen nicht eng zusammengepfercht
in Städten; so wenig man nun auch die allgemeine Entwicklung zurück-
schrauben kann oder möchte, so notwendig ist es doch, die durch sie ver-
ursachten Nachteile auf das Mindestmafs herabzusetzen, vorab die Gesund-
heit der heranwachsenden Jugend nach Kräften zu fördern und so die Er-
haltung der Rasse sichern zu helfen. Eine wirklich gleichmäCsige Ausbildung
des Körpers und des Geistes ist nur auf dem Lande möglich; in der
Stadt mufs immer die körperliche Entwicklung hinter der geistigen zu-
rückbleiben. Verfasser berichtet von zwei Knaben, die, um die bessere
Lerngelegenheit zu benutzen, von ihrem Dorf in das städtische Lyceum
geschickt wurden; sie verloren im Verlauf von drei Monaten zwei bis drei
Kilogramm an Gewicht. Entsprechende Beobachtungen machte man in den
Pariser Schulen. Ein Monat auf dem Lande — schreibt ein bekannter
Leiter einer Unterrichtsanstalt — bedeutet für die Kinder eine Erholung
sondergleichen, die kleinen Städter scheinen sich zu beeilen, die verlorene
Zeit wieder einzuholen. Wenn schon wenige Wochen solche Erfolge er-
zielen können, was darf man da von einem ständigen Aufenthalt in frischer
Luft erwarten, welch ein unerschöpflicher Vorrat an Gesundheit würde da
für das ganze spätere Leben aufgespeichert! Verfasser hält direkt die
körperliche Überlegenheit der angelsächsischen Rasse für eine Folge der
meüiodisch betriebenen physischen Ausbildung der Jugend.
In Frankreich hat man langsam begonnen, in dieser Beziehung Wandel
zu schaffen. Demolinb eröffnete die auf eine gründliche Reform hin-
zielenden Bestrebungen mit seinem Buche „L'^ducation nouvelle'^ und
gründete nach englischem Vorbild eine Schule auf dem Lande, die sog.
£cole des Roches; ihm folgte Duhamel, der Verfasser der rühmlichst
bekannten Schrift „Gomment Clever nos fils", mit einer Schule in Cläres
nahe bei Ronen. Neuerdings sind ähnliche Anstalten errichtet in Liancourt
bei Paris, in Esterei bei Cannes, in Boisfranc bei ViUefranche.
Landerziehnngsheime sind in neuester Zeit in Deutschland, in der
Schweiz und in England geschaffen worden. Es sind dies Schulen, die
auf Landgütern, fem vom grofsen Verkehr, in einer gewissen Abgeschieden-
heit gelegnen und dazu bestimmt sind, namentlich schwächliche, erblich be-
lastete, nervöse etc. Kinder vor denjenigen Gefahren zu schützen, die ihnen
beim Besuche der gewöhnlichen Stadtschulen drohen. Das Gut als solches
wird hier als ein Teil der Schule aufgefafst und gibt den Schülern mannig-
fache Gelegenheit zur Betätigung ihrer technischen Fähigkeiten wie zu
gymnastischen Übungen. Die Schüler erhalten neben einer vollständigen
wissenschaftlichen Ausbildung eine praktische Unterweisung in verschiedenen
Handfertigkeiten, eine gründliche Vorbereitung für die Erfordernisse des
405
praktischen Lebens. Besonders wertvoll aber ist die Einrichtong, dafs die
Zöglinge des Landerziehnngsheims tSglich dieselbe Stundenzahl, die fflr den
wissenschafUicben Unterricht angesetzt ist, für körperliche Arbeit, für Be-
wegung im Freien verwenden. Neben den Vorteilen für die Gemflts- and
Charakterbildung bietet dieses Erziehungssystem die Möglichkeit, bei der
Eniehung der Kinder aUe die Schädlichkeiten zu vermeiden, welche das
Schulwesen sonst für die körperliche Entwicklung der Kinder mit sich
bringt. {y^Monatsschr. f. Qesundheiispfl.^ ^ 1903, No. 3.)
Nene Untersaehnngen fiber das Schnlkopfireh hat nach der
„Medie. Woche"' ein norwegischer Forscher, Axel Holst, unternonunen,
indem er die Zöglinge einer Schule in Christiania einer sorgfältigen Prüfung
unterzog. Er kam zu dem etwas unerwarteten Schlüsse, daCs dem Schul-
unterricht weder unmittelbar noch mittelbar ein bestimmter Einflufs nach
dieser Richtung hin zuzumessen sei. Es zeigte sich, dafs viele von den
über Kopfweh klagenden Schülern an Störungen ihrer Gesundheit litten,
die mit dem Schulbesuch keinen Zusammenhang hatten; andere stammten
ans nervös belasteten Familien, oder es lag, wie Holst sich ausdrückt,
eine »Wachstumkrankheit*' vor. In anderen Fällen wird nach Holsts
Ansicht das Kopfweh, welches sich in der Schule im Verlaufe der Unter-
richtsstunden entwickelt, geradezu durch Hunger verursacht. So erklärt
es sich ungezwungen, weshalb die Kopfschmerzen in den Sommerferien oft
nachlassen. Die Kinder bringen diese Zeit häufig auf dem Lande zu und
erhalten hier eine kräftigere und rationellere Kost.
Speisung von Schalkindern in Nftrnberg. Wie unlängst in einer
Magistratssitznng der Vorsitzende mitteilte, werden seit einigen Jahren
durch Wohltäter die Mittel aufgebracht, um Schulkindern, die zu Hanse
kein warmes Frühstück oder kein warmes Mittagessen erhalten, während
der Winterszeit hiermit zu versehen. Im letzten Winter sind 51 Kinder
mit Frühstück und 239 Kinder mit Mittagessen bedacht worden. Von
diesen Kindern waren 102 hier und 146 auswärts beheimatet. Die Kosten
beliefen sich auf 3044 Mark. Herr Bürgermeister Geh. Hofrat Dr.
Y. Schuh dankte den Spendern, femer den Armenpflegschaftsräten, nament-
lich Herrn Kommerzienrat GALLiKaEB, für die Mühewaltung.
Sogesgefc^ii^tlif^eB.
IV. JahresYersammlnng des Allgemeinen Deutschen Vereins
Ar Schnlgesnndheitspflege am 2. und 3. Juni 1903 in Bonn. Die
Tagesordnung weist folgende Vorträge auf:
1. Der Lehrplan der höheren Schulen in Beziehung zur
Unterrichtshygiene. Ärztliches Referat,
a) Lehrstoffe und Lehrziele einschlieblich der häuslichen Schularbeiten.
Referent: Herr Dr. med. Kastenholz-KöIu.
406
b) Stundenverteilung einschliefslich des Nachmittagsunterrichts.
Referent: Herr Dr. med. RENSBURO-Solingen.
c) Schulanfang und Schlafzeit, Erholungszeit im Freien und in der
Familie.
Referent: Herr Dr. med. J. G. Rey- Aachen.
2. Der Schulturnunterricht und die Bewegungsspiele im
Sinne der Schulhygiene.
Referenten: Herr Dr. med. F. A. SCHMiDT-Bonn.
Herr Professor Wickenhagen- Rendsburg.
3. Skoliose und Schule.
Referent : Herr Privatdozent fdr Chirurgie Dr. med. H. Prtebsen-
Bonn.
4. Der hygienische Unterricht in der Schule.
Referent: Herr Professor Dr. med. FiNKLEK-Bonn.
5. Deutsche und englische Schulerziehung vom hygienischen
Standpunkte aus betrachtet.
Referent: Herr Seminardirektor Dr. PABST-Leipzig.
6. Schule und Kleidung.
Referent: Herr Dr. med. SELTEK-Solingen, Vorsitzender der Ver-
einigung niederrheinisch-westfalischer Kinderärzte.
7. Alkoholhygiene in der Schule.
Referent: Herr Dr. med. M. KoEMAN-Leipzig.
8. Zweck, Arten, Ausführung und Mittel zur Verbreitung der
Jugend- und Volksspiele.
Referent: Herr Rektor ENDRis-Rttdesheim,
Reorganisation der Milchkuren in Zürich. Der Zentralvorstand
der Züricher Ferienkolonien hat in dieser Beziehung unlängst folgende Be-
schlüsse gefafst:
Die Kreiskomitees werde ersucht, versuchsweise die Milchkuren im
laufenden Jahre überall wieder durchzuführen. Es werden ihnen hierfür
folgende Punkte zur Berücksichtgiung empfohlen :
1 . Die Eltern haben ihre Kinder beim Klassenlehrer schriftlich anzumelden.
Der Lehrer begutachtet das Gesuch zu Händen einer Frauenkommission,
die jede Anmeldung, wenn notwendig durch Hausbesuch, prüft und
dem Komitee Antrag stellt.
2. Gestützt auf diese Anmeldungen, kommt das Kreiskomitee beim Zentral-
vorstand um den nötigen Kredit ein.
3. Als Stationen sind in erster Linie an der Peripherie des Kreises ge-
legene Orte an den Abhängen von Ütli- und Zürichberg zu wählen.
4. Eine Station soll in der Regel nicht mehr als 50 Kinder zählen. Wo
mehrere Stationen nötig sind, ist Geschlechtertrennung geboten.
5. Die Speisung geschieht successive nach dem Eintreffen der Kinder,
morgens von 8 — 9, abends von 6 — 7 Uhr.
6. Es sind bei der Speisung die Nährbedürfnisse der Kinder insoweit zu
berücksichtigen, als jedes Kind bis zur vollen Sättigung gespeist
werden soll.
7. Bei trockenem Wetter sind gemeinsame Spaziergänge vormittags nach
oder abends vor der Speisung zu empfehlen.
407
8. Während der Earzeit darf zwei- bis dreimal zum Zwecke ganztägiger
Inanspruchnahme der Kinder an! der Station ein Mittagessen ver-
abreicht werden.
Eine Denksehrift des Schweiz. Vereins abstinenter Lehrer und
Lehrerinnen, betreffs Erziehung der lernenden Jagend im Geiste
der Enthidtsamkeit und Nfichternheit/ ist vom Verein dem Bandesrat
and den Regierangen der einzebien Kantone übermittelt worden. Der £r-
ziehangsrat des Kantons Zürich hat mit Bezag anf diese Eingabe folgenden
Beschlofs gefafst:
I. Die Lehrerschaft der Zürcherischen Unterrichtsanstalten aller Stafen
wird auf die Ansführangen des Schweiz. Vereins abstinenter Lehrer and
Lehrerinnen, betreffend die Anbahnang einer energischen Bekämpfong des
Alkoholismns darch die staatlichen Unterrichts- und Erziehangsanstalten,
aaimerksam gemacht and zugleich eingeladen, durch ihr Wirken in der
Schale sowohl, als auch im privaten Leben den Anregungen die der
Wichtigkeit der Sache entsprechende Aufmerksamkeit zu schenken.
II. Auf die Anregung, es sei bei der Abfassung von Lehrmitteln für
die Volksschulen den Antialkoholbestrebungen Beachtung zu schenken, soll
im gegebenen Fälle zurückgekommen werden.
(Ein sehr magerer Beschluß, der in seiner allgemeinen Fassung den
Verein schwerlich befriedigen dürfte. D. Red.)
{„Ämtl SchulhL d. Et. Zärich\ 1903, No. 4.)
Eine Pflegeanstalt fBr geistesschwache, bildnngsfthige, „blSd-
sinnige'' Kinder soll in Zürich gegründet werden. In dem warmen
„Aufrufe an dasVolk^, vermittels dessen die gemeinnützigen Gesellschaften,
zur Sammlung von Beiträgen auffordern, helfet es u. a.:
Die Errichtung dieser Anstalt ist eine bittere, immer dringendere
Notwendigkeit. Die Enquete im Jahre 1897 hat im Kanton Zürich allein
2Ö4 blödsinnige Kinder aufgewiesen. Davon sind 92 in den Anstalten für
Blinde, Taubstumme, Epileptische und Schwachsinnige versorgt; im Volke
leben also noch 162 dieser unglücklichen Kinder, teils bei ihren Eltern,
teils bei andern Familien verkostgeldet. Seit fünf Jahren ist diese Zahl
noch gewachsen. Für diese ärmsten unter den armen Kindern findet sich
in der ganzen deutschen Schweiz keine entsprechende Anstaltsversorgung,
Unsere kantonalen Pflegeanstalten können entweder blödsinnige Kinder gar
nicht oder nur ganz ausnahmsweise aufnehmen; ihre Direktionen halten
eine besondere Kinderpflegeanstalt für ein dringendes Bedürfnis. Die pro-
jektierte Anstalt, der Fürsorge für bildungsunfähige Kantonseinwohner
beiderlei Geschlechts und jeder Konfession gewidmet, tritt zuerst als Pflege-
nnd Bewahranstalt für Ejnder ins Leben und nimmt nur Kinder auf. Wenn
tnnlich, können solche aber auch als Erwachsene in der Anstalt verbleiben.
Das Haus wird vorderhand für 50 Pfleglinge eingerichtet; auf allmähliche
Erweiterung ist bereits Bedacht genommen. Vorgesehen ist ein einheit-
licher Bau, solid aber einfach, mit Berücksichtigung des Familiensystems.
Fragebogen Aber den Gesundheitszustand der neneintretenden
Sehnlkinder werden, wie die j^Barmer Ztg.*" mitteilt, nach einem Be-
' S. diese Zeitschrift, 1902, S. 104.
408
Schlüsse der städtischen Schuldepatation in Düsseldorf den £ltem zu-
gesandt. Aufgabe der Lehrer ist es dann, diese Angaben weiter zu yer-
folgen and zu ergänzen, so dafs sie alsdann der einige Wochen nach der
Schnlanfnahme stattfindenden schulärztlichen Untersuchung als Grundlage
dienen können. Von der Stadt werden auch Mittel zur Verfügung gestellt,
damit an die gesundheitlich schwachen Kinder unbemittelter Eltern eine
Zeitlang Stärkungsmittel verabreicht werden können.
Über das Verbot des SpieleDs der Kinder in den Sffentlichen
Oartenanlagen Wiens beklagt sich die „Deutsche Schulelg^. Mit Reifen
und Bällen dürfen die Kinder in Zukunft nur noch auf den hierzu be-
stimmten Plätzen spielen. Wir raten — sagt die genannte Zeitung — dem
löblichen Magistrat, er möge sich einmal recht wohl überlegen, wie viele
Kinder es in Wien gibt U4id wie wenig für solche Spiele „bestimmte
Plätze^ — wie der hübsche Ausdruck lautet. Er wird sicher ebenso wie
wir zu dem Resultate kommen, dafs die sogenannten Kinderspielplätze mit
ihrer Zahl und ihrem Flächenraum in einem argen Miüsverhältnis zur statt-
lichen Zahl unserer Wiener Kinder stehen. Wir sind mit solchen Ver-
fügungen vollkommen einverstanden, wenn mau gleichzeitig unseren
Kindern die eiiorderlichen Plätze fDr ihre Bewegungsspiele zur Verfügung
stellt. Aber da man gegenwärtig diese nicht hat, lasse man unsere Jugend
auch auf den breiteren Wegen im Garten ihren Reifen treiben und ihren
Ball werfen — ein Unglück wiid ja dabei ohnehin nicht geschehen. Durch
einen Reifen ist noch niemand verletzt worden, und ein verirrter Gummi-
ball hat noch niemals einen Vorübergehenden beschädigt. Aber unsere
Jugend wird gefährdet, wenn man solche Verfügungen hinausgibt, ohne fär
entsprechend geräumige Spielplätze zu sorgen. Die Jugend, welche nun
einmal Reifen treiben und Ball werfen will, wird ihren Spielplatz auf die
Strafse verlegen und dort bei den heutigen Verkehrsverhältnissen an Ge-
sundheit und Leben bedroht sein. Da hatten es die Kinder vor 20 Jahren
besser; damals gab es noch viel mehr unbebaute Gründe als heute, nament-
lich waren in der Gegend der Linienwälle weite Rasenflächen vorhanden,
auf denen man sich nach Herzenslust herumtummeln konnte. Die Jugend
von heute darf sich den Rasen nur ansehen; wehe, wenn ein Ball sich
in das kostbare Grün verirrt! Der neueste Erlafs bedroht für solchen
Frevel die Eltern mit Strafen, die bis zu einer erschrecklichen Höhe an-
steigen. Hier rächt sich wieder einmal, dafs man bei Stadterweiterungen,
Schaffang von öffentlichen Gartenanlagen u. dergl. nur Architekten und
Gärtner firagt und sich um das Urteil der Eltern und Pädagogen nicht
kümmert. In Wien werden jahraus, jahrein neue Gartenanlagen geschaffen,
aber der Platz für unsere Jugend wird immer kleiner. Wir sind überzeugt,
dafs es nur einer entsprechenden Anregung bedarf, und der löbliche
Gemeinderat wird bei der Ausgestaltung von öffentlichen Anlagen durch
Schaffung von ausgiebig grofsen Spielplätzen auch unserer spielfreudigen
Jugend nicht vergessen. (Mitgeteilt von Dir. E. BAYR-Wien.)
Das New Yorker Hospital ffir verkrfippelte Kinder hat soeben
seinen Jahresbericht herausgegeben. Während des verflossenen Jahres sind
35 Patienten behandelt worden, 10 davon konnten als geheilt entlassen
werden. 150 Aufnahmegesuche liefen ein, sie konnten aber infolge der
409
nicht genttgenden Räumlichkeiten nur zum kleinsten Teil berücksichtigt
werden.
HessiiBgen des Tageslichtes wurden — wie wir dem ^Cleveland
Med, Joum,'* (II, 3) entnehmen — in den Schulen Glevelands vor-
genommen. Es ergab sich, dafs von 40 Wintertagen 28 so dunkel waren,
da£3 das natfirliche Licht in den Klassenzimmern in keiner Weise ausreichte.
Eine Enquete Aber die Zahnpflege der Yolksschttler wurde von
den Wiener zahnärztlichen Vereinen angeregt. Infolgedessen fand, wie die
„N. JFV-. Presse"^ mitteilt, unlängst in der niederösterreichischen Statthalterei
eine Versammlung statt, an welcher Vertreter des Ministeriums des Innern,
des Landesschulrates, des Stadtphysikates, der Gemeinde Wien und der
zahnärztlichen Vereine teilnahmen. Der Gedanke, durch Zahnärzte Re-
visionen bei den Volksschülern vornehmen zu lassen, um kariöse Zähne
möglichst frtth der ärztlichen Behandlung zuführen zu können und dadurch
bleibenden Schädigungen vorzubeugen, fiel nicht auf fruchtbaren Boden ; die
Versammlung ging resultatlos auseinander. Gegen die Durchftlhrung des
Projektes sprach sich insbesondere der Vertreter der Kommune aus: ihm
scheine es, dafs es sich nur um Schaffung von einigen Stellen für Schul-
Zahnärzte handle; es bestehe die Gefahr, dafs die Schulkinder durch un-
saubere Instrumente infiziert werden könnten; in den Ambulatorien werden
ohnehin Hunderte von Zähnen unentgeltlich „gerissen'^ ; die Eltern würden
sich der Untersuchung ihrer Kinder widersetzen, und endlich koste die
Sache Geld. Der Vertreter der Kommune beurteilt, so betont die „ Wimer
medic. Wochenschrift'' mit Recht, grofse hygienische Fragen von dem
Standpunkte des — Kleingewerbetreibenden.
MafsrcgelD gegen die Wcitcrverbreitiuig der Tnberkidose in
der Schule. Die hannoveranische Regierung hat vor einigen Wochen von
den höheren Lehranstalten berichten lassen, welche Mafsregeln seit
1899 gegen die Weiterverbreitung der Tuberkulose in der
Schule getroffen sind, und mit welchem Erfolg es geschehen
ist. Die Eltern werden mit Befriedigung diese Nachricht vernehmen, da
sie zeigt, dafs die Schule sich angelegen sein läfst, in dem Kampfe gegen
die verlieerenden Folgen der Tuberkulose mit tätig zu sein. Der Schule
stehen auch mancherlei Mittel, die sich hier anwenden lassen, zu Gebote.
So werden die Kinder, die in dem Verdachte stehen, tuberkulös zu sein,
so viel als möglich von den gesunden abgesondert; sie werden angehalten,
die Spucknäpfe zu benutzen, wie überhaupt allen Schülern zur Pfiicht gemacht
ist, nicht auf den Fulsboden zu spucken. Es wird feiner auf eine gründ-
liche Reinigung der Klassenräume viel Gewicht gelegt, wobei besonders
der Bekämpfung des Staubes ein lebhaftes Interesse zugewandt wird. Dafs
sodann die Abhaltung von Tumspielen in freier Luft ein wirksames Mittel
ist, die Jugend zu kräftigen und sie widerstandsfähig zu machen, ist
bekannt. Endlich ist man in neuester Zeit noch dazu übergegangen, bei
passender Gelegenheit im Unterrichte direkte Belehrungen über das Wesen
der Tuberkulose, über die Weiterverbreitung und die Bekämpfung derselben
zu geben. Das ist offenbar ein besonders wichtiges Mittel, da bisher Un-
kenntnis und Gleichgültigkeit viel dazu beigetragen haben, die Tuberkulose
zu einer Ausbreitung zu bringen, die geradezu erschreckend genannt werden
410
mufs. Es mag schliefslich erwähnt werden, dafs dieselbe Sorgfalt hin-
sichtlich der Bekämpfung der Tuberkulose auch in der Volksschule be-
obachtet wird, so dafs von allen unseren Schulen zu sagen ist, dals sie
auch hierin ihre Schuldigkeit tun.
Ein neues Gesetz gegen Kinderarbeit in Nordamerika ist, nach
einem Berichte des „New York Med. Joum.*^ (No. 10), kOrzlich zur An-
nahme gelangt. Eine jede Beschäftigung im offenen Geschäft, auf dem
Kontor^ Telegraphenamt, im Restaurant, die mehr als 54 Stunden wöchent-
liche Arbeitszeit verlangt, ist Kindern unter 16 Jahren untersagt. Über-
haupt dürfen Kinder nur dann beschäftigt werden, wenn sie ein ent-
sprechendes amtliches Gesundheitszeugnis vorlegen können. Kinder unter
12 Jahren dttrfen während der Ferien nur in Dörfern und kleinen Städten
beschäftigt werden.
Xntiitc^e )Derfn$ttti0eti.
Kreissehreiben der Erziehnngsdirektion des Kantons Zfirich an die
SehnlbeliSrden nnd die Lehrersehaft der Primarschnle, betreflTend
die Untersnehnng der in das schnlpflichtige Alter eingetretenen
Kinder anf das Vorhandensein geistiger nnd kSrperlicher Gebrechen.
Unter Hinweis auf die Kreisschreiben der Erziehungsdirektion vom
25. Mai 1899 sowie vom 21. Dezember 1901 werden die Schulbehörden
und die Lehrer der Primarschule ersucht, die auf Beginn des Schn^ahres
1903/4 in das schulpflichtige Alter eingetretenen Kinder, gleich wie in den
letztverflossenen Jahren, hinsichtlich allfällig vorhandener geistiger oder
körperlicher Gebrechen zu untersuchen. Mit Bezug auf die Art der Durch-
führung der Untersuchung wird auf die seinerzeit vom eidgenössischen
Departement des Innern erlassene Instruktion verwiesen. Für die Unter-
suchung der Augen wird die Anschaffung der ^Sehproben^ von Dr. Adolf
Steigeb, Augenarzt in Zürich (Hofer & Cie., Preis Fr. 1. — ), empfohlen,
die auf der Rückseite der Tafel zugleich eine Anleitung für den Gebrauch
der Proben zur Prüfung der Sehschärfe, sowie zur Bestimmung des zum
Lesen, Schreiben, Nähen, Zeichnen und verwandter Beschäftigungen not-
wendigen Beleuchtungsminimums enthalten. Die Untersuchungen sind im
Laufe des Sommerhalbjahres auszuführen, die Resultate sind unter Be-
nutzung des vom eidgenössischen Departement des Innern festgesetzten
Formulars bis spätestens Ende Oktober 1. J. der Erziehungskanzlei zuzu-
stellen, und zwar ist — unter Angabe der Zahl der Schüler der Klasse —
auch dann ein Formular einzusenden, wenn keine Schüler als anormal zu
bezeichnen sind. Die Resultate der Untersuchung sind femer in die be-
treffenden Rubriken der Absenzenliste einzutragen und in den folgenden
Jahren fortzuführen, sofern nicht eine Hebung allfälUger Gebrechen sich
mit der Zeit ergibt.
411
Sehr zu begrüfsen wäre es, wenn die ärztlichen Mitglieder der Schal-
behörden diesen Untersuchungen auch im laufenden Jahre ihre Aufmerksam-
keit zuwenden und den Lehrern bei der Ausführung der Untersuchung,
wie bei der Beobachtung der betreffenden Fälle ihren Beistand leisten
würden.
Sodann ist zu beachten, dab diese Untersuchungen nicht blofe Mate-
rialien für eine schweizerische Statistik liefern, sondern direkt praktischen
Nutzen bringen sollen in dem Sinne, dafs die Schulo]^;ane sich in jedem
einzelnen Falle fragen, in welcher Weise em allfällig vorhandenes Übel
gehoben werden kann oder was zur Verhütung der weiteren Entwicklung
desselben getan werden sollte; die Eltern der Kinder werden zweifelsohne
den Schulbehörd^ und Lehrern fttr ihre Ratschläge dankbar sein. Es
ist sodann im besondem darauf zu achten, daüs kurzsichtigen oder schwer-
hörigen Schfllern diej^iigen Plätze im Schulzimmer angewiesen werden,
welche ihnen ermöglichen, auch bei ihren Gebrechen dem Unterrichte
zu folgen.
Bei diesem Anlasse wird der Lehrerschaft und den Schulpflegen die
FOisorge für diejenigen Schaler, welche in körperlicher oder geistiger
Hinsicht als gebrechlich, zurückgeblieben oder schwach zu bezeichnen sind,
oder deren Verhältnisse in sozialer Bichtung nicht als normal bezeichnet
werden müssen, besonders ans Herz gelegt.
Zürich, 27. April 1908.
Die Erziehungsdirektion.
itiittaint.
Bespreo hangen.
ZoLUKesB, F. WeltaiiBstelliuif in Paris. Beatreliniigefi auf dem
fiebiete der SehulgefliindlMitspflege und des Kindersebntses.
Bericht an den h. Bundesrat der schweizerischen Eidgenossenschaft.
Mit 103 Figuren im Texte und einer gröiserep Anzahl von Illustrationen
als Anbang. Zürich, Verlag yon Orell-Füssli 1902. Preis Frs. 6.—.
YerÜBsser wurde vom schweizerischen Bundesrate als pädagogischer
Experte an die Pariser Weltausstellung entsandt und auch zum Besuche
der internationalen Kongresse für das Primär- und Mittelschulwesen, filr
die pädagogische Presse und für physische Erziehung, welche im August
und September 1900 in Paris stattfanden, abgeordnet mit dem Auftrage,
über die hierbei gemachten Beobachtungen Bericht zu erstatten.
Der Bericht zerfällt in drei Hauptabschnitte, von denen der erste
in summarischer Weise der Ausstellungsobjekte erwähnt, sodann
kncz den Inhalt der von den verschiedenen Ländern aasgestellten offi-
ziellen Publikationen wiedergibt, und schließlich in gedrängter, aber
Sehalge sandheitspflegre. XVI. 22
412
klarer Darstellimg nns die an den vier Kongressen behandelten
wesentlichsten Fragen nebst den Besolntionen der Kongresse
Yorführt.
Der zweite Abschnitt umfaM die derzeitigen Bestrebungen auf
dem Gebiete der Schulgesundheitspflege. Verfasser beginnt mit
dem Schul haus und bespricht hier, teilweise im Anschluüs an die aus-
gestellten Objekte und die in den yerschiedenen Ländern vorhandenen ge-
setzlichen Bestimmungen und Verordnungen, teilweise an Hand der ein-
schlägigen Literatur und persönlicher Erfahrung, alle diejenigen Fragen
und Gesichtspunkte, welche für Bau und Einrichtung des Schulhauses in
hygienischer Beziehung mafsgebend sind. — Die Lage und Grölse des
Platzes, die Orientierung des Schulhauses, die Systeme des Schulhausbaues,
die Turnhallen, das Schulzimmer mit Bezug auf Grölse, Konstruktion der
Wände, Decken, Fu&böden, Beleuchtung, Heizung und Ventilation, Mobiliar,
Nebenräume (Korridore, Garderoben, Abortanlagen, Schulbäder, Schulkttchen,
Schfllerwerkstätten, Speisezimmer, Lokale für Jugendhorte etc.), die Reini-
gung der Schullokale und die Umgebung des Schulhause«. Sodann be-
handelt er in bündiger Weise die yerschiedenen, die Hygiene des
Unterrichtes betreffenden Fragen — Beginn und Dauer der Schul-
pflicht, Maximalstärke der Klasse, Zahl der wöchentlichen Unterridits-
stunden, Ansetzung der Unterrichtszeit, Zahl und Dauer der Lektionen,
Aufeinanderfolge der Unterrichtsfächer, Pausen, Freihalbtage, Ferien, phy-
siche Erziehung, Handarbeitsunterricht für Knaben und Mädchen, Ein-
richtungen für geistig minderwertige Kinder, Lehrmittel und Schulmaterialien,
sowie den Anteil der Schule am Kampfe gegen den Alkoholismus. —
Eine besonders eingehende Behandluug ist den Bestrebungen auf dem
Gebiete des Kinderschutzes zu teil geworden. Verf. schildert hier
die frühere und gegenwärtige Au&ahme der Kinder in die Pariser Für-
sorgeanstalten und die yerschiedenen Formen der Versorgung in Paris,
geht sodann über zur Fürsorge speziell für uneheliche Kinder, bespricht
die yerschiedenen Systeme der Fürsorge — das Findelhaussystem mit den
yerschiedenen Formen der Au&ahme und Weiterbehandlung der Kinder,
das System der Remuneration der Mütter und das germanische Versorgungs-
und Vormundschaftssystem, das die Findelhäuser nicht kennt — , und
behandelt schlielslich yerschiedene sozialpolitische Bestrebungen auf dem
Gebiete des Kinderschutzes mit yorwiegend priyatem Charakter. — Die
Sorge für rationelle Ernährung der Säuglinge in der Familie, die Kinder-
krippen, die yerschiedeuartigen Kinderbewahranstalten, Kleinkinderschulen,
Kindergärten, die Ferienkolonien, die Anstalten für Schutz der Kinder
gegen Ausbeutung und Miishandlung seitens der Eltern oder Besorger, die
Fürsorge für dürftige, sittlich gefährdete und yerwahrloste Kinder und
endlich die Schulsparkassen und Schüleryersichemngen.
In dem Werke Zollingebs haben wir nicht einen gewöhnlichen
AusstelluBgsbericht yor uns, nicht eine trockene Aufzählung des Gesehenen.
Das trotz seiner Mannigfaltigkeit und Grölse sehr lückenhafte Material der
Ausstellung dient dem Verf. nur als Grundlage zur Besprechung aller
wichtigen Fragen auf dem Gebiete der Schulhygiene und des Kinder-
scbutzes, zu einer wenn auch kurzen, so doch prädsen, yerständnisyoUen
413
und fftblichen Schilderung aller jener praktischen Bestrebungen und Wohl-
fahrtseinrichtnngen, welche die Neuzeit in den verschiedenen Kulturländern
für die erste Kindheit, für das vorschulpflichtige und für das schulpflichtige
Alter zu Tage gefördert hat. Aus dem ungeachtet seines ümfanges zeit-
lich und raumlich begrenzten Bereiche der Ausstellung fOhrt uns der Verf.
hinaus ins öffentliche Leben. Er verweilt nicht bei den einzelnen aus-
gestellten Gegenständen, sondern läfst uns gleichsam aus der Vogelperspek-
tive alles das Oberblicken, was auf den von ihm behandelten Gebieten in
Wirklichkeit geschaffen worden ist. Und Obenül werden neben den inter-
essanten und wichtigen Details auch die allgemeinen Gesichtspunkte
ins richtige Licht gestellt.
Der Yollstftndigkeit halber muis allerdings gesagt werden, daCs man
hier und da in Einzelheiten den Ausführungen des Verf., wenigstens im
Kapitel Ober Schulhausbau und -Einrichtungen nicht unbedingt zustimmen
kann. Dies gilt z.B. fttr die Frage der Orientierung der Schul-
hauser, bei deren Behandlung die Notwendigkeit einer gleichmafsigen
Beleuchtnng der Klassenzimmer unterschätzt ist, während die biologischen
Vorzüge der direkten Besonnung dieser Lokalitäten zu hoch gewertet sind.
Auch in der absoluten Verurteilung der natürlichen Lüftung
der Schulzimmer während des Unterrichts bei niedriger Aufsen«
temperatur geht der Verf. in Anbetracht der in sächsischen Schulen
in dieser Hinsicht gemachten Erfahrungen entschieden zu weit. Den ver-
schiedenen Schulbankkonstruktionen von Schenk gegenüber, die
sich — das darf wohl jetzt gesagt werden — im allgemeinen doch nicht
bewährt haben, hätte uns ein mehr skeptisches Verhalten des Verf. besser
entsprochen. Erwähnt darf wohl auch werden, dafs es zu Milsverständ-
nissen Anlals geben kann, wenn der Verf., entgegen dem allgemein an-
genommenen Sprachgebrauche, als ^Distanz^ die horizontale Entfernung
des Tischrandes von der Lehne, statt vom vorderen Bankrande
bezeichnet.
Diese und ähnliche Bemerkungen, die noch gemacht werden könnten,
setzen natürlich in keiner Weise den grofsen Wert des ZoLLiNGEBschen
Buches herab, um so weniger, als man ja in guten Treuen über einzelne
Fragen auf dem Gebiete der Schulhygiene verschiedener Ansieht sein kann.
Zn erwähnen ist noch, dafs das Buch in gefälligem Stile geschrieben,
nicht zu sehr mit technischen Details überladen ist und sich leicht und
angenehm liest. Sehr wertvoll sind die zahlreichen Illustrationen, welche
der Verf. seinem Werke beizugeben in der Lage war. In einzelnen Fälleui
wo es sich um Zeichnungen handelt, die in gewissen Beziehungen nicht
vorbildlich sein können, hätte es sich vielleicht empfohlen, auf das fehler-
hafte der Anlage auänerksam zu machen.
Wir begrüften das Erscheinen des ZoLLiNGEBschen „Berichtes^ und
empfehlen das Werk allen dei^enigen, die sich aus Pflichtgefühl oder
persönlicher Neigung für Schulwesen und Kinderschutz interessieren, und
denen die Schaffung günstiger Verhältnisse für die körperiiche und geistige
Entwicklung des Kindes am Herzen liegt. F. Ebismann.
22'
414
Prof. Dr. Ffistee. Die Erriehüng und Bebandlang seeliseh Be-
lasteter in Haus und Scknle. Münch, medi$. Wochmsckr. (No. 7
u. 8, 1903.)
Die Arbeit des Verfassers, der üniYersit&tsprofessor und erster Assi-
stenzarzt an der psychiatrischen Klinik Freibarg i. B. ist, interessiert uns
insoweit, als die Schule dabei in Betracht kommt. Seelisch Belastete
sind solche Personen, welche durch Vererbung oder infolge Schädlichkeiten
des Lebens eine yerminderte WiderstandsfAhigkeit der nervösen Zentral-
organe besitzen. Die Gefahr für solche minderwertige Individuen be-
steht darin, dals sie leichter als normale Kinder schwer erkranken oder
in ihrem Cfemtttsleben ernstlich aus dem Gleichgewicht gebracht werden,
wenn starke Anstrengungen geistiger oder körperlicher Art oder nnan-
genehme Ereignisse an sie herantreten. Solche Kinder sind in der Schule
die Nachzügler, die leicht ermüden und in ihrer Aufmerksamkeit erlahmen.
Pfistbb berichtet nach den Zusanmienstellungen von Kolleb und
Benba, da(s die Zahl der nervenschwachen Schulkinder eine ganz bedeu-
tende sei, nach dem einen 59%, nach dem anderen 50%. Aus dieser
Zahl wird die Häufigkeit der Klagen Ober die Schule und über die Schnl-
sch&dlichkeit yerstftndlich. Die SchulschAdlichkeiten, durch welche die Nerven-
schwachen geschädigt werden können, bestehen in körperlichen Anstren-
gungen beim Turnen und zu groüsen Anforderungen an ihre geistigen
Leistungen. Dazu kommt noch die beständige Furcht vor Strafen der
sensiblen Behüteten; besonders schwerwiegend sind Beschämungen durch
Tadel des Lehrers, die Angst vor rohen Mitschülern, die Regungen eines
abnormen, Kränkungen ausgesetzten Ehrgeizes. Alles dies sind wegen ihr»
häufigen Wiederkehr nicht zu unterschätzende psychische Schädlichkeiten,
zumal sie nur sehr selten durch Lustgefühle (Lobungen) im Unterricht
ausgeglichen werden. Es wird daraus der Schluls gezogen, dals man
solche nervenschwache Kinder nicht so früh wie andere zur Schide schicken
solle; schlieMich könnten nach Meinung des Verfassers alle die nerven-
schwachen Schüler bedrohenden Fährlichkeiten vermindert werden, wenn
ausreichende Untersuchungen und Beobachtungen der Kinder durch Nerven-
ärzte, vorgebildete Schulärzte, vorgenommen werden. Der Verfasser erinnert
an die einschlägigen Untersuchungen von Laqüeb undWsTaAKDT. (Wir
meinen, dab solche Schüler in die Hilfsschulen gehören, welche jetzt be-
reits in vielen Städten eingerichtet sind und beste Erfolge zeitigen.
D. Ref.) ScHMiD-MoNNABD, Halle a. S.
Dr. Julius Kbbbs, Frauenarzt in Breslau. Wie seilen sieh nnsere
jungen Mftdehen kleiden? Allgemein verständliche, hygienische Ab-
handlung. Mit zwölf Abbildungen. Breslau, Heinrich Handel, 1903,
8^ 16 S., Mk. 0,25 (in Partien billiger).
Vorliegendes Werkchen unteminunt es, die jetzt so vielfach behan-
delte Frage der Einführung einer hygienischen Beformkleidung von einem
einzigen Punkte aus in Angriff zu nehmen, und zwar von dem am meisten
Erfolg versprechenden. Der Verfasser beantragt nach kurzen klaren Dar-
legungen in Wort und Bild der gesundheitlichen Wirkung der heutigen
Frauentrachten ganz bescheiden nur eine zweckentsprechendere Kleidung
415
für die weibliche Jngend und stellt die Gesichtspunkte anf, nach denen
sie beschaffen sein müsse; so z. B. dafs das Gewicht des Anznges yor
allem von den Scholtem ond zum Teil anch noch von den Httften getragen
werden solle.
Dafs die Jngend, wenn sie einmal an diese neue Tracht gewöhnt
ist, die Sympathie dafQr auch ins reifere Alter mit hinObemehmen werde,
ist wohl eine verschwiegene Hoffhmig, die der ganzen Arbeit zu Grunde
liegt. Sollte sie sich aber auch nicht bewahrheiten, so hat die Kleidung
doch durch die Freiheit, die sie dem Körper in seiner Entwicklung ge-
währt, schon wichtigen Nutzen gebracht. Der Yer&sser weist femer auf
die bekannte Schädlichkeit der engen Strumpfbänder, der hohen engen
Halskragen, des knappen Schuhwerks, der spitzzulaufenden Strumpfe etc.
hin und schlielst sein höchstbeachtenswertes Sdiriftchen mit der Besprechung
der Zweckmäfsigkeit der einzelnen Stoffgattungen für die verschiedenen
Jahreszeiten. Zu bedauern ist nur, dafe diese Zusammenstellung nicht in
einer Tages- oder Frauenzeitung Eingang gefunden hat, weU sie dadurch
viel leichter zur Kenntnis der Frauenwelt gelangt wäre, als durch eine
Flugschrift. Freilich kann auch die Schule, besonders der Schularzt, diese
Bestrebungen in wertvoller Weise fördern.
Direktor Emanüel BAYB-Wien.
Dr. med. W. Klbtte. Erziehung nervtaer ond nervSs beanltgter
Kinder. Deutscher Verlag, Berlin, 1902, gr. 8^ 32 S., Mk. 0,60.
Der Verfasser hat sich der Aufgabe unterzogen, in knapper Form die
Erziehung nervöser und nervös beanlagter Kinder gemeinverständlich zu
besprechen. Hierdurch ist der Lehrer in die angenehme Lage versetzt,
den einzelnen Eltern eine Schrift anzuempfehlen, die ihnen bei der Erziehung
solcher Kinder Rat und Anregung bietet. Der Lehrer selbst wird darin
manches finden, das er bei Besprechung mit den Eltern oder in Eltem-
konferenzen verwerten könnte. Direktor Emanttbl BATB-Wien.
Bibliographie.
Die mit * beseichneten Werke wurden der Bedaktion zugesandt.
Balbbian, Karl. Die Mitwirkung der Äreie hei der Taubstummm--
hüdung, Mediz.-pädag. Monatsschr. f. d. ges. Sprachheilkunde, 1903,
März-Aprilheft.
Bboislabre, van. Les iltudes suir la Psychologie de VEnfant en ÄmMque.
Revue Thomiste, Jan. Fevr. 1903.
^Bericht über die Wirksamkeit des dämschen SchulrnttseiMis (Beretning om
Dansk Skolemuseums Virksamked). Vom 1. April 1902 bis 31. März
1908. Kopenhagen, 1908. S^. 10 S.
*Cblli, Anqblo, Prof. AnnaU d'Igiene SperimentaU. Vol. XIH.
Fase. n. 1903.
Clay, f. Modem school huüdmgs. London, Batsfort, 1902. 8^. 25 sh.
'^OHN, Hbbm., Prof. Die Verhütung der Ätigeneitemng der Neugeborenen
in Freufsen und in Spanien. Sep.-Abdr. a. d. Wochenschr. f. Therapie
u. Hyg. d. Auges, VI. Jahrg., No. 29 — 31.
416
*C0HN, Herm., Prof. Warum müssen besondere Schul- Augenärzte cm-
gestellt werden? Vortrag. Sep. - Abdr. a. Jahrg. VI, No. 33 ff. der
Wochenschr. f. Therapie u. Hygiene d. Auges. 8^. 35 S.
Dannwbyeb, C. H. Kinder-Sommerpflege in DeutsMand 1901, Pftdag.
Reform, No. 16, 1903.
*IHe Blindenschrift und die BlindenbibUotheken. Zürich, 1903. El. 8^ 8 S.
*Fbilohbnfbld, Wilh., Dr. Gesundheitspflege des Auges, nebst Batgeber
ßur Berufswahl für Augenleidende. Berlin, Elwin Stande, 1903. El. 8^.
79 S. JH. 1,20.
*Frbt, W., n. ZUBBRBÜHLBR, W. Schweizerisches Landereiehtmgsheim
aiarisegg. Das erste Schuljahr 1902/1903. 8^. 16 S.
* — — — — Landerziehungsheime, SchtUprogramm des Schweiz. Land-
erziehungsheims Schlafs Glarisegg bei Steckborn a, Bodensee. Zürich,
Alb. Müller, 1903. 8^ 80 S. mn Illustrat.
*FüHRBR, Earl, Lehrer, über Hefüage und Schriftrichtung. Bl&tter f.
Schulgesundheitspfl. u. Eanderschutz, No. 3 a, 1903.
*Qesunde Jugend, Zeitschrift f. Gesundheitspflege in Schule und Haus,
in. Jahrg., H. 1/2. 1903.
LOBBDANE. Die Mitwirkung des Lehrers an der öffeniUchen und
privaten Gesundheitspflege.
SCHANZB. Die Ergebnisse der ersten allgemeinen schulärzüichen
Untersuchung der Elementarschüler in den Dresdener Bezirks-
schulen unter Berücksichtigung der Ergebnisse aus anderen
deutschen Städten.
ZlBQLBR. Die körperliche Ausbildung der Grofssiadtkinder im
Kampfe gegen Schwindsucht und Eurzsichtigkeit sowie cUs Vor-
ber^tang für militärische Ausbildung.
HoFFA, A., Dr. über die Entstehung der seitlichen Bückgratsverkrüm-
mungen während der Schulzeit. (Verhandlg. d. Berl. Vereins f.
Schulgesundheitspfl.)
*Gbob, J. J., Lehrer. Die normalen Körperhaltungen. Bätrag zur Lösung
der SchtObafüt- und der Schriftfrage. Eüsnacht bei Zürich, 1903. 8^.
24 S. mit Abbüdgn.
*6tsbl, Jül., Dr., Dir. Das neue Kantonschülgebäude in Schaffhausen.
1902. 4^. 60 S. mit 7 Tafeln.
Hermann, Tuminspektor. t)ber Mädchentumen. Die Gesundheitswarte
der Schule, 1903, No. 5.
*Hbrrmann, Charles, M. D. The present method of Medical School
InspecUon in New York. The New York Med. Joum. March 1903.
"HüBPPB, Fbrd., Prof. Körperübungen und AUcoholismiAS. Vortrag.
Berlin, Hirschwald, 1903. 8^ 28 S.
*EONia, Dr., Kreisarzt. Ohruntersuchungen in der Dorfschule. £in
Beitrag zur Schularztfrage. Sep.-Ahdr. a. Samml. zwangloser Abhdlg.
a. d. Geb. der Nasen-, Ohren-, Mund- u. Halskrankheiten. YH. Bd. H. 3.
(SchlaTs folgt.)
§tv ^Afnlav^t
I Jahrgang. 1903. No. 6.
Als neue Mitarbeiter sind zu nennen:
Eokardt, Fritz, Oberlehrer, Dresden.
Snck, Hans, Lehrer und Schriftsteller, Berlin.
(Driginalab^anbittttgeit*
Zur Gtoschichte des Bchularstwesexui in österreioh.
Von
Sanitätsrat Dr. Altschül
in Prag.
Die Schnlarztfrage ist bei uns in Österreioh schon seit langer
Zeit „zur Diskussion^ gestellt worden, über grofse praktische Erfolge
kann aber auch heute noch nicht berichtet werden.
Bei dem in Wien im Jahre 1887 abgehaltenen internationalen
hygienischen Kongresse stand die Schularztfrage auf dem Programme ;
die Beferenten Generalarzt Ministerialrat Dr. Wassebfijhb (Berlin),
Prof. Dr. med. et. phil. Heamann Cohn (Breslau) und Dr. H.
Napias, Inspecteur gänäral des Services adminiBtratifs du Ministäre
de rinterieur (Paris), waren nicht in allen Punkten der gleichen
Ansicht,^ über die Notwendigkeit der ärztlichen Schulaufbicht
waren aber alle Redner einig. Schon bei diesem Kongresse konnte
auf die Erfolge der im Schwesterstaate Österreichs, in Ungarn,
bereits im Jahre 1885 durch den damaligen ünterrichtsminister
Tb^ort eingeführten Institution von Schulärzten in Mittel-
schulen hingewiesen werden. Die Schulärzte in Ungarn werden
* Siehe „Die Schalarztdebatte auf dem internationalen hygienischen Kon*
gr«Me SU Wien''. Hamburg, Leopold Voss, 1888.
Der Sehulani. L 12
102 418
in eigenen Lehrknrsen vorgebildet nnd haben als „Professoren der
Hygiene^ (anch in Österreich fähren die Lehrer der Mittelschulen
den Titel „k. k. Professor'') anch den Unterricht in Hygiene an
den Mittelschulen zu leiten.
Angeregt durch die Diskussion der Schularztfrage auf dem
hygienischen Kongresse in Wien, hat der Abgeordnete Dr. Wengeb
in der Sitzung des österreichischen Reichsrates vom 12. März 1888
seinem Bedauern Ausdruck gegeben, dais es an den Mittelschulen
Österreichs noch keine Schulärzte gebe, und in derselben Sitzung
beantragte der Abg. Zeithammeb eine diesbezügliche Besolution.
In der Sitzung des Abgeordnetenhauses am 30. März 1889
wurde folgende Hesolution des Abg. Dr. Eikdebmann „vom hohen
Hause^ angenommen: ,,Die k. k. Regierung wird aufgefordert, den
sanitären Verhältnissen an den Schulen ihre Aufmerksamkeit zuzu-
wenden und regelmälsige statistische Erhebungen über die an den-
selben Torkommenden Krankheiten, insbesondere über die Infektions-
krankheiten, zu veranstalten^, und in derselben Sitzung wurde eine
zweite, yon Dr. £[indebmann eingebrachte Resolution dem Budget-
ausschusse zugewiesen: „Die k. k. Regierung wird ersucht, einen
Betrag festzustellen, welcher einem mit dem entsprechenden Wissen
ausgestatteten Arzte behufs Studiums der Erfahrungen und der Ein-
richtungen auf dem Gebiete der Schulhygiene in den diesbezüglich
hervorragenden Ländern verliehen wird, damit hierdurch eine Kraft
gewonnen wird, welche der hohen Unterrichtsverwaltung als beratendes
Organ zur Seite steht. ^
Eine ärztliche Schulaufsicht im weiteren Sinne des Wortes
ist übrigens bereits vorgesehen in dem Erlasse des k. k. Ministeriums
für Kultus und Unterricht vom 9. Juni 1873, Z. 4816, in welchem
Erlasse Verfügungen über den „Bau und Einrichtung der Schul-
häuser** getroffen werden. Im § 39 dieses Erlasses wird u. a. be-
stimmt: „Die landesfärstlichen Bezirksärzte sind allen Verhandlungen
der Bezirksschulräte ihres Bezirkes, welche die Schulgesundheitspflege
und die physische Entwicklung der Schüler u. s. w. betreffen, bei-
zuziehen oder zur Erstattung von Fachgutachten über alle genannten
Gegenstände aufzufordern^ ; und weiter heilst es : „Da dem landesfbrstl.
Bezirksarzte die Beaufsichtigung der Gesundheitsverhält-
nisse der Schüler und der hygienischen Verhältnisse der
Schulen seines Bezirkes obliegt, so steht ihm der Zutritt zu
allen Schulräumen jederzeit frei Der landesfürstliche Bezirks-
arzt ist berechtigt, die Beseitigung von MiJsständen, deren Abstellung
419 103
dringlich ist, in kurzem Wege gegen naohträgliohe Genehmigung
seines politischen Amtsvorstandes anzuordnen **.
Wir haben demnach in Österreich eine gewisse ärztliche Schul-
aufsicht schon seit dem Jahre 1878, aber befolgt wurde dieser vor-
treffliche Erlafs sehr wenig; schon in den 80er Jahren beklagt sich
der Amtsarzt Dr. Netolitzet in Eger darüber, dafs er gelegentlich
seiner Amtsreisen konstatieren konnte, „dab in den meisten Fällen
diesem Erlasse nicht entsprochen wird, ja, dab in den meisten Be*
zirken bei Begutachtung von Schulprojekten trotz der klaren Be-
stimmungen des erwähnten Erlasses und trotz einer diesbezüglichen
Auflfiihrungsverordnung des Landesschulrates für Böhmen vom
27. August 1881, Z. 17179, nicht einmal ein ärztlicher Sachverstän-
diger beigezogen wurde^.
Etwas besser ist wohl in letzter Zeit die ganze Sache geworden,
aber dennoch ist auch jetzt noch Grund genug vorhanden, die Nicht-
befolgung des Erlasses zu beklagen. Die landesfürstlichen Bezirksärzte
erfüllen gewissenhaft ihre Pflicht, und die ärztliche Untersuchung der
Sohulgebäude und zum Teile der Schuleinrichtungen kann als
eine im ganzen zureichende bezeichnet werden; aber die schulärztliche
Beaufsichtigung der Schuljugend ist bei uns in Österreich eine
sehr lückenhafte und meistens nur durch den Privatfleifs einzelner
Ärzte bedingte. So hat z. B. der k. k. Bezirksarzt Dr. Edüarb
QuiBSFEU) in Rumburg (Böhmen) sehr dankenswerte Schulkinder-
antersuchungen vorgenommen und die Ergebnisse derselben in der
j, Prager med. Wochensehr.^ No. 26 u. ff. des Jahrganges 1902 ver-
öffentlicht; und auch in anderen Ländern fanden vereinzelte
Schüleruntersuchungen statt, aber von Schulärzten im eigentlichen
Sinne dieses Wortes kann man bei uns nicht sprechen — die Amts-
ärzte haben bei der groiaen Arbeitslast, die ihnen die gesamte Sani-
tätspflege aufbürdet, wohl nicht die genügende Zeit, fortlaufende
SchüleruntersuchuDgen in ihren Bezirken auszuführen; eine Instruk-
tion f&r Schulärzte besteht nicht.
Gelegentlich der Vollversammlung der „Österreichischen Ge-
seUsohaft für Gesundheitspflege^ am 29. Oktober 1902 hat Prof.
Dr. A. ScHATTENFBOH einen Vortrag „Zur Schularztfrage" gehalten,^
an welchen sich eine lebhafte Diskussion aDSchloJs, über welche
J. Pawel in „Der Schularzt", No. 1 (Beilage zur j^Zeüschr. f.
* Siebe „Monatsschr. f. Gesunäheiispfl.*' , No. 11 des Jahrganges 1902.
KommissionsTerlag von Moritz Perles, Wien.
104 420
Schtdgesundheitspfl. 1903, No. 1) Bericht erstattet hat. Sghattbnfboh
wies darauf hin, dafs in Österreich seit 1897 Schulärzte bestehen,
und zwar hat Troppau das Verdienst, zuerst den Schularzt ein-
geführt zu haben; aufserdem existieren in Schlesien 15 grölsere und
kleinere Gemeinden, die dem Beispiele Troppaus folgten. Sonst
haben noch Brunn, Graz, Karlsbad, Laun (in Böhmen) und Korn-
neuburg eigene Schulärzte, während in Prag die Anstellung yon
fünf Schulärzten schon beschlossen, gegenwärtig jedoch noch nicht
durchgeführt ist.
Bezüglich Böhmens äulsert sich der offizielle Landes-Sanitäts-
bericht für das Jahr 1900: ^Eigens angestellte Schulärzte gibt es in
Böhmen nur wenige, und zwar je einen in Laun und Kolin. Mit
der Einführung von Schulärzten wurde im Berichtsjahre in der Stadt
Karlsbad und in Teplitz der AnÜEmg gemacht, sonst werden diese
Obliegenheiten yon den Distrikts- und Gemeindeärzten besorgt. Selbst
in der Landeshauptstadt Prag wird bisher die ärztliche Schulau&icht
nicht yon eigens bestellten Schulärzten, sondern von den Stadt-
bezirksärzten geübt. VoD den zu Beginn des Schuljahres 1900 in
den Gemeindeschulen Prags eiDgeschriebenen 19504 Kindern
wurden 2172 durch diese Ärzte untersucht.^
Was Prag speziell betrifft, wurde die Anstellung yon Schul-
ärzten schon in der Sitzung der städtischen Sanitätskommission yom
5. Februar 1890 durch den Schreiber dieser Zeilen, der damals als
B.eferent fungierte, angeregt; in einer eigenen Schrift^ wurde die
Notwendigkeit einer ärztlichen Schulaufsicht überhaupt dargetan und
detaillierte Vorschläge (eine Instruktion für den Schularzt, Gesund-
heitsbogen, Fragebogen für Lehrer und Eltern) erstattet; es wurden
20 Schulärzte für Prag als notwendig berechnet. (Schon im Jahre
1889 hat Byohna in einem kleinen [tsechischen] Aufsatze in der
Zeitschrift der tschechischen Ärzte eine intensiyere ärztliche Scliul-
aufsicht bei den Prager Schulen gefordert.)
Greise Erfolge haben wir in Prag aber nicht zu yerzeichnen.
Im Jahre 1890 wurde in der oben erwähnten Sitzung der städtischen
Sanitätskommission' zwar die Anstellung yon eigenen Schulärzten als
^ Dr. Thbodob Altschul, „Zur Schul arztf rag 6^. Eine Bcbalhygienisohe
Studie. Fr. Ehrlichs BuchhandluDg (Bernhard Enauer), Prag, 1890.
* Vergl. Dr. Thisodob Altsohül, „Rechenschaftsbericht über die
Tätigkeit in der städtischen Sanitätskommission*. Präger^ med.
Wochenschrift, 1902, No. 5 und 7.
421 105
„erstrebenswert'^ anerkannt, aber dennoch der Besohluls gefiüst, Tor-
Iftnfig die Schnlüberwachnng weiter dnieh die Bezirksftrzte besorgen
EU lassen. Erst im Jahre 1902 (Jannar) worde die Anstellung von
fünf städtischen Schulärzten beschlossen und sogar eine Instruktion
fOr dieselben ausgearbeitet — , gegenwärtig (März 1903) ist es aber
bezüglich der Schulärzte in Prag stille geworden, und es ist gar nicht
ausgeschlossen, dafs man diese Angelegenheit wieder ganz yeigessen hat.
Die deutsche evangelische (PriTat-) Volks- und Bürgerschule in
Prag hat seit einigen Jahren einen eigenen Schularzt angestellt,
Dr. £. Veit (den Lesern dieser Zeitschrift wohl bekannt), welcher
seinen Pflichten mit lobenswertem Eifer und Toller Sachkenntnis
obliegt.
Also sehr weit vorgeschritten sind wir in Österreich (und in
Prag) in der Schularztfrage noch nicht, vielleicht wird die Zukunft
eine Besserung bringen, nachdem in der oben erwähnten Versammlung
der „Österreichischen Gesellschaft für Gesundheitspflege^, in welcher
der Chef des Sanitätswesens in Österreich, k. k. Sektionschef Dr. C.
VON KusY, den Vorsitz führte, die Einsetzung eines Komitees zum
Studium der Schularztfrage beschlossen wurde.
Hoffentlich wird das Komitee baldigst rüstig an die Arbeit gehen
und einen gröDseren Erfolg erzielen als die bisherigen „Vorkämpfer^
für die Idee der Einführung von Schulärzten in Österreich, und über
diese zu erhoffenden Erfolge soll seinerzeit rechtzeitig an dieser Stelle
berichtet werden.
Nachtrag in der Arbeit:
Über schnlftntliche Statistik und die Prinzipien bei Auswahl
der sogenannten iritiüchen Beobachtnngsschftler.
Von
Dr. Samosch,
Schalarzt in Breslau.
Glelegentlich des Studiums einer anderen schulhygienisohen
Frage finde ich in der y^GesuftdheiV^ (hygienische und gesundheits-
technische Zeitschrifl;, Leipzig, Leineweber, S. 28 ff.) einen Aufsatz,
betitelt : Jahresbericht über die schulärztliche Tätigkeit in den Mittel-
und Stadtschulen von Darmstadt im Schuljahr 1900/1901, von
Dr. BucHHOLDy der meines Erachtens die beste bisher bekannte;
106 422
sohulärztliche Statistik enthält, und den ioli deswegen den Angaben
meiner Arbeit, Statistik betre£Eend, anfügen will.
Die Statistik bezieht sich auf 2784 genan nntersnchte Schüler
des achten, sechsten, vierten und ersten Jahrgangs und gibt an, dab
588 Schüler mit 1185 Erkrankungsformen behaftet gefunden und in
dauernde ärztliche Überwachung genommen wurden. Über das Vor-
kommen der einzelnen Krankheitsformen bei den untersuchten Jahr-
gäDgen wird eine sehr instruktive Übersicht gegeben; ich yerweise
diesbezüglich auf die auch sonst sehr interessante und gediegene
Arbeit. G-leichwohl kann die Darmstädter Statistik als in praktischer
Beziehung mustergültig nicht empfohlen werden, denn wenn auch
der Wert einer genauen vollständigen Untersuchung von vier Jahr-
gängen nicht geleugnet werden kann, so gibt andererseits das Fehlen
irgend welcher Angaben über den Gesundheitszustand der anderen
Jahrgänge zu Bedenken AnlaTs, und zweitens halte ich es nach
meinen schulärztlichen Erfahrungen fiir unnötig, alle gesundheitlich
Ijeanstandeten Kinder in dauernde Überwachung zu nehmen. Ich
halte eine Zweiteilung, wie ich sie in meiner Arbeit vorgeschlagen
habe, unter Ausdehnung des Überwachungsdienstes über alle Jahr-
gänge in der üblichen Form für praktischer.
Aitxntrt Ütitteilttttgen*
AnsteUang von Schulärzten. Die y,Frankßirter Ztg^ berichtet,
dafs der Kreistag des Kreises Mainz die AnsteUnng eines Schularztes für
die Schulen der Landgemeinden beschlossen hat. — In Karlsruhe in
Baden bewilligten die städtischen Behörden 10000 Mark für das Institut
der Schulärzte. — Eine Schularztdebatte in der Stadtverordnetenversamm-
lung in Annaberg im Erzgebirge nahm insofern einen bemerkenswerten
Verlauf, als der yom Stadtrat gestellte Antrag auf probeweise Anstellung
eines Schularztes, zunächst auf ein Jahr, in der Stadtverordnetenversammlung
gerade yon einem Arzt, Dr. Oelsneb, aufs entschiedenste bekämpft wurde.
Er vermisse bei der schulärztlichen Institution jeglichen praktischen Wert,
es sei das eine Modesache, die mit vielen Phrasen arbeite und absolut
rutzlos und flberflQssig sei. Der Antrag wurde einem Ausschufs zur Be-
natung überwiesen. („Ohererzgehirgische Ztg,*^, 30. März 1903.) — Die
Stadtverordnetenversammlung in Rathenow beschäftigte sich gleichfalls mit
der Schularztfrage, nachdem aus ihrer Mitte der Antrag gestellt worden
war, es möge auf dem Brandenburgischen Städtetage die Schularztfrage zur
423 107
Sprache gebracht und auch in Rathenow für Anstellung von Schulärzten gesorgt
werden. Der erste Bürgermeister erwiderte, der Magistrat habe den Kommunal-
arzt beauftragt, über Notwendigkeit und Zweckmäfsigkeit von Schulärzten
Bericht zu erstatten; dieser Arzt habe sich bereit erklärt, mit drei anderen
Ärzten probeweise schulärztlich zu arbeiten, um später auf Grund dieser
Erfahrungen genauere Angaben über die Zahl der erforderlichen Schulärzte
imd die aufzuwendenden Kosten machen zu können. Der Magistrat hielt
aber eine aUgemeine ärztliche Überwachung der Schule nicht für notwendig,
lehnte auch eine probeweise, unentgeltlich seitens einiger Ärzte auszuübende
derartige Funktion als nicht wünschenswert ab und begnügte sich, den Kom-
munalarzt zu beauftragen, hin und wieder belehrende Vorträge in Kreisen
der Lehrer zu halten, und auf Anruf seitens der Lehrer eine Untersuchung
einzelner krankheitsyerdächtiger Kinder vorzunehmen. Die sachverständigen
Einwendungen zweier dem Stadtverordnetenkollegium angehörender Ärzte
gegen diesen sehr angreifbaren Standpunkt des Magistrats vermochten nicht,
eich Geltung zu verschaffen.
Eine nhnlrztliehe Poliklinik für Volksschiilkiiider eröffiaete am
30. November 1902 der Verein hessischer Zahnärzte in Darmstadt.^
Den Anlab dazu gab die durch Statistik nachgewiesene Höhe der Karies-
fireqnenzy welche besonders bei den Volksschulkindern zu Tage tritt.
Die Mittel zur Errichtung hat Herr Prof. Juuus WiTZEL-Essen zur Ver-
fügung gestellt, während die städtischen Behörden sich zur freien Über*
lasaung von Räumlichkeiten bereit erklärt hatten.
In seiner Eröffnungsrede führte Herr Dr. JESSSN-Strabburg aus, dats
man in der hessischen Hauptstadt nicht nur die hohe Bedeutung einer
rationellen Zahnpflege und Zahnhygiene für das Volkswohl, sondern auch das
wichtige Moment erkannt habe, dab, je früher ein Eingreifen zur Gestaltung
gesunder Mundverhftltnisse stattfinde, um so mehr Aussicht vorhanden sei,
wirklich positive Erfolge zu erzielen. Die Schule soll nicht nur die Pflanz-
stätte für geistige Tüchtigkeit kommender Geschlechter sein, sondern es
sollen auch die zarten Keime in zartem Alter schon gepflegt werden, um
neben dem geistigen auch ein köiperlichss Gedeihen möglich zu machen.
Und zu dieser Volksgesundung gehören gesunde Mundverhältnisse; die
Zähne, welche dem Körper die Nahrung vorbereiten, müssen bis in ein
hohes Alter nach Möglichkeit erhalten bleiben. Die statistischen Unter-
suchungen haben ergeben, da(s nur 2% der Kinder ein gesundes Gebils
besitzen. In Strasburg ist es Herrn Dr. Jessen durch das Entgegen-
kommen der Behörden gelungen, eine städtische Schulzahnklinik als
die erste in Deutschland ins Leben zu rufen. Es müsse überhaupt die
obligatorische Anstellung von Schulzahnärzten als eine im Interesse der
Allgemeinheit liegende Notwendigkeit angestrebt werden. Ebenso müsse
die zahnärztliche Behandlung in der Armee gefordert werden, das sei vom
Gesichtspunkte der Erhaltung resp. Erhöhung unserer Wehrkraft nötig.
Vor nicht langer Zeit sei auch von Krupp in Essen noch kurz vor
seinem Tode ein schönes Beispiel der Fürsorge auf diesem Gebiete gegeben,
wo unter der Leitung des Prof. Julius Witzel eine Zahnklinik eröffnet
^ S. Zeüschr. f. Schulgeaundheitapfl. 1908, S. 34.
108 424
isty in welcher die Arbeiter und Angestellten der Firma mit ihren Familien
unentgeltlich behandelt werden.
Im Namen der Ministerialabteilnng fftr öffentliche (jesnndheitspflege
beglückwünschte Herr Geh. Obermedizinalrat Dr. Neidhabt den Verein
und sprach den Wunsch ans, dafs sich die Hoffnungen erfüllen mOgen, mit
denen man die Eröffnung der Anstalt begleite.
Die Zahnheilkunde sei eine medizinische Teilwissenschaft, die sich in
würdiger Weise an andere SpezialWissenschaften anreiht; die Wichtigkeit
der Zahnheilkunde lerne man erst recht würdigen, wenn man überlegt,
welche Rolle den Zähnen bei der Ernährung des Menschen zufällt. Fehler
und Abnormitäten der Zähne stören die Organe in der Ausübung der
Funktionen und beeinflussen dadurch die Verdauung und Ernährung des
menschlichen Körpers. Die Schularztfrage ist heute aktuell, die Auf-
gaben des Schularztes sind aber noch nicht völlig. klargelegt, es bieten sich
noch yiele Schwierigkeiten yon selten der Eltern wie auch der Lehrer.
Dagegen sind die Voraussetzungen für die Tätigkeit der Schulzahnärzte
günstiger, da den Eltern die bisher wenig beachtete Sorge für die Gesund-
heit der Zähne ihrer Kinder abgenommen wird.
Herr Medizinalrat Dr. D&audt, Vorsitzender des Vereins hessischer
Ärzte, hob auch den Wert der Zahnhygiene hervor und beleuchtete vom
Standpunkte des Arztes die groCse Wichtigkeit einer geordneten Zahnpflege
für den ganzen Organismus.
Nachdem noch verschiedene Herren im Namen mehrerer zahnärzüicber
Vereine gesprochen hatten, fand eine Besichtigung der Klinik statt, welche
zur allseitigen Befriedigung ausfiel.
(Miti^et. V. Dr. HüCK) LBYT-Hambnrg.)
Angranntersiiehiuigeii in London« Im April 1902 sind in den
Londoner Elementarschulen vorübergehend acht Augenärzte mit der Unter-
suchung der Kinder betraut worden. Über die Ergebnisse berichtet
Dr. J. Kebb, Medical officer of the London School Board, in „The
LanceV", 1903, I, S. 977. Der Prozentsatz Normalsichtiger ist höher als
der 1900 von Lehrern ermittelte, nämlich:
Klasse 1900 1902
I 32 54
n 40 61
m 45 70
IV 50 73
V 53 75
VI 56 78
Vn 61 80
Hinsichtlich der Schwachsichtigen mit Sehschärfe von Vs und darunter
decken sich die Ergebnisse beider Jahre ziemlich genau (8,4 — 9,9 7o zu
8,5 — 11,6%)* K. kommt zu der Überzeugung, dais die Ursachen mangel-
hafter Sehschärfe mehr in sozialen Verhältnissen, besonders schlechter Er-
nähmng, und in Rasseneigentümlichkeiten zu suchen seien, als in einem
schädlichen Einfluis der Schule, und dafs letzterer sich eher in allgemeinen
nervösen Störungen äulsem dürfte, als in einer Verschlechterung des Seh-
vermögens. Leider sind die ärmeren Volksschichten aus Indolenz und
425 109
Geldmangel nicht im stände, die nötigen Abhilfemafsnahmen wirksam durch-
zufahren. Schätzungsweise mttfsten in London jährlich 10 — 20000 Kinder
ärztlich behandelt werden. Die Schnle kann die erforderlichen Kosten
aber auch nicht tragen. (Mitget. v. Dr. SiBVBKiNG-Hamburg.)
HorbiditStestatistik der Wiener Sehnlkinder. Dr. Zapfebt be-
richtet in der „ Wien. klin. Wochenschr.*^ über das Ergebnis einer Durch-
sicht der letzten drei Jahrgänge der Akten des Wiener Vereins für Ferien-
kolonien („Ferienheim") und ergänzt dadurch die bisher nur spärlichen
Mitteilungen über den Gesundheitszustand der Wiener Schuljugend. Die
Untersuchungen beziehen sich auf die Jahre 1900, 1901 und 1902 und
umfassen 1399 Knaben und 1041 Mädchen. Zappebt teilt die Erkran-
kungen in zwei grofse Hauptgruppen: 1. Erkrankungen der Atmungsorgane
und 2. Erkrankungen des Herzens. An den ersteren litten im Durchschnitt
9,57% Knaben und 9,98% Mädchen; femer zeigte sich, dafs jüngere
Kinder im Alter yon 7 bis 10 Jahren yiel mehr yon Erlorankungen der
Atmungsorgane heimgesucht werden als ältere im Alter yon 11 bis 14 Jahren,
und dafs in jedem Alter die Mädchen stärker dayon ergriffen waren.
Zappebt schlielst daraus, dals in den früheren Altersstufen der erste
Schulbesuch deshalb yor allem zu Erkrankungen der kindlichen Atmungs-
organe fährt, weil die kleinen Kinder zeitlich früh oder bei jeder Witterung
in die Schule gehen müssen. Im späteren Alter sind diese Schädlichkeiten
infolge der Gewöhnung und Abhärtung natürlich weit geringer. Für die
Schulärzte erwüchse daher die Pflicht, genau festzustellen, wieyiel yon den
gesamten Erkrankungen diesen Faktoren zur Last falle, wonach dann ent-
sprechende hygienische Abänderungen getroffen werden könnten. Besondere
Aufmerksamkeit müfste auf entstehende Tuberkulose gerichtet werden, was
nur durch systematische Untersuchungen aller Schulkinder durch die Schul-
ärzte möglidi wäre. Von welch grofser Bedeutung diese Einrichtung nicht
nur für die Gesundheit der Kinder, sondern auch für die Bekämpfung der
Tuberkulose im allgemeinen ist, geht daraus heryor, dals die neuesten Be-
strebungen zur Bekämpfung der Tuberkulose, wie sie der „Hilfsyerein für
Lungenkranke ins Werk setzen will, darauf hinzielen, gerade die Kinder
Yor der Tuberkulose zu schützen und so das Übel an der Wurzel an-
zufassen. Bei den Untersuchungen über die Herzerkrankungen zeigte sich
ebenfalls, dab die Mädchen präyalieren. Worauf dies beruht, und ob der
Schulbesuch überhaupt zu Erkrankungen des Herzens führen kann, kann
ans dem geringen bisher untersuchten Material nicht geschlossen werden
und bleibt weiteren Untersuchungen yorbehalten.
Das Heldewesen ansteckender Krankheiten bei Schulkindern.
In England wird für die Meldung ansteckender Krankheiten den JLrzten
^ne Vergütung gezahlt. Die Stadtkasse yon Doyer fühlte sich, wie „The
Zancet^, 1903, I, S. 1117, mitteilt, dadurch beschwert, und ein Mitglied
des Stadtrates beantragte daher — übrigens erfolglos — , Masern aus der
Liste der meldepflichtigen Krankheiten zu streichen. — Die Schwächen
des Meldesystems werden nicht yerkannt. Gerade auch bei den Masern
sind nicht die gemeldeten, sondern die yon diesen schon angesteckten,
noch im Inkubationsstadium befindlichen Fälle die für Ausbreitung der
Krankheit gefährlichsten. Ihrer habhaft zu werden, muls man yersuchen.
110 426
Die Häuser, ans denen Krankheitsfälle gemeldet werden, sollten sofort zur
Entdeckung and Isolierung verdächtiger Fälle von den Gesnndheitsbeamten
aufgesucht werden. Mehr aber würde entsprechende Belehrung in den
Schalen nnd regelmäfsige ärztliche Untersuchung daselbst fruchten. Hier
müDsten Lehrer und Ärzte in einträchtigem Wirken der Bekämpfung der
Infektionskrankheiten neue, erfolgreiche Bahnen öffnen.
(Mitget. Y. Dr. SiEVEEiKa-Hamburg.)
])ten|l0i^)^tt«n0eii f«r S^niar^tt.
Ordnung ffir die gesnndkeitliehe fJberwaehnng der städtischen
Volksschnlen zu Chemnitz durch Schulärzte und Lehrer.^
I. Aufgabe der Schulärzte im allgemeinen.
§ 1.
Die Schulärzte haben die Aufgabe, in den ihnen Oberwiesenen Schulen
den Schulausschufs bei der ihm nach den Vorschriften des Yolksschul-
gesetzes vom 26. April 1873 obliegenden Aufsichtsfilhmng, insbesondere
bei der Überwachung der Schulgrundstflcke und Gebäude, sowie den Bezirks-
arzt bei der Beaufsichtigung der Schulen vom Standpunkte der Gesundheits-
pflege, gemäfs den Ministerialverordnungen vom 3. April 1873 (die Anlage
und innere Einrichtung der Schulen in Rflcksicht auf ^ie Gesundheitspflege
betreffend), vom 7. Juli 1884 (die Bevisionen der Schulgebäude durch
den Bezirksarzt betreffend) und vom 8. November 1882 (das Anfkreten
ansteckender Krankheiten in den Schulen betreffend), zu untersttttzen und
den Gesundheitszustand der Schulkinder zu überwachen. Sire Tätigkeit
erstreckt sich demnach auf die Mitwirkung bei der Überwachung
a) der gesundheitlichen Verhältnisse des Schulhauses,
b) der Gesundheit der Schulkinder.
§2.
Die Schulärzte haben sich der Erledigung aller in diese Aufgaben
fallenden Aufträge, welche ihnen im allgemeinen oder in einzelnen Fällen
durch den Rät beziehentlich den Schulausschufs oder durch den Bezirksarzt
erteilt werden, sowie der Anträge der Direktoren (§§ 4, 15, 16 und 18)
zu unterziehen. Insbesondere gelten hierbei die nachfolgenden Vorschriften.
n. Mitwirkung bei der Überwachung der gesundheitlichen
Verhältnisse des Schulhauses.
§3.
Der Schularzt hat — abgesehen von den regelmälsigen Besichtigungen
einzelner Klassenzimmer bei Gelegenheit der Sprechstunden (§14) — die
sämtlichen Bäume der ihm zugewiesenen Schulen und deren Einrichtungen
^ Vom Magistrat der Stadt Chemnitz freundlichst zur Verfügung gestellt.
427 111
mindestens einmal im Sommer und einmal im Winter einer eingehenden
Prflfnng zu unterziehen und hierbei seine Aufmerksamkeit insbesondere auf
die Handhabung der Reinigung, Lüftung, Heizung und Beleuchtung, sowie
auf die Beschaffenheit der Abtritte zu richten.
Die Besichtigung ist während der Unterrichtszeit vorzunehmen. Der
Direktor der Schule, welchem der Schularzt spätestens am Tage zuvor ent-
sprechende Nachricht zu geben hat, darf nur aus besonderen Gründen den
Besuch einzelner Klassenzimmer während des Unterrichts verweigern.
§4.
In dringenden Fällen hat der Schularzt auf Ersuchen des Direktors
aufserordenüiche Besichtigung der Schule oder einzelner Räume und Ein-
richtungen vorzunehmen.
§5.
An den alljährlich zum Zwecke der Aufstellung der Unterhaltnngs-
voranschläge stattfindenden Begehungen der Schulgrundstücke durch die
hiermit beauftragten Beamten des Hochbauamts hat der Schularzt, welcher
vom Hochbauamt rechtzeitig zu benachrichtigen ist, teilzunehmen.
in. Mitwirkung bei der Überwachung der Gesundheit
der Schulkinder.
§6.
Für jedes in die städtischen Volksschulen neueintretende Kind ist ein
dasselbe während seiner ganzen Schulzeit begleitender „Gesundheitsschein"
(Anlage I) anzulegen. Die Scheine sind klassenweise in einem dauerhaften
Umschlage aufzubewahren. (Yergl. § 10. Abs. 2.) Beim Übertritt eines
Kindes in eine andere hiesige Volksschule wird dessen Gesundheitsschein
dahin abgegeben. Dem Schularzte beziehentlich dem Bezirksarzte oder
dem Schulausschusse sind die Gesundheitsscheine auf Verlangen vorzulegen.
§7-
Die Anlegung des Gesundheitsscheines hat beim Eintritt jedes einen
solchen Schein noch nicht besitzenden Kindes in die Schule durch deren
Expedition zu erfolgen. Diese hat den Kopf des Vordruckes vorschrifts-
mäfsig auszufällen und sodann den Schein dem Klassenlehrer zu übergeben.
Der Klassenlehrer hat hierauf mit Benutzung der in der Schule vor-
handenen Mefsstange und Wage Gröise und Gewicht des Kindes — unter
Abrundung auf halbe Zentimeter und viertel Kilogramm — festzustellen
und unter dem betreffenden Schulhalbjahre in die dafür bestimmten Spalten
des Gesundheitsscheines einzutragen.
Diese Wägungen und Messungen sind seitens der Klassenlehrer zu
Beginn eines jeden Schulhalbjahres zu wiederholen und in den Gesundheits-
scheinen nachzutragen.
Etwa nötige Messungen des Brustumfanges dürfen nur vom Schularzte
vorgenommen werden.
§8.
Jedes in die städtischen Volksschulen neueintretende, einen Gesund-
heitsschein noch nicht besitzende Kind ist innerhalb vier Wochen seit dem
Eintritt vom Schularzt genau auf seine Körperbeschaffenheit und seinen
Gesundheitszustand zu untersuchen, um festzustellen, ob es einer dauernden
Der Schularit. I. 1.3
112 428
ärztlichen Überwachung oder besonderer Berücksichtigung beim Unterrichte
(z. B. Anweisung eines besonderen Sitzplatzes mit Rücksicht auf Gesichts-
oder Gehörfehler, Befreiung yom Unterricht in den einzelnen Fächern, ins-
besondere Turnen und Singen, oder sonstiger Beschränkung In der Teil-
nahme am Unterrichte) bedarf.
Bei dieser ersten und jeder späteren Untersuchung ist namentlich zu
achten auf Schwerhörigkeit, Nasenpolypen und Wucherungen im Nasen-
rachenraum, Kurzsichtigkeit, Schwach- und Blödsinn, Ungeziefer, Haut-
krankheiten und Anzeichen von ansteckenden Krankheiten.
Wegen der Tage und Stunden für diese Untersuchungen haben sich
die Schulärzte vorher mit den Direktoren ins Einvernehmen zu setzen.
§9.
Der Klassenlehrer hat bei dieser ersten und jeder späteren Unter-
suchung dem Schularzte seine etwaigen Beobachtungen über den Gesundheits-
zustand der einzelnen Kinder mitzuteilen und deren Gesundheitsscheine
vorzulegen Die Untersuchungen erfolgen in einem besonderen Zimmer in
Anwesenheit des Klassenlehrers, soweit Mädchen in Frage kommen, in
Anwesenheit einer Lehrerin. Die Kinder, welche dem Schularzte gruppen-
weise vorzuführen sind, haben einzeln und unmittelbar vor der Unter-
suchung den Oberkörper, sowie die Beine vom Knie abwärts und die
Fflfse zu entblö(sen.
§ 10.
Der Befund der Untersuchung ist auf dem Gesundheitsschein zu ver-
merken. Die allgemeine Körperbeschaffenheit der Kinder ist in der dafElr
bestimmten Spalte als »gut^, „mitteP oder „schlecht" zu bezeichnen, und
zwar als gut nur bei vollkommen tadellosem Gesundheitszustand, als schlecht
nur bei ausgesprochenen Krankheitsanlagen oder chronischen Erkrankungen.
Im übrigen erfolgen bei der ersten wie bei jeder späteren Untersuchung
Einträge in die Spalten des Gesundheitsscheines nur bei vorhandenen
Krankheitserscheinungen.
Die Gesundheitsscheine derjenigen Kinder, welche einer ständigen
ärztlichen Überwachung bedürftig sind, werden in der rechten oberen Ecke
mit dem Vermerk „Ärztliche Überwachung!^ versehen und klassen weise
getrennt von den übrigen Scheinen aufbewahrt.
§ 11.
Den Eltern beziehentlich Erziehern der Kinder ist von der bevor-
stehenden schulärztlichen Untersuchung tunlichst frühzeitig durch die Schule
Nachricht zu geben mit der Anheimgabe, falls sie Befreiung ihrer Kinder
von dieser Untersuchung wünschen, spätestens am Tage vor derselben ein
Gesundheitszeugnis eines staatlich geprüften Arztes beizubringen, welches
unter Benutzung des vorgeschriebenen (in der Schulexpedition und bei dem
Schnlhausmann unentgeltlich zu entnehmenden) Vordruckes und gemäls der
diesem beigedruckten Anweisung (Anlage II) ausgestellt ist.
Die Benachrichtigung hat durch Übermittlung eines Abdruckes der
aus der Anlage III ersichtlichen Mitteilung, worin der Vortag der Unter-
suchung eingetragen worden ist, zu erfolgen. Die eingehenden ärztlichen
Zeugnisse sind bei den Gesundheitsscheinen der Kinder aufzubewahren.
Etwaige Bedenken gegen solche Zeugnisse sind dem Bezirksarzte mitzuteilen.
429 113
§12.
Im Oktober jeden Jahres liat eine Nachbesichtigung sämtlicher za
Ostern in die unterste Klasse eingetretener Kinder stattzufinden.
§13.
Findet der Schularzt ernste and wichtige Krankheitszostftnde, so hat
er, falls das Interesse des Kindes oder der Schule solches erfordert, einen
Vordruck nach Anlage lY unter Vermeidung jeder Härte beziehungsweise
Schroffheit des Ausdruckes auszufüllen und durch die Schale dem Vor-
sitzenden des Schulausschusses zu übersenden, welcher seinerseits die Mit-
teilung unterschriftlich vollzieht und den Eltern beziehentlich Erziehern
des Kindes zustellt.
§14.
Der Schularzt hat in jeder zweiten Woche an einem mit dem Direktor
zum voraus vereinbarten Tage, vormittags von 9 bis spätestens 11 Uhr
im Sommer und von 10 bis spätestens 12 Uhr im Winter, in der Schule
Sprechstunde abzuhalten. Treten ansteckende Krankheiten auf, so hält er
in jeder Woche eine Sprechstunde ab.
Hierbei nimmt er zunächst mit dem Direktor über die in der Schule
herrschenden allgemeinen Gesundheitsverhältnisse Rücksprache und verwendet
sodann ungefähr eine Stunde auf den Besuch von vier bis fünf Klassen,
um einerseits Aussehen und körperliche Haltung der Kinder zu beobachten,
andererseits die Schulräume und deren Einrichtungen einer Prüfung zu
unterziehen (vergl. § 3). Hierauf finden genauere Untersuchungen der-
jenigen Kinder der zuvor besuchten Klassen statt, welche
a) nach dem Gesundheitsscheine einer ständigen ärztlichen Über-
wachung bedürfen;
b) dem Schularzte beim Besuche der Klasse krankheitsverdächtig
erschienen sind;
c) nach Mitteilung des Klassenlehrers über Kopfschmerzen oder Übel-
keit geklagt oder gebrochen haben oder durch ungewöhnliche
Schläfrigkeit und Unaufmerksamkeit oder Rückgang in den Leistungen,
insbesondere auch sclmelle Verschlechterung der Schrift auffallen.
Endlich sind dem Schularzt aus aUen Klassen Kinder, deren als-
baldige Untersuchung, namentlich wegen Verdachtes ansteckender Erkrankung,
sich erforderlich macht, vorzuführen (vergl. §§ 15, 16).
§16.
Der Schularzt hat auf Antrag des Direktors oder auf Anordnung der
SchulbehOrde einzelne Schulkinder beziehungsweise mit diesen verkehrende
Personen hinsichtlich ihres Gesundheitszustandes zu untersuchen, und zwar
nötigenfalls auch in seiner oder in der zu Untersuchenden Wohnung. Dies
hat namentlich zu geschehen, wenn es sich handelt um
a) Befreiung vom Schulbesuche (allgemein oder für bestimmte Unter-
richtsfächer) oder
b) Zweifel darüber, ob Schulversäumnisse wegen Krankheit gerecht-
fertigt sind;
c) Feststellung von Schwachsinn, Blödsinn oder ekelerregenden
Krankheiten, welche Zuweisung an die Nachhilfsklassen für
13*
1 14 430
Schwachsinnige oder Ausschliefsong von der Schale oder Unter-
bringung in einer Heil- oder Yersorganstalt bedingen;
d) Unterrichtserteilnng im Hause an gebrechliche Kinder;
e) Begntachtnng wegen stattgefnndener Züchtigung von Schulkindern;
f ) Verdacht ansteckender Erkrankung oder Feststellung der Wieder-
genesung hiervon (vergl. § 16).
In der Wohnung des Schularztes hat in solchem Falle die Unter-
suchung tunlichst während der täglichen Sprechstunde stattzufinden.
§16.
Betreffs der Verhütung und Verbreitung ansteckender Krankheiten
durch die Schule ist seitens des Schularztes folgendes zu beachten:
a) Als ansteckende Krankheiten im Sinne dieses Paragraphen gelten
Pocken, Masern, Scharlach, Diphtherie, Keuchhusten, epidemische
Genickstarre, Ziegenpeter, Spitzpocken, epidemische Augenbindc-
hautentzündung.
b) Jeder Fall der ansteckenden Erkrankung bei Schulkindern wird
dem Schularzte mittels Meldescheins (Anlage V) durch den Schul-
direktor angezeigt.
c) Der Schularzt hat in den Fällen, wo das erkrankte Kind nicht
ärztlich behandelt wird, durch Untersuchung die Art der Er-
krankung festzustellen.
d) Der Schularzt hat die Verpflichtung, in jedem Falle, wo zu
gleicher Zeit oder kurz hintereinander in einer Klasse drei
Scharlach- oder Diphtheriefälle vorkommen, oder wo andere an-
steckende Krankheiten, insbesondere Masern, gehäuft oder bösartig
auftreten, schleunigst beim Bezirksarzt Schliefsung und Desinfektion
der betreffenden Klasse zu beantragen.
e) Die Meldescheine über ansteckende Krankheiten sind seitens des
Schularztes nach Eintragung und Erledigung mit Registranden-
nummer, Eingangsdatum und Vermerkung der etwa getroffenen
Mafsregeln versehen, innerhalb acht Tagen nach Empfang an den
Bezirksarzt weiter zu geben.
Hat der Schularzt den Krankheitsfall amtlich selbst fest-
gestellt, so ist von ihm binnen derselben Frist hierüber Anzeige
an den Bezirksarzt zu erstatten.
f) Kinder, welche an ansteckenden Krankheiten erkrankt waren,
sind erst nach völliger Genesung und, wenn hierüber ein ärzt-
liches Zeugnis nicht vorgelegt werden kann, bei Pocken, Scharlach
und Diphtherie erst nach sechs, bei Masern erst nach vier
Wochen vom Tage der Erkrankung zum Schulbesuch wieder zu-
zulassen. Bei Diphtherie ist aufserdem die Wiederzulassung stets
von Beibringung einer Bescheinigung der städtischen Diphtherie*
Untersuchungsstation über vorhandene Bazillenfreiheit abhängig zu
machen.
Kann in Fällen, wo Wiederzulassung vor Fristablauf ge-
wünscht wird, kein Zeugnis des behandelnden Arztes beigebracht
werden, so hat auf Ersuchen des Direktors der Schularzt die
Untersuchung des Kindes vorzunehmen. Von demselben ist
431 115
nötigenfalls auch die Untersuchung auf Bazillenfreiheit zu ver-
mitteln,
g) Gesunde Kinder, in deren Wohnung Pocken, Scharlach oder
Diphtherie auftreten, sind gleichfalls bis zur Genesung aller Er-
krankten, in der Regel sechs Wochen lang vom Beginn der letzten
Erkrankung an gerechnet, vom Schulbesuche ausgeschlossen.
Falls jedoch durch ein Zeugnis des behandelnden Arztes
beziehentlich des Schularztes die völlige Absonderung der er-
krankten Person bestätigt oder die letztere ins Krankenhaus ver-
bracht wurde, oder falls die gesund gebliebenen Kinder aus der
Wohnung entfernt wurden, dflrfen die letzteren die Schule dann
wieder besuchen, wenn sie während einer 14 Tage vom Beginn
der Absonderung dauernden Frist selbst gesund geblieben sind
und im Falle der Diphtherie von der städtischen Diphtherie-
untersachungsstation auch rücksichtlich ihrer die BaziUenfreiheit
bescheinigt worden ist.
b) Gesunde Kinder, in deren Wohnung sonstige ansteckende Krank-
heiten auftreten, dürfen die Schule weiterbesuchen, falls nicht
ausdrücklich vom Bezirksarzt etwas anderes bestimmt wird,
i) Treten bei Bewohnern des Schulhauses ansteckende Krankheiten
auf, so hat der Schularzt im Einvernehmen mit dem von ihm
sofort zu benachrichtigenden Bezirksarzt die erforderlichen Mafs-
regeln zu treffen,
k) Für Lehrer, welche selbst von ansteckenden Krankheiten befallen
werden oder in deren Wohnung solche Krankheiten auftreten,
gelten die Bestimmungen unter f bis h.
§ 17.
In deigenigen Schulen, welche Schulbäder besitzen, hat der Schularzt
die Aufsicht über dieselben zu führen und insbesondere solche Kinder,
welche infolge Schwächlichkeit oder Krankheiten ungeeignet sind, von
diesen auszuschliefsen.
§ 18.
Bei der Auswahl der Kinder für die Ferienkolonien hat der Schularzt
die Direktoren auf deren Ansuchen zu unterstützen.
§ 19.
Die Schulärzte sollen es sich angelegen sein lassen, die Lehrer mit
den Anfangszeichen der ansteckenden Kinderkrankheiten, insbesondere auch
des Veitstanzes, sowie mit den Erscheinungsformen der Nasenrachenraum-
erkrankungen und der Fallsucht auf seelischem Gebiete (epileptische Äqui-
valente) bekannt zu machen.
Im Winterhalbjahre haben sie abwechselnd in Lehrerversammlungen
kurze Vorträge hierüber und über die sonstigen wichtigsten Fragen der
Schnlgesundheitspflege zu halten.
§ 20.
Die Schulärzte haben strengste Rücksicht auf die behandelnden Ärzte
zu nehmen. Sie haben es sich zum Grundsatze zu machen, in allen jenen
F&llen, wo behandelnde Ärzte zugezogen wurden, nur im Einvernehmen
mit diesen eine Untersuchung vorzunehmen beziehentlich ein Zeugnis aus-
116 432
zustellen. Sie haben überhaupt die ihnen durch die gesetzliche Standes-
ordnung gegebenen Vorschriften auch bei der Ausübung ihrer Pflicht als
Schulärzte strengstens zu beobachten.
§ 21.
Die Ausstellung der Gesundheitsscheine für die vor Ostern 1901 ein-
getretenen Schulkinder und die erstmalige Messung, Wägung und schul-
ärztliche Untersuchung derselben hat in der Zeit von Ostern bis Michaelis
1901 nach und nach stattzufinden.
lY. Anstellungsbedingungen, Geschäftsführung
und Schlufsbestimmung.
§ 22.
Die Schulärzte werden auf Vorschlag des Schulausschusses vom Rate
angestellt, und zwar jedesmal auf drei Jahre, sind jedoch nach Ablauf
dieser Frist wieder wählbar. Innerhalb der Wahlperiode kann der Rat
einen Schularzt unter Entziehung des Gehaltes von seiner Stellung ent-
heben, wenn er zur Erfüllung seiner Amtspflicht dauernd unfähig geworden
ist oder dieselbe fortgesetzt vernachlässigt oder durch sein Verhalten in
oder aufser dem Amte des Ansehens, des Vertrauens und der Achtung,
die sein Beruf erfordert, sich unwürdig zeigt oder seine Wohnung aufserhalb
des Stadtgebietes verlegt. Dem Schularzt selbst steht jederzeit das Recht
vierteljährlicher Kündigung des Dienstvertrages zu.
Die Schulärzte beziehen ein vieteljährlich nachzahlungsweise zu ge-
währendes, nicht pensionsfähiges Jahresgehalt in der von den städtischen
Körperschaften festgesetzten Höhe.
§ 23.
Die Schulärzte wählen alljährlich unter der Leitung des Vorsitzenden
des Schnlausschusses aus ihrer Mitte den „ersten Schularzt'^, welcher in
der schulärztlichen Konferenz den Vorsitz führt und Mitglied des städtischen
Schulausschnsses ist, sowie einen Stellvertreter für denselben.
Auf Einladung des ersten Schularztes treten die sämtlichen Schulärzte,
so oft es erforderlich ist, mindestens aber in jedem Vierteljahre einmal,
zur Konferenz zusammen. Die Konferenz ist beschlnfsfähig, wenn wenigstens
zwei Dritteile der sämtlichen Schulärzte anwesend sind. Die über die
Verhandlungen aufzunehmenden Niederschriften sind dem Schulausschusse
am Jahresschlüsse vorzulegen (s. § 25 a. £.).
(SchlufB folgt.)
^ettfijtnft fk Si(inl(rftitli||ritsii)legt
XVI. Jahrgang. 1903. No. 7.
(Drit)titalali^aitblititt)eii.
Ange und Kunst in der Schule.
Von
Kreisarzt Dr. H. BEBaEB-Hannover.
Das Auge ist das edelste Sinnesorgan, der Taster der Seele; es
ist die Hanptstation auf dem drahtlosen Telegrapbenwege zwischen
Mensch und Umgebung. Die bekannte Redensart: „Lieber taub,
wie blind l'' trifft zweifellos die Wertigkeit des Auges richtig.
Und gerade das Sehorgan, das so oft in der Schulzeit bei
Kindern Schaden nimmt, hat die Schularztfirage angefacht. Man
sah, dals dieses wichtige Organ bei unzweckmäßiger Behandluog in
der Schule geschädigt werden kann, und man kam zu der Über-
zeugung, dals diese Schädigung im allgemeinen zu den vermeidbaren
gerechnet werden muüs, dals ihr vorgebeugt, und dafs sie, zeitig
erkannt, angehalten werden kann. Ähnliche Erfahrungen machte
man an anderen Organen, und so entstand bekanntlich die Schularzt-
frage. Bei der ärztlichen Schulaufsicht wird der Sorge um das
Sehorgan immer eine besondere Stelle zukommen, einmal wegen der
Wichtigkeit des Organs im allgemeinen, sodann weil dasselbe be-
sonders in Anspruch genommen wird, und endlich, weil mangelhafte
Einrichtungen in der Schule besonders auf dieses Organ ihre
Wirksamkeit ausüben (Beleuchtung, Platz, Tafel, Schrift u. s. w.).
Die Mafsnahmen für die Gresundheit der Augen befassen sich
nun eigentlich nur mit dem äufseren Auge, dem sichtbaren peripheren
Instrument des Sehsinns. Dieses Instrument ist unumgänglich not-
wendig zur Aufnahme der äuJseren Sinneseindrücke; zum Sehen
gehört aber ebenso unbedingt auch die Leitung der Sinneseindrücke
nach dem Gehirn und die Tätigkeit des Gehirns. Das äuisere Auge
kann weder empfinden, noch sich erinnern, — das geschieht im Gehirn,
Sehnlgesandheitspflege. XVI. 23
434
dieses ist malBgebend; selbstverständlioh mufs die Leitnng Yon dem
äufseren Sinneswerkzeug nach dem empfindenden Zentmm statt-
finden können.
Das psychooptische Zentrum, die Sehspbäre, liegt nach Münk
beim Hund im Oocipitalhim. Einseitige vollständige Zerstörung
dieses Sehzentrums bewirkt totale Blindheit auf dem entgegen-
gesetzten Auge. Wird nur die zentralere Partie zerstört, so Mit
die bewufste Gesichtsempfindung auf der entgegengesetzten Seite
weg, — es entsteht Seelenblindheit, Amnesia optica; hierbei bleibt
der rein mechanische Vorgang des Sehens mit dem äuUseren Seh-
werkzeug, dem Auge, ohne jede weitere geistige Tätigkeit: die
Gregenstände werden gesehen, aber mit dem Entstehen des Bildes
im Auge hört der Inhalt auf, die Fähigkeit der seelischen Verwertung
fehlt, es ist gewissermaisen wieder der Elinderzustand da. Nach
einseitiger Zerstörung der genannten Hirnpartie tritt merkwürdiger-
weise alsbald Kompensation ein; es scheinen andere benachbarte
Himrindenpartien die Funktion für den verletzten Teil zu über-
nehmen, — solche Tiere lernen gewissermaiken das Sehen wieder
wie in der Jugend. Wird neugeborenen Hunden ein Auge entfernt,
so findet man nach Monaten das gegenseitige psychooptische Zentrum
weniger entwickelt.
Wenn bei Vernichtung des peripheren Organs das zentrale ver-
kümmert — imd wir wissen noch weiter, dafs in solchen Fällen
(nach Verletzungen) auch die Leitungsbahnen verkümmern — , so ist
es auf der anderen Seite sicher, dafs bei systematischer Schulung,
Bildung und Übung des peripheren Organs das zentrale sich eben-
falls stärker entwickelt, sich mehr differenziert, tätiger wird; und je
häufiger die Leitung von dem peripheren zu dem zentralen Organ
in Anspruch genommen wird, desto mehr werden die Bahnen ein-
gefahren, sie werden nicht abgenutzt, sondern im Gegenteil leitungs-
fähiger und besser — wie wir es auch an den Muskeln sehen — ;
ja vielleicht entstehen im Laufe der Zeit bei häufiger Übung neue
associative Bahnen und Verbindungen auch im Gehirn selbst, die
zu höheren Wahrnehmungen und höheren Leistungen be&higen.
Und dies wird um so plausibler, wenn man bedenkt, dafs das Sehen
vielmehr ein Wiedererkennen ist, eine Erinnerung an gleichartige
und ähnliche Eindrücke auf das Sehzentrum.
Beim Sehen entsteht auf dem Netzhautpurpur der Sehstäbchen
und -Zapfen im Auge ein wirkliches Mosaikbild, welches sodann
allmählich wieder abtönt und verschwindet; manchmal bleibt es
4S5
I&nger, manohmal kürzer. Goethe erzählt von Busch, welcher
an sich beobachtete, dais das Bild eines Kupferstiches in allen seinen
Teilen 17 Minuten bei ihm im Auge verblieb. Dieses Anhalten des
Bildes wird zweifellos bei dem geschulten Seher, dem Künstler, dem
Maler viel häufiger vorkommen, als bei anderen Menschen; es ist
•wohl auch als Schulung aufzufassen; und diese» Haften des Bildes
kann nicht gleichgiltig sein für künstlerische Auffassung und für
künstlerische produktive Tätigkeit.
Es kann auch keinem Zweifel unterliegen, dais, je weniger das
periphere Sehorgan in Anspruch genommen und geübt wird, desto
schwerfälliger die Leitungsbahnen nach dem zentralen Sehorgan,
und desto kümmerlicher die Leistungen dieses Zentralsehorgans selbst
werden. Vor allen Dingen dürfte die mehr oder minder häufige
Lianspruchnahme des peripheren und des zentralen Sehorgans von
Einfluis sein auf den Akt des Denkens, der sich zwischen Sehen
und Merken einschiebt; und es ergibt sich aus allen diesen. Aus-
führungen der fundamentale Satz, dafs eine systematische und
zweckmäfsige Schulung und Pflege des Sehorgans von
förderndem Einflufs auf die seelische Tätigkeit des
Menschen sein mufs.
Daraus ergibt sich die Forderung, daij9 nicht nur Schädlich-
keiten aller Art vom Sehorgan femgehalten werden müssen, sondern
dafs das Sehorgan auTserdem geübt werden mufs. Dafs das besonders
zu geschehen hat zu der Zeit, in welcher der Mensch, seine Organe
und seine Fähigkeiten in der Entwicklung sind, also in der Schule,
bedarf nicht besonderer Begründung.
Was die Fernhaltung von Schädlichkeiten anlangt, so
ist alles das zu berücksichtigen, was die Schulhygiene in dieser
Richtung fordert, es ist allgemein bekannt.
Die Erziehung und Übung des Sehorgans findet aber ganz
gewils noch nicht die genügende Berücksicktigung in der Schule ; die
Stimmen haben sich in letzter Zeit gemehrt,^ welche berechtigte und
^ KanBterziehnngstag in Dresden 1901.
Ludwig Volkicann, Erziehung zum Sehen. Leipzig, Verlag von R. Voigtländer.
Conrad Lange, Das Wesen der künstlerischen Erziehung. Ravensburg, Verlag
von Otto Maier.
Wilhelm Bein, Bildende Kunst und Schule. Dresden, Verlag von Erwin Haendeke.
Alfred Lichtwark, Übungen in der Betrachtung von Kunstwerken. Berlin,
Verlag von Bruno Cassirer.
Vorträge Worpsweder Künstler auf dem Niedersachsentag in Hannover 1902,
und anderer Künstler in yerschiedenen Künstlervereinen.
23*
436
malsvolle Forderungen für die Sobnle aufstellen. Wir wissen es der
preufsisohen Unterriobtsverwaltung Dank, dafs sie neuerdings dem
Anschauungsunterricht in den Volksschulen und Töchterschulen
einen breiteren Raum überlassen hat; in den höheren Schulen
nimmt dieser Unterricht aber einen viel zu kleinen Platz ein. Da(s
die preuisisohe Dnterrichtsverwaltung dem wichtigen Gegenstand ihr
dauerndes Interesse widmet, geht daraus hervor, daljs eine weitere
Ausdehnung des Anschauungsunterrichts und ein Zug zur Kunst
hin zur Erwägung steht; hoffentlich gehen unsere Wünsche für das
Wohl unserer Jugend, unsere Wünsche nach dem Einsenken des
Samenkorns der göttlichen Kunst in die kindliche Brust in Er-
füllung. Jetzt wird in der Schule viel gelernt, aber wenig gesehen;
das Pensum muüs durchgemacht werden, und es mufs Ostern im
Kopfe sitzen, daneben ist alles andere jetzt ohne jede Bedeutung.
Und es gibt genug solche, die ihr Pensum jährlich mit „sehr gut'
und „gut'' erledigt haben; stellt aber dann die Praxis des Lebens
gewisse Ansprüche an diese auf der Schule von Klasse zu Klasse
mit dem praemium industriae gestiegenen Männer, so versagen sie.
Diese Fälle sind nicht selten; nur so lange und insoweit es sich um
Theoretisches handelt, so lange stellen sie ihren Mann» Dals
aber die mangelhafte praktische Ausbildung sich in vielen Berufen
später störend bemerkbar macht, das ist eine leider recht häufige
Beobachtung. Wie vieler Mühe bedarf es oft, um etwas mit Worten
plausibel darzustellen, was eine in wenigen Minuten hingeworfene
kleine Skizze so leicht klar und verständlich macht? Es gibt zahl-
reiche Ärzte, Naturwissenschaftler, Forscher aller Art, welche den
Mangel ungenügender praktischer Ausbildung im Zeichnen recht
empfindlich fühlen.
Alles, aller Unterricht, alle Erziehung, läuft doch auf den
praktischen Wert fürs Leben hinaus, und die Schule hat die später
im Leben auftretenden Anforderungen zu berücksichtigen in ihren
Elementen. Die Schule muis mehr praktischen Unterricht erteilen,
der Anschauung ist der breiteste Raum zu gewähren, und zwar der
Anschauung der Mutter Natur, — sie ist der nie versiegende, allein
gesxmde Born des Lebens, deshalb mufs der Unterricht soviel als
möglich im Freien stattfinden. Letzteres empfiehlt sich auch aus
anderen Gründen (schwächliche Körperkonstitution der Kinder, Dis-
position zu Tuberkulose insbesondere).
Man überschätzt meiner Überzeugung nach heute allgemein die
Wirkung des Vortrages. Natur, Kunst, Hygiene kann weniger durch
437
Treiigtj als DaturgemäTs durch gutes Beispiel erstrebt und erreicht
werden. Der Vortrag wirkt momentan, die Erwägungen werden
erst nach dem Vortrag angestellt, und da können Bedenken — das
Alte ging ja auchl — nicht mehr widerlegt werden und siegen
deshalb leicht. Der in glühenden Farben schildernde Vortrag ist
ein Grewaltakt. Dabei soll die allgemeine Bedeutung des Vortrages
durchaus nicht verkannt werden; Kunst und Hygiene wollen aber
anerzogen werden, und Erziehung ist, wie Peter BosEaaEB in
seiner losen Plauderei: „Die Familie ohne Autorität", sagt, kein
Lesen, sondern ein Beispiel.
Daran denke man übrigens auch bei der Bekämpfung des
Alkoholismus 1
Der Unterricht als Anschauungsunterricht in der immer jungen
Natur erfordert aber den richtigen Lehrer und die richtige Methode.
Damit ein derartiger Unterricht gut erteilt werde, muls der Lehrer
selbst Künstler sein oder wenigstens eine starke künstlerische Ader
haben.
Mit welcher Wichtigkeit wurden bei uns in der Schule Staub-
igen und Stempel gezählt, und Pflanzenklassen bestimmt^ und eine
Blume nach der andern weggeworfen, ohne da(s uns eine einzige
„freundlich ihr frommes Blumengesicht entschleiert'' hätte, wie
Hedtbich Hbinb sagt Das Kind mub zum Sehen erzogen werden;
diese Fähigkeit tritt bei den wenigsten Yon selbst heryor, aber sie
schlummert in jedem Menschen, sie will geweckt und ausgebildet
werden.
Ein sehfähiges und sehtüchtiges Geschlecht ist unser Ziel, —
ein Geschlecht, das durch seine Kenntnisse und Fähigkeiten anderen
ein leuchtendes Beispiel wird, und das seine Kenntnisse und Fähig-
keiten auf kommende Geschlechter yererbt. Die Tätigkeit des Auges
beschränkt sich jetzt nach Sohultzbs Worten auf die Vermittlung
Ton Gedrucktem und auf die Verhütung des AnstoJsens gegen
Latemenpfklhle; zu erstreben ist die yollständige seelische, absichtlose
Hingabe beim Betrachten, der Sehgenub.
Wird so das Sehen nach der Allmutter Natur anerzogen, dann
ergibt sich ein weiterer Schritt von selbst, das Zeichnen.
,,Mehr zeichnen, weniger schreiben^, muüs die Devise werden.
Namentuch im Beginn der Schulzeit dürfte mehr Zeichnen am
Platze sein; die harmlose Beschäftigung der Kinder zeigt uns ja,
dais sie die dem Kinde eigenartige ist; sie sollte gepflegt, wenigstens
nicht unterdrückt werden. Lesen und Schreiben folgt dann von
438
selbst. Ich denke immer an das ausgezeichnete Vorwort zum ersten
Bilderbuch der Münchener Jugend „Märchen ohne Worte^: „Liebe
Kinder I Das denke ich mir nämlich so: Ihr betrachtet eines von
diesen Bildern einige Zeit etwas entfernt durch die hohle Hand,
und wenn es euch recht lebendig erscheint, und ihr es mit den
Farben der Wirklichkeit seht, dann suchet ihr seinen Sinn zu er-
fassen. Dann werdet ihr finden, dais das Bild nur eine Begebenheit
darstellt. Was mag sich vorher zugetragen haben, — und wie mag
die Geschichte ausgehen? Das eben möget ihr ersinnen, und dann
frei erzählen oder niederschreiben. Ihr sollt selber die Worte
finden zu diesen Märchen, ü. s. w.'' Die Kinder sollen sich £rei
betätigen, keine Ausstellungsprodukte liefern; zweckmäfsiger ist die
Arbeit mit dem Pinsel als mit dem Stift. Frische, freie Natur und
Zeichnen heüsen die Forderungen.
Der Zeichenunterricht wird vielfach zu sehr nach der Schablone
erteilt, Gipsfiguren werden abgezeichnet, das ist nicht richtig; ver-
ständige Modelle sind der Natur zu entnehmen, müssen der Phantasie^
dem Gemüt und dem Fassungsvermögen angepafst sein. Nicht auf
Schönzeichnen kommt es an, sonderu auf Bichtigsehen,
Schnellskizzieren und Formengedächinis, und das Interesse
des Kindes muTs wachgehalten werden.
Ich habe in Quarta sogenannte Weihnachtszeichnungen anfertigen
müssen für meine Eltern, sie fielen recht mangelhaft aus, ich habe
nur Vorlagen gehabt, und da gab es eine ganz bestimmte Beihen-
folge; einmal hatte ich eine solche Weihnachtszeichnung nach Meinung
des Lehrers recht schlecht angefertigt, ein Schlag mit dem Lineal
war die Belohnung; ein Gemisch von Gefühlen, unter denen das
„Ich kann nicht anders l** das vorwiegende war, veranlaüste midi,
die Zeichnung aus freier Phantasie durch einen aus den heiligen
Höhen auf die Zeichnung (Haus und Turm) geworfenen gezackten
Blitz zu ergänzen, und eine vermehrte Anwendung des Lineals
seitens des Lehrers war der Schlufs dieses pädagogischen Intermezzos.
Es ist mir noch gut in der Erinnerung, weil ich mein mangelhaftes
Zeichnen später immer schmerzlich empfunden habe. Vertiefung^
des Zeichenunterrichts mufs verlangt werden, wie sie der frisch*
fröhliche, humoristische, hinreifsende Münchener, Dr. Hibth, der
Herausgeber der „Jugend^, in seiner Abhandlung „Ideen über
Zeichenunterricht*** fordert.
' Wege zur Kunst, Ton Gbobo Hirth. Münohen 1902.
439
Der Bcblichten Natarbetraclitang soUieist sich der Zeichen-
nnterriclit innig an; hier ist der Weg festgelegt zum richtigen Sehen»
zur Gennüsfähigkeit: Nachbildung der gesehenen Dinge, ohne Drill,
mit Berücksiohtigung des Individunnis, Formen- und Farbensinn,
das bringt auf den Weg zur Kunst. Nicht Künstler sollen erzogen
werden, aber Menschen, die die Reinheit der Natur klar erschauen
nnd Schönheit sehen können; das verleiht dem Menschen Freude
und Friede und ist you ausschlaggebendster Bedeutung für den
Seelenfrieden des den Unbilden lebender und toter Gewalten aus-
gesetzten Erdensohnes.
Aus Anlafs der Vollendung der Siegesallee-Denkmäler sagte
unser Kaiser die denkwürdigen Worte: „Die Kunst soll mit helfen,
erzieherisch auf das Volk einzuwirken, sie soll auch den unteren
Ständen nach harter Mühe und Arbeit die Möglichkeit geben, sich
an den Idealen wieder aufzurichten.*'
Auch im Schulzimmer und im Schulhause mufs der
Kunst ein Platz eingeräumt werden. Was sieht man da
manchmal für Bilder, wenn überhaupt solche Yorhanden sindl
Eine schöne Umgebung übt einen stillen, aber anhaltenden EinfluTs
aus auf sehende und empfindende Menschen.
In Württemberg hat das Kultusministerium zur Weckung des
Kunstgefühls bei den Kindern, Schulvorständen und Lehrern das
Anbringen passenden Wandschmuckes in den Schulzimmem empfohlen.
Im besonderen wird hingewiesen auf die SEEMANNschen Bilder und
die farbigen Künstlerlithographien aus dem Verlage von Teubner &
Yoigtländer, auiserdem auf den Katalog „Die Kunst im Leben des
Kindes^
Den Lehrern wird weiterhin empfohlen, die Aufmerksamkeit
der Schüler auf etwa in der Nähe befindliche Denkmäler und kunst-
volle Gebäude zu lenken. Der Besuch der staatlichen Kunst-
sammlungen soll femer auch aufserhalb der regelmäfsigen Besuchszeit
den Schulklassen nach vorheriger Anmeldung jederzeit gestattet sein.
In den Vereinigten Staaten zeitigt die EüSEiNsche Anregung,
die Schulen mit Bildern u. s. w. auszuschmücken, gute Erfolge.
Nachdem man vor etwa zehn Jahren zuerst in den Oststaaten damit
begann, sorgen jetzt vornehmlich Frauenklubs in den übrigen Staaten
für Ausbreitung derartiger Bestrebungen; das Geld geben in erster
Linie gemeinnützige Vereine her, an deren Spitze der Bostoner
Schulkunstbund marschiert. Die Ghicagoer Schulkunstgesellschaft leiht
eine kleine Bildersammlung an Schulen in den ärmeren Stadtteilen aus.
440
Es läfst sich auf die Kunst so leioht Rttoksioht nehmen bei
Türpfostenbekrönungen, Trinkbmnnen n. dergl.
Nicht alle Schulkinder werden Künstler werden, aber die es
werden können, sollen gefördert werden, und die anderen sollen einen
Hauch des himmlischen Wesens verspüren, das ihnen yielleicht einmal
eine heitere Begleiterin werden wird, der Dank kommt dann später.
Ein bestimmtes Mafs von allerhand Wissen ist ja xmumgänglioh
notwendig, aber es darf dabei nicht alles andere, was nicht als
unerläMich zum Erreichen eines bestimmten Zieles, eines Berufes,
anzusehen ist, als unnötig mit Gleichgiltigkeit und Yerächtlichkeit
beiseite gelassen werden. In unserer Zeit des Hastens nach
Stellungen und nach Gewinn, in der Zeit schftrfister Konkurrenz
wird alles nicht für den bestimmten Zweck Notwendige als unnötiger
Ballast angesehen. Das ist verkehrt. Das Leben besteht aus Arbeit
und Erholung von der Arbeit; diese muiis auch in der richtigen
Weise stattfinden, soll sie den Zweck erreichen, die Leistunga&hig-
keit zu erhalten. Nicht nur auf den Fluch der Arbeit muis die Schule
zugeschnitten sein, sondern auch auf die wahrhafte Freude am Leben.
Ich fasse die Wünsche zusammen: Viel Unterricht im
Freien, Betrachtung der Natur, Erziehung zum Sehen,
Sehübungen, Vertiefung des Zeichenunterrichts, Weckung
des Kunstsinns.
Den gleichen Zweck, den körperliche Übungen in der Schule
für den Körper verfolgen, Ausgleich, Erholung und Stärkung, haben
Sehübungen für das Auge.
Wenn der Philosoph Wunbt von den Spielen der Jugend sagt :
„Sie sind kein müisiger Zeitvertreib, sondern sie gehören zu den
wichtigsten Erziehungsmitteln, bei deren Auswahl und Wechsel der
Zweck der harmonischen Ausbildung des Körpers und Geistes im
Vordergrund stehen sollte*' — wobei übrigens das Auge nicht die
kleinste Rolle spielt 1 — , so kann man diesen Worten getrost die
folgenden an die Seite stellen:
„Die Sehübungen sind kein müisiger Zeitvertreib, sondern ein
wichtiges Bildungsmittel, das die psychische Ernehung im Auge hat
und den Menschen be&higen soll, sich neben der Arbeit d,em reinen
Genüsse der Natur und der Kunst hinzugeben, sich glücklich und
zufrieden zu fühlen, und zu verstehen den Zauber der Allmutter
Natur und der hehren Kunst, und sich ihm hinzugeben.^
441
Über die Beinitrnng der VolksschnlklaBsen.
(Betraohtimgen und Materialien.)
Von
Dr. med. Mobitz FcBST-Hamburg.
Mit Recht hat man geflagt nnd geschrieben, daCs die mehr oder
weniger gnte Befolgung von Vorschriften der Schulhygiene eine
reine Geldfrage sei. Die modernen sogenannten Schulpaläste kosten
sehr viel Geld, und viele der Steuerzahler — besonders die alte
Generation — kann nicht einsehen, warum man nicht auch unsere
Yolkssohulkinder in Spelunken steckt, wie sie ihnen selbst als Schul-
lokale in der guten alten Zeit gedient haben.
Da nun aber die Schulhygiene die Gesundheit der Völker für die
Zukunft gewährleisten soll, so dürfen notwendige Ausgaben flär die
gesundheitliche Pflege der Schule durchaus nicht gescheut werden. Zu
diesen notwendigen Ausgaben gehören sicher auch diejenigen, die
fär die Beinigung der Schulgebäude verwendet werden. Wer
als Arzt oder Lehrer Gelegenheit hat, öfter Schullokalitäten eu be-
treten, der findet bei einiger Aufmerksamkeit, dafs auch in modern
eingerichteten Schulpalästen die Beinigung oft sehr viel zu wünschen
übrig UUst. Nun ist es einerseits vom ästhetischen Standpunkte aus
sehr zu bedauern, dafs Bäume, welche auf die Schulkinder vorbild-
lich wirken sollten, die in einigermalisen anständigen Wohnräumen
erforderliehe xmd gewöhnliche Sauberkeit vermissen lassen, anderer-
seit ist es vom ärztlichen Standpunkte aus durchaus zu verurteilen,
dals die Bäume, in denen sich die Volksschuljngend, durch die
G^etze des Staates gezwungen, einen gröüseren Teil des Tages auf-
halten soll, nicht in jeder Beziehung den Forderungen der Gesund-
heitslehre entsprechen. Zu diesen gehört aber in allererster Beihe
die Beinliohkeit, die zur Verhütung von Schulinfektionskrankheiten
gar nicht grols genug sein kann; denn die moderne Wissenschaft
hat uns gelehrt, dals als Beinlichkeit in hygienisch-ärztlichem Sinne
die möglichste Freiheit der betreffenden Bäume etc, von Staubteilch^
aller Art und von Erankheitskeimen im besonderen au&u&ssen ist.
Der Vertrauensarzt der Hamburgischen Ober-Schulbehörde hält
allerdings nicht viel von der hygienischen Beaufsichtigung der Schul-
442
häuser durch Ärzte. In einem Artikel meines hochverehrten Kollegen
Dr. Mabb {Ärsftl. Veremsbl, 11. Noybr. 1902) heifst es nämlich
stark ironisch: „Die hygienische Bean&ichtignng der Schulgebände
soll immer noch den Ärzten vorbehalten bleiben, weil vermutlich nur
die Nase der Ärzte ausreicht, um beurteilen zu können, wann die
Luft in einer Schulstube schlecht ist, und wann die Fenster geöffnet
werden müssen, oder weil nur die Ärzte so viel Sinn für Reinlich-
keit haben, dafs sie sagen können, wie oft eine Schulstube gefegt
und nals gereinigt werden mufs^.
Mit vielen anderen Ärzten bin ich nun der Ansicht, dab alles
das, was Dr. Mabb verneinen zu müssen glaubt, tatsächlich der Fall
ist, dais nämlich der Arzt durch Anpassung und Gewöhnung ein Riech-
organ sich erworben hat, das den gewöhnlichen Najsen der Laien
weit überlegen ist, und dafs seine biologisch-medizinische Bildung
ihm wirklich eine Anschauung von dem, was Reinlichkeit ist, bei-
gebracht hat, die viel höher steht, als diejenige anderer Menschen.
Das soll nicht leichthin behauptet, sondern kann auch bewiesen
werden. Es ist doch gewils kein blofser Zufall, dafs, wie die höchst
bedeutsamen und interessanten, von Habtmann auf der letztjährigen
(1902) Versammlung des Allgem. deutschen Vereins für Schulgesund-
heitspflege veröffentlichten Beobachtungen zeigen, in sechs von den
acht Städten, in welchen Ärzte Mitglieder der Stadtverwaltung sind,
die Schulzimmer täglich gereinigt werden, dafs dagegen in 17 an-
deren städtischen Gemeinwesen, die sich im Magistrat oder in der
Stadtverordnetenversammlung ärztlicher Mitglieder nicht er&euen,
diese Reinigung nur zwei- oder dreimal wöchentlich vorgenommen
wird.
Im Anschluis an wiederholte EUagen von VolksschuUehrem und
-Lehrerinnen über die mangelhafte Sauberkeit ihrer Klassenlokale,
nachdem ich auch mehr Gelegenheit genommen hatte, persönlich
eine Reihe von Volksschulklassen auf diese Verhältnisse zu be-
sichtigen, schien es mir angebracht zu sein, einige literarische Studien
über die Reinigung der Volksschulzimmer anzustellen.
In dem Handbuch der Schulhygiene von Bübgebbteik und
Netolitzky wird die Forderung aufgestellt, dafs die Klassen täg-
lich feucht aufgewaschen werden sollen, dais bei der Reinigung
vermieden werden soll. Staub aufzuwirbeln; die Fenster sollen monat-
lich wenigstens einmal geputzt werden, um Lichtverlust zu ver-
meiden. Die FuTsbretter der Schulbänke sollen zum Aufklappen
eingerichtet sein, damit die Reinigung des Bodens erleichtert werde.
443
Aus demselben Gninde sollen die Tische nicht mit den yoranstehenden
Bänken verbunden sein.
In dem genannten Buche wird auch ein Gutachten des „Comit^
consultatif d'hygi^ne publique de France^ wiedergegeben, in dem
über die Beinigung der Klassen unter anderem folgende Forderungen
zum Ausdruck gelangen:
„4. Die Beinigung der Fufsböden darf nicht mittels trockener
Besen erfolgen, sondern mittels nasser Tücher oder Schwämme.
6. Einmal wöchentlich ist der Fuisboden in ausgiebiger Weise
mit Wasser und einem Desinfektionsmittel zu waschen; In gleicher
Weise sind die Wände im Jahre zweimal (in der Zeit der Oster-
nnd grofsen Ferien) zu waschen/'
In den Grundsätzen der Beinigung des Königl. preufsischen
ProvinzialschulkoUegiums in Kassel ist folgendes enthalten:
„Klassenzimmer, Zeichensäle, Gänge, Treppen sind an jedem
Sohultage bei offenen Fenstern und Türen, d. h. möglichst ausgie-
biger Luftbewegung, gründlich auszukehren, nachdem der Fufsböden
reichlich mit nassen Sägespänen oder mit nassem Torfmull oder
nasser Lohe bestreut worden ist. Zum Anfeuchten ist warmes
Wasser zu verwenden. Bei Sägespänen nimmt man gleichviel
Wasser, bei Torfmull drei Gewichtsteile Wasser auf ein Gewichts-
teil Mull. Tische, Bänke und deren Bücherbretter, Ofenkacheln etc.
sind, nachdem der Staub sich gelegt hat, mit feuchten, nicht nassen,
die Aufsenteile eiserner Öfen mit trockenen Tüchern abzuwischen.
Aufserdem sind alljährlich mindestens viermal gründliche Haupt-
reinigungen aller Bäume vorzunehmen, hierbei ist zunächst der Staub
von den Wänden und Decken abzukehren, falls sie nicht eben ge-
tüncht sind. Getäfel, Mobiliar, ölgestrichene Wände oder Wand-
stucke, Türen, Fenster auf der Innen- und Aufsenseite sind mit
warmem Wasser und Seife abzuwaschen, desgleichen geölte und
Parkettfaüsböden, grobporige und nackte Fufsböden auch mit Sand
tmd Bürste, Türgriffe, Beschläge sachgemäfs zu reinigen und blank
zu machen. Zu empfehlen ist, dafs stark benutzte Zimmer derart
monatlich gereinigt werden.
Fest- und Prüfungssäle sind mehrere Tage vor der Benutzung
jedesmal gründlich zu reinigen.
In den Turnhallen sind wöchentlich mindestens einmal die
Wände und Decken abzukehren und, nachdem der Staub durch
Luftzug entfernt ist oder sich zu Boden gesetzt hat, sind die Ge-
räte feucht, eiserne Öfen trocken abzuwischen, und die Fufsböden
444
mit nassen Sägespänen u. s. f. gründlich zu kehren. Die Fenster
sind alle vierzehn Tage zu patzen. Sitzbretter der Abtritte und
Pissoirs sind ti^lioh zu reinigen, der Boden mindestens einmal in der
Woche zu scheuem.
Die Schuljugend soll mit Strenge und Konsequenz zur Beini«
gung der Fufsbekleidung vor Eintritt in die Schule angehalten
werden. Schlechte Luft und G-eruch infolge Staubauflagerung auf
den Heizflächen soll vermieden werden, daher die gröfste Reinlich-
keit der Oberfläche des Heizkörpers obwalten^.
Femer ist bezüglich der Verunreinigung durch feste
Körper folgendes bemerkt:
„Der Staub der Schulzimmer besteht aus unorganischen und
organischen Teilchen von Straisenschmutz, pflanzlichen und tierischen
Partikeln der Bekleidungsstoffe bezw. der menschlichen Haut, durch
Fenster und Türen mit Luft hereingewehten Materialien verschie-
dener Art.
Vom Staub, der im Schulzimmer aufgewirbelt wird, setzt sich
die Hauptmasse der gröberen Teile, ja sogar die feineren, die etwa
in 2 m Höhe (Schulschrankfläche) entnommen werden können, nach
den Versuchen von Stebn bereits in 10 — 16 Minuten ab. Der
feinste Staub (Sonnenstäubchen) schwebt am längsten in der Luft.
Der gröfste Teil der Keime sinkt in den ersten 10 — SO Minuten zu
Boden, die Luft enthält nach IVs Stunden nur noch sehr wenig
Keime. Die Möbel sollen daher nicht kurz vor Beginn des Unter-
richts abgestäubt werden''.
Wenn wir die letzten Jahrgänge dieser Zeitschrift durch-
sehen, so finden wir auch einiges Material für die Beinigung der
Volksschulklassen. Im X. Band, 1897, sehen wir, dafs der Volks-
schulbauten-AusschuCs der Hamburger Bürgerschaft die Beinigung
der dortigen Klassen für ungenügend erachtet. Es sei ein sohlechter
G-eruoh in den EUassen, der von den Ausdünstungen der Bänder
und ihrer Gku*deroben herrühre^ die Beinigung sei auch erschwert
infolge der vielen Spalten und Fugen der Euüsböden. Ln XIII.
Band dieser Zeitschrift (1900) ist ein Bericht enthalten, wie die
Berliner Vereinigung für Schulgesundheitspflege sich mit der Reini-
gung der Volksschulzimmer beschäftigt. Der Referent derselben,
Lehrer Suck, hat festgestellt, daüs 1110 g Schmutz, der unter den
Schwellen festgeschraubten Schulbänke hervorgekehrt wurde, 2Vs
Milliarden Pilzkeime aufwies. Die Möglichkeit der Übertragung ron
Krankheiten durch solche im Staube enthaltenen Keime unterliegt
445
keinem Zweifel. Anoh die organischen Stoffe des Staubes wirken
schädlich schon durch Luftverderbnis. Der Stralsenstaab ist in
Berlin, wie überall, sehr reich an solchen Stoffen. Ermittelungen
des Referenten haben ergeben, dafs der von den Schülern in Ber-
liner Schulen eingeschleppte Staub 83% organische Stoffe enthält.
Darum mufs der- Staub aus Schulräumen möglichst schnell und
gründlich beseitigt werden.
Aus dem XIV. Bande (1901) führen wir die schulärztlichen
Erfahrungen von Dr. M. Cohn an. Nach seinen Untersuchungen
finden in den meisten Schulen mehrmals wöchentlich trockene B.ei-
nigungen statt, eine gründliche nasse Reinigung aber nur in den
Ferienzeiten. Oohn teilt in seiner Arbeit auch das neue Charlotten-
burger System mit, wo sämtliche Klassenzimmer und Korridore
dreimal wöchentlich naCs gereinigt werden, au&erdem die Zimmer
mit einem Ölanstrioh der Fuüsböden yersehen sind, um Staub-
ansammlung zu yerhüten. Cohk stellt die Forderung der täglichen
nassen Reinigung als eine selbstverständliche hin.
In dem XV. Bande dieser Zeitschrift (1902) finden wir, daüs
das Spucken auf den Fubboden in den Schulen, sowie in anderen
öffentlichen und Versammlungslokalen (Asylen, Kasernen, Kranken-
häusern etc.) vom „Oonseil superieur d'hygi&ne publique" in Belgien
verboten worden ist. Es sind in solchen Räumen hygienische Spuck-
näpfe aus undurchsichtigem G-las, Steingut, emailliertem Blech
und dergl. mit einer desinfizierenden Lösung oder wenigstens mit
Wasser gefüllt in genügender Zahl aufgestellt worden. Das trockene
Auskehren der Schulzimmer ist verboten. Die Herstellung voll-
kommen dichter Fulsböden ist empfohlen.^
^ In der Pädagogischen Beform, No. 28, 1902, tritt F. Honb-
BBiNCKEB für die tägliche Reinigung der Schulzimmer ein. Er
behandelt speziell die hamburgischen Schulverhältnisse und tadelt es^
dafs seit 1897 die Klassenzimmer der Volksschulen nur unter Weg-
rücken der Subsellien gefegt und nur alle 14 Tage einmal feucht
gereinigt (gefoult) werden. Mit vollem Recht hebt Honebhingkeb
hervor, dafe die Volksschule mit der gegenwärtigen Art der Reini-
^ Siehe ferner im XV. Jahrgang dieser Zeitschrift die Arbeit von Dr. H.
Beichbnbach: y,Einige Versuche mit staubbindenden Fnfsboden-
•ölen*' und den Aufsatz von Rühl: ^Eine Bemerkung über die Ver-
wendung staubbindender Fufsbodenöle in Schulräumen^. Sodann
im XVI. Jahrgange die Arbeit von Dr. Engels: „Staubbindende Fufs-
bodenöle und ihre Verwendung**. (D. Bed.)
446
gung sich noch nicht einmal auf den durch die bürgerliche Sitte
gntgeheilsenen Standpunkt erhoben hat, und daiSs die hygienische
Wertung der Beinigung seitens der Schulverwaltung eine bedeutend
mindere sei, als in den untersten Schichten der Arbeiterbevölkerung.
Der Staat dürfe in seinen Erziehungsanstalten doch nicht dulden,
was er den Privaten von Gesetzeswegen verbietet; dahin gehört die
gesundheitswidrige Benutzung der Eäume (§§ 11, 12 und 14 des
hamburgischen Gesetzes, betr. Wohnungspflege). Dais die Klassen-
reinigung in den hamburgischen Schulen nicht nach gesundheitlichen
Grundsätzen erfolgt, geht daraus hervor, dafs das Reinigungsreglement
der "Volksschulen für die Realschulen nicht gilt, in welchen die
feuchte Reinigung in jeder Woche einmal erfolgt, also doppelt so oft
als in den Volksschulen. Honebeingkeb kann auch die gewöhnlich
angewandten Mittel zur Reinhaltung der Zimmerböden nicht billigen.
Das Fegen der Schulräume muls nach seiner Ansicht aus hygienischen
Gründen verworfen werden; das Streuen des Sägemehls erfüllt seinen
Zweck nicht, trägt im Gegenteil bei unrichtiger Anwendung zur
Verunreinigung bei. Auch glaubt Honebbikckeb, dais das staub-
bindende Ol den Erwartungen nicht entsprochen hat, da Schulen,
die mit demselben einen Versuch gemacht hatten, zur alten Reini-
gungsmethode zurückkehrten. Aus allen diesen Gründen kommt
floNEBBiNCKER ZU der bestimmten Forderung, dafs man aus schul-
hygienischen Gründen wenigstens eine tägliche feuchte Reinigung
der Klassen verlangen müsse.
Kreisarzt Dr. Bebgeb läist sich in seiner unläugst erschienenen
Schrift: „Kreisarzt und Schulhygiene" (Hamburg und Leipzig,
1902) über die Reinigung der Schulzimmer folgendermafsen aus:
„Die Schulzimmer müssen möglichst täglich grtLndlich gereinigt und
reingehalten werden. Trockenes Fegen entfernt nicht den feinen
Staub, wirbelt im Gegenteil noch mehr auf; soll dies vermieden
werden, so müssen vor dem Kehren angefeuchtete Sägespäne (vor-
zuziehen!) oder Torfmull gestreut werden, für 100 qm Fläche 500 g
Torfmull. Vorhänge sind auszuschütteln, Wände abzufegen, alles bei
geöffneten Fenstern; zur Entfernung des feinen Staubes hat das ge-
kehrte Zimmer mehrere Stunden geschlossen ruhig zu stehen, dann
wird feucht aufgewischt mittels Schrubbers, der mit Lappen um-
wickelt ist, die oft auszuwaschen sind; vor allen Dingen ist an
Wasser nicht zu sparen; dann wird auf gleiche Weise das Mobiliar
abgewischt. Derartige gründliche Reinigungen sind alle zwei bis drei
Tage vorzunehmen, auiCserdem alle vier Wochen eine Hauptreinigung,
447
wobei Wasaer, Seife nnd Sohenertuoh die Hauptrolle spielen, und
Boden, Möbel und Wände gründlich gereinigt werden; die Fenster
sind alle 14 Tage zu putzen. Das auf dem Lande beliebte Streuen
Yon Sand ist durchaus unhygienisoh. Die Beinigung durch Kinder
ist ganz unstatthaft« Eine gute Beinigung ist einer der allerwich-
tigsten Punkte fär die Gesundheit der Kinder und Lehrer; es mülste
täglich gesprengt, gefegt und wöchentlich gescheuert werden (Wies-
baden), wie es in jedem Haushalt mit drei bis vier Personen ge-
wohnheiisgemäls geschieht. Grundbedingung einer möglichst guten
Aeinigung ist glatter, ebener Boden. Die Verwendung staubbindender
öle (Dustless) wird gelobt.^
Der Kreisarzt Beeoeb ist also wesentlich bescheidener in seinen
Forderungen f&r die Reinlichkeit der Klassen als der Lehrer Hone-
BBINCKEB.
Mir schien es wünschenswert zu sein, eine gröisere Anzahl von
Verordnungen und Listruktionen über die Beinigung und Reinhaltung
der Volksschulklassen zu sammeln. Es lieiüs sich dieses nur dadurch
bewerkstelligen, dafs ich mich an eine Reihe vo^ Schulmännern und
Ärzten mit der Bitte um Zuwendimg des betreffenden Materials
wendete. Nicht alle der in Anspruch genommenen Herren haben
meiner Bitte entsprochen, aber doch eine genügende Anzahl, um ein
Material zusammenzubringen, das eine ziemlich gute Übersicht über
die betreffenden Verhältnisse zuläfst. Vor aUem bin ich Herrn Pro-
fessor Dr. A. Habtmann in Berlin zu gröistem Danke yerpflichtet,
der mir das Material seiner Enqudte über Schulgesundheitspflege zur
Verfügung stellte, das er für seinen schon erwähnten Vortrag zu-
sammengebracht hat. Auch Herrn Reg.- und Medizinalrat Prof.
Dr. Leubusgheb in Meiningen, Herrn Schulrat Prof. Dr. DiLLiNa
und Herrn E. LANaENBBCK in Hamburg, Herrn Prof. Dr. Hebm.
CoHN in Breslau, dem Magistrat der Kgl. Haupt- und Residenzstadt
Breslau, dem Stadtarzt in Breslau, Herrn Dr. Oebbegee, Herrn
Dr. ScHMiDT-MoNNABB uud dem Herrn Stadtschulrat Bbendel in
Halle a. S., Herrn Dr. Moses in Mannheim, Herrn Dr. Gutenbebg
in Darmstadt, dem Herrn Kommunalarzt Axel Hebtel in Kopen-
hagen, Herrn Stadtrat Professor Kat.TiB in Wiesbaden, Herrn Dr.
ScHUBEBT in Nürnberg, sowie Herrn Stadtschulrat Dr. Bbinckmann
und Herrn Dr. Axmakn in Erfurt möchte ich an dieser Stelle
meinen verbindlichsten Dank für die Unterstützung durch Einsendung
yon Listruktionen für die yorliegende Arbeit sagen.
(Fortsetzung folgt.)
448
Das Schnlgebände und seine Einrichtnng in Frankreich
nnd in Elsafli-Lotliringen.
Von
Dr. med. Alfbbd Kühn,
prakt. Ant zu StraTsburg-Neadori
(Fortsetzung.)
i) Schulbänke. Um recht zu yersteheD, wie notwendig es ist,
genaue und zweckentsprechende Yorsohriften fOr die Ansohaffong der
Schulbänke zu geben, braucht man sich nur die Schulbänke zu ver*
gegenwärtigen, die man früher allerorts in den Schulen vorÜEuid und
leider auch heutzutage noch vereinzelt, besonders auf dem Lande,
antrifift.
Der gröiste Fehler, welchen die Schulbänke früher darboten,
bestand darin, dals man dieselbe GrOise für Schüler von verschiedenem
Alter und verschiedener Eörpergröise in Anwendung brachte. Auf
Bänken von 7— 8 m Länge wurden 16 — 20 Schüler gleichsam zu-
sammengepfercht. Einer der Hauptfehler war femer der Umstand,
dafs die „Distanz**, d. h. der horizontale Abstand der beiden Lote von
der hinteren Tisch- und der vorderen Bankkante, in einer beträcht*
liehen Plusdistanz von 7 — 8, ja, selbst 10 cm imd mehr bestand. Das von
der Tischplatte zu weit entfernte Kind muTste sich daher, um leseü
und besonders um schreiben zu können, nach dem Tisch zu beugen,
ja, sich sogar auf denselben legen. Endlich entbehrten die Schul-
bänke meistens der Lehne, so dals der Schüler, wenn er ermüdet
war, keine andere Stütze zur Erholung fand, als den Tisch.
Solch schwerwiegenden Übelständen kann man nur durch ganz
bestimmte, streng durchzuführende Vorschriften begegnen. Die Schüler
sollen sich nicht den Schulbänken anpassen müssen, die Schulbänke
sollen vielmehr den Schülern angepalst sein. Daraus folgt von selbst,
dafs eine diesbezügliche Verfügung sich nicht mit allgemeinen Vor-
schriften begnügen darf, sondern auch die Einzelheiten der hygienisch
wichtigen Punkte bei der Schulbankkonstruktion berücksichtigen muis.
Leider geschieht dies nicht in hinreichendem Mafse in der „Ver-
fügung des Oberpräsidenten^, wie wir gleich näher sehen werden.
Das „Reglement** hingegen ist in dieser Frage viel vollständiger und
449
genauer. In ihm sind die einzelnen Mafse angegeben, die bei der
Wahl von Sohnlbänken in Anwendung zu kommen haben. Aller-
dings lassen sich auch im „B&glement^ gewisse Mängel entdecken,
dasselbe hat jedoch vor der , Verfügung des Oberpräsidenten** den
gro&en Vorzug voraus, keine allzu grolse Willkür zu gestatten.
Was die Gröfse, Form etc. der Subsellien betrifft, bestimmt
die elsalis-lothringisohe Verfügung wie folgt: „Bei Beschaffung von
Schultischen und «Bänken ist vor allem darauf zu achten, dafs die-
selben jedem Schüler eine gesundheitsgemäfse Sitz- und
Schreibstellung gewähren. Demnächst ist dabei zu beobachten,
dafs sie das Stehen, wenigstens für kürzere Zeit, sowie das Aus- und
Eingehen, endlich die Unterbringung der Bücher etc., sowie die
Überwachung der Schüler tunlichst gestatten".
Im groÜBen und ganzen wäre hiermit den hygienischen Forde-
rungen G-enüge geleistet. Unter welchen Bedingungen jedoch ent-
sprechen die Subsellien den erwähnten Forderungen? Darüber war
man lange im Zweifel, und man hat sich in der genannten Verfügung
vielleicht gerade aus diesem Grunde mit den soeben angeführten all.
gemeinen Vorschriften begnügt.
Alle möglichen Sehulbanksystome wurden in Anwendung ge-
bracht, von denen man voraussetzte, dals sie gesundheitsgemäüs ein-
gerichtet wären, die es jedoch in Wirklichkeit nicht waren. Alle
möglichen Modelle und Kombinationen wurden im Laufe der Zeit
vorgeschlagen, von denen man hoffte, dals sie den hygienischen An-
forderungen völlig entsprechen würden. Fast immer zeigten sich
aber wieder neue Schwierigkeiten, die man vor der Herstellung der
betreffenden Subsellien nicht geahnt hatte, und welche die Einführung
eines noch vollkonuneneren Systems erheischten. Und auch gegen-
wärtig sind Hygieniker imd Pädagogen über verschiedene wichtige
Punkte in der Konstruktion der Schultische noch nicht einig geworden.
Damit eine Schulbank als gesundheitsgemäls bezeichnet werden
kann, sollte sie jedenfalls dem Kinde eine Haltung gestatten, welche
starkes Vomüberbeugen des Kopfes beim Schreiben und seitliche
Neigungen sowie Drehungen des Kop&s und Oberkörpers ausschliefst.
Eine derartige Haltung kann offenbar nur mit Subsellien erreicht
werden, welche den Gröisenverhältnissen des Körpers der einzelnen
Schüler genau angepafst sind. Daher sind im «B^glement** auch
verschiedene Typen von Schulbänken vorgesehen, und zwar kommen
nach dessen Wortlaut fünf den verschiedenen Körperlängen der Kinder
angepafste Typen in Betracht:
Sehulgeiundheitopflege. XVI. 24
450
I. Type für Kinder von 1,00—1,10 m Körperlänge (Kindergarten).
IL 91 f> >9 II 1»11 — lj20 „ „
TV 1 36—1 50 < (Skjhnlen).
V. „ ,1 „ ,1 über 1,60 „
Die Nummer und die entsprechenden Körperlängen sollen an
jeder Bank angezeichnet sein.
Die elsals- lothringische Verordnung verlangt dagegen einfach,
„dafs in jeder Klasse mehrere den Gröisen Verhältnissen der Schaler
entsprechende Arten von Schulbänken vorhanden sein müssen". Dais
diese Bestimmung nicht hinreichend ist und der Willkür zu viel
freien Baum läCst, ergibt sich von selbst.
Sind nun die in Frankreich vorgeschriebenen Typen den natür-
lichen Verhältnissen entsprechend? Richtig ist jedenfalls, daJb die
Gröüsen der Subsellien nicht nach dem Alter, sondern nach der
wirklichen Gröfse der Schulkinder bemessen werden sollen. Wie
beträchtlich die G-röiüsenunterschiede bei gleichem Lebensalter sind,
zeigen u. a. die Messungen von Oabstadt an Knaben,^ wonach sich
ergibt, dafs in jeder Klasse mehrere Subsellgröisen vorhanden sein
müssen, wenn die Schüler ein ihnen angepafstes Subsell haben sollen.
Über die Zahl der als notwendig angenommenen Subsellgröfsen kann
man etwas verschiedener Meinung sein, und man darf hierin auch
nicht zu weit in seinen Ansprüchen gehen. Trotzdem scheint mir
der Gröfsenunterschied (14 cm) der einzelnen Schüler, welche in
Typus No. in und IV untergebracht werden sollen, zu beträchtlich
zu sein, imd sollte derselbe nicht über 10 cm hinausgehen. Es wäre
demnach am besten, noch eine Type einzuschieben, und würde dann
Type in fUr Schüler von 1,21—1,30 m,
,, IV „ ,1 I, 1,31 1,40 „
„ V „ „ „ 1,41-1,60 „
anzuwenden sein, die „Type VI" fiir Schüler von über 1,50 m
KörpergröDse. In der Volksschule, in der es sich ja nur um Schüler
bis zu 14 Jahren handelt, würden diese Subsellgröüsen genügen. In
den Mittelschulen und den höheren Lehranstalten, welche auch von
älteren Schülern besucht werden, yeäre die Zahl der Subsellgröisen
dementsprechend zu vermehren.
Um nun die Banknummer für jeden einzelnen Schüler fest-
^ Dr. F. Carstädt, über das Wachstum der Knaben vom 6. bis zum
16. Lebenegahre. {Zeitschr, f. SckulgesundheitspfUge» 1888. S. 65.)
451
zustellen, müssen die Eönder gemessen werden. Diese Malsnahme
ist bis jetzt in EIsals-Lotliringen nicht vorgeschrieben. Daher rührt
es wohl auch, dals in manchen Schulen, selbst wenn die nötige Zahl
Ton Subsellgröüsen yorhanden ist, den Schülern oft ganz unzweck-
mäfsige Plätze angewiesen werden. Das „Röglement^ ist in diesem
Punkte Yorsichtiger, indem es bestimmt: „Les instituteurs devront
mesurer leurs ölöves une fois par au, ä T^poque de la renträe de la
dasse".
Die oben von Cabstädt gewonnenen Zahlen beweisen jedoch
hinlttnglichy dals eine einmalige Messung im Jahre nicht genügt.
Setzen wir den Fall, dals ein Schüler am Anfang des Schuljahres
119,6 cm müst (Maximum im Alt6r von 6Vs Jahren). Am Ende
des Jahres kann derselbe 4,5 cm mehr messen, also eine Grölse von
124,1 cm haben. Trotzdem verbleibt er auch in der zweiten Hälfte
des Schuljahres in der ihm an&nglich angewiesenen Bank, sollte
jedoch, da er schon nach einem halben Jahre um 2,5 cm gewachsen
sein kann, längst in der nächstgröDsten Schulbank sitzen, Es ist
demnach eine zweimalige Messung pro Jahr, am AnfiEmg und in
der Mitte des Jahres, zu fordern. Erst wenn diese Bedingung erfüllt
ist, kann der Lehrer seiner Pflicht, die Schüler wegen schlechter
Haltung zu rügen, nachkommen. Nebenbei sei bemerkt, dafs in
Frankreich im „art. 28 des Reglement des öcoles^ die Vorschrift
enthalten ist, die auf diese Pflicht hinweist: „L'instituteur doit veiller
ä ce que les ^l^ves se conforment exactement aux principes qu'il leur
aura donn^ sur la position du corps, pour l'^criture^.^ Befindet sich
der Schüler in einer seiner GrOise nicht entsprechenden Schulbank,
j90 ist es oft schwierig, ja unmöglich, selbst mit der gröisten Auf-
merksamkeit seitens der Lehrperson, zu erreichen, dafs das Kind eine
den hygienischen Anforderungen entsprechende Haltung einnehme.
Mit kurzen Worten möge die in hygienischer Hinsicht weniger
wichtige Frage erörtert werden, wie viele Kinder in einer Bank
Platz finden sollen. Zu viele Kinder in einer Bank unterzubringen,
scheint schon aus pädagogischen Gründen nicht vorteilhaft zu sein.
Es wurden deshalb allmählich die längeren Schulbänke ersetzt durch
solche mit fünf, vier und drei Plätzen. Das „B^glement"' begehrt
sogar Bänke mit nur einem oder zwei Plätzen, während die »Ver-
fügung des Oberpräsidenten^ auch hierfür keine Bestimmung enthält.
Die einsitzigen Subsellien wären unter allen Umständen vorzuziehen.
^ BiAKT, Hygiene scolaire, p. 108.
24'
452
jedoch fehlt es oft an dem nötigen Banm, nm dieselben eweok-
entsprechend aufstellen zn können.
Die Tisohlänge pro Schulkind findet man nach BuaasBSTEXN
und NbtoIiITZKT (1. o. S. 60), wenn man das Kind die Unterarme
parallel zum Oberkörper und mit nach der Brustmitte gerichteten
Händen so auf den Tisch legen Iftist, dais die Fingerspitzen der einen
ausgestreckten Hand die Wurzel der anderen berühren; die bezügliche
Gröise beträgt etwa fünf Zwölftel der Eörperlänge.
Das „Böglement^ bestimmt die Länge der Tische pro Schulkind
für einsitzige Bänke bei Type I imd II auf 0,55 m, bei Type lU
und IV auf 0,60 m, für zweisitzige Bänke bei Type I und 11 auf
0,50 m, bei Type HC, IV und V auf 0,55 m. Die elsaCs-lothringische
Verfügung sagt, „daüs jedem Schüler ein Sitzraum von mindestens
0,55 — 0,60 m Breite gewährt werden muis^. Wir sehen also, dals
die Bestimmungen beider Länder den sanitären Forderungen in diesem
Punkte genügen.
Was die Breite (Tiefe) der Tischplatte angeht, so hat das
„Bdglement^ hierfür den einzelnen Subsellgröisen entsprechend eine
Breite von 0,35, 0,37, 0,39 0,42, 0,45 cm angegeben. In filsala-
Lothringen besteht hierfür keine Vorschrift. Bei Beurteilung dieser
Mause muls man im Auge behalten, dals die Kinder für die Schreib-
hefte und Tafeln genügend Baum haben müssen, und dals sie beim
Beschreiben der untersten Linien einer Seite die Hefte genügend weit
nach vom schieben können, ohne dals dieselben den vom sitaenden
Nachbar belästigen. Die Schreibhefte sind gewöhnlich SO — 22 cm
hoch; sie müssen, wenn auf den untersten Teilen des Blattes ge-
schrieben wird, 15 — 20 cm weit auf den Tisch geeohoben werden.
Die Tischplatte muls demnach wenigstens 35 em, besser 40 cm breit
sein, wenn das Heft nicht über dieselbe hinausragen soll. Bine ge-
ringere Breite nötigt zu schlechter Haltung beim Schreiben, weil die
Vorderarme nicht ausreichende Unterstützung auf der Tischplatte
finden (Baginsky, 1. c. S. 570). Nach diesen ganz treffsnden Aus-
führungen sehen wir, dals die Malse des „B^glemenf* den Anforde-
rungen völlig entsprechen.
Femer darf dem „Böglemenf gemäls die Tischplatte keine hori-
zontale Fläche bilden, sondern soll eine Neigung von 15 — 18 G-rad
besitzen. Dalis die Tischplatten nicht horizontal sein dürfen, ergibt
sich daraus, daljB dieselben sonst ein leichtes imd bequemes Sehen ver-
hindern würden. Bei gerader Haltung kann der Schüler Schriftzeichen
auf einer horizontalen Fläche nur erkennen, wenn er den Blick aufs
453
äulBerBte senkt. Da dies jedoch sehr ermlidend ist, senkt er hierzu
lieber den Kopf, unter Umständen auch den Bnmpf. Bietet jedoch
die Tischplatte eine Neigung, so genügt eine mäJsige Senkung des
Blickes und eine geringe Neigung des Kopfes, um bequem lesen zu
können. Zu grois darf dagegen die Neigung nicht sein, da hierdurch
ein Rutschen der Utensilien uud Arme yemrsacht würde. Bei einer
Neigung von 15 — 18 Grad werden die genannten Mifsstände sich
etwas stark bemerkbar machen, und es wäre demnach besser, nach
dem Vorschlage der meisten Autoren, nur eine Neigung von etwa
6^/s cm anzunehmen.
Die Länge der Sitzbank soll nach der Vorschrift des
„B&glemenf betragen: fär einsitzige Bänke zwischen 0,50 und 0,55 m,
für zweisitzige zwischen 0,45 und 0,50 m pro Schüler.
Die Sitzlänge mufs im groüsen und ganzen der Tischlänge ent-
sprechen ; da jedoch der eigentliche Bedarf an Sitzlänge geringer ist,
so kann nichts dagegen eingewendet werden, dals bei Doppelsitzen
einige Centimeter gespart werden.
Die Sitzbreite soll nach dem „R^lement^ betragen: Typus I
= 0,21 m, T. II = 0,23 m, T. in = 0,25 m, T. IV = 0,27 m
und T. V = 0,80 m.
Die Sitzbreite wird durch die Länge des Oberschenkels bedingt,
welche im Mittel ein Fünftel der Körperlänge beträgt. Es ist also
die fiir die einzelnen Typen gewählte Bankbreite richtig, indem
dabei das Mittel zwischen Maximum und Minimum der Körperlänge
der für die einzelnen Subsellgrölsen bestimmten Schüler genommen ist.
Die flöhe der Bank soll nach den meisten Autoren zwei
Siebentel der Körperlänge betragen. Das „Reglement*' bestimmt
hierfür folgendes: Type I = 0,27 m, T. 11 = 0,30 m, T. m =
0,S4 m, T. rV =ä: 0,39 m, T. V = 0,45 m. Wenn wir zwei
Siebentel des Minimums der Ar die Subsellien bestimmten Körper*
gröXse berechnen, so lauten die enteprebhenden Zahlen: 0,28 m,
0,32 m, 0,84 m, 0,38 m, 0,42 m.
Vergleicht man diese Zahlen mit denen, welche sich im ^Bägle-
menf* befinden, so muls man zugeben, dals den theoretischen An-
forderungen möglichst Bechnung getragen ist. Die gröiseven Schüler
der vier ersten SubseUgröi«en haben allerdings hierbei nidit ganz die
Sitzhfdie, welche zwei Siebenteln ihrer Körperiänge entspricht, son-
dern etwas weniger. Es wird ihnen jedoch dieser umstand weniger
schaden, als eine zu grofte fiitzliöhe den kleinsten der betrefienden
Sduttler schaden würde« Ist nämlidi der Sitz zu hoch, so w«iden
454
die Blutge&be und Nerven an der Unterseite des Obersohenkels
einem zu groisen Draok ausgesetzt and das Kind rutscht unwill-
kürlich Tor, um einen Halt fdr seine Fülse zu gewinnen. Ist jedoch
der Sitz nur wenig zu niedrig, wie es dem „K^glement" gemäfs für
einzelne Schüler der Fall sein mufs, so ist der hierdurch bedingte
Schaden nicht sehr groljs. Es wäre noch die Bemerkung anzuschlieJBen,
dais für Mädchen wegen der dickeren Kieiderschicht die Sitzhöhe
durchwegs etwas niedriger sein sollte als filr Knaben.
Es soll femer nach dem „Reglement'' die Bank eine leichte
Neigung nach rückwärts aufweisen. Dies hat deshalb eine Berechti-
gung, weil dadurch die Sitzlage an Festigkeit gewinnt. Wäre die
Neigung aber zu stark ausgesprochen, so würde dadurch die An-
näherung des Körpers an den Tisch erschwert werden.
Bei Erörterung der äufserst wichtigen Frage der gegen-
seitigen Stellung von Tisch und Sitz kommt vor allem die sog.
„Differenz^ in Betracht, d. h. der vertikale Abstand des hinteren
Tischrandes von der Sitzfläche. Derselbe beträgt nach dem „Regle-
ment'' (wenn man die Bankhöhe von der ebenfalls festgesetzten
Gesamttischhöhe abzieht) für T. I = 0,17 m, T. 11 =
0,19 m, T. in = 0,21 m, T. IV = 0,23 m, T. V = 0,25 m.
Schliefst man sich den wohlbegründeten Ausführungen Baginskys
an (1. c, Bd. I, S. 665), so muis die DifiPerenz ein Achtel der Körper-
länge -\- 3 — 4,5 cm bei Knaben und -|- 4,5 — 6,5 cm bei Mädchen
betragen. Ein Achtel des Minimums der nach dem ^ Reglement'' für
die einzelnen Subsellien in Betracht kommenden Körpergrößen -|-
4,5 cm beträgt, wie leicht auszurechnen ist, für T. I = 0,175 m,
T. n = 0,186 m, T. in = 0,195 m, T. IV = 0,216 m, T. V
= 0,235 m.
Wir sehen also, dais auch hier ein richtiges Mittel gewählt
worden ist, welches allen für eine Subsellgröise bestimmten Schülern
die annähernd richtige Differenz gewährt, was auch genügt; denn
für die Schulpraxis können natürlich die Bankgröfsen nur nach ge-
wissen Durchschnitten hergestellt werden, da es ja unmöglich ist,
jedem einzelnen Schüler ein nur eigens für ihn hergestelltes Subsell
anzuweisen.
An dieser Stelle wäre noch ein Umstand zu erwähnen, welcher
Berücksichtigung verdienen würde, der jedoch weder in Frankreich,
noch in Elsafs-Lothringen in Betracht gezogen ist. Ich meine die
zu geringe Tischhöhe der unteren Volksschulklasse. Diese
erschwert offenbar dem Lehrer seine Arbeit in beträchtlichem Mause,
455
da derselbe Bich zu oft bücken mnlis, wenn er den Kindern in ihren
Büchern oder Heften etwas erklären will. Es wäre daher der Ge-
sundheit der Lehrer halber zu empfehlen, die Subsellien der kleinen
Schüler auf Podien zu stellen.
Von gröister Wichtigkeit ist femer die Frage der sog. „Distanz ^,
worunter man bekanntlich den horizontalen Abstand der beiden Lote
Ton der hinteren Tisch- und der vorderen Bankkante versteht. Man
unterscheidet hierbei die Plusdistanz, Nulldistanz und Minus-
distanz.
Die Plusdistanz ist notwendig zum Stehen, und es muüs dieselbe
etwa dem Durchmesser des Knies von vom nach hinten gleich sein,
d. h. (nach Messungen von Zwez) 8 — 15 cm betragen. Die Plus-
distanz eignet sich jedoch nicht zum Schreiben, da der Schüler hier-
bei, wie leicht erklärlich, eine der Gresundheit schädliche Haltung
einnehmen muis. Für die Schreibarbeit eignet sich am besten die
Minusdistanz, welche jedoch nur wenige Gentimeter betragen soll,
weil bei zu grofser Minusdistanz zu leicht ein Anlehnen der Brust
an den Tischrand eintreten kann. Die Nulldistanz eignet sich weder
gut zum Stehen, noch zum Schreiben.
Da nun das Schreiben und das Stehen während des Unterrichts
abwechselnd erfolgen, so erscheint es am zweckmäfsigsten, einen
Mittelweg zwischen Plus- und Minusdistanz einzuschlagen, der am
besten darin besteht, dais man eine Minusdistanz wählt, welche zum
Zweck des Stehens in eine Plusdistanz verwandelt werden kann.
Offenbar von solchen Erwägungen ausgehend, hat die französische
Behörde im „R^glement^ die Vorschrift gegeben, dafs bei beweg-
licher Tischplatte die Distanz betragen soll: für T. I = 0,03 m,
T. n = 0,04 m, T. m = 0,05 m, T. IV = 0,06 m, T. V = 0,07 m.
Auüserdem heilst es: „La tablette dite ä bascule, formte de deuz
parties, se repUant Tune sur Tautre au moyens de charni^res, est
interdite".
Vergleicht man diese Vorschrift mit den oben aufgestellten
Forderungen, so sieht man, dals sie denselben wesentlich entspricht.
Dals zu dem genannten Zwecke nur das System der verschieb-
baren und nicht das der zusammenklappbaren Tischplatte erla^ibt
ist, kommt hygienisch weniger in Betracht und hat hauptsächlich
pädagogischen Wert. Dasselbe Ziel könnte nämlich erreicht werden,
wenn mau sich des Systems der zusammenklappbaren Tische oder
aber solcher Bänke bedienen wtlrde, bei denen beim Aufstehen der
Sitz zurück&Ut (Pendelsitze) oder der Sitz sich zusammenklappt
456
(Klappsitze). Alle diese Systeme können, wenn sie gat ansgefohrt
sind, den hygienischen Anforderungen entsprechen.
Neben diesen gnten Vorschriften findet sich leider im „Bd^e-
ment" eine andere Bestimmung, welche für die feste Tischplatte auch
die Nnlldistanz gestattet. Es ist sicherlich sehr zu bedauern, dais
die obigen Vorschriften über die «table-banc ä tablette mobile" hier«
durch in ihrem Wert wesentlich abgeschwächt werden, da sie eben
infolgedessen nicht obligatorisch sind. Besser wäre es, die Null-
distanz direkt zu verbieten.
An dieser Stelle wäre noch zu erwähnen, daiSs nach der „Ver-
fügung des Oberpräsidenten" die feste Verbindung von Tisch
und Bank gewünscht wird. Diese Bestimmung ist durchaus nicht
überflüssig, denn nur so „hat man die Sicheiiieit, daCs die vor-
geschriebene Distanz wirklich eingehalten wird; sonst kann es vor-
kommen, dafs trotz richtiger Konstruktion die Bänke aus Unwissen-
heit oder aus persönlichen Ghünden mit falscher Distanz aufgestellt
werden^. Diese Forderung sollte jedoch nicht nur als Regel,
sondern für alle Fälle gelten.
Die einzelnen Subsellkonstruktionen sollen hier nicht näher
geprüft werden, da dies den Bahmen der vorliegenden Arbeit über-
schreiten würde. Jedoch müssen wir noch denjenigen Bestimmungen
unser Augenmerk zuwenden, welche die Bückenlehne der Sub-
sellien betreffen.
Bekanntlich ist die sog. hintere Sitzlage, bei welcher die
beiden Sitzhöcker und die Spitze d^ Ejreuzbeins die Stützpunkte
bilden, im Gegensatz zur vorderen Sitzlage, bei welcher der dritte
Punkt, der die Cnterstützungslinie fixiert, durch die Berührung der
Oberschenkel mit der Kante des Sitzbrettes gegeben ist, für die
Schule als die beste anerkannt. Diese Sitzli^e ist jedoch mit einer
beträchtlichen Muskelanstrengung verbunden und kann nur längere
Zeit innegehalten werden, wenn der Bücken eine Stütze findet, da
sonst der Körper zu leicht «us seiner Gleichgewichtslage käme.
Diese Stütze wird durch ditd Bückentehne bewerkstelHgt.
In der „Yerftigung des Oberpräsidenten " findist «icb betrefiis der
Bückenlehne folgende BesUtnmung: „Möglichfirt; alfe Bänke sind mit
Bückenlehnen zu vetisehen, jedenfalls aber mufii die letzte Btak d«r
einzelnen Bankabteilungen, die fftr den Durchgang des Lriirers
räumlich von einandier zu trennten sind, mit einer Bückenlehne ver-
sehen werden^. Dafs diese Vorschrift nicht hinreitdimid präois ist,
ergibt sich von selbst. Zunächst; fällt auf, dafs die Bücl^nlehnen nicht
467
fttr alle Bänke gefordert werden, sondern nur für die letzte Bank
der einzelnen Bankabteilnngen. Hiermit soll wohl gesagt sein, daTs
für die übrigen Bftnke der nachfolgende Tisch als Büokenlehne benutzt
werden darf. Auf diese Weise wird jedoch nicht den Anforde-
rungen einer zweckentsprechenden Bückenlehne entsprochen. Die
nähere Begründung dieser Tatsache ergibt sich aus den Bedingungen,
welche durch eine Bückenlehne der Schulbank erfüllt werden sollen.
Im „B^lement^ wird übrigens diese Methode nicht nur nicht zu-
gelassen, sondern es ist selbst das Anbringen einer Bückenlehne am
nächstfolgenden Tisch verboten: „Le banc et le dosier, seront Con-
tinus^. Dies «^scheint schon deshalb notwendig, weil sonst der
Lehnenabstand sehr oft von nicht sachverständigen Personen un-
zweckmäisig gehandhabt würde, abgesehen davon, dals ein Kind bei
etwas ergiebigen Bewegungen das am nächstfolgenden Tische sitzende
Eand allzuleicht stört.
Als etwas Nebensächliches wäre zu erwähnen, dals die Lehne
keine scharfen, eckigen Kanten haben darf, da dieselben bei längerem
Anlehnen unbequem würden, ja selbst Schmerz verursachen könnten.
Auch dieser Punkt ist im „R^glemenf* berücksichtigt, indem daselbst
vorgeschrieben ist: „Toutes les ardtes seront abattues**.
Was nun die Form der Bückenlehne betrifft, so wird dieselbe
in der „Verfägung des Oberpräsidenten " mit Stillschweigen über-
gangen, während im „Reglement** auch diese hinreichend Berück-
sichtigung gefanden hat.
Man unterscheidet gewöhnlich zwischen niederer Kreuz lehne,
Kreuzlendenlehne und Bückenlehne. Welche Art die beste
ist, lälst sich schwer bestimmen.
Im „R^ement^ wetden folgende Forderungen an die Lehne
gestellt: »Art. 93. Le dossier du banc ä une seule place et du banc
k deuz places consistera en une fanverse de 0,10 m de laigeur
dress^ droite avee ardtes abatives; il aura les dimensions suivantes:
Hauteur de Tardte supärieure au dessus du mhge ä
Typee I II m IV V
0,19 m 0,21 m 0,24 m 0,86 m 0,28 m.
Bevor ich zur Beurteilung der hier vorgeschriebenen lishne
gehe, muls ich einige allgemeine Bemerkungen über die einzelnen
Lehnen vorauss^icken.
Wollte man bei hinterer Sitzlage, welche, wie schon oben be-
merkt, fter die Schide die beste ist, die durch die Sitzhöricer und
die Spitze des Kreuibeins gegebene Siizebene benutzen, so würde
458
hierdaroh eine intensive Krümmung der Wirbelsäule nach vom be-
dingt, weil nur so die Schwerlinie des Rumpfes mit Kopf und
Armen senkrecht über die Dreiecksfläche zu liegen kommt. Cm
nun aber diese unzweckmäisige Stellung zu verhindern, muls man
dem stark nach hintenüber liegenden Bumpf eine Stütze bieten,
welche am besten durch eine Lehne bewerkstelligt wird.
Die Lehne kann nun offenbar den nach hinten fallenden Körper
in jeder beliebigen Höhe, von den Schultern bis zur Kreuzbeinspitze
stützen. Am ungünstigsten ist die hohe^ d. h. bis etwa in die Mitte
der Schulterblattgegend reichende, senkrechte Bückenlehne. Hier
bleibt der untere Teil der Brustwirbelsäule und die Lendenwirbel-
säule ohne Stütze. Gerade über dieser Partie jedoch lastet das
Gewicht des Bumpfes. Die Folge davon ist eine fehlerhafte Haltung,
bei der die genannte Partie der Wirbelsäule einen nach hinten kon-
vexen Bogen bildet.
Am zweckmäisigsten ist es, die Lehne so tief anzubringen, dais
sie den hintenüberfallenden Körper eben aufbngt, bevor die Kreuz-
beinspitze mit dem Sitze in Berührung kommt. Die Höhe, in
welcher dies geschehen soll, entspricht dem oberen Band der Hüft-
beine oder dem letzten Lendenwirbel. Die obere Kante dieser Lehne
müiste unge&hr die Höhe der Hinterkante der Tischplatte erreichen,
so daJis also die Höhe, in welcher eine solche Lehne angebracht werden
muls, etwa der „Differenz^ entspricht. (Baginskt, 1. c. Bd. I, S. 576.)
Es würde sich folglich um eine Kreuzlenden lehne handeln.
Es wird durch dieselbe der Oberkörper gleichermalsen im Bückwärts-
fetllen aufgehalten, das Becken und der Bumpf in der aufrechten
Stellung erhalten, wodurch ein aufrechtes Sitzen ermöglicht wird.
Da hierbei der Körper wesentlich mittels physikalischer Mittel in
dieser aufrechten Stellung gehalten wird, so gestattet eine solche
Lehne ein festes Sitzen ohne besondere Muskelanstrengung. Im
Gegensatz zur Bückenlehne gewährt sie übrigens auch eine freiere
Beweglichkeit des Oberkörpers.
Die soeben aufgestellte Forderung ist durch die Bestimmungen
des „B^glement** im wesentlichen erfüllt, wie aus folgender Zu-
sammenstellung hervorgeht:
I II in IV V
Differenz 0,17 0,19 0,21 0,23 0,25
Lehnenhöhe 0,19 0,21 0,24 0,26 0,28
Einer solchen Kreuzlendenlehne könnte man nun den Vorwurf
machen, dais sie während der Schreibpausen der Wirbelsäule nicht
459
genug Entlastung gewählt. Die oberen Teile des Körpers werden
nftmlioh während des Schreibens dnrch Mnskelanstrengong festgestellt.
Dabei müssen natürlich die betreffenden Muskeln allmählich ermüden,
wodurch dann fehlerhafte Haltungen bedingt werden, indem die
Wirbelsäule gleichsam zusammensinkt. Baoinskt macht daher den
Vorschlag (1. o. I, S. 576), Kreuzlehne und Rückenlehne zu
kombinieren, und zwar so, daJs eine Bückenlehne den nach hinten
sinkenden Oberkörper in hinterer Sitzlage auf&ngt, damit die Kinder
in der Zeit, wenn sie nicht schreiben — und das ist der gröüsere
Teil des Unterrichts — , sich in bequemer Weise anlehnen und so
die Rückesmuskulatur entlasten können.
Dieser Vorschlag verdient jedenfalls gründliche Erwägung und
ist schon 1867 von Hsbbmann Mbteb (Die Mechanik des Sitzens
mit besonderer Rücksicht auf die Schulbankfrage, VirtAows Ärohiv
1867, 38. Band) in Betracht gezogen worden. Eine Lehne dieser
Art mülste nach diesem Autor „entsprechend hinter der Kreuzlehne,
ungefähr auf der Höhe des unteren Endes der Schulterblätter an-
gebracht sein, denn sie wtLrde dann gerade unter den Schwerpunkt
des Bumpfes zu liegen kommen, und bei einer so geringen Höhe
würde sie auch nicht so sehr hemmend auf die Beweglichkeit der
oberen Teile des Bumpfes einwirken*'.
Es würde sich also um eine „Kreuzlenden- Schulterlehne''
handeln. Andererseits sagt jedoch Meteb: »dab bei der Kreuz-
lehne eine zeitweilige vollständige Entlastung der Wirbelsäule durch
Aufstützen der Ellbogen auf diese Lehne ermöglicht und daher das
Aufsuchen eines weiteren Hilfsmittels zur Lösung dieser Aufgabe
unnötig sei". Schlieisen wir uns dieser letzteren Ansicht an, so
müssen wir aus den bisherigen Ausführungen den Schluls ziehen,
daJs die im „Bdglemenf Yorgeschriebene Kreuzlendenlehne im
wesentlichen den hygienischen Anforderungen entspricht.
Was die Breite der Lehne für den einzelnen Platz betrifft,
so entspricht dieselbe am besten der Breite des Sitzes, wie dies im
„R&glement" yorgeschrieben ist.
Schliefslich wäre noch der Lehneuabstand, d. h. die Ent-
fernung zwischen innerem Tischrand und Torderer Lehnenfläohe, zu
erörtern. Das „R^glemenf bestimmt den Lehnenabstand folgender-
maJsen: T. I = 0,18 m, T. IL = 0,18 m, T. HE = 0,19 m,
T. IV = 0,22 m, T. V = 0,26 m.
Der Lehnenabstand muTs so eng bemessen sein, dafs die Kinder
beim Schreiben sich der Lehne bedienen müssen, jedoch mufs
460
zwischen Tisohrand und Körper ein kleiner Zwischenraum übrig*
bleiben, damit dem Körper noch eine gewisse Beweglichkeit er-
möglicht wird. Der Lehnenabstand moTs demnach etwas mehr be-
tragen als die Dicke des Körpers in der Höhe der Ellbogen. Es
stehen mir zwar keine diesbezüglichen Messungen zur YerfUgang,
jedoch scheint es, als ob die im „B^glement^ bestimmten Zahlen
den Anfordenmgen entsprechen, besonders, wenn man sich der Tische
mit verschiebbarer Tischplatte bedient, wobei eventuell auftretenden
Unterschieden leicht abgeholfen werden kann.
Zur Unterbringung der Bücher, Hefte u. s. w. hat der Schüler
eine Requisitenlage notwendig. Dieselbe besteht meist aus einem
Bücherbrett. In der „Yerfbgung des Oberpräsidenten^ ist hiervon
nicht die Rede, und auch das „Röglement^ gibt dafOr keine genaue
Bestimmung. Vom hygienischen Standpunkte aus wäre zu fordern,
dafs das Bücherbrett nicht mit den Schenkeln der Kinder in Be*
rtthrung kommen soll, um die gute Haltung nicht zu beeinträchtigen.
Dasselbe mufs daher schmäler als die Tischplatte und nicht zu
tief angebracht sein.
Was das Fufsbrett betari£%, so ist dasselbe im französischen
„R^glement*^ verboten. In der elsafs-lothringischen Vorschrift sind
die Fu&bretter überhaupt nicht erwähnt. Wenn die Subsellien in
den übrigen Punkten den Ansprüchen der Hygiene entsprechen, so
sind die Fulsbretter in der Tat überflüssig und erschweren nur das
Reinigen des Fufsbodens und das Aufheben von gefallenen G-egen-
ständen.
Wichtig ist die Bestimmung, die sich mit der Entfernung
der ersten Bank von der vorderen Zimmerwand beschäftigt.
„Une distance d'au moins 2 m^tres sera laissäe, en tdte de la classe,
pour la table du mattre, entre le mur qui fait face aux eldves et le
premier rang des tables^, sagt das „R^ement^, während bei uns
eine Entfernung von 2,6 m, und zwar zwischen der KaÜiederwand
und der ersten Bank vorgeschrieben ist.
Eine solche MaJjsregel ist deshalb erfbrderli(di, damit das Pult
nicht zu nahe an die erste Bank zu stehen kommt, da in diesem
Falle die Kinder der ersten Bänke den Kopf zu sehr dreh«! mflliten,
um den Lehrer zu sehen, und femer beim Beschraiben hoher Teile
der Tafel der Sehwinkel für die vom sitzenden Schüler ein zu un«
günstiger würde. Aulserdem könnte der Lehrer die Schüler der
««ten Bänke zu schwer übersehen. Alle diese Mitetände treten
offenbar bei Befolgung der diesbezüglichen im ^R^lement^ ent-
461
haltenen Bestimmungen ein, da in den Baam von 2 m zwischen der
eisten Bank und der Maner das Katheder su stehen kommt, und auf
diese Weise ewisohen letzterem und der ersten Bank nicht einmal
ein freier Baum yon 1 m übrig bleibt.
k) öftnge im Sohulzimmer. Betreffend die Verteilung und
Breite der einzelnen Gtange im Sohulzimmer finden sich in den ent-
sprechenden Verfägungen beider Länder einzelne Unterschiede, die
jedoch Tom hygienischen Standpunkte aus als unwesentlich be-
zeichnet werden können. Als Zwischenraum ist in ElsalÜB-Lothringen
„an der Fenster- und Rückenwand ein solcher von nicht unter
0,5 m zu belassen. Aulserdem ist an der den Fenstern gegenüber-
liegenden Wand in der Hegel ein Hauptgang von etwa 0,75 m, und
wo es angeht, auch ein angemessener Mittelgang von 0,75 m Breite
einzurichten^. Das nBögl^ment" hingegen schreibt folgendes vor:
„Les tables-bancs ne derront jamais Stre plac^ & moins de 0,60 m
des murs. La largeur des couloirs longitudinaux mtoag^ entre
les lignes de tables-bancs sera au minimum de 0,50 m. Un Inter-
▼alle de 0,10 m au moins sera laissö entre le dossier de ohaque baue
et l'ardte de la table suivante''. Die Gküige Ifings der Wände sind
notwendig, damit die Schüler nicht durch ungünstige Wfirmestrahlungs-
verhftltnisse leiden, was besonders von der Fensterwand gilt. An-
dererseits darf aber die Entfernung von dieser auch keine zu weite
sein, da sonst die entfernter sitzenden Schüler keine genügende Be-
leuchtung erhalten würden.
Die Längsgänge zwischen den Subsellreihen sind nötig, um den
Schülern das Aus* und Eingehen leicht zu ermöglichen und dem
Lehrer die Möglichkeit zu geben, an die einzelnen Schüler heran-
zukommen.
Zu betonen wäre noch, daJs die Gänge in einem Schulzimmer
yon normaler Breite (6 — 7 m) und Länge (9 — 10 m) nur dann die
nötige Breite haben können, wenn nicht zu viel Sander in einem
Zimmer aufgenommen werden, also nicht zu viel Subsellien auf-
gestellt werden müssen. Von der in einem Schulzimmer zulässigen
Schülerzahl war übrigens schon oben die Bede.
1) Wandtafel. Das ^B^glement" enthält folgende die Wand-
tafel betreffende Bestimmung: „H ne sera fait usage que du tableau
ardois^**. Hiermit sind offenbar Holztafeln gemeint, welche mit
einem Überzuge von Schieferfarbe yersehen sind. Diese sind den
lackierten Holztafeln vorzuziehen, da die letzteren blenden. Aus
demselben Grande schreibt die Verfügung in EIsafs-Lothringen die
462
matte Farbe vor. ^In jedem Schulzimmer mois die erfoTderliche
Zahl von Wandtafeln, welche mit tiefechwarzer, matter Farbe za
versehen sind, vorhanden sein.'' Diese Farbe ist zweifellos sehr
praktisch, da weilfl auf schwarzem Grunde leicht wahrnehmbar ist.
Bezüglich der Wandtafel wäre aber noch ein zweiter Punkt in
Betracht zu ziehen, den wir in beiden Verfügungen rermiasen, näm-
lich die Art der Aufstellung derselben. In vielen Schulen findet
man hinter dem Sitze des Lehrers an der Wand eine Wandtafel,
die meist nicht beweglich ist, selbst nicht höher oder niedriger ge-
schoben werden kann. Deren Nachteile ergeben sich von selbst.
Ist sie zu niedrig, so kann das Geschriebene von den femesitzenden
Schülern nicht gut gelesen werden, ist sie zu hoch, so kann von
den Schülern nicht an derselben geschrieben werden. Es wftre
daher wünschenswert, daJjs neben einer solchen Wandtafel noch eine
zweite, links vom Lehrer auf einer Staffelei aufgestellte Tafel vor-
geschrieben wäre. Eine solche ist übrigens in den meisten Schulen
Elsafs-Lothringens vorhanden. Eine derartige Tafel kann nach Be-
lieben gestellt werden und entspricht so den hygienischen und päda-
gogischen Anforderungen.
m) Zeichensaal, Gesangzimmer. Die Einrichtung dieser
Räume wollen wir hier übergehen, da sie als besondere Bäume in
Volksschulen nicht in Betracht kommen.
n) Für das Erlernen von Handarbeiten müssen besondere
Bäumlichkeiten geschaffen werden. Hier hat auch das „Reglement"
gewisse Bestimmungen getroffen, indem es sowohl für Knaben, als
auch für Mädchen einen besonderen Saal für Handarbeitsunterricht
vorschreibt.
(SohlaiB folgt.)
463
Ztts ^ttfamninn$tn nnb ^tttxntn.
Die vierte Jahresyersammlaiig
des Allgemeinen Deutschen Vereins Ar Scholgesnndheitspflege
am 2. und 3. Jnni 1903 in Bonn.
Bericht von
Dr. Rudolf Abel,
BegiemngB- und Medizinalrat in Berlin.
Man mnJb es dem Allgemeinen Deatsohen Verein für Schul-
gesnndheitspflege zugestehen, dais er in der Wahl der Orte für seine
Jahresversammlungen viel G^chiok entwickelt. Nach Wiesbaden
und Weimar kam in diesem Jahre Bonn für die wiederum im un-
mittelbaren Anschlufs an die Pfingstfeiertage stattfindende Tagung
an die Reihe. Mufste die schöne Stadt am Rhein schon an und
für sich lebhafte Anziehungskraft auf die Mitglieder des Vereins
ausüben, so hatte dazu noch der OrtsausschuTs sein Bestes getan,
um den Besuchern des Kongresses den Aufenthalt in Bonn ange-
nehm zu machen. In den Räumen der Lese- und Erholungsgesell-
schaft fand der Verein einen schönen Saal mit guter Akustik für
seine Sitzungen. Ein Nebenraum enthielt eine Ausstellung der
neueren Litteratur auf dem Gebiete der Schulgesundheitspflege. Für
leibliche Erquickung nach und während der Arbeit war vorzüglich
gesorgt. Ein gemeinsames Abendessen am ersten Versammlungstage
und eine danach von der Stadt gespendete, anscheinend unerschöpf-
liche Erdbeerbowle, ein Ausflug in das romantische Siebengebirge
am Nachmittage des zweiten Verhandlungstages brachte die Kongreis •
besucher einander auch im ungezwungenen Austausch der Meinungen
näher. Eine Reihe von Sehenswürdigkeiten der Stadt waren den
Versammlungsteilnehmern kostenlos zugänglich gemacht, — kurz, es
waren alle äulseren Bedingungen für einen allgemein befriedigenden,
erfreulichen Verlauf der Tagung gegeben.
464
Leider stand das Bild, das die wissenschaftlichen Verhandinngen
lieferten, zu diesem Rahmen in grellem Gegensatz. Die Verhandlungen
hielten sich auf einem recht niedrigen, des Vereins nicht würdigen
Niveau. Es wurde mancher gute, ja herrorragende Vortrag gehalten,
es fielen in der Diskussion viele interessante und treffende Bemer-
kungen. Aber die an den Versammlungen des Vereins schon wieder-
holt von der Bedaktion dieser Zeüsehrifi wie vom Berichterstatter
getadelten und, wie sich der Vorstand des Vereins leicht überzeugen
kann, allgemein empfundenen Fehler der Verhandlungen machten
sich wieder in schlimmster Weise geltend: Die Überfdlle an Ver-
handlungsgegenstttnden, die Zerfahrenheit der Diskussion und die
Planlosigkeit der Verhandlungsleitung. Es soll am Schluijs des
Berichtes auf diese Verhältnisse des näheren eingegangen werden;
der Verein gräbt sich selbst sein Grab, wenn er nicht endlich ,,ferro
et igne** hier eine Radikalkur einleitet.
Wie stark der Besuch der Versammlung war, läüst sich nicht
genau angeben, da eine Präsenzliste im Gegensatz zur vorjährigen
Versammlung diesmal nicht ausgegeben wurde. Man kann die Zahl
der Teilnehmer, unter denen auoh einige Damen waren, beim Beginn
der Versammlung auf etwa 200 schätzen; später war sie weit geringer.
Die überwiegende Mehrzahl der Teilnehmer dürfte Bonn nebst der
BJieinprovinz gestellt haben. Jedenfalls war die Zusammensetzung
der Versammlung eine ganz andere als in Wieabaden und in Weimar;
einsohlieJalich des Vorstandes werden wenig mehr als 20 Herren
zugegen gewesen sein, die auch schon die früheren Versammlungen
besucht haben. Dieser Umstand ist insofern von Wichtigkeit, als
er die Gefahr nahe legt, daüs von den Diskussionsrednern, die an
den früheren Tagungen nicht teilgenommen haben und deren Ver-
handlungen daher nicht oder kaum kennen, leicht wieder Geg<Mi-
stände in die Debatte gezogen werden, die den Verein bereits lang
und breit beschäftigt haben. Es war dies in Bonn vielfiich zu be-
obachten, zum Schaden des Fortganges der Verhandlungen und leider
ohne dass der Vorsitzende immer in entschiedener Weise der Ver-
zettelung der Diskussion entgegen getreten* wäre.
Was die G-esamtmitgliederzahl des Vereins angeht, so bezifferte
sie der Vorsitzende in seiner Begrüssungsansprache auf etwa 1300,
während der Schriftführer sie später im Geschäftsbericht auf nur
etwas über 1000 angab, da 2 — 300 Mitglieder — wie das ja jedem
Verein geht — wieder ausgetreten sind. Immerhin ist die Zahl der
Mitglieder, auch wenn sie sich nur auf 1000 belaufen sollte, gegen
465
das Vorjahr um rund 250 gestiegen. Es kann das dem Verein
zeigen, wie zeitgemäis seine Bestrebungen sind und wie leicht es
ihm werden mufs, unter Benutzung der herrschenden Strömung
durch planvolle Arbeit etwas Positives auf dem Grebiete der Schul«
hygiene zu leisten.
Erster Tag.
Die Versammlung wurde durch eine Ansprache des Vereins-
Yorsitzenden, Professor Dr. med. et phil. GsiESBAGH-Mülhausen i. E.,
eröffnet. Die Entwicklung des Vereins wurde in ihr gebührend
hervorgehoben. 7 Ministerien, 42 Städte, 32 Gemeinden, 24 Schulen
und 14 Vereine seien Mitglieder. Zur diesjährigen Tagung seien
Vertreter je eines französischen, holländischen und schweizerischen
Sohwestervereins erschienen.
Auf Vorschlag des Vorsitzenden wurde ein Huldigungstelegramm
an den Kaiser gesandt, in dem die Versammlung ihren Dank für
das lebhafte Interesse des Kaisers an der Schulgesundheitspflege
aussprach. Später gelangte noch ein Telegramm an den GhroJisherzog
von Sachsen -Weimar zur Absendung, der am selben Tage nach
seiner Vermählung seinen Einzug in Weimar hielt und von der Ver-
sammlung dabei in dankbarer Erinnerung an die vorjährige Tagung
in Weimar begrüist wurde.
Es folgten dann 12 BegrüGsungsansprachen. Davon fielen neun
auf Vertreter von Ministerien, Behörden und Städten. Darunter
befand sich der Oberbürgermeister Spebitus von Bonn, der das
Interesse seiner Stadt an der Schulhygiene hervorhob. Seit langem
blühe in Bonn die Pflege des Sports; moderne Schulgebäude und
Turnhallen seien errichtet, Schulbrausebäder, Stottererkurse, Hand-
fertigkeits* und Haushaltsunterricht vorgesehen worden ; auch gehöre
Bonn zu den ersten deutschen Städten, in denen Schulärzte bestellt
worden seien. Femer sprachen Dr. med. MATHIEU-Paris für die
„Ligue des mädecins et des familles pour Tamälioration de l'hygiäne
phjsique et intellectuelle dans les ^coles^, Fräulein BABONJE-Amheim
für die „Vereeniging tot Vereenvoudiging van Examens en Onderwijs
te Amhem" und Erziehungssekretär ZoLLiNaEB für die „schweizeri-
sche Gesellschaft für Schulgesundheitspflege^.
Nach Abwicklung dieser Formalitäten trat die Versammlung,
etwa fünf Viertelstunden nach dem angesetzten Beginn der Tagung,
in ihre Verhandlungen ein.
Als erstes Thema war aufgestellt:
Sehnlgesundheitspflegre. XVI. 25
466
Der Lehrplan der kBhereii Sekilen ii Beriekmig siir ÜEterriekte-
hygiene. ÄnfUehes Befertt
Das Thema war von der Vereinigung niederrheinifioh-west-
fftÜBoher Kinderärzte zur Behandlung übernommen und von diesem
im Einverständnis mit dem Yereinsvorstand in drei Abschnitte zer-
legt worden, Ton denen je einer einem Referenten zugewiesen war.
Es sprach zuerst Dr. Kastenholz-KöIu über
Lehrstoffe uid Lehrziele einseUiefsUch der htaslichen
Schularbeiten.
Der Redner gab seine Meinung, allerdings ohne sie näher zu
begründen, dahin kund, dals bei den heutigen Lehrplänen der höhe-
ren Lehranstalten, wofern sie nur verständig angewendet würden,
unter Voraussetzung eines normalen Sohülermateriales von Über-
bürdung keine Rede sein könne. Man dürfe auch nicht zuviel an
Erleichterungen schaffen, weil man sonst der sozialen Gefahr einer
Verweichlichung und Verzärtelung der Jugend, ihrer ungenügenden
Stählung für die Kämpfe des Lebens anheim &lle. Die anscheinende
Überbürdung auf den höheren Schulen beruhe vor allem in der
Minderwertigkeit des ihnen zugeführten Sohülermateriales. An
graphischen Darstellungen, die auf Grund von Erhebungen über
eine groüse Zahl von Schulen und Schülern angefertigt waren, zeigte
der Vortragende, dafs von 100 Sextanern höherer Schulen nicht 10
die Schule vollständig durchmachen, das Abiturientenezamen bestehen.
60 vom Hundert der Sextaner erwerben nicht einmal das Einjährigen-
zeugnis. Das sei ein abnormer und änderungsbedürftiger Zustand.
Die Knaben, die noch vor Erlangung des Einjährigenzeugnissee ab-
gehen, erreichen überhaupt kein Lehrziel; dabei kommen sie sich
oft, weil sie eine höhere Schule besucht haben, für die ihnen nach
dem Abgang nur offen stehenden niederen Berufe als zu gut vor.
Auch die Schüler, die nur die Berechtigung zum einjährig-freiwilligen
Dienst erwerben, nicht das Abiturientenzeugnis haben wollen, sollten
lieber auf andere Schulen als die Gymnasien und Realgymnasien
gehen, da sie dort einen besseren Abschluls ihrer Ausbildung finden.
Redner behauptet, dals nach dem allgemeinen urteil der Lehrer
die dreijährige Vorschulbildung der höheren Schulen eine Über-
bürdung der Kinder darstelle. Hier werde schon der Grund für
die Überarbeitung und spätere geistige Minderwertigkeit vielfach
gelegt. Eine vierjährige Vorbereitung durch Elementar- oder
Mittelschulen verdiene entschieden den Vorzug.
467
Um minderbegabte Kinder, die den Fortschritt der besser rer-
anlagten nur hemmen, von den höheren Schnlen fernzuhalten, müsse
eine Instanz geschaffen Werden, die die Kinder bezüglich ihrer
Fähigkeiten vor dem Eintritt in die höhere Schule prüfe und be-
urteile. Eine solche Instanz könne am besten aus dem Klassen**
lehrer und dem Schularzt gebildet werden.
Der Redner rerbreitete sich dann eingehend über das bisherige
System der Schulärzte, das er nicht durchweg billigt. Die Schul-
ärzte müssten auf der Universität eine besondere Yjorbildung erwerben,
um ihren Aufgaben gewachsen zu sein, statt daJs sie wie bisher sich
privatim unterrichten müssen. Auch eine pädiatrische Ausbildung
sei für sie nötig, damit sie die geistige Leistungsfilhigkeit der Kinder
richtig zu beurteilen vermöchten. Die geringen Gehälter der Schul-
ärzte, die grofse Zahl der ihrer Fürsorge überwiesenen Kinder und
die um£eingreichen ihnen Übertragenen Aufgaben machen gründliche
Arbeit unmöglich und führen zu der Gefahr einer Diskreditierung
der Schularzttätigkeit überhaupt. .
Schlielslich sprach der Redner über die häuslichen Arbeiten.
Nach der Schulzeit solle zu Hause wohl Ruhe folgen, aber keine
die Sammlung störende und körperliche Ermüdung bewirkende
Erholung durch Spazierengehen u. . dergl. ; diese dürfe vielmehr
erst nach Beendigung der häuslichen Schularbeiten an die Reihe
kommen.
Seine Ausführungen führten den Vortragenden zur Aufstellung
folgender Leitsätze, die, wie auch alle späteren, der Versammlung
j[edruckt vorgelegt wurden:
1. Eine Überbürdung der Schüler der höheren Lehranstalten
durch den Unterrichtsplan an sich ist nicht als vorhanden zu be-
trachten.
2. Tatsächlich bestehende Oberbürdung beruht zum weitaus
gröJsten Teile in der geistigen Unzulänglichkeit der Schüler, zum
•anderen Teile in der zu grofsen Sohülerzahl der unteren Klassen
und der falschen Handhabung des Unterrichtsplanes durch einzelne
Lehrer.
3. Abhilfe kann nur geschaffen werden durch die Verminderung
der Seztanerzahl und durch Schaffung einer Instanz (Lehrer und Schul-
arzt), welche bei Beendigung der Vorstufenausbildung „ex officio''
den Eltern über die geistige Befähigung ihres Kindes Mitteilung
machen und. „Ratschläge^ zu dessen weiterer Ausbildung erteilen
eoUen, falls es einer höheren Lehranstalt überwiesen werden solL
25»
468
4. Zu dem Zwecke ist das Sohularztsystem weiter auszugestalten,
auf Mittel- und Yorsohuleu, eventuell auch auf die drei untersten
Klassen der höheren Lehranstalten auszudehnen.
5. Nicht völlig oder nur mühsam genügende Schüler der Vor-
stufen sind durch den Schularzt auf ihre geistige Leistungsfähigkeit
zu prüfen, falls sie einer höheren Lehranstalt überwiesen werden
soUen, und zwar durch mindestens zwei Untersuchungsmethoden.
Wie eine Vergleichung der Leitsätze mit dem Thema leicht
erkennen lässt, hatte der Redner sich in seinen Ausführungen von
seiner eigentlichen Aufgabe vieLEach entfernt. Das Hineinziehen der
Schularztfrage in die Erörterungen hatte der Vorsitzende bereits
während des Vortrages als vom Thema abschweifend gerügt. Über
die Lehrstoffe und Lehrziele der höheren Schulen fehlte in dem
Vortrage jede nähere Erörterung. Der Redner hatte sich wohl einer
solchen überhoben geglaubt, indem er den Satz als erwiesen hin-
stellte, dafs von einer Überbürdung in den höheren Schulen nicht
gesprochen werden könne. Gerade dieser Satz fand aber in der Dis-
kussion lebhaftesten Widerspruch von Seite der Mehrheit der Ver-
sammlung. Er wurde abgelehnt. Und da auf ihm die übrigen
Thesen des Referenten ruhten, so mulsten auch sie fallen. Freilich
kostete es mehrstündige Verhandlungen, ehe man zu diesem Ziele kam!
Zuerst gelangte in der Diskussion Stadtschulrat Bobnmakn-
Kassel zum Wort. Er focht die Beweiskraft der vom Redner vorge-
brachten Statistik über den Erfolg des Schulbesuchs der Sextaner an.
Viele Schüler der höheren Lehranstalten müisten vor Erreichung ihres
Zieles die Schule verlassen, weil der Geldbeutel der Eltern nicht
ausreiche; bei anderen wieder bestehe von vornherein nicht die
Absicht, die ganze Schule durchzumachen; wieder andere müisten
wegen Verschlechterung ihres Gesundheitszustandes abgehen. Wie
müslich es sei, über die Geistesgaben eines Schülers ein Urteil ab-
zugeben, lasse das Beispiel von Liebig, Gebvinus und anderen
späteren Gröfsen erkennen, die von ihren Lehrern für ganz minder-
begabte Knaben angesehen worden seien.
Stadtschulinspektor Mülleb -Wiesbaden erklärte es für einen
Vorteil, dafs man nicht gleich die Schularztfrage allgemein nach
einheitlichen Grundsätzen geregelt habe; so könne man Erfahrungen
sammeln, welche Art der Organisation die beste sei.
Oberrealschuldirektor HiNTZMANN-Elberfeld sprach sich dahin
aus, dafs entgegen den Ausführungen des Redners eine Überlastung
in den höheren Schulen tatsächlich obwalte. Zwar führe der offizielle
469
Lehrplan nur 80 bis 31 Stunden Unterricht die Woche an; dazu
träten dann aber noch die fakultativen ünterriohtsgegenstände — Sing-,
Zeichnen- und andere Standen, so daCs insgesamt 40 Stunden für
die Woche herauskämen. In Elberfeld habe man der Überlastung
unter dem Beifall der Schulärzte durch Abkürzung der Stundenzeit
auf 45 Minuten entgegen zu wirken versucht. Glaube man denn
übrigens, bei eitlen und törichten Eltern etwas erreichen zu können,
wenn man ihnen vorstelle, dals ihr Sohn sich geistig nicht zur Auf-
nahme in die Sexta einer höheren Schule eigne?
