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fünfiimizwaiizigj übrige
-JUBILÄUM
Ntantieii & Becker.
Königsberg, den 16. Mai 1883.
ti^gi*.
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Gewinnung und Verarbeitung
BERNSTEINS
Dr. Richard Klobs.
Mit 22 T.ichtdruckhildem, 1 Lithographie und 3 Holzschnitten
Königsberg.
Tlartungscho Bnohdrnclforoi.
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Din photographi sehen Aufnahmen zu den Lichtdruckbiidern sind v
Gotthsll L Sohn in Königsberg aufgeführt
cov Google
den ältesten geschichtlichen Quellen tritt uns bereits
, der Bernstein und der Bernsteinhandel entgegen. Er
i, ist die Ursache des Beginnes der geographischen Kennt-
niss unseres Nordens.
„Der Bernstein ha ndel bietet uns in seiner nach-
maligen Ausdehnung für die Geschichte der Weltanschauung ein
merkwürdiges Beispiel von dem Einfluss dar, den die Liebe zu
einem einzigen fernen Erzeugnis« auf die Eröffnung eines innern
Völkerverkehrs und auf die Kenntniss grosser Länderstrecken haben
kann. Derselbe setzte zuerst die Küsten des nördlichen Oceans in
Verbindung mit dem adriatischen Meerbusen und dem Pontus."
Dieses sind die "Worte, welche Alexander von Humboldt dem
Bemsteinhandol widmet
Aber soweit auch unsere Kenntnisse zurückreichen, immer tritt
uns das „Elektron" bereits als fertiger, harter, schleifbarer, dem Meer
entnommener Körper entgegen. Wollen wir aber seiner Quelle näher
sein, so müssen wir noch weit, weit zurück gehen, bis in jene Zeit,
als die Nachzügler der Ammoniten und die Belemniten (Donnerkeulen)
in den Meeren herumschwammen.
In dieser Zeit bildeten sich Meeresabsätze, die wir heute mit
dem Namen „Kreide" bezeichnen. Die Oscillationen der Erdoberfläche
bewirkten, dass dieser Kreideboden gehoben wurde und im Bereich
der heutigen Ostsee zu Tage trat. Das dadurch entstandene Festland
ist die Heimath des Bernsteinbaumes, dort entfloss er nicht der Pappel,
sondern einer Conifere, der Pinites succinifer Goep., dort häufte er sich
im Laufe der Jahrtausende an, von dort gelangte er während einer
Senkung und Zerwaschung des Landes in die Erdschicht, welche wir
heute „blaue Erde" nennen. Diese blaue Erde ist es, aus welcher
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D„ uzet« Google
später der Bernstein in die verschiedensten anderen Schichten verstreut
wurde; diese blaue Erdo ist es aber auch, welche wir vom praktischen
Standpunkt als die Heiiuath des Bernsteins anzusehen haben.
Durch ihre Zerstörung gelangto der Bernstein in die über der
blauen Erde liegende Braunkuhlcnformation, während welcher das edle
Harz, namentlich in den sogenannten ,, gestreiften Sanden", reichlich ab-
gesetzt wurde. Braunkohlen- und Bernsteinformation bezeichnen wir
mit dem gemeinsamen Namen „Tertiär". Als dann später zur Diluvial-
zeit Gletschermassen die blaue Erde aufwühlten, ihren Moränen ein-
verleibten und mit sich fortschoben, wurde der Bernstein auch dem
Diluvium beigemengt. Gegen Ende dieser Periode hatte unsere Hei-
math allmählich ihre jetzige Gestalt angenommen. Nun aber begannen
Denudation und Erosion ihre zerstörende Wirkung, durch welche der
Bernstein in die alluvialen Ablagerungen und in die Ostsee gelangte.
Wie gross diese Zerstörungen selbst in historischer Zeit gewesen
sind, geht beispielsweise daraus hervor, dass die St. Adalbertscapellc
bei Fischhausen (im Suniland) nach geschichtlich sicheren Nachrichten
früher eine Meile vom Seeufer entfernt lag, während die Ruinen der-
selben sich jetzt in unmittelbarer Nähe desselben finden. Ist auch
anzunehmen, dass in vorgeschichtlichen Zeiten noch grössere Erdmassen
der zerscblänimendcn Gewalt der Wellen anheimgefallen sind, so würde
dos Land, wenn auch sein Gehalt an diesem kostbaren Mineral bedeutend
höher wäre, als er in Wirklichkeit ist, doch nicht hinreichen, um all den
Bernstein zu liefern, welcher von der Ostsee ausgeworfen wurde und
gegenwärtig noch ausgeworfen wird. Es lag daher die Vermuthung
nahe, welcho jetzt auch geologisch bewiesen ist, dass die blaue Erde,
die sich weiter vom Strande aus fortsetzt und den Seegrund bildet,
durch grössere Stürme zerwaschen wird und das Hauptmaterial des
ausgeworfenen Bernsteins liefert.
Liesse man diesen Bernstein liegen, so würde er allerdings an
einzelnen Stellen von den Wellen wieder fortgeführt, an besonders
geschützten aber sich ansammeln, mit Sand überdeckt werden, und
würde so im Laufe der Zeit Nester von ganz bedeutender Ausdehnung
und Mächtigkeit bilden, ähnlich wie er sich im Diluvium, oft auch
im Alt- und Jungalluvhim findet Solche Bernsteiunester sind im
Ganzen häufig, haben aber nur geringeren praktischen Werfh, da ihre
Auffindung lediglich vom Zufall abhängt
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Für uns ist die blaue Erde von grösster Bedeutung; daher wollen
wir, ehe uns die Gewinnung des Bernsteins beschüftigt, eine "Wanderung
an unserem samländischen Strande vornehmen, um uns die Lagerungs-
verhältnisse an den Uferbergen näher anzusehen.
Beginnen wir an der Nordküsto mit dem Badeorte Kranzkuhren.
Hier sind die Uferberge nur niedrig und zeigen überall die jüngsten
Ablagerungen ; dasselbe finden wir von der Rantauer Spitze an, wo-
selbst die Seeufer eine Höhe von 6 — 10 m haben und auch nur von
Diluvium gebildet sind. Alle Ueberroste der Braunkohlenformation
fehlen. Plötzlich aber sehen wir, dass zwischen 600 und 800 Schritt,
von der Ran tan er Spitze an, unter dem groben Sande eine Scholle
blauer Erde erhalten ist, welche ungefähr im Niveau des Meerespiegels
liegt. — Wieder wird das Ufer für uns ohne jedes Interesse, wir
gelangen in die Nähe von Neukuhren, woselbst die Höhen schon über
'20 m, finden dort östlich der Badestelle die Braunkohlenformation an
einer Stelle noch erhalten und 300 Schutte nach der Mündung des
Neukuhrener Baches wiederum die Bernsteinerde, etwa 0,3 m über
dem Meeresspiegel. So lagert sio auch dicht hinter der Wanger Spitze,
aber hier liegt über ihr noch erhalten eine 2,7 ra mächtige Trieb-
sandschiebt und bis 20 ra grünen Sandes, welche beide auch noch
zur Bornsteinformation gehören; auch hier fällt uns das Fehlen der
Braunkohlenformation auf. Aber wir haben bald Gelegenheit, auch
diese naher kennen zu lernen. "Westlich von Loppehnen münden zwei
Bäche, der Sellwick- und der Loppehner Bach, etwa 800 Schritte nach
der Mündung dieses letzteren steigt plötzlich das Tertiärgebirge im
Diluvium steil an. Die Uferberge haben hier eine Höhe von 40,3 in,
und sehen wir: Zu oberst Flugsand 1 m,
Diluvium 3 m,
darunter d'O Braunkohlenformation, bestehend aus:
feinem Glimmersand 7 m,
oberem Letten 2,5 m,
grobem Quarzsand 7,5 m.
Dann folgt die Bernsteinformation:
grüner Sand 8 m,
brauner Kraut 5 m,
Triebsand 2,5 m.
Genau im Meeresniveau beginnt die blaue Erde.
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Von jetzt an ist das Braunkohlengebirgo möglichst erhalteD, wenn
auch stellenweise auf kurze Strecken vom Diluvium zerstört; aber
bald verlieren wir die Bernsteiuerde aus den Augen, sie senkt sich
unter den Meeresspiegel. Wir können dieses zwar nicht direct sehen,
wohl aber aus dem allmählichen Sichneigen höherer Schichten schliessen.
So ist am Pulverberg bereits der Kraut nur noch 3 m über der Ostsee
wahrzunehmen und 11,5 m die obere Grenze des grünen Sandes vor-
handen. Dafür treten aber die Braunkohlenschichten in grösserer Mannig-
faltigkeit auf. Wir bemerken ausser den Sanden zwei Letten; am weissen
Berg sogar drei und unter dem obersten ein Braunkohlenuötz. Des
Fehlens der Triebsandschieht und der blauen Erde wegen hat der weitere
Strand für uns weniger Interesse, und Aussicht, dieselben wieder auf-
zufinden, ist auch nicht vorhanden, da die Brannkohlenformation immer
mächtiger wird und der grüne Sand immer mehr und mehr ver-
schwindet. So hat er an der Grenze zwischen Sassau und Rauschen,
am Kadolling Spring nur noch kaum 1,5 m Mächtigkeit. Wollten wir
hier dio blaue Erde aufsuchen, so müsston wir mindestens 14 m unter
den Meeresspiegel hinabsteigen. — Wir passiren die Gausup-Schlucht,
die Wolfskaule, die Detroit-Schlucht, immer dasselbe Verhältniss, nur
dass bei letzterer zu oberst der Braiinkohlcnformation ein Kohlenflötz
lagert. Mit der blauen Kinne fehlen dann sogar die Braunkohlen-
sande gänzlich oder sind hier und da als kleine Reste vorhanden.
Allmählich nach Warnicken gelangt, können wir an der Schlammschlucht
den wieder mächtiger gewordeneu Grünsand und namentlich den Krant
mit Freuden begrüssen, da er uns das Emporsteigen der Bernstein-
erde andeutet; auch dio Braunkohlonformation ist hier wiederum
machtig und in verschiedenen Schichten ausgebildet. Nur 400 Schritte
weiter, und wir finden das grösste Braunkohlen lagcr des samliindischen
Strandes. — Von jetzt an wird der grüne Sand und der Krant immer
mächtiger, ja am Zipfclberg bei Gross Kuhren erblicken wir sogar den
Triebsand wieder.
Der 53 m hohe Zipfelberg (Abbildung I), welcher weithin durch
seine eigen thüin liehe Gestalt auffüllt, besteht zu oberst aus Mergel, der
als säulenförmiger Ueberrest die Spitze krönt, darunter folgen Kohlen-
sand, Glimmersand, Letten, grober Quarzsand, bis 18,8 m über dem
Meeresspiegel; dann beginnt der grüne Sand, den der Krant unter-
lagert, welcher vermöge seiner Festigkeit als schöne Bank stehen gc-
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blieben ist. Unter ihm folgt Triebsand, den Allerdings von oben her-
abgefallene Schuttmassen verdecken.
An der Ostaeito der Schlucht von Klein Kuhren steht die blaue
Erde bereits wieder im Meeresniveau an, ist aber nur bis hinter den
Wachtbudonberg zu verfolgen, wo dann Diluvialmasscn die Uferberge
bis Brüsterort bilden. Wir umgehen diese Ecke, finden aber den
grünen Sand und die blaue Erde erst an der Grenze zwischen Rosenort
und Dirschkeim wieder, aber hier unter ganz andern Bedingungen als
vorhin. Hier lagern beide oben an der etwa 331/3 m hohen Uferkante,
durch Diluvialmergel und Grand empor gepresst. So interessant auch
diese Bildungen sein mögen, für uns haben sie keinen Werth, da diese
Tertiärschichten nicht mehr auf ursprünglicher Stätte liegen.