Bealschuldirektor Dörb - Frankftiri a. M. hielt in der nun be-
ginnenden Spezialdebatte über These 1 ebenfalls Überbürdung für
zweifellos vorhanden. Als Mittel dagegen seien Herabsetzung der
Stundendauer auf 40 Minuten nach dem Vorschlage von Dobnblüth,
sowie späterer Beginn und Einschränkung des Unterrichtes in den
fremden Sprachen in Erwägung zu ziehen.
Dr. med. Selteb - Solingen , der Vorsitzende der Vereinigung
niederrheinisch-westfälischer Kinderärzte, schlug vor, These 1 erst
nach dem Vortrage des Dr. Bensbübg, der weitere Erläuterungen
zu ihr bringen werde, zu diskutieren. Sein Antrag wurde aber vom
Vorsitzenden abgelehnt.
Dr. Helleb wünschte eine Erörterung darüber, worin die Über*
bürdnng zu suchen ist, ob in dem Umfange der häuslichen Arbeiten
oder in der Zahl der Unterrichtsstunden. Es frage sich, ob das
Lehrziel erreichbar sei, wenn man die Stunden kürze.
Geheimer Medizinalrat Dr. EüiiENBUBO-Berlin meinte, dals der
Begriff Überbürdung verschieden aufgefafst werden könne, und schlug
vor, die These 1 fallen zu lassen.
Eine Abstimmung über These 1 führte zu ihrer Ablehnung.
Realschuldirektor DöBB-Frankfart a. M. verzichtete auf die Auf-
stellung einer These im entgegengesetzten Sinne bis zu einer späteren,
besonderen Beratung.
Die Diskussion wandte sich zu These 2. Oberrealschuldirektor
HiNTZMANK-Elberfeld hielt dafür, dafs die Ursache der Überbürdung
in den zu hohen Anforderungen der Schule, jedenfalls nicht, wie die
These 2 wolle, zum „weitaus gröfsten** Teile in der geistigen Un«
zulänglichkeit der Schüler bestehe.
Sehr scharf sprach sich Bürgermeister Ocmo - Hagen gegen den
ersten und letzten Satz von These 2 aus; er erblickte darin Vor-
würfe, namentlich in dem gegen die Lehrerschaft gerichteten Satze,
die völlig ungerechtfertigt seien.
470
AIb man znr Beratung von Thaae 8 überging, hatte These 2
folgende Fassung erhalten: „Tatsichlioh bestehende Überbürdung
beruht zum Tefl in der geistigen UnznIftngUohkeit der Schüler,
zum Teil in der zu grolsen Sohülerzahl versohiedener Klassen^.
Nichts von dem, worauf vorher das gröJste Gewicht gelegt war,
nämlich die zu hohe Stundenzahl 1
In der Besprechung von These S wünschte zunftchst Dr. med.
KoBMAii-Leipzig die Streichung der EUammer „Lehrer und Schularzt^.
Dann entwickelte sich ein Intermezzo in G^talt einer Diskussion
über den Nutzen der Vorschule. Einige Redner äuiiserten sich als
Gegner der Vorschulen und hielten gemeinsame Elementarschul-
bildung als Grundlage auch der höheren Schule für das Beste.
Andere widersprachen dem ungünstigen Urteil über die Vorschulen.
Ein Vermittlungsvorschlag zielte auf „Umwandlung des dreijährigen
Vorbereitungskursus in einen vierjährigen ab*'. Diese Diskussion lag
ganz auüserhalb des Rahmens der These 3, die von „Vorstufen-
ausbildung^ spricht, ohne deren Art irgendwie zu berühren, war
aber durch AusführuDgen des Vortragenden bis zu einem gewissen
Grade motiviert.
Als die Debatte endlich zur These 3 zurückkehrte, machte
Realschuldirektor Reikmitlleb - Hamburg den Vorschlag, nur den
ersten Satz der These bis zu „Sextanerzahl*' stehen zu lassen. Auch
Geheimer Medizinalrat Dr. EuLENBuna- Berlin versprach sich den
meisten Erfolg von der Verminderung der Schülerzahl in den Erlassen.
Er stimmte der von Dr. med. Kosmak - Leizig geftulserten Ansicht
zu, dais der Schularzt nicht im stände sei, bei einigen kurz dauern-
den Untersuchungen über die Begabung eines Schülers sich ein
Urteil zu bilden. Dr. Koeman betonte weiter, dafs nicht das Lebens-
alter, in dem die Aufnahme ins Gymnasium stattfindet, sondern erst
die Körper und Geist so mächtig umwälzende Zeit der Pubertäts-
entwickelung die richtige Gelegenheit zur Abschätzung der geistigen
Anlagen biete.
Schularzt Dr. ScHLESnaraEB-Stra&burg i. E. hielt den Hausarzt
fär weit geeigneter zu einem Urteil über die Anlagen des Schülers
als den Schularzt.
Stadtschulrat Wehbh AHN-Hannover machte darauf aufinerksam,
dafs auch der erste Satz von These 3 entbehrlich sei, da in These 2
schon von der „zu grofsen Schülerzahl verschiedener EUassen'^ ge»
sprechen werde. Mit dem Rest von These 3 seien auch These 4
und 5 überflüssig.
471
Sohnlinspektor TiuM-BMen wUnschte in die Thesen Sätsse ein-
gefügt zu haben, die sieh fbr ipftteren Beginn des ünterriehtes in
den fremden Sprachen, Abkflnnng der Sohalstnndendaaer, Ver-
mindemng der hänsliohen Arbeiten, bessere Begelnng des Konflr*
manden- und sonstigen Nebennnterriohtes anssprttohen. Inzwischen
war aber ein Antrag von Btüigermeister Ouiro-Hagen eingegangen,
die Abstimmnng wegen mangelhafter Vorbereitung des Themas ab*
anlehnen, und dieser Antrag fand Annahme, entgegen einem Vor-
schlage yon Bealschuldirektor DöBBF-Frankfnrt a. M., erst die beiden
Mitreferenten des Dr. EASTximoLZ zu hören und dann neue Thesen
zu beschlielsen.
So verlief denn die stundenlange Beratung völlig im Sande.
Dals die Mehrheit der Versammlung eine Überbürdung in den
höheren Schulen annehmen würde, konnte man wohl schon im voraus
wissen. Aber worin sie besonders zu suchen ist, zumal ob in den
Lehrstoffen und Lehrzielen, von denen das Vortragsthema spricht,
und wie ihr zu steuern ist, darüber blieb die gleiche Unklarheit wie
vor dem Vortrage bestehen I
Es hielt nunmehr Dr. med. BEKSBUBO-Solingen einen Vortrag
über den zweiten Abschnitt des den Lehrplan der höheren Schulen
vom ärztlichen Standpunkte behandelnden Themas. Dieser zweite
Abschnitt betraf
Stmidenverteflug einscUiefslich des Nachmittagsnntemehtes.
Wesentliche neue Gedanken vermochte der Vortragende dem
sattsam in der Literatur verhandelten Gegenstände natürlich nicht
abzugewinnen. Er bemerkte, dals er Schulkrankheiten bei Kindern
nie vor dem 12. Lebensjahre gesehen habe. Bei der Verteilung der
Unterrichtsstunden verlangte er besondere Berücksichtigung der
Nahrungsaufnahmezeiten. Die englische Mahlzeitenverteilung erklärte
er für sehr zweckmäßig: morgens ein ausgiebiges erstes Frühstück,
zur Mittagszeit ein leichtes, zweites Frühstück und die Hauptmahlzeit
erst nach dem etwa nötigen Nachmittagsunterricht gegen den Abend
hin. Stundenpläne von höheren Schulen haben ihm gezeigt, dafs
noch oft die Verteilung der Unterrichts&cher auf die Unterrichts-
stunden falsch ist, dals z. B. Religionsunterricht in der ersten Stunde
dem frisch in die Schule kommenden Kinde erteilt wird, Rechen-
tmterricht dem abgespannten in der letzten Vormittagsstnnde.
AUe sonstigen Ausftihrungen des Redners von Belang ergeben
sich aus seinen folgendermalsen lautenden Leitsätzen:
472
1. Die Zahl der wiBseiiBchaftliohen Standen soll 30 in der
Woche nicht überschreiten; die Maximalzeit der untersten Yorschnl-
klasse beträgt 18 in der Woche; sie darf in der 2. nnd 3. Vorschol-
klasse 22 nicht übersteigen.
2. Die peinlichste und genaueste Beachtung der an die Stunden-
verteilung gestellten schulhygienischen Forderungen ist für die Vor-
schulen und unteren Klassen zu fordern; um dort eine zweckmäCsige
Verteilung möglichst unabhängig zu machen von anderen Büok>
sichten, ist der Unterricht dort möglichst von einem Lehrer zu er-
teilen. In der B>egel sollen dann die Unterrichtsgegenstände halb-
stündlich wechseln.
3. Die Zeiteinheit der Unterrichtsstunde übersteige nicht 45
Minuten.
4. Als Maximalzahl für den Vormittagsunterricht gelten fünf
Stunden, für Vor- Tmd Nachmittagsunterricht sechs Stunden.
5. Zwei Systeme der Stundenverteilung genügen den hygienischen
Anforderungen,
a) ausschlieüslicher Vormittagsunterricht, fünf Stunden nicht
überschreitend;
b) Beibehaltung des Nachmittagsunterrichtes unter folgenden
Bedingungen :
aa) zwischen Vor- und Nachmittagsunterricht ist eine Pause
von mindestens drei Stunden zu legen,
bb) die Einführung der englischen Mahlzeiten ist anzustreben,
cc) am Nachmittage sollen nur solche Fächer gelehrt werden,
die keine wesentliche häusliche Vorbereitung erfordern
und geistig wenig anstrengend sind.
6. Die einzelnen Unterrichtsfächer sind so auf den Tag zu ver-
teilen, dals die praktisch und experimentell als die am anstrengendsten
erkannten Untenichtsgegenstände in die ersten drei Stunden fallen.
Fächer, die eine grö&ere Inanspruchnahme der Eörpermuskeln be*
dingen, sind nicht hintereinander zu legen.
Schriftliche Arbeiten sind in den beiden ersten Stunden an-
zufertigen.
Die Turnstunde, die zwischen den übrigen Unterrichtsstunden
liegt, soll so erteilt werden, dafs sie erfrischt, nicht ermüdet.
7. Während der einzelnen Unterrichtsstunden bleibt es der Auf-
merksamkeit der Lehrer dringend anempfohlen, durch Abwechslung
einer etwaigen einseitigen körperlichen oder geistigen Ermüdung zu
steuern.
473
Die Thesen fanden im allgemeinen den Beifall der Versammlung.
Nötig erschien es nur, in Ziffer 4 nnd 5a zur Vermeidung von Mils-
verständnissen statt „Stunden^ „Zeitstunden'' zu sagen. Es wurde
darauf hingewiesen, dals mau bei Abkürzung der Schulstunde auf
40—45 Minuten gemäls These 3 bequem sechs Unterrichtsstunden
nebst Pausen in fünf Zeitstunden unterbringen und damit vielfach
den Nachmittagsunterricht entbehrlich machen könne, was allerseits
als wünschenswert angesehen wurde.
Stadtschulrat WEHSHAHN-Hannover hob, wie schon im Vorjahre
in Weimar, die Schwierigkeit hervor, die sich daraus ergibt, wenn
die kleinsten Schüler schon 20 Stunden Unterricht in der Woche
haben sollen. Es bleibt, da man die Kleinen nicht länger als drei
Stunden am Vormittag unterrichten kann, da nichts weiter übrig,
als selbst für sie schon den Nachmittag zu Hilfe zu nehmen.
Gestrichen wurde die These 5b/bb, nach der die Einführung
der englischen Tischzeit anzustreben wäre. Glegen sie wurde aus der
Versammlung geltend gemacht, dals die Möglichkeit fehle, nach dieser
Richtung eine Einwirkung auf die Gewohnheiten der Familien aus-
zuüben, dalls daher die These rein platonisch sein würde.
Nunmehr hielt Dr. med. Bey- Aachen seinen Vortrag über den
dritten Abschnitt des Thema „Lehrplan der höheren Schulen'^. Er
sprach über
Sehulanfang und Sehlafjseit, Erbolungszeit im Freien
und in der Familie.
Der Redner verbreitete sich besonders ausführlich über die Not*
wendigkeit, in den Zwischenpausen und der Freizeit durch gesund-
heitsgemäise Beschäftigung der Kinder ein Gegengewicht gegen die
vom Schulunterricht drohenden Gesundheitsgefahren zu schaffen.
Spielen im Freien während der Pausen sei das beste Mittel zur Ver-
hütung der Skoliose, des Nasenblutens und des Kopfschmerzes, der
drei häufigsten Folgen des Schulsitzens ; auch das Auge ruhe dabei
durch Sehen in die Feme aus. Er zog gegen den übertriebenen
Musikkultus, die Malstunden, den Alkoholgenufs und die gesundheits-
widrige Mädchenkleidung zu Felde, empfahl dagegen Pflege des
Turnens und des gesunden Sportes, des Badens, der Schulausflüge,
weiteren Ausbau des Handfertigkeitsunterrichtes, Gartenarbeit usw.
Besonderen Wert legte der Redner auf Anbahnung enger Be-
ziehungen zwischen der Schule und den Eltern durch Gründung von
Vereinigungen beider zum Wohle der Schüler.
474
Das Wesentlichste des Vortrages urnüassen die folgenden Thesen :
1. Die Festsetzung der Zeit des Schalanfiemges am Vormittag
ist für die höheren Schalen den Schnlvorständen zu überlassen, die
im Einvernehmen mit den Eltern unter Berücksichtigung aller
örtlichen, einschlägigen Verhältnisse den genaueren Zeitpunkt be-
stimmen.
2. Der Nachmittagsunterricht soll, wenn er nicht zu entbehren
ist, erst um 3 Uhr beginnen.
3. Zwischen den einzeluen Unterrichtsstunden ist in allen
Klassen eine Pause von 15 Minuten einzuschieben; diese Pausen
sollen auch von den oberen Klassen durch Spiel im Freien oder in
gedeckten Hallen ausgefüllt werden.
4. Schulbäder sollten bei Neubauten von höheren Schulen nicht
vergessen und in allen schon vorhandenen womöglich nachträglich
noch errichtet werden.
5. Das Schuljahr ist so zu verlegen, daiis es mit den grofsen
Sommerferien schlieist resp. nach denselben an&ngt. Die groüsen
Ferien sind in die heüse, für den Unterricht imfruchtbarste Zeit, in
den Juli und August, zu legen.
6. Die Gesundheitspflege der Schüler fUlt zum bei weitem
gröfisten Teile den Eltern zu; die Schule ist ohne Mithilfe der
Eltern machtlos. Daher sind zumal in grölseren Städten Vereini-
gungen von Eltern und Gönnern der Schulen, wozu selbstverständlich
das Lehrerkollegium gehört, zu gründen, die das bis jetzt fehlende
Bindeglied zwischen Schule und Haus herstellen und eine gegen-
seitige Ergänzung und Unterstützung zur Förderung des geistigen
und körperlichen Wohles der höheren Schüler ermöglichen sollen.
In diesen Vereinigungen können die Besprechungen über
Schulanfang und sonstige Einrichtungen, soweit sie in den Händen
lokaler Behörden liegen, besprochen und die Wünsche der Eltern
gehört werden.
Weiter sind sie geeignet, durch Vorträge von Lehrern imd
Ärzten über Verteilung der Arbeitszeit, der zweckmäfsigsten Erholimg,
Vermeidung von Überlastung, Alkoholgefahr u. s. w. die Gesundheits-
pflege der Jugend sehr zu fördern.
Endlich sind derartige Vereinigungen wohl eher im stände, fär
unsere Jugend die nötigen Spielplätze, gedeckte Hallen, Schulbäder
u. s. w. von den Behörden zu erlangen, als es den Vereinigungen für
Jugendspiele bisher gelungen ist.
475
Die Diskussion gab zunäohst dem Direktor Dr. BEYEA-Leipzig
OelegeDheit, sich in eingehender und anregender Weise über die
Erfahmngen zu au&em) die in Leipzig bei dem Versuche gemacht
worden sind, die Kinder während der Ferienzeit unter der Leitung
von Lehrern durch Wanderungen, Ausflüge, Spiele zu beschäftigen.
Diese Erfahrungen sind sehr günstige. Der Einfluls auf die Schüler
ist ein ausgezeichneter. Eine Entschädigung für ihre Mühe wird
den Lehrern in Höhe von fünf Mark für den Tag von einem Verein
mit Unterstützung der Stadt gezahlt. Der von Direktor Dr. Beteb
als besonders beherzigenswert hingestellte Gedanke» Schule und
Elternhaus in möglichst enge Verbindimg miteinander zu bringen zum
Segen der Jugenderziehimg, dieser G-edanke, über den die These 6
ebenfalls ausführlich sich ausläfst, stand im Mittelpunkte der weiteren
Diskussion. Einige Redner berichteten aus ihren Heimatsorten
Günstiges über die Bestrebungen zur Anbahnung solcher Verbindxmg,
so die Schulinspektoren TiMM-Essen und MÜLLEB-Wiesbaden ujid
Sektor LESSENTCH-Bonn. Andere hatten weniger gute Erfahrungen
gemacht. Einer Bemerkung des Dr. med. SELTEB-Solingen, dafs
in seinem Wohnorte gerade die Volksschullehrer fEbr die Gründung
eines hygienischen Vereins nicht zu haben gewesen seien, weil
sie das „Übergewicht der Ärzte nicht noch yergrörsem wollten",
hielt Stadtschulrat WxHBHAHK-Hannoyer mit Recht entgegen, dafs
man doch alle Äufserungen vermeiden möge, die das gute Verhältnis
zwischen Lehrern und Ärzten stören könnten. Derselbe Redner wies
auch darauf hin, dafs die Veranstaltung yon Ferienspielen u. dergl.
in erster Reihe eine Geldfrage sei; schaffe man Geld, so seien auch
Lehrer für die Leitung zu haben.
Nachdem einige Redner auch die in These 3 berührte Pausen-
frage wieder erörtert hatten, kamen die Thesen zur Annahme mit
der Änderung, dab an These 2 der Satz „und nicht auf wissen-
schaftliche Themata sich beziehen'' angehängt und in These 3 „eine
Pause von durchschnittlich 15 Minuten" gesagt wurde. — Damit
war das erste Verhandlungsthema erledigt.
Es folgte nun zunächst der Vortrag des Privatdozenten Dr. med.
H. PETBBSEN-Bonn über
Skoliose und Sehnle.
Der Redner führte ein paar Kinder mit ausgebildeter Skoliose
vor, gab dazu in frei vorgetragenen, flotten Ausführungen Erläute-
rungen und legte insbesondere Nachdruck auf die frühzeitige Er-
476
kennung der Büokgratsverkrümmnngen. Auch er hatte eine B^ihe
von Leitsätzen aufgestellt, die folgendermaüsen lauteten:
1. Die Schule soll das Mögliche zur Verhütung der Wirbel-
säulenverbiegungen leisten
a) durch aktive Gegenarbeit gegen die Entstehung, mit Hülfe
von Tuiiien und Tumspielen,
b) durch günstige Schulräume und Sitze, durch richtige Reihen-
folge der Lehrstunden,
c) durch Unterweisung der Lehrer über die hauptsächlichen
schlechten Angewohnheiten der Schulkinder beim Sitzen.
2. Die Schule soll die frühzeitige Entdeckung der Skoliose
herbeiführen,
a) indem bei der Aufnahme in die Schule alle Kinder obliga-
torisch durch den Schularzt untersucht werden,
b) indem diese schulärztlichen Untersuchungen aller Kinder in
regelmäßigen Zeiträumen — wenigstens jährlich einmal —
wiederholt werden,
c) indem die Lehrer, nachdem ihnen die Augen für diese Dinge
geöffnet sind, jedes Kind, das sich eine schlechte Haltung
angewöhnt, dem Schularzt zuführen.
3. Die Schule hat an ihrem Teil für die sofortige Behand-
lung aller Skoliosen zu sorgen.
a) Es müssen von Schulwegen an Stelle der sonstigen Turn-
stunden obligatorische Skoliosentumstunden — in entsprechend
vermehrter Zahl — eingerichtet werden.
b) Für die ohnehin schwächeren Skoliosenkinder muJB nach-
mittags ausgiebige Schulfreiheit — je nach dem Fall — ge-
währt werden, damit die Kinder vor und nach dem Turnen
die dringend notwendige Buhezeit haben.
c) Die Auswahl der Fälle erfolgt durch den Schularzt, die
zeitweise Kontrolle und richtige Auswahl der Übungen u. s. w.
muis womöglich spezialistisch vorgebildeten Ärzten übergeben
werden; namentlich die schweren Fälle werden solcher Be-
handlung bedürfen. Die entsprechende Vorbildung ist event.
leicht in grölseren Krankenhäusern nachzuholen.
d) Die Turnkurse werden in den vorhandenen Tumanstalten,
event. in Krankenhäusern an möglichst zahlreichen Orten ein-
zurichten sein, um eine Beteiligung der Kinder auch aus
Nachbarorten zu ermöglichen (event. Freifahrschein, zeitweises
477
Übersiedeln der Kinder in den Ort des Knrses, Anlernen
der Mütter etc.).
e) Als Leiter der Korse sind weibliche Kräfte zu beschaffen,
deren Ausbildung am besten in Krankenhäusern stattfindet
und kaum mehr als 6 — 8 Wochen erfordern wird.
f) Die Kosten des Lehrpersonals können unschwer durch ganz
kleine Beiträge der nicht ganz Unbemittelten, durch grOlsere
Normalsätze der Bemittelteren angebracht werden. Privat-
kurse für Wohlhabendere ergeben für die Unterhaltungskasse
und die Tumlehrerin wünschenswerte Nebeneinnahmen. Die
Kinder mittelloser Leute müssen alles umsonst haben.
g) Diese Aufgaben der Schule bedürfen besonders dringend einer
Ausdehnimg auch auf Privatschulen und Pensionate
unserer höheren Töchter.
Eine Demonstration der Tumeinrichtung und -Apparate, sowie
turnender Kinder in der Königl. chirurg. Universitätsklinik, setzte
der Bedner für den nächsten Nachmittag an.
Die Diskussion über den PEXEBSEKsohen Vortrag wurde yer-
schoben, um später mit der über die Vorträge von WiCEENHAaEN
und Schmidt und die Thesen von Endbis verbunden zu werden.
Für das nächste Verhandlungsthema
Der Sehnliurnnntemcht und die Bewegnngsspiele im Sinne
der Schnlhygiene
waren ein Schulmann und ein Arzt als Referenten bestimmt. Zum
Wort kam der vorgerückten Zeit wegen nur noch der eine Beferent»
Professor WiCEENHAaEN-Bendsburg. Sein Vortrag fand lebhaften
BeifieJl; sicher hätte die fein pointierte Bede, die zu lesen ein Ge-
nuJB sein muJB, noch erheblich grö&eren Eindruck gemacht, wenn
nicht die Aufnahmefähigkeit der Versammlung durch die Länge der
vorhergehenden Verhandlungen um 3 Uhr nachmittags bereits ziemlich
erschöpft gewesen wäre, zumal entgegen allen theoretischen Erörte-
rungen über die Notwendigkeit längerer Pausen während der Arbeits-
zeit den Kongrelsteilnehmern nur eine kurze Frühstückspause be-
willigt worden war.
Professor WiCKSKnAGEK beschränkte seine Ausführungen auf
das Turnen und die Tumspiele an den höheren Schulen. Den
Nachdruck legte er darauf, dafs das Turnen und Spielen nicht in
erster Linie einem Erziehungszweoke dienen solle, sondern die be-
wuüste Förderung der Gesundheit zur Aufgabe habe. Nach den
478
sohon von Ehnst Mobitz Abndt dargelegten Grandsfttzeii soll ihr
Ziel sein, den Körper zu üben» den Charakter zu bilden und
den Sinn für Unterordnung unter die Zwecke des gemeinsamen
Gtmzen zu fördern. Man dürfe nicht die Erziehung einer gesunden
Generation und die Entwicklung eines reichen Geisteslebens, wie es
so oft noch geschehe» als miteinander unvereinbare Ziele ansehen.
Die Turnhalle erklärte der Redner als unentbehrlich für unser
Klima. Der Sommer solle die Spiele, der Winter das Gerätturnen
fbrdem. Auch einer bis zu einem gewissen Grade militärischen Er-
ziehung der Jugend redete der Vortragende das Wort (Strammstehen
vor dem Lehrer u. dergl.). Sehr treffend hob er hervor, dais der
Nutzen der Bewegung im Freien nicht nur im Genüsse besserer
Luft, sondern auch in der Einwirkung des Sonnenlichtes, der
Schärfung der Augen sich geltend mache. Wie gering noch in
weiten Kreisen Literesse und Verständnis fär körperliche Leistungen
seien, zeige sich in der verbreiteten Überschätzung der antiken
sportlichen Taten, die zu erreichen oder selbst zu übertreffen unserer
heutigen Generation durchaus gelinge.
Der Vortrag gipfelte in folgenden Schlufssätzen:
1. Die körperliche Erziehung an den höheren Schulen hat in
ihrem Betriebe und bei der Wahl des Übungsstoffes mit den all-
gemeinen Aufgaben zu rechnen, welche einer wissenschaftlichen An-
stalt gestellt sind. Sie soll im besonderen darauf ausgehen, das
ganze Erholungsleben der Jugend zu veredeln.
2. Die Fassung der neuen preuisischen Lehrpläne, nach welchen
zunächst auf die leibliche Entwicklung und Stärkung der Gesundheit
Bücksicht zu nehmen ist, verdient volle Billigung.
3. Im Sommer steht das Bewegungsspiel und der Betrieb volks-
tümlicher Übungen im Vordergrunde, im Winter das methodische
Gerätturnen.
4. Es ist möglichst im Freien zu turnen; die Turnhalle ist
deshalb nicht zu entbehren.
5. Eine Vermehrung der drei Wochenstunden ist nicht anzustreben.
6. Gesunde sportliche Neigungen der Schüler im Rahmen der
Schule und ihrer Gesetze verdienen volle Förderung.
Mit dem Vortrage von Professor Wiokbnhagbn wurden die
wissenschaftlichen Verhandlungen des ersten Tages geschlossen.
Gegen 5 Uhr löste sich die Versammlung auf, um Besichtigungen
schulhygienischer Einrichtungen Bonns unter Leitung dortiger Fach--
leute vorzunehmen. Für die Besichtigungen kamen in Betracht
479
a) die städtisohe Doppeltamhalle (eine grobe duroh eine BoU-
wand teilbare Halle in unmittelbarer Verbindung mit mehreren
Scbulgebäuden),
b) die yierklassige Hilfigschule und ihre Lehrmittel, in der
Handfertigkeitsarbeiten der Unterstufe nach Fröbel und Modellier-
arbeiten der Mittel- und Oberstufe vorgefahrt wurden,
c) die Schule für Hauehaltungsunterricht,
d) eine neuerbaute Volksschule.
Alle Anlagen und Einrichtungen legten Zeugnis fiär das rege
Fortschreiten der Stadt auf dem Gebiete der Schulgesundheitspflege ab.
Zweiter Tag.
Der zweite Tag rief die Versammlungsteilnehmer trotz der lang-
dauernden Festsitzung des vorhergehenden Abends schon um 8 Uhr
auf den Plan, zunächst zur Beratung der geschäftlichen Angelegen-
heiten. Unter diesen stand die Neuwahl des Vereinsvorstandee im
Vordergrunde. Auf Vorschlag von Stadtschulrat Wehbhahk - Hau«
nover wurde der bisherige Vorstand durch Akklamation wieder
gewählt, im einzelnen wurden dann aber einige Veränderungen
seiner Zusammensetzung vorgenommen. So wurden die Herren
Beichstags- und Landtagsabgeordneter Sittabd - Aachen, Professor
Dr. SoHXTLLEB- Aachen und Lehrer Lauche -Halle, denen der Vor-
sitzende den Vorwurf mangelnden Interesses machte, gestrichen;
Lehrer Dr. HEBBEMOH-München wurde auf seinen Wunsch gelöscht,
Stadtschulinspektor Binkel- Wiesbaden war gestorben. Als Elrsatz
wurden in den Vorstand gewählt: Geheimer Hofrat Dr. WEYaoLDi:-
Karlsmhe, Stadtschulrat Wehbhahn - Hannover, Direktor Döbb-
Frankfnrt a. M., Dr. med. ScHMiDT-Bonn, Stadtschulinspektor Mülleb-
Wiesbaden und Lehrer ScHUBEBT-Leipzig ; femer wurde, um auch
den Osten vertreten zu haben, Schulrat Tbibukeit - Königsberg in
Aussicht genommen. Als Ehrenpräsident wurde auf Antrag des
Vorsitzenden der Prinz Dr. med. Lübwig Febdinand von Bayebn
erwählt.
Der kurze Kassenbericht zeigte keinen ungünstigen Stand der
Vereinsfinanzen. Soweit zu folgen war, standen Einnahmen von
6550 Mark (rund 4500 Mark Mitgliederbeiträge, 750 Mark Ein-
nahmen fOr die besonders zu bezahlenden Berichte über die vorjährige
Versammlung, der Best-Bestand vom Voijahre) Ausgaben in der
Höhe von 5001 Mark gegenüber, so dafs ein Überschufs von rund
500 Mark verblieb. Getrübt wurde dies erfreuliche Bild durch den
480
Umstand, dafs der Verleger der YereinszeitBchrift „Gesimde Jugend'',
B. (j-. Tenbner in Leipzig, behauptet, mit den ihm bisher zur Ver-
fügung stehenden Summen nicht auszukommen, weshalb eine Er-
höhung der Mitgliederbeiträge von 3 auf 4 Mark vorgeschlagen
wurde. Diese Erhöhung stieüs auf mancherlei Bedenken, so dab nach
längerer Beratung beschlossen wurde, zunächst erst einmal zu ver-
suchen, ob nicht Städte, Gemeinden und Vereine sich bereit finden
lassen möchten, freiwillig höhere Beiträge als bisher der Vereins-
kasse zuflielsen zu lassen.
Der Berichterstatter hat schon früher einmal {Hygienische Rund*
schau 1901, No. 16) sein Bedauern darüber ausgesprochen, daüs der
Verein eine eigene Zeitschrift zu gründen für nötig befunden hat,
anstatt sich an die Zeitschrift für Schulgesundheitspflege anzulehnen.
Er glaubt, sein Bedauern auch an dieser Stelle wiederholen zu
dürfen, da er keinerlei geschäftliche Beziehungen zu der Zeitschrift
fOr Schulgesundheitspflege hat, sondern nur in persönlicher Sympathie
ihrem Redakteur und Verleger nahe steht. Für den wissenschaftlicli
Arbeitenden, zumal für den, der auch auf anderen Gebieten als dem-
jenigen der Schulgesundheitspflege zu Hause sein muJB, hat jeder
Zuwachs an Zeitschriften etwas sehr Unerquickliches; statt eines
Blattes muls er nun zwei halten und lesen, um auf der Höhe zu
bleiben, und ist es denn nun gerade auf dem doch an Tmd für sich so
kleinen Felde der Schulhygiene nötig, in der „Gesunden Jugend '^ mit,
wie sich schon gezeigt hat, steigenden Kosten eine Zeitschrift zu
unterhalten, die doch keinerlei andere Zwecke verfolgen kann als
die seit vielen Jahren so vorzüglich eingeführte, vortrefflich geleitete
Zeitschrift für Schulgesundheitspflege? Es wäre nützlich und
dankenswert, wenn der neue Vorstand des Allgemeinen Deutschen
Vereins für Schulgesundheitspflege, an den weiter unten noch eine
Beihe fernerer Wünsche zu richten sein werden, der Frage einer
Vereinigung beider Zeitschriften einmal näher treten wollte I
Was die drei Ortsgruppen des Vereins in Berlin, Leipzig
und Mülhausen i. E. angeht, so wurden nur über die in Leipzig
einige Mitteilungen gemacht, aus denen hervorgeht, dafs sie fünf
Sitzungen abgehalten hat. Die Ortsgruppe in Mülhausen i. E. steht
nur auf dem Papier, da sie überhaupt nicht in Tätigkeit getreten ist.
Die nächstjährige Versammlung des Vereins soll in Nürnberg
stattfinden. Sie wird da nur einen Tag die Mitglieder des Vereins
für sich allein vereinigen, im übrigen aber aufgehen in dem ersten
internationalen Kongrefs für Schulhygiene, zu dem bereits
481
eine Reihe von Vereinen nnd Fachleuten ans versohiedenen europäischen
Ländern ihre Beteiligung zugesagt hat.
Als ersten Vortrag brachte der zweite Sitzungstag das Referat
des Dr. med. Schmidt -Bonn über das bereits am Tage zuyor von
Professor WiCKENHAGEN-Rendsburg behandelte Thema
Der Schulunterrielit und die Bewegungsspiele im Sinne der
Schulhygiene.
Die Ausführungen des Redners bezogen sich vor allem auf das
Turnen in den Mädchenschulen. 1862 noch abgelehnt, ist das
Mädchentumen in PreuTsen erst seit 1894 und nur in den höheren
Schulen eingeführt. Gerade fdr die Mädchen sind körperliche
Übungen wegen der Schlaffheit ihrer Muskulatur, besonders der
Rücken- und Bauchmuskeln, nötig; Skoliose ist bei Mädchen zehn-
mal häufiger als bei Knaben, Bleichsucht ist beinahe eine spezifische
Mädchenkrankheit. Übereinstimmend mit Axel Key fand Schmidt
durch Messungen zahlreicher Kinder, dafs das Wachstum der Mäd-
chen im 11. bis 14. Lebensjahre weit stärker ist als das der Knaben,
so dafs in diesem Alter eine Förderung ihrer körperlichen Kräfte
zur Yermeidimg der Entstehung you Stöningen sehr nötig erscheint.
Nach Messungen in Bonn betrug die Körperlänge in cm
im Alter von Jahren
6—7 7—8 8—9 9—10 10—11 11—12 12—13 13—14
beiMädchen 113,8 118,6124,8 129,0 132,3 137,3 143 147,0
bei Knaben 113,8 118,0 123,9 128,7 132,9 136,7 140 146,8
das Gewicht in kg im Alter yon Jahren
6—7 7—8 8—9 9—10 10—11 11—12 12—13 13—14
bei Mädchen 20,6 22,4 24,6 26,2 28,8 31,3 36,7 37,6
bei Knaben 20,2 23,2 24,9 26,4 28,8 31,5 34,0 36,4
Was der Redner für die Mädchen an Tum- imd Spielstunden
für nötig hielt, ergeben seine Thesen. Auch er kam wiederum auf
die Ferienspiele zu sprechen, denen er einen sehr grolsen Wert
beilegte. Die Stadt Bonn hat in ihrem Haushalt 3600 Mark jähr-
lich für Ferienspiele ausgesetzt.
Der Inhalt des von dem Vortragenden über die körperlichen
Übungen in den Fortbildungsschulen Gesagten geht ebenfalls aus
seinen Thesen hervor, die folgenden Wortlaut haben:
Schalgesundheiispflege. XVI. 26
482
I. Turnen nnd Spielen in den Volksmädcliensoliulen.
1. Das Tnmen der Mädchen in den Volksschnlen kat weniger
den Erwerb bestimmter körperlicher Fertigkeiten ins Auge zu fassen,
als gesundheitliche Ziele zu yerfolgen.
2. Die ungemeine Häufigkeit von Rückgratsyerkrümmungen und
von schlechter Haltung bei unseren Mädchen, ebenso wie die mit
beginnender Entwicklungszeit stetig zunehmende Blutarmut und
Bleichsucht weisen schon auf die hygienischen und physiologischen
Bedürfnisse hin, denen die körperliche Erziehung der Mädchen in
der Schule in allererster Linie zu begegnen hat
3. Geregelte turnerische Übungen (Freiübungen, Übungen an
der Bank, Hangübungen an der wagerechten und schrägen Leiter
sowie am Bundlauf ) sollen dem gesamten Skelett und der Musku-
latur kräftige Wachstumsanregungen geben. Lisbesondere ist die
Erstarkung der Bückenmuskeln sowie der Bauchmuskeln zu erstreben
und eine schöne gestreckte Haltung der Wirbelsäule sowie eine gute
Entfaltung des Brustkorbes zu sichern.
4. Solche Übungen in bestimmter Auswahl sind am besten
täglich Yorzunehmen, etwa 20 — 30 Minuten lang.
5. Zur gesunden Entwicklung der Atem- und Kreislauforgane
sowie zur Förderung der Blutbildung dient weiterhin regelmäfsige
reichliche Bewegung in freier Luft, bestehend in der Pflege munterer
Schrittarten, besonders des natürlichen Eilganges, des Sprunges, des
Laufes und insbesondere der Lauf- und Ballspiele.
Diese Übungen sind des Nachmittags an mindestens zwei Stunden
in der Woche vorzunehmen.
6. Neben diesen regelmäfsigen Übungen und Spielen während
der Schxilzeit sind für die Mädchen der Volksschulen in den Städten
noch von ganz besonderer Bedeutung die Ferienspiele, zu denen
die Mädchen tagtäglich während der Sommer- und Herbstferien wo-
möglich auf Waldspielplätze hinauszuführen sind.
n. Turnen und Spielen für die Fortbildungsschulen.
(Elaufmanns-, Fabrik- und Handwerkslehrlinge.)
7. Die Lehrlingszeit in der Fabrik, im Handwerk, wie zumeist
auch im kaufmännischen Beruf um&lst gerade diejenigen Lebens-
jähre, in welchen das für das gesamte Dasein entscheidende Wachs-
tum wichtigster Lebensorgane, nämlich der Lungen und des Herzens
sich vollzieht.
8. Wenn das zurzeit sich entwickelnde Fortbildungsschulwesen
483
nicht zu einer schweren Gefahr für die Oesundheit, die Arbeits-
ond Wehrtflchtigkeit weiter Yolkskrene sich gestalten soll, so mnfs
nicht nur unbedingt darauf verzichtet werden, die späten Abend-
stunden, sowie den der Erholung zu widmenden Sonntag für Fort-
bildungsunterricht in Beschlag zu nehmen, sondern es müssen auch
positive Ma&nahmen getroffen werden, um das heranwachsende Ge-
schlecht gesund, krftftig, frisch und arbeitstüchtig zu erhalten.
9. Zu diesen positiven Mafsnahmen zählen insbesondere regel-
mäfsige Leibesübungen: Spiele, Turnübungen im Freien, Märsche
und Ausflüge, Baden und Schwimmen.
10. Je durchgreifender und allgemeiner dies geschieht, um so
mehr wird es gelingen, weite Volksschichten widerstandsfthiger zu
machen gegen die V olkskrankheit der Tuberkulose, desto mehr wird
es weiterhin auch möglich sein, das Erholungsleben des Volkes
gesunder zu gestalten und so dem Alkoholmifsbrauch Schranken
zu setzen.
Es seien hier angefügt die Leitsätze des von Rektor Endbis-
Büdesheim angekündigten, aber nicht gehaltenen Vortrages über
Zweck, Arten, AnsflUiriuig und Mittel zur Verbreitung der
Jugend' ud Volksspiele.
1. Der hohe Wert der Jugendspiele für das leibliche und geistige
Wohl bei jung und alt macht deren Förderung durch den Allge-
meinen Deutschen Verein für Schulgesundheitspflege wünschenswert.
2. Zur Erreichung der Spielzwecke sind nur solche Spiele zu
wählen, welche die Körper- und Geisteskräfte zu fördern vermögen.
3. Es ist erforderlich, möglichst alle Kinder zur Beteiligung an
den Spielen anzuhalten und letztere grundsätzlich, regelmäfsig imd
in geordneter Weise unter sachkundiger Leitung auszuführen.
4. Gute Spielplätze sind eine unerläfsliche Forderung. Die viel-
fach abgeschlossenen Verschönerungsplätze sollten mehr zur Aus-
führung von Jugendspielen benutzt werden und nicht blols zur
Augenweide dienen. Die Schulspielplätze der Jugend müTsten auch
auTserhalb der Schulzeit zur Verfügung stehen.
5* Der Ausbreitung und Übung der Spiele ist es dienlich, den
Nachmittagsunterricht za beschränken, das Turnen auch für die
Mädchen obligatorisch zu machen, Jugend- und Volksspielvereine
zu errichten. Die Förderung der Jugendspiele gereicht der Ver-
breitung der Volksspiele zum Vorteil.
An diese Thesen schlofs sich folgender Antrag:
26*
484
Der Allgemeine Deutsche Verein für Sohnlgesundheitspflege
richtet an die Ministerien aller deutschen Staaten die Bitte, im
Interesse der Förderung der Gesundheitsverhältnisse der deutschen
Jugend
a) das Turnen für Mädchen möglichst allgemein yerhindlioh zu
machen und auch die Mädchenvolksschule davon nicht auszuschlieisen ;
b) unter tunlichster Beschränkung des Nachmittagsunterrichtes
an den schulfreien Nachmittagen einige Spielstunden einzurichten.
Der nun sich eröffnenden Diskussion wurden die Vorträge und
Thesen von Dr, Petersen, Professor Wiokenhaobn, Dr. Schmidt und
Rektor Endbis zusammen zu Grunde gelegt. Es beteiligten sich au
ihr zahlreiche Bedner, wie sich denn auch die Erörterungen über
verschiedene Gegenstände erstreckten.
Stadtschulrat Dr. ZwiCK-Berlin klagte über die oft zu beob-
achtende Entartung des Mädchentumens zu Beigen und Tänzelei en.
Es müsse Wert darauf gelegt werden, dafs auch während des Unter-
richts, sobald die Kinder eine schlechte Haltung zeigten, Körper-
übungen vorgenommen würden. Die Einrichtung von Ferienspielen
scheitern in Berlin mit seinen grofsen Entfernungen bisher noch an
der Platzfrage.
Bürgermeister Cono * Hagen gab der Ansicht Ausdruck, dafs
die Turnlehrer in nicht zweckmäfsiger Weise ausgebildet würden.
In der Zentraltumlehrerbildungsanstalt zu Berlin werde nur Unter-
richt in der Turnhalle erteilt, das Turnen und Spielen im Freien
nicht gepflegt.
Provinzialschulrat KLEWE-Coblenz wünschte eine Entscheidung
darüber, ob in den höhereren Töchterschulen vom fünften Schuljahre
an 30 Unterrichtsstunden zu viel seien, femer ob in Volks- und
höheren Schulen dieselbe Art des Turnens angebracht sei.
Mehrere Ärzte befürworteten besondere, von Fachleuten geleitete
Turnstunden für skoliotische Mädchen.
Dr. KoBMAN-Leipzig hob hervor, dafs den Mädchen beim Turnen
das Tragen von Korsetts verboten werden müsse ; allerdings mülsten
die den Turnunterricht erteilenden Lehrerinnen dabei mit gutem
Beispiel vorangehen.
Lehrerin Fräulein MEiNEOKE-Dortmund stimmte diesen An-
regungen bßi und hielt sie für durchführbar. Ebenso bejahte sie die
von anderer Seite angeregte Frage, ob Mädchen auch von Männern
Turnunterricht erteilt werden könne.
Dr. PETEBSEN-Bonn lenkte die Aufmerksamkeit darauf, dafs in
485
den PrivatmädcheDsoknlen die Stundenpläne oft weit über das o£5izielI
in ihnen enthaltene Pensum ausgedehnt würden und 2swar aus Kon-
kurrenzgründen, da die Eltern die Schulen bevorzugen, in denen am
meisten gelehrt wird.
Eine Spezialdiskussion der Thesen erfolgte nicht. Der Vor-
sitzende erklärte, dafs es nicht Aufgabe des Vereins sei, über die
Thesen (oder Thesen überhaupt?) abzustimmen. So blieb auch der
am Schluis seiner Thesen von Bektor Endbis gestellte Antrag un-
berücksichtigt.
Alsdann hielt Professor Dr. med. Finkleb « Bonn seinen Vor-
trag, dessen Thema lautete:
Der hygienische Unterricht in der Schule
Jeder Mensch, führte der Bedner aus, mufs soviel von hygieni-
schen Dingen kennen, dais er weüs, wie er sich zu verhalten hat,
um seihst gesund zu bleiben und nicht zur Ursache von Erkrankungen
Anderer zu werden. Die Vorteile für den Staat, wenn Krankheiten
verhindert werden und die Lebensdauer wächst, liegen auf der Hand.
Es fragt sich nun, was ist dazu an Kenntnissen nötig, und wie sind
sie dem Schüler zu vermitteln? Erforderlich ist bis zu einem gewissen
Grade Kenntnis des menschlichen Körpers und seiner Organe nebst
ihren Funktionen. Nicht zweckmäfsig ist aber der Weg, dem Elinde
ähnlich wie dem Studenten der Medizin den Bau und die Ver-
richtungen des Körpers bis ins einzelne auseinanderzusetzen, dann
ebenso eingehend die pathologischen Zustände klar zu machen und
deren ursächliche Verhältnisse zu erläutern. Empfehlenswert ist es
vielmehr, die Gefahren, die der Gesundheit durch äulsere Einwir-
kungen drohen, und die Mittel zu deren Abwehr die Kinder kennen
zu lehren. Die beste Gelegenheit für solche Unterweisung bietet
sich da, wo in irgend einem Unterrichts£Eu»h von Dingen die Bede
ist, die gesundheitliche Bedeutung gewinnen können. So lassen sich
z. B. im naturgeechichÜichen Unterricht, wenn vom Wasser oder
von der Luft gesprochen wird, ohne jeden Zwang Erörterungen
darüber anschlielsen, wie und wodurch Wasser und Luft Gesund-
heitsgefahren bedingen können. Ln Bechenunterricht lassen sich
Aufgaben von hygienischer Bedeutung einflechten, z. B. über den
Ventilationsbedarf, die Ejraft, die zum Aufwirbeln von Staub nötig
ist und so fori Nur wenige Gegenstände blieben so für einen
besonderen biologischen Unterricht übrig; es würden dazu etwa die
486
yerhäli;ni886 der Ernährung, einiges ans der Statistik nnd sonst
noch dieses nnd jenes gehören. Um eine richtige Einordnung des
hygienischen Unterrichtsstoffes in den sonstigen Lehrplan ssn erreichen,
wird am besten eine besondere Kommission einzusetzen sein.
Die Diskussion über diesen gedankenreichen Vortrag, zu dem
Leitsätze nicht aufgestellt waren, wurde gleich durch den ersten
Bedner in der Debatte, Professor Dr. med. FiiESCH-Frankfurt a. M.,
auf Abwege gelenkt. Im Auftrage des Deutschen Vereins zur Be-
kämpfung der Greschlechtskrankheiten sprechend, bemühte sich der
Kedner darzulegen, dafs es von hervorragender Wichtigkeit sei, den
Kindern vor Verlassen der Schule Aufklärung über die Qefahr der
ansteckenden Geschlechtskrankheiten zu geben. Von Seiten der
Lehrer wurde auf die Schwierigkeiten hingewiesen, die eine der-
artige Belehrung der Kinder durch den Lehrer darbiete. Ein Antrag
ging dahin, es möge sogar der Wortlaut für die zu erteilende Auf-
klärung genau festgelegt werden.
Nebenbei verlor sich die Diskussion nach einer zweiten Rich-
tung, indem man nämlich wieder auf das im yorigen Jahre zu
Weimar auf das ausführlichste behandelte Thema, „die Ausbildung
der Lehrer auf hygienischem Gebiete'', kam und auch wieder die
Frage berührte, ob Ärzte oder Lehrer die Kinder unterrichten sollten.
Hervorzuheben wären aus diesem Teil der Debatte nur die Mit-
teilungen des Geheimen Obermedizinalrats Neidthabbt* Darmstadt,
denen zufolge in den Lehrerseminaren des Grolsherzogtums Hessen
durch die beamteten Ärzte hygienischer Unterricht erteilt wird, ohne
dafs die Hygiene jedoeh wie bisher Prüfungsgegenstand ist; dafs
ferner in Giefsen für die Lehrer besondere hygienische Vorlesungen
gehalten werden. Der Vorsitzende wünschte auch für die höheren
Lehrer bessere Unterweisung in den Dingen des Gesundheitswesens.
Soweit schliefslich die Diskussion mit dem Vortrage des Pro-
fessor FiNKLBS sich beschäftigte, stimmte sie allgemdn den in ihm
gemachten Darlegungen und Vorschlägen zu. Es wurde darauf
hingewiesen, daJs man noch mehr als bisher hygienische Gegenstände
in den SchuUesebüchem behandeln könne und solle, wobei Dr. Ken-
HAN-Leipzig mit Recht verlangte, dais dann solche Lesestücke nicht
von Lehrern, sondern von Ärzten verfällst würden.
Die schon sehr vorgeschrittene Zeit brachte es mit sich, dafs
die beiden nun noch folgenden Vorträge nur in stark abgekürzter
Form gehalten werden konnten. So kamen die Auseinandersetzungen
des Seminardirektors Dr. PABST-Leipzig über
487
Deutsche und englische Schnlerziehnng
Yom hygienischen Standpunkte ans betrachtet,
ein Thema, das ausführlichste Erörterung verdient hätte, nicht mehr
zur richtigen Geltung. Der Bedner mulste, ohne zu einer in die
Tiefe gehenden Kritik Zeit zu haben, sich darauf beschränken, nur
einige ihm besonders wesentlich erscheinende Punkte hervorzuheben,
in denen die englische Unterrichtsmethode von der deutschen ab-
weicht. Er legte dar, dals die englische Sohulerziehung der deutschen
in hygienischer Hinsicht überlegen ist und zwar
a) in gewissen Formen der äuÜBeren Einrichtungen, der Schul-
ordnung und Disziplin.
Der Eedner führte hier u. a. an : das Vorhandensein besonderer
Kleiderablagen, einer Wascheinrichtung auf je 25 Kinder, belehrender
Bilder als Schmuck der Sohulräume, zur Erholung dienender Plätze
auf den Dächern; die Kinder haben während des Unterrichts Freiheit
in der Körperhaltung, das Sitzen mit gefalteten Händen kennt
man nicht.
b) in der Verteilung der Unterrichtsstunden, Pausen, Ferien u. s.w.
(Dauer der Unterrichtsstunde */« — V* Stunde; vier Stunden am Vor*
mittag, zwei am Nachmittag, Frühstüok in der Schulküche);
c) in der Auswahl und Art des Betriebes bestimmter Unter-
richtsfächer (experimentell-praktischer Unterricht in den Naturwissen-
schaften, Elementarunterricht, manueller Unterricht, Zeichnen, An-
tiqua, Steilschrift u. s. w.)
Bedner erläuterte die verschiedenen Unterrichtsziele in Deutsch-
land und England kurz. In England lege man weniger Wert auf
die Erwerbung einer grofsen Summe von Wissen, als auf die Er-
weckung der Beobachtungs- und AuffassuDgsfähigkeit. Als Beispiel
erwähnte er das Zeichnen, das in England sehr früh nach Gegen-
ständen der Natur erfolgt, während in Deutschland bei der Sorge
um peinliche Exaktheit der Zeichenunterricht eher den Namen
Badierunterricht verdient. Eine Beihe vorgelegter Unterriohtspläne
verdeutlichten den Bildungsgang des englischen Volksschülers.
Erwähnenswert erscheint die Mitteilxmg des Bedners, dais 1901
in London seitens der Mäfsigkeits- und Enthaltsamkeitsvereine
35000 Vorträge vor 3800000 Schulkindern gehalten worden sind;
über das Vorgetragene hatten die Schüler dann Aufsätze zu schreiben.
d) in der Pflege der turnerischen Spiele und anderer Körper-
übungen.
488
«
Die Vorliebe des Engländers für den Sport ist bekannt. Redner
erinnerte an den Aussprach WELLiNaTONs, dafs auf den Spielplätzen
von Eton die Schlacht von Waterloo gewonnen worden sei, und das
Wort RosEBESBTS, dafs dort noch viel mehr gewonnen worden sei.
Die Diskussion über den Vortrag, sehr kurz wegen des Zeit-
mangels, brachte einigen Protest gegen seine Bevorzugung der
englischen Erziehungsweise, sonst aber keine neuen Gedanken.
Hak über Eopf hielt dann noch Dr. med. Seltes - Solingen
seinen Vortrag über
Schule und Kleidung.
Er hatte aber eigentlich nur Zeit, die für den Vortrag präpa-
rierten Bonmots vorzubringen, wie denn auch die Diskussion zu
diesem Vortrag nichts Wesentliches zeitigte.
Als Leitsätze hatte Dr. Selteb folgende aufgestellt:
1. Pflicht der Schule ist die Bekämpfung gesundheitswidriger
Kleidung, und zwar nicht nur des Wesens (Reinlichkeit, Einfachheit),
sondern auch der Art derselben.
2. Als besonders schädlich erweisen sich bei der jetzigen
Bekleidungsmode a) Schuhwerk, b) Halskragen, c) Schnürleib bezw.
um den Leib befestigte Kleidungsstücke.
3. Als Kampfmittel stehen der Schale zu Gebot: a) Belehrung
beim Unterricht, bei Inspektionen, beim Schulbad, b) Schulstrafen,
c) das Beispiel der Lehrpersonen.
Damit war, da der Vortrag des Dr. med. KoBMAK-Leipzig über
Alkoholhygiene in der Schule ausfiel, die Tagesordnung er-
schöpft, und nach einem Dank an den Vorsitzenden ging die Ver-
sammlung auseinander.
*
Fragt man sich nach dem Ergebnis der umfeuigreichen und für
alle Beteiligten recht anstrengenden Verhandlungen, so sieht das
Bild, wie schon eingangs angedeutet wurde, recht traurig aus. Das
Ergebnis ist, wenn man ehrlich sein will, so ziemlich gleich Null.
Eine Vereinigung von Fachleuten auf dem Gebiete der Schul-
hygiene, wie sie der Allgemeine Deutsche Verein für Schulgesundheits-
pflege darstellt, hat ihre Aufgabe nicht damit erfüllt, daJis sie ihre
Mitglieder alle Jahre einmal zusammenruft, ihnen Gelegenheit bietet,
interessante Vorträge zu hören und darüber dann etwas hin- und
herzureden. Wenn der Verein seinen Zweck richtig auffalst, so
489
jnjxis er dahin streben, anf die über die Schule verfügenden Be-
hörden und Verwaltungen Einfluls zu gewinnen. Das erreicht er
aber nicht durch das, was Herr Professor Ebismann vor zwei Jahren
mit dem schonenden Worte „Ostentation" bezeichnete, nicht durch
Umbuhlen der mafsgebenden Stellen und auch nicht durch noch so
schöne oratorische Darbietungen, sondern allein durch positive
Leistungen, die ihm Ansehen und seiner Stimme Gewicht ver*
schafifen. Der Verein muis dahin streben, über die wichtigen, unsere
Zeit bewegenden Fragen der Schulhygiene wohldurchdachte, klare,
präcise Beschlüsse in seinen VersammluDgen herbeizuführen. Geht
er darauf aus, und erreicht er dies Ziel, so wird ihm das Interesse
und das Wohlwollen der Behörden, um das er jetzt etwas krampf-
haft und ängstlich wirbt, ganz von selbst werden.
Die vorjährige Versammlung schien einen guten Schritt auf der
rechten Bahn vorwärts zu bedeuten; die diesjährige hat die Hoff-
nungen enttäuscht. Ihr Müserfolg — denn ein solcher liegt nach
Ansicht aller Teilnehmer, die der Berichterstatter über ihre Meinung
hören konnte, unzweifelhaft vor — erklärt sich aus den nach drei
Sichtungen hin bemerkbaren Mängeln der Organisation des Vereins
und seiner Verhandlungen, aus den Fehlem nämlich, die bei der
Vorbereitung der Verhandlungen begangen werden, den Fehlem, die
in der Leitung der Verhandlungen zum Ausdruck kommen, und den
Fehlem, die bei der Ausbeutung der Verhandlungen sich geltend
machen.
Die Fehler, die bei der Vorbereitung der Verhandlungen
in die Erscheinung treten, liegen vor allen Dingen in der mangelnden
Selbstbeschränkung des Vereins, in der mangelnden Geschlossenheit
seiner Tagesordnungen. Die Schulhygiene umfafst ein Verhältnis-
mäüsig recht kleines Gebiet. Und wiederum stehen aus diesem Ge-
biete nur verhältnismäfsig wenige Fragen im Vordergrund des Inter-
esses. Bisher hat der Verein versucht, seinen Versammlungen An-
ziehungskraft durch ein möglichst reichhaltiges, vielseitiges Programm
zu geben. Das Ergebnis ist gewesen, dals kaum eine Frage
gründlich durchberaten, bis zu einer völligen Klärung der Meinungen
durchgeführt worden ist. Vielmehr hat sich das Bedenkliche jeder
übergrofsen Vielseitigkeit, nämlich Oberflächlichkeit, als Besultat
ergeben.
Will man etwas Gutes schaffen, so setze man nur einen, höchstens
zwei wichtige Gegenstände als Verhandlungsthemata auf die Tages-
ordnung, nehme sich die nötige Zeit, um sie nach allen Bichtungen
490
erschöpfend zu behandeln, und fasse über sie Beschlüsse, die deutlich
die Auffassung der Mehrheit der Vereinsversammlung darthun.
Werden aufser diesen vom Vorstände zu bestimmenden Yerhand-
luDgsgegenständen von privater Seite noch andere Themata in Vor-
schlag gebracht, so unterscheide man bereits im Programm solche
„angemeldeten"' Vorträge von den durch den Vorstand beschlossenen
und gebe ihnen nur dann Raum» wenn sich für sie noch Zeit er-
übrigen l&lst.
Alle RefcTenten müssen Leitsätze aufstellen, die als Grundlage
der Diskussion zu dienen haben. Falsch ist es aber, wenn die Leit-
sätze, wie es bisher der Fall war, erst im Augenblick des Vortrages
dem Vorstand und der Versammlung zur Kenntnis kommen. Sie
müssen vielmehr schon lange vor der Versammlung dem Vorstand
vorgelegt, von diesem kritisch geprüft und wenn nötig im Ein-
verständnis mit dem Referenten geändert imd dann mindestens einige
Wochen vor der Versammlung den Vereinsmitgliedern in der Vereins-
zeitschrift bekannt gegeben werden, damit jeder Zeit hat, sie genau
zu durchdenken.
Dais eine solche Regelung der Dinge notwendig ist, wird nach
dem Verlauf der diesjährigen Versammlung wohl niemand leugnen
können. Am wenigsten der Vorsitzende, der es als eine wahre Er-
lösung zu betrachten schien, als bei der Beratung der Thesen zum
ersten Vortrag (Dr. Kastenholz) der Antrag gestellt wurde, die
Besprechung „wegen mangelnder Vorbereitung^ abzubrechen. So
etwas darf nicht vorkommen, wenn der Vereinsvorstand seine Auf-
gabe richtig auf- und anfafst.
Und nun betrachte man einmal die Thesen zu den Vorträgen
von Dr. Ret und Dr. Rensbubg, über die von der Versammlung
Beschlufs ge&fst wurde. So einwandsfrei sie an sich ihrem Sinne
nach sind, entsprechen sie dem zu behandelnden Thema? Ist denn
der Grrundsatz, die Unterrichtsfächer ihrer Schwere nach auf die
Schulstunden zu verteilen, eine Besonderheit der höheren Schulen,
von denen die Vorträge der Tagesordnung nach doch allein handeln
sollten? Ist die Anbahnung von Beziehungen zwischen Elternhaus
und Schule, wie sie die durchaus beachtenswerte These 6 von Dr.
Ret empfiehlt, eine Eigenheit der höheren Schulen und nicht noch
vielmehr nötig bei den Elementarschulen? Gehört die These 3 zum
Vortrage des Dr. Ret, in der die Durchschnittsdauer der Pausen
festgelegt wurde, überhaupt zu dem behandelten Thema? Erinnerte
sich der Vorstand nicht, dais im Vorjahre zu Weimar eine vom Ge-
491
heimen MediziDalrat Dr. EüLENBüBG-Berlin aufgestellte These (No. 7,
ygl. diese Zeitschrift 1902, S. 314) angenommen worden ist, die schon
yiel genauer das Nämliche besagt? Steht es nicht mit These 3 des
Dr. Eensbttbo und These 5 des Dr. Bey ganz ebenso? Die Fragen
liefsen sich endlos ausdehnen. Nur folgende Inkonsequenz sei noch
erwähnt: Im Yoijahre wurde beschlossen (a. a. O., S. 316, Gesunde
Jugend, III. Band. Ergänzungsheft, S. 133): „Zwischen Vor- und
Nachmittagsunterricht mufs, wo letzterer noch besteht, eine Pause
Yon mindestens zwei Stunden sein'\ Dieses Jahr wurde beschlossen
(Thesen von Dr. B.en8BUBG 5b/aa): „Zwischen Vor- und Nach-
mittagsunterricht ist eine Pause von mindestens drei Stunden zu
legen". Welches ist nun die wahre Meinung des Vereins?
Wer sich die Mühe nehmen will, die Thesen zu den übrigen
Vorträgen ebenfalls kritisch und yergleichend zu durchmustern, wird
finden, dafs auch sie manches enthalten, was nicht zum Thema
gehört, und anderes, was früheren Beratungen des Vereins nicht
entspricht.
Für die mangelhafte Vorbereitung der Verhandlungen dürften
die angeführten Beispiele genügen. Ganz abgesehen sei dabei noch
von der Wiederholung mancher Themata fast in jeder Versammlung,
die doch zumindest als überflüssig bezeichnet werden muis.
Als zweiter Fehler wurde die tadelnswerte Leitung der
Verhandlungen gerügt. In jeder Versammlung hat es sich gezeigt,
dafs bei der Diskussion die Neigung besteht, abzuschweifen, Dinge in
die Erörterung zu ziehen, die dem Thema fernliegen, Dinge, die
bereits durch andere Beratungen der Versammlung erledigt sind. In
dem vorstehenden Bericht ist wiederholt auf solche Abwegigkeiten
der Debatte hingewiesen worden. Die Erklärung für sie liegt ja
sehr nahe. Wer etwas Besonderes zu sagen zu haben glaubt, der
sucht es anzubringen, wo es irgend geht. Dieser Versuchung erliegt
er um so leichter, wenn er nicht weiis, was der Verein schon früher
verhandelt hat. Hier mufs der Vorsitzende mit aller Entschiedenheit
einschreiten ; Verzettelung der Diskussion bedeutet Tod der Verhand-
lungen. Wie ausführlich war z. B. im vorigen Jahr über die hygienische
Ausbildung der Lehrer beraten worden I Aber man erwartete ver-
gebens das „Halt^ des Verhandlungsleiters, als Kedner, die den vor-
jährigen Sitzungen nicht beigewohnt hatten, wieder in der Debatte
auf diese Frage eingingen I
Der dritte Fehler besteht darin, dafs aus den Beschlüssen des
Vereins kein Nutzen gezogen wird. Wer etwas gutes hat, mufs
492
es auch der Welt sagen, lautet der Wahlspruch des amerikanischen
Geschäftsmannes. Möge sich auch unser Verein ihn aneignen! Be-
schlüsse, die er gefafst hat, soll er auch den malfigebenden Stellen
als Material unterbreiten. Auf seine wiederholte Frage, was denn
aus den vorjährigen Beschlüssen des Vereins zur Pausen- und Ferien-
frage geworden sei, eine durchaus gerechtfertigte Frage, die der Vor-
stand beantworten mufste, erhielt Direktor DÖRB-Frankfurt a. M.
keine Auskunft!
Für jeden, der sie sehen will, liegen die Fehler des Vereins
klar zu Tage. Sie ungeschminkt sich vorgehalten zu sehen, wird
dem Vorstand des Vereins vielleicht nicht angenehm sein, aber ein
Vertuschen kann hier nichts helfen. Der Berichterstatter hegt zu
dem jetzt durch Kräfte von bewährter Tüchtigkeit ergänzten Vor-
stande das Vertrauen, dafs er sich keiner Selbsttäuschung hin-
geben, die begangenen Fehler erkennen und sie verbessern wird.
Die Verhältnisse liegen für schulhygienische Fortschritte heute gün-
stiger als je. Allerorten regen sich Schulbehörden und Gremeinden,
überall in der Öffentlichkeit ist die Schulgesundheitspflege Trumpf!
Schwingt der Verein aber nicht kräftiger und zielbewufster seine
Faust als bisher, so wird das Eisen erkalten, ehe er es in die ge-
wünschte Form gezwungen hat!
Altxutxt iUitteilttitQeit.
Ist der Unterricht im Turnen eine leichtere, angenehmere
Arbeit als der wissenschaftliche? Bezüglich dieser Frage, welche der
Verein der ungarischen Tarnlehrer an die Sektion ungarischer Schulärzte und
Lehrer der Hygiene richtete, wurde auf Vorschlag des Referenten folgendes
Gutachten angenommen:
Der erireuliche Fortschritt, welcher in den letzten Jahren auf dem
Gebiete des Turnunterrichtes konstatiert werden kann, ist wohl dem Um-
stände zu verdanken, dafs man in der gymnastischen Erziehung eine
geeignete Methode zur Femhaltung der geistigen Überanstrengung erkannt
hat. In der Tat wird durch Turnen die Arbeitsfähigkeit, Kraft und Aus-
dauer der studierenden Jugend erhöht, die geistige Erziehung sozusagen
ergänzt, indem den Schülern eine Zerstreuung geboten wird, welche den
ermüdeten Geist erfrischt und ihm Erholung gewährt. Jedenfalls wäre es
aber ganz unrichtig, hieraus zu folgern, dafs der Turnunterricht eine an-
493
genehmere nnd leichtere Arbeitsleistung sei, als der wissenschaftliche
Unterricht.
Den Beweis hierfür könnten wohl am besten jene Lehrer bringen, die-
aniser dem wissenschaftlichen Unterricht anch deigenigen im Tnmen be-
sorgen. Es kann sich aber auch jedermann sonst davon überzeugen, daia
ein korrekt durchgeffihrter Turnunterricht bedeutend anstrengender ist, als
das wissenschaftliche Lehren, weil er eine viel gröfsere Aufmerksamkeit
beanspracht. Der Turnunterricht verlangt eben, wie jeder praktische-
Unterricht, eine ganz besondere Umsicht. In der Turnstunde muls nämlich
der Lehrer nicht nur den Turnenden volle Aufmerksamkeit schenken und
in jedem einzelnen Falle beurteilen, wieviel Kraft und Geschicklichkeit
vom Schüler zu erwarten wäre, sondern gleichzeitig müssen auch die gerade
nicht Turnenden (Ruhenden) ständig beobachtet werden, was bei 30 — 50
und oft noch mehr, zumeist lebhaften Schülern eine durchaus nicht leichte
Aufgabe ist.
Mit gehörigem pädagogischen Sinn und Takt die notwendige Ordnung
und Disziplin in einer solchen Stunde aufrecht zu erhalten, in welcher die
Furcht vor einer schlechten Note keine Rolle spielt, und alle im Zaum zu
halten, die im jugendlichen Übermut mit ihren Kameraden um die Wette-
streiten und die Ordnung zu stören trachten, ist unbestreitbar eine recht
ermüdende und mit geistiger Anstrengung verbundene Arbeit.
Dazu kommt noch insbesondere die grofse Verantwortung bezüglich
der körperlichen Integrität, welche einen Lehrer der wissenschaftlichen
Fächer kaum je berührt und jedenfalls eine gespannte Aufmerksamkeit
erfordert; endlich auch die Aufgabe, die Lust an den körperlichen Übungen
zu wecken, den Schülern Mut und Gefallen einzuflöfsen, den Unterricht
mannigfach variierend, genufsreich und nützHch zu machen, was ebenfalls
eine recht mühsame und erschöpfende Arbeit ist.
Die irrige Ansicht, dafs der Unterricht im Turnen leichter und be-
quemer sei, als der wissenschaftliche, gefährdet das moralische und materielle-
Interesse der Turnlehrer und ist nur dazu geeignet, ihren gesunden Ehr-
geiz zu verringern und sie miiämutig zu machen, wodurch dann der Tum-
nnterricht leicht oberflächlich und erfolglos wird.
Nebenbei erwähnt fäUt dem Turnlehrer aulser der geistigen Arbeit
auch eine ganz beträchtliche Anstrengung des Körpers, namentlich der
Lungen zu, insbesondere wenn der Betreffende, wie es zumeist geschieht,
mehrere Klassen nacheinander unterrichten mufs.
In Betracht der Bedeutung, welche die Sektion der körperlichen Er-
ziehung unserer Jugend zuschreibt, halten wir es somit für das Gedeihen
der letzteren als höchst schädlich, wenn die amtliche Tätigkeit der Turnlehrer
nicht die gehörige Anerkennung findet, während andererseits aus ganz ge-
rechtfertigten Gründen dem Turnunterricht gegenüber immer gröfsere An-
sprüche und Prätentionen gestellt werden.
(Mitget. von Dr. W. GENEBSiCH-Budapest.)
Znr EliminieranK gesnndheitsgehädlicher Einflösse des Schnl-
l^ebSlldes« In Schulen, welche keinen besonderen Schularzt haben, sollten
zur Beseitigung gesundheitsschädlicher Umstände folgende vom Landes-
Tereine in Ungarn angenommene Vorschläge berücksichtigt werden.
494
Eine nnzweckmäfsig gebaute nnd schlecht eingerichtete Schule gefährdet
beständig die Gesundheit der Schüler, sowie auch des Lehrers. Da die
Mehrzahl der Schulen zurzeit noch der fachgemälsen Ratschläge eines
Schularztes entbehren, möge der Landesverein fOr Hygiene die Schul-
behörden und Lehrer darauf aufmerksam machen, dafs im Schofse des
Vereins eine Sektion von Schulärzten und Lehrern der Hygiene existiert,
die im Aufforderungsfalle über alle wichtigeren Fragen der Schulhygiene,
z. B. betreffend Bauten oder Umbauten, Auswahl der Schulbänke, Heizung,
Ventilation, Beleuchtung etc., ein fachgemäfses urteil abzugeben bereit ist.
Bemerkt wird jedoch, dafs unser Verein hierdurch nicht etwa die
Anstellung yon Schulärzten überflüssig machen wiU; er hält dieselbe im
Gegenteil für unbedingt notwendig und will mit seinem Anerbieten biob
bezwecken, dafs, so lange noch nicht sämtliche Schulen unter einer ständigen
hygienischen Aufsicht gebildeter Schulärzte stehen, dem jetzigen abnormen
Zustande nach Möglichkeit abgeholfen werde.
(Mitget. yon Dr. W. GxKEBSiCH-Budapest.)
Besondere Leibesfibungen Ar engbrfistige Kinder. Die Stadt-
verordneten in Leipzig haben unlängst nach einer Mitteilung des „Leip0.
Tagebl.'* den Antrag an den Rat gerichtet: „Zu erwägen, ob die von den
Schulärzten zu untersuchenden, an Engbrüstigkeit leidenden und unter dem
Verdachte erblicher Tuberkulose stehenden Volksschüler nicht zu be-
sonderen, ihrem körperlichen Zustande entsprechenden Leibesübungen heran-
zuziehen seien." Der Rat hat nunmehr in dieser Angelegenheit folgenden
Vorschlägen des gemischten Schulausschusses zugestimmt: 1. Ein besonderer
Turnunterricht an engbrüstige und tuberkuloseverdächtige Kinder soll ein-
geführt werden, jedoch nicht in besonderen Turnstunden auf Kosten der
Freizeit der Kinder, sondern in den Turnstunden ihrer Klasse in einer
Nebenriege, sofern überhaupt der Fall eintritt, dafe die AUgemeinübung
der Klasse nicht geeignet ist, die betreffenden Kinder daran teilnehmen zu
lassen. 2. Die Kinder sollen zu häufiger Wiederholung der zweckdien-
lichen Tumbewegungen in freier Zeit außerhalb der Turnhalle in guter
Luft angehalten und über tiefes Ein- und Ausatmen belehrt werden; Atem-
gymnastik soll auch in den Singstunden getrieben werden. 3. um die
besonderen Nebenunterrichts bedürftigen Schulkinder zu ermitteln, sollen
die in die fünfte Schulklasse eintretenden Kinder mit entblöfstem Ober-
leibe vom Schularzte untersucht werden. 4. In den ersten bis vierten
Klassen werden die des Nebenunterrichts bedürftigen Schulkinder in der
Weise ermittelt, dafs Klassen- oder Turnlehrer dem Schularzte die ihnen
als engbrüstig oder tuberkulös erscheinenden Kinder zur Untersuchung be-
zeichnen. Um eine gleichmäfsige Beurteilung in den einschlägigen Fragen
herbeizuführen, wird Herr Obermedizinalrat Dr. Sieg-el eine Besprechung
mit den Schulärzten abhalten. Bei Bildung und Unterweisung der Neben-
riegen wird übrigens so verfahren werden, dafs den Kindern jedes Greiühl
der Zurücksetzung erspart bleibt.
Ferien- nnd Stadtkolonien in Zwickau. Im Jahre 1902 wurden
in Zwickau 56 dürftige Schulkinder (25 Knaben u. 31 Mädchen), von 165
durch die Lehrer als erholungsbedürftig bezeichneten, in die Ferienkolonien
geschickt. Der Aufenthalt dauerte vom 19. Juli bis 13. August. Die
495
durchschnittliche Gewichtszonahme hetnig bei den Knaben 1,752 kg, bei
den Mädchen 1,888 kg, die Lfingenznnahme bei den Knaben 1,0 cm, bei
den Mädchen 0,7 cm. Die Gesamteinnahmen beliefen sich anf 5868,95 Mark,
die Ansgaben auf 2261,85 Mark. — Dem Berichte des Lehrers B. Juno-
HAK8 (yfZwick. WchbL*") entnehmen wir auTserdem folgendes:
Für solche erholungsbedürftige, arme Kinder, die nicht mit in die
Ferienkolonien ausgesendet werden konnten, wurde eine „Stadt- und
Milchkolonie" eingerichtet. An dieser beteiligten sich 22 Knaben und
49 Mädchen. An 24 Tagen (21. Juli bis 16. August) erhielten die
Stadtkolonisten im Saale der Einfachen Bürgerschule 11 täglich SO Liter
gute, abgekochte Müch. Nach dem Genüsse derselben unternahmen sie
anter Aufsicht eines Schuhnannes Spaziergänge in die Umgebung der Stadt,
zweimal in der Woche wurde ihnen auch ein Frühstück, bestehend in
Brötchen und Würstchen, verabreicht. Der Besuch der Stadtkolonie war
ein ziemlich regelmäfsiger, und das Betragen der Kolonisten ein sehr gutes.
Der regehnäGsige Genuls der Milch und die Bewegung in freier Luft übte
eine günstige Wirkung auf das Wohlbefinden der Kolonisten aus. Die
durchschnittliche Gewichtszunahme betrug 0,75 kg. Die Führung der
Stadtkolonisten hatten ohne Entgelt übernommen auf je acht Tage zwei
Schuldirektoren und auf 14 Tage der Berichterstatter.
Schule und kSrperiiehe Eniehnng in Sehottlaiid, Der Bericht
einer königlichen Kommission für Schottland über den dortigen Stand der
Leibesübungen stellt fest, dals nicht nur Volks-, sondern auch höhere
Schulen diesem Gegenstande mehr Sorgfalt widmen mü&ten, ja, daCs die
körperliche Ausbildung auf den Universitäten ungenügend sei. Es wird
geraten, Schulärzte anzustellen, um eine geordnete Statistik einzuführen
und regelmäfsige Schulbesichtigungen vorzunehmen. — y^The Laneet^ stimmt
dem bei und bemerkt dazu, dafs es töricht sei, anzunehmen, England sei
die Pflegestätte körperlicher Kultur, um die andere Völker es beneiden
mülsten. Viel Zeit und Geld werde auf die Ausbildung einzelner aus-
gesuchter Kräfte verwendet, deren Erfolge blendeten, während es auf die
gleichmäfsige Ausbildung der Gesamtheit ankomme. Doch müsse England
z. B. bei Deutschland und der Schweiz in die Lehre gehen. Für gemein-
same Übungen aller, nicht für öffentliche Schauleistungen einzelner Kraft-
menschen, würdß dort erfolgreich gesorgt. Nicht besondere Instruktoren
seien auszubilden, die gewöhnlichen Schullehrer seien heranzuziehen, so
werde Einseitigkeit vermieden, Übertreibungen vorgebeugt, Beständigkeit
gewährleistet. (Mitget. von Dr. SiEVEKiNG-Hambnrg.)
Ein Hiftpfliehtfall Yor Gericht im ^Pädag. Wochehbl.*' (I.April
1903) teilt E. FiSGHEB folgenden Fall mit, den wir seiner prinzipiellen
Bedeutung halber hier wiedergeben. Er wird wesentlich zur Beruhigung
der Lehrer und Schulleiter beitragen.
Im Februar 1901 rutschte ein elfjähriges Mädchen einer Hamburger
Volksschule beim Betreten des Schulhofes während der Pause plötzlich aus
und fiel so unglücklich hin, da(s es sich das Unterkinn erheblich verletzte
und drei Vorderzähne ausschlug. Eine Anzahl Glitschen bedeckten den
Schulhof; nur ein Plattenweg war von Eis und Schnee freigehalten und
mit Asche nach Vorschrift bestreut. Der Vater des Kindes forderte vom
496
Hamburger Staat einen Schadenersatz, nnd zwar entweder eine lebensläng-
liche Rente von Mk. 100 jährlich, oder eine einmalige Abfindungssumme
von Mk. 1800. Da der Staat diese Fordemng ablehnte, reichte der Vater
beim Landgericht die Klage mit folgender Begründung ein:
^£s sei fehlerhaft, dafs auf dem Hof nicht wie an anderen Volks-
schulen bei Winterglätte Sand gestreut sei. Ein Verstofe liege auch darin,
dafs den Eandem nicht das Glitschen verboten sei. Es liege bei alledem
ein Verschulden sowohl der Oberschulbehörde vor, die es an den erfordere
liehen Anweisungen habe fehlen lassen, wie des Hauptlehrers, der die Kinder
überhaupt nicht hätte auf den Hof lassen dürfen ; für beides habe der Staat
aufzukommen. **
Das Landgericht wies die Klage ab, nachdem eine Reihe von Zeugen
über den Zustand des Schulhofes vernonmien.
Begründung: Die Oberschulbehörde habe nicht etwa jede einzelne
erforderliche Mafsregel anzuordnen, vielmehr sei hier dem Ermessen der
Schulleiter Spielraum gelassen. Das treffe besonders in diesem Falle zu.
Es liege aber auch kein Verschulden des Hauptlehrers vor. Eigentliches
Glatteis habe nicht geherrscht, und der Zustand des Schulhofes sei nicht
gefahrdrohend gewesen. „Allerdings sei die Möglichkeit, dafs ein Kind
faUe, bei Glätte selbstredend gröfser, als wenn der Hof völlig eisfrei ge-
wesen sein würde; aber eine solche Möglichkeit bestehe im Winter eben
überall und würde es nicht rechtfertigen, die Kinder in den Schulräumen
zu halten und ihnen frische Luft und Bewegung zu nehmen.^ — Es sei
nicht erwiesen, dafs die Glitschen an dem Unfall schuld seien. Selbst wenn
das der Fall wäre, hätte man doch keinen Grund, etwas gegen das all-
gemein verbreitete Wintervergnügen des Glitschens einzuwenden, wenn es,
wie auf dem Schulhofe, eben unter Aufsicht und in geordneter Weise er-
folge. Gegen diese Entscheidung legte der Vater Berufung beim Ober-
landesgericht ein. Dieselbe wurde mit folgenden sehr beachtungswerten
Ausführungen verworfen:
„Es liege keineswegs im Interesse der Kinder, sie innerhalb der
Schullokalitäten mit zu grofser Ängstlichkeit vor jeder leichten Gefahr, die
der Verkehr auiserhalb der Schule, auf dem Eise und auf der Strafse ihnen
täglich entgegenbringe, zu behüten und sie dadurch zu verwöhnen und zu
verzärteln. — Ein vollständiges Bestreuen der Schulhöfe würde geradezu
unzweckmäfsig sein, weil es ein so beliebtes und gesundheitlich zuträgliches
Wintervergnügen, wie das Glitschen, unmöglich mache. Dafs dabei ge-
legentlich ein Kind falle und zu Schaden kommen könne, sei freilich richtig.
Dieselbe Möglichkeit bestehe aber beim Schlittschuhlaufen und Schneeball-
werfen, ja, beim Springen und Turnen. Wohin würde es führen, wenn man
die Kinder durch Verbot aller dieser Spiele vor jeder Gefahr behüten wollte^
statt sie durch Zulassung derselben gewandt und geschickt zur Vermeidung
der Gefahr zu machen.*'
Zur Frage der Spntnmbeseitignng in der Schule. Vielleicht
versucht eine Schule den folgenden Modus in einer oder der anderen
Klasse mit gröiseren Schülern: Der Lehrer gibt dem Schüler, welcher an
Husten mit Auswurf leidet, vor dem Unterricht eine Anzahl etwa quartblatt-
grofser Stücke Makulatur und einen entsprechend grofsen Papiersack mit
497
4er Aaffordemng, jedesmal zum Ausspucken ein frisches Blatt Papier m
nehmen, das Sputum dort einzuhüllen, ohne sich die Finger zu beschmutzen,
das benutzte Papierblatt in den Papiersack zu stecken und diesen ent-
sprechend zu verwahren. Am Schlüsse des Unterrichts legt der Schttler
den Sack, und eventuell unverbrauchtes Papier, auf einen ihm bezeichneten
Ort, und der Schuldiener verbrennt täglich die betreffenden Säcke samt
Inhalt. Inwieweit die naheliegenden Einwände gegen dieses wohlfeile Ver-
fahren vollberechtigt sind, mflCste der Versuch ergeben, dem eine Belehrung
über den Zweck der Ma®d vorausginge. — Möglicherweise w&re diese
Art der Sputnmbehandlung unter besonderen Umständen auch von Phthisikem
tiberhaupt zweckmäfsig anwendbar.
Mit diesem Vorschlag soll selbstverständlich nicht gegen die Auf-
stellung oder das Auf hängen hygienisch korrekter Spucknäpfe, noch gegen
die Benutzung der Spuckfläschchen gesprochen werden.
(Mitget. V. Dr. Leo BuBGBBSTEiK-Wien.)
ünbewilffte einsoüi^e &ehSf8ehwSeke. Eine einseitige Schwäche
des GehOrs braucht einem gar nicht zum Bewufstsein zu kommen, weil das
Andere Ohr den Mangel ersetzt. Gerade die schwersten Erkrankungen des
Mittelohrs und Trommelfelles fähren, weil sie durchweg schmerzlos ver-
laufen, den Kranken gewöhnlich erst zum Arzt, wenn es zu spät ist.
Dr. E. Feux in Bukarest („JDa Sem. miä,^, No. 13, 1902) untersuchte in
der Poliklinik des Hospitals Coltza alle Hber 15 Jahre alten, wegen anderer
Leiden dort Hilfe Suchenden. Er fand unter 1050 Personen (606 M.,
444 Fr.) 290 mit Ohrleiden behaftet, darunter nur 9 doppelseitig;
alle mit Ausnahme dieser 9 und 18 anderer hatten keine Ahnung von
ihrer Gehörschwäche. Das rechte Ohr allein war krank bei 171 (121 M.,
60 Fr.), das linke allein bei 110 (66 M., 44 Fr.).
Während des Schuljahres 1902/1903 untersuchte F. in sechs Primar-
schulen Bukarests 1038 SchtÜer (571 m., 467 w.). Er fand bei 327
(31,50%) davon Ohrleiden, nämlich bei 178 (31,17%) Knaben und 140
(31,90%) Mädchen. Nur bei 9 davon war das Leiden ihnen selbst
oder dem Lehrer aufgefallen. 95,33% der Ejranken wufsten also nichts
Ton ihrer Krankheit. Bei 177 Knaben und 165 Mädchen fanden sich
bei Fingemntersuchung adenoide Rachenvegetationen, deren ursächlicher Ein-
fluls auf Ohrleiden bekannt ist. 22 bezw. 26 verweigerten die Unter-
suchung. Auf die Altersklassen verteilen sich die Kranken, wie folgt:
7— 8 Jahre: 45 Knaben, 32 Mädchen
8— 9 „ 52 , 60
9-10 „ 25 „ 27
10-11 „ 26 „ 22 „
11-13 , 29 „ 24
Der Qualität nach waren unter sämtlichen Schülern 89 sehr gut, 251
gut, 441 mittelmäfsig, 257 schlecht. Die beiden ersten Stufen zählten
26,17% Ohrkranke und 28,52% mit adenoiden Wucherungen Behaftete,
die beiden letzteren deren 34,09% bezw. 35,10%.
Ohrfeigen und Ohrzwicken sollten vermieden werden; vor allem aber
sollten Nase und Rachen bei allen Infektionskrankheiten besonders sorg-
SehulgeBundheitopflege. XVI. 27
498
fältig desinfiziert und überhaupt die Ohren stets sorgfältig gereinigt werden.
Hier kann die Schule durch Belehrung viel helfen. Alle 14 Tage etwa
müTsten die Ohren ebenso vor dem Schlafengehen mit warmem Wasser aus-
gespttlt und etwaige fester haftende Schmntzteile mit einem um ein Streich-
holz gewickelten Wattetupfer entfernt werden. Alles weitere ist vom Übel.
Schwache Schüler sollten zum Ohrenarzt gewiesen und überhaupt alle beim
Eintritt in die Schule ärztlich untersucht werden.
(Mitget. Y. Dr. SiEVEKiKO-Hamburg.)
Über MifsstSnde der Schnlbedflrfiiisaiistalieii in Berlin sprach
unlängst in der Sitzung des „Berliner Vereins für Schulgesundheitspflege''
Dr. med. Bebnhabd. Nach den Ausführungen des Vortragenden haften
den Bedürfnisanstalten der neuesten Berliner Gemeindeschulen der Gesund-
heit der Schulkinder schädliche Mängel an. Die Aborte sind yom Schul-
gebäude entfernt untergebracht, unterliegen keiner Beaufsichtigung während
ihrer Benutzung, keiner hinreichenden Reinigung und bieten nicht einmal
Waschgelegenheit. Abgesehen davon, dafs die Kinder sich dort selbst über-
lassen sind, Unfug treiben, Sitzbretter und Wände beschmieren, bilden die
Aborte den Ort der Übertragung ansteckender Krankheiten in höherem
Ma&e, als man gemeinhin annimmt. EUerzu kommt, dafs die Isolierung
derselben vom Schnlgebäude die Kinder im Winter und bei rauher Witte-
rung Erkältungskrankheiten aussetzt. Der Vortragende forderte für die
Aborte mindestens während der Pausen, wo deren Benutzung grols ist, eine
Überwachung, vielleicht durch eine angestellte Frau (wie in den öffentlichen
Bedürfnisanstalten), femer die Reinigung der Sitzbretter nach jeder Be-
nutzung, Klosettpapier und Waschgelegenheit. Die Pissoirs mülsten mit
Ölspülung eingerichtet werden. Diese Forderungen liefeen sich erfQllen, und
die Kosten dürften nicht allzu hoch sich gestalten. Auch das an einigen
Schulen bestehende Verbot, dafs die Schulkinder während des Unterrichtes
austreten, könne zu schweren gesundheitlichen Nachteilen fähren.
In der Diskussion über den Vortrag führte Dr. BoncHABB-Charlotten-
burg aus, dafs in den Charlottenburger Schulgebäuden die Aborte an das
Schulgebäude angeschlossen sind und gleichfalls durch Zentralheizung er-
wärmt werden. Der üble Geruch werde durch Doppeltüren vom Schul-
gebäude vollkommen fern gehalten. In den neuen Schulgebäuden sind in
allen Etagen in den Korridoren Klosetts angebracht. — Sanitätsrat
Dr. Habtmann bezeichnete das Verbot des Austretens während des Unter-
richts, falls es bestände, für eine Grausamkeit. Sache der Schulärzte werde
es sein müssen, festzustellen, ob die Ansteckungsgefahr durch die Aborte
so grofs ist, wie der Vortragende angegeben. — Professor Dr. Baginskt
bemerkte, dafs die gesundheitliche Ausgestaltung der Aborte in den Schulen
eine sehr ernste Sache sei. Die Ausführung nach den Wünschen der Ärzte
werde aber nicht so leicht vor sich gehen; er sei vor Jahren schon für
diese Forderungen in seinem Buche eingetreten. Als es der verstorbene
Minister Gossleb gelesen, habe er ihm gesagt: „Das ist sehr schön, das
habe ich fUr die ostpreufsischen Schulen auch verlangt, bin aber zufrieden
gewesen, dafs ich überhaupt Aborte erreichte, bis dahin gingen die Schul-
kinder auf den Misthaufen"*. Eine Reform unserer Schulaborte sei allein
schon der Reinlichkeit wegen geboten. Die Einführung von Waschgelegen*
499
heit in den Aborten müsse mit aller Energie dnrchgefohrt werden, daza
gehörten auch Handtach und Seife.
Ffir die Organisation der Zahn- nnd Mundpflege in den Schulen
haben die Altonaer Zahnärzte einen wichtigen Schritt getan, indem sie
sich, wie die „Bamb. Nachr.*^ melden, bereit erklärten, Schulkinder, deren
Angehörige unbemittelt sind, unentgeltlich zu behandeln. Die Hamburger
Zahnärzte haben sich diesen Bestrebungen bereits angeschlossen. Man hofft,
dafs nun auch die Altonaer Behörde den vom Verein der Zahnärzte aus-
gesprochenen Wunsch Rechnung tragen und demselben einen passenden
Raum, in welchem die Kinder behandelt werden können, kostenfrei zur
Verfügung stellen wird.
um die KSrperpflege in der Midchenyolksschnle zn heben,
ersuchte der Landesyerband preufsischer Lehrerinnen den Kultusminister
Dr. Studt, das Turnen und Spielen als verbindlichen Unterrichtsgegenstand
in den Plan der gesamten weiblichen Volksschulen einzuftlhren. Zur Be-
grfindnng wird, wie das y^L^ß, Tagebh^ berichtet, folgendes vorgebracht:
In weitaus den meisten Volksschulen des Landes erhält der weibliche
Teil der Schu^ugend noch heute, entgegen dem männlichen Teil und den
Zöglingen der weiblichen höheren Lehranstalten, nur eine rein geistige und
manueUe Erziehung. Von verschiedenen Seiten ist auf die schlimmen Folgen
dieser einseitigen Erziehungsweise, die sich von Generation zu Generation
bemerkbarer machte, hingewiesen worden, und die ärztlichen Statistiken
lassen erkennen, dafs die Schädigungen, die der durch die Jahre des
Wachstums dauernde Sitzzwang mit sich führt, nach und nach eine wirk-
liche Gefahr für die unteren Volksschichten wird. Gerade aber die Frauen
dieser Stände bedürfen der Kraft und Gesundheit in doppeltem Mafse,
gehen sie doch meist einem arbeitsreichen und harten Leben entgegen, das
sie körperlich viel besser gerüstet finden müfete, als sie es jetzt sind.
Wird die Frau aus dem Volke gesundheitlich fester, so gewinnt nicht nur
sie, sondern in aufsteigender Linie der Stand, das Volk, der Staat. Die
furchtbare Sprache, welche die ärztlichen Erhebungen reden, und die eigene
Anschauung und Überzeugung läfst die Fach- und vielleicht auch die
wissenschaftliche Lehrerschaft längst nach einem Ausgleich der direkten
Folgen des heutigen Erziehungsmodus an den Mädchenvolksschulen suchen,
und auch der Zentralausschuiis zur Förderung der Volks- und Jugendspiele
und vor allem die Ärzte erachten die Hinzufügung der regelmäfsigen Be-
tätigung der Körperkraft zum heutigen Lehrplane für notwendig, ja un-
erläfslich. In anderen Reichsstaaten hat man das Turnen der Volksschüle-
rinnen obligatorisch gemacht, und auch in Preulsen sind einige Behörden
mit der Einführung des pfiichtmäfsigen Turnens und Spielens vorgegangen,
aber eine wirkliche und dauernde Änderung zum Besseren ist nur von
einer allgemeinen Regelung von mafsgebender Stelle aus zu erwarten.
Dieser Anregung ist es wohl zu danken, dals neuerdings von den
Regierungen durch die Kreisschulinspektionen umfassende Erhebungen an-
gestellt werden, die ermitteln sollen, inwieweit den Volksschülerinnen eine
körperliche Kräftigung zu teil wird, ob und in welcher Weise das Mädchen-
tumen in den Volksschulen durchführbar sei, und welche finanziellen Aufwendun-
gen den Gemeinden aus dieser obligatorischen EinfOhrung erwachsen würden.
27*
500
Die Yeranstaltiing internationaler Kongresse für Sehnlliygiene*
Bekanntlich bestehen Vereine, die sich die Fördemng einer gesunden Schul-
erziehnng zur Aufgabe gestellt haben, so in Deutschland der „Allgemeine
deutsche Verein fflir Schulgesundheitspflege'', in Frankreich die „Ligue des
m^decins et des familles pour la mölioration de l'hygi^ne physique et
intellectuelle dans les öcoles'', in Belgien die „Algemeen paedologische 6e-
zelschap'', in der Schweiz die „Schweizerische Gesellschaft für Schulgesond-
heitspflege*', in Holland die „Vereeniging tot Vereenoondiging van ezamens
en onderwys'', in England die „Society of medical officers of schools". Von
einzelnen Vorstandsmitgliedern solcher Vereine geht nun die Anregung aus,
internationale Kongresse fdr Schulhygiene zu veranstalten. Diese Be-
strebungen sind gewiCs an und für sich sehr anerkennenswert. Es fragt sich
nur, ob man nicht schliefslich in der Differenzierung der internationalen
Kongresse etwas zu weit geht.
Über die Frage der HatnritttsprllAing an den Saterreiebisehen
Mlttelschnlen entnehmen wir der Beilage zu No. 264 der Wiener Tages-
zeitung „DieZeif^ folgendes: Die Reifeprüfung hat den Zweck, festzustellen,
ob die Absolventen der Mittelschule jene geistige Ausbildung erlangt haben, die
nötig ist, um den wissenschaftlichen Aufgaben der Hochschule gerecht zn
werden. Nun sind unsere Mittelschulen in erster Linie für die Aufgabe
organisiert, die Vorbildung fQr das Hochschulstudium zu besorgen, und man
sollte meinen, dafs eine so wohldurchdachte, bestandigen Verbesserungen
unterzogene Organisation, wie die unserer Mittelschulen, nicht erst des be-
sonderen Apparates einer Reifeprüfung bedflrfe, um ihre Bewahrung zu zeigen.
Die Sache wttrde ein anderes Licht bekommen, wenn sich die Reife-
prüfung nur auf die Priyatmittelschulen erstreckte, obwohl ja auch diese
an staatlicher Aufsicht keinen Mangel leiden. Zwei Landesschulinspektoren
überwachen den genauen Vollzug aller bestehenden Vorschriften über Schule
und Unterricht; eine Unzahl von Konferenzen und die jährliche, zweimalige
Zeugnisausgabe sorgen dafür, dafs Schüler und Eltern in steter Kenntnis
bleiben von dem sittlichen und intellektuellen Stande der ersteren; kurz,
es erscheint nichts versüumt, was irgendwie geeignet sein konnte, den End-
erfolg der Mittelschule unter allen Umst&nden zu gewährleisten.
Die Frage stellt sich einfach so: Entweder ist die Mittelschule so
organisiert und überwacht, dafs an ihrem Endziel ein Mifserfolg tatsächlich
ausgeschlossen ist, und dann ist die Matura überflüssig, oder die Matura
kann nicht entbehrt werden, weil die Organisation der Mittelschule nicht
Bürgschaft genug gibt, dafs sämtliche ihrer Absolventen die für das Hoch-
schulstudium erforderliche Vorbildung auch wirklich erreicht haben; in
diesem Falle mufs die bessernde Hand an der Organisation der Mittd-
schule angelegt werden. (Mitget. von Dir. E. BAYB-Wien.)
Über die Ffirsorge fBr schwachsinnige Kinder in Bayern sprach
auf der 1. Jahresversammlung des Vereins bayerischer Psychiater in München
am 25. Mai d. J. Privatdozent Wbtgandt- Würzbarg. Von 15 Anstalten
im rechtsrheinischen Teil Bayerns steht nur eine unter kommunaler Leitung,
während 13 im Besitz konfessioneller Körperschaften sind und unter geist-
licher Leitung stehen. Einen Hauptmangel sieht der Vortragende in
der Abwesenheit ärztlicher Leitung, die bei Neuerrichtung solcher An-
501
stalten yorgeseheo sein sollte. Die bestehenden Idiotenanstalten Aollen
wenigstens znr Anstellung eines im Hanse wohnenden Arztes, der daneben
Praxis treiben könnte, angehalten werden. Sehr viele Idioten befinden sich
noch an&erhalb der Anstalten, in der Heimat, fem von entsprechender Be-
handlung. Für leichtere Falle wird neuerdings gesorgt durch die Hilfs-
schulen, deren Errichtung freilich in Bayern lange auf sich warten liels.
Eine Torbildliche Anstalt, wie z. B. in Frankfurt, ist auch in Nttmberg,
das die besteutwickelten Hilfsschulen Bayerns besitzt, noch nicht erreicht.
Vor allem ist eine Unterstützung der Hilfsschnllehrer durch psychiatrisch
gebildete Schulärzte anzustreben. Auch die Zwangserziehungsanstalten be-
herbergen zahlreiche psychopatische Minderwertigkeiten, zu deren Behand-
lung ein häufiger Besuch psychiatrisch gebildeter Ärzte von groiSsem Werte
ist. (j^Münch. meäie. Wochmschr.*' , No. 22.)
Die Beinling der städtischen Schnlen in Berlin. Die Stadt-
verordnetenversammlung hatte, nach einer Meldung der Tagesblätter, den
Magistrat ersucht, die Klassenzimmer aller städtischen Schulen dreimal
wöchentlich nals aufzuwischen und sonst täglich durch Ausfegen unter mög-
lichster Vermeidung von Staubentwicklung reinigen zu lassen ; femer sollten
die Fenster aller Klassenzimmer monatlich einmal geputzt werden. Eine
Magistratskommission hat sich mit der Frage beschäftigt, ob die bei den
Gemeindeschulen und höheren Mädchenschulen, an welchen Nachmittags-
onterricht der SchtQer und Schülerinnen in der Regel nicht stattfindet, be-
stehende dreimalige Reinigung auch bei höheren Lehranstalten durchgeführt
werden kann und soll. Inzwischen war anderweitig zur Beseitigung des
Staubes das sogenannte Stauböl zur Verwendung gekommen, welches wegen
seines guten Erfolges auf das wärmste empfohlen wurde, und dessen Ein-
führung auch bei den städtischen Anstalten alle Direktoren dringend befür-
worten. Der Magistrat beschlofs auf Antrag einer Kommission zunächst
einen grölseren Versuch mit dem Stauböl zu machen. Demgemäls erhielten
die Hochbauinspektionen den Auftrag, während des Jahres an Stelle des
bisherigen Leinölanstriches in sämtlichen Gymnasien, Realgymnasien und
Realschulen viermal (während der Ferien) Stauböl zu verwenden und über
die damit gemachten Erfahrungen eingehend zu berichten. Gleichzeitig
richtete der Magistrat an die Direktoren ein Rundschreiben, worin um
Beantwortung folgender Fragen seinerzeit ersucht wurde: 1. Ob sich das
Stauböl bezüglich seiner eigentlichen Zweckbestimmung (Verhinderung der
Staubentwicklung u. s. w.) bewährt hat ; 2. ob dem Schuldiener die regel-
mälsigen Reinigungsarbeiten in tatsächlicher, wie auch in finanzieller Be-
ziehung dadurch wesentlich erleichtert werden; 3. ob bei der dauernden
Verwendung von Stauböl die bisher zweimal in jeder Woche saattfindende
Reinigung der Schulräume als ausreichend zu erachten oder trotzdem eine
dreimalige Reinigung empfehlenswert sein würde ; 4. ob sich eine dreimalige
Reinigung den Verhältnissen der Anstalt (bezüglich des Nachmittagsunterrichts,
des Fortbildungsunterrichts u. s. w.) ohne Schwierigkeit anpassen lassen würde,
nnd wie hoch nach Ansicht der Direktoren ungefähr die Beihilfe zu be-
messen wäre, die den Schuldienern bei Einführung der dreimaligen Reini-
gung und unter Berücksichtigung der bei der Verwendung von Stauböl
etwa eintretenden Erleichterungen bewilligt werden müfste.
602
Die von den Baninspektionen und von den Direktoren eingegangenen Be-
richte haben lediglich die gemachten Beobachtungen bestätigt, dab sich —
abgesehen von den Turnhallen — das Stanböl durchweg gut bewährt hat.
Die Wirkung des Stauböls hat zum mindesten neun Wochen, in den Klassen,
wo der Fulsbodon vor dem Anstrich gescheuert war, sogar ein Vierteljahr
yorgehalten. Aulserdem ist festgesteUt, dafs die viermalige Verwendung
von Stauböl nur geringere Mehrkosten verursacht als der zweimalige Leinöl-
anstrich. Ein weiterer Vorzug des Stauböls ist, dafs die Reinigungsarbeit
in gesundheitlicher Beziehung ganz erheblich leichter geworden ist. — Der
zweite Teil der Umfrage ist von den Direktoren gleichmälsig verneinend be-
antwortet worden. Die Frage, ob bei Anwendung des Stauböls eine zwei-
malige wöchentliche Reinigung für ausreichend zu erachten sei, ist fast von
sämtlichen Direktoren bejaht worden. Da aufserdem die dreimalige Reini-
gung bei der Überlastung der Anstalten mit Vereinen, Fortbildungs-
anstalten u. 8. w. sich nur mit grofser Schwierigkeit durchfahren lassen
würde, so hat der Magistrat vorläufig beschlossen, es bei der zweimaligen
gründlichen Reinigung in den höheren Lehranstalten bewenden zu lassen.
Im weiteren ist zu bemerken, dafs der Stadtverordnetenausschufs zur
Vorberatung der Vorlage, betreffend die Reinigung der städtischen Schulen,
beschlossen hat, der Stadtverordnetenversammlung die Annahme folgenden
Antrages zu empfehlen: „Die Versammlung ersucht den Magistrat, in allen
städtischen Schulen die Klassenzimmer mit Stauböl streichen zu lassen und
die Fenster aller städtischen Schulklassen alle sechs Wochen putzen zu
lassen^.
Sorge fflr die Zähne der Schnlkinder. Die Stadt Reichenberg
hat das Verdienst, zuerst die Einführung der zahnärztlichen Behandlung an
einer österreichischen Schule angebahnt zu haben. Wie die „ZahnärzÜ.
Btmdschau*^ mitteilt, hat die städtische Gesundheitskommission beschlossen,
die Zähne der Schuljugend untersuchen zu lassen und dafür Sorge zu
tragen, dals den armen Schulkindern unentgeltliche Behandlung der Zähne
zu teil werde. Es wäre im Interesse der Gesamtheit zu wünschen, dafs
an allen Schulen diese Gesundheitsmalsnahmen für die Schu^ugend bald
zur Regel würden.
An der deutschen Staatsrealschule zu Pilsen wurden sowohl im
vorigen wie im laufenden Schuljahre die Zähne auf Ersuchen der Direktion
von einem Zahnarzte untersucht 'und die Schüler auf die Wichtigkeit der
Zahnpflege eindringlich aufmerksam gemacht; es zeigte sich bei der dies-
jährigen Untersuchung eine Zunahme der gepflegten Zähne um 34,7%.
(Mitget. von Frau Dr. MAUBizio-Zürich.)
503
Sagesgefditditltdies*
Em Protegt gegen Hftasarbeiteii fBr die Sehnle. Die „Ver-
einigung von Eltern'' zn Philadelphia beschloDs nach Angabe des j^New
York Med. Jou/m.^ (No. 24) der Schnlhehörde eine von 2000 Ärzten,
Geistlichen etc. unterzeichnete Petition einzureichen, in der gegen die
allzngro&en Anforderongen an den häuslichen Fleifs der Kinder pro*
testiert wird.
Bleistifte als Diphtherieverbreiter. Nach einer Mitteilung des
„Hamb. Carresp,^ hat ein Pariser Schularzt, in dessen Schulbezirk gegen-
wärtig die Diphtheritis herrscht, die Entdeckung gemacht, daüs die ge^r-
liche Krankheit, der „Würgengel der Kinder*^, durch Bleistifte verbreitet
worden ist. Jeden Morgen werden in den Pariser Schulen Bleistifte
verteilt, die Eigentum der Stadt sind ; nach SchluCs des Unterrichts werden
sie wieder eingesammelt, um am nächsten Morgen von neuem verteilt zu
werden. Die Schttler erhalten aber jeden Tag einen anderen Bleistift,
und da sie die Gewohnheit haben, die Bleistifte in den Mund zu nehmen
und anzufeuchten, wurde die Diphtherie durch die Bleistifte buchstäblich
von Mund zu Mund getragen. In einem Berichte an den Schulvorstand
fordert der Schularzt, dafs jeder Schttler einen Bleistift als unantastbares
und nicht übertragbares Eigentum erhalten solle.
(Wir geben diese Nachricht unter allem Vorbehalt wieder. Die Ver-
breitung der Diphtherie durch Bleistifte ist gewils möglich, doch ist eine
wissenschaftliche Prüfung abzuwarten. D. R.)
Ferienansflfige in SchSneberg. Wie wir dem „Berl Tagebl''
entnehmen, sind von den SchOneberger Behörden 1500 Mark für 75 Knaben
und 75 Mädchen der Normalklassen der städtischen Gemeindeschulen zur
Veranstaltung von Ausflügen nach dem Grunewald vorgesehen. Zur Be-
teiligung an den Ausflügen sind nun von den städtischen Schulärzten auch
30 Kinder der Hilfsklassen vorgeschlagen worden. Mit diesen 180 Kindern
sollen während der Ferien dreimal in der Woche Ausflüge gemacht werden,
so dafs jede Abteilung deren 15 macht. Die Mehrkosten fnr die Schüler
der Hilfsklassen im Betrage von 435 Mark sollen in den Schuletat auf-
genommen werden.
Eine Ferien-Stottererkolonie fBr städtische Volkssclinlkinder
in Zfirieh. In den Sommerferien, mit Beginn Montag den 13. Juli,
soll eine Kolonie für 16 stotternde Knaben im Alter von 9 — 16 Jahren
eröffnet werden. Die Dauer derselben ist auf ca. vier Wochen angesetzt.
Die Kosten für Verpflegung und Kursleitung betragen per Schüler 60 Frs.
Im Falle von Bedürftigkeit können dieselben ganz oder teilweise erlassen
werden.
Die sanitäre Bedentang der ,,Liehtlinien<' der Schreibhefte.
Das „LeipiBiger Tagebl^ berichtet, dafs die Ortsgruppe Leipzig des AUg.
504
Deutschen Vereins fflr Schnlgesondheitspflege sich jflngst mit der Frage
der gesundheitlichen Gefahren der in einigen Schulen eingefQhrten Schreib-
hefte mit sogen. „Lichtümen** beschäftigt habe. Man kam dahin Uberein,
in dieser Angelegenheit noch weitere Ermittelangen anzustellen und dann
auf eine Beseitigung dieser fQr die Augen der Kinder so sehr schädlichen
„Lichtlinien^ hinzuwirken.
Über die Bildung yon FUligkeitsgmppen in den Volksscliuleit
der Stadt ZIrieh hat, wie die Tagesblätter melden, der kantonale Er-
ziehungsrat folgendermaßen yerfOgt: „Zum Zwecke der Förderung der
schwächeren Schfller wird die Parallelisation der Klassen I — ^IV der
Primarschule der Stadt Zflrioh in den Fächern Deutsch und Rechnen nach
der Leistungsfähigkeit der Schttler gutgeheiisen in dem Sinne, dais den
Lehrern empfohlen wird, im Schuljahre 1903/04 einen allgemeinen Versuch
zu machen, den schwächeren Schülern der Normalklassen in den Fächern
Deutsch und Bechnen durch einen besonderen Gruppenunterricht yermefarte
Aufmerksamkeit und Förderung zu teil werden zu lassen, damit womöglich
alle Schfller, soweit nicht die Notwendigkeit der Einreihung in die Spezial-
klassen sich ergibt, das \m Lehrplan der Primarschule vorgesehene Lehr-
ziel erreichen. Der Zentralschulpflege der Stadt Zürich wird aufgegeben:
1. dem Erziehungsrat aufSchlufs des laufenden Schuljahres einzubericbten,
in welcher Weise die Paralldisation in den einzelnen Erlassen ausgeführt
worden ist, unter Angabe der von den einzelnen Lehrern gemachten
Beobachtungen und unter Beilage einer Übersicht aber das Ergebnis der
Promotionen; 2. zu prflfen und auf denselben Termin sich darflber ver-
nehmen zu lassen, ob nicht mit der EinfQhrung von Sonderklassen im
Sinne der Wiederholungs- und Abschlufsklassen in Mannheim neben den
Spezial- oder Hilfsklassen in der Stadt Zflrich ein Versuch gemacht
werden sollte.^
y,Wie erhUt man sieh gesund niid erwerbsf&hig?^* lautet der
Titel einer von Professor Fbitz Ealle und Dr. ScHELLEKBEBa in
Wiesbaden verfafsten Schrift. Auf Anregung des Vorstandes der Gesell-
schaft für Volksbildung und auf Empfehlung des Schulausschusses hat der
Rat der Stadt Plauen i. V. beschlossen, 1500 Stflck dieser Schrift zur
Verteilung an die im achten Schuljahr stehenden Schttler und Schfllerinnen
der hiesigen städtischen Volksschulen zu beschaffen.
Untersuchang des Wassers in Schnlbriuiiien. Die Königliche
Begierung zu Liegnitz, Abteilung für Kirchen- und Schulwesen, hat an die
Landräte, die Polizeiverwaltungen und die E^reis-Schulinspektoren des
Regierungsbezirks den nachstehenden Erlafs gerichtet:
„Es ist wiederholt vorgekommen, dab zur Entscheidung der Frage,
ob ein Schulbrunnen ein die Cresundheit gefährdendes Wasser fahre,
Wasserproben an Chemiker oder Apotheker zur chemischen, mitunter auch
zur mikroskopischen oder bakteriologischen Untersuchung eingesendet worden
sind. Nach den gegenwärtigen wissenschaftlichen Grundsätzen haben diie
auf Grund solcher Untersuchungen abgegebenen Gutachten in der Regel
einen sehr geringen sachlichen Wert, wenn nicht eine örtliche Unter-
suchung des Brunnens und seiner nächsten Umgebung duroh einen Sach-
verständigen der chemischen Untersuchung vorausgegangen oder gefolgt ist.
505
Als Sachverständige sind in dieser Hinsicht in erster Beihe die zuständigen
Kreisärzte anzusehen. Es empfiehlt sich daher, in allen zweifelhaften
Fragen dieser Art sich zunächst an den Kreisarzt zu wenden. Dieser
wird sich darflher zu äubem haben, ob eine örtliche Untersuchung er-
forderlich ist oder welche sonstigen Mabnahmen zur Feststellung der
Sachlage zu treffen sein werden. In vielen Fällen wird sich auf Grund
einer kreisärztlicben Besichtigung der Brunnenanlage und durch eine sinn-
liche Prflfang des Brunnenwassers allein schon ein Urteil über seine
gesundheitliche Brauchbarkeit als Trinkwasser fäUen lassen, ohne dab
weitere umständliche und kostspielige chemische oder anderweitige Unter-
suchungen anzustellen sind. Einfache physikalische, chemische, mikro-
skopische oder bakteriologische Untersuchungen aber hat der Kreisarzt auf
Grund des § 37 der Dienstanweisung vom 23. März 1901 selbst aus-
zuführen. ^
Die neuMten seliiiUrcfHeheii üntennchniigeii in den städtischen
Schulen Berlins haben ein trauriges Resultat ergeben. Wie wir dem
j,BerL TagM.^ entnehmen, konnten von sämtlichen untersuchten Kindern
nur 44% als völlig gesund erklärt werden. Etwa 28% litten
an Skrophulose, Blutarmut, englischer Krankheit, 14% an Wucherungen
im Nasenraume, 5^/i% an Augenleiden, 4ViVo an Ohrenleiden.
Bin Jngendferienhort soll während der bevorstehenden Sommer-
ferien in einem Kreise der Stadt Zflrich (Oberstrafs) eingerichtet werden
(„JT. Zürch, Ztg,^), Viele Kinder anner und bemittelter Familien müssen
in der Stadt bleiben, entbehren der frischen Landluft und vielleicht noch
mehr der nötigen Überwachung. Sie sollen nun jeden Nachmittag ge-
sammelt und unter Leitung eines Lehrers auf den nahen Zürichberg zu
Spaziergang und Spiel geführt werden. Die Verpflegung besteht aus Milch
und Brot. Für das schlechte Wetter ist eine Turnhalle von der Schul*-
pflege zur Verfägung gestellt. Aus der Kasse des Quartiervereins soll für
eine gröbere Anzahl armer Kinder gesorgt werden, während für die besser
situierten bezahlt werden mufs (10 Frs. für die ganzen Ferien, 3 Frs. für
eine Woche). Es ist für den Anfang eine Abteilung für Knaben vor-
gesehen. Die Zukunft wird je nach der Erfahrung den weiteren Ausbau
bringen.
Die Nichteinfftkniiig des Haadarbeitaiintomehtes in der fllBfteii
Mftdehenklasse hat unlängst, wie wir der „Siel, Ztg,^ entnehmen, das
Schnlkollegtvm in Glttckstadt beschlossen, und zwar mit Rücksicht auf
die Gesundheit der Kinder. Demgegenüber hat die Regierung die Ein-
richtung dieses Unterrichtes gefordert. Daraufhin beschlofs das Schul-
kollegium, die Mittel dafür zu versagen, so dab die Angelegenheit vor-
aussichtlich im Wege des Verwaltungsstreitverfahrens zum Austrage ge-
bracht wird.
506
Hmüi^t ^ttfn^nn^tn.
Desinfektion von Bfichern nnd Sehreibheften.
Bezirksschnliat der k. k. Reichshaupt-
nnd Residenzstadt Wien. Wien, am 13. Juni 1903.
dd. G. Z. 5921.
An sämtliche Schnlleitnngen.
Ans Anlafs eines in der Bezirkslehrerkonferenz des 8. Inspeküons-
bezirkes im Schuljahre 1901 — 1902 erstatteten Berichtes über die Des-
infektion von Schulbüchern und Schreibheften hat das Wiener Stadtphysikat
mit Note Yom 13. Mai 1903 mitgeteilt, dafe die städtischen Bezirks&rete
neuerlich angewiesen wurden, die Desinfektion der Schulrequisiten nach
allen anzeigepflichtigen übertragbaren Krankheiten, wenn die Partei nicht
etwa ihre Zustimmung zu deren Verbrennung gibt, durch „Formalin'' zu
veranlassen.
Hiervon wird die Schulleitung verständigt.
Vom Bezirksschulrate der Stadt Wien.
Der Vorsitzende-Stellvertreter.
(gez.) GüGLEB.
(Mitget. von Dir. E. BAXB-Wien.)
Die jährliehe StoflFverteilnng (Pensenyerteilang) der Volkssehnle
hat auf Gegenstände wie Bekämpfnng der Tmnksneht, Oesnndheits-
pflege, wirtschaftliche Verhältnisse etc. Rficksicht zu nehmen.
Berlin, den 31. Januar 1903.
Mit der Absicht der Königlichen Regierung zur Durchführung meines
Erlasses vom 31. Jan. v. Js. — U. ÜI. A. 3204/01. ü. lU. ü. H. M.^ —
betreffend die Bekämpfung der Trunksucht, den Schulen noch nähere An-
weisung zu geben, bin ich durchaus einverstanden. Der EönigUchen Re-
gierung überlasse ich daher, die nötigen Belehrungen nach Ihrem Ermessen
zu erteilen.
Gegen eine ins einzelne gehende und für alle Schulen gemeinsame
lehrplanm&lisige Bestimmung für den Unterricht liegen jedoch erhebliche
Bedenken vor. Neben manchen anderen sind die Schwierigkeiten in
Betracht zu ziehen, die in der Mannigfaltigkeit der Schulorte, der grofsen
Verschiedenheit der Gegenden und auch der Lehrer selbst begründet sind.
Bei einer vielklassigen Schule wird die Belehrung in der zweiten Klasse
nach Umfang und Inhalt anders zu halten sein als in der ersten, während
in der einklassigen Schule die ganze Oberstufe gemeinsam belehrt werden
Siehe diese Zettschrift, 1902, S. 847.
607
müis. Es ist weiter zn berflcksichtigen, da& Aber den Lehrstoff noch zu
wenig Erfahrung vorliegt, als dafs schon jetzt allgemein die ihm zuzuweisende
Zeit vorgeschrieben werden könnte. Anfterdem stellt aber die Gegenwart
der Volksschule Aufgaben von ähnlicher Bedeutung aus dem praktischen
Leben in solcher Zahl, da(s flir jede einzelne ein fester Anteil an der zu
Gebote stehenden Unterrichtszeit Überhaupt nicht gewährleistet werden
könnte. Es sei nur an die Gesundheitspflege, die Nahrungsmittellehre,
den Tierschutz, an wirtschaftliche Fragen der Landwirtschaft, der Obst-
und Gartenbaukunde, des Gewerbes, an die Rechnungen des kaufmännischen
Verkehrs einschliefslich dei:, zugehörenden Formulare, an die Einrichtungen
des Staates, die Reichsverfassung, das Reichsversicherungswesen, an Heer
und Flotte, an Verkehr, Kolonien etc. erinnert. Alle diese wichtigen
Fragen haben berechtigten Anspruch auf eine genügende Beachtung in der
Volksschule, aber nur in dem Sinne, dafs der Unterricht zu gelegener
Zeit und nach Ma&gabe der örtlichen Verhältnisse auf sie einzugehen hat.
Dieser Forderung kann nicht eine fflr alle Schulen gemeinsame Festsetzung
im Lehrplane der Schulen, sondern nur die für jede einzelne Schule all-
jährlich aufzustellende Stoffverteilung (Pensenverteilung) entsprechen. Diese
vermag den Forderungen unserer Zeit gerecht zu werden, sie ermöglicht
auch einen jederzeitigen Wechsel der Anordnung unter fortlaufender Be-
rflcksichtigung der Erfahrung. Mit Hilfe der Stoffverteilung kann in
einem Jahre diesem, im anderen Jahre jenem Gegenstande eine besondere
Beachtung gesichert werden so, wie es jeweilig dem Stande und V\rechsel
des Bedürfnisses entspricht.
Die Königliche Regierung wolle daher Ihre Anordnungen auf die
Stoffverteilung der einzelnen Schulen richten und auch auf diese beschränken.
Die Kreis-Schulinspektoren, denen die Anleitung der Schulleiter zur
Anfertigung der Stoffverteilung und die Beaufisichtung der letzteren obliegt,
sind mit genauer Anweisung zu versehen.
An
die Königliche Regierung zu N.
Abschrift erhält die Königliche Regierung zur Kenntnisnahme und
gleichmälsigen Beachtung.
An
die übrigen Königlichen Regierungen.
Abschrift erhält das Königliche Provinzial-Schulkollegium zur Kenntnis-
nahme und Beachtung für die Seminar-Schulen, bei denen der Seminar-
Direktor anstatt des Kreis-Schulinspektors eintritt.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
Studt.
An
die Königlichen Provinzlal-Schulkollegien«
ü. m. A. 1388. ü. m. M.
{nZentralbl f. d. ges. Unterridiiaverw. in Preufsen^'y März-Heft 1903.)
508
ftteratnr.
Bespreoliungen.
Paul v. Ende. Das Schnlbrlmgebad nnd seine Wirkuiigen.^ Vortrag,
gehalten in der 74. Versammlung Deatscher Naturforscher nnd Ärzte za
Karlsbad im September 1902. Vieweg & Sohn. Preis Mk. — .40.
In kurzer, klarer Form schildert uns der Verfasser die Bedeutung
des Schulhrausebads. Er weist darauf hin, dafs im Verlaufe des 30 jäh-
rigen Krieges der germanische „Badegeisf ganz verschwunden sei und
erst in unserer modernen Zeit wieder angeregt werden mflsse. Noch sei
der Sinn für Hautpflege, so wichtig auch Reinlichkeit für die Gesundheit
des Menschen sein möge, doch in geringem Maise entwickelt. Die Jugend,
und insbesondere die Schuljugend, mufs für diese Seite der Menschheits-
erziehung gewonnen werden, wenn der alte Sinn wieder yoII und ganz auf-
leben soll. Die Frage der körperlichen Remigung der SchuDoDder ist
indessen, so viel man auch im übrigen auf dem Gebiete der Schulgesund-
heitspflege leistete, recht stiefimütterlich behandelt worden. Jetzt allerdings
fängt man an, in allen Schulbauten Badegelegenheit zu schaffen. Mit
Rücksicht auf die Kosten des Baues und Betriebs, auf Vermeidung der
Ansteckungsgefahr, den geringen Zeitverlust bei der Benutzung, scheint dem
Verfasser das Brausebad allein in Betracht zu kommen. Als bewegte
Badeform bringt es weniger Gefahren der Erkaltung mit sich. Prof.
CüBSCHMANN in Leipzig wies experimentell nach, dafs bei bewegten Bade-
formen die Pnlsverlangsamung schneller vor sich geht, die normale Puls-
zahl rascher wieder erreicht wird und die Hauttätigkeit sich schneller
wieder herstellt. Doch müssen die Brausebäder noch vervollkommnet
werden. Neben der Oberbrause sollen auch Seiten- und ünterbrausen
verwendet werden, wenn das Bad reinigend und erfrischend zugleich
wirken soll.
Die Einrichtung von Schulbädem dadurch zu umgehen, dafs man der
Schuljugend die Mitbenutzung eventuell vorhandener Volksbrausebäder er-
öffnet, hält der Verfasser nicht für richtig, da unter derartigen Verhält-
nissen die Reinlichkeitspflege entweder der Erwachsenen oder der Schul-
jugend zu kurz kommt. Entweder müssen die Kinder zu lange warten,
oder aber für die Erwachsenen an bestimmten Tagen der Woche die An-
stalt geschlossen sein. Im einen wie anderen Falle wird man eine
Abnahme der Benutzung zu gewärtigen haben. Der Badebetrieb in der
Schule hat auch deshalb den Vorteil, dals die Aufsicht eine bessere ist,
und man die Kinder zur regelmäßigen Benutzung des Bades anhalten
kann. Der Einwand, dals die Brause auf manche Kinder zu reizend wirke.
* Vergl. das Aotoreferat in di€$er Zeitschr.y Jahrgang 1902, Heft 10.
609
■
wird beseitigt dadurch, dafs das Wasser unter geringem Druck henmter*
ftUt und den Körper in einer Neigung von 45^ trifft. Der Einwand,
dafs man mit dem Schulbad eine der Schule fremde Institution in den
Schulbetrieb einfahre, filUt dahin, wenn man sich daran erinnert, dafii zur
Erziehung der Menschen auch die Pflege des Körpers gehört. Das
Brausebad ist ein Mittel, die Kinder an Beinlichkeit zu gewöhnen. Es
haben aber die Schulbäder überhaupt eine grobe gesundheitliche, erziehe-
rische und soziale Bedeutung. Die Kinder gewinnen ein frischeres Aus-
sehen und werden geistig regsamer. Die Eltern werden auch sorgfältiger
in der Bekleidung der Kinder, da das Schamgefühl eine allzu arge Ver-
nachlässigung sich nicht auf die Rechnung schreiben lassen will. Die Er-
folge des Schulbades mit Bezug auf die physische und intellektuelle Ent-
wicklung des Kindes wirken anregend in der Familie, wecken den Rein-
lichkeitssinn flberhaupt und tragen so zum allgemeinen Wohlbefinden bei.
Der Verfasser wünscht mit Recht, dafs die Frage der Schulbäder immer
weitere Freunde finde. Sein Schriftchen ist, wenn es auch den Gegen-
stand nicht erschöpfend behandelt, doch wohl geeignet, in das Oebiet
einzufahren, das Interesse zu wecken und so also auch dem Schulbad
neue Freunde zu gewinnen. K&ATT-Zürich.
FeuiChenfeld, Wilh., Dr. Oesnndheitspfiege deg Auges nebgt
Ratgeber cur Berufswahl für AngenleideBde. Mit 5 Original-
zeichnungen im Text. Berlin. Elwin SUude, 1903, kl. 8^, 79 S.,
Mk. 1,20.
Ffir den Lehrer ist wohl eine Kenntnis Aber die (Gesundheitspflege
des Auges selbstverständlich vom besonderen Werte, da er hierdurch in
die Lage kommt vieles zu yerhflten, was dem Auge schädlich werden
kann. Der Verfasser, ein auf dem Gebiete der Augenhygiene bekannter
Arzt, hat nun den bezüglichen Stoff in knappster Form zusammengestellt,
und es enthält somit diese Arbeit nur das Notwendigste, was jeder Lehrer
wissen sollte. Das Buch ist in gemeinverständlicher Weise geschrieben,
so daTls selbst Eltern Nutzen daraus ziehen können.
Emanitel BAYB-Wien.
Bibliographie.
Die mit * beseichneten Werke wurden der Redaktion zugesandt.
Krugeeb- Wegmann, Stadtarzt. Lehre von der ersten Hufe hä UnßUen
und plötzlichen Erkrankungen in Ferienkolonien^ nehst einem Anhang
Über Q-esundheitspflege und DiäteUk, bearbeitet für Kolonieleiter. 2. Aufl.
Zürich, Speidel, 1902. Gr. 8^ JH. 0,75.
KRüGERy Richard, Oberlehrer. Die Anlage der Schülhöfe. Techn.
Gemeindeblatt, No. 24, 1903.
*KUHN, Alfb., Dr. med. Die Hygiene des Unterrichts in Frankreich und
in Elsafs ' Lothringen, Sep.-Abdr. a. d. Deutsch. Yierteljahrsschr. f.
öff. Gesundheitspfl., 1903, 2. Heft.
510
LOTZ, H., Rektor. Notwendigkeit und Möglichkeit des öbUgatorist^ien
Schwimmunterrichts in der Stadt, besonders in der Orofsstadt. Körper
u. Geist, No. 4, 1903.
*Madsen, Sigvard, Dr. Fra Bergens Folkeskölers laegeraad (Über die
Schulärzte in den Volksschulen Bergens). Medicinsk Be?ue, April 1903.
^Michaelis, Ad. Alf. Pfianzenheilhmde, 1. Lief. Halle a. S., Gebauer
Schwetschkes Druckerei u. Verlag, 1903.
^Pfeiffer, L., Dr. Begeln für die Pflege von Mutter und Kind. m. Teil.
Begel für das Spielälter (2. bis 7. Leben^ahr). Mit Schnittmustern
für gesundheitsgem&ise Kleidung. Weimar, 1903. Kl. 8^ 87 S. iL 1,50.
* Idem. rv. Teü. Eegeln für das SchUlalier (7. bis 14. Lebens-
jahr). Weimar, 1903. Kl. 8^ 87 S. M. 1,50.
Rabczwill, Minna. Die Gesundung unserer Frauentracht und die Schule.
Pädag. Reform, No. 18, 1903.
Rechholtz, Dr., Bezirksarzt. Einige wichtige Fragen aus dem GMneie
der Schtägesundheitspflege. Vortrag. Flöha, Peitz, 1903. 8^ 16 S.
JK. 0,25.
*S0HiLLlNa, Fb., Dr. med. Die Krankheiten der Speiseröhre. Mit 14 Ab-
bildungen. Leipzig, Härtung & Sohn, 1903. 8^ 86 S. M. 1,80.
*Schutten, M. C, Dr., Prof. Over de snelheid der uitstrcilingswarmte
van het lichaam (Über die Schnelligkeit der W&rmestrahlung yom Körper).
Sep.-Abdr. aus „Handelingen von het zesde Vlaamsch Natunr- en Ge-
neeskundig Gongress**, 1902.
*SHERRiNaT0N, 0. S., Prof. Discussion on applied Hygiene for School
Teachers. (Arranged by Bedford College for Women and the Sanitary
Institute.) Joum. of the Sanitary Institute. London, April 1903.
*STETTER,KoNR.,Dir. Qucr durch die SchtUbcutkftrage. Vortrag. Horba. P.,
Paul Christian, 1903. S^. 60 S.
Stbohmeteb, Ernst. Tumunt&rricht und Körperpflege. Körper und
Geist, No. 1, 2 u. 3, 1903.
*Wehrhahn, A., Dr. Das Volksschukoesen der kgl Haupt' und Besidenä-
Stadt Hannover. Hannover, 1903. 8^. 119 S.
Wbrniokb, E., Prof. Verstu^ mit Fufshodenöl und seine Verwendung
in Schulen. L Teil. Leipzig, Leineweber, 1903. Gr. 8^ 18 S.
Ji. 0,70.
WooDT, Alice. Coeducation. A series of essays by yarious authors.
Longmans, Green and Co., London, 1903. 148 S.
Zander, R., Dr., Prof. Welche Leibesübungen schließen sich bei schwäd^
liehen Kindern aus? Die Gesundheitswarte der Schule, 1903, No. 4.
§tt ^äfnlav^t
L Jahrgang. 1903. No. 7.
iftrtgtitalab^aitblnngeit*
Das Schulantwesen in Deutschland.^
Beriolii über die Ergebnisse einer Umfrage bei den
gröfseren Städten des dentsohen Reiches.
Von
Dr. Paul ScHUBEBT-Nümberg.
I. Oeschichtlicher Rfickblick.
Der ärztliche Dienst in den Schulen steht in engem Zusammen-
hang mit der allgemeinen Schulpflicht. Wenn der Staat die Eltern
nötigt, ihre Kinder sieben bis aoht Jahre lang einer öffentlichen
Schule zu überlassen, so ist er yerantwortlich für jeden Schaden,
welcher möglicherweise dem einen oder dem anderen Kinde durch
mangelhafte Einrichtungen der Schulgebäude oder des Schulbetriebes
erwachsen können. In diesem Sinne kann man, wenn auch nicht
yon einer gesetzlichen, So doch von einer ethischen Haft-
pflicht der Schulbehörden sprechen.
Daher sind auch in Deutschland, dem Lande der allgemeinen
Schulpflicht, die ersten Stimmen laut geworden, welche die ärztliche
Schulau&icht gefordert haben. Man denke an Dr. Joh. Pbt. Fkakk,
Dr. 0. LoRiNSEB und Dr. Fbisdb. Falk. Diese Stimmen yer-
hallten zunächst ungehört. Es bedurfte des Nachweises, dals in
Wirklichkeit der Schulbesuch in gewissen Fällen körperliche Nach-
teile mit sich bringt, dafs es in der Tat Schulkrankheiten gibt
Und wieder war es ein deutscher Arzt, Hkrmank Cohn, welcher
im Jahre 1867 durch seine bahnbrechenden Untersuchungen den
* Erweiterung eines VortrageB in der hygienisohen Sektion des XIY. inter-
nationalen medianischen EongreBset zu Madrid.
Der Sehularit. L 14
118 512
Naohweis lieferte, dals die Myopie in der Sohule und groüsenteib
duroh die Schale entsteht; daüs grobe hygienische Sünden bei den
Schnlgebäuden, bei deren innerer Einrichtung und beim Unterricht
selbst die Myopie in hohem Grrade begünstigen; dafe Staat und
Gemeinde yieles zur Verhütung tun könnten, wenn sie sach-
verständigem Bat folgen wollten ; und dals aus allen diesen Gründen
eine ärztliche Überwachung der Schule dringend notwendig ist. —
Hebm. Cohn hat jahrzehntelang mit gröistem Nachdruck den Buf
nach dem Schularzt erhoben und ist dabei von den namhaftesten
deutschen Vertretern der Hygiene unterstützt worden. So insbesondere
1877 auf der Versammlung des deutschen Vereins für ö£Fentliche
Gesundheitspflege zu Nürnberg, 1880 auf der Naturforscher-
versammlung in Danzig, 1882 und 1887 auf den internationalen
Hygienekongressen in Genf und Wien.
Wenn somit Deutschland das Bedür&is nach Schulärzten mit
in der vordersten Beihe erkannt, begründet und nachdrücklich aus-
gesprochen hat, so war es andererseits Deutschland nicht besohieden,
bei der Einführung der Schulärzte in die Praxis an der Spitze zu
marschieren.
Es scheint, dafe zuerst Brüssel im Jahre 1874 eine hygienische
Überwachung der Schulen angeordnet hat.
In Paris besteht schulärztlicher Dienst seit 1879, und für ganz
Frankreich wurde 1893 den Armenärzten der Gremeinden die Beauf-
sichtigung aller öffentlichen Schulen und der Schulkinder übertragen.
Antwerpen ordnete 1882 an, dab vier ärztliche Inspektoren
allwöchentlich jede Klasse ihres Bezirkes besuchen, die Kinder be-
sichtigen und nach Ermessen auch genauer untersuchen sollen.
Für Ungarn hat der Ministerialerlafs vom Jahre 1887 Schul-
ärzte, allerdings nur für die höheren Lehranstalten, geschaffen, mit
der Verpflichtung, die Schulräume gestmdheitlich zu überwachen,
alle neueintretenden EjDder genau zu untersuchen und in den
Schulen hygienische Vorträge zu halten.
Auch Moskau besitzt durch BeschluiB der Stadtverordneten-
versammluDg seit 1888 Schulärzte, welche alljährlich sämtliche
Schüler zu untersuchen und den Befund in die Sanitätsliste des
Eandes einzutragen haben.
In Deutschland gab es bis zu dieser Zeit noch keine Schulärzte
im heutigen Sinne.
Die Energie, mit welcher von ärztlicher Seite die Forderung
von Schulärzten verfochten wurde, hatte in Deutschland einen leb-
518 119
haften Widersprach waohgerufen. Besonders stiefs der Satz, dafs
man den Schularzt mit diktatorischer Q-ewalt anastatten müsse,
dais er befugt sein solle, ungenügend beleuchtete Schulzimmer
sofort zu schlielsen, ganz ebenso, wie man einen yergifteten Brunnen
zuschüttet, auf heftigen Widerstand sowohl bei den städtischen
Behörden, wie bei den Lehrern. Das deutsche Schulwesen hat
eine straffe, festgeAigte Organisation, die in gewissem Sinne mit
unserem Heerwesen yergleichbar ist, und in dieser streng diszipli-
nierten Ordnung gibt es für einen Schularzt mit autokratischen
Buchten keinen Baum. Obwohl die Lehrer von einer plötzlichen
und nachsichtslosen Beseitigung hygienischer Hiüsstände auch persön-
lich nur Vorteil zu erwarten gehabt hätten, so bäumte sich doch ihr
Korpsgeist gegen einen solchen „neuen Vorgesetzten", wie sie den
Schularzt zu bezeichnen pflegten, einmütig auf.
Noch weit mehr aber trugen die Stadtbehörden Bedenken, mit
ihrem Geld einen Schularzt zu besolden, der die Befugnis haben
sollte, durch einen Federstrich Millionen für Schul-Neubauten ins
Bollen zu bringen.
Nicht die Ausgaben für das schulärztliche Honorar haben die
Städte gescheut. Das sind für einen städtischen Haushalt doch nur
geringe Summen. Li Nürnberg z. B. betragen die jährlichen laufenden
Ausgaben für den Schulbetrieb etwa 27« Millionen Mark, das
Honorar für die Schulärzte aber nur 5200 Mark, mithin nicht ganz
7«% des Schuletats. Das ist gewilis nicht nennenswert.
Wohl aber schracken die städtischen Behörden vor den grofsen
Ausgaben zurück, welche ein Schularzt mit „diktatorischer Gewalt **
voraussichtlich für seine Anstalten fordern würde.
Bald jedoch fanden sich einsichtsvolle Magistrate, die einerseits
den Schularzt nicht fürchteten, weil derselbe niemals eine gröfsere
Macht ausüben kann, als die Stadtverwaltung selbst ihm überträgt,
und die andererseits die guten Dienste zu würdigen wufeten, welche
der Arzt bei ansteckenden und ekelerregenden Erkrankungen, bei
Gesuchen um Befreiung von einzelnen Unterrichtsgegenständen und
bei Verdacht ungerechtfertigter Schulversäumnisse der Schule zu
leisten versprach.
Eine gewisse Besorgnis, der Schularzt könnte als Usurpator
auftreten und nach ungebührlicher Erweiterung seiner Machtbefug-
nisse trachten, macht sich indessen bis zum heutigen Tage bei den
Schulbehörden in Deutschland bemerkbar und spiegelt sich in
manchen, in den schuläiztlichen Dienstordnungen ganz regelmäfsig
Der Schnlsrit. I. 15
120 514
wiederkehrenden Bestimmungen, so z. B. in der Verfügung, dalß der
Schularzt beohaohtete Müsstände zwar zur Sprache bringen soll,
dabei aber niemandem einen Befehl erteilen darf, nicht einmal dem
Hausmeister oder Schuldiener. Auch das Verbot, Schülerunter-
suchungen zu rein wissenschaftlichen Zwecken vorzunehmen, sowie
die Weisung, während des Unterrichtes ein Klassenzimmer nur nach
ausdrücklich yom Rektor eingeholter Elrlaubnis zu betreten, bedeutet
eine Abwehr gegen befürchtete Übergriffe des Schularztes.
Es muTs biUigerweise eingeräumt werden, dals die Schulbehörde
mit diesen einschränkenden Bestimmungen nur ihr gutes Recht
wahrt. Der Schularzt soll und darf nichts anderes beanspruchen, als
die Rolle eines beratenden und in gewissen, genau vorgeschriebenen
Obliegenheiten die eines ausführenden Organs der Schulbehörde.
Er muis sich in die Hierarchie derselben ganz ebenso willig einfügen,
wie der Militärarzt in die des Heerwesens. Die Wirksamkeit des
Schularztes wird auch innerhalb dieses Rahmens eine recht gedeih-
liche sein, vorausgesetzt, dafs man ihm nicht durch gar zu bureau-
kratische Beeinflussung die Berufsfreudigkeit trübt und die erforder-
liche Initiative bei Anregung sanitärer Verbesserungen lahm legt.
Das Verdienst, zuerst in Deutschland dem Schularzt die Pforten
geöffnet zu haben, gebührt den Städten Leipzig und Dresden.
Die ersten, allerdings noch sehr unvollständigen Versuche machte
Dresden schon im Jahre 1867, indem drei Ärzte angestellt wurden,
welche zeitweise dem Turnunterricht beizuwohnen hatten, von den
Direktoren mit Untersuchung einzelner Kinder beauftragt und wiederholt
bei epidemischen Augenkrankheiten in Anspruch genommen wurden.
Eigentliche Schulärzte waren dies jedoch nicht. Ak Geburts-
jahr des deutschen Schularztes ist vielmehr das Jahr 1889
anzusehen.
Auf einen Antrag des Dezernenten des Leipziger Volksschul-
wesens beschlossen daselbst im genannten Jahr die städtischen Behörden,
eigene Schulärzte anzustellen. Das Ministerium erteilte im folgenden
Jahre die Genehmigung, und im Jahre 1891 traten in Leipzig die
ersten deutschen Schulärzte in Tätigkeit. Schon 1893 folgten diesem
Beispiel Dresden und einige andere sächsische Städte, denen sich
1897 Nürnberg anschlofs. Alle anderen deutschen Städte standen
damals noch abwartend zur Seite. Von dem neuen Aufschwung des
Schularztwesens, welcher sich zu dieser Zeit in Wiesbaden vor-
bereitete, wird noch zu sprechen sein.
Li jenem Stadium der Entwicklung der deutschen Schularzt-
615 121
-firage befand sioh die Hygiene des Schul gebäudes und seiner
inneren Ausstattung im Vordergrunde des Interesses, und die Ob-
liegenheiten der Schulärzte bestanden hauptsächlich in Begehung der
Schulräume und in Überwachung der Beinliohkeit, der Ventilation
und Heizung, sowie des baulichen Zustandes der Schule in allgemein
hygienischer Hinsicht.
Es war den Ärzten „erlaubf^, bei ihren Schulbesuchen einzelne
Kinder einer genaueren ärztlichen Untersuchung zu unterwerfen,
doch mit der Beschränkung, dals dies nur zu geschehen habCi soweit
die Interessen des Unterrichts dabei in Frage stehen. Man war
noch nicht zu der Einsicht gekommen, daGs eine genaue Kenntnis
der körperlichen und geistigen Qualitäten eines jeden Kindes fär
den Unterricht von Wichtigkeit ist, und betrachtete die allgemeine
Untersuchung aller Schüler teils als zeitraubenden und unterricht-
störenden „wissenschaftlichen Sport*', teils als unerlaubten Eingriff
in die Bechte der Eltern, in jedem Falle aber als eine Privat-
angelegenheit und als abseits vom Arbeitsfelde der öffentlichen
Oesundheitspflege gelegen.
Auf diesem Gebiet trat erst später durch Wiesbaden eine
Umwertung der Begriffe ein. Bis dahin hatte man eine allgemeine
Untersuchung der Schüler nur dann als im öffentlichen Interesse
gelegen angesehen, wenn akute Infektionskrankheiten in einer Klasse
auftraten. Die Schulärzte waren in solchem Falle verpflichtet, auf
Oeheifs des Amtsarztes, dem durch die G-esetze die Überwachung
und Bekämpfang der Epidemien übertragen ist, die Kinder zu be-
sichtigen tmd Meldung zu erstatten.
Eine untergeordnete, aber von den Schulbehörden gern in
Anspruch genommene Tätigkeit der Schulärzte bestand endlich in
der auf Antrag vorzunehmenden Untersuchung einzelner Eänder bei
Verdacht ungerechtfertigter Schulversäunmis.
Im übrigen aber beschränkte sich der regelmäfsige schulärzt-
liche Dienst in jener Epoche, die ich als die „Vor- Wiesbadener^ be-
zeichnen möchte, fast ganz auf die hygienische Überwachung des
Schulhauses. Dies stand auch im Einklang mit den vom Genfer
internationalen Hygienekongrefs über die Aufgaben des Schularztes
aufgestellten Leitsätzen, welche sich hauptsächlich mit dem Bauplan
und den Lichtverhältnissen der Schulen, mit Heizung und Venti-
lation, mit den Subsellien und deren richtiger Besetzung, mit der
Körperhaltung und dem Bücherdruck befafeten, dann auch schul-
ärztliches Einschreiten bei ansteckenden Erkrankungen forderten,
16»
122 516
aber eine ftntliohe üntersaohtuig aller Kinder in etwas einseitiger
Weise nnr hinsiohlliclL der Angen fUr notwendig erklärten.
In Dänemark und Schweden war inzwischen durch die
grols angelegten IJntersuchnngsreihen von Axkti ELbbtel und Axeii
Est der Nachweis geliefert worden, dafs nicht nur die Kurz-
siohtigkeit, sondern auch eine grobe Reihe allgemeiner G-esnndheits-
störongen bei den Kindern des schulpflichtigen Alters sich Torfinden,
and dais manche Umstände den Verdacht auf üble Einflüsse des
Schulbetriebes nahe legen. Die im gleichen Geiste geführten Unter-
suchungen von ScHMiB-MoNKARD haben dies dann auch f&r deutsche
Verhältnisse dargetan. Dadurch wurde die Auffassung von dem
Arbeitsgebiet des Schularztes erweitert und nach der Richtung der
individuellen sanitären Überwachung der Schulkinder
bereichert.
Vor allem muTs hier auf Wiesbaden hingewiesen werden, wo
man zunächst probeweise eine genaue Untersuchung aller Schüler
vornahm und dabei einem unerwartet hohen Prozentsatz von Krank-
heitszuständen begegnete, von welchen weder die Schüler selbst,
noch deren Lehrer und Eltern eine Ahnung hatten, die auch dem
sachverständigen Blick des Arztes bei blo&er Besichtigung verborgen
geblieben waren und erst bei genauer Untersuchung diagnostiziert
werden konnten. Diese Leiden standen vielfach in Wechselbeziehung
zur Schule, indem sie teils die Erreichung des Unterrichtszieles
erschwerten, teils durch gewisse Zweige des Schulbetriebes nachteilig
beeinfluJBt wurden. Dadurch drängte sich der Wiesbadener Schul-
behörde die Überzeugung auf von dem greisen Nutzen einer ärzt-
lichen Untersuchung aller, oder doch zum wenigsten aller neu
in die Schule eintretenden Kinder. Der probeweisen Unter-
suchung folgte bald die ständige Einrichtung, die überdies an manchen
aulserdeutschen Orten, z. B. in Ungarn, schon seit Jahren bestand.
Die Wiesbadener Schulordnung enthält darüber folgende Be-
stimmungen: Bei jedem Kinde werden planmälsig Herz, Lunge,
obere Luftwege, Wirbelsäule, Haut, die höheren Sinnesorgane, bei
Elnaben auch die Bruchpforten untersucht und der Befund wird in
einen Gesundheitsbogen eingetragen, der das £and von Klasse zu
Klasse begleitet, um gelegentlich durch Eintragungen über die
körperliche Entwicklung ergänzt zu werden. Zweimal im Jahre
nimmt der Lehrer Messungen der Körperlänge und Wägungen
vor. Wo es erforderlich scheint, hat der Schularzt selbst Messungen
des Brustumfanges hinzuzufügen. Kinder, deren regelmäfsige ärzt-
517 12J
liehe Überwaohnng wünschenswert eisoheint, erhalten einen ent*
sprechenden Vermerk auf ihrem Gesundheitsbogen nnd müssen dem
Schularzt bei seinen in gewissen Zwischenräumen im Schulhaiose
abEuhaltenden Sprechstunden zor Kontrolle yorgeführt werden. Die
genaue Untersuchung aller Schüler ist im dritten, fünften und achten
Schuljahr zu wiederholen. Der Schularzt hat auf Grund dieser
Untersuchungsergebnisse dem Lehrer Winke zu geb^i über Berück-
sichtigung beim Unterricht, über Zuteilung bestimmter BankplAtze,
Befreiung von einzelnen ünterrichtszweigen, vom Turnen, Singen
oder Ton der Benutzung der Schulbrausebsder. Wenn sich Er-
krankungen vorfinden, welche ärztliche Behandlung erfordern, so ist
den Eltern davon durch die Schulbehörde in schonender Form
Kenntnis zu geben. Der Schularzt selbst hat mit der Behandlung
der Kinder nichts zu tun.
Die Wiesbadener schulärztlichen Einrichtungen fanden Beachtiuig
beim preußischen Kultusministerium, welches sieh im Jahre 1898
in einem Bundeserlals dahin aussprach, dalls die Schulärzte nach
Wiesbadener Muster einen nicht zu unterschätzenden Nutzen für
Volks- und Mittelschulen bieten, dafs dieselben mit den Schul-
zwecken wohl vereinbar und ohne Schwierigkeit praktisch durch-
führbar sind.
Mit der Wiesbadener Schularztordnung beginnt eine
neue Epoche in der Entwicklung des Schularztwesens in
Deutschland; dieselbe ist gekennzeichnet durch eine stärkere Be-
tonung der Hygiene des Schulkindes, ohne dab dabei die
vorher fast aueschlieislich gepflegte Hygiene des Schulhauses eine
Vernachlässigung erlitt. Sie ist femer dadurch gekennzeichnet, daXs
die Ausbreitung des Schularztwesens in Deutschland, welche bis
dahin überaus zögernd und langsam vor sich gegangen war, nunmehr
einen raschen AufBchwung nahm, indem viele greisere und mitÜere,
ja sogar manche kleinere Städte sich für Schulärzte entschieden.
Es wurde dabei meistenteils nach Wiesbadener Vorbild verfahren,
wenn auch in einigen, besonders in kleinen Städten Abweichungen
von diesem Schema vorkommen.
Vielfach hat man die Armenärzte, an einzelnen Orten auch die
Polizei- oder Stadtftrzte mit den schulärztlichen Funktionen betraut
und hierbei zuweilen rudimentäre Einrichtungen geschaffen, die nicht
allen Ansprüchen genügen. Im allgemeinen aber wurden nach Be-
kanntwerden der Wiesbadener Einrichtungen die neuaufgestellten
Schulärzte mit der grauen Untersuchung aller Schulneulinge beauf-
124 518
tragt. Selbst die Städte mit älteren sohulärztlioben Einriohtungen
wendeten sich jetzt von der früheren allzn engen Anffassung der
Tätigkeit des Sohnlarztes, der eigentlich fast nur ein Schnlhaus-
arzt war, ab. Leipzig nnd Chemnitz haben ihre Dienstord-
nung schon vor mehreren Jahren nach Wiesbadener Muster umgestaltet,
und in Dresden und Nürnberg besteht die gleiche Absicht.
Wer diese Epoche des Schularztwesens überblickt, muTs deu
Eindruck gewinnen, dais es gerade die erhöhte Obsorge für die in-
diriduelle Hygiene des Schulkindes war, welche der Institution
schnelleren Eingang bei den städtischen Behörden verschafft und
manches in der Lehrerwelt herrschende Vorurteil verscheucht hat.
Das Nutzbringende der schulärztlichen Tätigkeit trat deutlicher in
die Erscheinung, und die oft wiederholte Frage: „Kann der Schul-
arzt durch den Lehrer ersetzt werden P'^ begann allmählich zu ver-
stummen. In pädagogischen und ärztlichen Zeitschriften, sowie in
der Tagespresse häuften sich die Nachrichten über Neueinführung
von Schulärzten in gröiseren und kleineren Städten. Auf der
m. Jahresversammlung des Allgemeinen deutschen Vereins für Schul-
gesundheitspflege zu Weimar berichtete Abthub Habtmann, dafs
17 unter den 33 deutschen Groisstädten (von mehr als 100000 Ein-
wohnern) schulärztliche Einrichtungen besitzen, und Professor Leu-
BüSCHJBB führte derselben Versammlung den Arbeitsplan der ersten
Landschulärzte Deutschlands im Herzogtum Meiningen vor.
In letzter Zeit wurde es indessen immer schwerer, ein klares
Bild über die Ausbreitung und vor allem über die örtlichen Be-
sonderheiten des schulärztlichen Dienstes in Deutschland zu gewinnen,
da die aus verschiedenen Quellen fliefsenden Nachrichten sich zu-
weilen widersprachen, oft nur dürftige und laienhafte Mitteilungen
brachten oder mit solcher Verspätung eintrafen, dais von jahrelang
bestehenden Einrichtungen nur gelegentlich und wie zuMlig etwas
in die ÖfiFentlichkeit drang.
Die Schriftleitung des ,^8chulargt^ betrachtete es daher als eine
ihrer ersten Aufgaben, über das Schularztwesen in Deutschland
möglichst erschöpfende und vor allem zuverlässige Nachrichten ein-
zuziehen. Zu diesem Zwecke wurde ein Fragebogen an die Magi-
strate aller deutschen Städte von mehr als 20000 Einwohnern ver-
sendet, mit der Bitte um Beantwortung einer ILeihe bestimmt for-
mulierter, das Wesentliche des schulärztlichen Dienstes um&ssender
Fragen, und mit der ferneren Bitte um Übersendung der Dienst-
ordnungen und der in Verwendung stehenden Formulare. Auberden)
519 125
wurde an alle beamteten Ärzte des Dentsohen Beiohes (Kreisärzte,
Bezirksärzte, Oberamtsärzte nnd Physici) ein Formular versandt, in
welcbem die Bitte ansgesprooben war, anf einer beigefügten Post-
karte jene Gemeinden ihres Amtsbezirkes namhaft zu machen, welche
Schulärzte verwenden; die Niohtbeantwortung sollte als Fehlanzeige
gelten. Dadurch wurde erstrebt, auch über die kleineren Städte das
Nötige zu erfahren und die Zusammenstellung möglichst lückenlos
zu gestalten.
Die überwiegende Mehrzahl der Magistrate hat in dankens-
wertester Weise jede gewünschte Auskunft erteilt, und auch von
Seiten der Amtsärzte kam reiches Material in Einlauf. Manche noch
vorhandene Lücke konnte durch die gütige Auskunft ortsansässiger
Fachgenossen ausgefüllt werden, nur aus wenigen Orten, die am
Schlufs genannt werden sollen, war keine Auskunft zu erlangen.
Mit diesem Vorbehalt darf angenommen werden, data das zugeflossene
Material ein nahezu erschöpfendes Bild von der Verbreitung der
Schulärzte in Deutschland darbietet.
Der nachfolgende Bericht umfafst mehr als 100 deutsche Städte
mit rund 550 Schulärzten. Das Personalverzeichnis der deutschen
Schulärzte wird nach der alphabetischen Reihenfolge der Städte
im nächsten Heft veröffentlicht werden.
(Fortsetzang folgt.)
ftleinere Jtttteiltttigeti.
Schnlirzte für mittlere n&d hShere Schulen. Der Stadtmagistrat
von Breslau hat die Frage erwogen, ob es sich empfehle, auch fQr die
städtischen Mittelschulen und Gymnasien Schulärzte anzustellen, um für
seine Beratungen eine Grundlage zu gewinnen, hat der Magistrat ein Gut-
achten von der Schlesischen Ärztekammer erbeten. Die Zuschrift an die
Ärztekammer hat folgenden Wortlaut:
„Es unterliegt fär uns keinem Zweifel, daTs, soweit die hygienische
Überwachung der Schulen (Schulgrundstäcke und Grebäude) in Frage kommt,
eine ärztliche Mitwirkung auch bei diesen Anstalten zweckmäfsig sein
würde, dagegen wurden bei Erörterung der Angelegenheit erhebliche Be-
denken dagegen laut, die schulärztliche Aufsicht auch auf die Schaler aus-
zudehnen. Schon das Bedürfnis hierzu wurde bestritten^ sowohl in Rdck-
fiicht anf das besondere Schttlermaterial der höheren Schulen, als auch mit
126 520
dem Hinweis darauf, da(s ein wesentlicher Teil der scholSxztlichen Tätig-
keit an den Volksschulen, die Anfnahmeontersnchnngen der Lemanfftnger,
hier von vornherein in Wegfall komme. Gegenüber dem Vorschlage des
Stadtarztes bezüglich des Verfahrens bei Infektionskrankheiten wnrde be-
merkt, daft die hierüber bestehenden Vorschriften (Ministerialerlaß vom
14. Juni 1884 und 6. Angnst 1885) sidi als ansreidiend erwiesen h&ttrat
nnd eine Änderung nicht notwendig erscheine. Im übrigen versprach man
sich von der Tätigkeit des ^»Schüler^arztes wenig Erfolg, so z. B. von den
Klassenbesuchen, die, notwendigerweise auf kurze Zeit beschränkt, ein-
gehende Beobachtungen kaum zulieüsen. Hauptsächlich aber wurde die
Befürchtung ausgesprochen, daTs die schulätztliche Überwachung der Sdiüler,
wenngleich jeder Zwang ausgeschlossen sein sollte, zu Konflikten mit den
Eltern führen würde, welche durch das Einschreiten des Schularztes die
Autorität ihres Hausarztes bedroht sehen könnten. Auch gegen die Wä-
gungen und Messungen der SchtÜer erhob sich mehrfach Widerspruch,
nicht nur weil ihre Ausftlhrung Schwierigkeiten begegnen würde, sondern
auch weil ihnen ein Wert für die Schüler nicht b^zumessen sei. Bevor
wir uns nun schlüssig machen, ist es uns erwünscht, die Ansicht der iürzte-
kammer in dieser Frage kennen zu lernen. Wir ersuchen deshalb ergebenst
um eine gefällige gutachtliche Äufserung, ob die Ärztekammer die schul-
ärztliche Überwachung der Schüler an den mittleren und höheren Schulen
und die Wägungen und Messungen derselben für angebracht hält.**
Noch bevor die Ärztekammer über diese Zuschrift in Beratung ge-
treten war, beschäftigte sich die hygienische SdEtion der Schlesiechen Ge-
sellschaft für vaterländische Kultur mit diesem Thema. Professor Hermanit
CoHK berichtete über das Schreiben des Magistrats und über ein vom
Stadtarzt Dr. Oebbegke abgegebenes Gutachten und beantragte in Über-
einstimmung mit letzterem folgende Resolution:
„Die hygienische Sektion hält die Anstellung von Schulärzten auch
in den mittleren und höheren Schulen für sehr wünschenswert.^
Zur Motivierung erwähnte Cohn, dals es wissenschaftlich von höchstem
Werte sein würde, wenn der Aufnahmebogen auch jedes Schülers der
höheren Schulen uns über die etwa vorhandenen Krankheiten berichtete.
Es würde diese Statistik sich an die der Volksschulen genau anschlieisen,
und wir hätten dann einen Einblick in den Gesundheitszustand aUer Bres-
hiuer Kinder. Die Wägungen und Messungen würden von hohem anthro-
pologischem Interesse sein. Sie dauern in Klasse und Jahr nur eine Stunde
und könnten bequem auf dem Turnplatz gemacht werden. In Bezug auf
die Zehnminuten-Visiten des Schularztes in jeder Klasse stimmt Prof«
GOHN allerdings dem Magistrate bei; sie würden in den höheren Schulen
ebenso wertlos sein wie in den Volksseholen; in aehn Minuten lassen
sich keine wesentlichen Beobachtungen sMchen. Dagegen seien die sorg-
samsten Avgenuntersuchttigen bei jedem Schüler von SpeiiaUsteB, nament'*
lieh in den höheren Anstalten, vorzunehmen, in denen die Kunsiditigkeit»
wie er schon vor 40 Jahren nachgewiesen, besonders stark grasäert»
Referent glaubt, dab fünf Augenärste für die 10000 Kijuder, die ab«
normes Sehvermögen haben, genügen würden, und meint, dab die Oku-
listen gleich die nötigen Brillen verordnen künnten. Haupteaohe sei aber
581 127
zonAdist» da(s die Ärztekammer dem Magistrat die ABStellang der Schol'-
finte als aotwendig empfehle^ alles SpeaieUe weiteren Berato&gen ftber-
lassend.
Dieser Ansicht war aach Schularzt Dr. Samosoh, welcher in der
nftchsten Sitzung ein ansftüirliehes Referat über die in anderen Stftdten
Aber diese Frage gepflogenen Verhandlungen zu geben yeacspTwh. Sicher
sei der Gesmidheitssostand an h(Aeren Anstalten dnrchschnittlidi ein
scUediterer als in den Yolksschnleni Oft genügt die elterliche Fürsorge
nicht. Bs wftre wünsdienswert, dab detaillierte Fragebogra über Gesund-
heitszostand, Arbeits- und Schlafenszeit von £ltem und Hans&rzten ans-
gefüllt würd^; diese würden den Schularzt gut orientieren. Gerade bei
den höheren Schulen seien die durch die Schule bedingten Gesundheits-
störungen häufiger als bei den niederen Schulen.
Geh. Med.-Bart Prof. Dr. Jaoobi erkl&rte, sich nicht denken zu können,
dab irgend ein Arzt die Ausdehnung der ärztlichen Schulaufsicht auf die höheren
Schulen nicht befürworten möchte; doch dürfen die Anforderungen an
diese nicht übertrieben w^den. Die Schulärzte in den Volksschulen ent-
sprechen vorwiegend sozialpolitischen Gesichtspunkte; die dortigen Kinder
entbehren ganz oder teilweise zu Hause der ärztlichen Aufsicht; die höheren
Schulen bedürfen dagegen einer ärztlichen Beaufsichtigung d^ Schulhäuser
und Schuleinrichtui^en. In den niederen Schulen ist die Schulzeit viel
kürzer und weniger anstrengend; auch sind die meisten unserer Volks-
schulen bereits hygienisch weit besser eingerichtet als viele höhere Schulen.
Daher genügen für die Volksschulen allgemein gebildete
Schulärzte, für die höheren Schulen dagegen ist nur durch
Hygieniker und Augenärzte etwas Tüchtiges zu leisten. In
Breslau könnte das städtische Hygiaiische Amt, das dem Hygienischen
Institut der Königl. Universität angegliedert ist, wenn nötig, mit Hilfs-
kräften herangezogen werden. Augenärzte sind nicht zu entbehren,
weil tatsächlich die Schädigung der Augen die verbreitetste
und wichtigste Schulkrankheit bildet Umfassende wissenschaft-
liche Untersuchungen dürfen aber als regehnälsige Aufgaben den Schul-
ärzten nicht au^ebürdet, sondern müssen besondere Kommissionen zu
gelegener Zeit vorbdbalten werden.
Die von Prof. Cohk beantragte Besolution wurde nadi eisgehender
Debatte einstimmig angenomme.
Zahninttieke üatersnehiiBg in Schileii. Die Königl. Regierung
in Arnsberg hat unter dem 16. Februar d. J. folgende Verftigung er-
lassen: Dar Verein deutscher Zahnärzte inWestfisden hat mit unserer Zu-
stimmung zahnärztliche Untersuchungen in mehreren Schulen unseres Bezirks
ausführen lassen und sich dazu entschlossen, diese Untersuchungen jetzt
in gröberem Maisetabe vornehmen zu lassen. Auf Antrag des zweiten
Veruitaeiklen der zahnärztlichen Untersuchungskommission, Dr. med. Bösb-
Dresdea, haben wir gestattet, dafe die Zahnärzte Kaibbb in Amsbeiig,
FBBTBBff ia Hamm, ObvZiBPP in Unna, Sohultb-Ebbert in Dortmund,
Mbteb in Bochum, Ziblaseowsky in Bochum, Poth in Herne, Dbnokel
in GelsenkirGheB, Elvebfblbt in Gelsenkirchen, Eöbspih« in Watten-
sdieid) WiTTKOP in Witten, Lühmaitn in Lüdenscheid, Schbidt ia
128 522
Siegen, Sohulz in Siegen in den Volksschulen ihres Wohnsitzes statistische
Erhebungen über die Ursachen der Zahnyerderbnis anstellen. Die betreffenden
Herren Kreis- und Ortsschnlinspektoren haben hiemach das weitere zn
veranlassen und den Anträgen der Zahn&rzte, welche sich an sie wenden
werden, zn entsprechen. Ein Zwang ist gegen solche Schfller, welche sich
zur Zahnuntersuchung nicht bereit zeigen, in keiner Weise auszuflben.
Tätigkeit eines Landschnlantes. Der fttr den Landkreis Offen-
bach im vorigen Jahre angestellte Schularzt, Eüreisassistenzarzt Dr. Zdtsseb,
erstattete in der letzten Ereistagssitzung Bericht Aber seine Tätigkeit und
und den Befund der von ihm besuchten Schulklassen. Besucht waren
151 Klassen mit 11000 Schülern; die Untersuchungen erstreckten sich
auf Sehvermögen, Schwerhörigkeit, Stottern und sonstige Gebrechen. Sein
besonderes Augenmerk richtete sich auf die Reinlichkeit der Kinder und
der Schulräume. Die Schulräume lassen nach dem Bericht noch manches
zu wünschen übrig. Der Schularzt verlangte für die Schulen in Sprend-
lingen sechs weitere Klassen und neue Schulbänke (an Stelle der hundert-
jährigen alten Kasten). Der Bericht des Schularztes ergab die volle Be-
stätigung der schon so oft von den Lehrern vorgebrachten Klagen und
Beschwerden über absolut unzureichende Reinigung der Schnlsäle und
überfüllte Erlassen.
Zur Anstellung von Schnlärcten in Stettin, schreibt die ,,N. päd.
Zig.^ folgendes: „Die Stettiner Schularztfrage hat eine überraschende
Wendung genommen. Die KOnigl. Regierung hat die Dienstordnung für
die Schulärzte nicht bestätigt und zwar, wie verlautet, wegen des von der
Lehrerschaft bekämpften Paragraphen, der auch die Beobachtung des ge-
sundheitlichen Zustandes der Lehrpersonen vorsah. Die schon gewählten
Schulärzte haben demgemäb ihre Funktionen bei der Aufiiahme der neuen
Schulrekmten nicht wahrnehmen können. — Die Stellungnahme der KOnigl.
Regierung gegenüber der städtischen Schularztdienstordnung entspricht der
motivierten Bitte, die der hiesige Lehrerverein, als alle Schritte bei den
städtischen Körperschaften vergeblich geblieben waren, an die vorgesetzte
Behörde absandte." (Der Widerstand der Lehrerschaft gegen diese Forde-
rung erscheint uns jedenfalls nicht im Interesse der Schule. D. Red.)
Ärctliche Besichtignng der Schulen in Hamburg. Wie die
„JV. Hamh. Ztg,^ meldet, revidiert Herr Phjsikus Dr. Sievekino im
Auftrage der OberschulbehOrde alle Hamburger Volksschulen hinsichtlich
der hygienischen Beschaffenheit der Schulzimmer, der Turnhallen und aller
Nebenräume.
Zur Anstellung von Schulärzten. In vielen norddeutschen Zei-
tungen erschien in letzter Zeit eine gleichlautende, angeblich der „Jf. poUi,
Korr."' entnommene Notiz folgenden Inhalts: Nachdem die bisher mit der
Tätigkeit der Schulärzte in verschiedenen Städten gewonnenen Erfahrungen
im Interesse der Durchführung einer zweckentsprechenden Schulhygiene
günstige Ergebnisse geliefert haben, sind die Bezirksregierungen bemüht,
die Anstellung von Schulärzten für die Öffentlichen Volksschulen möglichst
in allen grOlseren Städten einzuführen.
Neue Schulärzte« In Bunzlau hat der Magistrat beschlossen, einen
Schulzahnarzt mit 460 Mark Honorar anzustellen. — Die Stadtverordneten-
523 129
yersammliuig in Worms hat sich fftr Anstellung von drei weiteren Schul-
ärzten entschieden. — In GOttingen hat die Stadtverwaltung beschlossen,
die Tätigkeit der seit 1900 fungierenden beiden Schulärzte auch auf die
drei vorhandenen Warteschulen auszudehnen.
SchnUrcte in Colnmbia. Wie wir dem „Brit med. Jaum^
(No. 2205) entnehmen, hat der Eongreis von Columbia die Anstellung von
zwölf Schulärzten, von denen vier der farbigen Basse angehören müssen,
beschlossen. Das ausgesetzte Grehalt beträgt 6000 Dollar. Die Bewerber,
die eine mindestens fOnfjährige ärztliche Praxis nachweisen mflssen, haben
sich einer besonderen Prüfung zu unterziehen.
ftterartf4ie ßtfpvt^nn%tn.
Enigegmkug auf das Referat von Dr. Frank enbnrger in No. 6 des
,,Schalar£t^< (Seite 82 bis 85).
Wenn es dem Referenten „merkwürdig*^ erscheint, dafs ich gerade
einzelne zweifelnde Berichte citiert habe und nicht die guten, so mufs ich
auf Seite 16 meiner Broschüre verweisen, wo es wörtlich heifst: „Wenn
jedoch immer wieder auf die , Notwendigkeit* der Anstel-
lung von Schulärzten hingewiesen wird, mit Rücksicht auf
deren Erfolg, so müssen auch die gegenteiligen Erfahrungen
mitgeteilt werden.** Wenn dem Referenten die Vororte Berlins nicht
genügend als Beweis für meine Behauptung erschienen sind, dafs da, wo
mangelhafte hygienische Schulverhältnisse vorhanden, die Anstellung von
Schulärzten allein nicht zur Behebung derselben genüge, so verweise
ich ihn auf (JreifiBwald, wo am 1. April 190S die Schulärzte nach zwei-
jährigem Bestehen zu Grabe getragen worden sind, was gewifs nicht als
Beweis dafür anzusehen ist, dafs sich „das System*' bewährt hat, sowie
auf die Erfahrungen mit den vielgepriesenen Schnlarzteinrichtungen in New
York (siehe meine Broschüre, Seite 7), um daraus zu ersehen, welche
Früchte die Schularztfrage für uns Ärzte im allgemeinen ge-
tragen hat. Wogegen ich ankämpfe, ist doch nicht die Beaufsichtigung
der Schule und Schulkinder durch Ärzte, sondern „das System**, wie es
vielfach angewendet, und wie es speziell auch in München gemacht
werden soll.
Wenn Referent femer verlangt (S. 84) oder glaubt, dafs es durch-
führbar erscheint, dafs Schulärzte „oft und zu allen Zeiten das Schnlhaus
besuchen** dürften, so irrt er sich gewaltig; ich habe gerade über diese
Frage mit allen mafsgebenden Persönlichkeiten in München (ich mufs
immer wieder den Schwerpunkt darauf legen, dafs ich die lokale Lösung
der Frage im Auge habe) gesprochen und er&hren, dafs eine derartige
Forderung schon „aus schultechnischen Gründen" niemals erfüllt werden
kann.
180 524
Dab auch ohne Schnlftrzte eine Bessemng der als , mangelhaft^ yod
mir bezeichneten Reinigong — der wichtigsten hygienischen Forderong —
der Schalen möglich und durchführbar ist, hat inzwischen der Erfolg be-
wiesen. Auf meine diesbezüglidie Anregung ist one Reihe von Artikeln
in der Münchner Tagespresse erschienen, darunter ein sehr beachtenswerter
,,aas Fachkreisen" im ,, General- Anzeiger", der ^Mflnchener Neuesten
Nachrichten", No. 188, welcher sich eingehend mit der von mir (in meiner
Broschüre, Seite 13) als „£ine Hausmeisterirage" bezeichneten Angelegen-
heit befafst, und die Folge davon war ein an das Gemeinde-Kollegium
gelangter Antrag: „Der Magistrat mOge ersucht werden, eine Revision
der bisherigen Vorschriften, betreffend die Reinigung von
Schullokalitäten bald vorzunehmen, da die bisher geltenden Bestim-
mungen selbst bei genauester Einhaltung durch die Schulhausmeister sich
als unzureichend erwiesen haben."
Im übrigen muls ich den Referenten bezüglich der speziellen Lösung
der Frage, wie ich mir die „fachmännische" (?) — d. h. durch „Ärzte",
nicht durch Lehrer — Beaufsichtigung der Schule in München denke, auf
meinen Artikel: Amtliche Schulärzte oder Schulärzte im Nebenamte? Ein
weiterer Beitrag zur Schularztfrage in München {Bayer, HtbÜ. Carre-
spondenehly No. 10 und 11), verweisen.
Dr. Hcrao STSBNFSLB-Mflnchen.
Dr. A. Steiger. Zweck und Methode der AigemmtersiiiAiuigen
in den Yolksaehnlen« (Jahrbuch der Schweizerischen Gesellschaft Ür
Schulgesundheitspflege. 1902. L)
Um über den Orad der Schädigung des Auges durch die Schule und
über die Frage, ob die Schule als Ursache der hochgradigen Kurzsichtige
keit anzusehen ist, Gewifsheit zu haben, müssen vor allen Dingen alle
Kinder beim Eintritt in die Schule genau auf ihre Refraktion untersucht
werden. Und zwar ist es unbedingt notwendig, da(s die Untersuchung
eine ärztliche sei und nicht dem Gutdünken des Lehrers überlassen werde;
denn ehe der Lehrer auf eine Anomalie des Sehorgans auflnerksam wird,
ist meist schon ein erheblicher Grad des Brechungsfehlers vorhanden. Be-
sonders muls immer und immer wieder der weit verbreiteten Ansicht d^ Laien
gegenübergetreten werden, dafs die „Gewöhnung** an eine Brille etwas
Schädliches sei, und immer wieder mufs betont werden, dais ein richtiges,
zweckentsprechendes Augenglas geeignet ist, nicht nur das Sehorgan zu
schonen und leistungsfähig zu machen, sondern auch auf die ganze geistige
Entwicklung des Kindes einen heilsamen Emfluls anszaüben.
Verfasser beschreibt des weiteren die Methode und praktische Aas-
ftthmng der Augenuntersuchung in den städtischen Schulen Zürichs und
stellt die überaus lehrreichen Resultate in übersichtlichen Tabellen zusanmien.
Bezüglich der Einzelheitea muls auf das Original verwiesen werden.^
Dr. HsiMAim-Chartottenburg.
^ Siehe auch diese Zeiteehrift, 1902, S. 128.
525 131
)Dieii|lor)iitttt0eii für S^nlat}it.
Ordnung fftr die gesnndheitliehe Überwachung der städtiscben
Yolksscholen zu Chemnitz durch SchulSrcte und Lehrer.
(Schlafs.)
§ 24.
Ein Recht anmittelbarer Anordnung oder Anweisnng an Direktor,
Lehrer oder Schalhansmann steht dem Schalarzt nicht zu. Er hat yielmehr,
fiofem er Mifsst&nde wahrnimmt, welche nicht ohne weiteres im Ein-
yernehmen mit dem Direktor abgestellt werden können, oder wenn er
sonst in Beziehang aaf die Behandlang der Kinder oder die gesnudheit-
lichen YerhSJtnisse des Schnlhanses Mafsnahmen fdr erforderlich erachtet,
diese in der Regel in der schalärztlichen Konferenz zur Sprache zu bringen.
Pflichtet die Mehrheit der Konferenz ihm bei, so hat der erste Schalarzt
hierüber schriftlichen Bericht an den Scholansschnls zn erstatten; im
anderen Falle wird der Anregung eine weitere Folge nicht gegeben.
Nor in dringlichen Fällen ist es dem Schalarzt gestattet, sich an-
mittelbar an den Schalaussclmls za wenden. Er hat jedoch diesfalls dem
ersten Schalarzt gleichzeitig eine entsprechende Mitteilung zugehen zu lassen.
§ 25.
Der Schularzt erhält für jede Schule eine Registrande und ein
Revisionstagebuch. In ersterer sind die sämtlichen Eingänge unter laufender
Numerierung einzutragen, in letzterem sind über die bei den Revisionen
-der Schule gemachten Beobachtungen kurze Niederschriften zu bewirken.
Aufserdem hat der Schularzt von ieder ihm zugewiesenen Schule eine
deren örtliche Lage und Beschaffenheit vom Standpunkte der Gesundheits-
pflege darstellende Beschreibung anzufertigen und auf dem Laufenden zu
erhalten. Dieselbe ist dem Schulausschufs auf Verlangen zur Kenntnis-
nahme einzureichen.
Diese und die sonstigen amtlichen Niederschriften sind Eigentum des
Rates und bei etwaiger Amtsniederlegung seitens des Schularztes an jenen
zurückzugeben.
§ 26.
Über ihre Tätigkeit haben die Schulärzte al^ährlich bis Ende April
für das vergangene Schuljahr einen Bericht an den ersten Schularzt zu
erstatten, welcher die Einzelberichte mit einem übersichtlichen kurzen
<jresamtbericht bis Ende Mai dem Schnlausschnsse .vorlegt.
Diese Berichte sollen enthalten:
a) Die tabellarisch zusammengestellten Ergebnisse der Aufnahme-
untersuchungen,
b) die Zahl und Art der wichtigeren in den Sprechstunden fest-
gestellten Erkrankungsfälle,
c) die getroffenen besonderen ärztlichen Anordnungen (BeschräDkung
der Unterrichtsstunden etc.),
132 526
d) die ZaM der ständiger ärztlicher Überwachnng unterstehenden
Kinder, sowie
e) Angaben Aber die in das Revisionstagebach eingetragenen Ans-
stellangen an den Baulichkeiten nnd Einrichtungsgegenständen.
§ 27.
Im Falle zeitweiliger Behinderong haben sich die Schalärzte gegen-
seitig — zunächst in den benachbarten Schalbezirken — unentgeltlich zu
vertreten: Nötigenfalls bestimmt der erste Schularzt den Stellvertreter.
Von der Vertretung sind die betreffenden Direktoren und, sofern die Be-
hinderung länger als eine Woche dauert, der erste Schularzt nnd der
Schulausschuls in Kenntnis zu setzen. Einer Benachrichtigung und der
Bestellung eines Vertreters bedarf es nicht, wenn die Behinderung in die
Zeit der städtischen Schulferien fällt.
§ 28.
Der Rat behält sich vor, diese Ordnung, welche gleichzeitig als
Dienstanweisung für die Schulärzte, die Direktoren und die Lehrer gilt,
jederzeit abzuändern oder zu erweitem.
Chemnitz, am 22. März 1901.
Der Rat der Stadt Chemnitz.
Dr. Beck, Oberbärgermeister. Gerbeb, Bürgermeister.
Anlage I.
Mitteilung an die Eltern nnd Ersieher
unserer Schulkinder.
Zum besseren Schatze der Gesundheit der die Volksachulen besuchenden
Kinder sind von der Schulgemeinde Schulärzte anffestellt, denen die arztliche
Untersuchung der in die Schalen eintretenden Kinder und die regelmäfdge
Überwachung ihres Gesundheitszustandes, solange sie die Schule besuchen
(nicht die ärztliche Behandlung) übertragen ist.
Diese Einrichtung wird den Schulkindern wie deren Familien von wesent-
lichem Nutzen sein. Bei der Unterrichtserteilung wird die Körperbeschafifenheit
und der Gesundheitszustand des einzelnen Kindes weitergehende Berücksichtigung
finden, als es bisher geschehen konnte, und es werden die Eltern durch die
zu ihrer Kenntnis gebrachten Beobachtungen der Schulärzte in ihren Bestrebungen,
ihre Kinder gesund zu erhalten, unterstützt werden.
^ ( Damit den gegenwärtig die Volksschulen bereits besuchenden Kindern
^ ) die gleiche Berücksichtigung in gesundheitlicher Beziehung zu teil werden
^ I kann, soll zu Beginn des nächsten Schu^ahres — Ostern 1901 — eine
** V schulärztliche Untersuchung sämtlicher Schulkinder stattfinden.
Eltern bezw. Erzieher, welche wünschen, dafs Kinder nicht durch den
Schularzt untersucht werden, müssen den erforderlichen gesundheitlichen
Kachweis durch
spätestens bis zum 19
der Schule einzureichende Zeugnisse eines geprüften Arztes erbringen, welche
unter Benutzung des yoreeschriebenen — in der Schulexpedition und bei dem
Schulhausmann unentgeltlich entgegenzunehmenden — Vordrucks ausgestellt sind.
Der SchulauBBchnfs sn Ohenmits.
627
Anlage TL
133
ftr.
Ärstliches Zengnis
...., Sohn — Tochter — d.
geb.«.
Allgemeine KQrper-
besehaifenheit,
fireistigre Fähigkeiten
Brnatorgane
Banehorgane
Wirbels&Qle nnd
Gliedmalken
Haut (Parasiten)
Augen, Sehvermögen
Ohren, Gehör
Mund, Nase und
Sprache
Besondere
Bemerkungen
Antliche Anträge
betr. Unterrieht
Chemnitz, den 1 9.
Aaaierkug;
prakt. Arzt.
Die Herren Ante werden gebeten, im Interesse der Sache den Schein mög-
lichst genau aussufüllen. Die erste Spalte .Allgsmelne KVrperbesehaffeakeit**
ist itets ausxuf&llen, und swar nach den unterschieden „gut'S „mittel*',
«schlecht'', event. in Klammer (Chlorose — Tuberkulose u. s. w.), die übrigen
Spalten bei vorhandenen Krankheitsersoheinunffen.
Eine nähere Angabe der letsteren in Spalte „Besondere Bemerkungen''
ist besonders dann geboten, wenn Schulversäumnisse oder besondere Be-
rflcksichtigung des Kindes beim Unterricht einschlieAlich Turnen in Frage
kommen.
Ein ftntliches Zeugnis unter Benutiung dieses Scheines ist so oft
auszustellen und der Schule mitzuteilen, als es im Interesse des Kindes
erlorderlich scheint.
134
528
Anlage IIL
Gesnndheitssohein
fttr.
., Sohn — Tochter — d.
geboren den 19.
geimpft den
.19 Schule seit.
19-.
wiedergeimpft den.
19 Schale seit.
19
Schuljahr
(Sommer-
und
Winter-
Halbjahr)
1
Allgemeine
Körper-
beschaffen-
heit
2
GrOfte
cm
8
Ge-
wicht
kg
4
Brnst-
am-
fang
cm
6
Brost und
Bauch
6
Haut-
erkran-
kuagen
(Parasiten)
7
Wirbel-
säule
und
Glied-
mafren
s.
T
1.
w.
s.
TT *
11.
w.
Schuljahr
(Sommer-
und
Winter-
Halbjahrj
6
Augen
und
Sehschärfe
Ohren
und
Gehör
10
Mund,
Nase
und
Sprache
11
Besondere
Bemerkungen
u. Vorschlage
fUr die .
Behandlung
in der Schule
s.
I.-
18
Büt-
teilnng^n
an die
Bitern
18
Bemerkungen
des
Lehrers
W.
S.
II.-
w.
^ Für jedes Schi^jahr eine Rubrik.
529
135
Ailage lY.
Rag. n A nr.
Mitteilimg.
Die sohnUbnEtliche Untersuchung IlireB Eöndes ~ Pflegekindes —
geb -
hat ergeben, dafii dMselbe an
-- leidet För die Gesund-
heit Ihres Kindes und für das Interesse der Schule ist deshalb
dringend wünschenswert
Chemnits, den —
19......
An
Der SehnlaiUMehnDi.
Anlage V.
..«Schale, Klasse.
Hitteflong ttber ansteckende Erkranlning von Schnlkindern«
Des erkrankten Kindes
Familien- and
Vorname
Alter
Wohnong
(BtraAe, Haus-
nummer, Geechoft)
Art der
Krankheit
Name des
behandelnden
Arstee, sofern
er bekannt ist
Schuldirektor.
Der Sehularnfe. L
136 530
BariehtifnngeiL
In Heft 1, Seite 8, 4e8 „Sehuiantf leiste Zeile statt Laqvib, Dr., Stabf-
anty lies: Laquib, Dr., Nenrenant und Sohularst.
In Heft 5, Seite 81, des „SchuiarMt^ ist irrtfimlioh angegeben, dais jeder
der sechs Kasseler Schulärzte 600 Mark an jfihrlichem Honorar besieht» es
moTs heiisen 800 Mark.
In Heft 6, Seite 103, des „SehuJargtff Zeile 6 von oben statt Wshobb
lies Msirout, und ibidem Seite lOi, Fnümote letste Zeile, statt 1902 lies 1892.
Irttfidrift jlt Si||«l0(fn]i)i||(tt9ii|legr.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 8.
ArtgtitaUb^aiiMttttgett.
Schulpantoffeln in Amsterdam.
Von
Dr. med. J. M. C. Mouton - Haag.
Unter den yerschiedenen Mafsnahmen, die dazu dienen, den
Gesnndheitszostand speziell der armen Kinder in Volksschulen zu
beben, ist die Fürsorge für trockene, warme Füise besonders em-
pfehlenswert, nnd wollen wir daher, nach einem Berichte des
„Nieuwe Courant", mit einigen Worten auf die Arbeit eines Komitees
zu Amsterdam aufmerksam machen, welches sich zur Aufgabe gemacht
hat, dafür zu sorgen, dafs die Kleinen nicht mit nassen Füisen in
der Schule zu sitzen brauchen. Gute Schuhe, welche bei Regenwetter
die FüTse gegen NaTswerden schützen können, findet man bei den
ärmeren Gesellschaftsklassen nur vereinzelt. Haben die Blinder bei
Hegen- oder Schneewetter eine längere Strecke zurücklegen müssen,
bevor sie nach der Schule kommen, so sind bei vielen von ihnen
die FüTse durch und durch nafs und die Kinder also gezwungen,
mehrere Stunden hinter einander mit den nassen und im Winter
auch kalten Füfsen sitzen zu bleiben, was nicht nur unangenehm,
sondern geradezu gesundheitsschädlich ist.
Om nun etwaigen Nachteilen vorzubeugen, will das obengenannte
Komitee, womöglich in jeder Volksschule, eine gröisere Anzahl von
Pantoffeln disponibel halten und hierdurch ermöglichen, dals die
Kinder mit schlechtem Schuhwerk, sobald sie in die Schule ge-
kommen sind, die nassen Schuhe ausziehen und während des Unter-
richtes Pantoffeln tragen können, welche nach dem Unterricht wieder
zurückgegeben werden müssen und immer in der Schule verbleiben.
Sehnl^fundheiUpfle^. XVL 28
532
Das Komitee ist vor zwei Jahren in Aktion getreten. Der
Gesamtbetrag der eingenommenen Gelder (fl. 899.91) war im letzten
Winter bedeutend höher als im ersten (fl. 441.44). Diese Steigerang
der Einnahmen findet zum Teil darin ihren Gmnd, daCs man im
vergangenen Winter früher als im ersten Jahre die Aufmerksamkeit
des Publikums auf die Sache gelenkt hat. Damals erschien die erste
Bitte um Hilfe im Dezember, jetzt schon anfangs Oktober. Ein
anderer Grund ist wahrscheinlich in den zahlreichen Verbindungen
zu suchen, welche das Komitee allmählich angeknüpft hat.
Die zur Anwendung kommenden Pantoffeln wurden im ersten
Jahre durch Amsterdamer Arbeitslose angefertigt, im vorigen Winter
dagegen wurden zwei solide Firmen in Nordbrabant mit der Fabri-
kation beauftragt. Sie lieferten im ganzen 908 Paare, welches
Fabrikat durch einen Fachmann geprüft wurde. Nach seiner Ansicht,
der sich auch alle Mitglieder des Vorstandes anschlössen, waren diese
Pantoffeln denjenigen der Arbeitslosen vorzuziehen; bei gleicher So-
lidität sind sie bedeutend hübscher und ihr Preis erheblich billiger:
während früher fl. 1.73 für jedes Paar ausgegeben wurde, stellte
sich jetzt der Preis durchschnittlich auf 96 cts. Im ganzen wurden
958 Paar Pantoffeln angekauft ; aulserdem überraschte eine wohltätige
Dame in Amsterdam das Komitee mit einem Geschenk von 319 Paaren,
die sie auf eigene Rechnung durch eine hiesige Schusterfamilie hatte
anfertigen lassen, so dafs aufser den 231 Paaren des ersten Jahres
1277 Paar neue Pantoffeln zur Verfügung gestellt werden konnten.
In der Tat waren fast in allen öffentlichen Schulen und auch in
einigen Privatschulen Pantoffeln des Komitees im Gebrauch. Einige
öffentliche Schulen bedurften der Hilfe des Komitees nicht, weil sie
durch Gaben von anderer Seite in die Lage versetzt waren, ihren
Bedarf an Pantoffeln selbst zu bestreiten. Einigen anderen Schulen
erschien das Bedürfnis nach Schulschuhen nicht dringend, oder es
wurde vom Schulvorsteher dieser Einrichtung kein Verständnis ent-
gegengebracht.
In neuester Zeit ist nun innerhalb der Gemeindeverwaltung der
Gedanke aufgetaucht, es wäre am Platze, das Bedürfnis der Schul-
kinder nach trockener, warmer Fulsbekleidung in der Schule aus
öffentlichen Mitteln zu decken, und der Ausschufs des Gemeinderates
stellte in der Tat den Antrag, es möchten probeweise für das Amts-
jahr 1903 die Kinder, welche Schulpantoffeln nötig haben, mit den-
selben auf Kosten der Stadt versehen werden, und zwar sowohl in
den öffentlichen als in den ihnen gleichgestellten Privatschulen; dafür
533
sollten 14000 fl. (ungefähr 23500 Mark), also 14 mal die Summe,
über welche das Komitee als Einnahme zu verfügen hat, bestimmt
werden.
Leider wurde der Antrag des Ausschusses mit 22 gegen 17 Stimmen
abgelehnt. Ebenso erging es einem weiteren Antrage, es solle unter-
sucht werden, inwieweit es möglich sei, durch Subvention von Seiten
der Gemeinde private Vereinigungen für Kinderernährung und -Kleidung
in die Lage zu setzen, den Schulbesuch durch Unterstützung armer
Kinder nach diesen beiden Richtungen hin zu fördern.
Das Komitee für Schulpantoffeln ist also nach wie vor auf seine
eigenen Einnahmen angewiesen; hoffentlich wird die private Wohl-
tätigkeit dafür Sorge tragen, dafs seine Tätigkeit im Interesse dürf-
tiger Schulkinder sich weiter entfalten kann.
Über Verletzungen des Auges und Schultinte.
Von
Dr. E. H. Oppenheimeb,
Augenarzt in Berlin.
In No. 2 des laufenden Jahrganges dieser Zeitschrift hat
Dr. Heymann einen sehr beachtenswerten Beitrag zur vermeintlichen
Gefährlichkeit der Schultinten geliefert, in dem er zum SchluJs
kommt, dafs im Gegensatz zur allerdings weit verbreiteten, aber auf
mangelhaften Untersuchungen basierten Ansicht von der Infektions-
gefahr der Tinte dieselbe „ein in kleinen Mengen völlig ungefähr-
liches, von pathogenen Mikroorganismen freies Präparat darstelle,
demgegenüber keine anderen Yorsichtsmafsregeln erforderlich sind
als die der Wohlerzogenheit und Sauberkeit'', und „dafs sie den
Erregem von Blutvergiftungen gegenüber eine groise desinfizierende
Wirksamkeit entfalte **.
um diese Laboratoriumsversuche durch einen Fall aus der
Praxis zu illustrieren und zu erhärten, den mir der Zufall vor
kurzem in die Hände spielte, sei es mir an dieser Stelle erlaubt,
folgende Augenverletzung gewissermaisen als Probe aufs Exempel
kurz zu schildern.
28*
534
Vor einigen Monaten wurde mir der nennjährige G^emeinde-
Bohüler L. von einem Kollegen aus der Unfallstation, wo er bald
nach der Verletzung einen Schutzverband erhalten hatte, in die Poli-
klinik geschickt. Der Knabe erzählte, die Verletzung sei vor circa
zwei Stunden in der Pause geschehen. Ein Mitschüler, der die Frei-
heit dadurch ausnutzte, daCs er mit dem Federhalter nach einem Ziel
warf, habe das Auge aufgespiefst. Auf das Geschrei des Kindes
habe der Lehrer die Feder entfernt. Die Feder sei ganz geblieben.
Der objektive Befund war folgender: Nahe der Oorneoskleral-
grenze beginnend, zeigte sich im vertikalen Meridian unten (Flucht-
bewegung des Auges) eine 6 — 7 mm lange, tiefe Skleralwunde, auf
der Fetzen schwarzgefärbter Oonjunctiva und Schleimmassen auflagen.
Nicht nur die Stichwunde, sondern auch die Umgebung im Umkreise
von über 1 cm war blauschwarz gefärbt. Im Hinblick auf die Vor-
buchtung, die Tiefe und Farbe der Wunde hatte man den Eindruck
eines Prolapses. Nach sanfter Freilegung mittels spitzen Schiel-
hakens gewann ich jedoch die Ansicht, daJGs es sich lediglich um
eine recht tiefe Skleralwunde ohne Verletzung des Ciliarkörpers han-
delte. Die Umgebung wies bereits konjunktivale und ciliare Injektion
auf. Tension, die Pupillenverhältnisse und der Augenspiegelbefund
waren normal. Ich stellte also vorläufig eine gute Prognose. Nach
Abtragung der Konjunktivalfetzen und Berieselung mit physiologischer
Kochsalzlösung gab ich dennoch 1 Tropfen Atropin für alle Fälle,
legte einen feuchten Occlusivverband an, nähte aber nicht. Nach Verlauf
von 14 Tagen war das Auge reizfrei, die Wunde geschlossen. Zur-
zeit ist allerdings die Stelle der Verletzung in der Gestalt eines
Tintenflecks, eines „Naevus^, immer noch sichtbar.
Wären in der Tinte tatsächlich die früher angenommenen In-
fektionskeime vorhanden gewesen, so hätte in diesem Fall mit gröister
Wahrscheinlichkeit eine im Hinblick auf die Lage der Stichwunde
sehr üble Infektion stattgefunden, die den Untergang des Auges hätte
herbeiführen können«
Auch in den Berliner Gemeindeschulen ist die Wahl der Tinte
dem jeweiligen Rektor freigegeben. Es handelte sich hier um eine
Blauholztinte.
535
Das Scholgebände nnd seine Einrichtimg in Frankreich
und in Elsa&-Lothringen.
Von
Dr. med. Alfbed Kuhn,
prakt. Arzt zu StraDsburg-Neudorf.
(Schlnfs.)
F. Tnrn- nnd Spielplatz.
In der neueren Zeit wenden die Sohulbehörden von Tag zu
Tag mehr dem Turnunterricht ihre Aufmerksamkeit zu, und es sind
die TumübuDgen mit Recht obligatorisch geworden, selbstverständlich
Dur für die tumfähigen Schüler.
Soll jedoch dieser Unteiriohtszweig mit Aussicht auf einen
günstigen Erfolg betrifdben werden, so müssen hierzu auch zweck-
entsprechende Räumlichkeiten vorhanden sein.
a) Offener Spiel- und Turnplatz. Ich habe früher schon
hervorgehoben, dafs bei Berechnung der Grölse des Schulplatzes auf
einen hinreichend grofsen Spielplatz Bedacht gCDommen werden
mulis, da derselbe von eminenter hygienischer Bedeutung ist. Dieser
Spielplatz kann bei guter Witterung auch als Turnplatz benutzt
werden. Die Hauptsache ist, dafs der Spielplatz der Zahl der
Kinder entsprechend grols genug ist. Je gröiser er angelegt ist,
desto besser ist es.
BunaEBSTEiN und Netoutzkt sprechen die Meinung aus (1. c.
S. 200), dals man, wo tunlich, bis zu 5 m' pro Schüler fordern,
wo jedoch Platzmangel vorhanden sei, also in den älteren Teilen
grolser Städte, nicht unter 2 m' herabgehen sollte.
In Elsafs-Lothringen werden für jeden Schüler mindestens
2,5 m' Raum begehrt, wie sich aus folgenden Bestimmungen der
„Verfügung des Oberpräsidenten" ergibt: „In tunlichster Nähe des
Schulhauses mufs sich ein Spiel- und Turnplatz befinden, welcher
womöglich vom Schulgebäude aus übersehen werden kann und für
jeden Schüler 2,5 m' Raum enthalten mufs^. Das „Röglemenf
hingegen schreibt vor: „38. La surface du pr^au döcouvert sera
calculee k raison de 5 mötres au moins par ^l^ve; eile ne pourra
avoir moins de 200 mötres^.
536
In Frankreich ist man demnach hierin freigebiger als bei nns.
Dafs man allerdings in Städten, je nach den Umständen, etwas spar-
sam verfährt, lälst sich verstehen. Dais aber in denjenigen Ge-
meinden, in welchen billiges Terrain in genügender Gröfse zu haben
ist, nicht mehr als 2,5 m* pro Schüler vorhanden zu sein brauchen,
erscheint verfehlt, und es sollte durch eine verbesserte Vorschrift
diesem Übelstande abgeholfen werden.
Der Spiel- und Turnplatz mufs eben und trocken und so her-
gestellt sein, dals Verletzungen der Kinder beim Fallen so viel wie
möglich vermieden werden. Derselbe soll aus diesen Gründen ge-
maus der „Verfügung des Oberpräsidenten*', „so angelegt sein, da£s
das Tagwasser einen raschen Abzug findet; er ist, wo es erforderlich,
anzuschütten, zu ebnen und zu walzen und am zweckmäüsigsten mit
gutem Kiessand zu überfahren*'.
Das „Reglement" enthält hierüber eine etwas ausführlichere
Bestimmung, welche lautet:
„39. Le sol sera sablö et non pavö ou bitumö. Le bitume et
le pavage ne pourront dtre employäs que pour les passages et les
trottoirs, lesquels ne feront jamais saillie.
40. Les pentes du sol seront am^nag^s de fagon h assurer le
facile et prompt öcoulement des eaux. Les eaux mönagäres ne
devront jamais traverser les pr^aux. Dans le cas, oü le terrain
serait en declivitä, la pente ne devra pas döpasser 0,02 m par mötre.*'
Im Sommer muls den Kindern auf den Spielplätzen Gelegen-
heit geboten sein, sich vor den allzu heiisen Sonnenstrahlen zu
schützen. Es ist daher in beiden Ländern üblich, an einzelnen
Stellen der Spielplätze Bäume zu pflanzen. Bei uns ist dies aller-
dings nicht unbedingt vorgeschrieben, sondern nur erlaubt: „Die
Grenzen können mit schattengebenden Bäumen bepflanzt werden",
sagt die „Verfügung des Oberpräsidenten ^, während sich im „Regle-
ment^ folgende Vorschrift findet:
„41. Le pr^au d^couvert ne sera plante d'arbres qu'ä une
distance des classes de 6 m^tres au moins. On tendra oompte, dans
la disposition des arbres, de Tespace necessaire aux exercioes et aux
jeux des en£etnts".
Ob das Anbringen von Bänken auf dem Schulhofe zweckmälsig
isty wie es nach dem Wortlaute beider Verfügungen gestattet ist,
möchte ich bezweifeln. Der Schulhof ist nicht dazu da, dafs sich
die Kinder während der Pausen hinsetzen, sondern damit sie spielen
und so ihrem Körper die zur Entwicklung nötige Bewegung geben.
537
Die Bänke jedoch laden die phlegmatischen, bewegnngsfaulen Schüler
znm Sitzen ein, nnd gerade diese sollten das Sitzen während der
Pausen am meisten vermeiden. Am besten wäre es daher, das An-
bringen von Bänken im Schalhofe zn verbieten.
Von groJser Wichtigkeit ist femer die Beschaffung eines guten
Trinkwassers auf dem Schulhofe.
Im „Reglement" wird einfach ein ^eau po table ** gefordert.
Hiermit ist eigentlich alles gesagt, wenn man bedenkt, dafs ein
Wasser, welches aus irgend einem Grunde schlecht zu nennen ist,
im hygienischen Sinne des Wortes nicht trinkbar ist. Bei uns wird
noch speziell darauf hingewiesen, dals in der Nähe des Schul-
brunnens kein Abtritt sein darf, dafs vielmehr der Brunnen „in
gehöriger Entfernung von den Abtritten anzubringen ist". Diese
Vorschrift ist sehr berechtigt, da die Verunreinigung der Brunnen
erfahrungsgemäis meistens durch Senkgruben, die sich in deren Nähe
befinden, bedingt ist. Um jeder unangenehmen Überraschung vor-
zubeugen, könnte man übrigens bestimmen, dafs das Wasser 3—4 mal
pro Jahr von sachverständiger Seite untersucht werde. Eine der-
artige Vorschrift verpflichtet in Frankreich die Schulinspektoren
bei Verdacht auf Verunreinigung der Brunnen, das Wasser in einem
chemischen Laboratorium untersuchen zu lassen.
Wo eine gute Wasserleitung vorhanden ist, versteht es sich von
selbst, dals deren Wasser jedem anderen vorzuziehen ist, weshalb
auch die „Verfügung des Oberpräsident^n'^ eine dementsprechende
Bestimmung enthält.
b) Gedeckter Spiel- und Turnplatz. Ein offener Spiel-
platz genügt nicht für alle Witterungen und alle Jahreszeiten.
Daher ist auch in der französischen Verfügung ein gedeckter Spiel-
platz vorgesehen, und zwar in direkter Verbindung mit dem Schul-
gebäode. Es werden dabei mindestens 2 qm pro Schüler gefordert.
Aufserdem soll der gedeckte Spielplatz mindestens auf zwei ent-
gegengesetzten Seiten offen sein. Die Vorteile eines solchen ge-
deckten Spielplatzes sind leicht erkennbar. Wenn der Aufenthalt
im Freien infolge schlechter Witterung unmöglich ist, so dient er
den Schülern als Erholungsplatz während der Pausen, wodurch der
so ungesunde Aufenthalt der Schüler auf den Giüigen und im
Schulzimmer vermieden wird. Diese Bestimmung findet also schon
hierdurch hinreichende Begründung, und es wäre äuiserst wünschens-
wert, dafs dieselbe auch in die elsafslothringischen Verordnungen
Aufnahme fände.
538
Dem „Reglement*' zufolge soll jedoch dieser gedeckte Platz
nicht nur als Erholungsplatz während der Pausen dienen, sondern
er soll auch zu anderen Tageszeiten von denjenigen Schülern benutzt
werden, welche der grofsen Entfernung halber während der Mittags-
stunden sich nicht nach Hause begeben können; und, um diesen
Kindern die Einnahme des Mittagsmahles zu erleichtem, kann der
Platz mit beweglichen Tischen versehen werden. Das ^Räglement^
fordert ferner das Anbringen von Waschvorrichtungen auf diesen
gedeckten Plätzen, was meines Erachtens sehr notwendig ist,
da sich ja die Kinder beim Spielen im Hof am meisten be-
schmutzen.
Endlich kann ein solcher Platz bei schlechtem Wetter auch als
Turnplatz Verwendung finden. Allerdings ist es empfehlenswert,
einen besonderen Tumsaal zu haben. Da jedoch dessen Herstellung
unmöglich für jede Elementarschule gefordert werden kann, so wäre
es wenigstens wünschenswert, dals unter allen Umständen ein ge-
deckter Turn- und Spielplatz vorgeschrieben wäre. Auch in Frank-
reich ist der Tumsaal nicht obligatorisch.
G. Abtritte und Pissoirs.
Einer der wichtigsten Punkte der Hygiene des Schulhausbauee
ist die zweckentsprechende Anlage der Abtritte. Sind dieselben
schlecht eingerichtet oder schlecht unterhalten, so bilden sie eine
fortwährende Gefahr für die Schüler, sowohl in gesundheitlicher als
auch in moralischer Hinsicht.
Bei einer Abtrittsanlage kommen in Betracht der eigentliche
Abtritt (Klosett) und die Vorrichtungen, welche die Abfallstofie auf-
zunehmen haben. Die Aufnahme dieser Stoffe geschieht entweder in
Gruben oder Tonnen oder durch die Kanalisation. Diebeiden
letzteren Systeme sind in hygienischer Hinsicht den Senkgruben
vorzuziehen. Bei diesen liegt nämlich fortwährend die Gefahr vor,
dafs der Erdboden von Fäkalstoffen durchsetzt wird, da es bekannt-
lich äulserst schwer ist, eine völlig undurchlässige Grube herzu*
stellen.
Die „Verfügung des Oberpräsidenten" erwähnt nur die Senk-
gruben. Auch das „B;äglement^ läCst dieselben zu, zieht jedoch die
„fosse mobile", also das Tonnensystem vor und fordert kleine Tonnen.
Die „Instraktion" von 1893 (Baüdran 1. c.) gibt noch folgende
spezielle Vorschriften für die Abtrittsgraben: „Art. 40. Les fosses
fixes seront de petites dimensions, sans avoir toutefois moins de
539
2 m^tres de long, de large et de haut. Elles seront voütees, oon-
stmites en mat^rianz impennöablee et endnits de ciment. Elles
seront ätauohes et le fond sera disposä en forme de cuvette; les
angles ext^rienrs seront arrondis sur nn rayon de 0,25. Elles seront
ötablies loin des pnits. Elles seront munies d'on tuyau d'^vent
qni sera ölevö au-dessus de la toiture des prives anssi haut que
l'ezigera la disposition des constructions yoisines^. Werden diese
Vorschriften befolgt, so kann das Senkgrubensystem ohne Bedenken
gestattet werden, besonders da das Tonnensystem kostspieliger und
zeitraubender ist als das Grubensystem. Die angeführten Vorsichts*
mafsregeln sind übrigens auch in der elsaCs-lothringischen Verfügung
vorgesehen. ^Die Abtrittsgruben*', heifst es daselbst, „sind wasser-
dicht herzustellen, gehörig luftdicht abzudecken und mit einer ge-
nügenden Zahl über das Dach hinausführenden Dunströhren zu ver-
sehen". Damit die eventuell nach dem Abtrittsraume eindringenden
Grrubengase in keiner Weise lästig werden können, „sind die Ab-
tritte auüserhalb des Schulgebäudes zu errichten''. Diese Einrichtung
hat allerdings den Nachteil, dais sich die Schüler zu gewissen Zeiten
dem Regen, Wind und Schnee aussetzen müssen, um nach den Ab-
orten zu gelangen. Diesem Übelstande wäre jedoch hinreichend
vorgebeugt, wenn man allenthalben die Mafsregel befolgen würde,
welche im „Reglement" vorgeschrieben ist, wenn man nämlich die
Abtritte an dem einen Ende des gedeckten Spielplatzes anlegen und
letzteren in direkte Verbindung mit dem Schulgebäude bringen
wtlrde, denn, sagt das „Reglement" : „cette disposition a l'avantage
d'offirir un abri couvert pour aller de la classe aux cabinets".
Ist am betreffenden Orte die Einrichtung der Schwemmkanali-
sation vorhanden, so mufs selbstverständlich der Anschluls der Schulen
an dieselbe bewerkstelligt werden.
Was nun die Abtritte selbst betrifft, so ist es zunächst von gro&er
Wichtigkeit, dafs eine hinreichende Zahl derselben vorhanden
sei. In Elsafs-Loihringen bestimmt die „Verfügung des Oberpräsi-
denten" wie folgt: »Auf je 80 Eoiaben sind mindestens drei, auf
je 80 Mädchen mindestens vier untereinander getrennte, zugfreie,
helle Sitzräume zu rechnen". Das „Röglemenf" dagegen enthält fol-
gende diesbezügliche Bestimmung: „Toute äcole devra §tre munie de
priv6s dans les proportions suivantes : quatre pour la premiöre centaine
d'ääves, et deux pour chaque centaine suivante". Die „Instruktion"
von 1893 (Baudean, 1. c, S. 53) verlangt zwei Sitze pro Knaben-,
und drei Sitze pro Mädchenklasse. Es ist jedenfalls praktischer,
540
jeder Klasse ihre besonderen Abtritte anzuweisen, denn nur so i»t
es möglich, bei Verunreinigung der Aborte den Täter zu entdecken
und durch Rüge oder sonstige Bestrafung gewissen Unsitten mit
Erfolg entgegenzutreten.
Nehmen wir als Maximum der Schülerzahl für eine Ellasse 50
an, eine Forderung, welcher wir früher das Wort gesprochen haben,
so genügt die in der französischen Verordnung festgesetzte Anzahl
Abtritte. Enthalt jedoch eine Klasse bis zu 80 Schüler, wie es bei
uns leider zulässig ist, so sind für jede Knabenklasse drei, für jede
Mädchenklasse vier Sitze nicht zu viel. Daus für die Mädchen mehr
Sitze erforderlich sind als für Knaben, ergibt sich von selbst. „Für
die Knaben ist aulserdem an einer geeigneten Stelle eine genügende
Zahl von Pissoirs mit getrennten Ständen herzustellen, welche durch
eine vor denselben befindliche, freistehende, etwa 1 m hohe Wand
derart zu verdecken sind, dafs die Schultern von aufsen sichtbar
bleiben.*' Das „Reglement" wünscht wenigstens ebenso viele Pissoirs
als Abtritte.
Welches Material bei der Herstellung der Pissoirs verwendet
werden soll, ist in der elsafs- lothringischen Verfügung nicht gesagt,
und doch ist dieser Punkt in hygienischer Hinsicht von greiser
Wichtigkeit. Jedenfalls müiste gefordert werden, dafs diejenigen
Teile, welche mit dem Urin in Berührung kommen, undurchlässig,
glatt und so beschaifen seien, dafs sie durch die chemische Ein-
wirkung des zersetzten Harns möglichst wenig in Mitleidenschaft ge-
zogen werden. Daher enthält das „ Reglement" folgende Vorschrift :
„Art. 62. Les cases des urinoires seront formlos de plaques d'ardoise ou
autres mat^riauz impermeables". Unter allen Umständen wären die
Verwendung von Holzrinnen und Holzwänden, wie man sie bei uns
auf dem Lande noch vielfach antrifiPt, streng zu verbieten.
Ob die Trennung in einzelne Stände erforderlich ist, läDst sich
bezweifeln, und es wäre dies gerade vom gesundheitlichen Stand-
punkte aus nicht zu empfehlen, weil durch die Scheidewände die
Verdunstungsfläche vergrölsert wird, was am besten zu vermeiden
wäre. Sollte man jedoch aus moralißchen Gründen solche für not-
wendig halten, so müssen die Stände so klein bemessen werden wie
möglich, um nicht eine zu groise Oberfläche darzubieten und um das
Nebeneinanderstehen zweier Schüler in einem Stande zu verhindern.
Hierzu scheinen mir die im „ Reglement ^ angegebenen Mafse recht
zweckmäfsig zu sein: „Art. 62. Les cases auront 0,40 m de largeur,
0.35 m ä 0,40 m de profondeur et 1,30 m au moins de hauteur**.
541
In Orten, in welchen eine Wasserleitung vorbanden ist, wäre es
wünschenswert, die Pissoirs mit Spüleinrichtungen zu versehen, wie
es übrigens im „Reglement'' vorgeschrieben ist. Wo keine Wasser-
leitung zur Verfügung steht, muTs die Rinne täglich sorgfältig aus-
gescheuert werden, wie es nach den „Verordnungen und Verfügungen,
betreffend die städtischen (Strafsburg) Elementarschulen^ geschehen
soll. (Verordnungen etc., S. 33.)
Sowohl bei uns, als auch in Frankreich wird bei Anlage der
Abtritte auf die herrschende Windrichtung Rücksicht genommen.
„Bei der Wahl des Platzes für dieselben", sagt die „Verfügung des
Oberpräsidenten*', „ist darauf zu achten, dafs die Ausdünstungen
durch den vorherrschenden Wind nicht dem Schulgebäude zugeführt
werden''. Das „Reglement'' enthält eine ähnliche Bestimmung, welche
lautet: „Art. 53. Ils devront §tre dispos^ de teile sorte que les
vents r^gnants ne rejettent pas les gaz dans les bätiments ni dans
la cour**.
Was den Verschlufs der Abtritte angeht, so sind dieselben bei
uns „mit ganzen Türen zu versehen, welche von innen mit Haken
und Riegeln verschlossen werden können", während in Frankreich
die Türen kürzer sein sollen als die Türöffnungen. „Art. 60. Les
portes seront surölevees de 0,20 m ä 0,25 m au dessus du sol et
auront 1 m ou plus de hauteur." Letzteres System hat allerdings
den Vorteil, dafs hierdurch eine hinreichende Ventilation der Abtritte
gewährleistet wird, was bei völlig verschlossenen Türen nicht der Fall
ist, selbst wenn kleine Fenster oberhalb derselben angebracht werden.
Jedoch wird den kurzen Türen vorgeworfen, dafs sie zu „unmorali-
schen gegenseitigen Beobachtungen und Neckereien^ Anlafs geben.
Dieser Umstand wird aber vermieden, wenn die Abtritte so angelegt
sind, dais sie vom Schulhause aus gut zu übersehen sind, wie es im
„Reglement*' vorgeschrieben ist. Auch wäre zu bemerken, dafs bei
völlig verschlossenen Türen den Schülern, welche sich der Mastur-
bation hingeben, auf dem Abtritt Gelegenheit geboten ist, ohne Furcht
vor Überraschung ihrem verderblichen Laster zu fröhnen. Ich möchte
demnach, wie sich aus den vorstehenden Ausführungen ergibt, den
kürzeren Türen den Vorzug geben.
Der Raum der Zelle soll nach dem Urteil der meisten Autoren
nicht zu bequem bemessen sein. In Elsafs- Lothringen sind hierfür
folgende Mafse üblich: „Die Breite eines Sitzraumes darf nicht unter
0,75 m, die Tiefe nicht unter 1,4 m betragen '*. Das „Reglement"
bestimmt dagegen: „Art. 54. Les cases auront 0,70 de largeur et
542
1 mötre ä 1,10 m de longueur'^. Die Mause beider Verfügimgen
entsprecben demnach der genannten Forderung, es wäre jedoch zweck-
entsprechender, wenn dieselben bei uns als Maximum gelten würden
und nicht als Minimum.
Die Abtrittsitze dürfen nicht zu hoch gewählt werden, sondern
müssen etwas niedriger sein als die Sitze der Schulbänke, da ja be-
kanntlich die De&kation am leichtesten in einer Art Kauerstellung
erfolgt. Nach der ^Verfügung des Oberpräsidenten" „ist die Höhe
der Sitze je nach dem Alter der Kinder auf 0,35 bis 0,46 m zu
bemessen". Dieser Bestimmung entspricht im „Reglement'' folgende
Vorschrift: „Art. 58. Le si^ge en pierre ou en ciment aura une
saillie de 0,20 m au dessus du sol; ce siöge formera un plan inclind
vers Torifioe. Les angles seront arrondis".
Mit diesem niedrigen Sitz aus Stein oder Zement soll o£Eenbar
bezweckt werden, dafs die Kinder sich darauf stellen, um dann in
gebückter Stellung die Defäkation zu vollziehen, während grölsere
Schüler dies tun können, ohne auf den Sitz hinaufzusteigen. Zum
Sitzen kann derselbe jedenfalls nicht zweckmäisig sein.
Zur Verteidigung dieser Art Sitze wird nun meist angegeben,
dafs viele Kinder von Haus aus die Gewohnheit haben, auf die
Abtrittssitze hinaufzusteigen, weil unreine Aborte im Eltemhause
diese Angewöhnung hervorgerufen haben. Hierdurch werde dann
der Sitz sehr leicht beschmutzt, so dafs das nächstfolgende Kind sich
nicht mehr setzen könne, sondern gleichfalls gezwungen sei, auf den
Sitz hinaufzusteigen. Demgegenüber wird aber jedermann aus eigener
Erfahrung wissen, wie es in Abtritten, in welchen die Kinder sich
überhaupt nicht setzen können, sondern sich eines solchen Loches
bedienen müssen, welches man in Frankreich auch mit dem Namen
„Ouvertüre ä la turque" zu bezeichnen pflegt, gegen Ende einer
längeren Pause aussieht. Schon das erste Kind, welches seinen Be-
dürfnissen nachkommt, verunreinigt den Abort. Jedes nachfolgende
Kind mufs successive mehr aufpassen, dafs es sich nicht selbst an
den Füüsen oder anderswo beschmutzt, und es sucht sich daher ein
jeder Schüler einen von Schmutz noch freien Platz aus, so dafs man
am Ende einer solchen Pause überhaupt keinen Platz zum Stehen
mehr findet. Die schlimmen Folgen, welche aus solchen Zuständen
entstehen, brauchen nicht näher dargelegt zu werden.
Ich glaube daher, dais man die Abtritte, welche zum Sitzen
eingerichtet sind, diesem primitiven Systeme vorziehen sollte, um
das Hinaufsteigen zu verhindern, könnte man nach dem Vorschlage
543
von BuRGBRSTEiN Und Netolitzkt (1. c, S. 184) folgende Vorsieh ts-
malsregel treffen: „Man mag eine Quersiange in etwa 50 cm Höhe
über dem Brillloch nnd mit passendem Abstand von der Rückwand an-
bringen, oder ein von der Rückseite des Sitzes dachartig nach yome
oben ansteigendes Brett, oder endlich statt des Sitzbrettes biofs einen
etwa 5 — 6 cm breiten, nach innen und auTsen abgerundeten Sitzring
nehmen, da dieser zum Hocken keine geeignete Fläche bietet^.
um das Entweichen der Gase nach dem Abtrittsraum möglichst
zu verhindern, müssen die Sitze nach oben dicht abgeschlossen sein.
Zu diesem Zweck besteht bei uns die Vorschrift, „die Sitzlöcher mit
Deckeln zu versehen. Im „Reglement'' sind folgende diesbezügliche
Bestimmungen getroffen: „Art. 56. Les orifices des cases seront^
autant que possible, formte hermötiquement. Art. 57. Quand l'orifice
sera sans fermeture, on devra employer des appareils propres ä döter-
miner une aspiration süffisante et forcer Tair ä entrer par l'orifice^.
Letzteres geschieht dadurch, dafs man die Grübe „mit einer ge-
nügenden Zahl über das Dach hinausführenden Dunströhren ver-
sieht'', wie dies bei uns unter allen Umständen vorgeschrieben ist.
Dadurch wird eine aufsteigende Luftströmung erzeugt, so dafs die
Ausdünstungen der Exkremente nicht in die Abtrittsräume gelangen
können. Da jedoch diese Vorkehrung ihre Aufgabe nicht immer
tadellos erfüllt, so empfiehlt es sich, die Abtrittsöffnungen zu gleicher
Zeit zu schliefsen. Dafs aber hierzu ein blo&er Deckel nicht immer
genügt, geht schon daraus hervor, dafs die meisten Kinder vergessen,
denselben auf die Offiiung zu legen, nachdem sie den Abtritt benutzt
haben.
unter den anderen hierfür üblichen Einrichtungen kämen in
Betracht : Automatisch schliefisende Metalldeckel, femer Metalldeckel,
welche man mit Hilfe eines Handgriffes öffnet und schliefst, oder
endlich die Klosette mit WasserabschluJjs.
Die beiden ersteren haben den Nachteil, dais sie durch Hinein-
werfen von allerhand Gegenständen durch die Kinder meistens nach
kurzer Zeit in ihrer Funktion gestört werden, weshalb man sich
nicht leicht dazu entschliefsen kann, eins dieser Systeme in den
Schulen anzuwenden. Wo die Wasserleitung zur Verfügung steht,
wird man sich am besten der Wasserklosette bedienen.
In neuerer Zeit scheint man auch mit den Ölpissoirs gute Er-
fahrungen gemacht zu haben.
Was die Fallrohre betrifft, so sind dieselben nach der elsafs-
lothringischen Verfügung „von Steingut oder Gufseisen von min-
544
destens 0,15 m Durchmesser zu fertigen, Holz ist auszusohlieiseii''.
Diese Mafsregel, welche in Frankreich nicht vorgesehen ist, ist haupt-
sächlich auf dem Lande erforderlich, wo zuweilen aus ökonomischen
Gründen Holz hierzu verwendet wird. Um die Fallröhren möglichst
zu lüften, sollten dieselben bis über Dach geführt und am oberen
Ende durch Deflektoren gegen Windpressung geschützt werden.
Was sohliefslich die innere Auskleidung der Wände be-
trifft, so wird dieselbe in beiden Verfügungen speziell berücksichtigt.
Die diesbezüglichen Verordnungen zielen dahin, die Wände der Ab-
tritte zur Absorption der Gase ungeeignet zu machen und gegen das
Anbringen von allerhand Zeichnungen und sonstigen Schmutzes zu
schützen. Zu diesem Behuf e sind in den Abtritten der Schulen
EIsafs-Lothringens „die Wände mit Rapputz zu versehen und der
Ölanstrich der Türen rauh zu besanden^. Diese Wände erfüllen
zwar den genannten Zweck, haben jedoch den Nachteil, die An-
sammlung von Staub zu begünstigen und sind femer schwerer zu
reinigen als die im ^R^glement^ vorgeschriebenen Wände: „Art. öö.
Les parois seront recouvertes de plaques de falence ou d'ardoise oü
d'un enduit de ciment^.
Der Boden des Abtritts mufs für Flüssigkeit undurchlässig
sein. Dieser Umstand wird im ^B;^glement" noch besonders hervor-
gehoben, indem es daselbst heifst: „Art. 59. Le sol sera oonstruit
en mat^riauz impermeables^. Ein Blick auf die Einrichtung vieler
unserer Landschulen ergibt, dafs auch in Elsafs-Lothringen eine dies-
bezügliche Verordnung nicht überflüssig wäre, da man noch vielfach
Holzböden in den Abtritten vorfindet.
Dafs aus naheliegenden hygienischen und moralischen Gründen
die Abtritte für Mädchen und Knaben getrennt sein sollen, versteht
sich von selbst, und es ist dies auch in beiden Ländern vorgeschrieben.
Es braucht ferner kaum hervorgehoben zu werden, dals „den
Lehrern und deren Familien gesonderte Aborte zu überweisen sind*",
wie es auch im „Röglement^ gefordert wird: „Art. 89. ün priv6
sera röservä pour le personnel des maitres".
H. Lehrerwohnung.
Über die Frage, ob es sich empfiehl t, Lehrer Wohnungen im
Schulgebäude unterzubringen, habe ich mich schon früher geäufsert
und bin dabei zu dem Schlüsse gekommen, dafs dieser Modus nicht
zu verwerfen ist, jedoch nur unter der Bedingung, dafs die Lehrer-
wohnung von den Schulräumen vollständig getrennt ist, also eigene
545
EingäDge, Treppen, Floren und Wohnräume hat. Im übrigen muJB
die Lehrerwohnung denjenigen Anforderungen entsprechen, welche
man an jede andere gesunde Wohnung stellt, und will ich mich
daher nicht näher auf diese Frage einlassen, da dieselbe nicht in das
eigentliche Gebiet der Schulhygiene gehört. Es möge nur hervor-
gehoben werden, dafs nach dem Wortlaute der diesbezüglichen Be-
stimmungen beider Länder den Lehrern hinreichend Platz für die
Wohnung zur Verfügung gestellt wird.
Über die Beinignng der Volksschnlklassen.
(Betrachtungen und Materialien.)
Von
Dr. med. Mobitz FussT-Hamburg.
(Schluls.)
Ich habe das eingeschickte Material nur soweit verwendet, als
die Reinigung der Volksschulklassen, der Turnhallen und der Aborte
in Betracht kommt. Selbstverständlich lassen sich in den nun fol-
genden Verordnungen und Instruktionen Wiederholungen nicht ganz
vermeiden; ich habe aber versucht, sie nach Möglichkeit aus-
zuschalten.
Berlin. Dienstvorschrift für die Schaldiener der Berliner
Gemeindeschulen vom 28. April 1893.
1. Die Klassenräume, sowie die Treppen und Flure sind zweimal
wöchentlich nafs aufzuwischen und ebenso oft die in den Klassen befind-
lichen Tische und Bänke etc. feucht abzuwischen.
Die Turnhalle ist täglich zu reinigen. Die Matratzen sind allwöchentlich
einmal, aufserhalb der Turnhalle, auszuklopfen und mit hartem Besen
(Piassavabesen) abzufegen.
2. Der Schuldiener hat in den Oster- und Sommerferien Hauptreini-
gongen sämtlicher Schulräume vorzunehmen. Es sind hierbei die Decken
und Wände in den Klassenzimmern, auf den Fluren und im Treppenbause
gehörig abzustäuben und im Anschlufs hieran die sämtlichen Fenster und
Türen im Schulgebäude nais abzuwaschen und demnächst zu patzen.
3. An jedem Mittwoch und Sonnabend sind die Aborte zu scheaem
und die Gänge in denselben zu fegen. Sollte eine Verunreinigung der Ab-
orte auch zu anderen Zeiten deren Reinigung notwendig machen, so ist
dieselbe sofort auszufahren.
546
4. Die Aborte sind nach jeder Zwischenstunde zn spfilen and zn rei-
nigen. Die Gullies sind rechtzeitig zu entleeren.
Verordnung vom 3. Oktober 1895.
Statt der bisherigen zweimaligen Reinigung eine dreimalige pro
Woche, und zwar einen Tag um den anderen. Der Schnldiener erhält
13 Mk. pro Klasse and Jahr (früher 8 resp. 12 Mk.). Die Reinigangs-
arbeiten sind in folgender Weise auszuführen: Die sämtlichen Fufsböden
der Elassenräume, sowie die Treppen und Flure sind dreimal wöchentlich
mittels angefeuchteter Sägespäne auszufegen und demnächst nafs aaf-
zuwi&chen, in den Klassen ist diese Arbeit nicht nur in den Gängen, sondern
auch unter den Tischen und Bänken auszuführen, aufserdem sind Tische
und Bänke, sowie Wandbekleidungen feucht abzuwischen und alle Staub-
ablagerungen auch an anderen Stellen zu beseitigen.
Die Kosten für Beschaffung sämtlicher Reinigungsmaterialien, ein-
schliefslich der Sägespäne, haben die Schuldiener zu tragen.
Hamburg. Revidierte Instruktion für die Schuldiener.
pp. § 9. Die Klassenzimmer sind täglich mit nassen Sägespänen, und
zwar an zwei Tagen in der Woche, unter Wegrücken der Schaltische, zu
fegen und alle 14 Tage durch Abwaschen (Feulen) — ebenfalls unter Weg-
rücken der Schultische und des Podiums — zu reinigen. Vorstands- and
Lehrerzimmer, sowie Korridore etc. sind täglich mit nassen Sägespänen zu
fegen und zweimal wöchentlich zu feulen.
Die Fensterbänke, der obere Rand der Holzbekleidung, die Bänke and
Tischplatten, das Pult und der Klassenschrank sind täglich, die Börter
unter den Tischplatten wöchentlich mit feuchten Tüchern vom Staub zu
reinigen ; erforderlichenfalls ist eine öftere Reinigung vorzunehmen. Während
des Reinmachens und nach demselben sind die Fenster in den Klassen etc.,
wenn die Witterung es gestattet, einige Stunden lang offen zu halten.
§ 10. Eine Generalreinigung sämtlicher Schulräume hat in den Oster-,
Sommer- und Weihnachtsferien stattzufinden. Bei der Generalreinigung ist
auch das Abstäuben der Wände und Decken zu besorgen.
Die Schulmobilien sind in den Sommerferien durch Abseifen zu rei-
nigen etc.
§ 12. Die Türgriffe, Zapfhähne an der Wasserleitung, Gasarme etc.
sind, so oft es der Hauptlehrer für notwendig hält, zu reinigen bezw. zu
putzen.
§ 13. Die Turnhalle ist täglich mit nassen Sägespänen zu fegen and
alle 14 Tage einmal zu feulen. Nach dem täglichen Fegen ist für aus-
reichende Lüftung durch öffnen der Fenster zu sorgen. Reinigung der
Fenster mindestens monatlich einmal.
§ 14. Geuerahreinigung ist mit derjenigen der Schulräume gleich-
zeitig auszuführen. In den Sommerferien sind die Turngeräte durch Ab-
seifen gründlich zu reinigen.
§ 15. Dient eine Turnhalle mehreren Schulen, so sind die Reini-
gungsarbeiten von den Schuldienern der qu. Schulen wechselweise zu ver-
richten.
§ 16. Die Aborte sind täglich zu fegen und je nach der Einrichtong
547
und dem Bedürfnis wöchentlich zwei- bis dreimal oder tUglich abzulassen
und zn spülen. Die Sitzbretter sind täglich nafs abzuwaschen.
§ 17. Die Pissoirs sind während der ganzen Schulzeit durch eine
mäfsige Berieselung rein zu halten und — auf event. Anweisung des Haupt-
lehrers — durch Anwendung von Chlorkalk zu desodorieren.
Genügen die gewöhnlichen Mafssnahmen (§§ 16 und 17) nicht, so ist
durch Vermittlung des Hauptlehrers ein Mechaniker zur AbWe herbei-
zuziehen.
Breslau. Dienstanweisung für Schuldiener vom 26. Januar
1899.
§ 3. 2. Die Reinigung der Schulzimmer hat täglich zu erfolgen,
und zwar soll der Fu&boden der Schulzimmer bei offenen Türen und
Fenstern nach vorangegangener feuchter Behandlung (feuchte Aufnahme,
Streuen von nassem Sand oder feuchten Sägespänen) täglich durch Kehren
von Staub und Schmutz gereinigt werden. Hierbei ist jede Aufwirbelung
von Staub möglichst zu vermeiden; sobald der beim Kehren etwa auf-
gewirbelte Staub sich wieder gesetzt hat, sind alle Geräte mit Tüchern
abzuwischen.
3. Allmonatlich einmal sind die Fufsböden der Schulzimmer zu
scheuem und die Wände — ihrem Anstrich entsprechend — entweder
trocken oder feucht abzuwischen. Hierbei sind alle Ausstattungsgeigen-
stände etc. gründlichst abzuwaschen.
4. Alle Gänge, Treppen, Fluren sind einmal täglich auszukehren,
zweimal monatlich gründlich zu scheuem.
5. Die Fenster sind stets rein zu halten, alle 14 Tage müssen die-
selben sauber geputzt werden. Innerhalb der Ferien sind die Fenster zum
Zweck ihrer Reinigung auszuheben. Angelaufene Scheiben sind fleüsig ab-
suwaschen.
6. Die Bedürfnisanstalten sind täglich sorgsam zu reinigen.
7. Die Vorrichtungen, welche sich an und in den Häusem, in denen
aich Schulzimmer befinden, angebracht sind (Schareisen, Stroh- und Bast-
decken), sind täglich gründlich zu reinigen. Die Decken sind auszuklopfen
und der daranter befindliche Schmutz ist zu entfernen.
8. Die in den Schulzimmem und auf den Fluren aufgestellten Spuck-
näpfe sind stets ganz sauber zu halten und so oft zu entlegen und zu
reinigen, als ihr Zweck dies erfordert.
§ 4. Materi^en zur Reinigung hat der Schuldiener selbst zu bestreiten.
Hierzu trifft die Verfügung des Magistrats vom 24. Juni J887
ergänzend nachstehende spezielle Bestimmungen:
1. Das Reinigen bezw. Waschen der Fenster hat in einem ausreichend
grolsen Gefäfse zu erfolgen, welches mit Scheuerlappen zum Auffangen des
abspriugenden Spülwassers zu umlegen ist. Die gewaschenen Fenster sind
auf Scheuerlappen abzusetzen.
2. Der Fnfsfooden ist nicht durch Begi^feen z^ nässen, sondern n^it
einem mit Wasser getränkten Scheuerlappen, dann sofort abzureiben, nicht
mit Wasser abzuspülen, sondern ,mit in rßines Wasser getauchtem Scheuer-
lappen abzuschleppen und. danach sorgfältig unter Zuhilfenahme einer Scheuer-
Schnli^esandheitspflege. XVI. 29
548
bOrste aufzutrocknen. Die Reinigung des Fulsbodens hat in kleinen Partien
zu erfolgen. Pfützen dürfen nicht geduldet werden. Nach Beendigung des
Scheuems Öffnung s&mtlicher Fenster.
3. Flure und Treppen sind in gleicher Weise zu reinigen. Ein
Giefsen von Wasser ist in allen Fällen zu vermeiden.
Mfinchen. Bestimmungen ttber Unterhaltung und Reinigung
der Linoleumböden (17. Mai 1900).
1. In Klassenzimmern, Turnhallen, Korridoren und untergeordneten
Räumen.
a) Korridore und Treppenhäuser sind täglich, die übrigen Räume
wöchentlich zweimal mit kaltem Wasser zu waschen oder mit feuchten
Sägespänen abzureiben.
b) Monatlich einmal, mit Ausnahme der Ferienzeiten, sind alle Lino-
leumböden mit Seife unter Ausschlufs von Soda oder stark sodahaltigen
Seifen — auch nicht der sog. Schmierseife — zu reinigen. Die Seife —
Kernseife — mufs in heifsem Wasser aufgelöst, die Lösung aber erst verwendet
werden, wenn sie durch Zusatz von kaltem Wasser lauwarm geworden ist
Nach dem Abseifen werden die Böden mit reinem, kaltem Wasser
nachgewaschen und schliefslich mit reinen, weichen Tüchern trocken gerleben.
c) Während der Oster- und der grofsen Ferien sind sämtliche Lino-
leumböden nach vorangegangener Reinigung mit einem Fett abzureiben,
welches von dem Lieferanten des Linoleum zu beziehen ist.
d) Sollte das Linoleum nicht mehr fest an der Unterlage haften, an
den Kanten und Ecken in die Höhe stehen, Buckel und hohle Stellen zeigen,
so ist sofort dem Stadtbaumeister Anzeige zu erstatten, welcher die Wieder-
befestigung veranlassen wird.
Dienstinstruktion für den Schulhausmeister.
§ 3. Er sorgt dafür, dafs das Schulhaus mit allem, was dazu gehört,
rein und sauber sei, dals alles, was schädlich oder gefährlich für die Ge-
sundheit wirkt, verhütet und beseitigt werde.
Die Reinigung der SchuUokalitäteu und Inventargegenstände ist zwei-
facher Art:
a) Wöchentlich zweimal sind sämtliche zu Schulzwecken benutzten
Zimmer, inkl. Tum- und Suppensaal, Treppen, Gänge und Hausflur bei
geöffneten Fenstern, die Böden, Treppen und Gänge mit nassen Sägespänen,
die Fenstergesimse mit feuchten Tüchern zu reinigen. Die Abtritte und
Abstreifvorrichtungen sind täglich abzureiben, die Sitzbretter** der Abtritte
täglich, die Rinnen und der Boden wenigstens zweimal in der Woche ab-
zuwaschen. Die Fenster sind stets rein zu erhalten, mit Wasser angelaufene
Fensterscheiben fleifsig abzuwischen, ebenso die Gesimse bei Auftauen der
gefrorenen Fensterscheiben.
b) In beiden Ferien ist das Schulhaus in allen seinen Teilen durch
Fegen der Böden, Putzen der Fenster und Einrichtungsgegenstände voll-
ständig und gründlich zu reinigen. Für die Reinigung des Schulhanses
und seiner Einrichtung erhält der Schulhausmeister eine besonders nach
der Masse der der Reinigung unterliegenden Bodenräume und der ver-
schiedenen Art der Reinigung festgesetzte Vergütung.
549
Dresden. Dienstanweisung fflr die Schaldiener vom 15. Fe-
bruar 1894. Besondere Obliegenheiten.
In den Unterrichtszimmern sind:
a) täglich frflh die Schulgeräte, Fensterbretter und Wandbekleidungen
u. 8. w. durch Überwischen mit einem trockenen Tuch vom Staube zu säubern,
b) wöchentlich dreimal (Dienstag, Donnerstag und Sonnabend) nach
Schluß des Unterrichts sind die Fuisbodenflächen unter Verwendung feuchter
Späne (Säge-) rein zu kehren,
c) wöchentlich dreimal die sämtlichen Geräte, Fensterbretter und Wand»
Verkleidungen feucht abzuwischen,
d) jährlich viermal (Ostern, Sommerferien, Michaelis, Weihnachten)
Fulsboden und Geräte gründlich zu scheuem.
Vor dem Reinigen der Zimmer und der Geräte sind die Lüftungs-
kanäle von dem Schuldiener zu schliefsen.
3. Die FuTsbodenflächen der Gänge, Kleiderablegeräume undTreppen sind:
a) täglich zu kehren,
b) jährlich viermal zu scheuem.
4. Die Fenster sind:
a) jährlich einmal in den Sommerferien, aufserden nach jedem
Weifsen der Räume gründlich zu waschen,
b) in der Zwischenzeit alle vier Wochen feucht abzuwischen und
sauber zu putzen.
5. Aborte und Klosetts, wenn beschmutzt, sogleich, anfserdem aber
regelmäfsig allwöchentlich zu scheuern, tägliche Besichtigung nach Schlufs
des Unterrichts, Eotteile in den Becken zu beseitigen, Wasserspüleu und
Verschlufs der Sitzteile zu beachten. Desinfektionsmasse hat der Schul-
diener nach Anweisung selbst herzustellen.
9. Turnhallen:
a) täglich früh Fensterbretter, Holzverkleidungen und sämtliche
Geräte feucht überzuwischen,
b) täglich während der Mittagspause die Geräte trocken abzuwischen,
c) täglich nach Schlufs des Unterrichts den Fu&boden reinzukehren,
d) viermal jährlich den Fufsboden zu scheuem, Türen, Holzverklei-
dungen etc. gründlich zu waschen etc.
12. Soweit ausführbar, soll der Schuldiener darauf sehen, dais die
Kinder bei Betreten des Schulhauses sich die Füfse gehörig abschrappen.
Leipzig. Dustless-Boden hat sich bewährt. Derselbe wird (täglich
oder wöchentlich?) zweimal feucht mit Sägespänen, die Korridore und
Treppen einmal täglich feucht mit Sägespänen übergewischt.
Stuttgart. Die Reinigung geschieht wöchentlich zweimal durch nasses
Aufwischen der Schulzimmer und des Inventars.
Brannschweig. Hier wird wöchentlich zweimal gefegt und jährlich
zweimal gescheuert. Vorsäle und Treppen werden an den übrigen Schul-
tagen gefegt und der Staub in den Schulräumen abgewischt.
Bremen. Zweimal wöchentlich werden sämtliche Klassenzimmer nafs
aufgenommen (gefeudelt).
29*
550
EBln. Die Treppen und Gänge sowie die nicht mit Bänken besetzten
Ränme der Schulzimmer, werden täglich nach beendetem Unterricht sorg-
fältig ausgekehrt. Reinigung der gamzen Klassenzimmer erfolgt zweimal
wöchentlich mit angefeuchtetem Sägemehl in der Art, dafs dabei die Bänke
da, wo es tnnlich ist, vom Platze gerückt, und der Schmutz darunter
weggefegt wird.
Die Bänke, Schränke, Schreibtische, Katheder und Fensterbänke
werden täglich, spätestens ^A Stunde vor dem Anfange des Unterrichts,
abgestäubt und mit feuchtem Tuch sorgfältig abgewischt.
Das Scheuern der FufsbOden sowie das Putzen der Fenster gesdneht
80 oft als notwendig. Wenigstens viermal im Jahre (in den Ferien) werden
die Schulzimmer mit Seife und heifsem Wasser gescheuert, die TQren und
Fenster etc. abgewaschen und die Fenster geputzt.
Für die ländlichen Schulräume hat die königliche Regierung zu
Köln folgende Reinigungsvorschriften erlassen:
Sämtliche Flure, Treppen und sonstigen Ränme, welche dem Verkehr
der Schulkinder nach, wie von der Klasse dienen, und die Klassenzinuner
selber in allen ihren Teilen, also in den Gängen sowohl, als auch unter
den Tischen «nd Bänken, sind täglich nach Beendigung des Unterrichts in
ausgiebiger Weise mit reinem Wasser imd feuchtem Sand oder Sägespänen
2u besprengen und dann auszukehren, wobei alle Fenster und die Türen
geöffnet sein müssen. Eine halbe Stunde nach Beendigung dieser Arbeit
sind dann in den Schulstuben noch die Tische, Bänke, Schränke, Paneele,
Fensterbretter, Geräte, kurz aUe Gegenstände, welche Staub auffangen
könn^, feucht abzuwischen. In jeder Woche einmal, am besten aber an
den freien Sonnabendnachmittagen, sind dieselben Räume unter Benutzung
oftmals zu erneuernden Wassers nafs aufzuwischen oder zu scheuem. In
jedem Monat einmal sind auch die Fenster zu putzen, und jährlich sind
Wände und Decken durch Fegen oder Wischen von haften gebliebenem
Staub zu reinigen. Endlich empfiehlt es sich, einmal jährlich in den
Ferien den Boden wiederholt mit gekochtem öl zu streichen, wodurch er
länger dicht und hart zu bleiben pflegt. Aborte und Pissoire sind in ähn-
licher Weise wöchentlich zweimal su ^kehren und monatlich einmal auf-
zuwischen oder zu scheuem.
Diese Verfügung, die als gedrucktes Plakat behufs Aushängung in
den Schulrftumen den einzelnen Klassen fiberwiesen wurde, ist mit dem
1. Oktober 1902 in Kraft getreten.
Nflrnberg. Regierungs-Entschliefsung vom 27. Februar
1879.
1. Die Schulzinmier sind wöchentlich mindestens zweimal zu reinigen.
Diese Reinigung hat durch Kehren mit feuchten Sägespänen zu erfolgen.
Das gleiche gilt für die zu den Schulzimmem führenden Gänge etc.
2. Die nicht mit Riemenböden versehenen Lehrzimmer der ersten
und zweiten Ellassen sind nicht nur täglich zu wischen, sondern auch alle
14 Tage einschliefslich der Lamperien gründlich zu reinigen.
3. Türen, Fenster etc. müssen mindestens einmal im Monat so^fältig
gewaschen werden.
561
4. Die Lehrsäle mflssen mindestens zweimal im Jahre und zwar Tor
Beginn der beiden Semester gründlich gefegt werden. Die Zeit ist so zu
wählen, dais der Fnlsboden bei Wiederbeginn des Unterrichts vollkommen
trocken ist. Schnlzimmer mit ölanstrieh oder Riemanböden bedürfen des
Fegens nicht.
5. Kleinere und stark besetzte Lokale sind alle Jahre zu tünchen pf .
In neoerer Zeit sind Proben mit täglicher Reinigung nach Wies-
badener Muster mittels fliegender Kolonnen von Arbeitsfrauea (die Kosten
sind berechnet auf 1 Mark pro Jahr und Schnikind) gemacht. Die Er-
gebnisse dieser Probe sind noch nicht bekannt gegeben.
StraffllMifg. Hier wiid i» den Schulzinaiern täglich gefSegt md
▼iermal jährfich anfgewaschen und gründlich gereinigt.
Altena» Die Räume werden täglich gefegt. Die Hälfte der Räume
werden jeden Sonnabend mit nassen Tüchern gereinigt (gefeudelt).
Erftirt. Aus einer Zuschrift des Stadtschulrates vom
13. Dezember 1902.
Das Reinigen der Klassenzimmer hat wöchentlich, so oft als nötig,
mindestens zweimal und zwar nach Wegrücken der Bänke und Podien zu
erfolgen, die Bäuke müssen täglich vor Begiun des Unterrichts mit einem
feuchten Lappen abgewischt werden. Das Reinigen und Kehren der Vor-
plätze, Treppen und sonstigen Räume hat, so oft es die Reinlichkeit er-
fordert, zu geschehen. Das Kehren geschieht unter Verwendung nasser
Sägespäne, das Scheuem der Fuisböden, sowie das Abwaschen der Türen,
Fenster pp. mufs viermal im Jahre während der Ferien ausgeführt werden.
Königsberg. Die Fuüsböden und Bänke der Schulen werden vor-
schriftsmäisig täglich feucht aufgewischt; Korridore und Treppen werden
zweimal wöchentlich gereinigt. Die Fufsböden sind mit Bodol imprägniert.
Die Fenster werden dreimal wöchentlich geputzt.
Posen. Einmal wöchentliches Scheuem, tägliches Aufwischen.
Frankfurt a. M. Dienstanweisung für die Schuldiener
vom 17. April 1900.
§ 2. Die Hauptobliegenheit der Schuldiener ist die Reinhaltung der
Schulräume, die sie in erster Linie persönlich auszuführen haben. Wenn
sie Hilfskräfte heranziehen, so bleiben sie für deren Leistungen verant-
wortlich.
§ 3. Sämtliche Räume der Schule, soweit sie nicht nachstehend
ausgenommen sind, also insbesondere die Klassenzimmer, die Amtszimmer
des Dirigenten, Konferenz- und Lehrerzimmer, Stiegen, Vorplätze, Aborte,
Pissoirs u. s. w., samt den darin befindlichen Gerätschaften sind:
1. täglich zu reinigen. Die Reinigung geschiebt durch gründliches
Auskehren mit feuchten Sägespänen und darauffolgendem Abstäuben. Das
Abwischen des Staubes von den Tischen und Bänken hat nach jedem Aus-
kehren zu geschehen. Zweimal in der Woche (Mittwoch und Samstag) ist
552
der Staub, aach Ton den Bücherbrettern, Schränken, Ofenkacheln, mit
feuchten Tüchern abzuputzen. Die vorhandenen Spucknäpfe sind zweimal
wöchentlich zu reinigen und mit Salzwasser zu füllen.
2. Wöchentlich einmal sind nach dem gründlichen Auskehren
sämtliche Räume aufzuwaschen. Hierbei sind die Beschläge zu reinigen
und die Tischplatten feucht abzuwischen.
3. Vierteljährlich findet eine gründliche Hauptreinigung der ge-
nannten Räume mit warmem Wasser, Seife, Soda und Bürste statt, nach-
dem zuvor an den Decken und Wänden — soweit tunlich — der Staub
abgekehrt ist und die beweglichen Schulbänke auseinander gerückt worden
sind; Getäfel und Mobilien sind alsdann mit warmem Wasser und Seife
abzuwaschen, ebenso die Fenster auf der Innen- und Aufsenseite. Auch
hierbei sind Türgriffe, Schulbänke und Tischgestelle, Yerschläge n. s. w.
sachgemäfs zu reinigen.
Die Fenster, auch diejenigen der Turnhalle, sind aufser bei den
Haupteingängen noch einmal im Vierteljahr von innen und aul^en zn
putzen.
§ 4. Die Böden der Turnhallen sind wöchentlich einmal aufzu-
waschen und täglich mit feuchten Sägespänen gründlich auszukehren. Bei
Bedarf kann eine öftere Reinigung am Tage angeordnet werden. Bei allen
diesen Reinigungen ist der Staub von den Geräten mit feuchten Tüchern,
Ton den Aufsenteilen eiserner Öfen mit trockenem Tuche abzunehmen.
§ 14. Die Putzutensilien und Materialien, deren Verbrauch von der
Materialienverwaltung kontrolliert wird, werden dem Schuldiener geliefert.
§ 15. Behandelt besondere Vergütung für Reinigung an die Schul-
diener.
Dfisseldorf. Die Schulräume werden zweimal wöchentlich unter
Verwendung von feuchtem Sägemehl ausgekehrt. Die Bänke etc. müssen
vom Platz gerückt werden.
Aachen. Bestimmungen vom 9. Oktober 1897.
3. Die Gänge der Schulzimmer und die zu letzteren führenden
Treppen und Flure, sowie der Raum zu den Eingangstüren des Schulhauses
sind täglich auszukehren und die Pulte, Tische, Bänke, Öfen und Fenster-
bänke abzustauben. Vor dem Reinigen sind die Fenster zu öffnen und
nötigenfalls auch der Fufsboden mit Wasser zu besprengen, um das Auf-
wirbeln des Staubes möglichst zu verhindern.
4. An den schulfreien Nachmittagen (Mittwoch und Samstag) sind
sämtliche Schulräume, sowie die Aborte sauber auszufegen und zu reinigen;
die Subsellien, Treppengeländer, Abtrittssitze sind alsdann mit einem Tuche
abzuwischen und abzureiben.
5. Jeden letzten Samstag im Monat sind die Wände der Schul-
zimmer und die Treppenffure abzustäuben, die Fenster, Treppen und
Treppenflure zu waschen und nötigenfalls abzuseifen.
6. Wenigstens dreimal im Jahre (Oktober-, Herbst^ und Weihnachts-
ferien) sind sämtliche Schulräume, Haus- und Treppenflure, Treppen und
Aborte gehörig auszuscheuern, die Ttlren, Fenster und Fensterbänke, Ge-
653
stelle, Fußleisten, Treppengel&nder nnd Abtrittsitze gehörig abzuseifen nnd
sauber abzutrocknen.
7. Nach jeder Reinigung der Schulzimmer sind die Subsellien wieder
an ihren Ort und in die richtige Stellung zu bringen. Dieselben sind da-
bei zu schonen.
Chemnitz. Hier bestehen folgende Vorschriften: Kehren der Lehr-
zimmer wöchentlich zweimal, Scheuern derselben jährlich viermal, Wischen
der Bänke etc. täglich einmal, Kehren der Turnhalle täglich zweimal,
Scheuern derselben monatlich einmal. Kehren der Korridore und Treppen
täglich.
Essen. Hat tägliche Beinigung.
Crefeld. Bestimmungen vom 31. Dezember 1896.
§ 1. Das Schulzimmer und die zu demselben führenden Treppen
und Gänge müssen stets in reinlichem Zustande erhalten werden; die
ersteren sind wenigstens zwei- oder dreimal in der Woche, die Treppen
und Gänge aber täglich nach beendigtem Unterricht sorgfältig auszukehren.
Die Reinigung der Schulzimmer hat in der Weise zu geschehen, dafs da-
bei die Bänke [vom Platz gerückt und der darunter befindliche Schmutz
weggefegt wird.
§ 2. Die Bänke, Schreibtische, Katheder, Schränke, Bilder, Fenster-
bänke sind eine Stunde nach dem Kehren abzustäuben und täglich vor
dem Unterricht mit einem feuchten Tuche sorgfältig abzuwischen. Die
Fenster der Schulzimmer und des Treppenhauses sind so oft zu putzen
als es notwendig erscheint, mindestens aber alle sechs Wochen.
§ 3. Wenigstens viermal im Jahre und zwar in den Ferien (Ostern,
Pfingsten, Herbst, Weihnachten) sind die Schulzimmer mit Seife, Soda und
heüsem Wasser zu scheuern, die Türen, Bekleidungen, Bänke, Schränke
u. s. w. ebenso abzuwischen und die Wände abzustäuben.
§ 4. Die Aborte müssen täglich nachgesehen und mindestens ein-
mal in der Woche gereinigt werden. Während der Sommermonate müssen
die Pissoirs täglich gespült werden.
§ 8. Eine Beihilfe von Kindern bei der Reinigung und Heizung etc.
ist nicht gestattet.
Barmen. Aus dem Entwurf einer Dienstanweisung für
die Schuldiener an den städtischen Volksschulen:
§ 4. Die Klassenzimmer sind Mittwochs und Samstags, nachdem
feuchtes Sägemehl reichlich gestreut ist, bei geöffnetem Fenster gründlich
auszukehren, wobei die Schülerpulte von ihren Plätzen zu rücken, nachher
aber wieder zu ordnen sind. Tritt durch Erkrankung oder Unwohlsein
eines Kindes eine Verunreinigung des Klassenzimmers ein, so ist sie sofort
vom Schuldiener zu beseitigen.
§ 5. Eine Stunde nach beendigtem Kehren sind sämtliche Schüler-
pulte, Katheder, Geräte, Fensterbänke, Schränke und Kleiderhalter mit
einem feuchten Tuch abzuwischen und mit einem trockenen nachzureiben ;
dabei ist zu beobachten, dals während des Wischens das Tuch recht häufig
in klarem Wasser ausgespült wird.
554
§ 6. Die Fufsböden sämtlicher ElasseB werden in den Oster- ond
Herbstferien, nachdem die Zimmer sorgfältig ausgekehrt sind, samt Schfller-
pulten, Katheder, Schränke (innen ond anfsen), ferner Geräte, Fenster-
bänke, Fensterrahmen ond Lamperien mit Seife, Soda und warmen Wasser
gescheuert. Gleichzeitig sind die sämtlichen Tintenfässer zn reinigen.
(Dieselbe Reinigung möglichst in den Weihnachts- und Pfingstferien.)
§ 7. Machen ansteckende Krankheiten, Reparaturen, Schutfeiern etc.
oder andere Umstände eine durchgreifende Reinigung notwendig, so ist
der Rektor befugt, sie anzuordnen.
§ 8. Die Öfen und Ofenrohre sind so oft als nötig mit Eisenfarbe
anzustreichen, so dafs ein Grau- oder Rotwerden yermieden wird.
§ 9. Die Türen und die Bekleidung der TttröfFnnngen sind an den
Stellen, die von den Kindern berührt werden, mit Seife und warmem
Wasser so oft als nötig zu säubern.
§ 10. Die Schultreppen und Flure sind täglich nach beendetem
Unterricht sorgfältig auszukehren, nachdem zuTor feuchtes Sägemehl ge-
streut ist, sodann sind sie jeden Samstag zu schrubben. So oft als mög-
lich, mindestens aber monatlich, sind die Wände abzustäuben. Treppen«
geländer abzuwaschen und der Fu&boden in Treppen und Gängen mit
Seife und warmem Wasser zu scheuem.
§ 12. Die Fenster sind so oft als möglich, mindestens aber alle
vier Wochen, zu putzen.
§ 13. Aborte sind täglich nachzusehen und zu reinigen. Einmal
wöchentlich sind die Sitze mit Seife und Wasser zu scheuem und die
Trichter zu reinigen. Im Pissoir müssen die Rinnen und Bretter täglich
gespült und mit dem Besen gescheuert werden.
Elberfeld, Vorschriften, betreffend die Heizung; Reini-
gung und Lüftung der Räume in den städtischen Volks-
schulen, vom I.April 1899.
Die Kinder sollen die Schuhe am Gerät im Hausflur reinigen.
Die für die Reinigung verantwortlichen Personen haben für folgendes
zu sorgen:
1. An jedem Schultage nach Schluis der Schule:
a) Die Korridore und Treppen zu sprengen und zu fegen.
b) Die Abtritte zu reinigen und die Pissoirrinnen zu spülen.
2. Wöchentlich zweimal und zwar an den schulfreien Nachmittagen:
a) Alle Klassenzimmer zu sprengen und zu fegen, hierbei wenigstens
einmal wöchentlich die Schülerbänke von ihren Plätzen zu rücken.
b) Nach Beendigung dieser Arbeit sind in allen Klassen, von vorne
anfangend, alle Subsellien und Tische mit feuchtem Tuche vom
Staub zu befreien.
c) Wöchentlich einmal das Rektorzimmer feucht aufeunehmen.
3. Monatlich einmal:
a) die Fufsböden jedes Klassenzimmers, sowie die Treppen, welche
zu Schulräume führen, feucht aufzunehmen.
b) Die Wände der Klassenzimmer und Korridore abzustäuben.
c) Die Fenster der Schulstuben abzuwaschen.
555
4. Jährlich zweimal (Oster- und Herbstferien) die Klassenzimmer
ganz aaszQränmen, gründlich zu schmbben imd das ganze Schnlhans zu
patzen. Die mit hellgrauer Leimfarbe gestrichenen Wände sind bei dieser
Generalreinignng sorgfältig staubfrei zu machen.
Kassel. Hier mufe zweimal wöchentlich Aufkehren, viertelj&hrlich
Waschen stattfinden.
Magdeburg. Dienstanweisung fttr die Kastellane der
städtischen Schulen Tom 6. Dezember 1899.
§ 4. Montag, Dienstag, Donnerstag und Freitag sind die Klassen-
zimmer, soweit sie nicht Ton Bänken und Tischen besetzt sind, zu reinigen
(also die Seiten- und Zwischengänge, die Plätze vor und hinter den Sub-
sellien). Am Mittwoch und Sonnabend werden alle Räume der Schulen
vollständig gereinigt. Korridore, Treppen sind täglich zu reinigen. Beim
Fegen ist das Aufrütteln von Staub durch Bestreuen der FuJsböden mit
feuchten Sägespänen oder durch geeignetes Sprengen möglichst zu Ter-
hindem. Während der Reinigung und des Staubwischens sind die Fenster
zu öffnen. Die Schulbänke sowie die übrigen Klassenausstattungen sind
möglichst stets staubfrei zu erhalten und in den grofsen Ferien abzuseifen.
Yierteljährlich sind die Fulsböden der Schnlräume, die Treppenkorridore
zu scheuem und sämtliche Ttlren des Schulhauses sowie die beschmutzten
Olpaneele abzuwaschen. Vor dem Scheuem müssen die Wand- und Decken-
flächen gründlich abgefegt werden.
Die in den Klassen aufgestellten Spucknäpfe sind täglich zu reinigen
und sodann jedesmal mit Wasser zu füllen.
Die Fenster der Klassen und Korridore sind in den Oster-, Sommer-,
Herbst- und Weihnachtsferien, sowie im Monat Febmar zu putzen.
§ 6. Die Aborte sind stets rein und in Ordnung zu halten. Die
Sitzplätze der Aborte müssen wöchentlich einmal abgescheuert werden.
§ 12. Der Fufsboden der Turnhalle ist an jedem Tag, wo sie be-
nutzt, mit feuchten Sägespänen zu bestreuen und danach zu fegen. Die
Turngeräte sind sodann vom Staube zu reinigen. Die Reinigung mufs eine
Stunde vor Beginn des Turnunterrichts beencLet sein. Jedesmal, bevor
eine neue Abteilung die Übungen beginnt, ist die Halle gehörig zu lüften
und zu sprengen. Zu Beginn eines jeden Schulhalbjahres sind die Wand-
flächen der Halle gründlich abzufegen, die Fenster zu putzen, Türen- und
Fensterrahmen abzuwaschen und die Fufsboden der Halle, des Vor- und
etwa vorhandenen Ankleideraumes zu scheuem.
HannOTer. Die Klassen werden jeden Mittwoch- und Sonnabend-
nachmittag mit nassem Sand oder Sägespänen gereinigt. Oster-, Johanni-
und Michaelisferien findet Scheuerung statt. Korridore und Treppen werden
täglich gefegt.
Mannheim. Ministerial -Verordnung vom 30. September
1902.
§ 37. 1. Die Schulzimmer und sämtliche zur Schule gehörigen
Räume sind stets rein zu halten. Zu diesem Zweck sind die Schulzimmer
556
und die zn diesen führenden Gänge nnd Treppen täglich nach beendeter
Benutzung bei geöffneten Fenstern und etwas angefeuchtetem Boden sauber
auszukehren, nach dem Auskehren ist der Staub auf Bänken, Tischen,
Stuhlen» Öfen und Ofenröhren zu beseitigen.
Alle acht Tage sind die Böden nach vorausgegangenem sauberen
Auskehren mit einem feuchten Tuch aufzuziehen.
Alle vier Wochen ist das Holzwerk in den Schulzimmern, die Ver-
täfelungen, Zimmertüren und Schränke u. s. w. sauber abzuwaschen, auch
sind gleichzeitig die Fenster zu reinigen.
2. Die Aborte sind (Zellen und Pissoirs) alle acht Tage, erforder-
lichenfalls auch vorher schon durch Ab- und Aufwaschen gründlich zu
reinigen.
3. Überdies sind wenigstens viermal im Jahre die Böden der in
Ziffer 1 genannten Bäume gründlich aufzuwaschen, sowie Wände, Decken
und Einrichtungsgegenstände derselben von Staub zu reinigen.
4. Schulkindern darf die Besorgung dieser Arbeiten nicht übertragen
werden.
5. Den Lehrern wird zur Pflicht gemacht, die genaue Einhaltung der
vorstehenden Vorschriften zu überwachen etc.
Meiningen. Auszug aus dem Ministerial-Erlafs vom
17. April 1900.
In Betreff der Beaufsichtigung und Instandhaltung der Schulgebäude,
der Lüftung und Beheizung der Schulräume und der Erhaltung der Sauber-
keit und Ordnung darin und in den Vorräumen werden folgende Bestim-
mungen getroffen:
2. Die Schulzimmer müssen in der Regel jährlich, mindestens aber
alle zwei Jahre getüncht werden.
3. Dieselben sind mindestens alle 14 Tage, d. h. nach jeder zweiten
Schulwoche, von erwachsenen Personen gründlich zu scheuem, geölte und
gefirniste Fufsböden aber sorgfältig aufzuwaschen, wobei sämtliche Teile
des Zimmers, Wände, Decken, Öfen, Fenster, Türen, Bänke, Schulger&te
u. s. w. ordentlich zu reinigen sind.
4. Das Auskehren der Schulzimmer soll womöglich täglich, mindestens
aber dreimal wöchentlich, und zwar mit Verwendung feuchter Sägespäne
oder dergleichen erfolgen, damit kein Staub aufgewirbelt wird; nach dem
Kehren sind Öfen, Schulbänke und Schulgeräte gehörig zu säubern.
5. Ist für gründliche Luftemeuerung zu sorgen.
10. Vor dem Haupteingang zur Schule wie vor dem Schulsaale selbst
bezw. vor dem Treppenaufgang müssen breite Fufsabtreter liegen, zu deren
regelmäfsiger Benutzung die Kinder mit aller Strenge anzuhalten sind.
11. In dem Schulsaal soll ein emaillierter oder porzellanener, mit
Henkel versehener und stets mit etwas Wasser gefüllter Spucknapf stehen ;
derselbe ist regelmäfsig nach dem jedesmaligen Kehren in den Abort zu
entleeren und wieder zu füllen.
12. Schnlhof und Schulaborte müssen öfter nachgesehen und letztere
so oft erforderlich, mindestens aber jede Woche gescheuert bezw. aaf-
gewaschen werden.
557
Wiesbaden. Aaszag aas der Dienstanweisang für die
städtischen Schaldiener.
1. Dem Schaldiener liegt die nächste Aufsicht ob über das Schul-
gebäade, die Tarnhalle mit ihren Geräten, die Aborte etc. Er hat be-
stehende Beschädigungen sofort zu melden.
4. Dem Schaldiener liegt ob die Reinhaltung bezw. die Überwachung
der Reinhaltung des Schulgebäudes im Innern, der Turnhalle und der Ab-
tritte, sowie des Schulhofes.
Im besonderen hat er:
a) täglich nach dem Schlufs des Unterrichts die Fenster in den
Klassen zu öffnen, festzustellen und nach den Reinigungsarbeiten wieder
zu schliefen,
b) die ihm überwiesenen Putzfrauen, welche Ton 4 bezw. 5 Uhr
nachmittags ab (am Mittwoch und Samstag Ton 2 Uhr) sämtliche Lehr-
und Dienstzimmer, die Flure und Treppen unter Verwendung eines feuchten
Streumaterials auszukehren haben, zu beaufsichtigen und den Bericht über
die Arbeitszeit zu führen,
c) darauf zu achten, dafe von den Putzfrauen nach der unter b Tor-
geschriebenen Reinigung die Tische, Bänke, Stühle und sonstiges Mobiliar
mit mäfsig angefeuchtetem Tuche sorgfältig abgewischt werden,
d) darauf zu achten, dafs au&er der vorstehend angeordneten Reini-
gung ad a, b und c ein nasses Aufwaschen Ton 14 zu 14 Tagen (an den
Samstagen) in der Weise erfolgt, dafs alle Räume, in denen Unterricht
erteilt wird, oder die zu dienstlichem Aufenthalt oder Gebrauch der Lehrer
etc. bestimmt sind, sowie die Flure und Treppen alle Tier Wochen
einmal, die Turnhalle und sämtliche Aborte wöchentlich zweimal,
die Baderäume täglich von einer entsprechenden Anzahl Putzfrauen
gründlich mittels Schrubber gereinigt werden. Die unter b angeordnete
Reinigung hat vor dem Schrubben ebenfalls stattzufinden,
e) die Fenster partienweise zu putzen, so dafe von vier zu vier
Wochen sämtliche Fenster gereinigt werden,
f ) am Schlüsse eines jeden Halbjahres sämtliche Lehrzinmier, Gänge,
Treppen und Turnhallen zu schrubben, die Wände und Decken von Staub
und Spinngewebe zu reinigen, den ölanstrich abzuseifen mit Ausnahme
deijenigen Räume, in welchen etwaige bauliche Arbeiten vorgenommen
werden müssen,
g) täglich die Abtritte nachzusehen und von etwaigem Schmutze zu
säubern,
h) im Sommer während der Unterrichtszeit die Wasserspülung der
Pissoire und Aborte in Tätigkeit zu setzen und dieselben nach Schlufs des
Unterrichts wieder abzustellen, bei eintretendem Frostwetter die Wasser-
spülungen zu entleeren,
k) die durch Unwohlsein oder andere Ursachen bei Schülern ent-
stehenden Verunreinigungen sind sofort wegzuschaffen.
Aus der Instruktion für die Pedellen über die'Behand-
lung der Abort- und Pissoir-Anlagen.
1. Die PedeUe haben in erster Linie dafür zu sorgen, dafs in den
Bedürfnisanstalten selbst die gröfste Reinlichkeit herrscht.
558
2. Eingetretene Störungen in den Abzngsröhren der Klosetts und der
Pissoiranlagen etc. sind sofort dem Stadtbanamt anzuzeigen.
Ist die Störung in einem Einzelabort erfolgt, so rnnfs dieser dnrch
Verschlieüsen dem weiteren Gebranch bis zn ihrer Beseitigang entzogen
werden.
3. Es ist dafür zn sorgen, dals die Dsckel der Klosetts nack dem
Gebranch stets wieder auf die Öffnungen gelegt werden.
4. Um ein Verstopfen der Abfallröhren zn yerhttten, dürfen in die
Aborte weder hartes oder zusammengeballtes Papier in gröfseren Stflcken
noch sonstige feste Gegenstände hineingeworfen werden etc. An augen-
fälligen Orten sind in jedem einzelnen Abort dahingehende Anweisung»-
karten angebracht.
6. Zur Beaufsichtigung des baulichen Zustandes der Klosetts etc. ist
ein städtischer Bediensteter beauftragt, die sämtlichen Schulen in dieser
Beziehung jede Woche einmal zu begehen.
7. Die Fenster und AuDsentttren der Aborte und Pissoiranlagen sind
während der Frostzeit stets geschlossen zu halten. Die Deckel der Abtritt-
sitzöffnungen sind immer geschlossen zu halten.
8. Die nach Sdilufe der Schulzeit stets abzustellenden Znfilhrangs-
wasserleitungen zu den Abort- und Pissoirspülanlagen, sowie die SpOl-
resenroire in den Einzelaborten und Massenaborten selbst sind dnrch öffnen
der Entleerungsventile Tollständig zn entleeren, sobald sie am Schluls der
Schulzeit aufser Tätigkeit gesetzt werden.
9. Es ist daftir zu sorgen, dafe die Temperatur in den Klosetträumea etc.
nicht unter Null Grad herabsinkt.
17. Neben guter Lüftung ist auf die gröfste Reinlichkeit in den Abort-
und Pissoiranlagen zn halten.
Darmstadt* Aus den ReinigungSTorschriften.
1. Täglich Reinigung der Klassenzimmer und Gänge, vor und in den
Gängen, Bänken etc. (vor dem Unterricht).
2. Mittwoch und Samstag findet Hauptreinigung statt, wobei die Bänke
weggerückt werden.
3. Die Säuberung soll unter Zuhilfenahme feuchten Sägemehls geschehen.
(Seit kurzem werden sämtliche Klassenzimmer etc. mit staubbindendem
öl (Dustlessöl) gestrichen. Dieser Anstrich hat sich Yorzflglich bewährt.
Solange also der Anstrich noch frisch ist — mehrere Wochen — wird der
Staub nicht mit dem feuchten Sägemehl aufgenommen, sondern trocken
ausgekehrt, ohne dais dabei irgendwie Staub aufgewirbelt wird. Infolge
dieser Einrichtungen sind auch die Subsellien, Katheder etc., die sonst in
einigen Stunden wieder mit Staub bedeckt waren, fast staubfrei. Der Fufs-
boden erhält sich frisch und sauber und erleichtert die Arbeit des Schul-
dieners erheblich. Es ist vorteilhaft, diesen Anstrich alle drei Monate zu
erneuem.)
Halle a. S. Aus der Dienstanweisung für den Hausmann,
ö. Lüftung der Klassen nach den magistratlichen Vorschriften.
10. Putzen der Fenster alle zwei Monate.
559
17. BeseittgoDg des Schmutzes in den Tintenftssern.
18« Schenern der Aborte Mittwochs und Sonnabends, aa&erdem so oft
als sie beschmatzt Yorgefanden werden. Die Ölpissoire sind genau nach
den Yom Stadtbauamt erlassenen Vorschriften zu behandeln.
20. Hilfeleistung beim Unwohlsein von Schülern. Brechstoff ist sofort
in angemessener Weise zu entfernen.
22. Beaufsichtigung der Kehr- und Scheuerfrauen bei der täglichen
Reinigung der Klassen etc. und bei dem Scheuem (Oster-, Sommer-, Herbst-
ond Weihnachtsferien). Die Verwendung von Soda und Säuren bei Reini-
gung der LinoleumfnfsbOden ist untersagt. Beim Scheuern ist warmes,
nicht heiüses Wasser unter sparsamer Verwendung von neutraler Seife zu
nehmen, Wasserlachen dürfen niemals auf dem Fufsboden stehen bleiben.
Zur Reinigung der mit Ölfarbe gestrichenen Sockelflächen kann etwas Soda
verwandt werden.
(Zur Beschaffung von Hilfskräften, Reinigungsmaterial etc. ist fttr jede
Klasse pro Jahr der Betrag von 30 Mark durch den Etat bereit gestellt.)
Dortmund. Etwa zweimal wöchentlich feuchtes Aufnehmen des S taubes.
Charlottenbnrg. Täglich nasses Aufwischen der Zimmer etc.
Danzig. Tägliches Fegen, wöchentlich ein- bis zweimal nasses Auf-
nehmen des Staubes.
Kiel. Reinigung zweimal wöchentlich, fast tägliches Fegen mit feuchtem
Sägemehl.
SehSneberg. Zweimal in der Woche nasses Aufwischen und gründ-
liche Reinigung.
Wien. Kurrende des Magistrats über die Reinigung der
Schullokale.
Tunliche Vermeidung von Staubentwicklung, mindestens zweimal
wöchentlich und wenn nötig täglich Auskehren mit nassen Sägespänen. Die
harten Fufsboden der Lehrzünmer und insbesondere der Tnmsäle sollen
nach dem Auskehren mit feuchten, extra um die Rohrbesen gewundenen
Lappen von dem feinen Staube gereinigt werden.
Talln (Niederösterreich). Wöchentlich zweimaliges Kehren und Tier-
mal jährlich Scheuem der Schulzimmer.
DIaemark. Ministerialerlafs für alle öffentlichen Schulen
exkl. Kopenhagen.
Der Fufsboden soll wenigstens zweimal (monatlich abgewaschen werden
und jeden Tag nach der Schulzeit .gleichzeitig mit dem übrigen Schul-
material und in Verbindung mit Lüftung des Lokals mit feuchten Scheuer-
lappen abgewischt werden. Eindringlich wird der Gebrauch von Wechsel-
sdinhen empfohlen, da dadurch die Reinigung sehr erleichtert whrd. Das
Reinhalten der Dorfschulen obliegt dem Lehrer.
560
Kopenhagen. Die Klassenzimmer sollen dreimal jährlich grandlicb
gereinigt und einmal monatlich gewaschen werden. Täglich wird der Fnfs-
boden, der nicht fimisiert ist, fencht abgewischt.
Norwegen. Regiernngsbesch lasse betreffs Reinhai tnng
von Schalen.
§ 1. Es ist verboten, anf die Fnfsböden der Schnlzimmer oder Gänge
zn spacken. i
§ 2. Spncknäpfe in Schulzimmem und anf Gängen sollen immer
etwas Wasser, Sand, feuchtes Sägemehl oder Torfmull, gehackte Wach-
holderbeeren oder Fichtennadeln enthalten. Sie sollen täglich gereinigt
und ihr Inhalt entweder verbrannt oder in Kloaken, am Strand oder in
Erdlöcher ausgeleert werden.
§ 4. In jeder Pause LtLftung der Schulzimmer (wenigstens 5 Minuten),
nach der Schulzeit 15 Minuten.
§ 6. Die Fuisböden der Schulzimmer sollen tAglich mit nassen Lappen
und Bürsten gereinigt werden. Fensterpfosten, Schulpulte etc. sollen täglich
mit nassen Lappen abgewischt werden.
Wenigstens einmal wöchentlich werden die Schulzimmer samt Inventar
mit Seife, Soda und Wasser gereinigt. Wenigstens einmal jälirlich — im
Herbst vor Beginn der Schule — sollen auch Decken und Wände ab-
gewaschen werden. Getünchte Decken sollen wenigstens einmal jährlich
getüncht werden. Ritzen sollen verkittet oder auf andere Weise dicht
gemacht werden. Wenn möglich, sollen die Fnfsböden der Schulzimmer
gemalt oder gefimist sein. An den Eingangstüren sollen immer Matten
oder Kratzen sein.
§ 9. In den Klosetts der Schulen mufe strenge Reinlichkeit gehalten
werden. Die Elosettbehälter müssen so oft geleert werden, dafs keine
Überfüllung stattfindet, und es soll durch Beimischung von Torfmull etc.
dafür gesorgt werden, dafs sich kein Gestank entwickelt.
Bergen (Norwegen):
1. Tägliche Reinigung allabendlich. Aulser wenn die wöchentliche
Reinigung stattfinden soll, werden nach Schulschlufs die Fnfsböden in sämt-
lichen Schulzimmern, ferner die Korridore und Treppen unter Verwendung
von feuchten Sägespänen (in der Regel bei geöf&ieten Fenstern) mit nassen
Besen oder Lappen gefegt. Die Wandtafeln werden abgewaschen, die
Spucknäpfe sorgfältig gereinigt, Wasserflaschen und Trinkgläser ausgespült.
In den Abtritten gründliche Abwaschung des Bodens und der Sitze; Schmutz
an Wänden und Türen ist sorgfältig zu entfernen. Der Gymnastiksaal
wird mittags und abends gefegt.
An jedem Schultage, morgens vor Beginn des Unterrichts, müssen die
Roste der Öfen reingemacht und die Aschenbehälter entleert werden. Das
gesamte Inventar (d. i. Tischplatten, Sitzbretter und Lehnen der Subsellien,
Katheder, Kasten, alle Fensterrahmen, die Vorsprünge der Paneele und die
Handläufer der Treppengeländer) ist mit einem feuchten Staubtuch ab-
zureiben. Für die Flaschen und Spucknäpfe ist frisches Wasser einznftlllen.
2. Wöchentliche Reinigung: Einmal wöchentlich sind aUe Fnfs-
böden der Zimmer, Korridore und Treppen, femer die Böden und Sitze
561
der Abtritte, und alle vier Wochen sämtliche Paneele, TOren, Fenster-
krenze, das Inventar und Treppengeländer mit Seife zu waschen. In den-
jenigen Wochen, in welchen das vollständige Waschen nicht stattfindet,
wird alles Inventar, Fensterrahmen nnd Paneelvorsprünge mit Wachstuch
abgewischt.
3. Das Fensterpatzen hat so oft als erforderlich zn geschehen, wenn
die Wittemngsverhältnisse es erlauben, durchschnittlich einmal monatlich,
in Schalen mit Zentralheizung nnd Doppelfenstern kann dies seltener
erfolgen.
4. Die Jahresreinignng in den Sommerferien besteht in Waschung der
ölgemalten Wände, Decken, Fenster und Türen mit Seife, sowie im Putzen
der Ofen.
Schweiz. Über die Reinhaltung der Yolksschulklassen siehe diese
Zeitschrift, 1903, No. 2, S. 117.
Wenn wir uns nun ans den 44 herangezogenen Instruktionen
oder Verordnungen, betrefiCend Schulreinigung, eine Übersicht über die
Leistungen in dieser Beziehung verschaffen, so ist es von Wichtigkeit,
festzustellen:
I. Kehren hezw. feuchtes Aufwaschen der Lehrrftume
(in der Regel ohne Umstellung der Subsellien) soll stattfinden:
a) täglich nach 17 dieser Dienstanweisungen
Hamburg, Breslau» Köln (Land), Nürnberg (versuchsweise
nach Wiesbadener Muster), Königsberg, Frankfurt a. M.,
Essen, Mannheim, Wiesbaden, Darmstadt, Halle a. S.,
Charlottenburg, Kiel (fast täglich), Dänemark, Kopen-
hagen, Norwegen (Bergen);
b) dreimal wöchentlich nach 2 Instruktionen
Berlin, Dresden;
o) zweimal wöchentlich nach 18 Instruktionen
Mtlnohen, Leipzig, Stuttgart, Braunschweig, Bremen,
Köln, Ntlmberg (in den meisten Schulen, s. unter a),
Barmen, Elberfeld, Düsseldorf, Aachen, Chemnitz, Kassel,
Hannover, Dortmund, Erfurt, Danzig (ein- und zweimal
wöchentlich), Wien (wenn nötig täglich), TuUn;
d) zwei- oder dreimal wöchentlich nach 2 Instruktionen
Crefeld, Meiningen (mindestens, womöglich täglich).
n. Scheuern der Klassenzimmer mit Seife und Soda
soll stattfinden:
a) einmal in der Woche nach 8 Instruktionen
Köln (Land), Posen, Frankfurt a. M., Mannheim, Eael,
Schöneberg, Norwegen (Bergen);
562
b) jede zwei Wochen nach 4 Instrnktionen
Hamburg, Altona, Wiesbaden, Meiningen;
c) monatlich nach 3 Instruktionen
Breslau, München, Kopenhagen;
d) viermal jährlich nach 7 Instruktionen
Strafsburg, Chemnitz, Crefeld, Oassel, Erfurt, Halle a. S.,
Tulln ;
e) dreimal jährlich in 2 Fällen
Aachen, Hannover;
f) zweimal jährlich in 3 Fällen
Berlin, Elberfeld, Barmen;
g) so oft als möglich (I?) in Köln.
III. Die Reinigung von Spucknäpfen wird nur 6mal
erwähnt :
Dresden, Frankfurt a. M., Kassel, Meiningen, Norwegen
(Bergen).
ly. Imprägnierungen der Fufsböden sind 3mal erwähnt:
Dustless-Öl — in Leipzig und Darmstadt, Bodol — in
Königsberg.
Um zunächst an die Imprägnierung der Fufsböden anzuknüpfen,
80 kann erwähnt werden, dals die Berichte über Dustless aus Leipzig
und Darmstadt sehr günstig lauten.
Auch Dr. Reichenbagh - Gtottingen spricht sich in einem
Bericht über Versuche mit staubbindenden Fulisbodenölen [diese
Zeitschrift^ 1902, No. 7) sehr empfehlend über dieselben aus.
Nach seinen gründlichen bakteriologischen Versuchen wird die Staub-
entwicklung beim Kehren durch den Dustleasanstrich sehr stark ver-
mindert. Er hat übrigens auch herausgefunden, daCs in der Wirkung
zwischen dem Original-Dustlessöl und dem Florioin kein wesentlicher
Unterschied festzustellen ist. Als einen Nachteil des Verfahrens be-
zeichnet er es, dafs der Dustless-Fuisboden durch den sich allmählich
auf der ölsohicht festsetzenden Schmutz nach und nach ein recht
unsauberes Aussehen bekommt. In dem mit Floricin gestrichenen
Saale machte sich ein schwacher, an Petroleum erinnernder Geruch
bemerkbar. Beim Dustlessöl ist das nicht der Fall, dafür ist das
Floricinöl etwas billiger.
Ebenso sind in Stettin mit dem Dustlessöl in den Sohulklasaen
sehr günstige Erfahrungee gesammelt worden, übw welche der Stet-
tiner Stadtschulrat Prof. Dr. Kühl in dieser Zeitschrift (1902,
No. 10) einen kurzen Bericht erstattet. Die günstige Wirkung hat
563
sich nicht allein in den Klassenzimmern, sondern auch anf den
Korridoren nnd Treppen gezeigt. Über gefährliche Glätte, wie sie
mehrfach in Turnhallen beobachtet worden ist, wird nicht geklagt.
Die Stadtschnldepntation hat daher der städtischen Banverwaltung
das Dnstlessöl zu möglichst ausgiebigem Gebrauch empfohlen. Als
Schattenseite dieser hygienischen Mafsnahme werden die recht er-
heblichen Kosten hervorgehoben. Dr. Engels (Marburg) hat die
staubbindenden Fulsbodenöle und ihre Verwendung einer experi-
mentellen Prüfung unterworfen (siehe diese Zeitschrift, 1903, No. 6).
Von den geprüften Ölen, dem Floricin, dem Hygiene- und dem
Dustlessfufsbodenöl gibt er dem letzteren entschieden dzn Vorzug.
Im Königreich Sachsen (ölsnitz, Döbeln, Leipzig) hat man mit der
Einführung des Dustlessöles gute Resultate erzielt (siehe diese
Zeitschrift, 1903, No. 5).
Als einen weiteren Nachteil der staubbindenden Öle hat mir ein
Mädchenschulvorsteher auf meine diesbezügliche Erkundigung erklärt,
daÜB seine Lehrerinnen gegen die Anwendung dieses Öles mit Rück-
sicht auf ihre schleppenden Kleider, die dadurch verdorben würden,
protestiert hätten. Ich glaube aber, dais, wenn nur sonst das staub-
bindende Öl zur Verbesserung der Reinlichkeit in den Klassen dient,
die Jugendbildnerinnen mit Rücksicht auf ihreVorbild-
lichkeit für die Schuljugend gern auf die antihygienische
Mode der Schleppe — wenigstens innerhalb der Schul-
räume — verzichten würden.
Auf alle Fälle aber würde ich mit der Mehrzahl der sich für
schulhygienische Fragen interessierenden Ärzte vorziehen, dafs
die Schulräume, wie jedes vielbenutzte und bewohnte bürgerliche
Zimmer, täglich mit Seife tüchtig aufgescheuert würden, und zwar
unter Wegrücken der Subsellien, damit nicht unter denselben Staub-
und Schmutzdepots verbleiben. Erinnern möchte ich bei dieser Ge-
legenheit an die modernen Schulbänke (Rettig), deren praktische
Einrichtung eine derartige gründliche Reinigung ganz besonders er-
leichtert.
Man mufs das tägliche Scheuern der Klassenzimmer um so mehr
fordern, als man weifs, dafs so vielfach die Yolksschulklassen ganz
übermäCdg ausgenutzt werden. Es braucht nur an die durch die stets
sich vermehrende Volksschülerzahl in den grolsen Städten bedingten,
infolge Mangels von Schulgebäuden immer wieder zu Hilfe heran-
gezogenen Nachmittagsklassen erinnert zu werden. Ferner wissen wir,
dab die Klassen nachmittags und abends, nachdem sie für den ge-
Schnlgeiandheitapflege. XVL 30
664
wohnlichen Unterricht schon yielfach benutzt waren, für Mädchen-
oder Ejiabenhorte, oder für Filialen der Gewerbeschulen in Benutzung
gezogen werden. Sodann darf nicht übersehen werden^ daüs auch dort,
wo Yon der Schulauüsichtsbehörde wenigstens tägliche nasse Auf-
waschungen der Volksechulklassen vorgeschrieben sind, diese in den
einzelnen Volksschulen doch nicht so zur Aueführung kommen, wie
das von der Zentralstelle in wohlwollender Weise geplant ist.
Wenn ich an die mir zunächst liegenden Verhältnisse in meiner
Vaterstadt Hamburg anknüpfe, so haben wir bereits gezeigt, wie
in der Dienstinstruktion für die Schuldiener der Hamburger Volks-
schulen (§ 9) vorgesohrieben ist, dals die Klassenzimmer täglich mit
nassen Sägespänen, und zwar an zwei Tagen in der Woche unter
Wegrücken der Schul tische und des Podiums, zu reinigen sind.
Vergleichen wir mit dieser Vorschrift den Reinigungsplan einer
unserer Volksschulen, den ich mir verschafff: und abgeschrieben habe, so
sieht man erst, wie auTserordentlich wenig für die Reinlichkeit der
Klassenzimmer in Wirklichkeit getan wird. Hinzu kommt noch der
Umstand, dals für die Lehrer- und Konferenzzimmer, die doch ganz
bedeutend weniger ausgenutzt werden als die Klassen, auiserordentlich
viel besser in dieser Beziehung gesorgt ist.
Reinigungsplan
für den Schuldiener der Volksschule X.
Montag.
Fegen und Wegrücken der Tische in
la und b, Illa und b, lYa und b,
VIb;
Fegen ohne Wegrücken der Tische
in den übrigen Klassen, drei Lehrer-
zimmer reinigen, Fenlen : abwech-
selnd la und b und IVa und b.
Dienstag.
Fegen und Wegrücken der Tische in
IIa und b, IVc, Va und b, Via,
Vlla und b;
Fegen ohne Wegrücken der Tische in
den übrigen Klassen, drei Lehrer-
zimmer reinigen, Faulen : abwech-
selnd IVa und b, Va und Via.
Mittwoch.
Alle Klassen fegen, drei Lehrer-
zimmer, alle Korridore und Treppen
feulen.
Donnerstag.
Fegen mit Wegrücken der Tische in
la und b, nia und b, lYa und b,
Ylb;
Fegen ohne Wegrücken der Tische in
den übrigen Klassen, drei Lehrer-
zimmer reinigen, Feulen: abwech-
selnd Illa und b und VIb.
Freitag.
Fegen mit Wegrücken der Tische in
na und b, IVc, Va und b, Via,
Vna und b ;
Fegen ohne Wegrücken der Tische in
den übrigen Klassen, drei Lehrer-
zimmer reinigen, Feulen: abwech-
selnd IVc, Vb, vna und b.
Sonnabend.
Alle Klassen fegen, drei Lehrer-
zimmer, alle Korridore und Treppen
feulen, Messing putzen.
565
Alle Tische, Sehr&nke, B&nke und Sttthle in den Klassen- und Lehrer-
zinunem sind täglich abzuwischen. Die Bficherbörter in den yorderei
Klassen werden am Donnerstag, die in den hinteren Klassen werden am
Freitag feucht abgewischt. Fensterpntzen in der letzten Woche des Monats.
Hat man sieh dann noeh gelegentlich die Ausführung der Schul-
reinigung, speziell das tägliche feuchte Aufwischen, einmal persönlieh
angesehen, so hat man erst die richtige Übenseugung yon der absolut
ungenügenden Sauberkeit, die fOr die Yolksschulklassen vorgesehen
ist, erworben. Man kann in dieser Beziehung den Yolksschuldienem
einen Vorwurf nicht machen, denn die korrekte Ausführung der Be-
stimmung der Zentralbehörde geht tatsächlich über das Können dieser
sehr überbürdeten Persönlichkeiten hinaus.
Gerade diese meistens als wenig bedeutungsvoll angesehenen
Details der Schulhygiene zeigen deutlich die Notwendigkeit der
Schularzteinrichtung. Der Vertrauensarzt der Hamburger Oberschul-
behörde, Herr Dr. Mabb, hat zwar im Anschluis an seinen, im Ein-
gang dieser Arbeit gewürdigten Artikel als Erwiderung auf die Ent-
gegnung des Herrn Prof. Dr. Habtmann in Berlin {Är/stl. VereinsblaU,
Dezbr, II. 1902) zum Ausdruck geblracht, dafs die Beaufsichtigung
und den Betrieb hygienischer Einrichtungen in den Schulen Lehrer
und Schuldiener ebenso gut verwalten können wie der Schularzt,
dals die hygienischen Einrichtungen in den Zentralbehörden begut-
achtet und durchgeführt werden müssen. Diese von Dr. Mabk fär
gut befundenen Zustände im Schtdwesen haben wir allerdings in
Hamburg. Ich muiSs aber sagen, dafs ich gerade in Bezug auf die
mich besonders interessierende Reinigung der Volksschulklassen Ma-
terial gefunden habe, welches ganz besonders die Ein-
stellung geeigneter, und zwar ärztlicher Aufsichts-
organe der zentralen fachmännischen Verfügungen als
höchst wünschenswert erscheinen läfst. Ich mufs deshalb
Herrn Prof. Habtmank, dem in schulhygienischen Dingen so be-
sonders verdienten Arzte, beipflichten, wenn er die Hamburger Ver-
hältnisse nicht gerade als vorbildlich hinstellen zu können erklärt.
Sind erst Schulärzte an den einzelnen Schulen angestellt, so
kann es gar nicht ausbleiben, dafs fbr die Reinigung der Klassen
mehr geschieht als bisher, denn ein modemer Arzt kann und darf
und wird verschmutzte Klassen nicht beibehalten wollen. Er wird
Mittel und Wege finden, das tägliche Scheuem in den Klassen zur
Durchführung zu bringen.
Vielleicht könnte man aber z. B. die Mittel, die die städtischen
30*
566
Gemeinden in neuerer Zeit vielfach für die Beschäftigung Arbeits-
loser verwenden, zum Teil für die Zwecke der Schulhausreinigung
in Ansprach nehmen. Die Organisation eines derartigen Modus würde
sich in einfacher Weise nach dem Wiesbadener Schema, das jetzt
versuchsweise auch in Nürnberg zur Anwendung kommt, regeln,
indem das Stadtbauamt oder die StralsenreiniguDg täglich Kolonnen
geeigneter Personen nach der Unterrichtszeit in die Schulhäuser ent-
sendet, wo dieselben dann die Bäume unter Au&icht und nach An-
leitung der Schuldiener etc. scheuem und reinmaohen.
Für die greisen Hauptreinigungen in den Ferien, die ja fast
überall üblich sind, könnte man in zweckentsprechender Weise auch
die Desinfektionskolonne in Dienst stellen, die dann die Säuberung
der Schulräume in der allerpassendsten und nützlichsten Form vor-
nehmen würde. Jedenfalls aber sollten die Schuldiener offiziell
überall an der Ausbildung der Desinfektoren teilnehmen, die ja glück-
licherweise behördlicherseits, besonders in ländlichen Bezirken, als
neue Faktoren der öffentlichen Gesundheitspflege mehr und mehr
eingeführt werden.
Nirgends aber — auch in den elendesten und armseligsten
Dörfern — darf in allen Klassenräumen eine genügende Anzahl ge-
eigneter Spucknäpfe fehlen, in einer Zeit, die unter dem Zeichen
des Kampfes gegen die Tuberkulose als Volkskrankheit steht Es
ist geradezu lächerlich und könnte als Hohn auf die von höchster
Stelle befürwortete Bekämpfung der Tuberkulose aufgefafst werden,
dafs von den 44 Instruktionen für die Reinigung der Volksschulen,
die wir in dieser Arbeit kennen gelernt haben, nur sechsmal Spuck-
näpfe und deren B.einigung überhaupt erwähnt werden, wobei zwei von
diesen wenigen Fällen auf das nordische Ausland kommen. Man könnte
auf die Vermutung geraten, dais die Spucknäpfe bei den vielen
hustenden und ezpektorierenden Lehrern und Schulkindern eine so
selbstverständliche Einrichtung seien, dals sie einfach gar nicht erwähnt
werden. Dem ist aber nicht so. Die Spucknäpfe werden nicht ge-
reinigt, weil sie nicht vorhanden sind, weil die Schulbehörden für
die Anschaffung dieser so absolut erforderlichen Geschirre keine Auf-
wendungen machen. So müssen denn Lehrer und Schulkinder, ob
sie infektiöses Material aushusten oder nicht, den Fuisboden voll-
spucken oder ihre Sacktücher zu diesem Zwecke verwenden — wenn
sie solche haben, was ja auch nicht immer der Fall ist — , und
für die Ausbreitung der Tuberkulose wird so der beste Boden ge*
schaffen.
567
Wir haben also gesehen, daüs die jetzt meist übliche Schul-
reinignng in jeder Weise besserungsfähig ist. Wir müssen deshalb
Mittel und Wege finden, die Sohulreinigung ohne erhebliche Ver-
mehrung der Schullasten und Kosten za einer hygienisch genügenden
zu machen. Das tägliche Scheuern (nicht nasse Aufwaschen
oder Fegen) der Schulräume, die Aufstellung geeigneter
Spucknäpfe mit Wasser und die sorgfältige Reinigung
derselben sind vorläufig die geringsten Postulate, die
wir aufstellen wollen.
Ist die Durchführung dieser allemiedrigsten Forderungen nicht
möglich, ohne die Kosten für das Schulwesen beträchtlich zu erhöhen,
so müssen wir trotzdem darauf bestehen, dieselben unter allen
Umständen durchzusetzen. Das Kapital, das an die Reinigung der
Volkssohulräume gewendet wird, verzinst sich vorzüglich, wie alle
Mittel, die für die öffentliche Gesundheitspflege flüjssig gemacht werden.
Durch die Opfer, die für die Zwecke einer rationellen Reinigung der
Volksschulräume aufgewendet werden — um mit Pettenkofeb zu
sprechen — schaffen wir und legen zugleich ein Kapital an, das
hohe Zinsen trägt.
Hut jDerfanttnltingeti tittb ^trtintn.
Der Anteil der Yolkssebule an der yolksg;esnndIieit8pflej(e«
Vortrag, gehalten an der Generalversammlung der Provinzial-
vereine rheinischer und westfälischer Lehrerinnen
am 18. April 1903 von Frl. EOBTE-Bochum.
Nach einem Berichte des Düsseldorfer „Gen.-Afuf." führte die Refe-
rentin ungefähr folgendes aus:
Die Aufgaben der Schulhygiene als einer Oehilfin der Yolkshygiene
verlangen, dafis die Volksschule den hmner notwendiger werdenden Kampf
gegen diejenigen Übel aufnimmt, die das Volkswohl untergraben. Es sind
hauptsächlich Alkoholismus und Tuberkulose. Die Mittel, mit denen
die Schule dem Alkoholismus entgegentreten kann, beschränken sich vor-
wiegend auf Erziehung und Belehrung über die Gefahren des Alkohol-
genusses. Die Belehrung muis sich auch auf das Elternhaus ausdehnen.
Eine praktische Mafsnahme gegen den Alkoholismus ist die Beantragung
von Fürsorgeerziehung für Kinder trunksüchtiger Eltern. Der Kampf der
Volksschule gegen die Tuberkulose ist vornehmlich vorbeugender Natur.
558
Er verlangt für die Beschaffenheit der Schalräame sorgfUtigste Beobachtung
aller hygienischen Forderungen in Bezug auf Reinlichkeit und gute Luft,
da sie dazu dienen, die Möglichkeiten zur Übertragung der Krankheit zu
yernngem und der Entstehung und Verbreitung der Schwindsucht unter
den Kindern entgegenzuwirken.
Die hygienischen Aufgaben der Volksschule erstrecken sich auch auf
die Verhütung deijenigen gesundheitlichen Sch&den, denen die Kinder in-
folge des Schulbesuchs ausgesetzt sind. Von diesen sogenannten Schul-
krankheiten wird in der Volksschule am häufigsten die seitliche Verkrümmung
der Wirbels&ule beobachtet. Durch vermehrte körperliche Übungen in
Gestalt von Jugendspielen und Turnunterricht, der auch für M&dchen
obligatorisch sein mufs, da diese vorwiegend eine gesundheits-
schädliche Körperhaltung aufweisen, femer durch die genaueste Beobachtung
der hygienischen Vorschriften bei Auswahl der SubseUien, sowie durch aus-
reichende Erholungsstunden zwischen den Unterrichtsstunden können die
Schulkrankheiten am wirksamsten verhütet werden.
Der Anteil der Volksschule an der Volksgesundheitspflege bedingt auch
eine besondere Pflege der körperlich besonders schwachen Schul-
kinder, die aber nicht mit einer ausgesprochenen Krankheit behaftet sind.
Da der gesetzliche Schulzwang nicht vor diesen Kindern Halt macht, so ist
die besondere Pflege und Beaufsichtigung derselben eine Pflicht der Ge-
meinde, die das ausführende Organ des Gesetzes ist. Die Schule darf
diese Pflicht der Fürsorge nicht allein den privaten Wohlfahrtseinrichtungen
überlassen. Die Schulgemeinden können sie wenigstens teilweise erfüllen
durch Verabreichung von Frühstück an schwächliche und bedürftige Kinder.
Die wirkliche Bedürftigkeit ist bierbei genau zu prüfen.
Die Verantwortung der Volksschule für das leibliche Wohl der Schüler
dehnt sich auch auf die Ferien aus und verlangt, dals schwache Kinder,
denen das Heim keine wirksame Ferienpflege bieten kann, doch etwas ver-
spüren von der Wohltat, die sich in dem Zauberworte „Ferien'' birgt.
Dies geschieht durch Unterbringung derselben in Ferienkolonien und
Solbädern; in industriereichen Städten ist die Einrichtung von Milch-
kuren, Schulspaziergängen u. a. m. während der Ferien zu empfehlen.
Ziehen die Schulgemeinden in Erwägung, dals körperlich schwache Kinder
meistens zu wirtschaftlich schwachen Bürgern heranwachsen, die dann die
Armenkasse belasten, so werden sie wissen, dafs sie mit jedem kränklichen
Kinde, welches sie fUr das Leben brauchbar machen, sich selbst und dem
Staate einen wesentlichen Dienst erweisen.
Die Verantwortung der Schule für die Gesundheit der Schuljugend
legt Lehrern und Lehrerinnen die Pflicht auf, sich möglichst um-
fassende Kenntnisse über die Hygiene des Kindes und der
Schule anzueignen; nur dadurch werden sie befähigt, an dem weiteren
Ausbau der Schulhygiene mitzuarbeiten. Zur möglichst vollkommenen Ent-
wicklung der letzteren dient die Anstellung von Schulärzten. Ihnen liegt
die hygienische Überwachung der Schulgebäude und des Schulkindes ob.
Diese geschieht durch regelmäüsige Besichtigungen und Untersuchungen. Die
Untersuchungsbefunde über den Gesundheitszustand der Schüler werden in
den Gesundheitsbogen verzeichnet, die nach Art der Zeugnisse das Kind
569
dnrch die Schuljahre begleiten und bei seiner Beurteilung in Bezng auf
Leistungen nnd F&higkeiten von grö&ter Wichtigkeit sind. Die hygienische
Überwachung der Schalen durch Schnl&rzte ist das wirksamste Mittel, um
den organischen Zusammenhang zwischen Yolkshygiene und Schulhygiene
immer fester zu gestalten.
Die TStig;keit der Hedizinalbeamten anf dem Gebiete
der Schnlbygiene.
Vortrag, gehalten an der amtlichen Versammlung der Medi.
zinalbeamten des Reg.-Bez. Minden am 20. November 1902 von
Kreisarzt Dr. SCHLÜTEB-Gütersloh {Zeiischr, f.Med.'Beamte, 1903, No. 12).
Der Referent führte folgendes aus : Nach Anleitung des Formulars IX
der Dienstanweisung^ soll der Kreisarzt alle Schulen in fttnQ&hrigem Um-
lauf besichtigen. Das kann nicht gelegentlich geschehen, da andere
Behörden (Landrat, Kreisschulinspektor, bei Fortbildungs- und Fachschulen
der Vorsitzende des Schulvorstandes) zu benachrichtigen sind. Auch fehlt
meistens die Zeit zur Schulbesichtigung, wenn andere Dienstverrichtungen
zu erledigen sind. Können Ortsbesichtigungen, z. B. in kleineren Gemeinden,
mit Schulbesichtigungen verbunden werden, so ist mit den letzteren zu be-
ginnen. Es empfiehlt sich, zu denselben aulser dem leitenden Lehrer, dem
Schulvorstande, auch die bausachverständigen Mitglieder der Gesundheits-
kommission und den Schularzt zuzuziehen, sowie nach der Besichtigung die
AbsteUung der gefundenen Mängel mit dem Schulvorstande zu besprechen,
um ihn von der Notwendigkeit und Zweckm&fsigkeit der vorgeschlagenen
Maisregeln zu überzeugen. Referent betonte bei dieser Gelegenheit die
Anstellung von Schulärzten, denen die Überwachung des Gesundheitszustandes
der Schulkinder und die Untersuchung der neuaufgenommenen Kinder ob-
liegen müsse. Der Medizinalbeamte könne aus Mangel an Zeit diese Unter-
suchungen nicht ausführen. Der Kostenersparnis halber dürfte sich die
Anstellung der Armenärzte als Schulärzte empfehlen.
An der Hand des Formulars IX der Dienstanweisung erläuterte der
Vortragende sodann einzelne wesentlichere, bei der Besichtigung der Schulen
zu beachtende Punkte:
a) Besichtigung. Hier wird die Lichtprüfung mittels Aristopapier emp-
fohlen und auf die Unsitte hingewiesen, dals die unteren Fenster vielfach
durch weüäe Ölfarbe geblendet werden, wodurch der Lichteinfall sehr be-
einträchtigt würde. Als Schutz gegen direktes Sonnenlicht sollten nur helle
und nicht gemusterte Vorhänge Verwendung finden.
b) Für die Lüftung der Schulzimmer sind Kippfenster in den Ober-
lichtern der Fenster am meisten zu empfehlen.
c) Die Erwärmung geschieht am besten durch Mantelöfen (BOBNsche
Lufterwärmungsöfen), die der Raumersparnis halber nicht in der Mitte der
^ S. diese Zeitschrift, 1902, S. 282.
570
LäDgswand des Zimmers, sondern in einer Ecke stehen sollen, nnd denen
die frische Luft nicht vom Flnr ans, sondern von anfsen zuzuführen ist.
d) Die Reinigung der Schulzimmer hat täglich durch feuchtes Auf-
nehmen und wöchentlich einmal durch Scheaem zu erfolgen.
e) Als Schulbank ist in erster Linie die RETTiasche zu empfehlen,
da sie die Reinigung erleichtert.
f) Zur Verhütung der Staubaufwirblung dient ein Anstrich des FuDs-
bodens mit Dustlessöl ; ein dreimaliger Anstrich jährlich genügt und kostet
(bei ca. 50 qm Zimmergröfse) 12,75 Mark.
g) Für die Garderobe sind aufserhalb der Schulzimmer Kleiderhaken
anzubringen.
h) Gänge und Flure müssen genügend breit und hell sein.
i) Für die Aborte ist die Einführung des Torfstreusystems sehr zweck-
mäfsig. Im Pissoir müssen Fufsboden und Wände bis 1 m Höhe durch
Zementierung wasserdicht hergestellt werden.
k) Der Hof ist zu pflastern.
1) Brunnen sind als eiserne Röhrenbrunnen anzulegen.
m) Über den Gesundheitszustand der Kinder mufs der Kreisarzt Tom
Lehrer Auskunft zu erlangen suchen.
Der Korreferent, Herr Kreisarzt Dr. Kluge -Höxter, bemängelt zu-
nächst, dafs im Formular IX unter 6 keine Frage über Spucknäpfe auf-
genonmien ist und dafs die Abortgruben oft viel zu groüs angelegt und za
selten gereinigt würden.
Auch fehle eine Frage über die Lehr- und Lernmittel, auf die eben-
falls das Augenmerk zu richten sei. So seien schwarze Wand- und Schiefer-
tafeln zu verwerfen und durch weifse, die mit Schwarzstift bezw. Bleistift
beschrieben würden, zu ersetzen. Auch die Gröüse der Schrift in den
Schulbüchern entspreche oft nicht den für die Erhaltung der Sehkraft za
stellenden Anforderungen, z. B. sei sie zu klein in der Bibel für die evan-
gelischen Volksschulen und in dem Katechismus für die katholischen Volks-
schulen der Diözese Paderborn.
Bei Prtlfung der Schulbauvorlagen würden einzelne Punkte manchmal
übersehen, z. B. ruhige Lage, Anordnung der Flure nach Westen, damit
die Zimmer vor Schlagregen geschützt sind.
Die Treppengeländer sind durch Knöpfe oder Pfosten zu unterbrechen,
um ein Herabrutschen der Kinder zu verhüten.
Die Zwischendeckenfüllung soll auch den Schall vermindern (Torf oder
Kalk mit Torf).
Die Wände der Schulzimmer werden am zweckmäfsigsten bis auf iVs m
Höhe mit Ölfarbe gestrichen oder noch besser mit Holzpaneel versehen.
In der sich anschliefsenden Diskussion betont zunächst Herr Reg.- und
Geh. Med.-Rat Dr. Rapmund, dals die für den Bau der Schulen maß-
gebenden Grundsätze bisher von den Kreisärzten vielfach unbeachtet gelassen
seien. Ein gründliches Studium der Pläne und besonders der zugehörigen
Erläuterungsberichte und Kostenanschläge sei aber unbedingt erforderlich,
571
wenn der Kreisarzt nicht Gefahr laufen wolle, dafs etwaige von ihm über-
sehene Mängel ihm später zur Last gelegt würden. Sind die Vorlagen un-
vollständig, so müssen sie stets zur Vervollständigung zurückgegeben werden.
Zu den einzelnen Punkten bemerkt er: Schon bei der Wahl des Bau-
platzes müsse auf die Beschaffung guten und genügenden Trinkwassers ge-
achtet und bei dem vorzulegenden Projekte eine genaue Baubeschreibung
des zu erbauenden Brunnens verlangt werden (am besten eiserner Röhren-
brunnen von 15 — 20 cm Weite, oder Wandungen aus Zementringen).
Bei den Schulräumen ist ihre Lage und innere Einrichtung zu prüfen.
Die Yentilationsrohre müssen mindestens 35 cm Durchschnitt haben; die
Zufuhr der frischen Luft für die Mantelzirkulationsöfen muis nicht vom
Korridor aus, dessen Luft durch Ausdünstungen der Kleider, Staub u. s. w.
verschlechtert werde, sondern aus dem Freien stattfinden. — Um eine
genügende Beleuchtung zu erhalten, mufs die Fensterfiäche mindestens
ein Fünftel oder die Glasfläche ein Sechstel der Grundfläche betragen. Bei
dreiflflgeligen Fenstern müssen entweder alle Fensterflügel oder wenigstens
die beiden unteren seitlichen und der obere mittlere zum öffnen ein-
gerichtet sein.
Holzpaneele seien zweckmäßig und, wenn die Kosten dafür bereit
gestellt werden könnten, sehr zu empfehlen.
Bezüglich der Nebengebäude und Nebenräume sei zu achten auf eine
richtige Lage der Wohnungen (des Lehrers, Schuldieners u. s. w.) zu den
Schulränmen ; getrennte Zugänge, auch Treppen, seien für diese zu fordern.
Bei gröiseren Schulen, in denen keine Schuldienerwohnung vorgesehen,
empfehle sich eine Rückfrage dieserhalb, da häufig im Projekt darüber
nichts vermerkt sei, weil man dies für unnötig halte.
Die Aborte bedürfen guter Ventilation und besonders guter Beleuch-
tung; je besser die Aborte durch Tageslicht erleuchtet sind, desto weniger
werden sie von den Kindern beschmutzt, zudem wirke Sonnenschein bak-
terientötend. Den Pissoirs entsteigen oft schlechte Gerüche, weil bei dem
Abflulsrohr zu der Abortgrube ein Wasserverschlufs fehlt. Die Abortgmbe
werde oft nicht überwölbt und zu grofs projektiert. Desgleichen seien bei
den Abortsitzen oft weder Deckel noch Aborttrichter vorgesehen.
Im übrigen wurden noch die Fragen der Orientierung der Schul-
häuser], des Verhältnisses zwischen Glasfläche der Fenster
und Fufsbodenfläche, der Feuchtigkeit dem Wetter ausgesetzter
Westwände (unzureichende Stärke), der Technik der Schulbesichti-
gnngen, der Berichterstattung etc. in die Diskussion gezogen.
572
tUtintrt Jtitteilnttgett.
Mehr Elassenwandernngen als bisher. Über dieses Thema sprach
Yor einigen Monaten, wie die j^Dresd* Nachr.^* mitteilen, in der pädagogi-
schen Abteilung des Dresdener Lehrervereins der Lehrer E. Stba^uss. Er
betonte, dafs sowohl von Seiten der Hygiene, als anch von Seiten der neueren
pädagogischen Methodik vor allem Wert anf gröfeere Berücksichtigung ge-
meinsamer Klassenwanderungen gelegt werde — um so mehr, als einerseits
sich die Realien zu einem so hochbedeutsamen Unterrichtsgegenstande ent-
wickelt haben, und andererseits das riesige Anwachsen der Grofsstädte den
Eondem der inneren Stadtteile die engere und weitere Umgebung immer
unzugänglicher macht. Folgende Anträge wurden von der Versammlung
einstimmig angenommen: 1. Es ist anzustrebep, dafs im Lehrplane fOr
unsere Volksschulen der Satz aufgenommen wird, dafs jeder Klasse jährlich
vier volle Schultage zu Klassenausflflgen zur Verfügung gestellt werden.
2. Es ist eine Kommission zu wählen, die sich mit den Dresdener Stralsen-
bahngesellschaften in Verbindung setzen soll, um (wie in Leipzig und bei
den Heidefahrten des Vereins „Volkswohl**) fftr die Schfller der Volks-
schulen bei Schulausflflgen eine billigere Beförderung als bisher zu erreichen.
Ein gleiches Ersuchen soll auch an die Direktionen der Staatsbahn und der
Dampfschiffahrtsgesellschaft gerichtet werden.
Die Beschaffung^ Ton YerbandskSsteB Ar Schulen wird in Ber-
liner Lehrerkreisen für notwendig gehalten. Die „Vereinigung ftlr Schul-
gesundheitspflege^ hat sich, wie die Tagesblätter melden, unlängst mit dieser
Angelegenheit beschäftigt und den Beschlufs gefalst, darauf hinzuwirken,
dafs solche Kästen beschafft werden, damit die Lehrer die Möglichkeit
haben, den Kindern bei Unglücksfällen bis zur Ankunft des Arztes die
erste Hilfe zu leisten. Dabei wird besonders an Unglücksfälle gedacht, die
sich beim Turnunterricht ereignen können. Es wird auf das Beispiel von
Paris hingewiesen, wo alle Schulen mit Verbandskästen ausgerüstet seien.
Um eine sachkundige und zweckmäfsige Benutzung zu erzielen, hält es die
Vereinigung für erforderlich, dafs auf den Lehrerseminaren die Zöglinge
auch in der ersten Hilfe bei Unglücksfällen unterwiesen werden. Den im
Amt stehenden Lehrern solle durch Einrichtung von Samariterkursen Ge-
legenheit gegeben werden, nachträglich die Kenntnis der ersten Hilfeleistung
zu erwerben.
Alkohol und Schule. Hierüber schreibt J. Petersen in der „Eni-
haltsamkeit' (1903, No. 4) folgendes:
„Eine grosse Zahl von Lehrstunden ist in der Schule in den Dienst
der religiös-sittlichen Erziehung der Kinder gestellt, der Bekämpfung der
^ Sünde", des ^^Bösen^ gewidmet. Was wird dort alles in den Kreis der
Betrachtung gezogen! Und entspricht der Erfolg der aufgewendeten Zeit
und Mühe? — Berücksichtigt man im Unterricht auch nur einigermafsen
673
die Rolle, die der Alkohol als Verführer spielt, dals er beispielsweise die
Hälfte der Brandstiftungen und Morde verursacht, zwei Drittel der Körper-
yerletztmgen und Totschläge yerschnldet, drei Viertel der Sittlichkeits-
verbrechen herbeiführt n.s.w., dafs er jährlich gegen 200000 Deutsche vor
den Strafrichter bringt? Wie mancher Schüler, wie manche Schttlerin gerät
lediglich durch den Alkohol auf Abwege. Ein einziger feuchtfröhlicher Abend
kann die Frucht der Schularbeit vernichten. Kann die Schule es recht-
fertigen, wenn sie nicht mit allem Nachdruck auf den gefährlichen Feind hin-
weist? Die Reihe liefse sich endlos verlängern. Es wird nicht vonnöten sein;
ich glaube, den Hauptpunkt genügend hervorgehoben zu haben. Ich meine,
wir sollen über dem Guten und Nützlichen, das in der Schule gelehrt wird,
das Bessere und Notwendige nicht vergessen. Wir sollen den Wert der
einzelnen Lehrgegenstände gegen einander abwägen, ein offenes Auge be-
halten für das Verhältnis der Dinge zu einander. Die Alkoholfrage aber
berührt die wichtigsten Lebensinteressen unseres Volkes; es handelt sich
in derselben um einen schweren Daseinskampf unserer Nation. Da sollen
wir nicht auf verhältnismäßig unwesentliche Dinge so grofses Gewicht legen,
nicht im Kleinkram unsere Kräfte verzetteln, sondern den Hauptaufgaben
mit aller Energie uns zuwenden. Und da verlangt die Zeit gebieterisch
von uns, dafs wir in der Schule mit allem Nachdruck dem Alkohol den
Krieg erklären.**
Die Ferienkolonieii in Leipzig existieren seit dem Jahre 1880.
Während der seither verflossenen 23 Jahre hat der hierfür gegründete
Verein, wie das ^^Leipe. TagebV^ mitteilt, in Gebirgs- und Solbadkolonien
13329 Kinder mit dem besten Erfolge versorgt und verpflegt, und dafür
die Summe von etwa 46000 Mark verausgabt.
Seit dem Jahre 1888 besitzt der Verein auch ein eigenes Kinderheim
(Grünhaide bei Auerbach i. V.), zu dessen Gründung der verstorbene Pro-
fessor Dr. Wagneb die Summe von 30000 Mark testamentarisch bestimmt
hatte, nachdem bereits früher zu demselben Zwecke 10500 Mark dem
Vereine übergeben worden waren. Das Leipziger Kinderheim in Grünhaide
ist mit 706 Meter Seehöhe eines der höchst gelegenen Sommerheime in
ganz Deutschland. Es liegt auf einem nach Süden gegen die Zwickauer
Mulde geneigten Plateau in der Nähe des Luftkurortes Rdboldsgrün, auf
einer gegen Nordwinde geschützten Waldwiese, inmitten der ausgedehntesten
Nadelwälder Sachsens. Es besteht aus zwei Häusern, kann gleichzeitig 112
Kinder beherbergen und ist z. B. 1892 vom 2. Juni bis 25. September
fünfimal belegt worden, in Summa von 19 Kolonien mit 532 Kindern. —
Kolonieorte für die Leipziger Kinder sind ferner luftige, lichte Gebirgs-
gasthöfe auf den frischen, waldigen Höhen des Vogtiandes und westlichen
Erzgebirges, z. B. in Oberpfannenstiel bei Aue, Rothenkirchen bei Schön-
heide, Hanmierbrücke und Friedrichsgrün bei Schöneck, und endlich für
die kränksten Pfleglinge — die skrophulösen, oft mit schweren Gesundheits-
störungen belasteten Kinder — die Solbäder Frankenhausen und Dürrenberg.
Auch im laufenden Jahre haben sich mehr als 1400 Kinder unserer
ärmeren Bevölkerung, nachdem deren Gesundheitszustand durch die Herren
Schulärzte geprüft worden ist, hilfesuchend an den Verein für Ferien-
kolonien gewendet.
574
Die Beaufsichtigung der Schnlen nnd das nene englische
Unterrichtsgesetz. Hierüber berichtet in der ,,Zätschr, f. Med.BeanUe^'
(No. 11) Dr. MAYEB-Simmern auf Grund eines Aufsatzes von Dr. H. Mi
RiCHABDS in „Publ healW* (1902/03, XV) folgendes:
Der Verfasser betont die Pflicht des Gesundheitsbeamten, die Schul-
hygiene nicht zu vernachlässigen. Es bestehe sonst die Gefahr, „dafe wir
vergessen, dafs wir in erster Linie Ärzte sind", und das Publikum sei am
Ende zu der Ansicht berechtigt, „dafs wir weiter nichts als Gesundheits-
inspektoren seien, mit Sinn für Zahlen und einer aus zweiter Hand geschöpf-
ten Kenntnis der Abfuhreinrichtungen".
Der nene Unterrichtsgesetzentwurf bietet die passende Gelegenheit zu
einem Rückblick und zu Vorschlägen, die Verhältnisse zu bessern.
Zurzeit hat der Medizinalbeamte nicht das Recht, die Schulräume zu
betreten ; er darf nur erkrankte Kinder vom Schulbesuch ausschlietsen, oder
Schulen beim Eintritt von Epidemien schlieisen. Nur einige SchulbehOrden
haben Medizinalbeamte angestellt; freiwillig haben sich Lehrer anderer
Schulen erboten, dem beamteten Arzte nichtanzeigepflichtige Infektions-
krankheiten und das Auftreten verdächtiger Symptome unter den Schul-
kindern zu melden.
Da meistens die Lehrer den durchschnittlichen Schulbesuch auf seiner
Höhe zu halten suchen, so ist solches Entgegenkommen eine Ausnahme;
meist hat der Gesundheitsbeamte keinen Überblick über den jeweiligen
Stand der Infektionskrankheiten der Schüler, und der Besuch des Gesund-
heitsinspektors wird als „Eindringen" angesehen.
Der Autor fordert nun, dafs die in dem neuen Gesetzentwurfe vor^
gesehenen Unterrichtskommissionen dahin belehrt werden sollen, dafs sie
in gesundheitlichen Fragen den Rat und die Mitarbeit des von der ünter-
richtsbehörde angestellten beamteten Arztes in Anspruch nehmen. Der
Distriktsmedizinalbeamte sollte alle öffentlichen Schulen besichtigen. Das
Ergebnis sollte an das Unterrichtsamt berichtet werden, eine Abschrift an
den Grafschaftsgesundheitsbeamten gehen, der die Unterrichtskommissionen
seines Grafschaftsrates danach informieren könnte. Ebenso wie Fabriken
und Werkstätten Zeugnisse der Ortspolizeibehörde aufweisen müssen, dals
sie etwa bei Feuersgefahr genügende Rettungsmöglichkeit bieten, so sollte
jede Schule von der Behörde auf Gröise, Art der Aborte, Wascheinrichtnngen
und deren Zustand untersucht werden ; auch die Zahl der Tage, an denen
„Überfüllung" eingetreten war, Heizung, Lüftung, Wände, Wirkung der
täglichen und periodischen Reinigung, Zustand der Spielplätze und Höfe,
Wasserversorgung etc. wären zu berücksichtigen.
Sagt uns mit diesen Forderungen der Verfasser wenig Neues, so
motiviert er die Forderung nach Beamten, die dem Medizinalbeamten unter-
stellt sind (attendance ofQcers) auf recht einleuchtende Weise. Diese würden
kleinere Mifsstände sofort bemerken, könnten im geeigneten Augenblicke
passende Winke zur Abhilfe geben, würden die Fälle anzeigen, wo die
Ortspflegerin ihren Besuch im Hause der Eltern zu machen hätte, würden
auch bei den Eltern die gesetzlichen Vorschriften und geeignete hygienische
Regeln zu verteilen haben.
Obwohl § 85 des zurzeit mafsgebenden Day-school Code der Schul-
575
behörde das Recht zur Beaufsichtigung in hygienischen Dingen gibt, wird
er nicht so gehandhabt, dafs die öffentlichen Volksschulen sich in befriedi-
genden sanitären Verhältnissen befinden.
FerienkoloDien in Basel. Wie wir der „N. Zürich. Ztgy ent-
nehmen, hat die Basler Ferienversorgung armer und erholungsbedürftiger
Schulkinder mit dem Sommer 1902 das 25. Jahr ihres Bestandes zurück-
gelegt. Im Jahr 1878 betrug die Zahl der versorgten Schulkinder 146,
im Jahr 1902 570, die Zahl der Ferienkolonien stieg von 12 zu je 12
bis 13 Schülern auf 38 zu je 15 Schülern. Die Ausgaben sind von
4734 Frs. auf 18482 Frs. angewachsen; an freiwilligen Liebesgaben sind
im Jahr 1878 5815 Frs., im Jahr 1902 12283 Frs. eingegangen. Die
Gesamtzahl der in den 25 Jahren versorgten Kinder beträgt 7981, die
Summe der freiwilligen Beiträge 276234 Frs. Durch Zuwendung von
Legaten wurde es möglich, einen Fonds mit dem Charakter einer bleiben-
den Stiftung anzulegen, der seit 1883 von 300 Frs. auf 64060 Frs. an-
gewachsen ist. Von 1882 an wurden an arme Kinder, die nicht aufs Land
verbracht werden konnten, in der Stadt während der Sommerferien Milch
und Brot verteilt. Seit 1895 haben diese Spenden aufgehört, da die
Pestalozzigesellschaft diesen Teil des Werkes übernahm und nun Jahr für
Jahr in immer gröfserem Umfang besorgt. Der Erfolg der Ferienversorgung
läist sich zwar weder messen noch zählen, das aber bezeugt der uns vor-
liegende Bericht, dafs nach der Aussage sämtlicher Führer und Führerinnen
der Kolonien am Schluls des Ferienaufenthalts die Schüchternen freier,
die Zügellosen gesitteter, die Eigensüchtigen verträglicher, alle besseren
Willens, unternehmender und ausdauernder sind, das Aussehen gesünder
und das Familienleben erfreulicher wird. Die Geber in der Stadt würden
die grölste Freude haben, wenn sie sich jeweilen an Ort und Stelle über-
zeugen könnten, zu welch sichtbarer Wohltat sie den armen Kindern ver-
holfen haben.
Coedacation oder Geschlechtertrennnng;? Über diese vielumstrit-
tene Frage sprechen sich neuerdings die nNeuenBahnen^ (Heft 6) aus. Es
wird in erster Linie auf die zahlreichen Versuche aufmerksam gemacht, die
mit der gemeinsamen Erziehung von Knaben und Mädchen auch in höherem
Alter bereits in autserdeutschen Staaten, teilweise auch in Deutschland
selbst, vorgenommen worden sind. Die Coeducation ist auch eine Forde-
rung der Frauenrechtlerinnen, welche die gemeinsame Schule als die Schule
der Zukunft betrachten und behaupten, dieselbe verdiene durchaus den
Vorzug vor den anderen Schulen in sozialer, sittlicher und pekuniärer Hin -
sieht. Der Autor der „N, B.^ ist nicht ganz dieser Ansicht. Mit dem
Hinweise auf die Verschiedenheit der Anlagen und deren Entwicklung beim
männlichen und weiblichen Geschlecht und gestützt auf die Ansicht Wehn£Rs,
dafs in den Entwicklungsjahren das Zusammensein von Jüngling und Jung-
frau ärztlich sehr bedenklich erscheine („Q-es. Jugend*^ II. 1.), kommt der
Verfasser zum Schlüsse, dafs für Kindergärten und Elementar-
schulen (bis zum 12. Lebensjahre) sich die gemeinsame Erziehung
beider Geschlechter empfehle, dafs aber nach diesem Zeitpunkt
eine Trennung der Geschlechter in der Schule für die geistig»
und sittliche Bildung vorteilhafter sei.
576
(Es ist schwer zn yerstehen, warum gerade in der Schnle das Zusam-
mensein von Knaben und Mädchen in sittlicher Beziehung Gefahren bieten
soll, während auf der Strafse, in den Familien, bei Festlichkeiten (BfiJlen etc.)
die beiden Geschlechter oft unter Umständen sich zu treffen Gelegenheit
haben, die viel eher als das Zusammenarbeiten in der Schule mit Gefahren
verbunden sein könnten. D. Bed.)
Über die Unterriehtspansen an den Ssterreichischen Hittel-
scbnlen berichtet an Hand der Resultate von Erhebungen, welche zur
österreichischen Wohlfahrtsausstellung 1898 vorgenommen worden sind, in
der ^Zeit^ Dr. Leo Bubuebstein. Aus den Angaben ftlr die damals in
Betracht gekommenen 279 Gymnasien und Realschulen ist zu ersehen, dafs
nach der ersten Lehrstunde des Tages überhaupt keine Pause
gegeben wurde; selbstredend kann die ganz kuize Unterrichtsunter-
brechung, welche sich durch den Lehrerwechsel ergibt, nicht als „Pause^
angesehen werden. Nach der zweiten Stunde wird allgemein 10 oder
15 Minuten pausiert, nach der dritten entsprechend 10 beziehungsweise
ö Minuten, so dafs für 211 von 279 Mittelschulen die Gesamtdauer der
Pausen bei vier aufeinanderfolgenden Unterrichtsstunden 20 Minuten aus-
macht: es gaben ferner für jene vier Stunden:
11 Schulen nur je 10 Minuten (!)
^1 » » » lö »
dagegen
16 Schulen je 26 Minuten
19 „ «30 „ Pausenzeit.
Nicht in allen Schulen folgt noch eine fünfte Vormittagsstunde; von
jenen 131 Schulen, an denen dies stattfand, gaben 80 vor dieser
fünften Stunde keine Pause;
1 Schule gab 5 Minuten
32 Schulen gaben 10 „
14 „ „ 15 „
4 „ . 30 ,
Noch ärger steht die Sache in dem für Schüler und Lehrer aus ver-
schiedenen triftigen Gründen schlimmen „Nachmittagsunterricht" ; in diesem
gaben nach der ersten Nachmittagsstunde 223 Schulen keine, 15 Schulen
je 12 bis 15 Minuten Pause, nach einer zweiten Nachmittagsstunde
75 Schulen keine, 98 Schulen je 5 bis 15 Minuten Pause.
An diese Zahlen knüpft BcTRaERSTEiN einige beherzigenswerte Be*
merkungen über die Verwendung der Pausen zur Lüftung der
Schulzimmer.
Die Lüftung ist, wenn die Schüler die Pausen aufserhalb der Lehr-
zimmer zubringen, auch bei strengster Aufsenkälte in unserem Klima durch-
führbar; die Schüler müfsten sofort zu Beginn der Pause das Zimmer
verlassen, wobei so viel Fensterfläche, als rasch aufschliefsbar ist, geöffiiet
werden sollte; die Luft ist in um so kürzerer Zeit gewechselt, je niedriger
die Aufsentemperatur ist, und daher auch ein um so längerer Zeitraum für
die Nachwärmung gegeben. Da die Luft nur eine geringe Wärmekapazität
besitzt und die festen Umschliefsungen und die Möbel, welche eine grofse
W.-K. haben, in der kurzen Lüftungszeit wenig Wärme verlieren, so genügt
577
der Rest der Pause zur Nachwärmung; flbrigeDS ist „frische '^ (kflhle) Lnft in
einem Räume mit wohldurchwärmten Umschliefsongen und Möbeln keines-
wegs gesuidheitsschädlich. Noch günstiger wftre in jeder Jahreszeit Zng-
Iflftnng, wenn ein besonderer Erholnngsraom vorhanden ist; leider ist
letzteres in den europäischen Ländern Ostlich von Frankreich nnd sfldlich
Yon Belgien yorläafig Utopie.
An einzelnen Stellen ist tatsächlich die Pansenfrage mehr oder weniger
gut gelöst worden: in Frankreich sind dreiviertelstttndige Lektionen mit
folgenden Viertelstnndenpansen schon vor mehr als 20 Jahren eingeführt
worden; von den deutschen Staaten hat Hessen, ein in Bezug auf Ge-
sundheitspflege in der Schule Oberhaupt fortschrittliches Land, die viel-
fach flblich gewesenen Viertelstundenpausen 1883 amtlich verallgemeinert;
Elsais-Lothringen hat im selben Jahre 10, 15, 15, 20 Minuten Pause im
Vormittagsunterricht eingeführt, Bayern 1891 10, 15, 15 Minuten n. s. w.
Neuerlich ist Preu^sen dazugekommen, wo im März 1891 für die Mittel-
schulen 10 Minuten pro Lehrstunde, das heilst ein Sechstel der Unter-
richtszeit, als Pausenzeit normiert wurde; bezeichnend für diesen Fort-
schritt in PreuJGsen ist der Umstand, dafs er direkt durch einen £rlals
des Kaisers an den Kultusminister (26. November 1900) veranlagt wurde,
in welchem Erlals unter anderem die „wesentliche Verstärkung der bisher
zu kurz bemessenen Pausen*' gefordert wird. Leider liegt in manchen
Ländern die Sache so, dafe Besserungen hinsichtlich der Gesundheit in der
öffentlichen Erziehung überhaupt nur dann einzutreten pflegen, wenn auiser-
halb der berufenen Behörde stehenden Personen Anregungen glücken;
nicht jedesmal liegt natürlich der FaU so günstig, dals ein Monarch die
Anregung gibt, weil er selbst in der ungesunden Lage war, in einer
Mittelschule zu studieren ; und, merkwürdig genug, der Erfolg bleibt sogar
in diesem Falle genau der Anregung kongruent, das heilst, die preulsische
Volksschule wird vom Erlals des Kultusministers gar nicht berührt, trotz-
dem die Volksschüler jene Pausen ganz gewifs auch nötig hätten.
Mängel der körperlichen Erziehung in England. Auch in dem
Lande, welches man als die Heimat des körperlichen Sports und der
athletischen Spiele zu bezeichnen pflegt, werden die Klagen über physischen
Rückschritt immer häufiger, und es wird eine gröfsere Berücksichtigung
der Gymnastik im Schulunterricht nicht selten verlangt. Dies bezieht sich
allerdings nicht auf die grofsen Colleges und Universitäten, wo man nach
wie vor eifrig den Leibesübungen obliegt, sondern auf die Volksschulen,
die bisher der körperlichen Ausbildung wenig oder gar keine Berücksich-
tigung geschenkt haben. Der soeben dem Parlament eingereichte Kom-
missionsbericht über Schulgymnastik legt, nach den Ausführungen der „Hamb,
Nachr. *^, davon ein beredtes Zeugnis ab. Zwar bezieht sich der Bericht
nur auf Schottland ; doch geben mafsgebende englische Blätter unumwunden
zu, das alles, was die Kommission über die schottischen Elementarschulen
und die physische Entartung des schottischen Volkes zu sagen weils, auch
unmittelbare Anwendung auf England findet.
Die schottischen Elementarschulen werden von der Untersuchungs-
Kommission beschuldigt, dafs sie zu Vielerlei lehren und das Hirn der
Kinder zu sehr mit Bücherweisheit belasten, anstatt genügende Zeit auf
678
körperliche Aasbüdnng zu verweDclen. Die Kommission fordert demgem&ls,
dais man lieber mehr Spielplätze and -Hallen beschaffen soUte, anstatt die
Zahl der nach heutigen Prinzipien geleiteten Schulen zu yermehren. Zu
gleicher Zeit erkennt die Kommission an, dais es nicht genfigt, die Kinder
für ihre körperliche Ausbildung nur auf die Spiele zu verweisen. Ein
systematischer Drill im Freien wie in Turnhallen wird vielmehr
für durchaus notwendig erklärt, sowohl für die physische Entwicklung, wie
zur Gewöhnung an Disziplin, die der britischen Jugend Oberhaupt gänzlich
zu fehlen scheint.
Aulserdem empfiehlt die Kommission, die Ausbildung im Turnen ffir
die Lehrer aller solcher Schulen obligatorisch zu machen, die sich keinen
besonderen Turnlehrer leisten können. Kein Lehrer, der nicht eine Tum-
Prüfung bestanden, sollte in Zukunft Anstellung an staatlichen Volksschulen
finden, und kein Lehrerseminar staatlich unterstützt werden, das nicht die
künftigen Lehrer im Tarnen unterweist.
Der Kommissionsbericht enthält sodann einige beunruhigende Angaben
über Augen-, Ohren-, Nasen- und Kehlkopfkrankheiten, die bei der schottischen
Yolksschuljugend häufig beobachtet werden, und die im wesentlichen auf
mangelhafte Ernährung, gesundheitswidrige Wohnungen und ungesunde
Lebensverhältnisse zurückzuführen sind.
Der Kommissionsbericht betont auch die Notwendigkeit einer gründlichen
ärztlichen Beaufsichtigung und Behandlung der Kinder in Elementarschulen;
ebenso wird in Anregung gebracht, Kinder, die hungernd in die Schule
kommen, zu füttern und für die so entstehenden Ausgaben die Eltern
verantwortlich zu machen, wofern nicht Hil&vereine die Kosten bestreiten.
Die Fortbildungsschulen sollten nach Meinung der Kommission ebenfalls
durch Turnunterricht anziehender und nutzbringender gemacht werden.
Auch die höheren Schulen und Universitäten Schottlands scheinen,
im Gegensatz zu den englischen, der körperlichen Ausbildung nidit die
genügende Berücksichtigung zu schenken. Für die höheren Schulen wird
ein systematischer Turnunterricht auiser den Spielen dringend empfohlen,
und die körperliche Ausbildung auf den schottischen Universitäten wird
geradezu als unbefriedigend von der Kommission bezeichnet, die nicht flbel
Lust zu haben scheint, das Turnen auch für die Universitäts-Jugend ob-
ligatorisch zu machen.
Sehnlbäder in Posen. Die an einigen Stadtschulen eingeriditeten
Schulbrausebäder haben, wie die „Posen. Ztg," berichtet, auch in dem
verflossenen Schuljahre ihren Zweck in vollem Mafse erfQllt und sowohl
zur geistigen Frische wie auch zur Förderung der Reinlichkeit und Ord-
nungsliebe unter den Schülern und Schülerinnen wesentlich beigetragen.
An dem Baden beteiligten sich die Klassen 1 — 5. Die Badefrequenz kann
als eine hohe bezeichnet werden. Die Kinder badeten mit sichtlicher Lost,
nur hin und wieder mufsten einzelne Schüler und Schülerinnen wegen Er-
krankung vom Baden ausgeschlossen werden. Die für die einzelnen Klassen
angesetzten Badestunden fielen durchweg in die Zeit des Vormittagsunter-
richts. Die letzte Unterrichtsstunde am Vormittag wurde zum Baden nicht
verwendet, um die Kinder nicht der Gefahr einer eventuellen Erkältang
auf dem Nachhausewege auszusetzen. Das Brausebad an der XII. Stadt-
579
schule hat durch die im Laufe des vorigen Sommers erfolgte Einrichtung
von Badezellen eine wesentliche Yerbessernng erfahren.
Wechsel der Fufsbekleidimg in der Schule: Nicht aUe Eltern
können ihre Kinder mit Gummischuhen zur Schule schicken; namentlich
da, wo die Kinder oft stundenweit auf morastigen Wegen zum Schulhause
zu laufen haben, verbietet sich der Gummischuh von selbst. Mit nassen
Füfsen und nassen Oberkleidem kommen dann die Kleinen in die Schule
und fangen oft trotz geheizten Schulzimmers an, hier erst recht zu
frieren, weil sie das durchfeuchtete Schuhwerk an den Ffllsen haben.
,,Kopf kühl, Füfse warm, Hinterpforte offen", diese ebenso drastische wie
klassische Regel des berühmten Boebhave hat heute noch volle Geltung,
nur wird sie auch in unserem Falle nicht befolgt. Würden den Kindern
in der Schule immer ein zweites Paar Schuhe (Hausschuhe u. dergl.) zur
YerfUgung stehen, und könnten sie ihre durchregneten oder besdineiten
Oberkleider in einem besonderen Zimmer zum Trocknen aufhängen, so
würde dem eigentlichen Schulzimmer mancher Dienst, den Schülern aber
manches Unwohlsein erspart bleiben. („Deutsche Warte*^,)
Die Schale im Dienste der öffentlichen Wohlfahrt. Den Schul-
leitungen der Wiener Volks- und Bürgerschulen ging, wie wir „Der Zeii*^
entnehmen, ein Erlais des Bezirksschulrates zu, in welchem die Lehr-
personen aufgefordert werden, die Bestrebungen des vor kurzem in Wien
gegründeten Hilfsvereines für Lungenkranke in den österreichischen Kron-
ländem nach Möglichkeit zu fördern. Dieser Verein hat sich die Be-
kämpfung der Tuberkulose zur Aufgabe gesetzt und verfolgt hierbei vor-
nehmlich das Ziel, solche Vorkehrungen zu treffen, durch welche der Ent-
wicklung der Tuberkulose bei hierfür disponierten oder der Infektionsgefahr
ausgesetzten Personen entgegengewirkt werden kann. Bei Verfolgung dieser
für die öffentliche Wohlfahrt überaus wichtigen und nützlichen Bestrebungen
beabsichtigt das Kuratorium dieses Hilfsvereines, in sämtlichen Kronländem
der Monarchie Lokalkomitees zur Gründung möglichst zahlreicher Zweig-
vereine ins Leben zu rufen, welche mit dem Wiener Stammverein im
Sinne des Aktionsprogramms zusammenwirken sollen. Da nun dieser Verein
geeignet ist, für die Einschränkung und allmähliche Tilgung der Tuber-
kulose erfolgreich einzutreten, da er femer hauptsächlich hilfsbedürftigen
Personen jugendlichen Alters seine Fürsorge zuzuwenden gedenkt, und da
es hierbei die Lehrer in erster Linie sind, welche werktätig mit ihrer
Mithilfe einzugreifen vermögen, so fordert der bezirksschulrätliche Erlafs
die Lehrpersonen auf, den Zielen des humanitären Vereines die angelegent-
lichste Unterstützung zu teil werden zu lassen.
Die New Yorker Erziehungsanstalt (Br Verbrecher. Unter
diesem Titel bringen die „MediccU News"' (No. 24) einen geharnischten
Artikel gegen die im Staate New York übliche Einrichtung der Verbesse-
rungsanstalten. In dem „House of Refuge" zu Randall's Island, befinden
sich augenblicklich 800 Knaben, die zum gröfsten Teil kleinerer Vergehen
halber in der Anstalt interniert sind ; nichts desto weniger werden sie mit
Knaben zusammengebracht, die trotz ihres jugendlichen Alters direkt
schwere Verbrechen sich haben zu Schulden kommen lassen. Die
natürliche Folge ist, dafs die Mehrzahl der Internierten in stetem Verkehr
Scbal|r«saiidheit8pflegre. XVI. 31
680
mit solchen gemeingefährlichen Subjekten erst das Laster richtig kennen
lernt und die „Besserungs^ -Anstalt verdorbener yerläüst, als sie dieselbe
aufgesucht hat. Eine durchgreifende Systemftndemng ist zur Vermeidung
dieses Übelstandes unumgftngHch notwendig : die Anstalten dürfen nicht als
Kasernen gebaut werden, sondern haben sich aus einer gröfseren Anzahl
einzelner Pavillons zusammenzusetzen; so nur kann die Absonderung der
Knaben in kleinen Gruppen und dadurch eine individuelle Behandlung und
Erziehung ermöglicht werden.
Aufs schärfste ist die gerade hier so Abel angebrachte Sparsamkeit
zu bekämpfen. Die Kleidung der in Randall's Island Internierten ist eine
schlechte; auch in dieser Beziehung mufs Abhilfe geschaffen werden, denn
unmöglich kann man so verwahrlosten Kindern das erforderliche Mafe von
Selbstachtung einflößen.
Das Kindersanatorinm in Red Bank, das von der „Sanitarium
Association" zu Philadelphia gegründet wurde und schon auf eine 25 jäh-
rige Tätigkeit zurückblicken kann, eröffnete am 6. Juni d. J. die dies-
jährige Saison. Die Gesellschaft gewährte — wie wir den ^Med. News'^
(No. 24) entnehmen — 2000 Kindern freie Dampferfahrt und Verpflegung
für einen Tag. Das Gesundheitsamt der Stadt Philadelphia beabsichtigte,
um die hohe Sterblichkeitsziffer der Kinder herabzusetzen, die Errichtung
von Zelten in Fairmount Park für schwächliche Kinder, wählte aber dann
das Sanatorium als geeigneteren Aufenthaltsort. Die Gesellschaft vom roten
Kreuz stellt dem Sanatorium 25 Pflegerinnen für den Sommer unentgeltlich
zur Verfügung.
Sagesgefd^td^tlii^es.
Anfraf zur Gründung internationaler Kongresse für Seknl-
hygiene. Auf dem Gebiete der hygienischen Forschung steht zurzeit in
allen zivilisierten Ländern die Schul- und Volkshygiene im Vordergründe
des allgemeinen Interesses. Viele Hygieniker haben mit Wort und Schrift
in diesen Zweigen der Wissenschaft bahnbrechend gewirkt. Ärzte und
Schulmänner haben denselben gemeinsame Arbeit gewidmet, Regierungen
und Kommunalverwaltungen sind eifrig bemüht, solche Arbeit zu fördern.
Bei aller Anerkennung der Fortschritte, die in der öffentlichen Gesundheits-
pflege insbesondere durch die Mitwirkung der Kongresse für Hygiene und
Demographie bereits erzielt worden sind, kann man sich doch der Tat-
sache nicht verschlielsen, dafs zur Heranbildung einer gesunden Jugend
gerade der Schulhygiene noch viel zu tun übrig bleibt, und dals ihr immer
neue Aufgaben erwachsen, um den jugendlichen Organismus zu kräftigen,
sowie dem Umsichgreifen der Nervosität und einer frühzeitigen Erschöpfung
entgegenzutreten. Derartige Gesichtspunkte sind mafsgebend gewesen für
die Gründung schulhygienischer Vereine, so des „Allgemeinen deutschen
681
Vereins für Schalgesimdheitspflege^, der französischen „Ligae des m^decins
et des famüles pour Tam^lioration de Phygiöne physique et intellectuelle
dans les ^oles"*, der schweizerischen „Gesellschaft fCtr Schalgesnndheits-
pflege **, der „Allgemeen paedologisch Gezelschap in Antwerpen", der „Ver-
eeniging tot Vereenvondiging yan examens en onderwijs'' in Arnheim nnd
der englischen „Society of medical oifficers of schools". In der Erkenntnis,
dafs bezüglich einer hygienischen Erziehung bereits im jugendlichen Alter
methodisch vorgegangen werden muls, dafs insbesondere in der Schnle
durch vollendete Körperpflege geistige Überanstrengung und Schwächung
der Individualität verhindert werden können, — in der Erkenntnis, dafs
die gedeihliche Entwickelung eines Volkes in erster Linie dadurch gesichert
vnrd, dafs es die Gesundheit seiner Jugend besonders während der Schul-
zeit nach jeder Richtung hin stärkt, — in der Überzeugung endlich, dals
durch gemeinsame Arbeit aller Nationen die Aufgaben und Bestrebungen
der Schulhygiene wesentlich erleichtert und befördert werden, sehen sich
die Unterzeichneten veranlafst, internationale Kongresse für Schulhygiene
ins Leben zu rufen, die alle drei Jahre tagen. Der erste Kongreis soll
an den sechs Tagen der Woche nach Ostern des Jahres 1904 in Deutsch-
land stattfinden. Für den Vorsitz sind der Allgemeine deutsche Verein
für Schulgesundheitspflege und ein Ortskomitee in Aussicht genommen, als
Kongrefsort hat sich die Stadt Nürnberg bereit erklärt. Vorträge und
Beratungen, welche dem Gebiete der Schulhygiene angehören müssen,
können in irgend einer europäischen Sprache, insbesondere in der deutschen,
französischen oder englischen, abgehalten werden.
Nähere Bestimmungen. Mitglieder des Kongresses können alle
diejenigen werden, welche an der Förderung schulhygienischer Bestrebungen
Interesse besitzen. Die Erwerbung der Mitgliedschaft erfolgt durch genaue
Angabe von Vor- und Zunamen, Stand, Titel und Adresse bei dem Orts-
komitee des Kongresses.
Jedes Mitglied hat einen Beitrag von 20 Mark zu entrichten. Hierfür
wird eine Mitgliedskarte ausgestellt, die zur Teilnahme an allen Sitzungen
und Veranstaltungen des Kongresses, zur Ausübung des Abstlmmungs- und
Wahlrechtes, sowie zum Bezug des Kongrefstageblattes und des Kongrefs-
berichtes berechtigt.
Für Deutschland dürfte es am geeignetsten sein, dem „Allgemeinen
deutschen Verein für Schulgesundheitspflege** nebst seinen Zweigvereinen,
sowie dem Ortskomitee der Kongreisstadt die Organisation des Kongresses
zu übertragen. Für Frankreich wird sich die „Ligue des m^decins et des
familles**, für die Schweiz die „Schweizerische GeseUschaft für Schul-
gesundheitspflege*^ , für Belgien die „Paedologisch Gezelschap in Antwerpen^,
für Holland die „Vereeniging tot Vereenvoudiging van Examens en Onder-
w^s** mit der Organisation befassen, und für England wird die „Society of
medical officers of schools** darum ersucht werden. In den übrigen Ländern
werden sich namhafte Hygieniker, Ärzte und Schulmänner mit den Unter-
richtsministerien und Medizinalkollegien zur Einrichtung von Komitees in
Verbindung setzen.
Die Verhandlungen verteilen sich auf allgemeine Sitzungen und Ab-
teilungssitzungen. Letztere finden vormittags nnd nachmittags statt. Für
31*
582
die PlenarsitzuDgen bleibt der Montag, Dienstag und Freitag- Yormittag
reserviert. In den Plenarsitznngeu werden Zusammenfassende Vorträge all-
gemeinen Interesses ohne Diskussion, offizielle Ansprachen und die geschäft-
lichen Angelegenheiten des Kongresses erledigt. Die Vortragszeit ist auf
45 Minuten zu bemessen. Die Vorträge in den Abteilungssitzungen sind
in der Beihenfolge ihrer Anmeldung zu halten, bezw. ist ihre Reihenfolge
vom Abteilnngsvorsitzenden zu bestimmen.
Die Dauer eines Abteilungsvort.rages darf 20 Minuten nicht Ober-
schreiten. An diese Vorträge knüpft sich eine Diskussion, in welcher
jedem Redner in der Regel nicht mehr als acht Minuten zur VerfQgung
stehen. Die Abteilungssitzungen werden durch einen vom Ortskomitee
ernannten Einführenden eröffnet und von dem durch die Anwesenden er-
wählten Präsidenten geleitet. Über jede Plenar- und Abteilungssitzung ist
von den Schriftführern Protokoll zu führen.
Vorträge für die Abteilungssitzungen werden bei dem Vorsitzenden
des Organisationskomitees des betreffenden Landes angemeldet, Vorträge
für die Plenarsitzungen mit dem Organisationskomitee des betreffenden
Landes und Ortes, wo der Eongrefs stattfindet, vereinbart. Für alle
Vorträge, welche auf dem Kongrefs zur Verhandlung kommen, muDs ein
druckfertiges Manuskript in einer der genannten Sprachen mit einer
deutschen, französischen oder englischen Zusammenfassung vorgelegt werden.
In der letzten Plenarsitzung wird von den Kongrefsmitgliedem der Ort für
den nächsten Eongrefs bestimmt. Nach Auflösung eines Kongresses werden
die laufenden Geschäfte dem Organisationskomitee des neuen Eongrefsortes
übermittelt.
Die internationalen Eongresse für Schulhygiene führen folgende Ab-
teilungen :
1. Hygiene der Schulgebäude und ihrer Einrichtungen.
2. Hygiene der Internate.
3. Hygienische Untersuchungsmethoden.
4. Hygiene des Unterrichts und der Unterrichtsmittel.
5. Hygienische Unterweisungen der Lehrer und Schüler.
6. Eörperliche Erziehung der Schuljugend.
7. Erankheiten und Eränklichkeitszustände und ärztlicher Dienst in
den Schulen.
8. Hilfsschulen für Schwachsinnige, Parallel- und Wiederbolungs-
klassen, Stottererkurse, Blinden- und Taubstummenschulen, ifrüppel-
schnlen.
9. Hygiene der Schu^ugend aufserhalb der Schule, Ferienkolonien
und Organisation von Elternabenden.
10. Hygiene des Lehrkörpers.
Das permanente internationale Eomitee:
Dr. LE Gendre, möd. de höp. de Paris, President de la ligue des m6decins
et des familles pour l'am^lioration de l'hygi^ne physique et intellectuelle
dans les 6coles. Dr. Alb. Mathieü, m^d. des höp. de Paris, Secr^taire
g^n6ral de la ligue des m^decins etc. Prof. Dr. med. et phil. Obiesbach,
583
Vorsitzender des Allg. deutschen Vereins für Scholgesandheitspflege, Mfll-
hansen (Eis.). Dr. med. Fb. Schmid, Direktor des Schweiz. Gesundheitsamtes,
Präsident der Schweiz. Ges. für Schulgesnndheitspflege, Bern. Dr. Clement
DüEES, Rnghy, Member of the Boyal College of physicians of London,
Physician to the hospital of St. Cross and to Rugby School. Prof. J. H.
Bense, Voorzitter yan de Vereeniging tot Vereenvoudiging van Examens
en Onderwijs te Arnhem. Dr. Proust, Prof. a T^cole de m^d., Inspecteur
g6n6ral des Services sanitaires, Paris, v. SCHENKBNDOEFF-Görlitz, Vor-
sitzender d. Zentralausschusses f. Volks- u. Jngendspiele u. d. deutschen
Vereins f. Knabenhandarbeit. Prof. Dr. med. Ad. Baginsky, Direktor
des Kaiser und Kaiserin Friedrich-Kinderkrankenhauses u. Vorsitzender des
Berliner Vereins für Schulgesundheitspflege, Berlin. Matthew Hat, M. D.,
Professor of forensic medicine and hygiene; Medical officer of health, Uni-
versity of Aberdeen. Prof. Dr. med. C. Etkman, Direktor des hygien.
Instituts, Utrecht. Dr. med. C. Winkler, Professor der Psychiatrie,
Amsterdam. Dr. Brissaüd, Prof. ä la Fac. de M6d., Paris. Prof. Dr.
Ebismann, Vorstand des Gesundheitswesens der Stadt Zürich und Redakteur
der Zeitschrift fflr Schulgesundheitspflege, Ztlrich. Dr. med. et phil. Hebm.
COHN, Prof. d. Augenheilk., Breslau. Geh. Med.-Rat Prof. Dr. Hoffa,
Dir. d. Universitätspoliklinik f. Orthopäd. Chirurgie, Berlin. Geh. Med.-Rat
Prof. Dr. A. Eulenbdbg, 1. stellvertr. Vorsitzender des Allg. deutschen
Vereins für Schulgesundheitspflege, Berlin. Prof. Dr. M. C. Schütten,
Voorzitter van het algemeen paedologisch Gezelschap, Bestuurder van den
paedologischen Schooldienst en van het stedelijk paedologisch Laboratorium
Antwerpen. Th. Witey, Inspecteur principai, Luxembourg. Dr. Luiöi
Pagliani, Prof. di Igiene, Torino. Prof. Dr. med. D. FiNKiiBB, Direktor
des hygienischen Universit.- Instituts, Bonn. Prof. Dr. med. 0. Bujwid,
Direktor, des hygienischen Instituts, Krukau. Dr. Edm. Jos. Klein, Pro-
fesseur de sciences, Diekirch (Luxembourg). Dr. Alfonso di Vestea,
Prof. di Igiene, Pisa. Freiherr Ed. von Lade, Schlofs Monrepos, Geisen-
heim a. Rh. Dr. E. B. Almquist, Prof. der Hygiene am Karolin. Medico-
chirnrg. Institut, Stockholm. Dr. med. Patricio Bobobio y Diaz.
Professeur de maladies de Fenfance ä la Facult6 de M6decine, Zaragossa,
Dr. Anoelo Mosso, Prof. di Fisiologia, Torino. Prof. Dr. L. Bübgeb-
stein, Wien. Prof. Dr. med. F. Hueppe, Direktor des hygienischen
Instituts der deutschen Universität, Prag. Dr. med. Axel Johannessen,
Prof. der Kinderheilkunde, Christiania. Dr. Habald Westebgaabd,
Prof. d. staatsw. Encyklop. u. Statistik, Kopenhagen. Dr. A. M. Y Vabgas,
Professeur de maladies de l'enfance ä la Facult4 de M^decine, Barcelona.
Dr. J. Felix, Professeur k la Facult6 de mödecine de Bucarest, ancien
directeur g6n6ral du service sanitaire de Roumanie. Dr. med. H. Schuschnt,
Schularzt und Prof. der Hygiene an der Staatsoberrealschule, Präsident
des Fachkomitees der Schulärzte und Professoren der Hygiene, Budapest.
Dr. med. Ir. Skwobtzow, Prof. der Hygiene an der Universität Charkow,
Rufsland. Prof. Dr. med. Axel Hebtel, Kommunal- und Schularzt,
Kopenhagen. Dr. med. Manuel de Tolosa Latour, Membre de TAca-
d^mie Royale de M^decine, Prof. de maladies de l'enfance ä la facult^ de
m6d., Madrid. Dr. P. M. NolKOV, Prof. der Pädagogik an der Univers.
584
Sophia, Bulgarien. Prof. Dr. med. Leo Liebermann, Direktor d^
hygienischen Institats der Universität Budapest, kgl. Rat. Sanitätsrat Prof.
Dr. M. MiSHiMA, Direktor der schnlhygienischen Abteilang des kais. Japan.
Unterrichtsministeriums, Tokyo. Dr. med. Laitinbn, Prof. der Hygiene
und Direktor des hygien. Instituts, Helsingfors. Dr. med. K. Sabbas,
Prof. der Hygiene und Direktor des hygien. Instituts, Athen. Dr. Batut,
Prof. der öffentl. Hygiene, Belgrad. Kgl. Rat W. Szuppan, Direktor der
Handelsakademie und Referent des Landes-Unterrichts-Rates, Budapest.
Aufsätze fiber den Alkohol in die Lesebfieher anfznnebmeH
sind die Verfasser der letzteren gegenwärtig gerne bereit. Es fehlt momen-
tan aber noch an wirklich guten derartigen Lesestücken, und um diesem
Mangel abzuhelfen, erläfst, wie J. Petebsen in der „EnthcUtsamkeH'^
(1903, No. 6) mitteilt, der „Deutsche Verein abstinenter Lehrer** folgendes
JPreisausschreiben :
Es wird ein Preis von 300 Mark ausgesetzt für ein neues, zur
Aufinahme ins Lesebuch geeignetes LesestOck, welches unmittelbar in
den Dienst der Bekämpfung des Alkoholismus tritt. Besondere Bestimmungen
Ober Umfang und Inhalt werden nicht gegeben. Die Preisbewerbungen
müssen bis zum 1. November ds. J. bei dem unterzeichneten Vereins-
Yorsitzenden eingereicht sein. Jede Arbeit ist mit einem Eennspruch zu
yersehen; derselbe Eennspruch mufs sich auf einem verschlossenen Brief-
umschlag befinden, in dem Name und Wohnort des Verfassers mitgeteilt
werden. Das Preisrichteramt haben folgende Herren übernommen: Lehrer
H. Heinemann in Leinhausen bei Hannover, Schulvorsteher 6. Plate in
Bremen, Lehrer E Sauer in Görlitz, Rektor W. Suhe in Kiel und Hanpt-
lehrer H. Wolgast in Hamburg. Der Preis wird nur dann zuerkannt,
wenn das Preisgericht eine Arbeit als den zu stellenden Anforderungen
genügend anerkennt. Dem Vorstande des „Deutschen Vereins abstinenter
Lehrer" bleibt das Recht vorbehalten, auf Vorschlag des Preisgerichts eine
Teilung des Preises vorzunehmen, falls mehr als eine Arbeit preiswürdig
erscheint. Die Beteiligung am Wettbewerb ist jedem gestattet. Auskunft
über einschlägige Schriften u. dergl. erteilt J. PETEBSEN-Eiel.
Behufs Belehrung der Schulkinder Aber den Schaden des
Alkoholgennsses hat die Berliner Schuldeputation folgende Bestimmungen
getroffen: „Im Anschluis an den Miuisterialerlafs vom 31. Januar 1902
ordnen wir hierdurch an, dafs in folgenden Disziplinen auf die Gefahren
der Trunksucht nachdrücÜich hinzuweisen ist: 1. Während des Religions-
unterrichts. Hier dürften sich z. B. bei der Besprechung des fünften Gebots,
bei dessen Erklärung auf den Selbstmord hingewiesen wird, geeignete An-
knüpfungspunkte dazu bieten. 2. Während des naturkundlichen Unterrichts.
Aus diesem Unterrichtszweige wird es vor allem die der Oberstufe vor-
behaltene Anthropologie sein, in welcher die Aufmerksamkeit der Kinder
auf die aus unmäfsigem Alkoholgenusse für den eigenen Körper sich er-
gebenden Gefahren hinzulenken ist. 3. Während des Rechen Unterrichts,
insofern durch den Alkoholgenufs nicht nur der eigene Wohlstand ver-
nichtet, sondern auch der allgemeine geschädigt wird. Bei angewandten
Aufgaben auf der Oberstufe sind die Schädigungen, die durch die Trunk-
sucht herbeigeführt werden, ziffernmäfsig nachzuweisen, z. B. Nachweis, wie-
585
viel Getreide, Kartoffeln n. s. w. durch Herstellnng des Alkohols dem
allgemeinen Emährongszwecke verloren gehen, wieviel Arbeitskraft darch
übermftlisigen Alkoholgenufs brach gelegt wird n. s. w.
{„EnihalisamMt'' , 1903, No. 6.)
Trinksittenreform in der Stndentensehaft. Der ^Deutsche
Verein abstinenter Studenten", der jetzt 44 Mitglieder und 106 Altfreunde
zählt, hat, wie wir der „EnthäHsamkeit^ (1903, No. 6) entnehmen, kürzlich
ein wirkungsvolles Flugblatt herausgegeben, das er unter den Studenten und
insbesondere auch unter den Schfllem der Oberklassen der Mittelschulen
zu verbreiten sucht, um sie schon vor ihrem Abgang zur Hochschule Aber
die Alkofaolfrage aufzuklären und auf den Verein abstinenter Studenten hin-
zuweisen. In den y^AIcad. Ttirnbundsblättem*^ wird die Alkoholfrage häufig
erörtert, da sich eine „Abstinenz Vereinigung im A. T. B.^ gebildet hat.
Auch in anderen fflr akademische Kreise berechneten Zeitschriften werden
die Trinksitten gelegentlich angegriffen. Die ^Deutsche freie Studenten-
Schaft^ verbreitet gegenwärtig einen „Weckruf an die Studentenschaft", in
dem sie u. a. für Kräftigung des Körpers eintritt und dabei bemerkt:
„Trinkzwang, Kneipenluft und der Alkohol sollen nicht verderben, was
Muskelübung, Sonnenschein und frische Luft gut gemacht haben". In Jena
beabsichtigt man, ein Kasino für Studenten zu errichten, in dem einige
Forderungen der Alkoholgegner berücksichtigt werden soUen. Wieviel auf
dem Grebiet allerdings noch zu tun ist, zeigen die bescheidenen Wünsche
eines „alten Herrn*' in den „Akad, Blättern*^, Er befürwortet die Auf-
hebung des Trinkzwanges, indem er den Konventen der Vereine deutscher
Studenten die beiden Punkte: Aufhebung des Zwanges, bestimmte Mengen
nachzukommen, und Aufhebung des Zwanges, einen sog. Bierjungen zu
trinken, zur Beschlufsfassung vorlegt. Als sehr erwünscht bezeichnet er
es, wenn ein Vereinskonvent einstimmig beschlösse, den doppelten oder
wenigstens den dreifachen Bierjungen ganz abzuschaffen. Auch wäre zu
erwägen, ob nicht der sog. Bierverruf entbehrt werden könne.
Einflnfs der Mfitter auf den Alkoholgennfs der Kinder. Über
dieses Thema sprach unlängst, wie die ^^Münch. Post"' berichtet, an einem
Mütterabende Dr. E. Hibt in München.
Der Vortragende betonte die Wichtigkeit der Kenntnis der Alkohol-
wirkung gerade für unsere Mütter. Sie, denen die Erziehung im wichtigsten
Lebensabschnitt des Menschen, in der Jugend, obliege, hätten vor allem
die verantwortungsvolle Aufgabe, sich mit den Schädlichkeiten vertraut zu
machen, welche so häufig ein ersprielsliches Erziehungswerk vereiteln, ob-
wohl gerade sie vom Kinde so leicht fernzuhalten wären. Die Einsicht in
die ausschlaggebende Bedeutung der ererbten Anlagen für das Werden eines
Menschen müsse alle Erzieher anspornen, an diesen Punkten tatkräftig zu
arbeiten. Natürlich seien die von Haus aus schlecht ausgestatteten Geschöpfe
die empfindlichsten, und gerade ihnen gegenüber sei es am verkehrtesten,
von geistigen Getränken Stärkung zu erwarten. Besonders nachdrücklich
wies der Redner auf die Tatsache hin, dais die Wirkung weingeisthaltiger
Getränke auf unser Seelenleben viel früher da sei, als sie sich durch Säufer-
wahnsinn, alkoholische Verrücktheit oder Verblödung kundgebe. Die leich-
teren Formen des Schwachsinns seien sehr häufig, wo die sog. Biergemütlich-
586
keit herrsche. Wichtig sei, da& die Jagend nicht stets nnr durch Verhote,
sondern durch Hinweis auf nachahmenswerte, Körper und Geist fördernde
Tätigkeiten znm Rechten geleitet werde. Das heste Mittel der ganzen Er-
ziehung sei das von den Erziehern gegebene Beispiel.
Eine sehr vernfinftige VerfDgung Aber die Schnlpansen hat,
wie die „ Westfäl, Volksetg,^^ mitteilt, unlängst die kgl. Regierung zu Minden
erlassen. „In einzelnen Schulen des diesseitigen Bezirks" — heifst es —
„ist es flblich, dafs der Unterricht in den ersten beiden Vormittagsstunden
ohne Unterbrechung erteilt wird, und die erste Pause erst nach Ablauf der
zweiten Unterrichtsstunde eintritt. Das ist mit Rücksicht auf die Gesund-
heit der Kinder nicht zu billigen. Wir ordnen daher an, dafs fortan nach
jeder Unterrichtsstunde eine Pause von 10 Minuten gemacht wird. Die
schon jetzt allgemein bestehende größere Pause, die bis zu 20 Minuten
ausgedehnt werden kann, ist nach der zweiten oder dritten Yormittags-
stunde zu legen. Sie ist nur dann zu machen, wenn der zusammenhängende
Unterricht tlber drei Stunden dauert.'* Soweit diese sehr zeitgemäfe Ver-
fügung. Allerdings sind ja in den höheren Schulen die Pausen wohl all-
gemein in dieser Weise eingerichtet. Anders ist es bei der Volksschule:
selbst bei einem vierstündigen Unterricht des Vormittags ist vielfach nur nach
den ersten beiden Stunden eine gröfsere Pause eingesetzt, und hier und da
werden die Kinder erst nach der dritten Stunde an die Luft geführt.
Hoffentlich wird das Vorgehen der Regierung zu Minden dazu dienen, dajs
diese Frage auch in anderen Bezirken im Interesse der Gesundheit der
Kinder in derselben Weise ihre Lösung findet.
SexnalhT^enisehe Unterweisung (Br Fortbildnngsschfiler. Der
deutsche Verein für das Fortbildungsschulwesen hat sich, wie wir der r,Frhf.
Zig.** entnehmen, neuestens in Leipzig mit der Frage der Geschlechts-
krankheiten befafst und folgende Jjeitsätze angenommen:
1. Es ist anzunehmen, dafs die grolse Mehrzahl der Fortbildungs-
schüler eine mehr oder minder richtige Kenntnis des Geschlechtslebens hat.
2. Die Schüler bedürfen einer, des mystischen Beiwerks entkleideten,
sexualhygienischen Unterweisung, die sie einesteils vor den Gefahren der
Selbstbefleckung schützt, anderenteils sie davon überzeugt, da£s der Ge-
schlechtsverkehr weder notwendig, noch ungefährlich ist. 3. Diese Unter-
weisungen hätten zunächst die Eltern zu geben, die sich aber aus Un-
kenntnis oder berechtigtem Schamgefühl dieser Pflicht fast stets entziehen.
4. Den Lehrern diese Unterweisung zu überlassen, wird am Widerstände
der Eltern scheitern und leicht peinlichen Verdächtigungen Tür und Tor
öffnen. 5. Es empfiehlt sich, dafs, solange die in Satz 3 und 4 ange-
gebenen Hindemisse nicht überwunden sind, der Arzt (wenn vorhanden der
Schularzt) diese sexualhygienischen Unterweisungen durchführt, am besten
im Anschlüsse an einen allgemeinen hygienischen Unterricht.
(Das hier angezogene Thema ist noch nicht allgemein spruchreif. Ver-
suche düi*ften mit Vorsicht gemacht werden, aber zunächst wohl nur in
dem durch These 5 angedeuteten Sinne. D. Red.)
Die Lage der Londoner Volksschnlkinder scheint keine beneidens-
werte zu sein. Bei Gelegenheit einer Diskussion über die körperliche De-
generation der arbeitenden Bevölkerung im englischen Unterhause gab, nach
587
einer Mitteilung der Tagesblätter, Sir William Anton, der parlamen-
tarische Sekretär des Unterrichtsamtes, die Erklärung ab, dafs 60000
Londoner Schulkinder körperlich untüchtig sind, dafs sie weder
genug Nahrung, noch einigerma&en gesunde Behausung haben. Das Geld —
sagte er — , das die Nation auf die geistige Ausbildung dieser Kinder
verwendet, ist einfach hinausgeworfen, da sie bei ihrem körperlichen Zn-
stande vom Unterricht keinen Nutzen haben können.
Städtische Schnkahnkliuiken. Am 15. Oktober 1902 ist, wie den
Lesern dieser Zeitschrift bekannt, dank der Initiative des Dr. med. Jessen
und durch das verständnisvolle Entgegenkommen des Strafsburger Gemeinde-
rates die erste städtische Schulzahnklinik eröffnet worden, die den Yolks-
schulkindem unentgeltliche Untersuchung und Behandlung der Zähne gewährt.
Nach einer Mitteilung der „Münch, AUg, Zfg,*^ wurden in dieser Klinik
in der Zeit vom 15. Oktober 1902 bis 15. März d. J. 3341 Kinder unter-
sucht und 1296 in zahnärztliche Behandlung genommen. — Dem Beispiel
Stralsburgs in Errichtung einer stMtischen Schulzahnklinik sind Darmstadt
und Essen gefolgt. Aber es ist dringend erforderlich, dafe auch andere
grolse Gemeinden in gleicher Weise vorgehen. Mit verhältnismäfsig sehr
geringen Mitteln läfst sich auf diesem Wege ein erheblicher Schritt zur
Hebung der Volksgesundheit tun.
Der Kenehhnsten ist nach den neuesten amtlichen Verordnungen in
Leipzig als ansteckende Krankheit zu betrachten. Wie das „Leipe,
TagebL"^ meldet, ist deshalb das Auftreten dieser Krankheit von dem
Schuldirektor bezw. dem Ortsschulinspektor dann dem Bezirksarzte an-
zuzeigen, wenn gleichzeitig oder bald nacheinander mehr als drei Er-
krankungen vorkommen. Schüler, welche an Keuchhusten erkrankt sind,
dflrfen erst nach völliger Genesung und, wenn hierüber ein ärztliches
Zeugnis nicht vorgelegt werden kann, erst nach Aufhören der krampfartigen
HustenanfäUe zum Schulbesuch wieder zugelassen werden.
Im Anschlnfs an die diesiährigen schweizerischen Ferienkurse
fflr Lehrer an Volks- und Mittelsehnlen veranstaltet Dr. Fr. W.
FOEBSTEB einen Kursus über Moralpädagogik vom 3. — 14. August. Der
Vortragende beabsichtigt, auf Grund von Studien im Auslande und mehr-
jähriger Praxis u. a. über folgende Punkte zu sprechen: Die Pädagogik
der Selbstbeherrschung; die Behandlung der häuslichen Beziehungen; die
Fragen der sexuellen Aufklärung der Jugend ; das Lügen und Stehlen der
Kinder; soziale Jugenderziehung; die moralpädagogische Benutzung der
Bibel; die Probleme der Schuldisziplin; ethische Beeinflussung von nervösen,
anormalen und entarteten Kindern. Auch soll die Moralpädagogik der
französischen Staatsschule eingehend besprochen werden. Der Kursus
findet täglich von 6V« — ^ Uhr statt und kostet 10 Frs.
588
ümUx^t DerfSgttttQett.
Erlals des Ministers der geistUehen, Unterrichts- nnd
Angelegenheiten, betreffend die Abhandlung des Frauenarztes
Dr. Jnlins Krebs, „Wie sollen sich unsere jungen Mädchen kleiden^S
vom 17. April 1903.
In dem Verlage von Heinrich Handel in Breslau ist eine allgemein
verständliche hygienische Abhandlung: „Wie sollen sich unsere jungen
Madchen kleiden?^ von dem Frauenarzt Dr. med. Julius Krebs, Preis
25 Pf. erschienen, die sowohl wegen ihrer förderungswerten Absicht, als
auch wegen der einfachen und klaren Darstellung und der überzeugenden
Abbildungen besondere Beachtung und Verbreitung verdient.
Das Königliche Provinzial-Schulkollegium , . , ,. ^ .,
— — — 7—— — -;^ — ; veranlasse ich, die Leiter
Die Königliche Regierung
und Leiterinnen der öfFentliehen und privaten höheren Mädchenschulen
und Lehrerinnen -Bildungsanstalten --r — Aufsichtsbezirkes empfehlend auf
Ihres
diese Schrift hinzuweisen.
Berlin, den 17. April 1903.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
Studt.
An
die Königlichen Provinzial-SchulkoUegien und Regierungen.
U. in. D. No. 5430. U. A. M.
Beschaffenheit der in den Schulen gebrauehten Hefte.
Beriin, den 30. April 1903.
Die Auslegung, welche der Eflais vom 27. Sept. v. J. — ü. lU.
A. No. 1358, ü. III. C, ü. III. D. — dortseits gefunden hat, als ob
der Ausdruck eines Ursprungszeichens oder Warenzeichens auf den Schul-
schreibheften künftig verboten sei, mufe als irrtümlich bezeichnet werden.
Nicht der Ausdruck eines Warenzeichens auf den Heften ist untersagt,
sondern nur die Benutzung desselben als EontroUe durch die Lehrer.
Durch den gedachten Erlafs soll gerade die freie Konkurrenz der
Gewerbetreibenden geschützt werden, während das Verbot von Schulheften,
welche ein Warenzeichen haben, den Hersteller der Hefte, der sich dieses
Warenzeichens bedient, von vornherein von jeder Konkurrenz ausschlielst.
An
die Königliche Regierung zu N.
589
Abschrift hiervon erhält die Königliche Regiemng, das Königliche
Provinzial-SchnlkoUeginm znr Kenntnisnahme nnd gleichmäßigen Beachtung.
Der Minister der geistlichen etc. Angelegenheiten.
Im Auftrage ; Sohwabtzkoppf.
An
die übrigen Königlichen Regierungen und an das
Königliche Provinzial-Schulkollegium zu Berlin.
U. ni. A. 1185.
Über den Wert und die Stellung der Hansanfgaben
im Erziehnngs- nnd ünterriehtsplane der allgemeinen Volksschule.
(Landesschulratserlafs vom 9. Juni 1903.)
An sämtliche Schulleitungen.
Bezirksschulrat der k. k. Reichshaupt- nnd Residenzstadt Wien.
G. Z. 4601.
Wien, am 4. Juli 1903.
Der k. k. n.-ö. Landesschulrat hat mit dem Erlasse vom 9. Juni 1903,
Z. 6761, den Bezirksschulrat ermächtigt, die Lehrkörper der allgemeinen
Volksschiden in Wien mit Beziehung auf die in den Bezirks-Lehrerkonfe-
renzen des Schuljahres 1901 — 1902 erstatteten Referate über den Wert
und die Stellung der Hausaufgaben im Erziehungs- und Unterrichtsplane
der allgemeinen Volksschulen aufzuklären und zu veranlassen, dafs unter
Rficksichtnahme auf die lokalen Lebens- und Erwerbsverhältnisse die Zahl,
der Umfang und der Inhalt der Hausaufgaben aus „Sprache^ und „Rechnen''
durch die Schulleitungen mit Genehmigung des zuständigen Herrn k. k. Be-
zirksschulinspektors festgestellt werde.
Demzufolge wird den Schulleitungen eröffnet, dals den zweckmäfsig
gestellten Hausaufgaben ein dreifacher Wert zuerkannt werden mufs:
1. Nach ihrer formalen Seite wecken und fördern die Hausaufgaben den
Sinn der SchtÜer für ihre Selbsttätigkeit, sie gewöhnen die Kinder an
Arbeitsamkeit, Umsicht und Nettigkeit und bereiten somit die heran-
wachsende Jugend für die Anforderungen des Lebens vor.
2. Nach ihrer materiellen Seite vertiefen nnd befestigen die Hausaufgaben
das in der Schule erworbene Wissen und bieten den Schülern eine
passende Gelegenheit, durch Übung die notwendige Fertigkeit in An-
wendung der erlangten Kenntnisse zu gewinnen.
3. Die Hausaufgaben stellen eine wertvolle Verbindung zwischen Schule
und Haus her.
Für die richtige Auffassung der Stellung der Hausaufgaben im
Erziehungs- und Unterrichtsplane der allgemeinen Volksschule gelten
im ällgemeiaen folgende Gesichtspunkte:
Die Schule als Erziehungsanstalt hat die Aufgabe, ihre Zöglinge
für das praktische Leben vorzubereiten; unter den ihr diesbezüglich zur
Verfügung stehenden Mitteln ist kaum ein zweites so sehr geeignet, die
Kinder zum selbständigen Arbeiten anzuleiten, wie die Hausaufgaben, ja,
sie bieten den Schülern fast die einzige Gelegenheit, den sie umgebenden
590
wirtschaftlichen Verhältnissen Hechnung za tragen and doch ihre pflicht-
gemäfsen Arbeiten zu yerrichten. In dieser Hinsicht sind sie fOr das
praktische Leben geradezu vorbildlich, und die Schale kann vom erzieh-
liehen Standpunkte ans die Haasaafgaben nicht entbehren.
In anterricht lieber Beziehung wäre die Schule wohl im stände,
die Aneignung der notwendigen Kenntnisse und Fertigkeiten ohne Ein-
beziehung der häuslichen Arbeit zu besorgen ; da jedoch auch in unterricht-
licher Hinsicht die Hausaufgaben die Festigung des Wissens und die
Steigerung des Könnens fördern, so sind sie als Unterrichtsmittel nicht
zu verwerfen.
Diese Erwägungen sprechen mit aller Entschiedenheit fttr die Bei-
behaltung der Hausaufgaben im Schulunterrichte. Mit Rflcksicht auf den
M.E. vom 9. Juni 1873, Z. 4816, und dem L.-Sch.-R.-E. vom 31. August
1878, Z. 182, welche verlangen, dal^ die häuslichen Verhältnisse der
Schüler bei Stellung der Hausaufgaben angemessen beachtet werden, und
im Hinblicke auf die verschiedenen lokalen Lebens- und Erwerbsverhält-
nisse in dem umfangreichen Schulgebiete Wiens wird jedoch den einzelnen
Lokalkonferenzen der allgemeinen Volksschulen das Recht eingeräumt,
Zahl, Umfang und Inhalt der Hausaufgaben aus „Sprache*^ und
„Rechnen^ mit Genehmigung des zuständigen Herrn k. k. Be-
zirks sc hui Inspektors festzustellen.
Vom Bezirksschulrate der Stadt Wien.
Der Vorsitzende-Stellvertreter :
(gez.:) GuaLBB.
(Mitget. von Dir. Emanuel Bayb- Wien.)
tiitrainv.
Besprechungen.
Alfr^ld Baüb, Dr. med.: Lehrerkrankheiten. Sonderabdraek ans
A. Banr, Das kranke Schulkind. 2. Auflage. Stuttgart, Ferd. Enke
1903. 8^ 47 S.
Es ist gewifs ebensosehr eine Aufgabe des Schulhygienikers, den Ein-
flufs des Schullebens auf den Gesundheitszustand der Lehrer zum Gegen-
stand seiner Forschung zu machen und aus den Resultaten derselben
praktische Reformen abzuleiten, als es seine Pflicht ist, sich mit der Hygiene
des Schulkindes zu befassen. Es ist deshalb jede Arbeit zu begrQfsen,
welche das Verständnis für die Frage weckt und im stände ist, nfltzliche
Anleitungen zur Vermeidung von Schädlichkeiten aller Art zu erteilen, somit
also die praktische Reformarbeit zu fördern, möge diese nun mehr in
Selbsthilfe oder mehr in staatlichen Eingriffen bestehen. Wir anerkennen,
dafs das vorliegende Buch von dem guten WiDen erfüllt ist, diesem Zwecke
691
dienlich za sein, allein mit dem guten Willen ist es nicht getan. Ein
Buch, das aufklärend wirken soll, mnfs doch wohl in erster Linie klar
geschrieben sein, Oberflächlichkeiten vermeiden, nicht Behauptungen auf-
stellen, die einer wissenschaftlichen Grundlage entbehren, und sollte weder
grammatikalische und stilistische Fehler noch unpassende Vergleiche ent-
halten, sonst wirkt es geradezu schädlich, indem es einerseits Irrtflmer
verbreitet, andererseits die Wissenschaft diskreditiert. Leider entspricht die
BAUBsche Arbeit nicht den Anforderungen, die wir an ein gut geschriebenes
populäres Buch stellen müssen.
Einige Beispiele mögen dies allerdings etwas harte Urteil sttltzen und
den Beweis für die Richtigkeit unserer Behauptungen liefern.
Im Abschnitt „Kreislaufstörungen^ lesen wir (S. 7): „In schweren
Fällen werden die Schleimhäute blau, die Leber schwillt an, kurz der
ganze menschliche Mechanismus, der von dem mangelhaft arbeitenden Pump-
werke gespeist war, arbeitet, wie ein Mühlrad bei Hochwasser, mit Hinter-
druck, das blaue Blut sammelt sich hinter dem Herzen in Mengen
an, staut sich dort mehr und mehr etc." — Seite 8: „Nicht immer ist
der Herzmuskel im stände sich eine Yolumenvermehrung zu verschaffen.^
— Wassersüchtige Anschwellungen werden darauf zurückgeführt, dafs „dort
wo ein Körperteil am weitesten vom Herzen entfernt sei, der Blutdruck
sehr sinke und Blutserum durch die Wandungen der Adern austreten
lasse*', während doch nach allen Regeln der Wissenschaft, neben Gewebs-
veränderungen der Gefälse, Stauungen des Blutes (also Erhöhung des Blut-
druckes) zu derartigen Flüssigkeitsansammlungen führen. — Die Definition
der „Erkältung"* (S. 10) erinnert an HEOELsche Dialektik im schlimmen
Sinne. „Unter einer Erkältung versteht man eine Störung der Wärme-
regulation, wenn eine in starker Wärmeentwicklung befindliche Körperpartie,
ein schroffer Temperaturwechsel trifit.^ Besser sind Umschreibungen, als
zwar kurzgefafste, aber unverständliche Definitionen. Interessant ist zu
yernehmen, dafs zu Erkältungen disponiert „eine zu warme Kleidung be-
sonders an SteUen, an denen die Kleidung mit der äufseren Haut
abschliefst''. Wenn man den Lehrer vor der Schädlichkeit der Er-
kältung warnen will, darf man kaum den Satz wagen: „alle diese Um-
stände werden auch den Lehrer der Erkältung zugänglicher machen'',
und „da£s Naturen, die einen offenbar trägen Stoffwechsel haben, Er-
kältungen zugetan seien" erfahren wir durch den Verfasser zum
ersten Male.
Das Kapitel „Übermäfsiges Schwitzen" (Seite 11) wird durch eine
ebenso stilvolle als klare Redewendung eingeleitet: „Der schwitzt wie ein
Magister, ist eine landläufige Redensart. Wenn mit diesem auch die
Arbeitsleistung des Lehrers beleuchtet werden soll, so ist bis zu einem
gewissen Grade auch die Neigung zum Schweifsausbruch bei ihm überhaupt
gekennzeichnet." — Die Wichtigkeit der Schweifsdrüsen wird überzeugend
nachgewiesen in den folgenden Sätzen : „Auch bei aufgedunsenen Menschen,
bei denen der Blutkreislauf im Stocken ist, werden an den Schweifsporen
die Ventile geöffnet, um dem Blutkreislauf einige Luft zu machen" , oder :
„Auch ist zweifellos, dafs für gewisse Krankheitsgifte durch die Schweiis-
poren die Schleusen geöffnet werden ''.
592
Von „penetrant schmeckenden Gerüchen" spricht man doch kaum,
und die gewifs irrige Ansicht, als ob die Beseitigung des Fn&schweiläes
dnrch ärztliche Behandlung zu Erkrankungen führen könne, sollte von einem
Arzte nicht verbreitet und durch ein Beispiel gestützt werden, das in seiner
Schilderung genau an die oberflächliche Phraseologie der Kurpfuscher
erinnert".
Eigentümlich berührt der Satz (S. 18): „da(!s eine einmal kranke Lunge
und mag es der leichteste Katarrh sein, nicht heilt, Fortschritte macht
und den Tuberkelbazillen das Bett wärmt, in denen sie prächtig ge-
deihen können.
Über Alkoholika und andere gleichartige Mittel erhalten wir folgende
Belehrung (S. 31): „Diesen Mitteln aber haftet all das Verderbenbringende
an, dais ihre Dose, mit der sie erregen, bei Nervösen beruhigen sollten,
stets gesteigert werden mu&, und so kommen die Nervösen nicht selten
von der Skylla in die Charybdis, die letzten Dinge werden schlimmer als
die ersten. '^
Neu iät die Lehre von der Todesangst des Pulses (S. 33): „Fühlt
er den Puls nicht, so befällt denselben eine Todesangst".
Das Kapitel über Gicht und Rheumatismus (S. 41) leitet der Satz ein:
„Sehr viele Lehrer sind Mitglieder der Gichtbruderschaft, sehr viele
sogar Vorstände derselben, so dafe einige Worte über das Wesen der
Krankheit (!) wohl angezeigt sind".
Die angeftihrten Beispiele dürften genügen. Anspruch auf einen wissen-
schaftlichen Wert kann die Schrift nicht erheben und selbst als populäres
Werk entbehrt sie sehr der gründlichen Vertiefung in den Stoff und der
ernsthaften Ausarbeitung.
Wir möchten den Verfasser, dessen Publikationen in der letzten Zeit
sich rasch aufeinander gefolgt sind, in seinem eigenen Interesse daran
erinnern, dals in der Regel unter der Quantität der Produktion die Qualität
leidet. Weise Beschränkung zeigt auch hier den Meister.
Dr. BLeapt- Zürich.
Baub, A., Dr. med. Die Ermfidnng der Sehfller in neuem Liebte.
Mit zahlreichen Figuren. Berlin, Gerdes & Hödel, Pädagog. Verlags-
buchhandlung. 1902. gr. 8^ Mk. 0,60.
Zu den vielen schon vorhandenen Versuchen, Beziehungen zwischen
der geistigen Tätigkeit und anderen Funktionen des menschlichen Organismus
zu finden, die uns ermöglichen würden, auf exaktem Wege der Über-
bürdungsfrage näher zu treten, hat der Verfasser einen neuen hinzugefügt.
Den bisherigen Untersuchungen steht Dr. Baüb nicht sehr kritisch
gegenüber; es ist deshalb verständlich, dafs die ästhesiometrische Methode
GaiESBACHs für ihn zum Ausgangspunkt der eigenen Versuche wurde.
Er sagte sich, wenn der ermüdende Einfluls geistiger Tätigkeit in einer
Abnahme der Hautempfindlichkeit sich geltend macht, dann mufs für jedes
andere Empfindungsorgan, qualitativ anderer Art ebenfalls eine Abnahme
der Empfindlichkeit zu konstatieren sein, da auch diese Organe mit dem
Gehirne in nahen Beziehungen stehen. Was für die Haut gilt, muls also
auch für Auge, Ohr, Geruchs- und Geschmackssinn gelten. Die geistige
593
Ermttdang mafs sich in einer Abnahme der Fonktionsfähigkeit dieser Or-
gane zeigen oder aber, wie der Verfasser denkt, die Ennttdnngsstoffe
mflssen schädigend anf die Zellen der betreffenden Organe einwirken. Ge-
eignete Prüfongsobjekte scheinen ihm der Gresichts- nnd Gehörsinn zn sein,
ja geeignetere als das Tastorgan (die Hant), da die Empfindlichkeit eine feinere
sei. Die Richtigkeit dieser Anffassong ist nicht tlber allen Zweifel erhaben,
denn mit der Empfindlichkeit steigert sich selbstyerst&ndlich anch die
ReaktionsMigkeit anf alle möglichen Einflüsse, die wir berücksichtigen
mflssen, wenn das Resultat nnserer Untersuchungen wirklich ein positives
sein soll. Damit ist aber schon gesagt, dab wir bei Versuchen mit dem
Gesichts- oder Gehörsinn noch viel grölseren subjektiven und objektiven
Täuschungen unterworfen sind, als bei allen anderen Versuchen.
Zum Zwecke seiner Prüfungen wählte der Verfasser eine I. Gruppe
von sechs Schülern als Untersuchungsobjekte ans, die vor einem schweren
Examen standen, dann eine n. Gruppe von Schülern, die ein leichteres
Examen zu bestehen hatten, und eine m. Gruppe, die kein Examen zu
bestehen hatte. Es handelte sich um Zöglinge des Lehrerseminars und
der Präparandenanstalt Schwäbisch-Gmünd. Geprüft wurden bei Gruppe I
und II Gefühl (Hautsinn) und Gehör morgens zuerst vor dem Examen,
sodann nach dem ersten schwierigen Fach und endlich am Schlüsse des
schriftlichen Hauptexamens. Das HautgefOhl wurde nach Gbiesbagh ge-
prüft, die Hörschärfe jedes Ohrs durch das Nähern und Entfernen einer
tickenden Uhr, nachdem zuvor die intakte Funktion des Gehörorgans fest-
gestellt worden war. Bei der I. Gruppe fand nun Baub: Abnahme des
Hautgefühls nach dem ersten schweren Fach, mit Besserung am zweiten
Tage. Es scheint eine Anpassung an die Verhältnisse vorzukommen. Am
meisten Einbufse zeigten fleiDsige und talentierte Schüler. Tatsächlich
findet man bei fast sämtlichen Schülern, wenn man die Tafel I betrachtet,
nach dem Examen bessere Resultate als vor dem Examen. Daraus könnte
man schlie£sen, dals eine Ermüdung während des Examens gar nicht statt-
gefunden habe, sondern eher eine Erholung, wird doch der Spitzenabstand
des Tasterzirkels ein geringerer, das Hautorgan also für differenzierte
Eindrücke empfindlicher. Allerdings liegen die Verhältnisse, die Richtig-
keit der BATTBschen Angaben und Untersuchungen vorausgesetzt, für das
Gehörorgan anders. Hier findet eine dauernde Abnahme der Hörweite,
also der Empfindlichkeit vom Anfange bis zum Schlüsse des Examens, statt.
Bei fleißigen Schülern soll diese Abuahme am gröDsten sein. — In der
IL Serie nimmt das Hautgefühl vom^ Anfang bis zu Ende des Examens
dauernd ab, ebenso die Gehörschärfe. Das Examen soll durchwegs streng
gewesen sein.
Die in. Gruppe wurde geprüft nach den Weihnachtsferien (14 Tage)
und nach dem darauf folgenden Semester. Die Schlufsfolgemngen des
Verfassers wollen wir hier wörtlich wiedergeben. Die Anfangswerte sowohl
im GefOhl wie im Gehör sind ziemlich gleichmäßig, so dals ganz allgemein
gesprochen, gesagt werden kann : „Die Ferien von 14 Tagen haben keine
wesentliche Erholung zu stände gebracht oder zu stände zu bringen
nötig gehabt. Das Semester schafft wohl Wertverminderungen, jedoch
nicht wesentlicher Art, so dals die Ferien wenig an ihnen zu erholen haben. ^
594
Wir vermissen nnn nur noch den logischen Schlafs des Verfassers,
dafs Ferien überhaupt überflüssig seien. Sollen nämlich diese Unter-
suchnngen den Beweis erbringen, dafs die geistigen Anstrengungen der
Schule zu dauernden Ermttdungszuständen führen, dann müssen Wert-
yerminderungen, also tatsächliche Erscheinungen der Ermüdung uns mit
logischer Konsequenz dazu führen, daTs Erholungspausen oder Ferien nötig
seien, denn diese einzelnen Erscheinungen sind immer aufzufassen als der
Ausdruck einer allgemeinen Überlastung des Organismus, die sich ganz
selbstverständlich auch in anderer Weise äufsem kann. Darin allein liegt
d6r Wert solcher Untersuchungen, andernfalls sage man einfach, wir haben
nichts von Belang gefunden.
Der Verfasser prüfte bei seinen eigenen Kindern, Mädchen von 9
bis 13 Jahren, das Seh- und Hörvermögen vor und nach einer Schul-
prüfung. Er fand Abnahme des Hautgefühls, der Hörschärfe und Ein-
engung des Gesichtsfeldes.
Das Bestreben des Verfassers, der Frage der Überbürdung auf
exaktem Wege näherzutreten, ist anerkennenswert, doch können seine
Untersuchungsergebnisse nicht mehr Wertschätzung beanspruchen als alle
anderen derartigen Versuche. Es kommen soviel individuelle Verschieden-
heiten in Betracht, man hat mit soviel Imponderabilien zu rechnen, die
das Resultat störend beeinflussen, daiä leider mehr als akademischer Wert
allen diesen Untersuchungen vorläufig nicht beizumessen ist. Die BaüR-
schen Prüfungsmethoden sind überdies zu wenig zuverlässig.
Schlielslich können wir uns nicht enthalten, den Stil der Schrift zn
bemängeln; es wäre für den materiellen Inhalt zu wünschen, dafis die
Schreibweise weniger schwülstig, dafür klarer sein möchte. Sätze wie
folgender: „Wenn wohl ihre Tätigkeit auch im Ruhezustand
eine fortwährende ist*' (S. 14), also ein logischer Widerspruch, sollten
doch nachgerade aus. einer wissenschaftlichen Arbeit verschwinden. Deshalb
möchten wir dem Verfasser auch bei diesem Anlafs wieder den guten Rat
erteilen, im Interesse der Sache, der Form regeres Augenmerk zu schenken.
Dr. KRAFT-Zürich.
. I
§tv ^Afulavit
I Jahrgang. 1903. No. 8.
(ftrigittaU^anblititgeit.
Das Schnlarstwesen in Deutschland.
Bericht über die Ergebnisse einer Umfrage bei den
gröfseren Städten des deutschen Reiches.
Von
Dr. Paul ScHUBBET-Nürnberg.
(Fortsetzung.)
n. Allgemeines.
Die yon den deutschen Städten mit dankenswerter Bereitwillig-
keit gewährten Aufschlüsse bieten recht mannigfach gestaltete Bilder
und zeigen alle Übergänge von einzelnen versuchsweisen und gleich-
sam nur tastenden Anordnungen schulhygienischer Aufsicht bis zu
jenen sorgsam ausgearbeiteten schulärztlichen Dienstordnungen, deren
Abdruck in den verschiedenen Jahrgängen der Zeitschrift für Schtd-
gesundheäspflege nachgelesen werden kann. Man würde den Tatsachen
Gewalt antun, wollte man die minder vollkommenen Einrichtungen
dieser Art ganz aufser acht lassen und nur jene Organisationen in
Betracht ziehen, welche unserer heutigen Auffassung von den Auf-
gaben des Schularztes Rechnung tragen. Es erscheint vielmehr
zweckdienlich, die Definition des Begriffes „Schularzt^ recht weit
zu fassen and jede schulhygienische Aufsicht gelten zu lassen, die
über das von Staats wegen den Amtsärzten übertragene Mals hinaus-
geht, gleichviel, ob dieses Mehr yon Leistung den Amtsärzten selbst,
den Stadt- oder Polizeiärzten, den Armenärzten oder eigens ange-
stellten Schulärzten übertragen ist, ob dafür ein gesondertes Gehalt
bezahlt wird, oder ob die Vergütung unausgeschieden in dem Gesamt-
Der Schularzt. L 17
138 596
honorar einer umfassenderen ärztlichen, im öfiPentlichen Dienst stehenden
Tätigkeit enthalten ist oder anch unentgeltlich geleistet wird. In
letzterer Hinsicht empfiehlt sich indessen die Einschränkung, dals
nur ständige Einrichtungen in Betracht kommen, dals hingegen
versuchsweise für ein oder mehrere Jahre freiwillig übernommene
Arbeiten einzelner Ärzte, wie verdienstvoll sie sein mögen, vorerst
als Privatangelegenheit anzusehen sind.