Erst am Strauchhaken sind Andeutungen vorhanden, dass die blaue
Erde etwa 5 m über dem Meeresspiegel anstehen dürfte. Von da an
findet sich nur Diluvium bis zum Marscheiter Amtswinkel, dort
steigt eine nur 350 Schritt lange Klippe unversehrter Braunkohlen- und
Bornsteinformation steil an. Wir bemerken, dass die blaue Erde hier
dicht über dem Meeresspiegel lagert, und dass über ihr die Triebsand-
schicht fehlt. — Wieder bildet Diluvium die Uferwände, bis sich in
ihm 1900 Schritte südlich der Marscheiter Spitze das Braunkohlcn-
gebirge mit allen Schichten klippenartig erhebt und die Ränder der
grossen Kreislacker Schlucht bildet. Hier erblicken wir auch unter
dem grünen Sand den Triebsand, kaum 1 m über dem Meeresspiegel,
wieder, und 0,5 m unter dem letztern die blaue Erde. Südwärts
bleiben die Verhältnisse bis zum Anfang der dritten Bucht bei
(Ir. Hubnicken wesentlich dieselben. Hier hat sich der Triebsand
wieder gesenkt und ist verschwunden , ebenso die Bernstein erde,
welche erst in 2,5 m Tiefe, dann aber 4 m mächtig und durch
Wasser führenden Sand in zwei Lagen getheilt, wiederzufinden wären.
Je weiter wir wandern, desto mehr fallt die blaue Erde nach Süden
zu oin, wie mannigfache Untersuchungen es bewiesen haben. Wie
am Nordstrand, so nehmen auch hier die Glieder der Braunkohlenfor-
niation an Mannigfaltigkeit zu. Bei Betrachtung dos etwa 700 Schritt
südlich der Hubnicker Spitze gelegenen Uforberges sehen wir zwei
Brannkohlenflötze und als Liegendes des untern eine Lettensclncbt,
welche sich durch viele Abdrücke von Blättern etc. der damaligen
Flora auszeichnet. Die Braunkohlenformation verschwindet bei der
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Kraxtepelier Schlucht wieder und macht dem Diluvium Platz; nur
ein grüner Sand, den wir schon bei Hubnicken bemerkten, der uns
aber vorher gänzlich fremd war und „grüno Mauer" genannt wird,
zieht sich noch einige hundert Schritt als schmales Band dicht über
dem Meeresspiegel nach Palmnicken zu hin.
Bei Palmnicken liegt die blaue Erde etwa 6 — 8 m unter dem
Niveau der Ostsee.
Wir wollen hiermit unsere Wanderung beenden, und um wenig-
stens einen Anhalt dafür zu haben, wie die Bernsteinformation im
Innern des Saralandes ansteht, uns an eine Bohrstelle, 14 km von
Palmnicken und 14,5 km südwestlich Rantau, nach Thierenberg be-
geben. In diesem Bohrloch begannen die grünen Sande in einer Tiefe
von 40 m (d. h. 4 m unter dem Seespiegel), waren 20,5 ra mächtig,
ihnen folgten 2 m blaue Erde und dann wiederum grüno Sande und
Letten. In einer Tiefe von 110 m (d. b. 70 m unter See) wurde die
ganze Bernsteinformation durchsunken und die darunter liegende Kreide
angebohrt.
Nach dieser Orientirung über dio Lagerverhältnisse der Bern-
steinerde wollen wir zu der Gewinnung des Bernsteins übergehen.
Dio ältesten Nachrichten, welche wir besitzen, beziehen ßich nur
auf eine Ausbeutung dos Seebernsteins. Ist in der Entzifferung einer
alten assyrischen Keilschrift aus dem 10. Jahrhundert v. Chr., welche
Jules Oppert 1879 der Sociötö asiatique vorgelegt hat, einigen Worten,
deren Deutung lange grosse Schwierigkeiten machte, jetzt eine richtige
Auffassung beizumessen, so wäre dieses die erste uns bekannte Nach-
richt über eino Bornsteingewinnung. Die betreffende Stelle heisst:
„Tn den Meeren der Polarwinde fischten seine Garawanen Perlen,
in den Meeren, wo der Polarstern im Zenith steht, Bernstein."
Bei den Griechen und Römern sind zahlreiche Stellen vorhanden,
welche sich auf den Seestein beziehen, an ein Graben des Bernsteins
wird kaum gedacht. Zwei Stellen finden sich bei Plinius 37. 33.
Theophrast sagte, es (das Elektrum) werde in Ligurien aus-
gegraben. Philemon sagte, es werde gegraben und in Skythien
an zwei Stellen aus der Erde gewonnen: nämlich das weisse, wachs-
farbige, welches Elektrum heisse, an der andern Stelle das duukel-
gelbe, das sualitemicum genannt werde. Man hat diese Stelle auf die
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Bernsteingruben Prasbnischa und Ostrelenko am Narew bezogen,
diese für uralt gehalten und an Eintausch des gewonnenen Steins
gegen Salz von den pontischen Griechen gedacht; doch fehlen sichere
Beweise hierfür gänzlich. Ueberhaupt bekommen wir erst ein genaueres
Bild über den ganzen Bernstein verkehr von der Zeit an, als er in
geregelte Verwaltung genommen wurde. Diese trat ein mit der Besitz-
ergreifung Preussens durch den Orden und der darauf folgenden Ent-
stehung des Bernsteinregals. Die erste Urkunde aus dieser Zeit
stammt von Bischof Heinrich von Samland, welcher dem Orden Land
bei Lochstädt (Wittlandsort) abtritt, und daran unter Anderem die Bedin-
gung knüpft, den 3. Theil von dem dort etwa gefundenen Bernstein zu er-
halten. Vom 1. Mai 1585 datirt auch die erste Nachricht über einen
Versuch, Bernstein bei Lochstädt zu graben, wozu der Markgraf
Georg Friedrich dem Andreas Meurer aus Danzig die Erlaubniss
ertheilt
Dass sich nun diese Gewinnungsart des Bernsteins schnell weiter
ausgedehnt hat, ist sehr wahrscheinlich, allerdings giebt Hartmann
1677 an, dass Bernstein vielfach gegraben werde, aber diese Kcnntniss
sei erst 15 Jahre her. Das Kärtchen des Samlandcs, welches Hart-
mann seinem Werke beifügt, erschien mir sehr interessant, ich gebe
daher eine Copie in Abbildung II.
Von 1728 sind Nachrichten vorhanden, dass bei Gross Kuhren,
Klein Kuhren, Bauschen etc. in ausgedehnterem Maasse Bernstein
gegraben wurde, um aus dem gewonnenen Material schnell für den
König von Polen ein Cabinct herzustellen. Zu Anfang des 17. Jahr-
hunderts machte die Regierung sogar den Versuch, Halloren nach
Brüsterort zu senden, um dort nach Bernstein zu tauchen; die Arbeit
wurde aber bald eingestellt. Auch an Nachrichten über bergmänni-
schen Abbau fehlt es nicht, und werden wir dieselben weiter unten
näher berücksichtigen.
Wenn wir die verschiedene Gewinnung des Bernsteins vom Beginn
einer genaueren Ueberlieforung derselben, also seit dem Ende des
17. Jahrhunderts, bis in dio Gegenwart ins Augo fassen, so ergeben sich
zwei grosse Abschnitte, dercu ersterer die alteren Gewinnungsmethoden
umfasst und bis 1860 reicht, während der zweite der Zeit nach 1860
angehört.
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Die älteren Gewinnungsmethoden.
Den Vorrang unter den älteren Gewinnungsmetboden verdient
natürlich als am längsten bekannt und uns am frühesten übermittelt,
das Fischen aus der See, das Schöpfen.
Wenn der Wind stark genug ist, um den Seegrund aufzuwühlen,
gelangt der dort liegende Bornstein in losgerissene Tangmassen, Kraut
genunnt, wird von diesem eingehüllt und durch die Wollen ans Ufor
getragen. Wo nun dieser „Strandsegen" einfällt, hängt von der gün-
stigen Richtung dos Windes ab. In der Danziger Gegend kommt
bei Nordost der Bernstein nach Weichselmünde, Heubude, Bohnsack,
Ostheide, Pasewalk ; bei West und Nordwest nach Stutthof, Vogelsang,
Proponau, Lippe und Kolberg.
Für unsere samländischo Küsto giebt schon Caspar Henno-
berger auf seiner grossen Landtafel von Preussen aus dem Jahre 1576
den Spruch an:
Wenn ausz dem Westen der Wind weht /
Alhie man viel des Börnsteins fallt.
Bei der Nordküste sagt er:
Wenn Nordenwind brauset mit macht /
Dos Börnsteins man hie auch viel füllt.
Sehr häufig kommt es vor, dass dio Tangmassen nicht landen
können, in diesem Falle gehen die Leute in Lederanzügen mit ihren
Kätschern in die Brandung und versuchen soviel als nieglich von dem
kostbaren Mineral herauszuwerfen, welches Weiber und Kinder am
Strände auslosen, Auch hierfür habe ich dio Zeichnung aus dem Werke
Hartmanns in einer Copie wiedergegeben. Abbildung III.
Da bei dieser Gewinn ungsmethode viel Bernstein verloren geht
und zu Boden sinkt, so benutzt man klares, ruhiges Wetter, um auf
Böten in die See zu gehen, um denselben durch das Stechen zu er-
langon. Abbildung IV. Die Kätscher worden an den Stellen hinein-
gesenkt, wo man am Grunde des Meeres den Stein glänzen sieht, und
dieser mit Hilfo von Kratzen gelöst und aufgofungen. Vielfach,
namentlich früher bei Brüsterort, beschäftigten sich dio Anwohner mit
dem sogenannten Zangen von Steinen, welche zu Hafenbau tun etc.
verkauft wurden. Hierbei bcobachteto man die Praxis, dass über die
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so geebneten Strecken ein Netz mit zugeschärfter Kante geschleift
wurde. Die Ausbeute soll recht lohnend gewesen sein.
Ganz interessant, wenn auch für die Gesammtproduction ohne
grossen Werth, ist die Gewinnung des Bernsteins an der Westküste
von Jütland, Schleswig und Holstein, über welche Moyn genauere
Details mittheilt Der Bornstein wird dort durch die Brandung aus
dem Gründe aufgewühlt, gegen das Ufer gebracht und bleibt, mit
Tang, Holz, Schiffstrüinmom, Seethieren etc. gemischt, während der
Ebbe auf den Sandrifis liegen. Zunächst sind es die drei Nehrungen
Jutlands der Liim-, Nissuui- und Stavening-Ejord, dann die Halbinsel
Skallingen und die Insel EanÖ, welche sich in dieser Hinsicht be-
sonders auszeichnen.
Bei RömÖ, Sylt, Führ, Amrum wird wenig Bernstein gefunden;
mehr ist an der Eidcrstädtischen Halbinsel vorhanden. Hier heissen
die Bernsteinsucher Hitzläufer, nach der sogenannten Hitzbank. Diese
Leute warten die Ebbe ab, um dann auf die von den Wellen geräumte
Sandbank zu stürzen, oder sie fahren in flachen Böten auf See, ver-
ankern dieselben, damit sie nach Zurückweichen des Wassers auf dem
Boden festliegen. Von hier aus machen sie zu jeder Ebbezeit Aus-
flüge und suchen den Sand ab. Tor Hochwasser begeben sie sich
wieder in Sicherheit In diesen Böten bleiben die Leute wochen-
lang draussen. Bei Büsum, Norddrich, Hedewigen Koog, Wester-
deichstrich ist das Bernsteinreiten im Gebrauch, Eine Anzahl be-
rittener Männer begiebt sich drei Stunden nach Hochwasser in die
Brandung hinein. Jeder führt einen Spaten an langem Tau mit sich.
Bis die günstigen Stellen erreicht sind, ist die ganze Ebbe eingetreten
und nun beginnt das Absuchen des Terrains. Jedes entdeckte Stück
wird, ohne abzusteigen in die Höhe geholt Beim Nahen der Fluth
geht es wieder in Hast zurück.