In Preufsen ist bekanntlich durch das Gesetz vom 16. September
1899 dem Kreisarzt eine erhöhte Tätigkeit im Sinne gesundheitlicher
Überwachung der Schulen seines Bezirkes zur Pflicht gemacht, und
eine mindestens alle fünf Jahre zu wiederholende Revision jeder
Schule auferlegt worden. Wenn nun einzelne Städte darüber hinaus-
gehend vom Kreisarzt zweimal im Jahre die Schulen und die Schul-
kinder sanitätspolizeilich besichtigen lassen, so ist diese von der Ge-
meinde eingeführte schulhygienische Mehrleistung, zumal wenn für sie
noch eine Vergütung gezahlt wird, als schulärztliche Einrichtang
anzusehen und neben der Institution von Voll -Schulärzten als
gleichartig, wenn auch nicht als gleichwertig, an dieser Stelle
mit zu berücksichtigen.
Fafst man den Begrifl^ „Schularzt" in diesem weiten Sinne, so
zeigt es sich, dafs gleichwohl noch viele gröfsere Städte schulärzt-
licher Einrichtungen, selbst in so bescheidenen Grenzen, gänzlich
ermangeln, und dafs andererseits kleinere Orte schon seit Jahren,
zum Teil recht ausgiebig, vorgesorgt haben. Unter den Grofsstädten
Deutschlands (von mehr als 100000 Einwohnern) haben folgende 18
eigene Schulärzte für alle Volksschulen angestellt: Aachen, Berlin,
Breslau, Charlottenburg, Chemnitz, Cöln, Crefeld,
Danzig, Dresden, Essen, Frankfurt a. M., Kassel, Königs-
berg, Leipzig, Magdeburg, Nürnberg, Posen und Strafsburg.
Schulärztliche Einrichtungen haben ferner getroffen: Dortmund
(Schulrevisionen durch die zwei Polizeiärzte), Düsseldorf (Schul-
revisionen durch den Polizeiarzt oder dessen Assistenzarzt), Elberfeld
(Schulrevisionen und Untersuchung aller Kinder hinsichtlich Augen-
und Hautkrankheiten durch die acht Armenärzte). Einen Teil ihrer
Schulen lassen überwachen: Halle (nur die Hilfsscbule für Schwach-
sinnige), Hannover (nur die Hilfsschule) und Kiel (die Hilfsschule
und alle Schulen eines eingemeindeten Vorortes, welcher die Schularzt-
einrichtung aus der Zeit seiner Selbständigkeit herübergebracht hat).
Die Einführung von Schulärzten ist beschlossen und steht unmittelbar
bevor: in Stettin (wo nur noch die Genehmigung der Dienstordnung
597 139
dnroh die Regierung fehlt^), in Braunschweig und Mannheim.
In München ist die Anstellung vom Gemeindekollegium beantragt,
aber vom Magistrat noch nicht genehmigt. Völlig ohne schulärztliche
Einrichtungen im definierten Sinne und zurzeit ohne Aussicht auf
solche sind: Altena, Barmen, Bremen, Hamburg und
Stuttgart.
Eine Zusammenstellung der mittleren und grofsen Städte Deutsch-
lands von mehr als 20000 Einwohnern ergibt, dafs in 106 Orten
schulärztliche Einrichtungen, wenn auch zum Teil nur rudimentärer
Art, bestehen, während sie in 123 Orten fehlen.
Dabei sind die Städte, in welchen die Anstellung von Schul-
ärzten beschlossen wurde und im nächsten Schuljahr durchgeführt
werden soll, zur positiven Gruppe gezählt, dagegen die Orte, welche
noch im Stadium der Vorberatung stehen, zur negativen.
Unter den Städten mit weniger als 20000 Einwohnern befindet
sich eine erhebliche Anzahl mit schulärztlichem Dienst. Es zählen
dazu auch einige ganz kleine Gemeinden, wie z. B. Bennecken-
stein, Keg.-Bez. Erfurt, mit 2813 Einwohnern, und Augustus-
bürg, Kreishauptmannschaft Chemnitz, mit 2503 Einwohnern, so
dafs alle Übergänge bis zu den Dorfgemeinden vorhanden sind, für
die in einigen wenigen Bezirken landschulärztliche Distrikte geschafiPen
worden sind. Es besteht somit gegen die Landgemeinden hin eine
labile Grenze, die es erschwert, über diese kleinen und kleinsten
schulärztlichen Gemeinden zifiPemmäCjige Angaben zu machen. In
der am Schlufs dieser Arbeit gegebenen tabellarischen
Übersicht sind nur jene kleineren Städte gesondert auf-
geführt, welche vereinzelt und aufserhalb gröfserer schul-
ärztlicher Verbände dastehen, während in Bezirken mit
reicherer schulärztlicher Entwicklung die kleinen Städte
und gegebenenfalls die zugehörigen Landgemeinden im
Kreisverband zusammen gefafst sind.
Der einzige Staat, welcher bisher für alle seine Gemeinden
schulärztliche Überwachung durch staatliche Schulärzte angeordnet
hat, ist, wie die Leser dieser Zeitschrift aus wiederholten Mitteilungen
wissen, das Herzogtum Meiningen.' Es sind im ganzen
36 Schulärzte angestellt, die ihren Wohnsitz in 29 Orten haben,
und deren Tätigkeit alle Volks-, Mittel- und Privatschulen des
» Siehe Schularzt, Heft 7, S. 128.
' Vergl. Amtliche Verfügungen, Schularzt, Heft 4 and 5.
17'
140 Ö98
Herzogtums umfaifit. — In grofsem umfange, wenn auch noch nicht
ganz allgemein, ist die gleiche Einrichtung im Groisherzogtum
Hessen^ durchgeführt, und zwar in den Kreisen Offenbach, Worms
und Mainz mit zusammen 167 147 ländlichen Bewohnern für alle
Gemeinden ; im Kreise Darmstadt ist sie vorgesehen für sieben Land-
gemeinden (Arheilgen, Eberstadt, Griesheim, Ober-Bamstadt, Rols-
dorf und Pfungstadt mit zusammen 27645 Einwohnern), in anderen
Kreisen für eine Anzahl grölserer Gemeinden. Es funktionieren für
Alzey, Oppenheim, Nierstein un4 Bodenheim die Kreisärzte, welche
dafür aus der Kreiskasse ein gesondertes Honorar beziehen, für die
Kreise Offenbach, Worms und Mainz die ebenso besoldeten Kreis-
assistenzärzte, für einige kleinere Gemeinden die ortsansässigen Ärzte.
Die hessische Dienstordnung lehnt sich an die von Meiningen an,
lälst aber den einzelnen Gemeinden und G^meindeverbänden eine
gewisse Bewegungsfreiheit. Ein Bundschreiben des Grofsherzogl. Mi-
nisteriums yom 13. Januar d. J.' empfiehlt den Kieisämtern, ohne
zunächst einen Zwang ausüben zu wollen, die Schularztfrage zur
ferneren Beachtung und gibt zugleich den Entwurf einer Dienst-
ordnung ^ bekannt, deren gleichmäfsige Einführung als wünschenswert
bezeichnet wird, mit dem ausdrücklichen Hinweis, dais die darin
aufgestellten Obliegenheiten des Schularztes als Mindestforde-
rungen zu erachten sind, wenn die Bestellung von Schulärzten
einen bemerkenswerten Erfolg haben soll.
Auch in einigen anderen Staaten und Provinzen steigen schul-
ärztliche Einrichtungen in das Gebiet der kleineren Städte herab;
es geschieht dies jedoch nicht immer einheitlich und auf Anordnung
der Behörde, wie in Meiningen und Hessen, sondern nur sporadisch
und anscheinend aus eigenster Initiative der Gemeinden, wie dies
auch in der verschiedenartigen Durchführung zu Tage tritt. Obenan
ist hier das Königreich Sachsen zu nennen, das ja auch die ersten
Schulärzte Deutschlands, in Dresden und Leipzig, aufzuweisen hat,
mit hygienischer Schulaufsicht in den kleineren Städten Auerbach,
Augustusburg, Falkenstein und Riesa. Dann dieBheinprovinz, wo
sich die kleinstädtischen Schulärzte in einzelnen Kreisen zu kleinen
Gruppen vereint finden, so in den Kreisen Saarbrücken, Düsseldorf,
* Nach gütigst erteilter Aaskanft des Grofsherzoglichen Ministeriums des
Innern.
' Vergl. Amtliche Verfügungen am 8chlu£B dieses Heftes.
' Vergl. ebendaselbst.
599 141
Aachen nnd Kempen. Eine ähnliche Erscheinung bietet sich in
Westfalen, nnd zwar besonders im Regierungsbezirk Arnsberg,
nur dals hier die Städte, entsprechend der grofsen Beyölkerongs-
dichtigkeit, die im Kreise Gelsenkirchen den Gipfelpunkt yon ganz
Deutschland erreicht,^ gröfstenteils über die hier angenommene
Grenze von 20000 Einwohnern hinausgewachsen sind. Im ganzen
Kegierungsbezirk Arnsberg ist die ärztliche Schulaufsicht von alters
her und generell geregelt, derart, dais auf die laufende Untersuchung
aller Schulkinder verzichtet wurde und nur die augenscheinlich
Kranken ermittelt werden. Neben der schulärztlichen Untersuchung
findet auch die kreisärztliche statt. Die schulärztlichen Protokolle
laufen vom Schularzt durch die Hände des Schulvorstandes, des
Kreisarztes und Landrats zur Schulabteilung der Regierung, wohin
auf kürzerem Wege durch den Landrat auch die Protokolle der
Kreisärzte gelangen.*
Sporadisch kommen Kleinstädte mit schulhygienischer Über-
wachung noch vor in den Provinzen Schleswig-Holstein (Schles-
wig und Elmshorn), Sachsen (Benneckenstein), Hannover (Hameln
und Nienburg), Brandenburg (Britz, Priedenau, Gransee, Grune-
wald, Friedrichshagen, Königsberg i. Nrn., OberschOnweide, Rei-
nickendorf und Senftenberg) und Hessen- Nassau (Rinteln). Ferner
in Sachsen- Weimar (Ilmenau).
Es mufs jedoch die Möglichkeit, vielleicht sogar die Wahr-
scheinlichkeit zugegeben werden, dafs noch eine Anzahl kleinerer
Städte Schulärzte besitzt, ohne dafs dies bekannt geworden ist. Die
Fragebogen wurden an Städte von weniger als 200(X) Einwohner
nur dann geschickt, wenn durch Mitteilung des Kreisarztes in Er-
fahrung gebracht war, dafs daselbst Schulärzte bestehen. Die an alle
Kreis- und Bezirksärzte gesandte Meldekarte bot die Möglichkeit,
über jeden Amtsbezirk Auskunft hinsichtlich der schulärztlichen Ver-
hältnisse zu erhalten. Nichtbeantwortung sollte als Fehlanzeige gelten.
Es mulB dahingestellt bleiben, ob nicht vielleicht einzelne Meldungen
unterblieben sind.
Die Auskunft über die kleineren Städte ist auch in Bezug auf
die Art der schulärztlichen Einrichtungen nicht überall von der
* 1639 £in wohner auf den Quadratkilometer gegenüber 104 Einwohnern
im Durchschnitt von ganz Deutschland.
' Gütige briefliche Mitteilung des Herrn Reg>- und Med.-Rat Dr. Spbiko-
FELD, Arnsberg.
142 600
wünschenswerten Bestimmtheit. Einige Fragebogen blieben unbeant-
wortet, andere enthielten Lücken oder sogar Widersprüche, die um
so schwerer zu lösen waren, als die kleineren G-emeinden meist keine
gedruckten schulärztlichen Dienstanweisungen einzusenden yennochten,
in einzelnen Fällen sogar ausdrücklich bemerkten, dais eine solche
Dienstordnung überhaupt nicht besteht, sondern dals die ärztliche
Schulaufsicht nach Vereinbarung oder auch nur „nach Ermessen"
ausgeübt wird.
In gewissem Sinne dürfen aber gerade die Einrichtungen klei-
nerer und kleinster Städte ein besonderes Interesse beanspruchen,
weil sie den Übergang zu den Landgemeinden bilden, deren schul-
ärztliche Versorgung eben erst begonnen hat und nach mancher Hin-
sicht andere Aufgaben stellt und andere Mittel zur Durchführung
fordert, ah» dies bei den gröfseren Städten der Fall ist, für die im
grofsen und ganzen die Frage als gelöst betrachtet werden darf. Die
Erfahrungen, welche die kleineren Städte mit ihren mannigfach ge-
stalteten, meist aus dem örtlichen Bedürfnis herausgewachsenen und
diesem angepafsten schulärztlichen Einrichtungen gemacht haben,
versprechen manche Belehrung für den Ausbau der Institution der
Landschulärzte, und es würden die Schulbehörden und Ärzte
dieser Orte durch entsprechende Mitteilungen nutzbringend wirken.
Das Schularztwesen hat sich in Deutschland viele Jahre hindurch
ohne staatliche Anordnung, fast ohne staatliche Beeinflussung ent-
wickelt, es ist eine Schöpfang der Kommunalbehörden, welche
die in theoretischen Arbeiten dargelegten Wünsche und Forderungen
je nach ihrer Auffassung von den örtlich vorhandenen Bedürfnissen
in die Praxis übertragen haben.
Daraus erklärt es sich, dals eine grofse Mannigfaltigkeit auf
diesem Gebiete herrscht, dals die schulärztlichen Einrichtungen sowohl
hinsichtlich des Umfanges der Obliegenheiten, als auch hinsichtlich
der Art der Durchführung sehr verschieden ausgefallen sind.
Zum Zweck eines allgemeinen Überblicks über das Quantum
und Quäle der hygienischen Schulaufsicht in den einzelnen Gemeinden
empfiehlt es sich, die Beihenfolge vom gänzlichen Fehlen zum Minder-
wertigen und dann zum Vollkommenen innezuhalten.
Das äufserste Glied dieser Stufenfolge nehmen wohl jene Städte
ein, welche Schulärzte besafsen und dieselben später wieder ab-
601 143
geschafft haben. Als solche sind zu nennen: Greifs wald, Stralsund
und Paderborn.
In Greifswald^ ist durch übereinkommende Beschlüsse des
Magistrats und des bürgersohaftlichen Kollegiums am 1. April y. J.
die zwei Jahre lang bestehende Institution der Schulärzte beseitigt
worden. Die Begründung, welche diesem BeschluTs beigegeben wurde,
zeigt eine durchaus irrige Auffassung vom Zweck und von den Ob-
liegenheiten der Schulärzte. Man sagte, daCs in einer Stadt wie
Greifs wald, wo ärztliche Hilfe jedem Kranken ohne Entgelt zugängig
ist, für Schulärzte kein Bedür&is vorliegt. Der Schularzt hat aber
keineswegs die Aufgabe, die kranken Kinder zu behandeln, es wird
im Gegenteil in den meisten Dienstordnungen nachdrücklich aus-
gesprochen, dafs das nicht seine Sache ist; er soll nur untersuchen,
ob bei den Schülern Gesundheitsstörungen bestehen, welche besondere
Kücksichten beim Unterricht erheischen oder nachteiligen Einflulüs
auf das Befinden der Mitschüler auszuüben geeignet sind. Diese
wichtige Aufgabe wird durch die poliklinischen Institute nicht gelöst;
nur wenige Kinder werden dort untersucht, und yon dem Ergebnis einer
solchen Untersuchung erhält der Lehrer keine Kenntnis. Der Wert
des schulärztlichen Wirkens beruht ja eben darin, dafs alle Kinder,
auch die anscheinend gesunden, untersucht werden, weil viele Krank-
heiten und Gebrechen der Schüler diesen selbst und den Eltern lange
Zeit unbekannt bleiben, und weil aus dieser Unkenntnis Nachteile
für die Erreichung des Unterrichtszieles, für die Kinder selbst und
für die Schulgenossen entstehen können.
Stralsund teilt ohne Motivierung mit, dafs Schulärzte daselbst
vom 1. April 1899 bis dahin 1900 bestanden haben, und dafs sie
jetzt nicht mehr bestehen und auch nicht geplant werden.
Paderborn berichtet: Die Funktionen der Schulärzte sind von
den Armenärzten ein Jahr lang versuchsweise unentgeltlich über-
nommen worden. Nachdem das Jahr abgelaufen war, weigerten sich
die Armenärzte, diese Funktionen weiter unentgeltlich zu versehen,
und so verzichtete man darauf.
Von Interesse sind die Gründe, welche einzelne Magistrate für
den Verzicht auf Schulärzte angegeben haben. Coblenz leugnet das
Bedürfnis unter Hinweis auf eine im Bürgerhospital täglich abge-
haltene unentgeltliche Sprechstunde. Hier liegt also derselbe Irrtum
wie in Greifs wald vor. In einigen anderen Städten wird dem Be-
^ Vergl. SchukiTst, Heft 1, S. 11.
144 602
dauern Ansdmck gegeben, dafe die Stadtverordneten sich ablehnend ver-
halten, und ein Magistrat schreibt, dafs man seitens der höheren Schal-
behörde einer Förderung der Sache sich nicht versichert halten kann.
In gröfseren Städten ist der Stadt- oder Polizeiarzt gewöhnlich
auch zugleich staatlich angestellter Amtsarzt und hat als solcher ge-
wisse Befugnisse und Pflichten hinsichtlich der sanitären Überwachung
des Schulwesens. Da die gesetzlichen Bestimmungen hierüber in den
einzelnen Staaten verschieden sind, so kann nicht in jedem Falle
festgestellt werden, ob die Funktionen des Polizeiarztes einer Stadt
das gesetzliche Pflichtmais tiberschreiten und als eine von der Stadt
geforderte Mehrleistung im Sinne des Schularztwesens anzusehen sind.
So scheint es in sehr vielen Städten, insbesondere des nordwestlichen
Deutschlands, ganz allgemein zu den Obliegenheiten der Stadtärzte
z!i gehören, zweimal im Jahre alle Schulräume einer Revision zu
unterziehen. Gemeldet ist diese Einrichtung aus folgenden Städten,
wobei zu bemerken ist, dafs in vielen G-emeinden die Armenärzte,
in einigen der Kreisarzt, in anderen Privatärzte diese Besichtigung
vorzunehmen haben:
Halbjährliche Revision der Schulen findet statt in den Gemeinden:
Dortmund, Düsseldorf, Horde, Iserlohn, Kalk, Lüdenscheid,
München-Gladbach, Neuss, Oberhausen bei Düsseldorf, Regensburg,
Saarbrücken, Siegen, Viersen und Wesel. Ferner in allen Orten
des Regierungsbezirkes Arnsberg, also in den Kreisen: Altena,
Arnsberg, Bochum, Brilon, Dortmund, Gelsenkirchen, Hagen,
Hamm, Hattingen, Horde, Iserlohn, Lippstadt, Meschede, Olpe,
Schwelm, Siegen, Soest, Witten, Wittgenstein. Nur Hagen (Stadt) be-
sitzt in diesem Regierungsbezirk Vollschulärzte nach Wiesbadner Muster.
Dieselbe Einrichtung einer zweimal im Jahre vorzunehmenden
Begehung der Schulen ist auch in folgenden Städten getroffen, wo-
bei ausdrücklich noch eine gewisse Überwachung der Schulkinder
zur Pflicht gemacht ist:
Augustusburg. Die Kinder werden nur ^in besonderen
Krankheitsfällen*^ untersucht.
Elberfeld. Die acht Armenärzte haben bei der Besichtigung
der Schulen ihres Bezirks jedes Kind auf Augenkrankheiten zu
untersuchen.
Eschweiler. Die vier Armenärzte unterwerfen bei ihren
Besuchen sämtliche Kinder einer Besichtigung.
Gersweiler. Alle Kinder sind zu besichtigen, einzelne nach
Ermessen genauer zu untersuchen.
603 145
Herne. Die Kevision geschieht durch den Polizeiarzt, der
halbjährlich unter den ansässigen Ärzten wechselt ; alle Kinder werden
einer Besichtigung unterworfen, aber nicht genauer untersucht.
Kecklinghausen. Auch hier werden alle Kinder untersucht.
Senftenberg. Besichtigung der Kinder und genauere Unter-
suchung bei Verdacht auf Erkrankung.
Viermal im Jahre werden die Schulen besucht in den Orten
Beeck (Kreis Ruhrort), woselbst diese Einrichtung schon seit lb75
besteht, femer in Bismarck (Kreis Gelsenkirchen) und in Witten
(Kreis Bochum).
£in besonderes Vorgehen wird in Meifsen geübt. Die Eltern
der Schulrekruten bekommen einen Fragebogen über die G-esundheits-
Terhältnisse des Kindes. Je nach dem Ergebnis dieses Fragebogßus
erfolgt die Entscheidung, ob das Kind einer genaueren üntersuchtTng
durch den Schularzt unterworfen werden soll.
Ebenso vereinzelt steht Lüneburg, dessen schulärztliche Ob-
sorge sich auf die Anstellung eines Augenarztes beschränkt, welcher
alljährlich ein Drittel der Kinder hinsichtlich der Augen zu unter-
suchen hat.
Dafs gerade die Hilfsschulen für Schwachsinnige besonderen
Anlafs zu schulärztlicher Überwachung geben, ist begreiflich; es
wurde schon erwähnt, dafs die Grofsstädte Halle, Hannover und Kiel
allein für ihre Hilfsschulen je einen Schularzt anj^estellt haben; das
gleiche gilt auch für Tilsit. Diese an den Hilfsschulen angestellten
Ärzte versehen daselbst in vollem Umfang die schulärztlichen Ob-
liegenheiten.
Ihnen schliefst sich dann die grofse Reihe der Städte an, die
ihre Schularztordnung in der Hauptsache dem Wiesbadener Muster
nachgebildet haben. Unter ihnen befinden sich einige, deren schul-
ärztliche Einrichtungen schon längere Zeit bestehen, und die ur-
sprünglich den Hauptwert auf die Überwachung des Schulhauses
gelegt haben, später aber die genaue Untersuchung aller Kinder,
wenigstens bei deren Eintritt in die Schule, in ihr Programm auf-
genommen haben. Hier sind zu nennen: Leipzig, Chemnitz
und Nürnberg. In Dresden besteht die gleiche Absicht.
Im einzelnen weichen die Dienstordnungen dieser Städte nicht
unwesentlich von einander ab, und es soll diese recht lehrreiche
Verschiedenheit in den nächsten Abschnitten besprochen werden.
Die Verteilung der Schulärzte über das Deutsche Reich ist eine
sehr ungleiche und folgt im allgemeinen den Spuren der Grofsstädte
146 604
mit schnlärztliGhen Einriohtungeii. Um die YersorguDg eines Landes-
teiles mit Schulärzten zum zi£femmälsigen Ausdruck zu bringen,
kann man berechnen, wieviel Einwohner in einem umgrenzten Gebiet
auf einen Schularzt kommen. Dieser Index ist nach mancher Hin-
sicht nicht einwand&ei, aber es dürfte schwer sein, zurzeit einen
anderen und besseren Malsstab zu finden. Man gewinnt dadurch
immerhin ein ungefl&hres Bild über die schulärztliche Versorgung
eines Landes. Vorausgeschickt seien die Verhältniszahlen einiger
Grofsstädte. Es kommen auf einen Schularzt in Leipzig etwa
23000 Einwohner, in Köln 21 221, in Frankfurt a. M. 20643, in
Königsberg 18900, in Nürnberg 17400, in Breslau 16920, in Wies-
baden 12285, in Magdeburg rund 10000 Einwohner.
ii Unter den Bundesstaaten beziehungsweise unter den preufsischen
Pr(ririnzen ergibt sich nachstehende Reihenfolge der auf einen
Schularzt entfallenden Einwohnerzahl:
1. Im Herzogtum Meiningen 6965 Einwohner
2. In der Provinz Brandenburg 37909
3. „ „ Rheinprovinz 44306
4. Im Grofsherzogtum Hessen 44793
5. „ Königreich Sachsen 65629
6. In der Provinz Hessen-Nassau 68070
7. „ „ „ Sachsen 70823
8. Im Herzogtum Sachsen- Weimar 72580
9. „ Reichsland Elsafs-Lothringen .... 81880
10. In der Provinz Schleswig-Holstein .. 126180
11. „ „ „ Schlesien 126183 ^
12. „ „ „ Westpreufsen 130288 „
13. „ „ „ Pommern 136236
14. Im Fürstentum Reufs jüngere Linie. 139210
15. In der Provinz Ostpreufsen . 166385
16. „ „ „ Posen 209697
17. Im Herzogtum Sachsen-Coburg-Gotha 229550
18. In der Provinz Westfalen 318777
19. „ „ „ Hannover .432030
20. Im Königreich Bayern 617605
21. „ „ Württemberg 723166
n
n
n
n
n
Ganz ohne Schulärzte sind zurzeit: Sigmaringen, beide Mecklen-
burg, Oldenburg, Braunschweig, Sachsen-Altenburg, beide Schwarz-
burg, Anhalt, Reufs ältere Linie, Hamburg, Lübeck und Bremen.
605 147
Dazu ist zu bemerken, dais aasschliefslioh Vollsohulärzte
mit den Funktionen der Wiesbadener Ordnung in An-
rechnung gekommen sind; andernfalls würde sich in der Skala
manche Änderung ergeben und insbesondere Westfalen eine weit
höhere Stufe einnehmen. Im Grofsherzogtum Hessen wird voraus-
sichtlich die nächste Zukunft eine Vermehrung der Landsohulärzte
bringen und diesem Lande einen Platz dicht hinter Meiningen an-
weisen. In der Stadt Braunschweig steht die Anstellung von Schul-
ärzten unmittelbar bevor.
Immerhin zeigt diese Zahlenreihe, wie weit wir in den meisten
Bezii'ken noch davon entfernt sind, die Organisation des schulärzt-
lichen Dienstes in so vorzüglicher Weise geregelt zu sehen, wie dies
in Meiningen geschehen ist.
(Fortsetzung folgt.)
AUtttere ütitteiUn^en.
Ausbau der Schnlarztordnung in Nflrnberg. Seit fünf Jahren
besitzt Nürnberg Schulärzte, deren Dienstan Weisung ans der vorwiesbadener
Zeit stammte nnd der früheren Leipziger Schiüarztordnung nachgebildet
war. Die Schalen wurden allmonatlich besucht, die Vorkehrungen zur
Yerhütung von Infektionskrankheiten waren sorgfältig geregelt, eine genaue
Untersuchung einzelner Schulkinder fand aber nur dann statt, wenn sie
dem Schularzt im Interesse des Unterrichts wünschenswert erschien oder
als solche bezeichnet wurde.
Nach längeren Yorverhandlnogen haben nun Magistrat und Gemeinde-
kollegium eine neue Dienstordnung gut geheifsen, welche die individuelle
Hygiene der Kinder stärker betont. Den Schulärzten sind alle städtischen
Volks- und Mittelschulen, femer alle Privatschulen und alle Kinderschulen
unterstellt. Die Besichtigung der Schulräume findet nur dreimal im Jahre
statt, dafür haben aber genaue Untersuchungen aller uen in die Schule
eintretenden Kinder zu erfolgen. Innerhalb der ersten 14 Tage nach Schul-
beginn werden die Schulrekruten auf ihre körperliche und geistige Reife
geprüft, und wenn diese mangelt, auf ein Jahr vom Schulhesuch zu-
rückgestellt. Eine zweite eingehende Untersuchung mufs bis zum Schlüsse
des ersten Halbjahres vollendet sein ; sie geschieht im Beisein des Lehrers
bezw. der Lehrerin, unter Einladung der Eltern, und es werden die Er-
gebnisse in einen Gesundheitsbogen nach Wiesbadener Muster eingetragen.
Die dritte Untersuchung erstreckt sich auf die höheren Sinnesorgane
und ist auf das letzte Quartal des ersten Schuljahres verlegt.
148 606
Die Aaswahl kränklicher Kinder Air ständige ärztliche Überwachang,
die Meldung gefundener £j*ankheiten an die Eltern, die Befreiung von der
schulärztlichen Untersuchung durch Beibringung eines entsprechenden haus-
ärztlichen Zeugnisses decken sich mit den in den neueren Schularztord-
nungen der gröfseren Städte getroffenen Bestimmungen.
Die Schulärzte sollen bei Beratung hygienischer Fragen zu den
Sitzungen der Eönigl. Schulinspektionen eingeladen werden und nehmen
an denselben mit beratender Stimme teil.
Die Zahl der Nürnberger Schulärzte ist von 10 auf 15 vermehrt
worden, so dafs nun wenig mehr als 2000 Kinder auf einen Schularzt
kommen.
SchnlSrzte in Ffirth. Die Nachbarstadt Nürnbergs will mit Beginn
des neuen Schuljahres vier Schulärzte anstellen und hat dabei den Grund-
satz ausgesprochen, dafe nur solche SchtQer untersucht werden sollen, deren
Eltern oder Erzieher damit einverstanden sind. Der Antrag, Zwangsunter-
suchung aller Kinder einzuführen, wurde mit der Begründung abgelehnt,
dafs es hierzu in Bayern an einer gesetzlichen Handhabe fehle.
RegnlatiT der Sektion nngarischer Schulärzte und Lehrer der
Hygiene. Die Schulärzte und Lehrer der Hygiene bilden in der ünter-
richtsabteilung des Landesvereins für Gesundheitslehre eine separate Sek-
tion, deren Aufgabe es ist, sowohl die wissenschaftliche Tätigkeit als auch
sonstige gemeinsame Interessen der Schulärzte und Lehrer der Hygiene
zu fördern.
Zu diesem Zwecke hält die Sektion zeitweise Sitzungen, jedoch jähr-
lich wenigstens zwei : zu Beginn und am Ende des Schuljahres. Die Sitzun^n
werden in Budapest abgehalten, doch können sie auch mit Einwilligung
der Direktion des Landesvereins eventuell in anderen Städten des Landes
berufen werden. Die Einladungen zu den Sitzungen sind jedenfalls eine
Woche vor der Sitzung zu versenden.
Die Sektion kann nach aufsen, namentlich mit den Behörden, nur
vermittels des Landesvereins in Verbindung treten.
Mitglied der Sektion kann jeder qualifizierte Schularzt und Lehrer
der Hygiene sein, der zugleich Mitglied des Landesvereins ist und seinen
Eintritt bei dem Präsidenten oder dem Sekretär der Sektion anmeldet.
Mitglieder der Sektion zahlen als solche keine Taxe.
Der Ausschufs der Sektion besteht aus dem Präsidenten, zwei Vize-
präsidenten, dem Sekretär und dem Schriftführer.
Ein Vizepräsident ist unter den Kollegen vom Lande zu wählen.
Der Ausschufs wird nach der konstituierenden Generalversammlung
jedes zweite Jahr mit Stimmenmehrheit gewählt.
Die Pflicht des Präsidenten ist, alle Angelegenheiten der Sektion zu
leiten, in den Sitzungen den Vorsitz zu führen, alle Akten der Sektion zn
vidimieren. Er repräsentiert die Sektion beim x\usschusse des Landes-
Vereins.
Der Präsident kann nur unter den Mitgliedern des Ausschusses des
Landesvereins gewählt werden.
Der Sekretär konzipiert die Akten, Briefe und Einladungen der Sek-
tion, er verfafst den Jahresbericht der Sektion, welcher dem Ausschusse
607 J49
des Vereins vor der Generalversammlang unterbreitet wird. Der Sekretär
stellt das Verzeichnis der Mitglieder zusammen, sowie auch das der ge-
haltenen Vorträge und schickt die SitzungsprotokoUe dem Obersekretär
des Vereins zum Zwecke der Publikation im offiziellen Blatte „Eg^sjssig^
(Gesundheit).
Die Sitzungsprotokolle werden von dem Schriftfahrer verfafet, der im
Notfalle auch den Sekretär substituiert.
Alle Auslagen fttr Drucksachen, Einladungen und deren Versendung
trägt der LandesTerein.
Mitglieder der Sektion können an ihren eigenen Sitzungen Vorträge
halten, doch haben sie dieselben zwei Wochen frQher beim Sekretär an-
zumelden.
Der Vortragende ist verpflichtet, einen kurzen Auszug seines Vortrages
unverzttglich dem Sekretär zu übergeben.
(Mitget. V. Dr. W. GENEBSICH-Bndapest.)
Die Schularztfrage im westpreufsisehen Rektoren verein. In
der 5. Jahresversammlung des genannten Vereins am 14. Juni d. J. in
Danzig sprach Rektor Rebitzki über die mit dem schulärztlichen Dienst
gesammelten Erfahrungen und verlegt das Hauptarbeitsgebiet desselben auf
die Hygiene des Schulkindes. Nachdem Schulrat Dr. Damus noch
besonders die Danziger Schular/teinrichtungen besprochen hatte, wurde von
der Versammlung folgende Resolution angenommen:
„Die ö. Jahresversammlung westpreufsischer Rektoren hält es für
wünschenswert, dafs bei der Lösung hygienischer Aufgaben in der Schule
Ärzte mitwirken und besondere Schulärzte, soweit es noch nicht geschehen,
für Volksschulen angestellt werden."
Antrag anf Anstellung von Schulärzten in Bielitz. Der päda-
gogische Verein in Bielitz hat in seiner Sitzung vom 27. Juni d. J. beschlossen,
in Anbetracht des Umstandes, dafs die Stadt als Industrieort einer beson-
deren ärztlichen Fürsorge bedarf, dem Gemeinderat die Anstellung eines
Schularztes auf das wärmste zu empfehlen.
In Budapest hat der Fachausschufs der Schulärzte und der Pro-
fessoren der Hygiene beschlossen, an den Kultusminister ein Memorandum
zu richten, in welchem ersucht wird, in den Präparandenanstalten den
Unterricht in der Somatologie fortan ausschliefslich Ärzten anzu-
vertrauen.
Schulärzte f&r Privatschulen, insbesondere für die privaten
höheren Mädchenschulen, fordert Dr. P. Meissner in einem sehr
lesenswerten kleinen Aufsatz {„Der Tag^, 4. VE. 03) unter Hinweis auf
die Schonung, welche die Mädchen in der Pubertätszeit so dringend nötig
haben und die ihnen dort, wo dem Lehrer kein ärztlicher Berater zur
Seite steht, nur selten zu Teil wird.
Volkstümliche Belehrung über die Bedeutung von Schulärzten.
Ein nachahmenswerter Schritt geschah jüngst in Mülhausen i. Eis. durch
Einberufung einer öffentlichen Versammlung, welche den Zweck hatte, die
Bevölkerung über das Wesen und den Nutzen der daselbst vor kurzem
eingeführten Schulärzte aufzuklären. Der Bürgermeister eröffnete die Ver-
sammlung und wies darauf hin, dafs die schulärztliche Aufsicht eine not-
150 608
wendige Ergänzung des Schnlzwanges ist. Darauf hielt Stadtrat Dr. Elias
einen Vortrag über die Wichtigkeit des Schularztwesens, und der Obmann
der Schulärzte, Dr. W. Sachs, legte die bisher in seiner schulärztlichen
Tätigkeit gesammelten Erfahrungen dar.
Über Austellnng yod Schnlärzfen an mittleren nnd hSheren
Schulen hat jüngst auf eine Anfrage des Magistrats zu Breslau die
schlesische Ärztekammer folgende gutachtliche Erklärung abgegeben: 1. Die
Ärztekammer der Provinz Schlesien hat mit grofser Befriedigung davon
Kenntnis genommen, dafs der Magistrat der Stadt Breslau auf dem Wege
der Schulhygiene einen weiteren Fortschritt zu machen im Begriff steht.
2. Die Ärztekammer hält die schulärztliche Überwachung der SchOler nnd
Schülerinnen auch an mittleren und höheren Schulen für unerläfslich.
Ebenso mufs nach ihrer Ansicht der Schularzt von dem Gesundheitszustand
der Lernanfänger dieser Schulen Kenntnis erlangen. 3. Die Gefahr von
Konflikten zwischen Schularzt und Schule einerseits nnd den Eltern, so-
wie dem Hausarzt andererseits durch die Untersuchung der Schüler nnd
Schülerinnen hält die Ärztekammer für leicht vermeidbar. 4. Regel mäfsige
Messungen und Wägungen sind leicht zu erhaltende und unentbehrliche
Unterlagen für die Beobachtung des allgemeinen Gesundheitszustandes der
Schüler und Schülerinnen. 5. Bei der Organisation der schulärztlichen
Überwachung des Gesundheitszustandes der Schüler und Schülerinnen
höherer Lehranstalten sind tunlichst auch Speziaiärzte zu beteiligen.
Schnlärztinnen. Für die Anstellung von Schulärztinnen tritt Dr.
Waldschmidt (Charlottenburg) in der „D. med, Wochenschr,"' ein. Er
weist darauf hin, dafs das Institut der Schulärzte sich Über Erwarten rasch
eingebürgert habe. Man müsse nunmehr weniger danach streben, die An-
stellung von Schulärzten obligatorisch zu machen, als deren Funktionen zu
erweitem. Den Schulärzten sollten in den Mädchenschulen Schulärztinnen
zur Seite stehen. Man müsse dem bewährten Schulmann Habby Schmitt
beipflichten, dafs es geradezu monströs sei, dais zur Feststellung der körper-
lichen Beschaffenheit der Schulmädchen ein Mann in die Schule beordert
werde, der im Beisein der Klassenlehrerin die betreffende Untersuchung
vorzunehmen habe. Wenn, was zu erwarten sei, die Aufgaben des Schul-
arztes dahin erweitert würden, dafs er zum Lehrer der Hygiene wird,
dürfte die Tätigkeit medizinisch durchgebildeter Frauen an Mädchenschulen
von grofsem Vorteil sein. Die Schulärztinnen hätten dann den Unterricht
in der Körper- und Krankenpflege, Erziehungshygiene, in den Anfangs-
gründen der Anthropologie, wie endlich in der Chemie der Küche zu über-
nehmen. (Gegen Anstellung von Schulärztinnen in Mädchenschulen ist
gewifs nichts einzuwenden. Es mufs aber als übel angebrachte Prüderie
bezeichnet und zurückgewiesen werden, wenn man die Untersuchung der
Schülerinnen durch einen Arzt „monströs" nennt. D. Red.)
609 151
CoHN, H., Professor. Wanun mfissen besondere Schnlangenärzte
angestellt werden? Sep.-Abdr. ans Wochenschrift fttr Therapie nnd
Hygiene des Auges. Jahrg. VI, No. 33 ff.)
An der Hand eines Berichtes über das erste Jahr schulärztlicher
Tätigkeit an den Breslauer Yolksschnlen bespricht der Verf. die Schwierig-
keit, die sich selbst dem .geübten Augenarzt bei der Untersuchung des
Auges der neu eingetretenen Schüler entgegenstellen. Um so gröfser sind
diese Schwierigkeiten für den praktischen Arzt, für den Schularzt, der die
Technik der spezialistischen Untersuchung unmöglich beherrschen kann.
Sie steigern sich aber zu einer Unüberwindlichkeit, wenn dem betreffenden
Arzt, wie dies gewöhnlich der Fall ist, weder Augenspiegel, noch Brillen-
kasteUy noch vor allen Dingeu die zur Untersuchung nötige Zeit zur Ver-
fügung steht.
Die Breslauer schulärztliche Statistik erweist zur Evidenz, dafs die
von den Schulärzten — ihrer Dienstanweisung gemäfs — vorgenommenen
Augenuntersuchungen völlig wertlos sind, ganz besonders mit Rücksicht auf
die Kurzsichtigkeit. Auch die Eontrolle der Schulbücher in Hinsicht auf
ihren Druck, die Messung der Helligkeit der Plätze xmd die zweckmäfsige
Plazierung der Schüler an den Subsellieu liegen noch recht im Argen.
Aus diesem Grunde ist es unbedingt notwendig, Schulaugenärzte anzustellen,
die folgenden Funktionen ihre Hauptanfmerksamkeit zuzuwenden hätten:
1. MülBten sämtliche neu eintretende Schüler im Freien auf die Seh-
leistung jedes Auges hin untersucht werden.
2. Bei dieser Gelegenheit sind gleich die Bindehaut, Hornhaut und
der Lidapparat einer Inspektion zu unterwerfen.
3. Sind die Kinder auf Farbenblindheit zu untersuchen.
4. Die Kinder, bei denen eine ungenügende Sehleistung gefunden
wird, sind auf das sorgfältigste mit Brillenkasten, Augenspiegel, Ophthalmo-
meter etc. zu untersuchen.
5. Auch das Augeninnere soll einer genauen Untersuchung xmter-
zogen werden (Regenbogenhaut, Linse, Glaskörper, Netzbaut etc.).
6. Während die Behandlung der Augenerkrankungen natürlich vom
Schulaugenarzt nicht geleitet werden darf, muis er allerdings berechtigt
sein, die korrigierende Brille zu verordnen und mufs die Brillenträger von
Zeit zu Zeit kontrollieren.
Auch die allgemeineren hygienischen Fragen hätte der Schulaugenarzt
eingehend zu würdigen. Dazu gehört die „Subsellienfrage", die Tages-
lichtmessung, die Verwendung geeigneter Vorhänge, die Prüfung der künst-
lichen Beleuchtung, die Kontrolle des Schulbücherdmckes u. s. w. Schliefs-
lich mnis er beim Abgang des Schülers denselben über die Beziehungen
seiner Augen zur Berufswahl aufklären.
Nur auf dem eben angedeuteten Wege, nur nach Anstellung beson-
derer Schulaugenärzte ist eine erfolgreiche Hygiene des Auges in der
Schule möglich. Dr. Ebnst HEiMANN-Berlin.
152 610
iXmtUdili ttirf&jjitngeit unb l^mftoxHm^tn.
Zu No. M. d. I. IL 26573/02. Darmstadt, am 13. Januar 1903.
Betreffend: Bestellung von Schulärzten.
Das Ororsherzo^liche Miftisterinm des Innern,
Abteilung für Sffentliche (^Gesundheitspflege,
an die firofsherzoglichen Ereisämter.
Die Anregung, welche wir durch unsere Verfügung vom 6. Januar y. J.
in betreff der Bestellung von Schulärzten in grölseren ländlichen Gemeinden
gegeben haben, hat zu ungleichen Ergebnissen geführt. Einige Ereisämter,
besonders diejenigen, in welchen nur mittelgrofse Gemeinden vorhanden
sind, haben die AnsteUung von Schulärzten abgelehnt und die Bedürfnis-
frage verneint; andere wollen sich abwartend verbalten und ihr Verhalten
von dem Vorgehen benachbarter Kreise abhängig machen, nicht wenige,
und darunter die Kreise mit gröfseren Gemeinwesen, haben unserer An-
regung durch die Bestellung von Schulärzten bereits Folge gegeben. Am
weitesten ist hierin der Kreis Offenbach gegangen, für welchen in dem
dortigen Kreisassistenzarzt ein Schularzt für sämtliche Orte des Kreises
zur Anstellung gelangt ist.'
Ohne zunächst einen Zwang ausüben zu wollen, empfehlen wir die
Schularztfrage Ihrer ferneren Sorge, wobei wir einzelne Kreisämter nicht
hindern wollen, erst die Erfahrungen anderer Kreise abzuwarten.
Seitens einiger Kreisämter ist der Wunsch ausgesprochen worden, es
möge ihnen eine Dienstanweisung für die Schulärzte an die Hand gegeben
werden. Wir sind diesem Wunsche insoweit entgegengekommen, als wir
nach dem Muster der für das Herzogtum Sachsen Meiningen erlassenen,
wo man mit der Bestellung von Schulärzten für alle ländlichen Gemeinden
mit anscheinendem Erfolg bereits vorgegangen ist, eine Dienstanweisung
entworfen haben, welche wir Ihnen in der Anlage mitteilen. So wünschens-
wert wir auch eine gewisse Gleichmäfsigkeit der einzelnen Dienstanweisungen
halten, so werden wir doch nicht darauf bestehen, dafs dieselbe eine voll-
ständige sei; wir verfehlen iedoch nicht, darauf hinzuweisen, dafs wir die
Forderungen, welche der Dienstanweisungsentwurf an die Schulärzte stellt,
als Mindestforderung erachten, wenn die Bestellung von Schulärzten einen
bemerkenswerten Erfolg haben soll. Das gleiche dürfte auch von den
beigefügten Formularen gelten, von denen das zweite allerdings nnerläfslich
erscheint.
Webe v. Bechtold.
^ Inzwischen ist dies laut gütiger Mitteilung vom 21. Juli d. J. auch für
sämtliche Orte der Kreise Worms und Mainz geschehen. (D. R.)
611 153
Dieutonweinug für Sekilinte ia UndliekeB OeneiBdeB.
§ 1-
Der Schularzt hat zweimal im Jahre, and zwar im FrOl^ahre frOhefrteiis
14 Tage nach Beginn des Schuljahres und im Herbst in der Zeit zwischen
dem 1. Oktober and Ende Dezember, die ihm zagewiesenen Schalen za
besachen.
§2.
Bei dem Frühjahrsbesache hat er alle in die Schale eingetretenen
Kinder einzeln aaf ihren körperlichen and geistigen Zastand za onter-
sachen. Die üntersachang kann nar dann nnterbleiben, wenn ein dem
Zwecke genügendes ftrztliches Zeagnis vorgelegt wird.
§3.
Die nea eingetretenen Schfller sind, soweit die üntersachang die an-
bedeckten Körperteile betrifft, von den übrigen Schfllem abgesondert za
ontersachen, wie denn überhanpt dem Empfinden des Kindes besondere
Rücksicht za tragen ist. Aaf besonderen Wansch kann den Eltern and
deren Vertretern gestattet werden, der üntersachang anznwohnen.
§4-
Die bei der ersten üntersachang gefandenen körperlichen and geistigen
Mängel and Fehler werden in entsprechende Spalten des Überwachnngs-
bogens eingezeichnet. In der Spalte für ärztliche Bemerkungen wird der
Schalarzt angeben, welche Anordnangen er im Interesse der beanstandeten
Kinder ftbr notwendig hält (z. B. Wahl der Plätze für Schwerhörige and
Kurzsichtige, teilweise Befreiung vom Unterricht, besonders vom Turn-
unterricht, besondere Aufmerksamkeit auf die Schreibhaltung).
Für gesunde Kinder ist in der gleichen Spalte ein bezüglicher Vermerk
zu machen.
Von dem Bestehen vorgefundener Fehler und Regelwidrigkeiten hat
der Schularzt dem Lehrer vertrauliche Mitteilung zu machen und zugleich
anzugeben, was im Einzelfalle zu geschehen habe.
§6.
Schularzt und Lehrer sind gehalten, bezüglich erhobener Befunde
Verschwiegenheit zu beobachten.
§ 7.
Bei den späteren Schulbesuchen hat der Schularzt nur hinsichtlich
solcher Schüler genauere Untersuchung vorzunehmen, bei denen die erst-
malige Besichtigung Abweichungen von der Norm ergeben hat oder be-
züglich derer ein besonderer Anlafs oder die Beobachtung des Lehrers
eine neu eingetretene körperliche Veränderung vermuten läfet oder wahr-
scheinlich macht. Im übrigen soll er sich auf eine allgemeine Nachprüfung
beschränken, sich aber davon überzeugen, dals seine Anordnungen bezüglich
kranker Kinder befolgt worden sind.
§8.
Bei der der Entlassung der Schüler vorausgehenden Untersuchung hat
der Schularzt auf Wunsch der Eltern oder deren Stellvertreter betreffs der
Berufswahl Rat zu erteilen.
Der Schalarat. L 18
154 612
§9.
Der Lehrer ist, geeignetenfalls durch Yermittelung des Leiters der
Schale, you dem Besuche des Schularztes durch diesen rechtzeitig zu be-
nachrichtigen, damit er anwesend sein und die Ordnung aufrecht erhalten kann.
§ 10.
Dem Lehrer genttber hat der Schularzt aUes zu vermeiden, was dessen
Ansehen bei den Schülern schädigen könnte.
§ 11.
Der Schularzt hat gelegentlich seiner Schulbesuche auch der Be-
schaffenheit der Schulräume und ihrer Einrichtungen (Schulbänke, Heizung
und Beleuchtung, Lüftung, Schulbäder, Aborte, Trinkwasserversorgung u. s. w.),
sowie dem Zustande der Lehrerwohnungen seine Aufmerksamkeit zu schenken
und über etwaige Mängel durch Yermittelung des Kreisgesundheitsamtes
an die Ereisschulkommission zu berichten.
§ 12.
Im Laufe des Januar jeden Jahres wird der Schularzt über seine
Beobachtungen Bericht erstatten und eine Übersicht über die vorgefundenen
Mängel durch Yermittelung des Ereisgesundheitsamtes an die Ereisschul-
kommission gelangen lassen.
Yersehlossen zu übersenden.
Mitteilung.
Die schulärztliche Untersuchung Ihres Eindes
hat ergeben, dafs dasselbe ^
: l^et.
Für die Gesundheit des Eindes, wie für das Interesse der
Schule ist deshalb _
- dringend erforderlich.
Sie wollen diese Mitteilung unterschreiben und binnen drei
Tagen znrOdcgebeki, dabei aber von jeder Zusatzbemeikiing abseh«!.
Zu persönlicher Rücksprache ist der Lehrer gern bereit.
den - 190 .
Geles0ü:
613
156
Fragebogen
über die Schulanfänger.
An das Elternhaus: um auf die etwaigen Fehler und Schäden der Kinder
in der Schule gebdhrend Rücksicht nehmen zu können, ersuchen wir
um gewissenhafte Beantwortung der nachstehenden Fragen und um
Rückgabe des Bogens binnen drei Tagen.
Der Lehrer wird bei Beantwortung der einzelnen Fragen zur
Beihilfe gern bereit sein.
Schule zu
Name des Kindes :
geboren den
» zn
geimpft den
Tochter 1
Sohn/
Welche Krankheit hat das Kind über-
standen? und wie alt war es damals ?
Sind Nachteile zurückgeblieben? und
welche? (Gehörleiden u. d»gl.)
). Ist das Kind kurzsichtig?
2. Schielt es?
5. Ist es schwerhörig?
4. Stottert es?
6. Ist es lungenkrank?
6. herzkrank?
7. mit Bruchschaden behaftet?
8. mit schiefem Rückgrat?
9. mit welchem sonstigen Fehler?
10. Ist ein Fehler in Mund, Rachen-
höhle, Nase bemerkt worden?
1 1 . Hat das Kind eine Hautkrankheit ?
12. Ist es epileptisch?
IH. geistig dem Alter entsprechend
entwickelt?
14. oder geistig zurückgeblieben und
weshalb?
Antworten :
wiedergeimpft
(später Tom Lehrer la beantworten)
des
1.
2.
3..
4..
6.
6..
7.
8..
9..
10..
11..
12..
13..
14.
Bemerkung: Btwaig^e Tertraoliehe Mitteilunge« über das Kind sind dem Lehrer Tom
Vater oder Ton der Matter persönlich in erstatten.
Wer hat Torstehenden Fragebogen aasgefSIU? (Vater? Matter? Pflegeeltern? OroA-
eltern? Hausarxt oder Lehrer? — Das Zutreffende ist su unterslreichen.)
Bemerkung fflr den Lehrer: Die Fragebogen sind nach der Buchstaben-Reihenfolge
der Namen in einer Mappe mit festen Deekeln unter VerschluA sorgftltig auf-
zubewahren.
18*
156
614
fl
•
NA
s
1^
Jahr
der Ei
B
2.
'S
S
B
ES
D
1
P
2.
5'
B
g .
c
u
o
o*
t>
o
p*
B
p
9
B
•
r
p*
t
m
U
1
M
B
B
B
g
B
£;:
»■M
NN
•
M
B
s
s-
B
B
•
U
B
9
>
H
n
C3
2 H ■ *i
f 2 ' ?
p* •
B °
B
B
2. •« •^
*y e • ^ P
I
B
M O
9b??
o
S
N
B
CD
9
P
&
p
M
B
I
P
kansiehtig^
Behielt
■chwerhArig ^a
stottert
lungenkrank
herskrank
mit Bruch-
schaden
behaftet
mit schiefer
Wirbels&ule
mit Fehler in
Mund, Rachen- S
hOhle, Nase ^
mit Haut-
krankheit
epileptisch
B
B
a.<3
S
S. 2. <L s •*
D^ tr li* 5- »*.
t>
B
9
m
s
B*
CD
9
H
9
GL
9
t
er
o
ST
P
f
3.
Jritfflinft fk S(||itlj|rfitit^||(tt$|i|l(iir.
XVL Jahrgang. 1903. No. 9.
®ri$iitalaii^aitblititj)iit.
Kleine Schnlklassen.
Von
C. BiGHTEB - Strausberg.
Wenn ich die Forderung kleiner Schnlklassen erhebe, so meine
ich damit — was ja auch dem Fachmann sofort als das Näher-
liegende erscheinen wird — in erster Linie die Herabsetzung der
leider noch so oft ungebührlich hohen Schulerzahl, erst
in zweiter eine Verringerung des Klassenraumes. Die Klage
über zu grolBe Klassen ertönt fast gar nicht hinsichtlich der höheren
Schulen, um so mehr aber aus den Reihen der Volkssohullehrer,
und sie nimmt in demselben MaCse zu, als man sich der Ostgrenze
Preutsens nähert. Dabei ist die Stellung des Lehrers in den gemischt-
sprachigen Landesteilen an sich schon schwierig; man hat also erst
recht Veranlassung, auf die Vermehrung der Schulklassen und Lehr-
kräfte energisch hinzuarbeiten. Leider wird aber von den Gemeinden,
deren Leistungsfähigkeit allerdings teilweise eine recht geringe ist,
gerade in SchulAachen der Geldpunkt zu stark in den Vordergrund
gerückt, und insbesondere der Bauer ist dafür bekannt, dafs er nicht
gern gibt, wenn er nicht muGs — eine Tatsache, die im Interesse
der Volksbildung recht bedauerlich ist.
Sofern man die Klassenfrequenz herabsetzt, ist selbstverständlich
auch eine etwelche Verkleinerung der Schulräume kein Fehler, ün-
verhältnismäüsig groüse Klassenzimmer sind dem Schulbetrieb ent-
schieden nachteilig, hauptsächlich insofern, als an die Stimme des
Lehrenden allzu grofse Ansprüche gestellt werden und für die mit
nicht ganz normaler Sehschärfe ausgestatteten Schüler das an der
SchalreBundheitspflege. XVL 32
616
Wandtafel Geschriebene ganz oder teilweise unleserlich bleibt. Das
richtige Verhältnis zwischen Schülerzahl nnd Klassenranm ist durch
behördliche Verordnungen festgesetzt. In der Zirkularrerfugung des
Regierungspräsidenten zu Frankfurt a. 0. vom 9. Januar 1871 heilst
es : ^Die Gröise der Lehrzimmer richtet sich einesteils nach der Zahl
der darin unterzubringenden Schüler und der für diese erforderlichen
Subsellien, andemteils nach der Art des darin zu gebenden Unterrichts.
Sollen Schüler der Elementarschulen in den Städten und auf den Dörfern
mit Erfolg unterrichtet werden, so dürfen an dem gleichzeitigen Unter-
richte nicht mehr als 80 bis allenfalls 100 Schüler teilnehmen. Dem
Bedürfnis wird genügt, wenn einschliefslich der Gänge, des Katheder-
und des Ofenplatzes für jeden Schüler der Volksschulen 0,6 bis
0,65, der Bürgerschulen 0,66 bis 0,8, der höheren Schulen 0,8 bis
1,2 qm Grundfläche gerechnet werden. Die zweckmäüsigste Grund-
form des Zimmers ist die eines B.echtecks. Damit jedoch die Schul-
räume nicht gangartig erscheinen und die am weitesten sitzenden
Schüler noch bequem die auf der Tafel oder der Wandkarte befind-
lichen Charaktere erkennen können, darf die Länge des Schulraumes
10 m nicht übersteigen^.
Eine Schulklasse von 80 bis sogar 100 Schülern entspricht nun
freilich unserem Ideal nicht; Gemeinden mit solchen Klassenziffem
haben noch viel Ursache zur Besserung. Es ist ein eigen Ding um
die Festsetzung der Höchstschülerzahl einer Schulklasse. Man möchte
auf der einen Seite die hygienischen Forderungen zur Geltung
bringen, andererseits darf man sich von den tatsächlichen Verhält-
nissen nicht gar zu weit entfernen. Im allgemeinen ist zu sagen,
dafs mit dem Fortschritte im Schulwesen, wie er ja erfreulicherweise
ganz unverkennbar ist, die genannte Zahl erheblich sinkt, wiewohl
der § 12 des Entwur£3 eines Gesetzes, betreffend die öffentliche
Volksschule, vom Jahre 1890 auch noch bestimmte: „Wo die Anzahl
der einem Lehrer überwiesenen Kinder über 80 steigt, oder wo das
Schulzimmer für die vorhandene geringere Zahl nicht ausreicht und
die Verhältnisse die Anstellung eines zweiten Lehrers oder eine
räumliche Änderung nicht gestatten, . . kann eine zweiklassige
Schule mit einem Lehrer und verkürzter Unterrichtszeit eingerichtet
werden".
Die Gestaltung des Schulzimmers wird auch von den in Aus-
sicht genommenen Subsellien beeinflufst. Bei den neuzeitlichen Rbttig-
Bänken stellt sich die Rechnung für beispielsweise 42 Sitze mittlerer
Altersstufe folgendermafsen: Drei Zweisitzer zu je 1,20 m Länge =
617
3,60 m, Fenstergang 0,60 m, Innengang 0,80 m, zwei Zwischen-
gänge zu je 0,50 m, ergibt als Zimmerbreite 6,0 m. In der Länge
des Zimmers nehmen sieben Bankreihen 5 m, der Vorraum 3 m,
der Gang hinter den Bankreihen 0,5 m fort, so dalB eine Zimmer-
länge von wenigstens 8,5 m erforderlich ist. Der Quadratinhalt der
Bodenfläche wäre dann 8,5 X 6,0 = 51,0 qm und auf jeden Schüler
kämen rund 1,2 qm Bodenfläche.
Die Überfällung . von Klassen ist selbst im Bannkreise der
Reichshauptstadt Berlin, in den arbeiterreichen Vororten, vielfach
fühlbar; es können hier die Schulbauten kaum Schritt halten mit
der aufserordentlich schnellen Zunahme der Bevölkerung. Ideale
Verhältnisse hinsichtlich der Klassenstärken fand ich in der Volks-
schule der drei Meilen von Berlin entfernten Stadt S., die mit In-
begriff mehrerer Anstalten gegen 8000 Einwohner zählt. Da mir
bisher gleich günstige Ziffern nicht vorgekommen sind, so kann ich
die Fürsorge dieser Schulgemeiode nicht hoch genug anerkennen,
zumal sie nicht etwa im Überflusse von Geld und Geldeswert schwelgt»
sondern in ihren 125% Gemeindesteuerzuschlägen zur staatlichen
Einkommensteuer eine zwar mäfsige, aber normale Belastung trägt.
Die Mädchenschule besuchen:
Klasse I = 45 Schülerinnen
, n =49
„ nia = 42
„ nib = 42
„ IVa = 36
, IVb = 35
, Va = 40
„ Vb = 37
„ Via = 41
, VIb = 41
, Vlla = 52
„ Vllb = 64
Die Knabenaobale besuchen:
Klasse la = 25 Schüler
„ Ib = 17 „
„ IIa ^ 33 „
„ IIb = 40 ,
„ Ula = 44 „
„ nib = 40 ,
„ IVa = 39 „
82*
618
Klasse IVb = 37 Schüler
„ Va = 46 „
« Vb = 45 „
„ Via = 38 ,
, VIb = 43 „
„ VIIa = 43 ,
„ Vnb = 30 n
Die Durohscbnittsfrequenz der Klasse betrftgt somit in der
Mädohensobnle rund 42, in der Knabenschule 37 ; dabei steht für die
Mädohensohnle noch die Teilung der bisher ungeteilten Klassen I
und U in Aussicht, allerdings nicht wegen Überfüllung, sondern in
Konsequenz mit dem eingeführten Schulsystem.
ünterriohtlich und erziehlich sind kleine Klassen yon
ganz aufserordentlichem Vorteil. Es werden gewils nur wenige
Schulmänner das unterschreiben» was ich einmal Yon einem Lehrer
hörte: ,,Mir ist es gleich, ob 40 oder 80 Schüler vor mir sitzen''. Das
mag allenfalls zutreffen, sofern der Lehrer nur irgend einen Vortrag
zu halten hat, aber nicht, wenn er die Verantwortung für den sicheren
und stetigen Fortschritt jedes Kindes sowohl in seiner Gemüts- und
Verstandesbildung, als auch in den verschiedenen technischen Fächern
übernehmen soll. Und dann würe speziell in hygienischer Hinsicht
folgendes zu sagen: Je gröiser die Kinderzahl einer Klasse, desto
nervenaufreibender wird die Arbeit für den Lehrer, der dann nicht
selten in geistiger Erschöpfung daheim anlangt, Essen und Trinken
verschmäht und nur den einen Wunsch hat, auf kurze Zeit einmal
so recht allen Gedanken in seinem Kopfe ein „Stillgestanden!'' zu
kommandieren, freilich ein Versuch, der selten gelingt. Den nervösen
Lehrer regt schon, was ja gewifs ganz unnatürlich ist, die blolse
Nähe der Schuljugend auf; er mufs sohlieMich eine andere Umgebung
aufsuchen, in einer anderen Atmosphäre gesunden. Sicherlich ist
die Gefahr nervöser Überreizung in kleinen Klassen geringer als in
grofsen, wo dann die liebe Schuljugend so recht Gelegenheit findet,
den angeärgerten Lehrer ungestraft noch weiter in Aufregung zu ver-
setzen. Selbst bei Entdeckung der Bösewichter sind ja die Macht-
mittel der Schule leider so gering ; denn die allein in Frage kommende
körperliche Züchtigung (? D. Ked.) bei offenbaren Bosheiten ist doch
ein so zweischneidiges Schwert geworden, daüs der Entschlufs zu ihrer
Anwendung in vielen Fällen wider grundsätzliches Wollen gefalst
wird, n^^^ haben unsere Lehrer auch geärgert ; das ist nicht anders
in der Jugend", sagt wohl manch Erwachsener. Gewils, das soll
619
zugestanden werden; aber der unterschied ist der: Dassomal gab es
eine gehörige Traeht Prügel, nnd die Schuld war gesühnt; heute
bleibt die Sühne leider oft aus, weil ^der Zeitgeist alles zu ent-
schuldigen sucht oder den durchtriebenen Schlingel mit schönen
Worten zu bessern hofiFt.
Bei gro/sen Klassen ist sodann der Lehrende in die Notlage
yersetzt, seine Stimme übermtt&ig anzustrengen, was unter umständen
Erkrankungen des Hialses herbeiführen kann.
Dals die Luft in einem Baume mit yielen Kindern recht schlecht
werden muTs, wird auch dem Laien einleuchten. Die Ventilation —
oft nicht Yorhanden — muis in diesem Falle schon sehr zweckmft&ig ein-
gerichtet sein, wenn sie einigermafsen für die Luftemeuerung wirksam
werden soll. Es ist furchtbar, was für Dünste man in einer über-
füllten Schulklasse manchmal einatmen muis; solange man in der
£llasse unterrichtet, merkt man es kaum, um so mehr beim Verlassen
des Zimmers. Vieles tragen hierzu auch die Garderobenstücke der
Kinder bei, die bei uns wenigstens nur in wenigen Schulen in ge-
sonderten Bäumen, yielleicht auf dem Korridor, untergebracht sind. —
In kleinen Klassen kann sich der Lehrer — und gerade beim Volks-
schullehrer ist das von immenser Wichtigkeit — viel mehr um die
Sauberkeit jedes Kindes kümmern, damit nicht die Köpfe Herbergen
für Parasiten werden oder yon Schmalz und Öl aller Art starren.
Der eine Schüler kann nicht begreifen, wozu er seine Mutter um
ein Taschentuch quälen soll, solange er noch Jackenärmel hat, und
der andere hält seine Schulmappe fiir wie dazu geschaffen, seine täg-
lichen Schmalzstullenreste liebevoll aufzusammeln.
Von den 514 Mädchen der schon genannten Volksschule in S.
waren 33 kurzsichtig und 19 schwerhörig. Wohl ohne Ausnahme
besteht die Gepflogenheit, solche Schüler in die yorderste Bank zu
setzen. Bei manchen Kindern ist jedoch die Abnormität genannter
Sinneswerkzeuge so groüs, dals sie selbst dann den Mangel nicht aus-
zugleichen yermögen, abgesehen davon, dafs den Schwerhörigen vieles,
was die Eander vorlesen und vorsprechen, verloren geht. In kleinen
Klassen wird sich der Lehrer diesen Kindern mehr als sonst in be-
sonderer Weise widmen können. Schüler und Schülerinnen der oberen
Plätze versuchen oft, ihre Gebrechen als geringfügig oder gar nicht
vorhanden hinzustellen, um nicht den ehrenvollen Platz aufgeben zu
müssen. Sogar den einsichtigeren Eltern muis man mitunter erst
klar machen, dafs es doch das gröfsere Übel wäre, wenn ihre Kinder
überhaupt im Lernen zurückblieben. Den unentdeckten Schwerhörigen
620
und Sohwaohsichtigen werden groijse Klassen bei weitem naohteiliger
als kleine.
Hier nnd da stellt man in Schnlen gröberer Systeme Probe-
alarmiemngen an, nm bei Ansbrnob , eines Feners in der sobnellen
LeemDg der Klassen geübt zn sein. „In nur drei Minuten in yollster
Ordnung geräumt!^ verkündet der Sobnlleiter. loh will niemandem
seinen gnten Glauben rauben, behaupte aber, dals im Falle tatsäch-
licher Gefahr alles anders kommt. Wer schon einmal eine Panik
in einem Schulhause erlebt hat, oder wer blois an die Vorgänge bei
Bränden überhaupt denkt, der wird mir beipflichten. Zum Glück
kommen Schulhausbrände am Tage fast gar nicht vor, und in der
Nacht sind sie nicht selten eine Wohltat. Auch im Falle einer
plötzlichen Gefahr wird die mäfsig besetzte Klasse der überfüllten
gegenüber im Vorteil sein, mehr vielleicht als die alarmgeübte gegen-
über der nicht alarmierten. Allerdings ist auch die reichliche An-
häufung von Klassenzimmern in einem vielstöckigen Gebäude, das
Streben nach Zentralschulhäusern, eine bedenkliche MaiSsnahme; sie
wird aber durch Rücksichtnahme auf die hohen Bodenwerte — nament-
lich in Grofsstädten — , auf Vereinfachung und Verbilligung des
Baues, auf die SchulleituDg und andere Faktoren leider oft diktiert
In den ünterrichtspausen kann trotz geführter Aufsicht mitunter
der jugendliche Übermut platzgreifen und sich im Umhertollen be-
tätigen, wobei eine herabfallende Schultafel, ein fallender Karten-
ständer, eine Bankecke oder sonst etwas einen körperlichen ün£all
herbeiführen kann. Die in den kleinen Klassen viel leichter aufrecht
zu erhaltende Disziplin wird auch auf die Pausen nachhaltig wirken
und vor Ausschreitungen genannter Art eher bewahren, noch zumal
der Anstifter nicht so leicht im Haufen verschwindet.
Die Kinderkrankheiten, Masern, Diphtherie, Scharlach etc.,
werden dem jugendlichen Alter vornehmlich mit Beginn des Schul-
besuchs verderblich. Die Schule kann als Verbreiterin des An-
steckungsstoffes auftreten derart, dafs mitunter behördlich der Schul-
schlufs angeordnet werden mufs. Die Ansteckung findet fast immer
innerhalb der einzelnen Klassen statt, so dais Klassen mit gleichen
Altersstufen oft eine erhebliche Differenz in den Prozentsätzen ihrer
Kranken zeigen. Jedes Kind einer Klasse muJs nun die Zahl der
Ansteckungsmöglichkeiten um eine vermehren. Aber auch die
Wahrscheinlichkeit der Ansteckung steigt, da in gröiseren Klassen
die Kinder enger sitzen und vielfacher miteinander in Berührung
kommen.
621
In dem Mafse der Elassenfüllimg wird anoh die Menge des ein-
geschleppten Stralsensohmutzes wachsen. Er bedeckt demnächst als
Stanb Dielen, Tische nnd Schränke nnd belästigt Lehrer nnd Schüler
nicht znm Vorteile von Sauberkeit und Gesundheit. In Bücksicht
auf eine verringerte Staubbildung und verminderte Erkrankungsgefethr
wird die Reduktion der Klassenbestände mit Freuden begrtüst werden.
Alles in allem, jeder Lehrer» der einmal in überfüllten Ellassen
die unterrichtlichen, erziehlichen und hygienischen Schwierigkeiten
kennen gelernt hat, wird die weitgehenden Vorzüge kleiner Schul-
klassen zu schätzen wissen, und jede Gemeinde, die für kleine Elassen-
bestände Sorge trägt, handelt im vielseitigen Interesse der heran-
wachsenden Generation. Die allgemeine Volksschule, die bei uns
nur eine Frage der Zeit sein dürfte, wird sicherlich auch auf die
Vermehrung der Schulklassen und auf einen hygienischen Ausbau
unseres Schulwesens fördernd einwirken, weil alsdann weitere und
vor allen Dingen die gebildeteren und einsichtsvolleren Kreise unseres
Volkes zu einem erhöhten Interesse für die Verhältnisse der Volks-
schule genötigt sein werden.
Ein Beitrag zur Frage fiber die Anwendung der staubbindenden
Fu&bodenöle für Schnlräume.
Von
H. SCHMEEL,
Oberlehrer der Mittelschule für Mädchen zu Darmstadt.
Bei allen denen, welche bis jetzt Erfahrungen mit dem Dustlessöl,
das von allen staubbindenden Ölen in erster Linie in Betracht kommt,
zu machen Gelegenheit hatten, herrscht darüber vollkommene Über-
einstimmung, daüs in ihm endlich ein Mittel gefunden worden ist,
welches in einer geradezu staunenerregenden Weise den Staub wirklich
bindet und die Staubentwicklung auf das geringste Mais beschränkt.
Die Ergebnisse der exakten Versuche, welche B.£I0HENBACH in No. 7
dieser Zeitschrift, Jahrgang 1902, veröffentlichte, bestätigten das nur,
was schon der blolse Augenschein lehrt, daCs nämlich auf einem nicht
geölten Fufsboden der Staub bei jedem Besenstrich in einer mäch-
tigen Wolke emporwirbelt, während auf einem geölten und noch ge-
nügende Feuchtigkeit besitzenden Boden von einer Staubbildung so
622
gut wie nichts wahrznnelimeii ist. Darum gebietet es auch allein
schon die Bücksicht auf die Gesundheit des Schuldieners oder Pedellen
und der anderen mit der regelmäfsigen Reinigung der Sohulräume
betrauten Personen, dafs der weitgehendste Grebrauoh von den staub-
bindenden Ölen gemacht wird. In der Tat denkt man auch in der
Begel in erster Linie an diese die Reinigung der Sohulräume weniger
gesundheitsschädlich machende und nebenbei bedeutend erleichternde
Wirkung des Dustlessöls gegenüber der Anwendung von Sägespänen
und dergleichen Mitteln. Weniger deutlich ist man sich dagegen
meiner Erfahrung nach des Vorteils bewufst, welchen der Ölanstrich
für die die ünterrichtsräume benutzenden Personen, also für die
Lehrer und Schüler, besitzt. Und doch ist gerade diese Frage von
der gröJsten Bedeutung; denn es ist nicht einerlei, ob wir uns in
einer nach Möglichkeit staubfrei gemachten Luft vier bis sechs
Stunden am Tage aufhalten, oder ob wir unser Tagewerk in einem
Baume zu verrichten haben, von dem wir wissen, obgleich wir es
nur beim hellsten Sonnenschein wahrzunehmen vermögen, da/s er mit
Staub von allerlei Herkunft erfüllt ist.
Die Ergebnisse nun, welche Rbichenbagh in Beziehung auf
diesen Punkt in der dritten Tabelle des angezogenen Aufsatzes ver-
ö£Fentlichte, sprechen zwar zu Grünsten des Dustlessöls, jedoch
lange nicht in dem Mafse, wie die Zahlen, welche die beim
Kehren der Bäume aufgefangenen Staubmengen veranschaulichen.
Für die Leser, welche nicht in der Lage sind, jene Zahlen im
Original nachzusehen, lassen wir sie hier nochmals im Auszug folgen.
Es wurden in dem Auditorium I mit geöltem Fuisboden nach Ablauf
einer gewissen Zeit auf den ausgelegten Platten gefunden: 240, 134,
153 und 86 Keime gegen 360, 186, 173 und 181 in dem Audi-
torium III mit nicht geöltem Fuisboden.
Im Hinblick auf diese Zahlen möchte ich der Meinung Aus-
druck verleihen, dafs sich meinen Erfahrungen nach die Wirkung
des Dustlessöls während der Unterrichtszeit in den bei weitem meisten
Fällen sicherlich in viel höherem Mafse geltend macht, als dies nach
den KfiiGHENBACHschen Feststellungen erwartet werden kann.
Zunächst besteht ein grofser Unterschied darin, ob sich in dem
Schulgebäude nur Erwachsene oder Kinder bewegen, femer — ob
es männliche Personen sind oder weibliche, mit zum Teil schon den
Boden berührenden Kleidern, und endlich — ob sich in dem Hause
500, 800 oder gar ] 000 und noch mehr Kinder in verhältnismäfsig
engen Räumen, wie Sälen, Treppen und Gängen, zusammendrängen.
628
oder ob ein ebenso geräumiges Hans von bedeutend weniger Menschen
benutzt wird. Letzteren Fall aber haben wir meines Eraohtens in
den Beispielen vor uns, welche uns Beiohenbaoh gibt; denn in dem
einen Saal zählte er 28 und in einem zweiten Saal gar nur 17 Hörer,
während in Sohulsälen von 76 qm Bodenfläche 50, 60, 70 und noch mehr
Kinder untergebracht werden müssen. Wenn man sich nun die Auhe
vergegenwärtigt, welche während einer Vorlesung herrscht, und
andererseits an die Bewegungen denkt, welche eine Kinderschar
selbst während des Unterrichts ausführt, teils infolge der natürlichen
Unruhe der Kinder, teils bedingt durch das Unterrichtsverfahren,
das bald das Erheben und wieder Setzen der ganzen Klasse, bald,
und zwar fortwährend, dasselbe von einzelnen Schülern verlangt, wozu
noch das schnelle und flüchtige Heraustreten einzelner oder mehrerer
Schüler zugleich an die Wandtafel oder die Wandkarte kommt, so
muis ohne weiteres einleuchten, dals unter diesen Verhältnissen der
Staub auf dem Fufsboden in ganz anderer Weise in seiner Buhe
gestört wird, als da, wo ein Saal nur von einer geringen Zahl
erwachsener Schüler oder Studenten besetzt ist.
Wenn nun gar die Insassen des Schulsaales halberwachsene
Mädchen sind mit weit herunterreichenden Kleidern, so wird bei
jeder einigermafsen lebhaften Bewegung, also beim Aufstehen und
Niedersitzen, beim Hin- und Hereilen zwischen den Bankreihen u. s. w.
jedesmal eine so starke Luftbewegung hervorgerufen, dais der Staub
an den betreffenden Stellen des Fulsbodens unbedingt aufgewirbelt
wird. Es konnte darum auch gar nicht ausbleiben, dals wir vor
Anwendung des Dustlessöls in unserer Schule schon nach Verlauf
von zwei und drei Stunden auf den schwarzlackierten Tischen und
Pultplatten eine graue Staubschicht liegen sahen, die uns hinlänglich
Gelegenheit zu Schreibübungen bot. Um unter diesen Umständen
bei dem Beginn des Nachmittagsunterrichts einigermafsen saubere
Schulgeräte zu haben, war die Frau des Schuldieners genötigt, in
der Mittagszeit sämtliche Säle mit dem Wischtuch in der Hand zu
durchwandern und den Staub wenigstens von dem Lehrerpult zu be-
seitigen. Wir Lehrer an Mädchenschulen haben es deshalb mit be-
sonderer Freude zu begrüfsen, dafs die Stadtverwaltungen die nicht
unerheblichen Kosten daran wenden, um die Staubentwicklung nach
Möglichkeit zu bekämpfen, und zwar einmal aus gesundheitlichen,
zum anderen aber auch aus erziehlichen G-ründcD.
Mit Zahlen kann ich nach dieser Bichtung hin nun persönlich
nicht dienen, allein ich bin dessen sicher, dafs exakte Versuche, wie
624
sie Reichekbach beschreibt, und unter Verhältnissen angestellt, wie
ich sie geschildert habe, die Tatsachen der Erfahrung nur bestätigen
würden. Wir Lehrer aber müssen grofsen Wert darauf
legen, dafs der Wert des Dustlessöls als eines Mittels,
der Staubentwicklung unter allen Umständen, besonders
auch während des Unterrichts, entgegenzuwirken, ziffer-
mäfsig recht bald nachgewiesen werde; es wäre sonst nicht
ausgeschlossen, dafs der immerhin ganz erheblichen Kosten wegen
seine Anwendung dennoch eingestellt würde, und zwar ist dies um
so mehr zu befürchten, als die von Reichei^bagh gefundenen Zahlen
eine gewisse Berechtigung dazu geben würden. Durch diese Zeilen
möchte ich nun dazu berufene und befähigte Kräfte veranlassen, so
bald wie möglich ihre Untersuchungen in vollbesetzten Schulklassen,
vor allem in Mädchenklassen, anzustellen und deren Ergebnisse
weiteren Kreisen zugänglich zu machen. Dafs sie zu Gunsten der
staubbindenden Öle ausfallen werden, läist mich auch die Bemerkung
jener Stettiner Lehrerin erhoffen, die da meinte, sie habe noch nie
in solch staubfreien Zimmern unterrichtet, wie in solchen mit geölten
Fuisböden (s. diese Zeitschrift 1902, No. 7). Dieses BewuÜstsein ist
es auch, welches meine Lehrerinnen, deren ich 19 zähle, die leider
nicht wegzuleugnende Tatsache erträglich finden läfst, dafs die Kleider
auf den frisch gestrichenen Fufsböden ölfieckig werden. Dm diesem
Übelstand übrigens soweit als möglich zu begegnen, lasse ich die
Fläche, anf welcher der Lehrerinnenstuhl aufgestellt wird, nicht mehr
streichen, so dafs allenfalls nur noch der Saum eines nicht fuisfreien
Elleides befleckt werden kann.
II.
Meine zweite Bemerkung, die ich im Interesse der guten Sache
zu machen nicht unterlassen will, bezieht sich auf einen sowohl von
Bjqichenbach als auch von Rühl in dem angezogenen Aufsatz be-
rührten Mifsstand, den die Anwendung der staubbindenden Öle
im Gefolge haben soll. Jener behauptet, der geölte Fufsböden be-
komme mit der Zeit durch den sich auf der Ölschicht festsetzenden
Schmutz ein schlechtes, weil unsauberes Aussehen, und Bühl hat
weiter gehört, daCs sich diese Schmutzkruste nur unter Anwendung
von Stahlbürsten mit ziemlicher Mühe entfernen lasse. Ich bin dem-
gegenüber der Meinung, dafs man es zu einer solchen Krusten-
bildung überhaupt nicht kommen lassen darf; dabei blicke
ich auf eine dreijährige Erfahrung zurück. Im Januar 1900 wurde
625
nämlioli der erste Versnob mit Dostlessöl in meiner Schnle gemacht,
indem ein Saal probeweise damit gestrichen wnrde. Diese Probe,
sowie alle diejenigen, welche zu gleicher Zeit in den anderen hie-
sigen Schnlhänsem angestellt worden, fielen so günstig aas, dafs die
bis dahin übliche, jährlich einmal erfolgende Tränknng der Fnisböden
mit gewöhnlichem Leinöl in Wegfall kam nnd an ihre Stelle der
Anstrich mit Dostlessöl trat. Die eingeholten Gutachten ergaben
jedoch, dafs ein einmaliger Anstrich für ein Jahr nicht ausreichend
sei, und so wurde deun im Jahre 1902 eine zweimalige Ölung vor-
genommen, und zwar erfolgte die erste im Monat Juli während der
Sommerferien und die zweite im Oktober zur Zeit der Herbstferien.
Trotz des dreimaligen Anstrichs sämtlicher Böden ist aber eine
Krustenbildung nicht zu stände gekommen. Dies erklärt sich daraus,
dais die Fnisböden, wie es die Dienstordnung für die Schuldiener
von jeher vorschreibt, jährlich drei- oder viermal mit Wasser gründ-
lich gereinigt wurden. Bei dieser Arbeit wird heifses Wasser
verwendet, dem etwas Soda oder Seifenpulver oder Waschbrühe,
wenn sie in der Haushaltung des Schuldieners gerade vorhanden ist,
zugesetzt wird. Jeder Zug mit dem guten und festaufgelegten Wisch-
tuch nimmt alles, was auf dem Boden haftet, unbedingt mit fort,
freilich auch den letzten Best des noch auf der Oberfläche der Dielen
vorhandenen Öls, so daJB nach erfolgter Reinigung von einer Staub*
bindung nicht mehr die Bede sein kann. Allein der Schaden ist
nicht so groüs, wie es auf den ersten Blick scheinen könnte, und
mehr als reichlich wird er durch den Vorteil aufgewogen, den ein
sauberer Fnisböden in erziehlicher Hinsicht für unsere Schülerinnen
hat. Zahlen mögen als Beweis dienen. Im Juli 1902 bedurften
wir zur Erneuerung des Anstrichs, der genau ein Jahr vorher zum
letzten Male ausgeführt worden war, von dem also so gut wie nichts
mehr vorhanden war, 180 Kilo Ol. Bei dem im Oktober darauf
erfolgten Anstrich reichten wir dagegen schon mit 80 Kilo aus,
trotzdem die beschriebene Wasserbehandlung der Arbeit voraus-
gegangen war.
Ich kann hiemach nur dazu raten, unser Verfahren mindestens
einmal zu versuchen. In ihm erblicke ich ein sehr einfaches Mittel,
die hälsliche Kjustenbildung im Keime zu ersticken und beträcht-
liche Ausgaben für deren endliche Beseitigung zu ersparen.
Was aber den ajlenfallsigen Mehraufwand an Öl betriffb, so
kommt derselbe, wie schon angedeutet, der Schule direkt zu gute,
und damit komme ich noch kurz auf die Zeit zu sprechen, für
626
welche sieh der Olanstrich wirklich in bemerkbarer Weise
erweist. Nach unserer Erfahrung sind es in vollbesetzten Klassen, also
solchen mit 50 bis 60 Schülern, höchstens zehn Wochen. Nach
Verlauf dieser Zeit müssen beim Kehren der Säle schon wieder
feuchte Sägespäne gestreut werden, um den Staub niederzuhalten.
Bei 40 Schulwochen im Jahre wäre mithin ein viermaliger Anstrich
erforderlich. Der erste hätte also in den Osterferien oder im Monat
April zu erfolgen, der zweite in den Sommerferien oder im Juli,
der dritte in den Herbstferien oder im Oktober und der letzte in
den Weihnachtsferien oder Ende Dezember. Die von mir angegebene
Wirkungsdauer weicht wesentlich von dem ab, was Reighenbach
und andere gefunden haben, allein es ist immer wieder daran zn
erinnern, daJs unsere Säle der Abnutzung in bedeutend stärkerem
Mafse ausgesetzt sind, als die Fufsböden in den Bäumen, in welchen
diese Männer ihre Beobachtungen angestellt haben.
Zur Statistik der Nervosität bei Lehrern.
I. Beitrag.
Von
Dr. Ralf Wichmann,
Nervenarzt in Bad Harzburg.
Vor einem Jahre wurde ich durch die bekannte Statistik des
Herrn Prof. Zimmeb über die Häufigkeit des Vorkommens von
Geisteskrankheit bei Lehrerinnen veranlafst, mittels Fragebogen eine
Umfrage über die Nervosität bei Lehrern und Lehrerinnen in Deutsch-
land anzustellen. Zu dem Zwecke versandte ich 10000 Fragebogen
an Lehrerinnen resp. Lehrerinnenvereine zur Verteilung und ver-
ö£Pentlichte einen Fragebogen in den Fachzeitschriften der Lehrer.
Bei dem Vorstande des Deutschen Volksschullehrervereins, Herrn
CiiAUSNiTZBB, fand ich dabei gröfstes Entgegenkommen. Ich be-
nutze deshalb diese Gelegenheit, dem genannten Herrn dafür bestens
zu danken. Dagegen verhielt sich der Vorstand des Deutschen
Lehrerinnenvereins in Berlin vollständig ablehnend und untersagte
den einzelnen Lehrerinnenvereinen, aus Furcht vor einem ungünstigen
Ergebnis der Untersuchung, die Verteilung und Beantwortung der
627
Fragebogen. Trotz dieses gegensätzlichen Verhaltens seitens des
Vorstandes des Deutschen Lehrerinnenvereins sind mir von circa
800 Lehrerinnen Antworten zugeschickt worden. Von den Lehrern
habe ich 305 Antworten erhalten. Ich danke bei dieser Gelegenheit
denjenigen Lehrern und Lehrerinnen, welche mir ihre beantworteten
Fragebogen sandten, und will nunmehr die statistischen Ergebnisse
mitteilen, welche jene 305 Antworten der Lehrer geliefert haben.
Vielleicht wird hierdurch eine grö&ere Statistik später einmal von
anderer Seite angeregt.
Der Fragebogen, mit welchem ich mich in No. 8 der „P&2a-
gogischen Zeitung'^ vom 20. Februar 1902 an die Lehrer wandte,
lautet folgendermaisen:
Fragebogen.
(Die den Fragen entsprechend numerierten Antworten bittet
Dr. med. B. Wighmann, Nervenarzt in Harzburg, im frankierten
Briefe an ihn zu senden.)
1. Konfession? 2. Verheiratet? 3. Sind oder waren Nerven-
oder Geisteskrankheiten a) bei Ihrem Vater? b) bei Ihrer Mutter
c) bei Ihren Geschwistern? 4. Waren Sie bis zu Ihrem Lehrer-
examen gesund? Eventuell woran litten Sie? 5. Litten Sie vor
oder während des Lehrerezamens an nervösen Beschwerden? 6. Wie
alt waren Sie bei beendigtem Lehrerezamen? 7. Blieben Sie nach
dem Lehrerezamen bis jetzt dauernd gesund? Eventuell a) woran
erkrankten Sie? b) Wie lange Zeit nach dem Ezamen? 8. Haben
Sie für Angehörige mit zu sorgen? 9. Wie lange sind Sie im
Schuldienst (öffentlichen und privaten)? oder erteilen Sie nur Privat-
unterricht? 10. Wie viel Stunden Privatunterricht erteilen Sie jetzt
wöchentlich neben Ihrem Schulunterricht? 11. Wie viel Kinder
haben Sie seit Ihrer Anstellung im Durchschnitt in der Klasse
unterrichtet? 12. Wie viel Zeit verwenden Sie täglich auf Korrek-
turen und Schulvorbereitung? 13. Wie viel Stunden würden Sie
täglich, ohne selbst zu ermüden, dauernd unterrichten können?
14. Haben Sie die Ferien bereits ein- oder mehrmals aus Gesund-
heitsrücksichten verlängern lassen müssen? 15. Haben Sie den
Unterricht wegen nervöser Beschwerden aussetzen müssen? 16. Leiden
Sie an Angstzuständen? Zwangsgedanken? Kopfdruck? Herz-
klopfen? 17. Haben Sie sonst Vorschläge oder Mitteilungen zu
machen ?
Wohnort : Name :
628
Die 305 Lehrer, welche diesen Fragebogen beantworteten, ver-
teilen sich über ganz Deutschland. Ein Fragebogen ist nur sehr
unvollständig beantwortet, indem er nur die eine Frage 17 zum
Gegenstande hatte.
Der Konfession nach verteilen sich die 305 Antworten auf
Protestanten (evangelische, lutherische und refor-
mierte zusammen genommen) 243
Elatholiken 57
Israeliten 4
Ohne Angabe 1
Von den 305 Lehrern sind 250 verheiratet, davon 6 verwitwet,
und 53 sind ledig. In 2 Fällen wurde nichts hierüber angegeben.
Yon den 305 Lehrern sind ganz gesund 46, also 15 %. Als krank
sind also 259 oder 85% zu betrachten.
A. Die 46 gesunden Lehrer.
Die 46 gesunden Lehrer verteilen sich auf die einzelnen Kon-
fessionen wie folgt:
Protestanten . . 31
Katholiken ... 15
Israeliten 0
Von ihnen sind 37 verheiratet, darunter zwei verwitwet. Unter den
4^ Lehrern kommen Nerven- oder Geisteskrankheiten in der Familie
vor 1 mal bei beiden Eltern, 4 mal bei Geschwistern. Von den
46 Lehrern hatten 6, d. i. 13%, vor ihrem Lehrerexamen schwerere
Krankheiten durchgemacht^ nämlich Gehirn- und Brustentzündung
vor dem 7. Lebensjahre; Brustfellen tzündung; Typhus; Lungen-
entzündung und Kinderkrankheiten; Fufsgeschwulst. Bei 40 von
ihnen ist angegeben, dafs sie bis zu ihrem Lehrerezamen gesund
waren. 43 ==• 94% gaben an, dafs sie vor und während des
Lehrerexamens nicht an nervösen Beschwerden gelitten haben. Von
den übrig bleibenden drei ist folgendes zu sagen. In den Familien
dieser drei sind Nerven- oder Geisteskrankheiten nicht vorgekommen.
Der erste von ihnen schreibt: „Während meiner Studienzeit litt ich
mitunter an einseitigem Kopfschmerz. Dieser trat dann ein, wenn
ich mich abends überarbeitete. Es folgte dann in der Hegel eine
schlaflose Nacht und am folgenden Morgen einseitiger Kopfschmerz.
Dieser hielt den ganzen Tag an und wich erst nach einer guten
Nacht. Seitdem ich Lehrer bin, hat sich mein Körperzustand der-
artig gebessert, dafs ich auch abends angestrengt arbeiten kann, ohne
629
dalfl das Leiden auftritt^. Er gibt deshalb an, daiÜs er nach dem
Lehrerexamen bis jetzt dauernd gesnnd geblieben ist. Er ist seit
13 Vs Jakren im Sohnldienst angestellt, ledig, hat für Angehörige
nicht zu sorgen, erteilt 4 Stunden Privatunterricht^ unterrichtet
60 Kinder im Durchschnitt, bereitet sich Vt Stunde täglich vor,
glaubt täglich 6 Stunden, ohne zu übermüden, Unterricht erteilen zu
können und hat nie den Unterricht aus Gesundheitsgründen aus-
gesetzt. — Der zweite gibt an: „Seit bestandeDem Typhus Anlage
zu starken Kopfschmerzen, die sich heftig zeigten bei der Vor-
bereitung zum Examen **. Er. ist seit dem Lehrerexamen gesund;
seit 6 Jahren im Schuldienst angestellt, verheiratet, muls für
Angehörige sorgen, gibt 3 Stunden Privatunterricht, unterrichtet
50 Kinder, bereitet sich 2 Stunden lang täglich für die Schule vor,
glaubt 3 Stunden ohne Übermüdung geben zu können und hat den
Unterricht aus Gesundheitsrücksichten noch nicht ausgesetzt. — Der
dritte Lehrer schreibt auf die Frage: Litten Sie vor oder während
des Lehrerexamens an nervösen Beschwerden? einfach „ja". Er
bejaht aber die weitere Frage: Blieben Sie nach dem Lehrerexamen
bis jetzt dauernd gesund? und hat auch bei Frage 16 nicht über
Angstzustände, Zwangsgedanken, Kopfdruck und Herzklopfen zu
klagen. Er ist verheiratet, hat aber nicht für weitere Angehörige
zu sorgen; ist seit 6 Jahren im Schuldienst, gibt 2 Privat-
stunden wöchentlich, unterrichtete in den ersten 4 Jahren durch-
schnittlich 15, in den letzten 2 Jahren 82 Kinder, verwendet
1 Stunde täglich auf Schulvorbereitung und glaubt 4 Stunden täg-
lich ohne Übermüdung unterrichten zu können.
Diese 3 Lehrer erscheinen somit als prädisponiert zur späteren
Erkrankung an Nervosität. Sie sind aber glücklicherweise gesund
geblieben. Vielleicht erklärt sich letzteres daraus, dafs alle drei
noch nicht sehr lange im Schuldienst sind, zwei von ihnen 6,
einer 137^ Jahre lang, und dafs ihr Schuldienst mit im Durchschnitt
60, 50 und sogar nur 15 (später erst 82) Kindern nicht allzu an-
strengend gewesen zu sein scheint. Derjenige von ihnen, welcher
am längsten, 13 Vs Jahre, im Schuldienst ist, ist ferner ledig und hat
für Angehörige nicht zu sorgen. Alle drei erteilen wenig Privat-
unterricht und bereiten sich nur kurze Zeit, V^ — 1 — 2 Stunden täg-
lich, auf die Schule vor. Somit ist das Milieu, in dem diese drei
Lehrer leben und wirken, anscheinend nicht von ungünstigem
Einfluls auf sie.
Alle 46 Lehrer beantworten die Fragen 7 und 16 dahin, daüs
1
I
630
sie naoh dem Lehrerexamen bis jetzt dauernd gesund geblieben sind
und auch jetzt nicht an Angstzuständen, Zwangsgedanken, Kopf-
druck, Herzklopfen oder anderen Beschwerden leiden. Keiner von
ihnen hat aus Gesundheitsrücksichten die Ferien verlängert oder
seinen Unterricht aussetzen müssen. Von den 46 Lehrern haben
26, d. i. 56%, für Angehörige zu sorgen. Es sind von ihnen im
Schuldienst angestellt:
2 Lehrer 1 — 5 Jahre lang
14 , 6-10 „
9 „ 10-16 „ „
8 , 15—20 « ^
5 „ 20-26 „ „
5 „ 25-30 „ „
1 „ 30—36 „
0 „ 36-40 ,
1 „ 40-46 „ „
Von einem Lehrer ist keine Angabe hierüber gemacht.
Es unterrichten von ihnen im Durchnitt:
2 Lehrer 20— 30 Schüler
1 „ 30- 40 „
10 „ 40— 60 „
16 „ 50— 60 „
6 „ 60— 70
9 „ 70- 80 „
2 „ 80— 90
1 „ 100—110
Derjenige Lehrer, welcher bis zu 110 Kinder unterrichtet, gibt leider
nicht an, wie lange er im Schuldienst tätig ist.
Von den 46 Lehrern verwenden täglich auf Korrekturen und
Vorbereitung:
14 Lehrer bis zu 1 Stunden
22 „ „ „ 2 „
9 4.
Einer bereitet sich überhaupt nicht vor, und einer ist emeritiert.
Es erteilen von den 46 Lehrern Privatunterricht pro Woche
insgesamt 26 Lehrer, d. i. 66%, und zwar:
bis zu 2 Stunden 6 Lehrer
4 8
631
bis zu 8 Stunden 4 Lehrer
» » 12 ^ 1
Anfserdem unterrichtet einer seinen eigenen Sohn. Von den 2
Lehrern, welche 6 Privatstunden erteilen, tut dies der eine nur
während des Winters.
Diese 46 Lehrer würden ihrer Ansicht nach, ohne zu ermüden,
tftglich folgende Stundenzahl geben können:
1 Lehrer bis zu 3 Stunden
13
»
»
n
4
tf
5
n
n
w
5
n
16
w
tf
n
6
n
2
j>
n
»
7
n
6
D
n
n
8
n
Ein Lehrer gibt aufserdem sonderbarerweise an, dais er durch
das Unterrichten überhaupt nicht ermüdet. Er fügt seiner Antwort
die Worte bei, „die Kinder sind aber froh, wennn sie den Sohulstaub
hinter sich lassen können^. Dieser Lehrer ist seit 27 Jahren im
Schuldienst tätig. Er unterrichtet 75 Kinder im Durchschnitt und
gibt nur im Winter 6 Stunden Privatunterricht; er verwendet täg-
lich Vs Stunde auf Sohulvorbereitung. Er fügt noch weiter bei
Frage 17 den Wunsch hinzu, „dais die Stunde von 3—4 des Nach-
mittags wegfällt, weil der Unterricht nach 5 Schulstunden doch ohne
jeglichen Nutzen ist, wohlverstanden, nicht meinetwegen, sondern der
Kinder wegen ^. Noch bemerkenswert wäre, dafs von den anderen
Lehrern einer einen Unterschied macht zwischen der Stundenzahl,
die er, ohne zu übermüden, im Sommer, und jener, die er im Winter
geben kann; er gibt an, im Sommer seien es 5, im Winter
6 Stunden. Ein weiterer Lehrer führt wohl mit Becht bei dieser
Frage 13 aus, dafs es ganz darauf ankommt, was und wo man zu
unterrichten hat. „Auch ist unterrichten und unterrichten zweierlei.
Wenn mancher auf dem Katheder sitzt und lesen und schreiben
läfst, so bezeichnet er dies wohl auch als unterrichten. Das könnte
man ganz gut 12 Stunden täglich und für die Dauer aushalten. Im
letzten Winter habe ich täglich 5 Stunden unterrichtet, d. h. nach
bestem Wissen und Können, aufserdem täglich meinen Jungen
2 und 4 Stunden in der Fortbildungsschule. Wenn ich an manchen
Schnlgesundheiispflege. XVI. 33
632
Tagen von 8 — 12 und von 1 — 3 in der Schule nnterriohtet hatte
nnd von 7^8 — VslO Uhr abends in der Fortbildungsschule, dann
war ich ermüdet. Täglich 6 Stunden dürften wohl für mich das
Maximum sein, d. h. in den jetzigen, besten Lebensjahren^. Dieser
Lehrer unterrichtet durchschnittlich 60 Kinder auf der Mittelstufe
und ist seit 16 Jahren im Schuldienst. £r hat aufser für Frau
und ein Kind für niemand zu sorgen.
(Fortsetzang folgt.)
2.ns ))(rfainiitltttt0(tt uitlt ^tttxntn.
Die IV. Jahresyersammlung
der Schweizeriichen QeselUchaft fttr Schnlgesundheitopflege
am 16. und 17. Mai in Schaffhausen.
Von
Dr. med. Kraft -Zürich.
Kurz vor der Tagung des Allgemeinen Deutschen Vereins für
Schulgesundheitspflege in Bonn hielt die Schweizerische Gesellschaft
für Schulgesundheitspflege ihre Zusammenkunft in Schaffhausen ab.
Für die diesjährige Versammlung unserer Gesellschaft stand auf der
Tagesordnung des ersten Tages das Thema:
Die Schalbäder.
Sowohl Zahl als Auswahl der Beferenten — ein Techniker,
ein Arzt und ein Schulmann — liefsen darauf schliefsen, da& man
das Thema erschöpfend behandeln wolle. Zuerst kam der Techniker
in der Person des Ligenieurs Paul LiNCKE-Zürich zum Wort. Er
vertritt die Ansicht, dafs Brausebäder für Schulbadeinrichtungen
am geeignetsten seien. Am vorteilhaftesten ist die Anlage im Elrd-
geschois. Offene Brausen sind besser ab geschlossene, weil die
Aufsicht leichter ist und die Kosten geringere sind. Die Brausen
sollen in 1 — 1,4 m Distanz von einander stehen, der Wasserstrahl
den Körper des Kindes nicht senkrecht, sondern schief treffen.. Für
die Badezeit mit An- und Auskleiden berechnet der Keferent per
633
Kopf 20 Minuten. Um 60 Schüler in einer Stunde besorgen zu
können, müssen deshalb 20 Brausen vorhanden sein. Der Mischhahn
muCs so konstruiert sein, dafs sich die Kinder nicht verbrühen kennen.
FuTsboden und Decke sollen aus gutem Material hergestellt werden.
Der Ventilation und Kanalisation ist besondere Aufmerksamkeit zu
schenken. Die Temperatur im Baderaum soll 22 Grad betragen,
und das Wasser die Brause mit einer Temperatur von 35 Grad ver-
lassen; diese Temperatur kann gegen Ende der individuellen Bade-
zeit auf 20 Grad erniedrigt werden. Zeichnungen und Pläne ver.
anschaulichten die mündlichen Ausführungen.
Die hygienische Seite der Frage erörterte der Polizeiarzt Ost-
Bem. Er trat für die Schulbäder ein, weil Reinlichkeit eine der
ersten Forderungen praktischer Gesundheitspflege ist. Die Hautpflege
gewährleistet eine richtige Tätigkeit der Haut und der in ihr befind-
lichen Organe, wie der Schweifs- und Talgdrüsen; sie hindert die
Ansammlung von Schmutz auf der Hautoberfläche und beugt damit
der Ansiedlung krankhafter Sto£Fe vor, die zu Blutvergiftungen und
anderen Erkrankungen Anlafs geben. Bäder wirken auch reizend
auf die Haut, steigern die Tätigkeit der Blutgefäfse, üben so das
Wärmeregulierungsvermögen der Haut und fördern den Stoffwechsel,
wodurch schädliche Stoffe rasch aus dem Körper entfernt, bessere
zugeführt werden. So steigt die Leistungsfähigkeit des Körpers im
allgemeinen. Nicht zu unterschätzen ist aber auch die erzieherische
und soziale Bedeutung der Schulbäder. In ersterer Hinsicht wirken
sie günstig durch Bekämpfung falscher Prüderie, in letzterer Hinsicht
durch Übertragung des Reinlichkeitssinnes in die Familie. In An-
betracht der greisen Wichtigkeit sollten Schulbäder in allen Volks-
schulen, auch auf dem Lande, durchgeführt und im Sommer wie
Winter betrieben werden, immer unter tunlicher Berücksichtigung
der ökonomischen Mittel der Gemeinden. Dauer und Form der
Bäder, Temperatur derselben und der Baderäumlichkeiten sind strenge
zu bestimmen, und der Vollzug der Bestimmungen stets zu über-
wachen. Nach dem Bade sollen die Kinder nicht sofort ins Freie
treten, sondern mindestens eine halbe Stunde in den Schulzimmem
zurückgehalten werden. Allzu greise Ängstlichkeit, wie sie manchmal
noch die Lehrer den Schulbädern entgegenbringen, weil sie die Ver-
antwortung denEltem gegenüber fürchten, ist jedoch hiernichtamPlatze^
namentlich wenn man mit dem Reinlichkeitszweck den Abhärtungs-
zweck verbinden will. Das Hauptgewicht ist darauf zu legen, dais
beim Baden individualisiert werde. Man wird deshalb schwächliche,
33^
634
kränkliche und krankheitsverdächtige Kinder vom Bade anssohlielsen.
Die gesunden Kinder dagegen sind stets zum Baden anzuspornen.
Inspektor Tüchschmid- Basel trat auf Grund persönlicher Er-
fahrungen insbesondere ein für den erzieherischen Wert der Bäder
und schilderte den Einflufs derselben auf das Geistes- und Gemüts-
leben der Kinder. Dieselben treten frischer, angeregt, geweckter, in
fröhlicher Stimmung, mit vermehrter Aufnahmslust und Aufnahms-
fähigkeit an den Unterrichtsstoff heran ; die Schulbäder wirken aber auch
zurück auf das Haus, besonders auf die Mutter. Beim Baden zeigt sich
erst, wie grofs oft die Vernachlässigung ist, wie man verstöist gegen
die gewöhnlichsten Bügeln der Beinlichkeitspflege ; da tritt der
Schmutz, der am Körper und in den Kleidtmgsstücken haftet, offen
zu Tage, und man erfahrt, dals es recht viele Kinder gibt, die jahr-
aus, jahrein mit Seife und Bürste keine Bekanntschaft machen. Aber
das Schamgefühl wird geweckt, und die Fürsorge für Kleidung und
Beinlichkeit eine bessere; die Schule erzieht das Haus. So wichtig
aber das Schulbad ist, eine Zwangsinstitution soll es nicht werden.
Die Beteiligung am Bade sinkt zwar mit der Höhe der Schulstufe,
was bedauerlich ist; doch geschieht es aus den verschiedensten
Gründen. Da ist malsgebend Prüderie, dort allzu groise Ängstlich-
keit der Mutter, ihircht vor ansteckenden Krankheiten und vor Ver-
unreinigung, oder es ist eigene Badegelegenheit im Hause vorhanden.
Diesen Verhältnissen wird man Rechnung tragen und, statt durch
Zwangsmalsregeln, auf dem Wege der Belehrung Vorurteile besiegen
und die Teilnahme am Bade zu einer möglichst allgemeinen machen.
So wünschenswert es wäre, den Eandem die Badegelegenheit mög-
lichst häufig zu verschaffen, stecken doch die Bücksichten auf das
Badepersonal, das in der Begel noch anderweitig in Anspruch ge-
nommen wird, eine gewisse Grenze. Täglich badet infolgedessen in
Basel nur eine Klasse. Die Kosten betragen pro Kind Frcs. 2.40; eine
Douche kommt auf 18,6 Ots. zu stehen. Im Jahre werden 50000
Douchen verabfolgt; aber die Bevölkerung betrachtet die Auslagen
für das Schulbaden als ein gut angelegtes Kapital, als ein wertvolles
Glied in der Kette sozialer 'Wohlfahrtseinriohtungen, die der Staat
dem Volke schuldig ist. Kein Schulhausneubau volkreicher Ge-
meinwesen sollte mehr ohne Schulbad erstellt werden.
In der Diskussion wurden die Anschauungen und Forderungen
der Beferenten im allgemeinen gebilligt. Der Ausspruch des Ref.
LiNCKE, dals die Badeinrichtung am vorteilhaftesten im Erdgeschosse
angebracht werde, stiels allerdings auf gerechtfertigten Widerspruch.
635
Aach wurde dem Ref. Tüohsohmid gegenüber darauf hingewiesen,
dafs man kanm den Badezwang kurzweg zurückweisen dürfe.
Schlieüslich wurde der zeitgemäüse Wunsch ausgesprochen, es möchten
die Gemeinden arme Kinder aus öffentlichen Mitteln mit Leibwäsche
and Kleidung versorgen; denn gewifs sei recht häufig das nackte
Elend an einer kraus zu Tage tretenden Yemaohlässigung schuld.
Eine angenehme Abwechslung nach den theoretischen Aus-
führungen des Vormittags brachte uns der Nachmittag, der der An-
schauung praktischer Erziehungsmethode gewidmet war. Am Ufer
des Untersees, zwischen Steckbom und Mammem, angelehnt an einen
waldigen Bergrücken, versteckt in Obstbäumen, liegt das „Land-
erziehungsheim Glarisegg^ der Herren Fbet und Zübebbühleb.
Landerziehungsheime sind auch in Deutschland keine unbekannte
Erscheinung. Ein deutscher Erzieher, Dr. Hebmank Lietz, holte
die Idee derselben von England herüber ins eigene Heimatland und
gab ihr praktiache Gestalt in den beiden Heimen Ilsenburg im
Harz und Haubrida in Thüringen. In diesen Anstalten gewannen
die beiden obengenannten Schweizer Freude an der neuen Erziehungs-
methode, die sie nunmehr selbständig erproben wollen. Das Ziel
hoffen sie zu erreichen durch zweckmäTsige Verbindung von körper-
licher und geistiger Tätigkeit in der freien Umgebung des Land-
lebens, durch Entwicklung der natürlichen Begabung des Zöglings
nnd durch dessen Ausbildung zum gesunden, selbständigen Manne.
DaJB man diesen vorgesteckten ideellen Aufgaben wirklich gerecht
werden will, bewies der Anblick der gesunden, kräftigen, gemütlich
heiteren Kinderschar, die mit nackten Oberkörpern bei Wind und
Hegen auf dem offenen Felde das tägliche Arbeitspensum erfüllt, gestählt
gegen Einflüsse, denen man im allgemeinen die verzärtelten Menschen
der heutigen Zeit ohne Gefahr nicht aussetzen kann. Dafs man aber
mit rationeller Erziehung den Körper resistenzfkhiger zu machen im
stände ist, beweist der günstige Gesundheitszustand der Zöglinge
dieser Anstalt. Der Körperpflege dienen Douchen, Bäder im See
und im Hause, die zur Tagesordnung gehören. Doch wird über der
Körperpflege nicht etwa die Geistespflege vernachlässigt, wohl aber
liegt der Kernpunkt der Methode darin, die gesamte Ausbildung der
Zöglinge in dem Sinne harmonisch zu gestalten, dafs eine allseitige
Übung eine ausgiebige Erholung nicht ausschliefst. Vor allem sucht
man auch den praktischen Sinn zu wecken und den Tätigkeitstrieb
der Knaben in nützliche Bahnen zu leiten, wodurch das Interesse
636
an der Tätigkeit gefördert wird ; das ist ein Teil der Erziehung, den
die heutige Zeit mehr als je verlangt. Aber auch der geistige
Arbeitsstofif soll nicht ausschliefslioh gedächtnismäTsig behandelt
werden, sondern vielmehr die Denktätigkeit anregen, indem die ein-
zelnen Fächer in einen gewissen inneren Zusammenhang gebracht
werden. Der Unterricht wirkt hierdurch anregeud und reizt den
Schüler an, den Zusammenhang menschlicher Geistesbildung und
Weltaufi*assung selbst zu suchen. Es ist das ohne Zweifel eine
Überwindung jener scholastischen Erziehungsmethode, welche dem
Gedächtnis mehr Becht einräumt als der denkenden Verarbeitung
der Sinneseindrücke und des Wissensmateriales. Wir haben also
hier jenen Typus einer harmonischen Erziehung vor uns, welcher
eigentlich allen denen vorschwebt, die es mit der Überbürdungsfrage
ernst nehmen. Allerdings ist der Lehrplan wesentiich anders, als wie er
heute noch im allgemeinen mehr oder weniger fabrikmäfsig hergestellt
wird. Der Vormittag dient der Pflege des Geistes; früh morgens steht
die Schülerschar auf, macht einen Dauerlauf von 600 bis 800 m;
im Sommer schliefst sich dem Dauerlauf das Seebad an, dann folgt
das Frühstück und hierauf der Unterricht. Derselbe dauert mit
kurzen Unterbrechungen bis um 11 Uhr, dann folgt das Mittagessen
und Freizeit bis IV« Uhr, und dann wird mit der Körperarbeit be-
gonnen. Der Nachmittag ist also der körperlichen Betätigung ge-
widmet. Fleifsig und emsig beschäftigen sich die Knaben in Feld
und Garten ; aber auch die handwerksmäfsige Tätigkeit wird gepflegt.
In einer Schreinerei wird rastlos gehämmert, gehobelt, gemessen. So
übt man das fein geordnete Spiel der Muskeln. Für Hausaufgaben,
die nicht fehlen, ist eine Stunde am Abend, im Sommer bei Tages-
licht, eingeräumt. Die übrige Zeit dient der freien Betätigung der
Schüler mit den Lehrern und Hausvorstehern. Das Anstaltsleben
ist zu vergleichen mit dem Leben einer groJsen Familie. Die alte
germanische Sippengemeinschaft ist in dieser Erziehungsgenossen-
schaft wieder aufgewacht. Aber auch die Räumlichkeiten sind dem
mehr naturgemäfsen ErziehuDgsplane angepafst, einfach und zweck-
dienlich. Manches mag dem verwöhnten Auge des modernen Weich-
lings allzu einfach erscheinen, manches sogar einer Kritik nicht ganz
standhalten, die durchaus nicht vom Weichlichkeitsstandpunkt ver-
blendet ist ; im grofsen Ganzen aber hat uns das Bild gefreut, das sich
uns hier darbot, insbesondere deshalb, weil es eine Bresche zu schiefsen
geeignet wäre in die bisherige Erziehungsmethodik. Allerdings dürfen
die Hoffnungen in dieser Beziehung nicht allzu weit gespannt werden.
637
Haben doch schon bedeutende Erzieher: Rousseau, Pestalozzi,
Fellenbebo etc., den scholastischen Geist in der Erziehung nicht
gänzlich zu bannen yermocht. Nicht an Mangel an gutem Willen,
sondern an den äuTseren Verhältnissen wird es liegen, wenn die
Landerziehungsheime der Masse der städtischen Schulbevölkerung
vorderhand nicht zugänglich gemacht werden können. Ländliche
Verhältnisse sind eine Grundbedingung für diese Anstalten ; wo aber
nehmen wir in grofsen Städtezentren die ländlichen Verhältnisse her?
Der Privatbetrieb ist teuer, weil geeignete Landstücke und Einrich-
tungen viel Geld kosten. Deshalb wird der reiche Mann im wohl-
verstandenen Interesse diesen Anstalten eine grofse Sympathie ent-
gegenbringen und sich für seine Kinder eine solche harmonische
Erziehung zu verschaffen suchen; für den gröiseren Teil des Volkes
aber können diese Landerziehuugsheime der Kosten wegen als Er-
ziehungsinstitute nicht in Frage kommen. Doch darf darauf hin-
gewiesen werden, dafs für die Erziehung auch dieses Teils der
Bevölkerung schon viel gewonnen wird, wenn die Ideen der Land-
erziehungsheime sich in unserem TJnterrichtswesen Eingang ver-
schaffen. Bereits ist ja der Handfertigkeitsunterricht zum Bestand-
teil der Erziebungstätigkeit geworden. Das ist zu begrüfsen, wenn
auch die Vorteile einer auf rationeller Basis ruhenden Anstalt nur
zum geringeren Teile damit erreicht sind. Landerziehungsheime als
Volksinstitution werden aber diese Anstalten erst, wenn es jedem
Bürger möglich ist, sein Kind in der Anstalt auf dem Lande er-
ziehen zu lassen. Vielleicht wird der Staat einst auch auf diesem
Felde eingreifen müssen.
Der zweite Tag der Jahresversammlung war wieder theoreti-
schen Betrachtungen gewidmet. Dr. Laubi, Ohrenarzt aus Zürich,
sprach über das Thema:
Ohrennntersnchiuigen in der Volksschule
an der fland recht anschaulicher Tafeln und statistischer Tabellen.
Nach ausführlicher Erörterung über den Aufbau und die normale
Tätigkeit des Gehörorgans wurden die wesentlichen Erkrankungen
und ihre Folgen mit Bücksicht auf das schulpflichtige Alter ge-
schildert und erwähnt, dafs an den Züricher Schulen durchschnittlich
10 — 14% der neu in die Schule eintretenden Kinder an Gehör-
störungen leiden. Letztere sind auf die verschiedensten Ursachen
zurückzuführen: Ohrpfröpfe, Entzündungsprozesse nach Infektions-
krankheiten, Schwellungen der BAchenmandeln kommen hier in Be-
638
traoht. Häufig ist der Tnbenkatarrh. Die G-ehörstönmgen schweren
Grades treten zurüok gegenüber den Gebörstömngen mittleren nnd
leichteren Grades. Etwa die Hälfte der Gebörstörungen kann geheilt
und ein grolser Prozentsatz der übrigen Fälle gebessert werden, wenn
eine richtige Behandlung eintritt. Aus diesem Grunde tritt der Befe-
rent für die Notwendigkeit der Ohrenuntersuchungen ein und stellt
folgende Grundsätze auf: Alle neu eintretenden Schüler der öffent-
lichen Schulen sind im Verlaufe der ersten Monate auf den Zustand
ihres Gehörs zu prüfen. Anormale Schüler sind durch den Ohren-
arzt zu untersuchen. Eine Wiederholung der Untersuchung ist nötig
bei Bepetenten und Schülern, die in die Spezialklassen eintreten
oder im Verlaufe des Jahres ansteckende Krankheiten durchgemacht
haben. Auf Grund der Untersuchungsergebnisse werden Eltern und
Lehrern die nötigen Anleitungen gegeben. Mit Rücksicht auf die
Beru&wahl wäre eine Untersuchung der Schüler beim Austritt aus
der Schule wünschenswert.
Die Thesen des Referenten fanden im allgemeinen Zustimmung
und wurden durch weitere Ausführungen gestützt. Ein im Verlaufe
der Diskussion aus der Mitte der Versammlung gestellter Antrag
auf wiederholte Untersuchungen der Ohren im Zeitraum eines Jahres
fand keine Mehrheit, obschon entschieden die Art und Weise, wie
Ohrenleiden innerhalb eines Jahres entstehen und vergehen können,
sowohl aus hygienischen wie aus pädagogischen Gründen den Antrag
rechtfertigt; es würden jedoch der Durchführung solcher Unter
suchungen sohulteohnische Schwierigkeiten im Wege stehen. Auf-
gabe der Lehrer ist es überdies, die Erscheinungen der Gehör-
störungen sich möglichst einzuprägen, um, wo es nötig ist, auch
während des Schuljahres geeignete Behandlung anzustreben; wo die
Schularztinstitution besteht, werden sich Schulärzte und Lehrer in
diese Aufgabe teilen. Eine praktische Forderung, die aus den Unter-
suchungen gefolgert wird, kam ebenfalls in einem Antrage zum Aus-
druck, nämlich die aus öffentlichen Mitteln bestrittene, also unent-
geltliche Behandlung armer ohrenkranker Kinder. Auch
diesen Antrag fand die Versammlung zu eingreifend, wobei wesentlich
ökonomische Rücksichten mafsgebend waren. Dafs aber eine prak-
tische Schulhygiene unter den heutigen Verhältnissen diese Konse-
quenz ziehen muis, ist sicher. Li Zürich haben sich übrigens einige
Ohrenärzte zur unentgeltlichen Behandlung armer ohrenkranker
Schulkinder verpflichtet. Über die Zahl der wirklich stattfindenden
derartigen Behandlungen ist eine Angabe nicht möglich.
639
Es folgte nunmehr ein Referat des Dr. Bobebt Kelleb, Rektor
in Winterthnr, über
Hygiene des Stundenplanes in Hittekchulen.
Dasselbe zeichnete sieh duroh Gediegenheit der Form mehr aus als
durch einen Inhalt von praktisch weittragender Bedeutung. Das
liegt allerdings weniger an der Person als an der Sache selbst, die
niemand, vielleicht der Pädagoge am wenigsten, am rechten Ende
anpackt. Man will den Lehrplan nicht modifizieren und
flickt deshalb immer an der Lektionsdauer herum. Immer-
hin gab sich der Referent Mühe, eine wissenschaftliche Grundlage
für seine Vorschläge zu bieten, wenn sie auch schon deshalb auf
etwas schwachen Füfsen steht, weil sie sich auf Untersuchungen
stützt, die der Referent selbst als unzuverlässig bezeichnete, was sie
auch tatsächlich sind. Der Vortragende ging nämlich aus von den
bekannten Versuchen über Ermüdung und entschlofs sich für die
„Rechnungsmethode'' als die zuverlässigste (Bestimmung der Anzahl
in einem bestimmten Zeitraum überhaupt gelöster und der in dem-
selben Zeitraum richtig gelöster Rechnungen). Er kam hierbei zu dem
von ihm graphisch dargestellten Resultate, dafs in der Mitte der
Stunde, der höchste Erfolg eintritt, während später die
Leistungsfähigkeit abnimmt. In vorsichtiger Weise drückt sich
nun der Referent so aus: Vorausgesetzt, dafs überhaupt derartige
Versuche beweiskräftig sind, kann man folgende Thesen gelten lassen :
In allen Klassen der schweizerischen Mittelschulen (Gymnasium,
Industrieschule) ist eine Verminderung der Zahl der wöchentlichen
Unterrichtsstunden anzustreben. Die Stundenverminderung soll durch
Reduktion der Lektionsdauer erzielt werden, indem in den Zeitraum
von vier Stunden fünf Lektionen verlegt werden, die durch Pausen
von 10 Minuten und eine mittlere Pause von 15 Minuten von einander
zu trennen sind. Als eigentliche Erholungspausen sollen zwei bis
drei schulfreie, keineswegs mit Hausaufgaben belastete Stunden
zwischen dem Vor- und Nachmittagsunterricht dienen. Die Grup-
pierung der Fächer nach den sogenannten Ermüdungswerten ist an
Mittelschulen unmöglich. Der Turnunterricht dient nicht der Er-
holung des durch geistige Arbeit Ermüdeten und ist zweckmäfsig auf
den Schlufs des Unterrichts am Vor- oder Nachmittag zu verlegen.
Die Thesen des Referenten wurden nicht ohne Opposition auf-
genommen und erlitten auch Abänderungen. Es wurde die Ansicht
ausgesprochen, dafs die ReorgaDisation des Stundenplanes im Sinne
640
der Anträge des Referenten auf grofse Schwierigkeiten stoüsen würde.
Nur bei schwacher Schülerzahl sei es möglich, an eine Reduktion
der Stunde auf vierzig Minuten zu denken, in grofsen Klassen sei
dies nicht denkbar. Besser wäre vielleicht eine Herab-
setzung des Jahrespensums; aber da gehe es wie bei den
Kriegsrüstungen: jeder erkläre, abrüsten zu wollen, aber
keiner finde das geeignete Mittel dazu. Kinder, welche
nicht die Fähigkeit hätten, um nach dem heutigen System in der
Mittelschule mitkommen zu können, und deren gebe es viele, sollten
sich eben einer passenderen Laufbahn zuwenden; nicht jeder könne
und brauche sich Mittelschulbildung anzueignen. Im übrigen hänge
es auch von der Individualität des Lehrers ab, ob der Unterricht
ermüdend sei oder nicht, je nachdem er denselben anregend zu ge-
stalten wisse oder nicht. Für die Reform Kellers könne man
eventuell eintreten, wenn die Freizeit richtig angewendet werde, und
die Schülerzahl einer Klasse nicht über 20 hinausgehe. Im weiteren
wurde mit Recht auf die Unmöglichkeit aufmerksam gemacht, aus
den vorhandenen Ermüdungsmessungen — diejenigen des Referenten
nicht ausgenommen — weitgehende praktische Schlüsse zu ziehen.
Auch werden die Pausen bei fünf Unterrichtsstunden in vier Zeit-
stunden zu gering, was nicht im hygienischen Interesse der Schüler
liege. Schliefslich wurde darauf hingewiesen, dafs die Ungleichheit
der Verhältnisse an den schweizerischen Mittelschulen einer Reform-
arbeit in hygienischem Sinne im Wege stehe; in dieser Hinsicht sei
Deutschland tatsächlich besser daran, weil es für seine Gymnasien
eine einheitliche Basis habe. Die Einführung des hygienischen
Stundesplanes sei nur dann möglich, wenn der Unterrichtskurs ver-
längert werde; eine Verkürzung der Lektionsdauer würde also eine
Ausdehnung der Schulzeit zur Folge haben. — Die Versammlung
einigte sich dahin, es möchte vorderhand von den Bestrebungen
nach allgemeiner Durchführung des Antrages Keller abgesehen
werden, dagegen sei es wünschenswert, vorläufig mit einer Klasse
den Versuch mit verkürzter Lektionsdauer und Einführung von fünf
Lektionen in vier Stunden zu machen, vielleicht auch in mehreren
Gymnasialklassen, und dieser Versuch, der den Schüler nicht in
wesentlich andere erkünstelte Verhältnisse versetze, habe sich auf
sieben Jahre zu erstrecken. Nur ein solcher Kontrollversuch könne
eventuell genügende Anhaltspunkte zur Lösung der vom Referenten
behandelten Frage bieten. Die Reformfrage ist damit wieder ad
calendas graecas verschoben. Aus der ganzen Verhandlung über
641
diesen G-egenstand konnte man den Schluis ableiten, dais, wenn es
nicht 80 unglaublioh schwer wäre, sich von althergebrachten über-
lieferten Meinungen nnd Ansichten losznreilsen, die Frage der Hy-
giene des Stnndenplans leichter zu lösen wäre. Wir wollen nicht
anf das Thema der Gymnasialreform eintreten nnd fügen nur bei,
dafs eine Stoffbeschränknng anf gewissen Gebieten ohne Schaden für
die Schüler nnd die Knltnrentwicklung der Völker eintreten könnte,
und ohne dafs man fürchten mülste, das ^humanistische*^ Gymnasium
würde den Geist echter Menschenerziehung weniger pflegen können.
Möchte der Prolog, den eine Schaffhauser Bürgerin der Versammlung
als Willkommgrufs der Stadt entbot, auf günstigen Boden fallen;
er hat uns in poetischer Form die Überbürdungsfrage näher ans
Herz gelegt als manche gelehrte Deduktion, die sich mit Kleinig-
keiten herumschlägt, um von der Hauptsache nicht sprechen zu
müssen.
kleinere Ütitteilnngen.
Die Forderung der Volks- und Jngendspiele wird in vielen
deutschen Städten eifrig betrieben. Wie die „Bhein- u. Bvhretg,"' mit-
teilt, ist in den letzten Jahren mit Unterstützung der Regiernng in den
Städten Krefeld, Bannen, Essen, Remscheid nnd Lennep eine Reihe von
Spielknrsen abgehalten worden, in denen mehrere Hundert Lehrer und
Lehrerinnen zur Leitung der Jugend- und Yolksspiele vorgebildet wurden.
Um durch die Schuljugend dem Spielbetrieb Eingang ins Volk zu
verschaffen, hat ein in Krefeld gebildeter Verein zur Förderung der
Volks- und Jugendspiele seit dem Jahre 1897 Spiele der Schuljugend ein-
gerichtet und zwar Ferienspiele, Spiele für Schulknaben und Wanderfahrten
der Knaben während der Herbstferien. An den Spielen haben in Krefeld
an einem Spieltage bis zu 3700, an den Ferienspielen bis zu 1400
Knaben und Mädchen teilgenonunen. Auf denselben drei grofsen Spiel-
plätzen der Stadt, welche der Schuljugend zur Verfügung gestellt sind,
treiben Erwachsene an Sonntagen Volksspiele.
Auch andere Grofsstädte des Regierungsbezirks Düsseldorf haben sich
mehr nnd mehr die Anlage von Spielplätzen und die Anordnung von
Jugendspielen angelegen sein lassen. In Duisburg haben sich SOO, in
Essen durchschnittlich 950 Knaben und Mädchen an den Ferienspielcn
beteiligt. In letzterer Stadt bestehen zurzeit 13 Tumspielkurse für Volks-
schttler, die in zwei wöchentlichen Stunden auf vier Plätzen abgehalten
werden. Dazu kommen die regelmäfsigen und die Ferienspiele der jetzt
642
zu Essen gehörenden Gemeinde Altendorf, die im letzten Jahre 1021
Kinder auf den Schnlplatz geführt haben. In M.-Gladbach nnd Rheydt
sind gleichfalls Freispiele angeordnet und ständige Spiele vorgesehen. In
Barmen bemüht man sich, während der Schalferien die schwächlicheD
Kinder im Wechsel von Spaziergängen nnd Spielen za kräftigen. Der in
Elberfeld eingerichtete grofse Spielplatz wird auch von Erwachsenen an
Sonntagen und sonstigen freien Tagen stark besucht. Während der letzten
Herbstferien hat man in Düsseldorf yersucht, die Schulhöfe als Spielplätze
für Ferienspiele zu yerwenden, und hat zurzeit einen Spielkursus für Lehrer
eingerichtet. Es wird angestrebt, zunächst in allen gröfseren Gemeinden
des Bezirkes grofse freie Plätze für den Spielbetrieb der Schuljugend her-
zustellen und dadurch die Pflege der Yolksspiele allmählich auf die Er-
wachsenen auszudehnen.
Die Yerwendnng der Kinder zum Kehren nnd Reinigen der
Schnlzimmer scheint an vielen Orten auf dem Lande und in kleineren
Städten noch üblich zu sein. Mit Recht bemerkt hierzu die „Strafsb.Zig,*^^
es sei dies eine Sitte, oder vielmehr Unsitte, die der Gesundheit der
Kinder höchst schädlich werden könne. Es haben also die Gemeinden
ein direktes Interesse daran, die Reinigung der Schulräume durch erwach-
sene Personen vornehmen zu lassen, die im Winter auch mit der Besor-
gung der Öfen beauftragt werden können.
Über die Hilfsschnlen Dentschlands berichtete im Lehrerverein
Neumünster Rektor MÖLLEB-Heiligenhafen(„2o/^^. Courier**) und knüpfte
an dieses Referat einige allgemeine Betrachtungen. Welche Kinder —
fragt der Referent — sollen in die Hilfsschulen aufgenommen werden?
Nicht etwa diejenigen, lautet die Antwort, welche infolge äufserer Einflüsse
in der Schule zurückgeblieben sind. Auch nicht die, welche hinter dem
DurchschnittsmalB des in der Schule zu Erlernenden zurückbleiben, die
sog. „Dummen". Die Hilfsschule ist ausschliefslich für die Schwach-
sinnigen, für die Kinder, die, von allen verspottet und verhöhnt, sich
mehr und mehr in sich selbst zurückziehen, die, wenn sie ins Leben hin-
austreten, nur gar zu leicht der Versuchung anheimfallen und schliefslich
die Arbeits- und wohl gar Zuchthäuser bevölkern. Die Statistik lehrt,
dafs auf etwa 150 Schulkinder ein Schwachsinniger kommt. Das macht
für Neumünster mit etwa 6000 schulpflichtigen Kindern 30 bis 40. Ein
Lehrer, der diese Kinder unterrichtet, mufs erst eine physische und
psychische Diagnose stellen, danach seine Methode einrichten. Äulsere,
sogenannte Degenerationszeichen sind nicht immer mafsgebend; wenn sie
auch eine gute Handhabe geben. Spezifisch ist, dafs bei fast allen Schwach-
sinnigen ein psychischer Defekt vorliegt. In 600 von 1000 Fällen ist
chronischer Alkoholismus, häufig auch Syphilis Ursache des Schwachsinns.
Doch ist derselbe auch zurückzuführen auf Nervenkrankheiten der Kinder,
Verletzungen im frühen Kindesalter, Einflöfsen von Alkohol, als Folge der
Rhachitis, der englischen Krankheit. Epilepsie ist häufig mit Schwachsinn
verbunden. Will man demnach das Übel an der Wurzel anfassen, so kann
es nur geschehen durch sittliche Hebung des Volkes, durch Kampf gegen
den Alkohol. Die Hilfsschule will nun diese von der Natur Vernach-
lässigten zu brauchbaren Gliedern der menschlichen GeseUschaft machen,
643
nnd die Statistik lehrt, dals sie dieses Ziel erreicht. 60 bis 80% der
ans ihr entlassenen Kinder sind soweit gefördert, dals sie sich selbst er-
nähren können. Bildungsfähige schwachsinnige Kinder gehören nicht, wie
die Gegner behaupten, in Anstalten, sondern in die Schule, sollen nicht
dem Hause entrissen werden, sondern am Familienleben teilnehmen. Jeder
Hilfsschule mufs ein psychiatrisch gebildeter Arzt zur Seite stehen. Je
Mher ein schwachsinniges Kind in die Hilfsschule gebracht wird, desto
grölser ist die Gewähr des Erfolges. Meistens handelt es sich um Kinder
von zehn bis zwölf Jahren. Die Klassenfrequenz soll 20 nicht übersteigen.
Der Handfertigkeitsunterricht ist für diese Kinder von gröfster Bedeutung.
Mit der Schulentlassung hört die Fürsorge nicht auf. Der Lehrer hat
den den Gefahren des Lebens in hervorragendem Maise ausgesetzten
Jüngling in der Lehre zu überwachen, dafür zu sorgen, dais er Tor Gericht
und bei der Aushebung zum Militär richtig beurteilt werde. Dann erst
erfüllt die Hilfsschule ganz die ihr gestellte hohe soziale Mission.
Gegen die Kinderaagbentnng durch die Industrie spricht sich
der erste Bericht aus, den die Schulärzte von Apolda der Gemeinde-
behörde einreichten. {„Die Tribüne*^,) Die Ärzte stützen sich hierbei
auf ihre Untersuchungen über den Gesundheitszustand der Kinder. Nament-
lich bei den untersuchten älteren Kindern wurde auffallend häufig Blut-
armut festgestellt und als Ursache hierzu deren Beschäftigung in der
Textilindustrie angegeben; die Ärzte erklären rundweg diese Beschäftigung
für unstatthaft und in hygienischer Hinsicht yerwerflich.
Über das Stottern als seelische Hemmungserscheinung sprach,
wie das „Leipe, Tagehl,^ mitteilt, Direktor Th. Pazolt unlängst in einer
Sitzung der Vereinigung zur Pflege exakter Pädagogie im Leipziger Lehrer-
verein. Der Gegenstand wurde im wesentlichen von der Seite behandelt,
wo er die Pädagogik besonders interessiert, von der psychologischen. Der
Vortrag sollte deshalb auch dazu dienen, die Kompetenzen des Arztes und
des Erziehers auf diesem Gebiete von einander zu scheiden und die Grenzen
zu finden, innerhalb deren die Sprachstörung als pädagogisches Problem
aufzufassen ist. Namentlich bei der heilenden Behandlung ist es nach der
Meinung des Vortragenden nötig, das Stottern auch als psychologisches
Problem zu behandeln nnd die beteiligten seelischen Prozesse gebührend
zu berücksichtigen. Sache des Arztes ist es, festzustellen, ob organische
Defekte vorhanden sind. Ist letzteres nicht der Fall, so steht alles Übrige
dem Pädagogen zu, der einerseits die Sprachstörung durch physische Mittel,
wie Respirations- und Artikulationsübnngen, andererseits auf psychologischem
Wege durch direkte Beeinflussung der Affekte zu beseitigen sucht. Da
die Ursachen des Stottems verschieden sind, muls natürlich die Behand-
lung eine individuelle sein, und eine genaue diagnostische Aufnahme des
einzehien Falles ist unbedingt nötig. Deshalb aber empfiehlt es sich
dringend, die Heilung der Stotterer spezialistisch gebildeten Pädagogen zu
überlassen und bei der Ausbildung der Lehrer den Sprachstörungen mehr
Beachtung zu schenken. (Es will uns scheinen, als ob in den Ausführungen
des Ref. das Können des Arztes, dem Stottern gegenüber, allzu gering
geschätzt vrird. Warum sollte nicht der Arzt mit ebendemselben Rechte
wie der Lehrer sich mit der Heilung des Stottems befassen können. Es
644
gibt bereits nicht wenige Ärzte, die sich dieser Aufgabe mit grofsem Er-
folge gewidmet haben. D. Red.)
Der (fsterreichische Verein znr Gründung und Erhaltung Ton
Erholnngs- und FeierabendhSnsern ffir Lehrerinnen in Niederösterreich
bat bereits ein Vereinshans in Hadersdorf- Weidlingan, nächst Wien, erbaut,
um Lehrerinnen einen reizend ruhigen Aufenthalt nach überstandenem
Schuljahre zu gewähren. Die Miete für ein geräumiges, einfensteriges
Zimmer beträgt über die Ferienzeit 40 Kr. ; für ein gröfseres, auch fOr
zwei Personen hinreichendes Zimmer 60, 70 und 80 Kr. (Präsidentin
dieses Vereins ist Marianne Nigg in Komeuburg.)
(Mitget. V. Dir. E. BATR-Wien.)
Sagesgel'ctiitlitlicties.
Behnfs Organisation des ersten Internationalen Kongresses fnr
Schnlgesnndheitspflege hat sich unlängst in Nürnberg in einer sehr
zahlreich, namentlich von Ärzten und Lehrern, besuchten Versammlung im
Saale des alten Bathauses das Ortskomitee des Kongresses konstituiert.
Die Versammlung wählte auf Vorschlag des Herrn Hofrat Dr. Schubert
Herrn Hofrat Dr. Stich zum Vorsitzenden. Darauf legte in eingehender
Weise Herr Hofrat Dr. Schubert die Organisation des Vereins und seine
bisherige Tätigkeit für die Durchführung des Kongresses dar.
Das Hauptkomitee des Kongresses in Nürnberg besteht aus folgenden
Herren: 1. Vorsitzender Prof. Dr. med. und phil. Griesbach aus Mflhl-
hausen i. Eis.; stellvertretende Vorstizende die Professoren Dr. Baginskt
(Berlin), Eulenbürö (Berlin), Finkler (Bonn) und Oberrealschuldirektor
Dr. Schotten (Halle); Generalsekretär: Hofrat Dr. Schubert (Nürn-
berg); Sekretäre: Kgl. Reallehrer Dr. phil. Lebebmann (Nürnberg) und
Kgl. Beallehrer Dr. phil. Eiselein (Nürnberg); Schatzmeister: Kaufmann
Emil Hopp (Nürnberg); Mitglieder: Geh. Hofrat Dr. v. Schuh (Nürn-
berg), Direktor Batb (Dresden), Geh. Baurat Delius, vortragender Rat
im Ministerium der öffentlichen Arbeiten (Berlin), Geh. Rat Pabst, Ober-
bürgermeister in Weimar, Geh. Hofrat Dr. Wetqoldt, Vertreter des
badischen Oberschulrats, Reg.-Rat Tillmann vom Preufsischen Kultus-
ministerium.
Der Vorstand des Ortsausschusses Nürnberg setzt sich folgendermafsen
zusammen : Ehrenvorsitzende Bürgermeister Dr. v. Schuh und Medizinalrat
Dr. G. Merkel; 1. Vorsitzender Hofrat Dr. Stich; 2. Vorsitzender
Schulrat Prof. Dr. Glauning; I.Schriftführer Lehrer Darr, Vorsitzender
des Bezirks-Lehrervereins ; 2. Schriftführer Lehrer Degelbeck.
Über die zahnärztliche Poliklinik des Vereins Hessischer Zahn-
ärzte zu Darmstadt entnehmen wir der No. 160 der „Neuen Hessischen
Yolksblätter** vom 11. Juli 1903 folgende Notiz: Die Poliklinik hat vom
645
1. Dezember 1902 bis 1. Juli 1903 behandelt Knaben 402, Mädchen 529,
Summa 931, mit zusammen 1062 Konsultationen. Die Zahl der aus-
gezogenen Zähne belief sich auf 1220, davon Milchzähne 911, bleibende
Zähne 309, die Zahl der Füllungen auf 831. Femer wurde eine ganze
Anzahl von Erkrankungen (Zahnfisteln etc.) behandelt und geheilt.
Dem von Herrn Zahnarzt Köhler verfallsten, die bisherige Tätigkeit
der Poliklinik zusammenfassend schildernden Bericht seien folgende Schluis-
bemerkungen entnommen: „Es fragt sich, ist die Bürde, die die Zahnärzte
ohne Entschädigung zu tragen übernommen haben, nicht geeignet, den
einen oder den anderen zum Rücktritte zu veranlassen? Diese Frage mulste
ich schon oft hören. Ich muis zugeben, dals es auch unmöglich wäre, ein
so schweres Opfer für die Dauer zu verlangen. Es würde dabei nicht
möglich sein, die Anstalt nach allen Richtungen hin so auszubauen, wie. es
mir im Sinne liegt. Die Frage, ob die Stadt uns Unterstützung geben
wird oder nicht, will ich vorläufig unerörtert lassen. Ich bin aber der
bestimmten Überzeugung, dafs eine Stadt, die für so viele gemeinnützige
Zwecke eine offene Hand hat, die als eines der ersten Gemeinwesen z. B.
Schulärzte geschaffen hat, dafs eine solche Stadt auch für den Ausbau
einer für das Yolkswohl so überaus wichtigen Einrichtung, wie es die zahn-
ärztliche Poliklinik ist, nicht geizen wird. Zum Schlüsse möchte ich nun
noch kurz meine Pläne über den Ausbau der zahnärztlichen Poliklinik er-
örtern, um zu zeigen, wie eine solche Einrichtung von mir gedacht:
1. Die Untersuchung sämtlicher Yolksschulkinder mufs jährlich einmal
— wenn irgend tunlich zweimal — erfolgen. Die erste Untersuchung
müfste obligatorisch sein. Zur zweiten müfsten die Kinder von der Klinik
aus veranlafst werden. 2. Eine vollständige Sanierung aller untersuchten
Yolksschulkinder (d. h. Füllen aller Zähne, die im Interesse der Kaufähig-
keit erhalten werden müfsten, sowie Beseitigung aller nicht mehr füllbaren
Zahnreste) mufs sich an die Untersuchung anschliefsen. 3. Ausdehnung der
Untersuchung und Behandlung aller Yolksschulkinder auf die Yororte Darm-
stadts mit eigener Yerwaltung (Eberstadt, Pfungstadt, Griesheim u. s. w.).
Selbstverständlich müfsten die Gemeinden sich an den Kosten entsprechend
beteiligen. 4. Ausdehnung der Behandlung auf die Schüler höherer Schulen,
deren Eltern wenig bemittelt sind und deshalb die Behandlung ihrer Kinder
beantragen. 5. Die Untersuchung und Behandlung der noch nicht schul-
pflichtigen Kinder solcher Eltern, die ihre Kinder voraussichtlich der Yolks-
schule überweisen, sowie der unter 4. bezeichneten müfste (eventuell auf
Antrag der Eltern) durchgeführt werden. Hierdurch würde erst die zahn-
ärztliche Poliklinik eine allgemeine Wohlfahrtseinrichtung fürs Yolk in des
Wortes schönster Bedeutung. Es würde aber auch ein grofser Prozentsatz
kranker Milchzähne erhalten werden können, die wir bei Behandlung nach
Eintritt in die Schule leider auszuziehen gezwungen werden. 6. Die zahn-
ärztliche Poliklinik mtLfste der Militärverwaltung zur Untersuchung und Be-
handlung der Soldaten zur Yerfügung gestellt werden. Selbstverständlich
mülste die Militärsanitätsverwaltung hierfür entsprechende Entschädigung
gewähren und die eii^ährig-freiwilligen Zahnärzte u. s. w. zur Dienstleistung
zur Yerfügung stellen.
Die Durchführung dieser Forderungen würde leicht sein, wenn ein
646
bestimmter Betrag dem Verein Hessischer Zahnärzte znr Verftlgong gestellt
würde zur a) Anstellung eines Zahnarztes als Assistenten,
b) Bestreitung der Material- u. s. w. Unkosten. Die Höhe des
Betrages wttrde sich nach dem Umfang der DurchfQhmng obiger Forde-
rungen richten, vorerst jedoch die Höhe von 1500 bis 2000 Mark kaum
überschreiten. Zu diesem Zuschufs müfsten alle an der Einrichtung inter-
essierten Kassen entsprechend zugezogen werden, und zwar die Stadtkasse
zu Darmstadt, Armenkasse zu Darmstadt, Medizinalkasse der Allgemeinen
Ortskrankenkasse zu Darmstadt, Allgemeine Ortskrankenkasse, InvalidiULts-
kasse für das Grolsherzogtum, bezw. Gemeindekassen der beteiligten Vor-
orte, bezw. Gemeindekrankenkassen der betr. Orte, alle Krankenkassen,
die für die Behandlung von Familienangehörigen aufkommen, soweit sie
nicht speziell Verträge mit dem Verein Hessischer Zahnärzte haben, Militär-
fisktis u. s. w. (Mitget. von Oberlehrer Kabl RoLLEB-Darmstadt.)
Eine neue Zfircherische Pflegeanstalt fßr bildiuigganfXhige,
blSde Kinder ist im Bau begriffen. Das Gebäude ist sehr einfach ge-
halten, zweistöckig, mit der Front nach Südwesten. Es bietet in vier
grofsen Schlafsälen und vier Einzelzimmern Raum für 56 — 60 Pfleglinge.
Neben den Schlafsälen sind die geräumigen V^ohnzimmer angelegt, nach
rückwärts die Zimmer für die Wärterinnen, Badezimmer und Klosette.
Der Mittelbau enthält im Parterre das Arzt- und das Besuchszimmer und
das Bureau; darüber liegt der durch zwei Stockwerke gehende grofse
Speisesaal, der auch für Festfeiem, Weihnachtsbäume und dergl. benutzt
wird. Im geräumigen Mittelbau nach rückwärts sind Parterre, Küche,
Waschküche, Platt- und Spülziomier, im ersten Stock die übrigen Ver-
waltungsräume untergebracht; der Dachstock enthält die Wohnung des Haus-
vaters und die Dienstbotenzimmer; im Souterrain ist die Heizung placiert und
noch verschiedene Arbeits- und Spielräume. Der ganze Bau, möglichst
einfach gehalten, kostet mit Möblierung ca. 230000 Fr.; davon sind
ca. 60000 Fr. vorhanden, für die übrigen 170000 Fr. ist die Aufsichts-
kommission auf die Mildtätigkeit der Bevölkerung angewiesen.
^mtltdie lOerfngttttjen.
Gesetz, betreffend Kinderarbeit in gewerblichen Betrieben,
Tom 30. Uärz 1903.
(Reichsgesetzbl. No. 14, S. 113 ff.)
1. Einleitende Bestimmungen.
§ 1.
Auf die Beschäftigung von Kindern in Betrieben, welche als gewerb-
liche im Sinne der Gewerbeordnung anzusehen sind, finden neben den
bestehenden reichsrechtlichen Vorschriften die folgenden Bestimmungen
4
647
Anwendung, nnd zwar auf die Beschftftigiing fremder Kinder die §§ 4 bis 11,
anf die Besch&ftigong eigener Kinder die §§ 12 bis 17.
§2.
Kinder im Sinne dieses Gesetzes.
Als Kinder im Sinne dieses Gesetzes gelten Knaben nnd Mädchen
unter 13 Jahren, sowie solche Knaben nnd Mädchen über 13 Jahre, welche
noch znm Besuche der Volksschule verpflichtet sind.
§3.
Eigene, fremde Kinder.
Im Sinne dieses Gesetzes gelten als eigene Kinder:
1. Kinder, die mit denjenigen, welcher sie beschäftigt, oder mit
dessen Ehegatten bis zum dritten Grade verwandt sind,
2. Kinder, die von dengenigen, welcher sie beschäftigt, oder dessen
Ehegatten an Kindesstatt angenommen oder bevormundet sind,
3. Kinder, die demjenigen, welcher sie zugleich mit Kindern der
unter 1 oder 2 bezeichneten Art beschäftigt, zur gesetzlichen
Zwangserziehung (Fürsorgeerziehung) überwiesen sind,
sofern die Kinder zu dem Hausstande desjenigen gehören, welcher sie be-
schäftigt.
Kinder, welche hiemach nicht als eigene Kinder anzusehen sind, gelten
als fremde Kinder.
Die Vorschriften über die Beschäftigung eigener Kinder gelten auch
für die Beschäftigung von Kindern, welche in der Wohnung oder Werk-
stätte einer Person, zu der sie in einem der im Abs. 1 bezeichneten Ver-
hältnisse stehen und zu deren Hausstande sie gehören, fttr Dritte beschäftigt
werden.
n. Beschäftigung fremder Kinder.
§4.
Verbotene Beschäftigungsarten.
Bei Bauten aller Art, im Betriebe deijenigen Ziegeleien und über Tage
betriebenen Brüche und Gruben, auf welche die Bestimmungen der §§ 134
bis 139 b der Gewerbeordnung keine Anwendung finden, und der in dem
anliegenden Verzeichnis aufgefflhrten Werkstätten, sowie beim Steinklopfen,
im Schomsteinfegergewerbe, in dem mit dem Speditionsgeschäfte ver-
bundenen Fuhrwerksbetriebe, beim Mischen und Mahlen von Farben, beim
Arbeiten in Kellereien dürfen Kinder nicht beschäftigt werden.
Der Bundesrat ist ermächtigt, weitere ungeeignete Beschäftigungen zu
untersagen und das Verzeichnis abzuändern. Die beschlossenen Abände-
rungen sind durch das Reichsgesetzblatt zu veröffentlichen und dem Reichs-
tage sofort oder, wenn derselbe nicht versammelt ist, bei seinem nächsten
Zusammentritt zur Kenntnisnahme vorzulegen.
§5.
Beschäftigung im Betriebe von Werkstätten, im Handelsgewerbe
und in Verkehrsgewerben.
Im Betriebe von Werkstätten (§ 18), in denen die Beschäftigung von
Kindern nicht nach § 4 verboten ist, im Haiidelsgewerbe (§ 105 b, Abs. 2, 3
der Gewerbeordnung) und in Verkehrsgewerben (§ 105 i, Abs. 1 a. a. 0.)
dürfen Kinder unter zwölf Jahren nicht beschäftigt werden.
Schnlfl^esundheitspflege. XVI. 34
648
Die Beschäftigang von Kindern über zwölf Jahre darf nicht in der
Zeit zwischen acht ühr abends nnd acht Uhr morgens and nicht yor dem
Yormittagsnnterrichte stattfinden. Sie darf nicht l&nger als drei Standen,
and während der von der znst&ndigen Behörde bestimmten Schalferien
nicht länger als vier Standen täglich daaern. um Mittag ist den Kindern
eine mindestens zweistündige Panse za gewähren. Am Nachmittage darf
die Beschäftigang erst eine Stande nach beendetem Unterrichte beginnen.
§6.
Beschäftigang bei öffentlichen theatralischen Yorstellangen nnd anderen
öffentlichen Schanstellangen.
Bei öffentlichen theatralischen Yorstellangen and anderen öffentlichen
Schanstellimgen dürfen Kinder nicht beschäftigt werden.
Bei solchen Yorstellangen nnd Scbaastellangen, bei denen ein höheres
Interesse der Knnst oder Wissenschaft obwaltet, kann die antere Yer-
waltangsbehörde nach Anhörnng der Schalaafsichtsbehörde Aasnahmen
znlassen.
§7.
Beschäftigang im Betriebe von Gast- and von Schankwirtschaften.
Im Betriebe yod Gast- and von Schankwirtschaften dürfen Kinder
anter zwölf Jahren überhaapt nicht nnd Mädchen (§ 2) nicht bei der Be-
dienang der Gäste beschäftigt werden. Im übrigen finden aaf die Be-
schäftigang von Kindern über zwölf Jahre die Bestimmnngen des § 5,
Abs. 2, Anwendnng.
§8.
Beschäftigang beim Aastragen von Waren nnd bei sonstigen Botengängen.
Aaf die Beschäftigang von Kindern beim Aastragen von Waren nnd
bei sonstigen Botengängen in den in §§ 4 bis 7 bezeichneten and in
anderen gewerblichen Betrieben finden die Bestimmnngen des § ö ent-
sprechende Anwendnng.
Für die ersten zwei Jahre nach dem Inkrafttreten dieses Gesetzes kann
die antere Yerwaltnngsbehörde nach Anhörnng der Schalaafsichtsbehörde
für ihren Bezirk oder Teile desselben allgemein oder für einzelne Gewerbs-
zweige gestatten, dafs die Beschäftigang von Kindern über zwölf Jahre
bereits von sechseinhalb Uhr morgens an nnd vor dem Yormittagsnnter-
richte stattfindet, jedoch darf sie yor dem Yormittagsanterrichte nicht
länger als eine Stande daaern.
§9.
Sonntagsrohe.
An Sonn- nnd Festtagen (§ 105 a, Abs. 2, der Gewerbeordnung)
dürfen Kinder, yorbehaltlich der Bestimmnngen in Abs. 2, 3, nicht be-
schäftigt werden.
Für die öffentlichen theatralischen Yorstellnngen nnd sonstigen öffent-
lichen Schanstellangen bewendet es anch an Sonn- nnd Festtagen bei den
Bestimmnngen des § 6.
Für das Austragen yon Waren sowie für sonstige Botengänge be-
wendet es bei den Bestimmnngen des § 8. Jedoch darf an Sonn- nnd
Festtagen die Beschäftigung die Daner yon zwei Stunden nicht überschreiten
und sich nicht über ein Uhr nachmittags erstrecken; auch darf sie nicht
649
in der letzten halben Stnnde vor Beginn dear Hanptgottesdienstes und nicht
während desselben stattfinden.
§ 10.
Anzeige.
Sollen Kinder beschäftigt werden, so hat der Arbeitgeber vor dem
Beginne der Beschäftigung der Ortspolizeibehörde eine schriftliche Anzeige
zn machen. In der Anzeige sind die Betriebsstätte des Arbeitgebers,
sowie die Art des Betriebes anzugeben.
Die Bestimmung des Abs. 1 findet keine Anwendung auf eine blofs
gelegentliche Beschäftigung mit einzelnen Dienstleistungen.
§ 11.
Arbeitskarte.
Die Beschäftigung eines Kindes ist nicht gestattet, wenn dem Arbeit-
geber nicht zuvor fQr dasselbe eine Arbeitskarte eingehändigt ist. Diese
Bestimmung findet keine Anwendung auf eine blols gelegentliche Beschäfti-
gung mit einzelnen Dienstleistungen.
Die Arbeitskarten werden auf Antrag oder mit Zustimmung des gesetz-
lichen Vertreters durch die Ortspolizeibehörde desjenigen Orts, an welchem
das Kind zuletzt seinen dauernden Aufenthaltsort gehabt hat, kosten- und
stempelfrei ausgestellt; ist die Erklärung des gesetzlichen Vertreters nicht
zu beschaffen, so kann die Gemeindebehörde die Zustimmung ergänzen.
Die Karten haben den Namen, Tag und Jahr der Geburt des Kindes,
sowie den Namen, Stand und letzten Wohnort des gesetzlichen Vertreters
zu enthalten.
Der Arbeitgeber hat die Arbeitskarte zu yerwahren, auf amtliches
Verlangen Torzulegen und nach rechtmäfsiger Lösung des Arbeitsverhält-
nisses dem gesetzlichen Vertreter wieder auszuhändigen. Ist die Wohnung
des gesetzlichen Vertreters nicht zu ermitteln, so erfolgt die Aushändigung
der Arbeitskarte an die im Abs. 2 bezeichnete Ortspolizeibehörde.
Die Bestimmungen des § 4 des Gewerbegerichtsgesetzes vom 29. Sep-
tember 1901 (Reichsgesetzbl. S. 353) über die Zuständigkeit der Gewerbe-
gerichte fttr Streitigkeiten hinsichtlich der Arbeitsbücher finden entsprechende
Anwendung.
in. Beschäftigung eigener Kinder.
§ 12.
Verbotene Beschäftigungsarten.
In Betrieben, in denen gemäfs den Bestimmungen des § 4 fremde
Kinder nicht beschäftigt werden dürfen, sowie in Werkstätten, in welchen
durch elementare Kraft (Dampf, Wind, Wasser, Gas, Luft, Elektrizität u. s. w.)
bewegte Triebwerke nicht blols vorübergehend zur Verwendung kommen,
ist auch die Beschäftigung eigener Kinder untersagt.
§ 13.
Beschäftigung im Betriebe von Werkstätten, im Handelsgewerbe
und in Verkehrsgewerben.
Im Betriebe von Werkstätten, in denen die Beschäftigung von Kindern
nicht nach § 12 verboten ist, im Handelsgewerbe und in Verkehrsgewerben
dürfen eigene Kinder unter zehn Jahren überhaupt nicht, eigene Kinder
über zehn Jahre nicht in der Zeit zwischen acht Uhr abends und acht
84*
650
I
Uhr morgens und nicht vor dem Yormittagsanterricbte beschäftigt werden,
um Mittag ist den Kindern eine mindestens zweistflndige Paose zu ge-
währen. Am Nachmittage darf die Beschäftigung erst eine Stunde nach
beendetem Unterrichte beginnen.
Eigene Kinder unter zwölf Jahren dürfen in der Wohnung oder
Werkstätte einer Person, zu der sie in einem der im § 3, Abs. 1, be-
zeichneten Verhältnisse stehen, flkr Dritte nicht beschäftigt werden.
An Sonn- und Festtagen dürfen auch eigene Kinder im Betriebe yon
Werkstätten und im Handelsgewerbe sowie im Yerkehrsgewerbe nicht be-
schäftigt werden.
§ 14.
Besondere Befugnisse des Bundesrats.
Der Bundesrat ist ermächtigt, für die ersten zwei Jahre nadi dem
Inkrafttreten dieses Gesetzes für einzebe Arten der im § 12 bezeichneten
Werkstätten, in denen durch elementare Kraft bewegte Triebwerke nicht
blois vorübergehend zu Verwendung kommen, und der im § 13, Abs. 1,
bezeichneten Werkstätten Ausnahmen von den daselbst vorgesehenen Be-
stimmungen zuzulassen.
Nach Ablauf dieser Zeit kann der Bundesrat fOr einzelne Arten der
im § 12 bezeichneten Werkstätten mit Motorbetrieb die Beschäftigang
eigener Kinder nach Malsgabe der Bestimmungen im § 13, Abs. 1, unter
der Bedingung gestatten, dafs die Kinder nicht an den durch die Trieb-
kraft bewegten Maschinen beschäftigt werden dürfen. Auch kann der
Bundesrat für einzelne Arten der im § 13, Abs. 1, bezeichneten Werk-
stätten Ausnahmen von dem Verbote der Beschäftigung von Kindern unter
zehn Jahren zulassen, sofern die Kinder mit besonders leichten und ihrem
Alter angemessenen Arbeiten beschäftigt werden; die Beschäftigung darf
nicht in der Zeit zwischen acht Uhr abends und 8 Uhr morgens statt-
finden; um Mittag ist den Kindern eine mindestens zweistündige Pause zu
gewähren; am Nachmittage darf die Beschäftigung erst eine Stunde nach
beendetem Unterrichte beginnen. Die Ausnahmebestimmungen können
allgemein oder für einzelne Bezirke erlassen werden.
§ 15.
Beschäftigung bei öffentlichen theatralischen Vorstellungen und anderen
öffentlichen Schaustellungen.
Auf die Beschäftigung eigener Kinder bei öffentlichen theatralischen
Vorstellungen und anderen öffentlichen Schaustellungen finden die Bestim-
mungen des § 6 Anwendung.
§ 16.
Beschäftigung im Betriebe Ton Gast- und von Schankwirtschaften.
Im Betriebe von Gast- und von Schankwirtschaften dürfen Kinder unter
zwölf Jahren überhaupt nicht und Mädchen (§ 2) nicht bei der Bedienung
der Gäste beschäftigt werden. Die untere Verwaltungsbehörde ist befugt,
nach Anhörung der Schulaufsichtsbehörde in Orten, welche nach der jeweilig
letzten Volkszählung weniger als zwanzigtausend Einwohner haben, fflr
Betriebe, in welchen in der Regel ausschlielslich zur Familie des Arbeit-
gebers gehörige Personen beschäftigt werd^, Ausnahmen zuzulassen. Im
661
übrigen finden auf die Beschaftigong von eigenen Kindern die Bestimmnsgen
des § 13y Abs. 1, Anwendung.
§ 17.
Besch&ftigiing beim Austragen yon Waren und bei sonstigen Boteng&ngen.
Auf die Beschäftigung beim Austragen von Zeitungen, Milch und Back-
waren finden die Besthnmungen im § 8, § 9, Abs. 3, dann Anwendung,
wenn die Kinder fUr Dritte beschäftigt werden.
Im übrigen ist die Beschäftigung von eigenen Kindern beim Austragen
Ton Waren und bei sonstigen Botengängen gestattet. Durch Polizei-
yerordnungen der zum Erlasse solcher berechtigten Behörden kann die
Beschäftigung beschränkt werden.
lY. Gemeinsame Bestimmungen.
§ 18.
Werkstätten im Sinne dieses Gesetzes.
Als Werkstätten gelten neben den Werkstätten im Sinne des § 105b,
Abs. 1, der Gewerbeordnung auch Räume, die zum Schlafen, Wohnen oder
Kochen dienen, wenn darin gewerbliche Arbeit verrichtet wird, sowie im
Freien gelegene gewerbliche Arbeitsstellen.
§ 19.
Abweichungen von der gesetzlichen Zeit.
Beträgt der unterschied zwischen der gesetzlichen Zeit und der Orts-
zeit mehr als eine Viertelstunde, so kann die höhere Verwaltungsbehörde
bezüglich der in diesem Gesetze vorgesehenen Bestimmungen über Anfang
und Ende der zulässigen täglichen Arbeitszeit für ihren Bezirk oder ein-
zelne Teile desselben Abweichungen von der Vorschrift über die gesetzliche
Zeit in Deutschland (Gesetz vom 12. März 1903, Reichsgesetzbl. S. 93)
zulassen. Die Abweichungen dürfen nicht mehr als eine halbe Stunde
betragen. Die gesetzlichen Bestimmungen über die zulässige Dauer der
Beschäftigung bleiben unberührt.
§ 20.
Besondere polizeiliche Befugnisse.
Die zuständigen Polizeibehörden können im Wege der Verfügung eine
nach den vorstehenden Bestimmungen zulässige Beschäftigung, sofern dabei
erhebliche Milsstände zu Tage getreten sind, auf Antrag oder nach Anhörung
der Schulaufsichtsbehörde f&r einzelne Kinder einschränken oder untersagen,
sowie, wenn für das Kind eine Arbeitskarte erteilt ist (§ 11), diese ent-
ziehen und die Erteilung einer neuen Arbeitskarte verweigern.
Die zuständigen Polizeibehörden sind femer befugt, zur Beseitigung
erheblicher die Sittlichkeit gefährdender Milsstände im Wege der Verfügung
für einzelne Gast- oder Schankwirtschaften die Beschäftigung von Kindern
weiter einzuschränken oder zu untersagen.
§ 21.
Aufsicht.
Insoweit nicht durch Bundesratsbeschlub oder durch die Landes-
regierungen die Aufsicht anderweitig geregelt ist, finden die Bestimmungen
des § 139 b der Gewerbeordnung Anwendung.
652
In PriYatwohnnngen, in denen ansschlieislich eigene Kinder besch&ftigt
werden, dtkrfen Revisionen während der Nachtzeit nnr stattfinden, wenn
Tatsachen vorliegen, welche den Verdacht der Nachtbesch&ftignng dieser
Kinder begrOnden.
§ 22.
Znstftndige Beh6rden.
Welche Behörden in jedem Bandesstaat unter der Bezeichnung:
höhere Yerwaltongsbehörde, untere Verwaltnngsbehörde, Schnlaafsichts-
behörde, Gemeindebehörde, Polizeibehörde, Ortspolizeibehörde zn verstehen
sind, wird von der Zentralbehörde des Bandesstaats bekannt gemacht.
y. Strafbestimmnngen.
§ 23.
Mit Geldstrafe bis za zweitausend Mark wird bestraft, wer den §§ 4
bis 8 zuwiderhandelt
Im Falle gewohnheitsmäfeiger Zuwiderhandlung kann auf Gefängnis-
strafe bis zu sechs Monaten erkannt werden.
Der § 75 des Gerichtsverfassungsgesetzes findet Anwendung.
§ 24.
Mit Geldstrafe bis zu sechshundert Mark wird bestraft:
1. wer dem § 9 zuwider Kindern an Sonn- und Festtagen Be-
schäftigung gibt;
2. wer den auf Grund des § 20 hinsichtlich der Beschäftigung
fremder Kinder endgültig ergangenen Yerfflgungen zuwiderhandelt.
Im Falle gewohnheitsmäfsiger Zuwiderhandlung kann auf Haft erkannt
werden.
§ 25.
Mit Geldstrafe bis zu einhundertfünfzig Mark wird bestraft:
1. wer den §§ 12 bis 16, § 17, Abs. 1, zuwiderhandelt;
2. wer den auf Grund des § 20 hinsichtlich der Beschäftigung
eigener Kinder endgültig ergangenen Verfügungen oder den auf
Grund des § 17, Abs. 2, erlassenen Vorschriften zuwiderhandelt.
Im Falle gewohnheitsmälsiger Zuwiderhandlung kann auf Haft erkannt
werden.
§ 26.
Mit Geldstrafe bis zu dreifsig Mark werden Arbeitgeber bestraft,
welche es unterlassen, den durch § 10 für sie begründeten Verpflichtungen
nachzukommen.
§ 27.
Mit Geldstrafe bis zu zwanzig Mark wird bestraft:
1. wer entgegen der Bestimmung des § 11, Abs. 1, ein Kind
in Beschäftigung nimmt oder behält;
2. wer der Bestimmung des § 11, Abs. 3, in Ansehung der
Arbeitskarten zuwiderhandelt.
§ 28.
Die Strafverfolgung der im § 24 bezeichneten Vergehen veijährt
binnen drei Monaten.
§ 29.
Die Bestimmungen des § 151 der Gewerbeordnung finden Anwendung.
653
VI. SchlufsbeBtimmungen.
§30.
Die vorstehenden Bestimmnngen stehen weitergehenden landesrecht-
lichen Beschränkungen der Beschäftigung yon Kindern in gewerblichen
Betrieben nicht entgegen.
§ 31.
Dieses Gesestz tritt mit dem 1. Jannftr 1904 in Kraft.
Urkundlich unter unserer Höchsteigenh&ndigen Unterschrift und bei-
gedrucktem Kaiserlichen Insiegel.
Gegeben Berlin im SchloCs, den 30. Mftrz 1903.
(L. S.) Wilhelm.
Graf VON Posadowskt.
fitetatiit*
Besprechungen.
GiOYANNi CoLOMBiNi, Prof. (Direttore del Periodico La Scuola Flörentina).
La Scrittun Diritta in Italia. Monografia letta nel primo Congresso
nazionale di Scrittura inaugurato in Roma in Campidoglio, 28 Dicembre
1901. Ferenze, Casa Editrice della Didättica Nuöva 1902. (Auszug
aus dem Bericht Aber den Steilschriftkongreis in Rom , zusammengestellt
von Prof. Giovanni Colombini.)
Zuerst bringt der Verfasser einige, allerdings unyoUständige, geschicht-
liche Daten über die Entstehung der Steilschrift. F&akcessco Soayb
yeröffentlichte schon 1808 in Venedig eine Schrift Aber diesen Gegenstand.
Die Gedanken, die darin zum Ausdruck kommen, wurden in Frankreich von
Mathias Rot 1862 weiter ausgefOhrt. Die gleichen Ideen fahrte der
Kongrefs von Genf 1882 vor. 1885 wird in der Anstalt Witakeb in
Palermo die Steilschrift eingeführt. In Böhmen kommt 1891 eine Schrift
heraus, die in 12 Paragraphen angibt, wie man die Steilschrift in der
Schule lehren soll. Dasselbe geschah in NAmberg. Besondere Verdienste
um die Weiterverbreitong der Steilschrift erwarben sich die Professoren
Anoelo Celli und Alebsandbo Seeafini in Rom, sowie Dr. Schübebt
in NAmberg. 1890 bildete sich in Mantua ein Lehrerverein „Roberto
Ardigo** zur Verbreitung der Steilschrift. Im darauffolgenden Jahre tagte
in London ein „Internationaler medizinischer Kongreb*', wobei die Ein-
fAhmng der Steilschrift befürwortet wird. Dasselbe geschieht in der „Societä
Oftalmologica" in Paris 1892. Im selben Jahre erfindet Belliabd eine
eigene „Tayola'' mit besonderen Figuren und Zeichnungen, die die Steil-
schrift uns YorfAhren soU.
Auf den Kongressen zu Budapest (1894) und zu Venedig (1895) wird
fAr die Steilschrift eingetreten. Überraschende Erfolge zeigten sich, als
664
Dr. FüCHS und Miohaxl Nastsi die Steilschrift in der Stenographie
verwendeten; sie erzielten 250 Worte in der Minute.
Im weiteren werden die Nachteile der Schrftgschrift und die groben
Vorteile der Steilschrift gewürdigt. Der Yerüasser führt alle diejenigen, im
Verhfiltnis zwischen Augengrundlinie einerseits und Grundstrich- und Zeilen-
richtung andererseits liegenden mechanischen Momente an, welche hei der
Schrägschrift das Kind zwingen, den Körper schief zu halten, was natttrlieh
einen schädigenden Einfluls auf die Entwicklung der Brustorgane und des
Rückgrates hat. Ein hedeutender Vorteil der Steilschrift ist der, dafs eint
gröisere Genauigkeit erzielt wird, heute gewifs ein malsgehender Faktor,
wo uns üherall der Ruf entgegentOnt: „Zeit ist Geld^. Auch wird eine
Schönschrift leichter erreicht. Die ursprüngliche „deutsche Kursivschrift*
war ja steil, sie soll daher steil hleiben; den Lehrern wird hierdurch
manche Arbeit erleichtert und der Kampf gegen die schlechte Schrift und
die schiefe Schreibhaltung der Schüler, die ihnen so oft zum Vorwurf ge-
macht werden, erspart bleiben. Fh. Mazakarini, Lehrer, Wien.
KÖNIG, Dr., Kreisarzt. Ohrenniiteraaeliiuifeii in der Dorfschale. Ein
Beitrag zur Schularztfrage. Sep.-Abdr. aus Sammig, gwangloser Äbhand-
hingen aus dem Gebiete der Nasen-, Okren^ und HcdskrankheUen.
Vn. Bd. H. 3.
Der Verfasser hat sich die yerdienstvolle Aufgabe gestellt, 712 Dorf-
kinder im Alter von 5 — 15 Jahren auf den Zustand des Gehörs zu unter-
suchen. Die HörprtLfung wurde teils mit der Taschenuhr auf 6 m Ent-
fernung, teils mittels eines speziell konstruierten Hörmessers auf 8 m
Entfernung, teils mit Flüstersprache auf 20, 25 und 30 m Entfernung vor-
genommen. Kinder, welche auf diese Entfernung nicht hörten, wurden als
abnormal bezeichnet. König fand auf diese Weise 63,38% Ohrenpatienten,
in gewissen Dörfern sogar 71 — 72%. Diese Zahlen sind bedeutend höher
als diejenigen, die von Ohrenärzten, die solche Schuluntersuchungen machten,
gefunden wurden. Leibold in München fand 25,9 7o, Rbichebt in Riga
20 7o, Ortmann in Marburg 24%, Laubi in Zürich (22000 Unter-
suchte) 10,6 % Ohrenkranke. Letztere Untersucher prüften auf 8 — 10 m
Entfernung mit Flüstersprache. Abgesehen dayon, dafs es nicht gut angeht,
die Resultate der Hörprüfungen, die durch so verschiedene Methoden ge-
funden wurden, einfach zusammen zu z&hlen, kann der Zweck solcher Unter-
suchungen nur der sein, die Fälle festzustellen, bei welchen das Gehör für
den Schulunterricht nicht mehr ausreicht, nicht aber alle selbst leichtesten
Schwankungen des Gehörs bis zur Normalgrenze. Ein Kind, das 10 — 20 m
Flüstersprache versteht, kann als Schüler als normalhörig bezeichnet werden,
wenn auch sein Trommelfell deutlich ausgeprägte pathologische Verände-
rungen zeigt. Die Hörprüfung mittels der Uhr ist von Ohrenärzten als
unzweckmäfsig ziemlich allgemein aufgegeben, da man absolut keinen Beweis
hat, dab ein Kind die Uhr auf eine bestimmte Entfernung hört, wenn es
behauptet, dals dies der Fall sei. Gewils besitzen wir auch in der Flüster-
sprache kein sehr gutes Prüfnngsmittel, immerhin lassen sich bei einiger
Übung mittels derselben praktisch durchaus brauchbare Resultate erzielen.
Schwerhörigkeit wird meist erst angenommen, wenn ein Kind weniger als
655
8 — 10 m Flnstenprache hört. — Was die Diagnose der einzelnen Knuikheits-
formen betrifft, so basiert der üntersneher dieselbe auf die Inspektion des
Trommelfelles nnd Untersuchung von Nase und Rachen. Hit diesen Hilfs-
mitteln ist es nicht immer möglich, gewisse Formen von Besten von
Mittelohreitemngen, die sich häufig unter dem Bilde des stark eingezogenen
Trommelfelles iafolge von Verwachsung des Hammers mit innerer Pauken-
höhlenwand oder Yerkflrzung der Tensorfiisem darstellen, von Tuben-
katarrhen, letztere wieder yon Mittelohrkatarrhen oder Erkrankungen des
inneren Ohres zu unterscheiden. Dies ist nur möglich, wenn bei jedem
Kinde, mit Ausnahme der F&Ue, wo Bötung des Trommelfelles yorhanden
ist, nach der Inspektion die Luftdouche angewendet und nachher die Hör-
prflfiing wiederholt wird. Verfasser trennt daher auch die scharf um-
schriebene Gruppe der Tubenerkrankungen nicht von den Mittelohrkatarrhen,
die Beste der Eiterungen nicht von den Eiterungen, und findet unter
782 Kindern nur zwei Fftlle von Erkrankungen des ianeren Ohres. Was
seinen Schlufsatz 7 betrifft, dab die Landbevölkerung fnr die sich fort-
erbenden katarrhalischen Erkrankungen des Oehörapparates besonders dis-
poniert sei, so kann auf Grund einer so relativ kleinen Zahl Untersuchter
eine so gewichtige Behauptung wohl nicht aufgestellt werden. Mit den
flbrigen Schlubsätzen kann man sich durchaus einverstanden erklären, und
wäre es sehr zu begrüTsen, wenn solche Untersuchungen auch an anderen
Orten yorgenommen würden. Dr. LAüBi-Zflrich.
Bibliographie.
Die mit * bezeichneten Werke wurden der Bedaktion zugesandt.
* Anales de Instrucciön Primaria. Montevideo 1903. gr. 8^ 87 S.
*Bbhnks, Schmitt, HintrIoer, Wagnbr, Lang und Lindhbihbr.
Niedere und höhere Schulen. Handbuch der Architektur. lY. T.
6. Halbbd. H. 1. 2. Aufl. Mit 373 Abbildungen im Text und
2 Tafehi. Stuttgart, A. Bergstrasser, 1903. gr. 8^. 360 S.
^Belloro, Antonio, Giovanni, Ing. Tipi nuovi di Constnmam Sco-
lasUche. Torino, Frat. Pozzo, 1903. 4^ 16 S.
"^GoHN, Hbrm., Prof. und Rübenoamp, Bob., Dr. Wie soüen Bücher
und Zeitungen gedruckt werden? Braunschweig, F. Yieweg & Sohn,
1903. Mit Abbüdungen im Text und 10 Druckprobe-Tafehi. 8^.
112 S. A 2,—. Gebd. A 2,80.
*DiERKS, W. Ton der Vererbung und ihrer Bedeutung für die Päda-
gogik. Pädag. Abhdlg. von W. BARTHOLOMÄUS. N. Folge. XI. Bd.
2 H. 8^ 19 S.
Döring, A. Über siUliche Ereiekung und Morahmierricht, Ztschr. f.
Pädag. Psychologie, Pathol. u. Hygiene. 5. Jahrg. 1903. H. 1/2.
*DrI80, Frau L. Die Ferienkolonien in Europa und in den Übrigen
Weltteilen. Schilderung der Entwicklung der ersten Ferienkolonie in
Odessa (zum 10. Jahr ihres Bestandes) etc. (Russ.) Odessa, G. M. Le-
vinson, 1903. 8^ 116 S.
556
*Eberhabd, 0., Rektor. Schulfreie Nachmittage? Eme Erwägung
sckulhygienischer Forderungen. Pftdag. Abhdlg. y. W. BabtholomIub.
rx. Bd. H. 1. 8^ 18 S. A —,40.
ErBiehungsheim und Frauenschiule auf dem Lande. Die Jugendfürsorge,
1903. H. 7.
^FiEDLBB uDd HOBLBMANK. Der Bau des menschlichen Mrpers. Achte
yerm. n. verb. Anfl. Mit 81 anatom. Abbild, im Text a. 5 anatom.
Tafeln im Farbendruck. Dresden, C. C. Meinhold & Söhne. 1903.
8®. 156 S. In Leinw. geb. JH 1,75.
Frioeb, H. Schwimmen und Brausen im Unterrichishetrieb der harn--
hurgischen Volksschulen. Körper und Geist, 1903. No. 5.
"^(Geschäftsbericht der Zentralschulpflege der Stadt Zürich f d. Jahr 1902.
Zürich, 1903. 8^ 124 S.
*Qesunde Jugend, Zeitschr. f. Gesnndheitspfl. in Schnle nnd Hans.
1903. ra. Jahrg. H. 3/4.
LbübübOHBR, 6., Prof. Schulargttätigheit und soMiale Hygiene.
Hartmann, A., Prof. Bericht über die Tätigkeit der an 20 G^
meindeschulen der Stadt BerUn angestellten Sdiuläriste vom 1. Juni
1900 bis 1. Juni 1902.
'^ (Ergänznngsheft). YerhandJungen der IV. Jahresversammlung des
ÄUg. D. Vereins f. Schulgesundheitspflege am 2. n. 3. Juni 1903 in
Bonn a. Rh. Leipzig u. Berlin, B. G. Teubner, 1903. S^. 126 S.
Grav, Pastor. Die F&rsorgeertiiehung schwachsinniger Wnderjähriger.
Die JugendfOrsorge, 1903. H. 7.
*HöFLBR, Alois, Dr. med. und Witasbe, Stbph., Dr. med. Hundert
psychologische Schulversuche mit Angäbe der Apparate. Zweite sehr
venu. Aufl. Mit 14 Abbildungen. Leipzig, Job. Ambr. Barth, 1903.
8«. 44 S. JH 2,—.
Honbbrinebr, f. Die Kürzung der Unterrichtszeit. Pädag. Reform,
1903. No. 21.
* Jährbuch der praktischen Medizin. Stuttgart, F. Enke, 1903. 8^.
565 S. JH 10,—.
*IOL, JoH., Dr. U. Bericht über die Tätigkeit der städtischen Bezirks-
ärzte in Brunn als Schulärzte fQr die Zeit yom 1. Mfirz 1902 bis
1. Mftrz 1903. Brunn, 1903. gr. 8®. 62 S.
EOSTBR, H. L. Das Geschlechtliche im Unterricht und in der Jugend--
lektüre. Pädag. Reform, 1903. No. 25 u. 26.
*Krümholz, Aug., Archit. Die Infektion durch TMerkulose in den
Lehrsälen der Normalschulen. Wien, 1903. 8^ 7 S.
EüLMSiQ, H. y. Tom SchuOtof. Das Schulhaus, 1903. No. 6.
Lat, W. A., Dr., Seminarlehrer. tJber Alköholmifsbrauch und Schule.
Die Gesundheitswarte der Schule. I. Jahrg. No. 7. 1903.
'^'Lbhmann, Ernst, Lehrer. Silbierfibel für Schule und Haus^ nebst
ausführlichen Anweisungen. Wenigei\jena, 1903. Selbstverlag d. Verf.
8^ 32 S. JH 1,—.
*Libbmann, Alb., Dr. med. Stotternde Kinder. Samml. y. Abhdlg. a.
d. Geb. d. pÄdag. Psychol. u. Physiol. VI. 2. 1903. 8^. 96 S.
M 2,40.
657
*Metbb, H. Th. Matthias. Die SchulsiäUm der Zukunft Hambnrg,
Leop. Voss, 1903. gr. 8®. 78 S. Jü 1.60.
^Michaelis, A. A. Fflangenheühunde. Halle, Gebaner-Schwetschke,
1903. 1. Lief.
*MüLLER, Louise und Meisb, L. Allgemeiner Beruht Über die Kinder-
gärten und KleinUnderschulen im Bezirk Zürich, 1903. 8^ 4 S.
*NlF, Ed., Dr. Zur Bemsian der Gesetzgebung über das Älkoholmonopol
Zürich, 1903. 16«. 26 8.
*Bapport 8ur VorgamsaUon du Service Hggünigue des icoles dans la
Commune de Schaerbeek, 8^ 11 S.
'^ItOTH, £., Dr. Die Wechselbmehiu/ngen zwischen Stadt und Land in
gesundheilUcher Beziehung und die Sanierung des Landes, Nach einem
anf der XXVII. Vers. d. D. Ver. f. öff. Gesundhtspfl. zn Mflnchen am
18. September 1902 geh. Vortrage. Brannschweig, F. Vieweg & Sohn.
8«. 68 S. mit 8 Tafeln. M 2,50.
Sarqekt, Walter. The Evolution of ihe Litäe Bed Schoolhouse. The
School Review. Jnne 1903.
^Sghmidtbaübr, Matte., Oberlehrer. Beform des Leseunterrichts, Im
Selbstverl. d. Verf. 8^ 46 S. M 1,—.
*SCHÜTZ, J. H. Die Gerechtigkeit gegenüber den Schüiem an den höheren
Lehranstalten, Berlin, „Leo-Hospiz% 1903. 8«. 80 S. M 1,— .
Schwer, Dr. Versuche mit Fufsbodenölen und ihre Venoendung in
Schulen. Gesundheit, No. 11—13. 1903.
^ICEINQER, A., Dr., Stadtschukat. ^eufsisches oder Badisches Schulr
tumen? Karlsmhe, G. Braun. 8^ 32 S.
* — Jahresbericht Über den Stand der dem Volksschulrektorat unter-
steUten städtischen Schulm in Mannheim im Schuljahr 1902103. 4^
45 S.
"(^TEGEMANN, DiEDRiCH. Heilung des Stottems für jedermann ver-
ständlich. Essen, G. D. B&deker, 1903. kl. 8^ 98 S. M 1,60.
'^STiLLiKe, J., Dr. Die Kurzsichtigkeit, ihre Entstehung und Bedeutung.
Mit 4 Abbild. Samml. v. Abhdlg. a. d. Geb. d. pftdag. Psychol. n.
Physiol. VL 8. 1903. 8^ 76 S. J^ 2,—.
*Stooehausbn, Otto. Jungs — Tieraus! Ernstes und Heiteres aus dem
Lehen einer Hamburger Ferienkolonie. Hambnrg, Verlag d. Schriften-
Niederlage d. Christi. Vereins Jnnger Männer, 1903. 16^. 80 S.
'^RUMPP, Jos. Körper- und Oeistespflege im sdhulpftichtigen Kindesalter.
Stuttgart, E. H. Moritz, 1903. 16^ 140 S. Geb. M 1,—.
*VeröffenUichungen der Deutschen Gesellschaft für Volksbäder. Bericht
über die Hauptversammlung zu Danzig am 30. Mai 1903. 8^. S. 173
bis 270. n. Bd. 2. H.
Waldo, C. A. Begulation of AMeiks — What Next? The School
Beyiew. May 1903.
* Wegweiser für Lehrmittel, Schulausstattung, Sammlungen und Jugend-
beschäfUgung. (A. Bennstein.) IX. Jahrg. No. 8. 1903.
*WiLKB, WiLH., Dr. med. Nervosität und Neurasthenie und deren
HeOfmg. Hildesheim, Franz Borgmeyer, 1903. S^. 191 S. M 2,—.
Geb. M 2,50.
658
*WoHRiZRK, Theodor, Dr. „KorreMor" , Apparat für karseüfireie Be-
handlimg der Bückgratsdefarmitäten. Mit 11 Abbildgn. Sep.-Abdr.
a. d. Arch« f. Orthopädie, Mechanotherapie etc. I. Bd. 2. H. gr. 8^
10 S.
Woodward, Calv. M. ä New Era in fhe PuhUc Sckools of 8i. Louis.
The School Review, Jone 1903.
Zerlegbare bewegliche Sdiuibaracken. Das Scholhans, 1903. No. 6 n. 6.
*ZlLCHERT, RoB., Dr., Schüldirektor. SchtUbericht, erstattet von der IHr
rekdon der Deutschen evangelischen PHvatvolksschule in Brag für das
Jahr 1902. 8®. 12 S.
lP«t ^i^fttliitfi
L Jahrgang. 1903. No. 9.
OristttaU^aiiiliittseii.
über die Notwendigkeit der Anstellung Ton SchnUrsten
an höheren Lehranstalten.
Vortrag, gehalten in der hygienisohen Sektion der Sohlesischen
Gesellschaft am 17. Mai 1903
▼on
Dr. Samosch, Schnlarzt in Breslau.
Das uns beschäftigende Thema steht im engsten Zusammen-
hange mit der Geschichte der Schulhygiene überhaupt. Der Ruf
nach Schulärzten konnte und kann erst dann Gehör finden, nachdem
durch die wissenschaftliche Schulhygiene die Notwendigkeit des Schul-
arztes als eines integrierenden Bestandteiles der Schulgesundheitspflege
erwiesen ist. Ich würde fürchten müssen, meine Aufgabe oberflächlich
und lückenhaft zu lösen, wenn ich nicht am Anfange meiner Aus«
führungen die Geschichte der Schulhygiene in greisen Umrissen
kurz skizzieren wollte.
Das Altertum kannte keine Schulhygiene, aus dem sehr ein-
fachen Grunde, weil es derselben nicht bedurfte. Die ürziehung
der Alten berücksichtigte in gleicher Weise die Ausbildung der
körperlichen und geistigen Fähigkeiten. Oharakteristisoh für die-
selbe bei den Hellenen war ein Sprichwort, mit dem man einen Un-
gebildeten bezeichnete, indem man sagte: „er kann weder lesen noch
schwimmen^. ^
Das Mittelalter kannte ebenfalls keine Schulhygiene, jedoch aus
einem ganz anderen Grunde. Wer sich nur ein wenig mit dem im
' Gitiert nach BuBGBBSTsnr, diese ZeUsckrift, 1888, S. 53.
0er Sohularit. L 19
158 660
ganzen recht tiefstehenden Schulwesen des Mittelalters befalst hat,
wird den Gedanken, daJs die Schulhygiene zur damaligen Zeit über-
flüssig gewesen sei, weit von sich abweisen. Die ungemein hohe
Weitschätzung des Latein — der Kirchenspraohe — im Lehrplan, das
manchmal bis zu acht Stunden täglich gelehrt wurde, die kolossale
Anspannung des Gedächtnisses, die entsetzlich schlechten äu&eren
Bedingungen des Schullebens hätten die Notwendigkeit einer Schul-
hygiene klar und deutlich genug erweisen müssen; dais es aber
trotzdem eine selche nicht gab, das lag an dem TiefiBtand der ge-
samten geistigen Kultur des Mittelalters, insbesondere a];i dem Tief-
stand der Medizin im allgemeinen und der Hygiene im besonderen.
Die neue Zeit steht zwischen Altertum und Mittelalter in der
Mitte ; sie hat das Altertum nicht erreicht, — denn dais die Schul-
hygiene heute überflüssig wäre, dürfte wohl niemand behaupten, —
und sie hat das Mittelalter überflügelt, indem sie die Schulhygiene
als einen wesentlichen Bestandteil der medizinischen und sozialen
Hygiene anerkennt. Die Geschichte der Schulhygiene der Neuzeit
ist nicht ganz so jungen Datums, wie sie auf den ersten Blick
scheinen könnte; nach Hebmai^n SchilIiEB^ haben ihr bereits Luther
und Camebaeiüs im 16., Eatichius, Helwig, Jüngb und besonders
CoBfBNiüS im 17., Basedow und seine Schüler im 18. Jahrhundert,
die Engländer Bacon und Looke, die Franzosen Montaigne und
KoüSSEAu, der Schweizer Pestalozzi Beachtung geschenkt. Auch
der Jesuiten, die in ihren Liternaten hygienische Mafsregeln durch-
führten, A. H. Fbanckes, der in den Halleschen Waisenanlagen ihnen
nacheiferte, der Philantropisten im 18. Jahrhundert, und insbesondere
GuTSMüTHs, des Schöpfers des Schulturnens, sei hier, dem Beispiele
SoHiLLEBs folgend, Erwähnung getan.
Von allen Autoren jedoch, die sich mit der Geschichte der
Schulhygiene beschäftigt haben und von denen ich SohHiLEb',
Hebmann Cohn*, ScHcrBEBT^ Edel^ Baginsky^ Landau^ er-
wähnen will, deren Arbeiten mir gröistenteils im Original zur Ver-
^ Die Schuiargtfrage, Berlin, Beuther A Beichard, 1899.
> Ebenda.
' Über die Notwendigkeit der Einführung wm Schtdärgten, Leipzig, Veit
& Co., 1886.
^ Diese Zeitschrift, 1896, S. 805.
* Diese Zeiischrift, 1897, 8. 193.
* Gesunde Jugend, 1902, S. 89, und Handbuch der Schulhygiene.
' Gesunde Jugend, 1902, 8. 291.
661 159
fügnng gestanden haben, von allen diesen Anioren wird als ein
Markstein in der systematisoh-hygienisohen Betrachtung des Schul-
wesens das im Jahre 1780 erschienene Werk Joh. Pbtbb Fbanks
bezeichnet, welches den Titel führt: „System einer vollständigen
medizinischen Polizei^'. Im zweiten Bande dieses Buches behandelt
der Verfasser als Erster im Zusammenhang und systematisch die
Gesundheitspflege der Jugend und präzisiert schulhygienische Lehren,
die zum grofsen Teil auch heute noch Geltung haben und teilweise
verwirklicht worden sind. Die politische Umwälzung am Ende des
18. und im Beginn des 19. Jahrhunderts lielüs es erklärlich erscheinen,
dafs nach Fbakk ein lang anhaltender Stillstand in der Weiter-
entwicklung der Schulhygiene eintrat. Nach den Befreiungskriegen
jedoch gaben die anders gearteten politischen Verhältnisse indirekt
Anlais zu einer neuen, in der Geschichte der Schulhygiene bemerkens-
werten Tat. In dem neu erstandenen Preufsen, das sich von den
Schioksalsschlägen des napoleonischen Zeitalters erholen mulste,
wurde von allen Schichten der Bevölkerung, insbesondere auch von
der Jugend, das Höchstmals von geistiger Arbeit verlangt. Zur
damaligen Zeit war Arbeit die Losung des preuTsischen Volkes, und
von dem Leiter des höheren Schulwesens Johannes Sohültze
berichtet Schilleb,^ dals sein Wahlspruch gewesen sei: „Arbeiten
oder untergehen**. Kein Wunder, dals sich die gesundheitsschäd-
lichen Folgen eines derartigen Regimes, namentlich in Anbetracht
der gleichzeitigen Nichtbeachtung und Beargwöhnung körperlicher
Übungen, bei der Schuljugend geltend machten und zwar in so
erheblichem Mause, dals sich der Beg.-Medizinalrat Lobinseb in
Oppeln im Jahre 1836 veranlafst sah, in seiner Schrift: „Zum Schutze
der Gesundheit in den Schulen", die damals ungemeines Aufsehen
erregte, energisch gegen die unzweckmäßige und gesundheitsschädliche
Belastung der Schuljugend Protest zu erheben. Lobinseb fand auf
pädagogischer Seite vielfachen Widerspruch, und es entspann sich
zwischen ihm und Professor Fbobiep, der sich auf seine Seite gestellt
hatte, einerseits und den Pädagogen andererseits eine lang anhaltende
Preisfehde, die man gemeinhin den LoBiNSEBSohen Schulstreit nennt.
Doch auch auf den LoBiNSEBschen Weckruf folgte noch kein Er-
wachen. Die hygienische Wissenschaft war noch zu jung, ihre
Ergebnisse noch zu geringfügig und unsicher, als dafs sich ein
spezielles Gebiet derselben, die Schulhygiene, schon hätte Bahn
* 1. c.
160 662
brechen können, n^enn anoh einzelne Stimmen, die die hygienische
Bedbachtong der Schalen verlangten, nie ganz yerstnmmten ; eine
entscheidende Wendung trat jedoch erst in den sechziger Jahren
des vergangenen Jahrhunderts ein; in diese Zeit &llt der Beginn
derjenigen Epoche, in der die Schulhygiene in allerdings schwerem
Kampfe von Sieg zu Sieg schritt.
Es hieise Eulen nach Athen tragen und würde den Aaum
meines Referats bedeutend überschreiten, wenn ich an dieser Statte,
wo die Schulhygiene, dank der Bemühungen eines ihrer tatkräftigsten
und eifrigsten Förderers, des Herrn Professor Hermann Cohn, stets
eine gerechte und wohlwollende Würdigung femd, eine genaue Über-
sicht über die weiteren Fortschritte der Schulhygiene geben wollt«.
Die bahnbrechenden und bedeutungsvollen Untersuchungen, die sich
an die Namen Fahbneb, Hebmann Cohn, Yibchow, Gboss, El-
LiNGEB, Falk, Eotelmann, Hebtbl, Axel Key, Büboebstein,
Ebismann, Schübebt und noch viele andere knüpfen, sind in unserer
Sektion schon wiederholt erörtert und diskutiert worden, und ich
muls und darf mich begnügen, dem Thema entsprechend, mich mit
der praktisch wichtigsten Errungenschaft der Schulhygiene, mit dem
Schularzt, zu beschäftigen.
Die Frage, betreffend die Notwendigkeit der Einführung von
Schulärzten überhaupt, dürfte heute prinzipiell und durchgehend im
bejahenden Sinne entschieden sein. Gerade die letzten Jahre haben
uns auf diesem Gebiete überraschende Erfolge gebracht, und konnte
Dr. Wex^ in einer diesjährigen Arbeit angeben, dafs bereits 65
deutsche Städte Schulärzte angestellt haben. Wenn es auch hie und
da noch Leute geben sollte, die die Schularztinstitution nicht aner-
kennen und bekämpfen, so stehe ich nicht an, dieselben auf eine
Stufe zu stellen mit denjenigen, die nach der Einführung der Eisen-
bahn die Segnungen der Postkutsche priesen. Wie die Gegner der
Eisenbahn ausgestorben sind, so dürften die Feinde der Schukrzt-
institution allmählich dahinschwinden.
Immerhin ist die Schularzt&age noch nicht nach allen Seiten
hin und definitiv geregelt. Eine Reihe von prinzipiell wichtigen
ünterfragen harrt noch der Lösung. Neben dem weiteren Ausbau
der bestehenden Schularztinstitution, der Begrenzung ihres ümfanges,
der Regelung der Technik des schulärztlichen Dienstes verlangt in
erster Reihe Beantwortung die Frage: „Sollen für höhere Schulen
^ Diese SkiUchrift, 1903, S. 63.
663 161
Schulärzte angestellt werden?** eine Frage, die ja bekanntlich für
Breslau akut geworden ist. Merkwürdigerweise sind nämlich in
Deutschland — das Ausland übertri£Pt uns hierin — meines Wissens
mit einer einzigen Ausnahme bisher nur Schulärzte für Volks-
schulen angestellt worden. Diese Tatsache erscheint befremdlich in
Anbetracht des Umstandes, dafs die Schulhygiene ihren Ausgangs«
punkt nahm von der Entdeckung gesundheitlicher Übelstände an
höheren Schulen. Das Befremdliche schwindet sofort, wenn wir an
die soziale Politik der letzten Jahrzehnte denken, eine Politik, die
unablässig bemüht ist, die ungünstige soziale Lage der minder be-
güterten Stände zu verbessem. Die obligatorische Schulpflicht, die
allgemeiner ist als die Wehrpflicht, weil sie alle Individuen, Knaben
und Mädchen, ausnahmslos umfafst, hat den Behörden die Verpflich-
tung auferlegt, dafür zu sorgen, daCs die Erfüllung dieser Pflicht
nicht mit Gefahren für die Gesundheit der Kinder verbunden sei.
Wenn man nun auch in den ersten Jahren zunächst an die Volks-
fichulkinder gedacht hat, so ist es meines Erachtens nun wohl auch
an der Zeit, sich der Schüler der höheren Lehranstalten zu er-
innern. Denn auch sie sind Soldaten im Schulstaate, und auch bei
ihnen mufs dafür gesorgt werden, dals sie in Erfüllung ihrer Pflicht
nicht an Leib und Leben geschädigt werden; auch sie müssen frisch
und leistungsfähig erhalten werden, um später ihren Pflichten als
Staatsbürger gerecht werden zu können.