Dieses wären dio gebräuchlichsten Gewinnungsarteu des Bern-
steins aus der See. Bei der Betrachtung über das Graben wollen wir
dem geologischen Alter der Schichten folgen und zunächst mit dem
Abbau des Bernsteins aus alluvialen Ablagerungen beginnen.
Das älteste Abbaugebiet dieser Art liegt südlich der Linie
Orteisburg und Johannisburg und wird östlich durch die Pissek, west-
lich durch den Omulewnuss begrenzt, zieht sich dann nach Polen
hinein bis in dio Gegend von Przasznico, Ostrolenko an dem Narew.
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In dieser Gegend machte man kleine Versuchslöcher bis zu
4 m Tiefe, fand sich dann Bernstein mit Sprockholz gemischt, so
wurde die Anlage vergrössert. In ähnlicher Weise ist in West-
preussen an verschiedenen Stellen gegraben worden.
Bei Steegen auf der Danziger Nehrung wurde von Stantien und
Becker eine Bernstoingräberei betrieben. Daselbst fand man, wie Zad-
dach mittheilt, unter einem hochstämmigen Kiefernwald, der etwa eine
Achtelmeile von dem jetzigen Seestrande entfernt war, in einer Tiefe von
5,3 m ein Bernsteinlager, welches bis 18 cm Dicke und 10 m Breite er-
reichte. Zum Abbau zog man einen langen, 4 ni breiten Graben,
dessen Wände durch Holzzimmerung gestützt wurden. Bei 2,7 m
Tiefe stiess man auf Wasser, zu dessen Bewältigung zwei grössere
Schaufelwerke nothwendig waren. Man gewann dann den Bernstein, in-
dem man einen Wasserstand von 0,3 — 0,6 m in der Grube festhielt, weil
dadurch die etwa losgelösten Stücke weniger zerbrachen, als wenn
man sie aus feuchtem Sand allein herausnahm. Unter Wasser konnte
man auch den sogenannten Bernsteiniuüll leicht mit Kätschern schöpfen
und erhielt ihn reiner, da der Sand immer zurückfloss. Der Bern-
steinmüll bestand aus Sprockholz und Muschelschalen lobender Ostsee-
thiere. Aehnücbe Gräbereien sind bei Danzig mehrfach betrieben
worden.
Der produetiv wichtigste Abbau des Bernsteins aus alluvialen
Ablagerungen fand in der Umgegend von Schäferei bis in die Nähe
von Priikuls statt. Dort ist an verschiedenen Stellen Ende der fünfzi-
ger und Anfangs der sechziger Jahre von Stantien & Becker ge-
arbeitet. Die erste Stelle, welche man dort in Angriff nahm, war die
Wiese des Besitzer Szudneggis aus Szudnaggen.
Verbindet man den Scheitel des nach SW. geöffneten Winkels,
den die Chaussee in Dittauen macht, an der Dorfstelle Szudnaggen
vorbei mit der Südspitze des Korningschen Hakens, so trifft diese Linie
das Ende der kleinen Sandinsel, welche Berendt mit Haidesand be-
zeichnet hat, deren östlicher Theil mit Wald bestanden ist Dieses
Stück zwischen dem Wald und dem Canal ist zum ersten Abbau be-
nutzt. Ich gebe diese Gräberei in ihrem jetzigen Zustande auf Ab-
bildung V. Die Aufnahme fand in der Richtung der eben be-
schriebenen Linie vom Westen gesehen statt Im Hintergrunde links
erstrecken sich grosse Moorterrains, die sich nach dem Jodegliuer Moor
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hinziehen. Die wassererfüllten Vertiefungen sind die alten Gruben.
Ist auch diese Abbildung nicht gerade instructiv, so giebt sie doch ein
landschaftliches Bild aus der Einförmigkeit des Memeldeltas wieder,
und ist es von Interesse, das erste kleine Anfangsunternehmen der
Firma kennen zu lernen, welche, später grösser geworden, eine voll-
ständige Umwälzung in der Bernsteinproduction und in dem Bernstein-
handel hervorgebracht hat.
Wir kommen jetzt zu der Gewinnung des Bernsteins aus dem
Diluvium.
Diluvialer Bernstein wird eigentlich im norddeutschen Flachland
überall gefunden, natürlicher Weise in der Nähe anstehender blauer
Erde häufiger. Sein Vorkommen ist wie beim Alluvium nur vom Zu-
fall abhängig. Oft hat man daher Lager mit den grössten Hoffnungen
abzubauen angefangen, aber sich bidd überzeugen müssen, dass, nach-
dem das eine Nest ausgenommen, auch das ganze Vorkommen be-
endet war.
Solche Bernsteiuadern und -Nester werden verschiedentlich in
Pommern, der Mark, Mecklenburg, Dänemark, Posen, Polen, Schlesien
bis weit nach Süden zu, Russland u. s. w., abgebaut. Namentlich
sind in Westpreussen einige Gegenden von besonderem Ruf gewesen.
Die Bernst eingräberei Gluckau*), ungefähr 2 Meilen von Danztg,
151 in über dem Meeresspiegel, ist mindestens 170 Jahre im Betrieb.
Hier wurde auch 1858 in einem sandiglehmigen Boden, in oinor Tiefe
von 23 m ein Stück guter Bernstein gefunden, welches 11 Pfund
26 Lotli alten Gewichts wog. Zaddach hatte Gelegenheit, dieso Gegend
genauer zu untersuchen. Er fand, dass die Bernsteinadern hier in
einer Tiefe von 13 — 23 in liegen.
Behrend giebt die Gewinnungsart folgendormaassen an, man
geht mit circa 1,66 m weiten Dunkelschächtchen, Abbildung VI, deren
Kasten aus starken Bohlen nacli Art der holländischen Rahmen
27 cm hoch und 45 cm von einander entfernt und durch Bolzen
unterstützt sind, bis zu einer Tiefe von 16 — 20 m nieder. Die Förde-
rung geschieht in der Weise, dass in circa 1,7 — 2,5 m Entfernung
*} Der Bernstein wnrdo in diosom Bezirk gegraben, bei den Dörfern Löblau,
Kowall Bülkau, Glucknu, Viereck, Dreieck, Bissau, Kokoschka« und in der
Olivaer Forst.
dby Google
u
über einander abwechselnd die eine und die andere Hälfte des Schachtes
durch eine BühDe verdeckt wird, auf der ein Arbeiter steht, welcher
den ihm von seinem Untermann zugeschaufelten Saud auf die nächst-
höhere BühDe wirft.
Aehnliche Gräbereien wurden auch bei Carthaus*) betrieben;
hier liegt der Bernstein nesterweise im Lehm, der bis zu 6,6 m
hinabreicht
Berühmt sind auch die Orte Berent, Conitz, Czersk, Tuehel,
Polnisch Crone in Bezug auf BernBteiugräberei im Diluvium.
Auch schon seit über hundert Jahren im Betrieb sind in Pommern
die Gräbereien nördlich von Rummelsburg bei Treten und Rohr. Hier
liegt der Bernstein in lehmigen Adern, die sich bis zu einer Tiefe von
23 m im Sand finden.
Die Gewinnung geschieht, wenn die Schicht nur einigennaassen
mächtig ist, durch Abräumen grösserer Flächen bis zu grösstmöglicher
Tiefe.
Ich will nicht den Abbau des diluvialen Bernsteins verlassen,
ohne wenigstens nur erwähnt zu haben, dass sich bisweilen im Diluvium
ganz unvermittelt Nester von Bernstein finden, die mehrere Scheffel
Ausbeute gegeben haben, ohne dass in der umliegenden Gegend auch
nur eine Andeutung davon vorhanden wäre. So sind beispielsweise zu
Krebswalde bei Elbing 700 Pfund gewonnen und für die Ausbeutung
des Bernsteins von Schillgehnen bei Braunsberg jährlich 400 Dukaten
Pacht gezahlt worden.
Treten wir jetzt dem Abbau des Bernsteins aus der Braunkohlen-
formation näher, so begegnen wir den ersten Anfängen einer wirk-
lich bergmännischen Gewinnung.
Auch in der Braunkohlenformation kommt der Bernstein nur in
zufälligen Nestern vor, welche namentlich im gestreiften Sande liegen.
Diesen Nestern galt die erste bergmännische Thätigkeit, welche die
Regierung 1782 unter Leitung des Majors von Taubenheim ausführen
Hess. Hagen hat uns in den Beiträgen zur Kunde Preussens ein
genaues Bild dieses Baues und eine so treffliche Beschreibung der
durchsunkenen Schichten gegeben, dass es Zaddach möglich wurde,
daraus den sogenannten Espenwinkel zu bestimmen, an welchem
*} So ist namentlich bei Lappalilz, Proccau, Charlotten otc. gegraben worden.
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7 Ruthen 4 Fuss von der obersten Strandkante der alte Schacht an-
gelegt worden war.
Wann und durch wen zum ersten Male die blaue Erde abgebaut
wurde, entzieht sich leider unserer Kenntniss. Ein Vorstellen, welches
der Königl. Regierung am 24. Januar 1836 vom Landrathsamt zu
Fischhausen überreicht wurde, spricht allerdings von den Bernstein-
grabereien in den Seebergen, die in nicht „unbedeutendem Umfange"
betrieben werden. Ob hierunter aber bereits Abbau der blauen Erde
mitgemeint war, ist unbestimmbar.
1841 fordert die Königliche Regierung von einem Beamten über
die Bernsteingewinnung einen Bericht, welcher am 20. Juni eingereicht
wurde. Ich gebe denselben, da er die ganzen Strandverhältnisse
illustrirt, in einem Auszuge nach Elditt:
Von der westpreussischen Grenze nicht nur bis Rothenen, sondern
bis Palmnickcn, wird der Bernstein nur geschöpft und nicht gegraben,
auch sind Versuche mit Stechen fast ohne allen Erfolg geblieben. In
der neuesten Zeit ist auf dem Felde in Nodeins eine kleine Quantität
gegraben. Bei Palmnicken sind durch Stechen grosse Massen gewonnen
worden. Bei Kraxtepelten gewinnt man das Meiste durch Graben,
und so geht es aufwärts bis Marscheiten, wo die Schöpfungen
wenig Gewinn geben. Bei Brüsterort und Umgegend sind grosse Re-
sultate durchs Stechen erlangt, Graben und Schöpfungen sind hier
ganz unbedeutend. Bei Klein und Gross Kuhren wird vorzugsweise
gegraben, die andern Gewinnungsarten sind unbedeutend. Von hier
ab bis zur Grenze des hiesigen Strandpolizeibezirkes wurde zu Zeiten
des üenoralpächters (bis 1837) und bei Loppehnen gegraben, die Sache
aber wegen der bedeutenden Kosten und des geringen Gewinnes
wieder aufgegeben. Auf dieser Strecke sind die Schöpfungen, mit Aus-
nahme der zu Georgenswalde gehörigen Gausup-Schlucht, immer unbe-
deutend; es haben sich aber früher nicht besrandeno Gräbereien,
namentlich bei Georgenswalde, Rauschen, Sassau, Wangenkrug, mit
im Verhältniss zu der geringen Pacht nicht unbedeutendem Resultate
gebildet, und bei Loppehnen hat die Gräberei wirklich grossartige
Resultate geliefert
Durch Elditt erfahren wir auch, dass die Einsassen von Lop-
pehnen erst gesehen hatten, welche Schätze ihr Boden berge, nachdem
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in der Zeit der Generalpacht die erhobenen Bernstoinertrage in vier-
spännigen Wagen vom Strande gefahren wurden.
Da solche Mengen allein schon auf die blaue Erde deuten, die-
selbe auch bei Loppehnen so günstig ansteht, ist es wahrscheinlich,
dass schon vor Ablauf der Generalpacht dort die blaue Erde in An-
griff war.
An den genannten Orten, wozu noch andere am Oststrand
zukamen, hat sich denn auch der Grubenbau immer weiter entwickelt.
Bei dieser Bernsteingewinnung nahm man ein Stück Land an der
Uferkante in Angriff und trug es bis zu einer solchen Tiefe ab,
dass die blaue Erde blossgelegt war. Die abgeräumten Massen wurden
nacb der See zu vor die Grube gekarrt und entweder bald von den
Wellen fortgeführt, oder sie bildeten einen schützenden Damm gegen
die andringenden Wogen. Kam man bei dieser Arbeit auf wasser-
führende Schichten, so wurden diese mit Stroh und Brettern isolirt
und das sich doch sammelnde Wasser mit Maschinen in die See
befördert.
Dieses alles machte man, um eine kleine Fläche, kaum ltya Spa-
tenstich tiefer Bernsteinerde auszubeuten. Ein Zeichen, wie reich diese
war. Doch kam bei den Tagebauen den Unternehmern noch der
höher gelegene Bernstein aus den gestreiften Sanden zu gut, ja dieser
soll so lohnend gewesen sein, dass er allein häufig die ganzen Kosten
deckte. Kein Wunder, dass offene Gruben in Menge am Ostseestrand
entstanden. Abbildung VII zeigt einen alten Tagebau bei Rauschen,
im Vordergrunde rechts ist noch ein Kegel als Rest des einstmaligen
Schutzwalles gegen das Seewasser vorhanden.
Hiermit hätten wir die immerhin einfachen, älteren Gewinnungs-
inethoden des Bernsteins aus allen vorkommenden Lagorstätton be-
sprochen und gelangen nun zu einer Zeit, in welcher die Verhältnisse
sich vollständig ändern und die Gewinnung des Bernsteins nicht mehr
so einfach bleibt, sondern mit Zuhilfenahme aller Hilfsmittel der
modernen Technik sich zu bedeutender Höhe emporschwingt.
Die Bernsteingewinnung seit 1860.
Dieser Zeitabschnitt begreift in sich die Thätigkeit der Firma
Stautien & Becker. Ich habe das Jahr 1860 als Wendepunkt in
der Bernsteingewinnung bezeichnet, weil in diesem Jahre zum ersten
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Male die Bagger auf dem kurischen Haff zu diesem Zweck in Thätig-
keit und damit die ersten Schritte auf der neuen Bahn gemacht waren.
Es soll damit dicht gesagt sein, dass das Alte, was wir bereits kennen
gelernt haben, plötzlich aufhörte. Nein, im Gegentheil, es blieb fort
bestehen bis zum heutigen Tage, und selbst Stantien & Becker ar-
beiteten, wo es geeignet erschien, ruhig nach alter hergebrachter Me-
thode fort, wie wir sie bereits an der Wiege ihres Geschäfts bei PrÖ-
kuls und bei Steegen in Westpreussen kennen gelernt haben.
Schwarzort
Fahren wir von Memel die Rinne entlang Über das kurische Haff,
so fesselt uns anfangs die Landschaft zur linken Hand, welche, wenn
auch nicht schön zu nennen, so doch durch ihre Mühlen und riesigen
Holzlager immerhin ein interessantes Bild gewerblichen Fleisses dar-
bietet. Haben wir jedoch die letzte Mühle bei Schmelz passirt, so
nimmt die Nehrung unsere ganze Aufmerksamkeit in Anspruch.
Schauerlich öde erscheint uns dieser riesige Sandhaufen, die hohe
Sturzdüne, aus deren absolut kahler Oberfläche hier und dort ein kaum
noch grünender Ast oder die kranke Spitze eines verschütteten Kiefern-
stammes wie verzweifelt sich emporreckt.
Im höchsten Grade einförmig bleibt das Bild, bis wir plötzlich am
Horizonte Dampfwolken und an der hellen Düne einen kurzen Fetzen
Wald erblicken. Wir nähern uns Schwarzort. So traurig uns die
Landschaft vorher aussah, so rege ist das Leben, welches hier herrscht
Nachdem wir die im Haff liegenden Bagger passirt haben, er-
reichen wir den neu angelegten Hafen. Abbildung VIII giebt uns von
hier aus eine Ansicht der zum Baggerbetrieb gehörenden Anlagen.
Man ist ungemein überrascht, in dieser Einödo ein solches Eta-
blissement zu erblicken, dessen rauchende Schloto sich eigentümlich
von dem grünen dahinter liegenden Wald abheben, über welchen die
Spitzen der todten Düne grell hervorleuchten. Lange sieht es aller-
dings hier nicht so aus. Schwarzort, etwas südlich von dem Etablisse-
ment gelegen, war ein kleines Dörfchen von 170 Einwohnern, welche,
abgeschnitten von allem Verkehr, sich von Fischerei nährten. Sowohl
nach Süden als auch nach Norden ist durch die Sturzdüne dem Wald
bald Halt geboten, der nur an der östlichen Abdachung den Ursachen,
durch welche einst die ganze Nehrung entwaldet wurde, Widerstand
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geleistet hat. Weiter in die Höhe fangt auch er an zu wanken, und
vielfach sieht man dort Bäume, welche bis zur Hälfte des Stammes,
ja bis zur Krone hinauf, mit Sand beschüttet sind. In neuester Zeit
sind vielfach lohnende Versuche gemacht worden, die Düne festzu-
legen, da sie, sich selbst überlassen, wohl bald Alles an der Haffseite
so begraben würde, wie sie dereinst eine ganze Reibe von Dörfern
verschüttet hat, von denen die Reste einzelner jetzt bereits an der
Seeseite herauskommen und als reiche Fundstellen von Artificaten
der jüngeren Eisenzeit bekannt sind. Die Untersuchungen vonBerendt
haben erwiesen, dass die Nehrung im Durchschnitt jahrlich 18 Fuss
von der See nach der Haffseite zu wandert.
Dann und wann wurde Schwarzort im Sommer von Memeler
Badegästen aufgesucht, da gerade hier sich Wald, See und Haff ver-
einigt, um den Aufenthalt angenehm zu machen. Doch war dieser
Besuch immerhin sehr selten und spärlich. Anders wurde es nach
der Entdeckung dos Bernsteins; Beamte und Arbeiter kamen bin, der
Fremdenverkehr mehrte sich, es wurden bessere Gasthöfe gebaut, und
jetzt prangen schon einzelne recht hübsche Villen an dem nördlichen
Ende des Dorfes.
Die Kenntniss von dem Bernsteinvorkommen in dem Haffgrund
erhielt Stantien & Becker Ende der fünfziger Jahre. Als sio dann
in der Gegend von Prökuls die Ausgrabungen vorhatten, kamen sie zu
der Ansicht, dass die dort auftretende Bernsteinschicht sich in das
Haff hin weiter fortsetzen dürfte, eine Annahme, die sich später auch
bestätigte. Es dauerte nicht lange, so war der Plan gereift, Versuchs-
bagger ung'en anzustellen.
Dem anfangs sehr kloinen Unternehmen, da nur drei geborgte
Handbagger in Thätigkeit waren, schien das Schicksal nicht hold zu
sein, da die Ausbeute sehr gering blieb und lange Dicht die Tages-
kosten deckte. Erst als man, schon war die Idee gefasst, den ganzen
Plan aufzugeben, in die Nähe des Korningschen Hakens kam, wurde
soviel Bernstein gefunden, dass die Ausfalle bei Weitem gedeckt und
das Fortbesteben gesichert war. Jetzt haben sieh die Verhältnisse
geändert; statt 3 Handbagger arbeiten 20 doppelte eiserne Dampfbagger,
welche oft in weiten Abständen von einander thätig sind. Abbil-
dung IX giebt vom Ufer aus die Aufnahme eines Theils derselben.
Aber nicht allein, dass Schwarzort den Betrieb und die Leitung
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i ist so eingerichtet, dass es diese selber
neu baut
Wir finden daher dort eine vollständig und gross eingerichtete
Maschinen-Bauanstalt mit allem nöthigen Zubehör. Gerade diese An-
lagen nebst den Beamten- und Arbeiterwohnungen, don im Bau be-
griffenen Baggern und Dampfern geben Sehwarzort den grossartigen
und doch wieder durch die ganze Decoration so eigentümlichen
Charakter.
Die Bagger werden im Frühjahr durch Dampfer auf das Haff
gebracht, dort verankert, und bleiben so lange als möglich an einer
Stelle stehen, weil die Kinne, welche sie im Grund bilden, doch immer
von den Seiten wieder zuschlämmt. Der Haffboden wird bis zu eiuer
Tiefe von 7 — 11 Meter in die Höhe gebracht; die Eimer weifen den
ganzen Inhalt auf Siebe, welche die Sandmassen, überhaupt alle kleinem
Theile, durch die Maschen in untergestellte Prähme fallen lassen. Das
gröbere Material wird auf die Bagger gebracht, auf Tischen ausgebreitet
und der Bernstein mit den Händen ausgelesen Ausser diesem besteht
die zu Tage geförderte Masse aus mehr oder weniger abgerolltem Holz
und Borkenstückchen, Sprockholz genannt, aus Wasserthierresten und
den Stoßen, wie Stroh, Steinkohlen etc., welche durch den Maschinen-
betrieb etc. in der Neuzeit auf den Haffgrund gelangten. Bei den Baggern
warteu Dampfer, welche die leeron, nothwendigen Prähme zu- und die
gefüllten fortschleppen. Die Sandmassen werden ans Ufer gebracht
und dort ausgeladen. In Abbildung X ist eine Aufnahme dieses Ab-
ladeplatzes gegeben. Wir sehen eino Anzahl von Prähmen nobst
Dampfer, das durch die ausgebaggerten Massen gebildete Land und
im Hintergrund die Düne.
Es wäre einfacher, den ausgebaggerten Boden ins Haff zu werfen,
doch fürchtet man dann für die Fahrstrasse von Memel nach Königs-
borg, so aber trägt er zur Vermehrung des Landes bei und giebt einen,
namentlich für Kartoffelbau sehr ertragreichen Acker.
Ist nun der Boden an einer Stelle bis zu erreichbarer Tiefe aus-
gebeutet, so rückt der Bagger langsam weiter. Der ihm nachfolgende
ist so aufgestellt, dass er die stehen gebliebenen Rücken heraushebt.
Durch dieses systematische Fortschreiten ist es allein möglich, das in
Angriff genommene Stück auch wirklich genau und ganz auszubeuten
und zu untersuchen.
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Der gewonnene Bernstein, dessen Quantum übrigens, so oft ich
es gesehen habe, so klein war, dass man nicht begreifen kann und
erstaunt darüber sein muss, wie dadurch die riesigen Betriebskosten
und die Pachtsumme gedeckt werden sollen, wird unter Aufsicht an
den Strand gebracht, dort gewogen und nach Königsberg abgeschickt.
Ehe wir Schwarzort vorlassen, möchte ich noch Etwas erwähnen,
was neben dem Interesse für die ganze Anlage noch einen ganz be-
sonderen Reiz für jeden Gebildeten haben muss. Unter dem dort ge-
wonnenen Bernstein kommen nämlich bisweilen bearbeitete Stücke
vor, welche durch Vergleich etc. sich als Kunstproducte aus der Stein-
zeit erwiesen haben, und sich durch hohen wissenschaftlichen Werth
auszeichnen. Diese ältesten Arbeiten finden sich dort in einer Reich-
haltigkeit der Formen, wie sie von keinen Funden der Welt aus dieser
Zeit nicht nur nicht übertroffen, sondern kaum erreicht werden. Da-
durch ist Schwarzort für den prähistorischen Forscher zu oiuemder
wichtigsten Fundpunkte von Steinzei (gegenständen geworden. Die
hier gefundenen seltenen Stücke, welche in „Der Bernsteinschmuck
der Steinzeit" abgebildet und beschrieben sind, haben bereits nach
Veröffentlichung jener Arbeit sich wieder um ein Reichliches gemehrt.