Aus dem eben Gesagten werden Sie entnehmen, dafs ich
schon von einem rein sozialen Gesichtspunkte aus, dem Geiste
der Zeit entsprechend, die peinlichste Beobachtung der Schul-
hygiene an höheren Schulen für notwendig halte. Ich werde in
folgendem den Nachweis zu führen haben, dafs insbesondere die An-
6telluog von Schulärzten an höheren Schulen notwendig, möglich
and durchführbar ist.
Die Aufgaben der praktischen Schulhygiene zerfallen gemeinhin
in drei Teile:
1. Die Hygiene des Unterrichts. Dahin gehören die
hygienische Begutachtung und Begelung des Lehr- und Stundenplans,
der zweckmäfsigen Verteilung von Buhe und Arbeit, die hygienische
Betrachtung der Lehrmethode. Diese sehr schwierige Aufgabe kann
nur von einer Zentralstelle aus gelöst werden.
2. Die Hygiene der äufseren Bedingungen des Schul-
lebens, des Schulgebäudes, der Subsellien, Lehrmittel etc.
Diese Aufgabe kann im Prinzip von einer Zentralstelle aus gelöst
Der Sehalarst. L 20
162 664
»
werden, bedarf aber znr Durcbführung im einzelneD der ständigen
Kontrolle des Sachverständigen, am besten des Sohnlarztes.
3. Die Hygiene des Individuums. Diese Aufgabe kann
nur vom Schularzt gelöst werden.
Über Funkt 1 muis ich mich sehr kurz fassen, weil ich eigene
Erfahrungen auf diesem Gebiete nicht besitze, und weil mir anderer-
seits das Studium der Literatur gezeigt hat, dafs trotz der Massen-
haftigkeit des in derselben niedergelegten Materials ein einwandsfreies
Ergebnis bisher nicht zu Tage gefördert worden ist. Ich erhoffe von
einer weit ausgebreiteten schulärztlichen Tätigkeit, dafs sie die Grund-
lagen schaffen wird, auf denen dann diese Aufgabe von der Zentral-
stelle aus gelöst werden kann.
Über Punkt 2 kann ich mich gleichfalls kurz fassen. Es wird wohl
niemand bestreiten, dafs in höheren Schulen die äufseren Bedingun-
gen des Schullebens manchmal schlechter sind als in den Volks-
schulen der grofsen Städte, und dafs sie dringend einer hygienischen
Revision und Begutachtung bedürfen.
Punkt 3 ist der Kernpunkt der heutigen schulärztlichen Tätig-
keit, und es liegt mir ob, nachzuweisen, dals auch an höheren Schulen
dieser Punkt von ma&gebender Bedeutung ist, und dafs die Lösung
dieser Aufgabe in gewissem Sinne Grundbedingung ist für eine
erspriefdiiche, praktische Schulhygiene überhaupt.
Es ist eine weit verbreitete Anschauung, die Hygiene des
Individuums sei in höheren Schulen unnötig und überflüssig,
weil für die Besucher dieser Lehranstalten das Elternhaus genü-
gend sorge. Diese Argumentation halte ich für falsch. Nehmen
wir zunächst einmal an, die Voraussetzung wäre richtig, das heifst
den Kindern höherer Schulen würde von den Eltern die genügende
hygienische Fürsorge zu teil, so ist um dessentwillen die schulärzt-
liche Hygiene des Individuums durchaus nicht überflüssig und
unnötig ; denn es handelt sich ja bei höheren Schulen nicht so sehr
darum, dafs der Schularzt bei den Kindern verborgene Krankheits-
keime entdeckt und die Eltern mit seinem Befunde überrascht,
sondern es ist seine Aufgabe, den Einflufs des Schullebens auf die
Einzelindividuen zu beobachten und zu studieren. Dazu ist aber
vor allem nötig, dals der Schularzt die Einzelindividuen kennt; wie
sollte er denn in der Lage sein, die Wechselbeziehungen zwischen
zwei Faktoren, hier Schule und Individuum, zu erforschen und fest-
zustellen, wenn er nur einen Faktor berücksichtigen darf. Die
Einzeluntersuchung an höheren Schulen ist nicht wie bei Volks-
665 163
schulen der Endzweck, um durch dieselbe eine Besserung im Ge-
sundheitszustand des eventuell für krank befundenen Kindes herbei-
zuführen, sondern sie ist nur ein, allerdings unentbehrliches, Mittel
zum Zweck. Der Segen solcher Einzeluntersuchungen dürfte nicht
dem einzelnen Kinde direkt und sofort zu teil werden, sondern
würde, was vielleicht noch wichtiger ist, der Gesamtheit, und zwar
indirekt, zu gute kommen. Ist erst einmal durch zahlreiche
Sinzeluntersuchungen und andauernde Beobachtung festgestellt, dafs
die Bedingungen des Schullebens einen ungünstigen Einflufs aus-
üben, so werden diese Bedingungen geändert, respektive gebessert
werden müssen, das heifst, es würde auf der Basis der Einzel-
untersuchungen der Gesamtheit ein beträchtlicher Nutzen erwachsen.
Das tri£Ft unter allen umständen zu, auch wenn, wie wir voraus-
gesetzt haben, von Seiten des Elternhauses allen Eandern die nötige
hygienische Fürsorge zu teil wird. Tatsächlich besteht aber diese
Voraussetzung nicht in deii allgemeinen Umfange zu Becht, wie
man allgemein glaubt. Sind denn die Fälle gar so spärlich, wo
gerade in den besseren Ständen Eltern aus übermä&iger Eitelkeit
ihre Eander der Krankheit geradezu in die Arme führen, indem sie
die armen gequälten, insuffizienten Kinder unter einer verderblichen
Anstachelung des Ehrgeizes zu immer gröfseren Anstrengungen
anspornen? Ist das hygienische Fürsorge? Sollte da nicht der
Schularzt in solchen Fällen der Schule und durch dieselbe vielleicht
auch den Eltern einen segensreichen Wink geben können ? Ein Kon-
flikt mit dem Hausarzt ist hier nicht zu befürchten, denn in solchen
Fällen ist derselbe entweder gar nicht gefragt worden, oder sein war-
nender Bat ist unberücksichtigt geblieben, und es kann ihm nur
angenehm sein, wenn er auf Veranlassung des Schularztes durch die
Schule zum Einschreiten veranlaJst wird, oder wenn seine Autorität
von amtlicher Seite gestützt wird. Becht treffend äufsert sich
ScHUBEBT^ über die so sehr gerühmte hygienische Fürsorge der
Eltern in den besseren Ständen: „Man hat gerade mit Bücksicht
auf dieses Arbeitsgebiet der Schulärzte, nämlich die individuelle
Hygiene, gesagt, dafs sie für höhere Schulen entbehrlich sei, weil
hier die soziale Stellung der Eltern Gewähr dafür biete, dafs die
Gesundheit der Kinder genügend gepflegt und jeder Elrankheitskeim
mit Hilfe der Hausärzte rechtzeitig erkannt werde. Aber ganz ab-
gesehen davon, dafs die Gymnasien und Bealschulen kein Beservat-
[i
i ^ Diese Zeitschrift, 1899, S. 582.
20*
164 666
recht der sogenannten besseren Stände sind, noch auch sein sollen,
so kann auch nicht behauptet werden, dals mit der höheren gesell-
schaftlichen Stellung der Familie und mit der gröfseren Wohlhaben-
heit das Verständnis für Hygiene und Körperpflege der Kinder
gleichen Schritt hält. Eine naturwissenschaftliche Weltanschauung
und, was damit zusammenhängt, eine richtige und unbefangene Wür-
digung der Bedingungen für das körperliche Wohl, gehen nicht immer
Hand in Hand mit geschäftlicher Intelligenz, mit philologischer
Gelehrsamkeit und juristischem Scharfsinn. So wird z. B. das Er-
suchen um ärztliche Zeugnisse zur Befreiung vom Turnunterricht
für Kinder, die solcher Körperübungen recht dringend bedürfen,
weit seltener von den Eltern der Yolksschüler, als von den Eltern
der Gymnasiasten und sogenannten höheren Töchter gestellt.*'
In dem Gutachten einer vom Stuttgarter ärztlichen Verein zur
Bearbeitung der Schularztfrage eingesetzten Kommission^ ist der Satz
enthalten: „Allein auch in höheren Sehnen stammt ein nicht geringer
Prozentsatz von Kindern aus Familien, in denen eine Gewähr für
regelmäßige hausärztliche Überwachung nicht gegeben ist". Oberlehrer
Wetekamp' hat sich hier in der hygienischen Sektion gelegentlich
einer Diskussion über die Schularztfrage dahin ausgesprochen, dais
auch in höheren Schulen Schulärzte notwendig seien, da er selbst
auf Gymnasien erfahren habe, dafs Kinder, die für dumm oder
schwach angesehen wurden, sich ah schwerhörig oder mit Erkrankun-
gen des Nasen -Rachenraumes behaftet gezeigt haben. Oberlehrer
RolIjEB betont in seiner Schrift „Das Bedürfnis nach Schulärzten
für höhere Lehranstalten*'* zwar auch, dafs in höheren Schulen die
hygienische Überwachung der Schüler seitens der Eltern eine bessere
sei als in Volksschulen, führt aber daneben Folgendes aus: ,,Aber
für die Schüler der höheren Lehranstalten solcher Städte, wo mehrere
höhere Schulen existieren, möchte ich eine besonders groD^e Sorgfalt
in dieser Beziehung in Zweifel ziehen, da sehr häufig die Bitern
der Schüler der letztgenannten Anstalten pekuniär unfähig sind, den
Hausarzt oft zu Rate zu ziehen. So sind z. B. bei den Realanstaiten
Darmstadts, was den elterlichen Beruf anbelangt, manche sogenannten
höheren Berufsarten kaum vertreten.^
Wir haben somit gesehen, dais die Hygiene des Individuums
' Diese Zeitschrift, 1902, S. 637.
* Diese Zeitschrift, 1898, S. 658.
' Hambarg, Leopold Voss, 1902.
667 165
als Mittel zum Zweck uneDtbehrlioli ist. Wir haben femer ge-
sehen, dafs die hygienische Fürsorge seitens der Eltern auch bei
Schülern höherer Lehranstalten nicht immer in dem Mafse vor-
handen ist, wie man es voraussetzt. Es erübrigt nun noch die
Prüfung der Frage, ob denn der Gesundheitszustand der höheren
Schuljugend überhaupt ein Einschreiten berechtigt und erheischt.
!Es wäre ja denkbar, dafs der überwiegend gröfste Teil der Kinder
sich einer blühenden Gesundheit erfreut, und dafs die Schulhygiene
inklusive Schularzt überflüssig und entbehrlich wäre. Dafe dem
nicht so ist, darauf weisen schon die Untersuchungen hin, auf denen
sich die Schulhygiene aufgebaut hat, und die recht verblüffende
Hesultate in pejus ergeben haben. Da es sich aber hierbei meist um
Spezialuntersuchungen gehandelt hat, so dtU^te es angebracht
sein, die neueste Literatur daraufhin anzusehen, welche Anhaltspunkte
sie uns für die Beurteilung des allgemeinen Gesundheitszustandes
— der sogenannten chronischen Kränklichkeit — gewährt.
Die wichtigsten, wissenschaftlich exaktesten diesbezüglichen
Forschungen stammen aus Dänemark und Schweden. Im Jahre 1881
untersuchte Axel Hertel in Kopenhagen 3141 Knaben und 1211
Madchen der höheren Schulen behufs Feststellung ihres Gesundheits-
zustandes ; im folgenden Jahre wurden in Dänemark von einer eigens
dazu eingesetzten Kommission 17595 Knaben und 11646 Mädchen,
teils den höheren, teils den Volksschulen angehörend, zu demselben
Zweck untersucht, und im gleichen Jahre von einer schwedischen
Kommission 14434 Knaben und 3072 Mädchen, nur den höheren
Schulen angehörend. Die Untersuchungen wurden sämtlich von
annähernd gleichen Gesichtspunkten und in gleicher Form angestellt.
Bei den höheren Schülern wurde die Beantwortung von Fragebogen,
die recht detaillierte Fragen über Anamnese, Gesundheitszustand,
Arbeits- und Schlafenszeit, Privatbeschäftigung etc. enthielten, verlangt,
und wurden nur die sorgfältig beantworteten Fragebogen zur weiteren
Bearbeitung verwandt. Die Yolksschüler wurden einzeln ärztlich
untersucht. Ich muls es mir versagen, hier im detail auf die wahr-
haft verblüffenden Resultate einzugehen, und verweise diesbezüglich,
insbesondere was die schwedischen Dntersuchungen anbetrifft, auf
den von Axel Key* erstatteten Bericht, der meines Erachtens den
^ Axel Kits Schulhygienüche ühteraitchungen. In deutscher Bearbeitung
herausgegeben von Dr. Leo Burokbstbik in Wien, Hamburg und Leipzig.
Leopold Voss, 1889.
166 668
G-egenstand in seitdem nnerreicliter Weise ersohöpft, und von dem
eine yorzügliche auszugsweise Bearbeitung von Bitbgebstein existiert.
Für einen eventuellen künftigen Schularzt an höheren Schulen dürfte
dieses Buch ein unentbehrlicher und sicherer Führer sein. Ich be-
schränke mich hier, die Angaben Axel Hebtbls^ wiederzugeben,
der die Resultate aller drei üntersuchungsreihen zusammengefabt and
Folgendes festgestellt hat: 29 7o aller Knaben in höheren und in
Volksschulen sind krank, 20% sind es bereits beim Schuleintritt,
im 8. Lebensjahre sind es 28 %» dann steigt die Zahl der Kranken
langsam bis zum 10. Jahre an, um im 11. Lebensjahre stehen zu
bleiben oder zu fallen. Im 12. Lebensjahre wird jedoch das Maximum
von 31 Vo erreicht, dann sinkt die Zahl bis zum 16. Lebensjahre, um
nachher wieder etwas zu steigen. Von den Mädchen sind 41 %
krank, beim Schuleintritt sind es 25%, im 10. Lebensjahre 43%,
dann folgt ein Stillstand; mit 13 Jahren wird das Maximum von
51% erreicht. Der Gang der Krankheitskurve ist sowohl für Knaben,
wie für Mädchen bei allen drei Untersuchungen annähernd derselbe.
Zu diesen ziffemmäfsigen Resultaten füge ich noch einige
wenige, besonders interessante Ergebnisse hinzu. Die dänischen
Untersuchungen lehren, dals die Krankenprozente bei den Schülern
höherer Lehranstalten und bei den Yolksschülem annähernd die
gleichen sind; die durch die ungünstigen sozialen Verhältnisse be-
dingte Gesundheitsschädigung auf der einen Seite entspricht der
durch die geistige Mehrarbeit bedingten Gesundheiteschädigung auf
der anderen Seite. Die Arbeitezeit beträgt in den höheren Klassen
in Dänemark pro Tag 9 — 9Vs Stunden, in Schweden 10-^11 Stunden,
ohne den Priratunterricht. Die Bedeutung der Arbeitszeit erhellt
aus folgendem: In Dänemark wiesen diejenigen Schüler, die länger
als es der Durchschnittszeit entsprach, arbeiteten, eine um 7% gröDsere
Kränklichkeit auf, in Schweden betrug die Differenz 5Vo> In letz-
terem Lande ergab sich auch an verschiedenen Gymnasien eine ver-
schieden lange Arbeitszeit, ohne daljs der gröfseren Arbeitedauer
bessere Leistungen enteprachen. Bezüglich der Schlafenszeit ergab
sich, dab dieselbe durchgehends zu kurz war.
Das Besumä, das Hebtel aus seiner Zusammenfassung der
genannten drei Üntersuchungsreihen zieht, lautet annähernd wort-
getreu: Durch diese Untersuchungen, welche nicht weniger als 50000
Schulkinder umfassen, und zwar ca. 35000 Kinder der höheren Schulen
' Dim Zeitschriftj 1888, S. 167.
669 167
und 15000 Volkssohalkinder, sind die wesentlichsten Grundlagen für
die Beurteilung der physischen Entwicklung und der Gesundheit des
heranwachsenden Geschlechts auf das gründlichste und sorgfältigste
festgestellt worden, unter den gewonnenen Resultaten ist ein Faktum
von gröister Bedeutung, dafs die Erftnklichkeit in den oberen Klassen
grOüser als in den unteren ist, und dab ein Drittel der Knaben und
mehr als die Hälfte der Mädchen in den wichtigsten Jahren an
Krankheiten, wie Skrophulose, Blutarmut und Nervosität leideu,
welche auf das geistige und körperliche Wohlbefinden einen durch-
greifenden Einfluis ausüben. Eine grolse Zahl ist überdies kurzsichtig
oder besitzt ein mangelhaftes Gehör. Das ist wahrhaftig ein trauriges
Bild der heranwachsenden Jugend, zumal nicht nur die Kinder,
welche in Not und Elend leben, sondern auch die der wohlhabenden
Stände schwach und kränklich sind. Die Schuld daran trägt bei
letzteren die übermäßige Schularbeit, welche ihnen nicht erlaubt, der
für ihr Alter nötigen Ruhe zu pflegen.
Die eben erwähnten Untersuchungen in den nordischen Ländern
scheinen mir nach einer Richtung eine ganz besondere Bedeutung
beanspruchen zu dürfen, nämlich nach der Seite hin, dals sie den
Weg zeigen, auf dem wir vielleicht einmal zu einem sicheren
Urteil über die etwas ominöse Überbürdungsfrage gelangen könnten.
Erst wenn wir, wie es in Schweden der Fall ist, den Ge-
sundheitszustand der Jugend an sich genau kennen, erst wenn
wir über den Einflufs der einzelnen Bedingungen des Schul
lebens, z. B. der Arbeitszeit und Arbeitsintensität, sichere Er-
fahrungen besitzen, und erst wenn wir gewisse Bedingungen
des kindlichen Lebens aulserhalb der Schule, z. B. die freiwillige
Mehrarbeit in Form von Musikstunden und anderem Privatunter-
richt kennen, erst dann werden wir in der Lage sein, die Wechsel-
beziehungen zwischen den einzelnen Faktoren zu studieren, und erst
dann werden wir die Behauptung von der Überbürdung der Schüler
bestätigen oder zurückweisen können. Einen Beitrag in der eben
gekennzeichneten Richtung hat in Deutschland Schmid - Monnabd
zu geben versucht in zwei Arbeiten, von denen die erste aus dem
Jahre 1897 den Titel führt: „Die chronische Elränklichkeit in unseren
mittleren und höheren Schulen**, während die zweite, aus dem Jahre
1899 stammende, die Entstehung und Verhütung nervöser Zustände
bei Schülern höherer Lehranstalten zum Gegenstande hat.^ Li der
* Diese Zeitschrift, 1897, S. 593 und 1899, S. 1
168 670
ersten Arbeit hat der Verfasser unter Zugrundelegung von Unter-
suchungen an 5100 Knaben und 3200 Mädohen folgende Punkte
mehr und minder ausführlich erörtert und diskutiert:
1. Die chronische Kränklichkeit der Schulkinder im allge-
meinen. 2. Die chronische EIrftnklichkeit in den Mittelschulen^
im Vergleich zu der an höheren Schulen; sowohl bei den höheren
Schulen, wie bei den Mittelschulen wurden einzelne Anstalten ans
besonderen Gründen einzeln herausgegriffen. 3. Die Verbreitung
der Kurzsichtigkeit; leider wurden hierbei nur die Brillenträger
berücksichtigt. 4. Die obligatorische Arbeitszeit in Schule und
Haus. 5. Die freiwillige Mehrarbeit. 6. Die Schlafdauer. 7. Der
EinfluUs der Arbeitsdauer auf die Ermüdung. 8. Der Einfluls der
körperlichen Übungen. 9. Körperentwicklung vor und nach der
Schulzeit. 10. Lüftung und Heizung. 11. Akute Krankheiten.
Die Schluissätze des Verfassers lauten, soweit sie sich auf die chro-
nische Kränklichkeit beziehen, annähernd wortgetreu folgendermaßen :
1. Die chronische Kränklichkeit tritt in höherem MaiSse bei
Mädchen als bei Knaben auf. 2. Die Zahl der chronisch Kränk-
lichen vermehrt sich im Laufe der Jahre. Es verlassen durch-
schnittlich mehr kränkliche Schüler die Schule als hineinkommen.
3. Die chronische Kränklichkeit ist verschieden häufig in ver-
schiedenen Schulen. Sie tritt besonders da auf, wo der Unter-
richt über den ganzen Tag verteilt ist, und wo den Schülern
wenig oder keine freie Zeit bleibt, um genügend an die Luft zu
kommen. Die Zahlen der chronisch Kränklichen stufen sich so
ab, dals die geistig wenig belasteten Mittelschulen, trotz ihree
körperlich minderwertigeren Materials, schlieislich die wenigst
Kränklichen aufweisen. Auf einzelnen höheren fiaiabenschulen
mit starker Arbeitsleistung und ungünstiger Tageseinteilung über-
trifft die Zahl der Kränklichen besonders die der ^Nervösen, sogar
die der Mädchen aus den gleichen Familien, obwohl doch die
Mädchen als die zarteren und empfindlicheren gelten müssen.
4. Die chronische Elränklichkeit geht nicht nur Hand in Hand
mit der Arbeitslast und mit ungünstiger Verteilung der Arbeit,
sondern auch mit Verkürzung der Schlafdauer und mit der
Steigerung der freiwilligen Mehrarbeit. 5. Im 13. bis 14. Lebens-
jahre findet in wenig mit Hausarbeit belasteten Bürger- und Mittel-
schulen bei Knaben und Mädchen ein normaler Rückgang der
Kränklichkeit statt, derselbe fehlt auf höheren Knaben- und Mäd-
chenschulen mit starken geistigen Anforderungen.
671 169
Die ziffemmftftigen Ergebnisse der ÜDtersachangen über die
cbronisohe Kränkliobkeit waren folgende:
7. — 11. Lebensjahr
Knaben Mädchen
1. Mittelschulen 16— 307o krank 17—41% krank
2. HöhereSohulen 14— 277o „ 16— 367o „
12. — 18. Lebensjahr
Knaben Mädchen
1. Mittelschulen 307o, absteigend 36—40%, absteig. bis auf 27 7o
bis auf 18%
2. Höhere Schulen:
a) Internate mit zweckmftlisiger
Tageseinteilung 25 7o, aber 30—42—58%
ohne die bei Mittelschulen
beobachtete Abnahme,
b) Externate m. unzweckmäfsiger
Tageseinteilung und starker
Überlastung 19—30—60%.
(Fortsetzung folgt.)
DiettMi^^ttttitjen für S^niaxjtt.
Dienstanweisung
fOr die Schulärzte an den fiemeindeschulen eu Berlin.
1. Dem Schalarzte liegt es ob, bei der Einschnlnng die Kinder auf
ihre Schnlfähigkeit zn antersucben. Dem Schalarzte werden zu diesem
Zweck von dem Schalkommissions Vorsteher bei der i^nmeldang der Kinder
und von dem Rektor beim Eintritt der Kinder in die Schale diejenigen
zugesandt, welche bezüglich ihrer Schalffthigkeit als zweifelhaft erscheinen.
Aafserdem hat der Schalarzt möglichst bald nach Beginn der Schale die
Neaaufgenommenen zu antersachen. Diese üntersachangen mOssen inner-
halb der ersten sechs Wochen des Schalhalbjahres beendet sein.
Die in der Regel in Gegenwart der Eltern bezw. der Erziehangs-
verpflichteten vorzunehmende Untersachang erstreckt sich aaf die körper-
liche und geistige Entwicklang und auf die Sinnesorgane, Atmangsorgane,
Herz, Gliedmafsen, Mundhöhle, Wirbelsäule, bei Knaben auch auf den
Bauch (Brachpforten). Die als nicht schulfähig erkannten Kinder sollen
zanächst auf ein halbes Jahr, nötigenfalls auf längere Zeit zurückgestellt
und nach Ablauf dieser Zeit von neuem untersucht werden.
170 672
Über diejenigen Kinder, welche als schulfthig, aber nicht als völlig
gesnnd ermittelt werden nnd welche beim Unterricht besonders berück-
sichtigt werden sollen (beim Tarnen, beim Gesang) oder eines besonderen
Sitzplatzes bedürfen (wegen Gesichts- oder Gehörfehler etc.), ist ein be-
sonderer Schein — Überwachungsschein — aoszostellen, welcher vom
Klassenlehrer des Kindes aufzubewahren ist. Diese Kinder sollen vom
Schularzte fortlaufend beobachtet werden.
2. Der Schularzt hat die Prüfung der füi: den Nebenunterricht vor-
geschlagenen Kinder auf körperliche und psychische Mängel, insbesondere
auch auf etwaige Fehler an den Sinnesorganen vorzunehmen.
3. Der Schularzt hat die Prüfung der für den Stottererunterricht vor-
geschlagenen Kinder besonders bezüglich der Atmungsorgane vorzunehmen.
Sowohl über die für die Nebenklassen als für die Stottererkurse unter-
suchten Kinder sind besondere Fragebogen auszufüllen. Die Untersuchungen
sollen in der Regel in Gegenwart der Eltern in der Wohnung des Arztes
stattfinden.
4. Der Schularzt hat auf Ersuchen der Schulkommission die Unter-
suchung von angeblich durch Krankheit am Schulbesuch verhinderten
Kindern, wenn Verdacht auf ungerechtfertigtes Fembleiben besteht, vor-
zunehmen, um festzustellen, ob die SchulversfLumnis gerechtfertigt ist.
Sind ärztliche Atteste vorhanden, so sollen solche Prüfungen auf Ver-
anlassung der Schulkommission nur dann vorgenommen werden, wenn be-
sondere Umstände vorliegen, welche eine solche Prüfung erforderlich
erscheinen lassen.
5. Der Schularzt ist verpflichtet zur Abgabe von schriftlichen, von
der Schuldeputation erforderten Gutachten
a) über den Gesundheitszustand einzelner Kinder,
b) über das Vorhandensein von ansteckenden Krankheiten,
c) über vermutete, die Gesundheit der Lehrer oder Schüler benach-
teiligende Einrichtungen des Schulhauses und seiner Geräte.
6. Der Schularzt ist verpflichtet, über krankheitsverdächtige Kinder,
welche ihm vom Bektor zur Untersuchung zugesandt werden, Gutachten
abzugeben, bei dauernden Krankheitszuständen Krankheitsscheine aus-
zustellen.
7. Der Schularzt hat die Schule mindestens zweimal halbjährlich zn
besuchen. Die Zeit ist im Einvernehmen mit dem Rektor zu wählen.
Bei diesen Besuchen hat der Schularzt die Aufgabe,
a) das Schulhaus und die Klassenräume bezüglich der hygienischen
Verhältnisse zu untersuchen und den Rektor bezüglich der Aus-
führung hygienischer Mafsregeln zu beraten.
b) die Kinder bezüglich ihres Gesundheitszustandes zu beobachten.
Besonders zu berücksichtigen sind diejenigen Kinder, über welche
Überwachungsscheine vorhanden sind. Über Kinder, welche als
nicht völlig gesund, als berücksichtigungsbedfirftig ermittelt werden,
sind Überwachnngsscheine auszustellen.
Vorgefundene hygienische Mifsstände sind der Schuldeputation
mitzuteilen.
Aulser den Gemeindeschulen kann dem Schularzte der Besuch
673 171
der Nebenklassen nnd der Stottererkarse, sowie auch der einmal
jfthrlicb vorzunehmende Besuch der. höheren Töchterschnlen, Real-
schulen, Fortbildungsschulen etc. flbertragen werden.
8. Der Schularzt ist verpflichtet, bei auftretenden Infektionskrankheiten
und in sonstigen dringenden Fällen auf Ersuchen des Rektors in der
Schule zu erscheinen.
9. Die Schulärzte haben bis spätestens 15. April einen schriftlichen
Bericht über ihre Tätigkeit in dem abgelaufenen Schuljahr einzureichen.
10. Die ärztliche Behandlung erkrankter von ihm untersuchter Kinder
ist dem Schularzte nicht gestattet.
11. Die Schulärzte werden periodisch zu Beratungen berufen, welche
von einem dazu vom Vorsitzenden der Schuldeputation bestimmten Mit-
gliede der Schuldeputation geleitet werden.
12. Die in amtlicher Eigenschaft gemachten Beobachtungen dflrfen
nur nach Genehmigung des Vorsitzenden der Schuldeputation veröffentlicht
werden.
13. Ist der Schularzt länger als vierzehn Tage während der Schulzeit
verhindert, seine Tätigkeit auszuüben, so hat er für kostenlose Vertretung
durch einen anderen Schularzt zu sorgen und der Schuldeputation und dem
Rektor von dieser Vertretung Mitteilung zu machen.
14. Die Schulärzte sollen in der Nähe der Schulen wohnen, für die
sie bestellt sind.
Sie haben nicht die Eigenschaft von Gemeindebeamten im Sinne des
Eommunalbeamtengesetzes vom 30. Juli 1899.
Der Dienstvertrag kann nur nach vorausgegangener vierteljährlicher
Kündigung seitens des Schularztes oder seitens des Magistrats aufgehoben
werden.
Berlin, den 3. April 1903.
Magistrat hiesiger Königlicher Haupt- und Residenzstadt.
KlBSCHNEB.
PenonalyeneichniB der Schnlärite des Deutschen Beichee.^
Aachen.
Dressen, Dr. Jos., Obmann. — Bardenheuer, Dr. Heinr. — Baur-
manuy Dr. Bemh. — Chantraine, Dr. Wilh. — Kaufmann, Dr. Mich.,
Sanitatsrat. — Kremer« Dr. Jac. — Bspe, Dr. Theod. — Quintin, Dr.
Heinr. — Schmits, Dr. Job. — Thelen» Dr. Jos. — ünverfehrt,
Dr. Joh.
Thier, Dr. Karl, Augenant. — Dremmen, Dr. Hubert, Ohrenant.
* Vergl. Soholarztwesen in Deataohland, von Dr. Paul Schubxbt, in
Schulo^nt No. 7 u. 8.
172 674
AlteDesseH (Beg.-Bez. Düsseldorf).
Baohner, Dr. Theod. — Kirohberg, Dr. Karl. — Klinghols, Dr.
Hago. — Kunz, Dr. Herrn. — Neglein, Dr. Hugo. — TapeBBer, Dr. Job.
Akey (Grofsherzogtum Hessen).
Scbaeffer, Dr., Kreisarzt.
Apolda (Sachsen- Weimar).
Jaenicke, Dr. Karl, Polizeiarzt. — Lilie, Dr. Wilhelm.
Angnstnsbiirg (Erzgebirge).
Stecher, Dr. G.
Beeck (Reg.-Bez. Düsseldorf).
Gobel, Dr. Otto, in Ruhrort. — Greifenhagen, Dr. Max, in Beeck. —
Halbfas, Dr. Bob., in Beeck.
Berlin.
Andreas, Dr. H. — Bernhard, Dr, Leop. — BiesaUki, Dr. Konrad.
— Borchardt, Dr. Joe. — Buttmann, Dr. H. — Cohn, Dr. Herrn. —
Gramm, Dr. G. — Dengel, Dr., Sanitätsrat. — Diesterweg, Dr. Adol£. —
Fränkel, Dr. Arthur. — Gosseis, Dr. Wilh. — Hahn, Dr. Ludwig. —
Hamburger, Dr. Karl. — Hösch, Dr. F. W. — Igel, Dr. — Kindler,
Dr. Eduard. ^ Klette, Dr. N. — Lemke, Dr. Rieh. — Lewandowski,
Dr. A. — Lisso, Dr. Herrn. — Meyer, Dr. Paul. — Müller, Dr. Martin. —
Nawratzki, Dr. Emil. — Pagel, Dr. JuL, Professor. — Bau, Dr. Jul. —
Boeder, Dr. H. — Schafer, Dr. M. — Schenk, Dr. Paul. — Schnitz,
Dr. Rieh. — Semler, Dr. Paul. — Seydel, Dr. Otto. — Strecker, Dr.
Karl. — Trzebiatowski, Dr. Aurel. — Wallenstein, Dr. F. — Wendt,
Dr. Ernst. — Wolff, Dr. Jacob.
Benneckenstein (Reg.-Bez. Erfurt).
Starck, Dr. Karl. — Volkmar, Dr. Aug.
Bielefeld (Reg.-Bez. Minden).
Nünninghoff, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt.^
Bischmisheim (Reg.-Bez. Trier).
B autsch, Dr. Ad., in Brebach.
Bismarck (Reg.-Bez. Arnsberg).
Dan st, Dr. Ernst, in Hüllen. — Helf, Dr. Beruh., in Bismarck. —
Klostermann, Dr. Ludwig, in Balroke. — Pauli, Dr. Arthur, in Bismarck.
— la Roche, Dr. Jos., in Bismarck. — Teuthhoff, Dr. Heinr., in Bismarck.
Bochnm (Reg.-Bez. Arnsberg).
Gerstein, Dr. Ed., Sanitatsrat — Brennen kamp, Dr. Heinr. —
Seyffert, Dr. Wilh. — Soucellier, Dr. Rob.
Bonn.
Firle, Dr. Ernst. — Heusler, Dr. Rud. — Maafsen, Dr. Peter. —
Schmidt, Dr. Ferd. (im Ehrenamt).
^ Zunächst nur für zwei Bürgerschulen. Die Anstellung weiterer Schal-
ärzte ist geplant.
675 173
Borbeek (Reg.-Bez. Düsseldorf)
(einsohlieiBlich Boehold, das eingemeindet ist).
Doellekes, Dr. Heinrich. — Erthmann, Dr. Oskar. — Friedrich,
Dr. Heinr. — Gutmann, Dr. Karl. — Hurck, Dr. Bemh. — Johae, Dr.
Karl. — Kohlschein, Dr. Wilh. — Meifsner, Dr. Fritz, — Schmeck,
Dr. Ewald. — Storp, Dr. Anton. — Zink, Dr. Franz.
Bihler, Dr. Winfried, Augenarzt.
Bottrop (Reg.-Bez. Münster).
Bäckenhoff, Dr. Alois. — Baderath, Dr. Martin.
Brandenburg (Reg.-Bez. Potsdam).
Hausbarg, Dr. Gerh. — Bohrschneider, Dr. Wilh. — Schlieter,
Dr. Paul.
Brannscliweig.^
Breslan.
Oebbecke, Dr. Aag., Stadtarzt und Kreisphysikus, Obmann der Schul-
ärzte. — Bach, Dr. Jos. — Bauer, Dr. Franz. — Callomon, Dr. Paul. —
Epstein, Dr. — Fiegler, Dr. Hub. — Friedländer, Dr. — Gregor,
Dr. Konrad. — Hamburger, Dr. Ernst — Hirt, Dr. — Jaenisch, Dr.
Alb. — Kobrak, Dr. Georg. — Kontny, Dr. Hans. — Krawczynski,
Dr. Wladimir. — Neumeister, Dr. Emil. — Perls, Dr. Wilh. — Pietrusky,
Dr. — Pinckernelle, Dr. Hans. — Ritter, Dr. — Samosch, Dr. Jul. —
Schongarth, Dr. Otto. — Töplitz, Dr. Fritz. — Urban, Dr. Gast. —
Wallentin, Dr. Gust. — Weitzen, Dr. Max. — Werther, Dr. Mor.
Britz (Reg.-Bez. Potsdam).
Wachsen, Dr. Hugo.
Bromberg.^
Angstein, Dr. Karl, Sanitätsrat, Augenarzt.
Charlottenbnrg.
Alt, Dr. Paul, Sanitätsrat, Mitglied der Schuldeputation, Obmann der
Schulärzte. — Bauer, Dr. Hugo. — Bendix, Dr. Beruh., Privatdozent. —
Bernstein, Dr. Arthur. — Bloch, Dr. Oskar. — Borchardt, Dr. Eug. —
Oohn, Dr. Max. — Karzow, Dr. Georg. — Laese, Dr. Oskar. — Lichten-
berg, Dr. Hugo. — Poelchau, Dr. Gust. — Rautenberg, Dr. Otto. —
Strelitz, Dr. Ernst. — Thiele, Dr. Heinr.
Chemnitz.
AI icke, Dr. Georg, zurzeit erster Schularzt. — Hauffe, Dr. Bruno. —
Beitz, Dr. Herrn. -- Reuter, Dr. Kurt. ~ Schmidt, Dr. Kurt. — Schädel,
Dr. Joh. — Schönefeld, Dr. Alfred. — Thiele, Dr. Adolf. — Wagner,
Dr. Paul.
Cobnrg.
Martinet, Dr. Victor, Stadtphysikus.
^ Dienstordnung genehmigt, Schulärzte noch nicht ernannt.
' Mit sechs Armenärzten der Stadt schweben Verhandlungen behufs Über^
nähme schulärztlicher Funktionen.
174 676
Bermbach, Dr. Paul. — Bleibtreu, Dr. Leopold. — Breyesser,
Dr. Karl, SauitätBrat. — Curt, Dr. Frz. Jos. — Decker, Dr. Heinrich. —
Doutrelepont, Dr. Alex. — Dreyer, Dr. Albert. — Ebner, Dr. Wilhelm.
— Eich, Dr. Adolf. — Geller, Dr. Wilhelm. — Geuer, Dr. Franz. —
Hagen, Dr. Karl. — Hollen, Dr. Heinr. Aug. — Hützer, Dr. Joh- —
Mastbaum, Dr. Otto. — Nockher, Dr. Ludwig. — Schulte, Dr. Max. —
Stark, Dr. Max.
Colmar.
Fleurent, Dr. — Nordmann, Dr. Albert.
Cottbus (Reg.-Bez. Frankfurt a. 0.).
Bullig, Dr. Alb. — Haupt, Dr. Walter. — Kittlick, Dr. PauL —
Michaelis, Dr. Alb., Sanitätsrat. — Ricken, Dr. Hermann. — Siemon,
Dr. 0.
Gramer, Dr. Ehrenfried, Augenarzt.
Crefeld.
Hennerici, Dr. Joh., Sanitätsrat. — Josten, Dr. Heinr. — Konig,
Dr. Heinr. — Melier, Dr. Jos. — Robert, Dr. Frz. Theod. — Schrors,
Dr. Gust. Ad. — Settgast, Dr. Berth. — Welt er, Dr. Victor.
Crimmitsclian (Kreishauptmannschaft Zwickau).
Kürzel, Dr. Martin, Armenarzt.
DauEig.
Briesewitz, Dr. — Dreyling, Dr. Max. — Feyerabend, Dr. Engen.
— Goldschmidt, Dr. Moritzf. — Hennig, Dr. Arthur. — Karpinski,
Dr. Paul. — Kickhefel, Dr. Gust, Ohrenarzt. — Kraft, Dr. Bruno. —
Magnussen, Dr. Lorenz. — Schomburg, Dr. — Solmsen, Dr. Albert.
— Thun, Dr. Max.
Darmstadt.
*
Buchold, Dr. Otto, zurzeit ältester Schularzt. — Göring, Dr. Hein-
rich. — Gutenberg, Dr. Berthold. — Langsdorf, Dr. Eduard.
Dortmund.
Funke, Dr. Frdr. — Morsbach, Dr. Paul.
Dresdeu.
Niedner, Dr. Christ, Obermedizinalrat und Stadtbezirksarzt, Obmann
der Schulärzte. — Böhme, Dr. Jnstus. — Dannenberg, Dr. Oskar. —
Dufeldt, Dr. — Ebeling, Dr. — Eulitz, Dr. Adolf. — Findeisen, Dr. —
Flachs, Dr. Richard. — Krug, Dr. Walter, Hofrat. — Langer, Dr. Paul. —
Nowack, Dr. Ernst, Professor. — Quenzel, Dr. — Schadebrod, Dr.
Karl. — Schmidt, Dr. Paul. — Treiber, Dr. — Werner, Dr. Gustav.
Duisburg (Stadtkreis Düsseldorf).
Beer mann, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt.
Dulken (Reg.-Bez. Düsseldorf).
Birker, Dr. Johann. — Dörgens, Dr. Hugo. — Hoogen, Dr. Ed.,
Sanitätsrat. — Nierhof f, Dr. Bernhard.
(Fortsetzung folgt.)
JHtfiliifl fli Si|tiil0rfiia)il|(ttü|ifle9r.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 10.
(Drigittttlab^itilititgeit.
EpidemiBche Aagenentiftndnngen in Schulen.'
Von
Dr. W. Peilchbnfbld - Charlottenburg.
Professor Gbeef sprach am 23. März 1898 „über aknte Angen-
epidemien^ in der Berliner Medizinischen Gesellschaft. Er wies
dabei darauf hin, dafs immer wieder in kurzen Zwischenräumen die
Alarmnachrioht durch die Blätter geht, hier oder dort sei plötzlich
in weitesten umfange die ägjrptische Augenkrankheit ausgebrochen.
In den Schulen zumeist werde sie zuerst entdeckt; die Schulen
werden geschlossen, „viel Tinte wird rerspritzt, noch mehr Karbol
oder Lysol, die Wände werden abgerieben, abgeklopft oder abge-
waschen. Mit Höllenstein oder Kupfervitriol werden die kranken
Augen behandelt, und Gott sei Dank, die Maisnahmen sind vom
schönsten Erfolg gekrönt. Die Epidemie erlischt, meist in den
Ferien; keiner ist erblindet, ja kein Auge ist nur in irgend einer
Weise geschädigt (wenn es nicht allzusehr mit Höllensteinstiften
gebeizt wurde, was nicht selten vorkommt). Wahrlich ein Triumph
der Therapie I Alles atmet erleichtert auf, und die Berichte über
die so glücklich abgelaufene ägyptische Augenkrankheit werden
gedruckt".
Genau die gleichen Erfahrungen haben HntscHBEBa, Cohn
(Breslau), Maywbg, Axenfeld, Sydney Stephenson, Simbon Snbll,
SoHMiDT-BiMPLEB, Hauenschild Und viclc andere kundgegeben. Man
^ Vortrag, gehalten in der Berliner Ophthalmologischen Gesellsohaft.
18. Juni 1903.
Schnlgetfandheitspflege. XVI. 35
678
sollte annehmen, daJB die rermeintlichen bösen Epidemien nunmelir
seltener geworden seien ; docli auch hieiseibst, in Berlin und Um-
gebung, sind in den letzten Jahren wiederholt Schulen wegen in-
fektiöser Augenerkrankung geschlossen worden und, da eine solche
Infektion stets als „ägyptische Augenentzündung " im Publikum auf-
gefaßt wird, wurde in weiten Kreisen groüse Beunruhigung hervor-
gerufen. Es erscheint daher für uns Augenärzte eine besondere
Pflicht, in jedem solchen Falle eine möglichst sorgfältige Analyse
der Elrankheit zu versuchen und darüber zu berichten.
In einer Gemeindeschule in Charlottenburg erkrankten Mitte
März in der V. Klasse 23 unter 50 Schülerinnen; am nächsten Tage
meldeten sich bereits 70 Sander aus dieser Schule krank. Die
Klasse V wurde am 17. März geschlossen, die ganze Schule am
21. März; am folgenden Tage meldeten sich bereits aus der Knaben-
schule, die mit der ersteren ein Doppelhaus bildet, ca. 170 Knaben
augenkrank, und wenige Tage später wurde auch diese Schule ge-
schlossen. Die Polizeibehörde ordnete gründliche Desinfektion der
gesamten Räume an; betreffs Behandlung der erkrankten Kinder
wurden irgend welche Verfügungen oder Vorsorge nicht getroffen.
Da für die ca. 40 BAume der Schule zur Desinfektion von der
Stadtbehörde nur 6 — 8 Desinfektoren mit einigen Hilfsarbeitern zur
Verfügung gestellt werden konnten — um nicht den ganzen sonstigen
Betrieb der Desinfektionsanstalt brach zu legen — , dauerte die Des-
infektion der Schule ca. 20 Tage, denn mehr als zwei grobe BAume
konnten täglich nicht fertig gestellt werden. Am 1. Mai wurden die
ca. 2000 Kinder zur Besichtigung durch einen beamteten Arzt in die
Schule bestellt, und nur vier Knaben als augenleidend erklärt, somit
konnte der Unterricht wieder aufgenommen werden.
Der Bericht des beamteten Arztes, auf den hin der SchulschluCs
angeordnet wurde, ist nicht veröffentlicht; ein Augenarzt, der die
gesamten Schüler zu untersuchen gehabt hätte, wurde nicht zuge-
zogen. Es ist somit nur auf Grund von privaten Untersuchungen ein
Urteil über die Epidemie möglich. Ein ziemlich greiser Teil der
Kinder dieser Schulen ist an den Nachmittagen im Mädchen- und
Knabenheim des Charlottenburger Vereins „Jugendheim*' untergebracht.
Vom Vorstande dieses Vereins wurde ich gebeten, die Sander zu
untersuchen, um zu entscheiden, welche Augenkrankheit vorliegt,
und die Behandlung der Erkrankten zu leiten, wie auch Verhaltungs-
maisregeln gegen weiteres Umsichgreifen der Epidemie zu geben.
Von den Schülerinnen der II. Gemeindeschule zeigten die meisten.
679
die ich untersuchen konnte, ebenso wie fast durchweg auch deren
Geschwister, eineEonjunktivalafifektion. Von den Knaben war nur ein
kleinerer Teil erkrankt. Aber neben den Schülern der I. und 11.
Schule zeigten die gleichen Erkrankungsformen auch zahlreiche
Kinder, zumal Mädchen der Jugendheime, welche andere Schulen
besuchten. Da zur gleichen Zeit mit ähnlicher Erkrankung auch
nicht wenige Kinder, welche zu Jugendheimkindern in keinerlei
Beziehung standen, zur Behandlung kamen, kann nicht etwa behauptet
werden, dais aus den beiden Schulen die Infektion durch Vermitt-
lung des Jugendheims weitergetragen worden war.
Was nun die Form der Erkrankung betrifft, so fand sich in
den meisten Fällen eine einfache Konjunktivitis mit leichter
Schleim- und Eiterabsonderung, zuweilen mit geringer Oiliar-
injektion; einige Fälle von wirklichem Schwellungskatarrh wurden
in jener Zeit in der Privatpraxis bei Schülerinnen und kleinen Kin-
dern beobachtet — doch durchweg die leichtere Form ohne Kon-
junktivalblutungen — ; endlich bestanden ganz vereinzelte Fälle von
Follikularkatarrh neben einer gröiseren Anzahl von Kindern mit der
unschuldigen Follikelschwellung. Kein einziger Fall von Tra-
chom oder auch nur von geringstem Trachom verdacht kam
unter den ca. 250 Kindern des Jugendheims und den
ziemlich zahlreichen erkrankten Schülern, die in Privat-
behandlung gelangten, vor. Die bakteriologische Untersuchung,
die aus äuTseren Gründen nur in einigen Fällen und auch hier nur
in Deckglaspräparaten vorgenommen werden konnte, ergab zum Teil
einen den Koch -WEEKSchen Bacillen entsprechenden Befand, daneben
wurde aber auch in anderen Fällen eine bunte Flora von Kokken
und Bacillen gefunden. Die Behandlung bestand in Umschlägen
mit schwach desinfizierenden Lösungen und für einige Tage bei den
schwereren Fällen in Einträufelungen von 3 % ProtargoUösung. In
sämtlichen frischen Fällen ist in wenigen Tagen volle Heilung ein-
getreten, nur einige alte Konjunktivitiden bedurften einer etwas
längeren Behandlung.
Obwohl in jener Zeit auch Erwachsene mit den gleichen Er-
krankungsformen zur Beobachtung kamen, ist eine Übertragung der
Entzündung von den Kindern auf Erwachsene nie zur Kenntnis
gekommen, während doch das durch den Schulschluis ängstlich ge-
wordene Publikum mit Klagen bei einer Ansteckung sofort sich
gemeldet hätte.
Es hat sich also um eine Epidemie von Konjunktivitis
35'
680
simpIex bei Kindern gehandelt, neben welcher auch Fälle von
Schwellungskatarrh mit den KocH-WEEE8ohen Bacillen anftraten.
Solche Katarrhe werden hier in dieser Jahreszeit (März) fast regel*
mälsig in mehr oder minder grofser Zahl beobachtet. In diesem Jahre
war in jenen Tagen gerade sehr trockenes Wetter gewesen mit starken
Winden und ganz ungewöhnlich heftiger Staubentwicklung. Bei der
Untersuchung der Jugendheimkinder fiel auf, dals in den Augen
einer ganz erheblichen Anzahl von Kindern sich gröJsere und klei-
nere Staubteilchen fanden, welche das Auge stark reizten. Dass
ebenso, wie es von Kbug aus Dresden, von Simeok Snell und
anderen Autoren gemeldet wird, auch hier eine intensive Influenza-
epidemie einige Wochen vorher geherrscht hatte, möchte ich als
ferneres ätiologisches Moment erwähnen. Eine weitere Ursache
schildert sehr treffend Hauenschild, indem er sagt: „Die weitaus
grö&ere Anzahl (von Schülern) hatte die als krankhaft erachtete
geringe Injektion der KonjunktivalgefäTse artefiziell vorübergehend
hervorgebracht*". Ich hatte den Eindruck, daJüs von den 175 Slnaben»
welche den Sohluis der I. Schule herbeiführten, wohl nicht wenige
in der eben geschilderten Weise erkrankt waren; wenigstens war
ohne jegliche Behandlung unmittelbar nach dem Schulschlufs bei
den Untersuchten dieser Schule meist etwas Elrankhaftes nicht nach-
weisbar.
Der sehr erhebliche Prozentsatz der mit Konjunktivalaffektion
behafteten Kinder im Jugendheim ist leicht erklärlich, wenn wir
wissen, dafs Schmidt -Bimples bei Schuluntersuchungen ohne jeg^
liehe Epidemie unter 1662 Schülern 34% Konjunktivalaffektionen
fand, CoHN in einem gesunden Gebirgsorte 25%, Oppenhbime&
33,5 % in einer Berliner Gemeindeschule. Zu diesem Stamme von
regelmäfsigen Veränderungen an der Bindehaut kommen nun in
unserem Falle noch die akuten Bindehautkatarrhe, die immerhin
einen gewissen epidemischen Charakter tragen.* Dafe es sich dabei,
wie von mir eben behauptet wurde, um einen ganz unschuldigen
Katarrh handelte, ist zweifellos; in allen Fällen ist er in kürzester
Zeit ohne jede Schädigung der Augen vorübergegangen, obwohl
offenbar nicht bei allen Kindern sachgemälse Behandlung statt-
gefunden hatte. Es ist auch eigentlich nicht recht klar, um was es
sich sonst hier hätte handeln können. Trachom mulste von vorne
herein völlig ausgeschlossen werden. Nie und nimmer tritt Trachom
in der Form einer akuten Epidemie auf, wie etwa Cholera, Pest u. s.w.
I Trachom wird nach dem übereinstimmenden Urteil wohl aller Be-
I
681
obachter weit mehr durch die innige Berührung im Haushalte als
durch den gemeinsamen Aufenthalt im Schulraume weitergetragen.
G«nz besonders bezeichnend hierfür ist, dafs G-beef in einem Internat
fast alle männlichen Insassen trachomatös fand, aber nur einige
wenige leichte Fälle unter den Mädchen des Internats, obwohl beide
GTeschlechter gemeinsam unterrichtet wurden und zusammen afsen.
Also die Schlafräume und die Wasohgelegenheit bedingen die Über-
tragung. Auch GoHN fand meist die Angehörigen von trachomatOsen
Schülern erkrankt, aber nicht deren Nachbarn auf der Schulbank.
Welche anderen Augenkrankheiten noch Anlafs zu einem Schulschlufs
geben können, führt der Kunderlais der Minister der Medizinal-
angelegenheiten, der Finanzen und des Innern vom 20. Mai 1898
aus in der Anweisung zur Verhütung der Übertragung ansteckender
Augenkrankheiten durch die Schule:
a) Blennorrhoe und Diphtherie der Augenlidbindehäute,
b) akuter und chronischer Augenlidbindehautkatarrh, Follikulär-
katarrh und Kömerkatarrh (granulöse oder ägyptische Augen-
entzündung, Trachom).
Die unter a) genannten Krankheiten bilden typisohei mikro-
skopisch leichter zu bestimmende Formen, die hier gar nicht in Frage
kamen. Kömerkatarrh (Trachom) ist, wie gesagt, in unserem Falle
ausgeschlossen; Follikularkatarrh ist nur in verhältnismälsig wenigen
Fällen beobachtet worden und dabei nur äufserst selten in stärkerem
Grade. Es kam also nur akuter und chronischer Bindehautkatarrh
in Betracht. Die unangenehmste Form : die Pneumokokkenepidemie,
war nicht rorhanden, da weder von mir noch von anderen benach-
barten Augenärzten ein solcher Fall gesehen wurde; ebenso wenig
handelte es sich um die MosAX-AxEKFELDSche Diplobacillenkonjunk-
tivitis, sondern, wie bereits ausgeführt, um einen gewöhnlichen
Bindehautkatarrh, vielleicht mit einigen Fällen von Schwellungs-
katarrh mit KocH-WsEKschen Bacillen. Die Vorschrift des Rund-
erlasses lautet unter 3. : „Schüler, welche an einer der tmter b) genannten
Augenkrankheiten leiden, sind nur, wenn, beziehungsweise solange,
sie deutliche Eiterabsonderung haben, vom Besuche der Schule
auszuschlielsen. 11. Für die Behandlung der an ansteckenden Augen-
krankheiten leidenden Schüler hat, soweit dieselbe nicht nach ärzt-
licher Bescheinigung durch die Eltern veranlaist wird, die Orts-
polizeibehörde Sorge zu tragen. 13. Die Schliefsung einer Klasse
oder einer ganzen Schule wegen einer ansteckenden Augenkrankheit
wird nur in den seltensten Fällen erforderlich und ratsam sein und
682
kann nur durch den Landrat (Oberamtmann) beziehungsweise in Städten,
welche einen eigenen Kreis bilden, den Polizeiverwalter des Ortes
nach Anhörung des beamteten Arztes geschehen. Namentlich ist sie
bei Follikularkatarrh fast nie und bei Kömerkrankheit in der Regel
nur dann erforderlich, wenn eine gröisere Anzahl von Schülern an
deutlicher Eiterabsonderung leidet. Ist eine Gefahr im Verzuge, so
können der Vorsteher der Schule und die Ortspolizeibehörde auf
Orund ärztlichen Gutachtens die vorläufige Schliefsung der Schule
selbständig anordnen, haben jedoch hiervon dem Kreisschulinspektor
und dem Landrat unverzüglich Anzeige zu erstatten.*'
Wieweit in unserem Falle die Krankheitserscheinungen bei den
Kindern diesen Anforderungen des Runderlasses entsprachen, entzieht
sich der öffentlichen Beurteilung, da nur ein Teil der erkrankten Kinder
in Behandlung kam; jedenfalls kann die Polizeibehörde die Krankheit
nicht für schwer infektiös gehalten haben, da nach Punkt 11 des
Erlasses sonst von polizeiwegen für ärztliche Behandlung der er-
krankten Kinder hätte gesorgt werden müssen, was aber nicht geschah.
Vermutlich hätte ein voller Erfolg auch ohne Schlufs der beiden
Schulen erzielt werden können, wenn man die erkrankten ELinder
für einige Tage vom Schulbesuch dispensiert hätte, mögen immerhin
dabei einige Klassen für kurze Zeit ganz verwaist worden sein. Zur
Desinfektion hätte sicher die Anweisung des Erlasses unter Punkt 12
genügt: „Während der Dauer einer ansteckenden Krankheit in einer
Schule sind das Schulgrundstück, die Schulzimmer und die Bedürfiiis-
anstalten täglich besonders sorgfältig zu reinigen, die Schulzimmer
während der unterrichtsfreien Zeit fleifsig zu lüften, die Bedürfnis-
anstalten nach Anordnung der Ortspolizeibehörde zu desinfizieren;
die Türklinken, Schultafeb, Schultische und Schulbänke täglich nach
Beendigung des Unterrichts mit einer lauwarmen Lösung von je
einem Teil Schmierseife und reiner Karbolsäure in 100 Teilen
Wasser abzuwaschen".
Es ergibt sich aus dem Gesagten, dafs es zweckmäfsig ist,
bei jedem epidemieartigen Auftreten einer Augenentzün-
dung einen Augenarzt zuzuziehen und nur auf Grund
bakteriologisch gesicherter Diagnose schwerer Infektion
die Schule zu schliefsen. Notwendig ist auch, dais in einer
Ergänzung des ministeriellen Bunderlasses von 1898 auf den unter-
schied zwischen Follikularkatarrh und FoUikelschwellung hingewiesen
wird. Letztere, von Gbeef „Schulfollikularis^ genannt, ist kaum als
eine Krankheit, sondern als eine unschuldige Reaktion der Bindehaut
68S
auf mannigfache Reize, doranter vor allem auf die sohlechte Luft
in überfüllten Klassenzimmern, anzusehen. Keinerlei Beschwerden
werden durch sie verursacht; ohne Therapie schwinden sie meist bei
Beseitigung der Ursachen, während eingreifende Behandlung gewöhn-
lich erst Unannehmlichkeiten hervorruft.
Die üntemehmimgen des
Vereins für Ferien -Wohl&hrtsbestrebangen in Hamburg.
Von
W. Henz - Hamburg.
Das Leben in der Groisstadt ist aus den verschiedensten Ur-
sachen der menschlichen Natur weniger zuträglich als das Landleben.
Schon der Zusammenschlulis von Hunderttausenden auf Verhältnis-
mälsig eng begrenztem Baume bedingt Wohnungszustände, die nichts
weniger als angenehm, noch viel weniger der G-esundheit zuträglich
sind. Es ist gewiüs rühmend anzuerkennen, dais in der Neuzeit die
Baupolizei bei Neubauten eine strenge Aufsicht führt, um auch für
die ärmere Bevölkerung Wohnräume zu schaffen, welche den
hygienischen Anforderungen möglichst gerecht werden. Damit sind
aber die alten, ungesunden Wohnungen aus vergangenen Zeiten
keineswegs aus der Welt geschafft, und solange sie bestehen, wer-
den sie auch benutzt, und so findet man in den älteren Stadtteilen
mehr oder weniger aller Grolsstädte Wohnungsverhältnisse, die nach
unseren heutigen Ansprüchen — auch den bescheidensten — einfach
menschenunwürdig sind.
Es ist schon bemerkt worden, dafs man bei uns von Seiten der
zuständigen Behörden der Wohnungspflege in den letzten Jahren
eine immer mehr und mehr wachsende Aufmerksamkeit widmet.
Die Väter der Stadt greifen ohne Murren tief in den Säckel, um
für günstigere Wohnungsverhältnisse zu sorgen, und es unterliegt
keinem Zweifel, dals das auf diese Weise angelegte Kapital nicht
ä fonds perdu zu setzen ist, sondern sich gut verzinst, nicht
blois in ethischer Beziehung, sondern auch vom rein praktischen
Standpunkte aus betrachtet. Je besser die Wohnungszustände sind.
684
desto besser sind anoh die Gesandheitsyerhältnisse und desto gerin-
gere Anforderungen werden an das Armen- und ünterstütznngs-
budget gestellt.
Hamburg steht nach dieser Seite hin günstiger als die meisten
anderen Groisstädte da, die nicht etwa wie Mannheim, Essen, Kre-
feld u. a. ihre Bedeutung erst nach Jahrzehnten bemessen können.
Im Verhältnis zu der Einwohnerzahl ist das bebaute Areal ein sehr
grofses, so daüs nur geringe Teile jenes Bild des Zusammengepfercht-
seins bieten, das für die meisten Groisstädte charakteristisch ist.
Dann hat aber auch der grolse Brand vom 5. bis 8. Mai 1842
gerade in den ältesten Teilen der Stadt gewütet und einen greisen
Teil der engsten Gebiete in Schutt und Asche gelegt. Endlich
haben auch die furchtbaren Erfahrungen des Cholerajahres 1892 die
Behörden bewogen, endlich einmal kräftige Hand anzulegen und die
ungesunden Wohnungen durch bessere zu ersetzen. Was nach dieser
Seite hin schon geleistet wurde und was femer noch geplant ist»
verdient höchste Anerkennung. Aber immerhin bleibt noch yiel zu
tun, und es wird trotz aller Anstrengungen noch manches Jahr ver-
gehen, bis alle die menschenunwürdigen Wohnhöfe verschwunden
sind. Bedingt wurde dieses furchtbar enge Zusammenwohnen einer
zahlreichen Arbeiterbevölkerung im Zentrum der Stadt und in der
Nähe des Hafens durch das gänzliche Fehlen von brauchbaren Ver-
kehrsmitteln, wie sie erst die allerjüngste Neuzeit geschaffen bat.
Vordem war jeder mehr oder weniger an seine Arbeitsstelle gefesselt.
Wie sehr aber tatsächlich die ältesten Teile einer Grolsstadt
allem Hohn sprechen, was wir jetzt als notwendig für die G^esund-
heit und das Wohlbefinden ihrer Bewohner ansehen, davon kann
sich der glückliche Einwohner des flachen Landes kaum einen
Begriff machen. Wandert man z. B. durch eine der wenigen von
der reformierenden Hand der Sanitätskommission noch unberührten
Strafsen im ältesten Teile Hamburgs, so bemerkt man oft zu beiden
Seiten schmale, niedrige Eingänge. Dieselben sind nicht selten so
schmal, dafs zwei Personen nicht an einander vorbeigehen können,
und so niedrig, dafs man manche nur gebückt passieren kann; und
dazu liegt die kleine Pforte bisweilen so tief, dais man von dem
Strafsenniveau noch mehrere Stufen abwärts gehen mufs, um sie zu
erreichen. Tritt man ein, so gelangt man auf einen langen, schmalen
Hof. Links und rechts ragen die Häuser vier bis sechs Stockwerke
in die Höhe. Die oberen Etagen sind gewöhnlich noch übergebaut,
so dafs sich die Gegenüberwohnenden unter Umständen aus den
685
Fenstern die Hftnde reichen können. Das sind freilich traurige
Behausungen; dahin scheint weder Sonne noch Mond, dahin kommt
niemals ein erfrischender Lufthanch; und doch lieben die dort Hau-
senden ihre armseligen Wohnungen, in denen sie geboren wurden,
in denen sie ihre Kindheit verlebten, wo ihnen der Liebe Lust und
Leid erwuchs, und wo sie endlich auch ihre Tage beschlieisen
möchten. Als bei den jetzt noch im Gange befindlichen Sanierungs-
arbeiten grolse Gebiete der fraglichen Stadtteile abgebrochen wurden,
trennten sich die Bewohner nur schweren Herzens von den alt-
gewohnten Bäumen; so stark ist die Macht der Gewohnheit.
Zu diesen für die Gesundheit ungünstigen Wohnungsyerhält-
nissen in der Grolsstadt kommen noch andere Momente, welche die
Bewohner derselben ebenfalls benachteiligen. So wird durch die
vielen gewerblichen Anlagen die Luft stark yerunreinigt. Vereinigen
sich aber mit den rauchenden Fabrikschornsteinen auch noch die
zahllosen qualmenden Schlote der Dampfer und Dampfkräne des
Hafens, so kann es niemanden wunder nehmen, wenn über der
inneren Stadt beständig eine graue Dunstwolke lagert. Wirkt diese
sohlechte Luft vornehmlich ungünstig auf die Bespirationsorgane, so
üben der Lärm und das Geräusch des starken Verkehrs, die Strafsen-
bahnen, der schrille Ton der Signalglocken und Dampfpfeifen, das
Gedräng und Gewoge der vorüberhastenden Menschenmenge, das
Bassein und Dröhnen der leichten Fuhrwerke und der schweren
Lastwagen einen entschieden ungünstigen Einfluls auf das Nerven-
system aus. Wer es deshalb ermöglichen kann, der eilt in der
schönen Jahreszeit hinaus auf das Land, um sich in der reinen Luft
und in der Buhe des Landlebens wieder zu erholen und neu ge-
kräftigt zur Arbeit zurück zu kehren.
Wenn wir zwischen körperlichen und geistigen Arbeitern unter-
scheiden, so läist sich nicht bestreiten, dais die letzteren weit mehr
Nervenleiden ausgesetzt sind als diejenigen, welche in erster Linie nur
die Kraft ihrer Muskeln zu betätigen haben. Das Leben in der Grols-
stadt muTs somit für die Gesundheit des geistigen Arbeiters weit
gröisere Gefahren in seinem Schofse bergen, als für den meistens
schon robusteren Körper des Muskelarbeiters; der erstere hat also
eine Erholung in der reinen Luft und der beruhigenden Stille des
Landlebens doppelt nötig.
Zu den geistigen Arbeitern müssen wir aber auch unbedingt die
Schüler rechnen. Nicht genug, dals sie tfiglich bis zu einer Dauer
von sechs Stunden an die Schulbank gefesselt sind, nehmen auch
686
die Hausaufgaben noch einen gröfseren oder geringeren Teil der
sclinlfreien Zeit in Anspruch, und hier sind es besonders die
höheren Schulen, die ohne Rücksicht auf die Gresundheit und die
körperliche Entwicklung der ihnen anvertrauten Kinder und Jüng-
linge an die Kraft derselben viel zu hohe Anforderungen stellen.
Hat der Schüler fünf bis sechs Stunden auf der Schulbank gesessen,
so ist eine ausreichende Erholung für ihn ebenso nötig wie Essen
und Trinken, und die häuslichen Aufgaben dürften für einen Schüler
mit Durchschnittsbegabung nicht mehr als eine bis höchstens zwei
Stunden in Anspruch nehmen. Leider wird aber denKindeJU gewöhnlich
80 viel aufgebürdet, dais eine ausreichende Erholung nur in sehr seltenen
Ausnahmefällen zu ermöglichen ist. Offenbar sind die Klassen-
ziele zu hoch gestellt, da ja bekanntlich trotz der augestreug-
testen Arbeit nur ein wirklich lächerlich kleiner Prozentsatz der
Schüler die sämtlichen Klassen einer höheren Schule durchläuft,
ohne ein oder mehrere Male sitzen zu bleiben, und weil so der
jugendliche Körper und Geist stark in Anspruch genommen wird,
haben die Eonder Erholung und Bewegung in freier, reiner Luft
doppelt nötig. Hierzu kommt noch der Umstand, dals der noch in
der Entwicklung begriffene Körper naturgemäls an sich nicht in der
Weise angestrengt werden sollte, wie es häufig geschieht. Allerdings
hat da die soziale Gesetzgebung schon manchen der schlimmsten
Übelstände beseitigt; aber auch heute noch sündigen Not und leider
auch mangelnde Einsicht seitens der Eltern nach dieser Hinsicht
viel an dem heranwachsenden Geschlecht.
Dais die gewöhnliche, wie erwähnt, so kärglich bemessene Er-
holungszeit nach SchluTs der Schule, und vor allen Dingen nach der
Erledigung der Schulaufgaben, für das Bedürfiiis nicht ausreicht,
auch nicht, wenn man die Sonntage mit in Betracht zieht, ist ja
allseitig anerkannt, und auch der Staat hat sich schon seit langer
Zeit dem nicht verschliefsen können. Durch die Einrichtung der
Ferien hat er der Jugend Gelegenheit geboten, sich von den An-
strengungen des Stillesitzens und der Lernarbeit zu erholen; er gibt
die Zeit dazu, und das ist allerdings das erste Moment. Ein weiteres
ist von Seiten des Staates in absehbarer Zeit nicht zu erwarten,
wenn auch sehr erwünscht. Damit ist aber, wie gesagt, nur ein
Punkt erledigt, und das ist nicht einmal der wichtigste. Es muüs
den Schülern auch die Möglichkeit einer ausgiebigen Erholung ge-
währt werden, und die fehlt leider den meisten Kindern der Ghrols-
stadt; denn nur ein geringer Prozentsatz der Eltern kann die mit
687
einem längeren Landaufenthalte verbundenen, nicht unerheblichen
Kosten erschwiDgen. Dazu kommt noch die Tatsache, dals es für
den Privatmann gar nicht so leicht ist, für seine Kinder eine pas-
sende Unterkunft zu finden. Daraus resultiert das betrübende Er-
gebnis, daCs weitaus die meisten, man kann ruhig sagen fast alle
Kinder der Grofsstadt auch ihre Ferien in den dumpfen Höfen und
engen Häuserreihen zubringen müssen, und dals von der durchaus
notwendigen ausgiebigen Erholung im Freien nicht die Rede sein
kann. Nur die an der Peripherie der Städte wohnenden Schüler
befinden sich in einer günstigeren Lage.
Der einzelne kann also nicht helfen, vom Staate darf man im
allgemeinen, auiser dem ja auch schon recht wertvollen wohlwollen-
den EntgegCDkommen, eine materielle Unterstützung kaum erwarten ;
wohl aber öfinet sich hier für die private Wohltätigkeit ein Feld,
wie man es schöner imd nutzbringender kaum finden kann. Aber
die Sache ist noch zu neu, ist noch zu wenig bekannt, als dafs man
schon sonderlich viel Förderung erfahren hätte. Doch ist sicher zu
erwarten, dafs eine tätige Agitation auch nach dieser Seite hin bald
und bedeutende Erfolge erringen wird. Das Bestreben wohlzutun
und mitzuteilen ist ja erfreuUcherweise in den Herzen unserer mit
Glücksgütem reich gesegneten Mitmenschen ein sehr reges, ein
Zeichen, dafs das Mitgefühl eine der am meisten geübten Tugenden
ist. Man spendet gern und reichlich für Blinde und Taubstumme,
für Idioten und Lrrsinnige, Krüppel und andere Unglückliche. Die
Zahl der Stifte und Vermächtnisse für alte Leute ist sehr grois,
und es ist gewifs ein schöner Akt der Pietät und Dankbarkeit,
wenn man den Lebensabend derjenigen, welche ein oft reiches Leben
voller Arbeit für sich und andere hinter sich haben, zu einem sorgen-
freien gestaltet. Solche Betätigungen praktischer Nächstenliebe sind
hoch anzuerkennen; aber sie regen auch andererseits wieder an zu
dem Mahnrufe: Vergesset auch die Jugend nicht, das kommende
Geschlecht, die Träger der Zukunft, auf deren Schultern wir stehen I
Mögen die Testierer ihre Aufmerksamkeit einmal auf die Bestrebun-
gen derjenigen richten, welche für eine ausreichende körperliche und
geistige Erholung der Schüler unserer GroJsstädte arbeiten. Noch
fehlt es da ganz und gar an Kapitalien, und die Zahl der regel-
mäisigen Kontribuenten ist eine verhältnismäbig recht geringe.
Gewiüs ist es nur nötig, wiederholt und nachdrücklich auf diese
sozusagen neue Art der Wohltätigkeit aufinerksam zu machen, dann
wird auch der Erfolg nicht ausbleiben.
688
Die Schüler sind ihren Lehrern überantwortet zn Erziehung
und Unterricht, zur Ausbüdnng ihres Körpers und Geistes. Der
alte griechische Grundsatz, dais nur in einem gesunden Leib eine
gesunde Seele wohnen könne, hat an seiner Bedeutung noch nichts
eingebüfst und besteht nach wie vor zu roUem Recht, und so ist
es selbstverständlich, dafs den Jugendbildnem nicht nur die geistige
Ausbildung, sondern auch das leibliche Wohlbefinden ihrer Schutz-
befohlenen am Herzen liegt, und sie waren es auch, die in der
Frage der erfolgreichen Ferienausnutzung in erster Linie Seite an
Seite mit den Ärzten vorgingen und ratend und helfend eingri£Pen.
Es galt Unterkommen für eine Reihe der Bedürftigsten zu finden,
die Kinder dann zu beaufsichtigen und dafür Sorge zu tragen, dais
sie auch die nötige Verpflegung erhielten, um gesund und gekräftigt
nach Hause zurückzukehren. Vor allen Dingen mulsten aber die
nicht unerheblichen Geldmittel aufgebracht werden. Von den Eltern
durfte man nicht viel verlangen, denn es ist klar, dais die Bedürf-
tigsten fast ausschliefslich gerade dem ärmsten Teile der Bevölkerung
angehören. Sie sind also meistens nur im stände, einen ganz mini-
malen Beitrag zu leisten. Was sie bezahlen können, wird von der
Mehrzahl ohne Murren und in dankbarer Anerkennung der ihren
Kindern erwiesenen grofsen Wohltat aufgebracht; aber das ist natür-
lich lange nicht ausreichend. Es mufste also an die ö£Peniliche
Wohltätigkeit appelliert werden, und das war nicht vergebens. So
entstanden vor einer noch verhältnismälsig kurzen Reihe von Jahren
die ersten Ferienkolonien, und heute dürfte es wohl kaum noch eine
gröisere Stadt geben, die nicht während der Sommerferien eine
gröfsere oder geringere Anzahl von Kindern zur Erholung und
Kräftigung auf das Land schickt. Der Erfolg ist ein so offenkun-
diger, dais sogar vielfach die Väter der Stadt sich bewogen fbUten,
eine gröfsere Summe aus Kommimalmitteln zur Verfügung zu stellen,
überzeugt, dais das geopferte Kapital gut und nutzbringend ange-
legt sei.
In Hamburg hat sich vor mehreren Jahren ein Verein für
Ferien-Wohlfahrtsbestrebungen gebildet, der sich, wie schon
aus seinem Namen hervorgeht, eine möglichst günstige und weit-
gehende Ausnutzung der Ferien für die Schüler zur Aufgabe gemacht
und schon sehr erfreuliche Resultate gezeitigt hat, ja sogar nach
mehr als einer Seite hin bahnbrechend vorging und für andere vor-
bildlich geworden ist.
Das Wesen der Ferienkolonien besteht ja bekanntlich darin»
689
daCs eine Anzahl von Kindern der OroJBstadt während der Sommer-
ferien aufs Land geechiokt wird und in den Dörfern bei den Land-
lenten Wohnung und Beköstigung findet, wobei namentlich die dort
billigen Produkte der Landwirtschaft, in erster Linie Milch und
Eier, in reichlicher Menge zur Verfügung stehen. Dazu kommt
noch als ein wesentliches Moment die reine frische Land- respektive
Waldlufty deren wohltätiger Binfluis nicht unterschätzt werden darf.
Leider aber ist es auch unter den günstigsten Verhältnissen immer
nur ein geringer Prozentsatz der gesamten Schülerzahl, dem so der
Segen eines längeren Landaufenthaltes ermöglicht werden kann.
Sollen die Zurückbleibenden leer ausgehen ? Eine gröfsere Zahl in die
Feme zu senden, verbietet sich wegen der erheblichen Kosten. Es
gilt also, andere Wege einzuschlagen. Hier setzte der Verein für
Ferien -Wohlfahrtsbestrebungen ein. Zwei Unternehmungen sind es
besonders, die er ins Leben gerufen hat, und auf die er mit ge-
rechtem Stolze blicken kann. Es sind dieses die Ferienausflüge
und die Ferien-Stadtkolonie Waltershof.
. Zu den Ferienausflügen sammelt sich an bestimmten
Wochentagen eine grofse Schar der in Hamburg zurückgebliebenen
Schüler um ihre Lehrer, die in dankenswerter Weise einen Teil
ihrer Ferienzeit, die sie doch auch zu ihrer eigenen Erholung nötig
haben, gerne opfern, und es werden Ausflüge in die Umgebung
der Stadt gemacht. Gute Fahrverbindungen nach allen Seiten er-
leichtem die Unternehmungen wesentlich. Die eine Abteilung trägt
ein Dampfer elbabwärts und ladet sie dort an einsamer Stelle aus,
wo sich die Kinder in der mit Heidekraut bestandenen Hügellandschaft
nach Herzenslust austoben können. Andere führt die Bahn oder
auch ein Dampfer nach der am Südufer der Elbe liegenden Fabrik-
stadt Harburg, wo sie in den Wäldern der Schwarzen Berge herum-
streichen können. Wieder andere Scharen wenden sich nach Norden
in das Tal der Alster, das auf längere Strecken reich an landschaft-
lichen Schönheiten ist. Zu den Kosten hat jedes Kind nur
30 Pfennige beizusteuern, das Fehlende bewilligt der genannte
Verein aus seinen Mitteln. Die vorsorgliche Mutter löst durch
ein mitgegebenes umfangreiches Paket die bei den allezeit hungrigen
Kindern doppelt wichtige Magenfrage, und abends kehrt die
frohe Schar mit geröteten Wangen und einer Fülle neuer Eindrücke
in das elterliche Heim zurück. In den beiden letzten Jahren nah-
men an diesen Ferienausflügen je zwischen 4000 und 5000 Schüler
teil, gewifs ein Beweis, welch freudigen Anklang dieselben sowohl
690
bei den Kindern als anoli bei ihren Eltern fanden. Die Veranstalter
dürfen abo ihre Unternehmung als eine praktische, nützliche und
beliebte bezeichnen und des Dankes der Beteiligten gewils sein.
Eis Würde schon darauf hingewiesen, dals die Kinder von diesen
Ausflügen eine Fülle neuer Eindrücke mitbringen. Auch die Be-
deutung dieses Punktes darf keinesfalls unterschätzt werden. Fast
sollte man es nicht glauben, aber es ist eine feststehende, betrübende
Tatsache, dafs viele Eander bei dieser Gelegenheit zum ersten Male
in ihrem Leben aus dem Häusermeer und der ungesunden Luft der
Stadt hinaus in die freie, herrliche Natur mit ihren mannigfachen
Schönheiten gelangen, die erste grüne Wiese, das erste wogende
Getreidefeld sehen, die erste Lerche hören. Welche Bereicherung an
Eindrücken müssen abo die Ausflüge hinterlassen 1
Die wichtigste Unternehmung des Vereins für Ferien- Wohl&hrts-
bestrebungen war und ist jedoch die Einrichtung der Ferien-Stadt-
kolonie Waltershof, auf die derselbe mit ganz besonderem Stolze
zurückblickt, mit dem gerechten Stolze des Schöpfers, der von seinem
Werke aus innerster Überzeugung sprechen kann: „Das ist mir
wohlgelungen".
Wie schon bemerkt, scheitert die Frage der Aussendung einer
ausreichenden Zahl von Ferienkolonisten vor allem am Kostenpunkte.
Wohl nehmen die Landleute in der näheren und ferneren Umgebung
der Stadt die Kinder gerne auf, und man hat auch selten über
mangelhafte Beköstigung oder unfreundliche Behandlung zu klagen;
weit schwieriger aber wird es, die nötigen Betten zu beschaffen.
Man mülste zur Unterbringung der Kinder einen recht groJsen Bezirk
in Anspruch nehmen, und das würde schon die Reise an sich nicht
unwesentlich verteuern und auch die Beaufsichtigung und Leituog
beträchtlich erschweren. Da warf man in Hamburg, d. h. in dem
schon mehrfach genannten Vereine, die Frage auf, ob nicht in der
unmittelbaren Nähe der Stadt Gebiete aufzufinden seien, die allen
vernünftigen Anforderungen an einen gesunden Landaufenthalt ent-
sprächen und, was die Hauptsache war, doch so nahe seien, dafs
man mit geringen Kosten die Kinder morgens hin und abends wieder
zurück befördern könnte. Damit wäre die schwierigste Frage, näm-
lich die des Nachtquartieres, gelöst; denn die Beköstigung konnte
im Verhältnis hierzu nur geringe Schwierigkeiten verursachen. Sehr
erleichtert würde auch vor allen Dingen die Beaufsichtigung. Eine
ausreichende Beaufsichtigung von Kindern der Groüastadt auf dem
Lande ist aber unbedingt nötig, weniger wegen der eventuellen Ge-
691
fahren, denen sie ausgesetzt sein könnten, oder wegen absichtlicher Un-
arten, sondern deshalb, weil sie sonst ans reiner Unkenntnis der land-
und forstwirtschaftlichen Betriebe denselben manchen Schaden zu-
fügen würden. Man richtete also sein Augenmerk auf die Umgebung
Hamburgs und hatte einen geeigneten Ort auch bald gefunden.
Die Elbe teilt sich einige Meilen oberhalb Hamburgs in zwei
Hanptarme, die Norder- und Süderelbe. Erstere flieist an Hamburg,
letztere an Harburg vorbei. Diese Hauptarme, namentlich aber die
Süderelbe, senden noch eine Anzahl kleinerer Zweige aus, die ein
ganzes Netz von Stromarmen und -Kanälen bilden und sich erst weit
unterhalb Altonas nach und nach wieder in einem meerbusenartigen
Bette vereinigen. Das ganze Gewirre von Wasserläufen und Strom-
inseln trägt den Charakter einer Deltabildung. Die gröfste Insel,
Wilhelmsburg, trägt am Nordufer die bedeutendsten Becken des
Hafens von Hamburg, andere wieder bergen die Schifi&werften der
Elbe und Fabrikanlagen der verschiedensten Art. Mehrere dieser
Inseln aber liegen auch heute noch seitab von dem Treiben der
Groisstadt in idyllischer Buhe da; eine derselben fübrt den Namen
Waltershof. Sie wird von dem Eöhlbrand, dem stärksten Arm
der Süderelbe im Osten, und von dem abzweigenden Eöhlfleth im
Südwesten nmfiossen, während im Norden nach der Norderelbe hin
noch einige kleine Inseln vorgelagert sind. Waltershof ist Ham-
burger Staatsdomäne und enthält gegenwärtig auiser der deutschen
Seemannsschule nur einen Pachthof und grolse Wiesenländereien,
die als Viehweide dienen. Der weitaus gröfste Teil der Insel ist
mit Schutzdeichen umgeben und von zahlreichen Wassergräben durch-
zogen. Durch den Eöhlbrand findet ein reger Personendampfer-
verkehr zwischen Hambnrg-Altona einerseits und Harburg anderseits
statt, und die Dampfboote legen in Waltershof regelmäisig an.
Diese Insel erschien für die Zwecke der Ferien-Stadtkolonie
vorzüglich geeignet; denn einmal ist sie weit genug von Hamburg
entfernt, um von dem Groisstadtlärm unberührt zu bleiben, aber
doch wieder so nahe, dafs die Kinder in kürzester Zeit die Hin-
und Bückreise machen können. Dann kann man auch vermittels
der Personendampfer eine gröfere Anzahl von Personen besser als
mit jedem anderen Eommunikatioosmittel rasch, bequem und billig
hin und zurück befördern.
Während der vierwöchentlichen Sommerferien wurden zwei
Gruppen je 14 Tage lang nach der Stadtkolonie verschickt, im
ganzen 712 Eander. Jedes Kind hatte zu den erheblichen Kosten
692
einen Beitrag von sechs Mark zu leisten. Für das noch Fehlende
sorgte eine Reihe menschenfreundlicher Wohltäter. Die Leitong der
Kolonie war von dem Vorstände einem Lehrer, Herrn K. Mandkl,
übertragen. Diese Wahl war eine recht glückliche, da derselbe eine
reiche praktische Erfahrung hinter sich hatte und nun auf den Er-
gebnissen des Jahres 1901, dem ersten Lebensjahre der jungen,
eigenartigen Unternehmung in Gemeinschaft mit den Damen und
Herren des Vorstandes sorgsam erwägend und prüfend das Werk
weiter ausbaute. Ihm zur Seite standen mehrere Lehrer und Lehre-
rinnen als Gruppenführer resp. -Führerinnen, die für Au&icht und
Beschäftigung der Kinder sorgten und ihre gesamte Erholungszeit
der guten Sache opferten.
Grobe Opfer an Zeit und Mühe brachten auch zahlreiche Mit-
glieder des genannten Vereins, namentlich die Vorstandsmitglieder,
so vor allen Dingen der Vorsitzende Herr Dr. Baoge, die Damen
Fräulein A. Wolffson, in weiteren Kreisen durch ihre auf eigene
Kosten gegründeten und unterhaltenen Haushaltungsschulen bekannt,
femer Fräulein M. Hebz. Beide Damen nahmen sich besonders der
Küche an und ent<eten dort nicht blols durch ihre sachverständigen
Anordnungen, sondern auch durch unverdrossenes, fleilsiges Eingreifen
und persönliche Arbeit einen rühmlichen Eifer für die gute Sache.
Endlich sei noch des Herrn Dr. med. A. Pbedöhl gedacht, der sich
die Mühe nicht verdiiefsen liels, jedes Kind vor der ersten Ausfahrt
und nach der letzten Rückfahrt zu wägen, bei einer Schar von 712
kleinen, zappeligen Gesellen wahrlich keine geringe Leistung.
Betrachten wir nunmehr den Verlauf eines Tages in der Kolonie.
Des Morgens um halb neun Dhr versammeln sich die Kinder
bei den jedem Besucher Hamburgs bekannten St. Pauli -Landungs-
brücken um ihre Gruppenführer. Vor der ersten Ausfahrt findet
in dem dort liegenden Güterschuppen der Nordsee -Linie die Fest-
stellung des Gewichts der kleinen Kolonisten durch den oben ge-
nannten Arzt statt. Dann geht es auf den schon bereit liegenden
Dampfer, der auch gleichzeitig die erforderlichen Lebensmittel für
die Küche mitnimmt. Langsam kreuzt das Fahrzeug im Angesichte
der malerischen hohen Eibufer den breiten, belebten Strom; vorbei
geht es an der greisen Schi&werft von Blohm & Voss, dann lenkt
das Schiff in den Köhlbrand, und nach etwa halbstündiger Fahrt
ist das Ziel, die Insel Waltershof, erreicht. Sofort geht es zur
Schutzhütte. Es ist dies eine grofse, doppelte Halle mit offener
Vorderseite, aus 2ement und Asbest erbaut. In der Mitte zwischen
693
den beiden Hallen befindet sich die Küche mit einem geräumigen,
kühlen Keller. Auf der einen Seite sind die Tische der Knaben,
anf der anderen die der Mädchen aufgestellt. Gleich nach der
Ankunft bei der Hütte wird den Kindern das Frühstück verabreicht,
das aus Butterbrot und Milch besteht. Nachdem so der erste Hunger
gestillt ist, vereinigen sich die einzelnen Gruppen um ihre Führer
und Führeriunen, welchen junge Damen aus den höchsten Ständen
als freiwillige Helferinnen zur Seite stehen. Dann werden gemein-
schaftliche Spiele arrangiert, kleine Ausflüge und Deichwanderungen
veranstaltet und alles getan, um den Kindern das Leben so ange-
nehm wie möglich zu gestalten. Bisweilen wird auch das Ufer auf-
gesucht, dann rasch Schuhe und Strümpfe abgestreift, und bald watet
die kleine Gesellschaft in dem seichten Wasser umher und sucht
Muscheln und glatte Steine, indem sie dabei mit den Enten um die
Wette plätschert und schnattert. Alles ist eitel Freude und aus-
gelassene Fröhlichkeit, um so mehr, als man der jubelnden Schar
möglichst viel Freiheit lälst. Ist die Hitze gar zu groDs, so gewährt
ein kleines Gehölz in unmittelbarer Nähe der Schutzhütte kühlenden
Schatten. Wenn aber der Himmel seine Schleusen öfiFnet, dann
nimmt die geräumige Halle das kleine Volk unter ihr schützendes
Dach auf. Dann werden Schach-, Domino- und andere Spiele her-
vorgeholt, oder es wird vorgelesen und ein Märchen erzählt. Auch
eine Kasperbude fehlt nicht, und die Lachsalven des allezeit beifalls-
freudigen Auditoriums begleiten die lustigen Streiche des ewig jungen
Kaspar. Kaum aber drängt der erste goldene Sonnenstrahl durch
das graue Gewölk, so geht es wieder hinaus ins Freie.
Eine ganz besondere Anziehungskraft üben die zahlreichen
Wassergraben mit ihrem mannig£dtigen lebendigen und toten Inhalt
aus. Für die Kinder der Grolsstadt bergen sie gar viele unbekannte
Dinge und reizen die Neugierde. Dann wachsen dort ja auch die
wundervollen grofsen Bohrkolben. Die Aufsicht wird allerdings
durch diese Wasseradern den Führern wesentlich erschwert ; aber sie
sind glücklicherweise nicht- so tief, dafs sie das Leben der Kinder
gefl&hrden könnten, und für den Fall eines unfreiwilligen Bades hat
der umsichtige Leiter je zwei Knaben- und Mädchen-Beserveanzüge
bereit, um die nassen Kleider wechseln zu können.
Endlich schlägt die Stunde des Mittagsmahles, von der allezeit
hungrigen Schar natürlich lange ersehnt und mit Freuden begrüJst.
Die Speisen werden aus den von Hamburg mitgebrachten Vorräten
in der geräumigen Küche unter der Leitung und der tätigen Mithilfe
Sefaulgesandheitapflegre. XVI. 86
694
von Damen aus der Hamburger Gesellsohaft zubereitet, um die Ent-
werfung des Küchenzettels hat sich neben den schon mehrfeioh ge-
nannten Damen die Leiterin der hamburgischen Yolks-KafiFeehalleD,
Fräulein von Schachtmeteb, besondere Verdienste erworben. Es
gibt immer gute, warme Kost in möglichster Abwechslung und so
reichlich, dais auch der letzte der hungrigen Gftste endlich mit einem
Blick des Bedauerns auf die unbezwungenen Beste, aber doch be-
friedigt Löffel und Gabel aus der Hand legi Mancher aber wird
sich später noch oft nach dem kräftigen, wohlschmeckenden Mittags-
tisch mit seiner schier unerschöpflichen Reichhaltigkeit zurücksehnen.
Auch für einen guten Trunk frischen Wassers ist gesorgt. Noch im
Vorjahre war man genötigt, alles Trinkwasser yon Hamburg mitzu-
bringen, gewiis eine groise Unbequemlichkeit. Nunmehr liefert ein
inzwischen angelegter abessimscher Brunnen einwandfreies Wasser in
reichlicher Menge.
Nach dem Mittagessen überlälst sich die jugendliche Schar auf
den Deichen und Böschungen einer behaglichen Siesta. Aber das
sorglose dolce far niente wird bald durch den anlegenden Dampfer
unterbrochen, der nicht selten Gäste aus Hamburg bringt, die sich
das lustige Treiben der kleinen „Badereisenden** ansehen wollen.
Die Kinderschar begriilSst sie stets mit Jubel; denn häufig werden
mit den Gästen verschiedene vielversprechende Körbe ausgeladen,
deren Inneres Kirschen, Stachelbeeren und andere schöne Dinge
birgt, die den Kindern immer, selbst nach einem guten Mittagessen,
hochwillkommen sind.
Am Nachmittag wird den Kindern ein Vesperbrot mit Milch
verabreicht, und dann kommt endlich kurz vor der Bückkehr noch
die Abendmahlzeit. Sie besteht aus der in Norddeutschland ebenso
beliebten wie zuträglichen roten Himbeergrütze mit Milch, für die
kleinen Kolonisten eine wahre Götterspeise. Inzwischen ist der
Dampfer bei der Landungsbrücke erschienen, der um halb sieben ühr
die ganze Gesellschaft nach Hamburg zurückbringt. Ein kurzes
Gewimmel, ein lebhafter und lauter Abschied an der Landungs-
brücke, und die Kinder fluten nach allen Seiten auseinander, um
den elterlichen Wohnungen zuzueilen, indem sie unterwegs der sie
abholenden Mutter leuchtenden Blickes- von all den erlebten Aben-
teuern, von den Herrlichkeiten und Genüssen erzählen.
So verläuft das Leben für die jungen Kolonisten Tag für Tag.
Nur an den Sonntagen findet keine AusfEÜirt nach Waltershof statt.
Einmal hat dann wenigstens ein Teil der Kinder Gelegenheit, mit
695
den Eltern und Angehörigen einen Spaziergang zu maohen; dann
ist aber auch der freie Tag für die Leiter und Führer nach der
anstrengenden und nervenaufreibenden Tätigkeit unbedingt nötig.
Naoh 14 Tagen wird die erste Abteilung der Kinder entlassen
und durch die zweite abgelöst. Es mufs anerkannt werden, dafs die
kleinen Kolonisten durchweg durch ein gutes Betragen ihre Dank-
barkeit für die ihnen gewährte Sorgfalt zu beweisen suchen.
Wenden wir uns nun noch kurz zu der Frage : Welches ist das
Ergebnis, der Erfolg, all dieser Sorgen und Arbeiten, des Aufwandes
an Kraft, Zeit und Geld? Wie schon bemerkt, bringen die Kinder
eine Fülle neuer Anschauungen und Eindrücke mit nach Hause»
und der Wert dieses Gewinnes ist keineswegs gering anzuschlagen.
Der eigentliche Zweck soll jedoch körperliche Kräftigung und Er-
frischung sein, und da zeugt schon die gesunde Farbe der Wangen
von der wohltätigen Wirkung des Landaufenthaltes. Um aber auch
zu unumstöüslichen, zahlenmäfeig feststehenden Besultaten zu kom-
men, werden die Kinder, wie bereits erwähnt, yor der ersten Aus-^
fahrt und der letzten Rückfahrt unter der Au&icht des mehrfach,
genannten Arztes gewogen, und da tritt das erfreuliche Resultat zu
Tage, dafs sich eine durchschnittliche Gewichtszunahme yon zwei
bis drei Pfund feststellen läfet; gewiis nach einem nur 14iägigeu
Aufenthalte in Waltershof ein schönes Ergebnis.
Die ganz eigenartige, neben einem ähnlichen Unternehmen in
Dresden einzig dastehende Veranstaltung der Ferien - Stadtkolonie
erregte in den weitesten Kreisen der Schul- und Verwaltungsbehörden
sowie der Schulhygieniker berechtigtes Aufsehen, und es liefen von
vielen Seiten, sogar bis über die Grenzen Deutschlands hinaus, zahl-
reiche Anfragen ein, mehr als dem Vorstande trotz des Hebens*
würdigsten Entgegenkommens erschöpfend zu beantworten möglich
war. Diesen, sowie allen anderen Literessenten ein getreues Bild
des Unternehmens zu bieten, ist der Zweck vorstehender Zeilen.
Mögen sie dazu dienen, dem gegebenen Beispiele zum Wohle der
heranwachsenden Jugend recht viele Nachahmxmgen zu erwecken I
Mögen sie aber vor allen Dingen auch dazu beitragen, dais dem
Vereine für Ferien -Wohlfahrtsbestrebungen recht viel praktisches
Interesse entgegengebracht wivd, dals ihm gröüsere Summen zufliefsen,
damit er seine philantropischen Veranstaltungen immer weiter aus-
bauen kann.
36'
696
Znr Statistik der Nervosität bei Lehrern.
I. Beitrag.
Von
Dr. Ralf Wichmann,
Nervenarzt in Bad Harzbarg.
(Fortsetzang.)
B. Erblich belastete Lehrer.
Unter den 305 Lehrern, welche ebenso vielen Familien entsprechen,
sind in 239 Familien = 78% Nerven- oder Geisteskrankheiten
nicht vorgekommen. (Li einem Fall ist hierüber nichts erwähnt.)
In 66 Lehrerfamilien = 22% dagegen sind Nerven- oder Geistes-
krankheiten bei den Eltern oder Geschwistern vorgekommen. Li
diesen 66 Lehrerfamilien waren 17 mal der Vater, 26 mal die Mntter,
4 mal beide Eltern und 36 mal Geschwister mit Nerven- oder Geistes-
krankheiten behaftet. Den 17 Vätern ist ein Alkoholiker mit zu-
gerechnet. Diese 66 Lehrer kann man also ab erblich nervös be-
lastet bezeichnen*
Von den 239 nicht erblich belasteten Lehrern sind 41 ganz
gesnnd, d. h. 17,1%; von den 66 erblich belasteten Lehrern sind
fünf ganz gesnnd, d. h. 7,5 7o-
Von den 66 erblich belasteten Lehrern sind 51 verheiratet nnd
15 ledig. Von den verheirateten sind drei verwitwet. Der Kon-
fession nach verteilen sich die 66 Lehrer auf:
Protestanten . . 57
Katholiken ... 8
Lsraeliten 1.
Von den 66 erblich belasteten Lehrern waren bis zum Lehrer-
examen gesund 45, d. h. 69 %, und 21 = 31% hatten schon vor
dem Lehrerexamen schwerere Krankheiten — die Kinderkrankheiten
abgerechnet — durchgemaoht. Als solche Krankheiten werden von
ihnen genannt: Migräne; nervöses Herzklopfen; Kopfschmerzen 4 mal;
Schwindel; Nasenbluten und Blutarmut je 2 mal; Mattigkeit und
Schwäche 3 mal; Schlaflosigkeit; Nervosität; Zwangsgedanken; Ver*
dauungsschwäche und Stuhlbeschwerden 3 mal ; Appetitlosigkeit ;
697
Herzklopfen; Typhus 3 mal; Brastfellentzündung, Mittelohrkatarrh,
Kopfrose, Atembesohwerden, Rhenmatismus; Beinleiden, Neuralgie;
Onanie nnd PoUntionen, nnd Neigung zu Erkältungen.
a) Die 45 erblich belasteten, aber bis zum Lehrerexamen
gesunden Lehrer.
Von diesen 45 Lehrern sind 38, d. h. 84 Vo, yerheiratet ; dar-
unter sind drei yerwitwet. Ledig sind sieben. Es litten von diesen
45 Lehrern während des Examens 9, d. h. 20%! an nervösen Be-
schwerden. Es blieben von den 45 Lehrern bis jetzt dauernd ge-
sund 5 Lehrer, d. h. 11 %, die übrigen 40 Lehrer = 89 % sind
erkrankt. Von den 45 Lehrern haben 30, d. h. 66%, für Angehörge
zu sorgen. Yon den 45 Lehrern sind im Schuldienst angestellt:
1 Lehrer 1 — 5 Jahre lang
12
Ji
5—10
1»
»
6
»
10 15
n
Ti
10
n
15 20
fl
n
6
n
20—25
»
7i
3
n
25—30
n
n
3
n
30—35
»
n
2
n
35-40
»
rt
2
«
40—45
n
n
Von den 45 Lehrern erteilen 15,
d.
i. 33%, Privatunterricht
und zwar:
6 Lehrer bis
zu 2 Stunden
pro Woche
2
n
n
. 4 .
n n
2
6
mm
n
w
7» " 7i
rt 7i
4
n
n
« 8 ,
n 7i
1
n
Ji
» 12 »
n n
Es unterrichten
im Durchschnitt:
1 Lehrer 30— 40
Kinder
4
n
40 50
n
12
n
50— 60
7i
10
»
60— 70
n
6
n
70— 80
»
6
T»
80— 90
»
0
T)
90—100
n
1
T)
100 110
n
2
7)
110—120
n
1
w
120—130
n
698
1 Lehrer 120—135 (90) Kinder
1 „ 146 (66nnd70) „
Es yerwenden auf Schulyorbereitaiig und Korrekturen:
7 Lehrer bis zu 1 Stunden
26 « » n 2 „
10 ^ „ „ 3 „
Diese 45 Lehrer würden unterrichten können täglich, ohne zu
übermüden:
1 Lehrer bis zu 1 Stunden
^ r> r) n ^ n
13 4
^ 7> n f) ^ n
1 7
1 Q
7?
Einer kann nichts Bestimmtes hierüber mitteilen.
Von den 45 Lehrern haben 15, d. i. 33 %, die Ferien aus Ge-
sundheitsrücksichten yerlängem müssen. 30 Lehrer oder 66 Vo haben
das nicht getan, aber zwei unter diesen letzteren hätten es nOtig
gehabt. Wegen nervöser Beschwerden haben 15, d. i. 33%, den
Unterricht aussetzen müssen. 30 Lehrer oder 66% haben das nicht
getan, aber drei von ihnen hätten es eigentlich tun müssen, und ein
vierter ist zurzeit wegen nervöser Beschwerden auf Grund ärztlichen
Attestes beurlaubt.
Von diesen 45 Lehrern geben 12, d. i. 26%, an, zurzeit nicht
an Angstzuständen, Zwangsgedanken, Kopfdruck oder Herzklopfen
zu leiden. Einer gibt andere nervöse Beschwerden an. Die übrigen
32, d. i. 71 %, klagen in folgendem Prozentsatz über:
Angstzustände. . . 17, d. i. 37 %
Zwangsgedanken. 8, „ 17%
Kopfdruck 26, „ 57 %
Herzklopfen 19, „ 42%
Es kommt also nicht selten vor, dais ein und derselbe Lehrer
über verschiedenartige nervöse Beschwerden klagt.
699
b) Die 21 erblich belasteten, schon vor dem Examen
krank gewesenen Lehrer.
Von den 21 erblich belasteten, schon vor dem Elzamen krank
gewesenen Lehrern, waren währenddes Elzamens gesnnd, d. h. litten
nicht an nervösen Beschwerden, 8 Lehrer, d.i. 38 7o. Ein Lehrer
hat diese Frage nicht beantwortet Die übrigen 12 Lehrer, d. i.'
57%, litten während des Examens an nervösen Beschwerden.
Diese 21 Lehrer sind später nach dem Examen sämtlich er
krankt (100%)* Die von ihnen angegebenen Krankheiten sind fol
gende: Nervöse Überreizung, Yerdanongsschwäche nnd Melancholie
Stnhlverstopfong, Blutarmut, Nervosität, nervöser Darmkatarrh
Herzklopfen, Neurasthenie (9 mal), Angstzustände, Zwangs
gedanken, Migräne und Herzbeschwerden, Halsentzündung, Magen
leiden und Schlafstörung, Lungen-, Geschlechts- und Nervenleiden
Magen* und Lungenleiden, Lungenentzündung, Typhus, Gelenk
rhexmiatismus.
Von diesen 21 Lehrern sind 14, d. i. 66 7o, verheiratet. Es
haben von den 21 Lehrern 11, d. i. 52%, für Angehörige zu sorgen.
Die 21 Lehrer sind im Schuldienst angestellt:
1 Lehrer 1 — 5 Jahre
5 , 5-10 „
6 , 10-15 ,
8 „ 15—20 „
3 „ 20-25 „
1 „ 25-30 „
1 „ 30—35 „
1 „ 35-40 „
Von den 21 Lehrern erteilen acht Privatunterricht und zwar
2 Lehrer bis zu 2 Stunden pro Woche
^»» n n ^ ii 7t n
"n »W^ 7) T) 7)
Es haben im Durchschnitt unterrichtet:
2 Lehrer 20—30 Kinder
1 „ 40-50 „
5 „ 50—60 „
7 „ 60-70 „
4 „ 70—80 ,
1 „ 80-90 „
und einer 140 Kinder in 2 Klassen.
700
Von diesen 21 Lehrern verwenden täglich auf Sohnlvorbereitung
und Korrekturen:
5 Lehrer his zu 1 Standen
4 „ „ „ 3 „
^ 4.
Sie würden unterrichten können, ohne zu ermüden, t&glich:
4 Lehrer bis zu 3 Stunden
12 „ „ „ 4 „
Es haben von den 21 Lehrern die Ferien verlängern lassen
müssen aus Gesundheitsrücksichten 13, d. i. 61%, und es haben den
Unterricht wegen nervöser Beschwerden aussetzen müssen 12 Lehrer,
d. i. 67 7o.
Unter den 21 Lehrern leiden zurzeit nicht an Angstzuständen,
Zwangsgedanken, Kopfdruck oder Herzklopfen 3 Lehrer. Diese
3 Lehrer leiden an anderen nervösen Beschwerden. Einer gibt
auTserdem nichts an. Die übrigen 18, d.i. 85 %, Lehrer geben die
Klagen in folgender Prozentzahl an:
über Angstzustände . . 6 mal = 28 7o
„ Zwangsgedanken 9 „ = 42%
^ Kopfdruck 11 „ = 52 7o
„ Herzklopfen ... 10 „ = 47 Vo
ۥ Vor dem Lehrerexamen krank gewesene Lehrer.
Von den 305 Lehrern waren bis zu ihrem Lehrerexamen, wo-
runter das erste zu verstehen ist, 235 gesund. Die üblichen Kinder-
krankheiten sind dabei als unwesentlich nicht berücksichtigt. Ein
Lehrer gibt nichts Näheres an. Die übrigen 69 Lehrer haben bereits
vor ihrem Lehrerexamen erwähnenswerte Krankheiten durchgemacht.
Diese bereits vor dem Lehrerexamen durchgemachten Krank-
heiten der 69 Lehrer waren folgende:
L Infektionskrankheiten.
Typhus 7 mal
Lungenentzündung 5 „
Brustfellentzündung 4 „
Husten 1 „
Gehirn- und Brustentzündung 1 „
Gelenkrheumatismus und Rheumatismus . . . 7 „
Kopfrose 1 „
701
U. Rachen-, Nasen-, Hals- nnd Ohrleiden.
Chronischer Nasenrachenkatarrh 3 mal
Mittelohrkatarrh 2 „
Chronischer Lufiröhrenkatarrh 1 „
Kehlkopfkatarrh, Halsbeschwerden 2 „
Gehörleiden 2 „
Stockschnupfen 1 „
Nasenbluten 1
»
III. Chronische Lungenaffektionen.
Lungenemphysem 1 mal
Lungenschwache 1 „
Atembeschwerden 1 „
Lungenkatarrh ' 1 „
ly. B lut krank hei ten.
Blutarmut 3 mal
Schwäche 1 „
Kalte Pulse 1 „
y. Magen -Darmaffektionen.
Magensehwflche und Magenbeschwerden .... 3 mal
yerdauungsbesohwerden 4 „
Stauungen im Pfortadersystem 1 „
yL Neryenkrankheiten.
Kopfweh 7 mal
Migräne 4 „
Kopf kongestion 1 „
Schwindel 1 „
Neurasthenische Angstzustände 1 „
Zwangsgedanken seit Kindheit 1 »
Leichtes Erröten 1 „
Herzklopfen 4 „
Nervosität 4 „
Schlaflosigkeit 1 »
Ängstlichkeit, Aufgeregtsein 2 „
yerdauungsbesohwerden (nervöse) 1 „
Appetitlosigkeit 1 „
Zitterkrampf in den Fingern 1 „
702
Vn. Verschiedenes.
Angenafifektionen 4 mal
TTnterleibsentzttndang 1 „
Onanie, Pollutionen 1 „
Knochen wnchenmg, Fnfsgeschwnlst 1 „
Somit erhalten wir als Vorkrankheiten unter den 69 Lehrern
Infektionskrankheiten 26 mal = 37 Vo
Rachen-, Nasen-, Hals- und Ohrleiden 12 „ = 17 %
Chronische Lungenaffektionen 4 „ = ö %
Blutkrankheiten 5 „ = 7 %
Magen-Darmkrankheiten 8 „ == 11 %
Nervenkrankheiten SO „ = 43 %
Verschiedenes 7 „ = 10 %
Unter diesen 69 Lehrern kommt Nerven- oder Geisteskrankheit
in der Familie vor:
bei dem Vater . . 9 mal
„ der Mutter . 12 „
„ Geschwistern 9 „
Der Konfession nach verteilen sich diese 69 Lehrer auf:
Protestanten . . 55
Katholiken... 13
Israeliten .... 1
Verheiratet sind von den 69 Lehrern 51. Von diesen 69 Lehrern
sind später nach dem Lehrerexamen erkrankt 63, also 91%, und
dauernd gesund geblieben 6, also 8,6%.
a) Die sechs Gesundgebliebenen.
Diese 6 gesundgebliebenen Lehrer hatten als Kinder resp.
vor ihrem Lehrerexamen an folgenden Krankheiten gelitten: Kinder-
krankheiten, einer Geschwulst am Fulse (Operation); Lungenentzün-
dung im 15., und ein anderer einmal im 17. Lebensjahre; Brustfell-
entzündung; Tjrphus, Gehirn- und Brustentzündung, unter diesen
6 Lehrern sind 5 Protestanten und 1 Katholik. Fünf von ihnen
sind verheiratet und drei haben für andere Angehörige zu sorgen.
Sie sind 5Vs, 6, 10, 19, 25Vs und 27 Jahre lang im öflPenÜichen
Schuldienst tätig und unterrichteten im Durchschnitt:
703
1 Lehrer 20—30 Kinder
1 „ 60—60 „
2 „ 60—70 „
1 „ 70—80 „
1 „ 80—90 „
Sie yerwenden tfiglich auf Korrekturen und Sohnlvorbereitang:
1 Lehrer bis zu 1 Standen
0 » n n ^
1 M n » O
n
Es erteilen von ihnen 4 Lehrer Priyatnnterricht und Ewar
3, 4, 6 nnd 8 Stunden. Deijenige, welcher die 6 Stunden Privat-
nnterricht erteilt, gibt diese nur im Winter. Diese 6 Gesunden
sind bis in die letzte Zeit gesund geblieben und geben auch bei
Frage 16 keine Beschwerden an.
b) Die 63 nach dem Lehrerexamen Erkrankten.
Von diesen 63 Lehrern haben 29 fflr Angehörige zu sorgen,
d. i. 46 7o.
Von ihnen sind im Schuldienst angestellt:
4 Lehrer 1 — 5 Jahre lang
16 „
5-10 „
n
14 »
10-15 ,
n
11 r,
15-20 „
r>
8 »
20 25 „
n
3 „
25—30 „
»
4 «
30 35 „
>»
1 r,
35-40 „
n
2 „
40—45 .
n
m ihnen im Durchschnitt:
1 Lehrer
10— 20 Sdifller
4 „
20- 30
»
4 „
40- 60
n
16 „
50— 60
n
19 »
60— 70
»
^ r,
70— 80
»
6 ,
80— 90
»
3 „
90 100
n
3 „
100—110
t)
1 n
140
„ (in zwei Klassen).
704
Von ihnen verwenden täglich auf Korrekturen und Vorbereitung:
13 Lehrer bis zu 1 Stunden 9 Lehrer bis zu S Stunden
Drei Lehrer haben nichts hierüber angegeben, teilen aber mit,
dals sie Privatarbeiten hätten. Einer von denen, welche sich 4
Stunden täglich yorbereiten, begreift darin auch seine Vorbereitung
auf ein höheres Lehrerezamen mit.
Unter den 63 Lehrern erteilen 33, d. i. 52%, Privatunterricht
und zwar:
bis zu
2 Stunden
8 Lehrer
4 „
12 „
6 „
8 „
8 „
2 „
10 „
2 „
12
1 -
Diese 63 Lehrer würden ihrer Ansicht nach täglich folgende
Stundenzahl, ohne zu ermüden, unterrichten können:
2 Lehrer bis zu 2 Stunden
TJ
28 „ „ „ 4
4 n n w "
1 7
7)
Von diesen 63 Lehrern haben 38, also 60%, bereits ein- oder
mehrmals aus Gesundheitsrücksichten die Ferien verlängern müssen.
Auüserdem haben 25, also 39%, von ihnen den üntei-richt wegen
nervöser Beschwerden aussetzen müssen. Sechs weitere haben das
zwar nicht getan, hätten aber infolge ihrer nervösen Beschwerden
alle Ursache dazu gehabt.
Von diesen 63 Lehrern wird bei Frage 16 geklagt:
über Angstzustände . . 20 mal = 31 7o
„ Zwangsgedanken 21 „ ==33 %
„ Kopfdruck 35 „ =56%
„ Herzklopfen 30 „ = 47 %
Femer wird 2 mal geklagt über Melancholie, 4 mal über Schlaf-
störung, sodann vereinzelt über Verdauungsstörungen, Gedächtnis-
schwäche, Aufgeregtsein, Hast und Unruhe.
(ScUoTs folgt)
706
2.nB Derfanttttlttngen nn^ IDereinett*
Seehster Dentseher Eongrefs fflr Volks- nnd Jngendspiele
yom 5.-7. Juli 1903 m Dresden.
Nach einer Mitteilnng von Stndiendirektor Professor RATDT-Leipzig,
Geschäftsführer des Zentralansschnsses.
In sehr anregender Weise wurde der Eongreb dnrch die Vater-
ländischen Festspiele eingeleitet, die am Sonntag, den 5. Juli, nachmittags
auf den prächtig an der Elhe gelegenen Spielwiesen stattfanden. Die
zahlreich erschienenen Mitglieder des Zentralansschnsses zur Förderang der
Volks- nnd Jngendspiele in Deutschland marschierten an der Spitze des
Festzuges vom Altmarkt aus, wo der Oberlehrer Dr. Nowak die Festrede
hielt, nach den Spielplätzen und erfireuten sich des dort herrschenden
tamkräftigen und spielfrohen Treibens. Bei der PreisyerteOung sprach der
Vorsitzende des Zentralausschusses, von SCHENCKENDOBFF-Görlitz, seine
hohe Befriedigung über das Geschaute aus und kennzeichnete in kurzen
Worten die Ziele solcher vaterländischen Festspiele.
Den ersten Vortrag des ersten Verhandlungstages hielt der Geh.
Med. -Rat Professor Dr. WALDEYER-Berlin über das Thema:
Die anatomischen Verhältnisse des Brustkorbes
mit besonderer Beziehung auf Leibesübung
und Gesundheitspflege.
In ausgezeichneter Weise besprach der Redner zuerst den Bau des
menschlichen Brustkorbes. Er wies darauf hin, dafs die obeien Rippen
weniger beweglich sind, als die unteren ; daher erweitern sich beim Atmen
unter gewöhnlichen Verhältnissen die oberen Brustabschnitte weniger.
Einigermafsen wird dies durch die Beweglichkeit der Enorpelfuge zwischen
Handgriff und Eörper des Brustbeines ausgeglichen. Eünstlich können wir
eine beträchtlichere AtemgrOlse des oberen Brustbeinabschnittes und damit
der Lungenspitzen durch zweckmäCsige Turnübungen erzielen, wobei nament-
lich systematische Arm- und Rumpfmuskelübungen eine wichtige Rolle
spielen.
Den zweiten Vortrag hielt der Stadtschulrat Dr. Eebsghensteikeb-
München über das Thema:
Was können die Städteverwaltungen tun, um die körperliche
Erziehung der Jugend, besonders die der Volksschule und der
schulentlassenen Jugend zu fördern?
Die lebenswarmen, von Herzen kommenden und zum Herzen gehenden,
Yon langandauemdem, sich immer wiederholendem Beifall begleiteten Aus-
führungen gipfelten in folgendem:
706
Die ungeheueren Arbeitsleistungen der St&dte auf allen Eulturgebieten
yerzehren gleichgrofse Summen geistiger und körperlicher Kraft. Es ist
hohe Zeit, daEs die Städte lernen, diesen Er&fteverbrauch rationell zu
gestalten, indem sie die Städter zu einer vemfinftigen, naturgemälsen
Lebensweise erziehen. Dazu haben sie zunächst durch geeignete Unter-
richtsmafsnahmen die nötige Einsicht zu erwecken, sodann durch die ent-
sprechenden städtischen Einrichtungen f&r die Gewöhnung an eine ver-
nOnftige Lebensweise zu sorgen. Das letztere hat zum Teil durch die
Pflege des Turnens, des Turnspieles, der Wanderfahrten, des Schwimmens
und Badens zu geschehen. Die Städte haben ffir die nötigen Einrich-
tungen zu sorgen und alle einwandfreien Vereine zu unterstfltzen, welche
die gleichen Aufgaben pflegen. Der Vortrag wird den Stadtverwaltungen
im Wortlaute übersandt werden.
Am Nachmittage wurden auf den Eibwiesen am Johannstädter Ufer
Jugendspiele den Eongre&teünehmem yorgeführt. Von ganz besonderem
Interesse war das Musterspiel einer Altonaer, sowie einer vereinigten
Rendsburg-Haderslebener Schttlerriege im Schlagballspiel ohne Einschenker,
sowie ein Faustballspiel derselben Schüler.
Am zweiten Verhandlungstage hielt Dr. med. SCHMIBT-Bonn dann
einen von vielen greisen farbigen Zeichnungen trefflich illustrierten be-
deutsamen Vortrag über das Thema:
Die beste Ausgestaltung öffentlicher Erholungsstätten
für Jugend und Volk.
Der Vortrag hatte im wesentlichen folgenden Inhalt: Bei der außer-
ordentlichen Ausdehnung unserer Städte und der immer dichteren Bebauung
des umgebenden Gebietes sieht sich der Städter immer mehr der Nator
entrückt. Die Stadtverwaltungen sehen es immer mehr als eine soziale
Pflicht an, neben Schmuckanlagen in den Städten städtische Parks und
Stadtwaldungen der Bevölkerung zur Erholung za schaffen. Redner wendet
sich gegen die Sucht, jedes Plätzchen und Winkelchen in der Stadt mit
Anlagen zu bedecken; er wünscht vor allem, daß in solchen Parks und
Stadtwaldungen die Rasenflächen zu geordneten Jugendspielen hergegeben
werden; dafs sie nicht lediglich Riesenrestaurationen werden; daEs in den
Stadtwaldungen für Ferienspiele Plätze und Erquickungsgelegenheilen ge-
schaffen werden. Zum Schlüsse entwickelte der Vortragende den gro(s-
artigen Plan des deutschen Kaisers, den Grunewald bei Berlin zu einem
Volkspark zu stiften.
An diesen Vortrag schlofs sich eine Aussprache, in der manche
andere erfreuliche Fortschritte auf dem Gebiete öffentlicher Erholungsplätze
erwähnt und andererseits manche Wünsche nach dieser Richtung hin aus-
gesprochen wurden.
Nachdem sodann im Auftrage des Vorstandes der Geschäftsführer,
Studiendirektor Professor Raydt, vor der Öffentlichkeit dem Vorsitzenden
herzlichsten Dank gesagt hatte für das, was er mit seltener Ausdauer und
wunderbarem Geschick für die Sache der Volks- und Jugendspiele gewiikt
707
habe, wurden die Eongrefsverhandlangen mit einem Hoch auf die Stadt
Dresden and deren Oberbürgermeister Beütleb, der so fiberaas viel za
dem guten Gelingen des Kongresses beigetragen habe, geschlossen.
Nach einem gemeinsan^en Festmahl besuchten die Eongreisteilnehmer
die Vorffihrang der jetzt mehrfach in Deutschland eingeführten Trocken-
schwimmfibungen und sich anschließender Schwimmvorführungen. Die vom
Oberlehrer Elahb geleiteten Übungen zeigten in deutlicher Weise, dafs
eine Ausbildung aller Schulkinder im Schwimmen durchaus nicht im Bereich
der Unmöglichkeit liegt
filtinere MiUtxinn^tn.
Die Badeverhältnisse der Volksscliiilkinder in Greifswald
scheinen, wie Dr. Peipeb in der Sitzung der Greifswalder Schulkommission
am 25. Febr. 1903 mitteUte, durchaus ungflnstige zu sem („Gesundhdf^ ,
1903, No. 7). Die Erhebungen, die Rektor Graul angestellt hat, zeigten
folgende bemerkenswerte Ergebnisse:
7M A.. TTin^ar ®®'a;««i.P™JL^^ I« Sommer 1902 InsgeBamt
Zahl der Kinder emmal^ warm ^^^ ^^^^^ haben gebadet
565 Knaben 12 = 2,1 7o 284 = 50,0% 527o
558 Mädchen .... 149 = 26,7 „ 42 = 7,5 „ 34 „
Es ergibt dieser Nachweis die wenig erfreuliche Tatsache, daCs die
Hautpflege unter den Greifswalder Yolksschfilern nicht allzu hoch steht.
Im Sommer baden allerdings 50% der Knaben, von den Mädchen dagegen
nur 7,5%. Im Winter wird nur ein äufserst geringer Teil der Knaben,
dagegen etwa ein Viertel der Mädchen eines Bades oder, besser gesagt,
einer warmen Abwaschung teilhaftig. Die Segnungen einer geregelten
Hautpflege durch Schulbrausebäder wären hier nicht blols erwünscht, sondern
direkt erforderlich.
Staubfreie Tnmlialleil. In einem Vortrage über Turnunterricht
und Körperpflege {^Körper und Qeist^, 4. April 1903) kommt E. Stboh-
METEB auch auf die früher schon von Dr. F. A. SCHMIDT-Bonn hervor-
gehobene Gesundheitsschädlichkeit des Staubes in den Turnhallen zu
sprechen, der ohne Zweifel den Atmungsorganen gefährlich werden kann.
Stb. stimmt deshalb ein in den Buf: „Hinaus ins Freie! Das Turnen
in frischer, freier Luft sei Regel, das Turnen in der Halle
nur Notbehelf!'' Immerhin muls er zugeben, dafs, wenn wir auch so
viel wie möglich das Turnen im Freien pflegen sollen, unserer klimatischen
Verhältnisse wegen doch ein geregeltes, lückenloses Freilufttumen für die
Dauer des ganzen Jahres unmöglich ist und ein grolser Teil der Turn-
stunden in der Halle abgehalten werden mufs. Ist dies nun aber der
Fall, so müssen wir Sorge tragen, dafs die Schädigungen der Gesundheit
708
durch den Tnrnhallenstaab nicht oder doch nur in geringem Mafse ein-
treten können, d. h. wir müssen relativ stanbfreie Hallen mit gnter
Atmnngslnft zu erlangen suchen. Dies ist u. a. zu erreichen dadurch,
dals man die Fufsbekleidung, an welcher die Kinder tagtäglich grolse
Mengen von Schmutz in die Turnhallen bringen, gut säubern läist.
Hierzu müssen in erster Linie Draht matten oder Eisenroste yorbanden
sein, und zwar von solcher Grölse, dafs jeder Eintretende mehrere Schritte
darauf machen mufs. Hinter der Drahtmatte oder dem Roste mufs nodi
eine ebenfalls grofse Fufsmatte liegen, und sowohl Matten als Kratzer
sind oft von dem daran sitzenden Staube zu befreien.
Ein Krfippelheim in Holland. Der Mitteilung, die wir in dieser
Zeitschrift (1900, S. 344) s. Z. machten über den Niederländischen Verein
zur Pflege kränklicher und verwachsener Kinder, der durch die Initiative
des Dr. med. Renssen in Arnheim ins Leben gerufen wurde und die Be-
gründung und Unterhaltung von Krüppelheimen bezweckt, ist nun folgendes
beizufügen: Während der Verein anfangs sich nur mit zwei Patienten zu
beschäftigen hatte, welche in zwei Zinmuem des Diakonissenkrankenhauses
untergebracht wurden, war schon im Jahre 1901 die Anzahl der zu Ver-
sorgenden bis auf sechs gestiegen. Man erachtete es infolgedessen für
notwendig, ein eigenes Heim zu gründen, und es wurde hierzu ein Haus
in der Pels R^ckenstraat, das jetzige „ Johanna-Krüppelheim **, bestimmt.
Die Kosten des Baues und der Einrichtung betrugen 34000 Gulden
(ungefähr 56 500 Mark), so daEs, obwohl der Verein für die Pflege kränk-
licher und verwachsener Kinder einen grofsen, nicht zu verzinsenden Vor-
schuls machte, und viele Privatleute Beiträge leisteten, doch ein Defizit von
einigen Tausend Gulden entstand. Der stellvertretende Vorsitzende des
Stiftes, Dr. Knottnebus, hielt bei der Eröffnung eine Ansprache, worin
er zuerst der Frau yan Nes, der geistigen Mutter dieses Heims, die für
seine Gründung viel getan hat, dann Herrn Dr. Renssen aus Arnheim
und Herrn Dr. Disselhoff aus Kaiserwerth, dem Bürgermeister und auch
dem Diakonissenhause warmen Dank aussprach. Der Redner erwähnte
dann den Zusammenhang zwischen dem Niederländischen Verein zur Pflege
kränklicher und verwachsener Kinder und den Heimen, und wies darauf
hin, dafs der Verein es den Heimen selber überläfst, die Richtung und
Art der Pflege zu bestimmen. Hierauf sprach Herr Dr. Renssen in seiner
Eigenschaft als Verwaltungsmitglied des Niederländischen Vereins und Vor-
sitzender der Abteilung Arnheim des „Geneeskundigen Kring*' (medizini-
schen Kreises). Er gab dem Stifte die Versicherung der Sympathie der
Ärzte und hoffte, dafs dieses erste „Te huis^ zu jeder Zeit das „Erste*^
bleiben möge. Dann sprach der Bürgermeister Worte warmer Anerkennung
des Werkes, das hier getan wurde, und gab dem Gefühle Ausdruck, man
dürfe stolz darauf sein, dafs Arnheim das erste Heim habe. Hoffentlich
folgen diesem ersten Krüppelheim in Holland mehrere andere in anderen
Städten! Mitg. von Dr. MouTON-Haag (Holland).
Hftnflgkeit der SehstSrnngen bei Lehrerinnen. In einem Frage-
bogen, den Dr. RaijF Wighmann in Harzburg vor einem Jahre zu seiner
Orientierung über die Nervosität bei den Lehrerinnen in einer Anzahl von
10 000 Exemplaren an die deutschen Lehrerinnen verschickte, hatte er als
709
Nebenfrage anch die gestellt: ^Benutzen Sie ein Angenglas?*' Hierbei hatte
Dr. Wichmann nicht beabsichtigt, festzustellen, wie grols der Prozent-
satz myopischer oder presbyopischer Lehrerinnen sei. Man weiCs ja längst,
da(s die Augen der Lehrerinnen in einem groDsen Prozentsatz in der Weise
verändert sind, dafs das Tragen von Augengläsern nötig ist; man weils
femer längst, dafs die Enrzsichtigkeit wie überhaupt unter den studierten
Leuten, so auch bei den Lehrerinnen stark zugenommen hat, ohne daCs
die hierin liegende Gefahr bereits genügend erkannt und gewürdigt wäre.
Yielmehr hatte er mit seiner Frage „Benutzen Sie ein Augenglas?** etwas
ganz anderes bezweckt.
Seit einigen Jahren ist nämlich von verschiedenen Ärzten, der ver-
storbene Augenarzt Dr. Mooben an der Spitze, auf den Zusammenhang
zwischen Allgemeinleiden und Augenleiden hingewiesen worden. Es besteht
eine gewisse Reziprozität zwischen beiden. Hierzu wollte Dr. W. ver-
suchen, einen Beitrag zu liefern. Da die Benutzung eines Augenglases
beweist, da£s das Auge nicht normal ist, so genügte es fOr seinen Zweck,
die Frage so allgemein zu halten, wie er es tat.
Man darf nun wohl annehmen, dafs bei einem Berubstande, wie die
Lehrerinnen ihn bilden, die sogenannten äulseren Ursachen, welche die
Augen schädigen, wie sie eben der Beruf mit sich bringt, im grofsen und
ganzen dieselben sind. Ausnahmen davon werden bei einer Statistik über
einige hundert Fälle deshalb wohl kaum in Frage kommen. W. vermutete
schon lange, da(s neurasthenische, blutarme, kränkliche Lehrerinnen häufiger
Augengläser nötig hätten, als gesunde. Dafür lieCse sich folgende Er-
klärung geben: Durch Schwächung des ganzen Körpers werden die Augen
in Mitleidenschaft gezogen. Unter sonst gleichen äufseren Verhältnissen
werden sie in einem durch Krankheit geschwächten Körper eher disponiert
sein, sich zu verändern, als in einem gesunden Körper. Diesen Punkt
wollte W. durch seine Frage klarstellen. Das Ergebnis hat seine Erwartung
bestätigt. Er hat im ganzen 780 Antworten von Lehrerinnen aus allen
Teilen Deutschlands erhalten. Unter diesen 780 Lehrerinnen benutzen
328 ein Augenglas, also 42 V<^. Von den 780 Lehrerinnen sind 240,
also 30%, als ganz gesund zu betrachten. Dagegen haben 540 Lehre-
rinnen, das ist 69%, Krankheiten zur Zeit des Examens oder später
durchgemacht oder sind noch krank. Von den 240 ganz gesunden Lehre-
rinnen benutzen 86, das ist 35%, ein Augenglas. Von den 540 krank
gewesenen oder noch kranken Lehrerinnen benutzen 243, das ist 45%,
ein Augenglas. Es ergibt sich also aus diesen Zahlen, dafs die krank
gewesenen oder noch kranken nervösen, blutarmen u. s. w. Lehrerinnen
um 10% häufiger Aug^igläser nötig haben als die ganz gesunden. Das
Allgemeinleiden hat also ungünstigen Einflufs auf die Augen.
(Mitg. von Dr. R. WiCHMANN-Harzburg.)
Ober die ErBiehug Urperlieh minderwertiger Kinder in
Lenden macht F. Hat Diceimson Bbbbt in „The Lancet** (4. Juli 1903)
Mitteilungen, denen wir folgendes entnehmen:
In den eeit 1893 in London eingerichteten Hilfsklassen fär Schwach-
begabte fanden bisher auch Krflppel und körperlich schwächliche
Kinder Aufnahme. Seit 1900 hat man fftr letztere besondere Klassen
Sehulgesnndheitspflege. XVL 87
710
eingerichtet. Yerf. wurde von der Behörde beauftragt, alle ihr bisher
bekannt gewordenen derartigen Kinder im Hinblick hierauf zu begutachten.
Es waren deren über 600. Davon litten:
an tuberkulösen Gelenkaffektionen 48% (Wirbelkaries 22%, Entzündung
des Hflftgelenks, meist 2 bis 6 Jahre dauernd, 20 Vo, Entzündung
der übrigen Gelenke 6^0)9
an Paralyse (Nervenlähmung, oft mit Epilepsie, Hydrocephalus, Lobe-
cillitas) 29% (davon Kinderlähmung, meist 6 bis 8 Jahre dauernd,
167o),
an Rhachitis 13%,
an verschiedenenen Krankheiten (meist Epilepsie) 10%.
Unter allen diesen Kindern erschienen zum Schulbesuch völlig untauglich
etwa 29%, weil sie entweder körperlich gar zu elend waren, oder wefl
ihre Krankheit in akutem, fieberhaftem Stadium sich befand. Auch Epi-
leptiker und Schwachsinnige gehören hierher, fttr sie ist aber auf andere
Weise gesorgt.
Auf Grund dieser Untersuchungen flbemahm die Behörde eine private
Krttppelschule, errichtete seither sieben neue und bereitet mehrere weitere
vor. Eine Parlamentsakte von 1899 gibt ihr das Recht, auch für
körperlich sieche Kinder zu sorgen und sie zum Schulbesuch bis zu
ihrem 16. Leben^ahre anzuhalten. Jedes Kind mufs vor seiner Aufnahme
amtsärztlich untersucht werden. Die Auswahl ist oft schwierig, denn einmal
wollen Lehrer oder Eltern gern ein schwächliches Kind aus der allgemeinen
Schule in die Sonderklasse geben, während es doch ganz gut dort verbleiben
könnte, ein andermal werden schwer kranke Kinder gebracht, die ganz un-
geeignet sind u. s. w. Die Praxis hat zu folgenden' leitenden Grundsätzen
für die Aufnahme geführt:
1. Jedes Kind, das nur irgend die allgemeinen Schulen besuchen
kann, wird dazu angehalten.
2. Die Krflppelklassen sind als Erziehungs«, nicht als Heilstätten zu
betrachten, die lässigen Eltern ihre Kinder abnehmen.
3. Alle fOr ihre Umgebung gefährlichen oder stark belästigenden
Kinder sind auszuschlielsen (Lungenschwindsucht, Spina bifida,
Epilepsie).
Keine Klasse hat mehr als 20 Kinder, die Unterrichtszeit ist kurz,
die Kranken sitzen oder liegen, wie es gerade palst, mittags erhalten alle
warmes Essen (ein sehr wichtiger Heilfaktor bei den meist ärmlichen Ver-
hältnissen!); wer nicht allein kommen kann, wird von einem gemeinsamen
Ambulanzwagen abgeholt. Allmonatlich werden die Klassen ärztlich besichtigt.
Haben solche KrUppelklassen wirklich einen Zweck, zumal da sie
naturgemäfs sehr kostspielig sind? Es mu6 zugegeben werden, da(s die
meisten ihrer Insassen frflhzeitig sterben. Aber manche unter ihnen er-
reichen doch ein höheres Alter und werden durch den Unterricht in den
Stand gesetzt, sich selbst zu ernähren. Für gröfsere Städte, so schlie&t
deshalb der Verf., sind Krflppelklassen von Wert, besonders wenn man
bedenkt, dafs diese unglücklichen Kinder sonst zu nichts anderem als zom
Betteln angehalten zu werden pflegen.
(Mitg. von Dr. SiEYSKiNO-Hamburg.)
711
Anweisnngeii fiber das Verhalten bei geistiger Arbeit hat un-
längst der akademische Abstinenzrereiii in Kopenhagen ausgearbeitet nnd
sämtlichen Gymnasien in Dänemark zum YerteUen unter die Primaner zu-
gesandt. Bas Schreiben ist von sechs Professoren nnd Dozenten an der
Universität Kopenhagen, zwei bekannten Nervenärzten nnd einem Oynmasial-
lehrer empfohlen. Der Inhalt ist folgender:
Als Hanptregel für geistige Arbeit gilt, dafs von einem ausgeruhten
und frischen Gehirn mehr und auch wertvollere Arbeit geleistet wird, als
von einem abgespannten und ermfideten. (Eine lange, umfassende Ver-
suchsreihe hat gezeigt, dafs eine Schülerabteilung, die vor Anfang der
Schulzeit des Morgens durchschnittlich 46 Fehler in einer Diktatübung
machte, nach drei Stunden ununterbrochener Schularbeit in einer Diktat-
Übung derselben Dauer und Schwierigkeit durchschnittlich 80 Fehler
hatte.) Aber bei der Vorbereitung fQr das Examen, wenn Sammlung und
Verständnis, nicht ein mechanisches Einpauken der möglichst gröisten Anzahl
von Einzelkenntnissen beabsichtigt wird, gilt dieses in besonderem Gradci
Viele schlechte Prüfnngsresultate sind, jedenfalls zum Teil, auf irrationelles
Eepetitionsverfahren und die damit verbundene Überbürdung und Nervosität
zurückzuführen. Deshalb:
1. Geniefse jede Nacht regelmäfsigen und reichlichen Schlaf, wenigstens
acht Stunden, gehe niemals spät ins Bett.
2. Mittels kleiner Pausen während des Lesens wird in derselben
Zeit mehr Arbeit geleistet. Der Durchschnitt einer langen Versuchsreihe
ergab, dafs Studenten, welche in der ersten halben Stunde ca. 2500 Addi-
tionen von Zahlen ausführten, in der zweiten halben Stunde ohne da-
zwischen gelegene Pause nur 2100, aber mit einer Pause von fünf Minuten
2400 Additionen machten.
3. Mache dir täglich ein paar Stunden nicht zu gewaltsame Bewegung
in der frischen Luft.
4. Das Essen mufs hinreichend, nahrhaft und leicht verdaulich sein.
Halte die Verdauung in Ordnung; sei mälsig im Genuis von Kaffee und
Thee; aber
4. vor allen Dingen glaube nicht, dafs alkoholische Ge-
tränke (Wein, Schnaps, bayerisches Bier u. a.) stärkend oder
anregend sind. Wissenschaftliche Untersuchungen haben es unwider-
leglich bewiesen, dafs die anscheinend anregende Wirkung des Alkohols
nur auf Selbsttäuschung beruht. Wenn man auch selbst meint, man arbeite
und denke besser und schneller, läfst sich doch immer objektiv dartun, dals
selbst nach kleinen Mengen von Alkohol (Vs bis 1 Liter Bier, 1 bis 2 Glas
Wein u. s. w.) das Auffassungs- und Denkvermögen herabgesetzt ist. Durch
stetigen Gebrauch häufen sich die Wirkungen. (Einige Versuchspersonen
lernten täglich eine halbe Stunde in 19 aufeinander folgenden Tagen
Zahlen auswendig: a) In den ersten fünf Tagen ohne Alkohol stieg die
Anzahl von 629 auf 1572 Zahlen, b) in den folgenden sechs Tagen mit
Alkohol fiel die Anzahl von 1572 auf 476 Zahlen, c) in den folgenden
sechs Tagen ohne Alkohol stieg die Anzahl von 476 auf 2310 Zahlen,
d) in den folgenden zwei Tagen mit Alkohol fiel die Anzahl von 2310 auf
948 Zahlen.) (Mitg. von Gymnasiallehrer H. E. HASS-Kopenhagen.)
37*
712
HaDgeliide Zahnpflege in englisehen Schulen. Wie y^TheJtmm,
of (he Amer. Assoc.^ mitteilt, kam auf der Jahresversammlang der eagli-
Bchen Zahnärzte die schlechte Beschaffenheit der Zähne der Schulkinder
znr Sprache. Die Eltern in den unteren und mittleren Yolksklassen zeigten
freilich ebenso wie die Leiter der Schulen Verständnis für die Notwendigkeit
einer geregelten Zahnpflege, aber die öffentlichen Behörden wären von
einer geradezu unbegreiflichen Indolenz. Die Versammlung verlangt«
dringend von der Begierung eine Abstellung dieser Milsstände und fordert
Bildung einer besonderen königlichen Kommission zur Untersuchung der
Zähne der armen Schfller.
Sa$e5$ef(^i(^ilti^ef.
Dr. Richard Landanf- Aus Nürnberg konunt die traurige Nach-
ridit, da(s unser Mitarbeiter Dr. R. LjlNDaxj nach längerem schweren
Leiden im besten Mannesalter gestorben sei. L. war, wie aus allen
seinen Schriften hervorgeht, eine ideal angelegte Natur, ein humaner Arzt,
ein eifriger Vertreter fortschrittlicher Gesinnung. Als städtischer Schul-
arzt in Nürnberg widmete er sich der Schulhygiene mit seltenem Eifer
und grolser Gewissenhaftigkeit. Seine Arbeit über „Nervöse Schulkinder',
die in weiten Kreisen eine ungemein günstige Beurteilung fand, zeigte,
dals er der Einderseele ein groDses Verständnis entgegenbrachte. Die
Schule verliert an ihm einen treuen und strebsamen Freund. Wir be-
dauern aus ganzem Herzen seinen frühen Tod. (D. R.)
Schnlhygienischc Vorlesungen in Hamburg. Für das Winter-
semester sind im öffentlichen Vorlesungswesen angezeigt: Dr. BümpbIi,
Oberarzt am Eppendorfer Erankenhause, „Die Übertragung der ansteckenden
Krankheiten und ihre Verhütung, mit besonderer Berücksichtigung der
Schulverhältnisse"; Dr. Saenqeb, Spezialarzt für Nervenkrankheiten, «Über
die nervösen Erkrankungen der Schulkinder^.
Freie Fahrt ffir Schnlwandernngen erstrebt der Hauptausschuls
des Bayrischen YolksschuUehrervereins, der, wie wir der „Fäd. Bef.*^
(No. 32) entnehmen, an das Ministerium des Äuiseren die Bitte gerichtet
hat, dafe jeder Klasse der Volksschulen Bayerns zum Zwecke der Schul-
wanderung aUij&hrlich einmal eine freie Fahrt auf den bayrischen Staats-
und Lokaleisenbahnen gewährt werde.
Der erste heUenische Erniehnngskongrefa soll, wie die »i^.
Bef.'' (No. 32) mitteilt, am 12. April 1904 in Athen erö&et werden.
Derselbe wird einberufen durch drei bedeutende wissenschaftliche Gesell-
schaften Athens — durch die Gesellschaft zur Beförderong der griechischen
Studien, dorch die literarische Gesellschaft ,Pamals^ und durch die Ge-
sellschaft für Verbreitung nützlicher Bücher. Nach dem uns zugegangenen
713
vorläufigen Programm wird mit dem Eongreis eine Schnlansstellnng
verbanden sein, die ein bis zwei Monate danem soll. Die Ansstellnng
wird umfassen: 1. das Scbnlwesen Griechenlands und der Lftnder griechischer
Zunge, 2. das Lehrmittelwesen illr Schulen aller Länder und Stufen.
Fremde Aussteller wollen ihre Sendungen bis zum 14. Februar 1904 ein-
treffen lassen. Zollfreiheit wird wahrscheinlich gewährt werden. Nicht
zurückgezogene Gegenstände werden einem zu bildenden athenischen Schul-
museum ttberwiesen werden. Eingehendere Informationen ttber die Aus-
stellung erteilt gern das Comit^ d^Organisation du Gongr^s hell^nique
d'Education, 42 Rue de rAcad6mie, Secr^taire G. Dbossikib.
Sommerpflege fflr schwächliclie selmleiitlasseiie Kinder. Die Ver-
eine fQr Ferienkolonien haben gewöhnlich genug mit den schulpflichtigen
Kindern zu tun und sind nicht in der Lage, auch noch für die schulent-
lassene Jugend zu sorgen. Und doch gibt es unter der letzteren sehr viele
dürftige, schwächliche Kinder, die einen Aufenthalt auf dem Lande im
Interesse ihrer Gesundheit und Arbeitsfähigkeit sehr nötig hätten. Hier
können die Jugendfürsorgeverbände in die Lücke treten. Da die
nötigen Geldmittel oft schwer aufzutreiben sind, bleibt nur übrig, die
freie Aufnahme solcher schulentlassenen Knaben und Mädchen bei Fa-
milien auf dem Lande und in kleinen Städten anzustreben. Wie die
j^Nogat-Ztg.^ berichtet, will der Danziger JugendfiQrsorgeverband eine solche
Vermittlung von Sommerpflege fOr schulentlassene Kinder übernehmen. Er
bittet deshalb Familien auf dem Lande oder in kleinen Städten um eine
Einladung für ein erholungsbedürftiges Mädchen oder auch für einen Knaben;
kranke Kinder kommen dabei nicht in Frage, nur erholungsbedürftige,
schwächliche. Es handelt sich hier um ein persönliches Liebeswerk, um
einen persönlichen Dienst der Wohlhabenderen an den Ärmeren. Solche
Arbeit birgt ihren Segen für beide Teile in sich.
Hilfsklassen für sehwaelinBnige Kinder im Haag. Seit einiger
Zeit haben wir im Haag eine Hilfsklasse für schwachsinnige Kinder unter
der Leitung des Herrn P. H. Schbeüdeb. Der Gemeindevorstand er-
achtet es als wünschenswert, der bestehenden Klasse eine zweite hinzuzufügen.
Auch in Scheveningen ist die Möglichkeit vorhanden, dals dort die Errich-
tung einer derartigen Klasse sich von grobem Nutzen zeigen wird. Der
Bürgermeister und die Beigeordneten sind mit dem Gemeinderatsvorstand
der Meinung, dafs den Lehrern, denen der Unterricht anvertraut wird,
aufser ihrem gewöhnlichem Gehalt, eine Zulage von 200 Gulden gewährt
werden muis. Wenn jedes Jahr eine neue Klasse von zurückgebliebenen
Kindern errichtet wird, dann wird man nach Veriauf von sieben Jahren
diese Klassen zusammenfügen können zu einer Elementarschule, speziell fikr
zurückgebliebene Kinder bestimmt. Voriäuflg können die beiden Klassen
im Haag in einer der öffentlichen Schulen untergebracht werden.
(Mitget. von Dr. MouTON-Haag-HoUand.)
Sekitlbäder ib LaBdsehiiUiäuseni. Wie die .2/«ue Zürich. Zig."
berichtet, hat vor kurzem der Grobe Rat des Kantons Schaffhausen
einer Landgemeinde zu den auf 60000 Fr. veranschlagten Kosten eines
Schulhausbaues einen Staatsbeitrag von 20000 Fr. unter der Bedingung
zugesagt, dals Schulbäder eingerichtet werden.
714
Die Einffihrung eines zahn&rzüieheii Dienstes in den stidti-
sehen Elementarschulen hat unlängst, nach einem Bericht der ^Strafsh,
Fost^^ der Gemeinderat von Markirch beschlossen. Gegen ein Entgelt
von 1800 Mark beauftragte er zwei Zahntechniker, die Zähne sämtlicher
Elementarschnlkinder allijährlich zweimal zu untersuchen. Den Kindern ist
es dann freigestellt, sich zwecks Ausbesserung schadhafter Gebisse anf
Kosten der Stadt in zahnärztliche Behandlung zu begeben. Eine erste
Untersuchung der Kinder hat bereits stattgehabt, wobei sich in Anbetracht
der vielen vorgefundenen schadhaften Gebisse herausstellte, dafs die von
der ArbeiterbevOlkerung mit Freuden begrüDste Neuerung, die in den letzten
Jahren übrigens auch in verschiedenen anderen Städten eingeführt worden
ist, einem wirklichen Bedürfnisse entspricht.
Über die Gefahr des Alkoholgennsses und die Aufgabe der
Schule an der Bek&mpfung derselben hat die königl. Regierung zn
Arnsberg neulich zum zweiten Male, gestützt auf die bezüglichen Er-
lasse des preufsischen Kultusministeriums,^ eine Verfügung ergehen lassen.
Sie macht, wie die Tagesblätter mitteilen, darauf aufmerksam, daCs die
Gefahren des Alkohols verschiedener Art sind, indem sie sich richten gegen
das körperliche und geistige Wohl des einzelnen, gegen das Familienleben
und gegen das wirtschaftliche Gedeihen des Volkes; es ist deshalb nötig,
nicht nur bei einem einzigen Unterrichtsgegenstand, sondern bei den ver-
schiedenen Gruppen des Unterrichts die Schäden des Alkoholmifsbrauchs,
die ^Notwendigkeit und die Mittel seiner Unterdrückung aufzudecken. «Es
werden — sagt die Regierung — Religions- und Leseunterricht zuvörderst
den sittlich-religiösen Schäden, der Rechenunterricht den wirtschaftlichen,
der Naturunterricht den gesundheitlichen, der Geschichts- und E^rdkunde-
unterricht den sozialen Schäden zu begegnen haben. ^
Badeeinrichtungen in den Liegnitzer Schulen. Gestützt darauf,
dafs sich durch eifrige Benutzung der Badeeinrichtung in einer Liegnitzer
Yolksschule der Gesundheitszustand der Kinder wesentlich gebessert hat,
wurde, wie wir dem „Liegn. Tagehl,^ entnehmen, auch die neuerbaute
Seminarübungsschule mit einem Douchenbad versehen, das im KeUergeschoüs
des Schulhauses untergebracht ist.
Über kSrperliche Zfichtigung in englischen Schulen. Auf An-
trag des Education Committe wurde unlängst in Plymouth allen Hauptlehrem
und demjenigen Klassenlehrern, die auf eine pädagogische Tätigkeit von
mindestens fünf Jahren zurücksehen können, das Recht zuerkannt, wider-
spenstige Kinder durch Schläge mit einem Stock in die Hand zu strafen.
So unbedingt der ^Lancet^ (No. 4168) auch für die Befugnis der Lehrer
eintritt, erforderlichenfalls sich durch körperliche Züchtigung Respekt zu
verschaffen, so eindringlich verwirft er gerade die angegebene Methode der
Züchtigung, die er als eine geradezu barbarische brandmarkt. Ein Stock
sollte überhaupt nicht verwendet werden, sondern nur eine Rute. Die
geeignetste Körperstelle für die Züchtigung ist das GesäCs ; die hier appli-
zierten Schläge schmerzen wohl, schaden aber nicht weiter. Die Strafe
' Siehe diese Zeitschrift, 1902, S. 347 und 1903, S. 506.
715
ist niemals in der ersten Erregung zn yoUziehen, sondern stets nach Schnl-
schloTs in Gegenwart eines zweiten Lehrers nnd wenigstens zweier Schul-
kameraden des Schuldigen.
Zur FSrderuDg der Augenuntersachiingen an Schulen ist nach
einer Mitteilung der ^Medical News^ der First Ward Training School in
Allegheny von einem Herrn Henby Philipps ein hochherziges Geschenk
in der Höhe von 7000 Mark ttherwiesen worden. Die Kosten für An-
schaffung von Gläsern und für eventuell erforderliche Behandlung von
Kranken werden von dem genannten Herrn durch eine zweite Schenkung
gedeckt werden.
Eine Aasstellnng fiber die Hygiene des Eindesalters, Kleidang,
Schnl- nnd Unterrichtswesen soll, wie die Tagesblätter berichten, im
Laufe des bevorstehenden Winters in St. Petersburg stattfinden.
Ein nenes Bealschnlgebände ist, wie die y^Eismacher Zig,'' mit-
teilt, unlängst in Sonneberg eingeweiht worden. Dasselbe soll mit allen
baulichen und hygienischen Errungenschaften der Neuzeit vom Keller
bis zum Boden ausgestattet sein. Es findet sich darin ein sinnig angelegtes
Schulbad. Die Räume fttr Physik und Chemie sind so, wie man sie auf
mancher Universität vergeblich suchen wird. Die mit der Schule ver-
bundene Turnhalle ist geräumig und mit vortrefflichen Apparaten versehen,
der Zeichensaal ist lichtvoll und kann als würdige Aula fär festische Ver-
anstaltungen benutzt werden. Garten und Spielplatz bieten Räume zur
notigen Bewegung der Schfkler im Freien.
An dem nnentgeltliehen Heilknrsns ffir stotternde Kinder der
Wandsbeker Mittel- und Volksschulen, fOr den die erforderlichen Geld-
mittel vom städtischen Haushalt getragen werden, und der vom 16. April
bis 29. August dauerte, nahmen, wie die y^Bamib, Nackry' mitteilen,
28 Kinder teil. Unter diesen waren sechs, die schon im vorigen Jahre
einen Heilkursus besucht hatten ; sie haben jetzt als völlig geheilt entlassen
werden kOnnen. Von den übrigen 22 Kindern sind 16 als geheilt, 4 als
fast geheilt und 2 als gebessert entlassen.
Eine Erbebnng über ^e Sehnlgeb&nde in Prenfsen hat, wie wir
dem y^Berh Tagebl.^ entnehmen, der Kultusminister angeordnet. In der-
selben wird gefragt: 1. wieviel Schulgebäude in deiyenigen Gemeinden in
Stadt und Land vorhanden sind, welche unter 26 Schulstellen besitzen,
sowie 2. wann, und 3. in welcher Bauart die betreffenden Baulichkeiten
errichtet sind. Dabei ist ersichtlich zu machen, 4. welchen Zwecken die
einzelnen, unter besonderem Dache errichteten Bestandteile des Schulgehöfts
dienen. Namentlich kommt es darauf an, 6. die Zahl der Klassenräume
und 6. die Zahl der Lehrerdienstwohnungen genauer ersehen zu können.
716
2lmtlt(|e ))erftt$«iigeii*
VergflDstignDgen fflr Sclmlfabrteii und Ferienkolonien in Prenbem.
BerHn W. 66, den 28. Mai 1902.
An die Stelle der früheren Znsatzbestimmimgen lYG za § 11 der
Yerkehrsordnvng anf Seite 9 bis 12 des Deutschen Eisenbahn-Personen-
nnd Gepäcktarifs Yom 1. Janvar 1900, Teil I, sind yom 1. Apdl d. J. ab
die folgenden getreten:
1. Schüler Öffentlicher Schalen oder staatlich konsessionierter nnd beauf-
sichtigter Priyatschnlen werden zu gemeinschaftlichen, nnter Anfeicfat
der Lehrer nntemommenen Ansflflgen bei einer Teilnehmerzabl von
mindestens zehn Personen (einschMefäich der begleitenden Lehrer,
Lehrerinnen oder des Schnlinspektors) oder bei Zahlung ftr min-
destens zehn Personen in der III. Wagenldasse bei einfacher oder
Hin- und Rückfahrt znm halben Fahrpreise befördert. Freigepftck
wird nicht gewfthrt.
2. Den Schulen im Sinne der Ziffer 1 sind gleidizustellen: Fort-
bildungsschulen, Seminare, Pr¶ndenanstalten, sowie Untenichts-
anstalten fiDr Blinde nnd Taubstumme.
3. Zur Fahrt mit Schnellzügen, sowie an Sonn- und Festtagen wird die
Vergünstigung in der Begel nicht gewährt.
4. Zwei Schüler deijenigen Klassen, die im allgemeinen von Kindern
besucht werden, die das zeimte Leben^ahr noch nicht übendirittai
haben, werden für eine Person gerechaet. Als solche Kinder sind
in der R^el anzusehen:
die Yorschulklassen und die unterste Klasse der Gymnasien, Real-
schulen, Lateinschulen und höheren Bftiger- und Mädchenschulen,
sowie die untere Hilfte der Klassen einer Volksschule. Bei un-
gerader Klassenzahl wird der unteren HftlAe die grOfsere Zahl
zugerechnet.
6. Die Beförderung erfolgt auf Chrond eines Befördenngsscheins, der
von der Fahrkarten-Ausgabestelle auf schriffiicben Antrag des Schnl-
Torstandes ausgestellt und bei Beendigung der Fahrt abgenommen
wird. Bezüglich der Anmeldung findet die Bestimmung unter B,
Ziffer 3 entsprechende Anwendung.
6. Dieselben Vergünstigungen werden gewährt den von Vereinen und
Behörden in Ferienkolonien entsendeten Kindern und den zur Auf-
sicht beigegebenen Begleitern, und zwar ohne Beschränkung anf eine
Mindestzahl, sowohl für die Reise nach der Ferienkolonie und zurück,
als auch iDr Ausflüge während des Aufenthalts daselbst.
717
Ich ersuche Sie, die SchiÜYorstände imd die Direktoren der in Ihrem
Bezirk in Betracht kommenden Schulen unter Benutzung der beiliegenden
Abdrucke in Kenntnis zu setzen.
Der Minister für Handel und Gewerbe.
Im Auftrage: Neuhaus.
An
s&mtliche Herren Regierungspräsidenten und
den Herrn Polizeipräsidenten in Berlin.
I. No. nib. 1977.
{jfMonatssAr. f. d. Tumtveaen*^, 22. Jahrg., H. 6.)
Literatur.
Besprechungen.
Alfbsd Baümgabtbn, Dr. med. Nenrastheiie, Weseo, Heihmg,
YorbeugitQg. Fflr Ärzte und Nichtftrzte. Wörishofen 1903. 8^ 347 S.
Der Nachfolger Pfarrer Enbipps tritt in seinem Budi keineswegs als
extremer Naturheilapostel, sondern mit der Prätention des Arztes auf, gönnt
sogar der arzneilichen Behandlung ein Pl&tzchen, urteOt gelegentlich scharf
Aber Kurpfuscher, aber doch enthält der rein medizinische Teil seiner Aus-
führungen manches, Ober das man den Mantel ärztlicher Nächstenliebe
decken mttfste. Seinen Äulserungen über die „Nervenkraft^ mag man den
Wunsch, populär zu schreiben, zu gute halten. Aber was er Aber die
„akute Form der Neurasthenie ** mit „hohem Fieber*^ spricht, mufs bedenk-
liches Eopfechfltteln erregen.
Anschaulich und fftr den Laien gewüs anziehend sind seine mannig-
fachen Krankenschilderungen. Die wichtige Unterscheidung zwischen Neu-
rasthenie auf erworbener und solcher auf angeborener Grundlage trifft
er nicht.
Viele Yon seinen Ratschlägen verdienen wohl Beherzigung, so die
Warnung vor ungendgendem Schlaf, vor dem Alkohol, vor dem Alleinsein.
In der Wasserbehandlung stehen die „Gflsse^ obenan, während die Douchen
verp(tet sind.
Zu protestieren ist dagegen, dafs das Radfahren dem Neurastheniker
immer zu raten sei. Gerade bei hochgradiger Erschöpfung ist zunächst
jede Bewegmg vom Übel ; auch Segelsport ist keineswegs ein ideales Heil-
mittel sans Phrase. Die Rasenspiele, das Holzsägen und WandcHrn kann
man sich geftJI«n lassen. Freflich werden nur die wenigsten Ärzte so
fQgsame Patienten finden wie Baümgabten, der vier Studenten als Kur eine
Fufswanderung nach Neapel diktierte. Was ttber Di&t und Kleidung gesagt
wird, kann man im grofsen Ganzen unterschreiben.
Einige Banalitäten, wie die Versicherung, dals die Schnelligkeit der
Fortbewegung durch dais Automobil gefordert worden sei, laufen mit unter,
718
ebenso anch WidersprOsche wie der, dafs rohe Eier zonächst (S. 242) als
schwer verdaalich hingestellt, dann aber gerade bei der schlimmsten Form
der Neurasthenie als wichtige Nahrung zwei- bis dreistflndlich ein Eidotter
(S. 261) empfohlen wird.
Etwas wesentlich Neues ist in dem Buch nicht zu finden. Wenn
dennoch ein Teil der begründeten Ratschläge beherzigt werden sollte von
dem nervösen Publikum, das sich durch den Nimbus der WOrishofer Heil-
stätte mehr als Ton einem praktischen Arzt imponieren läfst, so hätte das
Buch immerhin einen Erfolg. Wetoandt- Würzburg.
Dr. J. Pohl. Das Haar. Die Haarkrankheiten, ihre Behandliuig,
und die Haarpflege. 6. Aufl. Stuttgart und Leipzig, Deutsche Verlags-
anstalt, 1902. El. 8^ 170 S. Geh. M. 2.50, geb. M. 3.50.
Das Yorliegende Büchlein ist ein Muster einer populär -medizinischen
Schrift im besten Sinne des Wortes. Streng gezogen sind hier die Grenzen,
wo der Laie urteilen und sich selber helfen, und wo der Arzt zu Hufe
gezogen werden soll. Ein erster Abschnitt behandelt die anatomischen
und physiologischen Verhältnisse des menschlichen Kopfhaares, ein zweiter
die krankhaften Zustände desselben, sowie die Haarpflege in klarer und
allgemein verständlicher Form; hervorzuheben ist das Kapitel über Geheim-
mittelwesen, das gerade auf diesem Gebiete blüht und grofsen Schaden
stiftet. Nirgends fehlt es neben den Ratschlägen und Vorschriften auch
an einer gemeinfafslichen Begründung und Belehrung. — Wir können das
Buch, das schon in fünfter Auflage erschienen, jedem, nicht nur dem Arzt,
sondern auch dem Laien angelegentlich empfehlen.
Dr. HBUSS-Zürich.
Walteb SABaBNT (North Scituate, Mass.). The Evolation of the Little
Red Schoolhonse. The School Eeview (a Journal of Secondary Eda-
cation, edited by the School of Education of the üniversity of Chicago),
Volume XL No. 6. June 1903. pag. 436—455. 8^ Preis der
Einzelnummer 20 Cents.
Die Abhandlung bietet uns einen kurzen Überblick über die Ent*
Wicklung der Schnlhausarchitektur im Nordosten der Vereinigten Staaten,
von dem typisch gewordenen, noch heute hier und da existierenden „Red
Schoolhouse'' an, wo unter den bescheidensten Verhältnissen den Kindern
die erste Bildung zu teil wurde, bis zu dem nach den modernsten An*
forderungen der Technik, Hygiene und Ästhetik ausgeführten Schulpalaste,
wie er jetzt allenthalben die grölseren Städte und Gemeinwesen schmückt.
In geschickter Weise hat es Verfasser verstanden, den Leser mit den
psychologischen Ursachen der jeweiligen Veränderungen und Verbesserungen
der Schulbauten bekannt zu machen. Einen ganz besonderen Wert ge-
winnen seine Ausführungen durch die zahlreichen erläuternden Illustrationen,
die dem Texte beigegeben sind. Oberlehrer Karl RoLLEB-Dannstadt.
§tv $d^]tliirfi
L Jahrgang. 1903. No. 10.
®ri9tiiaUb^aiibluii$eii.
über die Notwendigkeit der Anstellnng von Schnläriten
an höheren Lehranstalten.
Vortrag, gehalten in der hygienischen Sektion der Sohlesisohen
Gesellsohaft am 17. Mai 1903
von
Dr. SamoscHp Schularzt in Breslau.
(Fortsetzung.)
In seiner zweiten Arbeit gibt Schmid - Monkabd an, dais die
Zahl der Nervösen — als nervöse Zustände bezeichnet er andauern-
den Kopfsohmerz, erhöhte Reizbarkeit und Ermüdbarkeit, Schlaf-
losigkeit und untlberwindliche Schla£fheit — im 7. bis 11. Lebens-
jahre IOV09 im 15. bis 17. Lebensjahre 25% beträgt. An einer
Schule wurden 60 7o Nervöse festgestellt. Sohmib-Monnabd hält
es auch unter Berufung auf andere Literaturangaben für erwiesen,
daCs es auf allen unseren Schulen eine Anzahl nervöser Elinder gibt
und zwar auf Mittelschulen und höheren Schulen in den ersten
Jahren gleichviel, dafs diese Zahl aber wächst auf den höheren
Schulen im Gegensatz zu den Mittelschulen, und dafs sogar auf
einzelnen höheren Schulen mehr als die Hälfte der Schulkinder
nervöse Zustände aufweist. In seinen Ausführungen über Ätiologie
und Prophylaxe berücksichtigt der Verfasser aUe diejenigen Momente
innerhalb und auiserhalb des Schullebens, deren Betrachtung, wie
ich schon erwähnte, unerlälsliche Vorbedingung für ein ernst zu neh-
mendes Urteil über den Schuleinflufs ist. Von den praktischen Vor-
schlägen, die Schmid -MoNNARD macht, hebe ich nur die von ihm
für notwendig erklärte Untersuchung der Leman&nge hervor.
Der Solialant. L 21
178 720
An die Arbeiten von Schmid-Moknabd möchte ich eine Abhandlung
von Dr. Th. Benba^ über: „Die Schwachbegabten anf höheren
Sehnten^ anreihen. Als bemerkenswertestes Ergebnis dieser Arbeit
hebe ich hervor, daüs nach Benda die grolse Zahl der Schwach-
begabten auf höheren Schulen in zwei Kategorien zer&IlL 1. Die
für die Anforderungen der Schule zu schwach Begabten; dazu ge-
hören nach Benda die Durchschnittsschüler, von denen der Autor
behauptet, dais sie. um genügende Leistungen aufweisen zu können,
einer übermfiJsigen gesundheitsschädlichen Anspannung des Geistes
bedürfen. Dazu gehören femer die individuell Veranlagten, die Hoch-
begabten, die sich an den Zwang der Schule nicht gewöhnen können,
diejenigen, deren geistige Entwicklung überhaupt erst nach der
Pubertät einsetzt, die verkehrt Erzogenen und die körperlich Minder-
wertigen. Sollen doch 40 Vo der Schüler höherer Lehranstalten
chronisch kränklich sein. 2. Die pathologisch schwach Begabten;
dazu gehören die Schwachsinnigen leichten Grades, die psycho-
pathisch und moralisch Minderwertigen. Alle diese Schwach-
begabten, gleichgültig, welches die Ursache ihrer Minderwertigkeit
als Schüler der Anstalten ist, leiden unter einer dauernden
psychischen Depression, xmter der krankmachenden Anstachelung des
Ehrgeizes tind unter ungerechten Strafen. Ein wenig tröstliches
Bild, das uns Benba von dem Schülermaterial der höheren Schulen
entwirft, das aber nach Gbiesbagh* der Wirklichkeit entspricht;
denn nach diesem Autor, der sich wiederum auf Bbckkagbl bezieht,
erreichen in Baden nur ein Drittel der Gymnasiasten das Sohulsiel,
in Preulsen gar nur 20%; vier Fünftel scheiden in Preuüsen vorher
aus, 40% sogar ohne das Einjährigenzeugnis. Professor Sohuschnt'
hat ausgesprochene nervöse Symptome bei 51,7% von 205 Schülern
der Staatsoberrealschule im Y. Bezirk zu Budapest festgestellt. In
Bulsland hat Dr. Nesteboff^ nach vier Jahre lang fortgesetzten
Untersuchungen an einem Moskauer Gymnasium Neurasthenie bei
30 Vo von 588 Schülern festgestellt und die Zunahme derselben ent-
sprechend dem Alter beobachtet. Nbsteboff steht nicht an, die
Schule in erster Reihe für diese Erscheinung verantwortlich zu
machen. Recht interessante Versuche hat Dr. N. Saok^ über die
^ D%48e ZeitKhrift, 1902, S. 160.
> Gesunde Jugend, 1901, S. 14.
' Diese Zeitschrift, 1895, S. 605.
« Diese ZeUschrift, 1888, S. 409.
* Diese ZeUschnft, 1893, S. 649.
721 179
körperliobe Entwioklang der Knaben in den Mittelsohnlen nnd Gym-
nasien Moskaus angestellt. Von dem sehr richtigen Standpunkt aus-
gehend, dals für die praktische Schulhygiene in erster Reihe zuver-
lässige statistische Daten über den Gesundheitszustand der Schüler
erforderlich seieu, hat er vergleichende Untersuchungen über die
körperliche Entwicklung von Gymnasiasten, Bealschülem, Yolks-
Bobülem, jugendlichen Fabrikarbeitern und Bauemkindem mit 6800
Beobachtungen angestellt. Als Mafsstab für die körperliche Ent-
wicklung gelten die Länge, das Gewicht, der Brustumfang und
Brustdurchmesser. Im Jahrgang 1893 dieser Zeitschrift sind die
Ergebnisse der Messungen der Körperlänge und des Brustumfanges
veröffentlicht. Besonders bemerkenswert ist Folgendes: 1. Die Gym-
nasial- und Bealschüler übertreffen alle anderen Yergleichspersonen
an Körperlänge. 2. Die reicheren Gymnasiasten werden grölser und
entwickeln sich schneller als die ärmeren. 3. Der Brustumfemg der
Moskauer Gymnasiasten ist absolut grölser als der der Fabrikarbeiter,
aber kleiner als der der Bauemkinder. 4. Der relative Brustumfang,
das ist das Verhältnis des Brustumfanges zur halben Körperlänge,
das nach Saok einen zuverlässigen Maisstab für den Gesundheits-
zustand darstellt, ist bei den Moskauer Gymnasiasten schlechter
entwickelt, als bei allen anderen Versuchspersonen. Damit stimmt
überein, daTs in Moskau 42 Vo und in Dorpat 50% der ehemaligen
Schüler höherer Lehranstalten wegen zu schwach entwickelter Brust
vom Militärdienst befreit wurden. Am Schluis seiner Arbeit weist
der VerfiEusser darauf hin, dafs das beschlexmigte Wachstum der
Gymnasiasten ein verdächtiges Zeichen sei, da es nicht von einer ent-
sprechenden Zunahme des Brustumfanges begleitet sei. — Von ander-
weitigen Untersuchungen, die chronische Kränklichkeit betreffend,
wäre noch Folgendes zu erwähnen: Dr. Tauffeb^ hat im Schuljahr
1887/88 227 Schüler der königlich ungarischen Staatsoberrealschule
in Temesvar untersucht und nur 100 für gesund befunden. Dr. Fizia.*
stellte bei 143 von 312 Schülern des Staatsobergymnasiums in Tesdbien
allgemeine Körperschwäche, Blutarmut und Skrophulose fest. Wenn
ich nun noch hinzufüge, dafs der sohulhygienischen Literatur zufolge
die Aushebungsresultate bei den Einjährig- Freiwilligen ungünstiger
sind als bei den übrigen Mannschaften, so glaube ich Ihnen eine,
Zeitichrift, 1889, S. 106.
ZeiUehrifi, 1890, S. 619.
180 722
wenn aaoh nioht vollständige, so doch immerhin genügende Literator-
übersioht gegeben zn haben.
Sie werden ans dem Gesagten keineswegs entnommen haben,
dals ein vollgültiger Beweis für den schleohten Gesnndheitsznstand
der Schüler höherer Lehranstalten geliefert sei. Einer solchen
Annahme stehen denn doch noch zn vielerlei Bedenken ent-
gegen, anf die ich hier nicht näher eingehen will. Aber darin
werden Sie wohl mit mir übereinstimmen, wenn ich sage, dals die
bisherigen XJntersnchnngen denn doch zn denken geben, nnd dais
das Gefühl der Bemhignng, das wir vielleicht nnr ans allgemeinen
Eindrücken schöpfen, nicht so ganz berechtigt sei. Und nm so eher
kann ich diese Behanptnng wagen, als in der mir zngänglicüien
Literatur keine Anhaltspunkte dafür enthalten sind, dals der Gesund-
heitszustand an höheren Schulen ein befriedigeuder oder guter seL
Man findet wohl hie und da die Behauptung eines Rektors, dals an
seiner Schule der G^undheitszustand ein ganz vorzüglicher sei;
leider fehlen die Beweise, das heilst die ärztlichen Untersuchungen.
Und wenn aus Norwegen^ berichtet wird, dals der Gesundheitszustand
der dortigen Schuljugend im Alter von 12 bis 16 Jahren nicht un-
günstig ist, so bringe ich gerade diesem Bericht aus statistisch-tech-
nischen Gründen gewisse Bedenken entgegen. Ein Zweifel an der
Vorzüglichkeit des Schülermaterials der höheren Schulen erscheint
mir durchaus berechtigt, und die Vermutung — recht vorsichtig aus-
gedrückt — , dals nach dieser Richtung hin die Schule nicht frei
von Schuld und Fehle sei, ist nicht von der Hand zu weisen. Diese
Anschauung hat in den letzten Jahren eine immer weitere Ver-
breitung auch in Pädagogen- und Laienkreiseu gefunden und hat
auch die Aufmerksamkeit der Behörden herausgefordert. Ich erinnere
hier daran, dals bereits im Jahre 1882 der Statthalter von Elsafs-Lotii-
ringen einer ärztlich -sachverständigen Kommission * die Frage vorlegte,
wie viel Anstrengung des Geistes man der Jugend zumuten dürfe, ohne
dals der Körper darunter leidet ; ich erinnere femer daran, dals das
Grolsherzoglich hessische Ministerium des Innern und der Justiz im
Jahre 1883', dem Strafsburger Gutachten entsprechend, die tägliche
Arbeitszeit der Schüler in einer, wie die Erfahrung lehrte, zweck-
^ Diese Zeiteehrift, 1895, S. 505.
' Diese Zeitschrift, 1899; Schubert, Vorschlag« zum weiteren Ausbaades
Schularztwesens.
' Diese Zntsekrifty 1899.
728 181
entspreobenden Weise regelte. Die Königliche wissensohaftliclie
Deputation für das Medizinal wesen in Prenfsen setzte 1884 nach
Referaten von Vibchow und Westphal eine Arbeitszeit Ton acht
Stunden pro Tag oder 48 Standen pro Woche für die Schüler der
oberen Erlassen fest.^ Dieselbe Deputation hat in Beschlüssen youl
Jahre 1888 den Wert der hygienischen Schulaufsioht und das Be-
dürfnis nach einer solchen anerkannt.* Aber leider ist dieses Qut-
achten derart diplomatisch abgefafet^ dafs es auf der einen Seite
wegnimmt, was es auf der anderen hinzutut. So wird z. B. den
städtischen Verwaltungsbehörden empfohlen, Ärzte in die Schul-
kommission zu wählen, gleichzeitig wird aber betont, dafs diese
Empfehlung nicht als Vorschrift erachtet werden solle.
Auf der im Jahre 1890 von dem deutschen Elaiser einberufenen
Schulkonferenz kam die Schulhygiene ebenfalls zur Sprache.' Von
den 14 der Konferenz yorgelegten Fragen enthält eine den Passus:
„Welche sonstige Einrichtungen zur körperlichen Ausbildung der
Jugend sind zu pflegen?^ Aus den zur Annahme gelangten Thesen
sei die These 3c hervorgehoben, die da lautet: »Zur Erfüllung der
an Lehrer und Schüler zu stellenden Forderungen sind unerläfsliche,
wenn auch in ihrer Verwirklichung nach den örtlichen Verhältnissen
zu bemessende Vorbedingungen: Begünstigung der Pflege des Kör-
pers und der Erfüllung der Forderungen der Schulhygiene, Kontrolle
der letzteren durch einen Schularzt/
In Sachsen, das bezüglich der Schulhygiene in yorderster Reihe
marschiert, hat die Plenarversammlung des Sächsischen Medizinal-
KoUegiums in der Schularzt- und Überbürdungsfirage eine Anzahl
von Beschlüssen gefeüst, aus denen ich folgende hervorhebe: 1. Die
Anstellung hygienisch vorgebildeter Schulärzte für sämtliche ünter-
richtsanstalten des Landes bildet das Endziel der schulhygienischen
Bestrebungen; dasselbe ist jedoch zurzeit aus praktischen Gründen
noch nicht erreichbar. Dagegen macht sich die alsbaldige Durch-
führung folgender Maßnahmen bereits jetzt erforderlich:
a) Die Anstellung von hygienisch vorgebildeten Schulärzten ist
notwendig für grofse und mittlere Städte, wünschenswert min-
destens ein Schularzt für die Schulen in kleineren Orten.
* Diese Zeitschrift, 1899 ; Schmid • Movnasd, EnUtehnng und Yerhüttingr
nervöser Zustande.
' Diese Zeitschrift, 1889, S. 191.
' Diese Zdtsehrifi, 1891, S. 109, ond Gesunde Jitgend, 1901, S. 115.
182 724
b) Es macht fiioh eine Beanfsiohtignng in sohulärztliober Hinsicht
fQr sämtliche Privatschulen, sowie der höheren Lehranstalten
erforderlich.^
Und, wenn ich mir einen kleinen Seitensprung ins Ausland
erlauben darf, das ich im übrigen aulser aeht gelassen habe, obwohl
es uns manchmal in der Schulhygiene gerade bei höheren Lehr-
anstalten übertrifft, so möchte ich erwähnen, dafs in Norwegen das
neue, die höheren Schulen betreffende Gesetz vom 27. Juli 1896
einen § 66 enthält, der da lautet: „Um über die gesundheitlichen
Verhältnisse der Schulen beständig Aufsicht zu führen, soll die Yor-
standschaft, deren jede Schule eine hat, einen Arzt au&ehmen, dessen
Wirksamkeit im Interesse der Schule durch eine besondere von der
Oberverwaltung ausgefertigte Instruktion geregelt werden wird**.*
Dafs auf hygienischen Kongressen und Naturforsoherversamm-
lungen, Ärztevereinen etc., hygienischen Vereinigungen, Städtetagen
die Schularztfrage vielfach diskutiert worden ist, erscheint selbst-
verständlich. Bemerkenswert ist, dais in solchen Versammlungen,
insbesondere in denen des Deutschen Vereins für öffentliche Gresmid-
heitspflege und des Allgemeinen deutschen Vereins für Schulgesnnd-
heitspflege, sowie auch auf den Naturforscherversammlungen, I^lda-
gogen, dem höheren Lehrstande angehörend, eine Lanze für den
Schularzt eingelegt und mit ihren Ausführungen Zustimmung
geemtet haben. Ich nenne hier Namen, wie SchHiLSB - Giefsen,'
HEBBEBiOH-München,^ ScHOTTEN>Ebdle,^ Döbb- Bockenheim,^ Stadt-
schulinspektor Gbebbbn,^ Autbnristh^ und Glaunin&- Nürnberg,'
BASAKOWBKY-Lemberg/® SsEHAUSEN-Marburg^^ etc.
(Fortsetzung folgt.)
' Diese Zeitschrift, 1903, S. 124.
* Biese Zeitschrift, 1897, S. 399.
' Diese Zeitschrift, 1899, S. 587 ff. Eioe Übersicht ober die sohidliygiem-
Bchen Schriften dieses Aators findet sich in einem Nekrolog auf denselben
(Gesunde Jugend, 1903, Heft 3 a. 4).
« Diese Zeitschrift, 1899, S. 606.
* Gesunde Jugend, 1901, Verhandlungen der II. Jahresversammlung des
Allgemeinen Deutschen Vereins für Schulgesundheitspflege.
* Ebenda.
' Ebenda.
^ Diese Zeiisehrift, 1896, S. 195 ff.
* Diese Zeitsehrift, 1896, 8. 195 ff.
^"^ Diese Zeitschrift, 1902, S. 622.
" Diese Zeitschrift, 1903, S. 68.
725 183
Das Schularstwesen in Dentschland.
Bericht über die Ergebnisse einer Umfrage bei den
gröfseren Städten des deutschen Reiches.
Von
Dr. Paul ScHUBEBT-Nümberg.
(Fortsetzung.)
m. Die gesundheitliche Überwachang des Schulkiodes.
Die Überwachung der Gesundheit jedes einzehien Schulkindes
hat lange Zeit als eine Angelegenheit der privaten Hygiene ge-
golten. Von Seiten der öffentlichen Gesundheitspflege glaubte
man genug getan zu haben, wenn man den unter richtsbetrieb
und die Räume, die daftlr bestimmt sind, möglichst freihielt von
allem, was den Kindern körperlichen Nachteil bringen könnte. Erst
im letzten Jahrzehnt TerschafiFte sich die Auffassung allgemeinere
Geltung, dafs ein öffentliches Interesse vorliegt, den
Gesundheitszustand jedes einzelnen Kindes zu unter-
suchen und zu überwachen, und zwar aus drei Gründen:
1. Weil die Einrichtungen unserer öffentlichen Schulen, auch
wenn sie fär ein normales Kind hygienisch aufs beste bestellt sind,
dennoch für einzelne mit gewissen Krankheitsanlagen oder Krank-
heitsrückständen behaftete Kinder Gtefahren mit sich bringen, und
weil infolgedessen für diese Kinder gewisse Ausnahmen und Be*
Tücksichtigungen Platz greifen müssen. Gleichwie von Seiten der
Pädagogen schon längst, wenigstens in der Theorie, der Grundsatz
anerkannt ist, dafs man beim Unterricht individualisieren und die
Eigenart der kindlichen Veranlagung berücksichtigen soll, so muss
auch die hygienische Forderung anerkannt werden, dafs Unterricht
und Schulbetrieb, die im allgemeinen doch nur für den Normal-
typus eines Kindes zugeschnitten sein können, der abnormen Be-
sonderheit einzelner Kinder nach Bedarf angepaiSst werden. Dies
gilt besonders vom Turnen (bei lungen- und herzkranken, bei bruch-
behafteten Elindem), jedoch in mancher Hinsicht auch von anderen
Teilen des Schullebens, z. B. vom Gesangunterricht, von der Be-
nutzung der Schulbäder, und auch die Verteilung auf richtige Bank-
Der Schalarst L 22
184 726
gröfsen, die Zuweisung besonders heller Arbeitsplätze an Kurz- und
Schwachsichtige, die Be&eiung von einzelnen ünterrichts&chern u.s. w.
gehört hierher.
2. Es liegt ferner ein öffentliches Interesse deshalb vor, weil
die Erreichung der Unterrichtsziele für viele Kinder erschwert oder
unmöglich gemacht ist, wenn gewisse körperliche Fehler nicht recht-
zeitig erkannt und berücksichtigt werden. Schwerhörige und kurz-
sichtige Kinder bedürfen bevorzugter Plätze und andauernder be-
sonderer Berücksichtigung seitens der Lehrer. Kinder mit behinderter
Nasenatmung bleiben geistig rückständig und müssen ärztlicher Be-
handlung zugeführt werden, nicht nur, um körperlich zu gesunden,
sondern auch, um das Ziel zu erreichen, das der Staat mit Auf-
erlegung der allgemeinen Schulpflicht ins Auge gefaCst hat. Ein
nicht geringer Prozentsatz der Schüler leidet an Schwachsinn ver-
schiedener Herkunft und verschiedenen Grades, derart, daüs der
Unterricht in einer Nosmalschule ergebnislos an solchen Kindern
abgleitet, dafs jedoch in besonderen Hilfsschulen durch eigens ange-
pa&ten Unterricht ein gewisses Maus von geistiger Ausbildung ver-
mittelt werden kann. Die Errichtung besonderer Hilfsschulen oder
Nebenklassen, wie sie an manchen Orten genannt werden, für geistig
minderwertige, aber noch bildungsfähige Kinder wurde von den
Lehrern seit langer Zeit gefordert, von den Schulbehörden wiederholt
grundsätzlich mit der Begründung verweigert, dais damit nur der
Bequemlichkeit der Lehrer gedient wäre. Erst als auf allen Gre-
bieten des Schulwesens die Überzeugung von der Notwendigkeit
heranreifte, der individuellen Hygiene der einzelnen Schulkinder
eingehende Beachtung zu schenken — es war dies etwa im Beginn
der neunziger Jahre des verflossenen Jahrhunderts — , erst dann
femd das System der Hilfsschulen Anerkennung und allgemeinere
Verbreitung. Wenn man in jüngster Zeit mit der Errichtung weiterer
Sonderklassen vorgeht, z. B. in Mannheim mit Wiederholungs- und
AbschluTsklassen, so ist auch dies eine Anerkennung des Prinzips,
dafs die Berücksichtigung der körperlichen und geistigen Besonder-
heiten der einzelnen Schüler im öffentlichen Literesse liegt, weil
davon für einen nicht unbeträchtlichen Bruchteil der Kinder die
Erreichung der Unterrichtsziele abhängt.
3. Endlich ist die genaue Kenntnis des Gesundheitszustandes
jedes einzelnen Kindes erforderlich, um Übertragung von Slrank-
heiten auf die Mitschüler zu verhüten. Soweit dabei die sogenannten
akuten Infektionskrankheiten, wie Scharlach, Diphtheritis, Masern
727 185
u. 8. w., in Betracht kommen, ist das öfifentliche Interesse nie verkannt
worden; vielmehr sind die amtlichen Verfügungen zur Abwehr dieser
Krankheiten weit älter als die ganze Schularztbewegung, und ihre
yerantwortliche Durchführung ruht auch heute noch überall in
Deutschland in den Händen der Amtsärzte, denen die Schulärzte
in diesem Teil ihrer Tätigkeit subordiniert bleiben.
Anders liegt die Sache bei den chronischen Infektionskrank-
heiten und bei den übertragbaren Parasiten (Ungeziefer). Diese
Übel wurden lange Zeit als Privatangelegenheit betrachtet, und
nur, wenn etwa in ganz schlimmen Fällen Läuse oder Elrätze zu-
fällig bemerkt wurden, gab das dem Lehrer Anlafs zu Vorbeugungs-
mafsregeln gegen Übertragung. Zweifellos ist es aber Aufgabe der
öffentlichen Gesundheitspflege, auch bei diesen Leiden ganz ebenso
wie bei akuten Infektionskrankheiten der Ansteckung planmä&ig
entgegenzuarbeiten. Man denke nur an die Gefahr der Yerschleppung
von Tuberkulose und infektiösen Augenkrankheiten.
Die Erkenntnis, dafs die gesundheitliche Überwachung aller
Schüler eine Frage des öfifentlichen Wohles ist, kam zunächst zum
Ausdruck in den Verfügungen zahlreicher Städte, dafe die Stadt-,
Polizei- oder Armenärzte, an manchen Orten auch die Schulärzte,
verpflichtet sein sollten, alle Kinder in gewissen Zeiträumen einer
allgemeinen Besichtigung zu unterwerfen, und solche Schüler, die
dabei krankheitsverdächtig erschienen, oder die vom Lehrer besonders
bezeichnet wurden, genauer zu untersuchen. Hierüber wurden schon
im allgemeinen Teil nähere Angaben gemacht. Diese insbesondere
in den Regierungsbezirken Arnsberg und Düsseldorf allgemein ein-
geführten „Revisionen" der Schulkinder (dies ist der stehende Aus-
druck) müssen als unzulänglich bezeichnet werden. Man kann davon
zwar Nutzen erwarten bezüglich der Feststellung von Krätze, Unge-
ziefer, groben, auf destruierenden Knochenerkrankungen beruhenden
Rückgratverkrümmungen und ähnlichen sinnfälligen Leiden, aber es
ist unmöglich, durch blofse Besichtigung die herz- und lungenkranken,
die mit Mängeln der Sinnesorgane oder mit Leistenbrüchen be-
hafteten Kinder herauszufinden. Das bedarf eigentlich keines Be-
weises. Gleichwohl wurde die Notwendigkeit, alle Kinder plan-
mäfsig und gründlich zu unterauchen, erst spät erkannt. Die
seit vielen Jahrzehnten in so grober Zahl angestellten Untersuchungen
auf Kurzsiohtigkeit, die ohrenärztlichen Massenuntersuchungen mit
ihrem unerwartet groüsen Prozentsatz schwerhöriger Kinder, sowie
-die in einigen auiserdeutschen Staaten gesammelten Erfahrungen hätten
22*
186 728
unsern SchulauüsichtsbeliOrdeii einen Beleg daffir bieten können, dals
Eltemhanfi nnd Schule sehr häufig in Unkenntnis bleiben fiber
wichtige körperliche Mängel der Kinder, daüs die Schüler als unauf-
merksam, als schwachbegabt und träge bezeichnet und gestraft werden,
wo die ärztliche Untersuchung Erkrankungen der Sinnesorgane auf-
deckt. Es blieb aber der im Jahre 1896 in Wiesbaden probeweise
durchgeführten genauen Untersuchung von 7000 Schulkindern vor-
behalten, die Notwendigkeit einer planmälsigen Untersuchung aller
Schulkinder darzutun und das Schularztwesen in Deutschland auf
neue Bahnen zu lenken.
Die gesundheitliche Überwachung der Schulkinder bildet seither
einen Hauptabschnitt aller nach 1897 erlassenen schulärztlichen
Dienstordnungen. Im allgemeinen hat man sich dabei an den Sinn,
an vielen Orten sogar abschnittweise an den Wortlaut der Wies-
badener Dienstanweisung gehalten; Eottbus nahm sie ganz und
Friedrichshagen mit einigen allerdings nicht unwesentlichen Aus-
lassungen im wortgetreuen Abdruck an. Doch treten andererseits
wieder mancherlei Besonderheiten in den verschiedenen Städten zu
Tage. Der ganze Stoff gliedert sich am besten in die Untersuchung
der Schulneulinge und in die gesundheitliche Überwachung im
späteren Schulleben.
1. Untersuchung der neu in die Schule eintretenden
Kinder.
Diese Untersuchung bildet das Fundament der ganzen Schüler-
hygiene und wird daher in den meisten Schularztordnungen mit be-
sonderer Sorgfalt behandelt.
Überall wird dabei das Recht der Eltern insofern gewahrt, als
ihnen freigestellt wird, die Untersuchung ihrer Kinder von dem Arzt
ihres Vertrauens ausführen und das Ergebnis durch ein Zeugnis
beglaubigen zu lassen, wobei meist die Bestimmung getroffen ist,
dafs die hausärztliche Untersuchung alle vom Schularzt zu berück-
sichtigenden Funkte umfassen muis. Zu diesem Zweck werden von
der Schulbehörde Formulare mit Vordruck für privatärztliche Auf-
nahmeuntersachuDgen unentgeltlich abgegeben. Von der Erlaubnis
privatärztlicher Untersuchung wird nach allem, was darüber bekannt
geworden ist, nicht sehr häufig Gebrauch gemacht. In Leipzig^
waren es in den aus begüterten Eureisen beschickten Bürgerschulen
^ Vergl. diese ZeiUehrift. 1902. S. 251
729 187
9,5 7o, in den Bezirkssohnlen 1,1 %, im Dnrohsclinitt aller städti-
schen Schulen 4 7o- Von grundsätzlicher Weigerung der Eltern,
ihr Kind überhaupt untersuchen zu lassen, yerlautet nichts.
Eine gesetzliche Handhabe, die Untersuchung der Kinder
zu erzwingen, scheint in Deutschland nur beim Auftreten von akuten
Infektionskrankheiten zur Verfügung zu stehen. Aus dem Grofs-
herzogtum Sachsen -Weimar verlautet in jüngster Zeit, daüs der
Staat die Genehmigung des von der Stadt Jena entworfenen Orts-
statuts über die Anstellung von Schulärzten verweigert hat, weil
die Eltern unter Strafandrohung genötigt werden sollten, sich der
Schularztordnung zu fügen, was nach dem bestehenden Gfesetz nicht
zulässig ist.
Es mag daher juristisch gerechtfertigt sein, wenn die soeben in
Kraft getretene Schuldienstordnung von Fürth in Bayern, um den
Schein zu meiden, als wolle man auf die Eltern einen ungesetzlichen
Zwang zur Untersuchung ihrer Kinder ausüben, die Vorfrage stellt,
ob die Eltern geneigt sind, ihr Eand der ständigen schulärztlichen
Überwachung zu übergeben. Diese Bestimmung findet sich in § 3
und lautet:
„Für jedes neu in die Volksschule der Stadt Fürth ein-
tretende Schulkind läfst die Schulbehörde einen Gesundheitsschein
anlegen; für solche Kinder, deren Eltern oder sonstige
Erziehungsberechtigte die schulärztliche Überwachung
ablehnen, werden Gesundheitsscheine nicht angelegt.
Zu einer Erklärungsabgabe über etwaige Ablehnung
der ständigen schulärztlichen Überwachung wird all-
jährlich vor Beginn der Untersuchungen durch amt-
liches Ausschreiben aufgefordert.^
Die meisten Städte zeigen in ihren Dienstordnungen das Be-
streben, die Empfindlichkeit der Eltern in jeder möglichen Weise
zu schonen und sie mit der Untersuchung ihrer Kinder durch den
Schularzt vertraut zu machen. An vielen Orten beschränkt man
sich nicht auf die Mitteilung an die Eltern der Schulneulinge, dafs
und zu welcher Stunde die schulärztliche Untersuchung stattfinden
wird, sondern sucht damit eine Belehrung über Zweck und Art der
Schularzteinrichtung zu verbinden, zugleich mit dem Hinweis darauf,
dals Enthebung von der schulärztlichen Untersuchung durch ein
geeignetes hausärztliches Zeugnis bewirkt werden kann. Dieses
zuerst von Wiesbaden eingeführte Bundschreiben lautet:
188 730
„Za besserem Schatze der Gesundheit der die öffentlichen Schalen be-
suchenden Kinder sind Scholftrzte bestellt worden, denen die ärztliche
Untersachang der Kinder nach deren Eintritt in die Schale, die regel-
mäCsige Überwachung ihres Gesundheitszustandes» solange sie die Schale
besuchen, und die Bevision der Schulräumlichkeiten von gesundheitlichem
Gesichtspunkte aus übertragen ist.
Diese Einrichtung wird den Schulkindern wie deren Familien von
wesentlichem Nutzen sein. Bei der Unterrichtserteilung wird die Körper-
beschaffenheit und der Gesundheitszustand des einzelnen Kindes weiter-
gehende Berücksichtigung finden, als es bisher geschehen konnte, und es
werden die Eltern durch die zu ihrer Kenntnis gebrachten Beobachtungen
der Schul&rzte in ihren Bestrebungen, ihre Kinder gesund zu erhalten,
unterstützt werden.
Eltern, welche wünschen, dals ihre Kinder nicht durch den Schularzt
untersucht werden (die ärztliche Behandlung gehört nicht zu den Dienst-
obliegenheiten der Schulärzte), müssen den erforderlichen gesundheitlichen
Nachweis durch Zeugnisse ihres Hausarztes erbringen.
Formulare für ärztliche Zeugnisse sind
unentgeltlich entgegenzunehmen.**
Gleich oder ähnlich lautende Mitteilungen verwenden die Städte
Oassel, Darmstadt, Frankfurt a. M, Grunewald, Plauen,
Posen und Trier. Leipzig yerbindet damit die Angabe des
Untersuchungstermins, Crimmitschau fügt die Aufforderung an die
Eltern hinzu, der Untersuchung beizuwohnen, Quedlinburg ver-
sendet eine längere populär gehaltene Belehrung über den Nutzen
der schulärztlichen Einrichtung.
Das beste Mittel, die Eltern der allgemeinen Untersuohungs-
pflicht günstig zu stimmen, ist wohl die Erlaubnis, dieser Unter-
suchung beizuwohnen. Eine Reihe von Städten begleitet daher die
Bekanntgabe des Untersuchungstermins mit einer Einladung der
Eltern. Als Beispiel diene das Formular von Charlottenburg:
Am , den um
Uhr findet eine Untersuchung Ihres Kindes
durch den Schularzt statt. Erwünscht ist
die Gegenwart der Mutter oder des Vaters.
Die Untersuchung unterbleibt, wenn dies von den Eltern oder Er-
ziehern unter Beifügung eines bestimmten von dem Hausarzte ausgefüllten
Formulars beantragt wird.
Charlottenburg, den 190
Der Bektor:
Die Anwesenheit der Mutter oder einer elterlichen Vertrauens-
person bei den Untersuchungen der Schulneulinge ist aus mehr als
einem Grunde erwünscht. Die Schüchternheit und Ängstliohkeit der
731 189
Kiemen wird so am besten überwunden. Das Ans- nnd Ankleiden
der Kinder, besonders der Mädchen, geht in diesem zarten Alter
Booh nicht gut ohne fremde Hilfe von statten, und wenn anoh die
Gegenwart des Lehrers bei Knaben, nnd der Lehrerin bei Mädchen
überall vorgeschrieben ist, so erscheint es doch zweckmäfsiger, diese
fiilüskraft zur An&echterhaltong der Ordnung nnd znr Schreibhilfe
für den Arzt zn verwenden, als zu diesen nicht jedem Lehrer ge-
läufigen Handreichungen.
Wichtiger noch ist, dals dem untersuchenden Arzt die Mög-
lichkeit geboten wird, Fragen an die Angehörigen des Kindes zu
richten, vertrauliche Mitteilungen entgegenzunehmen und allgemeine
hygienische (nicht therapeutiBche) Batschläge zu erteilen.
Die schulärztlichen Jahresberichte vieler Städte heben die Zweck-
mälsigkeit der Beiziehung der Eltern hervor. Ein Schularzt, der
auf der Höhe seiner Aufgabe steht, findet bei diesem Anlab eine
selten in gleichem Mafse sich bietende Gelegenheit, die Grundsätze
der Hygiene des kindlichen Alters wirksam im Volke zu verbreiten.
Die Arbeit des Schularztes bei den Untersuchungen der Schul-
neulinge würde wesentlich gefördert werden, wenn in jedem Falle
zuverlässige Angaben über die körperliche Entwicklung, über durch-
gemachte Krankheiten und vorhandene Mängel oder Gebrechen zur
Verfügung stünden. Aus diesem Grunde verteilen manche Städte
einen hierauf bezüglichen Fragebogen an die Eltern, der beim
Eintritt des Kindes in die Schule ausgefüllt zu überreichen, oder bei der
Anmeldung vom Lehrer unter Befragung der Angehörigen zu be-
antworten, auch wohl durch eigene Wahrnehmungen des Lehrers
während der ersten Zeit des Schulbesuches zu ergänzen ist. Schrifir
liche oder mündliche Mitteilungen des Lehrers über seine an den
Kindern gemachten Beobachtungen werden in verschiedenen Städten
ausdrücklich angeordnet. Solche Bestimmungen sind u. a. getroffen
in den Dienstordnungen von Borbeck, Cöln, Crimmitschau,
Falkenstein, Leipzig und Löbtau. In Gera legt man diesen
Erhebungen, die unter den ärztlichen Begriff „Ananmese*' fällen,
einen über Gebühr greisen Wert bei. Hier wird in § 1 bestimmt,
dals von den zu Beginn des neuen Schuljahres aufgenommenen
Kindern nur diejenigen einer genauen schulärztlichen Untersuchung
zu unterziehen sind, „bei welchen von den Eltern bei der An-
meldung zur Schule irgendwelche Angaben über Kränklichkeit oder
dem Kinde anhaftende körperliche Fehler gemacht worden sind, und
alle diejenigen, welche dem Lehrer in den ersten Wochen nach
190 732
Aufnahme in die Schule irgendwie als körperlich oder geistig minder-
wertig erschienen sind^. Alle anderen Schnlnenlinge werden nach
§ 3 nnr einer „änfserliohen ärztlichen Revision unterzogen zur Er-
mittlung von übertragbaren Krankheiten und Ungeziefer". Das
gleiche Verfahren wird gemftfs einer gütigen schriftlichen Mitteilung
in Meifsen geübt. Vergl. den allgemeinen Teil dieser Mitteilungen.^
Beachtenswert ist eine Stelle in der Dienstordnung von
St. Johann a. d. Saar, worin es als erwünscht bezeichnet wird,
dafs zur Untersuchung der Schulneulinge „wenn möglich ein Zeugnis
eines Arztes, betreffend überstandene Krankheiten, allgemeine Kon-
stitution etc.*' vorgelegt wird.