Die Taucherei.
Wie bei Schwarzort der Bagger an Stelle des Fischernetzes trat,
welches früher bisweilen dort im Geheimen nach Bernstein ausgeworfen
wurde, so trat nach der Pariser Weltausstellung an Stelle des Stechens
der Taucher.
Der Strand von Brüsterort, Abbildung XI, vom Wachtbudenberg
gesehen, bildet ein scharfes Vorgebirge in die Ostsee hinein. Die Be-
zeichnung „zur Brust', welche noch oft für diese Gegend gobraucht
wird, ist recht passend gewählt, denn ganz bedeutend ist der Anprall
der Wogen von Westen und Norden. Es ist daher auch leicht er-
klärlich, dass hier grosse Strecken Festland abgerissen und von den
Wellen verstreut wurden.
Die Uferberge von Brüsterort bestehen aus Diluvialmergel, welcher
bis zu der Oberfliicho ansteigt Diese Schicht zeichnet sich durch grossen
Reichthum an Blöcken und kleinern Steinen besonders aus. Es darf uns
daher nicht Wunder nehmen, dass sieh nach der Zerstörung von so viel
Land um das Vorgebirge herum eine ausgedehnte Steinklippe gebildet hat,
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welche, nach Fortführung alles feinern leichten Materials des Mergels durch
die Wellen, von diesen als nicht transportirbar zurückgelassen wurde und
als Merkzeichen zerwaschener Ufor liegen blieb. Diese Klippe, übrigens
bei Wind den Schiffern sehr gefährlich, bildet gegenwärtig einen Schutz-
wall für Brüsterort, ist aber auch dadurch von Bedeutung, dass sich
zwischen den Gerollen nach jedem günstigen Sturm der Bernstein so
festsetzte, dass er schwer durch die Wellen wieder fortgeführt werden
konnte. Ausserdem liegt die Bernsteinformation wohl kaum 2 m unter
dem Meeresspiegel, und so wurde auch der aus ihr an Ort und Stelle
losgespülte Bernstein in der Klippe zurückgehalten. Schon lange war
daher auch Brüsterort, wie wir bereits gesehen haben, als günstiger
Ort zum Bernsteinsteclion bekannt und wurde, wenn es nur irgend
das Wetter gestattete, selbst im Winter von der Eisdecke aus, dazu
mit lohnenden Erträgen benutzt. Der hier gewonnene Stein, Riffstein
genannt, zeichnet sich durch eigentümliche Färbung der äusseren
Kinde, die einen röthlichen Grund hat, vor anderem Seestein aus.
Unter diesen Vorbedingungen war es daher auch ein Unter-
nehmen von grosser Sachkenntniss, hier gerade den Anfang mit einer
Taucherei zu machen, und entsprach der Erfolg auch vollständig den
gehegten Erwart imgen.
Als das Centrum der saniländisclien Anlagen von Stantien und
Becker nach Palmnicken verlegt wurde, auch wo!)] weil die Ausbeute
hu Lauf der Zeit in Brüsterort nachliess, da die unterseeischen Terrains
oberflächlich abgesucht waren, ruhte die Taucherei eine Zeit lang, um
dann aufs Neue energisch am Palmnicker Strand betrieben zu werden.
Abbildung XII zeigt zwei Taucherboote in vollständiger Aus-
rüstung.
Zu den ersten Versuchen in Brüsterort wurden die Taucher in
Frankreich engagirt. Es zeigte sich aber bald, dass es ihnen unmög-
lich sei, bei unserem Klima diese Art von Arbeit auszuhalten. Man
schritt daher zur Ausbildung unserer Littauer und fand, dass die-
selben ganz besonders dazu geeignet seien; es wurden daher Lehr-
curse eingerichtet und ein Stamm tüchtiger Taucher herangebildet.
Auch eine Fabrik zur Herstellung der Taucheranzüge wurde in Palm-
nicken gegründet, so dass mau jetzt, unabhängig von Recrutiriing und
Ausrüstung, auf eigenen Füssen steht.
Die Taucher, deren Guniniianzug etc. wohl als bekannt voraus-
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zusetzen sein dürfte (eine Abbildung, welche die Ausrüstung genauer
zeigt als XII, giebt Abbildung XIII),
steigen zu zweien, die durch eine Luft-
pumpe gespeist werden, von einem Boot
in die See und suchen namentlich die
Stellen auf, an welchen die blaue Erde
oder andere Tertiärschichten auf dem
Meeresgrund ausstreichen; hier arbeiten
sie mit Spaten und Hacken den Bern-
stein frei. Ja, man hat sogar versucht,
Sprengungen auf dem Meeresgrunde vor-
zunehmen.
In der ganzen Gewinnungsart liegt
Fig. XIII. es, dass der Taueherstein im Durch-
schnitt besonders gross ausfällt, da man die kleinen Stückchen beim
Sammeln übersieht. Die Waare wird durch Palmnicken unsortirt nach
Königsberg befördert.
Der Bergbau.
Als die griisste Errungenschaft für die Bernsteingewinnung ist
entschieden der wirklich rationelle- bergmännische Abbau zu bezeichnen.
Der "Weg, den man hierzu einschlug, ist originell und jedenfalls der
sicherste gewesen.
Ganz in alt hergebrachter Weise begann man in I'almnicken 1874
einen Tagebau anzulegen, dessen Ansicht ich in Abbildung XIV wieder-
gegeben habe.
Da hier die blaue Erde tief unter dem Meeresspiegel ansteht,
war die grösste Vorsicht gegen das Einbrechen des Meeres geboten.
Das Wasser aus den Triebsandeu wurde, wie wir dies rechts unten in
dem Bilde sehen, auf gewöhnliche Weise durch Stroh- und Bretter-
verschläge abgedämmt, und wenn diese doch nicht ausreichten, durch
das mittelst Dampf betriebene Schaufelwerk hinausgeschafft. Die Förde-
rung der Sandmassen geschah durch Wagen und zwei mit Schienen
belegte schiefe Ebenen, die abwechselnd herauf und hinunter fuhren,
Als diese Grube soweit abgebaut war, dass sowohl der eigentliche
Steinstich ausgebeutet, als auch noch ein tüchtiges Stück darunter
liegender grüner Sand fortgeräumt war, versuchte man den Triebsand
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zu unterfahren. Als dieses gelang, lag weiter keine Schwierigkeit vor,
mehrere Stollen in die blaue Erde zu treiben. Bald folgten dann die
Schachte, und so entwickelte sich 1875 aus dem Tagebau das „Berg-
werk Palmnicken". Die Ansicht eines Theiles desselben, von der
Kraxtepeller Seite aus gesehen, giebt Abbildung XV. Das durch
Dampf eingehüllte Gebäude rechts ist der Förderthurm, in dem Hause
diesseits des Schornsteines befindet sich die Tonnenwäsche, links im
Vordergrundo der Lager- und Sortirungsraum für kleine Bernsteiß-
stücke, daran schliesst sich die Schlosserei und Schmiede.
Die grösste Schwierigkeit bei dem Abteufen von Schachton zum
Abbau der blauen Erde bietet der über ihr liegende Triebsand, in
der Bergmannssprache „schwimmendes Gebirge", weil dessen Wasser-
zufluss unter Umständen nicht zu bewältigen ist, wie dieses bei Nor-
tycken am Nordstrande der Ostsee der Fall war. Häutig erfolgt auch
eiu stetes Zusammen rutschen der darüber liegenden Gebirgsmasse. Ist
es möglich, den Wasserhalteschacht gut fundirt anzulegen, so ist die
Ausführung der weitereu Unternehmungen gesichert. Bei Palmnicken
fürchtete man diesen Triebsand auch, zumal keine sicheren Erfahrungen
über dessen Wussermassen etc. gesammelt waren. Man half sich da-
durch, dass ein Abfluss durch die tieferen Stollen nach der Grube zu
hergestellt wurde. Erst als im Innern der ganze Bau soweit befestigt
und armirt, dass die Verbindung mit dem Tagebau nicht mehr
dringende Notwendigkeit war, wurde die geförderte blaue Erde be-
nutzt, um denselben allmählich zuzuschlämnicn. Dauunh bildete sich
ein Vorland am Palmnicker Strand, welches durch eigene Festigkeit
sowohl als durch einen nach der See zu stehen gebliebenen Rücken
ursprünglichen Bodens der Brandung kräftig AVidcrstand leistet, zumal
es bestandig durch neue Sandzufuhr aus dem Bergwerk verstärkt wird.
Auf diesem Vorland ist in letzter Zeit ein zweiter Fürderseliacht er-
baut, durch welchen in derselben Weise wio in dem oberen gearbeitet
wird. Abbildung XVI. Auch der Schacht zum Einbringen der
Grubenhölzer ist hier angelegt.
Eine Hauptaufgabe war es, den geförderten Bernstein ganz be-
freit von der anhängenden Muttererde zu erhalten und bedacht darauf
zu sein, dass boi dieser Reinigung so wenig wie möglich zerbrochen
wurde. Die verschiedensten Versuche sind zur Lösung dieser techni-
schen Frage angestellt. Die Verwendung von Schaukelkästen, wie sie
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zum Trennen erzreicher Mineralien von ärmeren benutzt werden, er-
wies sich als ganz unzureichend. In neuester Zeit acheint es gelungen
zu sein, eine Methode in Anwendung zu bringen, welche allen An-
forderungen Genüge leistet. Es ist dieses die neue Rinnonwäsche,
Abbildung XVII.
Die im Bergwerk abgebaute blaue Erde wird in Hunden zu
Tage gefordert und fällt mitsammt dem darin enthaltenen Bernstein in
grosse kastenförmige Behälter. Hier werden kräftig wirkendo Strahlen
des durch Pumpen gehobenen Grubenwassers hineingeleitet, welche die
Erdstücke zerkleinern und mit sich fortreissen. Diese Sclilammmassc
tliesst dann durch eine Reihe treppenförmig aufgebauter Kasten, deren
Böden durchlöchert sind. Mit hölzernen Werkzeugen werden hier die
Brocken hin und her gerollt, während die darüber fliessenden Wasser-
masson den losgespülten Sand mit fortreissen. So wird der Bernstein
allmählich immer roiner und gelangt von Kasten zu Kasten, um weiter
nach unten zu durch eingeschaltete Netze aufgefangen zu werden,
gleichzeitig mit Holz, Stroh und anderen Stoffen, welche durch den
Bau und deu Betrieb in die Stollen gelangten.
Dort, gleich an Ort und Stelle, wird er von diesen Verunreini-
gungen getrennt und in die Tonnenwäsche befördert. Ganz in derselben
Weise befreit man den Bernstein auch in der untern Anlage durch
eine Kinnenwäsche von der anhängenden blauen Erde.
Die Tonnenwäsche, Abbildung XVIII, giebt dem Rohmaterial den
letzten Schliff. Durch das Fortbewegen in den Rinnen wurde die blaue
Erde vom Bernstein losgewasehon, aber immerhin bleibt doch noch eine
ansehnliche Menge in den Vertiefungen sitzen, welche beim Verkauf eine
Gewichtserhöhung hervorbringen und dadurch den Preis drücken würde.
Ausserdem aber besitzt der Bernstein, wie er in der Erde vorkommt,
eine starke Verwittemngsrindc, die oft so dick ist, dass sie den Kern
ganz verhüllt und eine genaue Schätzung desselben unmöglich macht
Durch Stantien & Becker ist aber auch eine Reform des ganzen
Bernsteinhandels geschaffen worden, indem sie der sich damit be-
schäftigenden Industrie dadurch eine feste Basis gegeben, dass sie fest-
stehende, reelle Handelssorten geschaffen haben, deren jede sich nur
für bestimmte Fabrikationszweige eignet und in ein und derselben
Beschaffenheit stets geliefert wird. Dazu ist aber namentlich bei
grossem Stücken eine absolute Kenntniss des Kernes nothwendig, da
dby Google
Sprünge oder beigemengte Verunreinigungen die Stücke zu verschiedenen
Zwecken untauglich machen. Um daher die Ausführung einer genauen
Sortirung des Bernsteins zu ermöglichen, muss die äussere Rinde ent-
fernt werden. Ausserdem gewährt dieses noch den Tortheil, dass der
Fabrikant nicht gezwungen ist, diese so gut wie werthlose äussere
Schicht mitzukaufen.
Der Bernstein gelangt daher zuerst in feststehende, mit Wasser
gefüllte Behälter, in welchen sich Rohrbesen um eine Achse bewegen,
sodann in sich drehende Fässer, in welchen Sand und Wasser ent-
halten ist. Hierin wird derselbe Process verkürzt ausgeführt, den die
Seowellen in langen Zeiträumen besorgen. Der Bernstein wird etwas
abgeschliffen, dadurch durchsichtig und dem Werthe nach leichter
schätzbar. Tn den letzten Jahren wurde der Betrieb in Palmnicken
dadurch sehr erschwert, dass die Stollen sich immer weiter von der
Förderung entfernten, in Folge dessen ist man jetzt damit beschäftigt,
nördlich der Kraxtepeller Schlucht einen neuen Förderungsschacht
abzuteufen. Auch ein neuer Tagebau wird zwischen Hubnicken und
Kraxtepellen angelegt, bei welchem man auf verschiedene alte Schachte
und Stollen sttess.
Abbildung XIX zeigt eine Aufnahme desselben. Leider haben
Seenebel die Details dieser immerhin sehenswerthen Anlage sehr be-
einträchtigt. Namentlich sind die alten Schachte, von welchen die
Zimmerung an der Stelle schön sichtbar war, wo der schräge Anberg
die senkrecht abgegrabene, helle, steile Wand berührt, auf dem Bilde
kaum zu erkennen.
Wenden wir uns jetzt mit einigen Worten zur Anlage des neuen
Kraxtepeller Schachtes, bei welcher eine Idee des Herrn Commerzien-
rath Becker zur Ausführung gelangt, die sich bewähren soll. Die
Bodenarten wechseln sehr stark, doch sind sie bis zur grünen Mauer
leicht zu bewältigen. Unter dieser lagert die bekannte Triebsandschicht,
deren Liegendes von der blauen Erde gebildet wird. Zur Ausfüllung
des Schachtes bedient man sich gusseiserner Ringe von 2 m Durch-
messer und 1 ,5 m Höhe , welche nach innen vorstehende Rippen
haben und durch eine Anzahl Schrauben mit einander verbunden
werden. Zu unterst befindet sich ein Ring , der einen scharfen
stählernen Schuh trägt. Diese Ringe werden in die Oeffnung gesetzt
und die allmähliche Senkung durch darauf gelegte grosse Gewichts-
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massen befördert. Bisher hatte man die Herausscbaffung des Bodens
in der sonst üblichen Methode mit Sackbohr und Gestänge bewirkt,
doch ging die Senkung äusserst langsam von Statten , da der zähe
kittartige Erdbrei dem Bohrer grossen Widerstand entgegensetzte.
Diese Schwierigkeit wurde noch dadurch vermehrt, dass der "Wasser-
stand im Schachte fast 10 m betrug und ohne Gefahr für die ganze
Anlage auch nicht erniedrigt werden konnte. Die eingeführte Neue-
rung ist nun folgende: Es werden Taucher in den Schacht hinab-
gelassen, welche mit löffelartigen Spaten den fortzunehmenden Boden
abstechen und unter Wasser in einen Kübel schütten, den man ge-
füllt in die Höhe windet. Auf diese Weise wird ein bedeutend grösseres
Quantum Erde aus dem Schacht gefördert, als es bisher möglich war, auch
ist es gleichgiltig , ob fester Letten oder Triebsand zu durchsetzen ist.
Damit die Taucher nicht in Letzteren einsinken, stehen sie auf einem brei-
ten eisernen Bing, der bei der Abarbeitung des Bodens mit herunter
sinkt. Namentlich kann bei dieser Methode jedes sich dem Senken des
Schachtes entgegenstellende Hinderniss schnell und leicht hinweg-
geräumt werden. Gegenwärtig beabsichtigt man, auch Licht in der
Tiefe auf elektrischem Wege zu beschaffen, durch vier Miillerschc
Glühlampen von je 100 Kerzen Lichtstarke. Diese Erhellung des
untern Schachte würde auch dem Betriebsführer eine Direction der
Arbeit von oben ermöglichen.
Hiermit verlassen wir Palmnicken, genugsam orientirt über die
verschiedenen Gewinnungsmethoden des Bernsteins und über den Auf-
schwung und die Umgestaltung, welche dieselben in der Neuzeit er-
fahren haben, und wenden uns zum Centralpunkt der Unternehmungen
von Stantien & Becker nach Königsberg. Von hier aus wird die
Leitung der gesaiumten Etablissements ausgeführt und der Bernstein
für den Handel und die Verarbeitung geeignet hergestellt.
In dem Sortirungssaal zu Königsberg, dessen Ansieht auf Ab-
bildung XX gegeben ist, wird der Bernstein, nachdem der feinste durch
Siebe entfernt ist, auf langen Tischen ausgebreitet und nach verschie-
denen Gesichtspunkten in Handelssorten eingetheilt.
Die Sonderung geschieht zunächst in reine und in Stücke mit
fremden Beimengungen.
Die ersecren werden dann nach der Structur in kernigen und
in schalig geflossenen Bernstein, sogenannte Schlauben, gcthcilt.
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Der kernige zerfällt nach der Gestalt in Stücke zur Cigarron-
spitzenfabrikation geeignet:
Fliesen und Platten;
zur Porlenfabrikation :
Bodenstein, Rund, Grundstein, Xnibbel.
Aus diesen Suiten stellt man dann nach Grösse und Farbe eine
Menge Unterabtheilungen her.
Der Bernstein, welcher fremde Beimengungen enthält, sowie der
rissige wird gehackt und zersprengt, bis nur gesunde und reine
Waaro übrig bleibt, die man den entsprechenden Handelssorten zu-
theilt. Viele Stücke sind jedoch so von eingeschlossenen Mulm und
Erde durchsetzt, dass sie durchweg schwarz erscheinen, in diesem Fall
weiden sowohl sie, als auch die Abgänge und die von vorne herein
durch Siebe getrennten kleinsten Stücke, in verschiedene s. g. Firniss-
sorten gctheilt, dereu Verwendung zu Rfiucherpulver und Lucken be-
kannt ist.
Die Verarbeitung des Bernsteins.
Nachdem wir kennen gelernt haben, in welcher Weise der Bern-
stein gewonnen wird, dürfte es von Interesse sein, uns ein wenig um-
zusehen, wie und wozu man denselben verwerthet und verbraucht
Zahlreiche Stellen aus den Schriften des Alterthums beziehen
sich darauf und erzählen von seiner Benutzung. Bekannt ist das
Elektron des Homer.
Einige Stellen aus der Odyssee lauten in der Uebersetzung von
Jordan:
Udyss. 4. 72. Wie der hallende. Baal rings blitzt von glänzendem Erzo
Bernstein ('•), Silber uud (Jeld und Klfboin.
Odyss. 15, JS9. Goldenes Halsgeseli meide, befranzt mit Hornsteingchangeln,
Bot ein verschmitzter Uesull im Hause des Vaters zum Kauf au.
Od; ss. 18, 295. Der des Eurymaclios bracht' ein aus Golde kunstlieh gotriobencs
Halsband, hell wio 'no Sonne, umstrahlt von Cehiingrln aus Bernstoin.
Juvenal und Aptilejus erwähnen Trinkgefässe von Bernstein, bei
welchen es allerdings etwas zweifelhaft erscheint, ob dieselben nicht
aus einer goldhaltigen Legirung verfertigt waren. Im zweiten Jalir-
dby G00gle
hundert n. Chr. erzählt uns Pausanias von der Statue des Augustus,
dass dieselbe aus Bernstein des Eridanus gewesen sei.
Plinius t heilt mit, die römischen Frauen hätten das sueeinum
zu ihrem Sehmuck verwendet, es höher als Kdelsteine geschätzt, und
eine aus ihm geschnitzte menschliche Figur sei höher im Preise ge-
wesen, als ein lebender Mensch selbst.
Besser jedoch als diese Citate sprechen die Gräberfunde aus alter
Zeit für die Beliebtheit des Bernsteins.
Wenn demnach Tacitus sagt, dass die alten Preussen den Werth
des Bernsteins nicht zu schätzen verständen und ilin als werthlosen
Auswurf aus der See liegen Hessen, so ist das ein Irrthum, dessen
Widerlegung leicht ist. Gelegentlieh Schwarzort haben wir die aus
Bernstein hergestellten Schmucksachen erwähnt. Dieselben stammen
aus dem Anfang des ersten Jahrtausends vor unserer Zeitrechnung
und zeigen eine Mannigfaltigkeit in der Form, dass man auf all-
gemeine Verwendung sieber schliessen kann. Da finden sieh von dem
einfachen, rohen Stück an, welches nur durchlöchert, lange röhren-
förmige Perlen, deren Durchbohrung äusserst sorgfaltig und mühevoll
mit einem Fcuerstcinsplittcr hergestellt ist; Doppelknöpfe, Knöpfe, bei
denen zwei Bohrungen sich unter stumpfen Winkeln treffen und da-
durch eine gebogene Oeffnung bilden; scheibenförmige und ringförmige
Perlen; Hängestücke zum Schmuck in den verschiedensten Formen;
sogar Nachbildungen von Thieren und namentlich von menschlichen
Figuren. Wie reich dann in den letzten Jahrhunderten vor und nach
Christo die Gräber unserer Vorfahren mit Bernsteinschmuck ausgestattet
sind, wird Jeder einsehen, der nur flüchtig unsere Museen durchgeht
und die Suiten von Perleu darin erblickt. Aber auch auswärts nach
überall hin, ist der Bernstein im Alterthum verbreitet worden. Da
waren zunächst die Phönicier, welche den heutigen Hafen von Genua
zur Anknüpfung ihrer Handelsbeziehungen benutzten und dann mit
dem geschätzten Mineral Aegypten, Syrien, Judäa, Kleinasien und
Griechenland versorgten. Ihnen folgten die Massilier, welche zu kauf-
männischen Zwecken die Reise des Pytheas veranlassten. Ihre Ab-
nehmer waren, ausser dem Seehandel, die gallischen und helvetischen
Völker. Den Massiliern schlössen sich die Ligurer an, welchen der Bern-
stein den alten Namen Lyncurium verdankt. Am Bernsteinbandel sehr
betheiligt waren die Etrusker, deren Seemacht schon in einer 1867
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von de Rouge entzifferten Hieroglyphenschrift aus der Zeit Ramses
des Grossen (1400 v. Chr.) Erwähnung geschieht, ferner die Veneter,
Pannonier, die thrakischen und pontischen Griechen.
Die Verwendung des Bernsteins zum Schmuck stieg stellenweise
bis ins Unglaubliche, so schreibt Schliemann,dasser in Mykene in zwei
Gräbern über 400 Stück Bernsteinperleu ausgegraben habe. Ja, durch
den italienischen Botaniker Paul Boccone sind gelegentlich der Unter-
suchung uralter Begräbnissstätten bei Ancona in einem Grab bei dem
zerfallenen Skelett in der Gegend des Halses und der Brust an einander
gereihte Korallen von Bernstein gefunden worden, jede so gross als
wie ein Ei und in solcher Menge, dass man damit wohl hätte einen
Scheffel anfüllen können.