Die von den Eltern auszufüllenden Fragebogen enthalten in
einzelnen Fällen, z.B. in Borbeck, nur die Bubrik. : „Bezeichnung
der von den Eltern oder Pflegern mitgeteilten körperlichen Ge-
brechen, Fehler, Mängel, Eigentümlichkeiten etc.^
Eingehender ist die Fragestellung in Schöneberg:
1. Welche Krankheiten hat das Kind überstanden?
2. Sind Nachteile davon zurückgeblieben, und welche?
(Gehörleiden, Rückgrats- oder Gliederverkrümmnngen a. dergl.)
3. Ist das Kind gegenwärtig mit einem Fehler oder Leiden behaftet?
(Bruchschaden, Epilepsie, Herz-, Langenleiden n. dergl.)
4. Ist sein Schlaf ruhig oder schnarchend, der Mund im Schlaf ge-
öffnet oder geschlossen?
5. Sind besondere Fehler oder Untugenden an dem Kinde bemerkt
worden?
In Meifsen, wo nach § 6 der Dienstordnung der Schularzt
die neueintretenden Blinder nur „gegebenen Falles^ und nach § 7
„auf Antrag des Schuldirektors oder auf Anordnung der Schul-
behörde^ zu untersuchen hat, werden den Eltern folgende Fragen
vorgelegt:
1. Nur von den Eltern erzogen (Spielschule)?
2. Ältere Geschwister - jüngere Geschwister
3. Überstandene Krankheiten.
4. Ist von einer Krankheit etwas geblieben?
5. Ist von Schreck oder Unfall etwas geblieben?
6. Besondere Gebrechen: Nervenschwach? Weint es leicht? Ist es
furchtsam? Blutarm? Blasenleidend? Ausschlag? Kurzsichtig? Schwer-
hörig? Fehler der Sprechwerkzeuge? Andere Fehler?
7. Lernte es Mh oder spät sprechen?
' Schularet No. 8. S. 145 (603).
733 191
8. Ist es zu Haase ruhig oder lebhaft?
9. Hat es besondere Angewohnheiten?
10. Sonstiges.
In Breslau lautet der Fragebogen:
1 — 3. Name, Wohnung und Gebortstag.
4. In welchem Lebensjahre hat das Kind Krankheiten und welche
dnrchgemacht?
5. Wnrden dauernde schädliche Folgen davon beobachtet?
6. Hat das Kind Verletzungen mit dauernden Folgen durchgemacht?
7. Ist das Kind schwerhörig?
8. Ist das Kind kurzsichtig?
9. Hat das Kind sonstige Gebrechen und Schwächen?
(Krämpfe usw.)
10. Wann lernte das Kind sprechen?
Dresden-Löbtau widmet den häuslichen und wirtschaftlichen
Verhältnissen besondere Beachtung:
I. Fragen, die Familienverhältnisse betreffend.
1 — 3. Name, Wohnung und Stand der Eltern oder Erzieher.
4. Wieviel Geschwister hat das Kind?
5. Wie alt sind diese?
6. Wie viele Geschwister sind gestorben und an welcher Krankheit?
7. Bestehen in der Familie Lungenkrankheiten? Nervenkrankheiten?
Welche Krankheiten sonst?
8. Von wem ist das Kind bis jetzt zumeist erzogen worden?
9. Wird das Kind künftig oft sich selbst überlassen sein?
10. Wird das Kind seine Schularbeiten ungestört und zu welcher Zeit
erledigen können?
11. Ist die Mutter genötigt, ebenfalls dem Broterwerb nachzugehen?
12. Mufs das Kind häusliche oder gewerbliche Arbeiten verrichten
und welche?
n. Fragen, das Kind betreffend.
1. Hat das Kind an schweren Krankheiten gelitten? An welchen?
2. Hat es Operationen dnrchgemacht? Welche?
3. Sind Nachwirkungen zurückgeblieben?
4. Schläft das Kind fest oder unruhig?
5. Schläft es mit offenem Munde?
6. Ist das Kind ohrenleidend? Augenleidend? Magenleidend? Blasen-
leidend? Lungenleidend? Herzleidend?
7. Leidet das Kind an Krämpfen?
8. Hat es sonst ein Leiden oder körperliches Gebrechen an sich?
9. Stottert das Kind?
10. In welchem Alter lernte das Kind gehen?
11. Ist das Kind heiter? Verschlossen? l^latterhaft? Trotzig? Wahr-
heitsliebend? Scheu? Wifsbegierig?
12. Hat das Kind sonstige Angewohnheiten (linkshändig usw.)?
ni. Sonstige Bemerkungen der Eltern oder Erzieher.
192 734
Endlich sei hier auf die unter sich fast genau übereinstimmenden
Fragebogen hingewiesen, welche von der herzoglichen Regierung in
Meiningen und von der grofsherzoglich hessischen Regierung
vorgeschrieben sind, und deren Abdruck sich in No. 5 und Ko. 8
des „Schularzt" (S. 93 [339] und S. 156 [613]) vorfindet.
Für die Au&ahme in Hil&schulen für Schwachsinnige und in
Stotterheilkurse bestehen an manchen Orten besondere Fragebogen.
Bei der ärztlichen Untersuchung der Schulneulinge nimmt die
Entscheidung, ob ein Kind die erforderliche körperliche und
geistige Reife zum Schulbesuch erlangt hat, eine besondere
ßeachtung in Anspruch. Gesetzlich ist das vollendete sechste Lebens-
jahr als Zeitpunkt der Rekrutierung festgestellt.
In Preufsen^ lautet die Bestimmung über die Schulpflicht:
„Mit Beginn eines neuen Schuljahres — April — sind alle Kinder
schulpflichtig, die zu dieser Zeit bereits sechs Jahre alt sind oder bis zum
30. September das sechste Lebensjahr vollenden.
Sollte jedoch der körperliche oder geistige Zustand eines Kindes zu
ernsten Bedenken gegen seine Beschäftigung in der Schule Anlab geben,
dann ist unter Vorlegung eines ärztlichen Zeugnisses die Befreiung von
der ordnungsmäfsigen Einschulung bei der Schuldeputation nachzusuchen.
Auch in dem Falle, dafs schulpflichtige und schulfähige Kinder zonAchst
häuslichen Unterricht erhalten sollen, ist dies und zugleich anzuzeigen, wer
ihn erteilen wird."
(Folgen Ausnahmebestimmungen über Auäiahme in di^ Unterklasse
höherer Lehranstalten.)
Li Bayern bestimmt die Egl. Verordnung vom 5. Nov. 1880 und
vom 26. April 1882 in betreff der Aufnahme in die Volksschule,
dafs die Schulpflicht mit dem zurückgelegten sechsten Lebensjahre
beginnt, und zwar für alle Kinder, welche zu dieser Zeit die gehö-
rige Entwicklung der geistigen und körperlichen Kräfte erreicht
haben. Gestattet ist die Aufnahme in die Schule unter den
gleichen Voraussetzungen hinsichtlich der geistigen und körperlichen
Entwicklung vor vollendetem sechsten Lebensjahre „nur in ganz
seltenen Ausnahmen, und zwar nur bei Kindern, die bereits 5 V^
Jahre alt sind, auf Grund eines die Aufnahme begutachtenden ärzt-
lichen Zeugnisses" (Artikel 6 der mittelfiränk. Lehrordnung). Eine
Kgl. Regierungsentschliefsung vom 5. Juni 1885 an die amtlichen
Ärzte sagt, daüs bei Ausstellung dieser Zeugnisse mit mögliebster
Strenge zu verfahren sei, und dafs auch seitens der Hausärzte
^ Den Breslauer Bestimmungen entnommen.
736 193
gleiche Strenge bei der Abgabe derartiger Zeugnisse beobachtet
werden solle.
Ähnliche Bestimmungen bestehen wohl in allen Bundesstaaten,
so dafs überall die Möglichkeit geboten ist, körperlich oder geistig
noch nicht genügend entwickelte Kinder, selbst bei vollendetem
sechsten Lebensjahre, auf Grund ärztlicher Zeugnisse vom Schul*
besuch zurückzustellen.
Nach übereinstimmendem Urteil der Ärzte und Lehrer liegt ein
dringendes Bedürfnis vor, die Schulfähigkeit der neu aufzunehmen-
den Kinder einer ernsten Prüfung zu unterwerfen, weil ein grober
Bruchteil der Kinder mit sechs Jahren noch zu wenig entwickelt ist,
um mit Erfolg und ohne körperlichen Nachteil in die Schule geschickt
zu werden.
Die berufensten Hüter des Kindes, die eigenen Eltern, deren
Pflicht es wäre, sorgsam darüber zu wachen, dafs ein durch yorherge-
gangene Krankheit oder infolge aufsergewöhnlich langsam stattfinden-
der Entwicklung hinter seinen Altersgenossen zurückgebliebenes Kind
nicht zu früh zur Schule geschickt werde^ verkennen oft genug diese
ihre Aufgabe und drängen ihren zarten Spröfsling der Schule auf,
trotz der Abmahnung des mit der Neuaufnahme betrauten Lehrers.
Den Eltern fehlt nicht selten der unbefaogene Blick für die Be-
urteilung der von ihrem Kinde erlangten Entwicklungsstufe; sie
suchen einen falschen Stolz in frühem Schuleintritt, behaupten auch
wohl, das Kind jsei geistig über sein Alter hinaus entwickelt und
könne daheim nicht mehr recht unterhalten und beschäftigt werden,
obwohl gerade diese geistige Frühreife nicht selten eine künstliche,
durch Treibhauskultur bewirkte ist, und obwohl gerade diesen Kin-
dern ein weiteres der Körperpflege und dem ungebundenen Umher-
tummeln gewidmetes Jahr not täte. Wenn dies von den bemittelten
und gebildeten Bevölkerungsschichten gilt, so werden andererseits die
Eltern aus dem Arbeiterstand durch wirtschaftliche Erwägungen
nach derselben Richtung gedrängt. Das zur Schule geschickte Kind
entlastet die Mutter von der Aufsicht und macht sie für ihre Arbeit
frei. Auch lebt in den armen Leuten wohl schon der Wunsch, dafs
ihr Kind ein Jahr früher seiner Schulpflicht genügen möchte und
für den Erwerb verfügbar werde.
Die Folgen sind von Arzt und Lehrer vorauszusehen. Ein Teil
dieser halbreifen Kinder erreicht das Klassenziel nicht und muls
repetieren, ein anderer Teil bleibt in der Ernährung zurück, zumal
wenn die im ersten Schuljahr so häufigen akuten Infektionskrank-
194 7S6
heiten (Masern, Kenchhusten a. s.w.) ein derartiges körperlich unter-
entwickeltes Kind treffen.
Die Lehrer der unteren Klassen klagen darüber, sind aber bei
der An&ahmemeldung den Eltern gegenüber machtlos, sobald das
Kind das gesetzliche Alter erreicht hat. Nur ein ärztliches Zeugnis
kann hier Abhilfe schaffen.
Es ist daher eine wichtige Aufgabe des Schularztes» die Schul-
reife der angemeldeten Kinder zu prüfen, und schwächliche, nicht
voll entwickelte Kinder auch gegen den Willen der Eltern zurück-
zustellen.
Dabei tritt nun die Schwierigkeit hervor, dafs die Entscheidung
der Schul&higkeit bald getroffen werden mufs, während die genaue
ärztliche Untersuchung der Neulinge am besten erst nach mehr-
monatlichem Schulbesuch vorgenommen wird, sowohl wegen des
hierfür erforderlichen Zeitaufwandes, als auch um dem Lehrer Zeit
zu lassen zu eigener Beobachtung, und den Kindern zum Ablegen
der Schüchternheit und zur Erlangung einiger Schuldisziplin.
Einige der Städte, welche die Prüfung auf Schulreife ausdrück-
lich in ihrer Dienstordnung erwähnen (es ist dies etwa bei der Hälfte
der Fall), haben sich dafür entschieden, die genaue Untersuchung
der Kinder möglichst zu beschleunigen, mit der Anweisung, sie
„sofort" (Stolberg), „in den ersten Tagen" (Magdeburg, Qued-
linburg), „zu Anfang des Schuljahrs^ (Trier), „in den ersten drei
Wochen^ (Oöln), ^spätestens sechs Wochen nach dem Eintritt^
(Grunewald) vorzunehmen. Ohne genaue Angabe des Zeitpunktes
der Untersuchung fordern die Abgabe eines schulärztlichen Urteils
über vorhandene Reife die Städte: Benneckenstein, Darmstadt,
Düren, Elmshorn, Erfurt, Frankfurt a. 0., Gransee, Löb-
tau-Dresden und Zeitz. In Heilbronn werden nur auf Antrag
des Ortsschulinspektors einzelne Kinder bezüglich Zurückstellung
vom Schulbesuch um ein Jahr untersucht und begutachtet.
In Leipzig enthält zwar die Dienstordnung nichts über die
vorliegende Frage, doch geht aus dem in dieser Zeitschrift (1902,
No* 5.) veröffentlichten Bericht des Stadtbezirksarztes Dr. Poettsb
hervor, dafs daselbst als Zweck der Untersuchung u. a. auch in
Betracht kommt „Ausschliefsung bezw. Zurückstellung körperlich
oder geistig unreifer und zum Schulbesuch noch nicht fähiger
Kinder".
In letzter Zeit hat sich eine ändere Regelung Bahn gebrochen.
Man trennt die üntersnchnng auf Schulfihigkeit von
737 196
der flanptantersachiiiigi yerlegt die erstgenannte in'die
ersten Tage des Sohnlbeginns, nnd gewinnt dadnroh Zeit, die
letztere nach Wochen oder Monaten mit Mnise nnd Gründlichkeit
vorzunehmen.
Der Blick eines erfahrenen Arztes yermag durch blolse Be-
sichtigung der Schulrekruten mit geringem Zeitaufwand die schwäch-
lichen Kinder, deren Schul&higkeit zweifelhaft ist, auszulesen. Da-
durch kann der berechtigten Forderung der' Eltern Genüge getan
werden, alsbald zu erfahren, ob ihr Kind aufgenommen werden wird.
Einer ge&lligen brieflichen Mitteilung des Herrn Geh. Sanitätsrats
und Stadtarztes Dr. Spiebs ist zu entnehmen, daüs z. B. in Frank-
furt a. M. beim Schuleintritt nur eine oberflächliche allgemeine
Besichtigung der Kinder stattfindet, und erst später, wenn dieselben
schon etwas mit dem Schulleben vertraut sind, die genauere Unter-
suchung nachfolgt.
Die im April d. J. für Berlin^ beschlossene neue Dienst-
ordnung schreibt gleichfalls eine gesonderte Voruntersuchung hin-
sichtlich der Schulreife vor, labt aber die Wahl nicht durch den
Schularzt aus der Gesamtheit der ihm vorgeführten Schulneulinge
treffen, sondern beschränkt die ärztliche Begutachtung auf jene
Kinder, deren Schulfähigkeit von der Schulkommission oder dem
Rektor angezweifelt wird. Es heifst in § 1 der Berliner Dienst-
anweisung :
§ 1. Dem Schulärzte liegt es ob, bei der Einschuluig die Kinder
auf ihre Schnlfähigkeit zu untersuchen. Dem Schularzt werden zu diesem
Zweck von dem Schnlkommissionsvorsteher bei der Anmeldung der Kinder,
und vom Rektor beim Eintritt der Kinder in die Schule diejenigen zu-
gesandt, welche bezüglich ihrer Schulfähigkeit als zweifelhaft erscheinen . . .
Die als nicht schulfähig erkannten Kinder sollen zunächst auf ein
halbes Jahr, nötigenfalls auf längere Zeit zurückgestellt, und nach Ablauf
dieser Zeit von neuem untersucht werden.
Hierzu ist erläuternd zu bemerken, dafs die Schulkommission
aus BtLrgem gebildet wird, die diese Funktion im Ehrenamt aus-
üben, bestimmte Stadtbezirke zugeteilt erhalten und eine Art Mittels-
person zwischen Schule und Elternhaus bilden.
Die Einschulung findet in Berlin, wie in vielen anderen Orten,
halbjährlich statt, so dals die Kinder nicht immer auf ein volles
Jahr zurück gestellt zu werden brauchen. Dals man in Berlin den
^ Vergl. ScMarMi No. 9. Dienstordnung.
196 738
Schulärzten die Auslese Dicht selbst überlälist, liegt wohl an den
allzu grofsen Schulbezirken; es kommen hier durchschnittlioh
6000 Schüler auf einen Schularzt.
Schöneberg und Friedenau bei Berlin haben schon 1899
in ihrer fast gleichlautenden „Ordnung, betreffend die Anstellung
und Tätigkeit von Schulärzten*^ folgende Bestimmung getroffen:
Art. 10. Der Schalarzt bat jedes Kind, welches zur Aufnahme in
die Schnle angemeldet werden soll, vor dem Eintritt in dieselbe auf seine
Schnlfähigkeit zu untersuchen.
Die herzoglich weimarischen Städte Weimar, Ilmenau und
Apolda führen in ihrer Schularztordnung die übereinstimmende
Verordnung :
„Die Schulärzte haben die neaeintretenden Kinder zunächst nur auf
solche erhebliche Mängel zu untersncheo, die ein Zurückstellen vom Schul-
besuch bedingen. Die definitive und gründliche Untersuchung hat erst nach
Ablauf von vier bis fünf Wochen nach dem Schulbeginn zu erfolgen, damit
der Lehrer seine inzwischen gemachten Beobachtungen dem Arzt mit-
teilen kann.*'
Forst besitzt keine eigentliche Schularztordnung, doch findet
daselbst nach gütiger brieflicher Mitteilung des Schularztes Dr. Lüm-
MBBBHEiM sofort beim Eintritt der Kinder eine Voruntersuchung
statt, um unreife und kranke Kinder zurückzuweisen, und erst nach
acht Wochen erfolgt die genaue Untersuchung.
Görlitz behandelt in seiner bereits beschlossenen, aber erst im
April 1904 in Kraft tretenden Dienstordnung die Prüfung auf
Schulreife mit besonderer Ausführlichkeit. Nach Voranstellung des
eben citierten Satzes aus der weimarischen Schularztordnung heifst
es weiter:
§ 2 Diese Untersuchung hat alsbald, spätestens zehn Tage
nach dem Eintritt der Kinder in die Schnle stattzufinden. Über die vom
Schulbesuch zurückzustellenden Kinder wird eine Bescheinigung nach For-
mular I ausgestellt, welche dem Schulleiter zur weiteren Veranlassung zu
übergeben ist.
Liegen bereits anderweitige ärztliche Bescheinigungen über vom Schul-
besuch zurückzustellende Kinder vor, so sind dieselben vom SchnUeiter dem
Schularzt vorzulegen. Ist daraus der Grund der Zurückstellung nicht klar
ersichtlich, so sind sie durch den Schulleiter den Eltern des Kindes zur
weiteren Vervollständigung zurückzugeben. Wird dieser Forderung von den
Eltern nicht Folge geleistet, so hat der Schularzt selbst die Untersuchung
des Kindes vorzunehmen.
Auch die soeben in Kraft getretene neue Nürnberger Dienst-
ordnung trennt die Untersuchung auf Schulreife von der Haupt-
untersuchung und gibt darüber folgend^ Vorschriften:
739 197
„Die erste Untersnchmig wird gleich bei Beginn des Schuljahres vor-
genommen nnd mofs bis Ende des Monats September beendigt sein.
Sie besteht in einer änfseren Besichtigung der Kinder nnd hat den Zweck,
festzustellen, ob dieselben schulfähig sind, d. h. nach ihrer körper-
lichen und geistigen Entwicklung ohne Schaden und mit Erfolg an dem
Schuhinterrichte teilnehmen können. Findet der Schularzt, im Ein-
Ter nehmen mit dem Lehrer, dafs es notwendig ist, ein Kind in sei-
nem eigenen Interesse wie in dem des gemeinsamen Unterrichts auf ein
Jahr vom Schulbesuche zurückzustellen, so bestätigt er dies durch ein
Zeugnis, von dessen Inhalt die Angehörigen des betreffenden Kindes
durch die Inspektion in Kenntnis gesetzt werden. Diese hat so-
dann das weiter Erforderliche zu verfügen.*'
Es heifst dann weiter, dals die zweite eingehende Untersuchung
bis ssum Schluls des I. Semesters stattzufinden hat, und dafs im
II. Halbjahr sich eine dritte Untersuchung anschliefsen soll, welche
die höheren Sinnesorgane umfafst.
Auch die jüngste der erlassenen Schularztordnungeu, die im
August d. J. zum Beschluils erhobene „Ordnung für die gesundheit-
liche Überwachung der städtischen Volksschulen in Fürth*' ver-
fährt in gleichem Sinne:
„Die zur Probe in die Schule aufgenommenen Kinder werden alsbald
nach ihrem Eintritt untersucht ; bei den übrigen soll die allgemeine Unter-
suchung bis zum Beginn der Ostcrferien beendigt sein, während die Unter-
suchung auf Seh- und Hörfehler bei den Kindern des ersten Jahrganges
erst im Sommer erfolgt. '^
So hat sich in letzter Zeit eine Dreiteilung der Aufnahme-
Untersuchung als zweokmftisig erwiesen und geht anscheinend als
ständige Einrichtung in alle neueren Schularztordnungen über. Von
der gegen Sohlufs des ersten Schuljahres yorzunehmenden Unter-
suchung der höheren Sinnesorgane wird noch an besonderer Stelle
zu sprechen sein.
Sohlieislioh sei noch erwähnt, dafs Ober- Schönweide bei
Berlin nur die Prüfung auf SchulflEÜiigkeit eingeführt hat, im übrigen
aber eine genaue Untersuchung der Kinder auf die Zuweisung zur
Hilfsschule und auf besondere ins Ermessen des Schulrorstandee
gestellte Fälle beschränkt.
Wie nötig übrigens die Feststellung der Schulfthigkeit ist, und
wie häufig die Fälle yorzeitiger Zuweisung unreifer Kinder zum
Schulbesuch yorkommen, kann aus den in Berlin gesammelten Er-
fahrungen ersehen werden. Die vom Jahre 1900 bis 1902 daselbst
yon zehn probeweise angestellten Schulärzten yorgenommenen Unter-
suchungen der Sohulneulinge hatten das Ergebnis, daCi im ersten
198 740
Jahre 12,3%, im zweiten Jahre 9,7 % der Kinder vom Schulbesach
zurückgestellt werden mnfsten. Die Zurückstellung erfolgte am
häufigsten wegen allgemeiner Körperschwäche (26%), wegen kurz
vorher überstandener schwerer Krankheit (16%), wegen Kränklich-
•
keit (Bhachitis, Skrophulose» Blutarmut [16 Vo]), wegen ungenügender
Entwicklung (10%), wegen Lungentuberkulose (57o), auTserdem
wegen schwerer Herzfehler, Keuchhusten, Epilepsie, sonstigen ner-
vösen Erkrankungen, Hautkrankheiten, mangelhafter Sprachentwick-
lung u. s. w.*
In einer Reihe von Städten besteht gleichfedls eine Vorunter-
suchung, aber zu anderem Zweck. Yorbildlich war hierfür § 1,
Absatz 2, der Wiesbadener Dienstordnung, welcher lautet:
„Aofser dieser in den ersten vier bis sechs Wochen des Schuljahres
vorzunehmenden genanen Untersucbnng sollen die neu eintretenden Kinder
in den ersten zwei bis drei Tagen bereits einer änlserlichen ärztlichen
Revision unterzogen werden behufs Ermittlung von übertragbaren
Krankheiten und Ungeziefer."
Diese Bestimmung haben auch die Städte Cassel, Colmar,
Cottbus, Hagen und Mülhausen i. Eis. aufgenommen; Aachen
läfst ftLr diese Art der Voruntersuchung acht Tage Zeit, Essen
und Gera verbinden die Untersuchung auf übertragbare Krankheiten
und Ungeziefer mit der Hauptuntersuchung.
Die Hauptuntersuchung der Schulneulinge findet an den
Orten, welche keine gesonderte Voruntersuchung auf Schul-
reife besitzen, in den ersten Wochen oder Monaten, an den Orten
mit Voruntersuchung meist nach mehrmonatlichem Schulbesuch statt,
muls aber überall bis zum Schluis des ersten Halbjahres vollendet sein.
Die genaue Untersuchung aller neu in die Schule tretenden
Kinder wurde in Deutschland im Jahre 1897 von Wiesbaden
eingeführt, ist aber zuerst im Ausland in Anwendung gekommen.
In Antwerpen enthalt schon das ,,B^glement. Inspection
hygiönique et m^dicale des öcoles*' vom 11. April 1882 in
Artikel 3 folgende ßestimmung:
,,Dans les 6coles primaires gratuites et dans les jardins d'enfants, les
m^decins se fönt präsenter, ä chaque 6cole, tous les 61^ves re^us, depuis la
Visite pr^c6dente et constatent l'^tat de sant6 de chacun d'eux. Ils con-
signent, dans un registre qui reste ä l'^cole, le resultat de
cet examen."
^ Bericht über die Tätigkeit der an 20 Oemeindeschulen angestellten
Schulärzte vom 1. Juni 1900 bis 1. Juni 1902 von Dr. Arthub Habtkamn.
741 199
Über Moskan ist einer gütigen aus dem Jahre 1895 stam-
menden brieflichen Mitteilung von Herrn Professor Ebismann zn
entnehmen, dafs gemäfs einem im Jahre 1888 von der Stadtver-
ordnetenversammlung gefafsten Beschlufs den Schulärzten unter
anderem obliegt:
„Beim Schulbeginn werden alle Kinder vom Arzt untersucht, wobei
Eücksicht genommen wird auf Spuren von Kuhpockenimpfnng, akute oder
chronische Infektionskrankheiten, Haut^ Augen, Ohren, Nase, Bachen, Zähne,
innere Organe, Blutarmut, Skrofulöse, KOrperkonstitution, Entwicklung des
Skeletts, Anomalien der Sprache u. s. w. Alles Auffällige wird in
der Sanitätsliste des betreffenden Kindes notiert, und zwar
Jahr für Jahr."
Noch ausführlicher behandelt diesen Gegenstand der Erlaüs des
Königl. ungarischen Ministeriums für Kultus und öffent«
liehen Unterricht vom Jahre 1887. Die Instruktion der allerdings
nur für Mittelschulen angestellten Schulärzte enthält hier in Teil II
§§ 11 bis 19 genaue Vorschriften über die Untersuchung der Schul-
neulinge. Die allgemeine Bestimmung lautet:
„Der Schularzt hat jeden neueintretenden Schüler zu Beginn des
Schn^ahrs .... zu untersuchen. Femer hat er auch die schon früher
aufgenommenen, aber ärztlich noch nicht untersuchten Schüler ehestens zu
untersuchen. Zu diesem Behufe erscheinen die Schüler einzeln vor dem
Arzte .... Über die Untersuchung hat der Schularzt ein Ver-
zeichnis zu führen^ in welches er alle diejenigen, bezüglich
deren er in sanitärer Hinsicht etwas zu bemerken findet,
einzutragen hat.*'
Es ist dann weiter angeordnet, dafs die inneren Organe, ins-
besondere die Atmungswerkzeuge und das Herz, untersucht werden
müssen, dafs zu ermitteln ist, ob der Schüler an den Turnübungen
unbedingt teilzunehmen oder nur zu gewissen Übungen heranzu-
ziehen ist, oder vom Turnen überhaupt ausgeschlossen werden soll;
dals auf Tuberkulose, auf Wirbelsäulenverkrümmungen, auf Kropf,
auf unwillkürlichen Harnabflufs, auf Sprachstörungen, auf kontagiöse
Haar- und Hautkrankheiten zu achten ist; daUs die Augen hinsicht-
lich Sehvermögen und Farbenblindheit, die Ohren in betreff krank-
hafter Prozesse und Schwerhörigkeit, endlich auch die Zähne in die
Untersuchung einbezogen werden mtissen, und dafs aus allen krank-
haften Befunden die Konsequenzen für den Unterricht, für Anweisung
von Plätzen u. s. w. zu ziehen sind.
Wiesbaden hatte also gute Muster vor sich, als es bei Erlafs
seiner Dienstordnung jene bekannten, seither in fast alle deutsche
Der Sehulant I. 28
200 742
Schularztordnungen wörtlich oder dooh dem Sinne nach aafgenom-
menen Bestimmungen traf, die hier der Vollständigkeit halber noch-
mals angeführt werden sollen.
Der Zweck der Untersuchung ist in § 1, Absatz 1, kurz und
klar ausgesprochen:
„Die Schulärzte haben die neueintretenden Schüler genau auf ihre
Eörperbeschaffenheit und ihren Gesundheitszustand zu untersuchen, um fest-
zustellen, ob sie einer dauernden ärztlichen Überwachung oder besonderen
Berücksichtigung beim Schulunterricht (z. B. Ausschlieisung vom Unterricht
in einzelnen Fächern, wie Turnen und Gesang, oder Beschränkung in der
Teilnahme am Unterricht, Anweisung besonderer Sitzplätze wegen Gesichts-
oder Gehörfehler u. s. w.) bedürfen/*
Derselbe Paragraph enthält dann die Vorschrift, dab über jedes
untersuchte Kind ein Gesundheitsschein auszufüllen ist, der es
während seiner ganzen Schulzeit begleiten soll.
Die erst im März d. J. beschlossene Dienstanweisung in Mainz
führt unter den A.ufgaben der genauen Untersuchung aller Schul-
kinder einen neuen wichtigen Gredanken an, nämlich die Erforschung
der ursächlichen Momente für gefundene Erkrankungen, mit beson-
derer Berücksichtigung der gewerblichen Kinderarbeit.
Auch Halberstadt, dessen Dienstordnung aus der jüngsten
Zeit stammt, hat die Anordnung getroffen, dafs bei Kindern, welche
eine schlechte Konstitution aufweisen, nach der Ursache zu forschen
ist, wobei insbesondere auf Nebenbeschäftigungen geachtet werden soll.
Diese neueren Bestimmungen geben dem schulärztlichen Dienst
noch mehr als es bisher schon der Fall war, eine soziale Be-
deutung.
Da weder in der Wiesbadener, noch in der Mehrzahl der anderen
deutschen Dienstordnungen eine Aufzählung aller der Punkte ge-
geben wird, auf die sich die Untersuchung der Schulrekruten zu
erstrecken hat, so empfiehlt es sich, für diese Feststellung die For-
mulare der Gresundheitsscheine heranzuziehen, die in ihren einzelnen
Spalten einen Vordruck für alles das enthalten, was vom Arzt bei
jedem Kinde geprüft werden soll. Das Wiesbadener Formular ent-
hält folgende Bubriken: Allgemeine Konstitution, 6rölse, Gewicht,
Brustumfang, Brust und Bauch, Hauterkrankungen und Parasiten,
Wirbelsäule und Extremitäten, Augen und Sehschärfe, Ohren und
Gehör, Mund, Nase und Sprache, Besondere Bemerkungen und Vor-
schläge für die Behandlung in der Schule, Mitteilungen an die
Eltern, Bemerkungen des Lehrers.
743 201
Dieses Formular ist von nachfolgenden Städten entweder genau
oder mit geringfügigen Änderungen akzeptiert worden:
Aachen, Apolda (fehlt die Spalte für Gre wicht), Bennecken-
stein, Bielefeld (eigene Spalte für Zähne), Britz, Cassel, Ohar-
lottenburg, Chemnitz (fügt am Schlufs noch folgende Rubriken
bei: länger dauernde Erkrankungen, Leistungsfähigkeit, Charakter),
Cottbus, Darmstadt, Dülken, Ebersbaoh, Elmshorn (eigene
Spalte für geistige Entwicklung), Flensburg, Forst fi.eg.-Bezirk
Frankfurt (fehlt GrölSse, Gewicht und Brustumfang), Frankfurt a. M.,
Friedrichshagen, Göttingen, Hagen, Heilbronn, Lichten-
berg, Malstadt-Burbach, Mülhausen i. Eis., Oberschönweide,
Posen, Remscheid, Steglitz (fehlt Brustum&ng), Strafsburg i.E.,
St. Johann, Weimar (fehlt Gewicht), Zittau und Zeitz (fehlt
GröCse, Gewicht und Brustumfang).
Einige Städte der Rheinprovinz stellen zwar dieselben
Fragen wie Wiesbaden, es haben aber Zusammenziehungen einiger
Rubriken stattgefunden, so dafs in einer Spalte vereinigt sind:
a) Brust und Bauch, b) Wirbelsäule und Extremitäten, c) Haut-
krankheiten und Parasiten; und ebenfalls in eine Spalte sind zu-
sammengezogen: a) Augen und Sehschärfe, b) Ohren und G^hör,
c) Mund, Zähne, Nase und Sprache. In allen anderen Rubriken
deckt sich das Formular mit dem von Wiesbaden. Dadurch sind
zwar vier Spalten erspart, jedoch scheint der Raum zu knapp be-
messen, besonders bei den Sinnesorganen. Hierher gehören: Bonn,
Cöln, Düren und Stolberg. Ihnen schlieist sich Insterburg
an, bei dem aber die Spalte für Brustumfang fehlt, und Königs-
hütte, bei dem Grölse und Gewicht fehlen. Königsberg in Pr.
fügt sich in dem vom Schularzt auszufüllenden Teil dem rhein-
ländischen Formular, enthält aber noch folgende Spalten für Ein-
tragungen des Klassenlehrers: Erkrankungen des Schülers mit Datum-
angabe, Mitteilungen an die Eltern, ob dieselbe mit Erfolg war,
schlechtes Mitkommen, physische Eigentümlichkeiten, besondere
häusliche Verhältnisse, besonderer Platz in der Klasse, Dispensation
von bestimmten Fächern.
Die sächsischen Städte (Leipzig, Crimmitschau, Zwickau)
weichen vom Wiesbadener Formular dadurch ab, dais sie Gröise,
Gewicht, Brustumfang, Wirbelsäule und Extremitäten nicht auf-
genommen (letztere sollen nach den Erläuterungen unter der Rubrik :
Allgemeine körperliche Beschaffenheit notiert werden), dafür aber
folgende Spalten hinzugefügt haben : Allgemeine geistige Beschaffen-
23*
202 744
heit, Ursftohliolie Verhältnisse, Ist ärztliche Behandlung erforderlich
und waram? Ist ärztliche Behandlung erfolgt und mit welchem Er-
gebnisse? Die Bückseite des G-esundheitsscheines enthält zu jeder
der 11 Spalten erläuternde Bemerkungen. Daraus gebt u. a. hervor,
dals die Spalte für allgemeine geistige Beschaffenheit nach An-
gaben des Lehrers zu beantworten ist, dals es für die Unter-
suchung des Herzens genügt y,die Herztöne an der Spitze und Basis
schnell abzuhören, um etwaige Klappenfehler zu finden", dafs eine
Untersuchung der Lungen nur bei Verdacjit auf Erkrankung der-
selben erfolgen soll. Über die Prüfung des Seh- und Hörvermögens
sind genaue Anweisungen gegeben, auf die an späterer Stelle näher
eingegangen werden soll. Bei der Untersuchung der Mundhöhle
heilfit es, dafs dazu ein Spatel oder Löffel notwendig ist, der nach
jedesmaligem Gebrauche gereinigt werden soll. Hierbei sei auf den
schon erwähnten Bericht des Stadtbezirksarztes Dr. Poetteb^ hin-
gewiesen, wonach es in Leipzig üblich ist, den Spatel mit Borsäure
zu reinigen oder die Kinder mit eigenem, mitgebrachtem Löffel zu
untersuchen.
Es darf an dieser Stelle wohl die Bemerkung eingeschaltet werden»
dafs für Massenuntersuchungen, die im Schulhause selbst erfolgen, der
Gebrauch eines Zungenspatels oder einiger weniger derartiger Instru-
mente verboten werden sollte. Die Reinigung nach jedesmaligem
Gebrauch kann hier niemals mit derselben Gründlichkeit geschehen
wie im ärztlichen Sprechzimmer. Das Waschen des Spatels mit
Borlösung, auch wenn hierzu nach jedem Gebrauch frische Lösung
genommen wird, kann nicht für absolut sicher gelten, und wenn
auch die Gefahr einer Übertragung von Infektionsstoffen bei solchem
Vorgehen nicht gerade sehr grofs ist, so kann sie doch nicht als
ausgeschlossen bezeichnet werden, und es besteht die Möglichkeit,
dals aus dieser Handhabung eine Waffe gegen die Schüleruntersuchung
überhaupt geschmiedet werden könnte.
Aus gleichem Grunde ist das , in den Erläuterungen der sächsi-
schen Gesundheitsscheine enthaltene Verbot, den Nasenrachenraum
mit dem Finger zu untersuchen, durchaus zu billigen.
Eine etwas abweichende Einteilung hat der grofsherzoglich
Hessen-Darmstädter „G^sundheitsbericht**, dem sich der ^Per-
sonalbogen'^ von Halberstadt zwar mit abweichender Form, aber
mit genau übereinstimmenden Rubriken anschliefst: 1 — 3. Datum und
' Diese Zeäschriß, 1902, S. 241.
745 203
Name des Arztes (des Lelirers), 4. Kinderkrankheiten (aus dem an
die Eltern gerichteten Fragebogen ^, knrz einzutragen), 5. karzsiohtig,
6. schielt, 7. schwerhörig, 8. stottert, 9. lungenkrank, 10. herzkrank,
11. mit Bruchschaden behaftet, 12. mit schiefer Wirbelsäule, 13. mit
Fehlem in Mund, Rachenhöhle, Nase, 14. mit Hautkrankheit, lö.
epileptisch, 16. geistig auffällig zurückgeblieben und weshalb?
In Coburg lehnt sich der „Gesundheitsbericht" an den von
Darmstadt an, doch mit folgenden Abweichungen: Eigene Spalten
für Skrofulöse, Magen- und Darmerkrankungen, Kropf, auffällig
schadhafte Zähne; Trennung der Lungenkrankheiten in Lungen-
tuberkulose und andere Erkrankungen der Atmungsorgane; Trennung
der Herzkrankheiten in organische Erkrankungen und sonstige Herz-
leiden; am Schlufs eine Spalte: andere vorstehend nicht aufgeführte
Krankheiten und sonstige Bemerkungen.
Die sonst vorliegenden Gesundheitsscheine tra;gen ihr eigenes
Gepräge und lassen sich nicht weiter gruppieren.
Alle bekannt gewordenen Formulare führen die Spalten für
Auge, für Ohr und für Mund, Nase und Nasenrachenraum. Mit
letzterer Rubrik ist die Frage nach Sprachstörungen vereinigt in
Crefeld und in Meiderich, während eine gesonderte Rubrik für
Sprachstörungen in Breslafti, Grofslichterfelde und Hanau
vorhanden ist. Die Beschaffenheit der Zähne ist besonders erwähnt
in Erfurt und in Grofslichterfelde.
Fast ebenso allgemein wie die Rubrik für die Sinnesorgane ist
die für allgemeine Körperbeschaffenheit zu finden, nicht so regel-
mäfsig ist jedoch die Frage nach der geistigen Befähigung, der man
nur in Bromberg, Crefeld, Grofslichterfelde und Löbtau
begegneti und dann auch in Hanau, welches in getrennten Spalten
nach besonderen geistigen Fähigkeiten und geistigen Schwächen
fragt.
Eine weitere Übereinstimmung fast aller Formulare liegt in der
Anführung von Hautkrankheiten und Parasiten und von Erkran-
kungen der Organe der Brust- und Bauchhöhle, wobei eine geson-
derte Frage nach ünterleibsbrüchen von Breslau, Danzig, Hanau
und Meiderich gestellt wird.
Die Rüokgratsverkrümmungen sind meist mit Knochenbau, Ex-
tremitäten, Körperbau u. dergl. zusammengefafst und fehlen nur in
wenigen Gesundheitsscheinen.
^ Vergl. oben Seite 155 (613).
204 746
Besondere Erwähnnng verdienen noch folgende vereinzelt auf-
tretende Rnbriken:
Nervenleiden in Breslau und Erfurt.
Konstitntionsanomalien (Blutarmut, Skrofulöse, Lymphdrüsen)
in Breslau und Bromberg.
Chronische Infektionskrankheiten, insbesondere Tuberkulose und
kontagiöse Augenkrankheit (Granulöse) in Dan zig.
Hereditäre Verhältnisse und bisherige Krankheiten in Danzig.
Ans einer Reihe von Städten mit zum Teil vortrefflichen schul-
ärztlichen Einrichtungen liegen Gesundheitsbogen leider nicht zum
Vergleich vor, doch dürften die angeführten vollauf genügen, um die
Aufmerksamkeit auf alle Einzelheiten zu lenken, die hierbei in Be-
tracht kommen. Sehr wünschenswert wäre ein für alle
deutschen Städte gleichheitlich eingerichtetes Formular,
damit die darauf sich aufbauenden Jahresberichte unter sich ver-
gleichbar und zu einer grolsen allgemeinen Statistik verwertbar
wären.^ Die wissenschaftlichen Früchte der in erster Linie allerdings
praktischen Zwecken dienenden schulärztlichen Untersuchungen
könnten auf diesem Wege der Ernte entgegenreifen. Die Einigung
über ein gemeinsames Formular dürfte ein dankbares Arbeitsfeld für
Bchulhygienische Kongresse bilden. Nebenher sei noch bemerkt,
dais an einzelnen Orten nur sehr allgemein gehaltene dürftige Scheine
in Verwendung stehen.
Über das spätere Schicksal der Gesundheitsscheine, wenn das
Kind die Schule verlassen hat, scheint sich eine einheitliche Praxis
noch nicht herausgebildet zu haben. Halberstadt bestimmt darüber
in § 2: „Diese Personalbogen sind, soweit sie Knaben betreffen, nach
Schulentlassung noch zehn Jahre lang aufzubewahren.'' ESs geschieht
dies offenbar, um erforderlichenfalls bei der AushebuDg zum Militär
Anhaltspunkte zu bieten. Am einfachsten wäre es wohl, wenn man
diese Scheine bei der Schulentlassung den Eltern einhändigen wollte.
Für Kinder, die zur Aufnahme in Hilfsschulen (Neben-
klassen, Schulen für Schwachsinnige) bestimmt sind, haben einzelne
Städte besondere Personalbogen aufgestellt.
In Halle unterscheidet er sich nicht von den anderwärts für
vollsinnige Kinder bestimmten. Li Berlin beziehen sich die ersten
zehn vom B«ktor zu beantwortenden Fragen auf das bisherige Schul-
^ Vergl. Dr. Sjlmosoh, Über schulärztliche Statistik, in No. 4 and 6
Zeitschrift,
74/ 205
leben und die Lernerfolge, dann folgen die Fragen an den Arzt
über allgemeine Körperbesohaffenheit (Skrofulöse, Bhaohitis, Tuber
kulose, Lues, Kopfbildung), nervöse Störungen, psychische Fähig
keiten, Seh- und Hörvermögen, Sprache, Zustand der Atmungsorgane
adenoide Wucherungen, und Vorgeschichte: a) Heredität (Geistes
krankheiten, Verbrechen, Blutsverwandtschaft, Tuberkulose, Lues
Alkoholismus), b) Wirtschaftliche Lage und Ernährungszustand der
Eltern, c) Entwicklung des Eandes (Zahnung, Beginn des Gehens
Beginn des Sprechens, häusliche Erziehung, Verhältnisse der Eltern)
d) Überstandene Krankheiten (Meningitis, Krämpfe, Verletzungen
Operationen, Schädelverletzungen bei der Geburt, Infektionskrank
Leiten). Am Schlub haben Arzt und Schulinspektor ein zusammen
fassendes urteil abzugeben. In Remscheid wird gefragt nach
Sinnesorganen, Sprachfehlem, Epilepsie, Blödsinn, hochgradigem
Schwachsinn, geistiger Schwäche, Nervosität, moralischem Defekt,
Folgen von Krankheiten, körperlicher Entwicklung, Kopfbildung,
fiimkrankheit, Schwindsucht und Elrüppelhaftigkeit.
(Fortsetzung folgt.)
kleinere Mitttünn^tn.
Zur Schularztfrage in Berlin. Nachdem die Schülarzteinrichtüng
in Berlin seit zwei Jahren probeweise ftlr eine kleinere Anzahl von Schalen
bestanden hat, wurde dieselbe zu einer dauernden Einrichtung gemacht und
auf sämtliche Gemeindeschulen ausgedehnt. An Stelle der früher vorhan-
denen zwölf Schulärzte sind vom 1. September d. J. ab 36 getreten.
Während frtther jeder Schularzt zwei Schulen mit je etwa 1000 Kmdem
zu versorgen hatte, erstreckt sich die Tätigkeit der 36 Schulärzte auf
264 Gemeideschulen mit 4576 Klassen (einschliefslich 91 Nebenklassen
für Schwachbegabte) und 216040 Kindern. Auf jeden Schularzt entfallen
somit etwa 6000 Kinder. Die Mehrleistung, die mit der Neuordnung
verbunden ist, wird ausgeglichen einerseits dadurch, da(s manche Arbeit,
welche bisher von den wenigen Schulärzten geleistet wurde, sich jetzt auf
sämtliche verteilt, andererseits durch die Verdoppelung des Gehaltes
(2000 Mark),
Von Anfang an war der schulärztliche Dienst in Berlin etwas anders
organisiert als nach dem von Seite des preuTsischen Unterrichtsministeriums
empfohlenen Wiesbadener Muster, und zwar in zwei wesentlichen Punkten.
Erstens wurde darauf gehalten, dafs der Schularzt nicht nur mit dem
206 748
Schalkinde, sondern auch mit dessen Eltern in Beziehung tritt. Das Kind
soll nicht in Abwesenheit der Eltern, sondern in Gegenwart derselben,
insbesondere der Matter, antersacht werden, da sich nar durch die An-
gaben der Matter eine sichere Benrteilang über das frühere Verhalten des
Kindes und über das Verhalten zur Zeit der Untersnchang gewinnen läfst.
Durch die Rücksprache mit der Mutter des Kindes kann dieselbe über
seinen Gesundheitszustand unterrichtet und können ihr Ratschläge erteilt
werden. Nach der gemachten Erfahrang wurden solche Ratschläge sehr
dankbar entgegengenommen und in der Regel auch befolgt.
Aufserdem unterscheidet sich die Berliner Einrichtung dadurch, dals
keine Gesundheitsscheine ausgestellt und geführt werden. Nur für Kinder,
die mit krankhaften Zuständen behaftet sind, werden Überwachungsscheine
ausgestellt, welche vom Klassenlehrer aufzubewahren sind. Die Kinder
mit Gberwachungsscheinen unterliegen der dauernden Beobachtung. Da-
durch, dafs die Gesundheitsscheine in Wegfall kommen, wird den Schul-
ärzten viel Arbeit, insbesondere Schreibarbeit, erspart und kann den mit
Krankheitszuständen behafteten Kindern grö&ere Aufmerksamkeit geschenkt
werden. (Mitget. v. Prof. Dr. A. HAETMANN-Berlin.)
OhreflSrztliche Untersnchang von Schnlkiiideni. In 70 Schul-
orten des Kreises Marburg wurden sämtliche 7537 Schulkinder auf ihre
Hörfähigkeit geprüft, wobei 28,4% nicht normalhOrig gefunden wurden.
In Bukarester Schulen fand Dr. Felix sogar 31 %. Bei Schwerhörigkeit,
die bei den Kindern häufig unbemerkt bleibt und Yon den Eltern als Un-
aufmerksamkeit oder Dummheit aufgefalst wird, leidet die ganze geistige
Entwicklung der Kinder, da sie dem Unterricht nicht zu folgen vermögen.
So kommt es, dafs die Untersuchungen bei den guten Schülern einen er-
heblich geringeren Prozentsatz der Schwerhörigkeit nachweisen konnten als
bei den schlechten Schülern.
Schnlärite in GSrlitz. Der Magistrat von Görlitz stellte bei der
Stadtverordnetenversammlung den Antrag, 2100 Mark in den Etat für
1904 zum Zweck der Anstellung von Schulärzten einzusetzen und begrün-
dete diesen Antrag sehr treffend wie folgt: Ein groiser Teil der Schüler
tritt schon krank in die Schule ein. Diese Krankheiten sind besonders in
der ärmeren Bevölkerung den Eltern grölstenteils gar nicht bekannt, z. B.
Herz- und Lungenkrankheiten, Yergröfserung der Gaumen- und Rachen-
mandeln, Rückgratsverkrümmungen, Sehstörungen, Schwerhörigkeit u. s. w.
Den Schulärzten soll die Aufgabe zufallen, diese Krankheiten festzustellen
und die Eltern auf die Notwendigkeit ärztlicher Hufe aufmerksam zu
machen. Der Erfolg hat gezeigt, dais die Eltern fast ausnahmslos dieser
Forderung nachkommen, und dafs so ein grofser Teil von E^rankheiten
beseitigt, gebessert, oder wenigstens nicht schlimmer geworden sind, die
bei weiterer YemacblässiguDg zu Siechtum und Verkrüppelung AnlaDs ge-
geben hätten. In jedem Falle bleiben kranke Kinder unter ständiger
schulärztlicher Kontrolle, bis sie geheilt sind.
Die Schulärzte haben dafür zu sorgen, dafs die Kinder durch den
Besuch der Schale keine Beschädigungen erleiden und sind verpflichtet,
die Schuleinrichtungen beständig in Rücksicht auf die Gesundheit der
Schüler zu überwachen.
749 207
Znr Zeit des Herrschens ansteckender Krankheiten haben die Schul-
ärzte die Kranken nnd Krankheitsverdächtigen frühzeitig vom Schnlbesnche
auszaschliefsen nnd dafür Sorge zn tragen, daCs die Erkrankten erst nach
dem Erlöschen jeder Übertragnngsgefahr wieder eintreten. Es hat sich
gezeigt, dals hierdurch der Verbreitung ansteckender Krankheiten wirksam
entgegengetreten wurd.
Die Stadtverordneten haben ihre Zostimmong erteilt, so dafs die schon
seit längerer Zeit im Entwurf fertig gestellte Dienstordnung nunmehr in
Kraft treten kann. Es werden sechs Schulärzte angestellt, deren Ernen-
nung bereits erfolgt ist.
Die Schularatflrage in Eisenach stand vor kurzem auf der Tages-
ordnung des Schulvorstandes. Der Referent, Schuldirektor Heiland, stellte
die Untersuchung der neueintretenden Kinder als besonders wichtig hin,
damit die Schule kranke Kinder indiriduell berücksichtigen könne. Im
übrigen aber bezeichnete er die Anstellung von Schulärzten mehr als eine
Wohlfahrtseinrichtung, bei der das „schulische*' Interesse erst in zweiter
Linie komme. Das Direktorenkollegium nehme daher eine abwartende
Stellung ein. Die Kosten wurden auf 1080 Mark veranschlagt. Dr. Rein-
HABD und einige andere Redner traten unter Hinweis auf die der Sache
wohlwollende Stimmung der Lehrerkonferenzen und der Lehrerzeitung für
Schulärzte ein. Die Sache wurde vertagt.
Zu Onnsten der Schnlarzteinriehtnng hat sich unlängst der Be-
zirkslehrerverein Dresden-Land ausgesprochen, indem er für die Yer-
treterversammlung des Sächsischen Lehrervereins folgenden Antrag ein-
brachte: „Die Yertreterversammlung wolle beschlie&en: Der Sächsische
Lehrerverein erblickt in der Tätigkeit besonders vorgebildeter Schulärzte
als Ratgeber in hygienischen Fragen für alle Schulen des Landes eine
segensreiche Unterstützung der Lehr- und Erziehungsarbeit. Deshalb hält
er die Förderung der Schularztangelegenheit bis zur landesgesetzlichen
Regelung auf dem Verordnungswege fUr wünschenswert. Bei der Auf-
stellung der Bestimmungen über die Tätigkeit der Schulärzte erachtet er
die Mitarbeit von Schulmännern aller Gattungen von Schulen für nötig."
Jahresbericht Aber die sehnlärztliche Tätigkeit in den Mittel- und
Stadtschulen der Haupt- und Residenzstadt Darmstadt im Schul-
jahr 1902/1903. Von Dr. Büchhold, zurzeit ältester Schularzt.
Die allgemeine Konstitution der 3239 aus den Klassen 8, 6, 4 und
1 untersuchten Kinder wurde bei 32,75 % gut, bei 63,59 % mittel und
bei 3,64 % schlecht gefunden. Seit 1899 hat sich der Prozentsatz der
guten Konstitution um ca. 4 % gehoben, während die relative Zahl der
schlechten annähernd gleich geblieben ist.
Blutarmut wurde bei 7,10 7o der Mädchen und bei 6,02 7o der
Knaben gefunden, und ist die häufigste unter den einzelnen Erkrankungs-
formen geblieben.
208 750
Die Zahl der skrophnlösen Kinder betrag bei Mädchen 0,95 Vo
und bei Knaben 0,52Vo. Rhachitis war bei 1,11% der Mädchen nnd
bei 1,48% der Knaben vorhanden. Die meisten dieser Kinder wurden
in der Unterklasse gefunden, und es kamen in den oberen Jahrgängen nur
noch vereinzelte Fälle vor.
Erkrankungen der Wirbelsäule und der Extremitäten fanden sich
bei 0,64 % der Mädchen nnd bei 0,93 % der Knaben. Erkrankungen
Yon Mund, Nase und Hals im ganzen bei 4,41 % der Kinder.
Fehler der Lunge, der Luftröhre und des Rippenfells waren
bei 0,81 % der Kinder nachweisbar, wobei zu erwähnen ist, dals schwere
Lungenerkrankungen selten vorkamen nnd Tuberkulose nur vereinzelt kon-
statiert wurde.
Leiden des Herzens nnd Herzbeutels lagen bei 1,28% vor,
doch waren die meisten dieser StOrangen nur abnorme Herzgeräusche in-
folge von Blutarmut, und nur wenige Fälle betrafen organische Herzfehler,
denen besondere Aufmerksamkeit zugewandt wurde durch Zuweisung von
Landaufenthalt, Badekuren und Milchfrühstttck.
ünterleibsbrttche wurden bei Mädchen gar nicht, bei Knaben in
0,57 % beobachtet. Diese Kinder wurden bei jedem Klassenbesuch nach-
gesehen, zur Tragung eines Bruchbandes angehalten und beim Turnunter-
richt berflcksichtigt.
Die Zahl der Hauterkrankten beläuft sich auf 2,26%.
Parasiten wurden bei 5,9% gefunden, und zwar fielen davon
5,75 % auf Mädchen und nur 0,15 % auf Knaben. Es zeigt sich hier
der EinfluTs der langen Haare, der auch bei den häufigen RückfUlen zwangs-
weise im Krankenhaus gereinigter Mädchen zum Ausdrack kommt, so dafe
man es für wünschenswert erklären mufs, dafs sämtlichen einmal mit Un-
geziefer behafteten Mädchen die Haare unter allen Umständen kurz ge-
schoren und kurz gehalten werden mOgen.
Abnormitäten der Augen, einschlielslich entzündliche Leiden und
Anomalien der Refraktion, waren bei 6,23 % vorhanden.
Ohrenkrankheiten anffallenderweise nur bei 2,22%.
Sprachfehler hatten 1,23% au&uweisen, geistige Schwäche 0,43%,
wobei indes zu bemerken ist, dals die Insassen der Hilfsschulen hierbei
nicht mitgezählt sind. Über diese Klassen ist ein eigener Bericht des
Dr. Langsbosf beigefQgt.
Die Zahl der dauernd Überwachten betrug 1,14%.
Eine Anzahl Tabellen geben lehrreiche Einzelheiten über die Kranken-
bewegung in den Darmstädter Schulen.
Der weitere Inhalt des Jahresberichtes beschäftigt sich mit Verbesse-
nmgen an den Vorhängen, mit der Frequenz der Schulbrausebäder, mit
Wahl von Schulbänken, mit Erfahrungen über Fuisbodenanstrich mit
Dustlessdl, das befriedigende Ergebnisse lieferte. Der Vorschlag, zu den
Erstuntersuchungen der Kinder die Mütter einzuladen, wie es in Elmshorn
geschieht, wurde mit der Begründung abgelehnt, dals dies nur in kleinen
Städten durchfahrbar sei, in gröberen aber durch den Andrang der Mütter
st(tarend wirken müsse. (Ver^eiche jedoch die Durchführung dieser Ein-
richtung in Berlin. D. R.)
Jritfilirift fit S|Bl9rfni)i||cit$||l(ir.
XVI. Jahrgang. 1903. No. 11,
Ein Beitrag nur SchnlgesniidheitspfleKe.^
Von
Dr. Cabl HENNiG-Leipzig.
Motto: Im Kinde iit ein Quell Ton manoherlei
Leben, nar noch mit Dnft nnd Nebel
bedeckt. Herder.
Als Sohn eines Sohulmeisteis, welchen Liebe zur Jngend, zur
Natur und zur Wissenschaft bis in das Qreisenalter hinein erfüllten
und geistig aufrecht erhielten, nachdem sein Augenlicht schon trübe
geworden, erfasse ich gern die mir gewordene Anregung, einiges
Erlebte zu einer Betrachtung über die Gesundheitspflege des Schul-
kindes zu verwenden.
Vorurteile zu beseitigen, schwache Gemüter zu stützen, zu
lehren, wie Versäumtes gut zu machen sei, gehört ja zu dem be-
glückenden Berufe des Arztes.
Da Erziehung und Unterricht die Hauptaufgaben der Schule
sind, so darf ich zunächst bei der Fürsorge für das jugendliche
Wohlbefinden verweilen.
Jean Paul, Fbiedb. Heinb. Christ. Sghwasz, Pestalozzi
halten den Wahlspruch hoch:
„Nur in Lust und Freude gedeiht der kindliche innere Sinn.^
Was mit Unlust getrieben wird, trägt herbe, saure Früchte.
Unlust entsteht während noch so trefflicher Belehrung, sobald das
Kind Langweile fühlt, aber auch — solange es enge Schuhe trägt.
^ Obgleich diese Abhandlung nichts eigentlich Neues bringt und obgleich
wir mit einzelnen ÄaÜBemngen des Verfassers nicht einverstanden sind, haben
wir ihr gern Fiats gegeben, weil sie Ton warmer Liebe far die Jagend doroh-
dmngen ist und uns in zu behersigenden Worten daran erinnert, dals die
Schule noch andere Aufgaben hat, als den leider immer mehr in den Vorder-
grund tretenden Drill. (D. £ed.)
Sehiügesiudheitopflege. XVI. 38
752
Das Pedantische, Strenge, Trockene kann nur als Rahmen des
Unterrichts dienen nnd geht bei Mutwillen nnd hartnäckigem Wider-
stand des Zöglings in die zu strafende Form über, welcher die wohl-
tätige Arznei gewachsen ist. Wie bei jedem Heilmittel, so ist
auch bei dem erzieherischen die Wahl der Strafe, die Zeit ihrer
Wiederholung und Dauer dem weisen Ermessen des erfahrenen
Schulmannes zu überlassen; Nachtragen ist schädlich. Ohne Zucht
keine Erziehung — man bildet ein schwer lenkbares Geschlecht
heran, wenn man körperliche Strafe neuerdings ganz beseitigen will;
Ehrfurcht vor den Eltern, vor Erwachsenen überhaupt, namentlich
Tor dem Alter gehen verloren. Ein zu zeitig gewecktes Selbst-
bewufjstsein reift rohe Gresellen, böse Buben.
Es ist eine rühmliche Einrichtung in den Städten, auch in
vielen ländlichen Orten, dais die Kinder vor der Pfiichtschule in
Grärten, von sanften Jungfrauen geleitet, und in Spielschulen ins
Schülerleben eingeführt werden. Gbabneb gibt in seiner Reise-
beschreibung von den Niederlanden Nachricht von Spielschuien,
wohin man die Kinder früher als in die Lehrschulen gehen läfst.
Diesen Gedanken hat Schbebeb, welchem jetzt in den nach ihm
benannten Gärten westlich von Leipzig eine Büste gewidmet wird,
praktisch aufgefafst. Viel Heil und Zeitgewinn sind aus diesen
trefflichen Einrichtungen hervorgegangen. Li Gesang und Tanz
werden Volksweisen und Sinngedicl te gekleidet. Dabei hat das
Kind frische Luft, bewegt sich unter seinesgleichen, knüpft Freund-
schaften — Kinder erziehen einander! — und lernt spielend die
Vorstufen zu Gediegenerem ersteigen.
In gleichem Verständnis für das Volkswohl sind seit mehr als
50 Jahren in den Lehrplan Tum- und Exerzierübungen eingefügt
Was das Turnen für Mädchen betrifit, so ist für städtische
Schülerinnen das Turnen an Geräten bis auf leichtere Übungen vom
12. Lebensjahr an aus leiblichen Ursachen nicht mehr rätlich, das
Kaltbaden und Schwimmen Blutarmen zu untersagen, meist auch
den Gehörleidenden.
Hier komme die Frage der Überbürdung zur Sprache!
Leibliche Übungen und privater Musik- und Sprachunterricht können
vom Schularzte beanstandet werden, wenn sie, summiert, den dem
Alter des Kindes entsprechenden täglichen Satz der Anspannung
überschreiten. Hierzu ist auch in den meisten Städten die neuer-
dings an die geistige Hausarbeit, an das Nachstudieren und Bepe-
tieren, zu wendende Zeit zu rechnen. — Ich habe in meiner Jugend,
763
solange ich die Volksschule besuchte, keine Pri^ataufgaben zu lösen
gehabt und auf dem Gymnasium stets allein nachgearbeitet; es
haben weder Eltern noch Geschwister, noch Hauslehrer mir dabei
geholfen; dennoch bestand ich alle Prüfungen mit Auszeichnung.
Gegenwärtig wird von den meisten Lehranstalten erwartet, dais zu
Hause nachgeholfen werde, in der Regel unter Aufsicht und Bei-
hilfe der Angehörigen, einer Bonne oder eines Gjrmnasiasten. Wie
■oll aus solchem Gebahren ein selbständiger Geist hervorgehen?
Dazu kommt, dais neuerdings in den heifsesten Tagen viel
seltener als früher 1 — 2 Stunden freigegeben oder zu einem gemein-
schaftlichen Gange ins Freie benutzt werden.
Der brennendste Punkt ist aber die in den letzten 10 bis
20 Jahren hochgespannte Ehrliebe der Kleinen, die Sucht nach
guten Zeugnissen, statt sich mit dem verdienten Lob zu begnügen.
Auiserdem wirkt noch die Sorge vor dem Verschlafen, die Hast
zum Schulwege, nachdem spät abends noch privatim zu schreiben,*
rechnen, lernen war, besonders wo die Kinder gezwungen werden,
an später Mahlzeit der Eltern teilzunehmen. So wird das erste
Frühstück verschmäht oder ohne GenuJs verschlungen — und die
Blutarmut ist fertig, welche der Jungfrau so oft Bleichsucht bringt.
Allerdings ist in jetzigen Schulen die löbliche Sitte eingeführt,
dem Kinde ein zweites Frühstück zu bieten; bei manchen Eondem
jedoch gibt dieses nicht hinreichenden Ersatz, wenn sie in sommer-
licher Mittagsglut einen weiten Heimweg haben. Man erkennt der-
artige Folgen nicht sowohl an den blassen Gesichtern, welche im
Verkehr mit Naturvölkern diesen sprichwörtlich auffallen, als an
den dimkelunterlaufenen Lidern, den sogenannten Augenschatten.
Entstellt werden solche kleine Gelehrte, sie werden müde, lebenssatt;
wie oft hört man seit 80 Jahren von Selbstmorden der Kinder aus
Verzweiflung, dafs sie hinter den gesteckten Zielen, hinter den be-
fthigteren Mitschülern zurückgeblieben sind, oder aus Furcht vor
Züchtigung. Man höre Jean Paul:
„Freudigkeit öffnet das Kind dem eindringenden All,
sie gibt Stärke. '-
Hinzu kommt der Schaden für die Sehkraft. Kurzsichtigkeit
und Schwachsichtigkeit sind erstens leider erblich, zweitens nicht
selten vereint. Ich kann die immer häufiger mir begegnenden
Brillenträgerinnen nur mit Bedauern ansehen. Eine Zierde ist das
Augenglas wenigstens für Mädchen nicht, und Knaben sehen mit
solcher Notwehr stutzerhaft aus. Die Haltung beim Sitzen und
38*
754
Gehen leidet infolge der allgemeinen und der Augenfioh wache; es
entstehen krumme Bücken. Hiergegen gibt es nur zwei Mittel:
1. ein allgemeines inneres: bessere, blutbildende Kost; ftlr englische
Ejankheit: Sonnen- und Luftbäder, Kaltwasserkur methodisch,
Phosphorlebertran, Vermeiden der Kartoffel, welche sonst, in sandi-
gem Boden gewachsen, das Kind besser nährt, als Zucker und
Schokolade (Ersatz sind: Saccharin — das auch den Zähnen nicht
schadet — und Kakao); 2. ein mechanisches: ein die Stirn nach der
Stuhllehne beim Schreiben zurückhaltendes Stahlband nach Angabe des
Verfassers in der zweiten Auflage von Sohbbbebs Erziehungsbudh.
Liebe zur Natur einpflanzen! Dies gehört zu den schönsten
Aufgaben des Lehrers. Man vernehme Dinteb, man suche den zur
Seite geschobenen Oken, dessen „Maturgeschichte für alle Stände** auf I
Das jüngere Kind kann beim Sammeln von Blumen und Gräsern
zwanglos allmählich mit den Namen unserer Wiesen- und Wald-
pflanzen befreundet werden und braucht nicht alle mit der Wurzel
auszureüsen (Tod der herrlichen Orchideen 1).
Die jetzt sehr vernachlässigte Kräuterkunde bildet einen Be-
standteil gesunder Volksmedizin; giftige Schlangen lehre man unter-
scheiden. Vorträge über den gesunden Menschen- und Tierkörper
fördern die allgemeine Bildung und lassen sich in sokratische
Wanderabschnitte zerlegen. Der kranke Mensch gehört nicht vor
das Laienpublikum. Den heranwachsenden Knaben wie den Mädchen
schadet es nicht, wenn sie gelegentlich in die wissenschaftliche
(lateinische) Nomenklatur der Botanik, wenigstens der Landesflora,
eingeführt werden, da die in den verschiedenen Gauen einer Pflanze
zuerteilten zwei-, oft vielerlei (deutschen) Benennungen häufig Ver-
wirrung, manchmal Unheil anrichten.
Der Jüngling werde auf die leider noch im Argen liegende
Wichtigkeit des fortbestehenden und ersetzten Waldes für Klima
und für die Gesundheit der Anwohner, sowie den Schutz der Feld-
früchte aufmerksam gemacht. Lüftung der Schulräume wird neuer-
dings zweckmäßig durch viertelstündiges Entleeren derselben in den
ünterrichtspausen bewirkt; Zugluft während des Unterrichts können
nur wenige vertragen.
Während der rauhen Jahreszeit sind die dem Ofen nahe sitzenden
Schüler hinreichend durch Ofenschirm vor der strahlenden Hitze zu
bewahren.
Das frühe Erwecken und Anwenden der bei vielen Kleinen
halbschlafenden Sinne werde nicht versäumt, doch ohne Ermüdung.
765
Die bisweilen mehr als hinreiohend hohen und breiten Fenster der
neueren Sohnlrftnme werden durch blaJsblaue Vorhänge und durch
Blattpflanzen abgedämpft; letztere verbessern auch die Luft.
Dem Stottern gibt das Zuschnellsprechen der Umgebung
Vorschub.
Die Schädlichkeit des oft giftige Keime enthaltenden Zimmer-
und Strafsen 8 taubes drängt auf Beinhalten im Hause, durch Ver-
meiden der Teppiche oder, wo diese unumgänglich, auf Ausklopfen
derselben aufser dem Hause; endlich auf Sprengen von Wasser auf
den offenen Plätzen.
Sehr ist auf Reinhalten der Fingernägel zu sehen; man darf
vorhalten, dafs eine mit schwarzem Nagel aufgekratzte Blase, z. B.
am Fufse, das Blut vergiften kann.
Hohe Wichtigkeit hat das Überwachen der Senkgruben und
Abzugskanäle erlangt. Die Ortsbehörden kennen jetzt die Leichtigkeit,
womit Typhus- und Ruhrkeime der Lufi;, mehr noch dem Trink-
und Waschwasser mitgeteilt werden. Ansteckende Krankheiten sind
das einzige Kapitel der Krankheitslehre, welches allgemein mitteilbar
ist. Scharlach steckt nach meiner in Frankreich bestätigten Wahr-
nehmung noch in der siebenten Woche an, Pocken werden vom
14. Tage, wie noch nach Monaten mitgeteilt, daher die Wohltat der
Schutzpockenimpfung, während Masern gleich im Anfange, dann
noch drei Wochen übertragbar sind; Keuchhusten ist schwer aus-
zurotten und kehrt bisweilen wieder.
Geist und Körper gedeihen bei abwechselnder Inanspruchnahme;
GS-arten- und Feldarbeit, besonders gesellig betrieben, geben soviel
Lebensmut wie mäfsige Reisen, besonders FuJsgänge. Die Ein-
richtung kleiner botanischer (Giftpflanzen-) und Gemüsegärten in der
Nähe der Volksschule bewährt sich täglich mehr als segensreich.
766
Über die sweckm&fliipite Einrichtang Ton Schalarxtstellen
in Stftdten mittlerer
Von
Dr. med. F. Wbx- Lübeck.
In No. 2 und 3 des Jahrganges 1903 dieser Zeitschrifi ist eine
Arbeit von mir, „Die Entwicklung der Schnlarztinstitntion in Deutsch-
land, und der Schularzt in Rostock'', erschienen. Die 'Absicht,
welche mich bei ihrer Anfertigung leitete, war die, Aufklärung über
Zweck, Ziel und Tätigkeit der Schulärzte zu geben, Bedenken, von
welcher Seite sie auch kommen mochten, zu zerstreuen, und die
praktische Durchführbarkeit der Institution zu beweisen. Durch ihre
Lektüre sollten die zuständigen Mitglieder von Magistrat und Bürger-
schaft für die gute Sache gewonnen werden und zu dem Entschlufs
gelangen, für die Einführung von Schulärzten zu wirken und su
stimmen. Ihre Aufgabe war also eine Torbereitende. — Die nach-
stehende Arbeit soll nun zeigen, wie man unter Berücksichtigung
der bisherigen Erfahrungen in einer Stadt mittlerer GröJse (als Bei-
spiel ist wieder Bestock gewählt) am zweckmäfsigsten die Schularzt-
stellen im einzelnen einrichtet. Da jede Arbeit für sich ein ge-
schlossenes Granzes bilden soll, lieben sich einzelne Wiederholungen
nicht immer ganz vermeiden.
*
Gegen den Schluüs des Jahres 1902 hat der „Allgemeine deutsche
Verein für Schulgesundheitspflege" an die Regierungen und Stadt-
verwaltungen eine Eingabe gerichtet, in welcher um die Anstellung
von Schulärzten ersucht wird. In dieser Eingabe wird ausgeführt,
dafs bereits genügend Erfahrungen vorliegen, um über die Tätigkeit
der Schulärzte urteilen zu können, und dieses urteil laute dahin,
dafs oberall, wo Schulärzte eingefiihrt worden sind, ihre Wirksamkeit
eine durchaus zufriedenstellende und erspriefsliche gewesen sei. Die
vielen Befürchtungen, die man an die schulärztliche Tätigkeit, ins-
besondere für das innere Leben der Schule, knüpfte, seien nicht
eingetroffen; die Lehrerschaft habe sich bald mit der ESinrichtung
befreundet, ein Widerstand der Lehrerschaft;, sobald sie das Wee^a
und Wirken der Schularztinstitution in rechter Form kennen gelernt
757
habe, sei nirgends hervorgetreten. Die Sohalarzteinriohtung sei daher
für die grölseren und kleineren Städte ein Erfordernis, dessen Schwierig-
keiten sich, wie yiele Beispiele zeigten, wohl überwinden liefsen.
Diesem Wunsche des Vereins für Sohulgesundheitspflege nach
Anstellung von Schulärzten sind in Deutschland bereits eine ganze
Anzahl von Städten durch die Tat zuvorgekommen.
Wenn auch immer noch einige Stadtverwaltungen sich ab-
lehnend verhalten, und wenn auch — wie dies wohl immer zu ge-
schehen pflegt, wenn eine neue Einrichtung sich Bahn bricht —
einzelne Stimmen laut werden, welche das Neue zwar nicht als
schlecht und verkehrt, so doch als überflüssig bekämpfen, so sind
doch im Laufe einiger weniger Jahre in mehr als 60 deutschen
Städten Schulärzte angestellt worden. Dementsprechend muis man
auch in Rostock dieser Frage näher treten.
Zweck der vorliegenden Arbeit ist es nun, zu zeigen, wie man
unter Berücksichtigung der bisherigen Erfahrungen die Schularztfrage
für Rostock am zweckmäüsigsten zur Lösung bringen könnte. —
Es sei eingeschaltet, dafs längst bevor es Schulärzte in Deutschland
gab, solche schon in aufserdeutschen Ländern tätig waren, doch
würde es zu weit führen, wenn wir uns auch mit den ausländischen
Schularzteinrichtungen hier beschäftigen wollten, zumal die dortigen
Verhältnisse kaum auf Rostock übertragen werden können. Auch
von den deutschen Städten soll, zur Vermeidung von Wieder-
holungen, zunächst nur ein Typus ausfährlich, und im Anschlufs
daran die Abweichungen von diesem besprochen werden.
Als Typus der deutschen Schularzteinrichtungen gilt die Wies-
badener; sie ist mit im ganzen geringen, durch die lokalen Ver-
hältnisse bedingten Abänderungen für eine grolse Anzahl von Städten
vorbildlich geworden, und wenn man heutzutage kurzweg vom
„Schularzt'' spricht, so ist damit wohl meist der Schularzt nach
Wiesbadener Muster gemeint. Zwar besaisen schon vor Wies-
baden einzelne Städte einen Schularzt, der aber einen wesentlich
engeren Pflichtkreis und eine beschränktere Tätigkeit hatte; über
diese früheren Schulärzte hier sprechen zu wollen, erscheint um so
mehr überflüssig, als diese Städte sich inzwischen dem Wiesbadener
System angeschlossen haben.
Die dortige Einrichtung wurde im Jahre 1896 besonders auf
den Betrieb des Stadtrats Prof. Ralle zunächst probeweise getroffen,
nachdem eine durch den Magistrat veranlafste ärztliche Untersuchung
von etwa 7000 Schulkindern der Volks- und Mittelschulen bei 2ö%
758
Wichtigste Bestianugen der DienstanweisnigeB
No.
Stadt
Tag und Jahr der Dienst- 1
anweisung 1
Findet eine
Aufiiahme-
unter-
suehung
mit Aus-
stellung
eines Ge-
snndheits-
Scheines
statt?
Findet in den ersten Tagen
äuAere Revision auf Unge-
siefer und ansteckende
Krankheiten statt?
Werden
•/.Jfthrige
Messungen
und Wftgun-
gen Tom
Klassen-
lehrer, und
Brust-
umfangs-
messungen
▼omArstTor-
genommen?
Wieder-
holung
der
Unter-
suchung
ad 1?
Sprechstunde in der Schule
mit Klassenbesichtigungi
betr. Zustand der Schüler
und der RAnmlichkeiten,
findet statt:
Wird nötigenfalls Mitteilung
an die Eltern gesandt?
l
s
8
4
6
6
I
Wies-
baden
6.
vn.
99
(revi-
diert)
ja
in den
ersten
3—4
Tagen
ja
bei Beginn
des dritten,
fünft., acht.
Schuljahr-
gangs m. ab*
schliefBen-
dem Urteil
bei der Ent-
lassung
alle
14 Tage
(bei Epi-
demien
häufiger)
ja;
cf.For
miliar
Anl.B.
*
II
Cassel
11.
IX.
Ol
ja
in den
ersten
2-3
Tagen
ja
bei Beginn
des dritten,
fünften und
aoht.Schalj.
desgl.
•
ja
m
Erfurt
1.
V.
99
ja;
anoh, ob
schal fähig
nein
nein
nein
desgl.
ja
IV
Kö-
nigs-
berg
30.
III.
98
ja
nein
nein
nein
desgl.
ja
V
Frie-
drichs-
hagen
bei
Berlin
9.
I.
00
ja
nein
nein
nein
desgl.
nein
VI
Posen
21.
IV.
99
ja
nein
nein
naeh
Vi-1 Jahr
monatlich
einmal
ja
1
759
ttr SebnlSrcte in 25 dentscbeB Städten.
Mnlb der Behularst
Kinder
nnterBuchen?
in deren
Wohnvng ?
b)
in seiner
häneliehen
Spreeh-
Btande ?
8
Findet
besondere
ReviBlon
des Bchul-
hanseB
und Beiner
Räume
BUtt?
a
•
Is
7?£
*s S
• S •*»
■^-2 ►
« (»
-s^
hOQ "^
•3*2 0«
»< ä
». OD
' S
Bchulft
Glichen
und ai
ll|
Hftl
n den
'S §
283
II §
•*«
a*"
10
11
12
Haben sie
Auf
Erachten
wie-
absug^ben
lange
und
werden
in weichen
sie ge-
Fftlien?
wählt?
la
14
Bemer-
kongen
zur Feflt-
stellang^,
ob Sobttl-
▼enaum-
nis
gereohi-
fertigt ist
nein
je einmal
i. Sommer
n. Winter
Eintrag, d.
Beobach-
tuDgen n.
Vorschl.
in ein beim
Schul-
leiter aafl.
Buch
•
•
•
im
ja;
ja;
Win-
ohne
an den
ter
An-
älte-
gabe,
sten
wie
Schul-
oft
arzt
nein
auf
unbe-
stimm-
te Zeit
mit
viertel
jährl.
gegen-
seit.
Kündi-
gting
desgl.
nein
desgl.
desgl.
desgl.
desgl.
nein
desgl.
desgl.
nein
desgl.
desgl.
8tt ge-
geben.
Zeit
desgl.
nein
desgl.
nein
bei Ver-
dacht an-
stecken-
der
Krankheit
2mal im J.
unter Zu-
ziehung
des Schul-
leiters und
städt. Bau-
beamten
desgl.
monat-
dem
lich
Ma-
einmal
gistrat
nein
desgl.
desgl.
nein
of. I
desgl.
nein
d. Ge-
mein-
de-
vor*
stand
nein
desgl.
nein
nein
desgl.,
aufserdem
Teü-
nahme an
den Be-
sichtigun-
gen durch
die Bau-
kom-
mission
desgL
ja;
dem
ohne
Ma-
An-
gistrat
gabe,
wie
oft
•
bei Über-
weisung
an flüS-
u. Stotter-
sohulen,
Ferien-
kolon., bei
Dispens.-
Qesuchen
u. Gefahr
ansteckd.
Krankht.
desgl.
Findet eine
\k
i
S.
ÄilÄ.
Wledar-
1
n
.u.h»nK
lehrer nnd
Bra.t-
-&
No,
Stadt
mit Aa>-
■tellnag
etnei Qe-
Uuter-
■DchnilK
1 i
II
-:ä?.
.rc-c^
ad t?
s
5^
1
.tatt?
II-
»
1 S
1
3
3 j i
s
s
vn
Elmt-
9.
UI.
Ol
j»
nein
tUjährUch
in jedem
Halbjahr
derart,
dafB jede
ElJae
(weimol
während
dea Halb^
Jahres be-
BDchtwird
ja
Viu
Soho-
T7
nein
jk
Gesund-
alle
ja
VII
anoh aof
HO^sge
berg
99
Schul-
fähigbeit
wird nach
'/■jahrigem
^nter-
vor dem
anchung
TT,
EiDtriU
beanch
derEinder
Ol.
(GetQod-
heit«-
goh«iDa.4)
uigelegt
ertt naoh
Zuatim-
mang der
Blum
IX
ChM.
lotten-
bnrg
22.
ni.
00
roÖKlichBt
w&rt d«r
Bitern
nein
j»
nein
einmal
j.
X
Düren
13.
j»;
nein
»om Schnl-
bei Beginn
in regel-
i«
III
auch buf
j*t bei der
lei vierton
mäfsigen
00
Sohal-
fShiglceit
Adfnahroe
KW. bei den
Wiedet-
holaoga-
antei^
Sohnljahrea
Zwisohen-
rSnnien
(jede
Klasae ein-
mal im
Halbjahr)
llnlk dar BehuUrat
S ..
KlBdar
nndit
Reibion
1
1-
HabtD lie
Aul
wlo-
An BcbDl-
1
laage
Bemer-
»)
bj
Ib MiD«r
b«UB>
und HlDar
ii
s
und
In «eUben
werden
■lere-
kongm
In dcreo
hlnallchen
Spnch-
■t(i«d<?
>UU?
H
'S
FIllMl?
wlWt?
7
e
s
10
11
11
11
U
bei liDi^e-
>i
einmal im
im
„öfter"
an da«
nein
unbe-
rer Schal-
,verdäoh-
Sommer
Win-
Schul-
TenSam-
nU, ohne
SehSler
nnd ein-
mfd im
ter
kol-
legium
■timm-
te Zeit
mit
riertel-
jührl.
Kiindi-
liehe«
AttMt
Winter
vag
«nr Feit-
neio
de.gl.
deegl
snf
an den
a)bei
deegl.
In drin-
■tellnng
Einbe-
Site-
Diipen-
?äf
derKnnk-
iten
heit eines
Sehnl-
hat der
nicht be-
die
arst
b] bei
Soh.-A.
handelteii
Schnl
Hangeln,
ScUie-
KiDdea
tation
welche
Aaaachlie-
üungT.d
Sohnle be-
GillDR
n.Derin-
fektion
einer
dingen,
o)Br
ElaMe
■n bean-
Ferien-
trage«
kolonien
jft
nein
nein
er «oll
viertel
an die
bei Oe-
ohne
d. Ver-
jühi-
Sehnl-
rochen nm
An-
■tind-
lieh
depn-
lingere
Sehol-
gabe
niader
UUon
Lehrer
fdr die
Schul-
hygie-
ne rör-
dern
j»
J'yV
a-,,.
einm«l
einmal
an du
Bür-
nein
deegL
dMht mn-
kUjShi-lioh
Jahr
Halb-
gen
■tecken-
mit dem
jahr
deiKruk-
Bau-
Bt«r-
hett
bMmUn
amt
No.
SUdt
1
o
1"
1
i
Findet eine
■UCbUDE
mit Aue
■ iBlinng
eine« Ge-
sa ndheita-
(chainet
iiii
Werden
Nftiwn^n
and Wlgnn-
Uhrer, und
Wieder-
holnng
der
Unter-
enelianK
ad 1?
£ -
l
1:
s
i
i!
II
IS
1
1
4
s
•
XI
Fleni-
bnrg
8.
IV.
02
ja
nein
i»
bei Knaben,
welche in
die vierte,
undbeiHfid-
olien,welohe
in die fünfte
EhuM kom-
men, and
beim Sohnl-
•hgang
alle
14 Tage
j'
xn
Daarig
27.
VI.
Ol
Geanod-
beits-
f. die einer
dauern-
den Übei^
wacbung
bedürftig.
nein
nein
einmal
i.
xm
BriU
6.
I.
99
j»
nein
Bnwtomf.-
Me»»ungen
b. Madohen
inderelterl
Wohn an g.
Sontt Uea-
nnrb.d.nnt
Überwachg.
etebenden
nein
monatlich
einmal
j«
IIV
Offen-
buh
28.
II.
99
dabri'iit
den Elton)
heit ge-
stattet
nein
nein
einmal
im Jahr
monatlioh
aweimal
XV
Aft-
ohen
1.
IV.
Ol
j*
in den
enten
acht
Tagen
mit Hilfe
des Sobnl-
dienere
nein
einmal
j»
763
Mufs der Schnlarst
8
H
«>
Kinder
Findet
'S d
52
5|?
Haben sie
Auf
untersuchen?
besondere
Revision
tri
2«B
Eraehten
wie-
in deren
Wohnnng?
b)
in seiner
h&usliehen
Sprech-
des Sehul-
hauses
und seiner
Räume
statt?
'S -So
a8 a
X ®
'S s
• 2
® 'S
.5 M
t'^0
•'355
• 'S
S-dS
abiugsben
und
in welchen
Fällen?
lange
werden
sie ge-
wählt?
Bemer-
kungen
stunde ?
ja
7
8 9
10
11
12
18
14
ja
„in drin-
einmal im
im
nein
an das
nein
ohne
genden
FäUen«
Jahr ge-
Win-
Schul-
An-
meinsam
ter auf
kol-
gabe
mit dem
Ver-
legiam
Schul-
langen
leiter
des
sow.event
Schul-
einem
koUe-
Bau-
giams
beamten
ja
nein
Gegen-
nein
Teil-
an die
a)fiirHilfs-
auf un-
wart bei
nahme
Schul-
schule,
best.
der jähr-
an den
depu-
b) Stotter-
Zeitm.
lichen Re-
Konfe-
tation
kurse,
gegen-
vision
renzen
c) Dispen-
seitig.
durchBau-
der
sations-
vier-
and Schul-
Schul-
/
gesuche,
telj.
verwaltg.
depu-
tation
d)b.Gefahr
anstecken-
derKrank-
heiten
Kündi-
gung
zur Fest-
wie vorige
nein
im
nein
an die
nein
ohne
stellang,
Spalte
Win-
Schul-
An-
ob Schul-
ter
depu-
gabe
versäumn.
tation
gerecht-
fertigt.,od.
b. ansteck.
Krankh.,
od.in drin-
genden
Fallen
nein
„krank-
heitsver-
dächtige^
Kinder
nein
desgl.
nein
an den
dienst-
älte-
sten
Schul-
arzt
für Milch-
und Bade-
kuren
desgl.
nein
in drin-
einmal im
nein jährl.
an den
nein
auf
genden
Sommer
Imal,
jhrlge-
unbe-
Fällen
und ein-
mal im
Winter
1
fem. a.
W.des
Ob.B.-
Mstrs.
wählt.
Vor-
sitzen-
1 den
stimm-
te Zeit
No.
Stadt
S
s
1'
PIndst ein«
mit Ad«-
«t«11nng
«lne> Ge-
■nndbfllt«.
■ cheln«
■tntt?
£.3
Werden
Heitaae*«
and WSgan-
lehrer. und
TomAritTor.
giinommen?
WiBder-
halung
der
VaitT-
■uehang
»d 1
f
11
f.
ii
il
Ii
'
3
•
*
»
•
XVI
Boiin
6.
n.
9»
j"
vom Sohal-
dienernnter
Anflicht des
Lehrers
nein
monatlich
einmal
j*
XVU
Heil-
braun
6
V.
98
nein
durch
den Schnl-
arzt
nein
monatlich
einmal
neinj
i
1
XVIII
Pnuik-
furt
1.
U.
99
i»
ja
monatlich
iweimal
j.
XIX
Bres-
?
innerhalb
des erateo
Schul-
jahres
nein
monatlich
je einmal
DDRbhäDIC.
Unter-
tDcbnng
d. Bänme
a.d.Kind.
i'
765
If uA der Sehularxt
«
M
1
Kinder
Findet
SS
Haben sie
Auf
besondere
js5
5 ^
mm'
nntereaehen ?
Revision
9«8
Brachten
wie-
des Schal-
«.5^
«■£-
S 0
S N
Il1
absageben
lange
Bemer-
in deren
Wohnnngr?
b)
in seiner
h&nslichen
Bprech-
Btunde ?
hauses
and seiner
R&ame
statt?
Sa
=■?
d
s s
1«
gl-
nnd
in welchen
F&Uen?
werden
sie ge-
wählt?
kungen
7
8
9
10
11 12
18
14
znr Fest-
bei Ver- einmal mit
.einmal einmal
an das
nein
auf
zweimal
stellung,
dacht an-
Schulleit.,
im
im
Ober-
unbe-
im Jahr
ob Schul
stecken-
Schul-
Jahr
Halb-
bür-
stimm-
Revision
Versäum-
|der Krank-
inspektor,
jahr
ger-
te Zeit
d.fiüum-
nis
heiten und
Baubeam-
mei-
mit
lichkeit.
gerecht-
Dispeu
ten, Vor-
ster-
gegen-
und Ein-
fertigt
sations-
gesuchen
sitzenden
der Schul-
kom-
mission
amt
seit.
viertel-
jähr.
Kün-
digung
richtun-
gen der
Privat-
schulen
u. Kind.-
Bewahr-
anstatt.
können
womög-
nein
nein
vor
an den
beiDispeu'
ohne
dem Stadt
lich in den
Sohlufs
Stadt-
sations-
An-
arzt über-
Nach-
jedes
arzt
gesuchen,
Über weis.
gabe
wiesen
mittags-
Schul-
werden
stunden,
halb- (
i. Anstalt.,
bei Begut-
Jahres
Feststellg.
achtungen
mit
von * an-
cf 13
dem
Stadt-
arzt
steckend,
und ekel-
erregend.
Krank-
heiten
■
zur Fest-
nein
einmal im
nein
1 3mal
an den
desgl.
auf
stellung,
Sommer,
i. Jahr
Stadt-
drei •
ob Schul-
zweimal
unter
arzt
Jahre
versäum-
im Winter
Vors.
DIS
des
gerecht-
Stadt-
fertigt,
arztes,
und wenn
aufser-
nötig
dem
„öfter«
nein
nein
nein
nein
auf Be-
desgl.
nach
auf
d. Stadt-
•
1
rufung
durch
den
Stadt-
arzt
(Vor-
9itznd.)
Züchti-
gungen
drei
Jahre
arzt ist
Leiter
des ge-
samten
Schul-
arzt-
wesens
No.
Siadt
1
i
i
1
PiDdelelne
■uehaDg
mit Ao^
■tellang
eine» Ge-
•BDdbeita-
■chelne»
■ttttr
i
Werden
V.J»hriKe
Rluteo-
lehrer, und
Brut-
nmhDgs-
KenomnenP
Wleder-
.Dcbang
ul 1?
1
! i
1 i
S !
- - 1
3= 1
\i
l
a
S
4
i
«
1
M
Km
16.
ni.
Ol
j«
nach
IS
Halb-
iahrea
e&rat-
liehe
Klaa-
sen
nein
viertel-
ohne Ee-
TJsiOD der
Eäume
nein
XXI
Planen
i. V.
(evnng.
Sehn-
ten)
24.
I.
Ol
j»
nein
nein
einmel
mon&tlich
narbei
Unter-
<^
SpUte
xxn
Berlin
I.
OS
ToriTchul-
beginn auf
Schul-
rahigkeit
Eltern
können
nein
□ein
d«Mtl-
nein
xxin
Nnra.
berj
vir.
98
n«iQ
nein
nein
nein
de.gl.
j>
767
Mnft der S«halarxt
•
9
•0 C^
••>
^m M\ P4
KiBder
antersnehen?
Findet
besondere
Revision
ü
2/S ©
2 2 o
Haben sie
Erachten
Auf
wie-
des 8chal-
s-s?
? s
•«.Öd
abzugeben
lange
Bemer-
»)
b)
in seiner
hanses and
seiner
« 2
• £
und
in welchen
werden
sie ge-
kungen
in deren
häaeliehen
Räame
ij
Fallen?
wählt?
Wohnung?
Spreeh-
■tnnde ?
statt?
33 V
E«
'1'
7
8
9
10
11
12
18
14
bei Ver-
nein
einmal im
nein
nach
an den
für Hilfs-
ohne
aufser-
dacht un-
Winter
Schlufs
Ober-
schulen
An-
dem sind
begründe-
des
bür-
und
gabe
Armen-
ter Schul-
Schul-
ger-
Stotter-
augen-
versäum-
jahres
mstr.,
knrse
ärzte an-
nis
1
1
unter
Vors.
d. Ob..
Bürg.-
Mstrs.
ab. nur
betr.
Spalte
9
/
gestellt
„nötigen-
nein
Teil-
nein
nach
an den
Dispens.-
auf
falls'
nahme an
dem
Schul-
Gesuche,
drei
der Be-
Ermes-
aus-
Oberweis.
Jahre
•
gehung
sendes
schufs
an Hilfs-,
der Schu-
Be-
Heil-, Ver-
len durch
zirks-
sorgungs-,
Bau- und
Schul-
ausschuls
arztes
-
Bessergs.-
Anstalten,
Ferien-
kolonien,
Feststellg.
ansteck,
und ekel-
erregend.
Krankhtn
desgl.
nein
in ange-
messenen
Zeit-
räumen
nein
die
Schul-
ärzte
werd.
period.
zu Be-
ratun-
gen be-
rufen
nein
bei Ver-
dacht an-
steckend.
Erankhtn.
oder ge-
sundheits-
schädigen-
der Bin-
riohtungn.
ohne
An-
gabe
desgl.
nein
haben den
nein
3mal
an den
b. Dispen-
ohne
auch
*^
regel-
i. Jahr
Ma-
sations-
An-
Privatr
mälsigen
auf Be-
gistrat
gesuchen,
gabe
schalen
Umgän-
rufung
bei und
gen der
durch
nach an-
Pfleger
den
steckend.
beizu-
Schul-
Krank-
wohnen
rat
heiten
Seholgesandhtitspflege. XVL
39
768
fl o
O k
' B»
1
Findet eine
&S5^
Werden
"3 S^ a
d
Aufkiahme-
HPgS
«/.Jährige
Wieder-
£&-§!
5?
No.
Stadt
hr der Die
eiflung
unter-
Buehung
mit AuB-
Btellnng
den ersten
vieion auf
id anstecki
hellen etat
Messungen
und Wägnn-
gen Tom
Klassen-
lehrer, und
ßrust-
holung
der
Unter-
feie'S"
^ <* S S.QB
2 £ '
d
eines Ge-
004 " d
nmfangs-
suchung
tfX
Bundheita-
seheines
■*" ^ h <
*: a) o V
messungen
▼omArxtvor-
ad 1?
■Mio *
0-. ._
0 X
SP
statt?
»■ d
genommen ?
Bpre
ml
betr
und
1
1
s
8
4
s ,
•
xxrv
Leip-
zig
22.
IL
02
ja
nein
nein
nein
einmal
monatlich
1
•
J»
1
1
1
1
XXV
Chem-
nitz
22.
111.
Ol
•
JA
nein
ja
.im Oktober
findet Nach-
besichti-
gang der
ad 1 unter-
suchten Kin-
zweimal
monatlich
■
J*
1
1
der statt
i
der üntersuohten körperliche Gebreehen und gesnndheitliclie Mängel,
ja, selbst ansteckende Elrankheiten ergeben hatte. Es worden anfangs
vier Schulärzte angestellt. Die diesen in einer Dienstanweisung zu-
erteilten Aufgaben umfalsten:
die ärztliche Untersuchung aller neu aufgenommenen Schüler,
soweit sie nicht einen anderen ärztlichen Ausweis über ihren Gesund-
heitszustand brachten,
die Ausstellung und Führung eines Personalbogens f&r jedes
kränklich befundene E[ind,
die Abhaltung einer „Sprechstunde" in jeder Schule alle 14 Tage
UuA dor SctaDlant
KtDder
Pindst
beaood*»
RcTlaloD
h
i!
■i
Haben ilii
Auf
wie-
de* Sebiü-
ä't
1 1
s
■biu^ebeD
Ung,
Bemer-
hauiu
■g 3
•■
und
ia dercD
WohDonf?
iD Mtner
8pr«h.
•tnnde?
nnd lelDOT
Raiunfl
■Utt?
ii
1
in welchen
FUlen?
«leir«.
wShlt?
kungen
7
8
•
10
n
11
1!
M
,nötigOT
Dein
in perio-
nein
in
an den
b. Ditpen-
anf
Wl."
diicher
regel-
Stadt-
aatioQi-
drei
Wieder-
D>sr.i-
be-
gesachen,
Jahre
kehr
Hen
Zwi-
rän
an den
Stadt-
beikt.-
Arxt
lirlu-
arat
weg. AuB-
gobUelig.
aus der
Sohule od
Überwei«.
an Hilft-
■chalen,
^DStigen-
wie in
je einmal
im
viertel
an den
de.gl.,
d«gl.
f»ll«'.
Spalte 7
im Som-
Win-
jähr-
ersten
ferner bei
ferner bei
mer and
ter
lioh
Sohnl-
Eweifel-
FiUen der
Winter,
arst
bafter
Spalte 13
feroer
Teil-
SchuWer-
Bäamnii,
nahme an
beiZifohti-l
den jShr-
gnng,Ver.|
UobenDm-
dacht an-
gänRen
«Uokend.
der Baa
Krank-
beamten
heiten od
Feetttellg.
d. Oeneig.
». wichen
nebst hygienisclLer ReTision und Überwacliang d«r Schnlraame, ilirer
Ansatattang, Beleaohtang, Lüftnng, Beinigang a. dergl., und endltob
die Verpflifilitciig zur Haltung kurzer Yorträge Ober Bchnl-
bygieniBohe Fragen io den Lebrervereammlimgen.
Das Honorar betrog jäbrlicb 600 Mark.
Dieser Versnob bewährte sich so, dalä die städtisohen Behörden
die Einriclitang zu einer dauernden zu maohen besohlossen und
gleiohzeitig statt der vier Schulärzte sechs anstellten.
Auf Grand der gewonnenen Erfahrnogen wurde nach Ablauf
de« Versnohsjahres die Dienstordnung in einigen Punkten abgeändert,
770
derart, dafs nanmehr die AnsfüIIuDg eines Gesnndheitsscheinee naeh
yorgeschriebenem Master für jedes neu eintretende Schalkind ver-
langt wnrde. Ferner wurde in jeder Schule eine MeüsTorriclitang and
Wage angebracht und Messung and Wägang von nun ab vom E^lassen-
lehrer yorgenommen, während sie an&ngs dem Schalarzt zufielen.
Die damals getroffene Bestimmung, dafs grundsätzlich jeder
Jahrgang in jedem Semester durch den Schularzt aufs neae za ontar-
Sachen sei, hat sich im Laufe der Zeit als überflüssig herausgestellt;
man hat vielmehr 1899 angeordnet, dals — abgesehen von den neu
eintretenden Schulkindem — immer nur der dritte, fünfte and achte
Jahrgang zu untersuchen sei. Beim Abgang soll ein abschliefsendee
Urteil über die Gesamtentwicklung des Kindes während seiner Schal-
zeit in seinem Gesundheitsschein eingetragen werden.
Diese in Wiesbaden gemachten Erfahrungen haben sich eine
ganze Reihe von Städten zu nutze gemacht und eine Einrichtung
getroffen, die der Wiesbadener entweder gänzlich gleicht oder
doch wenigstens dieselben Grundsätze zeigt, wenn aach in Einzel-
heiten einige Abweichungen festzustellen sind.
Die wichtigsten Bestimmangen der Dienstanweisungen von
25 Städten sind in den vorstehenden Tabellen zusammengestellt
(Schlafs folgt.)
Landeriiehongaheioie gegen die Tuberknlose.
Von
Dr. Georo Liebe, Heilanstalt Waldhof Elgershauaen.
Es wird jetzt mancherorts daran gezweifelt, dafs die Heilstätten
für Langenkranke auch wirklich Erfolge haben, die den au^ewandtoi
Kosten entsprechen. Niemand wird die Berechtigung solcher Über-
legungen anzweifeln, denn wer sein gutes Geld für eine Sache gibt,
will auch die Überzeugung haben, dals es nicht nutzlos weggeworfen
sei. Man kann aber wohl die Zwdf 1er beruhigen und aaf eine ganze
Beihe wirklich positiver Erfolge hinweisen. Energisch müssen daher
diejenigen zurückgewiesen werden, seien es Ärzte oder Laien, die
ihre Abneigung gegen Heilstätten durch ganz unbegründete Schmäh-
ungen auszudrücken belieben.
771
»
Trotzdem mols man sich bewuTst sein, daüs die Heilnng er-
wachsener Kranker immer nur ein Mittel zweiter Gttte ist. Der
vornehmste Grundsatz der Heilkunde ist es ja vielmehr, Krankheiten
SU verhüten ; dann brauchen sie nicht erst geheilt zu werden. Auch
die Tuberkulose mub mit der Zeit immer mehr so angefalst werden,
das heilst man muls schon bei der Jugend einsetzen. Die ganze
Erziehung unserer Jugend muis von Grund aus hygienisch gestaltet
werden, und dazu gehört vor allem eine Umwandlung der Sitz- und
Staubschulen in ßewegungs- und Luftschulen. Der Unterricht muls
viel mehr als dies jetzt der Fall ist, von der Schulbank ins Freie,
auf die grüne Wiese, in Feld und Wald verlegt werden; denn es
ist sicherlich wahr, daCs nur in einem gesunden Körper ein gesunder
Geist wohnen kann.
Den Anfang mit diesen Bestrebungen haben die Persönlich-
keiten gemacht, die die Landerziehungsheime gründeten, voran
Dr. LiBTZ in Haubinda in Thüringen und in Ilsenburg am Harz,
Frau Professor Petersen in Stolpe bei Berlin und Fbei und Zuber-
BÜHLER in Schlofs Glarisegg am Bodensee. Es sind dies in länd-
licher Umgebung gelegene Internate, in denen die Kinder zu gesun-
den und kräftigen und dabei von aller Schablone freien, denkenden
Menschen erzogen werden. Libtzs Buch ^Emlohstobba''/ das wirk-
lich jeder lesen sollte, der irgendwie mit der Erziehung der Jugend
zu tun hat, schildert das, was der Verfasser will und was er in
seinen Landerziehungsheimen nun praktisch durchgeführt hat. Wirk-
lich, wenn alle Jungen und Mädchen so würden, frei und offen und
dabei kindlich fröhlich, nichts an sich von den emanzipierten Herr-
chen und Dämchen der Stadt, das würde nicht nur nach pädagogi-
scher Hinsicht ein grofsartiger Erfolg sein, sondern auch nach
hygienischer, denn solche feste kleine Menschen werden auch der
Tuberkulose ganz anderen Widerstand zu leisten vermögen, als der
heutige Durchschnitt.
LiETZ steht nicht allein mit seinen Bestrebungen, er hat sie
nur bis vor kurzem allein in Taten umgesetzt. Genannt seien nur
zwei Förderer dieser Richtung. Voran Arthur Schulz in Fried-
richshagen bei Berlin, der Herausgeber der „Blätter für deutsche
Erziehung^ und Führer einer schon recht grofsen Gemeinde, die
sich um die Blätter schart und nichts Geringeres will, als in
* LiETZ, Emlohfltobba, Roman pder Wirklichkeit? Bilder ans dem Schul-
lehen der Vergangenheit, Gregenwart und Znkanft. Berlin, Dammler, 1897.
772
ähnlicher Weise, wie Lietz es für wenige tat, die gesamte deutsche
Schule, Toran gerade die Volksechale in dieser Weise umzugestalten.
Auch SoHULZ hat seine Grundsätze in einem nicht minder lesens-
werten Buche niedergelegt.^ Endlich Peteb Johannes Thieii in
Elberfeld, der Führer der Lebensheimer Bewegung und Herausgeber
der „Lebensheimer Blätter^, der mit seinen Anhängern Toraussicht-
lieh in nächster Zeit ein Schulsanatorium eröffnen wird.
Wenn nun auch alle diese Männer, wenigstens teilweise, schon
tatsächliche Erfolge erreicht haben, so ist doch die von Schulz aus-
gehende Bewegung die wichtigste, da sie sich nicht auf einige wenige
zahlungsfähige Individuen beschränkt, sondern sich auf die Volks-
schule erstreckt.
Wir müssen uns klar werden, dais die jetzige Art des ünter-
richtens geradezu die Tuberkulose züchtet. Wir kennen ja kein
besseres Heilmittel gegen diese Krankheit, und auch kein besseres Ver-
hütungsmittel, als ein Freiluftleben. Unsere Schule ist aber gerade
das Gegenteil. Sie hält Elinder, die ja noch viel weniger wider-
standsfähig sind als die Erwachsenen, halbe, ja, man kann sagen oft
ganze Tage in Räumen eingeschlossen, die nicht selten in der gesund-
heitswidrigsten Weise überfüllt sind, und deren Luft geradezu stinkt.
Es ist nicht der Zweck dieser Zeilen, auf diese Verhältnisse näher
einzugehen. Es soll dies an anderer Stelle geschehen. Nur darauf
sei nochmals hingewiesen, dafs alle unsere Schulen viel mehr
ins Freie verlegt werden müssen, derart, dafs nicht nur ein
groGser Teil des Unterrichts im Freien abgehalten wird, sondern dafs
auch die Gebäude selbst überall in ländliche Umgebung gesetzt, im
Pavillonstil gehalten und reichlich mit Gärten, offenen Unterrichts-
hallen (für warme Regentage) u. s.w. versehen sein müssen.'
Wir wenden uns zurück zu den schon bestehenden Land-
erziehungsheimen. Diese stellen an ihre Zöglinge ziemliche An-
forderungen in betreff der körperlichen Leistungsfähigkeit und ver-
langen daher auch bei der Aufnahme den Nachweis voller Gesundheit.
Das sollte überhaupt jede Schule tun. Und wie man jetzt damit
beginnt, Hilfsschulen oder -klassen für geistig Minderwertige zu er-
^ Schulz, Arthur, Der Mensch und seine natürliche Aasbildung. Gegen
das althergebrachte Verfahren in Erziehung and Unterricht. 2. Auflage. Berlin,
Rieh. Heinrich. 1896.
* Wer diesen Fragen Interesse entgegenbringt, dem seien die oben ge-
nannten „Blätter für deutsche Ereiehung** dringend empfohlen. Jährlich 12 Hefte
4 Mark. Geschäftsstelle Friedriohshagen- Berlin, Seestr. 8 c.
773
riohten, so müssen auch die körperlich Minderwertigen, die wohl in
der Sitzschule mit den anderen fortkommen» aber nicht mehr in der
freien Erziehangsschnle, besonders berücksichtigt werden. Denn es
gibt eine ganz groise Anzahl von Kindern, die man den Gesunden
nicht gleichstellen kann, schwächliche, schon skrofulöse, zu Tuber-
kulose und allen möglichen Leiden disponierte Kinder. Wenn man
bedenkt, dafs in höherem Alter nahezu hundert Prozent aller Menschen
in ihrem Körper irgendwo etwas Tuberkulose haben, so muts man wohl
bei den meisten dieser Kinder eine latente Tuberkulose vermuten.
Bei unserer jetzt üblichen Erziehungs weise, in der dicken Luft der
Grofsstadt lebend, jahrelang der sitzenden Lebensweise der Schule
und der nun einmal daselbst oft verdorbenen Luft ausgesetzt, kom-
men diese Kinder fast nie auf einen grünen Zweig, bleiben wenig
widerstand&hig und bilden, vielleicht mit weniger Ausnahmen als
wir denken, später die grolse Armee der Tuberkulösen.
Auch für diese mufs gesorgt werden, namentlich solange noch
nicht alle unsere Schulen zu Landerziehungsheimen umgestaltet wor-
den sind. Es müssen besondere Anstalten geschaffen werden, nenne
man sie nun Schulsanatorien oder mit dem freundlicheren Namen
„Landerziehungsheime für kranke Kinder^, die sich von den gewöhn-
lichen Kinderheilstätten dadurch unterscheiden, daCs sie weniger oder
zum mindesten nicht nur für kürzere „Kuren" dienen, sondern auch
Kinder für längere Zeit zur Erziehung nach den in den jetzigen
Landerziehungsheimen geltenden Grundsätzen aufnehmen. Aber die
dort immerhin übliche, ja, notwendige Unterwerfung unter eine für
alle gleichmälsig geltende Ordnung auch in bezug auf Abhärtung,
Kräfteverbrauoh u. s. w., muJs in dem für kranke und kränkliche
Kinder bestimmten Landerziehungsheime einer ganz ausdrücklich
individualisierenden Behandlung unter Leitung eines Sach-
kundigen, auch mit der Pädagogik einigermaßen vertrauten Arztes Platz
machen. Es sollen Aufnahme finden schwächliche, »disponierte^ Kinder,
die in die besten hygienischen Verhältnisse versetzt werden müssen, um
nicht der Tuberkulose zum Opfer zu fallen, leichtkranke, schon
tuberkulöse Kinder. Da diese bekanntlich in den seltensten Fällen
Auswurf haben, so kann von irgend einer Gefahr nicht die Bede
sein. Sollte ein Kind schwer erkranken, bazillenenthaltigen Auswurf
bekommen oder dergleichen, so würde es in eine Heilanstalt oder in
eine besondere Krankenabteilung (nach Art der „infirmary'' englischer
und amerikanischer Heilstätten) überführt werden und dort solange
verbleiben, wie die Ursache anhält.
774
Natürlich sollen die Kinder zuerst ^Kur machen''. Sie werden
mit dem hygienisch - diätetischen Verfahren behandelt, durch reich-
lichen Luftgenuüs, der zum Teil auf Spaziergängen, bei Spielen, zum
Teil in der Ruhe auf dem Liegesessel stattfindet; ferner durch gute
und reichliche, aber einfache und milde Kost, natürlich unter Ver-
meidung aller Nervenreize, besonders des Alkohols; durch die indi-
viduell abgestufte Verordnung von Körperbewegung, leichter Be-
schäftigung (in Gärtnerei, Tischlerei, Viehwirtschaft der Anstalt u.s.w.);
durch mild beginnende und immer dem kindlichen Organismus an-
gepalste Wasserbehandlung, durch Luftbäder, die im Sommer bei der
günstigen Lage auf Stunden ausgedehnt werden können.
Ein grofser sonniger Spielplatz, auf dem sich ein seichtes Wasser-
becken mit Brause befindet, bildet einen geradezu idealen Aufent-
haltsort für Kinder, denen die Natur nicht gleich das VoUmafs der
Kräfte in die Wiege gelegt hat. Dort oder in offenen Hallen, auch
auf Spaziergängen durch die Wälder und auf den nächsten Bergen
mit Fernsicht wird auch der Unterricht erteilt, nicht in dumpfen
Schulstuben.
Der Unterricht selbst aber kann in einem solchen Land-
erziehungsheime vollständig nach den von den „Reformern** (um das
abgebrauchte Wort hier zu verwenden) aufgestellten Grundsätzen
erteilt werden.
Wenn die Kinder krank sind, dann muts dem Urteile des Arztes
geglaubt werden. Es kann dann tatsächlich ein Unterricht im Freien
eingeführt werden, eben um den kranken Kindern die Gesundheit
wieder zu geben. Der Leiter wird als Arzt der Behörde gegenüber
ohne weiteres behaupten und begründen, dals derartige Kinder den
Strapazen des Schreibens, Rechnens und Lesens in den ersten Jahren
nicht gewachsen sind; ebenso kann das den Eltern aufs ernsteste
versichert werden, was nicht unwichtig ist. Man kann dann auch
wirklich einen Sommer lang einen Anfangsunterricht geben lassen,
der auf nichts anderes gegründet ist, als auf die Fragen der Kinder.
Das schwächliche, das kranke Kind soll wenigstens am Anfange
nicht angestrengt werden. Daher überlasse man es ihm, das Mali
„des Unterrichts^ zu bestimmen, eben indem man auf seine Fragen
antwortet. Wenn unsere E^leinsten krank sind, so ist es den Eltern
das erfreulichste Zeichen der Besserung, wenn die Kinder wieder
nach ihrem Spielzeug verlangen. So auch hier. Wenn das Kind
wieder Lebenstrieb und Ejraft in sich spürt, so fängt es an, sich fär
alle Dinge seiner Umgebung zu interessieren, und das Ergebnis
775
dieses Vorganges ist die Frage. Ja, eine solche darch ärztlicbe
Machtbefugnis über allen Bureankratismns und Schematismus er-
habene Anstalt bietet viel Günstiges und bildet geradezu ein
Idealversuchsfeld.
Soviel über den Gedanken der Gründung solcher Heime, die
ganz unzweifelhaft in der Bekämpfung der Tuberkulose noch eine
wichtige Rolle zu spielen berufen sind. Eis sei mir aber gestattet,
noch eine praktische Bemerkung anzufügen, die wenigstens zum
Teil zugleich eine solche pro domo ist. Ich habe jetzt in meiner
Heilanstalt Waldhof Elgershausen ein derartiges Landerziehungsheim
errichtet und darf, da wif, wenn auch nur als Appendix, zur Rhein-
provinz gehören, wohl hier noch einige Worte darüber anschlieJsen,
die den ^Blättern für deutsche Eraiehung** entnommen sind:
„Die Heilanstalt Waldhof Elgershausen liegt im Kreise Wetzlar
(Rheinprovinz) am Südostabhange des Westerwaldes, des vielleicht
noch am wenigsten bekannten deutschen Mittelgebirges, umgeben
▼on guten Fichtenbeständen, gegen kalte Winde durch die umliegen-
den Höhen, besonders den burggekrönten Greifenstein, geschützt.
Ein alter Fürstlich Solms-Braunfelsscher Hof wurde auf Veranlassung
des bekannten Philanthropen, des yerstorbenen Prinzen Albbecht
zu Solms-Braunfels, zar Heilanstalt umgewandelt. An der schönsten
und sonnigsten Stelle des grofsen umwaldeten Wiesengeländes erhebt
eich ein Neubau, das ,,Prinz Albrecht-Haus ". Ea enthält vier grofse
Säle zu je 210 cbm Luftraum, zwei grofse Zimmer (60 cbm), zwei
kleine Zimmer, zwei Wasserklosetts. Der Blick schweift über das
anmutige Wiesental und über die wenige Minuten davon entfernt
liegenden anderen Gebäude der Anstalt. Dicht neben dem Hause,
unmittelbar am Tannenwalde, steht eine geräumige, festgedeckte
Liegehalle. Der grofse Platz vor ihr und um das Haus wird in
diesem Frühjahre zu einem Spielplatz hergerichtet; die quer durch
diesen ganzen Teil laufende Hochdruckwasserleitung ermöglicht es,
Luftbäder mit Plätsoherbassin, Brausen u. s. w. einzurichten. Dazu
kommt die idyllische Lage des Ganzen, eine halbe Stunde von jeder
Ortschaft entfernt — kurz, gerade dieses „Prinz Albrecht-Haus" ist
2U einem Kinderheime wie geschafFen.'' ^
^ Die Herren Kollegen, die rieb für das Heim interessieren and darin
«inen brauchbaren Faktor zur Bekämpfung der Tuberkulose erblicken, bitte ich,
den Prospekt zu verlangen, der mehr besagen kann, als dieser der Allgemein-
heit dienende Aufsatz.
776
Zur Statistik der Nervosität bei Lehrern.
I. Beitrag.
Von
Dr. Ralf Wichmann,
Nervenarzt in Bad Harzbarg.
(Schlufe.)
D. WShrend des Examens kranke Lehrer.
Die fünfte Frage: Litten Sie vor oder wahrend des Lehrer-
examens an nervösen Beschwerden? ist von 53 Lehrern = 17%
mit »ja" beantwortet worden. Von diesen gaben 31 Lehrer nähere
Auskunft über ihr Leiden vor und während des Exames und führen
folgendes an:
Über Kopfbeschwerden wird 15 mal = 48% Klage geführt.
Es handelt sich um Kopfschmerz, Kopf druck in den meisten Fällen;
auch Stechen in der Kopfhaut, einseitigen Kopfschmerz bei Über-
arbeitung des Abends, sowie um Druck und Paraesthesie — ,, Ameisen
im Kopf''. Einer schreibt: ,,Ich konnte auf dem Seminar nicht
wohl über Mittemacht hinaus arbeiten, ohne in der nächsten Zeit
dafür büfsen zu müssen. Einst arbeitete ich bis 2Vs oder 3 ühr
nachts. Die Augen fielen mir inzwischen immer zu, da konnte ich
in acht Tagen keine geistige Anstrengung ertragen, ohne Kopfweh
zu erhalten". Das ist also ein typischer Fall von Kopfschmerz
durch Überanstrengung und Erschöpfung. In einem anderen Fall
wird der Kopfschmerz auf Onanie zurückgeführt. Der betre£fende
Lehrer schreibt: „Diesem Laster fröhnte ich schon in den Knaben-
jahren bis in die Zeit meiner Verheiratung hinein, habe aber nie
auTserehelichen Geschlechtsverkehr gepflegt**. In 4 Fällen werden
andere nervöse Kopfbeschwerden geklagt, darunter Flimmern vor
den Augen. Einmal wird Schwindel und Nasenbluten angegeben;
desgleichen einmal Zwangsgedanken, Befangenheit, «die mich auch
jetzt noch belästigen und schon belästigten als ich noch Kind war".
Aufgeregtes Wesen, Blutandrang nach dem Kopfe, leichte Erreg-
barkeit, Erregung und Blutandrang (schrecklicher Drill im Inter-
nat), sowie Angstgefühl werden von 5 Lehrern angegeben. Mehr-
777
fach wird über Herzbeschwerden während der Bxamenszeit geklagt:
Herzklopfen, Herzbeklemmung, HerzstoDsen, Schmerzen in der Herz-
gegend. Zwei Lehrer haben Zittern in den Händen resp. Zitter-
krampf in den Fingern. Schlafstörung, Schlaflosigkeit, übermäisiges
Schlafbedürfnis, Erschöpfung wird in 4 Fällen angegeben. Magen-
beschwerden, Magenschwäohe, Erbrechen nach dem Essen, Abmage-
mng kommt 5 mal als Klage vor. In einem Fall werden der Vor-
bereitung aufs Examen sexuelle Beschwerden zugeschoben. Der
BetrefFende schreibt: „Die Examen regten mich derartig auf, dafs
während der Arbeiten Pollutionen erfolgten. Sehr häufige nächt-
liche Samenergüsse, welche Benommenheit des Kopfes, Blutandrang
nach dem Kopfe und Kopfschmerz zur Folge hatten, stellten sich
ein. Ich schreibe dies der Überanstrengung mit geistigen Arbeiten
zu. Von morgens 5^/2 Uhr bis abends 9Vs Uhr mit wenig Pausen
zu arbeiten, war ich nicht gewöhnt. Dazu fehlte es an Zerstreuung,
ausreichender körperlicher Bewegung, wie es im Internat nicht anders
sein kann^. Ein Lehrer gibt aulserdem an, dafs er zwar nicht an
nervösen Beschwerden, wohl aber an Lungenspitzenkatarrh während
der genannten Zeit gelitten habe. Mit diesem würde die Zahl der
während des Examens krank gewesenen Lehrer von 53 auf 54
steigen. Ich lasse diesen letzteren jedoch aufser Betracht, weil er
keine nervösen Beschwerden hatte.
Von Interesse ist die Frage, ob diese 53 Lehrer nun dauernd
krank blieben, ob sich also aus den nervösen Beschwerden der
Examenszeit ein dauerndes Nervenleiden entwickelte, oder ob sie
wieder gesund wurden. Dies beantwortet sich folgendermafsen : Nur
6 Lehrer, also 11%, von jenen 53 blieben, nachdem sie das
Lehrerexamen abgelegt hatten, und nachdem die vor und während
des £!xamens bestandenen nervösen Beschwerden sich wieder gelegt
hatten, bis zuletzt dauernd gesund. Die übrigen 47 Lehrer, also
88%, sind auch später krank geworden. Aber auch das Gesund-
bleiben jener 6 Lehrer ist nicht streng zu nehmen, denn bei
Frage 16: Leiden Sie an Angstzuständen, Zwangsgedanken, Kopfdruck
oder Herzklopfen? geben diese 6 Lehrer an, hieran zu leiden I
Von den 53 Lehrern geben 48, d. i. 90%, bei Frage 16
nervöse Beschwerden an, nämlich Angstzustände, Zwangsgedanken,
Kopfdruck oder Herzklopfen zur Zeit der Beantwortung des Frage-
bogens. Nur 5 Lehrer, d. i. 9 %, verneinen unter diesen 53 die
Frage 16. Aber 3 von diesen 5 Lehrern geben wiederum an,
dafs sie an den aufgeführten nervösen Beschwerden früher gelitten
778
haben. Somit bleiben von den 53 Lehrern nur zwei übrig, und
diese beiden sind lungenleidend. Der eine hat früher an Schlaf-
losigkeit gelitten. Der andere gibt bei Frage 17 an, dals sein Ge-
dächtnis kurz und unklar geworden sei, dafs er „jeden Abend —
einem unerklärlichen Drange folgend — vor dem Zubettegehen jedes
Zimmer ableuchten müsse, weil er sonst nicht schlafen könne". ESr
schreibt femer: „Wenn ich andauernd intensive Denkarbeit yerrichte»
wie z. B. bei Ausarbeitung eines Vortrags, so stellt sich regelmäCng
heftiges Stechen in der rechten Schläfe und im rechten Ohr ein.
Auiserdem mufs ich seit einigen Jahren jedes von mir geschriebene
Schriftstück von meiner Frau nachlesen lassen, weil ich häufig
"Wörter auslasse. Als bestes Gegenmittel fand ich immer Ruhe,
Schonung". Demnach ist dieser Lehrer bezüglich seines Nerven-
systems natürlich auch nicht als gesund zu betrachten. Wir erhalten
also das Ergebnis, dafs sämtliche 53 Lehrer, welche während
des Lehrerexamens an nervösen Beschwerden gelitten
haben, später in ihrem Berufe nervenkrank geworden
sind. Das sind 100%. Wenn sich diese an kleinem Material
gefundene auffällige Tatsache auch an einem grofsen Material be-
stätigen sollte, 80 dürfte das für die Verhütung der Nervosität in
vielen Fällen bei Lehrern von grofser Wichtigkeit werden können.
Es müfste deshalb meiner Ansicht nach an einem grofsen Material
dieser Punkt geprüft werden.
Von diesen 53 Lehrern wird geklagt bei Frage 16:
über Angstzustände . . 26 mal = 49 7o
„ Zwangsgedanken 20 „ =37 %
„ Kopfdruck 32 „ = 60 7o
„ Herzklopfen ... 27 „ = 60 7o
Femer 5 mal über Schlafstörung. Nicht selten sind alle diese Be«
schwerden zusammen vorhanden, wie das ja bei Neurasthenikem
etwas Gewöhnliches ist.
Der Konfession nach verteilen sich diese 53 Lehrer auf:
Protestanten . . 45
Katholiken. . . 7
Israeliten .... 1
Bezüglich der Heredität dieser 53 Lehrer ist folgendes zu sagen.
Unter den 6 oben Erwähnten, welche sich als gesund betrachten,
leidet 1 mal der Vater an Hüftnervenentzündung, die übrigen 5
Väter haben keine Nerven- oder Geisteskrankheit. Die 6 Mütter
sind nicht nerven- oder geisteskrank. Unter den Geschwistern ist
779
keines nerven- oder geisteskrank. Nur ein Bruder starb als zehn-
jähriges Kind an Gehirnentzündung. Man kann also von hereditärer
Belastung durch Nerven- oder Geisteskrankheit bei diesen 6
Lehrern nicht sprechen.
Unter den 47 übrigen Lehrern kommen Nerven- oder Geistes-
krankheiten vor in 17 Familien, d. i. 36%, und zwar:
beim Vater 7 mal
bei der Mutter 10 „
„ den Geschwistern 9 „
Von den 53 Lehrern sind 40, d. i. 74%, verheiratet, darunter
zwei verwitwet. Von den 6 angeblich Gesunden sind drei ver-
heiratet, drei ledig. Sämtliche sechs geben an, dafs sie nicht für
Angehörige zu sorgen hätten. Von den übrigen 47 Lehrern haben
24 für Angehörige zu sorgen, also 51%, und von den übrig blei-
benden sind auch noch zwölf verheiratet. Es bleiben also im ganzen
Ton den 47 Lehrern 11, welche, streng genommen, nicht für An-
gehörige zu sorgen haben. Aber von diesen 11 Lehrern haben drei
Schulden abzutragen. Somit bleiben also unter den 47 Lehrern nur
8, d. i. 17%, übrig, welche ihre Einnahmen lediglich für sich selbst
verwenden können. Dieses Moment, das Sorgen für Angehörige,
spielt überhaupt bei vielen Neurasthenikern ätiologisch eine wichtige
Solle. Die vorstehenden Angaben scheinen mir zu zeigen, dals von
diesem Erfahrungssatze die Lehrer keine Ausnahme machen. Ich
meine, dals beim Zustandekommen der Nervosität bei den Lehrern
das Sorgen für Angehörige im weiteren Sinne eine gewisse Rolle
mitspielt.
Die angeblich 6 Gesunden sind im Schuldienst angestellt:
1, 2, 4Vsi &> 9, 10 Jahre. Das ist verhältnismäfsig kurze Zeit.
Die übrigen 47 sind im Schuldienst angestellt:
1 Lehrer 1 — 5 Jahre lang
18
ff
6—10
9
n
10—15
8
»
16—20
6
w
20—26
1
»
25 30
4
n
30—35
1
M
36—40
n
Es unterrichteten die 6 angeblich Gesunden:
2 Lehrer 40—50 Schüler
1 » 50 „
780
1 Lehrer 60 Schüler
1 ^ 90—95 „
1 „ 80, 60, 50, 130, 50, 50, 70 Schüler auf äeben
yerschiedenen Stellen.
Von den 47 übrigen Lehrern unterrichteten im Darchschnitt :
1 Lehrer 20—30 Kinder
1 ^ 40^50 „
16 „ 50—60 „
19 „ 60—70 „
4 „ 70-80 „
2 „ 80—90 „
Femer geben an, dafs sie unterrichten im Durchschnitt:
1 Lehrer 46, 100, 95 Kinder
1 . 102
1 „ 90—100, 75, 60—60 „
1 „ 90, 80, 40, 50—60
Privatstunden erteilen von den 6 angeblich Gesunden 4 Lehrer
und zwar einer 3, einer 4, zwei je 6 Stunden pro Woche. Von
den übrigen 47 Lehrern erteilen 21, d. i. 44 Vo, Privatstunden:
3 Lehrer bis zu 2 Stunden pro Woche
6 4
* V »»^ n n n
«^n wjf" n n n
^ n rj n ■»•" www
Unter den drei, welche 6 Stunden Privatunterricht erteilen, ist
einer mitgezählt, welcher seinen eigenen Sohn unterrichtet.
Von den 6 angeblich Gesunden würden ihrer Ansicht nach
täglich folgende Stundenzahl, ohne zu ermüden, geben können:
3 Lehrer bis zu 4 Stunden
Die übrigen 47 Lehrer geben folgende Stundenzahlen an, welche
sie täglich, ohne zu übermüden, unterrichten können:
7 Lehrer bis zu 3 Standen
11 ,
4
n
8 „
» » 5
»
9 „
» » 6
»
1 «
» » 8
n
Fall ist
nichts ange(
;eben.
Derjenige Lehrer,
In einem
welcher glaubt, 8 Stunden täglich unterrichten zu können, ist seit
6 Jahren im Schuldienst angestellt, erblich nicht belastet, v«r-
781
heiratet und anterrichtet im Darohsohnitt 60 Kinder. Er leidet an
unregelmälüsiger Herztätigkeit, Benommenheit des Kopfes, Angst vor
öffentlichem Auftreten und Zwangsgedanken. Er hat wegen seines
Leidens schon am Urlaub nachgesucht, welcher ihm trotz Befür-
wortung seitens des zuständigen Kreisarztes abgeschlagen wurde, wie er
glaubt aus dem Grunde, weil man von der Voraussetzung ausgeht:
er sehe gesund aus, und es werde ihm deshalb wohl nichts fehlen.
Zwei von den erwähnten 6 angeblich gesunden Lehrern
machen bezüglich, der Zahl der Unterrichtsstunden, welche sie
glauben, ohne zu übermüden, geben zu können, noch folgende Be-
merkungen :
1. „Das richtet sich nach der Klasse. Li einer Klasse, wie ich
sie jetzt habe, VII. (unterste Klasse) mit 48 Kindern am Anfang
des Schuljahres, kann ich, ohne zu ermüden, nicht mehr als vier
Stunden täglich unterrichten. In anderen Klassen würde ich wohl
sechs ertragen können."
2. „In meiner einklassigen Schule höchstens 5 Stunden, wenn
es sich nur um Vormittagsunterricht handelt, oder wenn eine Mittags-
pause von nicht weniger als 2 Stunden eintritt.^
Unter den 47 übrigen Lehrern machen ebenfalls einige Lehrer
zu diesem Gegenstand besondere Bemerkungen : Ein Lehrer, welcher
6 Klassenstunden unterrichten kann, führt an, daJB Einzelstunden
und Korrekturen ihn viel mehr ermüden. — Einer weist auf die
Pausen hin, die zwischen den Stunden nötig sind. — Einer meint:
„ohne jede sonstige Sorge könnte ich einen fruchtbringenden Unter-
richt von täglich 4 Stunden in voller Kraft und ohne jede Er-
müdung erteilen**. — Einer — ein B.ektor — will 3 Stunden vor-
mittags und 1 Stunde nachmittags geben können. — Einer gibt
an: etwa 3 bis 4 Stunden, der Nachmittagsdienst drückt be-
sonders schwer. — Einer schreibt: „das kommt darauf an, wie die
Stunden zu einander liegen, wie viel Abteilungen zu unterrichten
sind, und was der Gegenstand des Unterrichts ist. Die ersten beiden
Stunden des Tages erteile ich ohne Ermüden. Hätte ich darauf
1 Stunde Pause, so könnte ich, falls ein technisches Fach da-
zwischen wäre, weitere 2 Stunden ohne wesentliche Ermüdung
unterrichten. Je mehr Abteilungen in einer Klasse sind, desto
weniger bietet sich zu einer kurzen Erholung während des Unter-
richts Gelegenheit. Der Nachmittagsunterricht ist immer ermüdend'*.
Ein anderer schreibt: ,|Unter günstigen sanitären Verhältnissen (gute
Luft, heller freundlicher Schulraum, kein Berufsärger mit Vorgesetzten,
782
Eltern u. s. w. vorausgesetzt) würde ich meine 28 Standen wöchent-
lich gern erteilen, und auch ohne Schaden, wie ich glaube. Ich
würde eher die sanitären Verhältnisse gebessert sehen, die Schüler-
zahl bedeutend (auf circa 30) herabgesetzt wünschen, als auf Stunden-
verminderung sehen". — Einer meint: „3 Stunden würde er viel-
leicht geben können, ohne zu übermüden, doch würde sich das ganz
danach richten, ob und wie lange Pausen dazwischen liegen". — Bei
einem Lehrer hat die Witterung hierauf Einflufs. Er schreibt:
„an manchen (regnerischen) Tagen ermüde ich schon nach V« Stunde,
an anderen erst nach 2 Stunden; im übrigen würde ich 4 Stunden
mit dem Nachmittagsunterricht, ohne zu übermüden, unterrichten
können*'.
Die Zeit, welche täglich auf Schulvorbereitung und Korrek-
turen von diesen 53 Lehrern verwendet wird, ist folgende. Von
den 6 angeblich Gesunden verwenden:
1 Lehrer bis
zu
1 Stunde
3 « V
7)
2 Stunden
2 „ „
r>
8 „
Lehrern
10 Lehrer bis
zu
1 Stande
21 „ „
7t
2 Stunden
11 » „
n
3 „
4 » «
7)
4 ,
Und einer braucht 8 bis 10 Stunden täglich zur Vorbereitung; er
bereitet sich auf die Prüfung als Mittelschullehrer vor und rechnet die
Zeit, welche er für das Studium zum fkamen verwendet, mit.
Von diesen 53 Lehrern haben 29 Lehrer, also 54 %, zum Teil
mehrmals die Ferien verlängern lassen aus Gesundheitsrücksichten,
und 23, also 43%, geben an, dafis sie auch den Unterricht wegen
nervöser Beschwerden — abgesehen von Ferienverlängerung — haben
aussetzen müssen. Femer sind 9 Lehrer, also 16%, unter den
53, die das zwar nicht getan haben, aber angeben, dals sie alle Ur-
sache dazu gehabt hätten. Biese neun haben sich aber gezwungen,
weiter zu arbeiten, owohl sie sich abgespannt und krank fühlten.
Einer von ihoen hatte auch den aus Gesundheitsrtlckaichten nach-
gesuchten Urlaub bewilligt, erhalten, aber ihn aus Mangel an Geld
nicht angetreten.
783
B. Die Baeh dem Examen später erkrankten Lehrer.
Die Gesamtsumme der später nach dem Examen erkrankten
Xiehrer beträgt 257. Bei diesen Lehrern sind in der Zeit nach dem
Bxamen bis jetzt folgende Krankheiten vorgekommen:
I. Infektionskrankheiten.
Typhns 7 mal
Grastrisohes Fieber 1 „
Blinddarmentzündung 6 „
Ruhr 3 „
Keuchhusten 1 „
Diphtherie 2 „
Bronchialkatarrh 7 „
Lungenentzündung 9 „
Brustfellentzündung 4 „
Influenza 13 „
Scharlach 1 „
Kopfrose ... 2 »
Gelenkrheumatismus 7 „
Rheumatismus 6 „
Karbunkel 1 „
Summa 69 = 27 %
n. Rachen-, Nasen-, Hals- und Ohrleiden.
Rachen- und Halskatarrh 27 mal
Mandelentzündung 2 „
Kehlkopfkatarrh 12 „
Heiserkeit 4 „
Stimmbandlähmung 2 „
Luftröhrenentzündung 2 „
Mittelohrentzündung 5 „
Ohrensausen 1 „
Nasenbluten 2 „
Nasenmuschelschwellung 1 „
Polypöse Wucherungen 1 „
KropJEirtige Halsanschwellung 1 „
Summa 60 = 23%
8Ghiilg«Bundheit8pflege. XVI. 40
784
m. Chronisohe Lnngenaffektionen.
Lungenspitzenkatarrh 4 mal
Chronischer Lungenkatarrh 9 «
Bluthusten 2 „
Lungenverkalkung 1 »
Lungeninfarkt 1 »
Lungenemphjsem 2 „
Atembeschwerden 1 »
Summa 20 = 7 Vo
IV. Organische Herzaffektionen.
Herzklappenfehler. 4 mal
Herzerweiterung 2 „
Herzverfettung 1 „
Herzaffektion 1 »
Summa 8 = 3 7o
y. Magen-Darmaffektionen.
Magenkatarrh 9 mal
Magenleiden 9 „
Chronischer Darmkatarrh 4 „
Dickdarmkatarrh 1 „
Hämorrhoiden 2 „
Gelbsucht 1 „
YerdauangsstOrungen 6 »
Stuhlbeschwerden 3 „
Pfortaderstauungen 1 „
Erbrechen 1 „
Summa 37 = 14 7o
YL Nervenkrankheiten.
Facialislähmung 1 mal
Trigeminusneuralgie 2 „
GFenickkrampf 1
Neuralgie 1
Migräne 5
Nervosität« Neurasthenie 64
Müdigkeit, Erschöpfung 9
9
n
n
9
7«5
Grereiztheit, Aufregung, Unnihe .... 15 mal
Nervöser Kopfischmerz 22 „
Kopfbenommenheit 3 „
Blutandrang zum Kopf 2 „
Schwindel 3 „
Zwangsgedanken 4 „
Herznervosität, Herzklopfen 16 „
Angstgefühl 6 „
Schlaflosigkeit 13 „
Nervöses Magen-Darmleiden 12 „
Überarbeitong .... 2 „
Büokenstechen
Zittern
Schmerzen in Eichel and Hoden . . .
ArbeitsTinltist
Menschenscheu
Gemütskrankheit, Lebensflberdrufs . .
Summa 176 = 68 Vo
Vll. Verschiedenes.
Blutarmut 4 mal
Allgemeine Verfettung 1 „
Zuckerkrankheit 2 „
Gallensteinkolik 2 „
Nierenentzündung 2 „
Nierensteine 1 „
ürindrang 1 „
Geschlechtskrankheit 1 „
Syphilis 1 „
Pollutionen 1 „
Onanie 1 „
Hautkrankheit 2 „
Zungencyste 1 «
Muskelschwund 2 „
Augenschwäche 1 »
Bandwurm 1 „
Summa 24 = 9 7o
40'
786
Demnach erhalten wir 394 Krankheiten unter 257 Lehrern
Infektionskrankheiten in 69 Fällen = 27 %
Bachen-, Hals-, Nasen- und Ohrleiden ^ 60 ^ =23 Vo
Chronische Langena£fektionen „ 20 „ =- 7 %
Organische Herzaffektionen „ 8 ^ = 3 %
Magen-Darmaffektionen „ 37 „ = 14 %
Nervenleiden w 1*^6 n = 68 %
Verschiedenes „ 24 „ =r 9 %
Summa 394
Diese Angaben sind gemacht auf Qrund der Frage 7 des Frage-
bogens: „Blieben Sie nach dem Lehrerezamen bis jetzt dauernd
gesund? Eventuell woran erkrankten Sie?" Die Antworten auf
Frage 16 enthalten ebenfalls Klagen über nervöse Beschwerden,
aber diese sind hier noch nicht mit berücksichtigt, sondern folgen
später. Die obigen 394 Krankheiten resp. Symptome solcher ver-
teilen sich auf 257 Lehrer in der Weise, dafs bei vielen Lehrern
mehrere der Krankheiten oder Symptome gleichzeitig oder zu ver-
schiedenen Zeiträumen nach einander vorkommen.
In vielen Fällen, von denen vorstehende Angaben herrühren,
ist auch die weitere Unterfrage der Frage 7: „Wie lange Zeit nach
dem bestandenen Lehrerezamen erkrankten Sie?" beantwortet. Ich
lasse die Zahlenangaben, soweit sie Infektionskrankheiten und die
übrigen Rubriken — ausser Nervenkrankheiten — betrefFen, aulser
Betracht, weil dies wenig Interesse hat. Dagegen ist es wichtiger,
zu wissen, wie lange Zeit nach dem Examen die funktionellen
Nervenkrankheiten, also speziell die Neurasthenie und was zu ihr
gehört, entstanden sind. Darüber will ich, soweit es möglich ist,
Angaben machen. Ich berücksichtige dabei nicht die 10 Fälle
von Facialislähmung, Trigeminusneuralgie, G-enickkrampf, Neuralgie
und Migräne. Alle übrigen in vorstehendem Verzeichnis aufgeführten
Fälle von Nervenkrankheiten resp. Symptomen derselben fallen
unter das Sammelgebiet der Nervosität oder Neurasthenie. Ich
zähle auch die psychischen Symptome, Menschenscheu, Gemüts-
krankheit und Lebensüberdrufs, der Einfachheit halber mit zu den
nervösen Symptomen. Dann stehen im ganzen auf Grund der
Frage 7 des Fragebogens 166 nervöse Symptome zur Verfügung, und
von diesen haben 126 Lehrer den Zeitpunkt angegeben, zu welchem
das nervöse Symptom nach dem Examen bei ihnen auftrat. Darüber
ergibt sich folgendes:
im
787
Die nervösen Beschwerden traten auf nach dem Examen:
(sogleich resp. im ersten Jahre 1
nach dem Examen 29 mal | 60 mal = 47 ^/o
vom 2. — 5. Jahre inkl. 31 mal J
« 6.-10. „ 24 „ =19Vo
„ 11.— 15. „ 20 , =16%
, 16.— 20. „ 14 , =11%
„ 21.-25. „ 6 , = 4%
naohdem25. „ 2 , = 1 %
Summa 126 mal
Ohne ans diesem letzten Zahlenergebnis einen endgültigen
Schluis ziehen zu wollen, denn daza sind die Zahlen viel zu klein,
kann ich doch nicht unterlassen, darauf hinzuweisen, dals ein Ver-
gleich dieser Zahlen mit jenen oben mitgeteilten interessant ist,
weiche zu ergeben schienen, dals alle Lehrer, die während des
Examens an nervösen Beschwerden litten, später nervenkrank wurden.
Es scheint doch auffallend zu sein, dafs in der grofsen
Mehrzahl der vorstehenden Fälle die Nervosität in den
ersten 5 Jahren der Lehrtätigkeit nach dem Examen
sich entwickelt hat. Ob es sich tatsächlich so verhält, wie vor-
stehende Tabelle zeigt, dafs nämlich mit zunehmenden Schuldienst-
jahren die ErkrankungszijBfer der Lehrer an Nervosität nicht, wie
man erwarten sollte, zu-, sondern abnimmt, bleibt weiteren um-
fassenderen Untersuchungen an gröJserem Material zur Bestätigung
oder Berichtigung vorbehalten. Vielleicht würde das darauf hin-
deuten, dals nicht der Beruf und die Lehrtätigkeit als solche das
schädliche Moment zur Entstehung der Nervosität bilden, sobald ein-
mal die ersten 15 Lehrjahre gut überstanden sind. In den ersten
15 Jahren der Lehrtätigkeit scheint die Gefahr zu liegen,
sowie in der schon oben als ätiologisch gefährlich be-
zeichneten Seminar- und Examenszeit.
788
Htx» ii ttf amminn^tn ntib Dereineti.
Die IV. sehweizerisehe Konferenz fBr das Idiotenwesen
am 11« nnd 12« Mai 1903 in Luern.
Von
Dr. med. KBAFT-Züricb.
Die schweizerische Konferenz für das Idiotenwesen hat sich, wie der
Vorstand in seinem Einladungsschreiben fdr die diesiährige Versammlnng
sagte, zur Aufgabe gemacht:
1. Die Theorie und Praxis der Erziehung geistesschwacher Kinder in
allen Teilen der Schweiz planm&Csig zu fördern; 2. dem angeborenen
Rechte dieser Kinder auf die Befähigung zu einem menschenwürdigen
Dasein durch die sachverständige Ausbildung ihrer natürlichen Anlagen bei
der Bevölkerung, den Behörden und in der Gesetzgebung Anerkennung zu
verschaffen; 3. den Mitgliedern Gelegenheit zu bieten, einander persönlich
naher zu treten, ihre Ansichten und Erfahrungen auszutauschen und sieh
zu unverdrossenem Wirken zu ermuntern.
Die Konferenz war gut besucht. Im allgemeinen gewann man ans
der Teilnahme an der Konferenz, aus den Referaten und der Diskussion
den Eindruck, dafs die gute Sache marschiert, und dafs man sich nach-
gerade allerorten bestrebt, den Ärmsten der Schwachen, den geistig ganz
oder halb Verkrüppelten, ohne Ansehen der Person nnd Konfession, ein
menschenwürdiges Dasein und eine geeignete Erziehung in irgend wdcher
Form zu gewähren.
Ein anschauliches Bild der bisherigen Entwicklung der Idiotenpflege
in der Schweiz gewährte das Referat des Konferenzpräsidenten, Herrn
Lehrer Aueb in Schwanden (Olarus). Es geht aus demselben hervor,
dafs im Jahre 1901 in der Schweiz 18 Anstalten für geistesschwache
Kinder mit 748 Zöglingen bestanden. Diese Anstalten blühen heute nodi
und zählen zurzeit 813 Pfleglinge. Seit 1901 sind vier neue Anstalten
erstanden, drei kleinere, die Pension Rosengarten in Regensburg, das
Heim für schwachsinnige Kinder zu Stein im Toggenburg, und die Anstalt
Seedorf bei Freiburg, femer die gröüsere Anstalt St. Johann bei Neu-
st. Johann. Diese vier Anstalten zählten im Februar 1903 zusammen
54 Zöglinge. Im selben Zeitpunkte betrug die Gesamtzahl der Zöglinge
der schweizerischen Anstalten für Geistesschwache 867, gegen 748 oder
411 vor zwei, bezw. sechs Jahren. Seit der eidgenössischen Zählung im
März 1897 ist die Zahl der Anstaltszöglinge um 111%, also um mehr
als das doppelte, gestiegen.
Neben den soeben genannten gibt es aber noch andere Anstalten»
welche geistesschwache Kinder aufnehmen und sie individuell behandeln,
789
so die beiden 1886 gegrflndeten Anstalten fflr Epileptische. In der groben
schweizerischen Anstalt fftr Epileptische in Ztlrich waren 49, in der berni-
schen Anstalt Bethesda in Tschngg bei Erlach 28 schwachsinnige Kinder
ontergebracht. Ferner besitzt die toggenbnrgische Waisenerziehnngsanstalt
St. Iddaheim bei Ltttisbnrg eine besondere Abteilnng ffir Schwachsinnige
mit 14 Zöglingen. Die drei genannten Anstalten beherbergen also 91
schwachsinnige Kinder, nnd es waren somit im Febrnar 1903 in unseren
schweizerischen Erziehnngs- nnd Pflegeanstalten ffir Geistesschwache sowie
in anderen Anstalten 968 Zöglinge versorgt. Seit ihrer ErOffnnng haben
die 22 schweizerischen Erziehnngs- nnd Pflegeanstalten ffir Geistesschwache
3028 Zöglinge anfgenommen, nnd zwar 1630 männliche nnd 1398 weib-
liche. Die Bewegung hat nunmehr auch Eingang gefunden in Gegenden,
die sich frfiher neutral oder ablehnend verhielten. Eine Reihe von Kan-
tonen werden in den nächsten Jahren Anstalten grfinden, so Bern, St Gallen,
Luzern, Genf, Glams, Schaffhausen n. a.
Allein es handelt sich nicht blofs daium, ffir bildungsfähige Schwach-
sinnige zu sorgen; auch der ganz unglficklichen bildnngsunfähigen, der
Idioten im engeren Sinne, mnfs gedacht werden. Auch fQr sie ist eine
richtige Ffirsorge und Pflege nötig. Anstalten, welche sich dieser Aufgabe
unterziehen, sind: Bfihl bei Wädenswil, St. Joseph bei Bremgarten und
„Schutz** in Walzhauseo, das Asile de l'Espörance in Etoy. Die gemein-
nfitzige Gesellschaft des Kantons und Bezirkes Zttrich wird uns die erste
öffentliche ffir diesen Zweck bestimmte Anstalt bringen.
Besonderer Pflege und Erziehung bedürfen die schwachsinnigen Taub-
stummen. Herr G. HebaiiD aus Chnr, Bankier in Paris, schenkte der
schweizerischen gemeinhfitzigen Gesellschaft sein Schlofsgut Turbenthal, auf
welchem nunmehr die erste schweizerische Anstalt ffir Schwachbegabte
Taubstumme gegründet wird. Sie wird eingerichtet ffir 24 Zöglinge und
wahrscheinlich im Frfil^ahr 1904 eröffnet.
Hand in Hand mit der Entwicklung des Anstaltswesens geht die
Förderung der Einrichtung von Spezialklassen ffir Schwachbegabte. Einer
Statistik von Lehrer Gbaj* in Zfirich ist zu entnehmen, dafs am 1. Febr.
1903 in 18 gröfseren Gemeinwesen der Schweiz 53 Spezialklassen mit
1096 Schülern bestanden. Neue sind seither errichtet worden in Ror-
schach Solothum, Töfs und Wald (Kt. Zfirich), so daCs die Gesamtzahl
der Zöglinge 1160 beträgt. Im Jahre 1897 zählte man 567 Schfiler,
der Zuwachs beträgt also 100%. Nachhilfeklassen (sog. Fähigkeitsklassen)
flnden sich in Appenzell (A.-Rh.) mit 14 und St. Gallen mit 22 Abteilungen.
Das Referat des Herrn Dr. Uleigh, Arzt an der Schweiz. Anstalt
ffir Epileptische in Zfirich, fiber den Schwachsinn bei Kindern, seine
anatomischen Graudiagen, seine Ursachen, seine Verhütung, gipfelte
in folgenden Thesen:
1. Schwachsinn ist der Sammelname ffir die mannigfaltigen yer-
schiedenen geistigen Schwächezastände.
2. Der Schwachsinn ist die seelische Äufserung einer körperiichen
Erkrankung (des Gehirns).
Die Erkrankung ist angeboren oder erworben, sei es bei der Geburt,
sei es in frfihester Jugend.
790
3. Die anatomischen Ornndlagen der Gehirnerkrankimg sind
-verschiedenster Art: Wachstamshemmangen, Entwicklangsfehler, Mils-
bildungen, entzündliche nnd ähnliche Vorgänge im Gehirn. (Zn kleines,
zn gro&es Gehirn, Fehlen einzelner Teile, Erweiterung der HimhOklen
dnrch Flflssigkeitsansammlung n. s. w ).
4. Als Ursachen der dem Schwachsinn zn gmnde liegenden Gehiro-
erkranknng kennen wir:
Die erbliche Belastung.
Die Vergiftung der Keimzellen mit Alkohol und anderen GifteL.
(Trunksucht bei den Eltern, Rauschzustand während der Zengong.)
Syphilis der Eltern.
Ausfall der Tätigkeit der Schilddrüse.
Erkrankungen, Vergiftungen und Verletzungen des kindlichen Gehirns
vor, während und nach der Geburt.
5. Die vorbeugenden Mafsnahmen zur Verhütung des Schwachsinns
bestehen theoretischerseits in der Erforschung der Ursachen, praktischer-
seits in der Bekämpfung der bekannten Ursachen.
Die Hauptaufgaben sind:
Aufklärung des Volkes über das Wesen und die Folgen der erb-
lichen Belastung.
Die Bekämpfung des Alkoholmifsbrauches sowie anderer Gewohnheits-
gifte.
Die Bekämpfung der Syphilis.
Die Bekämpfung der Tuberkulose.
Die Bekämpfung des Kretinismus.
Die Bekämpfung der Armut sowie des Elends überhaupt.
Fernere Mittel zur Verhütung des Schwachsinns sind:
Schonung und richtige Pflege der Mutter während der Schwanger-
schaft. Schonung der Kinder während der Schwangerschaft, bei
und nach der Geburt.
Unzweifelhaft spielt hier in der Tat der Kampf gegen Armut
und Elend eine grofse Rolle. Sind doch in der wirtschafüich ungünstigen
Stellung die Hauptquellen für ein körperliches und geistiges Siechtum
gegeben, so dafs wir uns nicht wundern müssen, wenn ein überwiegender
Prozentsatz der Schwachsinnigen sich aus der Klasse der wirtschaftlich
Schwachen rekrutiert. Es ist das nur eine neue Mahnung an uns, nie zn
erlahmen im Kampfe für die wirtschaftliche Emanzipation des vierten
Standes; aus Elend, Sorge und Not resultiert nicht ein geistig kräftiges
Geschlecht, erspriefst kein ethisches und moralisches Denken und Fühlen,
sondern nur ein roher Kampf ums Dasein oder Stumpfheit und Schwachsinn.
Wenn schon im Mutterleibe die Entwicklung der Kinder, besonders aber
die Entwicklung des Gehirns so leicht bedroht werden kann, dann ist das
neuerdings eine Mahnung an uns, der Pflege der Schwängern unser Augen-
merk zu schenken; leider geschieht es bis jetzt zu wenig. Manches Kind
wird auch vor dem Verfall in Schwachsinn bewahrt, wenn wir dafQr
sorgen, dafs die Geburtshilfe eine kunstgerechte und geübte sei, und wenn
wir im ferneren sowohl im Interesse der Mutter als des Kindes für einen
weitgehenden Schutz der Wöchnerinnen uns bemühen und einer richtigen
791
and billigen Sänglingsern&hrang durch Einrichtung von Milchversorgongs-
anstalten auf staatlichem and priyatem genossenschaftlichem Boden Yorschnb
leisten. Ohne Zweifel werden alle diese Bestrebungen geeignet sein, den
Schwachsinn einzudämmen. Wenig würden wir dagegen erwarten von
einer die Heirat fOr gewisse Kranke beschränkenden Ehegesetzgebung, wie
sie auf der Konferenz von Dr. ScHENKER-Aarau vertreten wurde.
Über die Stellung der Lehrkräfte an den Spezialklassen
fBr Schwachbegabte
referierte Herr J. HsBZOa, Lehrer an den Spezialklassen der Stadt Luzem.
Seine Anschauungen Aber diesen Punkt fafste er in folgenden Thesen zu-
sammen :
1. Die Spezialklasse fQr Schwachbegabte ist ein integrierender Be-
standteil der Volksschule. Der Lehrer an derselben ist deshalb den
gesetzlichen Vorschriften und Verordnungen nnterstellt, die für die Primar-
schule Gültigkeit haben.
2. Es kann kein Lehrer zur Übernahme einer Spezialklasse gezwungen
werden. Deshalb mu(s ihm der Rücktritt in die Normalschule freistehen,
wie er auch von den Behörden in dieselbe zurückversetzt werden kann.
3. Durch seine spezielle berufliche Ausbildung erhält er eine gewisse
selbständige Stellung, und in der Schulführung soll er soweit Freiheit er-
halten, dals er Lehrziel, Lehr- und Lektionsplan den jeweiligen Verhält-
nissen anpassen kann.
4. Der Lehrer der Minderbegabten mufs manches Angenehme ent-
behren, was im Verkehr mit geistig frischen Kindern erfreut und ermutigt ;
auch tritt ihm im Verkehr mit den Kindern und deren Eltern manches
Unangenehme entgegen.
ö. Die Arbeit in der Hilfsschule stellt hohe Anforderungen an die
Kräfte des Lehrers. Diese vermehrten Anforderungen sollen durch eine
Besoldungzulage einigermafsen ausgeglichen werden.
6. Der Lehrer soll sich der aus der Hilfsschule entlassenen Zöglinge
in liebevoller Fürsorge annehmen.
Wir sind damit einverstanden, dafs der Spezialklassenlehrer einer
besonderen Vorbildung bedarf; aber dann ist es eben nur gerecht, dafs auch
seine Honorierung, entsprechend seiner Mehrarbeit und der Forderung
eines besonderen Fähigkeitsausweises, eine bessere und befriedigendere sei,
besser also als diejenige der übrigen Primarlehrer. Wenn anfangs ver-
diente Förderer des Spezialklassenunterrichtes gegen eine Mehrbesoldung
der Spezialklassenlehrer im Verhältnis zum Primarlehrer waren, weil sie
befürchteten, es möchte schliefslich lediglich die klingende Münze, statt
der Liebe zur Sache, ein Anreiz zur Übernahme der schweren Aufgabe
werden, so war ursprünglich diese Ansicht wohl nicht ganz unbegründet.
Heute sehen wir aber ein, da& die Mehrhonorierung ein Erfordernis ist,
um überhaupt geeignete Lehrkräfte erhalten zu können, und dafs wir in
einer Besoldungszulage nur ein geringes Äquivalent für die nicht geringen
Opfer des Lehrers erblicken dürfen.
792
Über die Sorge für die Sehwaehsinnigen und Sehwaehbegabtem
naeh ihrem Austritt ans den Anstalten bezw. Spezialklassen
referierte Herr J. Stbaumank, Vorsteher der Erziehungsanstalt fDr Schwach-
sinnige auf SchloCs Biberstein bei Aaran. Sein Vortrag stützte sich im
wesentlichen auf folgende Thesen:
1. Erziehung nnd Unterricht in Anstalten und Spezialklassen fOr
Schwachsinnige und Schwachbegabte sind so zu gestalten, dals auf ein
möglichst selbständiges Fortkommen der austretenden Zöglinge Bedacht
genommen wird.
2. Zu diesem Zwecke ist neben den Schulfächem dem Handfertigkeits-
unterricht und den Handarbeiten alle Aufmerksamkeit zu schenken.
3. Es sollen nach dem Vorgehen der schweizerischen gemeinnützigen
Gesellschaft in den Orten, wo Anstalten und Spezialklassen fflr Schwach-
sinnige und Schwachbegabte errichtet sind, Kommissionen ernannt werden,
die Patrone ffir austretende Zöglinge bestellen.
4. Diese Patrone haben den erwerbsfähigen Schwachsinnigen geeignete
Platze zu suchen und ihnen mit Rat und Tat an die Hand zu gehen.
5. Für die nur zum Teil erwerbsfähigen Schwachsinnigen sind Asyle
mit landwirtschaftlichem Betrieb zu gründen.
Der Staat leistet angemessene Beiträge, und die Gemeinden, deren
Ortsangehörige hier versorgt sind, sorgen für genügende Kostgelder.
6. Damit für die unglücklichen Idioten allseitig gesorgt werde, sind
Blödsinnige und erwerbsunfähige Schwachsinnige in besonders zu gründenden
Pflegeanstalten unterzubringen.
In klarer und überzeugender Weise wurde von dem Ref. nach-
gewiesen, dafs die Fürsorge für die Schwachsinnigen nach ihrem Austritt
aus der Anstalt und der Spezialklasse nicht erschöpft sei, dafs wir immer
bedenken sollen, wie der Schwachsinnige, obwohl erwerbsfähig, doch nicht
selbständig erwerbsfähig sei und der steten Leitung bedürfe, wenn nicht
alle in Anstalt und Spezialklassen aufgewendete Mühe umsonst sein and
Strafanstalt oder Armenhaus schliefslich der letzte Zuflnchtsort des be-
dauernswerten Schwachsinnigen werden sollen. Deshalb wird plädiert ftkr
Kommissionen, die Patronate für austretende Zöglinge bestellen und erwerbs-
fähige Schwachsinnige in Stellen unterbringen. Nur zum Teil erwerbs-
fähige Schwachsinnige seien in Asylen mit landwirtschaftlichem Betrieb zu
versorgen. Gänzlich bildungsunfähige Idioten müssen in zu gründenden
Pflegeanstalten untergebracht werden.
Es darf wohl behauptet werden, dafs die Konferenz in Luzem in
mancher Hinsicht schöne Anregungen gebracht hat. Zwar ist ja wohl an-
zunehmen, daCs vor der Hand nur ein Bruchteil aller Versorgungsbedürftigen
und aller derjenigen, die einer besonderen individuellen Erziehung teilhaftig
werden sollten, auch wirklich berücksichtigt sei. Es bleibt deshalb noch
genug zu tun übrig, und es müssen noch reichliche Opfer an Geld, Zeit
und Hingabe gebracht werden, wenn wir uns dem Ideale alhimfassender
Hilfe nähern sollen.
793
Die Schale im Kampfe gegen den Alkoholismns.
Vortrag, gehalten von W. Weiss, Sekandarlehrer, in der
Versaromlnng des Schweizerischen Vereins abstinenter Lehrer
nnd Lehrerinnen bei Anlafs des XX. Lehrertages,
lO./ll. Jnli 1903.
Will der Lehrer — fahrte der Referent aus — die Alkoholfrage vom
erzieherischen Standpunkt aus richtig benrteilen, so hat er sich in erster
Linie zu fragen: Liegen im Alkoholgenufs gewisse Momente, welche die
Erreichnng der höchsten Ziele der Erziehung stören oder geradezu in Frage
stellen? Wissenschaft und Erfahrung antworten darauf mit Ja. Denn der
fortgesetzte oder auch nur gelegentliche Alkoholgenufs zieht bei Kindern
schwere funktionelle Störungen und nachweisbare Organver&nderungen nach
sich. Mit dem akuten Alkoholismus der Erzeuger steht der originäre
Schwachsinn der Nachkommen in kausalem Zusammenhang. Vor allem
werden die Gehimfunktionen anormal. Der in der Vererbung und den
Trinksitten begründete Alkoholismus der Jugend fördert die Entstehung des
rücksichtslosen Egoismus und des Verbrechens, vernichtet die Grundlage des
Charakters und hindert dessen Entwicklung und völlige Entfaltung. Die
harmonische Ausübung der im Menschen angelegten Kräfte nach der
physischen, intellektuellen und ästhetisch-moralischen Seite hin, sowie die
Charakterbildung werden somit durch den tatsächlich vorhandenen Alkoho-
lismus zu Utopien.
Darum mufs der Erzieher sich zweitens fragen: Was hat die Schule
zu tun, um die Jugend vor den Gefahren des Alkohols zu bewahren? Die
Vereinigten Staaten Nordamerikas haben diese Frage damit gelöst, dafs sie
in ihren Schulen einen obligatorischen Unterricht in Hygiene einführten,
der von der Physiologie ausgeht und daran anschlielsend Anweisungen über
die Natur und die Wirkungen der alkoholischen Getränke und anderer
Reizmittel gibt. 22 Millionen Kinder der Union genielsen diesen Unter-
richt, dessen segensreiche Folgen sich jetzt schon nicht nur an der Jugend
selbst, sondern auch in der Gesellschaft der Erwachsenen zu zeigen be-
ginnen. Denn der Amerikaner sagt: „Solche Dinge bringt man den Kindern
nicht bei, ohne da(s das praktische Leben den Wink versteht." Bis die
entsprechenden Gesetze in allen 45 Staaten der Union durchgingen, hatten
die amerikanischen Frauen in jahrzehntelangem Kampfe eine Vorarbeit ge-
leistet, die bei uns erst in den Anfängen steht. Es wäre deshalb verfrüht,
einen solchen Unterricht jetzt schon bei uns zu befürworten. Als letztes
Ziel soll er allerdings nie aus den Augen gelassen werden; doch gegen-
wärtig handelt es sich darum, den Boden vorzubereiten und besonders die
Lehrerschaft für die groise, erzieherische Bedeutung der Alkoholfrage zu
interessieren. Heute schon kann jeder Lehrer durch gelegentliche Beleh-
rungen im Rahmen des jetzigen Unterrichtsplanes sehr viel tun. Damit ei
jedoch mit voller Überzeugung gegen den Alkohol Front machen kann, ist
die Einftlhrung eines entsprechenden hygienischen Unterrichts in den Lehrer-
bildungsanstalten mit aller Energie anzustreben. Unser Wahlspruch sei:
„Wider den Alkohol und damit für Kinder- und Menschenglück. **
(,,Neu€ Zürch. Zig^)
794
Die Stellung des Knabenhandarbeitsnntemehts im Erciehnngswesen
Deatscidands und anderer Linder.
Vortrag, gehalten von Dr. A. Pabst in der Hauptversammlnng
des Deutschen Vereins für Knabenhandarbeit zn Bremen
am 3./4. Oktober 1903.
Nur der ist in Wahrheit ein Lehrer — begann der Referent — , der
das Geheimnis der Arbeit lehrt. Lern- und Kopfarbeit mufs in jeder Er-
ziehung geleistet werden, die Erkenntnis aber, dafs auch die Handarbeit
dabei eine grofse Rolle spielt, ist uns verloren gegangra, obgleich alle
namhaften Pädagogen auf sie hingewiesen haben. In den frflheren ein-
fachen Verhältnissen half das Kind im Hause und in der Werkstatt, es
fertigte sich sein Spielzeug selbst an; aber die Verhältnisse haben sich ge-
ändert, namentlich in den Groisstädten, und die Erziehung hat diesen ver-
änderten Verhältnissen Rechnung zu tragen. Zu keiner Zeit ist zwar fQr
die Schule und für den Unterricht mehr getan als heute, und doch ist das
Endergebnis durchaus nicht in allen Teilen befriedigend. Wir brauchen
weniger Unterricht, aber mehr Erziehung. In längeren Ausführungen legte
dann der Redner dar, vrie die heutige wissenschaftliche Pädagogik auf ganz
anderen Grundlagen aufgebaut sei und daher ganz andere Anforderungen
an die Erziehung stelle. Sie hat auch den Wert der Arbeit als Erziehungs-
faktor erkannt und wissenschaftlich begründet, und so kommt auch heute
das Wort Goethes wieder zur Geltung: „Weniger Theorie und mehr Praxis*.
Der Grundgedanke des Handfertigkeitsunterrichts ist von deutschen Geistern
ausgegangen und namentlich von fböbel zuerst in praktische Bahnen ge-
leitet. Aber er fand im Auslande mehr Anklang als bei uns, und jetzt
konnten wir kein einziges europäisches Kulturland nennen, wo der Arbeits-
unterricht keine Anhänger zählt. In Frankreich ist der Handfertigkeits-
unterricht durch Gesetz dem Lehrplan der Volksschule als obligatorischer
LeLrgegenstand eingefügt worden, allerdings sind die Lehrgänge nur in den
Oberklassen den unseren ähnlich. Auch in England wird für den Hand-
arbeitsunterricht viel mehr getan als bei uns. In London allein gab es
im Jahre 1902 1749 Schulen mit 100 100 Schülern, an die Handfertig-
keitsunterricht erteilt wurde. In Deutschland dagegen findet der Arbeits-
unterricht weit weniger Unterstützung, wendet doch z. B. Berlin dafür
jährlich nur 3000 Mark auf. Wenn wir also für unsere Bestrebungen
gröfsere Beachtung und Unterstützung wünschen, so hoffen wir, der Er-
ziehung unserer Jugend einen grofsen Dienst zu leisten, nicht nur der Er-
ziehung unserer Handwerker und Arbeiter, sondern auch der gelehrten
Berufe. (Mitget. von E. v. ScHENCKBNDOBFP-Görlitz.)
795
kleinere ^itteilitngeii.
statistische ErliebuDgc^n iiTliShereii Schulen. Von Herrn Prof.
Dr. med. et phil. Gbiesbach, als Vorsitzendem des Allgemeinen deutschen
Vereins für Schnlgesnndheitspflege, ist den Rektoraten aller höheren Schulen
im Deutschen Reiche folgende Zuschrift mit beiliegendem Fragebogen zu-
gestellt worden:
Mtdhausen (ElsaCs), 14. August 1903.
Ew. Hochwoblgeboren !
Auf Anregung und unter Mitarbeit des Herrn Prof. Dahn- Braun-
schweig beehre ich mich, Ihnen behufs schul- und nnterrichtshygienischer
Erhebungen im Deutschen Reiche eine Anzahl Fragen zu unterbreiten, um
deren möglichst erschöpfende Beantwortung ich Sie ganz ergebenst bitte.
Bei Raummangel im Fragebogen bitte ich, die Beantwortung mit Angabe
der Fragenummer auf besonderen Blättern vorzunehmen und das Ganze,
mit Ihrer Unterschrift versehen, als „Korrektur nebst Manuskript'' (3 Pf.-
Marke bis 50 g, 5 Pf. -Marke bis 100 g) baldmöglichst, spätestens acht
Tage nach Empfang, an mich gütigst zurückzusenden.
Meine Sendung ist an den Herrn Direktor der Anstalt adressiert.
Sie enthält so viel Exemplare dieses Schriftstückes, als Ihr Kollegium
Professoren und Oberlehrer zählt. Der Herr Direktor wird freundlichst
gebeten, jedem der Herren Professoren und Oberlehrer, die an der Anstalt
tätig sind, ein Exemplar gütigst einhändigen zu wollen. Im Falle des
Verreistseins einzelner Herren ist Nachsendnng sehr erwünscht, falls deren
Adresse bekannt* ist.
Die Beantwortung der lediglich auf die Anstalt bezüglichen Fragen 1
bis 27 wird nur von dem Herrn Direktor oder einem Stellvertreter des-
selben erbeten.
Die Beantwortung aller übrigen Fragen wird aufeer vom Herrn Di-
rektor von jedem der Herren Professoren und Oberlehrer, an höheren
Töchterschulen, sofern Beantwortung für diese Anstalten in Betracht kommt,
auch von den Lehrerinnen, nach persönlicher Erfahrung und Ansicht der-
selben erbeten.
Gleichzeitig beehre, ich mich, Sie, unter Hinweis auf die zum Auflegen
im Konferenzzimmer bestimmten Anlagen, von dem I. internationalen schul-
hygienischen Kongrefs in Nürnberg am 4. bis 9. April 1904 in Kenntnis
zu setzen.
Hochachtungsvoll ergebenst
Prof. Dr. med. et phil. Obiesbach,
Vorsitzender des Allgemeinen Deutschen Vereins für Schnlgesundheitspflege.
1
796
Fragebogen (fQr höhere Schulen).
Beantwortung eilt!
1. Befinden sich in der Anstalt sog. Tiefklassen, Zimmer, in welchen das
Tageslicht nicht in ausreichendem Mafse bis zn den am weitesten vom
Fenster entfernten Sitzplätzen dringt, so dafs die Inhaber der Plfttze
beim Hinaussehen kein Stack des Himmels erblicken?
2. Gibt es ünterrichtsräome mit offenen bezw. nur Yon einer Kuppel
umgebenen Gasflammen?
3. Aus welchem Stoff und von welcher Farbe sind die gegen direktes
Sonnenlicht gebrauchten Vorhänge?
4. Besitzt das Gebäude Luftheizung, Niederdruckdampfheizung, Gasheizung,
Ofenheizung?
5. Aus welchem Holz sind die Fu&bOden der Klassenzimmer? Werden
die Fufsböden mit staubbindendem öl angestrichen? Welches Ol:
Dustless — Floricin — Hygieneöl oder Recentinol wird benutzt?
5a. Befinden sich breite Rillen zwischen den Dielen?
5b. Wie denken Sie über die Brauchbarkeit des bei Ihnen benutzten
Fufsbodenöles?
6. Sind die Wände mit Ölfarbenanstrich, Leimfarbenanstrich oder mit
Tapeten versehen?
7. Befinden sich in den Klassenräumen behufs Lüftung mittels der Fenster
Kippflügel ?
8. Ist eine besondere Ventilationsvorrichtung vorhanden?
9. Welches Subselliensystem wird in der Anstalt benutzt, sind die Snb-
sellien am Boden unbeweglich befestigt?
10. Werden Klassen, Korridore, Treppen und Subsellien täglich entstäubt
und feucht aufgewischt?
11. Befinden sich Aborte innerhalb des Schulgebändes oder in der Nähe
der Klassen?
12. Welches System der Aborte wird benutzt? Wasserspülung? Tonnen-
system?
Sind die Aborte zum Sitzen eingerichtet, oder mufs der Schüler
nach französischer Art stehend oder hockend ein Senkloch benutzen?
13. Befindet sich die Garderobe in den Klassenzimmern?
13a. Gibt es an Ihrer Anstalt Badeeinrichtungen, und welcher Art sind
dieselben?
14. Befinden sich auf dem Gebäude Blitzableiter?
15. Gibt es in der Nähe des Schulgebäudes Stralsenlärm, Fabrikbetrieb
mit lästigem Geräusch, Kohlenrauch, übelriechenden, gesundheitsschäd-
lichen Gasen und anderen Abgängen, oder sonstige Unterrichtsstömngen?
16. Sind besonders hervortretende gesundheitliche 'Mängel vorhanden und
welche?
17. Bestehen schulärztliche Einrichtungen an Ihrer Schule?
18. Finden regelmälsige gesundheitliche Begutachtungen der Schulräume statt?
In welchen Zwischenräumen und von wem?
19. Wie hoch beläuft sich die Zahl der obligatorischen und der Mnlta-
tiven Stunden in jeder Klasse Ihrer Anstalt pro Woche? (Nur f&r
nichtpreufsische Schulen zu beantworten.)
797
20. In welchen Klassen Ihrer Anstalt werden pro Tag mehr als sechs
Standen erteilt?
21. Wieviel Schüler erreichen in Ihrer Schale darchschnittlich das Klassenziel
b) glatt?
h) mit Nachhilfe?
22. Sind mit Ihrer Anstalt Fachklassen and Werkstätten verbanden, and
welcher Art sind dieselben?
23. In welchen Klassen Ihrer Anstalt wird kein Religionsanterricht erteilt?
(Nar für nichtprenisische Schalen za beantworten.)
24. Werden an Ihrer Anstalt öffentliche Prüfungen abgehalten and in
welchen Klassen?
25. Werden von Abitnrienten in dentscher oder fremder Sprache Abgangs-
reden gehalten?
26. Aas wie vielen Herren besteht Ihr Lehrerkollegiam, and bei wie vielen
davon bestehen Gesandheitsmängel infolge dienstlicher Überbürdong?
27. Stehen dem Direktor znr Erledigang von Yerwaltangsgeschäften vom
Staate oder von der Stadt besoldete Sekretäre znr VerfQgang?
28. Wie denken Sie über die Einführong des schalärztlichen Dienstes in
höheren Schalen, anch in höheren Töchterschalen?
29. Halten Sie eine Herabmindernng der Lehrstoffe and Lehrziele
für notwendig?
„ ersprie&lich?
n möglich?
„ nnmöglioh?
30. Olanben Sie, daCs eine Yermindernng des Lernstoffes in Ihrer Schale
den Ergebnissen des Unterrichts schädlich werden könnte, falls an die
Stelle des gröfseren Qaantams des Wissens eine erheblichere Gründlich-
keit and Vertiefang in den einzelnen Schalfächern treten würde?
31. In welchen Fächern Heise sich nach Ihrer Ansicht das Lehrpensam
vermindern?
32. Welche Veränderangen im Schalbetriebe halten Sie für geeignet, am
die allgemeine geistige and körperliche Entwicklang der Schüler, ihr
selbständiges Urteil and ihre Selbständigkeit za fördern?
33. Halten Sie es für eine Schädigang des Schalbetriebes and eine Beein-
trächtigang des Wissens and Könnens der Schüler, wenn fünf Lehr-
standen in vier Zeitstanden erteilt, wenn also für jedes Lehrfach nar
40 — 45 Minaten verwendet würden?
34. Olanben Sie, dals bei einer Yermindernng des Lernstoffes and ver-
kürzt.er Unterrichtsstande sich der Nachmittagsanterricht ganz beseitigen
oder anf technische Fächer beschränken liefse?
35. Glaaben Sie, dals Lehrer and Schüler nach der Mittagsmahlzeit geistig
ebenso leistangsfähig sind wie in der Yormittagszeit?
36. Sind Sie der Ansicht, dafs der Nachmittag schalfrei sein mnb, am für
die Anfertigang der Schalarbeiten, für Bewegang im Freien, für Jagend-
spiele, für den Anfenthalt in der Familie and fClr häasliche Beschäfti-
gungen in aasreichendem Malse Zeit za gewinnen?
37. Wie sollte nach Ihrer Ansicht der fremdsprachliche Unterricht
a) in den klassischen Sprachen,
798
b) in den neueren Sprachen
organisiert sein?
In welcher Klasse and in welcher Weise sollte er beginnen?
38. Wie denken Sie Aber Reformschnlen nach Frankfurter und Altonaer
System?
39. Glauben Sie, dafs nur eine Gattung höherer Schulen eine ausreichende
allgemeine Bildung zu yermitteln und für das praktische Leben, sowie
für Studien auf Hochschulen yorzubereiten im stände ist?
Wenn Sie dies für möglich halten, welches Lehrziel wäre in einer
solchen Anstalt den alten Sprachen anzuweisen?
40. Bestehen an Ihrer Anstalt Vorschulklassen?
Sind Sie für Beibehaltung oder Abschaffung derselben und ans
welchen Gründen?
41. Wie denken Sie über den Wert von Handarbeiten im Schulbetriebe?
42. Glauben Sie, dafs die höhere Schule den Religionsunterricht dem Hanse
überlassen darf?
43. Glauben Sie, daüs man in der Schule den Gesangunterricht entbehren
könnte?
44. Wie denken Sie über die Erteilung anatomisch - physiologischen nnd
hygienischen Unterrichts in den Klassen Untersekunda bis Oberprima
und die Aufnahme solchen Stoffs in die Lesebücher der unteren Klassen?
45. Halten Sie folgende Einteilung des Schuljahres und der Fenen für das
ganze Deutsche Reich für annehmbar?
1. Trimester: Herbst bis Weihnachten.
2. Trimester: Weihnachten bis Ostern.
3. Trimester : Ostern bis zur letzten Juliwoche, in welche Zeit der
Schlufs des Schuljahres zu legen ist.
Weihnachtsferien: 14 Tage.
Osterferien: Acht Tage vor und acht Tage nach Ostern.
Pfingstferien : Samstag vor Pfingsten bis Samstag nach Pfingsten.
Grofse Ferien: 60 Tage, von der letzten Juli- bis zur letzten
Septemberwoche.
46. Halten Sie das Abiturientenexamen für entbehrlich?
47. Halten Sie das Examen in allgemeiner Bildung, welches nur von
Kandidaten des höheren Lehramts in der Staatsprüfung verlangt wird,
für ebenso entbehrlich wie für die studierten Kandidaten anderer
Staatslaufbahnen?
48. Halten Sie es für erwünscht, dafs in den Studiengang aller Kandidaten
des Lehramts hygienische, insbesondere schulhygienische Unterweisungen
aufgenommen werden?
49. Halten Sie es für erwünscht, dafs die schulhygienischen Kurse fär
Direktoren und Lehrer, wie sie in Posen mit Erfolg stattgefunden
haben, auch anderwärts von den Regierungen eingerichtet werden?
50. Glauben Sie, dafs an Ihrer Schule teilweise oder in ausgedehnterem
Mafse eine Überbürdung a) der Schüler, b) der Lehrer vorhanden ist?
Ort, Datum und Namensunterschrift, gefälligst recht deutlich:
799
Charakter der Anstalt, an der Sie t&tig:
Gymnasinm. Realprogymnasinm.
Realgymnasinm. Realschule.
Oberrealschnle. Höhere Töchterschule.
Progyronasinm. Seminar.
(Zatreffendea eh nntentreiohen and hinsusafugen, ob etaaüioh oder stSdtiach.y
(Wie interessant und wichtig es auch wäre, eine einläfsliche Beant-
wortung der Yorstehenden zahlreichen Fragen durch die Rektorate aller
höheren Schalen Deatschlands zu erhalten, so wäre doch im Interesse der
praktischen Verwertang des betr. Materials eine gewisse Beschränkung im
Inhalte des Fragebogens wünschenswert gewesen. D. Red.)
Sehillarzt und Elternliaiis« Auf diesen Zusammenhang macht in
einem kurzen Aufsatz über die Schnlarztfrage in Berlin («Sojer. Praxis^ ^
No. 33) Dr. F. GOLDSTEIN-Berlin anfinerksam. Wenn G. sagt, dafs die
Schule nur einen kleinen Einflufs auf die Gesundheit der Kinder ausflben
könne, so scheint er wohl die gesaiidheitsschädlichen Momente, welche im
heutigen Schulbetriebe immer noch liegen, zu unterschätzen. Dagegen ist
es gewifs zutreffend, wenn er darauf hinweist, dafs, wenn man ein richtiges
Bild über die sanitären Verhältnisse der Schulkinder im allgemeinen ge-
winnen wolle, man ihre häuslichen Verhältnisse Tor allen Dingen zum
Gegenstand der Beobachtung machen müsse. Schulärztliche Tätigkeit ohne
Berücksichtigung des MUieus, in dem sich das Kind den weitaus gröfsten
Teil des Jahres über befindet, ist nur halbe Arbeit und kann zu falschen
Schlüssen fahren. Der Schularzt wird sich daher eingehend über den
Gesundheitszustand der filtern zu informieren haben, und er wird die
Lebenshaltung der Familie und besonders ihre Wohnungsverhältnisse zu
berücksichtigen haben. Dieser Hinweis auf die soziale Bedeutung der
schulärztlichen Tätigkeit ist gewifs zu beherzigen.
Die Frage der Schalsahn&rzte berührt Dr. Josbph ZizKA-Prag
in einem Aufsatz, dessen wesentlichen Inhalt wir nach der j^Deutsch. med.
Presse" (11. Juli 1903) hier wiedergeben.
Von allen Organen des menschlichen Körpers — sagt Dr. Zizka —
ist das Gebifs dasjenige, aus dessen Veränderungen man einfach und dabei
verhältuismäfsig verläfsÜch den Gesundheitszustand des Organismus er-
kennen kann.
Auf Grund wissenschaftlicher Arbeiten, sowie auf Grund klinischer
Erfahrungen ist festgestellt worden, dafs alle Momente, welche die allge-
meine Ernährung ungünstig beeinflussen, im Gefolge auch das Gebifs mehr
oder minder angreifen und an demselben, dem Grade der allgemeinen Er-
nährungsstörung gemäfe, sichtbare Zeichen hinterlassen ; aus diesen Zeichen
kann man lesen, ob, wann und wie lange das betreffende Individuum an
einer Ernährungsstörung gelitten hatte.
Diese an dem Gebisse sichtbaren Zeichen können entstanden sein zur
Zeit der Entwicklung des Gebisses resp. einzelner Zahngruppen, oder zur
Zeit, zu welcher das Gebifs, respektive die einzelnen Zahngruppen, fertig
ausgewachsen sind. Im ersten Falle hinterläfst eine allgemeine Ernährungs-
störung sichtbare Zeichen an dem Schmelz, die als Hypoplasien verschie-
dener Art beschrieben worden sind, im zweiten Falle ruft eine allgemeine
SehalgeBandbeitspflege. XVI. 41
800
ErnAhmngsstörang pathologische Yerttndeningeii der harten 2^ngewebe —
haapts&chlich des Zahnbeines (Odontomalacia) hervor ; diese Veränderongen
führen in weiterer Folge dnrdi die im Monde immer anwesenden SftoreB
nnd Bakterien zum Zerfall des Zahnes, den man allgemein Garies be-
nannt hat.
Ein erfahrener Zahnarzt kann demnach ans den verschiedenen Hypo-
plasien am Zahnschmeize, sowie ans dem Orade des Zerfalles der Zfthne
ziemlich verlftlslich den gewesenen nnd jeweiligen Ernfthrnngszastand be-
urteilen; ja noch mehr, er kann ans dem Verlaufe der sogenannten Zahn-
caries genan darauf schlieüsen, ob die allgemeine EmährungsstOrong all-
gemeinen Charakters ist oder nicht.
Aus dem Angefahrten wird es jedem klar, wie wir uns das FflbreB
der Protokolle über den Gesundheitszustand der Schuljugend vorstellen.
Ein Gesundheitsprotokoll müiste enthalten in erster Reihe:
1. Genaue Angaben aber den Zustand des Gebisses (veranschaulicht
auf einem Schema oder besser auf einem Gipsabgufs der Kiefer, an welchem
der Zustand der einzelnen Zähne möglichst treu abgebildet wäre;
2. Angabe über die Grölse;
3. Angabe über das Gewicht;
4. Angaben über das Seh- und Hörvermögen, insofeme dieselben
durch eine einfache Untersuchung festzustellen sind;
5. Angaben über die Gesundheitsverh<niBse des Kindes in der Zeit
vor seinem Eintritt in die Schule;
6. Angaben über die Gesnndheitsverhältnisse des Kindes während
des Schulbesuches.
Das Ausfallen der Rubrik 2, 3 und 6 könnte dem Lehrer überlassen
werden. Rubrik ö wäre nur einmal auszustellen.
Resum^.
1. Die erste und wichtigste Aufgabe des Schularztes ist die Fest-
stellung des Gesundheitszustandes der Schulkinder und die Füh-
rung eines ProtokoUes über denselben;
2. das Gebils ist ein Organ, aus dessen Zustand man immer auf
eine ziemlich einfache und dabei verläisliche Weise den früheren
und den jeweiligen Ernährungszustand des Organismus feststellen
kann;
3. die Schularztfrage und Schulzahnarztfirage sind gemeinsam zu be-
handeln und zu lösen;
4. Schulärzte müssen erfahrene Zahnärzte sein.
(Diese letztere Forderung mufs wohl als zu weit gehend bezeichnet
werden. Die Untersuchung der Zähne der Schulkinder kann von jedem
Arzte, auch ohne zahntechnische Spezialkenntnisse, vorgenommen werden;
für die Behandlung der Zähne dagegen ist allerdings der Spezialist not-
wendig, der aber durchaus nicht Schularzt zu sein braucht. D. Red.)
Eine Schnlbadestnnde, wie sie sich in der sog. Hilfsschule H in
Hannover abwickelt, wird in der r,Fädag. Rundschau" des „Deuistk,
VoUcsbl.*' (13. Juli 1903) beschrieben. Da es immer noch Lehrer gibt,
welche den Schnlbädem nicht hold sind, weil sie glauben, das Baden
könne nicht ohne bedenkliche Störung des Unterrichtes ablaufen, so Ter-
801
dient es gewifs Berflcksichtigang, wenn wir sehen, wie hier die Badestonde,
ganz wie eine Tornstnnde etc., in den Rahmen des Schnlstondenphins ein-
gefügt ist. Wir lassen die obenerwähnte Schilderang folgen.
Im Souterrain der Schale befinden sich zwei Baderäame, einer für
Knaben, einer für Mftdchen. Beide sind dorch einen langen Gang getrennt
nnd befinden sich an einander entgegengesetzten Endpunkten des Gebändes.
Die Knaben werden w&hrend des Bades von einem Lehrer, die Mftdchen
▼OD einer Lehrerin überwacht. Die Handhabung an den Regulierapparaten,
welche übrigens ftufserst einfach ist, besorgt der Schuldiener respektive
die Schaldienerin. Im Verhinderungsfall kann sie mit leichter Mühe durch
die beaufsichtigende Lehrkraft oder einen hierzu beauftragten Schüler vor-
genommen werden. Die Erwärmung des Wassers erfolgt im Winter durch den
Dampf der Niederdruckdampfheizung, im Sommer wird warmes Wasser in
eigenen Kesseln erzeugt. Das Bad kostet also eigentlich fast nur die einmah'ge
Anlage; denn im Winter kostet die Erwärmung des Wassers nichts und
im Sommer genügen zwei bis drei Kübel Kohle, um das Wasser für vier
Badestunden im Tag genügend zu erwärmen. Die Schule hat 24 Bade-
stunden per Woche. An dem Baden nehmen alle Schüler teil mit Aus->
nähme derjenigen, welche durch ein schulärztliches Gutachten hiervon be^
freit sind.
Das Badelokal besteht aus zwei Abteilungen: dem Auskleidezimmer
und dem eigentlichen Baderaum. Im Auskleidezimmer befinden sich quer-
gestellte Bänke mit E^eiderrechen und Bücherbrettern, wie in unseren
Tumsaalgarderoben. Die Yerbindungstür ist so angebracht, dafs der Lehrer,
welcher sich dort aufstellt, beide Räume gleichzeitig und bequem über^
blicken kann. Neben der Yerbindungstür, bequem erreichbar, befindet sich
ein äujjserst praktischer Regulierapparat mit Thermometer, welcher ge«
stattet, die Temperatur des Wassers durch einen einfachen Handgriff nach
Belieben zu erhöhen oder herabzumindern.
Die Klasse (circa ÖO Schüler) wird von dem beaufsichtigenden Lehrer
herabgeführt und nimmt auf den Garderobekänken Platz. Das Baden er-
folgt in zwei Abteilungen. Die Abteilung I kleidet sich aas — vollständig ;
denn Schwimmhosen sind in den Schulbädem in Hannover, wenigstens in
den Knabenbädem, die der Betreffende besichtigte, nicht eingeführt. Un-
günstige Beobachtungen in sittlicher Beziehung vnirden nicht gemacht
Übrigens kann man ja, wenn man bei uns einmal Schulbäder einführt und
die vollständige Entkleidung anstolsig findet, verfügen, dafs die Schüler
sich Badehosen oder besser noch kleine Badeschürzen, wie sie in unseren
Yolksbädem eingeführt sind, mitbringen. — Wer sich entkleidet hat, be-
gibt sich ohne weiteren Yerzug in den Baderaum. Dort befinden sich
nicht einzelne Badezellen, sondern an der Decke angebracht in zwei Reihen
zehn Brausen, welche die Wasserstrahlen nach allen Seiten hinsenden, so
dafs es den im Räume befindlichen Schülern unmöglich ist, den Wasser-
strahlen zu entgehen.
Die Badezeit für eine Abteilung beträgt eine Yiertelstunde. Die
Temperatur des Wassers beträgt anfangs 35^ Celsius. Nachdem ungefähr
zehn Minuten verstrichen sind, wird die Temperatur um einige Grade
herabgesetzt. Einige Minuten später erfolgt eine abermalige Herabsetzung
41*
802
der Wassertemperatnr; diese ist das Zeichen znm Yerlassen des Baderaim».
Die Abteilung n hat sich mittlerweile bis auf die Unterhosen entkleidet;
wenn die Abteilung I zurdckkehrt, werden die letzten Eleidnngsstflcke ab*
gelegt, nnd die Abteilung 11 betritt den Baderaum. Abteilung I trocknet
sich mittlerweile mit den selbst mitgebrachten Handtflchem ab und kleidet
sich an.
Eine Badestnnde besitzt also folgende Einteilung:
1. Viertelstunde: Herabf&hren der Klasse.
Abteilung I entkleidet sich.
2. Viertelstunde: Abteilung I badet. Abteilung II kleidet sich ans.
3. Viertelstunde: Abteilung II badet. Abteilung I kleidet sich an.
4. Viertelstunde: Abteilung 11 kleidet sich an. Die Klasse wird ins
Lehrzimmer zurück- oder fortgeführt.
Ich kann wirklich nicht einsehen — sagt der Autor — , wie eine
Schulbadestunde, in der Weise abgehalten, eine Störung des Unterrichts
darstellen soll. Ich glaube, dafs, wer eine solche Störung dabei voraus-
setzt, sich die Schulbftder vielleieht anders vorstellt — etwa so, dafs ans
den Klassen wfthrend der Pausen oder vielleicht gar wfthrend der Unter-
richtszeit einzelne Schttler zum Baden weggeschickt werden. Ein solches
System möchte ich allerdings auch nicht befürworten. Ich möchte mich
auch gegen ein Baden in separaten Zellen aussprechen; denn einesteils wird
dadurch die Aufisicht unmöglich gemacht, andererseits stellen sich die
Kosten der Anlage bedeutend höher.
Ober Hefllage und Schriftrichtnng äuftert sich K. Fühber,
Lehrer in St. Oallen, in den „B/. f. SchtdgesundheU^fl^ (1903, No. 3)
in einem fthr die Steilschrift günstigen Sinne. Gestützt auf vielfache eigene
Beobachtungen und erhobene Erkundigungen ist F. zur Überzeugung
gekommen, dals in diesem Punkte unbewufst oder nur zu einem
kleinen Teile bewujbt von der Schule öfter gesündigt wird, als man
gemeinhin anzunehmen pflegt. Wollen wir — sagt er — eine die
Gesundheit der Schulkinder in gar keiner Weise geffthr-
dende Heftlage, so gibt es nichts anderes, als zur geraden
Mittenlage, d. h. zur Steilschrift, zu greifen, bei welcher weder gefikhr-
liehe Neigungen des Kopfes, noch Wirbelsftuleverkrfimmungen vorkommen.
F. beschuldigt die AUmacht der öffentlichen Meinung, welche von der bis-
herigen Schrägschrift nicht abgehen wolle, dafs trotz der übereinstimmenden
Urteile über die günstige Körperhaltung der steilschreibenden Schüler die
vor zehn Jahren ziemlich energisch in Fluls gekommene Steilschriftbewegnng
verhsltnismäfsig rasch wieder in Niedergang gekommen sei. Unter diesen
Umstünden hSlt F. einen Mittelweg für geraten, der darin besteht, dafs
die Steilschrift vorderhand nur als Schulschrift gefordert werde und
zwar nur für die vier ersten Klassen der Volksschule, d. h. für diejenigen
Schtüer, deren zarter, jugendlicher Körper noch stark in der Entwicklang
begriffen und daher den schlldigenden Einflüssen der Steilschrift gegenüber
noch wenig widerstandsfUiig ist. Wollte man dann später zur Schrägschrift
übergehen, so wäre dies für die Schüler die einfachste Sadie von der
Welt. (Wir begrülisen diese Anschauung F.s, der ja auch in dieser ZeU-
schnft^ Jahrg. 1901, S. 888, schon I^hrer Wipf Ausdruck gegeben hat.
803
weil wir, wie wir wiederholt ischon Gelegenheit hatten zu sagen, der festen
Überzeugung sind, da(s das einzig wirksame Mittel znr Erziehnng einer
richtigen Körperhtütnng beim Schreiben in der DurchflUinmg der Steitechrift
liegt B. Red.)
Ober den zweckmäfsigsten Belag der Sehvllitfe ftofeert sich
B. Kbügeb, Oberlehrer am Technikum in Bremen, im ,tTechn, Otmeindebl.'^
(21. März 1903) folgendermafsen: Ist der Boden lehmig, tonig oder erdig,
oder besitzt er hnmnsartige Beschaffenheit, so empfiehlt sich eine Unter-
bettnng ans Eisenschlacken oder Rasenerz, Kohlenkleie oder gesiebter grober
Koksasche, Steinschlag oder Ziegelbrocken, oder grobem Kies in einer
Höhe von 10 — 15 cm, je nach der Beschaffenheit des Untergrundes.
Diese Unterbettung ist abzurammen und einzuwalzen, unter Umständen auch
mit Wasser einzuschlemmen und mit nicht zu feinem Kies, der zweck-
m&fsig mit etwas Lehm vermischt wird, oder mit grobkörnigem, lehmhaltigem
Sand mindestens 5 cm hoch zu flberschfltten. Diese Decke ist sorgfältig in
Stand zu halten und bei Trockenheit ausreichend zu besprengen. Ein auf
solche Weise befestigter Schulhof ist ziemlich staubfrei und wird nach
Regenwetter, weil die Unterbettung das Wasser begierig aufsaugt, schnell'
wieder trocken. Die Kosten dieser Befestigung stellen sich auf etwa
Mk. 1. — bis Mk. 1.50 pr. qm Bodenflflche.
9.a^tt^tf^%^tl%öftt.
Oesniidheltsregeln fftr SehnlkiBder sind im Grobherzogtum Wei-
mar in den Schulen in Form grolser Plakate angebracht worden und sollen,
wie das „Berl, Tagehh*^^ mitteilt auch in den Berliner Schulen zur An-
wendung kommen. Das Plakat enthält 21 Regeln und trägt die Über-
schrift: „Was müssen wir tun, um gesund zu bleiben?^ Die 21 Regeln
lauten: Wir müssen unseren Körper, namentlich Gesicht, Hals und Brust,
täglich waschen. Wir müssen unsere Hände häufig waschen und die Nägel
kurz und sauber halten. Wir müssen unsere Zähne morgens und nadi
dem Essen mit einer Bürste reinigen. Wir müssen unser Haar vormittags
und nachmittags vor dem Schulbesuch kämmen. Unsere Kleider müssen
täglich von Schmutz und Staub durch Klopfen und Bürsten gereinigt werden.
Unser Schuhwerk muis jeden Morgen gereinigt werden. Wir müssen vor
der Schultür den Schmutz abtreten. Wir dürfen Papier, Pflanzen, Speise-
reste, Obst nicht in die Klasse werfen. Wir dürfen nicht auf den Fufs-
boden spucken. Wir müssen im warmen Zimmer Halstücher und Über-
kleider ablegen. Durch die Fenster mufs besonders in den Zwischenpansen
frische Luft in die Klasse gelassen werden. Wir müssen die Pausen wo-
möglich im Freien zubringen. Wir müssen die Frühstückszeit zum Ver-
zehren des Frühstücks benutzen. Wir müssen uns beim Gehen, Stehen
und Sitzen gerade halten. Wir müssen beim Sitzen beide Füfse mit der
804
ganzeD Flftcbe anfeetzen. Wir mttBsen beim Lesen, Schreiben and Zeichnen
den Oberkörper aufrichten. Wir mflssen grob nnd deutlich schreiben.
Wir dürfen uns beim Schreiben nicht selbst Schatten machen. Wir mQssen
uns beim Arbeiten, besonders beim Lesen, Schreiben und Zeichnen, gegen
grelles Sonnenlicht schützen. Wir dürfen beim Dämmerlicht nicht lesen
und schreiben. Wir sollen es dem Lehrer melden, wenn es an unserem
Platze zu heils oder zu kalt ist, wenn wir an unserem Platze nicht gut
hören oder sehen können, wenn wir uns krank fühlen, wenn zu Hanse
eine ansteckende Krankheit ist.
Die gesundheitliche Überwachung der Schulen in Prenrsen darek
besondere Sehnlärzte macht nach den im Kultusministerium einlaufend^i
Berichten weitere erfreuliche Fortschritte. Am deutlichsten zeigte sich der
Erfolg der regelm&bigen ärztlichen Untersuchung der Schaler in den öst-
lichen Bezirken an der Abnahme der Grannlose. Ein anderes, wichtiges
Gebiet ist das der Ohrenleiden, wobei nach den Erfahmngen der Schul-
ärzte festgestellt werden kann, dafe die Abneigung gegen ohrenärztliche
Eingriffe und gegen eine langwierige Behandlung sehr wohl zu ttberwinden
ist. Eine wesentliche Mithilfe in diesem Punkte war die Aufeuchung der
Eltern der betreffenden Patienten durch die Damen des yaterländischen
Frauenyereins. In Zeitz fanden die .zwei Schulärzte unter 3964 Kindern
565 Kranke, in 119 Fällen wurden erst von den Ärzten die Eltern auf
die Erkrankungen ihrer Kinder aufmerksam gemacht. Überall wird hervor-
gehoben, dafs die Schulärzte zielbewuist mit den Lehrern und Schul-
aufsichtsbeamten zusammengewirkt haben. Am weitesten scheint man in
dieser Beziehung im Kreise Recklinghausen zu sein; hier werden alle
Schulen zweimal jährlich durch Schulärzte revidiert, die lokalen Behörden
erhalten kurze Berichte aber den Befund. Die Schnlbänke lassen leider
in hygienischer Beziehung noch viel zu wünschen übrig; auf die berech-
tigten, gesundheitlichen Forderungen wird bei Neuanschaffongen noch zu
wenig Rücksicht genommen. Der Beginn des Unterrichts in ländlichen
Schulen ist steUenweise schon auf 6 Uhr früh angesetzt; im Bezirk Brom-
berg hatten Kinder im achten Schuljahre Wege bis zu sieben Kilometern
sur Schule zurückzulegen, wodurch sie schon unter normalen Wittenmgs-
nnd Wegeverhältnissen körperlich überanstrengt sind. Das sind doch Zu-
stände, die in Preufsen nicht vorkommen dürften. Es ist also noch
manches zu reformieren. Mit der Zurückstellung der Kinder auf ein
halbes Jahr ist es gewils nicht getan.
Ein nenes Lehr- nnd Erziehnngsinstitnt fBr HIdehen soll im
Laufe dieses Herbstes in dem Münchener Vorort Prinz Ludwigshöhe
eröffnet werden. Die f,Münch. med. Wochenschr,"^ (No. 26) empfiehlt das-
selbe lebhaft der Aufinerksamkeit der Ärzte. ^Wer weils — schreibt sie —
wie zur Zeit selbst die besten Mädcheninstitute Münchens oft in ganz un-
zulänglichen Privatwohnungen untergebracht sind, in notdürftig adaptierten
Räumen, meist ohne Oarten, — wie die Mädchen zum Oenu& der frischen
Luft in den staubigen Straben spazieren geführt werden, der wird die
Errichtung einer derartigen, den Anforderungen der Hygiene besser ent^
sprechenden Anstalt längst als ein Bedürfnis gefühlt haben. Die oben
genannte Anstalt entspricht diesen Anforderungen. Sie ist für ihren be-
806
sonderen Zweck neu erbaut an Stelle der durch ihren herrlichen Blick
aber das Isartal berühmten frttheren Restanration Prinz Lndwigshöhe, in
hoher, freier Lage, inmitten eines aasgedehnten Oartens und Parkes, and
Tcrftlgt Aber geräumige, heDe und luftige Schul- und Schlafsfile, fiber
eigenen Spielplatz, Schwimmbad und Eisbahn, greise Terrassen zur Ertei-
lung des Unterrichts im Freien etc. Die Nähe der Stadt und die be-
queme Verbindung durch die Isartalbahn erlaubt neben den Oanzpensionärinnen
auch den Besuch von Externen und Halbpensionären. Die Leitung der
Anstalt liegt in den Händen der Witwe eines bayrischen Amtsarztes
Dr. HiMHEB . . ., die schon früher den Beruf als Erzieherin und Lehrerin
ausgetibt hat und f&r die richtige Erfüllung der grolsen, ihr gestellten
Aufgabe alle Garantien bietet.^
Eine Bespreehnnf; ttber die Zahnpflej^e der Volksschttler fand,
wie wir der „Wien, med, Wochenschr.*^ (1902, No. 17) entnehmen, am
20. April d. J. in der nied.-österr. Statthalterei statt. An derselben nahmen
Vertreter des Ministeriums des Innern, des Landesschulrates, des Stadtphysi-
kates, der Gemeinde Wien und der zahnärztlichen Vereine teil. Der Ge-
danke, durch Zahnärzte Revisionen bei den Volksschfllem yomehmen zu
lassen, um kariöse Zähne möglichst früh der ärztlichen Behandlung zuführen
zu können und dadurch bleibenden Schädigungen vorzubeugen, fiel nicht
auf fruchtbaren Boden; die Versammlung ging resultatlos auseinander.
Gegen die Durchführung des Projektes sprach sich insbesondere der Ver-
treter der Kommune aus: ihm scheine es, dals es sich nur um Schaffung
von einigen Stellen für Schulzahnärzte handle; es bestehe die Gefahr, dafe
die Schulkinder durch unsaubere Instrumente infiziert werden könnten; in
den Ambulatorien werden ohnehin Hunderte von Zähnen unentgeltlich „ge-
rissen*', die Eltern würden sich der Untersuchung ihrer Kinder widersetzen,
and endlich koste die Sache Geld. Der Vertreter der Kommune beurteilte
leider groOse hygienische Fragen von dem Standpunkte des — Kleingewerbe-
treibenden.
Transportable Schalpayilloiis in Berlin. Der „Dreismnigen Ztg^
entnehmen wir, dals in der Nähe des Bahnhofes Landsberger Allee acht
transportable Schulpavillons errichtet werden sollen, die den Zweck haben,
den schulpflichtigen Kindern jener Gegend ein Heim zu gewähren, da der
Bau von massiven Schnlgebäuden mit der schnellen Besiedlung des Viertels
hinter dem Friedrichshain nicht hat das gleiche Tempo einhalten können
and anderseits geeignete Mietsräume dort nicht vorhanden waren, um
nun eine Vermehrung der fliegenden Klassen zu vermeiden, hat sich der
Berliner Magistrat entschlossen, dem Vorgange anderer Grolsstädte, wo die
Vermehrung der Bevölkerung eine ebenso sprunghafte ist, mit dem Bau
von Pavillons oder Baracken zu folgen. Diese Bauten sind so konstruiert,
dals sie allen Anforderungen der Hygiene Rechnung tragen, insbesondere
sind die Innenwände mit einem völlig glatten, imprägnierten Material be-
kleidet, das leicht gereinigt und desinfiziert werden kann. Jeder Pavillon
erhält zwei Klassen und einen Nebenraum. Der provisorische Charakter
der Einrichtung spricht sich darin ans, dafs die Pavillons zerlegbar sind;
ist also in der betr. Gegend später die Schulhausnot durch den Bau eines
festen Ctebäudes beseitigt, so können die Baracken schnell abgebrochen
806
und nötigenfalls in einem anderen Stadtteil wieder aufgebaut werden, wo
gleichfalls Mangel an Scholränmen vorhanden ist. Bekanntlich ist voi
fQnf Jahren eine Lichterfelder Schule nach dem Pavillonsystem erban;
worden ; doch beruht dieser Bau auf ganz anderen Prinzipien als das jetz:
in Berlin zur Anwendung gelangende System. Während nämlich die
Berliner Pavillons aus Holz hergestellt, zerlegbar und transportabel sein
und nur ein Parterregeschois aufweisen werden, sind die Lichterfeller
Pavillons vollständig massiv und haben neben dem Parterregeschofe andi
noch ein erstes Stockwerk. Die Baukosten f&r eine Baracke stellen si;^
einschliefslich der gesamten Ausstattung auf etwa 18000 Mark. Durch
das Hinzutreten von anderen Kosten, so fflr Regulierung des Terrains und
Einrichtung der Klosetts, ergibt sich fbr die acht Baracken eine Gesamt-
ausgabe von 189000 Mark. Die Schulpavillons sollen schon mit Beginn
des Winterhalbjahres in Benutzung genonunen werden.
Der fiesiindheitspflege im Volkssehnliinterricht mehr Zeit zu
widmen, ist eine Forderung des Lehrervereins für Wandsbek und Umgegend.
In einer unlängst abgehaltenen Arbeitsversammlnng des genannten Vereins ist,
wie die j^Hamh. Nach/r.^ mitteilen, die Schulgesundheitspflege im allgemeinen
in Beratung gezogen worden. Hervorgehoben wurde, die Pflege des menschlichen
Körpers mflsse im Unterricht ausfährlicher behandelt werden. Die Kinder
unserer Volksschulen hören von Algen, Famen und Moosen, aber sie er-
fahren nichts von der Bedeutung der richtigen Ernährung und Be-
kleidung unseres Körpers, nichts von der Bedeutung der frischen Luft, der
täglichen Haut- und Zahnpflege, nichts von der Verhütung und Heilung
von Krankheiten. Der Unterricht in der Gesundheitspflege im AnschlnCs
an den Unterricht in der Naturkunde fflr die beiden obersten Klassen
unserer Volksschulen müsse gefordert werden.
Städtische Schnlfsahnärzte in Petersburg. Zur unentgeltlichen
zahnärztlichen Behandlung unbemittelter Schulkinder hat, wie die „&tf.
Brax,^ (No. 46) mitteilt, die Stadt Petersburg auf Anregung der russischen
Gesellschaft für Volkshygiene ein Institut geschaffen, welches aussch]ie(slich
der Untersuchung und Behandlung zahnkranker Schulkinder dient. Gegen-
wärtig sind fünf Zahnärzte beschäftigt, die der Reihe nach die Kinder der
einzelnen Stadtteile untersuchen und behandeln. Nach einem Berichte
Prof. LiMBEBGB soll die Zahl dieser Zahnärzte verdoppelt werden, und
steht zu hoffen, dals das Beispiel Petersburgs auch in anderen russischen
Städten Nachahmung finden wird.
Fflrsorge fBr geistig zurfickgebUebeiie Kinder in Berlin. Wie
die jfZeitschr, f. d, Behdl, Schwachsmmger eic.^ mitteOt, wurde unlängst
in Berlin in einer zahlreich besuchten Versammlung ein „Erziehungs- und
Fürsorgeverein für geistig zurückgebliebene Ejnder^ gegründet. Zweck
und Ziel des Vereins, der seine Tätigkeit auf Berlin beschränken und den
engsten Anschluls an bereits vorhandene, ähnlichen Zwecken dienende
Vereine erstreben will, bestehen darin, Verständnis für die Ausbildung und
Erziehung der geistig zurückgebliebenen (schwachsinnigen) Kinder zu wecken
und zu beleben und an der geistigen, leiblichen, sittlichen und wirtschaft-
lichen Förderung dieser geistig Minderwertigen mitzuwirken. Zu diesen
Zweck will man das öffentliche Interesse für die bereits bestehenden
807
sogenannten Hilfsklassen wecken, am die diese besnchenden bedtlrftigen Kinder
mit Nahrung und Kleidung zu versehen und ihnen geeignete Ferienpflege
zu yerschaffen, nach dem Austritt aus der Schule aber für die geistig
Zurückgebliebenen eine geeignete Beschäftigung zu suchen und sie auch
späterhin zu überwachen. Die Versammlung genehmigte den Statutenentwurf
und einen Aufruf an das grofse Publikum, in welchem um tatkräftige unter-
Stützung dieses gemeinnützigen Vereins in warmen Worten gebeten wird.
Zum Vorsitzenden wurde gewählt Schulinspektor Dr. v. Gizicki.
Regelung der Unterrichtszeit und der Weihnachtsferien an den
Mitteischnlen in Österreich.
Verordnung des Ministers für Kultus und Unterricht yom
21. August 1903, Z. 28852,
an sämtliche LandesschulbehOrden.
Ich finde mich bestimmt, in teilweiser Abänderung der Ministerial-
Verordnung vom 21. Dezember 1876, Z. 19109 (Minist.-Vdgs..Bl. 1876,
No. 2), betreffend die Regelung der Semesterdauer, der Schulferien und
der Unterrichtszeit an den Mitteischnlen nachstehendes zu verfQgen:
1. Nach jeder Unterrichsstunde mulis eine Erholungspause eintreten.
Die Zeitdauer jeder dieser Pausen ist so zu bemessen, dafs eine ent-
sprechende Lüftung der Schnlzimmer stattfinden kann.
Nach je zwei Lehrstunden hat eine gröisere Pause einzutreten.
Die Pausen, mindestens die grölseren, sollen die Schüler, wenn es
anders tunlich ist, in freier Luft zubringen.
Die Gesamtdauer der Erholungszeit ist so festzusetzen, dafs auf jede
Unterrichtsstunde (obligat und nicht obligat) eine Pause yon zehn Minuten
in Abrechnung kommt. Die Verteilung und Bemessung der einzelnen
Pausen regelt mit Zustimmung der Landesschulbehörde die Lehrerkonferenz.
Wo besondere lokale Verhältnisse es rätlich erscheinen lassen, kann
auf motiviertes Ansuchen des Lehrkörpers yon der Landesschulbehörde ge-
stattet werden, daDs die Zahl der obligaten Unterrichtsstunden vormittags
auf fünf ausgedehnt werde.
Ich darf erwarten, dals trotz der angeordneten Erweiterung der Ruhe-
pausen die Erreichung der festgesetzten Lehrziele nicht in Frage gestellt
wird, da ja erprobterma(sen die Pausen die Leistungsftlhigkeit der Lehrer
und Schüler für die folgende Unterrichtsstunde erhöhen.
2. An Mittelschulen, an welchen die Weihnachtsferien bis 1. Januar
inklusive dauern, kann mit Rücksicht auf die auswärtigen Schüler in Hin-
kunft mit Zustimmung der Landesschulbehörde auch der 2. Januar als
Ferialtag behandelt werden.
Diese Verfügungen treten mit dem Schuljahre 1903/1904 in Kraft
(„ Verordnungsblatt für den Dienstbereich d. Min. f, KtUtus u. Unterricht*^
in Wien, Jahrg. 1903, Stück XVIL)
808
Bmittlaiig und Feststellnng yon Typhnserkranknngen
bei SchttUunden.
Erlafs des Ministers der geistlichen, Unterrichts- und
Medizinalangelegenheiten vom 26. Angnst 1903.
Anläfslich eines Spezialfalles, in welchem znr Entscheidung stand, ob
der beamtete Arzt berechtigt sei, Erhebungen in der Schule behafe Ermitt-
lung und Feststellung yon Typhuserkrankungen, einschliefslich der Entnahme
von Blut behufs AusfQhrung der YiDALschen Reaktion, ohne vorheriges
Benehmen mit der Schulaufsichtsbehörde vorzunehmen, bestimme ich folgend^:
Die Ermittlung und Feststellung von Typhuserkrankungen wird wesent-
lich erleichtert und gefördert, wenn es den mit dieser Aufgabe betrauten
Medizinalpersonen ermöglicht wird, die Schulversäumnislisten einzusehen, die
Schulkinder zu besichtigen und solchen Kindern, bei denen der Verdacht
besteht, dais sie eine Typhuserkrankung überstanden haben, aus dem Ohr-
läppchen oder der Kuppe des Zeigefingers ein Tröpfchen Blut zu entnehmen
behufs Ausfflhrung der YiDALschen Reaktion.
Die Rücksicht auf die Interessen der Schule verlangt jedoch, da(s die
Medizinalpersonen behufs derartiger Erhebungen nicht ohne Ihre Zustimmong
und nicht ohne sich zuvor mit der zuständigen Schulaufsichtsbehörde ins
Benehmen gesetzt und mit derselben die Zeit und den umfang der beab-
sichtigten Erhebungen vereinbart zu haben, die Schule betreten.
Was die Entnahme von Blut behufs Vornahme der ViDALschen Reaktion
betriflFt, so darf diese nicht ohne Zustimmung der Eltern der betreffenden
Kinder vorgenommen werden. Bei der Harmlosigkeit dieses Eingriis darf
angenommen werden, dafs die Eltern denselben, wenn sie in angemessener Weise
darum befragt werden, kaum jemals verweigern werden. Von einer zwangs-
weisen Durchführung derartiger Eingriffe mufs jedoch unter allen Umständen
abgesehen werden.
Euer Hochwohlgeboren stelle ich hiemach das Weitere ergebenst anheim.
(Unterschrift.)
an die Herren Regierungspräsidenten und den
Herrn Polizeipräsidenten in Berlin.
Abschrift übersende ich Euer Exzellenz zur gefälligen Kenntnisnahme
ergebenst.
Berlin, den 26. August 1903.
Der Minister der geistlichen, Unterrichts- und Medizinalangelegenheiten.
In Vertretung:
Wbveb.
An die Herren Oberpräsidenten.
M. 13189. U. in. A.
809
txttxatnx.
Besprechangeo.
CaIiVIn M. Woodward (Washington üniversity). A New Era in the
Pablie Schools of St. Louis. The Sc^wol Beview (a Journal of Se-
condary £dncation, edited by the School of Education of the Duiversity
of Chicago), Volume XI. No. 6. June 1903. pag. 486—494. S^.
Preis per Einzelnummer 20 Cents.
Verfasser kommt zunftchst auf die pekuniftren Schwierigkeiten zu
sprechen, mit denen das öffentliche Schulwesen in St. Louis trotz reicher
Znschflsse aus den mannigfaltigsten Quellen vor nicht allzu langer Zeit noch
za kftmpfen hatte, und berichtet weiter, da£s Tor zwei Jahren die Schnl-
behOrden einen Antrag einbrachten, die allgemeinen Steuern fOr Schulzwecke
za erhöhen, der im November yorigen Jahres auch Annahme fand und fQr
das Schulwesen einen jährlichen Mehrzuschufs yon 800000 Dollar bedeutet.
Diese günstigen Umstände hatten eine Menge allgemeiner Verbesserungen
im Gefolge und ermöglichten zugleich die Errichtung zweier neuen höheren
Lehranstalten, der Willia.mMag-Eikley Manual Training High
School und der James E. Teatman Manual Training High
School. Beide Anstalten sind im Bau begriffen und nach den neuesten
Anforderungen der Bautechnik entworfen. Sie sind bestimmt je für die
Aufnahme von 1000 Knaben und Mädchen; die erstere soll am 1. Februar
und die zweite im September nächsten Jahres eröffnet werden. Verfasser
hat seinen Ausführungen eine kurze Beschreibung des Planes der McKinley
High School beigefttgt, auf die ich an Ort und Stelle verweise.
Oberlehrer Kabl RoLLEB-Darmstadt.
W. E. iGKATiEFF. Die elektrische Beleuchtung der Schnlzimmer
Tom sanitären Standpunkte ans (mss). Moskau, 1903. Inaug.-Diss.
8^ 114 S. Mit 3 Tafeln.
Im ersten Teile seiner Arbeit gibt der Verfasser eine Übersicht Ober
die Frage von der kflnstlichen Beleuchtung der Schulzimmer, soweit sie der
Gegenstand eyperimenteller Untersuchungen gewesen ist. Seine eigenen
Versuche beziehen sich auf eine gröbere Reihe photometrischer Beobach-
tungen in einigen Lehranstalten Moskaus, in welchen die elektrische Be-
leuchtung teilweise in der Form yon Glüh- oder Bogenlampen mit ver-
schiedenartigen Lampenschirmen und -Kugeln, teilweise in der Form yon
NBRNST-Lampen, eingeführt ist. Die Bestimmung der Platzhelligkeit der
einzelnen Arbeitsplätze wurde einmal im leeren Zimmer und sodann bei
besetzten Bänken yorgenommen. Die Resultate sind in flbersichtlicher
Weise durch Tafehi illustriert.
Bei direkter Beleuchtung mit Glühlampen, die mit grolsen, un-
durchsichtigen Reflektoren (yon oben) und durchscheinenden kleineren
Mflchglasschirmen (yon unten) yersehen waren, ergab sich, wie yon yom-
herein zu erwarten war, eine ungleichmäfsige Lichtyerteilung und,
810
bei Besetztmg der Arbeitsplätze, die Bildnng ausgedehnter nnd
tiefer Schatten, welche die Schreibenden geradezu zwingen, eine schiefe
Körperhaltung anzunehmen. Die durchschnittliche PlatzheUigkeit war,
namentlich bei Besetzung der Arbeitsplätze, ungenügend ; und wenn sie vom
Verf. als im allgemeinen befriedigend erklärt wird, wenigstens da, wo sie im
Mittel 12 — 14 M.-K. beträgt, so ist demgegenflber darauf hinzuweisen,
dals das yon Gohn angegebene Minimum von 10 M.-K., das 7on I. seiner
Beurteilung zu Grunde gelegt wird, sich eben auf das rote Licht besieht,
was Yon den meisten Beobachtern nicht genflgend berttcksichtigt wird. Non
bedeuten aber 10 M.-K. im roten Licht etwa 26 M.-K. im wei&en Licht,
so dafs das CoHNsche Minimum für das weifse Licht 25 M.-K. beträgt.
Das stimmt auch überein mit den Forderungen anderer Autoren, die für
feinere Arbeit eine PlatzheUigkeit von 20 — 25 M.-K. yerlangen. Inter-
essant ist, daC3 das Reinigen der Milchglasschirme oder -Glocken, sowie der
Glühbirnen von dem gewöhnlich auf ihnen lagernden Staube die Platzhellig-
keit um 18 — 21 ^/o zu erhöhen vermochte.
Die direkte Beleuchtung mit NEEKSX-Lampen yon je 32 M.-K.,
deren Glühkörper von einer matten Glaskugel umgeben war, während
über demselben sich ein undurchsichtiger Lampenschirm von 32 cm Durch-
messer befand, ergab im grolsen Ganzen dasselbe Resultat, nur mit dem
Unterschiede, dafs hier die durchschnittliche Platzhelligkeit eine viel be-
deutendere war. Dieselbe erreichte beinahe 18 M.-K., im Maximum 25,6,
im Minimum 8 M.-K. Also auch hier eine ungleichmäfsige Be-
leuchtung der einzelnen Arbeitsplätze. Der Verlust der Platz-
helligkeit bei Schattenbildung durch die anwesenden Schüler betrug
30—43%.
Auch die halb direkte^ halb indirekte Beleuchtung mit Bogen-
lampen, an denen yon oben grofse, durchscheinende Lampenschirme, von
unten kleinere Reflektoren, System hbabowsky, angebracht waren, zeigte
kein wesentlich besseres Resultat. Allerdings war das Auge beim Eintritt
in ein yon zwei derartigen Lampen beleuchtetes Schulzimmer überrascht
von der durch diese Lampen gelieferten Menge eines angenehmen, weilslich-
bläulichen Lichtes. Aber auch hier war die Lichtyerteilnng auf den
einzelnen Arbeitsplätzen eine ungleichmäfsige, mit Schwankungen von
11 — 31 M.-K.; der Lichtyerlust bei Besetzung der Arbeitsplätze durch
Schüler betrug im Durchschnitt für die einzelnen Bankreihen 0 — 36%.
Was die Verwendung dieser Art der künstlichen Beleuchtung unter Zuhilfe-
nahme der Reflektoren hbabowseys in Schulzimmem anbelangt, so ist L
der Ansicht, dals weitere Beobachtungen notwendig seien, und dafs jeden-
falls die Bestrebungen dahin gehen müssen, weniger direktes und dafis^
mehr indirektes Licht zu erhalten. Überhaupt gelangt I. auf Grund seiner
Untersuchungen zu der nun wohl yon niemandem, der sich mit dieser
Frage ernsthaft beschäftigt hat, angezweifelten Anschauung, dafs für die
Beleuchtung der Schulzimmer das direkte Licht ganz un-
günstig ist, dafs das halb indirekte Licht als eine Konzession
gewissen Verhältnissen gegenüber zugelassen werden kann,
dafs aber der entschiedene Vorzug der reinen indirekten
Beleuchtung gebührt. F. EsiSMANK-Zürich.
811
FsENZEL, Fr. Die HilfsschaleB fBr Schwachbegabte Kinder. Leop.
Voss» Hamburg u. Leipzig, 1903. 8^ 88 S. Ji 1,—.
Der YerÜBsser, Leiter der Hilfeschule in Stolp, Pommern, gibt in
dem vorliegenden Büchlein eine Qbersichtliche Darstellung Qber die Ent-
wickluig, Bedeutung nnd Organisation der Hilfescbnlen. Als wichtigste
Abschnitte seien folgende namhaft gemacht:
Geschichtliche Übersicht über die Entwicklung der Fürsorge für
Blödsinnige und Schwachbegabte in Anstalten und Schulen; Notwendigkeit,
Nutzen , Aufgaben , Schuleinrichtung , Unterrichtsmafsnahmen , Lehrplan ,
Schüler und Lehrer der Hilfsschulen; Tätigkeit des Arztes an der Hilfs-
schule, Fürsorge für die Schüler der Hilfsschulen nach ihrer Entlassung.
Li vortrefflicher Weise erfüllt diese Schrift den Zweck, zur Orien-
tierung auf diesem Oebiete des SchwachsinnigenbOdungswesens zu dienen,
vor allem flür Schulbehörden und andere Verwaltungen, deren T&tigkeit
in den Bereich der Hilfsschulbestrebungen eingreift. Doch auch der Lehrer
der Hilfsschule wird sie mit Interesse und Gewinn lesen ; ihm dürften be*
sonders das beigegebene umfangreiche Literaturverzeichnis und Sachregister,
sowie einige Muster von Schul- und Individuallisten willkommen sem. Das
gediegene Büchlein verdient recht weite Verbreitung.
H. GsAF-Zürich.
POBT, G., Prof. Dr. med., Hygiene der Zähne und des Hnndes im
gesunden nnd kranken Znstande. Stuttgart. Ernst Hemrich Moritz.
1902, kl. 8^ 94 S., geb. Mk. 1.—.
Eine ganze Reihe tüchtiger Arbeiten, die den breiten Volksschichten
die Bedeutung einer rationellen Zahn- und Mundpflege, sowie die Wichtig-
keit einer richtigen Behandlung erkrankter Zfthne vor Augen führt, ist in
den letzten Jahren auf den Büchermarkt geworfen worden.
Wohl keine dieser Publikationen hat ihre Aufgabe so kurz und klar
gelöst, wie das vorliegende Büchlein der „Bibliothek der Gesundheitspflege*'.
Es ist keine Kleinigkeit, aus dem grofsen Wissensschatze der modernen
Zahnheilkunde, die sich bekanntermafsen aus einer ganzen Reihe Disziplinen
zusammensetzt, gerade das herauszugreifen, was dem Durchschnittsmenschen
eine klare Idee der hohen Bedeutung der Zahne, ihrer Hygiene und Be-
handlung mit Rücksicht auf den Gesamtorganismus und sein Wohlbefinden
geben kann.
Wohl wenige Gebiete des menschlichen Organismus sind heute seitens
des greisen Publikums noch so vernachlässigt, von den Medizinern im
allgemeinen noch als eine „Quantit^ n^gligeable'^ betrachtet, wie die Zähne
und die Mundhöhle.
Grofs und schwerwiegend sind die Folgen dieser Vernachlässigung
in lokaler wie allgemeiner Beziehung, und doch könnte auf prophylaktischem
und hygienischem Wege so viel getan werden, wenn nur seitens der Ärzte,
Zahnärzte und Lehrer die Grundsätze einer Zahnhygiene ins Volk hinein-
getragen würden.
Diese Aufgabe hat das Büchlein Ports unternommen. Es soll
vor allen Dingen Lehrern nnd Familienvorständen zum Studium dringend
empfohlen sein.
812
Es seien hier nur eisige wichtige Momente heransgegiiffen.
„MQtter stillt enre Kinder selbst^^ Wenn diese Mahnnng in jedes
Hans von arm nnd reich getragen wflrde nnd Nachahmnng fl&nde, wftre
hinsichtlich der Stärke nnd Gesundheit unseres Volkes im allgemeinj^, der
Gesundheit seiner Zähne im speziellen viel gewonnen.
Richtige Handpflege, Zähne reinigen morgens nnd abends mit Zahn-
bürste, Wasser und Kreide, fleifsig gurgeln schon von Kindsbeinen auf,
verhindert einmal Karies selbst schwächlicher Zähne, erhält einen gesunden
Zahnapparat, verhütet andererseits auch manche Infektionskrankheit im Kindes-
alter. Die Beaufsichtigung und Behandlung der Milchzähne findet hier ihre
energische Verteidigung, eine Notwendigkeit, die selbst in gebildeten Kreisen,
ja auch bei Zahnärzten als ein Luxus betrachtet wird.
Auf die Ursachen der Zahnkaries, die Einflüsse, die besonders zu
Karies prädisponieren, in Rasseneigentümlichkeiten, Bodenbeschaffenheit,
Kalkgehalt der Feldfrflchte, Civilisation etc. eintretend, geht Verfasser auf
die Gewerbekrankheiten mit Rücksicht auf den Zahnapparat über.
Der Extraktion der Zähne, der Narkose etc. ist ein besonderes Kapitel
gewidmet, wobei hauptsächlich folgende Punkte herauszugreifen sind:
Verf. tritt energisch für die Erhaltung des Sechejahr-Molaren ein, sofern
er erhalten werden kann, eine Ansicht, der leider selbst in zahnärztlichen
Kreisen nicht immer beigepflichtet wird.
uns freut des Verfassers SteUungnahme gegen die Narkose, die wenn
immer nur möglich aus dem zahnärztlichen Operationszimmer eliminiert
werden soUte. Mit der lokalen Anästhesie kann der gewissenhafte und
sachkundige Zahnarzt bei der Extraktion auskommen.
Zur Behandlung der Zahnkaries übergehend, wie Füllungen und
Materialien, künstlichen Ersatz, verweilt Verfasser bei der Kronen- nnd
Brückenarbeit. Die Einwände allerdings, die gegen diese gemacht werden,
sind nicht stichhaltig. Ist Kronen- und Brückenarbeit „lege artis" ausge-
führt, dann kann von einer Erschwerung der Mundhygiene durch sie nicht
gesprochen werden, auch der arme Mann kann sidi die Krone dienstbar
machen, vorausgesetzt, da(s der Zahnarzt das Gebiet beherrscht — neben
dem Metallwert seine Kunst und Arbeit den Verhältnissen anpafst —
POBT schliefst mit einer kurzen Abhandlung über die Behandlung der
Stellnnganomalien. — Das Büchlein darf jedermann zum Studium empfolileE
werden, es enthält die reifen Erfahrungen eines tüchtigen Zahnarztes wie
Mediziners. Dr. STOPPANY-Zürich.
Bibliographie.
Die mit * bezeichneten Werke wurden der Redaktion sugesandt.
*Anales de Instmcciön Brmaria. Rep. Oriental del Uruguay. Monte-
video 1903. Tomo I. Num. 2. 8^ S. 89—248.
*AnnaU d'igime SperimenidU, e Diretti dal Prof. AKGBLO Gblli. Vol.
Xni (N. S.) Fase, m, 1903.
'*'Baub, Alfb., Dr. med. Hygienischer Bäder- AUas für 8<MU und Hantö,
26 Tafeln mit erläuterndem Text. Wiesbaden, Otto Neumich, 1903..
Kl. Fo., geb. M 1.60.
813
*BeriefU über den vierten Verbandatag der HüfsscfnUen Deutschlands bu
Maingf am 14. bis 16. April 1903, erst, von Dr. Wbhrhahn und
Rektor Basbdow. Hannover, 1903. 8^. 196 S.
^Bbbninqbr, Joh. Ziele und Aufgaben der modernen Schuh und Volks-
hygiene. Winke und Ratschläge für Lehrer, Schulärzte and Eltern.
Wiesbaden, Otto Neiunich, 1903. Or. 8^. 90 S. M. 2.—, in ganz
Leinen JM. 2.86.
Brssgbn, Max, Dr. med. Die drüsigen Wucherungen im oberen Bachen-
räume (Rachenmandel) und die DauerschweUung der Nasenschleimhaut
in ihren Beziehungen tiueinander und eum geistigen Zustande des Smdes,
Die Gesundheitswarte der Schule. 1. Jahrg., No. 9..
'*^üNGB, Dr. med., Prof. Wider den Alkohol. Ges. Reden und Abhand-
lungen. Basel, Schriftstelle des Alkoholgegnerverbandes, 1903. El. 8^,
71 S. JH 0,20.
^Chauvaik, G., Dr. med. But de Vinspeciion midicäle et hygihnique
des 6coles pubUques et privies. Organisation de cette inspeciion. Con-
ditions d^efficacite. Ck)ngr^s intern. d'Hygi^ne et de Demographie k
Bruxelles. 1903.
*H0LST, Axel, Dr. med. Idem. /
^MoBNY, E., Dr. med. Idem.
Cook, Development and Gore of ChUdren. Joum. Amer. Med. Assoc,
6. Juni 1903.
Gbofbr, Elsb. Zur modernen Mädchenerjnehung, Die Jugendfürsorge.
IV. Jahrg., H. 8.
^GUNTZ, Friedr., Dr. med. Gesamtbericht über die Tätigkeit der Schul-
ärzte im Jahre 1902/03. Wiesbaden, 1903. 8®. 11 S.
DOPP, Eath. Elisas. The Place of Industries in Elementary Education,
The üniversity of Chicago Press. Chicago, 1903. 208 S. $ 1.—.
Döring, A. tJber sittUche Erziehung und Maralunterridit. Zeitschr. f.
Pädagog. Psychologie, Pathologie u. Hygiene. Jahrg. Y, H. 1/2.
'T'RENZEL, F. Die Hilfsschulen für Schwachbegabte Kinder, Hamburg,
Leopold Voss, 1903. 9f^. 88 S. JH 1.—.
GUTZMANN, A., Dr. med. Zum Taubstummenunterricht durchs Ohr.
Med.-päd. Monatsschr. f. d. ges. Sprachheilkunde. Mai-Juni 1903.
*GuTB, Prof. Les vig4taU<ms adenoides ä t4cole. Amsterdam, F. van
Rossen, 1903. Kl. 8®. 14 S. mit Abbildgn.
*JoLLBS, Ad., Dr. med. Über Wasserbegutachtung. Leipzig u. Wien,
Fr. Deuticke, 1903. 8^ 29 S. ü. 1.—.
'*liBT, Dr. Les soi-disant ^^mauvaises habitudes** des enfants. Extrait
des Annales de la Soc. de M6d. d'Anvers. Juin-Juillet, 1903.
Müller-Cramer, Zur Geschichte der Leibesübungen in Zürich. Schweiz.
Bl. f. Gesundheitspfl., No. 17.
♦Paulisch, Dr. Beiträge zur Geschichte und zum gegenwärtigen Stand
der Schulhygiene in Deutschland. Sond.-Abdr. aus d. Yierte^ahrsschr.
f. ger. Med. u. öffenü. San.-Wesen. 3. Folge, XXVI, Sepd.-Heft.
♦Bieder, Hbrm., Prof. Dr. Körperpflege durch Wasseranwendung.
Bibliothek der Gesundheitspflege. Stuttgart, E. H. Moritz. El. 8^.
201 S. mit Abbildgn. M. 2.—.
814
*RiBTZ, £., Dr. med. Bas Wachstum Berliner Schulkinder während der
Schuljahre, Archiv f. Anthropologie, N. F. Bd. I, H. 1. 1903.
*Sghmid, f., Dr. med. Die Verhrdtmg der HeilstäUen filr Tuberkulöse
in der ScJiweig im Jähre 1902. Sep.-Abdr. ans „Tuberculosis", Vol. I.
No. 2.
* Die Leistungen der schweißerischen Volksheilstäüen /är Tuber-
kulöse in den Jähren 1899 — 1901. Sep.-Abdr. aus „Tuberculosis",
Vol. II, No. 6.
*8iehenundewaneigster Bericht und Rechnung Über die Ferienkolonien und
Milchkuren erholungsbedürftiger Schulkinder der Stadt jSürich etc. für
1902. Zürich, 1903, 27 S. mit Abbildgn.
*SlCHBRBR, Otto, Dr. med. Hygiene des Auges im gesunden und kranken
Zustande. Bibliothek der Gesundheitspflege. Stuttgart, E. H. Moritz.
El. 8^. 130 S. mit AbbUdgn. JK. 1.50.
SOBEL, A. A consideration of (he common contagious skin diseases oh-
served in {he ChUdren of the Public Schools, Amer. Therapist, M&rz 1903.
^Stadblmann, Hbinr., Dr. med. Schulen für nervenkranke Binder.
Sep.-Abdr. a. Sammlung y. Abb. a. d. Geb. d. Päd. Psych, u. Physiol.,
' VI, 5. 8^ 130 S. JH 0.75.
Stbigbr, Aj>., Dr. med. Schulhygienische Skisgen. I. SchreibhaUung
und KurgsichUgkeit. Blätter fftr Schulgesundheitspflege u. Kinderschatz.
I. Jahrg., No. 5.
Stbpanoff, Nicolas. TaiUe et poids des enfants des Ecoles de Lau-
sänne. Th^se de Lausaune, 1903.
SUGE, H. Wie werden den SchUlem am besten die Begriffe der ße-
sundheiislehre angeeignet? Die Gesundheitswarte der Schule. I. Jahrg.,
No. 9.
*Trümpp, Jos., Dr. med. Gesundheitspflege im Kindesälter. U. Teü:
Körper- und Q-eistespflege im schulpflichtigen Alier. Bibliothek der
Gesundheitspflege. Stuttgart, £. H. Moritz. Kl. 8®. 140 S. A 1.—.
♦üngbwitteb, Righ., Die Nährwerte der Nahrungsmittel und ihre Ver-
wendung zur rationellen Ernährung nach Lahmann nebst ÜbersieMs-
tabeUe, Stattgart, i. Selbstvetl., 1903. Gr. 8<>, 12 S., JH 0,50.
* Verhandlungen der IV. Schweigerischen Konferenz für das Idiotenwesen
in Lusem, am 11. u. 12. Mai 1903. Herausg. im Namen d. Eonferenz-
Yorstandes von C. AUBR, K. KöLLB und H. Graf. Glarus, 1903.
8^ 119 S. mit Abbildgn.
* Verhandlungsschrift der Sitzung des Ausschusses der Deutschen Turner-
Schaft (E. V.) in Nürnberg, 16. bis 18. Juli 1903. Sond.-Abdr. a. d.
Deutschen Tumzeitung.
* Vorläufige Ergebnisse der ärztlichen Untersuchung der in den Jähre»
1901 u. 1902 ins schulpflichtige Alter gelangten Kinder. Vom eidg.
stat. Bureau. Zeitschr. f. Schweiz. Statistik. 39. Jahrg., n. Bd.,
5. Liefg.
*Wbhmer, R., Dr. med. Encyklopädisches Handbuch der Schulhygiene.
I. Abt. Mit 134 Abbildgn. Leipzig u. Wien, A. Pichlers Witwe ä
Sohn. Gr. 8*. 400 S. Geh. M. 10.-.
§tv $fl^itlfttrfi
I. Jahrgang. 1903. No. 11.
d^rtjiitaU^attblttitgett«
Über die Notwendigkeit der Anstellung von Schnlftnten
an höheren Lehranstalten.
Vortrag , gehalten in der hygienischen Sektion der Sohleaischea
Gesellschaft am 17. Mai 1903
von
Dr. Samosoh» Schularzt in Breslau.
(Schlafs.)
Interessant ist femer, dafis speziell Lehrerrersammlnngen
sich mit der Schnlarztfrage beschäftigt und vielfach Resolutionen
angenommen haben, die sich im Sinne einer positiven B^e-
lung dieser Frage mehr oder weniger entschieden aussprachen. Es
ist dies geschehen im Berliner Lehrerverein, im Berliner Bealschul-
mfinnerverein, auf der Generalversammlnng des Allgemeinen sächsi'
sehen Lehrervereins, im Stuttgarter Bezirkslehrerverein, auf der YIH.
and X. Generalversammlung des rheinischen Lehrertages, auf dem
YII. deutschen Lehrertag, in den katholischen Lehrervereinen von
Koblenz, Wiesbaden, Duisburg, in einer Versammlung der Bremen-
ser Lehrer und anderen mehr.^ Sehr deutlich spricht sich die immer
mehr zu Gunsten der Schularztinstitution sich ändernde Stellung-
nahme der Pädagogen in der Literator aus. Es ist unmöglich, auch
nur die Namen der sich dafür aussprechenden Pädagogen zu nennen,
und ich beschränke mich darauf, drei Monographien zu erwähnen,
^ Diese Angahen entstammen zerstreuten Notizen dieser ZeUechrift and
einer Broschüre von Johahiou Bbbkivckb „Schal- nnd Volkshygiene^, Harn-
boiy, Leopold Voss, 1908.
Der Sehiilarsi. L 24
210 816
die aus der Feder yon Pädagogen stammen und besonders lesenswert
sind: 1. Die Schnlarztfrage von SchiIiLeb, 2. Das Bedürfnis nach
Sclinlftrzten für höhere Lehranstalten von Bollbb nnd 3. Schnl-
nnd Yolkshygiene von Johannes BssNiNaEB. Ohne mich mit allem
nnd jedem, was in diesen Arbeiten enthalten ist, identifizieren zu
wollen, glanbe ich doch, dafs hier eine Basis gegeben ist, anf der
ein gemeinsames, ersprieMiches Arbeiten möglich nnd anssichtsvoll
erscheint.
Ich habe soeben ein etwas rosig angehanchtes Bild gemalt von
dem Verständnis, das man in behördlichen, Laien- nnd Pädagogen-
kreisen der Schnlarztinstitntion entgegenbringt. Dieses Verständnis
hat ja nun auch für die Volksschnlen einen praktischen Ausdruck
gefunden, indem hier eine Kommune nach der anderen
Schulärzte anstellt. Für die höheren Schulen trifft das mit
einer Ausnahme, auf die ich bald eingehen werde, nicht zu. Woran
liegt das? Auf einen Teil der hier in Betracht kommenden Gründe
bin ich bereits eingegangen; ich habe darauf hingewiesen, dals die
Richtung unserer heutigen sozialen Politik mit ihrer gewifs gerecht-
fertigten Fürsorge für die sog. niederen Stände eine sehr gewichtige
Bx>lle spielt, dafs es aber nunmehr an der Zeit sei, auch der Schaler
höherer Lehranstalten zu gedenken; femer habe ich als ursächliche
Momente erwähnt die meines Erachtens unrichtige Annahme einer
überall genügenden elterlichen Fürsorge, und sodann den Mangel einer
zuverlässigen Statistik und Übersicht über den allgemeinen Gesund-
heitszustand der Schüler Höherer Lehranstalten. Dazu kommt nun
noch ein ungemein wichtiger vierter Grund, auf den ich hier ein-
gehen will: das ist die Schwierigkeit in der Durchfährung. Wenn
die letztere so einfach wäre, wie an den Volksschulen, dann hätte
auch schon in die höheren Schulen der Schularzt seinen Einzug ge-
halten. Aber man trägt Bedenken, gerade den Kernpunkt
schulärztlicher Tätigkeit, die Hygiene des Individuums,
in höheren Schulen zur Geltung zu bringen, weil man
nicht weils, wie man es machen soll; man fürchtet Konflikte mit
den Eltern und den Hausärzten. Es muJs ohne weiteres zugegeben
werden, dafs der Modus procedendi an den höheren Schulen ein
anderer sein muTs als an Volksschulen. Damit fkUt aber noch lange
nicht das Prinzip. Als ich daran gehen wollte, mir über die Art
des Vorgehens unter Zugrundelegung der Untersuchungsmethoden in
Schweden und Dänemark und in Halle klar zu werden, um dies-
bezügliche Vorschläge zu machen, da ging es mir wie dem Grafen
817 211
WaIiDRBSEE in Ohina: Peking war schon erobert. Ich fand in der
Literator eine Notiss, dersnfolge in Sachsen - Meiningen staatliche
Sohnlarzte an höheren Schulen mit bestem Erfolge angestellt
seien. Herr Medizinalrat Lbübübgheb war so liebenswürdig, mir
ans dem Ministerinm die dasSchnlarztwesen betre£fenden Bestimmungen
zugehen zu lassen, von denen ich folgende hervorhebe : ^ Die ärztliche
Überwachung bezieht sich:
1. auf die Schüler, auf deren EOrperbeschaffenheit und Gesund-
heitszustand,
2. auf die Schulräume, deren Ausstattung und Zustand etc.,
kurz gesagt, auf die äulseren Bedingungen des Lebens in der
Schule.
Man ersieht hieraus, dalis Sachsen -Meiningen die Hygiene des
Individuums auf den höheren Schulen fEUr notwendig hält und prak-
tisch durchführt. Es geschieht dies folgendermalsen: Jeder Lem-
anftnger hat beim Schuleintritt einen Gesundheitsbericht oder einen
von den Angehörigen ausgefällten Fragebogen vorzulegen. Die
übrigens sehr glücklich zusammengestellten Formulare werden vom
Direktor bei der Anmeldung ausgegeben. Diejenigen Kinder, die
einen Gesundheitsbericht nicht vorlegen, werden vom Schularzt unter-
sucht; dieser vermerkt in dem von ihm ausgefüllten Gesundheits-
bericht die etwa vorgefundenen Abnormitäten und gibt auch unter
gleichzeitiger Mitteilung an den Lehrer kurz an, was er des Schülers
oder der Schule halber für notwendig oder wünschenswert hält (An-
weisung von Plätzen, Dispensationen etc.). Dem Schularzt liegt es
auch ob, geeignetenfaUs direkt oder durch den Direktor die Eltern
von seinem Befunde in Kenntnis zu setzen. Eine spätere Einzel-
untersuchung findet nur dann statt, wenn entweder die erstmalige
Untersuchung eine Abweichung vom Normalen ergeben hat, oder
wenn aus irgend einem anderen AnlaDs, namentlich auf Grund der
Beobachtungen des Lehrers, die Vermutung besteht, dais sich seit
der ersten Untersuchung bei einem Schüler eine krankhafte Veränderung
eingestellt hat. Für auiserordentlich wichtig halte ich auch die Be-
stimmung, dafs die die Schule verlassenden Schüler vor dem Abgang
noch einmal untersucht werden sollen behufe fiatschlagserteilung für
die Berufswahl. Wir finden hier die Erfüllung einer Forderung, die
schon wiederholt von Schulhygienikem, insbesondere, glaube ich, von
* Vergl. Prof. Lsübuscheb, Staatliche SchularEte. Berlin, Reuther k
Reiohard, 1902.
24*
212 818
Profossor Hbric. Oohn, erhoben worden ist. Diese Gesandheits-
berichte begleiten den Schüler bei seinem ganzen Gkinge durch
die Schale und werden wegen ihrer etwaigen Bedeatong fOr die
Militärmnstenmg bis znm Abschlols des 23. Lebensjahres des be-
treffenden Schülers aufgehoben. Auch diese Anordnung erscheint
mir recht bemerkenswert, wie überhaupt sämtliche Bestimmungen
Sachsen-Meiningens, das Schularztwesen und die Schulhygiene be-
treffend, das Vollendetste zu sein scheinen, das bisher auf diesem
Gebiete geleistet worden ist. Dieses Land hat insbesondere mit
Rücksicht auf die Hygiene des Individuums gezeigt, dafs dieselbe
auch auf höheren Schulen notwendig und sehr gut durchführbar ist.
Die Erfahrungen daselbst haben die Befürchtungen bezüglich etwaiger
Konflikte mit den Eltern und den Hausärzten als unberechtigt er-
wiesen. Die besondere Aufmerksamkeit möchte ich auf die Unter-
suchung mittels eines Fragebogens und eventuell vom Hausarzt aus-
zustellenden Gesundheitsberichts lenken. Dals mit dieser Methode
sich umfassende wissenschaftliche Untersuchungen anstellen lassen,
beweist die Tatsache, dals in Schweden und Dänemark 35000 und
in Halle 8500 Kinder auf diese Weise untersucht worden sind.
Sachsen-Meiningen hat den Beweis erbracht, dafs diese Methode sich
zu systematischen, sich ständig wiederholenden und praktische Ziele
verfolgenden Untersuchungen eignet. In der Realschule zu Frankfurt-
Bockenheim ist ebenfalls ein solcher Fragebogen im Gebrauch^ und
sogar auch in Uruguay,' was ich des Kuriosums halber erwähne.
Auf zwei Details des schulärztlichen Dienstes möchte ich noch kurz
eingehen: das sind die Mitteilungen an die Eltern und die Klassen-
besuche. Es ist ja von vornherein klar, dals wir mit Mitteilungen,
die nach dem Schema der bei den Volksschulen gebräuchlichen ab-
gefialst sind, und die eine Diagnose verlangen, unter Umständen,
z. B. durch eine unvorsichtige Diagnose, eine unberechtigte Beunruhi-
gung der Eltern hervorrufen und bei den Hausärzten Anstols erregen
könnten. Wir dürfen daher den Eltern nicht mitteilen, ihr Kind
leide an der und der Krankheit, sondern wir dürfen an sie nur das
ESrsuchen richten, eine Untersuchung des Kindes durch den Hans-
arzt veranlassen zu wollen mit der Bitte, uns von dem Ergebnis
derselben Mitteilung zu machen. Gleichzeitig könnten wir hinzn-
fügen, dals eventuell die Untersuchung durch den Sdiiularzt nach
' Dieae Zeitsdi/r, 1898, S. 681.
* Biese Zeitacht, 1898, S. 48.
819 213
Erteilung ihrer beBonderen Genehmigung Btattfinden könnte. Auf
diese Weiae sind meines Erachtens irgend welche Konflikte aus-
geschlossen. Nehmen wir den Fall an, die Eltern lassen ihr Kind
weder vom Hausarzt untersuchen, noch ermächtigen sie den Schul-
arzt dazu, nun, so geht das betre£Fende Kind jeden Anrechts auf
eine besondere Berücksichtigung yerlustig, und den Eltern fällt allein
die Verantwortung für etwaige Gesundheitsstörungen zu. Im all-
gemeinen dürften diese Fälle nicht gerade häufig sein.
Was die Klassenbesuche während des Unterrichts an-
langt, so halte ich dieselben auf Grund meiner Erfahrungen an
Volksschulen für unentbehrlich. Eine Prüfung und Begutachtung der
Heizung und Ventilation, der Belichtung des Zimmers und der Wand«
tafel, der Subsellien in ihrer Beziehung zur Haltung, Körpergröfse der
Kinder, und anderer Dinge mehr, hat nur Sinn und Zweck,
wenn sie während der Unterrichtszeit yorgenommen wird und
kann meines Erachtens von demjenigen, der einen sicheren und
schnellen Blick für diese Dinge besitzt, in kurzer Zeit erledigt
werden. Es ist nach meinen Erfahrungen in wenigen Minuten
möglich, z. B. festzustellen, dalis die Temperatur im Zimmer zu
hoch ist, die Ventilationsklappen geschlossen, die Subsellien faLsoh
aufgestellt, indem gröfsere Banknummem zwischen kleinere ein-
geschaltet sind, daJis gröfsere Kinder auf niederen und kleine auf
hohen Bänken sitzen, dafo die Kinder von dem reflektierenden
Licht der Wandtafel geblendet werden u. a. m. Man könnte hier
einwenden, dals die Feststellung und Beseitigung solcher Übelstände
vom Lehrer geleistet werden können. Tatsächlich geschieht das aber
nicht, und das ist auch nicht zu verwundern. Der Lehrer ist ein-
mal, und soll es auch sein, in erster Reihe Pädagoge. Der Blick für
hygienische Übelstände ist ihm in der Regel nie so in Fleisch und
Blut übergegangen wie dem fachmännischen Hygieniker. Er bedarf
von Zeit zu Zeit der Anregung seitens des letzteren, um in der
peinlichen Durchführung schulhygienischer Vorschriften nicht zu er-
lahmen. Die Klassenbesuche während des Unterrichts erscheinen
mir besonders geeignet, zwischen Arzt und Lehrer in hygienischen
Fragen eine Verständigung herbeizuführen, da ja hier dem Arzt Ge-
legenheit gegeben ist, den Schaden hygienischer Übelstände ad oculos
zu demonstrieren. Das einzige Bedenken gegen diese Klassenbesuche
scheint mir darin zu liegen, daiis die durch dieselben bedingte Störung
des Unterrichts, namentlich in den höheren Klassen der Gymnasien etc.,
recht unangenehm empfunden werden würde. Wir können aber.
214 820
glaube ich, dieses Bedenken auf ein Minimum reduzieren, wenn wir
folgenden Weg einschlagen: Der Schularzt, der die Absicht hat,
eine bestimmte Klasse zu besuchen, Iftist sich von dem Ordinarius
der betreffenden Elasse für den Zeitraum der nächsten ein bis zwei
Wochen diejenigen Stunden angeben, in denen der ärztliche Besuch
mit dem Unterricht am ehesten verträglich wäre. Es verlieren da-
durch diese Besuche den unangenehmen Beigeschmack einer un-
vorhergesehenen Kontrolle, während ihr Bevorstehen eine Anregnng
zur peinlichen Beobachtung schulhygienischer Vorschriften bedeutet.
Wir wollen ja gar nicht kontrollieren, wir wollen gar nicht In-
spektoren sein, wir wollen nur unser Fachwissen in den Dienst der
Schule und des Unterrichts stellen. Eine Eifersüchtelei zwischen
Arzt und Lehrer halte ich für unsinnig, da ja beide nach demselben
Ziele streben — nach der denkbar besten Ausgestaltung unseres Schul-
wesens. Es &llt uns Ärzten, die wir sehr empfindlich gegen medi-
zinische Kurpfuscherei sind, nicht ein, pädagogische Kurpfuscherei
zu treiben und in Dinge hineinzureden, die wir nicht verstehen.
Von der als richtig bewiesenen Voraussetzung ausgehend, data das
Schulleben einen EinfluTs auf die gesundheitliche Entwicklung der
Schuljugend haben kann, nehmen wir das Recht für uns in An-
spruch, diesen Einflub zu studieren und durch dieses Studium der
Schule selbst zu nützen. Unser Verhältnis zum Lehrer ist gleich
dem des pathologischen Anatomen zum Kliniker. Durch die Tätig-
keit des ersteren wird dem letzteren Gelegenheit gegeben, Selbstkritik
zu üben und sich Rechenschaft über die Zweckmäßigkeit seines Tuns
und Handelns zu geben. Analog dem wollen wir Schulhygieniker
durch unsere Beobachtung der gesundheitlichen Entwicklung der
Jugend den Pädagogen anregen, über sein Tun nachzudenken und
zu prüfen, ob und nach welcher Richtung eine Abweichung von
dem Wege, den er bisher gegangen, erforderlich scheint. Wir Ärzte
enthalten uns jedes Urteils nach der Seite der pädagogischen Technik
hin, ebenso wie der pathologische Anatom dem Kliniker niemals
Vorschriften über Behandlung seiner Patienten machen wird. Unsere
Tätigkeit soll dem Pädagogen neue Gesichtspunkte und Hil&mittel
erschliejsen, die ihn, mehr als bisher, fthig erweisen sollen, sein
Arbeitsgebiet fruchtbar und segensreich zu gestalten. Darum wird
auch der Schwerpunkt unserer schulärztlichen Tätigkeit an höheren
Schulen nach der Seite hin liegen, dalis die Schule von unseren Fest-
istellungen Kenntnis nimmt und daraus ihre Schlüsse zieht. Hier
handelt es sich nicht so sehr darum wie bei den Volksschulen,
821 215
soziale Fürsorge fär das einzelne E[ind zu. treiben, sondern hier
kommt es im wesentlichen darauf an, der Lehrerschaft, unter deren
Einflufs die Kinder lange Jahre hindurch stehen sollen, Kenntnis
2u verscbafiPen über das ihr anvertraute Material. Ich glaube den
Herren Pädagogen nicht zu nahe zu treten, wenn ich behaupte, dals
sie im wesentlichen nur die Leistungen der Schüler an sich betrachten,
sich jedoch häufig im Unklaren sind über die vielleicht in
der Katur oder in der körperlichen Entwicklung des
Kindes gelegenen Ursachen mangelhafter Leistungen.
Ich erinnere hier daran, dals seiner Zeit von ärztlicher Seite
(Benda^) die Behauptung aufgestellt worden ist, der Durchschnitt
der Oymnasisten sei von Haus aus auf Grund von Bedingungen,
die von der Schule unabhängig sind, den Anforderungen ihrer Schule
nicht gewachsen. Ich erinnere ferner daran, dafs von pädagogischer
Seite (Bbahm*) eine Trennung der Schüler nach ihrer Leistungs-
fähigkeit unter ärztlicher Mitwirkung yerlangt worden ist. Der
Lehrer ist eben nicht auch Arzt und kann daher allein nicht leisten,
was beide zusammen leisten müssen. Zur Illustrierung dessen berufe
ich mich auf einen Pädagogen, den Bektor Kabl Weitzbl' in Ulm.
Derselbe hat in dem Gedanken, dals eine Schulgesundheitslehre
eine Schulkrankheitslehre voraussetze, zehn Jahre hindurch eine
Krankheitsstatistik aufzustellen versucht. Das Ergebnis seiner Ver-
suche begleitet er mit den Worten: „Nach jahrelanger Beschäftigung
mit den Fragen und Kenntnisnahme der nachgerade unheimlich an-
gewachsenen Fachliteratur können wir als Laien die Überzeugung
nicht unterdrücken, dals das bis jetzt gesammelte statistische Material,
die Untersuchung der Augen und Ohren ausgenommen, nicht hin-
reicht zu einem objektiven Nachweis der dem Besuch der Schule
zur Last fallenden Gesundheitsstörungen bei Mädchen, und dafs
femer ein beweiskräftiges Material nur in den Fällen zu gewinnen
sein wird, wo direkte ärztliche Untersuchung in grofsem Umfange
sich ermöglichen läfst^. Zur Beurteilung der Bildunga* und Leistungs-
fähigkeit eines Menschen gehören eben auch ärztliche Kenntnisse,
and um so weniger wird gerade in höheren Schulen der Lehrer ein
allseitig zutreffendes Urteil über die Kinder haben, als gerade bei
dem dort herrschenden Fachlehrersystem der einzelne Lehrer in eine
» 1 c.
* Diese ZeUechr. 1897, S. 385.
* IHeee Zeiiechr. 1895, S. 186.
216 832
viel weniger inteimiye Berührung mit den Kindern kommt. Gerade
mit Rflbksicht hierauf ist dieses Fachlehrersystem auch von pftda-
gogisoher Seite yielfaoh aDgegri£fen worden; aber auch nach anderer
Biohtung hin haftet ihm ein wesentlicher hygienischer Übelstand an,
indem nämlich dieses System eine Bflcksiohtnahme auf die während
eines länger dauernden Unterrichts eintretende Abspannung und ESr-
mftdung des kindlichen Geistes verhindert. Der Mathematiker, der
um 11 Uhr die Ellasse betritt, verlangt von dem Schäler dieselbe
geistige Frische, die der Lateinlehrer vielleicht um 7 Uhr moigene
verlangt hat.
Ich habe dieses Fachlehrersystem erwähnt im AnschluJs an eine
Bemerkung des Herrn Professor Pabtsoh an dieser Stelle, weil ich
hierin einen Gfrund dafür zu sehen glaube, dals gerade den höheren
Schulen eine schulhygienische Überwachung besonders not tut. loh
will nun noch hinzufügen, dafs die Untersuchung der Lern-
anfänger an den höheren Schulen vielleicht noch wichtiger
ist wie an den Volksschulen. Meine Erfahrungen an den letzteren
haben mich gelehrt, dafs die aus schlechten sozialen Verhältnissen
stammenden Kinder während der ersten Schulzeit eine Besserung
ihres Gesundheitszustandes erfahren. Die Gewöhnung an Zucht,
Ordnung, Sauberkeit, der stundenlange Aufenthalt in hygienisch weit
besseren Bäumen als den häuslichen übt einen wohltätigen Einfiols
aus. Das Oegenteil wird für die Kinder der besseren Stände behauptet.
Hier nimmt man an, dafs der Schulbesuch eine Verschlechterung
der äufseren Lebensbedingungen und damit auch des GresundheitB-
zustandes bedeute. Auch über diese Frage wird erst die schul-
ärztliche Tätigkeit Aufklärung bringen.
Wir sehen also, dals die Aufgaben des Schularztes an höheren
Lehranstalten recht mannigfacher und vielseitiger Art sind. Man
könnte ihrer noch viel mehr aufzählen, wenn man Spezialwünsdie
berücksichtigen wollte, wenn mau z. B. systematische Augenunter-
suchungen, wie sie in erster Reihe von Cohn, in allemeuester Zeit
von Hbine in der Sitzung der medizinischen Sektion vom 22. Mai
verlangt wurden, anerkennen wollte. Die Hygiene des einzelnen
Kindes, der Kernpunkt schulärztlicher Tätigkeit, ist an
höheren Schulen mindestens ebenso notwendig wie an
Volksschulen, wenn auch vielleicht in etwas anderem Sinne. Erst
auf der durch sie geschaffenen Basis werden wir zu einer gerechten
und wissenschaftlich einwandsfreien Würdigung des Schuleinflusses
gelangen, und erst dann wird die Schule ihrer Verpflichtung gerecht
823 217
werden kOimen, auch ihrerseits die denkbar besten Bedingungen für
die Entwicklung und das Gedeihen der Sebnljngend zu schaffen;
denn diese Yerpfliohtang liegt ihr auch ob, selbst für den Fall, daCs
unsere Untersuchungen die Schuldlosigkeit der Schule an einer etwa
bestehenden allgemeinen gesundheitlichen Minderwertigkeit der Schul-
jugend erweisen sollten. Wir dürfen nicht vergessen, dafs die Schule
nur der Schüler wegen da ist, und dals sie nicht auf gesunde Kinder
ausschiielslich zugeschnitten sein darf, wenn ein grofser Teil der
Kinder krank ist. Soll aber die Schule diesen Anforderungen ge-
nügen, so bedarf sie der Schulhygiene und der lebendigen Mitwirkung
des Schularztes.
Das Schularztwesen in Deutschland.
Bericht über die Ergebnisse einer Umfrage bei den
gröfseren Städten des deutschen Reiches.
Von
Dr. Paul ScHUBKET-Nürnberg.
(Fortsetzang.)
Die Enthebung 7on der schulärztlichen Untersuchung erfolgt
soweit bekannt geworden ist, überall, sobald ein hausarztliches Zeug-
nis beigebracht wird, das alle im Gesundheitsschein enthaltenen
Fragen umfafst. Meist werden seitens der Schulverwaltung zum
Zwecke solcher priyatärztlichen Zeugnisse Formulare yerabfolgt. Es
liegen solche vor aus den Städten Cottbus, Darmstadt, Elms-
horn, Frankfurt a. M., Göttingen, St. Johann a. d. Saar und
Wiesbaden. Sie haben alle übereinstimmend folgende Spalten:
Allgemeine Konstitution, geistige Fähigkeiten, Brustorgane,
Bauchorgane, Wirbelsäule und Extremitäten, flaut und Parasiten,
Augen und Sehvermögen, Ohren und Gehör, Mund, Nase und
Sprache, Besondere Bemerkungen, Ärztliche Anträge betreffend
Unterricht.
Eine besondere Rolle spielt in allen den zahlreichen, nach Wies-
badener Muster eingerichteten Schularztordnungen die Beurteilung
der „allgemeinen Konstitution". Wiesbaden schreibt darüber
Tor, dab dabei jedem Kind eine Art Gesundheitszensur erteilt wird.
218 824
und zwar nach den Kategorien gut, mittel nnd schlecht. Die Be-
zeichnung »gut^ ist nur bei ▼ollkommen tadellosem GesundheitB-
zustand, und „schlecht" nur bei ausgesprocheneb Krankheitsanlagen
oder chronischen Erkrankungen zu wählen.
Obwohl zuzugeben ist, dafs diese Gruppierung der sämtUchen
Schulen einer Stadt in drei grofse sanitäre Zensus ein übersichtliches
und bei richtiger Handhabung auch lehrreiches Bild gibt, so mindert
sich doch der Wert dieser Einrichtung durch den Umstand, dals die
Grenzen nicht scharf genug gezogen werden können und allzu sebr
von dem Ermessen des untersuchenden Arztes abhängen. Mag
immerhin durch lange Übung das Urteil des einzelnen Schularztes
eine genügende Stetigkeit und Gleichmäbigkeit gewinnen, und auch
unter den Schulärzten derselben Stadt eine gewisse Übereinstimmung
hinsichtlich des anzuwendenden Malsstabes erzielt werden können,
so kommt doch den auf diesem Wege gewonnenen Prozentzahlen
nur eine örtliche Bedeutung zu, und man darf sie nicht ohne
Weiteres für eine vergleichende Beurteilung des Gesundheitszustandes
der Jugend verschiedener Städte verwerten.
Dennoch erfreut sich diese Gesundheitszensur anscheinend all-
gemeiner Beliebtheit, und wenn die in § 1 der Wiesbadener Dienst-
ordnung enthaltene, eben citierte Vorschrift kaum in die Hälfte der
deutschen Schularztordnungen Aufnahme gefunden hat, so zeigen
doch die Gesundheitsscheine vieler anderen Städte, dals sie auch dort
in Übung steht. Soweit ermittelt werden konnte, kommt das Ver
fahren in folgenden Städten zur Anwendung: Aachen, Apolda
Benneckenstein, Bielefeld, Bonn, Bromberg, Oassel
Oharlottenburg, Chemnitz, Oöln, Coburg, Cottbus, Darm
Stadt, Dülken, Düren, Elmshorn, Erfurt, Essen, Flens
bürg, Forst, Frankfurt a. M., Friedrichshagen, Fürth
Göttingen, Gräfrath, Grunewald, Hagen, Hameln, Heil
brenn, Insterburg, Königshütte, Königsberg i. Pr., Leip
zig, Lichtenberg, Magdeburg, Malstadt-Burbach, Meide
rieh, Mülhausen i. Eis., Oberschönweide, Ohligs, Posen.
Quedlinburg, Remscheid, Stettin, Stolberg, Strafsbnrg
i. Eis., St. Johann a. d. Saar, Trier, Wald, Weimar, Zeitz,
Zittau, Zwickau.
Die Zensur gut, mittel und sohlecht wird manchenorts auch in
anderen Fragen des Gesundheitsbogens gefordert; so verlangen
Magdeburg und Quedlinburg bei der geistigen Entwicklung
eine Unterscheidung in „defekt" (d. h. unfähig zum Schulbesuch},
826 219
„zurückgeblieben^ (d.h. fflr Hilftsohnlen geeignet) und „normal*'.
Auch Hör- und Sehvermögen und Gebils erhalten die Zensuren I
bis ni.
Sehr wertvoll fär die gesundheittiohe Überwachung der Schulen
sind die bei der Aufnahmeuntersuchung stattfindenden und im späteren
Schulleben in angemessenen Zeiträumen zu wiederholenden Wä-
gungen und Messungen. Wir besitzen hierin den zahlenmäisigen
Ausdruck für den körperlichen Entwicklungsgang des Schulkindes,
und man kann wohl sagen, dais der Wägung und Messung in der
Schule dieselbe sjrmptomatische Bedeutung zukommt, wie der Thermo*
metrie am Krankenbett. Ein wesentlicher Unterschied besteht aller-
dings zwischen beiden Verfahren. Bei der Länge und dem Gewicht
des Kindes kommt es nicht auf die absolute Zahl an, sondern auf
die Zunahme beider Zahlen im Laufe des Schullebens. Dr. Schmid-
MoNNARD hat sich bekanntlich gro&e Verdienste erworben um die
richtige Würdigung der Längen- und Gewichtszunahmen in den ver-
schiedenen Stadien der Entwicklung des Kindes, besonders um die
Zeit der Pubertät, und um die Kenntnis des engen Zusammenhanges
dieser Verhältnisse mit der Morbidität der kindlichen Altersstufen.
Wenn diese Messungen und Wägungen für die Beurteilung des
körperlichen Entwicklungsganges verwertet werden sollen, so ist dabei
allerdings eine unerlälsliche Bedingung zu erfüllen, die in den Schularzt-
ordnuDgen nicht immer mit der nötigen Schärfe zum Ausdruck
kommt: Die Zeit der Vornahme dieser Messungen und
Wägungen mufs genau angegeben und innegehalten werden,
damit sie nicht bei demselben Kinde ein mal im März, das andere
mal im April oder Mai erfolgen; die zwischenliegenden Zeiträume
müssen durch das ganze Schulleben die gleichen bleiben (^/s bis
1 Jahr, je nach den örtlichen Vorschriften); nur dann kann die
Gröüsen- und Gewichtszunahme ohne weiteres für die Beurteilung
der normalen Entwicklung verwertet werden.
Wiesbaden hat darüber folgende, von den meisten Städten
nachgeahmte Bestimmung getroffen:
jfiie Wägongen and Messangen werden von den betreffenden Klassen-
lehrern vorgenommen and sind in jedem Halbjahre in die betreffende Spalte
einzatragen (Abrandangen auf ^/s cm and ^/i kg). Brastamfang wird vom
Arzte gemessen, jedoch nar bei Kindern, die einer Langenerkranknng ver-
dächtig sind, oder deren allgemeine Konstitation im Gesandheitsschein als
schlecht bezeichnet ist.^
Viele Städte lassen jährlich einmal Grö&e und Gewicht fest-
stellen, andere (wie z. B. Britz bei Berlin und Eberswalde) bei
220 826
der Neuaufnahme und später nur noch bei den Überweisungesohfilem,
einige nur bei der Aufnahme.
An einigen Orten sind mit den Wägungen die Hausmeister
betraut, die dabei von den Lehrern beaufsichtigt werden sollen.
Eng mit der sohulärztliohen Erstuntersuchung und mit der Ein-
richtung der Gresundheitascheine ist die gleichfalls nach Wiesbadener
Muster ganz allgemein getroffene Bestimmung verknüpft, dals jene
Eander, die einer ständigen ärztlichen Überwachung bedürfen,
einen Vermerk „ärztliche Kontrolle^ auf ihrem Gesundheitsbogen
erhalten, und dadurch als solche gekennzeichnet werden, die dem
Arzt bei jedem Klassenbesuch unter Vorlegung des Gresundheits-
Scheines zur Besichtigung oder Untersuchung vorgeführt werden
müssen. Die Auswahl dieser „Überwaohungsschüler^ ist wiederum
dem ärztlichen Ermessen anheimgestelltj und daran wird auch durch
die Vorschrift nichts geändert, dals von dieser Malsregel die Kinder
getroffen werden sollen, deren Konstitution mit Note III („schlecht^)
zensiert worden ist. Die Auswahl der Überwachungsschüler ist einer
der für die schulärztlichen Praktiker im Vordergrunde des Interesses
stehenden und grundsätzlich noch nicht vollkommen klar gelegten
Punkte. Dr. Sahosoh hat in dieser Zeitschrift (1903, No. 4 u. 5)
jüngst seine Auffassung dargelegt und begründet, und es wäre zu
wünschen, dafs darüber weitere Äulsernngen von berufener Seite
erfolgen möchten.
Die Bestimmung einer ständigen ärztlichen Kontrolle der ge-
sundheitlich minderwertigen Kinder ist von grölster Wichtigkeit für
die Hygiene des Schulkindes, und man kann wohl sagen, dafs jede
Schularzteinrichiung unvollkommen ist, die nicht auch diese Form
der ärztlichen Überwachung in ihren Betrieb aufgenommen hat.
Es sei hier noch darauf hingewiesen, dafs einzelne Städte, wie
z. B. Bromberg und Trier, Gesundheitsbogen nur für solche Kinder
anlegen, welche dauernder ärztlicher Überwachung bedürftig gefunden
wurden. Auch Berlin legt diese Formulare, die dort „Überwaohungs-
bogen'^ genannt werden, nur für nicht völlig gesunde Kinder an, fär
die besondere Sitzplätze und Ausnahmen im Unterricht nötig sind.
Man verspricht sich davon eine Minderung der Schreibarbeit für den
Schularzt. Allein abgesehen davon, dafs die Ausfüllung eines Ge-
sundheitsscheines für ein in allen Stücken gesundes Kind, mit Aus-
nahme der Niederschrift der Personalien, die übrigens durch den
Lehrer erfolgen kann, dem Schularzt kaum irgend welche Mühe
macht, da er die Rubriken einfach leer läfst oder mit einem
827 221
Pcblzeiohen versieht, so spricht doch wohl manches gegen diese
nur scheinbare Vereinfachnng. Der Gesundheitsbogen dient im Laufe
des Sohullebens zu Eintragungen mannigfacher Art: Messungen und
Wftgungen, durch Krankheit bedingte Sohulversäumnisse, An-
weisungen bestimmter Plätze« Dispens von einzelnen Unterrichts-
zweigen, Beobachtnngen des Lehrers. Auch bietet wahrend der
Ärztlichen Untersuchung selbst der Gesundheitsbogen mit seinen
einzelnen Spalten ein Schema für den Gang der Untersuchung und
hilft dazu, den Arzt vor Irrung und Vergessen einzelner Teile zu
schützen.
So wie die Einrichtung in Berlin getrofiFen ist, yerdienen die
Formulare eher den Namen von Erankheitssoh einen.
Das führt dazu, auf die Bedenken aufmerksam zu machen, welche
von mancher Seite im allgemeinen gegen die Schüleruntersuchung
erhoben wurden. Man hat gesagt^ dais die krank befundenen Kinder
▼or ihren Genossen gekennzeichnet würden und eine Art „Capitis
diminutio'' erführen.
In der Tat sollte man diesen Gesichtspunkt nicht völlig auiser
acht lassen, und alles zu vermeiden bestrebt sein, was die Kinder vor
ihren Mitschülern bloisstellen könnte. Verschwiegenheit über die
flrgebuisse der Untersuchung ist eine selbstverständliche Pflicht für
Arzt und Lehrer; sie wird in einigen Schularztordnungen ausdrücklich
erwähnt. Brandenburg a. H. verfügt in § 16: „Anderen Personen
als dem Schularzt dürfen die Gesundheitsbogen nur mit Genehmigung
der Schulkommission zugängig gemacht werden.*' Auch sonst finden
sich in einzelnen Dienstordnungen beherzigenswerte Punkte. So
schreibt die Grolsherzoglich hessische Regierung im § 3 ihrer An-
weisung für Landschulen vor: „Soweit die Untersuchung die un-
bedeckten Körperteile betrifft, sind die Schüler von den übrigen
abgesondert zu untersuchen, wie denn überhaupt dem Empfinden der
Kinder besondere Rücksicht zu tragen ist.*' — In Görlitz müssen
nach § 9 der Dienstordnung die Kinder „tunlichst einzeln untersucht
werden''.
Die Aachener Dienstordnung hat durch Verfügung der Königl.
Regierung vom 29. Juni 1901 einen Anhang erhalten, in dem es
u.a. heüSst: „Kinder mit auffallenden körperlichen Gebrechen sind
nicht in Gegenwart von anderen Kindern zu untersuchen.^
• Diese Anordnung ist sehr zweckmälsig und verdient in Zukunft
in alle Dienstordnungen aufgenommen zu werden.
Andererseits scheint man aber in Frieden au zu weit zu gehen
222 828
mit dem Inhalt des Artikels 10: „Etwaige üntersuobangen von Brost
und Bauoh bei Mädchen sind nnr in der elterlichen Wohnung aus-
zuführen/
Eine andere Form der Bttcksichtnahme auf das elterliche
Empfinden hat Trier gefanden, indem es den Eltern der Über-
wachungsschüler folgende Zuschriffc sendet:
Mitteilung.
Bei der heute vorgenommenen schnlSrztlichen Besichtigung der Volks-
schale ist Ihr Kind
einer ärztlichen Üherwachnng für bedürftig erklärt worden. Sollten Sie
die fernere Untersnchong bezw. Überwachong Ihres genannten Kindes durch
den Schularzt nicht wünschen, so hahen Sie zu Beginn eines jeden Schul-
halhjahres ein anderweites ärztliches Zeugnis üher die allgemeine Konsti-
tntion, über den Gesundheitszustand des Herzens und der Lunge, der
Sinnesorgane, der Wirbelsäule und Oliedmafsen des Kindes, sowie über die
Freiheit von Hautkrankheiten beizubringen.
T rier , den
Über die Technik der Untersuchung enthalten nur wenig
Schularztordnungen nähere Vorschriften. Chemnitz, Frank-
furt a. M., Leipzig, Nürnberg, Posen, St. Johann a. d. Saar,
Reichenbach und Trier bestimmen ausdrücklich, dafs die Kinder
mit entblöfstem Oberkörper dem Arzt vorgeführt werden müssen.
Die Anwesenheit des Lehrers bezw. der Lehrerin wird überall ge-
fordert, an einigen Orten auch die des Rektors; die Gegenwart der
Eltern wird als erlaubt oder sogar als wünschenswert bezeichnet
Die Schularztordnung in Hagen spricht in § 3 aus, dafs der
Klassenlehrer bei der Untersuchung das Amt des Schriftführers zu
versehen hat. Tatsächlich wird dies wohl an vielen Orten auch
ohne gedruckte Anordnung geschehen.
Die wichtigsten Einzelheiten über den Qwng der Erstunter-
suchung bietet der auf reiche Erfahrung gestützte und manchen
praktischen Vorschlag enthaltende, schon mehrfach erwähnte Bericht
des Stadtbezirksarztes Dr. Poetteb^ über das in Leipzig übliche
Verfahren. Die für eine Ellasse mit 40 — 45 Kindern aufzuwendende
Zeit wird daselbst auf etwa 1^/s Stunden angegeben. Brieflich hatte
der genannte Autor die Güte, noch folgende Erläuterung beizufügen:
„Die Untersuchung erfolgte mit völlig hinreichender Genauigkeit
innerhalb der angegebenen Zeit Wenn die Dntersuohungs-
zeit anfangs auch etwas länger dauern mag, so übt man sich sehr
* Diese Zeitschrift 1902, Seite 243 bis 249.
829 223
rasch ein. Wichtige Leiden brauchen daher keinesfalls übersehen
zu werden» besonders wenn man systematisch vorgeht und wenn,
was höchst wünschenswert ist, die Mutter bei der Untersuchung zu-
gegen ist.^
Erheblich mehr Zeit wird nach gütiger brieflicher, vom Stadt-
arzt Herrn Oeh. Sanitätsrat Dr. Spibss erteilter Auskunft in Frank-
furt a. M. aufgewendet: „Die Dntersuchungszeit der Neueingetretenen
erfordert nach Angabe der Schulärzte zwischen sieben und neun
Minuten, ich glaube, stellenweise noch weniger Die Art
der Untersuchung hat sich nach Ansicht der Schulbehörden und
Schulärzte durchaus bewährt."
Theoretisch wurde von mancher Seite gefordert, dafo man für
die Untersuchung eines jeden Kindes etwa eine halbe Stunde Zeit
verwenden müsse, wenn der ganzen Sache überhaupt ein Wert bei-
gemessen werden, und Flüchtigkeit und falschen Ergebnissen vor-
gebeugt werden solle. Man darf jedoch bei Beurteilung dieser
Schüleruntersuchungen den Zweck derselben nicht aus dem Auge
verlieren. Es handelt sich ja nicht um die Aufnahme eines in alle
klinischen Einzelheiten eindringenden Befundes, wie er für den
behandelnden Arzt erforderlich ist, der seinen Heilplan darauf auf-
zubauen hat; auch die genaue Würdigung aller jener Begleit-
erscheinungen, welche die Prognose beeinflussen und für die Würdi-
gung eines Leidens in forensischer Hinsicht, oder bei Lebens- und
Unfallversicherungen von Bedeutung sind, kann bei diesen schulärzt-
lichen Untersuchungen aufser acht gelassen werden; der Schularzt
hat femer mit der Behandlung nichts zu tun. Es genügt daher, die
Hauptdiagnose zu stellen und die hieraus sich ergebenden Bat-
schläge sowohl an den Lehrer für den Schulbetrieb, wie an die
Mtem für Zuziehung des behandelnden Arztes zu erteilen.
Unerläfslich ist eine lückenlose Untersuchung der wichtigsten
Organe nach dem vorgeschriebenen Schema, damit nicht Wesentliches
übersehen wird. Entbehrlich hingegen ist das tiefere Eingehen
auf den Krankheitsfall, das dem behandelnden Arzt überlassen
werden darf.
So ist z. B. das Vorhandensein einer Bückgratsverkrümmung
bei einem entkleideten Kinde in wenigen Sekunden festgestellt, wo-
gegen Art, Grad, Ursache und Behandlung des Leidens zeitraubende
Messungen und anderweitige Untersuchungen erfordern, die für den
Schularzt zwar ein wissenschaftliches Interesse bieten würden, aber
für den praktischen Zweck seiner Untersuchung entbehrlich sind.
234 830
Ebenso leioht und schnell kann der Sohalarzt am offenatehenden
Mund und an der Klangfarbe der Sprache des Kindes das Vor-
handensein eines Atmnngshindemisses im Bereich der oberen Luft-
wege erkennen, hingegen darf er die Entscheidung darüber, ob das
Hindernis in Schwellung der Nasenmuschel, in Sekretanhäufnng, in
Nasenpolypen, in Hypertrophie der Ghtumenmandeln, oder in ade-
noiden Wucherungen des Nasenrachenraumes besteht, dem behan-
delnden A.rzt überlassen.
In diesem Sinne aufgefaist und durchgefährt, erfüllt die schul-
ärztliche Untersuchung in jeder Hinsicht die ihr gestellte Aufgabe,
ohne sich durch eine allzu subtile und zeitraubende, im MiCsverhältnis
zu ihrem Ziel und Zweck stehende Detailarbeit Schwierigkeiten zu
schaffen» die ihr schlielslich wegen des erforderlichen Zeitaufwandes
zur Klippe werden müisten, an der die ganze Einrichtung sdieitem
könnte. Das Bessere ist auch auf diesem Gebiet zuweilen der Feind
des Guten.
Entscheidend muis die Erfahrung sein und die nunmehr durdi
eine Reihe von Jahren in zahlreichen Städten zur vollen Befriedi-
gung sachverständiger und objektiv urteilender Männer ausgebildete
schulärztliche Praxis.
Manche Städte stellen allerdings an die schulärztliche Brstunter-
suchung so geringe Ansprüche, dals die ganze Einrichtung als voll-
wertig nicht bezeichnet werden kann.
So erfolgt in Gera, wie schon erwähnt, genaue Untersuchung
nur bei den von Eltern oder Lehrern als kränklich bezeichneten
Kindern, anderenfalls werden die neueintretenden Elnder nur einer
Rension unterzogen zur Ermittlung von übertragbaren Ejrankheiten
und Ungeziefer. Ähnlich lauten die Bestimmungen in Kiel. In
Osnabrück ist nach § 1 „jedes neueintretende Kind auf seinen
körperlichen und geistigen Gesundheitszustand zu untersuchen, und
zwar im allgemeinen jedes einzelne Kind äuüserlich und nur wenn
erforderlich sorgfältig und gründlich*'. In Rinteln (Reg.-Bes.
Oassel) werden die Kinder gleichfetlls nur äuiserlich revidiert, und
nur die „verdächtig erscheinenden** werden genau untersucht.
In Plauen sagt § ö: „Den neneintretenden Schulkindern hat der
Schularzt seine besondere Aufmerksamkeit zuzuwenden; er hat sie ge-
gebenenfalls daraufhin zu profen, ob ihre körperliche Beschaffenheit
oder ihr Gesundheitszustand beim Unterricht eine besondere Berflcksichti-
jmng fordert.**
831 225
Dem Sinne nach deckt sieh damit § 6 der Dienstordnung in
Meifsen. Dabei macht das Wort „gegebenenfalls^ den Eindruck, als
ob eine genaue Untersuchung die A^usnahme bilden würde. Es entspricht
diese Form des schulärztlichen Dienstes der früheren vorwiesbadener
E!poche des Sohularztwesens, der auch die ersten Dienstordnungen
von Leipzig und Nürnberg angehört haben, über deren Um-
g'estaltung schon berichtet wurde. Dresden scheint sich noch im
Übergangsstadium zu befinden, indem die allgemeine genaue Unter-
suchung nur von einzelnen Schulärzten probeweise vorgenommen wird.
Die im allgemeinen Teil dieser Zeüschrift (S. 144 — 145) namhaft
gemachten Städte mit rudimentären schulärztlichen Einrichtungen
haben grölstenteils auch für die Schulnenlinge nur äufse r e Besichtigung
eingeführt, mit genauerer Untersuchung einzelner verdächtiger Kinder.
Besonders gilt dies von allen Orten des Beg.-Bez. Arnsberg (mit
Ausnahme der Stadt Hagen, die Vollschulärzte besitzt) und von
vielen Orten des Beg.-Bez. Düsseldorf , so insbesondere von Alten-
essen, Duisburg, München-Gladbach, Neufs, Solingen.
In beiden Regierungsbezirken bestehen seit vielen Jahren generelle,
durch Begierungsverfögungen geregelte Bestimmungen über die sani-
täre Überwachung der Schulkinder, die auch jetzt, nach Einführung
der Kreisärzte, noch zu Recht bestehen, aber nicht überall mehr in
aller Strenge durchgeführt werden, während einzelne Städte über das
gesetzliche Mals freiwillig hinausgegangen sind durch Anstellung von
Schulärzten nach Wiesbadener Muster. Da sich indessen diese alten
generellen Verfügungen, die hinsichtlich Arnsbergs schon im all-
gemeinen Teil gestreift wurden, nicht auf die Erstuntersuchungeu
beschränken, sondern auch die Besichtigung der anderen Klassen
umfassen, so soll davon an späterer Stelle, bei dem Abschnitt über
die wiederholten Untersuchungen der Kinder, im Zusammenhang be-
richtet werden.
Von den durch die schulärztlichen Untersuchungen festgestellten
Erkrankungen müssen sowohl die Lehrer, wie auch die Eltern
Kenntnis erhalten. Die Mitteilungen und Ratschläge an die Lehrer
können bei der Untersuchung selbst von kurzer Hand erteilt werden,
sollen auch in den Gesundheitsbogen eingetragen werden. Die Mit-
teilung an die Eltern mufs im allgemeinen schriftlich erfolgen und
ist durch den Lehrer oder Rektor zu übersenden. Es soll bei dieser
Mitteilung eine schonende Form angewendet und jede Härte und
Der Sehnlarst. 1. 26
226 832
Schroffheit vermieden werden (Ohemnitz). Beizufügen ist der Rat, das
Kind ftrztlioh behandeln zu lassen. In der Mehrzahl der Fälle wird
es dahingestellt bleiben, ob die Eltern diesen Rat befolgen oder
nicht. In einigen Städten wird verfügt, dals darauf geachtet werden
soll, und wenn nötig eine zweite Zuschrift an die Eltern zu richten
ist. Eine in Leipzig^ von einigen Schulärzten aus eigenem Antrieb
vorgenommene Nachprüfung hat ergeben, dais in etwa '/« der Fälle
die Mtem dem schulärztlichen Rat sofort folgten, ein anderer Bruch-
teil tat dies auf Grund einer zweiten Ermahnung, und nur bei
3,8% war nichts zu erreichen. Die Stadt Dülken verfährt in
dieser Hinsicht am nachdrücklichsten, indem bei ernsten und wich-
tigen Erkrankungen vom Lehrer festzustellen ist, ob der Ermahnung
zur ärztlichen Behandlung Folge geleistet wird; eventuell mub dem
Bürgermeisteramt Anzeige erstattet werden.
Die Formulare für die an die Eltern zu erlassende Mitteilung
sind fast alle nach Wiesbadener Muster eingerichtet und lauten:
Hitteilang.
Die von dem Magistrat angeordnete ärztliche Untersuchang resp.
Überwachung ihres Kindes
geh hat ergeben, dals dasselbe
an ^ _
leidet, Für die Gesundheit Ihres Kindes, wie für das Interesse der Schale
ist deshalb •
dringend erforderlich.
Wiesbaden, den 190.
An
Der Magistrat;
No
In dem Breslauer Formular lautet der Schlufssatz:
„Im Interesse des Kindes und der Schule ist deshalb nötig, da(s das-
selbe in ärztliche Behandlang tritt."
Bonn fügt aufser diesem Satz noch hinzu:
„Auf Wnnsch der Eltern nimmt der Schalarzt die genauere Unter-
snchnng unentgeltlich vor. Eine Behandlang des Kindes durch den Schul-
arzt erfolgt nicht."
Hessen- Darmstadt (und nach dessen Vorbild auch Eobnrg)
fügen eine andere Bemerkung bei:
^ PoETTER, 1. c. S. 255—266.
833 227
„Sie wollen diese Mitteilung nntersdireiben und binnen drei Tagen
zoTückgeben, dabei aber von jeder Znsatzbemerknng absehen. Zn persön-
licher Rflcksprache ist der Lehrer gern bereit. **
An einzelnen Orten sind fOr gewisse Krankheiten eigene
Formulare in Übung. Insbesondere gilt dies fdr akute Infektions-
krankheiten, von welchen noch besonders zu sprechen sein wird. In
Griefsen besteht ein Formular für Meldung von Bückgratsyerkrüm-
mnngen.
Die am vorgenommene Untersuchung Ihres
^^^ hat ergeben, dab die
Tochter
Wirbelsäule des Kindes Neigung zeigt, auszubiegen. Die Schule wird
dieser Tatsache in Zukunft ihre volle Aufinerksamkeit widmen; wir er-
suchen aber auch Sie, unsere Bestrebungen zu unterstfltzen und eventuell
unter Befragung Ihres Hausarztes mitzuhelfen, dafs eine dauernde Ver-
krümmung verhindert wird.
Giefsen, den *
Der Oberlehrer: Der Schularzt:
Formulare bei vorgefundenem Ungeziefer sind in vielen Städten
in Anwendung, zugleich mit Ratschlägen zur Selbstbehandlung,
so z. B. in Apolda, Grefeld, Frankfurt a. M., Giefsen,
Mülhausen i. Eis., Weimar und Wiesbaden.
Bei der praktischen Bedeutung dieses Gegenstandes mögen die
wichtigsten dieser Belehrungen im Wortlaut mitgeteilt werden.
1. Wiesbaden und gleichlautend in Weimar, Apolda,
Crefeld):
Wiesbaden, den 19
Bei der stattgehabten ärztlichen Untersuchung Ihres Kindes
hat sich auf dem Kopfe desselben
Ungeziefer gefunden. Da durch dieses leicht schwere Erkrankungen
verursacht werden, und es zudem auf andere Personen übertragen werden
kann, so ist im Interesse Ihres Kindes, Ihrer Familie, sowie der Schule
eine gründliche Kur dringend geboten.
Sollten Sie es nicht vorziehen, Ihren Hausarzt dieserhalb zu fragen,
80 empfehlen wir Ihnen folgende Behandlungsweise :
In erster Linie das Abschneiden der Haare, besonders bei starker
Anhäufung des Ungeziefers sowie bei Krusten- und Borkenbildung als un-
bedingt notwendig zu bezeichnen.
Sodann reiben Sie dem Kinde den ganzen behaarten Kopf abends
mit Petroleum stark ein — die Nähe der Lampe und des Lichtes ist zu
vermeiden — und ziehen ihm eine Nachthaube oder ein Kopftuch über,
25»
228 834
das am Halse fest anschlieist ; am anderen Morgen waschen Sie den Kopf
mit wannen Wasser und etwas Schmierseife, kämmen die Haare mit feinem
Kamm und ölen dieselben etwas ein.
Dies mnfs an drei aufeinanderfolgenden Tagen geschehen.
Zur Entfemong der zurückbleibenden Nisse waschen Sie dem Kinde,
solange solche noch vorhanden sind, den Kopf täglich mit einer Sodalösnng
— etwa 1 Elslöffel auf V« 1 Wasser — oder reiben Sie die Kopfhaare
bflschelweise zwischen zwei mit starkem Essig getränkten Tttchem.
Bei starker Kmstenbildnng and bereits bestehender Entzflndnng der
Kopfhaut, der Augen etc. müssen Sie vorher den Hausarzt befragen und
nach dessen Vorschriften verfahren.
Sollte eine neue Untersuchung nach 8 — 14 Tagen ergeben, dab der
Kopf Ihres Kindes noch nicht entsprechend gereinigt ist, so wird zwangs-
weise Reinigung des Kindes . im Krankenhause an zuständiger Stelle be-
antragt werden.
Im Auftrage der Schuldeputation:
Der Schularzt.
An
2. Frankfurt a. M.
In der Schule kann, da die Kinder dicht bei einander sitzen, auch
das reinlichste Kind durch Übertragung von seinem Nachbar einen un-
sauberen Kopf bekommen.
Dieser Zustand mu(s unter allen Umständen möglichst rasch beseitigt
werden,
erstens um des Kindes selbst willen, welches dadurch schlieMich
sogar hartnäckige und schmerzhafte Ausschläge, DrtUeneitemngen
und gefährliche Augenerkrankungen bekommen kann, und
zweitens wegen der Mitschüler, welche sonst leicht angesteckt
werden können.
In solchen Fällen ist das beste Hausmittel zur Reinigung des
Kopfes folgendes: Man wasche an drei aufeinander folgenden Tagen den
Kopf und das Haar gründlich mit Petroleum (wegen der Feuersgefahr nie-
mals in der Nähe eines Lichtes oder einer Lampe!); die folgende Zeit
wasche man täglich Kopf und Haar ebenso gründlich mit einer möglichst
warmen Sodalösung (2 ECslöffel Soda auf 1 1 Wasser) und kämme jedes-
mal das Haar mit einem engen Kamme auf das sorgfältigste durch, nament-
lich auch von unten, vom Nacken her.
Dieses Waschen und Kämmen muCs wochenlang, jedenfalls so lange
fortgesetzt werden, bis sämtliche Nisse (die kleien Eier der Tiere) von den
Haaren verschwunden sind. Zu untersdieiden von einfachen Schuppen sind
diese Nisse dadurch, da(s sie fest an den Haaren haften, während die
Schuppen leicht abgestreift werden können.
3. Malhausen i. Eis.
-Schule in Mülhausen.
Bei der am stattgehabten schulärztlichen
Untersuchung ihres Kindes hat
835 229
sich auf dem Kopfe desselben Ungeziefer gefunden. Da hierdurch
schwere Ej^ankungen und Übertragungen auf andere Personen verursacht
werden, so ist im Interesse Ihres Kindes, Ihrer Familie und der Schule
eine gründliche Kur dringend geboten. Falls Sie es nicht vorziehen, Ihren
Hausarzt zu befragen, empfehlen vrir folgende Behandlungsweise:
1. YoUst&ndiges Abschneiden der Haare.
2. Bei geschlossenen Augen des Kindes ist dessen ganze behaarte
Kopffläche vor dem Schlafengehen mit Petroleum einzureiben.
Die Nähe des Herdfeuers, offener Lampen- und Kerzenflammen
ist wegen Feuersgefahr zu vermeiden.
3. Bedecken des Kopfes mit einer Nachthaube oder einem eng-
anschliefsenden Kopftuche.
4. Waschen des Kopfes am anderen Morgen mit warmem Wasser
und Schmierseife.
6. Abtrocknen des Kopfes mit sauberem Handtuche und Bestreichen
der behaarten Kopfhaut mit Olivenöl.
Die ganze Kur muls an drei aufeinander folgenden Tagen wiederholt
werden.
Zur Entfernung der zurQckbleibenden Nisse waschen Sie dem Kinde
bei geschlossenen Augen desselben den Kopf mit lauwarmer Sodalösung
— 1 E&löffel auf ^1% 1 Wasser.
Bei starker Krustenbildung und bereits bestehender Entzündung der
Kopfhaut, der Augen etc. mflssen Sie unbedingt Ihren Hausarzt befragen
und nach dessen Vorschriften verfahren. Sollte eine schulärztliche Unter-
suchung nach 14 Tagen ergeben, dais Ihr Kind noch nicht entsprechend
gereinigt ist, so wird zwangsweise Reinigung im Krankenhause beantragt.
Mfllhausen, den 19
D Der Schularzt:
An
Hier, -Strabe No.
Frankfurt a. M. geht nook einen Schritt v^eiter und Iftüst,
wenn die Anzeige von Ungeziefer an die Eltern erfolglos war, durch
die Schnidepntation Anzeige an das Polizeipräsidium erstatten behufs
Anordnung zwangsweiser Reinigung. Das hierzu dienende Formular
hat folgenden Wortlaut:
Städtische Schuldeputation.
J.-No
Frankfurt a. M., den
1. An das Königliche Polizei-Präsidium, hier.
Nach einer Anzeige des Rektors der
Schule leidet d Schiller
Sohn Tochter Pflegling de
230 836
, wohnhaft
No. laut Feststellung des
Schularztes Herrn Dr an Kopfnngeziefer.
Mehrmalige Anffordemngen seitens der Schule an die Eltern (Pflege-
eitern), das Kind zu reinigen hezw. in reinlichem Znstande zur Schule zi
schicken, blieben erfolglos.
Da bei diesem Leiden in hohem Malse die Gefahr der Verschleppong
besteht, ersuchen wir ergebenst, eine zwangsweise Reinigung des
Kindes veranlassen zu wollen.
2. ü. Y. R. an
Herrn Rektor
zur Kenntnisnahme und mit dem Ersuchen, nach Ablauf von drei Wochen
hierunter erneut zu berichten, falls bis dahin die Reinigung des Kindes
nicht bewirkt sein sollte.
Endlich ist noch zu erwähnen, äab in Darmstadt eine sehr
empfehlenswerte Belehrung über die Zahnpflege den Eltern zuge>
schickt wird.
An die Eltern der Schttler!
1. Die Eltern werden eindringlichst ermahnt, bei ihren Kindern auf eine
sorgfiUtige und regelmäfsige tägliche Zahnpflege zu achten.
2. Schlechte nnd fehlende Zähne sind häufig die Ursache von schwereu
Magen- und Verdauungsstörungen.
3. Die Höhlungen fauler Zähne bergen zahllose Fäulniskeime, nicht selten
auch die Pilzkeime der Diphtherie und Tuberkulose.
4. Täglich mindestens einmal, am besten aber morgens und abends,
sollen die Kinder mit Zahnbürste und etwas Wasser die Zähne
wenigstens eine Minute lang putzen nnd nicht nur die Vorderfläcbe,
sondern auch die Rtkckfläche und Kaufläche der Zähne. Zweckmäfsig
kann auch etwas Zahnpulver (geschlemmte Kreide oder sogenanntes
Pfefferminzzahnpulver) auf die Barste genommen werden. Jedes
Kind mufs seine eigene Barste haben.
5. Kranke Zähne sind möglichst beim Beginn der Erkrankung von
einem Zahnarzt behandeln zu lassen, da nur bei frühzeitiger
Behandlung Aussicht vorhanden ist, den kranken Zahn zu eriialten.
6. Jeder Zahn, der ausgezogen werden muls^ bedeutet eiDcn Verlust an
Gesundheit.
Die Schulärzte.
(FortsetiQDg folgt.)
g37 231
lllettiere Ütitteiiittiseti*
Nene Scbnllrste. In Bingen hat die Stadtverordneten - Yer-
sammlnng den Beschlofs gefafet, in Verfolg der Vorschläge des Grofe-
herzoglich Hessischen Ministerinms einen Schularzt für die st&dtischen
Volksschnlen anzustellen. In Planen ist ein vierter Schalarzt angestellt
worden, nnd zwar für den Stadtteil Rensa.
Über die Nenregelang des sehuUrztliehen Dienstes in Berlin
schreibt die „Natiamdgeitimg^ folgendes: Die Zahl der Schulärzte be-
trägt nunmehr 36, so dafs auf jeden etwa 8 Schulen mit 118 Klassen
nnd 6550 Schulkindern kommen. Es handelt sich bei diesen Zahlen
selbstverständlich nur um einen Versuch in erweitertem Malsstabe. Wenn
auch die Forderung der sozialdemokratischen Stadtverordneten, für jede
Schule einen besonderen Arzt anzustellen, als tkbertrieben bezeichnet werden
muTs, so wird andererseits auch zugegeben werden müssen, dafs die Zahl
der Schulärzte, sobald die Finanzlage der Stadt es irgendwie zuläfst,
mindestens zu verdoppeln sein wird. Für diese aufserordentlich viel-
seitigen nnd umfangreichen Verpflichtungen erhält der Schularzt ein jähr-
liches Entgelt von 2000 Mark. Wie er jedoch diesen Pflichten 6500
Kindern gegenüber, von denen etwa 800 neueintretende sind, den Lehrern,
Rektoren, Schulkommissionsvorstehem, Eltern und der Behörde gegenüber
voll nachkommen will, ist schwer verständlich, Dafs nun gar bei längerer
Behinderung eines Schularztes ein benachbarter Kollege, d. h. ebenfalls
ein Schularzt, die Vertretung übernehmen soll, ist ein Unding. Indessen,
Hie neuen Einrichtungen weisen Mängel auf, Zeit und Erfahrung werden
sie mindern. Von aUen Seiten, insbesondere von der Schule, wird die
Einführung der Schulärzte freudig begrüfst, und die wesentliche Ver-
mehrung ihrer Zahl wird sich nicht lange hinausschieben lassen.
Zahnirztliehe Untersuchung von 84 Kindern der Magdeburger
Hilfsschulen. Als im Frühjahr 1902 die (4522) Schulkinder Magdeburgs
von Dr. Gbeve zahnärztlich untersucht wurden, wandte derselbe, \fie er
in der „D. med. Wochenschr,^ (No. 43) mitteilt, sein besonderes Augen-
merk den Kindern der Hilfsschulen zu. Es werden nun von G. die dabei
gewonnenen Zahlen den Untersuchnngsresultaten der anderen Kinder gegen-
übergestellt.
Karies der Zähne fand sich bei den Hilfsschulkindern seltener; 5,95%
hatten intakte Gebisse gegen 3,07 % der übrigen Kinder. Dagegen zeigten
30,95% der Hilfsschulkinder Hypoplasie der Zähne, die sich bei den
anderen Kindern nur in 20,4% fand. Bemerkenswert ist, dab von den
30,95% Kindern mit hypoplastischen Zähnen 21,43% gestillt und nur
9,52% nicht gestillt waren gegen 13,47:6,94% der anderen Kinder.
Sogenannte kontrahierte und hochgezogene Gaumengewölbe wurden 'in
2,38 7o gegen 0,1 7 7o festestem.
(Mitg. von Dr. med. FsANKENBUBOEB-Nümberg.)
232 838
Schnllrzte in GSrlifz. Die Stadtverordneten- Versammlang in Görlitz
genehmigte am 25. September die MagistratsTorlage, nach welcher znm
1. April 1904 bei allen elf Gemeindeschulen die Anstellung von Schul-
ärzten stattfindet AoTser dem Stadtarzt, welcher neben der Gesamtleitnng
zwei Schulen selbst flbernimmt, werden fflnf Schnlfirzte angestellt. Fflr
die letzteren sind als Honorar 2100 Mark im Etat ausgeworfen. Die
Entschädigung richtet sich nach der Kopfzahl der Schüler und beträgt
26 Pfennige für jedes Kind jährlich. Als Schulärzte sollen die fänf Annen-
ärzte angestellt, und die schulärztlichen Bezirke mit den armenärztlichen
möglichst zusammengelegt werden. Zur Beschaffung schulärztlicher Uten-
silien werden noch 400 Mark in das Budget eingesetzt werden.
(Mitg. von Stadtarzt Dr. REiiCBB-Oörlitz.)
DteitMtbtiitti0eti fftr S^niatjtt.
Ordnog ffir die gesnndheitliehe Überwaehnng der stidtiseheM
Velksgehnlen zu Fürth dnreh die SebnlXrzte
unter Mitwirkung der Lehrer.
I. Aufgabe der Schulärzte im allgemeinen.
§ 1. Die Schulärzte haben die Aufgabe
a) die Schulbehörde bei Handhabung der Gesundheitspflege in An-
sehung der Schulgebäude und Schuleinrichtungen zu unterstfltzen,
b) den Gesundheitszustand der Schulkinder zu überwachen, und, in-
soweit dies ohne ärztliche Behandlung geschehen kann, durch
geeignete Anregungen zu verbessern.
n. Mitwirkung bei der Überwachung der gesundheitlichen
Verhältnisse der Schulgebäude.
§ 2. Der Schularzt prttft die sämtlichen Räume der ihm zugewiesenoi
Schulgebäude und deren Einrichtungen mindestens je einmal im Sommer
und im Winter; hierbei richtet er seine Aufmerksamkeit besonders auf
die Handhabung der Reinigung, Lüftung, Heizung, auf die Belichtung und
Beleuchtung, auf die Beschaffenheit der Schulbänke und deren Eignung
für die Kinder nach ihrer Gröfee, endlich auf die Beschaffenheit der Aborte.
Die Besichtigung erfolgt während der Unterrichtszeit.
Die Schulbehörde oder das von ihr bezeichnete Schulorgan sind
spätestens am Tage vor der Besichtigung in Kenntnis zu setzen. Seine
Wahrnehmungen, insbesondere Verbesserungsvorschläge trägt der Schularzt
in das schulärztliche Tagebuch ein, welches er bei der Konferenz der
Schulärzte vorlegt; in dringlichen Fällen ist die unmittelbare Anzeige an
die Schulbehörde geboten.
889 288
Zn Anweisnngeii an die Schnlorgane oder Schülbediensteten ist der
Schularzt nicht berechtigt; eine private Rflcksprache mit denselben ist
jedoch gegebenenfalls erwfloscht.
Aof £rsachen der SchnlbehOrde ist der Schnlarzt anch zu einer
, aniserordentlichen Besichtigang der Schnlgebände und einzelner Rftome oder
Einrichtungen derselben verpflichtet.
m. Mitwirkung bei der Überwachung der Gesundheit
der Schulkinder.
§ 3. Fflr jedes neu in die Volksschulen der Stadt Fflrth eintretende
Schulkind l&fet die Schulbehörde einen Gesundheitsschein anlegen; f&r
solche Schfller, deren Eltern oder sonstige Erziehungsberechtigte die schul-
ärztliche Überwachung ablehnen, werden Gesundheitsscheine nicht angelegt.
Zu einer Erklflrungsabgabe Ober etwaige Ablehnung der standigen
schulärztlichen Überwachung wird alljährlich vor Beginn der Untersuchungen
durch amtliches Ausschreiben aufgefordert.
Die Scbulbehörde veranlagt die Feststellung der Gröfse und des
Gewichts der Schulkinder durch den Klassenlehrer mit Beihilfe des Schul-
hausmeisters und läfet das Ergebnis in den Gesundheitsschein eintragen.
Diese Feststellungen werden von Jahr zu Jahr, in einzelnen Fällen,
auf Verlangen des Arztes, auch öfter wiederholt.
Den Volksscbullehrem bleibt flberlassen, in einer besonderen Rubrik
des Scheines Beobachtungen einzutragen, welche nach ihrer Meinung fllr
den Gesundheitszustand des SchQlers von Bedeutung sind.
Der Schularzt unterzieht die sämtlichen Kinder, fUr welche Scheine
ausgestellt sind, einer Untersuchung auf ihre Körperbeschaffenheit und
ihren Gesundheitszustand.
Die zur Probe in die Schule aufgenonmienen Kinder werden alsbald
nach ihrem Eintritt untersucht; bei den flbrigen soll die allgemeine Unter-
suchung bis zum Beginn der Osterferien beendet sein, während die Unter-
suchung auf Seh- und Hörfehler bei den Kindern des ersten Jahrganges
erst im Sommer erfolgt.
Die Untersuchung erfolgt im Schulhause in dem von der Schulbehörde
bestimmten Räume und zu den zwischen dem Arzte und der Schulbehörde
vereinbarten Stunden.
Die Untersuchung hat den Zweck, festzustellen, ob ein Schüler einer
dauernden ärztlichen Überwachung oder einer besonderen Berücksichtigung
beim Schulunterricht (z. B. Ausschließung von einzelnen Fächern, Be-
schränkung der Teilnahme am Unterricht, Anweisung eines besonderen
Platzes etc. etc.) bedarf.
Bei dieser ersten und bei jeder späteren Untersuchung ist besonders
zu achten auf Körperhaltung, Sdiwerhörigkeit, Nasenpolypen, Wucherungen
im Nasenrachenraum, Kurzsichtigkeit, Gesundheit von Herz und Lunge,
Schwach- und Blödsinn, Ungeziefer, Hautkrankheiten, Anzeichen von an-
steckenden Krankheiten, Zahnpflege — femer bei Knaben auf Vorhanden-
sein einer Bruchanlage.
§ 4. Der Befund der Untersuchung wird in dem Gesundheitsschein
vermerkt. Die allgememe Körperbeschaffenheit der Kinder ist als nS^t**,
234 840
„mittel^, oder als „schlecht^ zu bezeichnen, nnd zwar als gut bei voll-
kommen tadellosem Gesandheitsznstand, als schlecht bei ansgesprochenen
Krankheitsanlagen und chronischen Erkrankungen.
Die Einträge in die übrigen Spalten des Oesundheitsscheines erfolgen
nur bei vorhandenen bestimmten Krankheitserscheinungen.
Die Gesundheitsscheine derjenigen Kinder, welche einer ständigen
Überwachung bedflrfen, werden auf der ersten Seite, oben rechts, mit dem
Vermerk „Ärztliche Überwachung" versehen.
Zu den ersten Einträgen in die Gesundheitsscheine bei der Unter-
suchung neu eintretender Kinder wird den Schulärzten fOr die Dauer der
Untersuchung eine Schreibkraft zur YerfQgung gestellt.
§ 5. Findet der Schularzt Krankheitszustände, welche die Anweisung
eines besonderen Platzes in der Schule, oder die Beobachtung eines ge-
wissen Verhaltens gegenüber dem Schüler oder im Interesse der übrigen
Schulkinder die Einleitung eines Heilverfahrens erheischen, so macht ^
hiervon der Schulbehörde oder dem von dieser bestimmten Organe schrift-
liche Mitteilung. AuTserdem wird empfohlen, gelegentlich der Sprech-
stunden (s. § 6) mit dem Lehrer Rücksprache zu nehmen.
Ist ein Krankheitszustand festgestellt, welcher die Beachtung seitens
der Eltern oder der Erziehungsberechtigten erheischt, so werden diese
unter Verwendung eines besonderen Formulars verständigt, wobei auf eine
etwa erforderliche ärztliche Behandlung besonders aufmerksam zu machen
ist ; die Mitteilung wird zunächst der Schulbehörde eingesendet, von dieser
gegengezeichnet und alsdann zugestellt.
Nötigenfalls wird die Mitteilung an die Eltern wiederholt. Ältere
Kinder können auch mündlich von dem Schularzt auf die Notwendigkeit
ärztlicher Behandlung zur Heilung eines Übels hingewiesen werden, wenn
der Klassenlehrer der Anschauung ist, dafs das Kind die ihm gegebene
Aufklärung versteht.
§ 6. Der Schularzt hält in einem von der Schulbehörde zu be-
zeichnenden Raum und zu einer mit der Schulbehörde zu vereinbarenden
Zeit Sprechstunden ab, deren Zahl so zu bemessen ist, da(s auf je zwei
Wochen während des Schuljahres eine Sprechstunde entfällt. Hierbei
werden diejenigen Kinder dem Arzte in möglichst unauffälliger Weise all-
mählich vorgeführt, welche einer besonderen Überwachung bedürfen, femer
jene, bei welchen nach Ansicht der Lehrer Veranlassung zur Untersuchnng
besteht; insbesondere sollen Kinder, welche in der Schule über Kopf-
schmerzen und Übelkeit häufiger klagen, oder welche durch Unaufmerksam-
keit, schnelle Verschlechterung der Schrift, ungewöhnliche Schläfrigkeit
besonders auffallen, vorgestellt werden.
Endlich sind die Kinder vorzuführen, deren Untersuchung wegen
Verdachts ansteckender Krankheiten etwa erforderlich ist.
Die Ergebnisse dieser Untersuchung werden gegebenenfalls auf dem
Gesundheitsschein kurz vorgemerkt; insbesondere wird die Einreibung
bisher gesunder Kinder unter die zu überwachenden Kinder durch Vortrag
in dem Gesundheitsschein verfügt, wie auch die Löschung der Vormerkung
..Ärztliche Überwachung" erfolgen kann.
236
Vor Beginn dieser Sprechstunde besacht der Arzt stets einige Schul-
klassen, nimmt mit dem Lehrer kurze Rücksprache und läüst Kinder, deren
Aussehen ihm als krankheitsverdächtig anffäUt, znr Sprechstunde mfen.
§ 7. Far die unter „ärztlicher Überwachung" stehenden Kinder,
iwelche die Volksschule verlassen, soll in dem Gesundheitsschein ein Ge-
samturteil über die gesundheitliche Entwicklung eingetragen werden;
gegebenenfalls ist durch Vermittlung der Schulbehörde den Eltern Rat zu
erteilen, für welche Berufe ein Kind nach seiner körperlichen Entwicklung
sich gar nicht oder nur weniger gut eignet.
§ 8. Auf Wunsch der Schulbehörde untersucht der Schularzt in
dringenden Fällen einzelne Kinder auch auiserhalb der allgemeinen Unter-
snchungen und Sprechstunden. Dies geschieht insbesondere, wenn es sich
handelt
a) um Befreiung vom Schulbesuch (allgemein) oder für bestimmte
Unterrichtsfächer ;
b) um Zweifel darüber, ob bei Schulversäumnissen, welche mit
Krankheit entschuldigt werden, ohne dals ärztliche Behandlung
stattfindet, Krankheit wirklich vorliegt;
c) um die Feststellung von Schwachsinn, Blödsinn oder von ekel-
erregenden Krankheiten, welche die Zuweisung an die Hilfs-
schule für Schwachsinnige oder die Ansschlie£sung von der Schule
rechtfertigen ;
d) um Verdacht ansteckender Krankheiten (s. § 10).
In den Fällen unter b und d ist der Schularzt verpflichtet, nötigen-
falls die Feststellung in der Wohnung des Schülers zu treffen.
§ 9« Die Gesundheitsscheine werden vorerst von dem Lehrer auf-
bewahrt. Sie sind dem Schularzt auf dessen Verlangen jederzeit zu be-
händigen. Wechselt ein Schüler die Klasse oder die Schule, so werden
die Gesundheitsscheine der Schulbehörde eingesandt, bezw. auf deren
Weisung dem neuen Klassenlehrer übermittelt.
Die Gesundheitsscheine für unter „ärztlicher Überwachung*' stehende
Kinder werden in jeder Klasse gesondert verwahrt und dem Arzte bei
jedem Besuche in der Klasse vorgelegt.
Gesundheitsscheine für Schüler, welche die Volksschulen der Stadt
Fttrth verlassen haben, werden von der Schulbehörde gesammelt und bis
znr Erfüllung der Schulpflicht aufbewahrt. Auf Ersuchen werden sie auch
den Leitern von Mittelschulen übersandt.
Den Eltern und sonstigen Erziehungsberechtigten werden die Gesund-
heitsscheine für Kinder, deren gesundheitliche Überwachung beendet ist,
auf Verlangen von der Schulbehörde ausgehändigt.
§ 10. Wenn der Lehrer davon Kenntnis erlangt, oder wenn An-
zeichen vorhanden sind, dafe ein Schulkind an Pocken, Masern, Scharlach,
Diphtherie, Keuchhusten, epidemischer Genickstarre erkrankt ist, so ver-
ständigt er hiervon unmittelbar den Schularzt und gleichzeitig die Schnl-
behörde.
Der Schularzt vergewissert sich, ob ansteckende Krankheit besteht
und ob das Kind ärztlich behandelt wird. Ist ansteckende Krankheit
gegeben, so gibt er der Scbulbehörde ztur weiteren Veraolftssung Kenntnis;
236 842
l&fflt sich ansteckende Krankheit nicht feststellen, so macht er dem Lehrer
kürze Mitteilung.
Tritt hei Bewohnern des Schnlhanses eine ansteckende Krankheit auf,
so trifft der Schularzt die nämlichen Feststellungen.
§ 11. In denjenigen Schalen, fQr welche Schnlhäder eingerichtet
sind, führt der Arzt die gesundheitliche Oberaufsicht und bezeichnet die-
jenigen Kinder, welche zufolge Schwächlichkeit oder Krankheit von dem
Besuche des Bades auszuschliefsen sind.
§ 12. Bei der Auswahl der Kinder fär die Ferienkolonien wird die
Schulbehörde von dem Schularzt auf ihr Ersuchen unterstfltzt.
§ 13. Die Schulärzte in dieser Eigenschaft lehnen die Behandlung
der von ihnen untersuchten Kinder ab.
In allen Fällen, in welchen behandelnde Ärzte beigezogen sind und
sich fär den Schularzt trotzdem eine Tätigkeit ergibt, setzt sich dieser
mit dem behandelnden Arzt ins Einvernehmen.
IV. Anstellungsbedingungen, Geschäftsfflhrung, Schlufs-
bestimmung.
§ 14. Die Schulärzte werden vom Magistrat auf die Dauer von
3 Jahren angestellt Innerhalb dieser Dauer kann der Magistrat den
Schularzt nach Smonatlicher Kündigung entheben.
Bei schweren Verfehlungen gegen die obigen Verpflichtungen oder
falls der Arzt aufhören sollte, dem ärztlichen Bezirksverein anzugehören,
kann die Enthebung auch ohne Einhaltung einer Kündigungsfrist erfolgen.
Der Schularzt erhält ein in ^/«jährigen Raten zahlbares Gehalt von
500 Mark.
§ 16. Die Schulärzte wählen den ersten Schularzt. Auf dessen
Einladung treten die Schulärzte so oft es erforderlich ist zu einer Be-
ratung zusammen.
In diesen Beratungen werden die Bemängelungen der Schulräume und
deren Einrichtungen festgestellt, Anregungen allgemeiner Art an die Scfanl-
behörden beschlossen und Grundsätze über die Ausübung des Amtes inner-
halb der vorstehenden Vorschriften aufgestellt. Auf Ersuchen werden der
Schulbehörde Ratschläge über schulhygienische Fragen erteilt.
§ 16. Die Schulärzte reichen alljährlich, und zwar bis Ende Sep-
tember, einen gemeinschaftlichen Jahresbericht über ihre Tätigkeit und ihre
Wahrnehmungen im verflossenen Schuljahre ein.
Zur Vorbereitung dieser Berichte und zur Aufzeichnung ihrer Beob-
achtungen führen sie das schulärztliche Tagebuch.
Der Bericht soll sich erstrecken auf eine ZusammensteUung der Unter-
suchungen und ihrer Resultate; auf die Zahl der Sprechstunden und der
Klassenbesuche, auf die Art der wichtigeren ErkrankungsfUle pnd die
Häuflgkeit ihres Auftretens; auf die Art der erteilten besonderen ärzt-
lichen Anregungen, insbesondere hinsichtlich der Schulräume und ihrer
Beschaffenheit; auf die Anzahl der an die Eltern gesendeten Mitteilungen
und deren Erfolge.
In den Jahresberichten ist nach Ma&gabe der vorhandenen
237
auch deijenigen Kinder zn gedenken, welche der schalärztlichen Über-
livachong nicht unterstellt sind.
§ 17. Im Falle der Behinderung haben sich die Schulfirzte unent-
geltlich gegenseitig zu vertreten, nötigenfalls bestimmt der erste Schularzt
den Stellvertreter; von der Vertretung ist, wenn sie länger als eine Woche
dauert, die Schulbehörde in Kenntnis zu setzen.
£iner Benachrichtigung und der Bestellung eines Stellvertreters be-
darf es nicht, wenn die Behinderung in die Zeit der städtischen Schul-
ferien fällt.
§ 18. Die Schulärzte werden ersucht, in Versammlungen, insbesondere
der Lehrer, soweit dies erwünscht und ausführbar ist, kurze Vorträge über
Schulhygiene zu halten.
§ 19. Der Magistrat behält sich vor, nach Anhörung der Lokal-
schulkommission diese Ordnung jederzeit abzuändern.
Fürth, den 16. Juli/27. August 1903.
Stadtmagistrat.
KUTZEB.
Dr. E. Wieneb. Die SchnUrztefrage in Osterreich. „Wiener
kUnische Bundsckau*', 1903, No. 21—24.
Nach Anführung der die Schulhygiene betreffenden gesetzlichen Be-
stimmungen und nach Aufzählung der überaus spärlichen „Anläufe^, die
in einzelnen Städten Österreichs hinsichtlich einer ärztlichen Schulaufeicht
genommen wurden, gibt der Verfasser dem Wunsche Ausdruck, dafs die
Institution der Schulärzte im Gesetzeswege einzuführen sei. Bei den
Mittelschulen, die in Österreich fast ausschliefslich Staatslehranstalten sind,
wäre die Anstellung von Schulärzten Sache des Staates; bezüglich der
Volksschulen sollten die Schulärzte nach ähnlichen Prinzipien, wie die Lehrer
angestellt werden.
Die Schulärzte sollen einem „Landes-Schul-Sanitätsinspektor'' unter-
stehen: ein solcher wäre für jedes Kronland zu systemisieren, sollte ein
Hilfsorgan des Landes-Sanitätsreferenten, ständiger Referent im Landes-
schulrate sein und seine Berichte einem Sanitätsorgane im Unterrichts-
ministerium, etwa einem Ober-Sanitätsrate allmonatlich oder vierteljährlich
vorzulegen haben, welch letzterer Referent für alle schulhygienischen An-
gelegenheiten im Ministerium und eventuell auch im Obersten Sanitätsrate
wäre. Für die Tätigkeit der Schulärzte an Kindergärten, Volks- und
Bürgerschulen entwirft der Verfasser ein Schema, aus welchem die wichtigsten
Bestimmungen hier wiedergegeben seien: Der Schularzt hat täglich an
Schultagen zu Beginn des Unterrichtes in der Schule anwesend zu sein,
sanitäre Angelegenheiten der Schule oder einzelne Schüler betreffende Be-
238 844
richte (Krankmeldungen, Zeugnisse) zu prüfen und zu begutachten, bezw.
solche zu verfassen, und anwesende, sich krank meldende Schüler zn unter-
suchen. Sofern diese letzteren vom Schulgelde befreit sind, hat der
Schularzt dieselben über Verlangen der Eltern (Vormünder) auch unent-
geltlich ärztlich zu beraten und mit Medikamenten oder Verbandstoffen
zu beteilen. Kinder, die nicht weiter als 1 km vom Schulgebäude entfernt
wohnen, sind — wenn vom Schulgelde befreit — auch in der Wohnung
(über Ansuchen der Eltern) vom Schularzte zu behandeln. Bei Infektions-
krankheiten hat der Schularzt, sofern nicht ein vom Amtsarzte be-
stätigtes (! Ref.) anderweitiges ärztliches Zeugnis vorliegt, jedes ver-
dächtige oder erkrankte Kind zu untersuchen und über dessen Wieder-
zulassung zum Schulbesuche nach erfolgter Wiedergenesung zu entscheiden.
Alle unbemittelten Kinder sind bei Epidemien (unter den früher erwähnten
Bedingungen) vom Schularzte unentgeltlich zu behandeln.
Nach Erledigung der täglichen laufenden Geschäfte hat der Schularzt
einen Teil der Gebäude hygienisch zu inspizieren, und zwar derart, dafe
er alle Räumlichkeiten innerhalb eines Zeitraumes von 14 Tagen gesehen
hat. Die Schulzimmer sind in der Regel eine Viertelstunde vor Schlnfs
des Unterrichtes oder vor Beginn der Pause zu besuchen, Schüler, die
dabei durch schlechte Haltung oder krankhaftes Aussehen auffallen, hat der
Arzt für den nächsten Morgen behufs gründlicher Untersuchung in sein
Dienstzimmer zu bestimmen. Findet der Schularzt bei dieser Unter-
suchung Gebrechen vor, welche besondere spezialärztliche Kenntnisse er-
fordern, so hat er im Falle, dafs das Kind vom Schulgelde befreit ist,
zu veranlassen, dafs dasselbe einem von der Schule angestellten Spezialisten
vorzustellen sei, im anderen Falle hat er eine entsprechende Mitteilung
an die Eitern (VormtLnder) gelangen zu lassen. In den ersten Wochen des
Schuljahres sind die neu eintretenden, dann die übrigen Schüler zu unter-
suchen, und ist der Befund in einem für die ganze Schulzeit vorgesehenen
Gesundheitsschein einzutragen. Sofort nach Abschlufs der allgemeinen
Untersuchung der Kinder, sodann aber vierteljährlich, hat der Schularzt
einen Bericht über seine Tätigkeit zu erstatten. Der Schularzt ist den
Lehrerkonferenzen beizuziehen, sofern sanitäre Angelegenheiten verhandelt
werden; der Schulleiter ist nicht verpflichtet, den Anträgen des Schularztes
unbedingt Folge zu leisten, doch hat er bei Unterlassung der Durchführung
solcher Anträge ohne weitere Aufforderung die Begründung der Ablehnung
derselben an die vorgesetzte Behörde gelangen zu lassen. In der letzten
Volks- und letzten Bürgerschulklasse hat der Arzt kurze Vorträge Über
Gesundheitspflege zu halten.
Diese Instruktionen hätten sinngemäfse Anwendung zu finden an
Mittelschulen sowie an Kindergärten.
Wiener fordert weiter, dafs ein Schularzt für je 1000 Schulkinder
systemisiert werde. Häufige, etwa vierzehntägige Besprechungen der Schul-
ärzte mit den Lehrern, wobei schnlhygienische Themen zu erörtern wären,
sollten das pflichtgemälse Einvernehmen der Lehrer mit dem Schularzte
fördern. Für Schulärzte wäre ein zwei- bis dreimonatlicher Kursus über
Schulhygiene und Sanitätswesen, Kinderheilkunde, Psychiatrie, Augen- und
Ohrenheilkunde und Zahnheilkunde einzuführen. Die Frequentanten müBsen
845 239
sich ausweisen können, da(s sie dorch sechs Monate an einem Kinder-
spitale t&tig waren; nach abgelegten Kolloquien oder Prüfungen wäre
ihnen ein Zeugnis auszustellen.
Die Schulärzte wären nach einem ein- bis dreijährigen Provisorium
definitiv anzustellen und dieselben in allen Gehaltsstufen den Lehrern
gleichzustellen.
Wir haben es in der fleifsigen und gewifs von den besten Absichten
geleiteten Arbeit Wieners mit dem Refonnplan eines jungen Idealisten
za tun, der sich um die praktische Durchführbarkeit seines grols angelegten
Programmes erst nicht viel den Kopf zerbricht; theoretisch hat wohl
der Verfasser eine gewifs sehr wirksame ärztliche Schulaufsicht konstruiert,
aber wir älteren Ärzte sind in unseren schulärztlichen Forderungen viel
bescheidener und sehr zufrieden, wenn eine weniger ideelle aber erreich-
bare ärztliche Überwachung der Schulen und der Schüler allgemein
eingeführt wird.
Wäre es möglich, alles nach dem Wunsche des Verfassers zu be-
stellen, dann würde nach der Ansicht des Referenten ein allgemeiner
Sturm losbrechen: Das Finanzministerium würde erklären, ohne Vor-
Schreibung neuer grofser Steuern den Plan nicht durchführen zu können,
Schulleiter und Lehrer würden gegen ihre fast vollständige Ausschaltung,
die praktischen Ärzte wegen des Eingriffes in ihre Erwerbsverhältnisse
Protest erheben, und die neuen Schulärzte, denen bei der Fülle der zu
leistenden Arbeit eine andere ärztliche Praxis kaum möglich wäre, würden
die kargen Lehrergehalte kaum als entsprechendes Äquivalent für die
grobe von ihnen geforderte Arbeitsleistung ansehen können.
Man mufs im praktischen Leben — und so auch in der öffentlichen.
Gesundheitspflege — Realpolitik treiben, wenn man wirklich etwas er-
reichen will, und wer zu viel verlangt, erhält in der Regel — gar nichts!
Seien wir zufrieden, wenn wir in der Schularztfrage schrittweise vorwärts
kommen ; wenn ein fester Grund gelegt ist, kann die Zukunft den weiteren.
Ausbau auch noch bringen. Der Hinweis des Verfassers auf die ameri-
kanischen Verhältnisse kann für uns in Österreich, ja, man kann sagen
in Europa, nicht als beweisend für die Durchführbarkeit der Reformvorschläge
des Verfassers sein: wir sind leider nicht so reich wie die Amerikaner,
und übrigens ist der tägliche schulärztliche Besuch der Schulen nicht in^
ganz Amerika eingeführt, wie es nach den Bemerkungen des Verfassers^
auf S. 3 scheinen könnte. Die j^Zeiischr. f, Schülgesu/ndheiispfi,^ berichtet
im Jahrgange 1900, S. 124, wohl von einer täglichen Untersuchung
der Kinder öffentlicher Schulen in New York durch 210 Ärzte, aber dieser
Dienst wurde freiwillig geleistet; „die ganze Einrichtung", besagt die
citierte Notiz, „ist nur ein Versuch : wenn sie sich bewährt, soll sie
dauernd werden, mit festangestellten und honorierten Ärzten^, und im
Jahrgang 1902, S. 529, wird aus Washington berichtet, dafs der Kongrefs
ein beabsichtigtes Gesetz über die ärztliche Schulaufsicht nicht an-
genommen hat, und als eine Reihe der bekanntesten Washingtoner Ärzte
der Stadt ihre Dienste unentgeltlich zur Verfügung stellte — lehnte der
Magistrat aus juristischen Gründen „das lobenswerte Anerbieten *" ab. -r—
Also auch in Amerika ist man von dem Ideale noch weit entfernt.
240 846
Die vom Referenten vorgebrachten Bedenken wollen aber dnrchaiiB
nicht den theoretischen Wert der hobschen Arbeit Wienebs herabsetzen,
nnd es wäre nur zn wünschen, dafs einige der durchführbaren Yorschlftge
des Verfassers die ihnen gebührende Beachtung finden möchten.
AliT8GHÜL-Prag.
Personalverieichnis der Scbnlärite des Dentsohen Reiches.
(Fortsetzung.)
Mren (Reg.-Bez. Aachen).
Hoch, Dr. Peter. — Knnster, Dr. Leonh. - Sawall, Dr. Eduard.
Ebersbaeh u Sachs.
HeifBner, Dr. Alfred. — Bichter, Dr. Felix.
Eberswalde.
Joseph, Dr. Bernhard. — Hehlhausen, Dr. Friedr. Felix.
filmshon (Schleswig-Holstein).
Gerling juu., Dr. Karl, Obmann. — Hahn, Dr. Ernst. — Schell-
mann, Dr. Wilhelm.
Erfiiirt.
Loth, Dr. Rieh. Louis Jul., Sanitätsrat, I. Schularst. — Axmann, Dr.
Hans. — Buchholz, Dr. Friedr. — Hey dl off, Dr. Job., Medizinalrat, Kreis-
arzt — Umpfenbach, Dr. Max.
Eschweiler (Reg.-Bez. Aachen).
Bartz, Dr. Rieh. — Ditges, Dr. Karl. — Jannes, Dr. Peter. —
Schult, Dr. Paul.
Essen (Reg.-Bez. Düsseldorf).
A. für die Altstadt:
Racine, Dr. Hugo, Kreisarzt. — Genneper, Dr. Jacob, Stadtarzt. —
Heinsberg, Dr. Friedr. — Trottmann, Dr. Gustav. — Hefsberg, Dr.
Leop., Sanitatsrat, Spezialarzt f. Augenkrankh.
B. für die Neustadt (Altendorf):
Beckmann, Dr. Job. — Gerhards, Dr. Jos., Stadtarzt. — Krämer,
Dr. Fritz. — Stahr, Dr. Paul, Polizeiarzt. — Schäfer, Dr. Adolf, Spezialarzt
f. Augenkrankh.
Enpen (Beg.-Bez. Aachen).
Heeren, Dr. Niool. — Kirsch, Dr. Gerhard. — Sa weis, Dr. Frans.
Falkenstein i« V. (Kreishauptmannsoh. Zwiokaa).
Leonhardt, Dr. Franz.
Flensburg.
▼. Fischer^Benzon, Dr. Ludw. — Ihn, Dr. Heinr. — Jensen, Dr.
Nie. — Nissen, Dr. Eman. — Rathje, Dr. Rieh. — Ries, Dr. Andr.
847 241
#
Font bei Frankfurt a. Oder.
L am merz heim, Dr. Frits. — Mivelowski, Dr.
Frankftirt a. Main.
Spieffl, Dr. Alex., Geh. SanitSUrat a. Stadtant, Obmann. — Gaben-
Brach, Dr. Eu^n. — Diefenbaoh, Dr. Joe. — Gelhaar, Dr. Brich. —
Grünwald, Dr. Karl. ~ Hubner, Dr. Emil. — Knopf, Dr. Herm. —
Körte, Dr. Karl. — Läpp, Dr. Wilh. — Laqner, Dr. Leop. — Marens,
Dr. Otto. — T. Mettenheimer, Dr. Heinr. — Schlesinger, Dr. Herrn.—
Senffert, Dr. Theod. — Simon, Dr. Max.
Frankftirt a. Oder.
Harttang, Dr. Otto. — PageU, Dr. Ernst. — Weidner, Dr. Hngo.
Freiberg i. Saehs.
Eifsner, Dr. Th.
Friedenan bei Berlin.
Schnlts, Dr.
Friedrieksbagen bei Berlin.
König, Dr. Otto.
Filrtk i. Bayern.
Frank, Dr. Jacob. — Stark, Dr. Emil. — Wollner, Dr., Spesialarst
f. Angenkrankh. — Oppenheimer, Dr., Spezialarzt f. Ohrenkrankh.
Gera (Rea£s).
Ahlers, Dr. Panl.
Gersweiler (Beg.-Bez. Trier).
Fanth, Dr.
Giefsen.
Bötticher, Dr., Kreisassistensarzt.
GSrUtc.
Anders, Dr. Joh. — Hartmann, Dr. Rieh. — Beimer, Dr« Karl,
Stadtarzt — Rondke, Dr. Wilhelm. — Scholz, Dr. Karl. — Zernik, Dr.
Bmil, SanitStsrat.
GSttingen.
Frank, Dr. — Hildebrandt, Dr. L.
Gransee (Beg.-Bez. Potsdam).
Wendt, Dr.
Grefs-Lickterft^lde.
Arnstein, Dr. Arth. — Fiege, Dr. Wilh. — Kröcher, Dr., Sanitatsrat.
— Bepenthin, Dr. Walt
Grunewald (Reg.-Bez. Potsdam).
Bindemann, Dr.
Hagen i. Westf.
Hefs, Dr. Friedr. — Kettler, Dr. Paal. ~ Schnettler, Dr. Angost.
— Schmidt, Dr. Fr. — Voormann, Dr. Alb.
Augenarzt: May weg, Dr., Sanitatsrat
Der Schnlarit. I. 26
242 848
Halberstadt.
Horitz, Dr., Kreizarzt n. Medizinalrat, „erster Sohularzf. — Nagel,
Dr., AnnenarlBt.
flanbon (Kreis Buhrort).
Beanclair, Dr. — Bossmann, Dr. — Egner, Dr. — Loose, Dr. —
Miiller, Dr. — Sch&fer, Dr. — Vilmar, Dr. — ZnraUt, Dr.
Hameln.
Steinebach, Dr. Joh., Hedizinalrat, Kreisarzt. — The.il knhl, Dr.
Bannoyer.
Bollhagen, Dr., Nervenarzt, für die Hilfsschulen für Schwachbegabte.
HeilbroDii.
Die jeweiligen Assistenzärzte des städt. Krankenhauses fungieren als
Schulärzte.
Herford (Eeg.-£ez. Minden).
Rh einen, Dr., Medizinalrat u. Kreisarzt.
Herne (Keg.-Bez. Arnsberg).
Arndt, Dr. med.
Dmenau (Sachsen- Weimar).
Michael, Dr. Walter. — Wiesel, Dr. Rieh.
Jena.
(Vakat.)
Insterbnrg (Reg.-Bez. Gumbinnen).
Arlart, Dr. Fritz. — Sprunck, Dr. BLans.
St Johann a. Saar.
Becker, Dr. Alfred. — Martens, Dr. Wilhelm.
Kassel.
Rockwitz, Dr. Karl, Obmann. — Ahlborn, Dr. Sigmd. — Kölsohtzky.
Dr. Franz. — Meder, Dr. Richard. — Reuffurth, Dr. Ad. — Schwarz-
köpf, Dr. Karl.
Kiel.
Bockend ahl, Dr., Medizinalrat u. Kreisarzt — Kattein, Dr.
KSnigsberg i. Nm.
Peyser, Dr., Sanitätsrat.
KSnigsberg i. Pr.
Ascher, Dr. Louis, Kreisassistenzarzt. — Bongers, Dr. Paul. — Cohn,
Dr. Rudolf, Professor. — Dräer, Dr. Arthur. — Hensel, Dr. Karl. — Lahr,
Dr. — Laser, Dr. Hugo. ^ Rosenstock, Dr. Job. — Schellong, Dr. Otto.
— Voelsch, Dr. Max.
Glowalla, Dr. Leopold. — Kaiser, Dr. Salo. — Kissinger, Dr,
Philipp. — Patrzek, Dr. Franz. — Steffiar, Dr., Augenarzt.
(SohluCs des Verzeichnisses folgt in Heft 12)
Jrttfilin|) fir Si||iitg(fitabl|(it$|i|lr|(.
XVL Jahrgang. 1903. No. 12.
(i^risittaUb^attblttttsen.
Das Nationalkonvikt in Tivoli, schnlhygienisch beleuchtet.
Von
L. KOTELMANN.
(Mit 3 Abbildungen.)
Für die Errichtung eines mit einer höheren Sohule verbundeneD
Internates dürfte sich kaum ein passenderer Ort finden als Tivoli in
der Provincia Romana.
Die Stadt zählt nur 17000 Einwohner, und die Schüler werden
daher durch grofsstädtisohe Zerstreuungen von ihrer Wissenschaft*
liehen Arbeit nicht abgezogen. Anderei*seits haben sie Gelegenheit,
die Altertümer und Kunstschätze Roms zu studieren, da dieses täg-
lich mehrmals in IVa bis 2 Stunden erreicht werden kann.
Vor allem aber ist Tivoli hygienisch auiserordentlich bevorzugt.
Es liegt im Sabinergebirge, ist zu einem grofsen Teil von Oliven-
wäldern umgeben und grenzt an die ausgedehnte Campagna, aus der
in der Ferne die Kuppel der Peterskirche hervorragt. Die Luft
zeichnet sich infolgedessen durch Reinheit und hohen Ozongehalt
aus, und ihre Temperatur wird im Sommer durch die Höhenlage
des Ortes und die Katarakte des Anio, welche eine starke Ver-
dunstungskälte verbreiten, gemäfsigt. Auch das Wasser ist vor-
tre£Flioh. Eine Leitung bringt es aus den Bergen bei Subiaco nach
Tivoli, und zwar nicht nur in sehr reichlicher Menge, sondern auch
in töUig reiner und durch seinen Kohlensäuregehalt, sowie seine
Kühle erfrischender Bescha£Penheit.
Unter diesen Umständen kann es nicht überraschen, dals Tivoli
von jeher ein beliebter Sommeraufenthalt war. Schon Horaz und
Sebalgetfundheitspflege. XVI. 42
850
Martial haben es als solcheo besungen, Aagustus, Mäcen und Quinctilius
Varus hatten hier ihre Villen, und noch heute wird der Ort von
erholungsbedürftigen Römern vielfach besucht.
So war es denn ein glücklicher Gedanke, ihn zum Sitz eines
Alumnates zu machen, das nach dem Bruder des Königs von Ita-
lien den Namen ^Convitto Nazionale e R. Scuole Secondarie Amedeo
di Savoia Duca d'Aosta" führt.
Die gesamte Anstalt zerfällt in zwei Teile: ein humanistisches
Gymnasium und eine technische Schule. Während die letztere f^r
zukünftige Handwerker bestimmt ist, wird das Gymnasium von
solchen Schülern besucht, die sich dem Studium oder einem anderen
höheren Beruf widmen wollen.
Die Scuola tecnica hat nur drei Klassen, die, von unten ge-
zählt, als Prima, Sekunda und Tertia bezeichnet werden. Bei dem
humanistischen Gymnasium sind zwei Teile zu unterscheiden: das
Gymnasium im engeren Sinne mit den fünf Klassen Prima bis
Quinta und das sich daran anschliefsende Lyceum mit den drei
Klassen Prima bis Tertia. Das Gymnasium entspricht den unteren
und mittleren Klassen unserer deutschen Gymnasien, das Lyceum
deren oberen Klassen. Der Kursus in sämtlichen Klassen ist ein-
jährig.
Die technische Schule wird von 70 Schülern besucht, das Gym-
nasium von 75, das Lyceum von einer geringeren Zahl. Von den
Schülern gehören 73 als Alumnen dem Konvikte an.
Dieses ist, wie die nebenstehende Zeichnung zeigt, ein stattliches,
nach allen Seiten freiliegendes Gebäude, das im Innern einen
Garten und mehrere Höfe umschliefst/ Es enthält die Klassen, die
Räume für die Internen und aufserdem die Wohnung des Direktors.
Die Klassen sind hoch und luftig. Für die VentilatioD ist
durch Klappen von mattem Glas in dem oberen Teil der Fenster
gesorgt; au&erdem reichen letztere bis auf den Fufsboden herab, so
dafs sie, wenn geöffnet, viel Luft einlassen.
Das Licht kommt den Schülern von links. Es ist reichlich
vorhanden und kann durch hölzerne Fensterläden abgeschlossen
werden. Diese sind statt der bei uns üblichen Vorhänge in Gebrauch,
da das Sonnenlicht in Italien, sowohl was die Helligkeit, als was
die Wärme anbetrifft, bekanntlich sehr intensiv ist.
Die innere Einrichtung der Schulzimmer zeichnet sich durch
grofse Einfachheit aus. An den Wänden hängt je ein Kruzifix, ein
Bild des regierenden Königs und seines Vaters, sowie eine Anzahl
851
geographischer Karten. Aulkerdem siad einige eiserne Hakeo für
die Eilte nnd Kleider der Schiller angebracht, trotzdem Kleidangs-
stiictEe, da sie die Luft versohlechterD, nicht in die Klassen, sondern
auf die Korridore oder in besondere Giarderoben gehKren.
Was daa Mobiliar anbetriGTt, so ist in jeder Klasse eine bölüerne
Wandtafel auf beweglichem Gestelle vorhanden. Die Suhsetlien,
die aas einer Fabrik für Schul- und Turngeräte in Bari stammen,
sind sehr verschieden. In der Tertia des Lyceums finden sich
Kinzeltisohe mit Stühlen. Die Tischplatte besteht ans einem 35 cm
breiten geneigten nnd einem 17 cm breiten horizontalen Teil;
in letzteren ist das Tintenfafs eingelassen. Unter der Tischplatte
befindet sich ein Kasten fUr die BUcher und unter diesem über dem
Nalionalkonvikt in Tivoli.
Boden ein Rost für die Füfse; solche Roste sind nötig, da der Fufs-
boden, wie fast immer in Italien, aus Stein besteht. Während die Tische
drei verschiedene Crröfsen besitzen, sind die Stühle alle gleich hoch,
was hygienisch natürlich unzulässig ist. Anders verbalten sich die
Subsellien in der Prima, d. i. der untersten Klasse des Gymnasiums.
Hier stehen zweisitzige Bänke, alle von gleicher Höhe. Sie haben
eine Tischplatte von 30 cm Breite, in deren Mitte sich das Tinten-
fafs befindet, einen Höhenunterschied zwischen Pult nnd Sitz von
34 cm niid eine sogenannt« Nulldistaaz. Die Breite der ans Latten
bestehenden Bank beträgt 25 cm. Als schräg nach hinten geneigte
Lehne dient der nächste Tisch, der mit der vorhergehenden Bank
fest verbanden ist. In der letzten Subsellienreihe vertreten deshalb
Schemel die Stelle der Bank.
<2*
852
Die Räumlichkeiten für die Internen bestehen, abgesehen von
einem prächtigen Festsaal, aus füof Arbeitszimmern, von denen jedes
für eine Squadra, d. i. eine Abteilung von nicht ganz 20 Schülero,
bestimmt ist. Ebeuso sind fünf Schlafsäle vorhanden, in denen je
eine Squadra schläft. Die Bettstellen bestehen aus Eisen nnd
enthalten eine Uatratze, eine Wolldecke und eine Steppdecke aus
Baumwolle. Gegessen wird in einem gemeinsamen Eissaal, der 70
bis 80 Plätze besitzt. Für die Hautpflege der Zöglinge stehen
zwölf Wannenbäder und vier Duschen zur Verfügung. Das gut
eingerichtete Hospital enthält nur selten Kranke, die meist an
„verdorbenem Magen^ leiden. Von Infektionskrankheiten pflegen nur
Masern und Scharlach vorzukommen. Tuberkulose ist nie beobachtet
worden. Etwas trägt wohl hierzu bei, dafs es verboten ist, auf
den Fufsboden zu spucken; denn in den Klassen und auf den
Korridoren liest man vielfach die Inschrift: ^Per ragioni di igiene
b proibito di sputare sul pavimento*".
Die Körperpflege der Alumnen läfst kaum etwas zu wünschen übrig.
Sie tragen eine nicht zu eng anschliefsende Uniform von schwarzem
Tuch, die mit Schnüren und Goldstickerei verziert und daher sehr
kleidsam ist. Die von ihnen benutzten Glacehandschuhe erscheinen
uns Deutschen für Schüler entbehrlich.
Die Ernährung ist gut und reichlich. Des Morgens um 8Vt
Uhr wird Elaflfee mit Milch und Weifsbrod, jedoch ohne Butter ver-
abreicht. Das Mittagessen findet um 12 Uhr statt und besteht aus
Suppe, zwei Fleischgerichten und Gemüse, wozu Sonntags eine sülse
Speise hinzukommt; aufserdem steht Brod nach Belieben zur Ver-
fügung. Als Getränk erhalten die jüngeren Schüler Vs, die älteren
^A 1 Wein. Bei dem schädlichen Einflufs, den Alkohol gerade auf
die Jugend ausübt, sollte man denselben jedoch aus den Internaten ver-
bafihen. Zu Abend gibt es um 8 Uhr Suppe, eine Fleischspeise
mit Gemüse und Früchte, dazu Brod und ebensoviel Wein wie am
Mittag.
Auch an Bewegung in freier Luft fehlt es den Zöglingen nicht,
indem sie täglich einen Spaziergang von P/s bis 2 Stunden unter-
nehmen. Sie sind dabei in kleinere Gruppen verteilt, die von je
einem Lehrer und Diener begleitet werden, während man in Deutsch-
land in dieser Beziehung wenigstens den älteren Schülern gröfsere
Freiheit gewährt.
Von den Körperübungen findet das Exerzieren und Turnen
gleichfalls im Freien statt. Dem ersteren ist eine Stunde, dem
letzteren sind zwei Stunden wöchentliob gewidmet. Beim Exerzieren
werden auch Übungen im Zielen mit dem Gewehre Torgenommen.
Das Turoen hatte ich Gelegenheit in zwei Unterrichtsstunden,
von denen die eine an Interne, die andere an Externe erteilt wurde,
Daher keouen zn lernen. Nachdem ich von den Internen militärisch
begrüfst worden war, führten sie einen Dauerlauf aus uud nahmen
dann, auf allen Vieren kriechend, verschiedene Übungen auf dem
Erdboden vor. In den HAuden hielten sie dab?i ein Brettchen mit
Griff, um vor Verunreinigung durch die Erde geschützt zu sein.
Zum Schlufs wurde an Stangen and Stricken geklettert, wie sie auf
Tumhof de» National konvikt« in Tivoli.
dem hier abgebildeten Tumhof zn sehen sind. Wer den höchsten
Punkt erreichte, befestigte oben eine Fahne. Die Externen begannen
gleichfalls mit einem Danerlauf. Sodann wurde über eine Schnor
gesprungen. Der Hocheprnng fand mit Anlauf von einem Pufebrett
aus statt, der dazu gehörige Absprung mit ausgestreckten Armen.
Warum für diesen Absprung eine staubige Matrafze und nicht der
aufgelockerte and leicht befeuchtete Boden benatzt wurde, ist mir
nicht verständlich. Dem Springen folgten Übungen mit eisernen
Stäben, die, je nach der Kraft der Schüler, verschieden schwer waren
und zunächst in die Ferne geschleudert worden. Darauf hatten die
8Ö4
Tarnenden den Eisenstab mit beiden Armen in horizontaler Rich-
tung bald hoch, bald niedrig zu halten. Zwei andere Stäbe, in
jeder Hand einer, mufsten dagegen senkrecht möglichst hoch ge-
hoben werden. Für das zuletzt vorgenommene Fufsballspiel schienen
mir die Knaben etwas zu jung zu sein; der Ball wurde teils mit
dem Fufs, teils mit der Hand geschleudert.
Von Turngeräten sah ich aulser den erwähnten noch das Beck
und einen wagereohten Balken, der tiefer und höher gestellt werden
konnte und mit halbkreisförmigen Eisenbügeln versehen war; ich
vermute, dafs er die Stelle des Pferdes vei-trat. Ferner waren Keulen
im Gewicht von 14 bis 18 kg zum Schwingen vorhanden. Der
Barren fehlte dagegen.
Wie für das Turnen, so sind auch für das Fechten zwei Stunden
in der Woche bestimmt. Der geräumige Fechtsaal, von dem auf Seite 855
eine Abbildung folgt, ist mit Fahnen, Gewehren, Säbeln, Floretts
und Drahtmasken zum Schutze des Kopfes verziert. Obgleich der
Fechtunterricht nur fakultativ erteilt wird, so nehmen doch die
älteren Schüler fast alle daran teil, da namentlich das Stofsfechten
als eine vornehme Kunst gilt. Daher auch die Inschriften an deu
Wänden: „Onore alle arme" und „La scherma nobilita ed e Tarie
dei cavallieri". Als Tugenden, die es fördert, werden ihm nach-
gerühmt: „Disciplina, Coraggio, Abnegazione, Lealtä und Cortesia".
In der Tat zeichneten sich die fechtenden Schüler durch vornehme
Höflichkeit aus, ' so dafs sie den deutschen Knaben in dieser Be-
ziehung zum Vorbild dienen könnten. Aufser dem Florettfechten
wird auch das Säbelfechten und das Fechten mit Holzstäben be-
trieben.
Nicht minder als für die Pflege und Erholung des Leibes ist
für die geistige Zerstreuung der Alumnen gesorgt. Es besteht eine
Schülerkapelle, die oft fröhliche Weisen auf ihren Blasinstrumenten
ertönen läfst. Ferner werden die Zöglinge in passende Stücke des
Theaters geführt, und endlich finden sogenannte Konferenzen, d. i-
wissenschaftliche Vorträge, im Konvikte statt, an denen auch die
Honoratioren der Stadt teilnehmen. Ein solcher Vortrag, den ich
hörte, behandelte „die Zustände des Theaters und der musikalischen
Bildung in Rom im zweiten Viertel des neunzehnten Jahrhunderts
(18:^5 — 1850)** und war aufserordentlich anregend.
Für geistige Ausspannung sorgen aufserdem die Ferien. Die
längsten sind die Sommerferien, welche drei Monate, von Anfang
Juli bis Ende September dauern und nur für diejenigen, welche die
855
A.ligang8prUfiuig machen wollen, verkürzt werden. Weiter sind nocli
L6 Tage frei, nAmlich die kirchlichen Feste, wie Weihnacht, Fast-
nacht, Ostern, der Geburtstag des Königs nnd der Königin tmd vei-
sohiedene andere Nationalfeiertage.
Auch während des Schuljahres, das sich vom 1. Oktober hia
Flui» Jani erstreckt, findet keine Überanstrengung statt. Das Ziel
der italienischen Gymnasien ist etwas niedriger als das der deutschen.
FudiUaal des Nntioniilkonvikts in Tivoli.
da es in acht und nicht wie bei uns in neun Jahren erreicht
wird. Dem entsprechend betrügt auch die wöchentliche Unter-
richtszeit weniger als in Deutschland. Die alteren Schüler besuchen
die Klasse von 9 bis 12 Uhr vormittags und von 4',* bis 6Vt Uhr
nachmittags, die jflageren am Nachmittag kürzere Zeit; dabei sind
aber alle Mittwoch- und Sonnabendnachmittage frei. Das ergibt für
die ^teren Knaben 26 Stunden pro Woche gegenüber 32 Stunden
bei uns.
856
Strafen zur AnstreDgung des Lerneifers werdeo, wie überhaupt
Strafen, selten verhängt. Sie bestehen in privaten oder öffentlichen
Ermahnungen, in Entziehung des Spaziergangs, in Elarzer bis zu
drei Tagen und in Zurückbehaltung während der Ferien; körper-
liche Züchtigungen sind ausgeschlossen.
Endlich wird den Aluronen hinreichende Zeit zum Schlafe ge-
währt. Sie stehen im Sommer um 5^/s ühr, im Winter um 6 Dbr
auf und geben um 97« Dbr zu Bett. Aufserdem schlafen sie 1 bis
V/\ Stunde nach Tisch, da die grofse Mittagshitze Italiens starke
Ermüdung erzeugt.
Vor allem aber lassen sich der treffliche Direktor, Herr Dr.
Marcello Rocchetti, und die ihm unterstellten Lehrer und Er-
zieher die Fürsorge für das geistige und körperliche Wohl der ihnen
anvertrauten Jugend auf das wärmste angelegen sein. Die Lehrer,
die sämtlich den Titel Professor führen und sich durch Erwerbung
des Doktorats (Laurea di Dottore) als für das Lehramt befähigt aus-
weisen müssen, leisten wissenschaftlich zum Teil Hervorragendes,
wie denn einige zugleich als Docenten an der Universität Rom wirken.
Es sind ihrer etwas mehr als 20, von denen 15 am Gymnasium bezw.
Lyceum, 7 an der technischen Schule unterrichten. Die Erzieher
erteilen keinen Unterricht, höchstens in den Elementarklassen. Allen
diesen Herren sage ich für das freundliche Entgegenkommen und
die bereitwillige Unterstützung, die sie mir bei meinen Untersuchungen
gewährt haben, zum Schlufse verbindlichsten Dank.
Über die zweckmälbi{^te Einrichtong von Bchnlaxztstellen
in Städten mittlerer Gröliie.
Von
Dr. med. F. Wex- Lübeck.
(Schlufs.)
Aus dieser 'Zusammenstellung der schulärztlichen Einrichtungen
in 25 Städten ergibt sich folgendes:
ad 1. Alle Städte, mit Ausnahme Nürnbergs, haben eine
genaue Untersuchung aller Neuaufgenommenen innerhalb der ersten
Wochen nach Beginn des Schuljahres bezw. -halbjahreis mit Ans-
füUung eines Gesundheitsbogens durch den Schularzt angeordnet.
857
Diese UntersuchuDg soll feststellen, ob und welche Kinder einer
dauernden ärztlichen Überwachung oder besonderer Berücksichtigung
beim Schulunterricht (z. B. Ausschliefsung vom Unterricht in ein-
zelnen Fächern, wie Turnen und Gesang, oder Beschränkung in der
Teilnahme am Unterricht, Anweisung eines besonderen Sitzplatzes
wegen Gesichts- oder Gehörsfehler u. s. w.) bedürfen.
Von den „Gesundheitsscheinen^ liegt ein Muster bei. (Anlage A.)
JBrscheint ein Kind einer ständigen ärztlichen Überwachung bedürftig,
so ist der Vermerk ^ärztliche Kontrolle'' auf der ersten Seite oben
rechts zu machen. Die Spalte, betreffend „allgemeine Konstitution '^f
wird bei der Aufnahmeuntersuchung für jedes Kind ausgefüllt, und
zwar nach den Kategorien „gut, mittel und schlecht*".
Kinder, deren allgemeine Konstitution als „schlecht" bezeichnet
ist, werden so lange als „unter ärztlicher Überwachung'* stehend be-
handelt, bis der Schularzt sie ausdrücklich auf ihrem Gesundheits-
schein als dessen nicht mehr bedürftig bezeichnet.
Dan zig verlangt einen Gesundheitsbogen nicht für alle, sondern
— wie es auch ursprünglich in Wiesbaden der Fall war — nur
für die einer dauernden ärztlichen Kontrolle bedürftigen Kinder; und
Schöneberg stellt einen solchen nicht gleich bei der Aufnahme-
Untersuchung, sondern erst nach Ablauf des ersten Schulhalb-
jahres aus.
Vier Städte (Berlin, Düren, Erfurt, Schöneberg) schreiben
auch noch eine Untersuchung darauf vor, ob das Kind überhaupt
Bchul&hig ist, und zwar verlangen Berlin und Sohöneberg lo-
gischerweise diese Untersuchung vor der Einstellung in die Schule.
Von dem Ausfall der Untersuchung, welche in Charlottenburg
„möglichst in Gegenwart der Eltern 'S denen auch in Berlin und
Offenbach „die Anwesenheit gestattet ist'', sonst in Gegenwart des
Klassenlehrers bezw. einer Lehrerin vorgenommen werden soll,
hängt einmal — wo dies vorgeschrieben — ab, ob das Kind über-
haupt auf der Schule verbleibt (bezw. aufgenommen wird) und ferner,
ob es einer dauernden Beaufsichtigung und Berücksichtigung bedarf.
(Falls die Eltern dies wünschen, können die Gesundheitsscheine eben-
so gut von irgend einem anderen approbierten Arzte ausgefüllt sein.
Formulare hierzu sind jederzeit unentgeltlich zu haben.)
ad 2. In den ersten Tagen nach Schulbeginn soll in Aachen,
Gas sei und Wiesbaden — unabhängig von der Untersuchung
ad 1 — eine äufsere Revision der Neuaufgenommenen behufs Er-
mittelung von übertragbaren Krankheiten und Ungeziefer statthaben.
858
Anlage A.
für
geboren den
geimpft „
wiedergeimpft
Gesnndheitsschein _ _
, Sohn — Tochter — d
.18 Schule seit 1
18
. .18
Datum
und
Schuljahr
Allgemeine 1 ^^gß^
Haut-
Konstitution
^ Brust- 'i
I um- ' ^^^^ ^^^ '■ «rkran-
s.
I.
w.
cm
■' wicht ,
kg: [i cm
Bauch
kungen
^Parasiten)
Wlrbel-
sinle
und
Extre-
mitäten
S :
II.
W.
s.
TIT
1 . 1 '
1 .' Il
1
1
II
1
111.
1 .'II
1
1
w.
1 1 1 1
-
1
1
1
Datum
und
Schuljahr
I Augen
und
Sehschärfe
Ohren
und
Gehör
Mund,
Nase
und
Sprache
Besondere |i
Bemerkunjren
u. Vorschläge ,,
für die
Behandlung >|
in der
Schule
Mit-
teilungen i
an die
Eltern
Bemerkan^»
des
Lehrer»
859
Oöln verlangt diesA Revision nach Beginn jedes Halbjahres, and
zwar in sämtlichen Klassen.
ad 3. Abgesehen von den Kindern, welche als unter ärztlicher
Überwachung stehend betrachtet werden, wird die genaue Unter-
suchung (wie 1) in acht Städten wiederholt, um Veränderungen im
Gesundheitszustand nach der einen oder anderen Seite hin feststellen
zu können. Einmal wird die Untersuchung wiederholt in Posen,
wo ^nach Verlauf von einem halben bis ganzen Jahr'' und in
Chemnitz, wo ^im Oktober jedes Jahres'' eine Nachbesichtigung
sämtlicher zu Ostern in die unterste Klasse eingetretener Kinder
stattzufinden hat. Begelmäfsige Nachschau wird verlangt „in
jedem Balbjahr" in Elmshorn, „mindestens einmal im Laufe
eines Jahres*' in Offenbach, ^beim dritten, fünften und achten
Jahrgang" in Wiesbaden und Cassel, „bei Beginn des vierten
und siebenten Schuljahres" in Düren, und endlich „bei Knaben,
welche in die vierte und bei Mädchen, welche in die fünfte Klasse
versetzt sind, sowie beim Abgang von der Schule^ in Elensburg.
Mit einer Bestimmung steht Wiesbaden isoliert da, sie lautet:
„Es ist erwünscht, dafs nach Untersuchung der zur Entlassung
kommenden Schüler des achten Jahrgangs ein abschlieisendes Urteil
über die Gesamtentwicklung des Kindes während seiner Schulzeit
in seinen Gesundheitsschein eingetragen werde, und zwar unter Be-
rücksichtigung der während jener Zeit stattgehabten nennenswerten
Erkrankungen, welche von dem Klassenlehrer zu notieren sind.^
ad 4. Von geringerer Bedeutung, aber für die Organisation
des schulärztlichen Dienstes doch von Wichtigkeit ist die Frage der
Wägungen und Längenmessungen, über welche wir allerdings
in zehn Dienstanweisungen Angaben vermissen. Sie wird in elf
Städten vom Lehrpersonal, in zweien vom Schuldiener unter Auf-
sicht des Lehrers, und nur in Düren und Heilbronn durch den
Schularzt selber vorgenommen.
Während Längen messungen und Wägungen für gewöhnlich halb-
jährlich zu machen sind, finden sie in Elmshorn nur jährlich, und
in Düren bei der Aufnahme sowie den Nachuntersuchungen (ad 4)
statt. In Britz brauchen nur die unter ärztlicher Überwachung
stehenden gemessen und gewogen zu werden.
Die Messung des Brustumfangs wird stets vom Arzt vorge-
nommen, und zwar nur bei Kindern, die einer Lungenerkrankung
verdächtig sind, oder deren allgemeine Konstitution im Gesundheits-
schein als „schlecht^^ bezeichnet ist. Sie darf in Friedrichs-
860
hagen und Britz nur in der elterlichen Wohnung ausgeführt
werden.
ad 5. Ein integrierender Teil der Aufgaben des Schularztes
ist in seiner Tätigkeit als ^Schülerarzt^ gegeben, wobei all»
Dienstanweisungen ausdrücklich darauf hinweisen und es betonen,
dafs die Behandlung eines erkrankten Schulkindes niemals Sache
des Schularztes ist. Er soll nur untersuchen und, falls notwendig,
die Eltern benachrichtigen lassen, denen stets die Wahl des Arztes
überlassen bleibt.
Es ist zu dem Behuf in der Schule die sogenannte „Sprech*
stunde^ eingerichtet, die vormittags in der Dauer von ungefähr zwei
Stunden abgehalten wird, und deren erster Teil zu einem je 10 bis
15 Minuten dauernden Besuch von zwei bis fünf Klassen während
des Unterrichts dient.
Jede Klasse soll womöglich zweimal (nach einigen Dienst-
an Weisungen einmal) während eines Halbjahres besucht werden.
Bei diesen Besuchen werden sämtliche Kinder einer äufseren Revi-
sion unterzogen ; bei besonderen, zu sofortiger Besprechung geeig-
neten Beobachtungen wird von dem Lehrer Auskunft gefordert und
ihm solche erteilt.
Erscheinen hierbei einzelne Kinder einer genaueren Unter-
suchung bedürftig, so ist diese nachher in einem besonderen Baume
vorzunehmen.
Gleichzeitig dienen diese Besuche auch zur Revision der Schul-
lokalitäten und deren Einrichtungen, sowie zur Kontrolle über Ven-
tilation, Heizung, körperliche Haltung der Schulkinder u. s. w.
In der zweiten Hälfte der Sprechstunde werden die erforder-
lichen genaueren Untersuchungen vorgenommen. Auch sind hierbei
Kinder aus anderen, an dem Tage nicht besuchten Klassen dem
Arzte in dringenden Fällen, besonders bei Verdacht auf ansteckende
Krankheiten, zuzuführen*
Die Häufigkeit dieser „Sprechstunde^ ist eine verschiedene. In
elf Städten findet sie alle 14 Tage und in ebenso vielen alle Monate
statt, in der Weise, dafs jede einzelne Klasse im Semester zwei-
(bezw. ein-)mal untersucht wird, während Cöln nur alle Viertel-
jahr eine Sprechstunde hat. In Berlin findet sie „in angemessenen^
und in Düren in „regelmäfsigen^ Zwischenräumen statt.
Die Untersuchung der Kinder und der Klassenräume wird in
Breslau unabhängig von einander ausgeführt, und in Cöln wird
lediglich „Sprechstunde", d. h. Untersuchung der Kinder, vorge^
861
flommen, ohne dafs hierbei die Hygiene des Schulhauses spezielle
Beiücksichtigung findet.
ad 6. Die „Mitteilung an die Eltern" über den Untersuchungs-
befund wird meist vermittels vorgeschriebener Formulare (siehe An-
lage B) gemacht, deren Zusendung Sache des Schulleiters ist. Es
hat dies jedoch nur bei ernsten, wichtigen Erkrankungen zu ge-
schehen, wo das Interesse des Kindes oder der Schule ein ener-
gisches Vorgehen fordert. In sechs Städten findet eine derartige
Benachrichtigung der Eltern nicht statt.
Anlage B.
HitteiliiDg.
Die von dem Magistrat angeordnete ärztliche Untersuchung resp.
Überwachung Ihres Kindes
gcb hat ergeben, dafs dasselbe
an
leidet. Für die Gesundheit Ihres Kindes, wie für das Interesse der Schule
ist deshalb
dringend erforderlich.
Wiesbaden, den 19
An dieser Stelle mag die in einzelnen Städten getroffene Ein-
richtung Platz finden, dafs den Eltern bei der Aufnahme ihres
Kindes kurze gedruckte Belehrungen über die Sohularztaufgaben
eingehändigt werden. Ein Muster dafür liegt an. (Anlage 0.)
Anlage C.
Zu besserem Schutze der Gesundheit der die öffentlichen Schulen be-
suchenden Kinder haben die städtischen Körperschaften beschlossen, Schul-
ärzte anzustellen, welchen die ärztliche Untersuchung der Kinder nach
deren Eintritt in die Schule, die regelmäfsige Überwachung ihres Gesund-
heitszustandes, so lange sie die Schule besuchen, und die Revision der
Schulräumlichkeiten vom gesundheitlichen Gesichtspunkte aus übertragen ist.
Diese Einrichtung wird den Schulkindern wie deren Familien von
wesentlichem Nutzen sein. Bei der Unterrichtserteilung wird die Körper-
beschaffenheit und der Gesundheitszustand des einzelnen Kindes weiter-
gehende Berücksichtigung finden, als es bisher geschehen konnte, und es
werden die Eltern durch die zu ihrer Kenntnis gebrachten Beobachtungen
der Schulärzte in ihren Bestrebungen, ihre Kinder gesund zu erhalten,
unterstützt werden.
Eltern, welche wünschen, dafs ihre Kinder nicht durch den Schularzt
untersucht werden (die ärztliche Behandlung gehört nicht zu den Dienst-
obliegenheiten der Schulärzte), müssen den erforderlichen gesundheitlichen
Nachweis durch Zeugnisse ihres Hausarztes erbringen.
Formulare für ärztliche Zeugnisse sind im Botenzimmer des Rathauses
und bei den Schulpedellen unentgeltlich entgegenzunehmen.
862
ad 7. Die AusiibuDg des schulärztlichen Dienstes ist im all-
gemeiDen an die Schule gebunden, doch sind auch einzelne Fälle
vorgesehen, in denen der Schularzt eine Untersuchung des Kindes
in dessen Wohnung vorzunehmen hat. Als ein solcher Fall ist in
16 Dienstanweisungen „die Feststellung, ob Schulversäumnis gerecht-
fertigt ist," genannt; aber stets nur dann, wenn kein anderweitiges
(haus-)ärztliches Attest beigebracht wird.
Plauen und Chemnitz verlangen eine häusliche Untersuchung
„nötigenfalls", Britz und Schöneberg aufserdem noch bei Ver-
dacht bezw. zur Verhütung ansteckender Krankheiten oder endlich
„in dringenden Fällen".
In fleilbronn können diese Besuche dem Stadtarzt zugeschoben
werden, was seinen Grund in den später zu besprechenden eigen-
artigen schulärztlichen Verhältnissen Heilbronns hat.
ad 8. In ähnlicher Weise wird der Schularzt, abgesehen natür-
lich Von den Fällen der vis major, wie sie plötzliche ünglücksföUe,
Epidemien u. dergl. mit sich bringen, in manchen Dienstanweisungen
verpflichtet, auch in seiner häuslichen Sprechstunde eine Unter-
suchung, vorzunehmen. Es geschieht dies in Königsberg, Offen-
bach, Aachen, Bonn, Britz, Chemnitz, Düren und Elms-
horn „bei Verdacht ansteckender Krankheiten" bezw. „in dringenden
Fällen«.
ad 9. Die Hygiene des Schulhauses findet neben deü
mehr allgemeinen Besichtigungen der Räume und ihrer Einrichtungen,
wie sie gelegentlich der „Sprechstunden« vorgenommen werden,
ihren Ausdruck in den gründlichen Revisionen des ganzen Schul-
hauses mit seinen Nebenanlagen. Dieselben werden in 10 Fällen
je einmal im Sommer- und Winterhalbjahr ausgeführt, in Bonn,
Flensburg und Cöln nur einmal, in Frankfurt dagegen dreimal
im Jahre (zweimal im Winter, einmal im Sommer). Berlin und
Leipzig setzen keine bestimmte Zeit fest, sondern verlangen sie
„in angemessenen Zeiträumen" bezw. „in periodischer Wiederkehr".
Die hierbei sowie bei den sonstigen Besuchen gelegentlich ge-
machten Beobachtungen über die Beschaffenheit der zu überwachenden
Gegenstände sowie über Handhabung der Reinigung, Lüftung, Heizung
und Beleuchtung, und die etwa an diese Beobachtungen sich an-
schliessenden Vorschläge werden Von dem Schularzt entweder in ein
für diesen Zweck bei dem Schulleiter aufliegendes Buch eingetragen,
oder auf dem vorgeschriebenen Wege zur Kenntnis der zuständigen
Behörden gebracht.
863
Souderbestimmungen haben noch Königsberg, Bonn nnd
^Flensburg, welche jedesmal Zuziehung des Schulleiters und des
städtischen Baubeamten vorschreiben. In Breslau, Plauen und
Danzig geht die Revision von der Baukommission aus, welche die
Schulärzte zuzieht, denen daher dort keine regelmälsige selbständige
Hevision obliegt.
In Posen, Chemnitz und Düren nimmt der Schularzt,
abgesehen von seinen eigenen zwei S.evisionen, auch noch aufserdem
an denen der Baubehörde teil.
Vier Dienstanweisungen endlich lassen von der Mitwirkung des
Schularztes bei der Hygiene des Schulhauses nichts verlauten.
ad 10. Die Hältung gemeinverständlicher Vorträge in den
LehreiTersammlungen über die wichtigsten Kapitel der Schulhygiene
verlangen elf Städte: „während des Winters", Bonn und Düren
„einmal im Jahr**, und Erfurt: „zu gegebener Zeit^, während in
zehn Städten keine solche Vorträge gehalten werden. Doch schreibt
Charlottenburg statt dessen vor: „Der Schularzt soll das Interesse
und Verständnis der Lehrer für die Anforderungen der Schulhygiene
fördern und unterstützen*'.
ad 11. Behufs Erreichung eines möglichst gleichmäfsigen,
gleichartigen Vorgehens halten die Schulärzte miteinander Kon-
ferenzen ab. Solche sind in 21 Dienstanweisungen vorgeschrieben.
Die Häufigkeit dieser gemeinsamen Besprechungen schwankt sehr, von
einmal im Jahr (Aachen, Co In) bis zwölfmal im Jahr (Königs-
berg). Zweimal im Jahr finden sie in Bonn, Düren und Heil-
bronn statt, dreimal in Frankfurt und Nürnberg, viermal in
Chemnitz und Charlottenburg, „periodisch" in Berlin,
„öfters" in Elmshorn. Ohne Zeitangabe sind Schöneberg
mit Konferenzen „auf Einberufung durch die Schuldeputation*', und
Danzig „mit Teilnahme an den Konferenzen der Schuldeputation.**
In Frankfurt beruft der Stadtarzt und in Plauen, sowie in
Leipzig der Bezirksarzt „nach seinem Ermessen*' die Schulärzte zu
Konferenzen.
ad 12 — 15. Auf die Spalten 12 — 15 wird in den folgenden
Abschnitten zurückgekommen.
* !
Nachdem wir im vorstehenden gesehen haben, wie in den
genannten Städten die schulärztliche Einrichtung im einzelnen
organisiert ist, und wir dadurch auch über den Umfang der Tätig-
864
keit des einzelnen Schularztes informiert sind, gehen wir jetzt zar
Besprechung der allgemeinen Fragen über.
Sie lauten:
a) Auf welche Schulen erstreckt sich bisher die Tätigkeit der
Schulärzte?
b) Wem sind die Schulärzte unterstellt?
c) Auf wie lange sind sie angestellt?
d) Wie groCs ist ihr Gehalt und, — im Zusammenhang damit
— auf wieviele Kinder erstreckt sich ihre Tätigkeit?
e) Wie ist ihre Organisation untereinander?
f) Welche Bedingungen werden an ihre Vorbildung und
Persönlichkeit gestellt?
g) Einige besondere Fälle.
ad a. Der erste Punkt: „Auf welche Schulen ersti-eckt sich
bisher die Tätigkeit der Schulärzte 'S ist leicht beantwortet, denn es
sind überall nur 'die Volks- und Mittelschulen der schulärztlichen
Aufsicht unterstellt, nicht auch die höheren und privaten Lehr-
anstalten. Eine Ausnahme machen Bonn mit zweimal jährlich vor-
zunehmenden Revisionen der Privatschulen und Kleinkinderbewahr-
anstalten, sowie Nürnberg, doch geht aus den Bestimmungen letzterer
Stadt nicht klar hervor, ob auch die Gymnasien eingeschlossen sind,
während die privaten Erziehungs- und Unterrichtsanstalten besonders
hervorgehoben werden.
ad b. Unterstellt sind die Schulärzte bisher den Magistraten
bezw. den Schulkommissionen derselben, von welchen sie auch er-
nannt werden. Der Bericht, welchen der Kultusminister BossB
über das Schularztwesen anfertigen liefs, besagt hierüber: „Die vor-
gesetzten städtischen Verwaltungsbehörden bestimmen, welche Ärzte,
unter welchen Bedingungen und für welche Schulen sie bei der
Schulaufsicht zu beteiligen sind''.
Bis erst einmal, wie es in Sachsen-Meiningen bereits ge-
schieht, der Staat die Regelung dieser Angelegenheit in die Hand
nimmt, bleibt sie den jeweiligen Bedürfhissen und lokalen Ver-
hältnissen der einzelnen Städte überlassen.
ad c. Die Anstellung der Schulärzte (cfr. Spalte 14 der
Tabelle) erfolgt in 12 Städten auf unbestimmte Zeit mit gegen-
seitigem vierteljährigem Kündigungsrecht; in fünf Städten werden
sie auf die Dauer von drei, in Dresden von sechs Jahren ange-
stellt, sind dann aber wieder wählbar. Sieben Städte endlich haben
keine entsprechende Bestimmung.
865
Name
der
Stadt
Zahl
der
Schalftrste
Jedem
Schularzt
antersiehen
Kinder
Gehalt
Altendorf a. R. . . .
Berlin
Bonn
Boston
Breslaa
Oharlottenburg . . .
Danzig
Darmstadt
Dresden . .
ESlmshom .
Erfurt
Frankfurt .
Kairo
Kiew
Königsberg .
Kopenhagen
Leipzig ....
New York .
Nürnberg . .
Offenbaoh . .
Plauen ....
Posen
Sachsen -Meiningen
Schöneberg
Wiesbaden
36
3
55
25
4
10
(1 Chef, 2 Assistent.)
3
(darunter 1 weibl.)
10
15
300
6
3
3
8
(darunter 2 Spesial)
1800—2000
1400
2000
1000—1500
4000
1700
1500—1700
1800—2000
2600
3000—4000
1000
3000
1600-1800
900-1500
1200—1500
1200
600 Mk.
2000 r,
600 „
800 „
500 „
steigend 400-1000 Mk.
bis L5 Klassen 225 Mk.,
für weitere je 5 Klassen
75 Mk.
400-500 Mk.
pro Kind 50 Pfg.
1600 Mk.
1000 „
12000 (bezw. 3600) Frs.^
1000 Rnb. = 2150 Mk.
600 Mk.
400 Kr.
500 Mk.
800 „
600 „
900 „
500 „
800 (bezw. 250 Mk.)
1000 Mk.
600 n «
^ Der Chefarzt erhält 12000 Frs., jeder Assistent 3600 Frs.
* Aufserdem erhalten sie eine jeweils nach der Zahl der untersuchten
Schüler des dritten, fünften und achten Jahrganges zu berechnende Vergfltung
auf Gh'und einer ron ihnen am Jahressohlufs einzureichenden Liquidation.
Schnlgesnndheitspflege. XVI. 43
866
ad d. Die weitere Frage: „Aaf wie viele Kinder erstreckt sich
auswärts die Tätigkeit jedes Schularztes und wie hoch beläuft sich
sein Gehalt ?** ist in der umstehenden Tabelle beantwortet. Da die
Angaben hierüber aus deutschen Städten recht spärlich waren, sind
Vergleiches halber auch einige au&erdeutsche Städte mit heran-
gezogen.
Dieser Tabelle, die allerdings groüse Lücken aufweist, ist weiter
nichts hinzuzufügen, als auf die weiten Grenzen hinzuweisen, in
denen Gehalt und Zahl der überwiesenen Kinder schwankt.
ad e. Unter den Schulärzten selbst fungiert in Cassel, Offen-
bach, Schöneberg und Wiesbaden der „älteste Schularzt^ als
primus inter pares, während in Aachen und Chemnitz die Schul-
ärzte sich alljährlich aus ihrer Mitte einen „ersten'' Schularzt
wählen. In Frankfurt steht der Stadtarzt an der Spitze und
dient als Vorsitzender der Schulärzte, deren Tätigkeit er überwacht
und einheitlich regelt; ähnlich in Breslau, Danzig, Dresden,
Heilbronn und Leipzig. Ohne jede Organisation untereinander
sind die Schulärzte in 10 Städten. An den Stadtarzt bezw. ältesten
oder ersten Schularzt (oder auch an den Vorsitzenden der Schul-
deputation) haben die Schulärzte (wie dies in Spalte 12 der Tabelle
zusammengestellt ist) über ihre Tätigkeit in dem abgelaufenen Schul-
jahr einen schriftlichen Bericht einzureichen, welcher diese einzelnen
Berichte wiederum mit einem kurzen übersichtlichen Gesamtbericht
dem Magistrat vorlegt.
Das Verhältnis der Schulärzte zu einander wird auch noch
durch die in allen Dienstaoweisungen wiederkehrende Bestimmung
betroffen, dafs sie, wenn sie aufserhalb der Ferien verreisen oder
sonst irgendwie behindert sind, für kostenlose geeignete Vertretung
zu sorgen haben, meist indem sie sich gegenseitig vertreten.
Verschiedentlich ist das Verlangen nach einem Oberschularzt
laut geworden, dem dann die Hygiene des Unterrichtes und Schtü-
gebäudes aller Schulen einer Stadt unterstände, während für die
Hygiene der Schulkinder eine Anzahl praktischer Arzte angestellt
werden sollte. Zum Oberschularzt, der eine spezielle schulhygienische
Ausbildung genossen haben müDste, sei am besten der Amtas-( Be-
zirks-, Stadt*)arzt geeignet, während die Schulärzte dieser besonderen
Vorbildung nicht bedürften, (cfr. Zeitschrift für Schulgesundheits-
pflege 1896 S. 380.> Einen ähnlichen Vorschlag machte Dr. £obl
im „Kollegialen Verein" in Berlin: es solle in jeder Schulkommission
ein unbesoldeter Ar/t für die Hygiene des Unterrichtes und Schul-
867
gebäudes Sitz und Stimme haben, während für die Hygiene des
Kindes mehrere besoldete praktische Ärzte angestellt würden. Bisher
ist aber weder in Deutschland noch irgendwo ein Oberschalarzt er-
nannt, noch der Vorschlag Dr. Edels zur AosführuDg gelangt.
ad f. Über die Frage: Welche Bedingungen werden an die
Person und Vorbildung des Schularztes gestellt? enthält nur die
Dienstanweisung von Breslau Angaben. Sie lauten: »Die Be-
werber um Schularztstellen müssen den Nachweis einer bestandcDen
hygicDischen Staatsprüfung oder der geschehenen Teilnahme an
einem hygienischen Universitätskurs für Arzte führen^.
Prof. Schattenfroh äufsert sich in der Monatsschrift für Ge-
sundheitspflegey 1902, No. 11, über diesen Punkt folgendermaisen:
^Jedenfalls) ist die Forderung berechtigt, dafs der Schularzt neben den
Kenntnissen eines tüchtigen praktischen Arztes und neben einer
tüchtigen Ausbildung in der Hygiene auch über ein gewisses Mafs
von psychiatrischem Wissen verfügt". Wie der Schularzt sich diese
Kenntnisse aneignen soll, darüber differieren die Ansichten. Der
deutsche Lehrertag in Frankfurt beschlofs: „Schularzt kann nur
derjenige praktische Arzt werden, welcher die Schulhygiene zum
Gegenstand seines besonderen Studiums gemacht hat^. £benso ver-
langt Erismann- Zürich, „dafs womöglich Ärzte mit spezieller
hygienischer Vorbildung angestellt werden sollten^.
Diese Vorbildung läfst die ungarische Regierung durch all-
jährlich abzuhaltende dreimonatliche Kurse denjenigen zu teil werden,
welche Schulärzte zu werden beabsichtigen. Solche hygienische
Kurse verlangte für Deutschland Dr. Weyl im Korrespondenzhlatt
Berliner Ärzte, (1898 No. 50). Ihm wurde geantwortet (1 899, No. 1),
dafs lediglich die Teilnahme an einem Kurse nicht ausschlaggebend
sein könnte für die Beurteilung der Frage, ob jemand für die
Stellung eines Schularztes als fähig zu erachten sei oder nicht.
Eine andere Art von Vorbildung zum Schularzt könnte in der
Ausbildung in einem Spezialfach gegeben sein. So sind in Paris
neben den Schalärzten noch Spezialisten angestellt; das gleiche ist
in Deutschland nur in Posen der Fall, wo neben sechs Schulärzten
zwei Spezialisten (für Augen und Ohren) tätig sind. Zu dieser
Frage fiufsert sich Schiller (cfr. diese Zeitschrift 1899, S. 575),
dafs man sich mit Recht mit der Anstellung von Spezialärzten ab-
wartend verhalten solle; man müsse erst sehen, wie weit sich ein
Bedürfnis hierfür geltend machen werde. Ebenso sprechen sich
Prof. VON EsMARCH (cfr. diese Zeitschrift 1899, S. 591) und der Medi-
43»
868
zinalreferent für Elsafs-Lothringen, Dr. Kbibgbr, energisch gegen
Spezialisten als Sohulärzte aus. Dagegen hat in neuester Zeit eine
Autorität auf dem Gebiet des Schularzt wesens, Prof. Hbrmank
CoHN in Breslau in einem Vortrage „Warum müssen besondere
Schul- Augenärzte angestellt werden?^ (Wochenschrift fwr Therapie
imd Hygiene des Auges^ 1903, No. 33 u. ffg.) wieder eine Lanze für
Spezialisten, insbesondere Augenärzte, gebrochen.
ad g. Zum Schlufs müssen auch noch einige schulärztliche
Einrichtungen Erwähnung finden, die abweichend sind von dem
sonst allgemein üblichen Modus, aus der Mitte der praktischen Ärzte
die nötige Anzahl von Schulärzten auszuwählen, bei denen die schnl-
ärztliche Tätigkeit vielmehr als Anhängsel des gemeindeärztlichen oder
amtsärztlichen Dienstes betrachtet wird.
In Orefeld sind keine besonderen Sohulärzte angestellt, da-
gegen ist mit den Bezirksarmenärzten die Vereinbarung getroffen,
dais diese alljährlich die neu aufgenommenen Kinder auf Schol-
flihigkeit untersuchen.
In Borbeck i. W. halten die Schulärzte gegen eine jedes-
malige Entschädigung von 50 Mark im Mai und November
Revision aller Schulkinder ab. Den Eltern erkrankter Sander wird
dort, wenn nötig, aufgegeben, ärztliche Hilfe in Anspruch za
nehmen, die unbemittelten Kindern unentgeltlich vom Armenarzt zu
teil wird.
In Dortmund haben die Polizeiärzte die Funktion von ,,Scbal*
revisionsärzten'' mit der Verpflichtung, bald nach Ostern und bald
nach Michaelis eine Revision der ihnen zugewiesenen Klassen vor-
zunehmen, und zweitens die ihnen von den Lehrern zugesandten,
anscheinend an einer ansteckenden Krankheit leidenden Kinder zu
untersuchen und die nötigen Anweisungen zu erteilen.
Eine ähnliche Einrichtung besteht in Essen, wo der Polizeiarzt
„in zweifelhaften Fällen '^ auf Ersuchen der Rektoren krankheits-
verdächtige Kinder zu untersuchen hat.
In Heilbronn endlich hat man 1898 gelegentlich der An-
stellung eines zweiten Assistenzarztes am dortigen städtischen Kranken-
hause beschlossen, die beiden Assistenzärzte mit der Funktion von
Schulärzten zu betrauen nach Mafsgabe einer der Wiesbadener
nachgebildeten Dienstordnung (s. Tabelle, XVII, Seite 764). Auf
diese Einrichtung brauchen wir später nicht zurückzukommen, denn
sie kommt für Rostock nicht in Frage, sie wird auch von
Dr. Knaijbs (Bericht über die Schularztfrage, S. 3) wohl nicht un-
869
richtig kritisiert, wenn er sagt, dafs dieselbe sehr wenig zweok-
dienlicli zn sein scheine; sie besteht noch heutigentags, mufs sich
daher für Heilbronn wohl bewährt haben.
Den nunmehr folgenden Vorschlägen für Einrichtung von Schul-
arztstellen in Rostock müssen wir eine Angabe über die Zahl der
Schulen und Schulkinder Rostocks voranschicken.
Es gibt daselbst:
a) drei höhere Schulen mit . 1581
b) zehn Elementarschulen mit 5339
c) dreizehn Privatschulen mit 1690
i. S. 8610 Schulkindern.
Eine ärztliche Beteiligung an der Beaufsichtigung oder Ver-
waltung der Rostock er Schulen findet bisher nur in der Weise statt,
dass in der Elementarschulkommission, welcher die Volks- und
Privatschulen unterstellt sind, ein Arzt aus der Bürgervertretung
Sitz hat; dieser fungiert in Fragen von Neubauten oder Ver-
besserungen als Sachverständiger. Der Stadtphysikus hat mit dem
Schulwesen nichts zu tun.
Betrachten wir nun, ebenso wie im ersten Teil dieser Arbeit,
zunächst die speziellen Aufgaben, die dem Rostocker Schularzt
zweckmälsig zugewiesen werden dürften, um dann zu den allge-
meinen Fragen, betr. Zahl, Gehalt, Stellung u. dergl., überzugehen.
Wir folgen badei am besten den im ersten Teil in der Tabelle Seite
758 — 769 zusammengestellten Hauptpunkten.
1. Die Vornahme einer Untersuchung mit Ausfüllung
eines Gesundheitsscheines in den ersten Wochen nach er-
folgter Aufnahme in die Schule braucht nicht erst diskutiert
zu werden, denn sie ist grundlegend für die schulärztliche Tätig-
keit: ohne sie kein Schularzt! Eine besondere Bestimmung darüber
erlassen zu wollen, ob eine spezielle Untersuchung „auf Schulfähigkeit"
stattzufinden habe, erscheint für Rostocks Verhältnisse überflüssig,
gleichgültig, ob diese Untersuchung vor oder nach erfolgter Einstellung
in die Schule geschieht. Wird sie nämlich nachher vorgenommen
— wie meist üblich — , dann ist es schwierig, das eben aufgenom-
mene Kind wieder von der Schule zu entfernen; hat sie vorher statt,
so untersteht erstens das Kind noch nicht der schulärztlichen Aufsicht
und zweitens müfste die Untersuchung in der häuslichen Sprechstunde
des Arztes vorgenommen werden, was eine wesentliche Belastung
870
desselben bedeuten würde. Zeigen sich dagegen bei der ersten Auf-
stellung des Gesundheitsscheines irgendwelche körperliche oder geistige
Gebrechen, so werden diese gewifs entsprechende Berücksichtigang
finden können, ohne dafs die Frage der Scbulfähigkeit jedesmal
speziell beantwortet zu werden braucht.
Als Schema für den Gesundheitsschein wird das oben bei-
gebrachte (S. 858) Muster empfohlen ; es enthalt alles Notwendige
unter Vermeidung des Überflüssigen.
2. Die Vornahme einer „vorläufigen äufseren Besichtigung
auf ansteckende Krankheiten und Ungeziefer innerhalb der ersten drei
bis vier Tage"^ erscheint für Rostock gleichfalls überflüssig, denn die
Zahl der in jedem Halbjahr aufgenommenen Schüler ist in Rostock
so gering, dafs die genaue Untersuchung (ad 1) doch in den ersten
Tagen nach Schulbeginn stattfinden wird. Immerhin läüst sich aber
grundsätzlich gegen jene Bestimmung nichts sagen.
3. Die regelmäfsige Vornahme von Längenmessung und
Wägung zu Beginn jedes Halbjahres läfst am besten die
gleichmäfsig fortschreitende Entwicklung des Schulkindes erkennen
und ist daher als durchaus zweckmäfsig zu betrachten. Sie dürfte^
dem allgemeinen usus entsprechend, am besten durch den Lehrer
geschehen, und zwar mit Hilfe des Schuldieners. Ebenso empfiehlt
sich die Vornahme der Brustumfangsmessung durch den Arzt bei
Verdacht auf Lungenerkrankung und bei den unter ärztlicher Auf-
sicht stehenden Kindern. Die Bestimmung, dafs diese Messung bei
Mädchen nur in der elterlichen Wohnung vorzunehmen sei, bedeutet
eine allzu grofse Vorsicht, ja, fast ein Mifstrauensvotum gegen den
Arzt, und dürfte daher in einer Rostock er Dienstanweisung besser
fortfallen.
4. Dagegen empfiehlt sich sehr die bisher nur in wenigen
Städten eingeführte Wiederholung der Aufnahmeunter-
suchung mit entsprechender Eintragung in den Gesund-
heitsschein. Durch diese Kontrolle, ob sich der Gesundheitszustand
inzwischen irgendwie geändert hat, wird erstens dem Wohle des
betreflenden Kindes gedient, sodann ist sie von statistischem und
wissenschaftlichem Wert, und drittens wird sie dereinst im Laufe der
Jahre das beste Kriterium dafür abgeben, ob sich die Schularzt-
einrichtung bewährt hat, oder ob sie überflüssig ist. Die Wieder-
holungsuntersuchung zu Beginn des dritten, fünften und achten
Schuljahres vornehmen zu lassen, wie dies in Wiesbaden der Fall
ist, erscheint nach den dort gemachten Erfahrungen völlig ausreichend.
871
Dagegen hat die vereinzelt dastehende Wiesbadener Be-
Stimmung, am Schlufs der SohuUaufbahn ein absohliefsendes
Urteil über die Gesamtentwicklnng des Kindes abzugeben,
doch sehr ihre Bedenken. Denn es würde dadurch dem Kinde ein
Gesundheitspafs ausgestellt, der ihm im späteren Leben unter Um-
ständen von groüsem Nachteil sein könnte. ESs würden nämlich die
Behörden z. B. bei Bewerbungen sehr bald diesen Pafs sich vorlegen
lassen, und ein Bewerber, der in seinem Schein viele Krankheiten
stehen hat, würde, auch wenn diese längst geheilt und spurlos vorüber
sind, doch hinter einem sonst gleichwertigen Bewerber zurückstehen,
der zufällig während seiner Schulzeit von Ejrankheiten verschont
blieb. Das wäre aber eine Ungerechtigkeit, die geeignet ist, das
ganze Schularztwesen zu milskreditieren.
5. Die Abhaltung einer sogenannten „Sprechstunde*' in der
Schule ist, ebenso wie die Untersuchung der Neuaufgenommenen,
vom Begriff des Schularztes untrennbar; es fragt sich nur, wie
häufig sie in Rostock gehalten werden soll. Die Zahl der Städte,
welche sie zweimal im Monat vorschreiben, ist gleich derjenigen,
welche sie nur einmal verlangen, es scheint aber doch eine Sprech-
stunde alle 14 Tage das Richtige zu sein. Denn selbst hierbei
bekommt der Schularzt nur zweimal im Halbjahr jede Klasse zu
Gesicht, was doch dringend nötig ist, wenn er nur einigermaüsen die
Lehrer, Schüler und Klassen kennen lernen will. Auch wird durch
die Häufigkeit der Besuche in der Schule das gegenseitige Interesse
wachgehalten und weit mehr Garantie für die richtige und recht-
zeitige Ausführung seiner Vorschläge geboten, als wenn man ihn so
selten zu sehen bekommt.
6. Auch für Rostock empfiehlt sich sehr die Übersendung
kurzer „Mitteilungen an die Eltern'' auf einem vorge-
druckten Formulare (Anlage B), das vom Schularzt auszufüllen und
vom Schulleiter zu übersenden wäre. Obwohl im allgemeinen von
derartigen Mitteilungen nach aufsen aus durchsichtigen Gründen nur
bei ernsten und wichtigen Erkrankungen Gebrauch gemacht werden
soll, mufs man wünschen, dafs Mitteilungen an die Eltern in
Rostock in recht ausgiebigem Mafse gemacht werden. Denn bei
dem ohnehin schon schwerfälligen Charakter unserer Bevölkerung ist
es notwendig^ dafs die Eltern ausdrücklich und eindringlich darauf
hingewiesen werden, dafs etwas, und was zum Wohle ihres Kindes
gesehen mufs. Andererseits ist hier auch nicht zu befürchten, dafs
die Eltern beim Empfang solcher Mitteilung aufbrausen und sich
872
dieselben verbitten werden. Dieser Möglichkeit kann aach noch
dadurch wirksam vorgebeugt werden, dafs die Eltern bei der Auf-
nahme ihrer Kinder eine gedruckte Belehrung über Zweck und
Aufgabe der Schulärzte erhalten, wie eine solche dieser Arbeit (An-
lage C) beiliegt.
7. u. 8. Das Verlangen, der Schularzt solle einzelne Kinder bei
Verdacht ungerechtfertigter Schulversäumnis in deren Wohnung auf-
suchen, dürfte kaum Widerspruch erfahren, zumal es nach den aus-
wärtigen Erfahrungen nur selten an ihn gestellt wird. Ebenso muls
er auch in seiner häuslichen Sprechstunde bei Verdacht ansteckender
Krankheiten, sowie überhaupt „in dringenden Fällen^ stets ohne
besondere Entschädigung in Anspruch genommen werden können.