Zu Anfang des Mittelalter entziehen sich die Handelswcge
des Bernsteins unserer genauen Kenntniss, sowie uns überhaupt
aus dieser Zeit so gut wie gar keine Nachrichten über denselben er-
halten sind. Als erste und zugleich letzte ist der berühmte Brief Cassiodors,
des Kanzlers Theodorichs des Grossen, den derselbe an die Eästier
schrieb, zu bezeichnen, dessen Wortlaut für vorliegende Arbeit Inter-
esse hat. Ich gebe denselben daher in einer Uebersetzung von Felix
Dann:
An die Hästi. König Theodorich.
Durch die Absendung der Gesandten N. N. habt ihr grossen
Eifer an den Tag gelegt, mit Uns Verkehr anzuknüpfen, die ihr bis
von den Küsten des Oceans her Uns aufgesucht habt; Erfreulich und an-
genehm ist Uns eure Sendung; Unser Rubin ist also bis zu euch ge-
drungen — Unsere Befehle und Entbietungen hätten nicht so weit
gereicht. Begierig habt ihr nach dein Unbekannten verlangt; jetzt da
ihr Mich kennet, gewinnet Mich lieb; es heisst ein grosses Streben,
durch so viel Völker den Weg zu wagen. So grossen Wir euch
freundlich und thirn euch kund, dass Wir die Bernstcingeschonko, dio
ihr Uns durch dio Träger dieser Zeilen geschickt habt, gern ange-
nommen haben. Der Ocean spült in der Fluthzcit, wie auch der Be-
richt eurer Boten bestätigt, diesen Stoff höchst leuchtenden Glanzes
euch zu. Aber — sprachen dio oiiern — woher er stamme, das sei
sogar euch unbekannt, die ihr ihn doch vor allen anderen Mensehen
als Geschenk eurer heimischen Küsten in Empfang nehmet. Man liest
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aber — ein gewisser Cornelius*) hat es geschrieben — dass dieser Stoff
aus dem Saft eines Baumes auf den mitten im weiten Meer ge-
legenen InBein niederträufet ■— woher er auch Saftstein heisst —
und allmählich an der Sonne trocken und fest wird. So wird
die durchsichtige Zartheit dieser Ansschwitzung zu einem Metall;
bald rothlich von der Farbe des Safran, bald wio verdichteter
Schimmer der Flamme. Er gleitet in den Bereich des Meeres,
wird von der ewig wechselnden Flut» geläutert und endlich an
eure Küsten ausgeworfen. Diese Schilderung haben Wir euch des-
halb gemacht, auf dass ihr nicht wähnet, es sei so gänzlich Unserer
Eenntniss entrückt, was ihr als ein Geheinmiss eurer Heimath eigen
zu haben glaubt. Suchet Uns nun öfter heim auf den Wegen, welche
eure Freundschaft gebahnt hat: Immer frommt es, wenn unter den
reichen Königen gutes Einvernehmen hergestellt ist; mit geringen Ge-
schonken wird ihre Neigung gewonnen, welche dann sofort auf reich-
lichere Vergeltung besorgt ist; einzelne Aufträge haben Wir euern
Boten noch mündlich erteilt, durch welche Wir auch Einiges senden,
was euch erfrouen soll.
Es scheint überhaupt so, als ob nach dieser Zeit die Neigung für
den Bernstein etwas nachgelassen hatte, da wir selbst bei uns einen
Mangel daran bei Gräberfunden der späteren Zeit bemerken. Zur Stein-
zeit ist nämlich, wio eben angeführt, Ostpreussen geradezu classisch ge-
worden durch ganze Suiten, aller möglichen Bernsteinschnitzereion.
Zu der Zeit des römischen Exportes zählen die Bernsteinperlcn,
welche wir neben den südlichen Importartikeln in den Gräbern finden,
nach Tausenden. Dann aber, nach 400 vor Christo, bemerken
wir eine Abnahme und schliesslich gänzliches Verschwinden des
Bernsteins, allerdings auch aller anderen werthvollen Beigaben. Die
einzigen Handelsverbindungen, deren Nachweis durch Funde geliefert
ist, bestanden mit den Vikingern, wie es Ausgrabungen bei Wiskiauten
dargethan haben, und den Arabern, deren Hacksilber, Münzen, Fili-
granarbeiten sehr häufig vorkommen.
Erst nach der Besitzergreifung Preussens durch den Orden
sehen wir den Bernsteinhandel bald wieder aufbliiheu. Von dem
Orden wurden grosse Factoreien in Brügge, Lübeck, Wismar und
•1 Tacitus.
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Venedig errichtet, welche den Bernsteinvertrieb besorgten. 155-t ent-
stand die erste Innung der Bernsteindreitor in Stolp, dann folgte
Danzig, Colberg, Elbing, welche vier Städte 1584 gemeinsamo Artikel
annahmen, und endlich unter dem grossen Kurfürsten folgte Königsberg.
Die Hauptthätigkeit dieser Üewerke beschränkte sich auf die Her-
stellung der Korallen, und die Geschicklichkeit des Arbeiters beruhte
darauf, aus dein gegebenen rohen Material das möglichst höchste Gewicht
fertiger Waarc herzustellen; er musste daher jedes Stück schnell taxiren,
für welche Form es am geeignetsten wäre, und unter welchen Um-
standen es die grösste Ausbeute liefern könnte. Du eine solche von
vornherein unbestimmte Form nicht durch eine Maschine geliefert
werden kann, da deren Erzeugnisse sich doch in berechenbaren Grenzen
bewegen müssen, so erscheinen die Werkzeuge der Bernsteinarbeiter
auf den ersten Blick höchst unvollkommen. Aber doch sind sie. so
zweckmässig, dass sie sich durch die Jahrhunderte hindurch in der-
selben Form bis in dio Jetztzeit erholten haben.
Zur Herstellung der Perlen benutzt man eine Drehbank, welche
verschieden ist von der gewöhnlichen unserer Drechsler; die Spindel
daran, deren Axe gegen den Beschauer gerichtet ist, läuft auf zwei
Doggen und ist an einem niedrigen Tisch befestigt, damit der
Arbeiter davor sitzen kann. Die Bewegung wird durch einen Hand-
bogen hervorgebracht, einen elastischen Holzstab, zwischen dessen
Enden eine Schnur gespannt ist. Legt man diese um die Spindel
und zieht den Bogen langsam auf und nieder, so erfolgt eine gleich-
massig abwechselnde Bewegung, bald rechts herum, bald umgekehrt,
die man stets leicht in der Gewalt behält. Vorne in der Spindel
ist eine eiserne vierseitige Pfrieme- befestigt, gegen welche das zu
verarbeitende Stück gehalten wird. Die Durchbohrung geht sehr
leicht vor sich, namentlich bei kleinen Stücken, weit hier die Erhitzung
nicht so schuell eintritt, dass der Bernstein sprengen würde. Nach
der Durchbohrung wird das Stück auf denselben Pfriem weiter zurück-
geschoben, worauf es dann festsitzt. Nun beginnt das Abdrehen mit
einem spitz zulaufenden Messer, welches auf „Grat" geschliffen ist,
d. h. so, dass seine Schneide sich anfängt umzulegen. Dasselbe wird
flach gegen das Stück gedrückt.
Bei etwas grösseren Perlen hat man die Maschine ein wenig ver-
bessert, um beide Hunde frei zu haben. Abbildimg XXI, stellt eine
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Gruppe Perldreher dar, aus der Fabrik von Stantien & Becker
in Polangen. Die Spindel ist dieselbe wie vorhin bei Handbogen-
betrieb, mir erzeugt hier ein Spinnwockenrad die Bewegung.
Der abzudrehende Bernstein wird zunucht mit einem Hobeleisen
zugeliackf, bis er annähernd die richtige Form erhalten hat, man nennt
ihn dann „Klöbe", darauf wird er mit Raspcl und Feile bei grösseren
Stücken, bei Perlen gar nicht weiter vor dem Drehen bearbeitet. Die
nüthige Politur erhält er gleich auf der Drehbank durch Schiern mkreide,
indem man den damit betupften Finger oder Lappen während der Be-
wegung heranhält.
Anders ist die Herstellung der oben erwähnten Korallen. Die-
selben werden behackt und zwar so, dass man möglichst in einem
Reifen eine ziemliche Rundung herstellt; diese benutzt man zur An-
sicht und bohrt die Oeffiiung in entgegengesetzter Richtung. Dann
werden die Kloben auf dem ganzen äusseren Rande, mit Facetten ver-
sehen, „geschliffen". Hierzu benutzt man einen Apparat, den ich auf
Abbildung XXII nach einem Polanger Original wiedergebe. Durch
Drehung der Kurbel wird die Bewegung von einem grösseren Rade
auf ein kleines übertragen, an dessen Axe ein feinkörniger Sand-
stein befestigt ist, der sich mit dreht, während aus einem Behälter
langsam Wasser auf denselben träufelt Die zugehackten und durch-
bohrten Bernsteinstücke werden auf Holzstäbe gesteckt und sanft gegen
den Stein gedrückt, bis die. Facette die genügende Grösse und Form
erlangt hat Das Wasser fliesst in ein untergestelltes Fass wieder ab.
Da dieser Apparat aber gleichzeitig zum Poliren der Perlen dienen
soll, wird der Stein an seinem äussern Umfang durch einen Feuerstoin
geglättet. Dieser ist in ein Holz geklemmt, welches unterhalb des Zu-
flussgefässes befestigt ist Der Druck, welcher durch den Feuerstein
auf den Schleifstein ausgeübt wird, giebt Letzterem bald eine glatte,
fast schwach glänzende Oberfläche. Auf dieser erhalten die Facetten
den eigentlichen Glanz.
Dio fertigen Perlen und Korallen werden durch Siebe nach der
Grösse getrennt und nach Farbe und Qualität sortirt
Da wir bis jetzt in Polangen geblieben sind, wollen wir uns mit
einem Artikel beschäftigen, der aus verhältnissmässig kleinen und
flachen Bernsteinstückchen hergestellt wird und einen ansehnlichen
Handel nach Persien, Armenien und der Türkei bedingt. Es sind
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dieses Armbänder aus Stäbchen und Perleu zusammengesetzt, mit
grösserem, ganz flachem Schloss. Zu diesem Letzteren wird dünner
platten förmiger Bernstein verarbeitet Die erste Aufgabe ist es, die
Rinde von demselben zu entfernen. Behacken lassen sich diese Stückchen
nicht, weil sie zu leicht zusammenbrachen, auch wohl dadurch zu viel
verlieren würden. Sie werden deshalb, und zwar von Kindern, mit
Messern beschabt. In Polangen produoiren seit langen Jahren die
Bernsteinorbeiter in der Weise, dass die Familienmitglieder von
Jugend auf dabei thätig sind. Dadurch haben sie sich in ihrem
Fache eine sehr grosse Geschicklichkeit angeeignet, die vom A r ater
dem Sohn gelehrt wird. Kein Wunder, dass daher selbst Kinder
äusserst praktisch und gewandt das Schaben der Platten besorgen.
Das Bildchen, welches ich auf Abbildung XXIII gebe, stellt,
Vermittelst Momentaufnahme, eine solche Kindergruppe während der
Arbeit dar. Es ist zwar eine Situation, welche gewiss sehr leicht in
Worten deutlich geschildert werden könnte, da das Bild ja auch nicht
das wiedergiebt, was eigentlich das Interessanteste bei dieser Art von
Arbeit ist, die fabelhafte Geschwindigkeit, mit welcher die Kleinen die
Messer handhaben. In der linken Hand, an welcher der Daumen mit
Zeug umwickelt ist, halten sie das Bernstein stock. Aber da es ein
so alt hergebrachter Brauch ist, dass gerade Kinder diese Arbeit aus-
führen, weil deren Hand noch leicht and zart genug ist, um nicht
mehr zu zerbrochen als fertig zn stellen, erschien es mir doch von
Interesse, dass diese Thätigkeit, welche immerhin ein Glied in der
Bernsteinindustrie bildet, einmal durch eine Aufnahme fixirt werde.