Es wird dieser in der grofsen Mehrzahl der Dienstanweisungen an-
geführte Punkt um so eher auf Bestock sich übertragen lassen, als
die Entfernungen dort im allgemeinen so gering sind, daUs Schul-
arzt und -kind ohne besondere Schwierigkeiten schnell zu einander
gelangen können.
9. Von den Vorschriften über die Ausführung der Revisionen
des ganzen Schulgebäudes und seiner Einrichtungen dürfte
der zuerst in Königsberg eingeführte Modus, sie gemeinsam mit dem
Baubeamten und Schulleiter vorzunehmen, auch für Rostock der
beste sein. Denn die Anwesenheit dieser Beamten hält Professor
VON EsMAROH für ganz besonders zweckmä&ig und empfiehlt die Auf-
nahme dieser Bestimmung in andere Dienstanweisungen. ^Einmal
wird sich dadurch die Durchirihrung nötiger schultechnischer Ver-
änderungen und Verbesserungen merklich vereinfachen und beschleu-
nigen lassen, sodann werden Schularzt und Baubeamter bei dieser
G^elegenheit von einander lernen können.^
Diese gemeinsame Revision würde am besten je einmal im
Sommer- und Winterhalbjahr vorgenommen; häufiger erscheint über-
flüssig, und nur einmal im Jahr nicht ausreichend. Denn es stellt
die Hygiene im Winter andersartige Anforderungen an die Hand-
habung von Ventilation, Heizung, Beleuchtung u. dergl. als im
Sommer, es mufs daher auch eine doppelte Revision stattfinden.
So ist es bekannt, daüs bei Klagen über schlechtes Funktionieren
einer Ventilationsanlage meist deren falsche Einstellung schuld ist,
derart, dafs man vergals, die Sommerventilation an- und die Winter-
ventilation abzustellen, oder umgekehrt. Auf derlei Dinge, sowie
auf die Beschaffenheit der Luft, die Sitzraumfläche, die Subfiellien,
die allgemeine Reinlichkeit, die Bedürfnisanstalten, Badeeinrichtungen,
873
"Fnrnhallen, Spielplätze, Schulgärten n. s. w. müfste der Rostocker
Schularzt unter den veränderten Bedingungen des Winters und
Sommers ein aufmerksames Auge haben.
10. Das Halten von kurzen Vorträgen über die wich-
tig^sten Kapitel der Schulgesundheitslehre ist besonders von
der Lehrerschaft dringend verlangt und dürfte daher besonders
geeignet sein, die Aufgabe der Schule, einen an Geist und Körper
gesunden Staatsbürger heranzuziehen, dem Schullehrer und -arzte
durch gemeinsames Wirken zu erleichtem. Wie die Erfahrung ge-
zeigt hat, siud die Vorträge gut besucht gewesen, doch dürften sie
auf den Winter beschränkt bleiben und die Zahl von drei bis vier
Vorträgen nicht überschreiten, da sonst Wiederholungen stattfinden
müfsten und das Interesse der Zuhörerschaft, innerhalb welcher ja
ein nur ganz geringer Wechsel stattfindet, erlahmen würde.
11. Zu gemeinsamen Konferenzen mit Gelegenheit zum
Meinungsaustausch müfsten, wie fast alle, so auch die Bostocker
Schulärzte verpflichtet werden. Eine regelmäisige Konferenz am
Sohlufs jedes Halbjahres, aufserdem noch „je nach Bedürfnis**,
dürfte jedoch für Rostocks Verhältnisse genügend sein.
Wir kommen nunmehr zu den allgemeinen Punkten und be-
ginnen mit der wichtigen nnd schwierigen Frage:
a) „Auf welche Schulen soll sich die Tätigkeit des
Rostocker Schularztes erstrecken?" Wollten wir uns hierbei
nur nach dem Vorbild der anderen Städte richten, so wäre die
Angelegenheit schnell abgetan, indem man Schulärzte nur für die
Elementarschulen vorschlüge. Auiser diesen sind aber in
Rostock noch die höheren und die privaten Schulen — letztere
sogar in aufiPallend grofser Zahl — vorhanden. Ist es nun notwendig
oder wenigstens wünschenswert, dafs diese Schulen in den Wirkungs-
kreis des Schularztes einbezogen werden?
Wir betrachten diese Frage am besten einmal vom Gesichtspunkt
der Hygiene des Schulgebäudes und sodann von demjenigen der
Hygiene des Schulkindes.
Es ist bekannt, dafs in der Mehrzahl der Städte die Gebäude
der höheren Schulen durchweg hinter den hygienisch weit besseren,
weil neueren, städtischen Schulhäusern für die Elementarschulen
zurückstehen, woraus allein schon der Sohlufs zu ziehen wäre, dalls
die ersteren ganz besonders eines Schularztes bedürfen.
874
In Rostock entspriobt die neue Realschule durehans allen
billigen Anforderungen der Hygiene; das Gebäude der „Groben
Stadtschule", welches Gymnasium und Realgymnasium enthält, ist
aber längst durch die modernen Volksschulbauten Rostocks über-
holt. Nicht als ob das Gebäude der „Gro&en Stadtschule*' deshalb
schon schlecht zu nennen wäre, es liefs aber, wenigstens zur Zeit,
als der Unterzeichnete ihm angehörte, in Bezug auf die innere Ein-
richtung und Handhabung der gewöhnlichsten hygienischen Vor-
schriften sehr viel zu wünschen übrig. Inzwischen ist allerdings
vieles besser geworden, doch steht zu fürchten, dafs, wenn die
treibende Kraft, der Schularzt, ausbleibt, es auch wieder schlechter
wird, ebenso wie auch die jetzt noch mustergültigen Einrichtungen
der Realschule ihren Wert verlieren werden, wenn ihre richtige Hand-
habung im Laufe der Zeit einschliefe.
Die höheren Töchter- und Privatschalen Rostocks sind, wie
überall, in privaten Häusern untergebracht; dals bei diesen eine
strenge ärztlich-hygienische Überwachung noch mehr am Platze ist,
bedarf keiner Worte.
Was nun die Hygiene des Schulkindes anlangt, so darf man
nicht glauben, dafs mit dem höheren Stande der Eltern eine gröisere
Fürsorge für die Gesundheit der Kinder einhergehe. „Eis gibt einen
ziemlich hohen Prozentsatz von Eltern, die es mit der Zuziehung
des Hausarztes durchaus nicht eilig haben, und deren Kinder oft
wochenlang mit ansteckenden Krankheiten, wie Keuchhusten, Sbiut-
ausschlagen, Augenleiden u. s. w. behaftet, die Schule weiter besuchen
und den Gesundheitszustand ihrer Mitschüler ge&hrden^ sagt Ober-
lehrer Roller in einer Schrift „Das Bedür&is nach Schulärzten
für die höheren Lehranstalten''. Auch dieser Autor kommt in der
genannten Schrift zu dem Schlufs, für sämtliche höhere Anstalten
die Mitwirkung des Arztes zu beanspruchen (1. c. S. 56).
Zwar werden eine ganze Anzahl von Kindern aus diesen
Schulen (besonders aus den höheren Töchterschulen) einen vom Haus-
arzt ausgefüllten Gesundheitsschein beibringen; das kann aber nicht
gegen das Bedürfnis nach Schulärzten ins Feld geführt werden,
denn das Prinzip verlangt nur, dafs die Gesundheitsbögen vor-
liegen, gleichgültig, von welchem Arzt sie ausgefüllt sind. —
Endlich sprechen auch soziale Gründe für die Ausdehnung der
schulärztlichen Tätigkeit auf alle Schulen. Der Staat kann keinen
Unterschied machen zwischen den Kindern der wohlhabenden Klassen
und denen der arbeitenden Bevölkerung. — Wir besitzen übrigens
875
ein Analogon dazu im ImpfzwaDg, denn es verlangt der Staat vom
Schulrekruten des Gymnasiums bei der Aufnahme den Impfschein
ebenso gut wie vom Dorfschüler; ähnlich müfste die Behörde auch
auf den Gymnasien und den Privatsohulen die Ausfüllung und
Weiterführung eines Gesundheitsscheines ebenso gut verlangen wie
auf den Volksschulen.
Auf Grund dieser Überlegungen ist der Unterzeichnete zu dem
Schluss gekommen, dafs das Schularztwesen in Rostock zweck-
mäfsig auf alle Schulen ausgedehnt würde, und zweifelt nicht an
der Durchführbarkeit dieser Mafsregel.
b) Unterstellt wären die Rostocker Schulärzte dem Rate der
Stadt, und würden
c) am besten auf die Dauer von drei Jahren mit gegenseitigem
vierteljährlichen Kündigungsrecht gewählt, nach deren Ablauf sie
wieder wählbar sind. Es erscheint dies praktischer als der aller-
dings in den meisten Städten übliche Modus, sie auf unbestimmte
Zeit zu wählen, denn erstens hält die Möglichkeit, nicht wieder-
gewählt zu werden, den Eifer der Schulärzte wach, zweitens könnte
auch immerhin der Fall eintreten, dafs ein Schularzt aus dem einen
oder anderen Grunde nicht geeignet für seine Stellung ist, wobei es
dann viel einfacher erscheint, ihn nicht wiederzuwählen, als ihn
seines Amtes entsetzen zu müssen.
d) Als Gehalt mufs 900 Mark in Vorschlag gebracht werden.
Es ist diese Summe zwar im Verhältnis zur geleisteten Arbeit immer
noch gering zu nennen, doch hält sie sich in der Mitte der in den
anderen Städten gezahlten Honorare, wo sich angesehene Ärzte in
den Dienst der guten Sache gestellt haben und mit der genannten
Summe zufrieden sind. — Bei Gewährung dieses Gehaltes könnte
auch die Wiesbadener Einrichtung, die Wiederholungsunter-
suchung extra zu honorieren, fortfallen, was die Berechnung wesentlich
vereinfachen würde. Falls aber das Gehalt in Rostock die Summe
von 900 Mark nicht erreichte, so dürfte einer der Wiesbadener
analoge Bestimmung angebracht sein.
Eng mit dem Gehalt ist die Zahl der für Rostock anzu-
stellenden Schulärzte verbunden.^
Es sind daselbst z. Z. 8610 Schulkinder und 26 Schulen vor-
handen, aufserdem ist der Neubau einer weiteren Volksschule in
^ Auf den Vorschlag, dafs xnan für alle Schüler nnd Schulen npr einen
Schalarzt mit dem Verbot, Privatpraxis zu treiben, anstellen solle, komme ich
in diesen Ansführangen nicht znröck.
876
Vorbereitung. — Wenn etwas Gutes geschaffen und G-ründliches
geleistet werden soll, mufs man daran festhalten, einem Schularzt
nicht erheblich mehr als 1200 Kinder zu überweisen. Es wird
diese Zahl allerdings in manchen Städten überschritten, dals dieses
aber nur auf Kosten der G-ründlichkeit geschehen kann, ist klar.
Darum hat man auch in einigen Städten die ursprünglich geringere
Anzahl von Schulärzten später erhöht.
Deshalb ist zu raten, in Rostock nicht erst weniger als sieben
Schulärzte anzustellen.
e) Was die Organisation der Schulärzte untereinander betrifft,
so empfiehlt sich am meisten der Modus, dcüs sie alljährlich aus
ihrer Mitte einen wiederwählbaren „ersten** oder „Vorsitzenden^
Schularzt ernennen, welcher ihre Tätigkeit und die Vertretungen
regelt, in den Sitzungen präsidiert, ihre Berichte zusammenfaüst und
dergl., ohne dabei die Befugnis eines Vorgesetzten zu haben. Bei
Einführung dieses Modus wird vermutlich die geeignete Persönlich-
keit gewählt, während Dienst-, Lebens- oder Approbationsalter an
sich nocht nicht zum Vorsitzenden und Vertreter nach aufeen quali-
fizieren.
f) Die schwierige Frage der „Vorbildung" bleibt wohl für Rostock,
ebenso wie in den anderen Städten (Breslau ausgenommen), am
besten unerörtert. Auch von den von privater Seite gemachten Vor-
schlägen lälst sich keiner recht für Rostock anwenden; dagegen
bürgt die groise Zahl der hier praktizierenden Ärzte dafür, dals
unter ihnen unschwer die geeigneten Persönlichkeiten gefunden
werden können. Spezialisten nach dem Vorbilde Posens hier ein-
führen zu wollen, erscheint für die Universitätsstadt mit ihren
vielen Polikliniken überflüssig.
g) Die Verbindung der Schularztstellen mit den Polizei- oder
Armenarztstellen kommt für Rostock nicht in Betracht, da sie
nur dort eingeführt ist und Zweck hat, wo die Zahl der Armen-
bezw. Polizeiärzte sich mit der Zahl der Schulärzte deckt. — Endlich
mufs auch noch berücksichtigt werden, welche Stellung der ärztliche
Berater der Stadt, der Stadtphysikus, dem Schularztwesen gegenüber
einnehmen soll. Er könnte ja nach dem Vorgange Frankfurts
Vorgesetzter der Schulärzte sein und ihren Dienst leiten, doch
empfiehlt sich die Schaffang eines solchen Vorgesetzten für Rostock
nicht, da dann erstens z wichen Schulärzten und Behörde eine neue
Instanz geschaffen würde, und zweitens jemand nicht zum Vor-
sitzenden geeignet erscheint, der im übrigen abseits vom Schularzt-
877
wesen und -dienst steht. Hingegen könnte er auf Grund seiner
Stellung als praktischer Arzt sehr wohl zum Schularzt gewählt
werden und wäre dann vielleicht auf Grund seiner amtlichen
Stellung die geeignete Persönlichkeit zum ersten Schularzt — doch
das bleibt am besten dem Kreise der Schulärzte überlassen.
Fassen wir zum Schlufs unsere Vorschläge für die Einrichtung
von Schulärzten in Rostock noch einmal zusammen, so ergibt sich
folgendes :
I. Spezielles:
Die Schulärzte haben die neu aufgenommenen Rinder genau zu
untersuchen und den Befund in einem Gesundheitsschein einzutragen.
Sie haben diese Untersuchung zu Beginn des dritten, fünften und
achten Schuljahres zu wiederholen.
Sie halten alle 14 Tage in der Schule eine ^^Sprechstunde*'
ab, deren erste Hälfte dem Besuch von Klassen und deren zweite
Hälfte der Untersuchung von Kindern dient.
Sie haben mittels Yorgedruckter Formulare die Eltern von dem
zu benachrichtigen, was im Interesse der Kinder notwendig ist.
Sie haben einzelne Kinder bei Verdacht ansteckender Krank-
heiten, unberechtigter Schulversäumnis, sowie in dringenden Fällen
entweder in deren Wohnung oder in der eigenen Sprechstunde zu
untersuchen.
Sie haben je einmal im Sommer und Winter gemeinsam mit
dem Schulleiter und dem zuständigen Baubeamten die Gebäude und
Einrichtungen der Schulen genau zu revidieren.
Sie halten im Winter einige kurze Vorträge über die wichtigsten
Kapitel der Schulgesundheitslehre in den Lehrerversammlungen ab.
Sie haben am SchluTs jedes Schulhalbjahres, event. nach Be-
dürfnis häufiger, gemeinsame Konferenzen.
IL Allgemeines.
Die schulärztliche Tätigkeit erstreckt sich auf alle Schulen
Rostocks.
Die Schulärzte sind dem Rat der Stadt unterstellt.
Sie werden mit gegenseitigem vierteljährigen Kündigungsrecht
auf drei Jahre angestellt und sind dann wiederwählbar.
Es werden sieben Schulärzte angestellt, jeder erhält ein Gehalt
von 900 Mark.
Sie wählen alljährlich unter sich einen „versitzenden Schularzt.^
878
Jins Derfammlttii0en unb Vereinen.
über die Wirksamkeit der Sektion ungarischer Schulärzte
und Lehrer der Hygiene im Jahre 1900—1902.
Von
Dr. W. Genersich,
Aasistent am hygienischen Institut zu Budapest.
Unser Landesverein für Hygiene, bemülit jedes ernste Bestreben
zur Verbreitung hygienischer Kenntnisse mit voller Kraft zu unter-
stützen, gründete im Interesse der weiteren Entwicklung der Insti-
tution der Schulärzte und Lehrer der Hygiene ein besonderes
Komitee, das seinen Mitgliedern den richtigen Weg zu einer erfolg-
reichen Tätigkeit zeigt. Nachdem der Termin unseres Mandates
abgelaufen ist, soll mein Bericht nachweisen, in welchem Malse die
Sektion ihrer Aufgabe entsprochen hat.
Wenn wir auf die verflossene Zeit zurückblicken, so müssen
wir vor allem jener schweren Verluste gedenken, die unsere Sektion
betroffen hat. Das unerbittliche Schicksal entrifs aus unserer Mitte
mehrere der besten Apostel der Hygiene.
Innerhalb eines Jahres verloren wir Eugen Fabeas, dessen
erfolgreiches Wirken auf dem Gebiete der hygienischen Admini-
stration selbst im Auslande Anerkennung fand; ferner ist ein warmer
Freund des hygienischen Unterrichtes, Cabl y. Geblögzt, dahin-
gegangen. In demselben Jahre betrauerten wir den Hinschied
unseres hochverehrten Lehrers, Professor Fodob. Die Gründung
des Landesvereines für Hygiene, die Organisation der Institution der
Schulärzte und Lehrer der Hygiene sind Fodors schönste Schöpfungen,
und unsere Sektion wird sein Andenken für alle Zeiten in dankbarer
Pietät bewahren.
An FoDOBs Stelle trat Professor Liebebmakn, dessen Wirk-
samkeit unserer Sache auch schon groCse Dienste geleistet bat, so
dafs die Sektion nur ihre gerechtfertigte Anerkennung und Anhäng-
lichkeit zum Ausdruck brachte, als sie ihn zum Ehrenpräsidenten
wählte. Die Sympathie unserer Freunde verschafft Linderung in
den schweren Schicksalsschlägen; auch unsere Sektion findet Be-
879
mhignng in dem oiSenbaren Wohlwollen ihres Ehrenpräsidenten und
in seinem dankenswerten Versprechen, dafs er unsere Sache in vollem
Einklänge mit den Schulärzten und Hand in Hand mit ihnen
fordern wird.
Unter dem Präsidium des Herrn Dr. Sghusghny hat das Fach-
komitee, abgesehen von mehreren wichtigen, auf die hygienische
Überwachung unserer Schuljugend bezügliche Fragen, den Unterricht
in der Gesundheitslehre und die Reform der Schulhygiene zum
Gegenstande der Diskussion gewählt. Die Bestimmungen der zum
Zwecke der Reform der Schulärzte-Institution einberufenen mini-
steriellen Konferenz haben unsere Sektion zu einer Aktion bewogen,
welche eigentlich das hauptsächlichste Moment ihrer Wirksamkeit
ausmacht. Da die Konferenz auf eine Mitwirkung des Landesvereins
für Hygiene, dieser zweifellos in sohulhygienischen Angelegen-
heiten kompetentesten Korporation nicht reSektierte, hat das Fach-
komitee den Standpunkt, welchen es gegenüber den auf die Aus-
bildung und Tätigkeit der Schulärzte bezüglichen Reformplänen
des Ministeriums einnahm, in einem Memorandum zum Ausdruck
gebracht.
Das Fachkomitee hat die Angelegenheit des hygienischen Unter-
richtes mit steter Aufmerksamkeit verfolgt und in einem Memorandum
sich gegen jenen Antrag verwahrt, welcher dahin tendierte, dafs bei
Gelegenheit der Revision des Schulplanes der höheren Töchter-
schulen, sowie der Vorbereitungsschulen für Elementarlehrer und
-lehrerinnen, die Anstellung von Lehrern der Hygiene beiseite ge-
lassen und der Unterricht der Gesundheitslehre in den Hintergrund
gedrängt werde. Mit Rücksicht auf die fachgemäise Leitung des
schulhygienischen Kurses von Seiten des Prof. Dr. Liebebmann,
sowie auf die vorzüglichen Leistungen des Prof. Alexanbeb im
Kurse über Pädagogie, steht die Berechtigung dieser Bewegung
auüser allem Zweifel.
Wie bereits erwähnt, hat sich unser Fachkomitee des öfteren
mit den Fragen der hygienischen Beaufsichtigung der Jagend be-
fafst. Zum Zwecke der Vermeidung der Übertragung infektiöser
Krankheiten durch die Schule, hat die Sektion den Vorschlag ge-
macht, dafs die an den Wohnungen anzuschlagenden Warnungstafeln
mit dem Vermerk zu versehen seien, dafs diejenigen Kinder, welche
sich mit dem Kranken in einer gemeinsamen Wohnung befinden
oder denselben besucht haben, nur aui' besonders einzuholende Er-
laubnis des Amtsarztes hin zum Schulbesuch zugelassen werden.
880
Bezüglicli des Schutzes gegen venerische Krankheiten wurde
der Beschlufs gefafst, dem Lehrkörper der medizinischen Fakult&t
eine Eingabe zu unterbreiten mit der Bitte, er möchte dafür Sorge
tragen, dafs sämtliche Universitätshörer über die Gefahren dieser
Krankheiten in passender Weise aufgeklärt werden.
Weiter wurde die Aufmerksamkeit der kompetenten Kreise auf
die moralische Überwachung der Jugend bezw. auf die einer lässigen
Kontrolle entspringenden Gefahren gelenkt, welche die Jugend
namentlich bei Gelegenheiten, wie sie das Landestumfest bietet, in
moralischer und hygienischer Beziehung bedrohen.
Erwähnenswert ist auch das Gutachten, welches unsere Sektion
über Aufforderung des Vereins der ungarischen Turnlehrer im Inter-
esse des Turnunterrichtes abgegeben hat, und in welchem das
Komitee seiner Überzeugung Ausdruck gibt, dafs der Turnlehrer
eine hochwichtige, jedoch auch viel Geschick, Takt und Aufmerk-
samkeit fordernde und ermüdende Arbeit leiste, welche keineswegs
leichter ist als der theoretische Unterricht in der Mittelschule, falls
der Lehrer eben seinen Beruf richtig erfafst und im vollen Bewulst-
sein seiner Verantwortlichkeit bezüglich der körperlichen Integrität
seiner Schüler handelt, den Unterricht abwechslungsvoll und genuls-
reich macht; ferner, dafs es jedenfalls die Bestrebungen des Tarn-
lehrers beeinträchtige und zu einer den Erfolg des Unterrichtes in
Frage stellenden Entmutigung führen müsse, wenn den mit dem
Turnunterricht verbundenen Schwierigkeiten keine Aufmerksamkeit
geschenkt und dem Lehrer die gebührende Anerkennung versagt
wird.
In Berücksichtigung dessen, dafs unzweckmäisig gebaute und
schlecht eingerichtete Schulen die Gesundheit der Schüler und Lehrer
ständig gefährden, lenkt das Fachkomitee schliefslich die Aufmerk-
samkeit der Schuldirektoren und -Behörden darauf hin, daCa es jeder-
zeit bereit ist, auf Anfragen in wichtigeren hygienischen Angelegen-
heiten Aufschlufs zu erteilen.
Die Leiter des Unterrichtswesens für die Institution der Schul-
ärzte zu gewinnen ist eine Aufgabe, deren Lösung hauptsächlich
dadurch erreicht werden kann, daCs unsere Sektion eine recht weite
Wirkungssphäre sich erringt; anderseits können wir selbst auf
die Entwicklung der Schulhygiene nur dann einen entsprechenden
Einflufs ausüben, wenn sämtliche Schulärzte ihren Beruf mit uner-
müdlicher Tätigkeit erfüllen.
881
TVarnm mfissen begondere SehnlangeniTzte angestellt werden?
Vortrag und Diskussion
in der hygienischen Sektion der Schlesischen Gesellschaft
am 29. April 1903.
( W^ochensckrift f. Therapie u. Hygiene des Auges, Jahrg. VI, Nr. 33 u. ff.)
Über den Vortrag, der von Prof. Herm. Gohn gehalten wurde, ist
in Kr. 8 dieser Zeitschrift ansfflhrlich berichtet worden. Aus der an-
regenden Diskussion, welche sich hieran knüpfte, sei folgendes nach-
getragen:
Schularzt Dr. Samosch hebt den Standpunkt der Verwaltung
beryor. Der schulärztliche Überwachungsdienst hat nur den Zweck, die
Tatsache der Erkrankung überhaupt festzustellen, und die Eltern zur Auf-
suchung ärztlichen Rates zu veranlassen. Die Institution verfolgt also
keine wissenschaftlichen, sondern rein praktische Zwecke und nimmt den
Angen-, Ohren- und Zahnkrankheiten gegenüber dieselbe Stellung ein, wie
bei den übrigen Erkrankungen der Schüler: die Krankheiten als solche fest-
zustellen, dann aber den Eltern zur genaueren Untersuchung und Be-
handlung durch den Arzt ihres Vertrauens zu überweisen. Der Vorschlag
CoHNs, es solle der Schulaugenarzt gleich selbst die notwendigen Brillen
verordnen, würde das für die Schularztinstitution so segensreiche Prinzip
durchbrechen, dafs der Schularzt nicht selbst behandeln darf. Man würde
durch die vorgeschlagene Anstellung von fünf Schulaugenftrzten, wenn sie
zugleich therapeutisch eingreifen sollen, ein Monopol schaffen, das zu un-
liebsamen Eonsequenzen führen mü&te. Auch gegen die Voruntersuchung
im Freien, wie sie Gohn vorschlägt, wendet sich Samosch und wünscht
mit Rücksicht auf die praktischen Ziele der Augenuntersuchung, dafs sie
im Klassenzimmer vorgenommen werde, an dem Ort, wo die Kinder sich
hauptsächlich anzustrengen haben. In ähnlichem Sinne än&erten sich auch
die Schulärzte Dr. Pebls und Dr. FsiEBLAirDEfi.
Prof. Gohn erwiderte, daCs die Schulverwaltung wohl ein Interesse
daran habe, nicht nur zu wissen, welche Kinder mangelhaftes Sehvermögen
haben, sondern auch, ob sie kurzsichtig, übersichtig oder astigmatisch seien,
weil dem Übelstande durch Augengläser abgeholfen werden solle. Die
Untersuchung im Freien biete den Vorteil, bei Kindern, welche anfangs
eine über den Durchschnitt stehende, etwa doppelt so gute Sehschärfe
besessen haben, schon aus dem Rückgang zur sogenannten normalen Seh-
schärfe zu erkennen, da& das Auge Schaden gelitten hat. Hinsichtlich
der Behandlung präzisiert Gohn seinen Standpunkt dahin, dafe nur die
Brillenverordnnng vom Schnlangenarzt vorgenommen werden solle, jede
weitere Behandlung etwa vorhandener Augenkrankheiten möge dem von
den Eltern gewählten Arzt überlassen bleiben.
(Mitg. von Dr. P. SCHUBBBT-Nürnberg.)
SebulgeBundbeiispfle^. XVI. 44
882
kleinere MxUtxinn^tn.
StanunlerknTse in Dfigseldorf. Im verflossenen Sommersemester
haben hier die vier ersten Stammlerkurse stattgefunden. Eine Rundfrage
bei den verschiedenen Schulsystemen hatte nämlich ergeben, dafs viele
Schtller, die mit irgend einer Art des Stammeins behaftet waren, in der
Schule nicht von ihrem Leiden geheilt werden konnten. Daher war es
ein menschenfreundlicher Entschlufs des Stadtschulinspektors Gbüss, diese
Kinder, wie die Stotterer, in besonderen Kursen vom Stammeln befreien zu
lassen. Mit dieser Aufgabe wurden die beiden städtischen Sprachheil-
lehrer, Hauptlehrer Hobbix von der hiesigen Hilfsschule und Lehrer Mones
betraut. An jedem Kursus nahmen 14 Schüler und Schülerinnen teil.
Vorwiegend waren es Lispler, aber auch Laller, Polterer, Gammazisten,
Lambdazisten n. a. fehlten nicht. Nach dreimonatlicher Arbeit wurden
die Teilnehmer bezüglich ihrer Sprache den Herren Rektoren, Lehrern
und Lehrerinnen, deren Klasse sie besuchen, in Gegenwart des Stadtschul-
inspektors und auch des Stadtarztes von den Kursusleitern vorgestellt.
Das Resultat war ein hocherfreuliches. Sämtliche Kinder waren von ihrem
Sprachgebrechen befreit, und sie schienen darüber sichtlich erfreut zu sein.
Da diese neue heilpädagogische Einrichtung sich demnach gut bewährt
hat, so wird sie, wie die Stottererkurse, eine ständige werden zum Wohle
sprachgebrechlicher Volkschüler.
(Im Auftrage d. Stadtschulinspektion mitget. v. H. HoRBix.)
KreisschalinspektiOD« An der im Sept. d. J. in Glogau abge-
haltenen Kreislehrerkonferenz teilte der Kreisarzt Dr. HiBSCHF£LD-Burg
die Resultate seiner Schulinspektionen mit. Wie wir dem ^NiederschUs.
Änz.^ entnehmen, sind in 27» Jahren vom Kreisarzt 63 Schulen be-
sichtigt worden, wovon allein 34 im Jahre 1902. Nicht weniger als
14 Schulbrunnen sind beanstandet worden. Auf die Zahn- und Mundpflege
bei den Schulkindern wurde ganz besonders hingewiesen, und für die Hand
der Lehrpersonen die Anschaffung der Dr. RoESEschen Broschüre: „An-
leitung zur Zahn- und Mundpflege*' warm empfohlen. Im Jahre 1902
wurden 5597 Kinder auf Kurzsichtigkeit untersucht und dieselbe bei 201
Kindern festgestellt. Schwerhörigkeit ist bei 66 Kindern ermittelt worden.
In 21 Fällen ist ansteckende Körnerkrankheit der Augen festgestellt
worden und aufserdem auch einige Fälle von eitriger Augenentzündnng.
Diese Krankheiten wie auch alle ansteckenden Hautkrankheiten sind un-
verzüglich der Ortspolizeibehörde zu melden. Die Reinlichkeit des Körpers
und der Kleider der Schulkinder ist auch hin und wieder zu bemängeln
gewesen.
Die üntersnchung der Schulkinder auf SchwerhSrigkeit ist
ein dringendes Bedfirfliis. Einen neuen Beweis hierfür liefert im
j,Berl, Tagehl^ eine Mutter, indem sie schreibt: „Mein Sohn litt bis
883
zu seinem kürzlich beendeten achten Lebensjahre durch drei Jahre an
Schwerhörigkeit, eine Folge des Scharlachfiebers. Das früher intelligente
Kind, das leicht begriff, hielt in den einfachsten elementaren Fächern mit
anderen Kindern in der Schnle dennoch nicht gleichen Schritt, obwohl
mein Mann und ich mich bemühten, ihm das Schnlleben durch häusliche
Nachhilfe zu erleichtem. Da las ich, daCs ein Professor das Gehör von
fast 8000 Schulkindern untersucht und bei fast dreifsig Prozent als nicht
normal gefunden hatte. Und immer litt die geistige Entwicklung der
schwerer hörenden Kinder, die das vom Lehrer Vorgetragene nicht so wie
die anderen verstehen und auffassen konnten, darunter. Der Professor
hat auch gefunden, dafs es bei guten Schülern weniger Schwerhörende
gibt. Oft liegt die Ursache der Schwerhörigkeit nur an kleinen, leicht
zu hebenden Übeln. Dies veranlafste mich; meinen Sohn einem tüchtigen
Ohrenarzte zu übergeben. Seit Herstellung meines Knaben begreift er
so leicht wie früher, und er hält mit den Mitschülern gleichen Schritt."^
GeOhrliehe Bleistifte. Nach der „Chem. Ztg.'' (1903, No. 26)
hat Fb. Wiedmann festgestellt, dafs gelbe Bleistifte häufig mit Blei-
chromat gefärbt sind, und zwar oft in solchen Quantitäten, dafs bei der
ziemlich verbreiteten Unsitte, Schreibutensilien in den Mund zu nehmen,
die Gefahr chronischer Bleivergiftungen ziemlich grofe ist. Da eine Be-
anstandung dieser Fabrikate auf Grund eines der bestehenden Gesetze
kaum möglich sein dürfte, sollten die mit gelber bleihaltiger Farbe ge-
strichenen Bleistifte namentlich von der Verwendung in den Schulen aus-
geschlossen werden.
Prenfsisehes Sehnl-Elend. Eine betrübende Schulstatistik, die von
der viel beklagten Überfüllung der Volksschulen und dem Lehrermangel
handelt, wurde auf der jüngst abgehaltenen Bezirkslehrerkonferenz des
Schulaussichtskreises Gostyn (Posen) zur Kenntnis gebracht. Danach
werden in 118 Klassen 7146 Kinder von nur 87 Lehrern unterrichtet;
sieben LehrersteUen sind aber noch unbesetzt. In 13 Fällen müssen weit
mehr als 100 Kinder von einem Lehrer unterrichtet werden. In Possa-
dowo hat ein Lehrer schon seit Jahren ständig über 1 70 Kinder in seiner
Klasse; in Zalesic kommen zurzeit auf einen Lehrer 160, in Ciolkowo
140, Grabonop 144, in Altkrölen 136, in Sulkowika 133, in Zychtewo
131, in Rokossown 137 Schüler. Was soll da für die Germanisierungs-
arbeit herauskommen? — In den meisten Fällen sind übrigens in dieser
Gegend nur noch alte baufällige Schulhäuser vorhanden.
(„Päd. JBe/.", No. 41.)
Der Austausch Yon Schfilern zwischen den yerschiedenen Klassen
der Hilfsschnle. In der j^Ztschr. f. d. Behandig, Schwachsinniger etc. " (1903
No. 8) weist P. Schwahn darauf hin, dafs der Austausch von Schülern
an der Hilfsschule weder notwendig noch wünschenswert sei. Derselbe
veranlagt ein permanentes Wandern von Schülern und eine empfindliche
Mehrbelastung der untersten Klassen-, er schafft eine lästige Unruhe im
Schulkörper und stört ohne Not die Schulordnung; den Leitern und
Lehrern bereitet er Schwierigkeiten; den Kindern, Eltern und Gemeinden
ladet er unter Umständen schwere Opfer auf. Der Austausch erschwert
terner die Aufstellung des Stundenplans, fordert die unpädagogische Gleich-
44*
884
leguDg der Standen, die verwerfliche Anfeinanderfolge der schwierigen
Unterrichtsstunden und die ennfldende Unterrichtszeit für die Kleinen.
Manchen Schfllem nützt derselbe onterrichtlich absolnt nichts, vielen
wenig, einigen etwas Geringes, das ihnen jedoch leichter anf andere Weise
geworden w&re. Er wirkt bei den Aasgeschiedenen schmerzlich, entmatigend,
abstumpfend, sehr kränkend and verietzend. Endlich wird durch den
Austausch der Lehrer an den oberen Klassen weniger selbstlos und opfer-
willig der individuelle Unterricht bedeutungslos gemacht. Er entfremdet
Lehrer und Kinder, f&rdert weniger die Erziehung und verstöfet gegen
die Konzentraiionsidee der Schule.
Über die Haftpflieht der Lehrer hat die Hamburgische Ober-
schulbehörde den Lehrern folgende Mitteilung zugehen lassen: Die Be-
sorgnis, mit welcher die hiesige Lehrerschaft bisher die Haftpflicht-Be-
stimmungen des Bürgerlichen Gesetzbuches betrachtet hat, beginnt einer
ruhigeren Auffassung zu weichen. Die Oberschulbehörde versteht es voll-
kommen, dafs die vielfach geäufserte und wesentlich in den Kreisen der
Yersichemngsgesellchaften vertretene Meinung, als ob die von der Haft-
pflicht drohenden wirtschaftlichen Gefahren durch das Bürgerliche Gesetz-
buch verschärft seien, zunächst einigen Eindruck gemacht hat; um so
lebhafter ist ihre Genugtuung, dafs in dieser wichtigen Frage der sach-
liche Sinn der Lehrer die Oberhand gewinnt. Es hat denn auch eine
eingehende Prüfung der gesetzlichen Bestimmungen und der Spruchpraxis
der hamburgischen Gerichte die Oberschulbehörde zu der Überzeugung
geführt, dafs eine Änderung des Rechtszustandes, welche die Interessen
der Lehrer in irgendwie wesentlicher Beziehung berührt, nicht eingetreten
ist. Die Oberschulbehörde hat deshalb zu der Lehrerschaft das Ver-
trauen, dafs sie sich in unbefangener Würdigung der Sachlage durch be-
unruhigende Ausstreuungen nicht beirren lassen, vielmehr in der bisherigen
anerkennenswerten Weise fortfahren wird, die exponierten Lehrfächer des
engeren Schulbetriebes, wie den Tum- und naturwissenschaftlichen Unter-
richt, angemessen zu beleben, und sich in dei^enigen Leistungen und Ver-
anstaltungen des weiteren Schulbetriebes zu betätigen, welche wesentlich
dazu beitragen, die Körperpflege und Erziehung der Jugend zu fördern.
Anderseits dürfen auch die Lehrer, welche dieses Vertrauen recht-
fertigen, überzeugt sein, dafs die Behörde bei eintretender Haftpflicht die
einzelnen Fälle wohlwollend prüfen, und da, wo keine grobe Fahrlässigkeit
vorliegt, ihren Einfluis an den mafsgebenden Stellen dahin geltend machen
wird, dafs die von der Haftpflicht betroffenen vor wirtschaftlichen Nach-
teilen bewahrt bleiben.
885
Sasesgefd^td^tlid^es.
Kurse Ar stotternde Kinder der Gemeindeschnlen sollen mit
Beginn des Wintersemesters in Berlin abgehalten werden. Die Ein-
richtung hat sich so gnt bewährt, dafs die Zahl der Kurse, wie das „Berl.
Tagehh^ mitteilt, von 15 anf 20 erhöht worden ist. In diesem Jahre
sollen vorzugsweise Kinder der Mittelstufe — Knaben und Mädchen —
Berflcksichtigung finden, Geübt wird täglich eine Stunde. Geleitet werden
die Kurse von eigens zu diesem Zwecke vorgebildeten Lehrern.
Zur Unterbringnng von Stadtkindern auf dem Lande existiert
in Breslau ein eigener Verein; demselben sind, wie wir der „BresL
Morgeneig,** entnehmen, von einem ungenannten Wohltäter 3000 Mark
überwiesen worden zur Förderung der Yereinstätigkeit. Dem gütigen
Geber werden viele elende Stadtkinder dankbar sein, denen nun durch
Vermittlung des Vereins ein längere Zeit dauernder Aufenthalt auf dem
Lande zur Wiederherstellung ihrer Gesundheit verschafft werden kann.
In der letzten Vorstandssitzung am 16. September ist bereits über die
Verwendung der Summe verfügt worden, da schon eine genügende Anzahl
von Anträgen vorlag.
Behufs bequemer Reinigung der Sehnlzimmer wurde vom Stadt-
baurat HÖPFNEB-Kassel ein Apparat konstruiert und der 75. Versammlung
deutscher Naturforscher und Ärzte in Kassel vorgewiesen, der gestattet,
durch einfaches Umdrehen einer Kurbel sämtliche in einem Schulsaale be>
iindlichen Subsellien, die zu dem Zwecke in einen gemeinsamen eisernen
Rahmen gefafet sind, bis zur Decke in die Höhe zu heben und langsam
wieder herabzulassen, so dafs die Möglichkeit geschaffen wird, den Fufs-
boden des ganzen Schulsaales sorgfältig vom Staube reinigen und dadurch
alle möglicherweise vorhandenen Krankheitserreger entfernen zu können.
Der in Kassel ausgestellte Apparat ist von der Maschinenbauanstalt 6 rink,
Wablershausen- Kassel, nach dem Plan des Erfinders ausgeführt worden.
Die üntersnchnng der Zähne stmtlieher Schulkinder durch
einen Spezialisten in Emsdetten ist, wie wir dem „Wesfphäl. Merkur"
entnehmen, vom dortigen Schulvorstand gutgeheifsen worden.
Klassen fBr geistig zurfickgebliebene Kinder (sog. „Neben-
klassen *^) gibt es in Berlin zurzeit 88. Die 223. Gemeindeschnle
allein zählt deren sieben, die ein selbständiges Schulsystem mit fünf auf-
steigenden Stufen bilden. Die Schüler dieser Nebenklassen rekrutieren
sich, wie die „TägL Rundschau'' berichtet, zum grofsen Teile aus den
ärmsten Schichten der Bevölkerung. In vielen Fällen sind, wie von den
überwachenden Ärzten nachgewiesen ist, die traurigen häuslichen Verhält-
nisse schuld an dem geistigen Rückstand der Kinder. So wurden z. B.
von 108 Scnülern der genannten Schule 45 als ungenügend genährt be-
zeichnet. Die häuslichen Verhältnisse dieser Kleinen sind oft die denkbar
886
QDgflDstigsten, namentlich wenn, was ja leider nicht selten vorkommt, der
Vater trinkt oder arheitsschen ist und sich wenig nm seine Kinder
kümmert. In solchen Fällen hat die Schale die ernste Pflicht, sich der
Kinder anzunehmen, sie zu schützen und zu stützen und sie, wenn nötig,
mit Hilfe des Gesetzes betreffend Fürsorgeerziehung, dem väterlichen Ein-
flüsse zu entziehen. Yerhältnismäisig grofs ist auch die Zahl der Waisen
und der Kinder eheverlassener Frauen unter den Schülern der Neben-
klassen (etwa 163). Dazu kommt die grofee Zahl deijenigen, die erblich
belastet sind, besonders durch Alkoholismus, Lues, Tuberkulose, Nerven-
krankheiten u. s. w. (von 108 Kindern 55). Andere haben eine schwere
Krankheit durchgemacht, die auch lähmend auf die geistige Entwicklung
einwirkte (33V8 %). Aller dieser Kinder haben sich die Lehrer an
den Nebenklassen anzunehmen. So erwächst ihnen neben ihrer päda-
gogischen Tätigkeit ein reiches Gebiet sozialer Fürsorge. Zunächst handelt
es sich darum, für bessere Kleidung und besonders für bessere Nahrung
der Kinder zu sorgen. In dieser Hinsicht ist der Versuch zu begrülsen,
der an mehreren Gemeindeschulen mit Nebenklassen, zuerst wohl an der
110., gemacht worden ist, nämlich den kranken und schwachen Kindern
morgens zum zweiten Frühstück ein Glas warme Milch zu reichen. Schon
durch diese kleine Gabe werden die Kinder gesundheitlich oft bedeutend
gefördert. Das ist ihnen deutlich anzumerken; ihre Farbe wird gesünder;
das Körpergewicht nimmt zu und sie beteiligen sich auch lebhafter am
Unterrichte.
Interessant ist ein Versuch, der von der 223. Gemeindeschule gemacht
wurde, wo übrigens infolge der Unterstützung durch menschenfreundliche
Wohltäter im letzten Halbjahre für etwa 1000 Mark Milch an arme
Kinder gegeben werden konnte. Dieser Schule stellte die Zentrale für
Milchverwertung vier Monate lang täglich 15 Liter Vollmilch und 20 Liter
Magermilch unentgeltlich zur Verfügung! Die Magermilch wurde in der
Weise verwandt, dafs 30 Kindern zweimal morgens ^/s Liter davon gekocht
verabfolgt wurde. Die Kfnder standen während dieser vier Monate unter
ärztlicher Aufsicht. Die Milch schmeckte ihnen stets vorzüglich, sie
wurde in einigen Fällen auch besser verdaut als Vollmilch ; das Allgemein-
befinden der Kinder besserte sich zusehends, und das Körpergewicht nahm
zu, so dafe diese Art Milchspeisung in der Tat empfohlen werden kann.
Über die Frai;e der Reyaeeination der SehElkiDder in Mähren
hat die „Wien. Med. Wochensehr,*^ vor kurzem von juristischer Seite
folgende Darstellung erhalten:
„Die mährischen; Gemeindeärzte müssen nach der Auslegung, welche
die Statthalterei dem § 12 des Landesgesetzes vom 10. Februar 1884
gegeben hat, die öffentliche Impfung unentgeltlich vornehmen. Am
12. Juli 1891 hat das Ministerium des Innern die Revaccination der
Schulkinder empfohlen, wenn seit der ersten Impfung zehn Jahre ver-
flossen sind, und die mährischen Behörden haben — was sozial nur zu
billigen ist — die Empfehlung zum Auftrag gemacht. Die Gemeindeärzte
sollten aber die neue Pflicht wieder unentgeltlich besorgen, wehrten sich,
und verlangten hierfür die normalmäfsige Gebühr. Sie beriefen fich hierbei
auf § 10 des Lapdesgesetzes vom 2. August J898, L. G. Bl. No. 66,
887
der dem Gemeindearzt für ärztliche Verrichtungen, die nicht in ErfQllnng
des selbständigen oder flbertragenen Wirkungskreises der Gemeinde, sondern
aber Auftrag der Stadtverwaltung besorgt werden, die normalmäfsigen
Oebühren zuspricht. Von allen Instanzen abgewiesen, erhob Dr. Smtcka,
Stadtarzt in Littau, die Beschwerde an den Verwaltungsgerichtshof, der
sie jedoch mit Erkenntnis vom 10. Juni 1903, Z 6615, als unbegrtlndet
erklärte : „weil die Revaccination der Schulkinder zur ö£f entlichen Impfung
g^ehöre, weil der Gemeindearzt nach dem mährischen Landesgesetze vom
10. Februar 1884 verpflichtet sei, als solcher die Impfung vorzunehmen
und fQr seine Funktionen als Gemeindearzt aufser der festgestellten Be-
zahlung keine Gebühr beanspruchen könne. *^ Nach der Ansicht des Bericht-
erstatters verstöfst diese Enscheidung gegen den Wortlaut des § 10
des Landesgesetzes vom 2. August 1898. Dieses teilt ausdrücklich die
Verrichtungen, die der Gemeindearzt als solcher zu besorgen hat, in Ver-
richtungen, die in den Wirkungskreis der Gemeinde fallen, und andere,
die über Auftrag der Staatsbehörde vollzogen werden. Die Vornahme der
Impfung gehört nach § 4d des Rcichssanitätsgesetzes vom 30. April 1870
zu den von der Staatsbehörde vorzunehmenden Kommissionen, bei denen
die Gemeinde nur mitzuwirken hat, und auch § 12 des mährischen Landes-
gesetzes vom 10. Februar 1884 ändert dies nicht ab. Wenn man selbst
annehmen wollte, dafs bis zum Landesgesetze vom 2. August 1898 das
Landesrecht der Gemeinde die Kosten der Impfung überwälzt habe (obwohl
es hierzu verfassungsmäfsig gar nicht in der .Lage war), so war mit dem
neuen Gesetze eine genaue Vorschrift gegeben, die den Gemeindearzt zur
unentgeltlichen Amtswaltung nur im Rahmen des Wirkungskreises der
Gemeinde verhält. Von da an haben die Gemeindeärzte Mährens nicht
blofs Anspruch auf Gebühren für die Revaccination, sondern für die Impfung
überhaupt, wie die Ärzte in anderen Ländern sie schon seit Beginn der
Institution erhalten.
I. Internalionaler Kongrers für Schttlhygiene in Nfirnberg,
4. — 9. April 19U4. Vorläufige Tagesordnung. (Nach dem Stande
der Vortragsmeldnngen bis zum 13. November 1903.) Allgemeine
Sitzungen. (Dienstag, Donnerstag, Sonnabend.) 1. Prof. Dr. Herm. Cohk,
Breslau : Was hat die Augenheilkunde fUr die Schulhygiene geleistet, und
was mufs sie noch leisten? 2. Prof. Dr. Axel Johannessen, Kristiania:
Über den Stand der Schulhygiene in Norwegen. 3. Dr. Le Gendee, Paris,
Präsident der „Ligue des m^decins et des familles" : Sur Thygi^ne et les
maladies personelles des mattres an point de vue de leurs rapports avec
les 616ves. 4. Dr. Sickingeb, Stadtschulrat, Mannheim: Organisation
grofser Volksschulkörper nach der natürlichen Leistungsfähigkeit der Kinder.
5. Prof. Dr. Liebebmann, Kgl. Rat, Budapest: Über die Aufgaben und
die Ausbildung von Schulärzten. 6. Prof. Dr. Hueppe, Prag : Verhütung
der Infektions-Krankheiten in der Schule. 7. Prof. Dr. £uLENBüBa,
Geheim. Medizinalrat, Berlin: Über Schülerselbstmorde. h
I. Hygiene der Schulgebäude. A. Referate: 1. Hygiene der
Schulgebäude. Referent: Prof. Dr. Blasius, Braunscbweig. Korreferent:
Stadtbaumeister Ostrbloh, Braunschweig. 2. Normen für Tageslichteinfall
in Schulen. Referent: Prof. Dr. Max Gbübeb, München. B. Vorträge:
888
1. HEGEBtrs, Abmin, Stadt Ingenieur, Budapest: Über die neueren Schul«
bauten der Stadt Budapest. 2. Dr. Angebeb, £bnst, kgl. Bezirksarzt,
Weilheim, Oberbayem: Das Schulhaus auf dem Lande. 3. Hintbageb,
k. k. Prof. u. diplom. Architekt, Wien: Das Yolksschulhaus der
Gegenwart in hygienischer Beziehung. 4. Szupan, Wilh., kgl. Rat,
Direktor der Handelsakademie in Budapest: Die Schulbank von Michl und
Szupan in Budapest. 5. Dr. Liebbeigh, Richabd, Paris: Einflufs der
Schule auf Auge und Wirbelsäule. 6. Bbink, Heinbich, Spezialfabrik fttr
Schul- und Turnhallen-Einrichtungen, Wahlershausen bei Kassel: Nene
hygienische Einrichtungen fCtr Klassenzimmer und Turnhallen. Prof. Dr.
KÖNiGSHÖFEB, Sauitätsrat, Stuttgart: Über Geradehalter. 8. Hoch, Lehrer:
Beitrag zur endgültigen Lösung der Schulbankfrage. 9. Webeb, Oberbaurat,
Nürnberg: Technische Grundsätze für den Bau der Yolksschulhäuser in
Nürnberg.
IL Hygiene der Internate. A.Referate: 1. Hygiene des Internats.
Referent : Dr. Juba, Schularzt und Prof. der Hygiene in Budapest. B. Vor-
träge: 1. Tbüpeb, Institutsdirektor, Jena: Über die ethische Hygiene der
Internate. 2. Dr. Mathieü, Alb., Paris, Sekretär der „Ligue des
m^decins et des familles*' : L'internat dans les Etablissements de l'instruction
secondaire en France.
III. Schulhygienische Untersuchungs-Methoden. A.Referate:
1. Wert der Experimente bei Schuluntersuchungen. Referent: k. k. Sani-
tätsrat Dr. Altschül, Prag. Korreferent: Dr. Vannod, Bern. B. Vorträge:
1. Yasusabübo, Dr. med., Prof. an der Universität zu Tokio und In-
spektor der schulhygienischen Abteilung des Kaiserl. Japan. Unterrichts-
ministeriums : Mitteilungen über Resultate der ErmOdungsmessungen in vier
japanischen Schulen zu Tokio.
IV. Hygiene des Unterrichts und der Unterrichtsmittel.
A. Referate: 1. Mafs der Lehrpensen und Lehrziele an höheren Unter-
richtsanstalten. Referent : Nervenarzt Dr. Benda, Berlin. 2. Vorzüge des
ungeteilten Unterrichts. Referent: Dr. Hintzmann, Oberschuldirektor,
Elberfeld. Korreferent: Prof. Dr. M. C. Schüyten, Antwerpen. .3. Koedu-
kation in den höheren Schulen. Referent : Prof. Dr. Axel Hebtel, Kopen-
hagen. Korreferent: Prof. Dr. PALMBEBG,Helsingfors. 4. Mindestforderungen
bei der typographischen Ausstattung von Schulbüchern. Referent : Dr. Neu-
BUBGEB, Augenarzt, Nürnberg. B.Vorträge: 1. Dr. Landau, Jan., Krakau:
Ein- oder zweimaliger Unterricht. 2. Enbbis, Rektor, Rüdesheim a. Rh. :
Die Hygiene des Unterrichts in der Volksschule. 3. Tböltsch, Ebnst,
Lehrer, Nürnberg: Die Veranschaulichung des grundlegenden Rechnens
im Zahlenraum 2 — 100 am Nürnberger Rechenbrett. 4. Dr. Wildbb-
MUTH, Sanitätsarzt, Nervenarzt, Stuttgart: Schule und Nervenkrankheiten.
5, Dr. NoXKOW, P. M., Prof. der Pädagogik an der Universität Sofia,
Bulgarien: Die passiven Unterrichtsmethoden vom schulhygienischen Stand-
punkt aus. 6. Dr. Weyl, Theod., Dozent für Hygiene in Charlottenburg:
Über Niederhaltung des Genies durch den Schulbetrieb.
V. Hygienische Uqterweisung der Lehrer und Schüler.
A. Referate: 1. Hygienische Unterweisung der Lehrer. Referent: Prof.
Dr. Blasics, Braunschweig. Korreferent: Prof. Dr. Alexander Web-
889
mCKE, Braanschweig. 2. Hygienische ünterweisüDg der Schüler: Refe-
rent; Prof. Dr. Wbbnickb, Posen. B. Vorträge: 1. Dr. Schuschnt,
Heinbigh, Schularzt und Prof. der Hygiene, Budapest : Die sexuelle Auf-
klärung und die höheren Schulen. 2. L^ghapelle, Sevebin, Professeur
de Pädiatrie et Pathologie g^n^rale k l'univ., Laval, Canada: Ce qne la
femme doit apprendre en hygi^ne et en m^decine. 3. Fisoheb, Emil, Kustos
des naturhistorischen Schulmuseums Rixdorf-Berlin : Lehr- und Lernmittel für
den Unterricht der Hygiene der Schule. 4. Prof. Dr. Hartmann, Arthub,
Berlin : Die Erziehung des Volkes zur Gesundheitspflege durch den Schul-
arzt. 5. Prof. Dr. Bbeitüng, Max, Coburg: Die Schule als sozial-
politischer Faktor, ß. Dr. Flaghs, Albebt, Arzt, Moinesti, Rumänien:
Zur Verbreitung der Kenntnis hygienischer Lehren in der Schuljugend.
7. Dr. Epstein, Ernst, Spezialarzt, Nürnberg: Die Aufklärung der
heranwachsenden Jugend über die Geschlechtskrankheiten.
VL Körperliche Erziehung der Schuljugend. A. Referate:
1 Turnen und Jugendspiele. Referent: Dr. Sghmidt, Bonn. Korreferent:
MÖLLER, Tuminspektor, Altona. 2. Schulbäder. Referent: Dr. Sghmidt,
Bonn. B. Vorträge: 1. Dr. Reich, Nicol., Budapest: Über schwedische
Heilgymnastik und deren Wert für die Entwicklung der Schuljugend zur
Zeit der Pubertät. 2. Dr. Samosgh, Schularzt, Breslau: Schulärztliche
Untersuchungen über den Einflufs der an den Breslauer Volksschulen üb-
lichen Jugendspiele auf die Herztätigkeit der Kinder. 3. Eüöenio Bab-
tolome t Mingo, Direktor y Prof. de los jardines de la infancia, Madrid :
Education corporelle des enfants. 4. Moeller, Wilh., Lehrer, Hamburg:
Die Stellung der öffentlichen Gesundheitspflege zur Schule und zur Familie.
5. Prof. Dr. Palmbebö, Helsingfors, Finland: Die physische Ent-
wicklung der Schulkinder in den skandinavischen Ländern und in Finland.
6. Prof. Dr. Glauning, städt. Schulrat, Nürnberg: Der Spielplatzbetrieb
in Nürnberg.
VU. Krankheiten und ärztlicher Dienst in den Schulen.
A. Referate: 1. Morbiditätsstatistik. Referent: k. k. Sanitätsrat Dr. Alt-
SGHüL, Prag. Korreferent: Prof. Dr. Büeghel, Direktor des statistischen
Amtes, Nürnberg. 2. Aufgaben des Staates im Schularztwesen. Referent:
Medizinalrat Prof. Dr. Leübüsgheb, Meiningen. 3. Die Errichtung
städtischer Schulzahnkliniken, eine yolkshygienisch-intemationale Forderung
unserer Zeit. Referent: Privatdozent Dr. Jessen, Strafsburg. Korreferent:
Beigeordneter Dominigus, Strafsburg. B. Vorträge: 1. Dr. Righteb,
Kabl, kgl. Kreisarzt, Remscheid: Wie weit soll und darf die Erteilung
ärztlichen Rates und die Behandlung yon Schülern und Schülerinnen seitens
der Schulärzte gehen? 2. Dexteb, Edwin Gbant, Prof. of Education,
üniversity of Blinois: The influence of the weather npon the child.
3. Dr. Landau, Jan., Krakau: Die Schulärztefrage in Österreich. 4. Dr.
Engelhobn, Medizinalrat, Göppingen: Welche Bedeutung für die Schul-
hygiene hat die Psychologie und Psychopathologie der Entwicklungsjahre?
5. Dr. Seggel, Cabl, Generalarzt, München: Schädigung des Lichtsiuns
durch die Schule. 6. Dr. Bbesgen, Maximil., Sanitätsarzt, Wiesbaden:
Die hauptsächlichsten kindlichen Erkrankungen der Nasenhöhle, der Kacheu-
höhle und der Ohren, sowie ihre Bedeutung für Schule und Gesundheit.
890
7. Dr. Almqüist, E. B., Prof. der Hygiene in Stockholm : Die Prinzipien,
betreffend die Schulärzte. 8. Prof. Dr. Cohn, ELebmank, AngeoarzL
Breslau : Augenhöhle und Knrzsichtigkeit. 9. Dr. Haskowec, Ladislaus,
Dozent der Nenropathologie, Prag: Pour Intter contre la d^^n^rescence
des enfants. 10. Dr. Kielhauseb, Hubert, Zahnarzt, Graz: Zahn-
untersuchungen in Schulen.
Vni. Sonderschulen. A. Referate: 1. Das Sonderklassensystem
der Mannheimer Volksschule. Referent: Dr. Sickinger, Stadtschalrat,
Mannheim. Korreferent: Dr. Moses, Stadtarzt, Mannheim. 2. Ober
Krttppelschulen. Referent : Dr. Leonh. Rosenfeld, Nürnberg. 3. Hüüs-
schulen fttr Schwachbegabte. Referent: Fb. Fbenzel, Leiter der Hilfs-
schule in Stolp. Korreferent: Dr. Schlesinger, Schularzt, StraTsbnrg.
B. Vorträge: 1. Dr. Zimmer, Berlin-Zehlendorf: Ein Heil- und Erziehungs-
heim für nervöse junge Mädchen. 2. Dr. Gelpke, Augenarzt, Karlsruhe:
Beziehungen des Sehorgans zum angeborenen und erworbenen Schwachsinn.
IX. Hygiene der Schuljugend ausserhalb der Schale.
A. Referate : Elternabende. Stadtschulinspektor Weiss, Nürnberg. B. Vor-
träge: 1. Roller, Karl, Oberlehrer, Darmstadt: Die Beschäftigung
der Schüler der höheren Lehranstalten aufserhalb der Schule, vom gesund-
heitlichen Standpunkte aus betrachtet. 2. Dr. Kaufmann, Fribdr., Augen-
arzt, Ulm: Die Hausaufgaben der Schüler. 3. Dr. Blitstein, Arzt,
Nürnberg: Alkohol und Schule. 4. Dr. Haüfe, Ewald, Waidbruck,
Tirol : Die natürliche Erziehung und die hygienische Schule. 5. Favkk-
BouRCART, Ingenieur: Importaoce hygienique des colonies de vacances.
6. Berninger, Lehrer, Wiesbaden: Über Organisation von Elternabenden.
7. Dr. VON Forster, Hofrat, Nürnberg: Volksbildung und Schul-
gesundheitspflege.
X. Hygiene des Lehrkörpers. A. Referate: — B. Vorträge:
1. Dr. Wichmann, Ralf, Physikus, Nervenarzt, Bad Harzburg: Zur
Überbürdungsfrage der Lehrerinnen.
Umtlxä^t IDetfttgtitigeti.
AUsferti^ng ärztlicher Zengniase zur Begrfindang von
SchuiversAnrnnissen.
Erlafs der k. k. Landesregierung in Kärnten
vom 25. September 1902, Z. 17814,
an die k. k. Bezirkshauptmannschaften in Kärnten und den Stadtmagistrat
in Klagenfnrt.
Der k. k. kärntnerische Landesschnlrat hat sich mittels Zuschrift
vom 12. September d. J., Z. 2885, mit dem Ersuchen an die k. k. Landes-
regierung gewendet, dahin wirken zu wollen, dais die in Schulangel^en-
891
heiteD, iDsbesondere die znr Rechtfertigung von Scholversäamnissen anszn-
stellenden ärzüicben Zeugnisse von den betreffenden Ärzten mit möglichster
Klarheit und Vollständigkeit verfafst werden.
Der k. k. kämtnerische Landesschulrat sah sich hierzu durch die
Tatsache veranlaCst, dafs Tiele derartige anher mitgeteilte ärztliche Zeugnisse,
oft sehr lückenhaft verfafst, einerseits den Schulbehörden nicht Gelegenheit
gaben, zu erkennen, ob und innerhalb welcher Zeit ein statthafter Ent-
schuldigungsgrund für das Ausbleiben von Kindern aus der Schule vorhanden
iwar, anderseits aber infolge ihrer Mangelhaftigkeit, insbesondere des Fehlens
genauerer Zeitbestimmungen, den Parteien die Handhabe zu mifsbräuch-
licher Verwendung derselben boten.
Der k. k. kämtnerische Landesschulrat hat weiter jener Normen
besonderer Erwähnung getan, welche zumeist zur Ausstellung derartiger
ärztlicher Zeugnisse in Schulangelegenheiten Anlafs geben. Diese sind ins-
besondere folgende:
Laut § 23 des Reichsvolksschulgesetzes vom 2. Mai 1883, R. G. Bl.
]^r. 53, sind Kinder, denen ein dem Unterrichtszwecke oder Schulbesuche
hinderndes geistiges oder schweres körperliches Gebrechen anhaftet, von der
Verpflichtung, die öffentliche Schule zu besuchen, zeitweilig oder dauernd
entbunden. Gemäfs § 21 und 22 des Gesetzes vom 17. Jänner 1870,
L. G. Bl. Nr. 12, sind diese Kinder von der Ortsschulbehörde, welche vor
Beginn jedes Schuljahres die Aufzeichnung aller im schulpflichtigen Alter
stehenden Kinder vornimmt, in einem eigenen Verzeichnisse zusammenzu-
stellen, welches sofort der Bezirksschulbehörde vorzulegen ist.
Laut § 21 des Reichsvolksschulgesetzes vom 2. Mai 1883, R. G. Bl.
Kr. 53, und laut der § 31 und 32 des Gesetzes vom 17. Jänner 1870,
L. G. Bl. Nr. 12, darf der Austritt aus der Schule nur erfolgen, wenn
die Schüler die für die Volksschule vorgeschriebenen notwendigen Kennt-
nisse, als: Religion, Lesen, Schreiben und Rechnen, besitzen und dies durch
ein Zeugnis einer öffentlichen Volksschule nachweisen. Von der Beibringung
dieses Zeugnisses sind aber Kinder befreit, deren geistiger oder körper-
licher Zustand erwiesenermafsen die Erreichung des Zieles der Volksschule
nicht mehr erwarten läfst.
Nach § 3 und 4 der Schul- und Unterrichtsordnung vom 20. August
1870, R. G. Bl. Nr. 105, darf kein Kind ohne statthafte Entschuldigungs-
gründe einzelne Stunden oder Tage der gesetzlichen Schulzeit versäumen.
Als statthafte Entschuldigungsgründe sind insbesondere anzusehen:
a) Krankheit des Kindes;
b) Krankheit der Eltern oder Angehörigen, weim diese der Pflege des
Kindes erwiesenermafsen notwendig bedürfen;
c) schlechte Witterung, wenn dadurch den Kindern Gefahr an Ge-
sundheit droht;
d) Ungangbarkeit der Wege.
Die letzten zwei Punkte c und d wurden hier aufgenommen, weil es
auch vorkam, dafs ein ärztliches Zeugnis darüber eingeholt wurde, dafs ein
bestimmtes Kind den Weg zur Schule bei schlechtem Zustande desselben
und bei schlechter Witterung aus Gesundheitsrücksichten nicht zurück-
legen könne.
892
Ans diesen Normen wird ersichtlich, dafs auch die in Schalangelegen-
heiten ansznstellenden ärztlichen Zeugnisse hei ihrer Verfassung einer ge-
wissen Sorgfalt bedürfen.
Um diesem Punkte Rechnung zu tragen und um zu verhüten, daüs
solche ärztliche Zeugnisse wegen mangelhafter Fassung zurückgewiesen
resp. zur Ergänzung rückgestellt werden müssen, werden die k. k.
Bezirkshauptmannschaften und der Stadtmagistrat augewiescn, sämtliche
Ärzte des dortigen politischen Bezirkes zu yeranlassen, dafs in Hinkunft
die in Schulangelegenheiten auszustellenden ärztlichen Zeugnisse mit mög-
lichster Klarheit verfafst werden und, wenn tunlich, enthalten
den Namen und das Alter des Kindes;
die Angabe der Krankheit;
die Dauer der Krankheit mit der Beifügung, wann die Schulbesuchs-
fähigkeit begonnen hat, und wann sie enden wird, sowie
den Zweck der Ausstellung des Zeugnisses (zur Entschuldigung des
Ausbleibens von der Schule etc.).
Bei dieser Gelegenheit ist den Ärzten auch mitzuteilen, dafs nach dem
Gebührenpatente vom 9. Februar 1850 ärztliche Zeugnisse, welche bestimmt
sind, das Ausbleiben der Schüler aus dem Unterrichte dieser Schulen zn
rechtfertigen, insoweit zu deren Besuch eine gesetzliche Verpflichtung be-
steht, blofs zu diesem Gebrauche stempelfrei sind.
(„D. österr. Sanitäfswesen'' , Nr. 49.)
fitertttitr.
Besprechungen.
H. Tfl. Matthias Meyer. Die Schnlstfttton der Zukunft. Mit 28 Ab-
bildungen im Text. Hamburg, L. Voss, 19U3. Gr. 8®. 78 S. JH. 1.50.
Unter dem vielsagenden Titel : „Die Schulstätten der Zukunft" bringt
der als Pädagoge und Schulhygieniker bestbekannte Verfasser eine Reklame-
schrift für die transportablen Pavillonbauten nach System DöCkeb-
Chbistoph & Unmabk.
Die Vortrefflichkeit der DöCKEBschen Schulbaracken ist aufser Zweifel
und hat sich an allen Orten bewährt, wo es sich um die rasche Herstellnng
von Schulbau- Provisorien handelte. Auf diesem begrenzten Gebiete der
Aushilfe bei plötzlich auftretendem Bedürfnis nach Schulunterkünften wird
sich die DöCKEBsche Baracke vor Fertigstellung eines massiven Schul-
neubaues auch fernerhin empfehlen. Das Pavillonsystem mit transportablen
Schulbaracken als Schulstätte der Zukunft zu proklamieren, dünkt uns
dagegen total verfehlt.
Es ist aufser allem Zweifel, dafs der neuzeitliche Schulbau in grofsen
Städten manche Mängel aufweist, dafs ganz besonders die Zentralisierung
in übergrofsen Gebäuden aus hygienischen Gründen nachteilig ist, aber
893
wenn wir Umschaa halten, finden wir im In- und Aaslande Städte, die
den Umfang der Schnlgebäude auf ein bescheidenes, hygienisch einwand-
freies Mals beschränken, und die ihre Schnlstätten mit allen Einrichtungen
▼ersehen, welche die Schulgesundheitspflege fordert, und welche der Fort-
schritt der Technik bietet.
Die Ausführungen des Verfassers über die „Schulkasemen^ und über
die Eorridorbauten sind Yortrefflich, und stimmen wir denselben ebenso
zu, wie seinen allgemeinen Erörterungen über das Payillonsystem.
Inwiefern sich das von gesundheitlicher Seite empfehlenswerte Pavillon-
system für Unterrichtsstätten im Schulbetriebe bewährt, lälst sich heute
noch nicht bestimmt aussprechen, da bisher nur wenige Anlagen dieser
Art ausgeführt wurden, und zwar in Strafsburg, Ludwigshafen a. Rh.,
Trondhjem (Norwegen), Grofs-Lichterfelde bei Berlin, Langenthal (Schweiz)
und Lingen a. d. Ems. In kleinen Städten dürfte das Pavillonsystem in
Zukunft gröfsere Verbreitung finden, während in grofsen Städten die ört-
lichen Verhältnisse selten die zerstreute Bauart zulassen.
Die zweite Hälfte der Flugschrift enthält den Entwurf und die aus-
führliche Beschreibung einer 14 klassigen Knaben- und Mädchen- Volks-
schule im Pavillonsystem mit Turnhalle und Sonderräumen für Zeichnen,
Naturlehre, Knabenhandfertigkeit, Modellieren und Haushaltungskunde.
Wenn wir auch nicht mit allen Ansichten des Verfassers, betreffend
den Schulbau der Zukunft, übereinstimmen, so empfehlen wir doch jedem
mit dem Bau von Volksunterrichtsstätten Betrauten die Lektüre der streng
sachlich gehaltenen Broschüre. Prof. C. HiNTBÄasB-Wien.
Gbob, J. J., Lehrer. Die normalen KSrperhaltnngen. Beitrag znr
LSsnng der Schulbank- nnd der Schriftfrage. Küisnacht bei Zürich.
1903. 8®, 24 S. mit Abbildungen.
Verfasser ist Konstrukteur einer sog. Universalschulbank, deren
charakteristische Bestandteile sind: 1. Der Inklinationssitz und
2. die Stemmsprosse — eine Fnfsleiste, die so angebracht ist, dafs
der sitzende Schüler bei ausgestreckten Beinen sich mit den Füfsen an-
stemmen kann, und deren Lage der Länge der Beine des Schülers an-
gepalst werden kann. Der Inklinationssitz der GfiOBschen Bank ist ein
Schmiegesitz. Er ist als Einzelsitz auf dem Sitzbalken derart befestigt,
daljs er sich um seine Längsachse drehen läfst, nach vorn bis ca. 30^
unter die Horizontale, rückwärts bis in die Vertikale. Der Schüler schreibt
auf dem Schmiegesitz in der vorderen Sitzlage mit schräg vorwärts ge-
streckten Beinen, die auf der vorderen Stemmsprosse ihren Halt finden;
er liest, hört, ruht in der hintern Sitzlage, den Rücken angelehnt, die
Beine auf der hintern Stemmsprosse aufgestellt. Der Sitz geht automatisch
aus der Inklination in die Horizontale und in die Reklination über; beim
Aufstehen fällt er in die Vertikale zurück, und der Schüler findet bei
vorgeschobener Tischplatte genügend Raum zum Stehen in der Bank.
Gbob will durch seine Universalbank die nach den Gröfsenverhält-
nissen der Kinder im Nummemsystem abgestuften Schulbänke ersetzen.
Er hält es mit Rücksicht auf die individuellen Verschiedenheiten im Wachs-
tum der mafsgebenden Körperteile für unrichtig, feste Normalien für ver-
894
schiedene Bankgröfsen aafznstellen; er erklärt die Bank ohne verstellbare
Teile als ein Unding und verlangt von der Universalbank eine unbeschränkte
Adaptionsfähigkeit. Erreicht wird dieser Zweck bei der GBOBschen Bank,
die eine fixe Sitzhöhe hat, durch die Yerstellbarkeit der vorderen Stemm-
sprosse und der Tischplatte. Immerhin ist zu sagen, dafs mit Bezug anf
die letztere Grob ebenfalls in den von ihm gerOgten „Fehler*' anderer
Schulbankkonstrukteure verfallen ist und für die „Differenz'' ganz bestimmte
Normalien, und zwar solche mit recht grofsen Intervallen (22 — 24,5 —
27 — 29,5 cm) angenommen hat, so dafe mit Hinsicht auf eines der wich-
tigsten Malse der Schulbank, das von ihm in den Vordergrund gestellte
Prinzip der unbegrenzten Adaptionsfähigkeit, durchbrochen ist. Aulserdeni
ist zu sagen — und hierin liegt der Hauptirrtnm Gbobs — , dafs es un-
richtig ist, das Prinzip einer grofsen Adaptionsfähigkeit, welches mit Recht
bei der Konstruktion von Schulbänken für das Haus angewendet wird,
auf die in der Schule zu verwendenden Bänke flberzutragen; hier ist
aus verschiedenen Gründen, auf die an diesem Orte nicht näher eingegangen
werden kann, der im Nummernsystem abgestuften Bank mit
festen Teilen entschieden der Vorzug zugeben.
Was nun den Inklinationssitz Grobs und die damit organisch zusammen-
hängende Fufsstemmsprosse anbelangt, so sind die für diese Konstruktion
vom Verfasser angeführten Gründe durchaus nicht beweisend. Die ein-
fache, auf einige Zeichnungen der gegenseitigen Lage der Wirbelsäule, des
Inklinationssitzes und der Beine, und auf den Hinweis der Haltung der
Kutscher auf dem Bocke gegründete Behauptung, dais nur bei dieser
Konstruktion eine richtige Körperhaltung der Kinder beim Schreiben
möglich sei, genügt keineswegs. Es fehlt hier einerseits die anatomische
Grundlage und anderseits der Erfahrungsbeweis. Ebenso wird man bis
auf weiteres die Richtigkeit der Behauptung Grobs, dafs die Schulbank
eine horizontale Tischplatte haben müsse, bezweifeln. Dagegen
sind wir gern bereit, den Ausführungen des Verfassers über die Schriftart
bezw. Heftlage im aUgemeinen beizustimmen. Wir begrüüsen es, dafs G.,
in Übereinstimmung mit einer von uns schon oft ausgesprochenen Ansicht,
offenbar zur Oberzeugung gekommen ist, dafs nicht in erster Linie die
Konstruktion der Schulbank, sondern die Heftlage und Schreibart die
Körperhaltung des schreibenden Schülers bedingt, und dafs er der Steil-
schrift bei gerader Mittenlage des Heftes Gerechtigkeit widerfahren lälst.
F. ERISMANN-Zürich.
^tv $4|ttlftrfi
I. Jahrgang. 1903. No. 12.
(Driginalabliattblttttgen.
Das Schnlarrtwesen in Deutschland.
Bericht über die Ergebnisse einer Umfrage bei den
gröfseren Städten des deatschen Reiches.
Von
Dr. Paul ScHUBEBT-Nürnberg.
(Fortsetzung.)
Die Untersuchung der neu in die Schnle eintretenden Kinder
ist an den meisten Orten mit der Yornntersnchnng (wo eine
solche stattfindet) und mit der Hauptuntersuchnng beendet.
In jüngster Zeit beginnt indes noch eine dritte gesonderte
Untersuchung sich einzubürgern, die gegen Ende des Schuljahres
erfolgende, von der Hauptuntersachung getrennte Prüfung der
höheren Sinnesorgane.
Obwohl diese Trennung bisher nur in wenigen Städten durch-
geführt ist, so bieten Auge und Ohr der Kinder doch so eigenartige
Verhältnisse dar, dafs es wohl gerechtfertigt erscheint, die Art ihrer
Untersuchung in den einzelnen Städten einer besonderen Besprechung
zu unterwerfen.
Die Sonderstellung der höheren Sinnesorgane bei der Schul-
untersuchung liegt, abgesehen von der allgemeinen hohen Wichtig-
keit von Auge und Ohr, in zwei Umständen begründet. Erstens in
den Wechselbeziehungen zwischen der normalen Funk-
tion beider Organe und dem Schulbetrieb. Während Er-
krankungen der Wirbelsäule, der Lungen, des Herzens usw. nur mittel-
Der SchaUrst. I. 27
244 896
bar die Lernfähigkeit und den Unterrichtserfolg in einem gewissen
Grade beeinträchtigen, bilden Sehstörungen nnd Schwerhörigkeit ein
ernstes und unmittelbares Hindernis für den Unterricht und sind
in sehr vielen Fällen die Ursache, dafs das Klassenziel nicht erreicht
wird. Das gilt ganz besonders von der Schwerhörigkeit, zumal wenn
sie unbemerkt bleibt und, wie dies so überaus häufig geschieht, aU
Unaufmerksamkeit und Denkfaulheit gedeutet wird. Beim Auge hin-
wieder kommt noch der rückwirkende Einfluls des Schulbetriebes auf
die Entstehung der Kurzsichtigkeit hinzu, um die Sonderstellung
der Augenuntersuchtmgen in der Schule zu rechtfertigen. Es beginnt
den jüngeren Generationen der Fachgenossen aus dem Bewulstsein
zu schwinden und verdient wohl zeitweise hervorgehoben zu werden,
dafs der Aufschwung der Schulhygiene von dem durch Hermann
OoHN u. a. geführten Nachweis der Entstehung der Myopie durch
den Schulbetrieb seinen Ausgang nahm, und dafs sowohl unsere
Schulhausbauten wie das Schulmobiliar und die Unterrichtsmittel
hauptsächlich durch die Forderungen der Augenärzte und die Rück-
sichtnahme auf das Sehorgan der Kinder eine so vollkommene Um-
wälzung erfahren haben. Zweitens aberweist neben der Wichtig-
keit der höheren Sinnesorgane im Schulleben auch die Schwierig-
keit ihrer Untersuchung diesem Z weige schulärztlicher Tätigkei t
eine eigenartige Stellung zu. Diese Schwierigkeiten sind subjektiv
und objektiv. Technik und Erfahrung in äugen- und ohrenärztlichen
Untersuchungen stehen nicht jedem Schularzt in gleichem Malse zur
Verfügung und lassen die Beiziehung von Spezialärzten wünschens-
wert erscheinen. Aber auch der Spezialarzt kann nicht gut, wie es
bei der allgemeinen körperlichen Untersuchung der Kinder geschieht,
in einem beliebigen Zimmer des Schulhauses seines Amtes walten;
der Augenarzt braucht ein Dunkelzimmer und eine Anzahl zum Teil
komplizierter und schwer transportierbarer optischer Instrumente,
der Ohrenarzt ist gleichfalls auf einen für otiatrische Zwecke ein-
gerichteten BAum angewiesen. Dazu kommen noch die höheren
Ansprüche, die bei Seh- und Hörprüfungen an die geistige Reife
des Kindes gestellt werden müssen, weil hierbei ein wichtiger Teil
der Untersuchung auf Frage und Antwort beruht.
Aus allen diesen Gründen rechtfertigt es sich wohl, die Unter-
suchung der höheren Sinnesorgane als eine Sache sui generis zu be-
trachten und zu behandeln.
Die schulärztlichen Dienstanweisungen enthalten darüber sehr
wenig, und wenn man es nicht aus den Gesundheitsscheinen ent-
897 245
nehmen könnte, die ohne jede Ansnahme eine Spalte für Auge nnd
Ohr enthalten, so würde man bei den meisten Städten im Zweifel
bleiben, ob die höheren Sinnesorgane Gegenstand der Prüfung bei
allen Schulneulingen bilden. Freilich kommt es hier vor allem auf
das wie an, und der Schwerpunkt liegt dabei in der Zuziehung von
Spezialärzten.
Der Sehn [Verwaltung stehen verschiedene Wege offen, sich die
Hilfe der Augen- und Ohrenärzte zu sichern. Sie kann solche Ärzte
ganz ebenso wie die allgemeinen Schulärzte fest anstellen und in
zweckdienlicher Zusammenarbeit mit den letzteren verwenden. Sie
kann mit einem oder mehreren Spezialärzten des Ortes Verträge
schliefsen für eine bestimmte Inanspruchnahme im schulärztlichen
Dienst, mit Honorierung nach der Binzelleistung. Sie kann endlich,
wenn staatliche Kliniken, Wohltätigkeitsanstalten oder Polikliniken
am Ort bestehen, sich die unentgeltliche Untersuchung der Kinder
erwirken.
Aus dem Personalverzeiobnis der Schulärzte Deutschlands, welches
in den letzten Heften dieser Zeiisckrift veröffentlicht wurde, finden
sich in folgenden Städten Spezialar^te als Schulärzte angeführt:
Augenärzte in Aachen, Borbeck, Bromberg, Kottbus,
Essen (zwei), Fürth, Hagen, Königshütte, Lüneburg, Mül-
hausen, Offenbach, Posen, Remscheid, Ratibor und Stettin.
Ohrenärzte in Aachen, Danzig, Fürth, Mülhausen,
Posen, Remscheid und Stettin.
Dabei ist zu bemerken, dafs in Bromberg der Augenarzt der
einzige dort angestellte Schularzt ist, und dais in Lüneburg über-
haupt nur die Augen der Kinder untersucht werden, und zwar all-
jährlich bei einem Drittel der Schüler, während allgemeine Unter-
suchungen der Kinder nicht stattfinden.
Über die Tätigkeit der Posener Spezialärzte verdanke ich der
Güte des Schulaugenarztes Dr. Pincüs folgende Mitteilung. Die
Schulärzte sind dort ermächtigt, wo sie es für notwendig halten, den
betreffenden Spezialarzt zuzuziehen. In der Praxis hat sich das so ge-
staltet, dafs sie jeden Fall, bei dem sie durch die von ihnen in der Schule
vorzunehmende Voruntersuchung eine Anomalie der höhereu Sinnes-
organe gefunden haben, dem Spezialarzt zuschicken. In der letzten
Zeit haben auch die Lehrer Vorprüfungen der Sehschärfe mit Cohn-
schen Tafeln im Freien vorgenommen und die schwachsichtigen
Kinder zum Augenarzt gewiesen. Die Kinder erhalten einen Zettel,
der die Eltern auffordert, mit ihnen die angegebene Sprechstunde des
Der Schulant. I. 28
246 898
Spezialarztes zu besuchen. Der Oberlehrer überwacht die Befolgung
dieser Anordnung. DieUntersuchungsergebnisse werden vomSpezialarzt
auf dem Überweisungszettel notiert, damit die Eintragung in den
• Gesundheitsschein des Kindes erfolgen kann. Wenn eine Brille
erforderlich ist, so wird sie vom Schulaugenarzt yer-
ordnet und den Unbemittelten durch Vermittlung des Rektors von
der Armenpflege geliefert. Auch anderweitige Behandlung wird yom
Schulaugenarzt an zugewiesene Schulkinder geleistet, so z. B. bei
akuten Augenentzündungen, skrofulösen und trachomatOsen Er-
krankungen. Die Anstellung besonderer Augenärzte für ständige
Überwachung und Behandlung des Trachoms in der Schule wird
auch in Posen, wie überhaupt in den teilweise stark verseuchten
Ostprovinzen für wünschenswert gehalten, vorläufig aber bleibt das
noch dem Schulaugenarzt überlassen, der für die unentgeltliche
Behandlung zugewiesener Schulkinder eine Zulage von 100 Mark
zu seinem schulärztlichen Honorar von 150 Mark bezieht
Ähnlich, jedoch in manchen Punkten abweichend, liegen, so viel
ermittelt werden konnte, die Verhältnisse in den andern Städten,
welche eigene Augen- und Ohrenärzte angestellt haben.
Die Voruntersuchung wird meist vom Schularzt gemacht,
doch keineswegs überall systematisch bei jedem einzelnen Kind. In
Bemscheid z. B. ist dies dem Ermessen eines jeden der zehn Schul-
ärzte überlassen. In Königs hütte besorgt dies teils der Lehrer,
teils der Schularzt. In Kottbus findet überhaupt keine ärztliche
Voruntersuchung statt; nur die zufällig vom Lehrer als kurzsichtig
erkannten Schüler oder solche, auf die der Schularzt selbst aufmerksam
wurde, werden dem letzteren überwiesen.
Die spezialärztliche Untersuchung findet überall im
Hauise des Arztes statt. Das Ergebnis der Untersuchung wird in
Kottbus vom Augenarzt in den Gesundheitsschein eingetragen, und
zwar mit genauer Briilenbestimmung (auch eventuell Zylinderkombi-
nation) und mit Bemerkungen für den Lehrer, z. B. über erforder-
liche öftere Untersuchung.
In Remscheid wird das untenstehende Formular ausgefüllt
an die Eltern geschickt, worin die Bereiterklärung zu kostenloser
Auskunft durch den Spezialarzt ausgesprochen ist Verordnungen
werden von letzterem nicht ausgefertigt. Wird er von bemittelten
Eltern darum ersucht, so haben diese zu zahlen; Mitglieder der
Krankenkassen werden an die zuständigen Arzte verwiesen, ebenso
die Stadtarmen an den hierfür aufgestellten Augenarzt für Arme.
899 247
Mitteilnng.
Bei der üntersnchnng durch den znständigen städtischen Schalarzt
und sodann durch den Unterzeichneten hat sich ergeben, dafs Ihr Kind
~ äugen-, obren-, nasen-, baiskrank ist.*
Sie werden hiervon mit dem Bemerken benachrichtigt, dafs der
Unterzeichnete bereit ist, nähere Auskunft über den Gesund-
heitszustand Ihres Kindes zu erteilen (kostenlos).
Diese Mitteilung ist bei dem Besuche mitzubringen.
Remscheid, den 190.
Der Schularzt
für Untersuchung von äugen-, obren-,
nasen- oder halskranken Kindern.
An
* Zatreffendes ist zu unterstreichen.
Auch in Stettin hat der Augenarzt nur die Untersuchung und
nicht die Behandlang zu leiten. Es steht den Eltern frei, mit der
Behandlung einen beliebigen Arzt, also auch den Schulaagenarzt, zu
betrauen, jedoch gegen Bezahlung. Ist eine Behandlung armer
Kinder erforderlich, so hat der Rektor den entsprechenden Vermerk
zu machen und das Weitere zu veranlassen.
In Kotthus behandelt der Spezialarzt, ohne jedoch dazu ver-
pflichtet zu sein, sowohl Brillen bedürftige, wie auch skrofulöse
Augenleiden unentgeltlich, ohne Ansehen des Vermögens und Standes
der Eltern, und macht auch rhinologische Operationen in gleicher
Weise.
Die Honorare der Spezialärzte schwanken nicht minder wie
deren Funktionen, ohne jedoch zu letzteren immer im richtigen Ver-
hältnis zu stehen. Kotthus zahlt ein Fixum von 100 Mark, Rem-
scheid 2^00 Mark, Königshütte 500 Mark, Stettin 600 Mark.
In dem an die Magistrate deutscher Städte versandten Frage-
bogen war u. a. die Auskunft erbeten:
„Findet spezialärztliche Untersuchung der Kinder statt?**
Unter den Städten, welche hierauf mit „ja** antworteten, kehren
zunächst alle jene Orte wieder, die schon oben genannt sind, weil
sie im Personalverzeiohnis der Schulärzte einen Augen- oder Ohren-
arzt aufweisen. Aufserdem aber berichten von stattfindenden äugen-
ärztlichen Untersuchungen: Cöln, Crefeld, Darmstadt,
Dresden, Hamborn (obwohl am Ort ein Augenarzt nicht ansfissig
ist). Hannover (Hilfsschule), Magdeburg, Mülheim a. d. Ruhr,
Meiningen, Osnabrück, Saarbrücken und Zittau.
28*
248 900
Von ohrenärztlichen UnteTsnchnngen: Grefe Id, HaiiDO^er,
Magdeburg, Mülheim a* d. Ruhr, Meiningen, Osnabrück,
Saarbrücken, Steglitz nnd Zittau.
Hier sowohl wie bei den fest aDgestellten Spezialschnlärzten ist
zu bemerken, dals die Ohrenärzte weit seltener verwcDdet werden
wie die Augenärzte. Ein Ohrenarzt allein, ohne gleicbzeitige In-
anspruchnahme eines Augenarztes, findet sich nur in Steglitz.
Quedlinburg berichtet, dafs Verhandlungen mit Spezialflrzten
schweben. Saarbrücken überweist die Kinder an einen der an-
sässigen Spezialärzte und zahlt diese nach den geleisteten Diensten.
Frankfurt a. M. verweist auf die zahlreich vorhandenen Polikliniken,
denen die einer spezialärztlichen Untersuchung bedürftigen Sander
zugewiesen werden. Jena erfreut sich in gleichem Sinne der Uni-
versitätsanstalten.
(Fortsetsung folgt.)
jRUittere iKittetlnitsett.
Schnlärztliehes ans Hessen« Unter Bezugnahme anf einen Antrag
des „Allgemeinen Deutschen Vereins für Schulgesnndheits-
pflege", betreffend: die Anstellung von Schulärzten im Deutseben
Reiche, hat die Grofsherzoglich Hessische Regierung dem
Vorsitzenden des IV. Ausschusses der Zweiten Kammer folgende
Mitteilung zugehen lassen: Dem Herrn Präsidenten des IV. Ausschusses
der Zweiten Kammer der Landstände beehrt sich das unterzeichnete Grofs-
herzogliche Ministerium des Innern auf das gefällige Ersuchen vom
12. Februar 1. J., welches am 23. April wiederholt wurde, ergebenst za
erwidern, dafs der Frage der Bestellung von Schulärzten im
Grofsherzogtum zum Teil auf Anregung der beiden Kammern der
Landstände, bereits näher getreten wurde. Der Antrag der „Schal-
arztkommission^ des Allgemeinen Deutschen Vereins für Schulgesond-
heitspflege vom 1. Dezember 1902 kommt in Rücksicht der in Hessen
bestehenden Verhältnisse in gewissem Sinne zu spät, indem für die fünf
gröfseren Städte des Landes die Schularztfrage als gelöst anzusehen ist.
Auch in bezug auf die Bestellung von Schulärzten auf dem Lande ist die
Regierung vorgegangen. In einzehien Kreisen sind bereits sämtliche Schalen
unter die Fürsorge von Schulärzten gestellt, in andern erst einzelne Orte.
Ein guter Anfang ist gesichert, und ein steter Fortgang steht zu hoffen.
Die Unterweisung der Seminaristen in den Seminarien und der Lehrer
durch hygienische Vorträge der grofsherzoglichen Kreisärzte in den Bezirks-
lehrer-Konferenzen ist seit einigen Jahren eingeführt und hat sich anschei-
nend bewährt.
901 249
In den Lehrplftnen der höheren Lehranstalten nnd der Yolksschnlen
ist Yorkehning getroffen, in dem naturknndlichen Unterricht eine dem
Lehensalter, dem Bildnngsstande and dem Geschlecht der Schttler ange-
messene hygienische Belehrung zn gewähren. Hierzu werden für die
Heizung, Lüftung und Belichtung, die Kleidung, Nahrung usw. die Lehr-
stunden in der Naturlehre benutzt, das meiste wird aber in dem natur-
geschichtlichen Unterricht mitgeteilt, ganz besonders in der Anthlropologie,
der Lehre von dem Bau, dem Leben und der Pflege des menschlichen
Körpers, Der £rfolg der Belehrung hängt einmal von der richtigen Aus-
wahl und Verteilung und dann Yon der praktischen Behandlung des Lehr-
stoffes ab. Die Auswahl und Anordnung des Stoffes fällt wesentlich den
die Lehrpläne entwerfenden Schulbehörden zu, die praktische Behandlung
aber ist ausschliefsliche Sache der Lehrer, die deswegen eine tüchtige
hygienische Vorbildung empfangen müssen.
Die Abteilungen für Schulangelegenheiten und für öffentliche Gesund-
heitspflege halten es für ihre« Aufgabe, auf dem betretenen Wege weiter
zu gehen und demnächst in gemeinsamer Arbeit folgende zum Teil schon
vorher erwähnte Ziele zu erstreben: 1. Einführung eines von hygienischen
Fachmännern zu erteilenden Hygieneunterrichtes an den Lehrerbildungs-
anstalten und an den Seminarien, 2. Herstellung von Lehrplänen für diesen
Unterricht durch gemeinsame Arbeit von Ärzten und Schulmännern, 3. Be-
schaffung geeigneter Lehr- und Anschauungsmittel, 4. Durchsicht der natur-
kundlichen Lehrpläne aller Schulgattungen mit dem Ziele, der hygienischen
Belehrung einen breiteren Raum und die zweckmäfsigste Anlehnung an
geeignete Abschnitte der Natnrlehre nnd Naturgeschichte zu gewähren,
ö. Fortsetzung der hygienischen Vorträge in den Bezirkskonferenzen.
Weitergehende Ziele glauben beide Abteilungen zunächst nicht ins
Auge fassen zu sollen. Namentlich können sie erstens eine Verwendung
der Ärzte als Lehrer der Hygiene in den andern Schulen als den Semi-
narien, und zweitens eine Belehrung über sexuelle Dinge nicht empfehlen.
(Mitget. V. Oberlehrer Karl ROLLEB-Darmstadt.)
Die Bedenken des Breslaner Stadtarztes ge^en die Anstellung
von SchniangenSrsten, Unter diesem Titel repliziert Prof. H. Gohn
in der „Wochenschr, f, Therapie u. Hygiene d, Auges^ VII., 6 u. 7:
Gelegentlich einer Beratung der Ärztekammer für die Provinz Schlesien
über die AnsteUung von Schulärzten an höheren Schulen wandte sich der
Breslauer Stadtarzt Oebbecke gegen die von Cohn vorgeschlagene Ein-
führung der Schulaugenärzte, indem er ausführte, dafs die Arbeitslast
eines solchen nach der Berechnung des Verfassers eine so grofse sein
würde, dafs der Magistrat wohl kaum die Kosten dafür tragen könnte. —
Gohn antwortet in einem Briefe an den Stadtarzt und legt dar, dafs hier
ein Irrtum in der Berechnung und Abschätzung der Tätigkeit eines even*
tnellen Schulaügenarztes vorgekommen sei, und dafs die Forderungen, die
an einen Schulaugenarzt gestellt würden, von diesem ohne allzu grofsen
Zeitaufwand erfüllt werden könnten. — In einer Replik bemerkt der Stadt-
arzt unter anderm, dafs er die Frage der Anstellung von Schulaugenärzten
noch nicht für spruchreif halte, worauf Cohn ganz mit Recht erwidert,
dafe die Verhältnisse so klar seien, daCs im Interesse des Augenlichts der
250 902
heranwachsenden Jagend die Einführung von Schalaagenärzten nicht anf
die lange Banli geschoben werden sollte. Im ttbrigen wären die daraas
entstehenden Kosien nicht so grofs, daTs sie die Stadt Breslau nicht sollte
tragen können. „Ich glaube, wir lassen diese ganze Frage offen," sagte
der Stadtarzt; und Cohn erwidert ihm, dafs er solange mit seinen Vor-
schlägen und mit seiner Kritik wiederkommen werde, bis in Breslau Scbul-
augenärzte angestellt sein würden; „denn sie werden der Jugend Segen
bringen!" (Mitget. v. Dr. Heimann- Charlottenburg.)
Anstellung tob Schularzt en In Ffirth. Die städtischen Kollegien
von Fürth bewilligten unlängst den Betrag Yon 2000 Mark für Aufstellung
von vier Schulärzten. Letztere haben bei Bezug einer alljährlichen Remune-
ration von je 500 Mark, anfangend mit Beginn des Schuljahres 1903/04
unter Mitwirkung der Lehrer die gesundheitlichen Verhältnisse in den
städtischen Volksschulen zu überwachen, die Schulkinder periodisch za
untersuchen usw.
Amtsarzt und Schnlärste in Nflnchen. Schon längere Zeit wurde
in den Kreisen der Müncbener Stadtvertretung der Gedanke erwogen, im
Rahmen der Organisation des gemeindlichen Verwaltungskörpers eine Stelle
zu schaffen, die für sämtliche die Gemeinde berührende Medizinalangelegen-
heiten zuständig und mit einem ärztlichen Fachmann zu besetzen sein sollte.
Den Anstofs zu einer raschen Lösung dieser Frage gab nun dieser Tage
der von dem rührigen Gemeindebevollmächtigten Dr. Wagkeb gestellte
Antrag, der Magistrat wolle der Einführung von Schulärzten nähertreten.
Man sagte sich — und zwar mit Recht — , dafs die Organisation dieses
Institutes, dessen Schaffung die Gemeindeverwaltung in ihrer weitaus über-
wiegenden Mehrheit sympathisch gegenübersteht, am besten von einem
Fachmanne vorgenommen werde. Daher kam das -GemeindekoUegium in
seiner letzten geheimen Sitzung zu dem Beschlüsse, einen von der Ge-
meinde besoldeten, von dieser aasschlierslich beschäftigten städtischen Amts-
arzt aufzustellen. Dieser Amtsarzt soll den Rechtsräten im Range gleich-
gestellt sein und soll keine Privatpraxis ausüben dürfen. Seine erste Auf-
gabe .soll, wie bemerkt, die sein, zu einer befriedigenden Lösung der
Schularztfrage entsprechende Vorschläge auszuarbeiten. In den Kreisen der
Gemeindeverwaltung rechnet man damit, dafs die Aufstellung von etwa
26 Schulärzten notwendig werden wird, und dafe hierfür sowie für die
Bestallung des Amtsarztes eine Ausgabe von mindestens 30000 Mark er-
forderlich wird. Ob die Ausgabe fOr diese Zwecke schon im konmienden
Etat erscheint, läfst sich noch nicht bestimmt sagen.
Schulärztinnen in Charloltenbnrg. Man schreibt der „Berl
Volksatg.*^ : In der Entwicklung und Ausgestaltung des städtischen Schal-
wesens nach fortschrittlichen Grundsätzen ist unsere Nachbargemeinde Char-
lottenburg seit einem Jahrzehnt ftür Berlin und andere groCse Kommonea
vorbildlich geworden. Charlottenburg hat jetzt mit dem Beschlüsse des
Magistrats, eine Schulärztin anzustellen, eine bahnbrechende Tat auf einem
bisher vielumstrittenen Gebiete vollbracht. Als Berlin sich dazu entschloß,
die Schulkinder in einer Reihe von Lehranstalten durch Schulärzte Aber
wachen zu lassen, war für Charlottenburg die Schularztfrage längst gelöst,
da dort an jeder Gemeindeschule ein Schularzt tätig ist. ViTenn Ghariotten-
903 251
bnrg jetzt die erste Kommnne in Deutschland ist, in der eine Schnlärztin
wirken soll, so hat diese Tatsache eine am so gröfsere Bedeutang, als die
Stadtverwaltang in der Begründung ihres Vorhabens von der Annahme
ausgeht, dafs die Anstellung von Schulärztinnen in absehbarer Zeit in jeder
gröfseren Gemeinde erfolgen mufs. Es wird in dieser Begründang betont,
dafs Ärztinnen, die sich in erster Linie die Behandlung von Frauen- und
Kinderkrankheiten zur Aufgabe machen, zur Beaufsichtigung des Gesund-
heitszustandes der Schulmädchen und zur Durchfühmug einer wirksamen
Schulhygiene besonders geeignet sind, dafs jedoch zugleich die Besucher-
innen der Realgymnasialkurse für Mädchen durch die Anstellung einer
Schulärztin einen Fingerzeig erhalten sollen, auf welchem Gebiete sie sich
selbst später zu betätigen imstande sind. Dieselben Gründe, die für die
Ausbildung von Ärztinnen überhaupt sprechen, sollten auch die Anstellung
von Schulärztinnen als dringend erforderlich erscheinen lassen. Wie viele
Frauen, so weigern sich zahlreiche Mädchen, sich durch einen Arzt unter-
suchen zu lassen, sie suchen selbst ernstliche Leiden zu verheimlichen in
der Besorgnis, ihre Krankheit dem Arzte offenbaren und sich dann einer körper-
lichen Untersuchung unterwerfen zu müssen. Diese und andere Mifsstände
lassen sich durch die Anstellung von Schulärztinnen beseitigen, und es ist
zu hoffen, dafs der Versuch, den Gharlottenburg gegenwärtig unternimmt, die
ständige Beschäftigung weiblicher ärztlicher Sachverständigen an den Mädchen-
schulen in einer größeren Zahl von Gemeinden zur Folge haben wird.
Ober die TStigkeit der Schulärzte in Ratibor ist ein Bericht
für das Schuljahr 1902/03 erschienen. Die Gesamtzahl der Knaben betrug
im Berichtgahr 1744, die der Mädchen 1496. Dr. Bloch (Knaben)
hielt 82 Sprechstunden ab und stattete 58 Klassenbesuche ab, Dr. Giebigh
(Mädchen) hielt acht- bezw. vierzehntägig Sprechstunden und machte 48
Klassenbesuche. Die Berichte verzeichnen die wichtigeren £rkrankungs-
f^e. Die Anzahl der von den beiden Ärzten an die Eltern gesandten
Mitteilungen betrug 263 bezw. 197. Die Erhebungen haben ergeben, dafs
über 50% dieser Mitteilungen über Erkrankungen von Schülern und not-
wendige, ärztliche Mafsnahmen schon beim ersten Male von den Eltern
berücksichtigt wurden und bei Wiederholung der zuerst nicht berücksich-
tigten Mitteilungen der Prozentsatz sich noch günstiger gestaltete. Die
Zahl der Knaben, die eine bezahlte Nebenbeschäftigung (Austräger- und
Laufburschendienste u. a.) haben, betrug 98; die Knaben standen im Alter
von 9 bis 14 Jahren. Bei einigen von ihnen mufete eine wesentliche Ein-
schränkung der Nebenbeschäftigung angeordnet werden; ein Knabe war als
Austräger täglich über fünf Stunden nach der Schulzeit beschäftigt, ein
anderer trug dreimal wöchentlich sechs Stunden hintereinander Joumal-
mappen aus und mufste dabei 53 Stockwerke steigen. Gesundheitliche
Störungen waren in allen Fällen der Überanstrengung festzustellen. Die
dauernde Verhütung derartiger Milsstände wird ilas Reichsgesetz, betreffend
die gewerbliche Kinderarbeit, ermöglichen. Auf die Schädlichkeit des
Alkohols wurde bei geeigneter Gelegenheit hingewiesen. Die Schulbrause-
bäder übten einen sehr wohltätigen Einflufs aus. Die Schulanlagen wurden
von den beiden Ärzten in Gemeinschaft mit dem Stadtbaurat und den
Rektoren besichtigt und auf die Abstellung von Milsständen hingewirkt.
252 d04
Die Frage der Anstellnnc von Sehnl&rzten für die Mittel-
8Chllleil wurde neulich in der Stadtverordnetenversainmlang von Frank-
furt a. M., wie wir den Frankfurter Tagesblättern entnehmen, lebhatt
erörtert. Der Magistrat beantragt, gestützt anf die günstigen Resultate
der ärztlichen Überwachung der Volksschule, nun auch ftlr die Mittelschule
die Schaffung dreier Schularztstellen. Stadtverordneter Dr. Kibchheim
empfiehlt seitens des Sclmlausschusses, der sich bereits mit dieser Frage
beschäftigte, die sofortige Annahme der Vorlage. Sie sei nur die Konse-
qnenz eines früher gefafsten Beschlusses der Stadtverordneten-Versammlung.
Dr. QuABCK begrüfst zunächst die Vorlage, deren Eingang er schon früher
gewünscht hätte. Er knüpft hieran eine Kritik aller hygienischen Schul-
einrichtungen in Frankfurt. Dabei stützt er sich zum Teil auf den Jahres-
bericht des Stadtarztes. Im letzten Jahre sei bei nicht weniger als 63 %
aller Volksschüler eine Beobachtung notwendig gewesen. Er weist auch darauf
hin, dafs die Benutzung der Schulbadeeinrichtungen eine sehr verschiedene
sei, und daüs dies zum Teil auf die Beeinflussungen von Seite der Lehrer
und Lehrerinnen zurückgeführt werden müsse. Die Verwendung zu junger
Ärzte sei zu vermeiden, ebenso wie die von Ärzten mit zu grofser Privat-
praxis, da sie hierdurch zu sehr an der Ausübung ihrer Pflichten ver-
hindert würden. Als sehr empfehlenswert hält er die Heranziehung von
Schulärztinnen. Stadtverordneter YTedel steht der Frage, betreffend die
weiblichen Schulärzte, sehr sympathisch gegenüber. Dr. Hetdbb wendet
sich gegen die Ausführungen Dr. Quabcks, dals der Gesundheitszustand
der Kinder sich verschlechtert habe. Die höhere Krankheitsziffer sei nur
eine Folge der intensiveren Untersuchung. Die Schulärzte bekommen auch
mit der Zeit mehr Erfahrung und können eine immer gröfisere Anzahl
Kinder überwachen. Ebenso weist er zurück, da(s die Stadt zu junge
Ärzte zu Schulärzten heranziehe. Dr. Quabck drückt seine Freude da-
rüber aus, dafs Stadtverordneter VTedel der Anstellung weiblicher Schul-
ärzte sympathischer gegenüberstehe als früher. Er betont noch, dab er
gegen die Bestellung der drei Ärzte nichts einzuwenden habe, nur über
die Anstellungsbedingungen wünsche er eine Kommissionsberatung. Stadtrat
Gbimm tritt den Ausführungen Dr. Quabcks entgegen. Zunächst hält er
es nicht für praktisch, die Schulärzte ganz aus der Privatpraxis heraus-
zuziehen. Was die Frage der weiblichen Schulärzte anbelange, so könne
ja jetzt keine Rede davon sein, dieselben einheitlich einzuführeui da bis
jetzt in Frankfurt nur zwei weibliche Ärzte existieren.
90& 268
Dienstordnung f&r die Sehnlärzte der Stadt Nfimberg.
(Beschlossen im Juli, August und November 1903.)
§ 1. Die Schulärzte haben im allgemeinen die Verpflichtung, im Auf-
trage des Magistrats und der Schulbehörde, sowie im Einvernehmen mit
dem Kgl. Bezirksarzte bei der staatlich angeordneten, gesundheitlichen Be-
aufsichtigung der städtischen Schulen, sowie der privaten £rziehungs- und
XJnterrichtsanstalten, der Kinderbewahranstalten und Kindergärten mit-
zuwirken.
§ 2. Sie haben die ihnen zugewiesenen öffentlichen und privaten
Schulen mindestens dreimal im Jahre, und zwar vor Weihnachten, vor
Ostern und vor den Sommerferien zu besuchen und hierbei auf die richtige
Handhabung aUer für die Gesundheit der Kinder und Lehrer getroffenen
Einrichtungen, vor allem in bezug auf Erwärmung, Beleuchtung, Lüftung
und Reinigung der Schulräume einschliefslich der Tumsäle, Schulbäder und
Aborte, zu achten.
Hierbei haben sie auf die Körperhaltung der Kinder, sowie darauf
ihr Augenmerk zu richten, ob jedem derselben die seiner Körpergröfse
entsprechende Schulbank zugewiesen ist.
Ebenso haben sie auf Einladung an den regelmä&igen jährlichen
Umgängen der magistratischen Schulpfleger in den ihnen zugewiesenen
Schulhäusem teilzunehmen.
Über ihre Amtshandlungen und ihre Wahrnehmungen bei diesen Be-
suchen haben sie jedesmal, unter Benutzung eines hierzu bestimmten Vor-
drucks, kurze Aufzeichnungen zu machen. Dieselben werden samt den
statistischen Nachweisen an Weihnachten, Ostern und am Jahresschlüsse
zur Einsichtnahme dem Magistrat vorgelegt, welcher nach Bedarf Abschriften
fertigen läfst und die Urschriften behufs Aufbewahrung bei den schulärzt-
lichen Akten zurttcksendet.
§ 3. Die Schulärzte haben die in ihrem Bezirke liegenden Kinder-
bewahranstalten und Kindergärten mindestens dreimal jährlich, und zwar in
denselben Zwischenräumen wie die städtischen Schulen, zu besuchen, und
wenn Veranlassung hierzu besteht, über den Befund alsbald an den Ma-
gistrat zu berichten.
§ 4. Die Schulärzte haben femer alle in die Schule neu eintretenden
Kinder einer genauen Untersuchung zu unterziehen, um festzustellen, welche
derselben beim Unterrichte besondere Berücksichtigung (Anweisung eines
Sitzplatzes in den vorderen Bankreihen, Befreiung von der Teihiahme an
einzelnen Unterrichtsgegenständen u. dgl.) oder während der Schulzeit
ärztlicher Überwachung bedürfen. Diese Untersuchung gliedert sich in
drei Abschnitte.
254 906
Die erste wird gleich bei Beginn des Schuljahres vorgenommen imd
mnfs bis Ende des Monats September beendigt sein. Sie besteht in einer
ftnfseren Besichtigung der Kinder und hat den Zweck, festzustellen, ob die-
selben schulfähig, d. h. nach ihrer körperlicl^en und geistigen Entwicklung
ohne Schaden und mit Erfolg an dem Schulunterrichte teilnehmen können.
Findet der Schularzt, im Einvernehmen mit dem Lehrer, dafs es notwendig
ist, ein Kind in seinem eigenen Interesse wie in dem des gemeinsamen
Unterrichts auf ein Jahr vom Schulbesuche zurttckzustellen, so bestätigt er
dies durch ein Zeugnis, von dessen Inhalt die Eltern des betreffenden
Kindes durch die Inspektion in Kenntnis gesetzt werden. Diese hat sodann
das weiter Erforderliche zu verfQgen.
Die zweite, eingehende Untersuchung mufs bis zum Schlüsse des
Winterhalbjahres, d. h. bis Ostern, beendet sein.
Zur Vornahme derselben werden die Kinder dem Schularzte mit ent-
blöfstem Oberkörper vorgestellt, so dafs es möglich ist, ihre körperliche
Entwicklung und ihren Gesundheitszustand genau zu erforschen.
Zu dieser zweiten Untersuchung, welche entweder in dem Klassen-
zimmer oder in einem andern geeigneten Räume vorgenommen wird, und
zwar bei Knaben in Anwesenheit des Klassenlehrers, bei Mädchen im Bei-
sein einer Lehrerin bezw. deren Stellvertreterin, werden auch die Mütter
der Kinder eingeladen. Daher ist es notwendig, dais fflr dieselbe im vor-
aus ein bestimmter Tag zwischen dem Lehrer und dem Schularzte ver-
einbart und den beteiligten Müttern bekannt gegeben werde.
Diese Untersuchung wird im Anschluls an einen mit Vordruck ver-
sehenen Gesundheitsbogen vorgenommen, in dessen Spalten der Lehrer
schon vor der Untersuchung die Personalien der Kinder und der Schularzt
den bei jedem Kinde sich ergebenden Befund in möglichster Kürze einträgt.
Die dritte Untersuchung ist im Sommerhalbjahr vorzunehmen und bis
zum Beginn der Sommerferien zum Abschlnfs zu bringen. Sie hat die
Kinder auf ihre Hör- und Sehfähigkeit zu prüfen. Über die bei derselben
wahrgenommenen Mängel und Gebrechen ist von dem Schularzte in dem
Gesundheitsbogen ein kurzer Vermerk einzutragen.
§ ö. Dei Gesundheitsbogen wird der Zensurliste beigelegt und mit
derselben aufbewahrt.
Der Gesundheitsbogen deijenigen Eander, welche in Anbetracht ihres
kränklichen Zustandes einer wiederholten Besichtigung durch den Schularzt
bedürfen, wird mit dem Vermerk: „Ärztliche Überwachung" versehen und
dem Schularzte bei den nachfolgenden Besuchen vom Lehrer vorgelegt.
Dies wird solange fortgesetzt, bis der Schularzt das Kind aus seiner Über-
wachung entläfst. Der erwähnte Vermerk wird sodann gestrichen.
§ 6. Bei seinen Besuchen in den Schulen hat der Schularzt, ab-
gesehen von den Kindern, die unter ärztlicher Überwachung stehen, auch
diejenigen Kinder zu untersuchen, deren Untersuchung ihm selbst notwendig
erscheint oder von dem Lehrer beantragt wird. Die Ergebnisse der Unter-
suchung sind in dem Gesundheitsbogen kurz aufzuzeichnen. Gegebenen-
falls ist ein solcher neu anzulegen.
§ 7. Werden bei der ärztlichen Untersuchung an einem Kinde
ernstere Erkrankungen oder Gebrechen festgesteUt, so werden die Eltern
907 266
durch eine gedruckte Mitteilung hiervon in Kenntnis gesetzt und auf-
gefordert» das Kind in ärztliche Behandlung zu gehen. Diese Mitteilung
ist von dem Schularzt und dem Schulinspektor zu unterzeichnen und von
dem letzteren an die Eltern zu flbersenden.
§ 8. Die Untersuchung der Kinder durch den Schularzt unterbleibt,
wenn unter Benutzung des eingeführten Yordrocks eine hausärztliche Unter-
snchuDg stattgefunden hat und das entsprechend ausgefüllte Formular von
den Eltern vorgelegt wird.
§ 9. Eine eingehende Untersuchung der Mädchen vom vierten Schul-
jahre ab darf der Schularzt nur mit Genehmigung der Eltern vornehmen.
Dagegen hat er die Knaben in dem letzten Vierteljahre vor der Ent-
lassung aus der Werktagsschole auf Wunsch der Eltern einer genauen
Untersuchung zu unterstellen, um ihnen auf Grund derselben bezüglich der
Wahl eines Berufes geeignete Ratschläge zu erteilen.
§ IG. Abgesehen von den in § 4 und 6 enthaltenen Bestim-
mungen hat eine scholärztliche Untersuchung einzutreten :
a) wenn für ein Kind vor vollendetem sechsten Lebensjahre die Auf-
nahme in die Werktagsschule gewünscht, oder wenn für Schüler der
Werktags- oder Fortbildangsschnle, für Schülerinnen der Werktags-
oder Mädchensonntagsschule unter Berufung auf deren Gesundheits-
verhältnisse die Entlassung vor vollendeter Schulpflicht beantragt wird;
b) wenn für einzelne Kinder die Zurückstellung vom Schulbesuche auf
ein Jahr oder die Befreiung von der Teilnahme an einzelnen Unter-
richtsgegenständen verlangt wird;
c) wenn für Kinder, welche an ansteckenden Krankheiten gelitten haben,
der Nachweis zu erbringen ist, dafs sie ohne Gefährdung der Mit-
schtüer zum Schulbesuche wieder zugelassen werden können;
d) wenn Zweifel darüber bestehen, ob Schulversäumnisse wegen Krank-
heit gerechtfertigt sind;
e) wenn Anhaltspunkte dafür gegeben sind, dafs ein Kind, das von den
Angehörigen ohne nähere Bezeichnung des Charakters der Erkrankung
als krank angemeldet wird, an einer ansteckenden Krankheit leidet.
Diese Untersuchungen erfolgen auf Anordnung des zuständigen Schul-
inspektors. Sie unterbleiben jedoch, wenn ärztliche Zeugnisse vorgelegt
werden.
In besonders dringenden Fällen sind die Lehrer befugt, aufserordent-
liche Untersuchungen einzelner Kinder ihrer Klasse bei der Inspektion zu
beantragen. Diese Untersuchungen können in der Sprechstunde des für
die Schule aufgestellten Schularztes vorgenommen werden. Wenn trotz
eines vorliegenden ärztlichen Zeugnisses ein Antrag auf schulärztliche Unter-
suchung eines Kindes gestellt wird, so ist derselbe durch die Inspektion
dem Magistrate zur Verbescheidung vorzulegen.
Das auf Grund der Untersuchung von dem Schularzte ausgestellte
Zeugnis wird mit der Zensurliste des betreffenden Kindes, in der städtischen
Handelsschule bei den Rektoratsakten aufbewahrt.
§ 11. Beim Auftreten von Masern, Scharlach, Diphtherie und Typhus
in den städtischen und privaten Schulen, wie in den Kinderbewahranstalten
und Kindergärten, ist von dem Lehrer bezw. von der Leitung der Anstalt
256 908
dem Schulärzte Meldung zu erstatten, und zwar schon dann, wenn nur ein
Fall einer derartigen Erkrankung yorgekommen ist. Der Schularzt ist yer-
pflichtet, auf Grund einer solchen Meldung sich ohne Verzug an Ort und
Stelle zu begeben, die sämtlichen anwesenden Kinder in der fraglichen
Klasse oder Anstalt einer Untersuchung zu unterziehen und über deren
Ergebnis alsbald unmittelbar an den Kgl. Bezirksarzt zu berichten. Dieser
wird, je nach dem angezeigten Befand, bei der Distriktspolizeibehörde ent-
sprechenden Antrag, z. B. auf zeitweise Schließung der betreffenden Schul-
klasse, stellen. Bei diesen Untersuchungen ist der Schularzt befugt, solche
Kinder, bei welchen er das Vorhandensein einer ansteckenden Krankheit
oder verdächtige Erscheinungen wahrnimmt, sofort aus dem Unterrichte
nach Hause zu entlassen.
Bei dem Auftreten von Steinblattern, Röteln und Keuchhusten ist nnr
dann von dem Lehrer Anzeige zu erstatten, und von dem Schularzte m
der oben angegebenen Weise Nachschau zu halten, wenn kurz nacheinander
oder miteinander gehäufte Fälle dieser Krankheit vorkommen.
Das Auftreten von Genickkrampf ist in jedem einzelnen Falle von
dem Lehrer zur Anzeige zu bringen.
Kinder, welche eine der obengenannten Krankheiten durchgemacht
haben, dürfen nach den Ministerialentschliefsungen vom 15. Februar 1844,
16. Januar 1867 und 8. Juni 1875 zum Besuch der Schule erst dann
wieder zugelassen werden, wenn durch ein ärztliches Zeugnis bestätigt wird,
dafs die Wiederaufnahme in die Schule ohne Gefährdung der andern fijnder
erfolgen kann. Nach der Regierungsentschliefsung vom 22. März 1903
hat das Zeugnis im Falle von Scharlach die vollständige Beendigung der
Abschuppung am ganzen Körper, im Falle von Keuchhusten das Aufhören
der krampfhaften Hustenanfälle zu bestätigen. Dieses Zeugnis ist, wenn
ein anderes ärztliches Zeugnis nicht vorgelegt werden kann, von dem Schal-
arzte auszustellen.
§ 12. Massenuntersuchungen von Schulkindern zum Zwecke wissen-
schaftlicher Fragen dürfen die Schulärzte nur dann vornehmen, wenn der
Magistrat im Benehmen mit dem Kgl. Bezirksarzte und der Kgl. Lokal-
schulkommission die Erlaubnis dazu erteilt hat.
§ leS. Den Schulärzten steht nicht das Recht zu, selbständig Wei-
sungen zu erteilen. Jedoch sind sie verpflichtet, auf die von ihnen etwa
wahrgenommenen Mängel in bezug auf die gesundheitlichen Zustände nnd
Einrichtungen der Schulräume die Inspektoren, Oberlehrer, Lehrer nnd
Hausmeister sofort aufmerksam zu machen. Ebenso haben sie über Wünsche
oder Beschwerden, die ihnen bei ihren Besuchen in den Schulen hinsichtlich
der Gesundheitsverhältnisse derselben vorgetragen werden, sowie über
etwaige von ihnen selbst beobachtete Mifsstände alsbald an den Magistrat
zu berichten.
§ 14. Die Schulärzte sind femer verpflichtet, an den unter Zuziehung
des Kgl. Bezirksarztes in der Regel dreimal im Jahre vom städtischen
Schulrate einzuberufenden Sitzungen, bei welchen Fragen der Schulgesund-
heitspflege und insbesondere die bei den Besuchen in den Schulen ge-
machten Wahrnehmungen zur Besprechung kommen, regelmäßig teil-
zunehmen.
i
909 267
Femer haben sie auf Einladung zu den Sitzungen der Kgl. Schul-
inspektionen zu erscheinen. Sie nehmen an denselben mit beratender
Stimme teil.
§ 15. Am Ende jedes Schuljahres, und zwar spätestens bis zum
1. September, haben die Schulärzte einen schriftlichen Bericht über ihre
Tätigkeit an den Magistrat zu erstatten. Derselbe soll enthalten :
1. die Zahl der ordentlichen und aufserordentlichen Besuche in den
Klassen der ihnen zugeteilten Schulen;
2. eine übersichtliche Zusammenstellung der Zahl der im regelmäfsigen
Verfahren untersuchten Kinder und der Ergebnisse der Untersuchungen,
ausgeschieden nach den einzelnen Jahrgängen;
3. desgleichen eine Zusammenstellung der Zahl der aus besonderen An-
lässen untersuchten Kinder in den genannten Schulen, Anstalten und
im Hause, sowie der Ergebnisse derselben;
4. die Zahl der ausgestellten schulärztlichen Zeugnisse;
5. die Zahl der an das Elternhaus übersandten Mitteilungen;
6. die Zahl der unter ärztlicher Überwachung stehenden Schulkinder;
7. kurze Angabe der gestellten Anträge;
8. etwaige allgemeine Bemerkungen.
Auf Grund der von den einzelnen Schulärzten erstatteten Jahresberichte
wird ein Gesamtbericht verfafst, für welchen ein mit dieser Aufgabe ständig
betrauter Arzt gegen besondere Vergütung den rein ärztlichen Teil, ins-
besondere eine übersichtliche Darstellung des Ergebnisses der an den
Kindern vorgenommenen Untersuchungen zu bearbeiten hat.
§ 16. Die ärztliche Behandlung der untersuchten Schulkinder gehört
nicht zur Aufgabe des Schularztes.
§ 17. Über die amtlichen Vorkommnisse haben die Schulärzte ein
Tagebuch zu führen, welches samt allen amtlichen Schriftstücken auf-
zubewahren ist. Die von ihnen gemachten Aufzeichnungen sind als amt-
liche Aktenstücke und daher als Eigentum des Magistrats zu erachten. Sie
sind von jedem Schularzt aufzubewahren und gehen im Falle seines Rück-
tritts auf seinen Nachfolger über.
§ 18. Ist ein Schularj^t während des Schuljahres veranlafst, seine
Tätigkeit vorübergehend zu unterbrechen, so hat er bei dem Magistrat
rechtzeitig um Urlaub nachzusuchen.
In dem Urlaubsgesuche ist anzugeben, welcher von den andern Schul-
ärzten für die Dauer des Urlaubs die Stellvertretung übernimmt.
§ 19. Die Schulärzte werden von dem Magistrat auf je drei Jahre
angesteUt, unbeschadet der beiden Teilen jederzeit zustehenden dreimonat-
lichen Kündigung. Sie können jedoch nach Ablauf dieser Frist wieder
aufs neue aufgestellt werden.
Nürnberg, den 1. Dezember 1903.
Stadtmagistrat.
Dr. VON Schuh.
258 910
Personalyerzeichnis der Scbolärzte des Deutschen Reiches.
(Schlufs.)
Leipzig.
Siegel, Dr., Stadtbezirksarzt, Ober-Medizinalrat als Leiter dee Schularzt-
Wesens. — Bärwinkel, Dr. Friedr. — Beelitz, Dr. Oswald. — Benecke,
Dr. Friedr. Wilh. — Götz, Dr. Ferd. — Grosse, Dr. Paul. — Heyde, Dr.
Aug. — Kleinknecht, Dr. Hilmar. — Klemm, Dr. Ed. £ud. — Kloberg,
Dr. Phil, — Kohl, Dr. Friedr. — Krappe, Dr. Karl. — Lange, Dr. J. —
Langerhans, Dr. Ernst. — Lohse, Dr. Christ., Sanitätsrat. — Meyer, Dr.
Wilh. — Thiersoh, Dr. Justus. — Thimann, Dr. Otto. — Tsohäohe, Dr.
Otto. — Winkler, Dr. Ed.
Liebtenber;; (Reg.-Bez. Potsdam).
Brookmann, Dr. Heinr. — Eichstädt, Dr. Job. — Seeger, Dr. Max.
Lobbericb (Reg.-Bez. Düsseldorf).
Hennes, Dr. Anton. — Kessel, Dr. Frz. — Kömstedt, Dr. Karl,
Sanitätsrat.
LSbtan bei Dresden.
Dufeldt, Dr. Ernst. — Ebeling, Dr. Karl. — Langer, Dr. Hugo.
— Quenzel, Dr. Bobert. — Treiber, Dr. Karl.
Magdeburg.
Strafsner, Dr., Stadtarzt, Medizinalrat, Leiter des Schnlarztwesens. —
Baatz, Dr. Max. — Danckworth, Dr. Paul. — Drescher, Dr. Emil. —
Förster, Dr. Herrn. — Gremse, Dr. Bad. — Kämpf, Dr. Wilh. — Kohler,
Dr. P. — Martin, Dr. Herrn. — Müller, Dr. — Neubauer, Dr. Walter.
— Bosenthal, Dr. Ernst. — Rudolf, Dr. Otto. — Büder, Dr. Wilh. —
Schmidt, Dr., Altstadt. — Schmidt, Dr., Sadenbnrg. — Schröter, Dr.
Herrn. — Schwartzkopf, Dr. Ericb. — Sepp, Dr. Herm. — Therig, Dr.
Eduard. — Wendorf, Dr. Emil. — Wenzel, Dr. Gg. — Wiesenthal, Dr.
P. — Wolfrom, Dr.
Haistatt- Bnrbaeh (Reg.-Bez. Trier).
Esser, Dr. Gust. — Hefs, Dr. Vict. — Staudaoher, Dr. Karl.
Meiderich (Reg.-Bez. Düsseldorf).
Hecker, Dr. Karl. — Lengeling, Dr. Heinr. — Pajenkamp, Dr.
Wilh. — Paschen, Dr. Dietr. — Struck, Dr. Fritz. — Tilmann, Dr.
Heinr.
Herzegtnm Saehsen-MeiDingeii.
Meiningeil, Stadt: Leubuseber, Dr., Prof., Reg.- u. Medizinalrat. —
Frey bürg, Dr., Physikus. — Schmidtmann, Dr., Sanitfitsrat. — Johannea,
Dr. — Bossart, Dr., in Lichte (Schwarzbg.-Rudolst.X fnr einige Grenxorie.
Breitangen: Postler, Dr. Ernst.
Behmngen: Ihmels, Dr. Ludwig.
911 269
Oambnrg: Grobe, Dr. Jal.
Eisfeld: Deipser, Dr. Anton, Physikus.
Qleicherwiesen: Schultz, Dr. Hans.
Oräfentlial : Schöningh, Dr., Physikas.
Heldbnrg: Gernert, Dr. Rob.
Hildburghansen: Berthot, Dr., Physikus.
Httttensteinach: Simon, Dr.
Jttchsen: Brehme, Dr. Gg.
Lanscha: Eckardt, Dr. Otto.
Lebesten: Peets, Dr.
Llebenstein : Müller, Dr.
Mengersgerenth: Rnewels, Dr. Friedr.
Pöfsneck: Körner, Dr. Emil.
Banenstein: Florschntz, Dr.
Bömbild: Bonn, Dr. Ernst.
Saalfeld: Helmkampf, Dr., Physikus u. Sanitätsrat. — Schulz, Dr. Yict
Salzangen: Wagner, Dr., Geh. Medizinalrat, Physikus.
Scbalkan: Werner, Dr., Physikus.
Sonneberg: Haufs, Dr. Bruno. — Hof mann, Dr. Gust. — Kreifs-
mann, Dr., Physikus.
Steinacb: Bohlen, Dr. Heinr.
Themar: Schmitz, Dr. Franz.
Untermafsfeld: Schaubach, Dr.
Untemenbrunn: Koppenhagen, Dr. Benno.
Walldorf: Glück, Dr. Ernst.
Wasnngen: Wegener, Dr., Physikus.
Wemshausen: Simon, Dr. Karl.
Heifsen i. Saebs.
y. Keller, Dr.
Mfilhansen i. Eis«
Sachs, Dr. Willi, Obmann. — Dreyfufs, Dr. Renatus. — Epstein,
Dr. Berthold. — Freund, Dr. — Ginglinger, Dr. Josef. — Günzburger,
Dr. — Jacob, Dr. Max. — Müller, Dr. Otto. — Sachs, Dr. Alfred. —
Will, Dr.
Spezialärzte: Ostermann, Dr., Augenarzt. — Kleinmann, Dr., Ohrenarzt.
Mfilbeim a. Ruhr.
Marx, Dr. Heinr., Medizinalrat. — y. Eicken, Dr. Emil.
Neufs (Beg.-Bez. Düsseldorf).
Goder, Dr. Johann. — Kehren, Dr. Ludwig.
Neuweifsensee bei Berlin.
Grünau, Dr. Wilhelm.
Nienburg a. W. (Beg.-Bez. Hannover).
Picht, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt
Nordbausen (Beg.-Bez. Erfurt).
Forstmann, Dr. Paul. — Willecke, Dr. Frans.
260 912
Nfirnberg.
Bändel, Dr. Theodor. — Bernett, Dr. Wilh. — ßurkhardt, Dr. Paul.
— von Ebner, Dr. Wilh. — Frankenbnrger, Dr. Alexander. — Klingel,
Dr. Philipp. — Marx, Dr. Albert. — llatthäus, Dr. Johannes. — Ranninger,
Dr. Wilh. — Rothmaun, Dr. Gast. — Schmidt, Dr. Wolfgang. — Stein-
hard, Dr. Ignatz. — Sturm, Dr. Jac. — Welzel, Dr. Karl. — Zahn,
Dr. Georg.
Oberbauseil (Reg.-Bez. Düsseldorf).
Beckmann, Dr. Heinr. — Bässen, Dr. Eeinr. — Dehnert, Dr. Augast.
— Gockel, Dr. Konrad. — Junckermann, Dr. Friedr. — Legrand, Dr. Jos.
OberscbSDweide bei Berlin.
£llerhorst, Dr. Beruh. — Lempke, Dr. Heinr.
Obligs (Eteg.-Bez. Düsseldorf).
Burdach, Dr. — Koch, Dr. Wilh. — Koeppern, Dr. Heinr. —
Koller, Dr. Karl. — Menzzer, Dr. Karl. — Orthmann, Dr. Daniel. —
Thomas haff, Dr. Fritz.
Offenbacb a« M.
Zinleer, Dr., Kreisassistenzarzt, „Vertreter der Schulärzte". — Grein,
Dr. Ernst, Kreisassistenzarzt. — Feibusoh, Dr. Rob. — Klein, Dr. Theod.
— Weifsgerber, Dr. Karl.
Als Spezialärzte: Wettlaufe r, Dr., Augenarzt. — Wolpe, Simon,
Zahnarzt.
Für den Landkreis mit 33 Gemeinden:
Zinfser, Dr., Kreisassistenzarzt.
Oppenbeim, Kreis,
mit den Städten Oppenheim, Nierstein und Bodenbeim.
Stigell, Dr. Herm., Kreisarzt.
Osnabriek.
Thiemann, Dr. H.
Pankow.
Schäfer, Dr., Sanitätsrat.
Planen.
Dillner, Dr. Franz, Qeh. Sanitätsrat. — KÖnigsdorffer, Dr. Hans. —
Schinze, Dr. Reinhard.
Posen.
Calvarj, Dr. Max. — Krysiewicz, Dr. Boleslaw. — Landsberg, Dr.
Max. — Laschke, Dr. Rieh. — Michalski, Dr. Stefan. — Rilke, Dr. Otto.
Als Spezialärzte: Pincus, Dr. Oskar, Augenarzt.«^ Kassel, Dr. Karl,
Ohrenarzt.
Qnedlinbnrg.
Kahleyfs, Dr. — Strokorb, Dr. Wilh. — Steinbrück, Dr. Otto.
Batibor.
Bloch, Dr. Paul, zugleich als Spezialarzt für Augenkrankheiten. —
Gierich, Dr. Rieh.
9 13 261
Beeklinghaasen.
Dreck er, Dr. Bud., Geh. Saoitätsrat a. Ereisphysikua. — Schultz, Dr. A.
— Frentrop, Dr. Karl, in Beoklinghaasen-Brach. — labrack, Dr. Joh., in
RecklinghauBen-Bmch. — Veitmann, Dr. Bernh., in Becklinghaasen-Bmch.
Beiehenbach i. Yoif^l.
Unglaub, Dr. Heinrich.
Reinickendorf (Reg.-Bez. Potsdam).
Hüttner, Dr. — Salomon, Dr.
Remscheid.
Arnoldi, Dr. Beinhold, Sanitfitsrat, Obmann. — Dahlhaus, Dr. Paal.
— Hofmann, Dr. Rnd. — Leder er, Dr. Theod. — Leo, Dr. Alfr. — Lü-
decke, Dr. Martin. — Münch, Dr. — Pnmplun, Dr. Emil. — Richter,
Dr. Karl, Kreisarzt. — v. Sassen, Dr. Otto.
Als Spezialarzt: Eottenhahn, Dr. Hermann, Augen- u. Ohrenarzt.
Riegelsberg (Reg.-Bez. Trier, Kreis SaarbrüokeD).
Keipert, Dr. Anton, in Heusweiler. — Tewes, Dr., in Buchenschachau.
Rinteln (Reg.-Bez. Kassel).
Koch, Dr. Emil, SanitStsrat.
Rybnik (Oberschlesien).
Siegel, Dr. Paul. — Silberberg, Dr. Nathan.
Saarbrflcken.
Bickelmann, Dr. Albert.
Saarlonis.
Hesse, Dr.
Schleswig.
Hell, Dr. Paul.
SchSneberg.
Bohnstedt, Dr. Paul, Obmann. — Buttmann, Dr. M. — Goldfeld,
Dr. Victor. — Hüls, Dr. Peter. — flügge, Dr. Hans. — Schönfeld, Dr.
Richard.
Senftenberg (Prov. Brandenburg, Reg.-Bez. Frankfurt a. 0.).
Herd t mann, Dr. Paul.
Solingen (Eteg.-Bez. Düsseldorf).
Büren, Dr. Ernst. — Schemm, Dr. Frz. — Wentzel, Dr. Rob.
Spandan«
Jan icke, Dr., Medizinalrat, Kreisarzt.
Steglitz bei Berlin.
Heidenhain, Dr.
Stettin«
Bethe, Dr. Ed. Ernst Just., Sanitatsrat. — Freund, Dr. Ludw. —
Fröhlich, Dr. W. — Jahn, Dr. Paul Emil Otto. — Lehmann, Dr. Rob.
Heinr. Joh. — Leitz, Dr. — Lewerenz, Dr. Arthur. — Malkewitz, Dr.
Ernst Friedr. Emil. — Muehl, Dr. Oust Herrn. — Wilkerling, Dr. Hart.
Job. — Spedalarzte f. Augen- u. Ohrenkrankh. : Mürau, Dr. Ernst. — Roth-
holz, Dr. Herm.
Der Sehtdarit. L 29
262 914
Stolberg (Landbez. Aaohen).
Hanfsen, Dr. Jnl. — Joriasen, Dr. Felix. — Bodenwald, Dr. Bnst.
— Schmitz, Dr. Joh. — Wachendorf, Dr. Theod.
Strafsbarg i. Eh.
Belin, Dr. Karl. — Holtzmann, Dr. Alfons. — Schlesinger, Dr.
Sagen.
TilBit.
Nnr für die Hilfsklasse besteht ein Schularzt (Name ?).
Trier.
Heddfius, Dr. A. — Losen, Dr. Adolf. — Schlofs, Dr. Otto.
Üekendorf (Kreis Gelaenkirchen in Westfalen).
Wirth, Dr. Rob.
Wald (Beg.-Bez. Düsseldorf).
Decker, Dr. Hermann. — Stratmann, Dr. A., Sanit&tsrat.
Weimar.
Kreifs, Dr. Theodor. — Münzel, Dr. Ed.
Wesel (Reg.-Bez. Düsseldorf).
Lahr, Dr. Max. — Pooth, Dr. Wilh.
Wiesbaden.
Guntz, Dr., Obmann. — König, Dr. Alb., Ereisassistenzarzt. — Lngen-
bühl, Dr. EmiL — Pagenstecher, Dr. — Schaffner, Alex. — Schulz,
Dr. Ferd. — Stricker, Dr. Aug.
Witten (Reg.-Bez. Arnsberg).
Bö he im er, Dr. Adolf.
Worms.
Fresenius, Dr. Otto, Kreisassistenzarzt. — Lutz, Dr. Ernst — Baiser,
Dr. Theod.
Für den Landbezirk:
Fresenius, Dr. Otto, Ereisassistenzarzt.
Zeitz (Reg.-Bez. Mersebnrg).
Langenberg, Dr. Adam, Sanitätsrat. — Stumpf, Dr. Paul
Zittau.
ühlig, Dr. Otto.
Zwickau.
Keller, Dr. Eurt. ~ Pieper, Dr. — Schäfsler, Dr. Karl.
Nachtrag.
Bautzen.
Neu mann, Dr. Ernst Bichard.
Euer (Reg.-Bez. Münster).
Lehmkuhl, Dr. Bioh., in Buer — Beckmann, Dr. Franz, in Beck-
hausen. — Lubbesmeyer, Dr. Albert, in Erle bei Buer. — Teubner,*Dr.
Fhtns, in Erle bei Buer. Terwey, Dr. Joseph, in Besse bei Buer.
Zeitsehrift fOr Schnlgesimdheitspflege.
Sachregister.
abnorme, anormale £inder, vide
Schwachbegabte, Schwachsinnige.
Aborte 498. 538, vgl. Bedarfnisanstalten.
Abstinente Studenten in Tübingen 83,
in Heidelberg 180.
Alkohol, Aufiiahme von belehrenden
Aufsätzen in Lesebucher 584.
— und Schule 104. 572.
Alkoholgenuls, Belehrung der Schul-
kinder über den Schaden 584.
— Gefahr, und Aufgabe der Schule
bei der Bekämpfung 714.
— der Mütter, und dessen Einfluls auf
die Kinder 685.
Alkoholismus, Bekämpfung durch die
Schule (Leitsätze) 248. 7d3.
— Bekämpfung durch die staatlichen
Unterricnts- und Erziehungsanstalten
189.
— Erziehung und Schule im Kampfe
dagegen 187.
— IX. internationaler Kongrefs zur
Bekämpfung in Bremen 246.
Antialkoholismus, Unterricht über 34.
Aprosechia nasalis bei Schulkindern 7.
Arbeitsplätze in Schulen , Messung der
Helligkeit 100.
Arbeitssanatorium 38. .
Auge, Gesundheitspflege des, nebst fiat-
geber zur Berufswahl für Augen-
kranke 509.
— und Kunst in der Schule 438.
— Verletzungen und Sohultinte 583.
Augen« Erkrankungen der 77.
Augenärzte für die Schule, Notwendig-
keit der Anstellung 881.
Augenärztlicher Standpunkt zum Hand-
arbeitsunterricht 211.
Sehalgesundheitspflege. XVL
Augenentzündungen, epidemische, in
Schulen 677.
Augenkranke Schulkinder in Posen 807.
Augenkrankheiten in New Yorker
Schulen 184.
Angenuntersuchungen an Schulen, zur
Förderung derselben in Amerika 715.
Ausbildung, hygienische, der Lehrer
179. 180.
Ausstellung über die Hygiene des
Kindesalters, Kleidung, Schul- und
ünterriohtswesens in St. Petersburg
716.
— internationale, für physische Er-
ziehung in Anvers 810.
Bade-Einrichtungen in den Liegnitzer
Schulen 714.
— und Erholungsaufenthalt, Segnungen
des 806.
— -Verhältnisse der Volkssohulkinder
in Greifewald 707, ygl. Schulbäder.
Bauart und Konstruktion des Schul-
gebäudes 225.
Bauplatz für Schulhäuser 219.
Bedürfnisanstalten der Schulen in Ber-
lin, Milsstände 498.
Begnadigung verurteilter Jugendlicher
112.
Beköstigung dürftiger Schulkinder in
Dresden 31.
Beleuchtung der Schulzimmer, natür-
liche 280, künstliche 284, elektrische,
vom sanitären Standpunkte aus 809.
Berliner Volksschulen, frequenzverhält-
nisse 30.
45
916
Bewagangsspiele and Sohultanmunter-
rioht 477. 481 (Madohentarnen).
Bildangsföhige Kinder, neue xürche-
rische Pflegeanstalt fSr 646.
Bleistifte, gefährliche 883.
Brausebad, das, und seine Wirkungen
408.
Coeduoation od.Ge8chleohtertrennung?
575.
]>eoken des Sohulsimmers 278.
Desinfektion Tön Büchern und Sohul-
heften in Wien 506.
— yon Sohulbiiohem 28.
— yon Schulbüchern in Bnffialo 102.
Diphtherie-Epidemie, Schulschlufs 187.
— Verbreitung durch Bleistifte 503.
Dürftige Schulkinder, Beköstigung in
Dresden 31.
Dustlessöl, Verwendung in Schul-
zimmem 302, s. FuXsbodenöle.
Elternabende 38.
Enthaltsamkeit, Denkschrift des Vereins
schweizerischer abstinenter Lehrer
407.
Entwicklung, körperliche, und Schul-
erfolg 1.
Erholungsstätten für Kinder in öster^
reich 179.
Erholungsstätte für kranke Kinder in
Wien 181.
Erholungs- und Feierabendhäuser für
Lehrerinnen in Österreich 644.
Erholungszeit im Freien und in der
FamiUe 473.
Ermüdung, Raumsinn der Haut und
MuskelleistungjBeziehungen zwischen
97.
Ermüdung der Schüler 592.
Erziehung, physische, internationale
Ausstellung für, in Anvers 310.
Erziehungsanstalten auf dem Lande
403.
Erziehungskongrels, erster hellenischer
in Athen 712.
Fähigkeitsgruppen in den Volksschulen
▼on Zürich 504.
Fenster, Vertikaischiebfenster für Scha-
len 182.
Ferien, Qieichlegung 309.
Ferienausflüge in Schöneberg 508.
Ferienausflüge in Hamburg 689.
Ferienkolonien für Studenten in Ungarn
30.
— in Hamburg 310.
— in Leipzig 578.
— in Basel 575.
— und Schulfahrten in Preufsen, Be-
günstigungen 716.
Ferien- und Stadfckolonien in Zwickau
494, in Waltershof (Hamburg) 690.
Ferien- Wohlfahrtsbestrebungen in Ham-
buiff 6C8.
Floricm-Fuisbodenöl 351.
Fortbildungskurs, hygienischer, für
Leiter und Lehrer höherer Lehr-
anstalten 179.
Fortbildungskurs für Mädchen, Preis-
aufgabe für die Errichtung 107.
Fragebogen über Schulanfänger 25. 407.
Frauen in Schulbehörden 187.
Frequenzverhältnisse der BerlinerVolks-
sohnlen 30.
Frühstück, freies, für VolkssohuUdnder
30a
FüTse, warme, in der Schule 347.
FuTsbekleidung, Wechsel in der Schule
579.
FuXsboden des Schulzimmers 277.
FuTsböden und Schulzimmer Kassels
401.
Fufsbodenöle, staubbindende, und ihre
Verwendung 302. 349. 562. 621.
änge im Schulgebäude 231.
— im Schulzimmer 461.
Gehörschwäche, unbewuTste, einseitige
497.
Geistige Arbeit, Verhalten bei 711.
Geistesschwache Kinder, Pflegeanatalt
in Zürich 407.
Geistig zurückgebliebene Kinder in
Berlin, Fürsorge für 806, Klassen für
885; ygl. Idioten, Schwachbegabte
und Schwachisnnige.
Gerichtshöfe zur Aburteilung von Kin-
dern 33.
Geschlechtertrennung oderCoeducation?
575.
Granulöse in den Volksschulen Ost-
preufsens 310.
Gröfse des Schulzimmers 274.
Gesundheit und. Erwerbsfähigkeit 504.
Gesundheitliche Überwachung der Schu-
len in Preufsen durch besondere
Schulärzte 804.
Gesundheitslehre, Vorträge über, in
höheren Lehranstalten 34.
— in der preufsischen Volksschule 143.
917
•Qesundheitspflege, Belehrunffen über
dieselbe in den Schulen 149.
— Öffentliche, Jahresvenammlang des
Deutschen Vereins für, in Dresden
186.
— Berücksichtigang im Unterricht 506.
— im Volksschalanterrioht 80.
— vgl. Hygiene.
Gtosnndheitsregeln für Soholkinder im
(iroisherzogtam Weimar 803.
QesandheitsYerhaltnisse and körperliche
Entwicklung derVolksschalkinder in
Dresden 806.
Gesundheitszustand, Fragebogen über
den, in Düsseldorf 407.
— der Schu^ugend. Hebung durch
Arst und Lelu'er 248.
— der Schulkinder, allgemeiner 76.
— der Schulkinder in Dresden 247.
Haar, Haarkrankheiten, ihre Bedeutung
und Haarpflege 718.
Haftpflicht der Lehrer 884.
— der Schulbehörde bei UnfiEdl 496.
— der Stadtgemeinde gegenüber Schul-
kindern in Berlin 247.
Halsdrüsen, geschwollene, bei Schul-
kindern 77.
Hand, linke, Bedeutung der Übung 178.
Handarbeitsunterricht, AugenärzÜicher
Standpunkt zum 211.
— für Mädchen, Beform des 401.
— in der 5. Mädchenklasse, Nichtein-
fuhrun^ in Glückstadt 505.
Hausarbeiten der Schulkinder, Protest
gegen 508.
Hauaufgaben, Wert und Stellung im
Erziehungs- und ünterrichtsplan der
Volksschulen 589.
HefUage und Sohriftrichtung 802.
Heizung des Schulzimmers 290.
Helligkeit, Messung der, von Arbeits-
plätzen 100.
Hilftklassen für schwachsinnige Kinder
im Haag 713.
Hilfsschule, Austausch von Schülern
zwischen den verschiedenen Klassen
883.
— Besonderheiten des Sachnnterrichtes
in der 393.
— Leitsätze für die Organisation 392.
— Organisation 193.
— Rechnen auf der Unterstufe der-
selben 387.
— Zwangsweise Zuführung der Kinder
zur 388.
HilfB8chulenDeutschlands,IV.Verbaijds-
tag in Mainz 186. 387, über die 642.
Hilftschulen für schwaohbefiUiigte Kin-
der 108. 811.
Hitzferien in Wien 897.
Hörfähigkeit der Schulkinder 240.
Hönrermögen, mangelhaftes, bei Schul-
kindern 77.
Hygiene des Schulhauses 74.
— des Schulkindes 76.
— des Stundenplans in Mittelschulen
639.
— des Unterrichts 72.
— des Unterrichtsplans 878.
— der Zähne, des Mundes in gesundem
und krankem Zustande 811.
Hygienische Ausbildung der Lehrer 180.
Hygienischer Fortbildungskurs für
Leiter und Lehrer höherer Lehr-
anstalten 179.
Hygienischer Unterricht in der Schule
485.
an den Lehrerseminarien 18.
für Lehrer 108.
Idiotie, die verschiedenen Formen,
vom therapeutischen und prophylak-
tischen Standpunkte 394.
Idiotenpflege in der Schweiz 788.
Idiotenwesen, IV. Schweiz. Konferenz
für, in Luzem 788.
Jugendferienhort in Zürich 505.
Jugendfürsorge, verschiedene Formen
von, in Duisburg 175.
— in Breslau 108.
Jugendliche Verurteilte, Begnadigung
derselben 112.
Jugendspiele, Pflege der 21.
Jugendspielplatz in Leipa 21.
Jugend- und Volksspiele, Zweck, Natur,
Ausführung und Mittel zur Ver-
breitung der 488; vgl. Volksspiele.
Karre, die, ein Feind der Kinder-
gesundheit 101.
Keuchhusten 587.
Kinderarbeit in Amerika 81.
— Gesetz, betreffend die, in Deutsch-
land 245. 646.
— Neues Gesetz gegen die, in Nord-
amerika 410.
Kinderausbeutung, gegen die industrielle
643.
— in Schweden 184.
Kinderbrausebad 33.
Kinderelend 38.
Kinderheilstätten, Erfolge der Ham-
burger 300.
45*
918
Kindenanatorien in Bed Bank 580, in
Kopenhagen 31.
Kindervolksköchen in Berlin 31.
Klassenwanderungen, Ausdehnung der-
selben 572.
Kleiderablagen im Sohulgebände 233.
Kleidung junger Mädchen 414. 588.
Kleidung und Schule 488.
Knabenhandarbeitsunterricht, Stellung
des, imErziehungswesenDeutschlands
und anderer Länder 794.
Kohlenoxydvergiftung 103.
Körperhaltungen, normale 893.
Körperpflege, Hebung der, in den
Mädchenvolksschulen 499.
Körperliche Entwicklung und Qesund-
heitsverhältnisse in den Volksschulen
Dresdens 306.
Körperliche Entwicklung und Schul-
erfolg 1.
Körperliche Erziehung in England,
Mängel 577.
Körperliche Erziehung und Schule in
Schottland 495.
Körperlich minderwertige Kinder, Er-
ziehunpr von, in London 709.
Krankheiten, venerische, Bedeutung
der Erziehung und Belehrung 102.
Kränkliche Schulkinder in Posen« Für-
sorge für 241.
Kreisärzte und Schulhygiene 194.
Kreisschulinspektion 882.
Krüppelheim in Holland 708.
Ijandau, Richard, f 712.
Landeserziehungsheim Glarisegg 635.
Landeserziehungsheime 404.
— gegen die Tuberkulose 770.
Läusesucht, Bekämpfung in Zürich 34.
Lehrer, hygienische Ausbildung 179.
180.
— hygienische Unterrichtskurse für 108.
-- Nervosität der 626. 696. 776.
Lehrerinnen, Sehstöruogen bei 708.
Lehrerkrankheiten 590.
Lehrerschaft, Stellung der, an Spezial-
klassen für Schwachbegabte 791.
Lehrerwohnungen und Schulgebäude
zu Anfang des 19. Jahrhunderts 184.
Lehrplan, Lehrstoffe und Lebrziele 466.
— der höheren Schulen in Beziehung
zur ünterrichtshygiene 466.
Lehrstoff, Eteduktion des, in den Primar-
schulen Qraubündens 189.
Leibesübungen auf den Hochschulen 236.
^— besondere für engbrüstige Kinder
494.
— und Schultumunterricht 139.
Lichtlinien der Schreibhefte, sanitäre
Bedeutung 508.
Linke Hand, Bedeutung der Übung
derselben 178.
Londoner Volksschulkinder, Lage} der
586.
Lungenheilstätte für Lehrer und Lehre-
rinnen 29.
Mädchen, Zulassung in Gvmnasien,
Bealjpfymnasien und Realschulen 33.
— Aumahme in das kantonale Gym-
nasium in Zürich 308.
Mädchen- Lehr- und Erziehungsinstitut,
neues, in München 804.
Mädchenturnen 184. 482.
Maturitätsprüfungen an den oster-
reichischen Mittelschulen 500.
Medizinisch-pädagogisches Institut 398.
Milchkuren, Reorganisation in Zürich
406.
Mittellose Schulkinder, Fürsorge fSr 27.
Nachmittagsunterricht, Stundenvertei-
lung 471.
Naharbeit, Schädlichkeit der 213.
Nationalkonvikt in Tivoli, schnlhygie-
nisch beleuchtet 849.
Nervöse und nervös beanlagte Kinder,
deren Erziehung 415.
Nervöse Schulkinder 37.
Nervosität, Anzeichen des Beginnes in
den Schularbeiten der Kinder 895.
— der Lehrer, zur Statistik der 626.
696. 776.
Neurasthenie, Wesen, Heilnngy Vor-
beugung 717.
Nicht vollsinnige Kinder, Gesetz, be-
treffend Erziehung und Unterricht 34.
Ohrenkrankheiten bei Schulkindern in
England 243.
— und tuberkulöse Belastung bei Schul-
kindern 105.
Ohrenuntersnchungen in der Dorfschule
654.
— in der Volksschule 637.
Opposition der Architekten und Bau-
beamten gegen die Schulärzte 71.
— der Ärzte gegen die Schulärzte 69.
— der Lehrer gegen die Schulärzte 67.
Orientierung des Schulhauses 223.
Orthopädische Apparate, kritiklose An-
wendung bei Kückgratsverkrümmun-
gen 303.
919
OrthopädisclieÜbaDgenftm k. k.0fißzier8-
töchter-Ersdehungsinstitut in Hemals-
Wien 27.
Parallelklassen 380.
Pathologie, pädagogische, im Seminar-
unterricht 115.
Photometrie, relative Studien zur 252.
Pflegeanstalt für geistesschwache Kin-
der 407.
Pflegepersonal, weibliches, für die Schule
in London 248.
Pflegeschwestem an öffentlichenSchulen
in New York und Brooklyn 248.
Poliklinik, zahnärztliche, in Darmstadt
34.
Pocken, SchulschluTs in Edinboro 309.
Posen, traurige Schulzustände in 29.
Prüfungswesen und Entlassungsprüfun-
gen, gegen die 401.
Quebec, Schlechte Schulverhältnisse in
188.
Rachentonsillen, geschwollene bei
Schulkindern 77.
Bachitis bei Schulkindern 77.
Rauchen der Schulkinder 183: Tgl.
Tabakrauchen.
Rechnen, das, auf der Unterstufe der
Hilfsschule 387.
Reduktion des Lehrstoffes in den Primar-
schulen des Kantons Qraubünden 189.
Reinhaltung der Schulen in Nor-
wegen 16.
Reinigung der Schulzimmer 82.
— bequeme, der Schulzimmer 885.
— der Schulhäuser, Beseitigung der
Mithüfe der Kinder 249.
— der städtischen Schulen in Berlin
501.
— der Volksscbulklassen 441. 545.
— und Kehren der Schulzimmer, Ver-
wendung von Kindern bei 642.
Revaccination der Schulkinder in Mäh-
ren 886.
Rückgratsverkrümmungen, kritiklose
A n Wendung von orthopädischen Appa-
raten 303.
&(anatorien, vgl. Kindersanatorien.
Scharlachepidemie in Boston 309,
Schleppe in der Schule, gegen die 242.
Sohoolhouse, Little Red Evolution of
718.
Schularbeiten, beginnende Nervosität
bei den 395.
Schulanfang und Schlafzeit 478.
SchulanfSnge, Fragebogen Aber 25.
Schularzt, Aufgaben desselben 72.
— Aufruf eines an die Lehrer 804.
— in Rostock 63. 153.
— und Elternhaus 799.
Schularzteinrichtung in Wiesbaden 757.
Schularztfrage, zur 298.
SchularztinstitutioD, Entwicklung in
Deutschland 153.
— in Deutschland 63.
Schnlarztstellen, JE weckmäfsige Einrich-
tung in Städten mittlerer Grofse
756 856.
Schulärzte, Bestimmungen der Dienst-
anweisungen 758.
Schulärzte in Berlin 308.
— in höheren Lehranstalten 155.
— deren Notwendigkeit 19.
— eigenartige Begründung der Not-
wendigkeit 181.
— Opposition gegen die, der Archi-
tekten und Baubeamten 71; der Ärzte
69, der Lehrer 67.
— Statistisches über Gehalt, Zahl der
zugewiesenen Kinder usw. 156.
— Vorbildung der 158.
— Vorschläge für Anstellung derselben
in Rostock 162.
— Zahl der, in einzelnen Städten und
Gehalt 865.
— und Lehrer der Hygiene in Ungarn
878.
Schulärztliche Untersuchungen, neueste,
in Berlin 505.
Schulaugenärzte, Notwendigkeit der An-
stellung 881.
Schulbad in Gera 309.
Schulbadestunde, eine 800.
Schulbäder 632.
— in Landschulhäusern 713.
— in Posen 578.
— und Volksbäder In Holland 95.
— vgl. Schulbrausebäder, Brausebad,
Kinderschulbad.
Schulbank, Hygiene der 190.
— „Nürnberger" und „Rettig^ - Bank
88. 92.
Schulbanksysteme, praktischer Wert
189
Schulbänke 448.
Schulbesuch, allzu früher, und seine
schädlichen Folgen 106.
Schulbrausebäder, Benutzung in Plauen
und Glauchau 303.
Schulbrunnen, Wasseruntersuchung 504.
Schulbücher, Desinfektion 28.
— Desinfektion in Buffalo 102.
920
Solmlelend, preuünsoheB 883.
Schalerfolg uud körperliche Entwick-
lung 1.
SchulerziehuDg, deutsche und englische
487.
Schulfahrten und Ferienkolonien in
Preufsen, Vergünstigungen 716.
Schulgebäude, das, Bauart und Kon-
struktion 225.
— Orientierung des 223.
— und seine Einrichtung in Frank-
reich und Eisafs - Lothringen 217.
273. 448. 535.
— das neue Beal-, in Sonneberg 715.
— Eliminierung gesundheitsschädlicher
Einflüsse 498.
— Erhebungen über die, in Freu Ilsen
715.
— Verteilung der einzelnen Räume
273.
— und Lehrerwohnungeu zu Anfang
des 19. Jahrhunderts 184.
Schulgesundheitspflege, Ausstellungen
in Dresden 248, in Paris 411.
— ein Beitrag zur 751.
— Fortschritte in Braun schweig 240.
— Gemeingut der Schule 10.
— Jahresversammlung, IV., des AUg.
Deutschen Vereins uir, in Bonn 405.
463.
— Eongreis, I. internationaler für 644.
— in Oberfranken 247.
— Schweizerische Qesellschaft für 187;
Jahresversammlung, IV., derselben
in Schaffhausen 632.
— Vorträge im Berliner Verein für 248.
Schulhäuser, ländliche, Bau und Ein-
richtung 249.
Schulhefte, Beschaffenheit 588.
Schulhöfe, zweckmäfsiger Belag der-
selben 803.
Schulhygiene, Ferienkurs über, in
Greifswald 246.
— Internationaler Eongreis für, Ver-
anstaltung 500, Aufruf zur Gründung
580, Tagesordnung des Nürnberger
887.
— und Ereisärzte 194.
— Tätigkeit der Medizinalbeamten aui
dem Gebiete der 569.
Schulhygienisoher Unterricht in den
V. St. von Nordamerika 262.
Schulhygienische Versammlung der
Ärzte und Lehrer der Moskauer
Landschaft 188.
— Vorlesungen in Hamburg 712.
— Vorschriften in der Schweiz 116.
Schulkinder, aus dem Armenetat ent-
lassene, Fürsorge für, imEantonBem
246.
Sohulklassen, kleine 615.
Schulkopfweh, neue Untersuchungen
über 405.
Sohulküchen in Genf 27.
Schulmisere in Rizdorf 188.
Schulmuseum in Wien 36.
Schulpantoffeln in Amsterdam 581.
Sohulpavillons, transportable, in Berlin
805.
Schulpausen in Minden 586.
Schulranzen, zugunsten des 246.
Schulstätten der Zukunft 892.
Sohulstaub, gegen den 309.
— der Eanipf mit dem 309.
Schultinte, Gefährlichkeit 81.
— und Verletzungen des Auges 538.
Schulturnen u. freie Leibesübungen 139.
Schulturnunterricht und Bewegungs-
spiele 477.
Schulverhältnisse, schlechte, im Staate
Quebec 188.
Schul Versäumnisse, Ausfertigung ärzt-
licher Zeugnisse zur Begründung von
890.
-- Statistik der 165.
Schulwanderungen, freie Fahrt für 712.
Schulwesen in St. Louis 809.
Schulzahnklinik, städtische, in Stras-
burg 32.
Schulzahnkliniken, städtische 58.
Schulzeit, tägliche, Initiativbegehren
auf Reduktion in Obwalden 246.
Schulzimmer, Grofse 274.
— FuÜBboden der 277.
— Wände und Decken der 278.
— Türen der 279.
— Beleuchtung der 280.
— Ventilation der 285.
— Heizung der 290.
Schulzustände, traurige, in Posen 29.
Schutzhalle auf dem Schulhofe 109.
Schwachbegabte Eind, das, im Hause
und in der Schule 390.
Schwachbegabte Einder, Hilfsschulen
für 811.
Schwachbefähigte Einder, Fürsorge für,
in Charlottenburg 311.
— Hilfsschule far 108.
— in New Yorker Schulen 241.
Schwächliche, schulentlassene Einder,
Sommerpflege für 718.
Schwachsinn bei Eindem, seine ana-
tomischen Grundlagen, seine Ursachen
und seine Verhütung 789.
Schwachsinnige Einder, Berücksichti-
gung der, im bürgerlichen und öffent-
lichen Recht des Deutschen Reiches
891.
— Bildungsanstalten für, in St. Gallen
246.
921
Schwachsmnige Kinder, Eniehung 181.
— Fürsorge rar. in Bayern 500.
— Fürsorge für, nach ihrem Austritt
aus der Anstalt bezw. Spezialklassen
792.
— Hilfsklassen für, im Haag 713.
— Unterricht und Erziehung 289.
Schwerhörigkeit der Schulkinder, Be-
dürfnis naohbezüglichenUntersuohnn-
Sen 882.
Wimmunterricht für Hamburger
Volksschüler 179.
Seelisch Belastete, Erziehung und Be-
handlung in Haus und Schule 414.
Sehschärfe, Beeinflussung durch die
Farbe künstlicher Lichtquellen 814.
Sehstörungen der Lehrerinnen, Häufig-
keit der 708.
Sexualhygienische Unterweisung der
Fortbildnngsschüler 586.
Skoliose bei Schulkindern 77.
Skoliose und Schule 475.
Skrophulöse Schulkinder in Stralsburg
247.
Sommerpflege für schwächliche, schul-
entlassene Kinder 713.
Sommerschulferien, Verlegung der, in
Wien 396.
Sommerwohnungen für arme Kinder
in Brooklyn 308.
Speisung von Schulkindern in Nürnberg
405.
Spezialklassen für Schwachbegabte,
Stellung der Lehrerschaft an den 791.
Spielen der Kinder in öffentlichen
Qartenanlagen, Verbot des 408.
Spielräume, geschützte 241.
Sprachpflege in den Nebenklassen 24.
Spucknäpfe, hygienische, in Wiener
Schulen 108.
Sputnmbeseitigung in der Schule 496.
Staatsexamen, zahnärztliche, histologi-
sche und osteologische 39.
Stadtkinder, Unterbringung auf dem
Lande 885.
Stammlerkurse in Düsseldorf 882.
Statistische Erhebungen in höheren
Schulen 795.
Steilschrift in Italien (scrittura diritta)
653.
— in den Schulen Kroatiens und Sla-
Yoniens 308.
— Verhältnis der Lehrer zur 399.
Stimmlosigkeit, hysterische, bei einem
Kinde 29.
Stottern als seelische Hemmungserschei-
nung 648.
StotterndeKinder,AbhaltnngyonKursen
für, in Beriin 883.
— Fürsorge für, in Wien 289.
Stotternde Kinder, anentgeltlicher Heil-
kurs in Wandsbek 715.
Stotterer- (Ferien-) Kolonien für städti-
sche Volksschulkinder in Zürich 503.
Stottererkurse in DOsseldorf 882.
Stundenplan, Hygiene des, in Mittel-
schalen 689.
Stundenrerteilnng dnschlielslich Nach-
mittagsunterricht 471.
Tabakrauchen, Hifsbrauch unter Schul-
kindern 30.
— und Schule 311.
Tageslicht, Messungen des, in Cleveland
409.
Tintentafel, neue 310.
Trachomerkrankungen in New Yorker
Schulen 109.
Treppen im Schulgebände 230. 233.
Trinkgefäfse, gänzliche Abschaffung 109.
Trinksittenreform in der Studenten-
schaft 585.
Trunksucht, Bekämpfung durch den
Unterricht 606.
Tuberkulose -Konferenz, internationale
in Berlin 23.
— Landeserziehungsheime gegen die
770.
— Majforegeln gegen die Weiterverbrei-
tung in der Schule 409.
— Ursache und Verhütung 24.
Tuberkulöse Belastung und Ohrenkrank-
heiten bei Schulkindern 105.
Türen der Schulzimmer 279.
Turnhallen, staubfreie 707.
Tum- und Spielplätze 535.
Tununterricht, leichtere .oder ange-
nehmere Arbeit als der wissenschiSt-
liche Unterricht? 492.
Typhuserkrankungen bei Schulkindern,
Ermittlung und Feststellung 808.
Ungarn, Wirksamkeit der Schulärzte
und Lehrer der Hygiene in den Jahren
1900-1902 878.
Unterricht, hygienischer, in der Schule
485.
in den Lehrerseminaren 13.
Unterrichtsgesetz, neues englisches und
die Beaufsichtigung der Schule 574.
Unterrichtshygiene, der Lehrplan der
höheren Schulen in Beziehung zur
466.
Unterrichtskurse,hygienische, fürLehrer
108.
Unterrichtspausen an den österreichi-
schen Mittebchulen 576.
922
Ünterrichtsplan, snr Hygiene des 373.
Untenichtsseit tind Weihnachtsferien,
Begelang der, an den Mittelschulen
in Österreich 807.
Untersuchung der Kinder beim Eintritt
in die Schule 77.
Untersuchungen, schulärztliche, die
neuesten, in Berlin 505.
Untersuchung auf geistige und körper-
liche Gebrechen der in das schul-
pflichtige Alter eingetretenen Kinder
im Kanton Zürich 410.
Tentilation des Schukimmers 285.
— Klagen über fehlende 400.
— durch Vertücalschiebfenster 182.
yentilationseinrichtung,eine, für Schul-
Eimmer 102.
Verbandkästen, BeechaflEung ron, für
Schulen 572.
Verbrecher, ErEiehungsanstalt far, in
New York 579.
Verkrüppelte Kinder, Hospital für, in
New York 408.
Volksgesundheitspflege, Anteil derVolks-
schule an ihr 567.
Volksschule, Gesundheitslehre in der
143.
— Anteil an derVolksgesundheitspflege
667.
Volksschulen, Frequenz Verhältnisse der
Berliner 80.
Volks- und Jugendspiele in Deutschland
186.
— Förderung in deutschen Stfidten 641.
— Jahrbuch für 812.
— Kongrefs, IV. deutscher, in Dresden
705.
— vgl. Jugendspiele.
Volksschulhäuser, ländliche, Bau und
Einrichtung 10^.
Volksschulklassen, Beinigung der 441.
545.
Wandtafel 461.
Wände und Decken des Schulzimmers
278.
Wasseruntersuchung bei Schulbrunnen
504.
Weihnachtsferien und Unterrichtszeit,
Regelung der, an den Mittelschulen
in Österreich 807.
Wiederholungsklassen 383.
Wirtschaftliche Verhältnisse, Berück-
sichtigung im Unterricht 606.
Wohlfiahrt, öffentliche, die Schule im
Dienste der 579.
2ähne, Hygiene der 811.
— der Schulkinder, Sorge für die, in
Beichenberg 502.
Zahnärzte für die Schule 799.
— Austeilung besonderer, für die Schul-
kinder in Charlottenburg 310.
— städtische für die Schulen in Peters-
burg 806.
Zahnärztlicher Dienst in Markirch d09.
714.
Zahnärztliche Poliklinik in Darmatadt
248. 644.
— Staatsexamen, histologische und
osteologische 39.
Zahnhygiene in Schule und Haus 180.
Zahnkaries, eine Volksseuche 180.
Zahnklinik, städtische, in Strafsburg 32.
Zahnpflege, EnquSte über die, in der
Volksschule 409.
— Förderung der, bei Schulkindern 188.
— in der Volksschule 805.
— in den Hambux^r Volksschulen 306.
— mangelnde, in englischen Schulen
712.
— Unterweisung der Volksschulkinder
in^Göteburg 310.
Zahn- und Mundpflege in den Schulen,
Organisation, in Altena 499.
Zahnuntersuchungen in Bheydt 105.
— sämtlicher Schulkinder 885.
Zeichensaal 462.
Zeitschrift, schulhygienische, neue 107.
Zeugnisse, ärztliche, zur Begründung
der Schul Versäumnisse 890.
Züchtigung, körperliche, in englisohen
Schulen 714.
Zfichtigungsrecht der Lehrer, Entscheid
des Beichsgerichts 246.
Zurückgebliebene Kinder, Schule für,
in Amsterdam 308.
Zwischendecken im Schulgebäude 229.
Namenregister.
Abel 463.
Alezander 879.
Almqaist 583. 890.
Alport 77.
Altenbnrg 194.
Altschul 88. 888. 889.
Am Ende 194. 195.
Andreae 194.
Angerer 888.
Arndt 478.
Aaer 788.
Axenfeld 677.
Axmann 107. 447.
Baer 377.
Bagi^e 693.
Bagineki 194. 248. 498.
583. 644.
Baldrian 415.
Barbour 81.
Baronje 465.
Bartolome y Mingo 889.
Basedow 387.
Batat 584.
Baudran 290.
Baamgarten 194. 717.
Banr 10. 78. 116. 194. 590.
592. 812.
Bayern, Prinz Lad. Ferd. v.
479.
Bayr i9. 36. 108. 165. 179.
181. 192. 304. 308. 408.
415. 500. 606. 509. 644.
Beoelaere 415.
Behnke 655.
Bell 179.
Belliard 658.
Belloro 655.
Benda 88Ö.
Bense 583.
Berger 143. 194. 433. 446.
447.
Bernhard 498.
Bernheim 246.
Berninger 38. 818. 890.
Bertram 68.
Beyer 475.
Bieberstein 197. 312.
Binswanger, v. 380.
Blasins 240. 887. 888.
Blath 67.
BlitBtein 890.
Bode 195.
Boerhare 579.
Bolton 97. 98. 99. 100.
Boltz 376.
Borchard 498.
Borobio y Diaz 583.
Bommann 401. 468.
Brahm 380.
Brandeis 195.
Breitang 889.
Brendel 447.
Bresgen 813. 889.
Bride 29.
Brink 888.
Brinckmann 447.
Brissaad 583.
Brückmann 40.
Brühl 240.
Branner 77.
Buechel 889.
Bachner 351. 353.
Bähring 195.
Bajwid 583.
Bange 813.
Bargass 40. 195.
Bargerstein 197. 312. 497.
576. 588.
Barkhardt 196.
Carstädt 450. 451.
Cassel 78,
Celli 194. 415. 653.
Chaavain 818.
Cheatle 243.
Claasnitzer 626.
Clay 415.
Coen 239.
Cohn 64. 65. 100. 195.
415. 416. 445. 447. 583.
655. 677. 680. 681. 813.
867. 881. 887. 890.
Oolombini 653.
Croner 813.
Gano 469. 471. 484.
Cantz 813.
Garschmann 508.
Gaylits 40.
]>annweier 416.
DarieSy Haghes R. 40.
Darr 644.
Degelbeck 644.
Deutsch 186. 390.
Delias 644.
Demolins 404.
Des Goadres 814.
Dexter 889.
Dierks 655.
Dieterich 85.
Dickinson Berry 709.
Dilling 447.
Disselhoff 708.
Dominicas 889.
Don 187. 246.
Dopp 813.
Döring 655. 818.
Dörr 469. 471. 479. 492.
Driso 655.
Dahamel 404.
Dackes 583.
924
ESberhard 656.
Ebinghaus 886.
Edel 154. 866.
Eiselein 644.
Ellinger 155.
Elsner 85.
Ende, t. 508.
Endris 406. 488. 888.
Engelhorn 889.
Engels 849. 445. 568.
Epstein 889.
Erismann 158. 418. 489.
588. 810. 867. 894.
Eschle 38.
Esmarch, v. 40. 75. 159.
195. 867.
Eulenburg 469. 470. 588.
644. 887.
Ewald 69.
Eykman 588.
Falk 64.
Parkas 878.
Favre-Boarcart 890.
Feilchenfeld 416. 509.
Felix 497. 588.
Fiedler 656.
Finkler 406. 485. 588. 644.
Fischer 40. 889.
Flachs 889.
Platt 287.
Flesch 486.
Fodor 878.
Foerster, W. 40. 587.
Forster, v. 890.
Frank 180.
Frank, J. P. 874.
Fraenkel 89.
Frenzel 88. 89. 198. 811.
818. 890.
Frey, W. 416. 771.
Friebel 197. 318.
Friedländer 881.
Fricke 656.
Fuchs 40. 654.
Führer 416. 802.
Fürst 441. 545.
Gelpke 890.
Genersich 498. 494. 878.
Gerenyi 181.
Gerhardi 195.
Gerlöczy, v. 878.
Gerstenberg 141.
Gervinas 468.
Giese 387.
Gizycki, v. 181. 289.
Glanning 879.
Glauning 644. 889.
Goldstein 799.
Görke 198.
Gossler 40. 498.
Graf (Pastor) 656.
Graf (Zürich) 789. 811.
Gramse 40.
Graul 707.
Graapner 804.
Grazianow 1.
Greef 677. 681.
Green e 40
Griesbach 97. 98. 99. 100.
886. 465. 582. 644. 795.
Grob 416.
Gross 281.
Grote 186. 194. 388.
Gruber 887.
Gulick 809.
Gunning 898.
Günther 188.
Gunzburg 197.
Gurlitt 401.
Gutenberg 447.
Guttmann 80. 195.
Gutzmann 24. 97. 818.
Gutzwiller 40.
Guye 7. 818.
Gysel 416.
Haenel 197. 812.
H&konson- Hansen 16.
Hartmann 40. 248. 294.
295, 442. 447. 498. 565.
656. 889.
Haskoweo 890.
Hass 711.
Hauensohild 677. 680.
Haufe 890.
Havorka, t. 308.
Hay 588.
Heer 195.
Heermann 40.
Hegedüs 888.
Heine 437.
Heinemann 584.
Heller 469.
Hennig 751.
Henz 683.
Herald 789.
Herberich 479.
Hermann 416.
Hertel 447. 583. 888.
Herz 40. 692.
HeuBs 718.
Hey mann 81. 583.
Hinträger 40. 888. 893.
Hintzmann 468. 469. 888.
Hippels 73.
Hirschberg 677.
Hirschfeld 882.
Hirt 585.
Hirth 438.
Hoch 888.
Hoelemann 666.
Hofer 416.
Hoffa 588.
Höfler 656.
Hoffmann 851.
Holst 405. 813.
Honebrinker 445. 446. 447.
656.
Hopf 644.
Höpfner 885.
Horriz 882.
Hueppe 195. 416. 588. 887.
Hüls 195.
Hunt 187. 246.
Jansen 95.
Jelgersma 398.
Jessen 40. 818. 587. 889.
Igl 656.
Ignatieff 196. 809.
Johannessen 683. 887«
Jolles 95. 813.
Jong, de 96.
Juba 888.
Junghans 495.
Jüngst 41.
Just 21.
Kahlbaum 377.
Kalb 41.
£alle 447. 504. 757.
Kandier 196.
Karlewski 105.
Kastenholz 406. 466.
Kaufmann 890.
Keller 187. 639.
Kemsies 41. 98. 99. 248.
Kerr 180.
Kerschensteiner 705.
Key 481.
Kielhauser 890.
Kielhorn 892.
Kienscherf 196.
Klähr 707.
Klein 588.
Klette 196.
Klewe 484.
Klimaszewsky 41.
Kluge 570.
Knauss 78. 159. 868.
Knittel 33.
Knottnerus 708.
Köhler 196. 645.
925
König 416. 654.
Eöniershöfer 888.
Kopczynski 804. 305.
Eorman 406. 470. 484.
486. 488.
Körte 567.
KöBter 656.
Koielmann 849.
EoY&cs 196.
Eräpelin 97. 98. 196. 886.
Kraft 107. 509. 592. 594.
632. 788.
Kraus 196.
Krause 41.
Krebs 196. 414. 588.
Krieger 159. 288. 289. 290.
Kniger 509. 803.
Kracker 509.
Kmmholz 656.
Krüss 100.
Kuhn 217. 278. 448. 509.
585.
Kulmsig 666.
•
Ijachapelle 889.
Lade, v. 583.
Laitinen 584.
Landau(Nnmbei^) 37.373.
Landau (Erakau) 888. 889.
Lange 435.
Langenbeck 447.
Laquer 78. 414.
Laubi 187. 637. 654. 655.
Lauche 479.
Laufenberg 196.
Lay 656.
Lebermann 644.
Lehmann 656.
La Gendre 582. 887.
Leibold 654.
Lessenich 1. 475.
Leuba 100.
Leubuscher 196. 376. 447.
656. 889.
Levy 41.
Ley 813.
Liberty, Tadd 178.
Lichtwark 435.
Liebe 770.
Liebermann 584. 878. 879.
887.
Liebig 468.
Liebmann 656.
Liebreich 888.
Lietz 635. 771. 772.
LinoLberg 806.
Linke 187. 682.
Lippert 41.
Lobedank 41. 416.
Lobsien 41.
Lode 350. 868.
Löffler 246.
Lorinser 64.
Lotz 610.
Mac Donald 1.
Madsen 610.
Maier (Heilbronn) 103.
Markuse 67.
Marpmann 82. 83. 84. 86.
Harr 41. 442. 565.
Martins 78.
Mathieu 465. 582. 888.
Mathes 197. 813.
Maul 139.
Maurizio 314. 502.
Mayer (Mannheim) 393.
Mayer (Simmem) 574.
Mayweg 677.
Mazakarini 654.
Meier, L. 657.
Meinecke 484.
Merkel 644.
Meyer, Herm. 459.
Meyer, A. Th. Mathias
657. 892.
Michaelis 610. 657.
Michel 41.
Mikulicz, T. 196.
Mishima 584.
Mittenzweig 196.
Möller (Altona) 197. 312.
889.
Moeller (Hamburg) 889.
Möller(Heiligenhafen) 642.
Mones 882.
Mooren 709.
Moser 890.
Moses 447.
Mosny 813.
Mössner 102.
Mosso 583.
Mouton 7. 97. 303. 399.
468. 475. 479. 531. 708.
713.
Müller, Louise 667.
Müller (Zürich) 813.
Maller (Wädenswil) 40.
Munk 434.
Murray 243.
Wäf 667.
Nägeli 41.
Narjoux 219.
Nastri 654.
Neidthardt 486.
Nes, van 708.
Neuburger 888.
Neuendorff 196.
Newsholme 106.
Nigg 644.
Nolte 391.
Noikow 583. 888.
Obertüschen 23. 876.
Oebbecke 447.
Öhm 97.
Oppenheimer 211. 538. 680.
Ortmann 664.
Oseretzkowsky 100.
Ost 187. 633.
Osterloh 887.
Ostmann 105.
Pabst 406. 486. 644. 794.
Pagliani 583.
Palmberg 888. 889.
Paulisch 813.
Pawel 271.
Päzolt 643.
Peiper 707.
Percepied 41.
Perez 196.
Peris 881.
Permevan 243.
Petersen (Bonn) 406. 475.
484.
Petersen (Kiel) 245. 572.
584.
Petersen (Stolpe) 771.
Pfeiffer 189. 197. 510.
Pfister 197. 414.
Philbrick 41.
Pimmer 41.
Pincus 807.
Plack 347.
Plate 584.
Poelchau 197.
Pohl 197. 718.
Port 811.
Porter 1. 41
Posch 271.
Prausnitz 252.
Predöhl 692.
Proskauer 197.
Proust 583.
Patermann 41.
quirsfeld 197.
Radozwill 510.
Rammoul 41.
Hassmund 570.
926
Raydt 705.
BechholE 610.
Beese 196.
Beioh 898.
Beichenbaoh 814. 351. 852.
858. 445. 562. 621. 622.
628. 624.
Beichert 654.
Bein 435.
BeinmüUer 470.
BeisBig 70. \
Bensbnrg 406. 469. 471.
490. 491.
Benwen 708.
Bettig 88. 92. 98. 94.
Bey 406. 478. 490. 491.
Biant 451.
Bichards 574.
Biohter (Bemsoheid) 889.
Bichter (Straasberg) 102.
143. 615.
Bieder 818.
Bietz 814.
Binkel 479.
Bitsohard 246.
Bohrer 243.
Boller 64. 73. 157. 160.
194. 300. 646. 718. 809.
890.
Boseberry 488.
Bosenfeld 375. 890.
Bossem, v. 95.
Bot 653.
Botb, E. 657.
Boih (Elberfeld) 401.
Bubner 291.
Buhemann 24.
Bflbi 358. 445. 624.
Bompel 712.
Bnasell 41.
Buzicka 252.
S^abbas 584.
Sack 1.
Saeuger 712.
Salomon 197.
Samosch 881. 889.
Samtleben 352.
Sargent 42. 657. 718.
Sauer 584.
Schaofatmeyer 694.
Schanze 195. 804. 416.
Sohattenfroh 19. 42. 298.
867.
Schellenberg 504.
Schenckendorff, v. 42. 139.
140. 187. 197. 312. 583.
794.
Schenker 79.
Soherbel 197.
Schiller 158. 867.
Schilling 510.
Schintz 298.
Schlesinger 470. 890.
Schlockow 66.
Schlüter 569.
Schmeel 621.
Schmidt (Bern) 116. 583.
814.
Schmid-Monnard 49. 414.
447.
Schmidt, F. A. (Bonn) 1.
42. 186. 197. 312. 406.
479. 481. 706, 707. 889.
Schmidt-Bimpler 677. 680.
Schmidtbauer 399. 657.
Schneider. G. 102.
Schneider 401.
Schonte 197.
Schock 96.
Schotten 644.
Schreuder 398. 718.
Schubert, Dr. med. 71. 88.
89. 90. 92. 118. 447.
644. 653. 881.
Schubert, Lehrer 479.
Schuch, V. 644.
Schnitze 437.
Schulz 771. 772.
Schüller 479.
Schürmeyer 64.
Schuschny 583. 879. 889.
Schätz 657.
Schuyten 197. 510. 683.
888.
Schwahn 883.
Schwalbe* 67.
Schwegler 310.
Schwenk 394.
Schwer 657.
Seehausen 68.
Seggel 77. 889.
Seiter 406. 469. 475. 488.
Sepp 64.
Serafini 653.
Sherrington 180. 510.
Sichelstiel 88. 89. 90. 92.
Sicherer 814.
Sickinger 381. 382. 657.
887. 890.
Siefrig 198.
Siegel 494.
Siegert 396.
Siegrist 196.
Sieveking 254. 495. 498.
710.
Simonetta 42.
iSittard 479.
Skwortzow 583h
Smy6ka 887.
Snell 677. 680.
Soave 653.
Sobel 814.
Sommer 394.
SpiesB 186.
Spiritus 465.
Spitzner 115. 116. 395.
Spühler 236. 313.
Stadelmann 377. 814.
Stange 107.
Stegemann 657.
Steiger 196. 814. 410. 814.
Stern 444.
Stepanoff 814.
Stetter 510.
Stevenson 188.
Stich 644.
Stiehl 42.
Stilling 657.
Stockhauser 657.
Stoppani 812.
Straumann 792.
Strohmeyer 510. 707.
Strümpell 115.
Suck 93. 190. 444. 814.
Snhr 584.
Sydney-Stephenson 677.
Szupan 584. 888.
Thiel 772.
Thomas 198.
Tillmann 644.
Timm 471. 475.
Tobeitz 42.
Tolosa, Latour de 583.
Tomasczewski 196.
Tribukeit 479.
Tröltsch 888.
Trumpp 657. 814.
Trüper 888.
Tschirch 86.
Tnchschmid 187. 634.
Ulrich 789.
üngewitter 814.
Tannod 888.
Vargas 583.
Vestea, di 583.
Vogel 182.
VoUand 77.
VoUert 198.
Volkmann 435.
Vulpius 375.
927
l^agDer 100. 573.
Wakely 187. 246.
Walda 21.
Waldoyer 186. 705.
Waldo 667.
WalUcsek 86.
Weber 67. 888.
Wehmer 814.
Wehner 575.
Wehrhahn 387. 470. 478.
479. 510.
Wehrlin 42.
Weiss (Nürnberg) 890.
Weiss (Zürich) 793.
Wellington 488.
Wemicke, A. (Braun-
sohweig) 888.
Wemicke (Posen) 889.
Wemicke, E. 42. 852. 510.
Westergaard 588.
Wetterwald 195.
Wex 63. 158. 756. 856.
Weygandt 414. 500. 718.
Weygoldt 479. 644.
Weyl 168. 867. 888.
Wichmann 626. 696. 708.
709. 890.
Wickenhagen 42. 406 477.
Widerstrom 102.
Wiedmann 883.
Wildermath 888.
Wilke 657.
Windheoser 198.
Wingen 100.
Winkler 588.
Wipf 802.
WiUsek 666.
Witting 186.
Witry 583.
Wlassak 198.
Wohrizek 668.
Wolff 42.
Wolffson 692.
Wolgast 684.
Woodt 510.
Woodward 658. 809.
Wandt 440.
ITasasabaro 888.
Zander 510.
Ziegler 416.
Ziehen 398.
Züchert 658.
Zimmer 626. 890.
Zimmermann 42.
Zizka 799.
ZoUinger 42. 411. 465
Zuberbühler 771.
Der Schikrct.
Sachregister.
Arztliche Beobaohtungssohüler, Aus-
wahl und schulärztliohe Statistik
58/255. 69/315. 105/421.
Arztliche Überwachung:
— der Gymnasien, Realgymnasien und
Realschulen im Herzogtum Meiningen
90/386.
— des Herzoglich Meiningensohen
Lehrerseminars 99/845.
— der Schulen in New York 31/129.
Ärztliche Untersuchung der neuein-
tretenden Schüler 81/327.
Augenuntersuchungen in den Volks-
schulen, Zweck und Methode 180/524.
~ in London 108/424.
Amtliche Besichtigung der Schulen in
Hamburg 128/522.
Amtsarzt und Schulärzte in München
250/902.
Ansteckende Krankheiten, Meldewesen
bei Schulkindern in England 109/425.
Armenarzt und Schularzt (Denkschrift
der Berliner Armenärzte, betr. An-
stellung von Schulärzten) 41/199.
44/202.
Berufewahl und Schularzt 61/263.
Besichtigung, amtliche, der Schulen in
Hamburg 128/522.
]>ienstordnung für die Schulärzte:
— in Aachen 16/58.
— in Berlin 29/127. 169/671. 231/837.
— in Bonn 50/208.
-- in Danzig 37/185.
Dienstordnung für Schulärzte:
— in ländlichen Gemeinden des Grofs-
hersogtnms Hessen 153/611.
— des Herzogtums Meiningen 96/342.
— in Nürnberg 253/905.
Dienstordnung für die Schulärzte und
Lehrer der städtischen Volksschulen
zu Chemnitz 110/426. 131/625.
— für die Schulärzte unter Mitwirkung
der Lehrer in Fürth 232/838.
Distriktsschnlarst, der, in Preufsen 7/49.
Körperliche Entwicklung der Knaben
in den Mittelschulen und Oymnasien
Moskaus 179/721.
Kränklichkeit, chronische, in mittleren
und höheren Schulen 167/669.
Kreisschularzt in Preulsen 6/48.
— Vortrag über den in Danzig 12/54.
lisndgemeinden, Anstellung von Schul-
ärzten in den, der Kreise Mainz,
Karlsruhe, Annaberg und Rathenow
106/422.
Landschularzt, Tätigkeit 128/522.
Lungenkrankheiten bei Schulkindern
in Wien 8/50. 9/51.
Meldewesen bei ansteckenden Krank-
heiten der Schulkinder in England
109/425.
Mitteilungen, schulärztliche, an die
Eltern bezw. Lehrer 212/818. 225/831.
Morbiditätsstatistik der Wiener Schul-
kinder 109/425.
929
Henröee Zustande bei Sohiilem höherer
Lehranstalten, Entstehung und Ver-
hütung 177/719.
Ohrenärztliohe Untersuchung TonSohul-
kindem im Kreise Marburg 206/748.
Personalyerzeichnis der Schnlfinte des
Deutschen Beiches 171/678. 240/846.
258/910.
Poliklinik, sahnärztliche, furVolksschul*
kinder in Darmstadt 107/423.
Sanitary Control of schools with special
reference to the Eduoation Bill 32/180.
Schvdarzt, die Aufgaben des 14/66.
— und Armenarst 41/199. 44/202.
— und BemÜBwahl 61/268.
— und Dr. Arthur Hartmann 15/57.
— und Überbnrdungsfrage 26/124.
Sohularsteinrichtung, Antrag des fie-
zirkslehrervereins Dresden-Land zu
ffunsten der 207/749.
3<mularzt frage, zur 12/54.
— zur in BerUn 12/54. 205/747.
— zur in fiisenaoh 207/749.
— zur in Mönchen. (Sind Schulärzte
wünschenswert oder notwendig?)
82/328. 129/523.
— zur in Österreich 22/120. 287/843.
— zur in Sachsen 79/325.
— zur in Wien 8/50. 30/128.
— zur Lösung der auf dem Lande 5/47.
— die im westpreufsischen Bektoren-
verein 149/607.
Schularztordnung, Ausbau der in Nürn-
berg 147/605.
Schularztwesen, das in Deutschland
I. Geschichtlicher Bückblick 117/511.
IL Allgemeines 187/595.
III.Die gesundheitliche Untersuchung
der Schulkinder 183/725. 217/828.
243/895.
Schularztwesen, zur Geschichte des in
Osterreich 101/417.
Schulärzte, Abschaffung in Greifswald
5/47. 11/53.
— zur Anstellung von 128/522.
— Kreisschreiben des Grolsherzoglich
hessischen Ministeriums zur An-
stellung von 152/610.
— Bundschreiben des Allgemeinen
Deutschen Vereins für Schulgesund-
heitspflege an die Begierungen und
Stadtverwaltungen 31/129.
— zur Anstellung von an mittleren und
höheren Schulen 160/608.
Schulärzte, zur Anstellung von an höhe-
ren Lehranstalten 32/130. 167/659.
177/719. 209/815.
— volkstümliche Belehrung über die
Bedeutung der 149/607.
— Warum müssen besondere tjigeatellt
werden? 161/609.
— Bedenken des Stadtarztes gegen die
Anstellung von in Breslau 249/901.
— für Privatschuleu 149/607.
— Personalverzeichnis der des Deut-
schen Beiches 171/673. 240/846.
258/910.
— Angaben der in Düsseldorf 29/127.
— Kosten der Binf&hrung in Wien
80/826.
Schulärzte, Anstellung bezw. Nenein-
fuhrung:
— in Auerbach 59/261.
— in Augustusburg 30/128.
— in BerUn 29/127.
— in Bielitz 149/607.
— in Bingen 231/887.
— in BrauDSchweig 45/203.
~ in Bunzlau 128/522.
— in Columbia 129/623.
— in Duisburg 59/261.
— in Eisenaoh 79/325.
— in Elmshorn 47/205.
— in Falkenstein 59/261.
— in Forst 45/203. 59/261.
— in Fürth 148/606. 250/902.
— in Görlitz 206/748. 232/838.
— in Gotha 79/325.
— in Göttingen 128/522.
— in Japan 61/263.
— in Karlsruhe 79/325.
— in Kassel 80/326.
— in Kiel 29/127.
— in Mainz 59/261.
— in Mannheim 79/325.
— in Mülhausen i. E. 11/53.
— in München 30/128. 69/261.
— in Neuweifsensee 79/325.
— in Oldenburg (Grofsherzogtum)
59/261.
— in Plauen 231/837.
— in Saarlouis 59/261.
— in Stetün 128/522.
~ in Straisburg 69/261.
-^ in Worms 128/522.
— in einigen Städten der Vereinigten
Staaten von N.-A. 79/325.
— für Landgemeinden der Kreise
Mainz, Karlsruhe, Annaberg und
Bathenow 106/422.
— für Mittelschulen in Frankfurt
262/904.
— für mittlere und höhere Schulen in
Breslau 125/519.
980
Sohnlacxte, Tätigkeit der in:
— Gharlottenbarg 251/903.
— Dannrtadt 207174:9.
— Frankfurt 48/206.
— Nürnberg 27/126.
— Batibor 251/903.
Schulärzte, Mitteilangen aber An-
stellangen und Tätigkeit in Lichten-
berg, NeuweifeenBee, Ober -Schön-
weide, BottmelBburg, Stettin -Wil*
mersdprf 10/52.
Schulärzte und Amtsarzt in München
250/902.
— und Lehrer der Hygiene, Begulativ
der Sektion der ungariflohen 148/606.
Schulärzte, weibliche in Berlin 61/263.
Schulärztinnen 150/608.
— in Charlottenburg 250/902.
Schulärztliches aus Hessen 248/900.
— aus New York 31/129.
Schulärztlicher Dienst, Neuregelung in
Berlin 231/837.
Schulärztliche Klassenbesuche während
des Unterrichts 213/819.
— Mitteilungen an die Eltern bezw.
Lehrer 212/818. 225/831.
— Statistik und Prinzipien bei Auswahl
'der sogen, ärztlichen Beobaohtungs-
Schüler 53/255. 69/315. 105/421.
— Tätigkeit in den Mittel- und Stadt-
schulen Darmstadts im Jahre 1902/03.
(Jahresbericht) 207/749.
— Untersuchungen in Dresden, Ergeb-
nisse und Wert 48/206.
— Untersuchungseigebnisse in der
Schweiz 11/53.
— Vorträge in Königshütte 60/262.
Schulgebäude, Beaufnchtigung und In-
standhaltung. (Erlafs des Herzogl.
Meiningenschen Eultusministeriums)
64/266.
— Untersuchung der und der Schul-
räume und deren Einrichtung. (Kreis-
schreiben an die Schulärzte des
Herzogtums Meiningen) 96/342.
— Untersuchung der in Brunn 22/120.
Schulhäuser, Anlage (Ausschreiben des
Herzogl. Meiningenschen Staats-
ministeriums) 66/268. 86/882.
Schulhygiene, Aufgaben der praktischen
161/663.
Schulhygienisches aus Österreich 82/328.
Schulkinder, Untersachung der in
Brunn 24/122.
— Untersuchung der im Herzogtum
Meiningen. (Kreisschreiben an die
Schulärzte) 96/342.
Sohulkinderuntersuchung, Ergebnisse
einer im Amtsbezirke Bumburg
(Böhmen) 62/264.
Schüleruntersuohungen in Dresden
60/262.
Schulzabnarztfrage, zur in Hamburg
81/827.
Schwachbegabte auf höheren Schalen
178/720.
Somatologie, Erteilung des Unterrichte
in nur durch Ärzte 149/607.
Überburdungs- und Schularztfrage
26/124.
Überwachung, ärztliche der Gymnasien,
Bealgymnasien und Bealschulen im
Herzogtum Meiningen 90/336.
— ärztliche des Herzogl. Meiningen-
schen Lehrerseminars 99/345.
— ärztliche der Schulen in New York
81/129.
Untersuchung, ärztliche der neu in die
Schule eintretenden Schüler 81/327.
186/728.
— gesundheitliche vonSchüIem höherer
Lehranstalten in Dänemark und
Schweden 165/667.
— ohrenärztliche von Schulkindern im
Kreise Marburg 206/748.
— schulärztliche der Schulgebäude,
Schulr&ume und deren Einrichtung,
sowie der Schulkinder, (Kreisschreiben
an die Schulärzte des Herzogtums
Meiningen) 96/342.
Untersuchungen, schulärztliche in
Dresden :
Ergebnisse und Wert 48/206.
BesulUte 60/262.
Untersuchungsergebnisse, schulärztliche
in der Schweiz 11/53.
Untersuchung der Schulkinder:
— in Brunn 24/122.
— in Dresden 48/206. 60/262.
— im Herzogtum Meiningen 96/842.
— im Amtsbezirk Hamburg (Böhmen)
62/264.
Untersuchungen, zahnärztliche:
— in Schalen 127/521.
— von 84 Kindern der Magdeburger
Hilfsschulen 231/887.
— der Schulkinder in Stettin 47/205.
2ahnarztfrage für Schulen in Hamburg
81/327.
Zahnärztliche PolikHnik für Volks-
Bchulkinder in Darmstadt 107/428.
Zahnärztliche Untersuchungen :
— in Schulen 127/521.
— von 84 Kindern der Magdeburger
Hilfsschulen 281/837.
— der Schulkinder in Stettin 47/205.