Ausserdem aber war mir wie für ein hierher gehörendes Bildchen ge-
schaffen der Eifer und die fast komische Wichtigkeit, mit welcher diese
jüngsten derjenigen, dio unsern ostpreussischen Bornstein verwerthen
helfen, ihrer Arbeit oblagen und dabei zwar ärmlich, aber sonst gut
genährt und frisch aussahen.
Die beschabten Platten werden dann auf scheibenförmigen, roti-
renden Feilen geebnet und auf Lederpktten polirt und in derselben
Weise wie die Perlen gebohrt.
Das Aufreihen der Perlen etc. wird durch Mädchen besorgt, und
zwar legt man zu diesem Zweck für die Korallen mehrere Baumwollcn-
fädon zusammen. Nachdem diese dann mit der nöthigeu Anzahl von
Perlen erfüllt sind, werden die Fädon von eigens zu diesem Zweck
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ausgebildeten Arbeitern mit den Händen gedreht, darauf in den Zähnen
festgehalten und die Schnur umgelegt, die sieh dann aufrollt und das
Herunterfallen der Korallen verhindert. So werden diese, in der Mitte*
die grüsste, nach den Enden zu immer kleiner, in den Handel ge-
bracht.
Die Herstellung der Cigarrenspitzen, überhaupt grösserer Stücke,
ist im Wesentlichen ebenso, nur wird für sie die gewöhnliche Dreh-
bank angewendet.
Wir iiaben unsere Abbildungen aus der Fabrik von Stantien
und Becker inPulangen gewählt, und dürfte es sich empfehlen, gleich
an dieser Stelle noch einige Worte über diesen Fabrikationsort anzu-
führen. Seit langen Jahren beschäftigen sich dort eine grosse Anzahl
von Personen mit der Verarbeitung des kleinen Bernsteins. Ohne Ca-
pital zum Ankauf von Rohmaterial, führte hier diese Industrie ein
äusserst kümmerliches Leben, nur vereinzelte Fabriken arbeiteten sich
etwas heraus. Ausserdem wurde auch viel fertige Waaro von Danzig
bezogen. Gegenwärtig hat die Firma Stantien & Becker eine Fabrik
daselbst etablirt, welche allerdings noch zu jung ist, um ein Urtheil
darüber fällen zu können, die aber jetzt bereits den Haupthandcl nach
dem Osten und Süd-Osten in Händen hat, zumal der eigentliche Ver-
trieb über Moskau stattfindet. Eine Anzahl der zu Hause fabrieirenden
armen Born stein dreh er, deren Existenz zum Theil wirklich mehr als
kümmerlich war, haben diese Gelegenheit mit Freuden ergriffen und
sind als Arbeiter in die junge Fabrik, welcher jetzt gerade ein neues
Heim gebaut wird, eingetreten. Dadurch ist in die junge Anlage ein
Stamm vou tüchtigen, jungen Fachmännern gekommen, so dass ihr
bei geregelter Leitung sicher eine grosse Zukunft bevorsteht, da ja der
Osten noch lange nicht auch nur einigermaassen für den Handel auf-
geschlossen ist. In erster Kcihe fabricirt Polangen Perlen und Ko-
rallen. Von Erstcren werden die kleinsten wiederum, abhängig von
Polangen, meist durch eine Filiale in Crutingen fertig gestellt. Ausser-
dem aber wird auch das Drehen von Ansatzspitzen für Meerschaum,
Silber, Jet, Holz und von Cigarrenspitzen betrieben.
Von den andern alten Fabrikationsorten, deren Namen einst in
der Bernsteinindustrie einen hohen Klang hatten, sind jetzt nur Stolp
undDanzigvon Bedeutung, woran sich dann in Deutschland noch Worms,
in Russland Polangen, über welches wir bereits gesprochen haben, und
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35
noch einige andere grosse Fabriken in andern Ländern unschliessen
würden. Die ordinären Korallen fabriciren nur noch Stolp, Danzig,
Worms und Polangen.
In Stolp ist die Firma A. Wcstphai von Bedeutung, welche
seit 200 Jahren besteht und circa 120 Arbeiter beschäftigt Ab-
bildung XXIV gicbt den Arbeitssaal. Wir sehen darin die alte Schleif-
maschine insofern verändert, als der Schleifstein nicht mit der Hand
durch eine Kurbel, sondern durch Dampf in Bewegung gesetzt wird.
Danzig besitzt vornehmlich zwei Geschäfte, welche sich mit
der Herstellung dieser Korallen abgeben. Es sind dieses die Firmen
M. L. Perlbach und D. Alter. Leider ist es mir nicht möglich, ein
Bild ihrer Fabrikanlagen zu geben, da die photographischen Auf-
nahmen, die mir zur Disposition standen, zu mangelhaft waren, um selbst
den bescheidenen Ansprüchen, welche ich bei manchen Abbildungen
in dieser Arbeit zu stellen bitten möchte, einigermaassen zu geniigen.
Die Firma L. Perlbach ist 17110 gegründet durch den Gross-
vatcr des zeitigen Besitzers. Anfangs mehr mit dem Handel von
rohem und verarbeitetem Bernstein beschäftigt, wurde die Fabrikation
in den dreissiger Jahren eingerichtet und seit circa. 15 Jahren der
Schwerpunkt des Geschäftes ausschliesslich auf sie verlegt. Während
der ersten Deecnnien dieses Jahrhunderts bezog die Firma den Bern-
stein theils von Danzigor Händlern, thoils, und zwar in erster Reihe,
von dem GeneralpäehterDouglas, welcher den Bernstein in unsortirter
Weise und nur in grössern Haufen abgab. Späterhin lieferten die
Grübereien im Saniland das nöthige Rohmaterial, zum grossten Theil
auch aus zweiter Hand durch Danziger Händler. Gegenwärtig kauft
die Firma von Stantien & Becker. Der tägliche Consum an Roh-
material beträgt circa 30 kg, die besonders zu geschliffenen Korallen,
xu englischem und Livorneser Bastard, zu Oliven und runden Teilen
aller Grössen und Farben verarbeitet werden. Stets beschäftigt sind
10 Personen mit dem Zubacken, 18-20 mit Drehen und Poliren der
Perlon, 16 mit dem Sortiren und Aufreihen, und 2 selbststündige
Meister mit ihren Arbeitern führen das Facettiren aus.
D. Alter. Die Firma besteht seit 30 Jahreu und beschäftigt
sich mit dem Verkauf von roher und verarbeiteter Waare. Iu Hinsicht
des Fabrikationszweiges stimmt sie im Wesentlichen mit Perlbach
überein. Die Fabrik verbraucht jährlich circa 250 Ceutner Bern-
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stein zur Perlfabrikation und circa 30 Centnor zur Herstellung von
Spitzen.
In "Worms fabricirt C. Mielko. Das Geschäft besteht seit
150 Jahren, anfangs in Stolp und wurde 1842 nach Worms verlegt.
Die Fabrikation beschränkt sich namentlich auf ordinäre Korallen und
die Perlen, zu welchen man die grosseren runden Sorten verarbeitet,
wahrend die kleinere Waaro aus Grundstein und Knibbel, hauptsächlich
aus Danzig und Königsberg fertig eingekauft wird.
Nürnberg besitzt zwei Fabriken, welche sich mit der Her-
stellung von Ansatzspitzen für Bruyerepfeifen beschäftigen.
Gebhard Ott. (Arbeitssaal auf Abbildung XXV.) Das Ge-
schäft wurde 1856 in Paris gegründet und 1865 nach Nürnberg ver-
legt Diese Firma war die erste, welche die Bruyürepfeifen-Fabrikation
in Deutschland einführte. In derselben werden 140—160 Arbeiter be-
schäftigt, von welchen der dritte Theil allein mit Bernstein zu thun hat.
Ziener und Ellenberger (Abbildung XXVI) verarbeiten jähr-
lich ca. 50 Centner Bernstein zu Ansatzspitzen. Die Arbeiterzahl be-
trägt T5 Mann, von welchen 25 auf den Bernstein kommen.
Wien ist für die Verarbeitung des Bernsteins von grösster
Bedeutung und goniesst Weltruhm in der Meerschaum- und Bern-
steinwaarenfabrikation. Ein Mitbegründer dieser Industrie war in
erster Linie Ludwig Hartmann, ein Ostpreusse, aus Heilsberg ge-
bürtigt. Mit einer Drehbank begann er 1828 ein Geschäft für Bern-
steinfabrikation, weichem 1803 die Firma Ludwig Hartmann und
Eidam beigelegt wurde. (Abbildung XXVII.) Gegenwärtig sind in
der Fabrik 150 Arbeiter, von denen ein Drittel nur für den Bern-
stein gebraucht wird, an 80 Drehbänken thätig. Die Fabrikation be-
schäftigt sich mit Erzeugung von Rauchrequisiten in Meerschaum und
Bernstein, zum Theil in Verbindung mit Bruyöre- und australischem
Veilchenholz.
In Paris besteht die Firma Bondier, Ulbrich & Co., welche
auch Rauchrequisiten fabrikmässig herstellt und damit 200 Arbeiter
beschäftigt.
Nord-Amerika wird durch die Firma Ryall & Becker in
New-Tork versorgt; welche in derselben Weise wie Nürnberg, Wien
und Paris fabricirt, wobei 40 Arbeiter thätig sind.
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Nachdem wir im letzten Abschnitte die einfachen Hilfsmittel ge-
zeigt haben, mit welchen der Bernstein bearbeitet wird, und daran
die grössten Firmen anreihten, welche die Fabrikation und den Export
ausführen, bliebe uns zum Schluss mir übrig, Einiges über die Ver-
wendung des Bernsteins zu technischen Zwecken anzuführen. Man
benutzt den Bornstein zur Herstellung der Lacke. Allen Ansprüchen,
welche man an einen guten Lack stellt, Härte, Glanz, Politurfälligkeit,
Klasticitiit und Beständigkeit, ist der Bernstein geeignet in hohem
Grado Genügo zu leisten. Er hat nur einen Fehler, dass der aus ihm
hergestellte Lack zu dunkel ist. Uni den Bernstein nämlich in Oelen
loslich zu machen, muss er zuerst geschmolzen werden; er führt dann
den Namen Colophon. Da aber zum Schmelzen des Bernsteins eine hohe
Temperatur erforderlich ist, die einzelnen Varietäten auch einen ziemlich
verschiedenen Schmelzpunkt besitzen, wird ein Theil bereits so über-
hitzt, dass er verbrennt, während ein anderer noch fest bleibt.
Man hatte ein Verfahren in Anregung gebracht, welches theoretisch
den grössten Erfolg versprach. Es wurde Bernstein in grossen eisernen
Kesseln geschmolzen, in welchen am Boden ein feines Sieb angebracht
war; ein Rührwerk- regelte und vertheilto die Erhitzung. Begann der
Inhalt zu erweichen, so wurde unter einein hohem Druck Dampf in
den Kessel geleitet, welcher den Zweck haben sollte, den Bernstein im
Augenblick des Flüssigwerdens durch das Sieb abzudrücken und so
das Verbrennen zu verhindern. Leider hat sich dieser Versuch gar
nicht bewährt. Im Kleinen gelingt es zwar, einen möglichst hell-
farbigen Colophon herzustellen, doch scheiterten bis jetzt alle Versuche,
bei welchen es sich um ein grösseres Quantum, etwa 4—6 Centner
auf einmal, handelte. Weiter ist man mit den Bleiehversuchen ge-
kommen, zu welchen sich namentlich Ozon sehr geeignet zeigte; mit
dessen Hilfe hat man allerdings recht helle Fabrikate erzielt.
Ist es nicht nothwendig, gerade helle Lacke anzuwenden, so wird
man im Bernstein-Colophon nicht nur einen Ersatz für Copal, sondern
in violer Hinsicht ein Material finden, das diesem bei Weitem vorzu-
ziehen ist
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